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Plenarsitzung

des Nationalrates

Stenographisches Protokoll

 

179. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Donnerstag, 13. Oktober 2022

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal


Stenographisches Protokoll

179. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode             Donnerstag, 13. Oktober 2022

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 13. Oktober 2022: 9.05 – 21.11 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erste Lesung: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991 geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 2668/A(E) der Abgeordneten Nico Marchetti, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Mario Lindner, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Runder Tisch zu Hassverbrechen gegen LGBTIQ Personen

4. Punkt: Bericht über den Antrag 2048/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend LGBTIQ-Feindlichkeit und Hassver­brechen stoppen

5. Punkt: Bericht über den Antrag 2183/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend entschiedenes Vorgehen zur Bekämp­fung von LGBTIQ-feindlicher Hasskriminalität

6. Punkt: Bericht über den Antrag 2815/A(E) der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres

7. Punkt: Bericht über den Antrag 2827/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden (Stromkostenzuschussgesetz – SKZG)

8. Punkt: Bericht über den Antrag 2828/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird, sowie über den

Antrag 2649/A(E) der Abgeordneten Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinfachung der Photovoltaik-Förderung für Private

9. Punkt: Bericht über den 13. Umweltkontrollbericht

10. Punkt: Bericht über den Antrag 2623/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Ru­dolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutschförderung für ordentliche Schülerinnen und Schüler

11. Punkt: Bericht über den Antrag 2544/A(E) der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutsch als „Pausensprache“

12. Punkt: Bericht über den Antrag 2792/A(E) der Abgeordneten Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Teuerung bremsen – gerechteren Zu­gang zu Bildung ermöglichen!“

13. Punkt: Bericht über den Antrag 2692/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitale Endgeräte für Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine

14. Punkt: Bericht über den Antrag 2758/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitale Grundbildung: Externes Know-how für Schulen nutzbar machen

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz und
das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert werden

16. Punkt: Bericht über den Antrag 2707/A(E) der Abgeordneten Mag. Eva Blimlinger, Kira Grünberg, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Ausbildungsangebots zur:zum ÖGS-Dolmetscher:in

17. Punkt: Vereinbarung gemäß Artikel 15a Abs. 1 B-VG zwischen dem Bund
und dem Land Oberösterreich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Digital Sciences Austria samt Anlagen (IDSA-Vereinbarung)

18. Punkt: Sammelbericht über die Petitionen Nr. 60, 69, 71, 81, 88, 90 und 91 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 19 und 44

19. Punkt: Bericht über den Grünen Bericht 2022 der Bundesregierung

20. Punkt: Bericht über den Antrag 2130/A(E) der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umbenennung der Windisch-Kaserne in Klagenfurt

21. Punkt: Bericht über den Antrag 2651/A(E) der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Immerwährende Neutralität für Österreich

22. Punkt: Bericht über den Antrag 2756/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des KSE

23. Punkt: Bericht über den Antrag 2416/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate

24. Punkt: Bericht über den Antrag 2802/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der monatli­chen Bezüge für Grundwehrdiener auf Höhe der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe-Neu

25. Punkt: Bericht über den Antrag 686/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufbau eines Stabes Cyberdefense

26. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (2823/A)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ......................................................................................................     28

Ordnungsrufe .........................................................................................  427, 428

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie zur Berichterstattung über den Antrag 2752/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „End­lich Energieeffizienzgesetz vorlegen!“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 31. Dezember 2022 zu setzen ..............................................................................     34

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 GOG auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ............................................................................     34

Redner:innen:

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................   254

Tanja Graf ................................................................................................................   257

Alois Schroll ..............................................................................................................   260

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................   262

Lukas Hammer .........................................................................................................   266

Michael Bernhard ....................................................................................................   268

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .................................................................   271

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG .............................................................................................................     35

Wortmeldung des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger in Bezug auf eine tatsächliche Berichtigung ..............................................................................     68

Unterbrechung der Sitzung ....................................................................................   253

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ............................................................................................     28

Ausschüsse

Zuweisungen ...................................................................................  29, 110, 470

Verhandlungen

1. Punkt: Erste Lesung: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1669 d.B.) ..................................................................     36

Redner:innen:

August Wöginger .....................................................................................................     36

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc .............................................................................     40

MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................     44

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) ........................................     47

Sigrid Maurer, BA ....................................................................................................     48

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................     52

Gabriel Obernosterer ...............................................................................................     56

Kai Jan Krainer .........................................................................................................     59

MMag. DDr. Hubert Fuchs (tatsächliche Berichtigung) ......................................     62

Erwin Angerer ..........................................................................................................     64

Gabriel Obernosterer (tatsächliche Berichtigung) ...............................................     67

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ...................................................................................     68

Mag. Gerald Loacker ...............................................................................................     72

Dipl.-Ing. Georg Strasser .........................................................................................     74

Rainer Wimmer ........................................................................................................     76

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................     79

Lukas Hammer .........................................................................................................     82

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................     85

Mag. Friedrich Ofenauer .........................................................................................     87

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................     88

Dr. Reinhard Eugen Bösch .......................................................................................     91

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................     94

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................     96

Mag. (FH) Kurt Egger ...............................................................................................     98

Christian Hafenecker, MA .......................................................................................   100

Mag. Corinna Scharzenberger ................................................................................   104

Angela Baumgartner ...............................................................................................   106

Philip Kucher ............................................................................................................   107

Zuweisung der Regierungsvorlage 1669 d.B. an den Budgetausschuss .........   110

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1525 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Melde­gesetz 1991 geändert wird (1707 d.B.) ...............................................................   111

Redner:innen:

Mag. Hannes Amesbauer, BA .................................................................................   111

Mag. Johanna Jachs ................................................................................................   114

Christian Ries ...........................................................................................................   123

Dietmar Keck ...........................................................................................................   125

David Stögmüller .....................................................................................................   127

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................   129

Annahme des Gesetzentwurfes in 1707 d.B. .....................................................   160

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 2668/A(E) der Abgeordneten Nico Marchetti, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Mario Lindner, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Runder Tisch zu Hassverbrechen gegen LGBTIQ Personen (1708 d.B.) ...............................................................................................................   131

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 2048/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend LGBTIQ-Feindlichkeit und Hassverbrechen stoppen (1709 d.B.) ...............................................................................................................   131

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 2183/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kol­legen betreffend entschiedenes Vorgehen zur Bekämpfung von LGBTIQ-feindlicher Hasskriminalität (1710 d.B.) ..............................................................   132

Redner:innen:

Nurten Yılmaz ..........................................................................................................   132

Nico Marchetti .........................................................................................................   134

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................   136

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................   138

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1708 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Runder Tisch zu Hassverbrechen gegen
LGBTIQ Personen“ (267/E) ...................................................................................   161

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1709 und 1710 d.B. .............   161

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 2815/A(E) der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres (1711 d.B.) ......................................................   140

Redner:innen:

Ing. Reinhold Einwallner ..........................................................................................   140

Dr. Christian Stocker ...............................................................................................   142

Mag. Hannes Amesbauer, BA .................................................................................   144

Mag. Georg Bürstmayr ............................................................................................   151

Maximilian Köllner, MA ...........................................................................................   153

Hermann Gahr .........................................................................................................   155

Christian Hafenecker, MA .......................................................................................   157

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket zur Deattrakti­vierung Österreichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten“ – Ablehnung ....................................................  147, 161

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1711 d.B. ..........................................   161

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2827/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden (Stromkostenzuschussgesetz – SKZG) (1727 d.B.) .............   162

Redner:innen:

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................   162

Lukas Hammer .........................................................................................................   164

Alois Schroll ..............................................................................................................   167

Erwin Angerer ..........................................................................................................   168

Mag. (FH) Kurt Egger ...............................................................................................   176

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ..............................................................   177

Alois Stöger, diplômé (tatsächliche Berichtigung) ................................................   180

Rainer Wimmer ........................................................................................................   181

Christoph Stark ........................................................................................................   182

Melanie Erasim, MSc ...............................................................................................   186

Karlheinz Kopf (tatsächliche Berichtigung) ..........................................................   190

Johann Höfinger ......................................................................................................   191

Dr. Gudrun Kugler ....................................................................................................   193

Peter Wurm ..............................................................................................................   195

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kostenlawine stoppen – Entlastung für Österreich“ – Ablehnung ..............................................................................................  170, 225

Entschließungsantrag der Abgeordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Preisdeckel für Gas und Strom und Überge­winnsteuern für Energiekonzerne“ – Ablehnung ..............................  189, 225

Annahme des Gesetzentwurfes in 1727 d.B. .....................................................   224

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2828/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Ham­mer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird, sowie über den

Antrag 2649/A(E) der Abgeordneten Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinfachung der Photovoltaik-Förderung für Private (1728 d.B.) ...............................................................................................................   197

Redner:innen:

Lukas Hammer .........................................................................................................   197

Alois Schroll ..............................................................................................................   199

Mag. Christian Ragger .............................................................................................   201

Tanja Graf ................................................................................................................   202

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................   207

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ..............................................................   212

Erwin Angerer ..........................................................................................................   215

Ing. Martin Litschauer (tatsächliche Berichtigung) ..............................................   222

Christoph Stark ........................................................................................................   223

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Notfallpaket für den raschen Ausbau von erneuerbaren Energien“ – Ablehnung ........................................  209, 227

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Rohstoffversorgung in Öster­reich“ – Ablehnung ................................................................................  217, 227

Annahme des Gesetzentwurfes in 1728 d.B. .....................................................   226

9. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den 13. Umweltkontrollbe­richt, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-752/1712 d.B.) .....   227

Redner:innen:

Peter Schmiedlechner ..............................................................................................   228

Dr. Astrid Rössler .....................................................................................................   230

Cornelia Ecker ..........................................................................................................   232

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................   234

Michael Bernhard ....................................................................................................   236

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ..............................................................   238

Joachim Schnabel ....................................................................................................   243

Nikolaus Prinz ..........................................................................................................   245

Kenntnisnahme des Berichtes III-752 d.B. ..........................................................   247

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2623/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutschförderung für ordentliche Schülerinnen und Schüler (1697 d.B.) ..................................................................   247

11. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2544/A(E) der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutsch als „Pausensprache“ (1698 d.B.) ........................................   247

Redner:innen:

Hermann Brückl, MA ...............................................................................................   248

Mag. Dr. Rudolf Taschner .......................................................................................   249

Nurten Yılmaz ..........................................................................................................   251

Mag. Sibylle Hamann ..............................................................................................   272

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................   274

Mag. Romana Deckenbacher ..................................................................................   276

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1697 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „bedarfsgerechte ergänzende Ressourcen für
die Bewältigung der Ukraine-Krise im österreichischen Schulwesen sowie für Deutschförderung für außerordentliche und ordentliche Schüle­rinnen und Schüler“ (268/E) ..................................................................................   314

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1698 d.B. ..........................................   314

12. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2792/A(E) der Abgeordneten Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Teuerung bremsen – gerechteren Zugang zu Bildung ermöglichen!“ (1699 d.B.) ...............................................................................................................   278

Redner:innen:

Petra Tanzler ............................................................................................................   278

MMMag. Gertraud Salzmann .................................................................................   281

Hermann Brückl, MA ...............................................................................................   283

Mag. Sibylle Hamann ..............................................................................................   285

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1699 d.B. ..........................................   314

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2692/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Digitale Endgeräte für Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine (1700 d.B.) ................................................................................................   286

14. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2758/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Digitale Grundbildung: Externes Know-how für Schulen nutzbar machen (1701 d.B.) ..................................................................................   287

Redner:innen:

Katharina Kucharowits ...........................................................................................   287

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd .................................................................................   289

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................   291

Mag. Sibylle Hamann ..............................................................................................   293

Henrike Brandstötter ..............................................................................................   295

Eva-Maria Himmelbauer, BSc .................................................................................   296

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1700 und 1701 d.B. .............   315

15. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1696 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatz­gesetz und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert werden (1742 d.B.) .................................................................................................   299

Redner:innen:

Nico Marchetti .........................................................................................................   299

Klaus Köchl ...............................................................................................................   301

Mag. Sibylle Hamann ..............................................................................................   306

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................   308

Bundesminister Dr. Martin Polaschek ....................................................................   309

Irene Neumann-Hartberger ....................................................................................   311

Bedrana Ribo, MA ....................................................................................................   312

Entschließungsantrag der Abgeordneten Klaus Köchl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Direktwahl der Landes- und Bundesschü­ler*innenvertretung“ – Ablehnung ......................................................  303, 315

Annahme des Gesetzentwurfes in 1742 d.B. .....................................................   315

16. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den An­trag 2707/A(E) der Abgeordneten Mag. Eva Blimlinger, Kira Grünberg, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Ausbildungsangebots zur:zum ÖGS-Dolmetscher:in (1705 d.B.) ...........................................................   315

Redner:innen:

Kira Grünberg ..........................................................................................................   316

Mag. Andrea Kuntzl .................................................................................................   318

Heike Grebien ..........................................................................................................   319

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................   321

MMMag. Gertraud Salzmann .................................................................................   322

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1705 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Evaluierung des Ausbildungsangebots
zur:zum ÖGS-Dolmetscher:in“ (269/E) ...............................................................   346

17. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvor­lage (1676 d.B.): Vereinbarung gemäß Artikel 15a Abs. 1 B-VG zwi­schen dem Bund und dem Land Oberösterreich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Digital Sciences Austria samt Anlagen
(IDSA-Vereinbarung) (1706 d.B.) ..........................................................................  
324

Redner:innen:

Mag. Andrea Kuntzl .................................................................................................   325

Dr. Josef Smolle ........................................................................................................   326

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................   328

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................   330

Bundesminister Dr. Martin Polaschek ....................................................................   331

Eva Maria Holzleitner, BSc ......................................................................................   333

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................   336

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................   338

Mag. Bettina Rausch ...............................................................................................   339

Mag. Dr. Rudolf Taschner .......................................................................................   342

Mag. Klaus Fürlinger ...............................................................................................   344

Genehmigung der Vereinbarung in 1706 d.B. ....................................................   347

18. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürger­initiativen über die Petitionen Nr. 60, 69, 71, 81, 88, 90 und 91 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 19 und 44 (1692 d.B.) .................................................   347

Redner:innen:

Andreas Kollross ......................................................................................................   347

Nikolaus Prinz ..........................................................................................................   349

Alois Kainz ................................................................................................................   351

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................   352

Petra Wimmer ..........................................................................................................   354

Michael Bernhard ....................................................................................................   355

Christian Ries ...........................................................................................................   358

Dipl.-Ing. Andrea Holzner ........................................................................................   360

Christian Lausch ......................................................................................................   361

Hermann Weratschnig, MBA MSc .........................................................................   362

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................   364

Hermann Gahr .........................................................................................................   365

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1692 d.B. hinsichtlich der Petitionen Nr. 60, 69, 71, 81, 88, 90 und 91 sowie der Bürgerinitiativen Nr. 19 und 44 ..........................................................................................................   367

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2022 der Bundesregierung (III-746/1735 d.B.) ......................   367

Redner:innen:

Mag. Gerald Hauser .................................................................................................   367

Irene Neumann-Hartberger ....................................................................................   374

Alois Kainz ................................................................................................................   376

Cornelia Ecker ..........................................................................................................   378

Dipl.-Ing. Olga Voglauer ..........................................................................................   382

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................   384

Bundesminister Mag. Norbert Totschnig, MSc ......................................................   386

Ing. Klaus Lindinger, BSc .........................................................................................   391

Mag. Christian Drobits ............................................................................................   393

Clemens Stammler ...................................................................................................   397

MMag. Katharina Werner, Bakk. ...........................................................................   398

Dipl.-Ing. Georg Strasser .........................................................................................   400

Peter Schmiedlechner ..............................................................................................   402

Klaus Köchl ...............................................................................................................   408

Franz Leonhard Eßl ..................................................................................................   413

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz des Menschen vor Wolfsangriffen
muss Vorrang haben“ – Ablehnung..................................................... 369, 415

Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erweiterung der Datengrundlage des Grünen Berichts zur Verbesserung der Gesamtanalyse“ – Ablehnung........................ 379, 416

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringliche Erarbeitung einer Machbarkeitsstudie zur Wasserversorgung der Landwirtschaft und rasche Forschung zu Wasserentnahmen wegen der drohenden Grundwasserkrise bis zum Jahr 2050“ – Ablehnung............................................................... 395, 416

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kostenlawine Stoppen – Entlastungspaket
für die Landwirtschaft“ – Ablehnung................................................... 405, 416

Entschließungsantrag der Abgeordneten Klaus Köchl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „verbindliche Reduzierung chemisch-synthetischer Pestizide und Forschungsstrategien für schonende Alternativen“ – Ablehnung............................................................................................... 410, 416

Kenntnisnahme des Berichtes III-746 d.B. ..........................................................   415

20. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den An­trag 2130/A(E) der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Umbenennung der Windisch-Kaserne in Klagenfurt (1736 d.B.) ............................................................................................   417

Redner:innen:

Sabine Schatz ...........................................................................................................   417

Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner .................................................................   419

Andreas Minnich ......................................................................................................   420

Ing. Mag. Volker Reifenberger ................................................................................   421

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................   424

Ing. Mag. Volker Reifenberger (tatsächliche Berichtigung) .................................   428

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1736 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 2130/A(E) .........................................................................................................   464

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1736 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Umbenennung der Windisch-Kaserne in Klagenfurt“ (270/E) ................................................................................................   464

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den An­trag 2651/A(E) der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Immerwährende Neutralität für Österreich (1737 d.B.) ................   429

22. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den An­trag 2756/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des KSE (1738 d.B.) .......   429

Redner:innen:

Robert Laimer ..........................................................................................................   429

Mag. Friedrich Ofenauer .........................................................................................   431

Ing. Mag. Volker Reifenberger ................................................................................   433

David Stögmüller .....................................................................................................   434

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ............................................................................   436

Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................   438

Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner .................................................................   440

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1737 d.B. hinsichtlich des Antrages 2651/A(E) ...............................................................................................   464

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1737 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Immerwährende Neutralität für Österreich“ (271/E) .....................................................................................................................   464

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1738 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Novellierung des KSE“ (272/E) ..............................   465

23. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 2416/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate (1739 d.B.) ....................................   441

Redner:innen:

Ing. Mag. Volker Reifenberger ................................................................................   441

Ing. Manfred Hofinger .............................................................................................   443

Petra Wimmer ..........................................................................................................   445

David Stögmüller .....................................................................................................   449

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stärkung des österreichischen Bundesheers insbesondere der Miliz“ – Ablehnung .................................................  446, 465

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1739 d.B. ..........................................   465

24. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 2802/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Erhöhung der monatlichen Bezüge für Grundwehrdiener auf Höhe der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe-Neu (1740 d.B.) ...............................................................................................................   450

Redner:innen:

Rudolf Silvan ............................................................................................................   451

Johann Höfinger ......................................................................................................   452

David Stögmüller .....................................................................................................   454

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1740 d.B. hinsichtlich des Antrages 2802/A(E) ...............................................................................................   465

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1740 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Erhöhung der monatlichen Bezüge für Grundwehrdiener auf Höhe der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe-Neu“ (273/E) .....................................................................................................................   465

25. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den An­trag 686/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufbau eines Stabes Cyberdefense (1741 d.B.) ...............................................................................................................   455

Redner:innen:

Robert Laimer ..........................................................................................................   456

Mag. Romana Deckenbacher ..................................................................................   460

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................   462

Entschließungsantrag der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherheit umfassend denken, für echten Schutz unserer Infrastruktur“ – Ablehnung ....................................................  457, 466

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1741 d.B. ..........................................   466

26. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalra­tes (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (2823/A) ........................   466

Redner:innen:

Mag. Bettina Rausch ...............................................................................................   466

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................   467

Dr. Stephanie Krisper ..............................................................................................   469

Zuweisung des Antrages 2823/A an den Geschäftsordnungsausschuss .......   470

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative .......................................................................................................     30

Bürgerinitiative betreffend NEIN zum Asyl-Großquartier in Kindberg! (Ord­nungsnummer 49)

Regierungsvorlagen ...............................................................................................     29

1670 und Zu 1670: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrah­mengesetz 2023 bis 2026 erlassen wird (Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 – BFRG 2023-2026)

1743: Buchpreisbindungsgesetz 2023 – BPrBG 2023

1744: Budgetbegleitgesetz 2023 – BBG 2023

1745: Bundesgesetz zur Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

Berichte ...................................................................................................................     34

III-769: Bericht betreffend Übersicht über die österreichische Haushalts­planung 2023; BM f. Finanzen

III-770: Außen- und Europapolitischer Bericht 2021; Bundesregierung

III-771: Bericht über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbe­richt 2021); Bundesregierung

Anträge der Abgeordneten

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung der Sportsanktionen (2874/A)(E)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG) geändert wird (2875/A)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG) geändert wird (2876/A)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung Gratis-Tickets für ukrainische Flüchtlinge (2877/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schnellverfahren für Asylwerber:innen mit hoher Anerkennungswahrscheinlichkeit (2878/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützungsmaß­nahmen für private Quartiergeber:innen von Geflüchteten (2879/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verteilung von Asylsuchenden auf die Bundesländer (2880/A)(E)

Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Datengrundlage des Grünen Berichts zur Verbesserung der Gesamtanalyse (2881/A)(E)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mehr Stipendien und Forschungsplätze für Wissenschafter*innen aus Ländern des globalen Südens“ (2882/A)(E)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mehr Stipendien und Forschungsplätze für Wissenschafter*innen aus Ländern des globalen Südens“ (2883/A)(E)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Bundesgesetz, vom 06. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960) geändert wird (2884/A)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Recht auf schnelles, stabiles Internet für ALLE“ (2885/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rauchverbot-Ende in den Innenräumen der Gastronomie auf freiwilliger Basis im Zusammenhang mit dem sogenannten Heizschwammerlverbot beim Vollzug des Unternehmens Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) (2886/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp für toxische Covid-19 Antigen-Tests in Österreich (2887/A)(E)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket im Interesse der Vermieterinnen und Vermieter von Privatzimmern und Ferien­wohnungen (2888/A)(E)

MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beendigung der unwürdigen und unangebrachten ÖVP-Charmeoffensive gegenüber
der Türkei (2889/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp für toxische Covid-19 Antigen-Tests in Österreich (2890/A)(E)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regelung der Kostentragung für den Nachtrag von Impfungen in den elektronischen Impfpass (2891/A)(E)

Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Versicherungssteuergesetz 1953 und das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 geändert werden (2892/A)

Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Spaltungsgesetz, das Genossenschaftsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert
werden (Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2022 – GesDigG 2022) (2893/A)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird (2894/A)

Anfragen der Abgeordneten

Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Inneres betreffend Beschädigung der Roßauer-Kaserne bei Huldigung für ÖVP-Polizisten? (12632/J)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Ausstieg der Ärztekammern aus dem Mutter-Kind-Pass (12633/J)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ausstieg der Ärztekammern aus dem Mutter-Kind-Pass (12634/J)

Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerausfälle durch Pauschalierung der Land- und Forstwirte
und mangelnde Datenlage des Finanzministeriums (12635/J)

Nurten Yılmaz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend fehlende Mobilität für Personen in der Grundversorgung (12636/J)

Dr. Harald Troch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit
und Wirtschaft betreffend die ILO Konvention C190 („Kampf gegen Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz“) (12637/J)

Mag. Andreas Hanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Förderung der „Kinderfreunde“ aus dem NPO-Fonds (12638/J)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bewerbung des Familienbonus Plus (12639/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin
für Landesverteidigung betreffend Zutrittskontrollen in den Bundesministerien (12640/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Zutrittskontrollen in den Bundesministerien (12641/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Zutrittskontrollen in den Bundesministerien (12642/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Finanzen betreffend Zutrittskontrollen in den Bundesministerien (12643/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Inneres betreffend Zutrittskontrollen in den Bundesministerien (12644/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Zutrittskontrollen in den Bundesministerien (12645/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zutrittskontrollen in den Bundesministerien (12646/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Arbeit und Wirtschaft betreffend Zutrittskontrollen in den Bundesministerien (12647/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Zutrittskontrollen in den Bundesministerien (12648/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zutrittskontrollen in den Bundesministerien (12649/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zu­trittskontrollen in den Bundesministerien (12650/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Inanspruchnahme von Chauffeuren im BMKÖS (12651/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Inanspruchnahme von Chauffeuren im BMJ (12652/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Inanspruchnahme von Chauffeuren im BMSGPK (12653/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Inanspruchnahme von Chauffeuren im BMBWF (12654/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Inanspruchnahme von Chauffeuren im BMEUV (12655/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Inanspruchnahme von Chauffeuren im BMEIA (12656/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Inan­spruchnahme von Chauffeuren im BKA (12657/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Inanspruchnahme von Chauffeuren im BMAW (12658/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Inanspruchnahme von Chauffeuren im BMI (12659/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Inanspruchnahme von Chauffeuren im BMFFIM (12660/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Inanspruchnahme von Chauffeuren im BMF (12661/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Inan­spruchnahme von Chauffeuren im BMKUEMIT (12662/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Inanspruchnahme von Chauffeuren im BML (12663/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend Inanspruchnahme von Chauffeuren im BMLV (12664/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Kli­maschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend generell niedrigerer Tempolimits und die Bedeutsamkeit des eigenen Kraftfahrzeuges (12665/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Kli­maschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kein Klimabonus für österreichische Obdachlose? (12666/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Notfallversorgung
in Knittelfeld nicht gewährleistet! (12667/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend
AKH-Skandal in der rot-pink regierten Bundeshauptstadt Wien (12668/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Fachkräftestipendium ab 1.1.2022
gemäß § 34b Abs 3 AMSG (AMS-Bundesrichtlinie Fachkräftestipendium (AMF/29-2021) (12669/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Animateure für Asylwerber? (12670/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Vorbereitung der Pandemie (12671/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Änderungen im Vergaberecht bezüglich Trafiken (12672/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend Quereinsteiger*innen als Lehrpersonal (12673/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Lan­desverteidigung betreffend den Umgang mit einem Fall von NS-Wie­derbetätigung im österreichischen Bundesheer (12674/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend den Umgang mit einem Fall von NS-Wiederbetätigung im österreichischen Bundesheer (12675/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (11713/AB zu 12059/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (11714/AB zu 12163/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ge­rald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11715/AB zu 12052/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11716/AB zu 12030/J)


 

09.05.10Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

*****09.05.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die 179. Sitzung des Nationalrates für eröffnet erklären und darf Sie recht herzlich begrüßen.

Ich grüße auch die Damen und Herren von den Medien – die Besuchergalerie ist noch schütter besucht, aber auch an die Damen und Herren auf der Besu­chergalerie: herzlich willkommen! – und die Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Dipl.-Ing. Nikolaus Ber­lakovich, Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA, Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Maria
Smodics-Neumann, Petra Bayr, MA MLS, Julia Elisabeth Herr, Mario Lindner, Josef Muchitsch, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Kickl, Michael Schnedlitz, Petra Steger und Dr. Nikolaus Scherak, MA.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M. wird ab Mittag durch Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Florian Tursky, MBA MSc vertreten.

Ferner gebe ich die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt bekannt:

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M. wird durch Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA vertreten,

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch durch Vizekanzler und Bundesminister für Kunst,
Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Werner Kogler,

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. durch Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek und

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner durch Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner.

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 12632/J bis 12675/J

2. Anfragebeantwortungen: 11713/AB bis 11716/AB

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 erlassen wird (Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 – BFRG 2023-2026) (1670 und Zu 1670 d.B.)

Buchpreisbindungsgesetz 2023 – BPrBG 2023 (1743 d.B.)

Budgetbegleitgesetz 2023 – BBG 2023 (1744 d.B.)

Bundesgesetz zur Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin
für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (1745 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative betreffend NEIN zum Asyl-Großquartier in Kindberg! (49/BI)

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket gegen die Armutsgefahr von arbeitslosen Menschen und
deren Familien (2846/A(E))

Antrag der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sprachliche Anpassung der Ihr Ressort betreffenden Gesetze (2848/A(E))

Antrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücklagenverschleierungen in den Arbeiterkammern beenden! (2849/A(E))

Antrag der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Mag. Verena Nussbaum, Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desbehindertengesetz geändert wird (2853/A)

Außenpolitischer Ausschuss:

Antrag der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lokalisierung von humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit (2843/A(E))

Antrag der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Sanktionsliste für russische Regimeunterstützer:innen (2856/A(E))

Antrag der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nichtanerkennung russischer Dokumente, die in annektierten Gebieten oder für
dort sesshafte Menschen ausgestellt werden (2857/A(E))

Antrag der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung der Sportsanktionen gegen Russland (2858/A(E))

Budgetausschuss:

Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzungsstand Aufbau- und Resilienzplan? (2850/A(E))

Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zukunftsquote in der Berichterstattung zum BFG und BFRG (2851/A(E))

Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mehr Transparenz bei Werkleistungen durch Dritte (2852/A(E))

Antrag der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung Gender Budgeting – Empfehlungen des Budgetdienstes endlich umsetzen! (2873/A(E))

Ausschuss für Familie und Jugend:

Antrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung der Untersuchungen des Mutter-Kind-Passes (2869/A(E))

Antrag der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wir lassen kein Kind zurück – Kinderarmut endlich bekämpfen! (2871/A(E))

Gesundheitsausschuss:

Antrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Si­cherstellung des erforderlichen Psychotherapieangebots (2847/A(E))

Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (2864/A)

Antrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung der Untersuchungen des Mutter-Kind-Passes (2870/A(E))

Gleichbehandlungsausschuss:

Antrag der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erstellung einer Erhebung zu Menstrua­tionsgesundheit in Österreich (2867/A(E))

Antrag der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Meri Disoski, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung einer umfassenden Informa­tionsoffensive gegen Gewalt an Frauen & Kindern (2868/A(E))

Antrag der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung Gender Budgeting – Empfehlungen des Budgetdienstes endlich umsetzen! (2872/A(E))

Justizausschuss:

Antrag der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Identitätsdiebstahl sowie auch Deepfakes als eigene Straftatbestände (2860/A(E))

Ausschuss für Konsumentenschutz:

Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer, Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Einführung eines EU-weiten Rechts auf Reparatur" (2865/A(E))

Kulturausschuss:

Antrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anti-Teuerungs-Paket zur Sicherung der Kulturbetriebe (2844/A(E))

Tourismusausschuss:

Antrag der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lohnnebenkosten senken und Lohnverhandlungsspielraum schaffen (2855/A(E))

Antrag der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitales Gästeblatt – mit Entbürokratisierung – mehr Daten für Tourismusforschung (2859/A(E))

Antrag der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Unterstützung innovativer Pilotprojekte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche (2866/A(E))

Umweltausschuss:

Antrag der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer bundesgesetzlichen Rechtsgrundlage für die Beseitigung der Verunreinigungen durch Schwemm- und Treibholz (2842/A(E))

Unterrichtsausschuss:

Antrag der Abgeordneten Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Kostenfreies, qualitativ hochwertiges Mittagessen für alle Kinder in ele­mentarpädagogischen Einrichtungen und Schulen" (2845/A(E))

Verkehrsausschuss:

Antrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Cannabis im Straßenverkehr (2854/A(E))

Antrag der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine flächendeckende Autofahrerschikane durch Beschränkung der Ge­schwindigkeiten im Ortsgebiet auf 30 km/h, auf Freilandstraßen auf 80 km/h und auf Autobahnen auf 100 km/h (2861/A(E))

Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:

Antrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der Treibstoffkosten durch Einführung eines Gewerbediesels zur dringenden Entlastung des heimischen Transportgewerbes (2862/A(E))

Antrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung der Rohstoffversorgung in Österreich (2863/A(E))

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Außenpolitischer Ausschuss:

Außen- und Europapolitischer Bericht 2021 der Bundesregierung (III-770 d.B.)

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend Übersicht über die öster­reichische Haushaltsplanung 2023 (III-769 d.B.)

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicher­heitsbericht 2021) (III-771 d.B.)

*****

Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Frau Abgeordnete Doppelbauer beantragt, dem Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie zur Berichterstattung über
den Antrag 2752/A(E) eine Frist bis zum 31.12. zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsord­nung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristset­zungsantrag durchzuführen.

Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden. – Sie wird also um 15 Uhr stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird dann im Anschluss an diese Debatte stattfinden.

*****

Ich darf bekannt geben, dass der ORF wie üblich die Sitzung bis 13 Uhr auf
ORF 2 und bis 19.15 Uhr auf ORF III überträgt. Anschließend wird die Sitzung via Livestream übertragen, und auch die privaten Sendeanstalten übertra­gen Teile unserer Debatten.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 3 bis 5, 10 und 11, 13 und 14 sowie 21 und 22 der Tagesordnung je­weils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: In der Präsidiale wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Die Tagesblockzeit beträgt 9,5 „Wiener Stunden“. Es ergeben sich daher folgende Redezeiten: 185 Minuten für die ÖVP, 128 für
die SPÖ, 105 für die FPÖ, 95 für die Grünen sowie 76 Minuten für die NEOS.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 38 Minuten. Darüber hinaus wird deren Redezeit pro Debatte auf 5 Minuten beschränkt.

Ich komme gleich zur Abstimmung.

Wer mit den soeben dargestellten Redezeiten einverstanden ist, den bitte ich, dies entsprechend zu bekunden. – Das ist einstimmig. Ich danke herzlichst.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

09.08.451. Punkt

Erste Lesung: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages
für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1669 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich darf Herrn Klubobmann Abgeordneten Wöginger das Wort erteilen. – Bitte sehr.


9.08.59

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Finanzminister Brunner hat uns gestern das sehr umfangreiche Budget für das kommende Jahr 2023 unter dem Titel „,Aus Verantwortung für Morgen‘ – Sicher in die Zukunft“ präsentiert.
Ich möchte einleiten mit dem, was wir in den letzten zweieinhalb Jahren alles er­lebt haben, nämlich außergewöhnliche Zeiten – und außergewöhnliche
Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen, die sich natürlich auch im Budget abbilden. In Krisenzeiten muss der Staat helfen und das Notwendige zur Verfügung stellen, und das haben wir auch gemacht, meine Damen und Herren.

Ich darf nur in Erinnerung rufen, dass man, wenn man die Ausgaben alleine für die Pandemiebewältigung betrachtet, sieht, dass wir den Menschen, der Wirtschaft und somit dem ganzen Land mit über 40 Milliarden Euro zur Seite gestanden sind und bereits jetzt Maßnahmen von über 50 Milliarden Euro beschlossen wurden, was die Teuerung, die Inflation und die gesamte Energiekri­sensituation anbelangt. Meine Damen und Herren, was wir zur Verfügung gestellt haben, ist ein gesamtes Jahresbudget, damit wir die Menschen bestmög­lich durch diese Krisenzeiten begleiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Dennoch sind wir aus der ersten Pandemiesituation mit einem Wachstum von 4,8 Prozent im heurigen Jahr herausgekommen. Das ist ein gutes Wachstum, auch im Vergleich zu den anderen Ländern. Wir haben es zusätzlich geschafft, Entlastungsmaßnahmen zu setzen, nämlich im steuerlichen Bereich, und ich möchte noch einmal auf diese Maßnahmen eingehen, die sich natürlich auch in diesem Budget abbilden.

Die ökosoziale Steuerreform: Meine Damen und Herren, das ist ein großes Ent­lastungspaket. Ich nehme nur die zwei Steuerstufen her, die für alle Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler gesenkt werden, nämlich von 35 auf 30 Prozent und von 42 auf 40 Prozent, was im kommenden Jahr eintreten wird. Wenn man diese beiden Maßnahmen zusammenzählt, dann erhält eine Steuerzahlerin, ein Steuerzahler bis zu 1 230 Euro pro Jahr mehr. Das sind Entlastungs­schritte, die ankommen. Das ist direkte Hilfe für die Menschen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ebenfalls abgebildet ist die Abschaffung der kalten Progression. Wir haben bereits gestern darüber debattiert. Es ist wirklich eine historische Maßnahme, die ges­tern hier im Hohen Haus beschlossen wurde, weil man damit das Geld sofort bei den Menschen, bei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern belässt. Das ist ehrliche Politik, meine Damen und Herren: nicht zuerst das Geld wegnehmen und dann irgendwann wieder zurückgeben, sondern wir belassen das Geld sofort bei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern. Das ist die ehrliche Ant­wort. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir haben drei große Pakete mit insgesamt 37,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2026 gegen die Inflation und gegen die Teuerung beschlossen: der Klima- und Antiteuerungsbonus, bereits fast zur Gänze ausbezahlt; die Strom­preisbremse, die zur Beschlussfassung ansteht – 2 900 Kilowattstunden mit 10 Cent gesichert –; die Pensionsanpassung, die die Inflation im heurigen Jahr eigentlich abdeckt; der Energiekostenzuschuss für die Betriebe und ein Pa­ket mit 120 Millionen Euro für unsere Land- und Forstwirtschaft.

Meine Damen und Herren, wir helfen umfassend, weil es in Krisenzeiten notwendig ist, den Menschen, den Betrieben und der Wirtschaft zur Seite zu stehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eine weitere Maßnahme, die seit Jahrzehnten diskutiert wird, ist die Valorisie­rung der Familien- und Sozialleistungen. Familienbeihilfe, Kinderbetreuungs­geld werden ab dem kommenden Jahr automatisch angepasst und valori­siert. Was bedeutet das zum Beispiel bei einem einjährigen Kind? – Rund 700 Euro mehr pro Jahr beim Kinderbetreuungsgeld. Was bedeutet es bei der Familienbeihilfe? – In etwa eine zusätzliche Familienbeihilfe, in etwa 120 Euro pro Jahr, die dazukommen.

Meine Damen und Herren! Das werden die Menschen in ihren Geldtaschen spü­ren, und gerade in Zeiten wie diesen ist es notwendig, diese Maßnahmen um­zusetzen. Es ist nicht selbstverständlich, aber diese Regierung setzt um und entlastet die Menschen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich darf noch drei Schwerpunkte aus dem Budget die Bereiche Soziales, Landesverteidigung und Energie betreffend herausgreifen. Im Sozialbereich ist mir das Pflegethema ein Anliegen: 1,7 Milliarden Euro sind zusätzlich für die Pflege eingestellt, 570 Millionen Euro fließen direkt in die Gehälter der Pfle­gekräfte in unserem Land. Meine Damen und Herren, diese Gruppe hat es seit der Pandemie besonders schwer, und ich möchte mich auch bei allen Men­schen, die in der Pflege tätig sind – sei es in den mobilen Diensten, sei es in den stationären Diensten –, bedanken. Das ist eine der herausforderndsten Tätigkeiten in den letzten Monaten, und daher gilt der Dank diesen Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern. Wir reden da von einem zusätzlichen Monatsge­halt in den nächsten beiden Jahren. Wir helfen, wo es notwendig ist, damit die Pflege auch in Zukunft gesichert ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir investieren auch in die Ausbildung: Ausbildungsbonus 600 Euro pro Monat, Pflegestipendium ab 1.1.2023 1 400 Euro pro Monat, weil wir die Zukunft
im Hinblick auf das Personal in diesem Bereich absichern müssen.

Zur Landesverteidigung: Gerade in Zeiten, in denen auf europäischem Boden leider wieder eine Kriegssituation herrscht, ist es notwendig, unser Bundesheer zu unterstützen. Wir haben es zusammengebracht, bis 2026 5,3 Milliarden
Euro mehr für unsere Landesverteidigung, für unser Bundesheer im Budget ab­zubilden. Dazu ist auch ein eigenes Gesetz geschaffen worden, um eine
mittel- und langfristige Absicherung dieser Mittel zu gewährleisten, damit wir das Ziel erreichen, dass 1,5 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt für das Bun­desheer und für die Landesverteidigung bereitgestellt werden. Wir sind ein neu­traler Staat und dazu bekennen wir uns, aber wir müssen uns auch in jeder Situation verteidigen können. Daher ist es notwendig, in unser Bundesheer zu investieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Der dritte Punkt: Wir leiten die Energiewende ein, die Transformation – mit 4,9 Milliarden Euro, die im Budget abgebildet sind. Wir müssen raus aus dem fossilen russischen Gas. Wir haben die Abhängigkeit bereits von 80 auf 50 Prozent reduziert. Meine Damen und Herren, die Gasspeicher
in Österreich sind zu über 80 Prozent gefüllt. Es hat uns eigentlich niemand zuge­traut, das in dieser Kürze der Zeit zu schaffen. Wir können sicher in den
Winter gehen. Die Menschen können sich darauf verlassen, dass diese Regie­rung alles unternimmt, damit wir Energiesicherheit, Versorgungssicherheit in diesem Bereich haben, und das gilt natürlich auch für die Betriebe. Wir haben unsere Gasspeicher zu über 80 Prozent gefüllt. Das bedeutet für den Winter: Sicherheit für die Menschen, Sicherheit für die Wirtschaft, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir stemmen uns mit diesem Budget nicht nur gegen die Krise, sondern wir investieren uns aus ihr heraus. Wir investieren in zukünftige Chancen und setzen gezielt Schwerpunkte, die uns langfristig stärken. Wir investieren in die so­ziale, in die wirtschaftliche und in die militärische Sicherheit des Landes. Das ist das, was die Menschen von uns auch erwarten. Österreich soll stärker, si­cherer und unabhängiger aus dieser Krise herauskommen. (Abg. Belakowitsch: Das Gegenteil macht ihr!) Dieses Budget bildet die Grundlage dafür. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Rendi-Wagner. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


9.17.15

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bewältigung von Krisen ist zweifelsohne oft eine sehr große Herausforderung für alle Regierenden –
in Europa, weltweit –, und ja, für die Bewältigung braucht es oft Geld, manchmal sehr viel Geld, um gegenzusteuern, um schlimmeren Schaden abzuwenden und zu verhindern. Ja, es ist richtig, gegenzusteuern, und niemand weiß das bes­ser als wir, die Sozialdemokratie. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frage ist ja nicht, ob – ich hoffe, da sind wir alle einer Meinung –, sondern wie man das tut, wie man gegensteuert. Sie rühmen sich jetzt seit zwei Tagen dafür, dass Sie Milliarden an Steuergeld ausgeben. Eines kann man Ihnen wirklich nicht vorwerfen: dass Sie zu wenig davon ausgeben. (Abg. Zarits: Ihr habt
immer mehr wollen!)
Das war so 2020, im ersten Coronajahr, da waren es 42 Mil­liarden Euro Steuergeld für Coronaförderungen, die Sie ausgeschüttet haben.
Und jetzt, in dieser größten Teuerung, ist es wieder so, wenn Sie sich 28 Milliar­den Euro eines angeblichen Antiteuerungspakets auf Ihre Fahnen heften.
(Abg. Loacker: Wer wollte denn 10 Prozent Pensionserhöhung?) In beiden Fällen – damals, 2020, und jetzt – fehlt jedoch etwas Entscheidendes: Es fehlt die Wirkung, es fehlt der Nutzen, es fehlt die Treffsicherheit Ihrer Milliardenausga­ben, Herr Finanzminister! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steinacker: Der Klima­bonus hat keinen Nutzen?)

Ein Beispiel: Österreich hatte 2020 – wir haben es gestern auch schon diskutiert – im EU-Vergleich die höchsten Coronaausgaben von allen 27 EU-Ländern. Beim Wirtschaftswachstum allerdings lag Österreich auf dem viertletzten Platz im EU-Vergleich. Also irgendetwas kann da nicht so richtig gelaufen sein. Es sind die europäischen Statistiken, Herr Finanzminister,
und nicht die der Sozialdemokratie! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das ist falsch! – Abg. Ottenschläger: Es stimmt einfach nicht!)

Es wiederholt sich jetzt, in dieser größten Teuerung seit 70 Jahren, genau das Gleiche: Sie geben Milliarden an Steuergeldern aus, aber es gibt keinen nachhaltigen positiven Effekt (Abg. Steinacker: Wenn die Wirtschaft angekurbelt wird, ... kein nachhaltiger Effekt?), keine sozialen Effekte, keine wirtschaftli­chen Effekte, keine ökologischen Effekte (Abg. Disoski: Keine ökologischen Effek­te?), keine Beschäftigungseffekte, die Preise sinken nicht, die Inflation sinkt nicht, im Gegenteil. (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja unglaublich! ... Arbeitskräf­temangel! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Disoski: Das ist die Rede von vor zehn Jahren, ist ja lächerlich! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) –
Ja, ich weiß, sehr geehrte Damen und Herren der Parteien der Bundesregierung, Sie hören das heute nicht gerne, aber es ist die Wahrheit. (Beifall bei der
SPÖ. 
Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Genau diese Wahrheit ist schmerzhaft für Sie, ich verstehe das (Heiterkeit und
Rufe bei der ÖVP: Ja!), aber, wissen Sie, das Problem ist: Viel schmerzhafter ist es für die österreichische Bevölkerung. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Preise sinken nicht, die Inflation sinkt infolge Ihrer Maßnahmen nicht, im Gegenteil. Das Wifo, das Wirtschaftsforschungsinstitut, hat vor ein paar Tagen eine sogenannte Stagflation für das nächste Jahr prognostiziert, das heißt: Wirtschaftswachstum in Österreich gegen Null und weiterhin hohe Preise, hohe Inflation – schlecht, schlecht für Österreich!

Zusammengefasst: Geld auszugeben alleine ist kein Rezept. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und NEOS. Abg. Wöginger: Dass
das von den Roten wer sagt, ein Wahnsinn! Das habt ihr aber 30 Jahre getan! Das ist unglaublich, das gibt es ja nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP sowie Zwi­schenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)
Geld auszugeben alleine ist kein Rezept. Sie machen Schulden, und (Abg. Steinacker: Das ist unglaublich! – weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP) trotz Ihrer Schulden ändert sich für die Menschen in Ös­terreich nichts zum Besseren. (Abg. Steinacker: Das ist unglaublich! So eine Verdrehung der Historie! Abg. Wöginger: Die Roten sind nicht mehr fürs Geldaus­geben ...!) Sie machen Schulden (Abg. Steinacker: ... Kreisky zitieren!), die jeg­lichen finanziellen Spielraum für notwendige und wirksame Krisenmaßnahmen nehmen. Wenn sich die Teuerungs- und Energiekrise also weiter verschärft,
so wie das viele Expertinnen und Experten prognostizieren, dann wird es eng, dann wird es wirklich eng in Österreich. (Abg. Meinl-Reisinger: ... hat ja heute
einen Erkenntnisgewinn!)

Und da reden wir noch nicht von den großen mittel- und langfristigen Pro­blemen, wie zum Beispiel den notwendigen Maßnahmen zur Bewältigung der großen Transformation der Energiewende, um endlich von fossiler Energie unabhängig zu werden, von russischem Gas unabhängig zu werden, auch wirt­schaftlich unabhängig zu werden und die Klimaziele bis 2030 zu erreichen. Und das, sehr geehrter Herr Finanzminister – Sie wissen es ganz genau, und ich hoffe, die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen wissen das auch –, wird kosten, nämlich viel mehr, als Sie dieses Mal vorgesehen haben. Allein der massive Ausbau der erneuerbaren Energie wird kosten: Die notwendige Aufstockung der Forschungs- und Entwicklungsgelder, um erneuerbare Energie überhaupt speichern zu können, da das sonst alles keinen Sinn macht, wird kosten; die Umsetzung einer national notwendigen Wasserstoffstrategie, der notwendige Ausbau des gesamten österreichischen Stromnetzes, der damit verbunden ist – enorme Kosten; eine notwendige Ausbildungsoffensive für die nächsten zehn Jahre, um die fehlenden 100 000 Fachkräfte, Arbeitskräfte überhaupt zu haben, um die Windräder, die Fotovoltaikanlagen zu errichten –, auch das wird kosten.

Das sind nur die notwendigen Maßnahmen für eine nachhaltige Transformation und Energiewende. Da reden wir noch nicht von den in den nächsten Jah­ren notwendigen Investitionen in die Pflege, da reden wir noch nicht von den Geldern, die wir endlich ins Bildungssystem stecken werden, damit wir eine zeitgemäße Bildung für unsere Kinder haben, und da reden wir noch nicht von der Digitalisierung, sehr geehrte Damen und Herren.

Ja, sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung, Sie machen Schulden, und gleichzeitig besitzen Sie die Unverschämtheit und den Zynismus, auch Steuern zu erhöhen. Inmitten der größten Teuerung führen Sie die CO2-Steuer ein (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wöginger), und im nächsten
Jahr wird sich diese Steuer weiter erhöhen.

Herr Finanzminister, wenn Sie letzten Samstag in der größten österreichischen Tageszeitung genau das Gegenteil behaupten, nämlich dass angeblich die Steuern unter Ihnen nicht steigen werden, so ist das die blanke Unwahrheit, und es ist wirklich dreist, denn Sie führen eine CO2-Steuer ein. (Abg. Wöginger:
Jessas Maria! 
Abg. Steinacker: Das ist nicht dreist, das ...!)

Die Schulden der Republik steigen, die Zinsen steigen, und zwar für Maß­nahmen, die weder die Preise senken, noch die Inflation senken, noch die Ener­gie für die Menschen leistbarer machen, noch die Energiekrise bekämpfen (Abg. Hanger: Politik ist nicht Ihre Stärke!) – ja, Milliarden an Schulden ohne spür­baren und nachhaltigen Nutzen. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist ein Problem, ohne dass das Leben für die Menschen in Österreich in dieser Zeit, in dieser schwierigen Phase, leistbarer wird, ohne echte und unmit­telbare Wirkung für die Wirtschaft, für die Unternehmen unseres Landes, ohne Nutzen für unsere Arbeitsplätze – auch das ist ein großes Problem. Das Allergefährlichste sind aber die Schulden, die uns den Spielraum für unsere Zu­kunft nehmen (Abg. Wöginger: Jessas na!), sehr geehrter Herr Finanzminis­ter. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Ist das eine alte Josef-Taus-Rede? – Abg. Leichtfried in Richtung Abg. Loacker –: Du tu nicht Menschen ...!)

Sehr geehrte Damen und Herren, aus Ihrer Hilflosigkeit, aus Ihrer Planlosigkeit wurde eine gefährliche finanzielle Maßlosigkeit auf Kosten der Steuerzah­lerinnen und Steuerzahler in Österreich (Beifall bei der SPÖ – Zwischenruf der Abg. Steinacker) – eine Maßlosigkeit, für die die Menschen in Österreich leider noch lange werden bezahlen müssen. Es ist die österreichische Bevölkerung, die diesen Scherbenhaufen, diesen budgetären Scherbenhaufen, den Sie hier hinterlassen, wird wegräumen müssen. (Abg. Wöginger: Wer hat denn das ge­schrieben? Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, eigentlich sollten Sie sich jetzt, in diesen Tagen, für dieses Budget, das Sie diesem Hohen Haus gestern vorgelegt haben, nicht selbstgerecht auf die Schultern klopfen. (Abg. Wöginger: Tun wir eh
nicht! Da klopft sich überhaupt niemand auf die Schultern!)
Diese Selbstgerech­tigkeit ist fehl am Platz. Eigentlich sollten Sie sich bei der österreichischen Bevölkerung für dieses Budget und die letzten zwei Jahre entschuldigen, dafür, dass Generationen diesen Scherbenhaufen noch wegräumen müssen. (An­haltender Beifall bei der SPÖ. –Abg. Steinacker: Jessas na, das gibt es ja nicht! Also das ist ja unglaublich! Abg. Wöginger: Furchtbar! Abg. Hanger: Unglaublich!)

9.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Fuchs. – Bitte sehr.


9.26.19

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Geschätzte Österreicher! Eigentlich wollte ich mit meiner Budgetkritik beginnen, aber jetzt habe ich doch eine kleine Replik auf die Rede von Klubobfrau Rendi-Wagner. – Frau Klub­obfrau, Sie tun so, als ob Sie mit der Geschichte der SPÖ überhaupt nichts zu tun hätten. (Heiterkeit und Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS. Abg. Steinacker: Ja, danke vielmals! Absolut richtig!)

Sie kritisieren das Gießkannenprinzip, wobei jeder in diesem Raum weiß, dass Sie eigentlich der Großmeister des Gießkannenprinzips sind. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ sowie Beifall bei der ÖVP. Abg. Steinacker: Oh, eine Doppeldeutigkeit! Schau, schau!)

Sie kritisieren die Regierung dafür, dass die finanziellen Spielräume verspielt wurden. – Das ist unter Ihrer Regierung permanent passiert! Hätte es in
der Vergangenheit nicht permanent SPÖ-Regierungsbeteiligungen gegeben, dann hätten wir jetzt wohl einen größeren finanziellen Spielraum. Und wenn Sie die Regierung für die Coronahilfen kritisieren, dann frage ich mich schon:
Warum haben Sie überall zugestimmt? (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS. Abg. Leichtfried: Sie wissen schon, dass wir bei ...,
und dass wir nicht in den Cofag ...!)
Aber so, Frau Kollegin Rendi-Wagner, wie es kein Asylproblem gibt, sind Sie auch nicht von der SPÖ. (Heiterkeit und Beifall
bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Leichtfried: Irgendwie wirkt das ohne den Kickl ein bissel unkoordiniert!)

Nun zum Budget: Verantwortungslos in die unsichere Zukunft lautete das Motto der gestrigen Budgetrede. Die Defizit- und Schuldenpolitik dieser schwarz-
grünen Bundesregierung wird auch 2023 und in den Folgejahren konsequent fortgesetzt. Das Geld ist abgeschafft, oder wie es der ehemalige Finanzmi­nister Blümel sagte: whatever it takes.

Zu diesem Credo, Herr Finanzminister, haben Sie sich gestern auch bekannt, auch wenn Sie es dann falsch übersetzt haben. (Finanzminister Brunner:
Nein! Richtig übersetzt!)
 – Nein, es ist eine falsche Übersetzung. (Abg. Steinacker: Nein, nein, nein, nein, nein! Er hat eine Interpretation ...! Abg. Strasser: Nicht zugehört! – Abg. Meinl-Reisinger: ... muss man sagen, er war der Erste, der es richtig übersetzt hat!) – Whatever it takes heißt nicht, „das Notwendige zur Verfü­gung zu stellen“. (Bundesminister Brunner: Sondern?) So aber machen Sie es, Herr Finanzminister, auch beim Defizit und auch bei den Schulden, die Sie sich einfach schönreden: Sie reden lieber von rückläufigen Schuldenquoten statt von Rekordschulden. Die Schuldenquote ist aber nicht rückläufig, weil die Repu­blik Schulden tilgt, sondern weil das BIP inflationsbedingt steigt. Es wird kein ein­ziger Euro an Schulden zurückgezahlt, Herr Finanzminister.

2019, dem letzten Regierungsjahr von ÖVP und FPÖ, hatten wir einen Schuldenstand von 280 Milliarden Euro, und seit die FPÖ aus der Bundesregierung ausgeschieden ist (Abg. Leichtfried: Was heißt ausgeschie­den ...?), sind diese Schulden um unfassbare 87 Milliarden Euro auf 367 Milliarden Euro im Jahr 2023 angewachsen und werden bis 2026 auf 394 Milliarden Euro ansteigen.

Was haben Sie, Herr Finanzminister, in Ihrer gestrigen Budgetrede dazu gesagt? Ich darf Sie zitieren: „[...] denn die Schulden von heute sind ein schwerer Rucksack, den auch noch unsere Enkelkinder“ tragen werden. „Darum müssen wir die steigenden Staatsschulden [...] im Auge behalten, und vor allem müssen wir mittel- bis langfristig den Schuldenberg [...] wieder abtragen“.

Das glauben Sie wohl selbst nicht, Herr Finanzminister. Der Schuldenberg steigt in den nächsten Jahren ins Unermessliche, es wird kein einziger Euro an Schulden zurückgezahlt – und da reden Sie vom Schuldenbergabtragen?! Das sind reine Worthülsen, Herr Finanzminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber, Herr Finanzminister, Sie wollen auch eine mahnende Stimme in Europa sein. Ich zitiere wieder aus Ihrer gestrigen Budgetrede: „Wir werden auch
in Europa wieder eine mahnende und vielleicht“ für den einen oder anderen unangenehme „Stimme für eine Rückkehr zu einer nachhaltigen Budget­politik sein“.

Herr Finanzminister, seitdem es diese schwarz-grüne Bundesregierung gibt, wurden die Maastrichtkriterien noch nie eingehalten, und die Maastrichtkriterien werden auch, wenn es nach Ihren Planungen geht, bis 2026 nicht eingehalten werden. Wie wollen Sie da ein ernst zu nehmender Mahner in Brüssel sein, Herr Finanzminister? (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kassegger: Da hat er recht!)

Der Bundesvoranschlag für 2023 weist ein Budgetdefizit von 17 Milliarden Euro aus. Wenn man die Auszahlungen des Bundesvoranschlags um die Rück­lagenentnahmen und die Ermächtigungen adaptiert, erhöht sich das Defizit um 8,2 Milliarden Euro auf 25,2 Milliarden Euro. Wir können also davon ausge­hen, dass dieses Budget nicht halten wird.

Bedauerlicherweise befasst sich diese Bundesregierung nur mit den Folgen der Krise, aber nicht mit den Ursachen der Krise. Die budgetäre Situation wird im­mer schlimmer werden, wenn diese Bundesregierung nur Geld nach dem Gießkannenprinzip verteilt und nicht die Ursachen bekämpft. (Abg. Steinacker: Das tun wir ja nicht!)

Die Sanktionen, Frau Kollegin, sind der Todesstoß für die Wirtschaft in Öster­reich und in Europa und gefährden unseren sozialen Frieden. (Beifall bei der FPÖ.) Herr Finanzminister, Verantwortung für Österreich sieht anders aus. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wurm: Bravo Hubert! Sehr gute Rede!)

9.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf zuerst die Mittelschule Stromstraße recht herzlich bei uns willkommen heißen. – Vielen Dank, dass Sie ins Parla­ment gekommen sind. (Allgemeiner Beifall.)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Matznetter. – Bitte. (Oje-Rufe bei der FPÖ. – Abg. Angerer: Ich berichtige tatsächlich!)


9.33.00

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Guten Morgen! Herr Präsident! Herr Finanzminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner, Abgeordneter Fuchs, hat behauptet, die SPÖ habe den gesamten Coronamaß­nahmen der schwarz-grünen Bundesregierung zugestimmt. – Das ist
falsch. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich berichtige tatsächlich: Von März 2020 an – von der Änderung des Epidemiegesetzes bis zur Einrichtung der Cofag und den diversen Förderungen – haben wir heftigst kritisiert und dagegengestimmt. (Beifall bei der SPÖ. –
Abg. Wurm: Ha, ha! – Abg. Loacker: Nein!)

9.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das war keine tatsächliche Berichtigung, aber wir nehmen sie - - (Abg. Wurm: Das war ein Redebeitrag, Herr Präsi­dent!) – Ein Redebeitrag.

Abgeordnete Klubobfrau Maurer ist zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Klubob­frau. (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glo­ckenzeichen.)


9.33.59

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrter Finanzminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen und insbesondere hier auf der Galerie! Ich muss jetzt leider doch auf die Rede von Frau Parteivorsitzender Rendi-Wagner eingehen, weil ich glaube, meinen Ohren nicht ganz trauen zu können; auch Kol­lege Loacker hat bereits große Zweifel an dieser Rede geäußert.

In den letzten zweieinhalb Jahren, Frau Rendi-Wagner, hören wir von Ihnen und Ihrer Fraktion in jeder einzelnen Rede: Alles ist nichts, alles ist zu wenig, die Regierung tut nichts (Abg. Rendi-Wagner: Es ist falsch!) – ah, jetzt ist es falsch, sonst ist es immer zu niedrig –, die Regierung gibt zu wenig Geld aus, die Pensionen sind zu wenig erhöht. – Jetzt kommt das Budget – und jetzt ist plötz­lich alles zu viel! (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Liebe Sozialdemokratie, es wäre vielleicht gut, wenn ihr euch einmal entscheiden würdet, was jetzt genau die populistische Linie ist, die ihr verfolgen wollt. Beides gleichzeitig – es ist alles zu wenig und es ist alles zu viel –, das geht sich nicht aus. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Leider muss ich auch die inhaltlichen Punkte aus Ihrer Rede aufgreifen. Sie behaupten hier, dieses Budget habe keine ökologischen Auswirkungen, keine sozialen Auswirkungen und sei ein finanzpolitischer Scherbenhaufen. Liebe Frau Rendi-Wagner (Abg. Rendi-Wagner spricht mit den Abgeordneten Leichtfried und Stöger) – vielleicht würden Sie auch zuhören –, das, was die Sozialdemokratie hin­terlassen hat, Ihre Regierungen, nachdem Sie in Regierungen vertreten wa­ren, unter roter Kanzlerschaft, ist ein energiepolitischer Scherbenhaufen, den wir jetzt zusammenräumen – unter anderem mit diesem Budget. (Beifall bei Grü­nen und ÖVP.)

Unter diesem Motto steht dieses Budget auch insgesamt. Sie kennen es viel­leicht aus der eigenen Wohnung: Der Vormieter hat lange nichts gemacht, die Schublade klemmt, die Tür quietscht, es zieht irgendwo rein, man müsste selber Hand anlegen, man müsste sich dazu aufraffen, sich einmal darum
zu kümmern, das ordentlich zu reparieren, aber man nimmt sich nicht die Zeit dazu oder es gibt sonst irgendwelche Ausreden, die man hat. – Warum diese Metapher? – Die Wohnung, von der ich hier gesprochen habe, ist unser Land. Wir haben in der Vergangenheit viel zu viele Regierungen gehabt,
SPÖ-geführte Regierungen, die ganz notwendige Reparaturen nicht gemacht haben, ganz notwendige Investitionen nicht gemacht haben. Sie wur­den oft angekündigt, aber sie wurden nie umgesetzt.
(Beifall bei den Grünen.)

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine, die aktuelle Energiekrise und
ihre Folgen wirken da wie ein Brennglas: Man sieht genau, was früher unter den Teppich gekehrt worden ist und wo man mit einem schnellen Provisorium
ins nächste Jahr gekommen ist, aber eben keine nachhaltigen Lösungen gemacht wurden – bis jetzt, denn wir ändern das jetzt, wir machen das jetzt! Wir krem­peln die Ärmel hoch und greifen in die Maschine hinein, so dass es quietscht. Wir kitten nicht ein paar Löcher, wir reparieren ordentlich und umfangreich. (Bei­fall bei den Grünen.)

Und wir bauen um, und zwar unter dem Motto: Was gerichtet gehört, was re­pariert gehört, wird auch repariert. Unsere Schwerpunkte sind dabei klar: Energieunabhängigkeit, Abfederung der Teuerung, Sicherheit. Dass sich Öster­reich jahrelang von Gas und Öl aus despotischen Regimen abhängig gemacht hat und die österreichische Bevölkerung und Wirtschaft jetzt unter Putins Erpressungen, knapper Energie und hohen Preisen leiden, das gehört repariert. Dass die Preise jährlich steigen, die Sozialleistungen aber nicht, das gehört repariert, liebe Sozialdemokratie. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Dass die kalte Progression Teile der Gehaltserhöhung auffrisst, das ge­hört repariert. Und vor allem bei den letzten beiden Punkten gilt: Jahrzehntelang ist es von Bundesregierungen und Parteien versprochen worden – wir ma­chen es jetzt!

Es hat immer geheißen: Wir schaffen die kalte Progression ab. Und bevor
die SPÖ jetzt wieder vergisst (Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner) – nein, die SPÖ war nie dafür –: Ich habe jetzt gerade eine Presseaussendung gelesen, ich glaube von vorgestern, nach der sich SPÖ Wien und NEOS darin einig seien, dass die kalte Progression abgeschafft werden muss. (Abg. Leichtfried: Ja eh, ihr braucht nur unserem Antrag zustimmen!) Es gab Verhandlungen 2016, ich glaube, da waren Sie Teil der Bundesregierung, Frau Rendi-Wagner. 2016 gab es Verhandlungen zur Abschaffung der kalten Progression – gelungen ist es Ihnen nicht. (Abg. Rendi-Wagner: Hat anders ausgeschaut, Frau Kollegin Maurer! Anderer Antrag!) Diese Punkte sind versprochen worden, insbesondere die Valorisierung der Sozialleistungen. Rote Kanzler haben diese Regierungen ge­führt, und gemacht haben Sie es nicht. Wir machen es jetzt!
(Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir alle hier wissen, dass vergangene Bundesregierungen, insbesondere auch sozialdemokratisch geführte, die Klimakrise schlichtweg verschlafen haben. Es wurde nichts getan. Die Abhängigkeit von Putin wurde weiter verschärft,
anstatt etwas für den Klimaschutz zu tun – bis Kinder und Jugendliche auf die Straße gegangen sind. Fridays for Future: Vielen Dank an dieser Stelle an
die Jugendbewegung, wir lassen sie nicht allein.
(Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch: Chaoten, ja! Die sollen in die Schule gehen und etwas lernen!)

Wir investieren in eine grüne Transformation. 5,7 Milliarden Euro stellen wir für die österreichische Industrie bereit. Wir tauschen dreckige Öl- und Gaskessel
aus und fördern die Mobilitätswende. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir bauen unser Land nicht nur in Sachen Klimaschutz um, sondern wir stehen auch zu unserem Versprechen betreffend saubere Politik. (Zwischenruf bei der
SPÖ.)
Das Justizbudget wird weiter erhöht, der Rechnungshof erhält 5 Millionen Euro mehr – auch im Zusammenhang mit dem Parteiengesetz, da der Rech­nungshof nämlich dank grüner Regierungsbeteiligung jetzt endlich in die Partei­kassen hineinschauen kann. (Beifall bei den Grünen.)

Besonders am Herzen liegt mir auch die Pflegereform in diesem Budget: 1,7 Mil­liarden Euro. Wir haben in den letzten beiden Jahren schmerzlich gesehen, welch unglaublich großer Belastung Pflegerinnen und Pfleger in diesem Land aus­gesetzt sind. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Wir haben ihnen gedankt, wir ha­ben geklatscht, aber das reicht natürlich nicht, denn Klatschen zahlt keine Miete.

In diesem Budget ist über eine halbe Milliarde Euro für höhere Gehälter für die Pflegenden in diesem Land vorgesehen. Das freut mich besonders, denn wir wissen auch, dass Pflegende vorwiegend Frauen sind, und gerade aus diesem Grund ist es auch besonders wichtig, die Pflegerinnen und Pfleger besser
zu bezahlen und mit einer riesigen Pflegereform in diesem Budget zu unterstüt­zen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Auch das Kunst- und Kulturbudget steigt. Man kann an diesem Punkt auch sa­gen, wir erhöhen die Militärausgaben, aber auch die Ausgaben für den kul­turellen Bereich. Auch das ist ein Beitrag zur Sicherheit im Land, zur geistigen Sicherheit im Land, nämlich das Kulturbudget zu steigern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir reparieren mit diesem Budget Dinge, die über Jahrzehnte nicht gemacht wurden: Abschaffung der kalten Progression, Valorisierung von Sozialleistungen, Pflegereformen, die jahrzehntelang verspro­chen und nicht gemacht wurden. Wir krempeln die Ärmel auf und greifen hin. Wir sorgen damit für den Umbau in der Republik, für ein sozial gerechtes Österreich und für ein klimagerechtes Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

9.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte sehr.


9.42.00

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Herr Fi­nanzminister! Hohes Haus! Herr Finanzminister, Sie haben uns, den Ab­geordneten hier in diesem Haus, gestern sehr ausführlich das Budget, den Bundesvoranschlag für 2023 vorgestellt. Und ja, ein paar Dinge finden
wir gut: kluge Standortpolitikmaßnahmen wie die Transformation der Energie­systeme – das ist etwas, bei dem wir natürlich mitgehen und das wir un­terstützen –, aber sonst ist das halt wieder eine ganz böse Mischung aus Struk­turkonservativismus und aus „Koste es, was es wolle“.

Die Geschichte, die Sie uns gestern erzählt haben, diese schöne Geschichte
mit Treffsicherheit, von der Zukunft und dem sorgsamen Umgang mit Steuer­geld, ja das ist halt leider einfach nur eine Geschichte, denn die Zahlen sprechen eine andere Sprache. (Beifall bei den NEOS.)

2021: 18 Milliarden Euro Minus, obwohl wir 17 Prozent mehr Steuereinnahmen und ein Wirtschaftswachstum von 4,6 Prozent hatten.

2022 – das Jahr ist noch nicht vorbei, aber wir haben die Prognose –: 23 Milliar­den Euro Minus im Budget. (Bundesminister Brunner: Krise! Krise!) Das Wirtschaftswachstum liegt wahrscheinlich bei 4,7 Prozent, so ist es prognosti­ziert, aber wir wissen ja noch nicht ganz genau, was dann letztendlich he­rauskommt.

2023 geht es genauso weiter: 17 Milliarden Euro Schulden sind vorgesehen.

Ich fasse zusammen: sprudelnde Steuereinnahmen, und das Einzige, was wirklich großartig war, ist das Geldausgeben. Bis 2026 werden wir fast 400 Milliarden Euro Schulden angesammelt haben. Das ist fatal, und das ist aus unserer Sicht un­verantwortlich. (Beifall bei den NEOS.)

Das, was wir NEOS von Anfang an gesagt haben, ist schlicht und einfach ein­getreten: Sie haben das Steuergeld während der Pandemie mit beiden Hän­den zum Fenster hinausgeworfen: 47 Milliarden Euro – 47 Milliarden Euro! Und in zwei Jahren ist es nicht gelungen, das Ganze transparent abzuwickeln –
ich sage nur: Cofag –, und es ist auch nicht gelungen, sich die Wirtschaftshilfen, die natürlich notwendig waren (Abg. Wurm: Ihr wart da auch mit dabei!) – natürlich musste man manchen durch die Krise helfen, das ist ganz klar, vor al­lem, wenn man jemandem das Geschäft schließt –, nachher anzuschauen, zu schauen, welche Maßnahmen denn treffsicher waren. Dass man also die Wirtschaftshilfen analysiert und evaluiert, das ist bis heute nicht passiert. Weitermachen wie bisher, das können Sie offenbar!

Lieber Herr Finanzminister! Liebe ÖVP! Ich bin seit 20 Jahren in der Wirtschaft, seit 20 Jahren arbeite ich international, und ich muss Ihnen sagen: Nur weil
man mehr Geld ausgibt, heißt das nicht, dass das gut ist. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Geld wächst nicht auf den Bäumen, es ist auch nicht abgeschafft. Das ist Geld der Steuerzahler, und ich finde es wirklich eine Chuzpe, sich hier­herzustellen und zu sagen, dass Sie mit dem Geld der Steuerzahler sorgsam um­gehen.

Wenn Ihnen das nicht zu denken gibt, dann müsste Ihnen doch ein wenig zu denken geben – ich finde es auch interessant –, dass sogar die SPÖ sagt: Hier wird viel zu viel Geld ausgegeben! (Zwischenruf des Abg. Weidinger.) – Also
wenn die SPÖ das schon einmal sagt, dann müsste man doch zumindest
ein bisschen in sich gehen und sagen: Da ist doch wohl Feuer am Dach! (Beifall bei den NEOS.)

Ja, wir NEOS werden die Menschen nie vergessen, wir werden auch die Unternehmen nicht vergessen, wir werden vor allem auch jene nicht vergessen, die im internationalen Wettbewerb stehen. Natürlich müssen da Hilfen ausbezahlt werden, aber eben treffsicher. Es muss jetzt einfach Schluss sein mit dieser Vollkaskomentalität, mit dieser Vollkaskopolitik, die sie hier machen. Steuergelder einfach hinauszuwerfen, mit der Gießkanne zu verteilen, das ist nicht nachhaltig, und so kann es nicht weitergehen! (Beifall bei den NEOS.)

Ich weiß ja tatsächlich nicht: Ist es Hilflosigkeit, ist es Visionslosigkeit oder ist es einfach die große Sorge vor dem Verlust der Wählerstimmen, dass man ver­sucht, mit Steuergeldern Wählerstimmen zurückzukaufen? – Ich weiß nicht, was es ist, aber was ich weiß, ist, dass es verantwortungslos ist und dass es auf dem Rücken der Jungen passiert, und das kann nicht sein. Wir NEOS machen da nicht mit! (Beifall bei den NEOS.)

Jeder Euro, den wir jetzt für Zinsen ausgeben müssen – Sie wissen, wie rasant sich die Kosten da erhöhen –, fehlt uns einfach für Zukunftsinvestitionen. Bildung, Kinderbetreuung, Klimaschutz – all das hat überhaupt keinen Platz mehr. Da bräuchten wir einfach Spielräume für die Zukunft, aber das wird
sich wohl nicht mehr ausgehen.

Wir hören, dass Universitäten über Personalstopps reden – das ist fatal in einem Land wie Österreich! Das kann es nicht sein.

Ich weiß, das will keiner mehr hören, aber das, was in diesem Land fehlt, ist
das harte Arbeiten an den Reformen. Dazu hören wir wenig; ich sage
nur: Stichwort Föderalismus. Da wird viel zu viel Geld unsinnig ausgegeben. Sie schaffen es einfach nicht, den Finanzausgleich zu entflechten, und das wäre
ein Gebot der ersten Stunde, denn das ist nicht nur Steuergeldverschwendung, sondern es ist vor allem auch gefährlich. Es ist gefährlich, das haben wir in
der Pandemie gesehen, und es ist auch jetzt gefährlich, denn wir müssen auf den Ausbau der Erneuerbaren schauen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien
ist doch das Wichtigste und das Großartigste, was wir im Augenblick machen können, um diese elende Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren.
Das wäre das Wichtigste, was Sie auf Ihrer Agenda haben sollten. Sie sagen Ja, aber Sie lassen sich von den Landesfürsten – mit Verlaub – am Nasenring
durch das Dorf ziehen. (Beifall bei den NEOS.)

Die richten Ihnen über die Medien einfach aus: Bei mir wird es keine Windräder mehr geben, das gefällt uns nämlich nicht!, oder: Fotovoltaik brauchen wir überhaupt nicht in unserem Bundesland! (Zwischenruf des Abg. Weidinger.) – Also ganz im Ernst: Das kann es ja wohl nicht sein! Und dann stehen sie aber natürlich alle in der ersten Reihe, wenn es um den Finanzausgleich geht. Deswegen brauchen wir in diesem Land ganz dringend eine Föderalismusreform. (Beifall bei den NEOS.)

Wir brauchen eine Pensionsreform. Jeder dritte Euro unseres Budgets geht in die Pensionen – jeder dritte Euro! In der Schweiz arbeiten die Menschen bis 66 Jahre, dort ist das zumutbar, in Österreich hört man mit ein bisschen über 60 Jahren auf. Sie müssen da unglaublich schnell ins Tun kommen.

Wenn wir schon von der Schweiz reden: Die Schweiz gibt fast 17 Prozent ihres Budgets für die Bildung aus. In Österreich ist es sehr viel unter 10 Prozent.

Wenn der ehemalige Finanzminister Hannes Androsch recht hat, dann ist das Budget das Schicksalsbuch der Nation. Was wir jetzt sehen, ist, dass dieses Budget ein schwerer Schicksalsschlag für die Zukunft Österreichs ist. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

9.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


9.48.57

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Her­ren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Wir haben heute die erste Lesung zum Bundesvoranschlag 2023, der uns gestern von Ihnen, Herr Finanzminister, vorgestellt wurde. Man hört jetzt die Reaktionen darauf, gerade von den Oppositionsparteien.

Vor mehr als zwei Jahren ist Anfang März Corona ausgebrochen, und wir wissen, wie und in welcher Form wir diese Krise bewältigt haben – da schauen an­dere Staaten zu uns und nicht umgekehrt, obwohl hier alles schlechtgeredet wird.

Wir erleben jetzt mit, was die Teuerung, die Energiekrise ausmacht: Das zehrt nicht nur an den Nerven derjenigen, die sich damit beschäftigen, sondern
das betrifft die ganze Bevölkerung. Ihr könnt mir glauben, ich weiß, wovon ich rede, weil ich nach wie vor, wenn ich zu Hause bin, sonntags auch aktiver Wirt bin und hinter der Theke stehe, und ich kenne die Meinung dort sehr wohl.

Soll ich euch sagen, was die Leute wirklich am meisten stört? – Es ist uns
allen bekannt, was weltweit, europaweit abläuft, was wir seit dem Zweiten Welt­krieg noch nie erlebt haben, aber das ist diese wirklich aggressive gegenseiti­ge Schürerei hier herinnen in diesem Hohen Haus. Das stört die Menschen am meisten. Sie haben es schwer genug. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Liebe Frau Kollegin Doppelbauer, Sie können sich das Budget wirklich einmal genau anschauen – ich würde es jedem empfehlen –, und auch das, was gestern vorgestellt wurde (ein Exemplar der Budgetrede in die Höhe haltend), die Rede
des Herrn Finanzministers mit den Inhalten. (Zwischenrufe der Abgeordneten Loa­cker und Wurm.)

Das ist auch für Sie auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen: Wenn Sie sich inhaltlich mit den Eckdaten dessen auseinandersetzen
wollen (Abg. Loacker: Die Eckdaten sind in dem Heft ja gar nicht drinnen!), was diese Bundesregierung in dieser Krise für die Wirtschaft und für die Ar­beitnehmer alles macht, so fordern Sie es an – meine E-Mail-Adresse steht überall –, ich schicke Ihnen das alles zu, damit Sie einmal die Tatsachen kennen und nicht dieses Showprogramm der Opposition! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Loacker und Wurm.)

Ich möchte jetzt nicht in Zahlen einsteigen, das haben Herr Klubobmann Wö­ginger und Frau Klubobmann Maurer bereits getan, aber kurz zur Reaktion der Oppositionsparteien (Zwischenrufe bei SPÖ und NEOS): So ist die Geschichte, das wissen wir, eine Oppositionspartei kann nicht zustimmen, weil es einfach nicht gut ist, weil man halt Opposition ist. – Okay, aber etwas erwarte ich mir von den Oppositionsparteien wirklich – auch wenn wir unterschiedliche ideologische Voraussetzung haben; deshalb sind wir verschiedene Parteien –, nämlich dass man das fair macht. Ich bin Wirtschaftler, ich habe in mei­nem Leben x Bilanzen in der Hand gehabt und unterschrieben, nicht nur jetzt als Budgetsprecher und Vorsitzender des Budgetausschusses hier im Parlament. Ich bin mir bewusst, dass das nicht unser Geld ist, sondern dass das Geld, das wir hier ausgeben, das Geld der Fleißigsten in diesem Staat ist, die Steuern
zahlen. Sonst könnten wir alles andere, Ihre ganzen Sozialleistungen, nicht er­füllen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn die SPÖ, egal wer am Rednerpult steht, von der Spitze bis in die letzte Bankreihe, sagt, wir sollen uns ein Beispiel an den Deutschen nehmen,
dann muss ich sagen: Also bitte, das ist ja nicht nur ein Purzelbaum, das ist ja noch mehr. Wir wissen, dass die deutschen Durchschnittspensionen eigent­lich so hoch sind wie die Mindestpensionen bei uns, und wir wissen, was die Deutschen jetzt in diesem Bereich umsetzen wollen, den wir schon lange diskutieren und in dem wir schon mitten in der Gesetzgebung sind: Wenn das das Modell für euch ist, dann, das sage ich euch ganz ehrlich, seid ihr wirklich aus den Fünfzigerjahren noch nie herausgekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich habe heute in der Früh ganz kurz die Zeitungen durchgelesen. Was sagt die Opposition? – Die FPÖ sagt, viel zu viele Schulden. (Abg. Wurm: Ja, stimmt ja auch!) Da habt ihr recht, darüber brauchen wir überhaupt nicht zu reden. (Abg. Belakowitsch: Na bitte! ...!) Jetzt sage ich euch als Unternehmer noch etwas:
Meine Familie und ich haben in unserem Leben viele Schulden gemacht, auch alles zurückgezahlt, auf Heller und Cent, aber etwas sage ich euch auch dazu: Wisst ihr, wann wir die meisten Schulden gemacht haben? – In den schwie­rigsten Zeiten! Da haben wir in die Zukunft investiert, und das haben Sie,
Herr Finanzminister, mit Ihrer Aussage gestern, dass wir mit diesem Budget nicht verwalten, sondern die Zukunft gestalten, ganz klar gemacht. (Beifall bei
der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Wenn es heißt, die Coronahilfen seien nicht angekommen, dann ist das einfach auch nicht richtig. Nehmen wir wieder die Deutschen her: Die wären froh,
wenn sie dieses Wirtschaftswachstum hätten, das die Österreicher gehabt ha­ben, denn wir sind praktisch sofort wieder fast in die Vollbeschäftigung hineingekommen, und aufgrund dessen haben wir Einnahmen, aufgrund derer wir jetzt so agieren können und konnten.

Die NEOS haben gesagt: Gießkanne!, das habe ich heute gelesen, das war gestern die Vorsitzende. (Abg. Loacker: Kommt noch einmal!) Wir haben die Hilfen zielgerecht ausgeschüttet – zielgerecht, am meisten im untersten Bereich.
(Abg. Loacker: Der Klimabonus war ...!) Wisst ihr, wo die Gießkanne ist? Wisst ihr, was eigentlich nach dem Gießkannenprinzip gemacht wurde? – Die Abschaf­fung der kalten Progression. Was hundertprozentig richtig ist, was vorher in allen anderen Regierungsprogrammen eigentlich gestanden ist, aber nie umgesetzt wurde, genau das wollt ihr jetzt kritisieren? Genau das, wo wir doch von dem an­deren am meisten getan haben? (Abg. Meinl-Reisinger: Was ist da Gießkanne, wenn Sie auf die Steuererhöhungen verzichten? Weil Sie mittlerweile als ÖVP ... Verständnis von Staat ...! Sie reden von einer Gießkanne, wenn man auf die Steuererhöhung verzichtet, teilweise?)

Wie gesagt, in die Tiefe der SPÖ hineinzugehen: Herr Kollege Krainer, Sie können mir glauben, ich kenne Ihre Rede schon auswendig. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei den NEOS.) Ich will Sie jetzt gar nicht zitieren. Ich weiß genau, was Sie da sagen: Alles zu spät, alles nicht zielgerecht (Ruf bei der SPÖ: Unglaublich!), alles zu wenig!, so wie Sie das in der Coronazeit gesagt haben.

Wissen Sie, was Sie jetzt zu diesem Zukunftsprogramm, das vom Finanz­ministerium und von uns vorgelegt wurde, sagen? – Sie nehmen den gleichen Zettel wie bei Corona und reden einfach alles nur schlecht, sonst gar
nichts. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte. (Abg. Loacker: Endlich mal einer für solide Staatsfinanzen! –
Abg. Krainer – auf dem Weg zum Redner:innenpult –: Ja, das stimmt! Kollege Loacker hat einmal recht! – Heiterkeit bei den NEOS.)


9.55.34

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon ein großes Problem in der Politik, wenn man seiner eigenen Propaganda glaubt. Ich habe den Eindruck, dass hier einige Parteien die eigene Propaganda auch noch glauben. Ich sage Ihnen eines: Dann schauen wir uns die Zahlen an, denn Zahlen lügen nicht, und vergleichen wir das mit der Propaganda, die die Parteien hier erzählen! Fangen wir vielleicht ein­mal mit der Frage der Steuern an, mit der Frage, wie hoch die Steuern in die­sem Land sind, und der Propaganda, damit, wie einzelne Parteien behaup­ten, dass sie die Steuern senken, oder den anderen vorhalten, dass sie sie erhö­hen. (Abg. Michael Hammer: Das ist der Spiegel, der Blick in den Spiegel!)

Wir wissen zum Beispiel (Abg. Michael Hammer: Ihr wisst gar nix!), die ÖVP hat 2017 im Wahlkampf gesagt, die Steuern in Österreich seien zu hoch, man müsse die Steuern senken, und zwar die Steuer- und Abgabenquote – so wird ja die Steuerhöhe bemessen –, auf unter 40 Prozent, und hat behauptet, immer wenn die SPÖ einen Kanzler stellt – als ob das quasi automatisch irgendwie die
Steuer- und Abgabenquote verändern würde –, seien die Steuern in Österreich immer nur gestiegen.

Wenn wir uns jetzt aber die Zahlen ansehen – und die kann jeder ganz schnell googeln, Statistik Austria, Sie können es sogar auf der WKO-Seite, also bei der Wirtschaftskammer, nachlesen, die haben da schöne Statistiken –, was sehen
wir da? –Wir sehen: Als Faymann Kanzler war, als Kern Kanzler war, und
zwar mit Mitterlehner, sind die Steuern und Abgaben 2016 gesunken, 2017 ge­sunken. (Rufe bei der ÖVP: Das ist ein Blödsinn! Ihr verliert die Realität!) Kaum war die SPÖ nicht in der Regierung, sondern Kurz, zunächst mit der FPÖ, Herr Abgeordneter Fuchs war damals ja Staatssekretär in der Regierung – was ist passiert? Ist die Steuer- und Abgabenquote gesunken oder ist sie gestiegen? Was ist passiert? – Sie ist gestiegen. Sie ist 2018 gestiegen, sie ist 2019 ge­stiegen, sie hat sich 2020 nicht verändert, ist 2021 gestiegen, 2022 gestiegen, und jetzt prognostiziert das Budget, sie wird 2023 steigen. Sie sollten Ihre eigene Propaganda, die Sie erzählen, nicht glauben, sondern sich die Zahlen an­sehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staatssekretär außer Dienst Fuchs, wenn Sie sich hierherstellen, schauen Sie sich Ihre eigene Bilanz an und glauben Sie nicht immer nur Ihre eigenen Ankündigungen und Ihre eigene Propaganda! Das gilt auch und vor allem für die ÖVP, weil oft das Gegenteil von dem, was hier angekündigt wird, auch tatsächlich passiert.

Reden wir gerne über die kalte Progression! Kollegin Maurer sagt, Jahrzehnte haben das die Regierungen versprochen und niemand hat es gehalten, aber Sie machen es. Zeigen Sie mir bitte das Regierungsprogramm, in dem das ver­sprochen wurde, als die SPÖ in der Regierung war! Zeigen Sie es mir! Ich lese Regierungsprogramme seit 20 Jahren (Zwischenrufe bei der ÖVP), ich habe das nicht gelesen. Ich habe es gelesen, als die SPÖ nicht in der Regierung war. Wir waren skeptisch, und wir haben dem aus einem einfachen Grund zu­gestimmt. Das, was nämlich immer passiert ist, und das haben wir hier immer gesagt, auch von diesem Rednerpult aus: Es gibt zwei Wege, damit umzugehen. Ja, es gibt die kalte Progression, und es gibt Gestaltungsmöglich­keiten, die Steuern und die Abgaben für Menschen, die arbeiten gehen,
zu senken. Wir haben das auch immer so gehalten.

Als wir nicht in der Regierung waren, Schwarz-Blau I, ist das Geld der Arbeit­nehmer verwendet worden, um die Steuern auf Kapital und Vermögen zu senken. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist nämlich in Wahrheit passiert. Da haben wir gesagt, wahrscheinlich ist es besser – mit allen Nachteilen, die die Abschaffung der kalten Progression hat,
das hat nämlich nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile –, denn dann stehlen Sie, wenn wir nicht in der Regierung sind, zumindest nicht das Geld der Ar­beitnehmer und geben es den Unternehmern – was passiert ist. Dann haben wir das verhandelt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben uns geeinigt: Mitterlehner, Kern, Schelling. (Abg. Hanger: Da seid
ihr dagegen!)
Wir haben uns geeinigt, und wir wissen aus den Chats, was passiert ist. (Ha-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Hanger: Ah, jetzt sind wir wieder bei den Chats!) Kurz ist zu Schelling gegangen, wir kennen das alle aus dem Untersu­chungsausschuss (Abg. Michael Hammer: Dem Farceausschuss, oder was?), und dann gibt es diese berühmten Chats, in denen steht: „Kurz war ganz klar“, er will keine Lösung, er will keine Einigung. Wenn Schelling hier zustimmt, ist er raus aus dem Team! (Ah-Rufe bei der SPÖ.) – Das war die Art und Weise, wie die ÖVP mit der Frage der kalten Progression umgegangen ist. Es ist Ihnen nicht um den Inhalt gegangen, es ist Ihnen um die innerparteiliche Macht gegan­gen. Kurz hatte eine Erzählung, nämlich: Die Große Koalition bringt nichts wei­ter!, und das hat gestimmt. (Abg. Disoski: So war’s doch auch! – Abg. Hanger: Geh Jan, setz dich nieder! – Abg. Michael Hammer: Darum seid ihr in der Opposition, weil es mit euch nicht geht! – Ruf bei der ÖVP: Es ist immer dasselbe!) Das hat gestimmt, weil nämlich Kurz mit Sobotka und anderen innerhalb der ÖVP jede Einigung blockiert hat. Eine solche hätte es auch betreffend kalte Progression gegeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist die historische Wahrheit! (Abg. Michael Hammer: Das ist eure Wahrheit!) Wir haben gestern nicht gegen die Abschaffung der kalten Progression ge­stimmt, nein (Abg. Hanger: Bist du jetzt dafür oder dagegen?), wir haben das Mo­dell, das wir mit Kern und Mitterlehner im April 2017 vereinbart haben, ges­tern hier eingebracht und haben dafür gestimmt. (Abg. Hanger: Bei dir kennt man sich nicht aus! – Abg. Michael Hammer: Kern war überhaupt der Ärgste!)

Sie haben abgelehnt, und wissen Sie, was der Vorteil von unserem Modell ist? (Abg. Hanger: Bist du jetzt dafür oder dagegen?) – Bei Ihrem Modell bekom­men alle Abgeordneten hier drei- bis viermal so viel – Klubvorsitzende Maurer viermal so viel, die anderen Abgeordneten dreimal so viel – wie der durch­schnittliche Österreicher. (Abg. Hanger: Bist du jetzt dafür oder dagegen? – Zwi­schenruf der Abg. Disoski.) Bei unserem Modell hätten wir nicht mehr, son­dern gleich viel wie der durchschnittliche Österreicher bekommen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Ja, genau! – Ruf bei der ÖVP: Mit dir geht sich das nicht aus!) – Das ist soziale Handschrift! (Ah-Rufe bei der ÖVP.)

Ich weiß, das ist Ihnen fremd, aber wenn Sie sich die Zahlen ansehen, dann werden Sie sehen, welche Partei hier eine soziale Handschrift hat, und das ist si­cher nicht die ÖVP; das sind leider auch nicht die Freiheitlichen, sondern das ist einzig und allein die Sozialdemokratie. – Vielen Dank. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Ja, ja! – Abg. Wöginger: Kommunismus war das! –
Abg. Matznetter: Dagobert Duck ... ÖVP! – Abg. Michael Hammer: Ein Kern-Anhän­ger, der Abgeordnete Krainer!)

10.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Abgeordneter Fuchs. – Bitte.


10.01.45

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Abgeordneter Krainer hat behauptet, dass die Abgabenquote während der
ÖVP-FPÖ-Regierung nicht gesunken ist. (Abg. Krainer: Sondern gestiegen ist!)

Ich berichtige tatsächlich (Abg. Krainer: Sie ist gestiegen!): Kollege Krainer ist ein Abgabenquotenfetischist. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeordneten der SPÖ. – Die Abgeordneten Leichtfried und Tomaselli: Herr Präsident!) Die Steuerent­lastung (Zwischenruf des Abg. Matznetter) – passt einmal auf, dann versteht ihr es besser! – bemisst sich nicht nur nach der Abgabenquote (Abg. Krainer: Oh! Ja nach was denn sonst?), sondern nach der tatsächlichen Entlastung. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Ja, genau! So ist es!)

Sie wissen ganz genau, dass der Familienbonus Plus eine massive Entlastung ist, aber nicht in die Abgabenquote eingerechnet wird. (Abg. Krainer: Natürlich
wissen wir das! – Zwischenruf der Abg. Becher. – Ruf bei der SPÖ: Das ist keine tat­sächliche Berichtigung!)
Außerdem haben wir sehr, sehr viele Maßnahmen gesetzt, um diejenigen zu entlasten (Zwischenruf des Abg. Matznetter), die keine Steuern zahlen, und zwar in Form der Negativsteuer; sie bekommen eine Sozialversicherungsgutschrift zurück. (Abg. Krainer: Um Gottes willen!) Das sind die Ärmsten der Armen, und die haben wir entlastet, und das wird auch nicht in die Abgabenquote reingerechnet. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Krainer: Aber das ist doch falsch! Das ist doch falsch! – Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Wenn jemand die Geringverdiener entlastet, dann mit Sicherheit nicht die SPÖ. (Zwischenruf des Abg. Matznetter. – Abg. Leichtfried: Ich weiß nicht, was ist
denn das jetzt?! Hallo?!)
 – Vielen Dank. (Abg. Krainer: Das soll eine tatsächliche Berichtigung gewesen sein? – Beifall bei der FPÖ.)

10.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Sie einmal mehr ersuchen, die tat­sächlichen Berichtigungen nicht permanent zu missbrauchen. Das war natür­lich ein politischer Beitrag und keine tatsächliche Berichtigung – so wie die vorhergehenden auch. (Abg. Krainer: Das war eine tatsächliche Bestätigung! – Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Herr Abgeordneter! (Abg. Krainer: Das war eine tatsächliche Bestätigung! Natürlich sind die Steuern und die Abgaben unter der ÖVP gestiegen! – Abg. Michael Hammer: Krainer, du hast schon geredet, jetzt ist Pause!)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Angerer. – Bitte.


10.03.35

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Das war eine tatsächliche Berichtigung
mit mehreren tatsächlichen Berichtigungen. (Abg. Leichtfried: Der geht raus und ver­teidigt ...! Ich glaube es nicht!) Anfangs, Herr Finanzminister – ich kann es Ihnen leider nicht ersparen –: Sie werden als der sogenannte Schulden-Brunner in die Geschichte der österreichischen Finanzpolitik eingehen. (Heiterkeit des Bun­desministers Brunner.) Dort werden Sie sich wiederfinden. Sie haben die Schulden in unserem Land von 70 auf 80 Prozent des BIPs erhöht.

Damit man sich das ein bissel vorstellen kann: In drei Jahren Regierungszeit
hat diese Regierung vier Budgets gebraucht und 86 Milliarden Euro neue Schulden gemacht, wie unser Finanzsprecher Hubert Fuchs schon erwähnt hat. Sie vergleichen sich mittlerweile mit Italien, Italien ist jetzt der Ver­gleichsmaßstab für Österreich. Italien, das mit der Finanzierung seines Haushalts immer schon Probleme gehabt hat, das bei einer Staatsverschuldung von 150 Prozent liegt, dient jetzt als Vergleich für Österreich.

Als Nächstes käme dann Japan, dessen Staatsverschuldung liegt bei 260 Prozent des BIPs. Herr Minister, ich frage Sie: Warum vergleichen wir uns nicht mit Schweden? – Schweden ist ja in der Coronakrise immer so kritisiert worden. In Schweden ist die Staatsverschuldung um 1 Prozent gesunken, von 34 auf – sage und schreibe – 33 Prozent. (Abg. Loacker: Die haben aber auch eine Pensionsreform gemacht! – Abg. Wurm: Die haben die Schwedische Krone, keinen Euro!) Das wäre ein Vergleich, den wir heranziehen sollten, ein Vergleich mit besseren Staaten.

Sie reden schon von einer Schuldenreduktion, Herr Minister. Ich frage mich: Von welchen Annahmen gehen Sie aus, wenn Sie sagen, dass die Schulden wie­der sinken werden? – Alle Wirtschaftsforscher gehen heute davon aus, dass wir in eine Stagflation kommen, wenn wir nicht schon drinnen sind, dass eine Rezession das Nächste sein wird, das kommt. Ich bin mir nicht sicher, ob wir die­se Schuldenreduktion zusammenbringen, ich kann es mir eigentlich nicht vorstellen. Mit den Maßnahmen, die diese Regierung setzt, wird es auch nicht gelingen.

Sie haben keine Antworten auf die Inflation, die Teuerung oder die explodieren­den Energiepreise. Sie behandeln definitiv nur Symptome, Sie haben keine einzige Ursache angegriffen. Im Gegenteil: Sie lassen noch eine illegale Massen­zuwanderung in unser Sozialsystem zu und führen neue Steuern wie die
CO2-Steuer ein. Sie fahren unsere Wirtschaft, unseren Wohlstand und unseren Sozialstaat an die Wand. Ein Maurer steht normalerweise dafür, dass er etwas baut. In dem Fall steht Maurer für Zerstörung: für die Zerstörung unseres Wohlstandes. (Beifall bei der FPÖ. – Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Zanger: Ist eh klar!)

Ein paar konkrete Beispiele zu Ihrem Budget: Sie sagen, mit 2,6 Milliarden Euro sei das Gesundheitssystem abgesichert. Faktum ist, Sie haben in den letzten Jahren die Pharmaindustrie finanziert, und Sie machen es weiter. Wir finanzieren die chinesische Maskenindustrie. In Österreich herrscht Ärztemangel, und
wir laufen in einen Pflegenotstand.

Sie sagen: Ein Ausgleich der Inflation ist nicht möglich! – Das ist richtig, ein Aus­gleich der Inflation ist nicht möglich, aber die Inflation wäre mit einer Fis­kalpolitik, wie sie die Schweizer gemacht haben, zu verhindern gewesen. Sie aber haben mit der Europäischen Union und dank mächtiger Unterstützung der SPÖ, die bei allen Beschlüssen, die eine Zweidrittelmehrheit erforderten, dabei war, eine Schuldenpolitik betrieben. Die notorische Umfallerpartei der Opposition, die Umfaller-SPÖ, hat alles mitgetragen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sagen: Ein Strompreisdeckel ist nicht möglich, weil dann auch in den Nachbarländern die Strompreise sinken würden! – Jetzt frage ich mich: Wenn in Spanien ein Strompreisdeckel eingeführt wird, warum wird dann in Frank­reich der Strom nicht billiger? (Bundesminister Brunner: Weil es ein abgeschlossener Markt ist! – Abg. Strasser: Weil er gehandelt wird! Das ist ja wirklich ...! – Abg. Zarits: Da verwechselst du aber schon etwas, oder?) – Schauen wir uns an, wo es die günstigsten Strompreise gibt: in Norwegen, das Öl- und Gasreserven hat, in der Schweiz, auf Malta und – sage und schreibe, wie man liest – in Ungarn, das
ein Energieabkommen mit Russland abgeschlossen hat und die billigsten Strom­preise in Europa hat. (Abg. Loacker: Dünnes Eis!) Jetzt frage ich mich: Wa­rum schwappt das nicht von Ungarn auf Österreich über? Warum wird bei uns der Strom nicht billiger, wenn dem so ist, dass der Strom in den Nachbar­ländern billiger wird?

Sie sagen: Wir müssen raus aus fossiler Energie! – Dazu werde ich heute noch einen Antrag einbringen. Sie glauben, Fotovoltaik und Wind werden uns retten – es heißt, wir müssen weg vom Gas –, da müssen Sie mir erklären, woher
Sie die Rohstoffe dafür nehmen. Wer hat denn die Rohstoffe dafür? Zu mehr als 70 Prozent kommen diese Rohstoffe und auch die Komponenten, die ihr
für PV und Windräder braucht, aus China. Das heißt, wir kommen von einer Abhängigkeit in die nächste. China steht meines Wissens auf der Seite
der Russen. Ich weiß nicht, ob das schon jemandem in dieser Bundesregierung aufgefallen ist. Wir kommen von einer Abhängigkeit in die nächste.

Sie reden von einem Schulterschluss, Sie fordern immer einen Schulterschluss der Opposition. Mir fällt keiner von unseren Anträgen ein, Herr Minister,
dem diese Regierung zugestimmt hat. Das ist reiner Regierungspopulismus.

Zum Schluss: Sie reden von Krisen, das kann keiner mehr hören! Das Wort Krise kommt in dem Heftl, das Gabriel Obernosterer vorhin hergezeigt hat, in Ihrer Budgetrede, 42 Mal vor. Das ist symptomatisch für diese Bundesregierung. Sie haben uns in eine Wirtschaftskrise, Energiekrise, Gesundheitskrise, in eine kollektive Staatskrise geführt. Dilettantismus regiert! Dieses Budget wird uns von einer Krise in die nächste führen. Diese Krise hat einen Namen, der
heißt: das Beste aus beiden Welten, aus Schwarz und Grün. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

10.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.


10.08.55

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin hier, um Herrn Kollegen An­gerer tatsächlich zu berichtigen. (Abg. Leichtfried: Was ist das?) – Das ist kein Re­debeitrag.

Nur ein Satz: Die Österreicherinnen und Österreicher dürfen sich, wenn sie zuschauen, erwarten (Abg. Leichtfried: Was ist das, Herr Präsident? – Abg. Matznetter: Hallo?! Hallo?!) – am Redner:innenpult besteht der Schutz des Ab­geordneten –, dass hier richtige Zahlen verwendet werden. (Abg. Loacker: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Abg. Leichtfried: Der hält da eine Rede!)

Herr Kollege Angerer hat behauptet (Präsident Sobotka gibt das Glocken­zeichen – Abg. Krainer: Jetzt läuten Sie ihn ab, das ist nicht berichtigend! – Abg. Leichtfried: Du brauchst jetzt nicht uns läuten! Der hält noch eine Rede!), der Herr Finanzminister wird als „Schulden-Brunner“ in die Geschichte eingehen, weil die Schuldenquote in die Höhe geht, seit er das Budget macht. (Abg. Krainer: Was soll das da? Wann drehen Sie ihn gefälligst ab? – Abg. Leichtfried: Ich meine, das ist ja unglaublich.)

Faktum ist: In seinem Budget, das er vorgestellt hat, vermindert sich die Schuldenquote von 78,3 auf 76,7 Prozent. (Abg. Leichtfried: Da braucht ja keiner oben sitzen! Das wäre das Gleiche! – Zwischenruf des Abg. Loacker.) Bitte richti­ge Zahlen verwenden! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kassegger: Zur Geschäfts­ordnung! – Abg. Leichtfried: Da kann gleich der Kurz oben sitzen!)

10.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung, Abgeordneter Kassegger. – Bitte.

*****


10.10.12

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Obernosterer hat jetzt ganz offen­sichtlich nicht zugehört, was Kollege Angerer gesagt hat. Er hat nämlich gesagt, die Schulden haben sich erhöht. – Das ist etwas anderes. (Abg. Obernosterer: Ist das zur Geschäftsordnung?) – Ja!

Ich ersuche, tatsächliche Berichtigungen nicht für politische Meinungsäu­ßerungen zu missbrauchen, die da auch passiert sind. (Abg. Ottenschläger: Das gilt aber für alle!) Das ist nicht das Instrument der tatsächlichen Berichti­gung! (Beifall bei FPÖ und NEOS. – Abg. Stöger: Wo ist der Antrag?)

10.10

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Folge ist: Wir werden die tatsächlichen Berichtigungen an das Ende der Debatte legen. (Abg. Krainer: Hallo?! Das ist
nicht vorgesehen!)
Dann erübrigt sich das Problem, dann kann es keinen Missbrauch geben.

Der nächste Redebeitrag kommt von Abgeordnetem Schwarz. – Bitte. (Abg. Krai­ner: Unglaublich! – Abg. Greiner: ... Geschäftsordnungsdebatte ...!)


10.10.49

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Bei uns im Nationalrat ist einer der häufigsten Zwischenrufe: Das ist keine tatsächli­che Berichtigung!, und die heutige Debatte passt da wiederum ganz gut dazu.

Etwas anderes, das mir noch aufgefallen ist, ist, dass es bei den Abgeordneten der NEOS eine gewisse Irritation darüber gegeben hat, dass Abgeordneter Krainer von der SPÖ der ÖVP vorgeworfen hat, sie habe die Abgabenquote er­höht, und umgekehrt gab es Vorwürfe der ÖVP in Richtung SPÖ, sie hätte gerne niedrigere Pensionen, so wie in Deutschland. – Es sind also tatsächlich au­ßergewöhnliche Zeiten, in denen wir leben. (Beifall bei den Grünen.)

Die Frage ist: Wie sind wir in diese Situation gekommen? Dazu möchte ich den Blick noch einmal kurz aus Österreich hinausführen, nämlich in Richtung der Ukraine und des russischen Angriffskriegs dort.

Es ist klar, dass es für Putin, wenn er diesen imperialistischen Krieg durchführen möchte, sehr wichtig war, zu schauen, dass die europäischen Regierungen die Ukraine nicht unterstützen. Das hat er getan, indem er Unsicherheit geschaffen hat, um dieses Ausgeliefertsein, das es in Bezug auf russische Energieliefe­rungen gibt, zu demonstrieren. Das hat er gemacht, indem er zum Beispiel den russischen Gaskonzern Gazprom dazu gezwungen hat, die Gaslieferungen zu drosseln, Monate bevor der Angriffskrieg begonnen hat. Das hat zu Verunsi­cherung geführt, zum Glück nicht bei den Regierungen in Europa, inklusive der österreichischen Regierung, aber es hat dazu geführt, dass die Gaspreise, die Energiepreise an den Märkten gestiegen sind.

Die Menschen in Österreich leiden unter diesen hohen Preisen, und deshalb war es so wichtig, dass dieses Budget die budgetären Mittel zur Verfügung stellt und die Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung zur Abfederung dieser Teue­rung finanziert.

Ich habe dazu vom Budgetdienst eine Analyse angefragt – vielen Dank dafür –, die sehr umfangreich ist und deutlich zeigt, dass das Geld in diesen Ent­lastungspaketen dort ankommt, wo es ankommen soll.

Ich versuche, das kurz mit Zahlen zu unterlegen: Es zeigt sich, dass bei den un­tersten 10 Prozent, also dem untersten Zehntel der Haushalte, was das Einkommen betrifft, die Effekte der Teuerung, also die höheren Kosten, durch die Entlastungsmaßnahmen der Regierung überkompensiert worden sind. Das heißt, da gibt es de facto höhere Einkommen, die Einkommen sind also mehr gestiegen, als die Kosten aufgrund der Teuerung ausmachen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Umgekehrt, bei den obersten 10 Prozent, dem obersten Zehntel, machen die Entlastungsmaßnahmen nur ein Drittel der gesamten zusätzlichen Kosten durch die Teuerung aus. Das heißt, man kann da nicht von Gießkanne sprechen, sondern es verteilt sich so, wie es sich verteilen soll: Die, die es am dringendsten brauchen, kriegen am meisten, und die, die es nicht so dringend brauchen,
kriegen am wenigsten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das kann man auch an den Maßnahmen ablesen. Wir haben jetzt mittlerweile schon 600 Euro Teuerungsausgleich gezahlt – das kriegen nur jene, die es wirklich am allerdringendsten brauchen, die zum Beispiel auf staatliche Transfers angewiesen sind. Weiters stehen 500 Euro Teuerungsabsetzbetrag
für Geringverdienende bis maximal zum Medianeinkommen zur Verfügung.

Gleichzeitig ist aber auch wichtig, dass es nicht nur diese kurzfristigen Maßnahmen gibt, sondern auch strukturelle, die die Inflation auf längere Zeit abfedern. Dazu gibt es zum einen die Abschaffung der kalten Progression,
die wir gestern diskutiert haben, aber auch die Valorisierung der Sozialleistungen.

Dazu möchte ich noch einmal sagen: Natürlich ist es so, dass die Abschaffung der kalten Progression tendenziell Besserverdienenden etwas mehr hilft
als jenen, die weniger verdienen. Das macht das ganze Paket natürlich ein biss­chen weniger sozial treffsicher, aber gerade das ist die Maßnahme, die alle hier im Haus gefordert haben! Auch ist sie – gestern schon verdeutlicht – sozial immer noch treffsicherer als die letzte Steuerreform, die unter einem SPÖ-Bundeskanzler durchgeführt worden ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Noch eine Erkenntnis, die ich auch sehr spannend gefunden habe: Zusammen
mit der ökosozialen Steuerreform, die ja auch noch in diesem Budget abgebildet ist, ist es im letzten Jahr im Schnitt in keiner der Einkommensgruppen zu
einem Wohlstandsverlust gekommen. Das heißt, wir haben mit diesen Maßnah­men in Summe die Teuerung mehr als abgedeckt, und zwar für alle. (Abg. Doppelbauer: Ja eben! Das ist problematisch!) – Ja, weil es aber auch steuerliche Maßnahmen sind, die gerade die NEOS haben wollen, zum Beispiel mit der ökosozialen Steuerreform.

Das Nächste ist, dass man natürlich finanziell entlasten muss, gleichzeitig aber kann man das nicht für immer machen, sondern man muss irgendwann auch die Wurzel des Übels packen, und das ist unsere Abhängigkeit von importierten fossilen Energieträgern. Während diesbezüglich die Abhängigkeit in den letzten Jahrzehnten gestiegen und gestiegen ist, kommt es mit diesem Budget jetzt
zum ganz klaren Ende dieses Prozesses. In diesem Budget steckt eine milliarden­schwere Klimaoffensive in Richtung saubere Energie, in Richtung Ener­gieeffizienz, in Richtung Turbo für den Ausbau von Erneuerbaren, und diese wird Unabhängigkeit von ausländischen Despoten schaffen und uns gleichzeitig zum Vorreiter in Sachen Klimaschutz machen. Damit ist es auch ein Budget, das den Weg nach vorne aufzeigt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der ÖVP.)

Das heißt, das Budget schafft zwei Mammutaufgaben, wie ich finde, mit Bravour: Das eine ist die Entlastung gegenüber der Teuerung, und das sozial treffsicher, und das andere ist unsere Unabhängigkeit von russischen
fossilen Energieträgern. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

10.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf recht herzlich die 8. Klasse der AHS St. Ursula Wien begrüßen. – Herzlich willkommen bei uns im Parlament! (All­gemeiner Beifall.)

Wir gehen in der Debatte weiter. Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte sehr.


10.16.45

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Was wir heute hier erleben, liebe Schülerinnen und Schüler, ist eine umgekehrte Geschichtsstunde: Pamela Rendi-Wagner macht einen auf Josef Taus und sagt der ÖVP: Ihr gebt zu viel Geld aus und macht zu viele Schulden, das ist alles schlecht! – Dann kommt Gabriel Obernosterer als Bruno Kreisky (Heiterkeit des Abg. Deimek) und sagt: Ein paar Milliarden Euro Schul­den machen mir weniger Kopfschmerzen als das, was da alles kommen könnte! – Verkehrte Welt! (Beifall bei NEOS und FPÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Und wenn man sich dann anschaut, was die SPÖ alles gefordert hat: mehr Arbeitslosengeld, mehr Notstandshilfe, 10 Prozent Pensionserhöhung! (Abg. Erasim: Das fordern wir noch immer!)  Es gibt keine Geldverschleuderungsak­tion, die der SPÖ nicht eingefallen wäre. (Heiterkeit und Beifall bei NEOS, ÖVP und FPÖ.)

Ja, es ist ein Krisenbudget, und wenn ich das Budget anschaue, dann bekomme ich auch eine Krise. Man will uns hier ein X für ein U vormachen. Gespro­chen wird von Entlastung, gesprochen wird von Investitionen, und gesprochen wird von Verantwortung für morgen – das Gegenteil ist der Fall! Das Mär­chen von der Entlastung! Schaut man ins Budget, sieht man Einnahmen aus Steu­ern und Abgaben: vorher 56 Milliarden Euro, nachher 65 Milliarden Euro. – Wenn wir 9 Milliarden Euro mehr Steuern zahlen, dann ist es keine Entlastung, sondern die Steuerzahler werden weiterhin ausgepresst wie Zitronen, und
die Rekordsteuereinnahmen versetzen den Finanzminister in eine freu­dige Stimmung.

Er schafft aber das Unmögliche und bekommt trotz Rekordsteuereinnahmen gleichzeitig auch noch einen Schuldenrekord zustande. Das muss man alles erst einmal zusammenbringen! Das ist gar nicht so einfach, und das schafft man,
indem man nicht nur die Gießkanne verwendet, sondern das Geld mit dem gro­ßen Gartenschlauch hinausbläst, sodass alle etwas bekommen. Es müssen alle Geld bekommen: 500 Euro Klimabonus – egal wie reich du bist, ob du Natio­nalratsabgeordneter bist oder nicht, werfe ich dir 500 Euro Klimabonus
nach –; 180 Euro zusätzliche Familienbeihilfe, auch für alle, egal wie viel Geld man schon hat; und noch einmal den Familienbonus um 500 Euro hinauf­setzen, egal wie viel man schon hat.

Diese Vollkasko-Gartenschlauch-Geschichte (Heiterkeit des Abg. Lukas Hammer) wird nächstes Jahr auf die Unternehmen ausgedehnt, auch auf alle Unter­nehmen, egal wie es diesen geht – hinaus mit dem Geld, das wird jetzt alles ver­pulvert!

Angeblich investieren wir so viel! Wissen Sie, Investition ist für mich zum Beispiel, wenn man ein Haus baut – das ist eine Investition. 4 Milliarden Euro mehr für Zinsen auf Staatsschulden sind keine Investition. 2,7 Milliarden
Euro mehr ins Pensionsloch zu schütten ist keine Investition. – Das Geld ist weg!

Die Ausgaben rennen ja davon! Schauen wir, wie sich die Bundeszuschüsse
ins Pensionssystem entwickeln: von heuer 22,7 Milliarden Euro auf 32,7 Milliar­den Euro im Jahr 2026, also in vier Jahren! Das, was in diesem Budget pas­siert, ist nur das Einlösen von ungedeckten Schecks, die irgendwelche Politiker in der Vergangenheit ausgestellt haben. Verantwortung für morgen – wie bitte?
Da werden weitere ungedeckte Schecks ausgestellt.

Ausgabensteigerung noch und noch: Wenn wir nur das hernehmen, was für
die Pensionen aufgeht: In den nächsten vier Jahren sind das 140 Milliarden Eu­ro – 140 Milliarden Euro! Dabei wird ausgeblendet, dass die Entwicklung
der Bevölkerung – wir werden erfreulicherweise immer älter – das Problem ver­schärfen wird, aber nicht nur im Pensionsbereich, sondern auch in der
Pflege, in der Gesundheitsversorgung. Das würde Strukturänderungen nötig machen, die passieren aber nicht. Wichtig ist, dass der Bauernbund seine Steuergeschenke bekommt, dass die Pensionisten Zusatzzahlungen kriegen, dass wir die Unternehmen mit einer Gießkannenförderung ausstatten, aber die Schulden so einzubremsen, dass wir den jungen Menschen dereinst ein geordne­tes Haus übergeben, das ist keine Kategorie in diesem Budget.

17 Milliarden Euro Defizit in einer Phase der Vollbeschäftigung: Ich will ja gar nicht wissen, was uns diese Regierung aufhalsen würde, wenn die Zeiten wirklich schlecht wären. Was kommt denn da noch auf uns zu? – Prof. Badelt, Chef
des Fiskalrates, hat gesagt: In fünf Jahren möchte ich nicht Finanzminister sein! – weil: der sieht, was auf uns zukommt.

ÖVP und Grüne haben sich aber entschieden: Nach uns die Sintflut! (Zwischenruf bei der ÖVP: Was wünscht er sich denn noch?!) Diese Regierung hat ein Ablauf­datum, 2024, und bis dahin sind die Geldschleusen für den Stimmenkauf geöff­net, frei von jeder Verantwortung, auf Kosten der Jungen und auf Kosten der Zukunft. (Beifall bei den NEOS. – Ruf bei der ÖVP: Er ist kein schlechter Redner!)

10.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf den Pensionistenverband aus Freistadt recht herzlich bei uns auf der Galerie begrüßen, herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.) Die müssen noch dazu stehen.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Strasser. – Bitte sehr.


10.21.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir durchleben fordernde Zeiten, und Sie können sich sicher sein: Die Zeiten werden in den nächsten Monaten und Jahren auch fordernd bleiben.

Eines vorneweg: Der Staat wird vielleicht nicht alles ausgleichen können, und die Unwegbarkeiten des Krieges sind zahlreich und oft nicht abschätzbar, aber dieses Budget ist eine gute Leitlinie, an der wir uns orientieren können – ein tol­les Werk, Herr Bundesminister, vielen Dank! Wir werden gut durch die nächs­ten Monate und die nächsten Jahre kommen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

Die Eckpfeiler, die wir gesetzt haben, sind zum einen für die Generationen, für das Miteinander, das uns wichtig ist: Es wird in Jugend und Familien, in die Jugendarbeit, in die Bildung, in die Kinderbetreuung investiert. Im Bereich der Senioren werden Eckpfeiler gesetzt: die Reform der Pflege und die not­wendigen Pensionserhöhungen.

Es wird in Sicherheit investiert: Das Bundesheer, das innere Budget und auch die Polizei werden mit mehr Ressourcen ausgestattet – das haben wir seit Jahren gefordert, das wird jetzt umgesetzt.

Es wird in die Wirtschaft investiert, in eine Transformation, die uns letztendlich unabhängiger machen soll und unabhängiger machen wird. Wir werden in die Netze, in die Stromnetze investieren. (Abg. Doppelbauer: Warum nicht in Erd­kabel?) Wir werden die Erneuerbaren ausbauen, und wir werden innovative Lösungen zum Energiesparen und zur Weiterentwicklung von Geschäftsmodel­len unterstützen.

Jetzt an die Schwarzmaler, an die Zweifler, an die Doppelbauers, an die Rendi-Wagners, an die Krainers in der Runde: Ich darf Ihnen „Die Welt“ am Diens­tag, den 11. Oktober, empfehlen, Schlagzeile: Österreich – „Der heimli­che Wachstumsstar Europas“. Da wird beschrieben, dass wir in diesem Land nicht nur tolle Ressourcen haben (Abg. Leichtfried: Sie lesen Zeitungen?), sondern auch tolle Menschen mit guten Ideen und viel Fleiß. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Das möchte ich Ihnen wirklich ans Herz legen, weil wir mit diesem Artikel und mit diesen Gedanken durchaus selbstbewusst in die nächsten Monate und Jahre gehen können. (Abg. Leichtfried: Ich glaube, das
ist in der „Bauernzeitung“ gestanden! – Abg. Doppelbauer: Hauptsache, die AMA kriegt mehr Geld!)

Wissen Sie, was den Unterschied ausmacht? – Diese Koalition glaubt an dieses Land, so wie es Figl und Renner und auch Raab getan haben. Das tut die Opposition anscheinend nicht, und diesen Vorwurf werden Sie sich gefallen lassen müssen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ sowie der
Abg. Doppelbauer.)

Jetzt zur Landwirtschaft: Auch die Land- und Forstwirtschaft ist ein Sicher­heitsthema. Wir investieren in Summe 2,9 Milliarden Euro, das ist ein Plus von 1,55 Millionen Euro. 1,6 Milliarden Euro werden in die Gemeinsame Agrar­politik investiert, das ist ein Plus von 20 Millionen Euro für den Biobereich und ein Plus von in Summe 5 Millionen Euro für die Bergbauern. (Abg. Doppel­bauer: Wie hoch ist das Plus für die AMA-Marketing? – Zwischenruf des Abg. Hafen­ecker.) Das ist gut investiertes Geld. Was bekommen Sie dafür? – Sie be­kommen dafür gesunde Lebensmittel (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), eine Landschaft, die sich sehen lässt, Lebensqualität und Energie und Rohstoffe, die uns unabhängiger machen werden.

Jeder Euro, der in die Land- und Forstwirtschaft investiert wird, ist gut investiertes Geld, und es ist notwendiges Geld, weil die Einkommensentwicklung in den letzten Jahren durchaus eine schwierige war. (Beifall bei der ÖVP sowie
der Abgeordneten Maurer und Schwarz.)

Ich bedanke mich herzlich beim Herrn Bundesminister, und ich freue mich schon auf die weiteren Diskussionen im Ausschuss und im nächsten Plenum. –
Danke schön, alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wim­mer. – Bitte sehr.


10.25.41

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Bundesminister, Sie haben diese Woche – ich glaube, am Montag – in
einer APA-Aussendung gemeint, Schulden und Zinsen machen Ihnen große Sor­gen. Ich habe mir gedacht: Wie sollen wir das heute anlegen?, und habe mir vorgenommen, vielleicht ein paar Vorschläge einzubringen, um Ihre Sorgen zu mildern, Herr Bundesminister.

Fangen wir vielleicht gleich einmal mit Ihren Geschenken an, die Sie ja bereits ausgeteilt haben. Ich frage mich: Herr Bundesminister, war es wirklich not­wendig, dass Sie die Körperschaftsteuer zu einem Zeitpunkt senken, zu dem das Geld eh hinten und vorne fehlt, nämlich 2 Milliarden Euro an Konzerne sozusagen auszuschütten, die nichts anderes tun, als ihre Gewinne zu maximie­ren? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Taschner: Wir wollen Wirtschaftswachstum haben, Herr Kollege Wimmer!)

Ich frage mich auch: War es wirklich gescheit, zum jetzigen Zeitpunkt, wenn eh überall das Geld fehlt, die Spekulationssteuer abzuschaffen? Wem hilft das? War es wirklich gescheit, den Spekulanten zu helfen, meine sehr geschätzten
Damen und Herren (Abg. Höfinger: ... die Bawag!), wenn auf der anderen Seite die Menschen nicht mehr wissen, wie sie mit ihren Einkommen auskommen
sollen? (Beifall bei der SPÖ.)

Dann ist da noch der Familienlastenausgleichsfonds. (Ruf bei der ÖVP: Noch nicht!) – Ja, noch nicht, aber Sie haben es vor: 400 Millionen Euro weniger von den Arbeitgebern zu verlangen. Wir wissen ja noch gar nicht, wie das in
den nächsten zwei Jahren wirklich passieren soll – Kollege Loacker hat das eh schon gestern erwähnt –, wie man das über Kollektivverträge oder Betriebs­vereinbarungen regeln soll, um diese 0,2 Prozent jetzt die nächsten zwei Jahre schon in Angriff nehmen zu können. – Also das ist wirklich haarsträubend,
wie diese Regelung tatsächlich ausschaut.

Herr Bundesminister, 19 Milliarden Euro Minus im Budget, und es ist wirklich so: Sie schmeißen das Geld mit beiden Händen raus, und Sie machen einen Knie­fall vor der Wirtschaft, der Milliarden kostet. (Abg. Michael Hammer: Das ist jetzt echt schon Satire!)

Die Agenda Austria hat euch wirklich kein gutes Zeugnis ausgestellt. Ich meine, man kann ja nicht sagen, dass Herr Schellhorn ein Kommunist oder das Insti­tut ein marxistisches Institut wäre, aber er hat gemeint, die Treffsicherheit ist fa­tal, Sie überschwemmen das Land mit Geld, das Sie nicht haben. – Und er hat völlig recht, Kolleginnen und Kollegen: Sie überschwemmen das Land mit Geld, das Ihnen fehlt und das Sie nicht haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Auf der anderen Seite gibt es aber andere Möglichkeiten, die Sie nicht nutzen – Thema Steuereinnahmen. Die neueste Studie der Bundesarbeiterkammer
(Abg. Michael Hammer: Momentum-Institut!), sie ist auch diese Woche erschienen, besagt: 12 bis 15 Milliarden Euro an Steuern werden nicht bezahlt. Das kann man nicht einfach stehen lassen: 12 bis 15 Milliarden Euro werden nicht bezahlt! – Herr Bundesminister, ich frage Sie: Welche Strategie haben Sie, Steu­erschlupflöcher zu schließen? (Beifall bei der SPÖ.)

Welche Strategie haben Sie, mehr Kontrollen einzuführen? – Sie machen ja das Gegenteil. Es fehlen Hunderte Betriebsprüfer, wobei Sie genau wissen:
Jeder einzelne Betriebsprüfer würde sich rechnen. 100 000 Euro kostet er, 2 Mil­lionen Euro bringt er ins Budget. (Abg. Michael Hammer: Ja dann werd’ Be­triebsprüfer, ist eh gescheiter!) Herr Bundesminister, machen Sie endlich etwas und schauen Sie, dass Sie die Planstellen erfüllen! (Beifall bei der SPÖ.)

Was heute noch gar nicht angesprochen wurde: Was geschieht jetzt wirklich mit den Übergewinnen? – Verbund, OMV, Windkraft, Solar: Sie sagen immer, es geht nicht, es ist kompliziert. Natürlich sagen die dortigen Eigentümer:
Nein, nein, das Geld werden wir investieren! – Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Übergewinne gehören aber abgeschöpft und den Menschen zurück­gegeben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Dann schöpft bei der Wien Energie ab!)

Ich hatte auf meinem Zettel die Erbschaftssteuer stehen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Jetzt meldet ihr euch da aber eh ständig – Kogler
hat etwas dazu gesagt, Sigi Maurer hat etwas gesagt – und sagt, das werdet ihr übernehmen. Es gilt aber, nicht nur zu reden, sondern auch zu machen, Kol­leginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie legen ein Budget vor, Herr Bundesminister, mit dem Sie die Teuerung absolut nicht bekämpfen. Es wird ja in Wirklichkeit nichts billiger. Ich will es Ihnen einfach nur einmal sagen: Es braucht einen Preisdeckel auf Strom und Gas. (Zwi­schenruf des Abg. Michael Hammer.) Wir brauchen eine Steuersenkung auf Treibstoffe, die CO2-Bepreisung nicht jetzt, meine sehr geschätzten Damen und Herren, und vor allem müssen die Lebensmittel billiger werden. Da gehört die Mehrwertsteuer gesenkt oder ganz weggenommen, zumindest einmal tem­porär, und Mieterhöhungen gehören rückgängig gemacht. (Abg. Schwarz: Zur Budgetsanierung!)

Herr Bundesminister, wir lassen nicht locker. (Abg. Schwarz: Preise runter zur Budgetsanierung!) Die Preise müssen runter, sonst kann man die Inflation nicht bekämpfen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Bela­kowitsch. – Bitte.


10.30.41

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine ein bisschen schräge Situation ist es heute tatsächlich. Mein Vorredner Kollege Wimmer ist Mitglied der SPÖ – also offensichtlich,
Frau Rendi-Wagner, haben Sie heute hier etwas angefangen, und jetzt glauben alle Ihre Abgeordneten, sie müssen noch eines drauflegen. Jetzt kritisiert
die SPÖ schon, dass es Entlastungen für die Bürger gegeben hat, weil kein Geld da sei – also das ist jetzt irgendwann einmal tatsächlich wie Satire. Das kön­nen Sie doch selber nicht mehr ernst nehmen. Natürlich kann man die Bundesregierung für die Art und Weise, für die Schwerpunksetzung kritisieren, aber doch nicht dafür, dass sie zumindest irgendetwas getan hat.

In unseren Augen ist das, was sie getan hat, jedenfalls zu wenig, nicht zu viel (Beifall bei der FPÖ), das muss man einmal sagen, weil es vielen Leuten zwar kurzfristig geholfen hat, aber dann verpufft ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn Sie sich jetzt hierherstellen und wie Kollege Wimmer sagen: Ah, Wahnsinn,
Sie haben das Geld ausgegeben, obwohl keines da ist!, dann, liebe SPÖ, kenne ich mich bei euch heute nicht mehr aus. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Da ist die
Welt tatsächlich auf den Kopf gestellt.

Jetzt aber zu Ihnen, Herr Finanzminister, denn wir unterhalten uns ja über das Budget. Das Budget ist sozusagen die in Zahlen gegossene Politik, die haben Sie uns jetzt vorgelegt, und da kann man, da muss man auch Kritik üben. Das,
was Sie als Bundesregierung da gemacht haben, zeugt schon auch davon, dass Sie in Wahrheit eine Schwerpunktsetzung gemacht haben, die in die
völlig falsche Richtung geht.

Sie wissen es ja ganz genau: Wir leben in einer Wirtschaftskrise. Wir leben
in einer Zeit, in der sich viele Menschen das Leben nicht leisten können, das ist ja vollkommen richtig, und wir schlittern auch in eine Zeit hinein, die leider zu
einer Massenarbeitslosigkeit führen wird. Das ist natürlich die Politik, die Sie ge­meinsam mit Ihren Partnern in Europa betreiben, indem Sie den ganzen Kontinent mit dieser unsäglichen Sanktionspolitik, die Sie betreiben, ins Elend stürzen werden, da sie dem europäischen Kontinent, der europäischen Wirtschaft schadet. Das ist die Wahrheit, und das wird dazu führen, dass der gesamte Kontinent entindustrialisiert werden wird. Das ist das Problem,
in das wir sehenden Auges hineinschlittern. Und da passiert nichts!

Da macht auch die österreichische Bundesregierung nichts. Anstatt dass Sie sich in Brüssel auf die Hinterbeine stellen, um das Beste herauszuholen, sind Sie
dort überall dabei. Das ist das, was wir kritisieren, denn da bräuchte es andere An­sätze, denn diese Teuerung kommt ja nicht von ungefähr. Herr Bundesminis­ter, das wissen Sie ja auch. Die Energiepreise sind ja nicht gottgegeben so hoch, sondern das hat ja alles Ursache und Wirkung.

Sie sollten versuchen, in Brüssel zu sagen, diese Sanktionen in der Art helfen uns nicht. Es ist ganz klar: Sie sprechen von einem Despoten – ja, Sie haben
recht – und Sie sprechen von einem Angriffskrieg – ja, Sie haben recht –, aber gerade weil er ein Despot ist, wird er auf jede Reaktion, die Sie setzen, mit
einer Gegenreaktion antworten. Der wird sich nicht hinsetzen und plötzlich sa­gen: Na ja, der Westen ist gemein zu mir, aber macht nichts! – Das muss man sich doch einmal vorstellen, das ist doch logisch gewesen.

Das heißt, man muss schon vorher überlegen: Mit welchen Methoden kann Russland antworten? Wo sind wir verletzbar? – Das ist nun einmal die Abhängigkeit. Da können Sie von den Grünen jetzt hundertmal davon träumen, dass auf jedem Berg in Österreich fünf Windräder stehen. Das wird aber
nicht die Problematik lösen. Wir sind trotzdem abhängig, und diese Abhängigkeit wird noch einige Zeit bleiben. Da hätte ich mir einfach erwartet, dass die Bundesregierung endlich auch einmal anfängt, nachzudenken, wie man das Pro­blem tatsächlich auch an der Wurzel packen kann.

Dann schaut man sich an, was Sie gemacht haben. Wir haben es gestern lang und breit diskutiert. Die Pensionen beispielsweise: Sie stellen sich hierher,
klopfen sich auf die Schultern, wie großartig das gelungen ist. In Wahrheit geht es um eine Generation, die nach dem Krieg hiergeblieben ist, die dieses Land aufgebaut hat, und die versuchen Sie jetzt zu enteignen, der nehmen Sie immer mehr weg, die kann sich immer weniger leisten.

Auf der anderen Seite haben wir Massenzuwanderung. Da gilt immer noch der Grundsatz: Koste es, was es wolle! Das heißt, es ist eine Umverteilung, die
wir hier erleben und die wir hier sehen, schon in den letzten Jahren, als Sie in Wahrheit die Umverteilung von Arm zu Reich gemacht haben, und jetzt
machen Sie die Umverteilung von den Inländern zu den Ausländern. Bei den eigenen Leuten, bei den Pensionisten wird geknausert, wird gespart, bei
den Zuwanderern ist es egal. Da macht man sogar noch lockerere Gesetze für die Ausländerbeschäftigung.

All das ist diese Politik, die Sie betreiben, die das Land insgesamt nicht vorwärts bringen wird, sondern die diese wirtschaftliche Problematik in unserem Land insgesamt verstärken wird, weil sie zu Lohndumping führen wird, weil sie die Arbeitslosigkeit, die ohnehin vor der Türe steht, noch verstärken wird und
weil sie die Leute weiterhin in die Armut drängen wird. (Abg. Lukas Hammer: Wir haben zu wenige Fachkräfte in der Realität da draußen – außerhalb Ihrer blauen Blase!) – Ja, wir haben zu wenige Fachkräfte, das wissen wir, aber was Ihre Fach­kräfte, die Sie da hereingeholt haben, betrifft: Die Industrie sucht nicht diese Fachkräfte, die sucht Billigarbeitskräfte. (Abg. Lukas Hammer: Nein! Das ist falsch!) Dafür machen Sie auf, und die ÖVP ist da dabei, weil sie natürlich all ihre Günstlinge damit fördert.

Das ist die falsche Politik, Herr Bundesminister. Da hätte ich mir Lösungen gewünscht. Da ist aber leider überhaupt nichts gekommen. Sie sind nicht bereit, die Probleme im Budget, am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft an der Wur­zel zu packen, sondern Sie doktern herum. (Beifall bei der FPÖ.)

10.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hammer. – Bitte.


10.36.15

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir wundern uns alle ein bisschen über die bizarren Auftritte der Sozialdemokratie hier, die irgendwie von zu viel Entlastung und vom Steuern senken spricht. Das ist tatsächlich ein bisschen bizarr. Ich habe das Gefühl, es kann und es darf nicht sein, dass die Bundesregie­rung einmal etwas richtig macht und man dann auch sagen müsste: Ja, das ist gut. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Valorisierung der Sozialleistungen, ein Bahnausbauprogramm, die Ab­schaffung der kalten Progression, ein erhöhtes Kulturbudget, ein erhöhtes Frau­enbudget, Entlastungsmaßnahmen noch und nöcher, Klimamilliarden habt ihr gefordert. Wir machen mehrere Klimamilliarden, aber ihr sagt: Nein, es pas­siert nichts! – Ich habe wirklich das Gefühl, euch gehen einfach die Argu­mente aus. Ihr könnt nicht sagen, dass die Regierung etwas gut macht, also sagt ihr einfach das Gegenteil. Da hat man richtig das Gefühl, ihr bewegt euch in Richtung Thatcherismus der Achtzigerjahre und redet davon, Steuern und Abga­ben zu senken. Es ist wirklich bizarr! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Der Finanzminister hat das gestern in seiner Budgetrede gesagt: In diesem
Budget tun wir das Notwendige – das, was notwendig ist, um die Teuerungen abzufedern, aber auch das, was notwendig ist, um das Problem endlich
an der Wurzel zu packen. Die Wurzel des Problems, Frau Belakowitsch von der FPÖ, und die Wurzel für die hohen Preise sind nicht die von Ihnen
erwähnten Sanktionen gegen den Diktator und auch nicht Klimaschutzmaßnah­men, sondern es sind die hohen Gaspreise. Es ist das Gas, das wir, weil
wir es nicht selber haben, eben von außen zukaufen müssen, genauso wie das Öl von den Saudis. Wir haben ein Problem mit der Abhängigkeit von Despoten, und dieses Budget wird dazu beitragen, diese Abhängigkeit zu beenden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Dieses Budget wird aber auch notwendig sein, um der Klimakrise entschlossen entgegenzutreten. Bis auf die SPÖ hat wahrscheinlich jeder in diesem Land verstanden, dass Klima- und Energiepolitik auch etwas mit Sicherheitspolitik zu tun hat. Wir hätten diese Politik und dieses Budget schon vor Jahren haben
sollen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, wir hatten es nicht. Wir haben jetzt dieses Budget. Hätten wir es vorher gehabt, hätten
wir uns jetzt wahrscheinlich viele Probleme erspart.

Ich möchte ein paar Highlights anführen, vor allem aus dem klima- und energie­politischen Blickwinkel. Es gibt neue Dimensionen in diesem Budget, wenn man so will. Wir haben eine Verzehnfachung der Mittel im Vergleich zum Beginn der Amtszeit dieser Regierung beim Gas- und Ölheizungstausch, eine Ver­zehnfachung der Mittel – 1,9 Milliarden Euro bis 2026! (Zwischenruf des Abg. Schroll.) – Lieber Kollege Schroll, du findest das in den Budgetunterlagen.
Lies sie! Ich empfehle das. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Schroll: Heiße Luft!)

Wir haben 190 Millionen Euro nächstes Jahr für Energieeffizienzmaßnahmen zur Verfügung gestellt. Diese Mittel gab es vorher nicht. Wir stellen bis 2026 –
und das habt ihr uns nie geglaubt – 372 Millionen Euro für die Fernwärme zur Verfügung. Wir haben ein riesiges Paket für energiearme Haushalte ge­schnürt,
 um genau denen zu helfen, die sich eben das Heizen nicht leisten können.

Es gibt eine Verzwanzigfachung der Mittel im Vergleich zur Zeit vor dieser Bundesregierung beim Ausbau der aktiven Mobilität, also zum Beispiel für den Bau von Radwegen. Und wir haben ein Rekordausbauprogramm für den öffentlichen Verkehr zusammengestellt – 18 Milliarden Euro für den Bahnaus­bau. Das kann sich wirklich sehen lassen.

Vielleicht noch ein Wort dazu: Es wird von verschiedenen Fraktionen der Opposition heute gesagt: Ma, diese Ausgaben!, und: Können wir uns das über­haupt leisten? – Das sind nicht einfach nur Ausgaben, das sind Investitionen in unsere Zukunft. (Abg. Doppelbauer: Weniger als 20 Prozent des gesamten Bud­gets!) Das sind Investitionen in unsere Zukunft, die doppelt und dreifach zurückkommen. Deswegen ist das ein gutes Budget für dieses Land, für unsere Unabhängigkeit, für unsere Sicherheit und auch für die jungen Menschen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Küns­berg Sarre. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


10.40.26

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zu­schauer! Herr Finanzminister, Sie haben gestern in Ihrer Budgetrede gesagt, „mit diesem Budget übernehmen wir [...] Verantwortung für morgen“.

Ja, Sie können sich nicht aussuchen, in welcher Zeit wir leben, und Sie können sich auch nicht die Herausforderungen aussuchen, die Sie zu stemmen ha­ben, aber wofür Sie schon verantwortlich sind, sind die Schwerpunkte, die Sie in Ihrem Budget setzen. Man muss nur einen ganz kurzen Blick auf dieses Bud­get werfen, um zu sehen, wo die Schwerpunkte dieser Regierung liegen und wo nicht, und das ist nicht neu: Bildung und Wissenschaft sind offensichtlich nach wie vor nicht die Schwerpunkte dieser Bundesregierung. (Bundesminister Brunner: ... 1 Milliarde!) – Sie sagen jetzt schon, 1 Milliarde Euro mehr,
darauf komme ich dann noch zurück.

Was dieses Budget ganz sicherlich nicht zeigt, ist, dass Sie die Verantwortung
für morgen übernehmen, für die nächste Generation, für Schülerinnen und Schüler, die teilweise hier zuhören und Erwartungen haben, wie es in Zukunft für sie ausschaut.

Es ist eine Haltungsfrage, welchen Stellenwert Wissenschaft und Bildung in einem Land haben. Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, aber eines steht fest: Bildung und Wissenschaft sind die Motoren, sind die Innovatoren
für Fortschritt und Technologie und für die Zukunft. Nur wer jetzt in junge Men­schen investiert, nur wer jetzt diesen Blick hat, weiter in die Zukunft zu schauen, schafft auch Zukunft. Die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachse­nen, unsere Kinder und Enkelkinder sind es nämlich, die die Schulden zurückzahlen müssen, die Sie gerade aufgenommen haben.

Wir müssen endlich ein System schaffen, das Chancengerechtigkeit herstellt. Es muss egal sein, ob Kim, Kevin oder Karl, es muss endlich egal sein, wie ein
Kind heißt, aus welcher Familie es kommt, wo es wohnt, welche Sprache es spricht, welche Ausbildung oder welchen Beruf seine Eltern haben. Jedes
Kind muss die Möglichkeit auf ein selbstbestimmtes und gelingendes Leben haben. Wir brauchen gut ausgestattete Kindergärten, Kinderkrippen und Schulen, die je nachdem, wie der Background der Schüler:innen ist, auf deren Bedürfnisse eingehen können, wir brauchen nachhaltige Lösungen für
den Pädagog:innenmangel und wir müssen mit unseren Universitäten, Fach­hochschulen und Forschungseinrichtungen, die Exzellenz bieten und Exzellenz hervorbringen, wettbewerbsfähig bleiben.

1 Milliarde Euro mehr für das Bildungsbudget klingt ja an sich ganz gut; 1 Milliarde Euro mehr, die aber zum größten Teil von der Inflation aufgefressen wird. De facto schreiben Sie das Bestehende fort: verwalten statt gestalten. 1 Milliarde Euro mehr ist nichts im Vergleich zu den 4 Milliarden Euro, die allein die Pensionserhöhung kostet. (Zwischenbemerkung von Bundesminister
Brunner.)
Über die Jahre hinweg wenig für Bildung, immer mehr für Pensionen: Das Gewicht verschiebt sich immer mehr in Richtung der älteren Generation,
und das ist mit Sicherheit nicht generationengerecht. (Bundesminister Brunner: Die Pensionen sind woanders!)

Das Chancenindexprojekt bleibt ein lächerlich klein dotiertes Pilotprojekt in
der Größenordnung von 1 Promille des Bildungsbudgets. Die Universitäten erhalten einen Teuerungsausgleich von 250 Millionen Euro – das wird wohl zu wenig sein. Die Uniko sprach schon gestern von einem schwarzen Tag für
die Wissenschaft. Katastrophal ist das Budget der Fachhochschulen, 2 Prozent sind de facto eine reale Kürzung. Der Stellenwert der Fachhochschulen
zeigt, was die Bundesregierung von diesen Einrichtungen hält.

Ihr Budget für morgen ist mutlos, visionslos und ambitionslos, draufzahlen werden viele Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Diese Nichtinvestition in Bildung und Wissenschaft kommt uns langfristig am teuersten zu stehen. (Beifall bei den NEOS.)

10.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ofen­auer. – Bitte.


10.44.37

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Von manchen Vorrednern wurde
die Verwendung des Begriffes Krise kritisiert. Dabei muss ich Ihnen sagen: Krise bedeutet vom Wortsinn her einen Wendepunkt, einen Wendepunkt, an dem
man Chancen ergreifen kann – und diese Regierung macht das. Wir ergreifen die Chance mit diesem Budget, indem wir die kalte Progression abschaffen, die Sozialleistungen anpassen, die Digitalisierung und die Ökologisierung fördern und in die militärische Landesverteidigung investieren.

Meine Damen und Herren! Seit dem 24. Februar 2022, seit dem Angriffskrieg von Putin auf die Ukraine, wurde die Sicherheitsarchitektur in Europa er­schüttert. Das macht es notwendig, dass wir uns verstärkt und intensiv mit dem Begriff der umfassenden Landesverteidigung auseinandersetzen, der wirt­schaftlichen, der zivilen, der geistigen und vor allem auch der militärischen Lan­desverteidigung. Es ist eine verteidigungspolitische Notwendigkeit (Zwischen­ruf des Abg. Silvan), dass wir das Budget des österreichischen Bundes­heeres aufstocken, so wie wir das jetzt tun, indem wir zum bestehenden Fi­nanzrahmen bis 2026 zusätzlich 5,25 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Das bedeutet einen Investitionsrahmen von 16 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren.

Unter Bundesministerin Klaudia Tanner wurde schon in den letzten Jahren die Trendumkehr geschafft. Mit dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz schaffen wir eine nachhaltige Trendwende, was die Finanzierung des österrei­chischen Bundesheeres betrifft, und das ist höchst notwendig, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

Konkret bedeutet das im nächsten Jahr, dass zusätzlich zu den 2,64 Milliarden Euro nochmals 680 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Die Trendwende wurde geschafft, und ich bedanke mich sehr herzlich bei allen, die das in den Kabinetten, in den Klubs, in den Ministerien ausverhandelt haben.

Es wird in Mobilität, in Schutz und Wirkung der Soldatinnen und Soldaten und in die Autarkie der Kasernen investiert. Wenn es jetzt jemanden gibt, der dieses Budget kritisiert, dann tut er das nur um der Kritik willen, denn die Pensionen – weil diese auch angesprochen wurden – werden, um das klarzustellen,
nach wie vor aus demselben Topf bezahlt, aus dem sie immer bezahlt wurden, und nicht aus dem Topf des Verteidigungsministeriums, nicht aus dem Topf,
der für die militärische Landesverteidigung zur Verfügung steht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt gilt es dieses Budget einzuset­zen und sprichwörtlich die PS auf die Straße zu bringen!

Schließen möchte ich mit einem Danke an unsere Soldatinnen und Soldaten im österreichischen Bundesheer, die dort ihren Einsatz leisten und für die Sicherheit der Republik Österreich und seiner Bewohner dienen. (Beifall und Bravoruf
bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

10.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Greiner. – Bitte.


10.47.46

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich darf mit einem Zitat aus Ihrer Budgetrede beginnen. Sie haben gesagt: Wir haben Österreich gut durch die Krise gebracht, so werden wir das auch jetzt wieder tun. – Zitatende.

Im Auftrag der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler unterziehe ich diese Aussage einem Faktencheck. Wie ist Österreich durch die Krise gekommen? – Da
muss man feststellen: Wir haben die Krise noch (Abg. Haubner: Ganz Europa hat sie noch!), und Österreich hat im Krisenmanagement den viertletzten Platz
EU-weit belegt. (Abg. Haubner: Geh! – Zwischenbemerkung von Bundesminister Brunner.) Österreich hat die höchsten Wirtschaftshilfen gewährt. Wie ist
der Output? – Leider unterdurchschnittlich. (Abg. Haubner: Bestes Wirtschafts­wachstum! – Zwischenbemerkung von Bundesminister Brunner.) – Dann le­sen Sie die EU-Studie! (Die Abgeordneten Michael Hammer und Haubner: Welche?) Wie viele Unternehmen haben zugesperrt? Wie viele Einzelunternehmen, wie viele kleine Unternehmen? (Abg. Michael Hammer: Welche haben zugesperrt?) Die übersehen Sie komplett! Ist das zielgerichtet, wenn die Unternehmen zusperren? Ist das zweckmäßig?

Im Übrigen muss ich Sie fragen: Liegt eigentlich offen, wohin die Milliarden über die Cofag geflossen sind, wer diese 14 Milliarden Euro erhalten hat? (Bundesminister Brunner: Setzen Sie sich in den Beirat!) Nein, es liegt nicht offen. Und warum? – Weil Sie uns Parlamentarier:innen hier die Kontrolle über die Cofag verwehren. Das ist unseriös! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Brunner: Setzen Sie sich in den Beirat! – Ruf bei der ÖVP: Cofag-Beirat! Waren Sie nicht dabei?)

Wenn Sie sagen: Wir sind gut durch die Krise gekommen, das werden wir jetzt wieder so machen!, dann klingt das, mit Verlaub, wie eine Drohung. Ich
werde Ihnen auch erklären, warum. Sie reagieren zu spät. Die SPÖ hat bereits vor genau einem Jahr auf die steigende Inflation hingewiesen und vor mas­siven Teuerungen gewarnt. Sie haben unsere Vorschläge abgelehnt (Abg. Michael Hammer: Ihr habt ja keine gemacht!), unsere Bedenken vom Tisch gewischt. Im Jänner hatten wir eine Inflation von 5 Prozent, da ist noch immer nichts ge­kommen, und jetzt liegen wir bei 10 Prozent.

Jetzt kommen Sie langsam in Bewegung – die Betonung liegt auf langsam –, aber wie soll das funktionieren?! Der Staat macht Schulden. Es ist gut, dass er
Geld in die Hand nimmt, das möchte ich einmal klarstellen. Der Staat hat zu hel­fen, ja (Beifall bei der SPÖ), aber die Schulden sind ja zu refinanzieren,
10 Prozent der Staatsschulden sind zu refinanzieren, und da sprechen wir im nächsten Jahr von 36 Milliarden Euro. Wie werden die gegenfinanziert?
Wie schaut das aus? – Wir haben die Schulden aus der Coronakrise, jetzt kom­men neue Schulden dazu!

Ich muss Sie fragen: Warum wehren Sie sich so vehement gegen eine Besteuerung der Übergewinne der Energiekonzerne? (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Brunner: Stimmt ja nicht!) Sie lassen 6 Milliarden Euro unangetastet! Sie rühmen sich ob der Abschaffung der kalten Progression. Ja wer profitiert denn davon? (Bundesminister Brunner: Alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler!) – Die Gutverdiener profitieren überdurchschnittlich davon, nicht die Haushalte, die nicht wissen, ob sie die Stromrechnung überhaupt noch begleichen können.

Ist das treffsicher? Ist das sozial ausgewogen? Ist das nachhaltig? Oder wollen Sie mir erklären, dass Einmalzahlungen oder eine 5,8-prozentige Pensions­erhöhung bei 10 Prozent Inflation nachhaltig sind?

Sie sagen, unser Budget hat ganz offensichtlich eine soziale Handschrift. Na, wo ist die? Wie schaut es denn mit der Kinderarmut aus? (Beifall bei der SPÖ.) –
2019 war in Österreich jedes fünfte Kind von Armut bedroht. Mittlerweile, jetzt, ist es jedes vierte Kind. (Abg. Michael Hammer: Das ist auch eine Kraut-und-
Rüben-Rede!) Ja ist das super? – Das ist keine gute Bilanz, das ist ein Armuts­zeugnis. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihre Maßnahmen wirken nicht dort, wo sie wirken hätten müssen, und das Ergebnis des Faktenchecks lautet: Die Bundesregierung ist eine schlechte Kri­senmanagerin. Sie sind drauf und dran, die gleichen Fehler wie im Pan­demiemanagement wieder zu begehen. Wir können diesem Budget keinesfalls zustimmen, und wenn Sie nicht erkennen, dass Sie drauf und dran sind, die gleichen Fehler wieder zu begehen, schlage ich vor: Machen Sie den Weg frei für Neuwahlen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Na servus!)

10.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bösch. – Bitte.


10.52.12

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich nehme Stellung zum Landes­verteidigungsbudget. Dieses Budget ist in dieser Vorlage auf einem guten Weg. Ich sage das offen und ehrlich auch als Oppositionsabgeordneter, weil das keine Selbstverständlichkeit ist, weil ich die Regierungsparteien daran erin­nern muss, dass bei ihrem Regierungsantritt eigentlich die Absicht bestanden hat, die Landesverteidigung abzuschaffen. Das ist deshalb keine Selbst­verständlichkeit. Dass es eines Krieges in Europa bedurfte, um die­se Bewusstseinsänderung bei den Regierungsparteien herbeizuführen, ist eine Tragik, aber ich nehme es zur Kenntnis, befriedigt zur Kenntnis – nicht den Krieg, sondern die Bewusstseinsänderung. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wurm: Seit die Grünen eine Kriegspartei sind ...!)

Meine Damen und Herren! Die Regierung hat angesichts dieser kriegerischen Situation in Europa im Februar und März dieses Jahres Ankündigungen gemacht, die sie jetzt in Bezug auf die Prozentangaben nicht erfüllen kann. Wir werden
also heuer im Budget etwa 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zur Verfügung haben; mit der Erhöhung von 680 Millionen Euro nächstes Jahr etwa 0,75 Pro­zent. Das eine Prozent erreichen wir nur, wenn wir die Pensionen ein­rechnen. Das ist ein kleiner Trick, den die Regierungsparteien anwenden, aber es ist eine lässliche Sünde, ich akzeptiere es. Wenn Sie sich daran halten, dass wir nächstes Jahr wirklich diese 680 Millionen Euro auf den Weg bringen, dann soll mir das recht sein.

Wir werden bis zum Jahr 2027 das jährliche Budget schrittweise auf 5,25 Mil­liarden Euro erhöhen können. Das wären in etwa – ohne sich jetzt darauf festzulegen – 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, weil das Bruttoinlands­produkt natürlich auch beweglich ist. Diese Budgeterhöhung ist dringend notwendig, weil es beim österreichischen Bundesheer fünf vor zwölf ist. Es ist noch nicht fünf nach zwölf, wir können noch viele Dinge reparieren, wenn
wir sie rechtzeitig anpacken.

Die Schwerpunkte sind vom Ressort genannt worden: die Verbesserung der Mobilität der Einsatzkräfte, die Erhöhung des Schutzes und der Wirkung des ein­zelnen Soldaten und die Autarkie zur Stärkung der Verteidigungsbereitschaft. Das sind alles Ziele, die wir voll und ganz unterstützen.

Wir müssen im kommenden Jahr sicherstellen, dass in einer Gehaltsreform alle Beteiligten am österreichischen Bundesheer eine Veränderung hin zum
Guten feststellen. Das muss bei den Grundwehrdienern beginnen – die Regie­rungsparteien haben ja auch angekündigt, in diese Richtung tätig zu sein – und muss sich bis zu den Offizieren fortsetzen. Es muss auch in den besonderen Aufgabenbereichen eine Gehaltserhöhung geben – in den technischen Bereichen, im medizinischen Bereich, im Cyberbereich. Dort müssen wir sicher­stellen, dass das österreichische Bundesheer auch weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber bleibt. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir müssen, sobald es geht, auch die Infrastruktur der Kasernen verbessern. Es geht nicht nur um die Autarkie, sondern als ersten Schritt um die Infrastruktur.
Es müssen die bröckelnden Fassaden und die rinnenden Wasserleitungen end­lich repariert werden, damit auch der Soldat die notwendige Wertschät­zung erfährt, die ihm von der Öffentlichkeit eigentlich zusteht.

Meine Damen und Herren! Wir müssen auch die Zentralstellenreform evaluieren und endlich umsetzen, damit wir klare Befehlsverhältnisse im Ressort erwir­ken und klarmachen, wie die Entwicklung in diesem Bereich weitergeht. Die Mi­liz müssen wir mit verpflichtenden Milizübungen weiterhin stärken. Die Re­gierungsparteien haben das abgelehnt, aber wir werden bei dieser Forderung bleiben, und wir werden darauf hinweisen, dass nicht nur die Miliz verpflichtet werden muss, sondern dass wir in diesem Bereich auch im Zivildienst eine Ände­rung herbeiführen können, damit man bei gesundheitspolitischen Katastro­phen, die wir ja erleben, auch Zivildiener zur Bewältigung all dieser zivilen Aufga­ben einsetzen kann, für die das österreichische Bundesheer und die Soldaten
in all den Jahren, die hinter uns liegen, eigentlich missbraucht worden sind. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, wir werden auch von der Bundesregierung verlangen, dass sie das einhält, was sie angekündigt hat: mit einem Streitkräfteentwick­lungsgesetz, das für uns weiter gehen muss als dieses Bundesheerentwicklungs­gesetz, das nur eine jährliche Berichterstattung zum Inhalt hat. Wir wollen aber mit einer Verfassungsregelung sicherstellen, dass die Budgetierung des ös­terreichischen Bundesheeres auch über Legislaturperioden hinweg, auch über Regierungswechsel hinweg sichergestellt werden kann.

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Dieses Landesverteidi­gungsbudget ist – von Nuancen abgesehen, auf die wir dann in der Debatte im Ausschuss eingehen werden – ein Beispiel für eine gelungene Regierungs­politik. Ich sage aber auch ganz deutlich: Das ist auch ein Beispiel für eine gelun­gene Oppositionspolitik, denn die drei Oppositionsparteien SPÖ, NEOS und FPÖ haben von Anfang an ganz klar gemacht, dass mit ihnen eine Demobilisie­rung des österreichischen Bundesheeres nicht infrage kommt (Beifall bei der
FPÖ)
und dass die Regierungsparteien in dieser Frage mit unserem härtesten Wi­derstand rechnen müssen. Das hat gewirkt, das freut mich.

Das sage ich auch gerne, aber am liebsten sage ich, meine Damen und Herren, dass es uns gelungen ist, in diesem essenziellen Bereich eine parteiübergreifende Einigung herbeizuführen; eine Einigung, die sicherstellt, dass das österreichi­sche Bundesheer auf einen guten Weg kommt. Lasst uns bei dieser parteiüber­greifenden Einigkeit in diesem wichtigen Bereich bleiben, und lasst uns wach­sam sein! – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

10.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Di­soski. – Bitte.


10.58.54

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie! Wir haben jetzt schon einiges zum Budget gehört. Es wird Sie nicht wundern, wenn ich als Frauensprecherin meiner Fraktion
den Fokus in meiner Rede auf das Frauenbudget, das Budget des Frauenmi­nisteriums, lenke. Wie sieht es da aus? – Wir erhöhen das Frauenbudget zum vierten Mal in Folge kräftig. Im Jahr 2023 halten wir dann bei 24,3 Millionen Euro. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Scharzenberger.)

Was passiert nun mit diesem Geld? – Wir wissen, dass wir in Österreich wirklich ein drastisches Problem mit Männergewalt an Frauen haben. Hinter jeder fünften Tür in diesem Land lebt eine Frau oder ein Mädchen, das von Gewalt betroffen ist, von sexualisierter Gewalt, von psychischer Gewalt, von physischer Gewalt. Das Ausmaß dieser Gewalt macht betroffen und ist scho­ckierend, aber mit unserer persönlichen Betroffenheit ist keiner Frau, die von Gewalt betroffen ist, keinem Mädchen, das von Gewalt betroffen ist, in ir­gendeiner Weise geholfen, und darum müssen wir politisch handeln.

Als Politikerinnen, als Politiker haben wir die Verantwortung, jene Rahmen­bedingungen und Unterstützungsangebote zu schaffen, die den Frauen und Mädchen, die von Gewalt betroffen sind, helfen. Diese Verantwortung haben wir und mit diesem Budget lösen wir sie auch ein. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Salzmann und Scharzenberger.)

Wir tun das mit dem Budget des Frauenministeriums; das sind wie gesagt 24,3 Millionen Euro. Ein Großteil davon geht in den Gewaltschutz, fließt in die Gewaltprävention. Wir tun das aber auch mit einem ressortübergreifenden
Paket, das bis ins Jahr 2026 insgesamt 71,6 Millionen Euro umfasst. So hoch ist die Summe, die wir für den Gewaltschutz, für die Gewaltprävention bis 2026 ressortübergreifend vorgesehen haben.

Das ist wichtig, weil wir damit einmal mehr die Arbeit der Gewaltschutzzentren, der Interventionsstellen, der Mädchen- und Frauenberatungsstellen stützen
und stärken. (Abg. Belakowitsch: Wahnsinn!) – Das ist deshalb Wahnsinn, Kollegin Belakowitsch, weil es vorher nicht gemacht worden ist. Wir machen das und
das ist gut und wichtig so. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Michael Hammer.)

Wir stellen auch das dringend benötigte Geld für die Start- und Übergangswoh­nungen für jene Frauen und Mädchen, die von Gewalt betroffen sind und eine andere Wohnung brauchen, um sich aus dieser Gewaltbeziehung lösen zu können, zur Verfügung. All das machen wir. Vorhergegangene Regierungen haben es nicht getan, wir tun es. (Abg. Michael Hammer: Die SPÖ redet nicht ein­mal zum Frauenbudget! – Abg. Belakowitsch: Wir auch nicht!) Das ist gut, wichtig, längst überfällig und wir machen das jetzt. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Scharzenberger.)

Ebenfalls im Budget berücksichtigt sind die für den Ausbau der Kinderbetreuung und Kinderbildung so dringend benötigten Mittel. Diese Mittel sind frauen­politisch deshalb so wichtig, weil wir da in unserem Land aufgrund der jahrzehn­telangen Blockade und der Stillstandspolitik keinen Millimeter vom Fleck gekommen sind. Wir alle wissen, dass es einen drastischen Ausbau an Kinderbil­dungs-, Kinderbetreuungsplätzen braucht. In der Vergangenheit ist das lei­der ignoriert worden. Wir schauen hin. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Wieso ist das frauenpolitisch wichtig? – Weil wir wissen, dass diese Kinderbetreuungs- und Kinderbildungsplätze Grundvoraussetzungen dafür sind, dass Eltern, dass Frauen das Ausmaß ihrer Erwerbstätigkeit auch tatsächlich selber entscheiden können. Wir wissen, dass es im Moment nach wie vor so ist, dass Frauen den Großteil der unbezahlten Sorgearbeit machen und das Aus­maß ihrer Erwerbstätigkeit eben nicht selbstbestimmt wählen können – wo kein Kinderbetreuungsplatz, da keine Wahlfreiheit. Anderen Regierungen war das egal, sie haben das Problem weggedrückt. Auch aus Chats wissen wir, wie in vorherigen Regierungen damit umgegangen worden ist. Wir schauen da nicht nur hin, sondern wir haben mit der großen Ausbildungsoffensive für die Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen und mit der Kindergar­tenmilliarde auch zwei wichtige Schritte in Richtung Rechtsanspruch auf Kin­derbetreuungsplätze ab dem ersten Lebensjahr geschaffen. Das war ein längst überfälliger Schritt, und es ist gut, dass wir das jetzt umsetzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Pflegereform ist schon genannt worden: Es gibt 1,7 Milliarden Euro mehr für die Pflege und die Menschen, die in der Pflege arbeiten. Ein Großteil davon sind Frauen, deswegen ist diese Pflegereform auch eine feministische Reform. Auch sie wurde jahrelang, jahrzehntelang angekündigt. Bisher hat es keiner gemacht, wir setzen es jetzt um.

Last, but not least – wir haben es heute auch schon gehört – kommt die automatische Anpassung der Familien- und Sozialleistungen wie Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag, Kinderbetreuungsgeld. Auch das hilft insbesondere je­nen Personen, die in den unteren und mittleren Einkommensgruppen zu finden sind. Der Großteil hiervon sind wiederum Frauen, auch deshalb ist diese jähr­liche Anhebung der Familien- und Sozialleistungen aus frauenpolitischer Sicht sehr wichtig.

Und das Wichtigste: Es ist auch eine strukturelle Maßnahme, die wir hier setzen, eine strukturelle, nachhaltige Änderung, die gekommen ist, um zu bleiben,
und das ist frauenpolitisch ein großer Erfolg. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

11.03


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Yannick Shetty – Bitte.


11.03.53

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuse­herinnen und Zuseher! Ist alles in diesem Budget schlecht? – Nein, natürlich ist nicht alles schlecht. Aus Sicht der Jungen ist dieses Budget aber ein Schlag
ins Gesicht. Es ist ein Budget, das mich als jungen Abgeordneten, aber auch als jungen Menschen wütend macht.

25 Milliarden Euro stopfen wir sozusagen in ein Pensionsloch, quasi als Reparaturzuschuss für das Pensionsbudget. Das Bildungsbudget ist, wie heute schon erwähnt wurde, enttäuschend, ambitionslos. Und was den Klima­schutz betrifft, ist es, das muss man einfach sagen, eine echte Katastrophe, was wir gestern hier vorgelegt bekommen haben.

Ja, für den Klimaschutz oder – sagen wir es einmal so – unter dem Titel Klima­schutz gibt es mehr Geld. Aber was machen Sie damit? – Statt Investi­tionen  in Technologie, in den Ausbau von erneuerbarer Energie, in den Ausbau von Freiheitsenergien zu tätigen, verteilen Sie Helikoptergeld; 4 Milliarden Euro verteilen Sie mit der Gießkanne als Klimabonus, und nicht einmal da schaf­fen Sie es, das gescheit über die Bühne zu bringen und das ordentlich aus­zuzahlen.

Mit 4 Milliarden Euro könnte man Zehntausende Wohnungen sanieren, damit könnte man Zehntausende Fotovoltaikanlagen errichten oder Zehntausende Ener­giewendefachkräfte ausbilden. (Abg. Salzmann: Schaut’s doch, dass ihr in Wien
was weiterbringt! Die NEOS können in Wien alles gestalten, was sie wollen!)
Sie ha­ben sich aber für die Gießkanne entschieden, Sie haben sich für den Popu­lismus entschieden und Sie haben sich damit gegen echten, wirksamen Klima­schutz entschieden. Und fangen Sie nicht an, mit dem Finger auf andere zu zeigen, das waren Sie!

Schauen wir uns den Ausbau der erneuerbaren Energien an, der ja heute auch schon ein paar Mal erwähnt worden ist, und schauen wir da vielleicht über den Tellerrand hinaus. Ich habe Ihnen hier einen Vergleich mit einem anderen Land, den Niederlanden, mitgebracht (eine Tafel mit der Aufschrift „Ausbau Erneuerbare Energie (in TWh)“ und einem Balkendiagramm in die Höhe haltend): Vor fünf Jahren waren die Niederlande beim Ausbau der erneuerbaren Energie noch hinter Österreich. Die haben aber in den letzten fünf Jahren auf den Turbo gedrückt und Österreich beim Ausbau – hier in Terawattstunden angegeben – mittlerweile überholt. Mittlerweile ist es im Vergleich mit Österreich fast das Sie­benfache, was die im Jahr den Ausbau der erneuerbaren Energie betreffend zustande bringen. In den Niederlanden regiert übrigens ein liberaler Ministerpräsident. (Abg. Lukas Hammer: Er weiß halt nicht, dass es nicht ...!)

Für Österreich muss man nach drei Jahren mit grüner Klimaschutzministerin sagen: Das Grün im Parteinamen der Grünen steht eher für Greenwashing als für KIimaschutz. (Abg. Ribo: Oh!) Das gilt übrigens nicht nur im Bund, das gilt auch
in den Landesregierungen; in Tirol zum Beispiel: zehn Jahre grüne Klimalandesrä­tin, Schlusslicht in der Fotovoltaik, Schlusslicht in der Windkraft. Das gilt na­türlich auch auf Bundesebene, wo Österreich im Klimaschutz Nachzügler bleibt und beim Ausbau der erneuerbaren Energie sogar zurückfällt.

Was müsste man jetzt tun? – Wir bräuchten endlich eine echte ökologische Steuerreform. Wir müssen klimaschädliche Subventionen endlich abschaffen, endlich ein Klimaschutzgesetz einführen und verbindliche Ziele, auch für
die Bundesländer, setzen. Wir müssen beim Ausbau der erneuerbaren Ener­gien den Turbo zünden, abgelehnte Verfahren neu prüfen und Fast-Track-Ver­fahren für erneuerbare Energien einführen. Kommen Sie endlich in die Gänge – das ist auch explizit an die Grünen gerichtet –, wir haben keine Zeit mehr zu verlieren! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Lukas Hammer: Na, wir müssen uns einfach an der FDP orientieren! – Abg. Krainer: Zeig einmal her die Tafel! – Abg. Shetty – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Ich schenk sie dir!)

11.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kurt Egger. – Bitte.


11.07.21

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zu­seher auf der Galerie und auch via Livestream! Frau Kollegin Greiner, ich habe einen kleinen Tipp für Sie: Schauen Sie nicht auf Statistiken, die keiner kennt
und die anscheinend aus der Europäischen Union kommen (Zwischenruf der Abg. Greiner – weitere Zwischenrufe und Heiterkeit bei der SPÖ), sondern schauen
Sie sich die Insolvenzstatistik der letzten Jahre an, schauen Sie sich die Beschäf­tigungszahlen an, schauen Sie sich die offenen Stellen an! Sie werden dann sehen, wie gut diese Bundesregierung arbeitet, gearbeitet hat und arbeiten wird. (Beifall bei der ÖVP sowie Bravoruf des Abg. Weidinger.)

Die österreichische Wirtschaft hatte aufgrund von zwei großen Krisen in den letzten zweieinhalb Jahren keine einfache Zeit. Deswegen wundert es mich ein wenig, Herr Kollege Wimmer, dass Sie immer sagen: Ihr tut alles für
die Wirtschaft, für die böse Wirtschaft! (Abg. Rainer Wimmer: 2 Milliarden!) – Sie sollten wissen, Wirtschaft heißt: Unternehmer plus Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich frage mich ja nur, wen Sie vertreten würden, wenn 500 000 Unternehmerinnen und Unternehmer nicht zweieinhalb Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen würden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Michael Hammer: Die Apparatschiks vertritt er!) Was wäre Ihr Job als Gewerkschafter? – Schwierig. Wir sitzen da also gemeinsam im Boot. Wenn das der eine oder andere in Ihrer Fraktion nicht versteht, verstehe ich das, aber
bei einem Gewerkschafter wundert es mich ein wenig.

Diese Regierung bietet Sicherheit für den Wirtschaftsstandort und jede Krise hat ihre Chance. Jede Krise beschleunigt die Veränderung und wir – das hat der
Herr Finanzminister gestern gesagt – investieren in die digitale, ökologische Trans­formation von Gesellschaft, Wirtschaft und Verwaltung. Wir haben, was diese Transformation betrifft, mit den Grünen ein sehr ambitioniertes Regierungspro­gramm. Wir haben auf diesem Weg ausreichend Unterstützung für die österreichische Wirtschaft vorgesehen: für die Energieeffizienz, für eine Sa­nierungsoffensive, für Fotovoltaik, für die Kreislaufwirtschaft und vieles andere.

Wir sind auf einem guten Weg. Wir werden die österreichische Wirtschaft mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für das Wohl dieses Landes dort hinbringen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Lukas Hammer.)

11.10


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Hafen­ecker. – Bitte.


11.10.14

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Egger! Ich habe immer gedacht, die ÖVP ist unbelehrbar, aber wenn Sie jetzt schon verstanden haben, dass die Sta­tistiken der Europäischen Union nichts wert sind, dann ist sogar bei der ÖVP noch ein bisschen Hoffnung gegeben.

Herr Bundesminister, ich möchte mich aber auf Ihre gestrige Budgetrede beziehen. Ich möchte ein Kompliment aussprechen, wirklich ein Kompliment, aber nicht an Sie, Herr Bundesminister, sondern an Ihren Mitarbeiter, Ihren Redenschreiber, der es geschafft hat, eine derartige Leiche eines Budgets, wie es das vorliegende ist, so schön zu schminken, dass man das so vortragen kann,
wie Sie es gestern gemacht haben. (Zwischenruf des Abg. Weidinger.)

Herr Bundesminister, noch eine Höchstleistung hat dieser Mitarbeiter zustande gebracht: Er hat sämtliche Worthülsen, die es in der deutschen Sprache gibt,
in einen Text hineingepackt. Dafür gebührt ihm wirklich Respekt.

Doch Herr Bundesminister, es sind auch ein paar verräterische Punkte in Ihrer gestrigen Budgetrede drinnen gewesen, und zwar jener – und das muss man sich einmal vorstellen –: Als österreichischer Finanzminister vergleicht man sich monetär mit Italien. (Bundesminister Brunner: Stimmt nicht!) Herr Bundesminister, das hat noch überhaupt niemand gemacht. Das ist doch peinlich.

Wenn wir jetzt so etwas machen müssen – uns mit Italien zu vergleichen, damit wir besser dastehen –, na dann ist aber wirklich Schicht im Schacht. Dann
haben wir in diesem Land wirklich ein Problem, Herr Bundesminister. Das ist also sehr, sehr dünnes Eis. (Abg. Erasim: Wir stehen aber auch besser da als Grie­chenland!)

Herr Bundesminister, Sie haben gestern selbst zugeben müssen, dass wir eine Schuldenlast von mittlerweile 400 Milliarden Euro und eine Zinslast in der Höhe von jetzt 8,5 Milliarden Euro zu tragen haben – Tendenz steigend.

Herr Bundesminister, wenn wir uns die 8,5 Milliarden Euro anschauen, dann wissen wir, dass das die Hälfte des gesamten Bildungsbudgets ist, was wir jetzt an Zinsen bezahlen müssen – an Zinsen für Maßnahmen, die sinnlos waren
und die Sie mit Ihren grünen Erfüllungsgehilfen einfach durchgepeitscht haben und von denen wir heute wissen: Es war eigentlich so gut wie alles falsch,
was da passiert ist.

Noch eines, Herr Bundesminister: Ich bin ja froh, dass wir heute noch einmal über das Budget reden können. Ich habe mir gestern die „Zeit im Bild 2“ angeschaut. Wenn dort ein Finanzminister sitzt, der nicht in der Lage ist, he­rauszurechnen, wie hoch der Anteil der Pensionen am Verteidigungsbud­get ist, die jetzt eingegliedert und in einem Budget mitverkauft werden, wenn Sie das auf dreimalige Nachfrage nicht zusammenbringen, dann unterstelle ich Ihnen diesbezüglich nicht Uninformiertheit, sondern ich unterstelle Ihnen Vor­satz, Herr Bundesminister. (Abg. Weidinger: Hast du dem Bösch nicht zugehört?)

Sie wollten einfach nicht sagen, wie der Etikettenschwindel genau vonstat­tengeht und wie hoch der Anteil der Pensionen da drinnen ist. Genau das ist der springende Punkt, Herr Bundesminister. (Zwischenbemerkung von Bundes­minister Brunner. – Abg. Weidinger: Ja, hallo! Hast du dem Bösch nicht zugehört? – Zwischenruf des Abg. Gödl.)

Diesbezüglich noch ein Wort zu Klubobmann Wöginger: Klubobmann Wöginger hat seinen Redebeitrag damit begonnen, dass er gesagt hat, man soll nicht
zuerst nehmen und dann geben. Jetzt stelle ich aber schon die Frage an die ÖVP und auch an die grünen Klimakommunisten: Was ist dann die CO2-Steuer? – Sie nehmen zuerst und machen dann die Menschen in diesem Land eigentlich zu Almosenempfängern, indem Sie einen Gutschein verteilen, der nicht einmal allen Österreichern zugutekommt – den Mindestpensionisten zum Teil schon nicht mehr –, während verurteilte Verbrecher ihn genauso kriegen wie alle Asyl­werber, die in Österreich Grüß Gott sagen. Das ist Ihr Ansatz. Da machen Sie genau das, was Herr Klubobmann Wöginger ja eigentlich nicht machen wollte: zuerst kassieren und dann umverteilen.

Wie schaut es dann mit der MÖSt, der Mineralölsteuer, aus? Wie schaut es mit der Mehrwertsteuer aus? Wie schaut es mit den Dividenden aus, die
die Energiebetreiber in einem riesengroßen Ausmaß kassieren, Herr Bun­desminister?

Sie sind in der Geschichte der Zweiten Republik der Finanzminister, der am meisten eintreibt. (Abg. Weidinger: Unerhört!) Das muss man so auch sagen. Das geht sich mit der Aussage von Herrn Kollegen Wöginger doch nicht aus.

Das ist aber, wofür die ÖVP steht: das eine sagen und das andere tun.

Kollege Wöginger hat auch gesagt: Wir gehen jetzt endlich raus aus dieser Abhängigkeit von Energie. – Ich möchte schon daran erinnern, dass es
der ehemalige Bundeskanzler Schlüssel gewesen ist, der bis zuletzt auf seinem Aufsichtsratsplatz bei Lukoil geklebt ist. Erst als der öffentliche Druck groß geworden ist, hat Herr Schüssel auch dort seinen Platz geräumt.

Ein Wort noch zu Klubobfrau Rendi-Wagner: Auch das war eine eigenartige Rede. – Das haben hier herinnen schon mehrere attestiert. (Abg. Michael Hammer: Alle SPÖler haben eigenartige Reden!) – Wenn man aber davon ausgeht, dass Frau Rendi-Wagner kein Flüchtlingsproblem sieht, dann sehe ich ein,
dass sie wahrscheinlich auch kein Teuerungsproblem in der Stadt Wien sieht.

Trotzdem: Was ist mit den Mieten in der Stadt Wien passiert, liebe Kollegen von der SPÖ? Was ist mit der Energie in der Stadt Wien passiert? Was ist mit den Friedhofsgebühren in der Stadt Wien passiert? – Wenn man sich anschaut, wie Sie die erhöht haben, dann sieht man: Sogar die sind mittlerweile existenz­bedrohend. (Zwischenruf der Abg. Cornelia Ecker.)

Was ist mit Ihrem Wien-Energie-Desaster, das uns übrigens auch auf der Tasche liegt? – Da sollte die SPÖ auch einmal dazusagen, dass es das auch gibt, dafür
sollte man auch einmal ein bisschen Platz einräumen.

Das heißt also: Die SPÖ macht überhaupt keine andere Politik als die ÖVP.
Sie hat nur eine andere Farbe. Das muss man auch einmal klipp und klar sagen. Die Potemkin’schen Dörfer gibt es auf beiden Seiten. (Abg. Silvan: ... den
12-Stunden-Tag mitbeschlossen hat, den Karfreitag abgeschafft hat!)

Ich möchte mich zum Abschluss noch ganz kurz um die Grünen kümmern. Kollege Hammer hat vorhin gesagt: Als Regierung kann man nichts
richtig machen. – Stimmt, diese Regierung kann nichts richtig machen.

Genauso bezeichnend war die Aussage von Frau Kollegin Maurer, die davon gesprochen hat, dass sie in eine Maschine gegriffen hätte. Leider ist Kolle­gin Maurer jetzt nicht da, aber hätte sie in ihrem Leben schon einmal tatsächlich etwas gearbeitet, dann wüsste sie, dass man grundsätzlich nicht in Maschi­nen greift. – Das werden mir die Kollegen von der Gewerkschaft auch bestäti­gen. Das tut man einfach nicht. Das geht nämlich schlecht aus. Da fehlen einem dann früher oder später einmal die Hände. (Zwischenruf des Abg. Silvan.)

Das heißt, wenn man eine Maschine reparieren will, Frau Kollegin Maurer – stellvertretend jetzt an ihre Kollegen –, dann muss man vorher die Aus­taste drücken und die Energie abschalten. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Man muss dort den Stecker ziehen, dann kann man die Maschine reparieren.

Genau diesen Stecker werden wir dieser Bundesregierung ziehen. Darauf kön­nen Sie sich verlassen. Die Österreicher sind auf unserer Seite. (Beifall bei der FPÖ.)

11.16


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Corinna Scharzenberger. – Bitte.


11.16.06

Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das Bundesfinanzgesetz 2023 wiegt ausgedruckt 11 Kilogramm. Es ist innerhalb meiner dreiminütigen Redezeit sehr schwie­rig, hinreichend konkret auf die wesentlichen Punkte dieses Gesetzes einzu­gehen.

Wir haben aber gestern hier im Parlament die Budgetrede unseres Herrn Finanz­ministers gehört: „Dieses Budget hat als oberste Priorität“, „das Notwendige zur Verfügung zu stellen“, „um das Leben [...] leistbar zu machen und [...] das Über­leben von Betrieben und damit Arbeitsplätze zu sichern“.

Dann stellen sich – ja fast schon ein wenig kabaretthaft – die Kolleginnen und Kollegen der SPÖ hier heraus und kritisieren, dass wir zu viel Geld ausgeben (Ruf bei der SPÖ: Falsch ausgeben! – Abg. Michael Hammer: Nicht kabaretthaft, das
ist Kabarett!),
betrachten das Budget offenbar völlig isoliert und blenden aus, was in der Welt draußen passiert. Oder haben Sie es noch nicht wahrgenommen? Das ist jedenfalls billigster Populismus. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Cornelia Ecker.)

Kollege Obernosterer hat versucht, Ihnen zu erklären, in welchen Zeiten Geld in die Hand genommen werden muss, aber: Erzähle einem Roten etwas vom Wirtschaften! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ja, meine Damen und Herren, wir leben in einer Zeitenwende. Die Sicherheits­lage in Europa hat sich geändert. Das spiegelt sich auch im Budget wider. Es ist kein reines Krisenbudget, wie manche schon gesagt haben, es wird aber doch auf die aktuellen Umstände reagiert und gleichzeitig auch vorgesorgt. (Abg. Zanger: Glaubst du das auch?)

Der Herr Finanzminister hat gestern auch gesagt: Wir leben in der schwierigsten Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg. – Zitatende. Demnach sieht dieses Budget gewichtige Schwerpunkte vor. Einer ist die Sicherheit.

Wir haben mit dem Krieg in Europa einen Krieg vor unserer Haustüre. Neben der größten Budgetaufstockung für das österreichische Bundesheer gilt es auch, in die sogenannte umfassende Landesverteidigung zu investieren.

Es ist nämlich längst eine Notwendigkeit geworden, neben der militärischen Lan­desverteidigung auch in die geistige, die zivile und die wirtschaftliche Lan­desverteidigung zu investieren. Dazu zählt das Vermitteln von Grundwerten wie Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit, aber auch, ein realistisches Bild der Machtverhältnisse zu zeichnen sowie ein Bewusstsein über Bedro­hungslagen zu schaffen.

Die umfassende Landesverteidigung stärkt Österreichs Resilienz. Krisen
sind mittlerweile offenbar ein ständiger Begleiter unseres Alltags geworden. Umso wichtiger ist es, mit Widerstandsfähigkeit aus diesen belastenden Situationen in eine positive Zukunft zu gelangen.

Um diese vorhin genannte Resilienz zu wahren und den positiven Blick in die Zukunft zu generieren, wird es notwendig sein, dem Forschungsland Österreich im Bereich der angewandten Forschung und Innovation finanzielle Grundla­gen zur Verfügung zu stellen, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu redu­zieren und die Energieversorgung sicherzustellen – aus Verantwortung für morgen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

Insgesamt investieren wir durch gezielte Schwerpunktsetzung in die militärische, in die wirtschaftliche und in die soziale Sicherheit unseres Landes. Wir drehen
an den richtigen Schrauben, um Stabilität für die Zukunft zu ermöglichen, und das mit einer ruhigen Hand und mit einem besonnenen Blick auf den Um­gang mit Steuergeld. – Vielen Dank, Herr Finanzminister. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.20


Präsidentin Doris Bures: Nächster Rednerin: Frau Abgeordnete Angela Baum­gartner. – Bitte.


11.20.15

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrter Herr Innenminister! Ja, mit diesem Budget reagiert die Bundesregierung auf die aktuellen Herausforderungen unserer Zeit. Es liefert Antworten, die es in diesen schwierigen Zeiten braucht, und gleichzeitig
wird in die Themen der Zukunft investiert.

Dieses Budget sorgt mit seinen Schwerpunkten für Sicherheit, nämlich in Form der Sicherung der Wertschöpfung, der Arbeitsplätze, der Sicherung unseres Wirtschaftsstandortes, der Versorgungssicherheit mit Energie und Lebensmitteln und auch der sozialen Sicherheit für die Österreicherinnen und Österreicher.

Die Bundesregierung hat speziell auch durch die strukturellen Veränderungen, die wir beschlossen haben, nämlich die Abschaffung der kalten Progression sowie die ökosoziale Steuerreform, dafür gesorgt, dass wir uns wieder
in ruhigere Fahrwasser begeben.

Die Entlastungen können sich sehen lassen: Abschaffung der kalten Progression, Erhöhung der Pensionen (Abg. Belakowitsch: Nein, falsch!), jährliche Erhöhung
der Finanzleistungen, Stromkostenbremse für Haushalte, Energiekostenzuschuss für Betriebe. Die Liste ließe sich erweitern, unser Herr Klubobmann hat es in seiner Rede wirklich schon sehr ausführlich gesagt.

Eine Frage stelle ich mir schon: In welchem Paralleluniversum lebt die SPÖ? – Ich bin sprachlos ob der populistischen Reden der Klubobfrau und des Kollegen Krainer. Entweder sagen Sie bewusst hier die Unwahrheit oder Sie können Be­richte und Tabellen nicht richtig interpretieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich habe Ihnen einen Chart mitgebracht (ein Kurvendiagramm in die Höhe haltend): Staatsverschuldung 2016: 82,8 Prozent – ich frage Sie: Wer war da im Bun­deskanzleramt, welche Partei? (Beifall bei der ÖVP – Abg. Stöger: Wer war Finanzminister? – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ); 2019: Staatsverschuldung 70,6 Prozent – welche Partei war da im Bundeskanzleramt? –; und 2022: Staatsverschuldung 78,3 Prozent, trotz der Milliardenunterstützungen für die Coronahilfen und der ökosozialen Steuerreform. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Schauen Sie sich das ganz genau an! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eines möchte ich ob der teils skurrilen Äußerungen seitens der SPÖ wirklich hervorheben – der Herr Finanzminister hat es auch gestern in seiner Budgetrede gesagt –: Am Anfang der Pandemie hat es hier über alle Parteigrenzen hin­weg einen Schulterschluss gegeben. Uns hat „das gemeinsame Ziel“ vereint, un­sere „Gesundheit zu schützen, Arbeitsplätze“ zu schaffen und zu sichern „und Unternehmen zu retten. Dabei ist“ wirklich „vieles gelungen.“ Warum ist vieles gelungen? – Weil es die Grundhaltung gab, dass wir das Beste für unser
Land wollen.

Gerade jetzt, da wir in einer Wirtschaftskrise sind, verstärkt durch Energie-, Sicherheits- und Inflationskrise, gibt es keinen Schulterschluss. Dass wir gemeinsam stark waren, haben die Oppositionsparteien offensichtlich vergessen, und das finde ich sehr schade. Einen Schulterschluss hätte sich die öster­reichische Bevölkerung verdient.

Wenn ich hier auf die Galerie schaue und da sehr viele junge Menschen sitzen sehe (Abg. Belakowitsch: Eingesperrt habt ihr sie!): Diese Menschen hätten sich einen Schulterschluss verdient. Sie verweigern einfach alles, liebe Opposi­tion. Wir arbeiten weiter für unsere Zukunft und für die Zukunft dieser Ge­neration auf der Galerie. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Einwallner und Zanger.)

11.24


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte.


11.24.37

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Regierungsmitglieder! Also die heutige Debatte und dieses Geschwurbel der ÖVP – es tut mir leid, ich finde keinen anderen Ausdruck dafür (Zwischenrufe bei der ÖVP) – sind für all die Menschen, die jetzt gerade in Österreich wirklich verzweifelt sind, blanker Hohn. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist blanker Hohn, wenn sich die Eltern, die heute in der Früh für ihre Kinder eine Jause für den Kindergarten hergerichtet haben, die Pensionistin, die
heute in der Früh die Heizung aufgedreht hat, der Pendler, der auf dem Weg zur Arbeit bei der Tankstelle noch getankt hat, anhören müssen, was die ÖVP
heute erzählt hat: Bitte, bitte, seid dankbar! Seid dankbar für das, was die ÖVP leistet! – Das ist meilenweit von der Lebensrealität der Menschen entfernt.
(Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scharzenberger: Das ist meilenweit ...!)

Dann kommen Aussagen wie: Man muss mit einem „positiven Blick in die Zukunft“ gehen! „Wir drehen an den richtigen Schrauben“! Es ist ganz, ganz, ganz toll, was der Herr Finanzminister heute vorgelegt hat! – Das geht meilenweit
an der Lebensrealität der Menschen vorbei, und ihr wisst das ganz genau.

Ihr habt ein Budget vorgelegt, das in Österreich keinen einzigen Preis senkt, das nichts in Österreich leistbarer macht. Nichts habt ihr in diese Richtung vorgelegt.

Während man in Deutschland ein mutiges Budget vorlegt, einen Kraftakt unternimmt, indem man versucht, die Inflation zu drücken, indem man dafür kämpft, dass die Kaufkraft erhalten bleibt, wird in Österreich nichts billiger.
Das ist euer Budget.

Wir erleben dasselbe, was wir mitten in der Coronakrise leider schon einmal erlebt haben: ein planloses, mutloses Dahinstolpern, Stückwerk, Einzel­maßnahmen, anstatt die Ursachen zu bekämpfen. (Abg. Ottenschläger: Diese Rede ist der Beweis, dass die SPÖ von Wirtschaft nichts versteht! Das ist der Beweis!) Das ist leider das, was ÖVP und Grüne uns heute vorlegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wo war denn die Regierung? Wo sind denn die Pläne, wenn es darum geht, den Gas- und den Strompreis zu senken? Wo ist denn da die Bundesregierung? –
Nichts tut sich.

Wo war denn der Herr Wirtschaftsminister im letzten halben Jahr, als Milliarden Euro zu viel in die Taschen der Ölkonzerne geflossen sind, weil an den Tank­stellen zu viel gezahlt worden ist? Wo war denn der mutlose Herr Wirtschaftsmi­nister? – Nichts ist in diese Richtung passiert.

Der Fehler ist, dass die ÖVP immer auf der falschen Seite steht. Politik ist immer das Abwägen von Interessen, und die ÖVP steht immer konsequent auf der
Seite ihrer Großspender. (Zwischenruf der Abg. Tanda.) Das wäre nicht einmal mehr notwendig, Sebastian Kurz hat sich ohnehin verdrückt. Ihr steht auf
der falschen Seite. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.)

Ihr steht nicht auf der Seite der Menschen, die unser Land am Laufen halten. (Abg. Ottenschläger: Unglaublich! – Abg. Hanger: Was du zusammenredest!
Das glaubst du ja selber nicht!)
Die Pensionistinnen und Pensionisten, die heute dasitzen, werden von euch zu Bittstellern degradiert, und die Leute, die
ohnehin schon Millionen haben, werden von euch noch einmal mit Geld über­häuft. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hanger:
Das glaubst du ja selber nicht!)

Nichts passiert, um die Preise in Österreich zu senken. Anstatt dass man jetzt wirklich den Menschen in Österreich, der breiten Masse hilft, bekommen
die Menschen, die ohnehin schon genug haben, noch einmal Millionen.

Wie kann man überhaupt auf die Idee kommen, für die breite Masse die CO2-Steuer noch einmal zu erhöhen, die Menschen zusätzlich zu belasten (Abg. Hanger: Du hast nicht mitgekriegt, was in dem Budget drinnen steht, oder? – Zwischenruf
des Abg. Weidinger),
und das Geld, das damit eingenommen wird, dann in die Ta­schen von Konzernen wandern zu lassen, indem man die Gewinnsteuern reduziert? Wer kommt denn mitten in der Wirtschaftskrise auf so eine Idee? (Bei­fall bei der SPÖ.)

Das ist eine Frage der politischen Zielsetzung und der Schwerpunktsetzung. Wir sagen: Ob man Geld für die Pflege und für den Gesundheitsbereich oder für
die Gewinnsteuersenkung ausgibt, ist eine politische Entscheidung.

Diese Entscheidung hat die ÖVP heute getroffen, und – wenn wir gerade beim Dahinbuckeln sind – die Grünen waren mit dabei. Die Grünen sind bei die­sem Kurs der ÖVP für einige Großspender mit dabei.

Wenn wir gerade vom Buckeln reden: Die Rede von Herrn Finz – ah, nein, Fuchs; die Ähnlichkeit! (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP) –, die Rede von Herrn Fuchs, was also der ehemalige freiheitliche Finanzstaatssekretär
heute vorgebracht hat und wie er sich in Wahrheit der ÖVP schon auf den Schoß geworfen und gehofft hat, dass er vielleicht wieder in eine Regierung mit der ÖVP kommt, war doch bitte beschämend für die breite Masse der Be­völkerung. (Beifall bei der SPÖ.) Ihr redet vom kleinen Mann, aber wenn es heute darum geht, dass man im Bereich der Spekulation und der Gewinnsteuern da­bei ist, dann bist du als ehemaliger Finanzstaatssekretär wieder ganz, ganz vorne mit dabei. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)

Nichts wird für die Menschen in Österreich billiger. Die Menschen sind verzweifelt, und dann erleben wir da eine grün-schwarze Bundesregierung, die sich hinstellt und sagt: Danke, danke, danke, Herr Finanzminister, für die
tolle Arbeit, die Sie leisten! (Abg. Weidinger: Zur Sache, bitte! Zur Sache!) Die Krö­nung war Herr Wöginger – weil wir hier in der Hofburg sind –: Der hat an­scheinend ein bisschen zu viel Berichterstattung aus Großbritannien geschaut. Gerade, dass er sich nicht den Ring küssen lassen hat und gesagt hat: Seid dankbar!, dass er nicht mit der Kutsche hereingefahren ist und gesagt hat: Da habt ihr das Geld! – Das ist meilenweit von der Lebensrealität entfernt.

Ihr, die Grünen, die Schwarzen, lasst die Menschen im Stich, und die FPÖ ist da immer mit dabei. (Beifall bei der SPÖ.)

11.29


11.29.29

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Ich weise die Regierungsvorlage 1669 der Beilagen dem Budgetausschuss zu.

11.29.412. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (1525 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991 geändert wird (1707 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Gerhard Karner im Hohen Haus und erteile Herrn Abgeordneten Hannes Amesbauer als erstem Redner das Wort.


11.30.20

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr ge­ehrter androgyner Mensch! Sehr geehrte Androgyn! Sehr geehrte Bigender! Sehr geehrte Frau-zu-Mann! Sehr geehrter Mann-zu-Frau! Sehr geehrte Gender-variabel! Sehr geehrte Gender-queer! Sehr geehrte Intersexuelle, auch Inter­stern! (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Sehr geehrte Weder-noch! Sehr geehr­te Geschlechtslose! Sehr geehrte Nichtbinäre! Sehr geehrte Weitere! Sehr geehrte Pangender oder Pangeschlechtliche! (Zwischenruf des Abg. Shetty.)

Sehr geehrte Trans! Sehr geehrte Trans-weiblich! Sehr geehrte Trans-männlich! Sehr geehrter Transmann! Sehr geehrter Transmensch! Sehr geehrte Transfrau! Sehr geehrte Transstern! Sehr geehrte Transstern-weiblich! Sehr geehrte Transstern-männlich! (Zwischenruf der Abg. Erasim.) Sehr geehrter Transsternmann! (Abg. Stögmüller: Schämen Sie sich!) Sehr geehrter Transsternmensch! (Abg. Stögmüller: Schämen Sie sich!) – Na, jetzt hören Sie auf, ich bin ja mit der Begrüßung noch nicht fertig! – Sehr geehrte Transsternfrau! Sehr geehrte Transfeminin!

Sehr geehrte Transgender! (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Sehr geehrte Transgender-weiblich! Sehr geehrte Transgender-männlich! Sehr geehrter Transgendermann! Sehr geehrter Transgendermensch! (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Sehr geehrte Transgenderfrau! Sehr geehrte Transmaskuline! Sehr geehrte Transsexuelle! Sehr geehrte weiblich Transsexuelle! Sehr geehrte männlich Transsexuelle! Sehr geehrter transsexueller Mann! Sehr geehrte trans­sexuelle Person! Sehr geehrte transsexuelle Frau!

Sehr geehrte Interstern! Sehr geehrte Interstern-weiblich! Sehr geehrte Interstern-männlich! (Abg. Erasim: Unfassbar! Ich verlasse den Saal!) Sehr geehrter Intersternmann! (Abg. Stögmüller: Da muss man den Saal verlassen eigentlich!)
Sehr geehrte Intersternfrau! Sehr geehrter Intersternmensch! Sehr geehrte Inter­gender! Sehr geehrte Intergeschlechtliche! Sehr geehrte Zweigeschlechtliche! Sehr geehrte Zwitter! Sehr geehrter Hermaphrodit! Sehr geehrte Two-
Spirit, drittes Geschlecht! Sehr geehrtes viertes Geschlecht! Sehr geehrte XY-Frau! Sehr geehrte Butch (das Wort batsch aussprechend)! (Abg. Brand­stötter: Butch heißt das!) Sehr geehrte Femme! Sehr geehrte Drag! Sehr geehrte Butch! Sehr geehrter Transvestit und sehr geehrte Crossgender! (Abg. Stögmüller: Sie haben wohl das Gesetz nicht gelesen!)

Die FPÖ-Fraktion lehnt den gegenständlichen Gesetzentwurf ab. Worum geht es? – Ich habe jetzt versucht, das aufzuzeigen. Ich war nicht der Erste, ich gebe es zu, ich habe es ein bisschen abgekupfert, das war schon in einem Land­tag in der Bundesrepublik Deutschland so ähnlich (Abg. Stögmüller: A bissl homophob ...!) und interessanterweise auch im Gemeinderat der Stadtgemeinde Bruck an der Mur, da ist das von der ganz, ganz linken Seite gekommen.

Was ist passiert? – Der Verfassungsgerichtshof hat uns ein Ei gelegt (Zwischenruf des Abg. Hanger), indem wir jetzt ein Meldegesetz haben, nach dem am Meldezettel plötzlich sechs sogenannte Geschlechter aufscheinen (Zwischenruf des Abg. Stögmüller), nämlich neben „männlich“ und „weiblich“ auch
„divers“, „inter“, „offen“, „keine Angabe“. „Keine Angabe“ ist besonders span­nend, anscheinend haben Sie das jetzt in letzter Minute mit einem Abän­derungsantrag noch ein bisschen repariert, weil es da ja sonst auch Probleme gegeben hätte (Zwischenruf des Abg. Shetty): zum Beispiel beim Bundes­heer bei der Stellungskommission, wenn man da vor der Musterung keine Anga­be macht. Das haben Sie jetzt anscheinend ein bisschen repariert, denn bis zum gestrigen Tag konnte uns weder aus dem BMI noch aus dem Verteidigungsministerium irgendjemand beantworten, wie das dann geht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bedenkliche an dieser Sache ist, dass das sehr, sehr ideologiegetrieben, nämlich nur ideologiegetrieben, ist. Medizinisch gesehen, biologisch gesehen gibt es zwei Geschlechter. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Es gibt das biologische Phänomen der Intergeschlecht­lichkeit, ja, das ist aber keine medizinische Diagnose, sondern eine zusammen­fassende Bezeichnung für sehr unterschiedliche körperliche Phänomene, etwa Abweichungen in den Geschlechtschromosomen. Diese Intergeschlecht­lichkeit, im Volksmund auch Zwitter genannt, gibt es also bei wenigen Men­schen. (Abg. Stögmüller: Um die geht’s aber!) Das ändert nichts daran, dass es zwei Geschlechter gibt, und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann weder ein Richterspruch noch eine Ideologie ausradieren.

„Jeder“ Mensch „soll nach seiner Façon selig werden.“ – Das hat Friedrich der Große, der König von Preußen, gesagt, und das war für das 18. Jahrhundert eine sehr fortschrittliche Ansicht im Sinne von Toleranz und freier Religionsaus­übung. Was aber da passiert, ist reine Ideologie, das ist Genderideologie, das ist eine klar linke Ideologie, und das wollen wir nicht. Das führt so weit, dass in der Steiermark im Kindergarten jetzt schon bei den Meldedaten mehrere Ge­schlechter abgefragt werden. In der Steiermark sind es derzeit fünf, es wer­den dann wahrscheinlich auch sechs werden. Das ist wirklich aus meiner Sicht erbärmlich, dass sich Eltern bei Kleinstkindern bis zum ersten Lebensjahr anmaßen, irgendwelche Geschlechter außer „männlich“ oder „weiblich“ einzutra­gen. Das hat in unseren Elementarbildungseinrichtungen überhaupt nichts verloren, da geht es auch um den Schutz der Kinder.

Die Freiheitliche Partei lehnt diesen Gesetzesmurks, diesen ideologiegetriebe­nen, wissenschaftsfeindlichen, biologieverachtenden Gesetzentwurf entschieden ab. (Beifall bei der FPÖ.)

11.35


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Johanna Jachs. – Bitte.


11.35.46

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherin­nen und Zuseher! Nach dieser humoristischen Einlage (Zwischenruf des Abg. Stögmüller), die zwar wenig kreativ war, weil sie von einer Rede aus dem Bun­destag der Fraktion der AfD abgekupfert war, ist es, glaube ich, wichtig,
dass wir jetzt wieder zur Sache zurückkehren. Allen, die vielleicht noch ein Bild­nis von Friedrich dem Großen im Wohnzimmer hängen haben, möchte ich sagen: Wir ändern das Meldegesetz, das zum letzten Mal 1991 geändert wurde, heute ganz unaufgeregt, because it is 2022. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Warum wir das machen, ist auch ganz klar: wegen eines Erkenntnisses des
VfGH. Der VfGH hat 2018 entschieden, dass Personen, die weder männlichen noch weiblichen Geschlechts sind, ein Recht darauf haben, auch dement­sprechend eine Eintragung im Personenstandsregister vorzunehmen. (Abg. Bela­kowitsch: Ja, das war das Urteil ...!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir leben in einer Demokratie und ein entscheidendes Merkmal der Demokra­tie ist der Pluralismus. (Abg. Belakowitsch: ... katholischen Familien ...! – Abg. Hafenecker: ... katholischen Familie!) Ein entscheidendes Merkmal ist auch, dass wir als Nationalratsabgeordnete, als Legislative die Entscheidungen des VfGH, des Höchstgerichts der Justiz, berücksichtigen und respektieren. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir manche Entscheidungen der Justiz aufgrund unserer höchstpersönlichen politischen Überzeugungen leichter nachvollziehen können und manche weniger leicht, aber wir haben sie eben zu respektieren, und deswegen ändern wir auch das Meldegesetz.

Es geht ja in diesem Meldegesetz, das wir heute ändern, nicht nur um die Auswahl der Geschlechtseintragungen, es beinhaltet mehr. Es geht nämlich auch darum, dass wir die Möglichkeit schaffen, sonstige Namen, wie etwa den Va­ternamen, eintragen zu lassen. Das ist jetzt auch bei der Registrierung von ukrai­nischen Vertriebenen wichtig geworden (Abg. Belakowitsch: ... ablenken von den sechs Geschlechtern!), und es geht auch darum, dass wir die Schnittstelle der Datenmeldung zwischen dem Register und der anerkannten Religionsge­meinschaften und Kirchen in Bezug auf das Religionsbekenntnis vereinfachen, weil es auch da in Einzelfällen zu irreführenden Angaben gekommen ist.

Ich möchte mich jetzt explizit bei den Kolleginnen und Kollegen bedanken (Abg. Belakowitsch: Was hat das ... mit den sechs Geschlechtern zu tun?), die sich in der Vergangenheit sehr konstruktiv in die Diskussion eingebracht haben, weil uns nicht nur der VfGH ein Erkenntnis geliefert hat, das zu berücksichtigen war, sondern weil es auch eine Entscheidung eines Landesverwaltungsgerichtes gibt. Das Landesverwaltungsgericht hat auch gesagt, dass wir neben den jetzt fünf Möglichkeiten ein weiteres Möglichkeitenfeld eröffnen müssen – näm­lich das der „keine Angabe“.

Weil für uns „keine Angabe“ auch etwas irreführend klingt und weil es
uns wichtig ist, dass wir da eine Klarstellung in den Beiblättern zum Meldezettel schaffen – dass eben die Rechtsfolgen, die durch das Ankreuzen der „keine Angabe“ entstehen, besser berücksichtigt werden können und vor allem nach­vollzogen werden können –, stellen wir in einem Abänderungsantrag, den ich jetzt auch noch einbringen darf, klar, warum es eben auch ein weiteres Feld „keine Angabe“ gibt.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Johanna Jachs, Reinhold Einwallner, David Stögmüller, Kolle­ginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenhei­ten (1707 der Beilagen) betreffend die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Meldegesetz 1991 geändert wird (1525 der Beilagen).

*****

Ich glaube, ich habe ihn jetzt in den Grundzügen erläutert, und ich bedanke mich noch einmal bei den Kolleginnen und Kollegen, die an Konstruktivität inter­essiert waren, für ihre Beiträge. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.39

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Johanna Jachs, Reinhold Einwallner, David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten (1707 der Beilagen) be­treffend die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Meldegesetz 1991 geändert wird (1525 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Meldegesetz 1991 geändert wird (1525 der Beilagen) in der Fassung des Berichts des Ausschusses für innere Angelegenheiten (1707 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 6 werden folgende Z 6a und 6b eingefügt:

„6a. Nach § 3 Abs. 2 zweiter Satz wird folgender Satz angefügt:

‚Der Meldepflichtige hat im Falle einer Anmeldung gemäß Abs. 1a zu bestätigen, dass der Unterkunftgeber über die Unterkunftnahme informiert wurde.‘

6b. § 3 Abs. 2 letzter Satz lautet:

‚Diese Bestätigung ist der Behörde im Falle einer An- oder Ummeldung ge­mäß Abs. 1a mit den dem Meldezettel entsprechenden Daten zu übermitteln, wobei abweichend von der Anlage A zum Unterkunftgeber Namen und Anschrift anzu­geben sind.‘“

2. In Z 16 (§ 23 Abs. 24) wird nach dem Zitat „§ 1 Abs. 5a“ ein Beistrich und das Zitat „§ 3 Abs. 2“ eingefügt.

3. In Z 16 (§ 23 Abs. 24) wird die Wortfolge „neun Monate“ durch die Wortfolge „zwölf Monate“ ersetzt.

4. Die Anlage A wird durch die Anlage A (neu) und die Anlage D durch die Anlage D (neu)ersetzt.

Begründung

Mit der vorgeschlagenen Regelung soll klargestellt werden, dass der Unterkunftgeber über die Unterkunftnahme stets in Kenntnis gesetzt werden soll. Im Verfahren zur elektronischen Anmeldung gemäß § 3 Abs. 1a und 1b des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, soll der Meldepflichtige künftig anstelle der physi­schen Beibringung der Unterschrift des Unterkunftgebers am Meldezettel (Anlage A zum MeldeG) bestätigen, dass der Unterkunftgeber über die Unterkunftnahme bereits informiert wurde. Dies ist einerseits aus verwaltungsökonomischen Gründen zweckmäßig und stellt auch eine bürgerfreundliche und serviceorientierte Lö­sung der Einbindung des Unterkunftgebers dar.

Derzeit ist lediglich die elektronische Verlegung des Hauptwohnsitzes im Inland möglich, dabei erfolgt die Anmeldung eines Hauptwohnsitzes unter gleichzeitiger Ab­meldung des bestehenden Hauptwohnsitzes. Künftig soll in einem weiteren
Schritt auch die elektronische Anmeldung von weiteren Wohnsitzen (Nebenwohnsit­zen) sowie die Ummeldung (Änderung der Wohnsitzqualität) unter Verwendung der Funktion Elektronischer Identitätsnachweis (E-ID) gemäß §§ 4 ff des E-Govern­ment-Gesetzes (E-GovG), BGBl. I Nr. 10/2004, möglich sein. Da durch die Ummeldung bestehender Wohnsitze keine neue Unterkunft genommen wird, ist diesfalls auch keine erneute Bestätigung des Unterkunftnehmers erforderlich,
dass der Unterkunftgeber darüber informiert wurde.

Aufgrund der umfassenden Anpassungen im Zentralen Melderegister (ZMR), die mit der gegenständlichen Novelle des MeldeG verbunden sind, und da das ZMR als zentrales Basisregister der österreichischen Verwaltung einen umfangreichen und komplexen Wirkungsbereich aufweist, soll eine Legisvakanz von zwölf Mona­ten vorgesehen werden. Um Unternehmen und Behörden zur technischen Anpassung ihrer Applikationen und Adaptierung der Schnittstellen zum ZMR mehr Zeit zu gewähren, soll zwischen der Kundmachung und dem Inkrafttreten der Änderungen nun ein Zeitraum von zwölf Monaten liegen.

Um mögliche Missverständnisse bei der Angabe des Geschlechts zu vermeiden, soll in den melderechtlichen Formularen (Meldezettel als Anlage A und Hauptwohn­sitzbestätigung als Anlage D) klargestellt werden, dass das Feld „keine Angabe“ nur dann ausgewählt werden darf, wenn nicht die anderen Geschlechtsbezeich­nungen „männlich“, „weiblich“, „inter“, „divers“ oder „offen“ in Betracht kommen.

Anlage A

Meldezettel

Zutreffendes bitte ankreuzen x!                                                                             Erläuterungen auf der Rückseite!

FAMILIENNAME (in Blockschrift), AKAD. GRAD (abgekürzt)

 

VORNAME lt. Geburtsurkunde (bei Fremden laut Reisedokument)

 

Familienname vor der   e r s t e n   Eheschließung/Eingetragenen Partnerschaft

 

Sonstiger Name (nach fremdem Namensrecht, z.B. Vatersname; siehe auch Rückseite)

 

GEBURTSDATUM

 

GESCHLECHT (siehe auch Rückseite)

männlich  o     weiblich  o

divers o      inter  o      offen o

Sofern nicht zutreffend: keine Angabe  o

GESETZLICH ANERKANNTE KIRCHE ODER RELIGIONSGESELLSCHAFT/

BEKENNTNISGEMEINSCHAFT

 

GEBURTSORT lt. Reisedokument (bei österr. Staatsbürgern auch lt. Geburtsurkunde); Bundesland (Inland) und Staat (Ausland)

 

FAMILIENSTAND

o  ledig    o verheiratet    o  in eingetragener Partnerschaft lebend    o  geschieden    o  Ehe aufgehoben oder für nichtig erklärt

o  eingetragene Partnerschaft aufgelöst oder für nichtig erklärt    o  verwitwet    o  hinterbliebene(r) eingetragene(r) Partner(in)

STAATSANGEHÖRIGKEIT

                                     Österreich o        anderer Staat o     ð  Name des Staates:

REISEDOKUMENT bei Fremden

Art, z.B. Reisepass, Personalausweis:   Nummer:                                                              Ausstellungsdatum:

  ausstellende Behörde, Staat:

 

ANMELDUNG der

Unterkunft in ...

 

Straße (Platz) bzw. Ort ohne Straßennamen

Haus Nr.

Stiege

Tür Nr.

 

 

 

 

 

Postleitzahl

 

Ortsgemeinde, Bundesland

 

Ist diese Unterkunft Hauptwohnsitz?                     ja o               nein o

 

wenn nein,

Hauptwohnsitz

bleibt in ...

 

Straße (Platz) bzw. Ort ohne Straßennamen

Haus Nr.

Stiege

Tür Nr.

 

 

 

 

 

Postleitzahl

 

Ortsgemeinde, Bundesland

 

Zuzug aus dem Ausland?

                                          nein  o                            ja o     ð  Name des Staates:

 

ABMELDUNG der

Unterkunft in ...

 

Straße (Platz) bzw. Ort ohne Straßennamen

Haus Nr.

Stiege

Tür Nr.

 

 

 

 

 

Postleitzahl

 

Ortsgemeinde, Bundesland

 

 

Sie verziehen ins Ausland?

                                          nein  o                            ja o     ð  Name des Staates:

Im Falle einer Anmeldung:

Unterkunftgeber (Name in Blockschrift, Datum und Unterschrift)

 

Datum und Unterschrift des/der Meldepflichtigen

(Bestätigung der Richtigkeit der Meldedaten)

 

 

Information für den Meldepflichtigen

1.     Eine Anmeldung ist innerhalb von drei Tagen ab Beziehen der Unterkunft, eine Abmeldung innerhalb von drei Tagen vor oder nach Aufgabe der Unterkunft vorzunehmen.

2.     Bei der Anmeldung benötigen Sie folgende Dokumente:

           Öffentliche Urkunden, aus denen Familien- und Vornamen, Familiennamen vor der ersten Eheschließung bzw. Eingetragenen Partnerschaft, ein allfälliger sonstiger Name, Geburtsdatum, Geburtsort und Staatsangehörigkeit des Unterkunftnehmers hervor­gehen, z. B. Reisedokument und Geburtsurkunde;

       Sonstiger Name: Dabei handelt es sich um Namensbestandteile, die im österreichischen Namensrecht nicht vorkommen, wie zB. der Vatersname. Solche Namenszusätze sind im Feld „sonstiger Name“ zu erfassen.

           Unterkunftnehmer, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen (Fremde): Reisedokument (z. B. Reisepass);

           wenn an der bisherigen Unterkunft aus dem Hauptwohnsitz ein „weiterer Wohnsitz“ wird, ist vor oder gleichzeitig mit Anmeldung des neuen Hauptwohnsitzes eine Ummeldung des bisherigen Hauptwohnsitzes erforderlich.

3.     Für den Inhalt des Meldezettels ist, unabhängig davon, wer den Meldezettel ausfüllt, immer der Meldepflichtige verantwortlich. Kontrollieren Sie daher bitte den Meldezettel auf Vollständigkeit und Richtigkeit der Eintragungen, auch dann, wenn er von der Behörde ausgefertigt wird.

4.     Ihr Hauptwohnsitz ist an jener Unterkunft begründet, an der Sie sich in der Absicht niedergelassen haben, diese zum Mittelpunkt Ihrer Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung auf mehrere Wohnsitze zu, so haben Sie jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem Sie das überwiegende Naheverhältnis haben. Für den „Mittelpunkt der Lebensbeziehung“ sind vor allem folgende Bestimmungskriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Aus­gangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften. Der Hauptwohnsitz ist für die Eintragung in die Wählerevidenz“ sowie für verschiedene andere Rechtsbereiche (z. B. Kfz-Zulassung, waffenrechtliche Urkunden, Sozialhilfe) maßgeblich.

5.     Bedenken Sie bitte, dass eine Änderung des Hauptwohnsitzes oder eines weiteren Wohn­sitzes auch noch weitere Mitteilungspflichten (z. B. Kfz-Zulassung) begründen kann.

6.    Sofern die Daten des Meldepflichtigen bereits im Personenstandsregister erfasst sind (ist bei österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern in der Regel immer der Fall) muss die Angabe des Geschlechts mit dem Eintrag im Personenstandsregister übereinstimmen. Seit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aus 2018 (G 77/2018-9) gibt es für Men­schen, deren Zuordnung zum männlichen oder weiblichen Geschlecht nicht eindeutig mög­lich ist, die Möglichkeit „inter“, „divers“ oder „offen“ im Personenstandsregister einzutragen oder auch keine Angabe über das Geschlecht zu machen („keine Angabe“).

7.     Wenn Sie sich zu einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft beken­nen, hat diese das Recht, vom Bürgermeister Ihre Meldedaten zu verlangen. Bekenntnisge­meinschaften kommt dieses Recht nicht zu. Angaben zur gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft oder zur Bekenntnisgemeinschaft werden ausschließlich im lokalen Melderegister gespeichert.

Hinweis: Als EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind Sie verpflichtet, innerhalb von vier Monaten ab Einreise in Österreich Ihren Aufenthalt auch bei der Niederlassungs- und Aufenthalts­behörde anzuzeigen, wenn Sie sich länger als drei Monate in Österreich aufhalten. Sie müssen bei der örtlich zuständigen Behörde (Bezirkshauptmannschaft oder Magistrat) eine Anmeldebescheinigung beantragen.

Anlage D

Hauptwohnsitzbestätigung

                       Zutreffendes bitte ankreuzen

 

 

FAMILIENNAME (in Blockschrift), AKAD. GRAD (abgekürzt)

 

 

 

GESCHLECHT

 o männlich   o weiblich

 o divers      o inter      o offen

Sofern nicht zutreffend:

 o keine Angabe

 

GESETZLICH ANERKANNTE KIRCHE ODER RELIGIONSGESELLSCHAFT/
BEKENNTNISGEMEINSCHAFT

 

VORNAME lt. Geburtsurkunde (bei Fremden laut Reisedokument)

 

 

Sonstige Namen (nach fremdem Namensrecht;

z.B. Vatersname)

 

 

STAATSANGEHÖRIGKEIT

 

    o   Österreich

 

    o   anderer Staat:  ___________________

 

 

Familienname vor der  e r s t e n  Eheschließung/Eingetragenen Partnerschaft

 

GEBURTSDATUM

 

GEBURTSORT laut Reisedokument (bei österr. Staatsbürgern auch laut Geburtsurkunde, Bundesland bzw. Staat (Ausland))

 

 

 

REISEDOKUMENT bei Fremden (Art, z.B. Reisepass, Personalausweis; Nummer; Ausstellungsdatum; ausstellende Behörde, Staat)

 

 

 

HAUPTWOHNSITZ

 

 

Postleitzahl

 

Ortsgemeinde, Bundesland

KONTAKTSTELLE

 

 

Straße (Platz) bzw. Ort ohne Straßennamen

 

Haus Nr.

Stiege

Tür Nr.

 

 

Postleitzahl

Ortsgemeinde, Bundesland

 

Die Bestätigung der Ungültigkeit

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(Amtsstampiglie, Datum und Unterschrift)

Soweit bekannt Angabe der ZMR-Zahl

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Unterschrift

Es wird bestätigt, dass der/die

oben Genannte

seinen/ihren Hauptwohnsitz in der angegebenen Gemeinde hat.

Die Kontaktstelle

 

gilt                    

 

gilt nicht          

 

als Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(Amtsstampiglie, Datum und Unterschrift)

 

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen er­läutert und auch zur Verteilung gebracht.

Jetzt gelangt Abgeordneter Christian Ries zu Wort. – Bitte.


11.40.01

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren! Die Volksweisheit: Man ist so alt, wie man sich fühlt!, hat in der Realität durchaus ihre Berechtigung. Ich bin
50, fühle mich nicht so, werde aber schnell auf den Boden der Tatsachen zurück­geholt, wenn ich mir mein Geburtsdatum ansehe. So gibt es viele Fakten im Leben, in unserem Dasein, die wir zur Kenntnis nehmen müssen, die einfach so bestimmt sind, ob es uns gefällt oder nicht.

Nun hat der VfGH in einem Erkenntnis festgestellt, dass es möglich sein muss, mehr als zwei Geschlechter ins Personenstandsregister einzutragen. Neben „männlich“ und „weiblich“ sollen auch „divers“, „inter“, „offen“ und „keine Angabe“ als Ausdruck der Geschlechtsidentität möglich sein. Daher müssen diese Geschlechter auch auf dem Meldezettel wählbar sein, schloss die Regierung messerscharf und hat uns dann diesen Gesetzentwurf vorgelegt.

Mit diesem Entwurf, den wir im Ausschuss vorgelegt bekommen haben, wird aber ein Pallawatsch angerichtet, werte Damen und Herren. Der ist teilwei­se noch skurriler als manche Covid-Verordnung. Sie bringen damit den Sinn und Zweck des Meldewesens gehörig ins Wanken, ob Sie das erreichen wollten oder nicht. Es ist einfach Fakt, denn vieles wurde bei dieser Änderung nicht be­dacht.

Haben Sie daran gedacht, wann welches Geschlecht nun im Reisepass stehen
soll? Was soll der Passbeamte eintragen? Es kommt noch etwas hinzu, denn ein Pass, der die Identität nicht klar wiedergibt – und da gehört das physische Geschlecht auch dazu –, ist zu entziehen. Das steht so im Passgesetz.

Haben Sie die Wehrpflicht bedacht? – In Österreich gilt für Männer zwischen 17 und 50 Jahren die allgemeine Wehrpflicht, und diese Männer sind zu melden. Frage: Wenn jetzt im Meldezettel und im Personenstandsregister divers oder in­ter eingetragen wird, ist der zu melden oder ist er nicht zu melden? Und wenn
ein physischer Mann inter oder divers eingetragen hat, hat er damit die Wehr­pflicht umgangen? Darauf steht immerhin ein Jahr Haft. Im Wehrpflichtge­setz steht drinnen, dass jemand, der „sich listiger Umtriebe bedient, um sich oder einen anderen der Erfüllung der Wehrpflicht zu entziehen“, mit einer Frei­heitsstrafe zu rechnen hat.

Oder: Haben Sie an den Strafvollzug gedacht? Männer und Frauen sind getrennt voneinander zu verwahren, in getrennten Anstalten oder zumindest in ge­trennten Sektionen. Dürfen Diverse und Inter jetzt entscheiden, wo sie unterge­bracht werden sollen?

Haben Sie daran gedacht, wer jetzt bei wem Personendurchsuchungen oder Befragungen im Strafverfahren durchführen darf? Nach dem Strafvollzugsgesetz, nach der StPO und nach diversen Richtlinienverordnungen sind diese Hand­lungen speziell bei Opfern durch Personen desselben Geschlechts durchzufüh­ren. Brauchen wir jetzt auch Diverse- oder Inter-Beamte? – All das ist un­beantwortet.

Werte Damen und Herren, die Änderungen, die Sie vorgelegt haben, sind skurril, ich habe es schon gesagt. Das hat ein bisschen etwas vom Film „Das Leben
des Brian“; die Loretta-Klausel habe ich das bei uns intern genannt, weil sie wirk­lich vieles offen lassen und keinesfalls eine befriedigende Lösung sind. Diese Änderung ist nicht durchdacht und hat deswegen meiner Ansicht nach keine Chance, sich über einige Monate zu halten, weil dadurch – ich habe sie ja aufgezählt – einige Rechtsnormen ad absurdum geführt werden. Deswe­gen ist es uns nicht möglich, zuzustimmen, werte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

11.43


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte.


11.44.02

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich darf vorweg einmal den Bürgermeister und eine Delegation aus Ferndorf in Kärnten begrüßen, die auf der Galerie anwesend sind! (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren, unser Staat ist auf den Grundfesten der Verfassung aufgebaut. Kollege Amesbauer, der Verfassungsgerichtshof macht keine Gesetze, die ideologiegetrieben sind, sondern legt nur fest, was die Verfassung vorschreibt. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2018 haben Menschen, die der herkömmlichen Geschlechtszuordnung von Mann und
Frau nicht entsprechen, ebenfalls ein Recht auf die Berücksichtigung durch das Gesetz. (Abg. Belakowitsch: Ja, genau! Das ist das Urteil, genau!) Das liegt nun einmal vor, das ist nicht ideologiegetrieben, sondern das ist ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes.

Laut diesem Urteil geht es konkret um Varianten der Geschlechtsentwicklung, die durch eine atypische Entwicklung des chromosomalen, anatomischen
oder hormonellen Geschlechts gekennzeichnet sind, und explizit nicht um Trans­identitäten, das heißt Personen, die genetisch oder anatomisch beziehungs­weise hormonell eindeutig einem Geschlecht zugewiesen sind. Es ist also in die­sem Erkenntnis wirklich alles klar und deutlich gesagt, und daher ist eine Anpassung des Meldegesetzes erforderlich.

Dazu kommen noch aus dem Ausland zugezogene Meldepflichtige, die ein Reise­dokument vorlegen, das beim Geschlecht den Eintrag X enthält. Das betrifft etwa Menschen aus Frankreich, aus Dänemark oder aus Australien, und das sind jährlich in etwa 100 Anmeldungen im Zentralen Melderegister.

Weiters geht es – und das ist ja auch schon erwähnt worden – um sonstige Namen, die erhoben werden können, während bisher nur Familien- und Vornamen erfasst wurden. Bei sonstigen Namen handelt es sich um Namensbe­standteile, die das österreichische Namensrecht nicht kennt, etwa Vater­namen und so weiter. Das heißt, das Meldegesetz wird wirklich auf neue Beine gestellt und zukunftsträchtig gemacht.

Daher soll auch im lokalen Melderegister die Bezeichnung des Religions­bekenntnisses durch jene der gesetzlich anerkannten Kirchen- oder Religionsge­meinschaften ersetzt werden. Das heißt, es wird wirklich geschaut, dass die­ses Melderegister auf dem neuesten Stand ist.

Insgesamt beinhaltet die Novelle die Neugestaltung sämtlicher Anlagen zum Meldegesetz im Rahmen der Einführung alternativer Geschlechtsbezeich­nungen – es ist schon gesagt worden – mit „divers“, „inter“, „offen“ und „keine Angabe“. Durch den Abänderungsantrag, der eingebracht wird, wurde ein
Großteil unserer Zweifel beseitigt. Darum werden wir diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.46


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Abgeordneter David Stögmüller. – Bitte.


11.46.45

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind alle Politiker
und stellen gerne große, weltbewegende Vorhaben vor, die wir beschließen. Bei einem anderen Thema würde ich mich jetzt wahrscheinlich auch hier ans Rednerpult stellen und Ihnen allen erklären, wie groß und wie extrem wichtig diese Änderung des Meldegesetzes ist, welche weltbewegende Lösung
wir da gefunden haben, aber nicht heute. Wichtig ist diese Änderung schon, sehr wichtig sogar. Wir garantieren damit, dass trans- und intersexuelle Personen endlich auch im Melderegister als solche anerkannt werden und dement­sprechend den Respekt bekommen, den sie verdienen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist keine Frage von Politik oder Ideologie, das ist einfach eine Frage der Anerkennung und der Menschenwürde. Es geht darum, für Tausende österreichische Bürgerinnen und Bürger Klarheit und auch Sichtbarkeit zu schaffen.

Meine Damen und Herren, seien wir ehrlich: Eine solche Änderung sollte zumindest in meinen Augen absolute Routine sein. Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, das Personenstandsgesetz hat sich geändert, und nun
passen wir die wichtigen Formulare des Staates dem Personenstandsregister an. Für mich ist so eine kleine formale Änderung, noch dazu eine, die so vielen
der Vulnerabelsten unter uns das Leben dermaßen erleichtert, etwas, das ich mir von diesem Haus auch erwarte. (Beifall bei den Grünen.)

Ich sehe keinen Grund, wieso etwas so Selbstverständliches so hart erkämpft werden musste. Dabei richte ich mein Augenmerk besonders auf die Frak­tion, die sich hier ans Rednerpult stellt, Geschlechter und Personenstand ver­mischt und von der Thematik überhaupt keine Ahnung hat und wissen­schaftsfeindlich ist. Das hat sich nicht erst jetzt herausgestellt. Frau Kollegin, Sie sind selber Ärztin und wissen, was Intersexualität heißt. (Abg. Belakowitsch: Und was heißt divers und offen?) Nichtsdestotrotz: Kommen Sie end­lich im 21. Jahrhundert an! Die Kollegin hat es bereits gesagt: Kommen Sie im 21. Jahrhundert an! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie Angst vor dieser Personengruppe haben, dann will ich es Ihnen erklären (Abg. Belakowitsch: Nein, ich habe keine Angst davor! Eher vor eurer Ideo­logie der Gesellschaftszersetzung und -zerstörung!): Es geht nicht darum, dass man von Geschlecht zu Geschlecht wechseln kann, sondern es geht um Perso­nen, um Neugeborene, die intersexuell auf die Welt kommen und nicht einem Geschlecht zugeordnet werden können. Das kann nur anhand der Chro­mosomen bestimmt werden. Da kann man sich nicht einfach da oder dort eintragen lassen. Es muss ein ärztliches Attest eingebracht werden. Das ist eine wesentliche Hürde für viele Menschen. Darin muss die Intersexualität fest­gestellt werden. Da ist keine Willkür dabei oder sonst etwas, sondern es geht um Gerechtigkeit, um Menschenwürde. Da erwarten wir uns, dass das hier auch umgesetzt wird. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Realität, die Sie mit Ihrem Widerstand auch immer wieder schaffen, liebe FPÖ, bewirkt, dass noch immer viel zu viele LGBTIQ-Personen in Österreich regelmäßig Diskriminierung ausgesetzt werden, zum Teil auch Hass und Gewalt – viel zu viele. (Abg. Belakowitsch: Um das geht es da aber nicht! Da geht es ja
nicht um sexuelle Ausrichtung, da geht es um Geschlecht!)

Jetzt möchte ich auch an etwas erinnern: Letzte Nacht wurden in Bratislava wieder zwei Menschen vor einer Schwulenbar, vor einer LGBTIQ-Bar erschossen, eine Kellnerin wurde angeschossen, aufgrund von Homosexuellen­feindlichkeit und Homofeindlichkeit (Abg. Belakowitsch: Aber da geht es um was anderes!), und das ist tragisch. Das ist diese Gewalt, die geschürt wird, aber die es in Österreich nicht geben soll und nicht geben darf. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist zutiefst widerwärtig und abzulehnen, dass Menschen aufgrund ihrer Sexualität noch immer Hass und Gewalt ausge­setzt werden. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) Ihre Partei schürt diese leider. Sie helfen nicht, sondern Sie spalten.

Mit dieser Neugestaltung, Herr Minister, wird das Meldegesetz künftig vorsehen (Abg. Belakowitsch: Ihr zerstört die Gesellschaft, und die ÖVP ist mit dabei!), dass neben „männlich“ und „weiblich“ auch die Bezeichnungen „divers“, „inter“, „offen“ und „keine Angabe“ stehen – ein kleiner, aber wichtiger queerpolitischer
Schritt, mit dem wir die Politik wieder näher an die Lebensrealität und auch an die Menschen, an die Österreicherinnen und Österreicher heranrücken.

Ich darf mich jetzt noch kurz besonders auch bei der SPÖ und bei den NEOS, die heute auch bei diesem Beschluss mitgehen, bedanken. Ich glaube, das zeigt
auch wieder, dass gerade in der Community über die Parteigrenzen hinweg auch zusammengearbeitet wird. Diese Community gibt damit ein sichtbares Zei­chen, dass wir auch zusammenarbeiten, und ich finde es auch sehr wichtig, dass wir damit auch hier im Parlament zeigen, dass wir einen wichtigen Schritt für Gleichstellung, Anerkennung und Toleranz setzen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

11.51


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.


11.51.32

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Vielleicht wissen Sie jetzt nicht genau, worum es da wirklich geht, und vielleicht stellen Sie fest, dass Sie jetzt etwas verwirrt sind, weil es in Ihrer Welt Männer gibt, Frauen gibt und leider Gottes hin und wieder den seltenen Fall gibt, dass Kinder geboren werden, die eben,
so wie Kollege Stögmüller gesagt hat, nicht eindeutig zuordenbar sind (Abg. Stög­müller: ... Chromosomen bestimmt!) – der Anteil dieser Fälle liegt Gott sei Dank jedes Jahr im Promillebereich, und sie sind für die Familien eine enorme Belastung (Abg. Stögmüller: Sie werden nicht mehr gezwungen zu wählen!) –,
und weil Sie sich jetzt einem Meldezettel gegenübersehen, auf dem Sie dann an­kreuzen können: „männlich“ oder „weiblich“, dann eben inter für jene, denen das eben passiert (Abg. Voglauer – den Kopf schüttelnd – ... „passiert“ ...!), und dann gibt es aber noch: „divers“, „offen“, „keine Angabe“. Meine Damen und Herren, hier soll die Gesellschaft zerstört werden!

Kollegin Jachs von der ÖVP hat sich ja hierhergestellt und gesagt: Es gibt das Er­kenntnis des VfGH, und dieses besagt, dass es auch für jene Gruppe von Personen, die eben nicht eindeutig zuordenbar sind – das sind die ganz, ganz seltenen Fälle, bei denen es im Zuge der Embryonalentwicklung zu einer Fehlentwicklung kommt –, eine Möglichkeit geben muss. – So weit, so gut. Dann aber geht die ÖVP her und legt uns einen Meldezettel mit sechs Geschlech­tern vor. Das hat der VfGH nicht gefordert, meine Damen und Herren von der Ös­terreichischen Volkspartei! Sie gehen wieder in die Knie vor den ganzen
Linken. (Abg. Voglauer: ..., das hat etwas mit Biologie zu tun!) Das ist das, was Sie machen! Sie beteiligen sich an der Gesellschaftszersetzung und an der Gesellschaftszerstörung, indem Sie offensichtlich glauben, Sie können die Bio­logie umschreiben (Abg. Voglauer: Nein!), und das werden Sie nicht zusam­menbringen, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! (Beifall bei der FPÖ.)

Und Sie haben sich einmal als Familienpartei bezeichnet?! Herr Kollege Sieber – Sie sind Familiensprecher –, ja wie erklären Sie den Familien denn dann
(Abg. Loacker: Sie sind so konservativ, dass ...!), wie es jetzt kommen mag, dass es plötzlich sechs Geschlechter geben soll? Sie stoßen hier nämlich eine Tür auf. Ich weiß nicht: Wann haben wir die nächste Reform? Haben wir dann 23 Ge­schlechter, 590? – Ich weiß es nicht, Sie wissen es auch nicht. Sie machen
hier die Türe auf zu etwas, was Sie dann nicht mehr einfangen können, und das mache ich Ihnen von der Österreichischen Volkspartei zum Vorwurf. Sie
sind keine konservative Partei mehr, Sie gehen vor den Linken in die Knie! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Stögmüller: Die sind wenigstens schon im 21. Jahrhundert angekommen!) Sie machen linke Ideologie in dieser Bundesregierung, und ich fra­ge mich wirklich: Wie wollen Sie denn das Ihren Wählern erklären, dass es plötzlich so und so viele Geschlechter gibt? (Abg. Stögmüller: Die sind wenigstens schon angekommen im 21. Jahrhundert, halbwegs!)

Herr Kollege Stögmüller, Sie waren schon dran. Sie haben hier etwas Frappantes gemacht, Sie haben nämlich den Wahnsinn der Geschlechter vermengt und vermanscht mit sexueller Orientierung. Darum geht es hier aber gar nicht – und Verbrechen sind immer zu ahnden und sind immer zu verurteilen!

Was hier aber passiert und worum es hier geht, ist, die Gesellschaft kaputt zu machen, und da sind Sie von der Österreichischen Volkspartei vorne mit da­bei. Und das werden Sie Ihren Wählern erklären müssen, und das, Herr Kol­lege Sieber, erklären Sie bitte den österreichischen Familien draußen, dass sie es jetzt plötzlich mit sechs Geschlechtern zu tun haben! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Litschauer: Unfassbar! Unfassbar!)

11.54


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich diese Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung verlege ich wie vereinbart an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für innere Angelegenheiten.

11.55.083. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 2668/A(E) der Abgeordneten Nico Marchetti, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Mario Lindner, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Runder Tisch zu Hassverbrechen gegen LGBTIQ Personen (1708 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 2048/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend LGBTIQ-Feindlichkeit und Hassverbrechen stoppen
(1709 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 2183/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend entschiedenes Vorgehen zur Bekämpfung von LGBTIQ-feindli­cher Hasskriminalität (1710 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zu den Punkten 3 bis 5
der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte.


11.56.12

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Frau Präsidentin! (Die Rednerin senkt das Red­ner:innenpult ab, welches dabei gegen einen daneben stehenden Papierkorb stößt, was einen dumpfen Knall erzeugt, das Redner:innenpult in Erschütterung sowie die Rednerin in Schrecken versetzt. – Rufe: Hoppala! – Das war nur der Mist­kübel! Nichts passiert!) – Jetzt greifen schon die Pulte an! (Rufe: Ist etwas pas­siert? – Nein, das war der Mistkübel! – Die Rednerin blickt in Richtung des Papierkorbs.) – Wirklich? Okay. Hu! (Abg. Stögmüller: Das war eine Investition in die Landesverteidigung! – Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ
und Grünen.)


Präsidentin Doris Bures: Okay, ich starte Ihre Redezeit jetzt neu. Alles gut.


Abgeordnete Nurten Yılmaz (fortsetzend): Sehr geehrter Herr Bundesminister! (Ruf bei der FPÖ: Der Innenminister hat sofort geschaut! Der Innenminister hat schon zum ... gegriffen! – Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.) Sie wären eh gleich
da, ja, ja. (Ruf bei der FPÖ: Er war es nicht!)

Werte Frau Kollegin Belakowitsch! LGBTIQ-Personen, die LGBTIQ-Community beziehungsweise deren Unterstützerinnen und Unterstützer sind nicht
per se links. Glauben Sie es mir! Es gibt auch Personen in den Reihen der FPÖ, die dieser Community angehören. (Abg. Belakowitsch: Darüber haben wir ja
nicht geredet heute! Frau Kollegin, darüber habe ich gar nicht gesprochen, sondern über die Geschlechter!)
Weil Sie da von links und von in die Knie gehen sprechen: Sie haben da so ein Schachteldenken. Kommen Sie aus diesem raus! Vielleicht kann man dann auch besser miteinander über die Probleme, die wir haben, diskutieren. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier einen Vierparteienantrag, einen Entschließungsantrag, der auch von uns unterstützt wird, dass das Justizmi­nisterium und das Innenministerium mit Betroffenen, Beratungsstellen, der Com­munity und Expert:innen einen runden Tisch einrichten sollen, wo über die Probleme, über Hassverbrechen gegen LGBTIQ-Personen gesprochen werden soll. – So weit, so gut. (Abg. Hafenecker: Da kommt alle Jahre ein neuer Buch­stabe dazu, das kann man schon bald nicht mehr aussprechen!) – Bitte? (Abg. Hafen­ecker: Da kommt alle Jahre ein neuer Buchstabe dazu, das kann man schon bald nicht mehr sagen!) – Ja, ist gut. Ja, Sie werden es überleben. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Wir werden das unterstützen, das wird eingerichtet werden. – Das ist das eine.

Das Zweite ist: In diesem Ausschuss hat mein Kollege Mario Lindner auch zwei Entschließungsanträge eingebracht (Abg. Belakowitsch: Die sind aber vertagt worden!), einen betreffend „LGBTIQ-Feindlichkeit und Hassverbrechen stoppen“ (Abg. Belakowitsch: Die sind vertagt worden!) und einen Entschließungsantrag
zu „entschiedenes Vorgehen zur Bekämpfung von LGBTIQ-feindlicher Hasskri­minalität“. Diese beiden Anträge von meinem Kollegen Mario Lindner wur­den abgelehnt, und zwar mit der Begründung: weil wir jetzt einen Arbeitskreis einrichten und uns dessen Vorschläge anschauen. (Ruf: Genau!)

Ich gehe davon aus, dass die ÖVP nicht zu mehr bereit war. (Abg. Belakowitsch: Ach, die ist schon so weit, die ÖVP, ...!) Deswegen haben wir gesagt: Okay, machen wir es!, aber, Herr Bundesminister, Ihr Ministerium hat im Sommer 2021
einen Projektauftrag für eine Untersuchung zum Thema Hatecrime in Österreich gegeben, und auf diesen 168 Seiten stehen so viele Sachen, die man jetzt
schon umsetzen kann!

Und zum Entschließungsantrag: Was ist ein Entschließungsantrag? – Ein Bekenntnis dazu, dass man willens ist, etwas zu unternehmen. Ich gehe jetzt davon aus – ich weiß nicht, wie ihr dazu steht –, die ÖVP und die Regie­rungspartei der Grünen sind nicht wirklich entschlossen, etwas zu tun. (Ruf bei den Grünen: Hallo!)

Einen Arbeitskreis kann man immer einrichten. Es gibt aber eine Studie des In­nenministeriums, die unter anderem auch empfiehlt, mit der Umsetzung dessen, was drinsteht, schon zu beginnen. – Sie lehnen es ab.

Übrigens (die Anträge in die Höhe haltend): Diese beiden Anträge wurden wortgleich auch im Gleichbehandlungsausschuss eingebracht. Dort wurden sie vertagt. Warum? Im Innenausschuss wurden sie abgelehnt. – Es hat parallel stattgefunden, und die Herrschaften konnten sich wahrscheinlich nicht absprechen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.00


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nico Marchetti. – Bitte.


12.00.34

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann das gleich aufklären, Frau Kollegin Yılmaz, es ist ganz logisch: Wir haben den Antrag, den wir heute hier behandeln, eben
im Innenausschuss gehabt und gesagt, dass wir genau die Punkte, die in Diskus­sion waren, eben bei diesem runden Tisch gemeinsam im Innenministerium mit dem Minister besprechen. Je nach dem, was da rauskommt, können Sie im Gleichbehandlungsausschuss, in dem die Debatte vertagt wurde, dann ent­scheiden, ob diese Vorschläge ausreichend sind oder nicht, und die Debatte dort weiterführen. Ich finde es also eigentlich eine recht schlüssige Vorgangsweise.

Kommen wir aber zum jetzigen Antrag: Das Thema Hassverbrechen ist kein neu­es, es hat dazu ja auch schon Aktivitäten im Innenministerium gegeben. Es hat eine Schulungsoffensive für Exekutivbeamte gegeben, die einerseits durch eine hohe Beteiligung und Teilnehmerzahl und auch durch gute Rückmel­dungen aufgefallen ist. Ich glaube, das war ein erster Erfolg.

Seit November 2020 – auch eine Maßnahme dieser Bundesregierung – werden Hassverbrechen gegen LGBTIQ-Personen auch statistisch erfasst.

Diese zwei wichtigen Schritte sind passiert. Das sind Fakten, die wir geschaffen haben, und das kann man an dieser Stelle auch durchaus einmal erwähnen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Dass man sich jetzt, zwei Jahre nachdem diese Tatbestände statistisch erfasst werden, auch mit den Experten aus der Zivilgesellschaft hinsetzt und sagt: Okay, wir haben jetzt eine Evidenz, wir haben jetzt eine Grundlage, wir haben die Fakten, jetzt schauen wir uns die gemeinsam an, beraten über nächste Schritte!, halte ich nicht für einen abwertenden Arbeitskreis, sondern ganz im Ge­genteil für eine sehr sinnvolle Vorgehensweise.

Ich möchte auch noch ein bisschen darauf eingehen, was die Kollegin über Schachteldenken gesagt hat. Ich glaube, wir dürfen jetzt nicht glauben,
wir machen als Politik jetzt die Maßnahmen X und Y und es gäbe dann keine Hassverbrechen mehr. Hassverbrechen sind nämlich ein gesamtgesellschaftliches Problem, das immer aufgrund von Verwerfungen in der Gesellschaft entsteht. Ich glaube, dieses Schachteldenken ist tatsächlich ein Problem, aber das gibt es eben auf mehreren Seiten.

Es wird immer gesagt, man soll tolerant gegenüber anderen Lebensmodellen sein. Das sagen aber immer die, die dann gleichzeitig auch immer über konservative Lebensmodelle schimpfen, über gläubige Menschen, über Leute, die konservative Wertevorstellungen haben. Da hört sich die Toleranz
dann immer auf. Ich glaube, bei diesem Schachteldenken, das Sie (in Richtung SPÖ) kritisieren, sind Sie ganz vorne mit dabei. Ich bin der Meinung, das
ist in jede Richtung falsch, und jeder sollte so leben können, wie er oder sie möchte. (Beifall bei der ÖVP.)

12.03


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.


12.03.18

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie! 11. Juni 2022: Teilnehmer:innen der Regenbogenparade werden
von einer Bande Jugendlicher attackiert. David Karner, Chef der Mango Bar und der Sportsauna, versucht, ihnen zu helfen, und wird dabei selbst brutal ver­prügelt. (Abg. Hafenecker: Das waren ... Jugendliche aus Favoriten!)

25. Juni 2022: Ein Transmädchen wird am Rande der Linzer Pride von einer Gruppe Jugendlicher krankenhausreif geschlagen. (Abg. Hafenecker: Das waren wahrscheinlich Afghanen!) „Mein Kind wurde heftig gebissen und getreten,
ihr Oberteil hochgerissen. Sie schlug dabei auch mit dem Kopf auf den Gehsteig. Fünf Burschen sollen auf ihr gesessen sein. Und diejenigen, die nicht an der Schlägerei beteiligt waren, filmten mit ihren Smartphones mit“, berichtet die Mut­ter des Mädchens damals der „Kronen Zeitung“.

Wir alle kennen solche Geschichten, und trotzdem werden die wenigsten Fälle angezeigt, und noch weniger Fälle führen zu einer Verurteilung der Ge­walttäter:innen. Es ist ein Faktum, dass LGBTIQ-Personen auch im Jahr 2022 in Österreich noch immer in Angst leben, in Angst vor Beschimpfungen, in Angst vor Bedrängungen, in Angst vor physischer Gewalt – und im Extremfall en­det diese Gewalt mit Tod, mit Totschlag eines Kindes, eines Partners, einer Schwes­ter, einer geliebten Person.

Wir Grüne arbeiten gemeinsam mit der Community seit Jahren an der statistischen Erfassung von Hassverbrechen an LGBTIQ-Personen, und seit November 2020 scheinen diese Hassverbrechen endlich auch in der Kriminalstatistik und im Nationalen Sicherheitsbericht auf. So wird das Problem erstmals quantitativ greifbar gemacht, und das war wirklich ein wichtiger
Schritt. (Beifall bei den Grünen.)

Ein nächster wichtiger Schritt war die Einführung von Schulungsprogrammen für Polizeibeamt:innen und auch für Asylrechtsberater:innen. Das war eine lang­jährige Forderung der Community, die damit auch umgesetzt ist.

Klar ist aber auch, es braucht weitere Maßnahmen. Um definieren zu können, welche weiteren Maßnahmen notwendig sind, haben wir – es wurde jetzt schon erwähnt – im Innenausschuss einen Entschließungsantrag betreffend
„Runder Tisch zu Hassverbrechen gegen LGBTIQ Personen“ eingebracht, der einstimmig angenommen worden ist. Ich möchte mich auch ausdrücklich bei allen Fraktionen für ihre Zustimmung zu diesem Antrag bedanken. Dass jetzt in der nächsten Runde dieser runde Tisch auch stattfinden kann, war uns Grünen ein großes Anliegen.

Die statistische Erfassung dieser Hassverbrechen war, wie gesagt, ein wichtiger erster Schritt, aber klar ist auch: Es darf nicht der letzte Schritt bleiben. Ein nationaler Aktionsplan, Kolleg:innen von der SPÖ, wäre durchaus in unserem Sin­ne, und vielleicht steht der auch am Ende dieser ergebnisoffenen Beratungen. Wichtig ist aber, dass das Thema jetzt überhaupt einmal angegangen wird, dass es auf den Tisch kommt, dass darüber geredet wird, und zwar dort, wo Ent­scheidungen fallen, nämlich auch mit den Betroffenen und nicht über sie. Das tun wir jetzt. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Ottenschläger und Scharzenberger.)

Auf politischer Ebene wird es am Innenminister und auch an der Justizministerin liegen, diesen runden Tisch rasch einzuberufen, die Vorschläge und die Rückmeldungen der Stakeholder:innen dort auch entsprechend aufzugreifen und Maßnahmen umzusetzen, damit wir endlich dieser verachtenswerten Gewalt gegen LGBTIQ-Personen ein Ende setzen können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Scharzenberger.)

12.06


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.


12.06.41

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Vielleicht zuerst noch eine Bemerkung zu Kollegen Amesbauer und zu den Kolleginnen und Kollegen der FPÖ, die sich zum
vorigen Tagesordnungspunkt, aber zu einem ähnlichen Themenkomplex zu Wort gemeldet haben. Ich möchte das einfach hier einmal so sagen, wie es ist,
weil das, glaube ich, sehr viele in diesem Raum empfunden haben: Das Motiv Ih­rer Rede war schlicht und einfach niederträchtig. (Beifall bei NEOS
und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Zanger. – Abg. Hafenecker: ... niederträchtig!)

Das war es, weil Sie es besser wissen, weil Sie wissen, dass das, was Sie
hier reden, nur Menschen verletzt. Sie machen das aus rein parteitaktischem Kal­kül, und das finde ich wirklich letztklassig. (Abg. Kassegger: Kannst du jetzt einmal ein Sachargument auch vorbringen, außer Beschimpfungen, Herr Kollege? Ein Sachargument?)

Ich möchte jetzt unter diesen Tagesordnungspunkten zum Thema Hassverbre­chen gegen LGBTIQ-Personen sprechen. (Zwischenruf des Abg. Zanger.) Übrigens: Hass auf der Straße hat immer woanders eine Wurzel, nämlich in Worten. Das sollten Sie sich vielleicht auch überlegen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Hafenecker: In den Herkunftsländern der Täter! – Ruf bei der FPÖ: Afghanistan zum Beispiel!)

Wenn wir über Hassverbrechen sprechen, müssen wir sagen, die Zahlen steigen. Sie steigen seit zwei, drei Jahren, nachdem sie eigentlich jahrelang gesunken
sind. (Abg. Belakowitsch: Ja, seit 2015 vor allem!) – Frau Belakowitsch, bitte! Wir hören uns hier den ganzen Tag sehr viele Ihrer Reden an. Vielleicht schaffen
Sie es, auch einfach einmal zuzuhören und nicht immer dazwischenzurufen. (Abg. Hafenecker: Das ist lebendiger Parlamentarismus!) Wissen Sie, eine der häu­figsten Nachrichten, die ich auf Social Media während meiner Reden bekomme, ist, warum Frau Belakowitsch immer so reinbrüllen muss. Ich verstehe das nicht, vielleicht können Sie einfach einmal zuhören. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Zahlen steigen also seit Jahren. 10 Prozent der Mitglieder der LGBTIQ-Community haben in den letzten fünf Jahren einen physischen Übergriff erleben müssen – 10 Prozent, jede zehnte Person. (Zwischenruf der Abg. Belako­witsch.) 40 Prozent erleben Diskriminierung im Arbeitsleben, und 60 Prozent der schwulen und lesbischen Pärchen trauen sich aus Angst vor Übergriffen nicht, in der Öffentlichkeit Händchen zu halten. Das sind die Zahlen der Europäi­schen Grundrechteagentur. Auch die Kriminalstatistik weist aus, dass die einschlägig motivierten Hassverbrechen, nämlich Verhetzung, Körperverletzun­gen, Sachbeschädigungen, in den letzten Jahren zugenommen haben.

Wir müssen also die Gründe bekämpfen, die zu diesen Hassverbrechen führen, und die sind vielfältig. Auf der einen Seite sind sie seit einigen Jahren im­mer stärker aus dem rechten, aus dem identitären Umfeld zu beobachten, wobei auch Kundgebungen rund um die Regenbogenparade gestört werden. Weil es immer wieder totgeschwiegen wird, möchte ich schon auch sagen, dass wir auch im migrantischen Bereich immer stärkere Probleme haben. Die müssen
wir auch adressieren und bekämpfen. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Homophobie zu bekämpfen heißt, sie umfassend zu bekämpfen. Bei allem Respekt, Herr Minister, da wird ein runder Tisch allein nicht ausreichen, aber in Gleichstellungsfragen ist die Erwartungshaltung an die türkis-grüne Regie­rung leider nicht so groß, deswegen werden wir uns natürlich bei diesem runden Tisch einbringen.

Was es bräuchte, wäre, diese unzähligen Anträge, die die SPÖ und auch wir im Ausschuss eingebracht haben, umzusetzen, Sensibilisierungsarbeit bei der
Polizei wirklich und nicht nur placebohalber zu verstärken. Wir müssten in Schu­len gehen, in Brennpunktschulen, wir müssten die Burschenarbeit in be­stimmten Milieus forcieren. Wir bringen uns bei diesem runden Tisch natürlich ein, er allein wird aber nicht reichen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeord­neten der SPÖ sowie des Abg. Stögmüller.)

12.09


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt verlege ich wie vereinbart an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für innere Angelegenheiten.

12.10.116. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 2815/A(E) der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres (1711 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen sogleich zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Reinhold Einwallner. – Bitte.


12.10.39

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Wie eingeführt behandeln
wir jetzt einen Misstrauensantrag der Freiheitlichen Partei gegen den Innenmi­nister. Herr Bundesminister, ich lüfte jetzt kein großes Geheimnis, wenn ich sage, dass wir mit Ihrer Amtsführung auch nicht zufrieden sind.

Im Antrag begründet die FPÖ ihr Misstrauen hauptsächlich mit Ihrer sehr, sehr mangelhaften Beantwortung von parlamentarischen Anfragen. Ich teile diese Kritik. Ich teile diese Kritik, weil die Anfragebeantwortungen aus Ihrem Ressort wirklich unterstes Niveau sind. Sie untergraben da ein zentrales Recht von
uns Abgeordneten und des Parlaments – das Anfragerecht, das Interpellations­recht ist ein zentrales Instrument der Parlamentarier zur Kontrolle. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Das ist aber nicht allein der Grund, warum wir Ihnen misstrauen, das fußt breiter. Man sieht es nicht nur bei den Anfragebeantwortungen, man sieht es ja auch daran, wie Sie in den Debatten hier im Plenum, aber auch in den Ausschüssen sind: Sie scheuen ganz offensichtlich den Diskurs mit uns Abgeordneten,
und das ist nicht gut. Das ist nicht gut für dieses Haus und es tut generell dem Parlament nicht gut. Und das ist nicht der alleinige Kritikpunkt, den wir an
Ihrer Amtsführung haben.

Meine Damen und Herren! Das Innenministerium erlebte in den letzten Jahrzehnten unter einer ÖVP-Herrschaft eine Situation, die unvergleichlich ist. Die Personalpolitik, die Sie betreiben, die parteipolitisch motivierte Perso­nalpolitik, führt zu einer Demotivation der Kolleginnen und Kollegen im Innen­ministerium, die unerträglich ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scharzenberger: Das ist ein falscher Vorhalt!)

Da geht es nicht nur um Spitzenpositionen – jene des Bundespolizeidirektors, die Sie natürlich einem ÖVP-Freund aus Niederösterreich zuschanzen –, das zieht sich runter bis in die kleinste Polizeiinspektion, und das ist das Traurige und das Bedenkliche. Das demotiviert, weil die Menschen, die Kolleginnen und Kollegen sehen, dass offenbar nicht die Qualität der Arbeit entscheidet, son­dern nur das Parteibuch. Das ist leider eine Politik, die unter Ihrer Amts­führung fortgeführt wird.

Eigentlich könnte man sich, wenn man sich die Innenminister der letzten 20 Jahre so anschaut, ja denken, dass es gar nicht so schwer wäre, einen guten Eindruck als Innenminister zu machen; nach Strasser, Platter, Kickl und
Sobotka wäre es ja eigentlich gar nicht so schwer, als Innenminister gut zu wir­ken. Sie schaffen es leider, dieses Niveau noch zu unterschreiten, und
deswegen unterstützen wir diesen Antrag. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

12.13


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Christian Stocker ist jetzt zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.13.42

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Innenminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sie diese Sitzung hier im Saal beziehungsweise von zu Hause aus verfolgen! Ein Misstrauensantrag ist gemeinsam mit einer Ministeranklage das schärfste Instrument, das ein Parla­ment hat, und im Falle dessen, dass ein Misstrauensantrag eine Mehrheit findet, führt er dazu, dass der Innenminister seine Funktion und seine Verant­wortung damit auch los ist.

Wenn ich mir ansehe, wie dieser Antrag begründet wird, dann finde ich hier auch sehr starke Worte, nämlich: „Auskunftsverweigerung und Vertuschung“. Beides findet man dann in der Begründung gar nicht mehr gerechtfertigt. Was ist der Grund für diesen Misstrauensantrag? – Die Unzufriedenheit mit einer Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage aus diesem Haus, weil die poli­zeiliche Kriminalstatistik nicht quartalsmäßig, nicht halbjährlich, sondern jähr­lich veröffentlicht wird. Und dann weiß man auch, dass in diesem Antrag außer heißer Luft nichts drinnen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehen wir uns jetzt einmal an, wie viele parlamentarische Anfragen in den rund zehn Monaten der Amtszeit unseres Innenministers gestellt worden sind!
Das sind sage und schreibe 521 parlamentarische Anfragen, davon 271 von der FPÖ und 131 von der SPÖ. Die sind alle beantwortet worden, und wenn
man damit nicht zufrieden ist, dann hat man hier im Haus die Möglichkeit, eine kurze Debatte darüber abzuführen und weitere Auskünfte zu verlangen.
(Abg. Belakowitsch: So viele Sitzungen haben wir gar nicht!) Das ist gängige parla­mentarische Praxis und alles andere als ein Grund für einen Misstrauens­antrag, durch den ein Innenminister, der alle diese Anfragen beantwortet hat, sein Amt verlieren soll.

Ein Wort noch zum Kollegen Einwallner, weil er von Personalbesetzungen im Innenministerium gesprochen hat: Also ich kann mich noch erinnern, weil
ich lange genug politisch aktiv bin, wie der letzte Innenminister der SPÖ aus dem Amt geschieden ist. Der letzte Innenminister der SPÖ ist so aus dem Amt geschieden, dass aus dem Innenministerium heraus die Arbeit des neuen Innen­ministers gar nicht möglich war (Abg. Haubner: Da war nichts mehr da!), weil die Personalpolitik von Ihnen dazu geführt hat – nach den Informationen, die ich habe –, dass die Steckdosen, die Anschlüsse für die Computer aus der Wand gerissen worden sind und der neue Innenminister, damals Ernst Strasser, seine Aufgabe von der Landespolizeidirektion Wien aus erfüllen musste. Das ist
Ihre Personalpolitik und das Ergebnis eines sozialdemokratischen Innenministers! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Wie der Herr Strasser geendet hat, das wissen wir auch! Darauf sind Sie vielleicht noch stolz, was der Herr Strasser angerich­tet hat?! – Abg. Haubner: Ich wäre da ein bisschen vorsichtig, Herr Kollege Leichtfried!)

Wenn Sie sich solche Sorgen machen, wie die Sicherheit in diesem Land von uns bewerkstelligt wird, dann darf ich Ihnen noch eines sagen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ: Vielleicht reden Sie einmal mit Ihrer Bundesvorsitzenden, die ja gemeint hat, wir haben gar keine Flüchtlings­krise! Wie geht es Ihnen denn damit, Herr Sicherheitssprecher der SPÖ, Herr Kollege Einwallner? Da hätten Sie Gesprächsbedarf! (Abg. Leichtfried: Wie kann man auf den Herrn Strasser stolz sein?)

Eines hat dieser Misstrauensantrag ganz eindeutig gezeigt: Es soll davon abgelenkt werden, dass der Rekord oder die hohe Zahl der Misstrauensanträge, die Herr Innenminister Kickl in seiner Amtszeit bekommen hat, das
Gewicht behält. Das können Sie jetzt mit vielen Misstrauensanträgen vielleicht egalisieren, aber eines werden Sie nicht egalisieren können: dass Ihr Innen­minister Kickl der schlechteste Innenminister dieser Republik war. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Widerspruch bei der FPÖ. – Abg. Bela­kowitsch: Der beste!)

12.17


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hannes Amesbauer. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Wie kann man da herausgehen und den Strasser loben? Ich glaube es nicht!)


12.17.42

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ja, Kollege Stocker, sensationell: Wenn man bedenkt, welche Nieten die ÖVP in den letzten zwei Jahrzehnten schon
im Innenministerium sitzen gehabt hat (He-Rufe bei der ÖVP – Abg. Hörl: Das ist unerhört!), und dann auch noch Ernst Strasser, den Häfnbruder, zu loben – das ist wirklich bemerkenswert, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Amesbauer, ich erteile Ihnen jetzt keinen Ordnungsruf, aber ich würde Sie ersuchen, sich im weiteren Verlauf
Ihrer Rede zu mäßigen, um die Würde und den Anstand des Hauses nicht zu ver­letzen. (Abg. Haubner: Da ist eine hohe Qualität in der Rede!)

Sie haben jetzt wieder das Wort.


Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (fortsetzend): Frau Präsidentin, ich werde mein Bestes geben. (Abg. Haubner: Ui, eine gefährliche Drohung!)

Ich werde jetzt meine Rede mit einem Zitat aus der Geschäftsordnung des Na­tionalrates, die ja unsere Arbeitsgrundlage darstellt, beginnen: „Der Natio­nalrat ist befugt, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, de­ren Mitglieder über alle“ – alle – „Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen.“

Diese Aussage ist eindeutig, unzweifelhaft, und Sie finden sie in § 90 der Geschäftsordnung des Nationalrates. Diese Befugnis fußt auf Artikel 52 der Ver­fassung und steht auch nicht zufällig im Verfassungsrang. Es ist eines der wichtigsten Rechte des Nationalrates als Kontrollorgan der Bundesregierung.

Ich habe Ihnen da ein Buch mitgebracht – also ich mache jetzt ein bissel auf Brandstätter (Ruf bei der ÖVP: Der hat sie aber vorher gelesen! – Heiterkeit bei der ÖVP), aber nicht nur Kollege Brandstätter liest Bücher –, und das Buch
heißt: „Die Interpellation. Das parlamentarische Kontrollrecht“, unter anderem verfasst von unserem ehemaligen Kollegen Noll. (Der Redner hält das ge­nannte Buch von Udo Szekulics und Alfred J. Noll in die Höhe.) Noll war jetzt nicht der große FPÖ-Freund, aber das ist ein sehr kluges Buch, das er hier ver­fasst hat, und da möchte ich aus dem Vorwort ein Zitat bringen: „Parlamentari­sche Anfragen und deren Beantwortungen sind nicht nur ein politisches Kontrollinstrument des Nationalrats gegenüber der Bundesregierung, sondern auch eine wichtige Informationsquelle der Öffentlichkeit über die Arbeit der Verwaltung.“

Na, was glauben Sie, wer das Vorwort in diesem Buch geschrieben hat? Wer hat das geschrieben? – Niemand Geringerer als der ehrwürdige Nationalratsprä­sident Wolfgang Sobotka, meine Damen und Herren.

Herr Innenminister, Sie könnten schon auch den Worten des Präsidenten Sobotka folgen und Ihre Beantwortungen ein bisserl verbessern, denn es ist sehr wohl ein Witz und eine Verhöhnung des Parlaments, wenn Sie uns hier zum Beispiel bei der Kriminalitätsstatistik – übrigens die Halbjahresstatistik, nicht die Quartalsstatistik – auf 1 750 sehr konkrete Fragen – 1 750 Einzelfragen! –
eine flapsige Antwort quasi vorsetzen, die so lautet:

„Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Experten aus der Wissenschaft
im Rahmen des Projektes ‚Kriminalstatistikneu‘ festgestellt haben, dass Aussagen über die Sicherheitslage und die Kriminalitätsbelastung aus quartalsmäßigen, halbjährlichen und monatlichen Zahlenwerten nicht möglich sind, weil daraus ge­zogene Schlüsse einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten“.

Das hat in einer Beantwortung nichts verloren! Uns interessiert die wissen­schaftliche Überprüfung nicht (Zwischenruf des Abg. Stocker), uns interessiert die Interpretation des Ministers nicht (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Stocker
wir wollen die Zahlen, Daten und Fakten, so wie es uns im Rahmen der Interpel­lation zusteht. Die Schlüsse daraus ziehen wir dann schon selbst. (Beifall bei der FPÖ.)

Und es geht ja weiter, diese Floskel zieht sich durch sehr viele Anfragebeantwor­tungen, auch zum Beispiel eine konkrete Anfrage eine Frau, die von fünf Afghanen mutmaßlich vergewaltigt und sexuell missbraucht wurde, betreffend, da steht nämlich die gleiche Floskel drin.

Oder eine andere interessante Geschichte, und zwar betreffend „Neuaus­schreibung von 26 Führungspositionen im BMI“ – und wir wissen ja, dass die Postenkorruption besonders im Innenministerium evident ist –: Dazu haben
wir gefragt: „Welche Personen der neuen Gruppen- bzw. Abteilungsleiter waren vorher einmal in einem Kabinett beschäftigt?“ – Die Antwort: „Drei Per­sonen waren in der Vergangenheit in einem Kabinett der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Inneres beschäftigt. Die Nennung von Details muss aus datenschutzrechtlichen Gründen unterbleiben.“
Ja, bitte, was soll denn das?

Das ist also neben dem, was Kollege Einwallner schon gesagt hat, auch neben Ihrem Totalversagen in der Asylkrise, neben dem, was die Postenkorruption be­trifft, ein Misstrauensantrag, den Sie sich wirklich redlich verdient haben. (Zwischenruf des Abg. Prinz.)

Zum Abschluss bringe ich noch einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket zur Deattraktivierung Österreichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Re­gierungsvorlage, die insbesondere folgende Maßnahmen zur Deattrakti­vierung Österreichs als Zielland für Wirtschaftsflüchtlinge und Scheinasylanten beinhaltet, zuzuleiten“.

Das sind 20 Punkte, unter anderem betreffend Push-backs und „Schaffung einer Staatszielbestimmung, wonach Österreich kein Einwanderungsland ist“ und
so weiter. 20 Punkte, Sie kennen sie alle, der Antrag wird auch verteilt. (Der Red­ner hält ein Schriftstück in die Höhe.)

*****

Wenn schon dieser Misstrauensantrag leider keine Mehrheit gefunden hat, dann haben Sie wenigstens die Schneid und lassen Sie den großen Worten des Innenministers in der Migrationspolitik endlich Taten folgen und fordern Sie ihn auf, hier endlich seiner Tätigkeit und seiner Aufgabe und Verantwortung
für Österreich nachzukommen! (Beifall bei der FPÖ.)

12.23

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Maßnahmenpaket zur Deattraktivierung Österreichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten

eingebracht im Zuge der Debatte über den TOP 6, Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 2815/A(E) der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens ge­genüber dem Bundesminister für Inneres (1711 d.B.), in der 179. Sitzung
des Nationalrates, XXVII. GP, am 13. Oktober 2022

Das Versagen des Bundesministers für Inneres ist nicht nur in seiner Verhaltensweise gegenüber dem Parlament im Zusammenhang mit dem Interpellationsrecht zu
sehen, sondern auch in seinem Versagen in der Migrationskrise.

Die vorläufigen Zahlen der Asylantragsstatistik sprechen für sich: Von Jänner bis August 2022 wurden 56.149 Asylanträge in Österreich gestellt. Das ist ein Plus von 195 Prozent gegenüber dem Jahr 2021. 90 Prozent davon sind Männer. Nebenbei: St. Pölten hat auch 56.000 Einwohner. Mit Ausnahme des Jahres 2015 gab es seit 1957 nicht mehr so viele Asylanträge. Von 2015 bis 2022 wurden fast 300.000 Asylanträge in Ö gestellt. Das Burgenland hat 293.000 Einwohner.

Wie die „Tiroler Tageszeitung“ online vom 23.8.2022 berichtete hat Österreich zwischen 2017 und 2021 im Vergleich zur Bevölkerung weltweit die meisten positiven Asylgenehmigungen zuerkannt.

Dem Vernehmen nach dürfte im September bereits die Marke von 60.000 Asyl­anträgen übertroffen worden sein. Das Ergebnis dieser katastrophalen Asyl- und Migrationspolitik bekommt die österreichische Bevölkerung unmittelbar zu spüren. Da der Minister nicht tätig wird, fordert die FPÖ, um eine merkliche
Entlastung für die österreichische Bevölkerung herbeizuführen, ein Maßnahmenpaket zur Deattraktivierung Österreichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regie­rungsvorlage, die insbesondere folgende Maßnahmen zur Deattraktivierung Öster­reichs als Zielland für Wirtschaftsflüchtlinge und Scheinasylanten beinhaltet, zuzuleiten:

1.    Asylstopp-Jetzt: Aussetzen der Asylanträge auf österreichischem Boden; Österreich hat genug geleistet. Die von BM Mikl-Leitner formulierte Obergrenze von 37.500 ist längst erreicht. Die Bundesregierung kann und muss eine „Notverordnung für eine Asyl-Obergrenze“ – die „Verordnung zur Aufrechterhal­tung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit während der Durchführung von Grenzkontrollen“ gemäß § 36 ff Asylgesetz er­lassen. Das Ziel muss NULL sein.

2.    Das Ermöglichen von „Pushbacks“: Keine Zulassung von Asylanträgen von Fremden, die aus einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz eingereist sind, zumal Österreich von sicheren Drittstaaten und von Ländern umgeben ist, die allesamt die Genfer Flüchtlingskonvention unterschrieben haben und Öster­reich somit nicht zuständig ist.

3.    Die Verschärfung des Strafrahmens des § 114 FPG „Schlepperei“, um den Anreiz für die Schlepper zu schmälern; Unterer Strafrahmen von mindestens 6 Mo­naten Freiheitsstrafe und entsprechende Erhöhung der bisherigen Obergrenzen.

4.    Die Bestrafung von „geschleppten“ illegalen Migranten als Beteiligte (§ 12 StGB) im Zusammenhang mit § 114 FPG „Schlepperei“ und die Behandlung aller Beteiligten als Täter im Sinne des § 12. Strafgesetzbuch. Somit soll der Geschleppte, der der Nutznießer der Schleppung ist, genauso bestraft werden, wie der Schlepper. Bisher ist im Fremdenpolizeigesetz der Geschleppte explizit von dieser Behandlung als Täter ausgenommen.

5.    Die Überführung der Verwaltungsstraftatbestände der rechtswidrigen Einreise und des rechtswidrigen Aufenthalts in § 120 FPG in das gerichtliche Straf­recht, somit eine Verschärfung und Angleichung an die neuen Strafbestimmun­gen des § 114 FPG, einhergehend mit einer Erhöhung des Strafrahmens, zumal bisher nur eine Geldstrafe und eine Ersatzfreiheitsstrafe vorgesehen sind. Künftig soll der Fremde vom Gericht mit einer Freiheitsstrafe von 6 Mona­ten bis zu zwei Jahren bestraft werden können.

6.    Die Einführung eines Delikts des „Asylbetrugs“ und von Maßnahmen gegen Asyl-Missbrauch: in jenen Fällen, in denen Asylwerber keine Asylgründe haben
oder im Asylverfahren lügen (Alter, Heimatland, Reiseroute, etc.), soll das Recht auf Asyl verwirkt sein und sind diese Personen abzuschieben. Damit soll die Einführung eines strafrechtlichen Delikts des „Asylbetrugs“ einhergehen, welches Freiheitsstrafen in jenen Fällen vorsieht, in denen der Fremde bereits Leis­tungen aus der Grundversorgung erhalten hat.

7.    Den sofortigen Abbruch der Asylverfahren von straffälligen Asylwerbern bei jeder Form einer Straftat, einhergehend mit der sofortigen Außerlandesbringung und
die Aberkennung des Asylstatus bzw. sonstiger Schutztitel.

8.    Die Schaffung einer „innerkontinentalen Fluchtalternative“ - Asyl darf es nur mehr auf dem Kontinent geben, von dem die Migranten stammen.

9.    Die Wiedereinführung von Ausreisezentren.

10. Die Schließung von Asylunterkünften in kleinen Gemeinden.

11. Die rechtliche Verunmöglichung an Asylanten die österreichische Staatsbürger­schaft zu verleihen.

12. Die Schaffung einer Staatszielbestimmung, wonach Österreich kein Einwan­derungsland ist.

13. Die a limine Zurückweisung von illegal eingereisten Fremden, die in einer Grenzgemeinde zu einem Nachbarstaat angetroffen werden.

14. Die restriktive Handhabung der sogenannten Familienzusammenführungen: kei­ne Familienzusammenführungen bei unbegleiteten Minderjährigen, sogenann­ten „Ankerkindern“, sowie für subsidiär Schutzberechtigte mehr.

15. Einen echten Grenzschutz statt die gegenwärtige Willkommenskultur, insbeson­dere durch die Errichtung technischer Sperren (Zäune) an der Grenze.

16. Die jährliche Überprüfung der Aktualität der Fluchtgründe von Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten.

17. Die Übernahme des dänischen Modells Asylzentren, in denen die Asylwerber die Bearbeitung ihres Asylantrages abzuwarten haben, in Drittländern in Afrika zu errichten.

18. Den Abschluss weiterer Rückübernahmeabkommen, wobei Zahlungen im Rah­men der sogenannten Entwicklungszusammenarbeit nur bei Erfüllung dieser Rückübernahmen geleistet werden sollen.

19. Die Einführung der obligatorischen Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber.

20. Die entscheidende Ablehnung des EU-Asyl- und Migrationspaktes, um Wirt­schaftsflüchtlinge nicht aktiv in die EU zu holen.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, wurde in den Grundzügen erläutert und steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Georg Bürstmayr. – Bitte.


12.23.40

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Irgendwie, glaube ich, wissen Sie von der FPÖ nicht, was Sie wollen. Wenn ein Minister nicht auf der Regierungsbank sitzt, verlangen Sie,
dass er ins Parlament kommt, und wenn er hier sitzt, fordern Sie ihn auf, wieder zu gehen. Ja, was denn nun? (Beifall bei den Grünen sowie Heiterkeit und
Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man das aber ein bisschen ernster nimmt, was Sie da beantragt haben, dann kann man festhalten: Ja, das Bundesministerium für Inneres ist nicht dafür bekannt, parlamentarische Anfragen besonders ausführlich zu beantworten, das wissen wir. (Abg. Loacker: Seit vielen Jahren!) Das trifft aber nicht erst auf
Herrn Innenminister Karner zu. Diese Kritik gab es auch schon an Anfragebeant­wortungen seines Vorgängers Nehammer und seines Vorvorgängers Pe­schorn. (Abg. Loacker: Schon bei der Mikl-Leitner!) Mit anderen Worten: Es sind nicht die Personen an der Spitze, es ist das Haus, es ist das Innenministe­rium selbst, dass es sich zur Gewohnheit gemacht hat, Anfragen aus dem Parla­ment, sagen wir so, etwas wortkarg zu beantworten. Auch wir Grüne kriti­sieren das, aber die Person an der Spitze, die ändert daran ganz offenbar nichts, und das wissen Sie.

Ihnen geht es auch gar nicht um die Person des Herrn Innenministers. Ihnen geht es darum, dass dieser Innenminister stellvertretend für seine Partei für eine Haltung steht, die sich zwar in vielen Punkten von unserer, der grünen Haltung, unterscheidet, aber in einem Punkt nicht (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch): Diese Regierung und beide Koalitionsparteien sind nicht bereit, Unionsrecht, Ver­fassungsrecht und Völkerrecht einfach außer Kraft zu setzen. (Ruf bei der
FPÖ: Ja dann tun Sie das!)
Diese Regierung besteht darauf, dass menschenrechtli­che Mindeststandards eingehalten werden, auch wenn das eine Herausfor­derung ist. Wir stehen gemeinsam dafür, dass kein Mensch an den österreichi­schen Grenzen in den Dreck gestoßen, mit Füßen getreten, gedemütigt und misshandelt werden darf, weil alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Für Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ, für Sie, Kollege Amesbauer, ist das anders. Woher ich das weiß? – Weil Sie, Kollege Amesbauer, in der
letzten Innenausschusssitzung, in der wir Ihren unsinnigen Misstrauensantrag schon abgewiesen haben, tatsächlich zu Protokoll genommen haben
wollten, dass Sie und Ihre Partei für Push-backs wären. (Abg. Belakowitsch: Ja eh!) Das wollten Sie ausdrücklich zu Protokoll genommen haben. (Abg. Ames­bauer: Das sagen wir eh oft!) Also genau das: dass Menschen getreten und über Grenzen geprügelt werden, als wären sie ein Stück Vieh. (Abg. Belakowitsch: Das haben wir nicht gesagt!) Push-backs sind ein Verstoß gegen das Völkerrecht, gegen das Unionsrecht, gegen die Menschenrechte und damit gegen unse­re Verfassung. All das ist Ihnen egal.
(Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Belako­witsch: Ihnen ist halt die Wahrheit egal! Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Dass Ihnen all das egal ist, wollten Sie in Ihrer – entschuldigen Sie, ich kann das nicht anders nennen – rechtspopulistischen Kraftmeierei zu Protokoll genom­men haben. (Abg. Ries: Ja!)

Ja, wir Grüne und die Volkspartei haben in vielen Dingen unterschiedliche ideologische Ansätze und Ansichten, aber darüber sind wir uns einig – hoffentlich auch mit zwei weiteren Parteien in diesem Haus –: dass alle Men­schen gleich sind und dass die Menschenwürde unantastbar ist – und das stört Sie an diesem Minister, stellvertretend für diese Bundesregierung und diese Koalition. Das ist der Grund, warum wir Ihren Misstrauensantrag abgelehnt haben und warum wir das hier Plenum bestätigen werden. – Danke fürs Zuhö­ren. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

12.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Maximilian Köllner. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Der Bürgermeister der Herzen!)


12.27.47

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Innenmi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch kurz zum Kolle­gen Stocker: Ich muss Ihnen grundsätzlich recht geben. Mit dem Instrument des Misstrauensantrages muss man sorgsam umgehen, aber das Traurige ist, dass der gegen den Innenminister gerichtete Misstrauensantrag nicht nur be­rechtigt ist, er ist auch nicht der erste, der sich gegen ein Mitglied dieser
türkis-schwarz-grünen Bundesregierung in dieser Periode richtet. Das ist das eigentlich Traurige an dieser Geschichte.

Der Misstrauensantrag ist deswegen berechtigt, weil es nicht sein kann, dass in einer Demokratie das parlamentarische Fragerecht der Opposition derart missachtet wird, wie es schon häufig in dieser Gesetzgebungsperiode, in dieser Regierungskoalition vorgekommen ist. Die Opposition hat schon oft die stiefmütterliche und mangelhafte Beantwortung der parlamentarischen Anfra­gen kritisiert, und zwar bei unterschiedlichen Ministern. Sie reihen sich nun in die Riege jener Regierungsmitglieder ein, die die politische Bühne teil­weise bereits verlassen mussten, weil sie eben ihren Aufgaben nicht nachkommen.

Ich frage mich schon, warum Sie diese Zahlen zur Kriminalitätsstatistik nicht ein­fach auf den Tisch legen, aber abgesehen von dieser nicht akzeptablen Aus­kunftsverweigerung steht Ihnen in Ihrem Ressort auch aus anderen Gründen das Wasser bis zum Hals. Sie und Ihre Vorgänger haben weder die Balkanroute noch die Mittelmeerroute oder eine andere Route geschlossen, noch haben Sie EU-weit eine akzeptable und funktionierende Lösung an den europäischen Außengrenzen erwirken können. Das Einzige, was Sie vonseiten der ÖVP seit 2015 gemacht haben, ist, dass Sie der Bevölkerung einen Bären aufge­bunden haben und damit einen Wahlkampf nach dem anderen bestritten haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wissen es genau. Was erleben wir seit Monaten an der burgenländisch-unga­rischen Grenze? (Abg. Hanger: Was hat deine Vorsitzende gesagt? – Abg. Lausch: Sein Vorsitzender ist der Doskozil!) – 3 000 Flüchtlinge pro Woche werden vor allem im Bezirk Neusiedl am See und Oberpullendorf aufgegriffen, die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich sogar noch deutlich höher. (Abg. Hanger: Frau Rendi-Wagner sagt was anderes! Zwischenrufe der Abgeordneten Höfinger und Ottenschläger.)

Das bedeutet natürlich einen enorm hohen Verwaltungsaufwand und ständigen Druck auf die Polizeidienststellen vor Ort. Die Leidtragenden aufgrund Ihres politischen Versagens sind also die Polizistinnen und Polizisten, für die Sie ja zu­ständig sind, die eben einer massiven Belastung ausgesetzt sind, von einem Bundesland ins nächste hin- und hergeschoben werden, aber keine wirkliche Un­terstützung, keine Aufstockung erhalten. (Zwischenruf des Abg. Prinz.)

Sie wissen es, wir haben ein eklatantes Rekrutierungs- und Aufnahmeproblem bei der Polizei. Wir haben mehr Abgänge als Zugänge, und wenn man be­denkt, dass die Babyboomerjahrgänge jetzt Schritt für Schritt in Pension gehen, dann, muss man ehrlich sagen, steht es nicht gut um die Zukunft der öster­reichischen Polizei. Herr Minister, wo ist eigentlich Ihr Plan, wie wir aus dieser Abwärtsspirale herauskommen, wie wir den Polizeiberuf wieder attraktiver machen können? Das würde mich interessieren.

Und ganz ehrlich: Wissen Sie, was das eigentlich wahre Problem ist? – Das wah­re Problem ist, dass das Innenressort – bis auf das kurze Gastspiel von Her­bert Kickl mit den Pferden – seit mehr als zwei Jahrzehnten in ÖVP-Hand ist. Das ist das Problem. Die ÖVP ist schon lange keine staatstragende Partei
mehr, die ÖVP ist zur Partei der Skandale und der politischen Instabilität gewor­den. (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Hallo?!)

Ich denke, es ist Zeit für einen Neustart. Österreich hat sich etwas Besseres ver­dient. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Wird noch 20 Jahre dauern!)

12.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Gahr. – Bitte.


12.31.39

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zuerst zum Kollegen Amesbauer: Ihre Worte – ich möchte sie nicht in den Mund nehmen – an den Herrn Bun­desminister und auch an den Bundesminister außer Dienst haben in diesem Haus wirklich nichts verloren, und aus meiner Sicht hätte es dafür einen Ordnungsruf geben müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Grünen.)

Meine Damen und Herren, es gibt keinen Grund zur Panik! Unser Bundes­minister steht in jedem Ausschuss bei aktuellen Aussprachen Rede und Antwort, er beantwortet parlamentarische Anfragen, bis zu 1 000 im Jahr, und es gibt auch das Instrument einer kurzen Debatte, in der unser Bundesminister jederzeit Auskunft gibt. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Wer mit Aussagen unzufrieden ist, dem sei eines gesagt: Die bisherige Kriminalitätsstatistik war durchaus in man­chen Bereichen wenig aussagekräftig. (Abg. Amesbauer: Um das geht es
nicht!)
Es braucht mehr Qualität, es braucht eine wissenschaftliche Prüfung (Abg. Belakowitsch: Seit wann?), und daher wurde sie von Experten, Frau Kolle­gin, neu aufgestellt. Zukünftig wird die Kriminalitätsstatistik aussagekräftig sein.

Worum geht es dabei? – Es geht um die Sicherheit in unserem Land, es geht um die Sicherheit der Bevölkerung, es geht um präventive Maßnahmen, es geht
um den Einsatz von Ressourcen, und unser Bundesminister mit seinem Kabinett und seinem Ministerium ist der Garant dafür, dass Österreich ein sicheres
Land ist und auch in Zukunft ein sicheres Land bleiben wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Amesbauer hat sich im Ausschuss selber disqualifiziert. Er hat betont, er will einzig und allein die Rohdaten. (Abg. Ries: Das steht uns auch zu!) Die
wird er dann selber interpretieren und seine Schlüsse daraus ziehen. (Abg. Ames­bauer: Das steht uns auch zu! Das steht uns zu! Er verweigert ja ...!) – Kollege Amesbauer, uns ist wesentlich wichtiger, dass Experten diese Dinge machen und nicht Sie die Schlüsse daraus ziehen und sich Ihre Meinung daraus bilden und hier skandalisieren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Diese Beantwortung der Anfrage betreffend die Kriminalitätsstatistik ist kein Grund, das Misstrauen gegenüber dem Herrn Bundesminister auszuspre­chen. Sie können hier jederzeit die gesamten parlamentarischen Instrumente in Anspruch nehmen, Herr Kollege Amesbauer. Wir vertrauen auf unseren Bundesminister, wir vertrauen auf diese Bundesregierung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.34


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Christian Hafenecker, Sie gelangen zu Wort, bitte.


12.34.17

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kollegen von der ÖVP! Lieber Kollege Gahr, Sie haben gesagt, wir können alle parlamentarischen Instrumente in Anspruch nehmen. Das tun wir auch, aber ihr gebt uns diesbezüglich nichts zurück. Wir bekommen keine Antworten, wir bekommen keine Informationen. Und das ist das Pro­blem, das ihr in Tirol habt: Ihr glaubt, euch gehört alles, euch gehört die Tiwag, euch gehört alles, euch gehören die Wohnbaugelder und so weiter und so
fort (Beifall bei der FPÖ – Abg. Gahr: Der Vergleich ist ja lächerlich!) – und dieser In­nenminister glaubt, dass ihm die Kriminalitätsstatistik gehört. Nein, das steht dem Parlament zu, sie gehört übermittelt, Punktum! Und wenn das nicht passiert, muss man das Vertrauen versagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte eines zum Kollegen Stocker sagen: Ich bin dem neuen Gene­ralsekretär der ÖVP für seine Ausführungen dankbar und dafür, dass er Herrn Strasser, der verurteilt war, der eine Fußfessel getragen hat, der im Ge­fängnis gesessen ist, explizit gelobt hat. Das muss man schon auch sagen: dass sich die ÖVP mit so einem Herrn bis zum heutigen Tag identifiziert, ist in­teressant und lässt tief blicken, Herr Kollege Stocker. (Abg. Lausch: Jawohl, so ist es!)

Wir wissen natürlich, dass der Herr Innenminister außer Dienst Strasser ein Zögling von niemandem Geringeren als Erwin Pröll gewesen ist. (Abg. Lausch: Ja­wohl!) Und ich sage Ihnen noch etwas: Wissen Sie, wer der Pressesprecher
von Herrn Strasser gewesen ist? – Das war derjenige, der jetzt als Innenminister hier zu meiner Rechten sitzt. Und wenn sich dieses Gedankengut in der
ÖVP Niederösterreich bis zum heutigen Tag erhalten hat, Herr Kollege Stocker, dann wissen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Kollege Strasser, Innenminister Strasser – Kollege würde ich nicht zu ihm sagen – war der Inbegriff des Postenschachers, er war der Inbegriff der Zerstö­rung der Exekutive. (Abg. Stocker: Das wart schon ihr!) Das System, von dem die ÖVP Niederösterreich im Innenministerium heute noch lebt, die Durchset­zung des Innenministeriums mit ÖVP-Parteisoldaten, hat ein Ernst Strasser begonnen. Wenn das der Mensch ist, auf den Sie Stein und Bein schwören, dann kennen wir uns aus und dann wissen wir auch, dass wir auf dem richtigen
Weg sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Vielleicht noch ein paar Worte zu Herrn Kollegen Bürstmayr, dessen Aussagen mir auch immer wieder gefallen: Also wenn Sie nicht so ein unglaublicher Doppelmoralist wären (Abg. Steinacker: „Unglaublicher Doppelmoralist“?!), dann hätten Sie als Grüner diesen Minister gar nicht zulassen dürfen. Er war immerhin der Verwalter eines Dollfuß-Museums. Diese ganze Sache ist schon ein bisschen faschistisch. Also wieso die Grünen so einen Minister mit­produziert haben, ist schon eine Frage für sich. Aber, Herr Bürstmayr, was die Asylanten betrifft, verstehe ich Sie, denn gerade Sie mit all Ihren Freun­den in diesem Asylvertretungskreis und so weiter und so fort und Ihre Rechts­anwaltscommunity leben ja recht gut von dieser ganzen Geschichte.

Vielleicht noch ein Wort zum Interpellationsrecht, um das noch einmal klarzu­machen, warum wir uns so ärgern: Wir stellen immer wieder Anfragen, die nicht einmal unzureichend, sondern einfach gar nicht beantwortet werden. Da hätte ich gerne gesehen, wie die Grünen früher mit so etwas umgegangen wären. Euer Vizekanzler Kogler hätte, bevor er in der Regierung war, die ÖVP zerrissen. Sogar Frau Maurer hätte wahrscheinlich ein paar Flugblätter von der Galerie hinuntergeworfen, weil sie sich so geärgert hätte. Aber was machen Sie? – Wir bekommen keine Antworten.

Beispiele dafür: Kollege Einwallner stellt eine wirklich detaillierte Anfrage zur Cobra-Libre-Affäre – Sie mauern, mauern, mauern, Herr Minister! Das wird sich auf die Dauer nicht ausgehen.

Wir würden gerne wissen, was die Soko Fama tatsächlich macht und warum sie politisch so agiert, wie sie agiert. – Sie mauern, mauern, mauern!

Wir wollen wissen, wie es mit den Rückschiebungen ausschaut. – Sie verschleiern, verschleiern, verschleiern, weil sie Ukrainer mit allen anderen ver­mischen und da wiederum nicht klar sagen können, was Sache ist.

Wir hätten gerne gewusst, was mit Beschaffungen und Postenschacher passiert. Daraufhin bekommen wir irgendeinen Kaszettel zurückgeschickt, auf dem wieder nichts draufsteht.

So geht das nicht, so funktioniert das Interpellationsrecht absolut nicht!

Was wir uns auch noch anschauen sollten: die ausgelagerten Betriebe wie die Bundesbeschaffungsgesellschaft, die Bundesforste, den Österreichischen Integrationsfonds – alles Dinge, zu denen wir gar nicht kommen. Von der Cofag möchte ich gar nicht reden.

Das heißt, meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Rechte als Parlamentarier sind dabei, von der ÖVP ausgehöhlt zu werden. Das ist der Grund dafür, dass wir der ÖVP das Vertrauen versagen, das ist der Grund dafür, Herr Bundesminister, dass wir Ihnen das Vertrauen versagen. Ich bitte um große Unterstützung des Antrages. (Beifall bei der FPÖ.)

12.38


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich würde jetzt zu den Abstimmungen überleiten, wenn die Fraktionen einverstanden sind? – Mir wird Zustimmung signalisiert. Dann gehe ich auch so vor.


12.38.48Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 2 bis 6

Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungs­punkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldege­setz geändert wird, in 1525 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Johanna Jachs, Reinhold Einwallner, David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Ab­änderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Jachs, Einwallner, Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend
die Einfügung der Ziffern 6a und 6b sowie die Änderung der Ziffer 16 und der Anlagen A und D eingebracht.

Wer sich hiefür ausspricht, den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes.

Ich ersuche um Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3, die dem Ausschussbericht 1708 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Runder Tisch zu Hass­verbrechen gegen LGBTIQ Personen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen. (267/E)

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Ausschusses für
innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1709 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für die Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1710 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für diese Kenntnisnahme aus? – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1711 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hannes Amesbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maß­nahmenpaket zur Deattraktivierung Österreichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten“.

Ich bitte jene, die dem Entschließungsantrag zustimmen, das zu bekunden. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

12.41.317. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2827/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden (Stromkostenzuschussgesetz – SKZG) (1727 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zu Punkt 7 unserer heutigen Tages­ordnung.

Ich begrüße Frau Bundesministerin Gewessler.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster erteile ich Frau Abgeordneter Karin Doppelbauer das Wort. – Bitte.


12.42.17

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Lassen Sie mich so beginnen: Es geht hier um den Stromkostenzuschuss, um das Stromkostenzuschussgesetz, das prinzipiell darauf ausgelegt ist, dass man sozusagen Menschen in schwierigen Situationen hilft. Das sehen wir auch alles. Das ist natürlich auch in unserem Sinne, dass vor allem Geringverdienern, einkommensschwachen Haushalten tatsächlich treffsicher geholfen wird.

Da hört es dann aber leider einfach schon auf, weil das Gesetz alles andere als treffsicher ist. Da wird wieder – und das haben wir heute schon mehrmals besprochen – die große Gießkanne ausgepackt und jeder kriegt etwas davon. So kann es einfach nicht mehr weitergehen! Wir haben es heute in der Budget­debatte gehört: Bis 2026 wird die Republik 400 Milliarden Euro Schulden haben, und deswegen müssen solche Maßnahmen, die mit der Gießkanne erfolgen, einfach kritischst hinterfragt werden. Unsere Stimme haben Sie für so etwas nicht. (Beifall bei den NEOS.)

Ich erkläre es auch ganz kurz, weil sich vielleicht nicht jeder so im Detail mit die­sem Gesetz auseinandergesetzt hat. Tatsächlich geht es darum, dass eine gewisse Strommenge subventioniert wird. Wie gesagt, für einkommensschwa­che Haushalte alles gut – natürlich –, aber ganz im Ernst: Meine Damen und Herren, wir wissen auch, dass die 50 einkommensstärksten Haushalte, das sagen E-Control und Statistik Austria, das auch bekommen. Sie hier in die­sem Saal werden es nicht brauchen, ich brauche es nicht. Wer es brauchen wür­de, wären alleinerziehende Mütter mit Kindern, da könnte man tatsächlich ein bisschen mehr geben, da könnte man mehr helfen, Menschen, die in der Woh­nung sitzen und höhere Kosten haben, denen könnte man mehr geben.
Der Unternehmer oder der Manager, der als Single in seiner Wohnung in Wien sitzt und normalerweise mit Gas heizt und sich jetzt einen Radiator zulegt oder mit der Klimaanlage heizt, weil es einfach billiger ist, braucht es nicht. Das meine ich mit Gießkanne. (Beifall bei den NEOS.)

Der zweite Punkt, der uns an diesem Gesetz fast noch mehr missfällt, ist, dass der Sparanreiz fehlt. Es wurde schon angesprochen: Bei jemandem, der zum Beispiel einen Nebenwohnsitz hat, würde dieser auch noch mitgefördert. Ich kenne eine Familie, die hat eine Eigentumswohnung in Wien, die hat ein Häuschen am Attersee, zählt also jetzt nicht unbedingt zu den Geringverdie­nern, und die kriegt zweimal diesen Zuschuss, der durch Steuergelder be­zahlt wird. Die kommen jetzt zweimal nicht über diese 2 900 Kilowattstunden im Jahr, das heißt, denen wird der gesamte Strom abgegolten. Noch einmal: Das regt einfach nicht zum Sparen an, das ist teuer und ist in diesem Fall völlig ineffizient. (Beifall bei den NEOS. – Ruf bei der ÖVP: Da gibt es klare Kriterien
dazu!)

Hätte man den Mindestrentnern mehr helfen können, hätte man den Geringverdienerinnen mehr helfen können? – Absolut, da bin ich wiederum bei Ihnen, da hätten wir auch tatsächlich mitgestimmt; aber mit der Gießkanne
über alle drüber, auch über die, die es nicht brauchen, und dann 2,7 Milliarden Euro einfach einmal so auszugeben, meine Damen und Herren, das kann es ja wohl wirklich nicht sein.

Noch einmal: Die aktuelle Energiekrise ist eine Krise der Knappheit. Es geht da­rum, ganz massive Sparanreize zu setzen. Das ist etwas, was in diesem Haus offenbar niemand mehr hören will. Sparen ist im Augenblick offenbar gar nicht en vogue, es ist aber das Gebot der Stunde. Mit diesen Gesetzen erreichen Sie das Gegenteil, deswegen sicher ohne unsere Stimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.45


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte.


12.46.00

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir sind einfach mit unglaublich hohen Stromkosten konfrontiert, die aufgrund einer Knappheit, nämlich
einer Gasknappheit, zustande kommen. Diese Gasknappheit gibt es nicht erst seit Beginn des Krieges. Wladimir Putin hat schon vor dem Krieg angefan­gen, seinen Krieg vorzubereiten und hat sozusagen am Gashahn gedreht und uns weniger Gas nach Europa geschickt, was dazu geführt hat, dass auch schon letztes Jahr die Gaspreise und damit auch die Strompreise gestiegen sind.

Wir haben dann Anfang des Jahres relativ schnell reagiert, haben Entlastungen durchgeführt, die sich auch auf der Stromrechnung wiedergefunden haben:
Entfall der Förderpauschale, Entfall des EAG-Förderbeitrags, Energieabgaben­senkung haben dazu geführt, dass die Stromrechnung geringer geworden ist.

Wir haben in den letzten Monaten gesehen, dass die Strompreise auf den europäischen Märkten verrückt gespielt haben. Wir haben Strompreise, die wir so noch nie gesehen haben. Das heißt, wir mussten handeln und wir mussten entschlossen und schnell handeln, und wir mussten Maßnahmen setzen, die auch bei den Leuten ankommen, ohne dass sie dazu führen, dass wir die Situation noch schlimmer machen, wie mit diversen Gaspreisdeckelmodellen oder mit der sofortigen Abschaffung der Meritorder, wie von der FPÖ gefordert, wo­durch wir wirklich ein schweres Problem hätten.

Wir werden heute die Stromkostenbremse beschließen, das ist eine Art Energiegrundsicherung für Haushalte im Strombereich, durch die jeder Haushalt einen Grundbedarf an Strom zu einem staatlich gestützten Preis zur Ver­fügung gestellt bekommt – einen Grundbedarf, wir alle brauchen Strom, jeder Haushalt braucht Strom. Sie wissen, es wird so sein, dass durch diese Stromkostenbremse die ersten 2 900 Kilowattstunden, das entspricht 80 Pro­zent des durchschnittlichen Haushaltsstromverbrauchs in Österreich, zu einem gestützten Preis von 10 Cent zur Verfügung gestellt werden.

Wir wissen – ich habe das hier aufbereitet (eine Tafel mit der Überschrift „Jährliche Stromkosten* Neukund:innen“ und zwei Säulendiagrammen auf das Redner:innen­pult stellend) –: Bei einem Preis für Neukunden von 35 Cent wird das zu mehr als einer Halbierung der Stromkosten für einen Haushalt im nächsten Jahr füh­ren – zu mehr als einer Halbierung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aus unserer Sicht ist das auch notwendig. Das ist eine sehr drastische Maßnahme – sie ist auch im Budget abgebildet; im Budget sind knapp 4 Milliar­den Euro dafür vorgesehen –, eine Maßnahme, die notwendig wird, weil die Stromkosten so stark gestiegen sind. Es wird, weil es auch größere Haushalte mit einem noch größeren Stromverbrauch gibt, für Haushalte über drei Personen die Möglichkeit geben, einen Antrag zu stellen, damit ihnen ein Zusatzkontingent bereitgestellt wird, und es wird – ganz wichtig – eine Stromkostenbremse plus für alle Menschen mit sehr wenig Einkommen geben. Die bekommen dann auch noch die gestützten Netztarife – 75 Prozent weniger –, das sind noch einmal 200 Euro. Das ist auf dem Taferl gar nicht abgebildet: also zusätzlich 200 Euro weniger auf der Stromrechnung. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wichtig ist – weil jetzt immer wieder gesagt wird, wir müssen schnell helfen –, das ist eine Maßnahme, die schnell hilft und die einfach in der Anwendung ist. Es ist so, dass die Haushalte keinen eigenen Antrag stellen müssen, sondern das
wird automatisch auf der Stromrechnung angeführt. Ein Antrag muss nur dann ge­stellt werden, wenn man ein Zusatzkontingent haben möchte. Es ist also un­kompliziert, schnell und wirklich eine Hilfe in dieser Zeit.

Weil auch immer wieder gesagt wird, wir müssen uns den europäischen Strommarkt anschauen: Natürlich müssen wir uns den anschauen. Die Frau Mi­nisterin kommt auch gerade aus Prag zurück, wo es genau darum ging. Ich möchte aber schon daran erinnern – gerade auch in Richtung SPÖ, weil ihr das auch immer wieder fordert –: Das sind nicht Dinge, die wir von heute auf morgen machen. (Abg. Kollross: Ihr könnt gar nichts von heute auf morgen machen! Ihr seid unfähig!) Das sind Dinge, die haben in ihrer Entwicklung Jahre ge­braucht, und es wird auch einige Zeit brauchen, um sie zu reformieren.

Wir können das nicht einfach abschaffen, dann ist es morgen dunkel in Europa, sondern wir müssen sehr behutsam, aber sehr schnell und sehr entschlos­sen vorgehen, deswegen: jetzt mit der Stromkostenbremse eine schnelle Hilfe für Haushalte und mittel- und langfristig natürlich eine Reform des europäi­schen Strommarktes so schnell wie möglich. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Die wichtigste Botschaft, die wir den Menschen mit dieser Stromkostenbremse geben: Nächstes Jahr braucht kein Haushalt Angst zu haben, dass einem die Stromkosten über den Kopf wachsen. (Ruf bei der SPÖ: Geh hör auf!) Diese Maß­nahme wird zu mehr als einer Halbierung der Stromkosten führen. Ich glaube, das ist eine sehr sinnvolle und schnelle Maßnahme, die dazu führen wird, dass sich Haushalte das Leben noch leisten können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.51


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Schroll. – Bitte.


12.51.16

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie! Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ja, nach monatelangem Abwehrkampf, Reaktionen der Bundesregierung haben Sie nun endlich und endgültig erkannt, dass die gestiegenen Stromkosten endlich abgemildert werden müssen.

Wir werden diesem Stromkostenzuschussgesetz heute deshalb zustimmen, weil es eine erste Maßnahme ist, dass den Leuten, den Österreicherinnen und Österreichern zu Hause geholfen wird, aber einmal mehr geht es nur um eine Symptomabmilderung, und es wird eigentlich das Problem nicht an der
Wurzel gepackt.

Abgesehen davon hat Ihre beziehungsweise eure Einmal- und Gutscheinpolitik jämmerlich versagt – deswegen jämmerlich versagt, weil es den Leuten
einfach nichts bringt; kurzfristig ja, aber nicht nachhaltig, nicht langfristig. (Zwi­schenruf des Abg. Weidinger.) – Kollege, ich werde noch darauf zu sprechen kommen, vielleicht kannst noch ein bissel – ganz kurz – zuhören.

Dieser Stromkostenzuschuss hat nur dann Sinn – das seht ihr jetzt auch daran, was Deutschland gemacht hat, die haben es sich angeschaut –, wenn es um den Gaspreis, die Gaspreisbremse, den Gaspreisdeckel geht. Genau das hätte Sinn und genau dann würde dieses Problem an der Wurzel gepackt werden.
Kollege Matznetter hat gestern hier in diesem Zeugenstand euren – von der damaligen Wirtschaftspartei ÖVP – Wirtschaftskammerpräsidenten
Mahrer quasi hier zum Pult herausgebeten.

Er ist natürlich nicht gekommen, aber ich würde heute gerne unseren Nationalratskollegen von der ÖVP (Abg. Weidinger: Herr Kollege, ... nicht zahlen!) – Kollege! –, seinen Generalsekretär, den geschätzten Nationalratskol­legen Karlheinz Kopf, herausbitten, denn gestern haben Sie nichts dazu gesagt. Vielleicht sagen Sie heute etwas dazu, dass genau euer Wirtschaftskammerpräsi­dent genau darauf aufmerksam macht, dass es ganz dringend notwendig ist, diese Gaspreisdeckel einzuführen (Beifall bei der SPÖ), um genau das zu erzielen: dass die Strompreise massiv hinuntergehen, nämlich nachhaltig, und nicht so, wie es du angesprochen hast, Lukas Hammer, dass das nur kurzfristig oder für ei­ne Zeit oder für nächstes Jahr ist. (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.) Nur
so kann man es langfristig machen.

Ich zitiere Herrn Mahrer von der Wirtschaftskammer: „Wenn Österreich bei Gas nichts macht, würde das Abertausende Arbeitsplätze kosten, das darf einfach nicht passieren.“ Daher: „Wenn es schon keine europäische Lösung gibt, dann wäre wenigstens eine Kopie des deutschen Modells eine Überlebenshilfe. Mahrer: ‚Das brauchen wir rasch und möglichst unbürokratisch.‘“ (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Generalsekretär Kopf, was sagen Sie dazu? Beziehungsweise: Sie ver­sprechen Ihren Mitgliedern vonseiten der Wirtschaftskammer etwas. Sie werden das wahrscheinlich für Ihren Präsidenten der Wirtschaftskammer umsetzen – und hier im Hohen Haus stimmen Sie dagegen, dass die Leute, die Öster­reicherinnen und Österreicher, langfristig und nachhaltig von den massiv, exor­bitant steigenden Energiekosten entlastet werden. Handeln Sie endlich! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.54


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte.


12.54.47

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ja, Herr Kollege Hammer – ich weiß nicht, ob er noch da ist –, mit den 4 Milliarden Euro, die Sie an Steuergeld in die
Hand nehmen, finanzieren Sie halt leider nur die Stromkonzerne und die Men­schen müssen sich diesen Stromkostenzuschuss wieder selber finanzieren,
und zwar über die Steuern.

Grundsätzlich werden wir dem Stromkostenzuschuss aber zustimmen, weil es zumindest einer Gruppe von Menschen, einer großen Gruppe von Haushalten in Österreich hilft. Es fallen aber trotzdem einige durch den Rost, und deshalb werde ich auch einen entsprechenden Antrag einbringen. (Abg. Disoski: Fallen „durch den Rost“? – Abg. Lukas Hammer: An eurer Sprache wird man euch
erkennen!)

Dieser Entschließungsantrag ist sehr umfangreich und deshalb, Frau Präsidentin, ersuche ich um dessen Verteilung. Ich werde ihn aber in den Grundzügen erläutern.

Es geht um „Kostenlawine stoppen – Entlastung für Österreich“. Ich habe das gestern in einem anderen Antrag schon sehr ausführlich vorgebracht, in dem wir zwölf Punkte gefordert haben, mithilfe derer wir nicht nur die Symptome behandeln, sondern eben auch an die Ursachen gehen müssen. Da hat Kollege Schroll schon recht: Wir müssen bei den Ursachen ansetzen.

In diesem Antrag geht es wie gesagt um eine „Steuersenkung auf Benzin und Diesel“; eine „Erhöhung des Pendlerpauschale“, die „CO2-Abgabe“ – in der jetzigen Situation ein „absoluter Schwachsinn“, wie es auch Herr Klubobmann Malle in Kärnten schreibt –; „Halbierung [...] der Mehrwertsteuer auf Gas
und Strom“; Einführung eines „Heizkostenzuschusses für bedürftige Personen“; „Inflationsanpassung“ beim Arbeitslosengeld, bei der Familienbeihilfe,
beim Pflegegeld; die Grundnahrungsmittel mit einem Preisdeckel versehen; „Lohnerhöhungen für Arbeitnehmer“; endlich einmal Lohnnebenkosten
senken; die Coronapolitik beenden, die nur Geld kostet und nichts bringt; „Auf­hebung aller Sanktionen gegen Russland“, die nur uns schaden und Russland weniger; und auf EU-Ebene endlich einmal die Schuldenpolitik ein­zudämmen.

Das wären einmal die zwölf ersten Punkte, und die ergänzen wir jetzt, um dieses Gesetz auch dahin gehend zu reparieren, dass nicht so viele durch den Rost fallen, mit einem „Stromkostenzuschuss auch für Haushalte, die über keinen ge­sonderten Stromlieferungsvertrag verfügen, aber dennoch die Stromkosten des Haushaltes zu tragen haben“, dann „Erhöhung des Grundkontingents gemäß Stromkostenzuschussgesetz für Menschen mit Behinderung, die auf stromintensive technische Assistenz angewiesen sind“, und – Punkt 15 – beson­dere „Berücksichtigung von Haushalten mit Wärmepumpen im Stromkos­tenzuschussgesetz“.

*****

Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

12.57

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm und wei­terer Abgeordneter

betreffend Kostenlawine stoppen – Entlastung für Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 7.) Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2827/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haus­haltskunden (Stromkostenzuschussgesetz – SKZG) (1727 d.B.) in der 179. Sitzung des Nationalrates am Donnerstag, dem 13. Oktober 2022

Österreich und seine Gesellschaft und Wirtschaft, von den Mindestpensionisten bis weit hinein in die Familien und den Mittelstand, stehen vor einer massiven Entwertung von Sparguthaben, Einkommen und Pensionsleistungen. Die Inflation steigt seit Jahresbeginn von Monat zu Monat. Und kein Ende ist in Sicht:

Inflation 2021:                      2,1 Prozent

Inflation Jänner 2022:          5,0 Prozent

Inflation Februar 2022:        5,9 Prozent

Inflation März 2022:             6,8 Prozent

Inflation April 2022:             7,2 Prozent

Inflation Mai 2022:               7,7 Prozent

Inflation Juni 2022:              8,7 Prozent

Inflation Juli 2022:                9,3 Prozent

Inflation August 2022:         9,3 Prozent

Inflation September:             10,5 Prozent

Somit hat sich die Inflation seit 2021 verfünffacht!

Trotzdem kommt die Regierung nicht in die Gänge und lässt in der Sozialpolitik, in der Wirtschaftspolitik, in der Energiepolitik sowie in der Außen- und EU-Politik
sämtliche nachhaltige Initiativen zu einer Wende für die teuerungsgeplagte Bevölke­rung vermissen. Bei der Pensionsanpassung werden für einen Großteil der heimi­schen Pensionisten nicht einmal 50 Prozent der aktuellen Geldentwertung abgedeckt. Man rettet sich mit Mini-Anpassungen und einem nicht nachvollziehbaren Sys­tem aus Einmalzahlungen, die erst im März 2023 an einen Teil der Anspruchsberech­tigen fließen sollen, propagandistisch in der veröffentlichen Meinung hinüber, ohne dass eine tatsächliche Entlastung bei den Betroffenen ankommt.

Nach langen Monaten der völligen Untätigkeit und nach zwei Mini-Paketen mit Maßnahmen, die einer Verhöhnung der teuerungsgeplagten Bürger gleichkommen, hat die schwarz-grüne Bundesregierung nun ein Anti-Teuerungs-Paket vorgelegt, das sie in ihrer notorischen Großmannssucht mit 28,6 Milliarden Euro beziffert hat. Tatsächlich zur Beschlussfassung vorgelegt wurde bislang nur jener Bruchteil, der „kurzfristig“ wirksam werden soll.

Ein Beispiel dafür ist etwa der geplante Stromkostenzuschusses für Haushalts-kundinnen und Haushaltskunden, der nunmehr im Stromkostenzuschuss­gesetz normiert werden soll.

Auch wenn es hier zu einer gewissen Entlastung der Stromkunden kommen soll, so offenbart dieses Gesetzes einmal mehr, dass man auch hier mit enormer Verspätung Symptombekämpfung betreibt und darüber hinaus einmal mehr eine Vielzahl an Haushalten, wie zum Beispiel viele Mieter, Heimbewohner etc., vom Bezug des Stromkostenzuschusses ausschließt. Denn einmal mehr bekommen wieder jene nichts, wo mehrere Haushalte nur einen Zählpunkt haben bzw. die Stromkosten über einen Subzähler abgelesen werden, wie dies auch in einer Stellung­nahme von Univ. Ass. Dr. Peter Denk (Institut für Finanzrecht / Rechtswis­senschaftliche Fakultät / Universität Wien) zum Gesetzesentwurf kritisiert wird:

Die Anknüpfung an Zählpunkte bzw. Stromlieferungsverträge) erscheint nachvollziehbar. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass in der Praxis durchaus auch Konstellationen bestehen, in denen mehrere (getrennte) Haushalte bloß über einen Zählpunkt und daher über keinen gesonderten Stromlieferungsvertrag ver­fügen.

Solche Konstellationen werden vom SKZG derzeit nicht erfasst.

Dazu kommt, dass die Stützung des Strompreises mit einem Jahresverbrauch von
2.900 Kilowattstunden gedeckelt ist, was dazu führt, dass insbesondere Menschen mit Behinderung, die stromintensive technische Assistenz benötigen, hier be­nachteiligt werden. Dies gilt auch für Haushalte, die ihre Energieversorgung auf Wärmpumpen umgestellt und dadurch einen stark erhöhten Stromverbrauch haben.

Geld verteilen in Gutsherrenmentalität statt sofortiger Entlastung

Hinzu kommt, dass die Regierung – in typischer ÖVP-Gutsherrenmentalität – das Geld erst dann verteilen will, wenn sie es den Bürgern längst weggenommen hat über die explodierenden Preise und die mit den Preisen explodierenden Steuereinnah­men. Den Menschen Unsummen an Steuern aus der einen Hosentasche herauszuzie­hen und ihnen dann kalt lächelnd ein paar Scheine als Almosen in die andere Ho­sentasche zu stecken und sich dafür auch noch untertänigsten Dank zu er­warten. – Das ist die Anti-Teuerungs-Politik dieser Regierung.

Das ist nicht nur bösartig, sondern es ist auch falsch. In der Analyse des Budget­dienstes des Parlaments wird die von der Regierung angegebene Summe für alle drei Pakete – 32,7 Milliarden Euro – wie folgt aufgeschlüsselt:

Der überwiegende Teil des Entlastungsvolumens betrifft mit 29,6 Mrd. EUR ein­kommensstärkende Maßnahmen, […] Maßnahmen zur Preisreduktion spielen mit einem Gesamtvolumen von 2,0 Mrd. EUR eine vergleichsweise geringe Rolle.

Keinerlei Anstrengung zur Senkung der explodierenden Preise

Man braucht kein volkswirtschaftliches Studium absolviert zu haben, um zu erkennen, dass die Politik der Regierung am Problem meilenweit vorbeigeht und somit grundfalsch ist. Denn die Ursache der massiven Inflation sind nicht niedrige Einkommen, sondern explodierende Preise. Dagegen müsste die Politik ankämpfen – und das geht am besten mit der Senkung oder Streichung von Steuern auf die­jenigen Produkte, die besonders betroffen sind: Lebensmittel, Energie und Treibstoffe.

Hier wäre dringend Verzicht zu üben durch die Politik: Verzicht auf die Inflations­gewinne, die bereits seit mehr als einem Jahr auf dem Konto des Finanzminis­ters landen. Damit wäre den Bürgern in der Sekunde geholfen. Das würden sie bei jedem Einkauf würden spüren und nicht zum ersten Mal in ein paar Monaten, wenn das erste der von den Bürgern zigfach schon selbst bezahlten Almosen auf ihren Konten ankommt.

Genau diese Steuersenkungen sind daher auch die Kernforderungen der freiheitlichen Petition zum Stopp der Kostenlawine, die in den letzten Monaten bereits von zehntausenden Bürgern unterstützt wurde. Diese Steuersenkungen und ein Ende der verhängnisvollen und preistreibenden Außenpolitik – sowohl im Ukraine-Konflikt
als auch in den Brüsseler EU-Institutionen, wo Österreichs Regierung widerstandslos mitmacht, wenn das Geld milliardenweise in die wirtschaftsschwachen Südstaaten verteilt und auch damit die Inflation weiter angeheizt wird.

Echte Entlastungsmaßnahmen dulden keinen Aufschub mehr!

Es ist daher nun dringend an der Zeit, dass diese Bundesregierung endlich von einer reinen Ankündigungspolitik Abstand nimmt und sofort wirksame Maßnahmen
zur Entlastung der Menschen auf den Weg bringt. Es muss mit allen Mitteln verhin­dert werden, dass Haushalte, Familien, Alleinerzieher, Pensionisten, Arbeitslose etc. mit geringen Einkommen Gefahr laufen, sich infolge der enormen Teuerungen das Leben nicht mehr leisten zu können und insbesondere aufgrund der gestiegenen Energiepreise ihre Strom- und Gasrechnungen nicht mehr zahlen zu können und in der Folge in ungeheizten Wohnungen zu sitzen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend Regierungs-vorlagen zuzuleiten bzw. die entsprechenden Maßnahmen zu setzen, die
die Umsetzung insbesondere nachstehender Forderungen im Sinne des Stopps der derzeitigen Kostenlawine zur Entlastung für Österreich sicherstellen:

1.    Sofortige massive Steuersenkung auf Benzin und Diesel durch Halbierung beziehungsweise bei weiteren Preisanstiegen völlige Streichung sowohl der Mehrwertsteuer als auch der Mineralölsteuer sowie die Festsetzung
eines Preisdeckels für diese Produkte

2.    Signifikante Erhöhung des Pendlerpauschale, um Arbeitnehmer zu unterstützen, die für den Weg zum Arbeitsplatz auf ihr Auto angewiesen sind

3.    Sofortige und endgültige Streichung der im Zuge der Steuerreform beschlossenen CO2-Abgabe, um einen weiteren Preisanstieg bei Treibstoffen zu verhindern

4.    Halbierung beziehungsweise bei weiteren Preisanstiegen völlige Streichung der Mehrwertsteuer auf Gas und Strom für Privathaushalte aber auch für kleine und mittlere Unternehmen sowie die Festsetzung eines Preisdeckels für diese Pro­dukte

5.    Einführung eines bundesweiten Heizkostenzuschusses für bedürftige Personen in der Höhe von mindestens 300 Euro pro Haushalt und Jahr

6.    Automatische Inflationsanpassung sämtlicher Versicherungs-, Familien- und Sozialleistungen, insbesondere der Pensionen, des Arbeitslosengeldes sowie der Familienbeihilfe und des Pflegegeldes

7.    Zusammenstellung eines Warenkorbs von Grundnahrungsmitteln samt Halbierung beziehungsweise Streichung der Mehrwertsteuer auf die darin enthaltenen Produkte sowie Festsetzung eines Preisdeckels für diese Produkte

8.    Signifikante Lohnerhöhungen für Arbeitnehmer, welche die Teuerung in vollem Umfang abdecken

9.    Im Gegenzug deutliche Senkung der Lohnnebenkosten, um die Unternehmer nicht über Gebühr zu belasten und einen weiteren Preisanstieg bei den Produkten und Dienstleistungen zu verhindern

10. Sofortiges Ende der schikanösen und extrem teuren Corona-Politik, insbesondere von millionenfachen Massentestungen gesunder Bürger – Keine Lockdowns mehr!

11. Aufhebung aller Sanktionen gegen Russland wegen des Krieges in der Ukraine

12. Konsequenter Einsatz der Bundesregierung auf EU-Ebene gegen weitere gemeinsame Schuldenaufnahmen und gegen alle Maßnahmen, die zur Umver­teilung von Vermögen in die finanziell angeschlagenen Südstaaten führen.

13. Stromkostenzuschuss auch für Haushalte, die über keinen gesonderten Stromlieferungsvertrag verfügen, aber dennoch die Stromkosten des Haushalts zu tragen haben.

14. Erhöhung des Grundkontingents gemäß Stromkostenzuschussgesetz für Menschen mit Behinderung, die auf stromintensive technische Assis­tenz angewiesen sind

15. Besondere Berücksichtigung von Haushalten mit Wärmepumpen im Stromkostenzuschussgesetz“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, in den Grundzügen erläutert und steht daher auch mit
in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kurt Egger. – Bitte.


12.57.24

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und via Livestream! Ich bin ja ein wenig ge­rührt nach der Rede von Herrn Kollegen Schroll, denn im Ausschuss hat ja die SPÖ noch gegen diese sinnvolle Maßnahme gestimmt, aber scheinbar darf man in dieser Zeit auch etwas klüger werden, und ich bin sehr froh, dass auch die SPÖ dieses wichtige Paket mittragen wird.

Kollege Hammer hat es schon angesprochen: Wir werden gemeinsam im Bereich des Stromkostenzuschusses und des Netzkostenzuschusses Planungssicher­heit für die österreichischen Haushalte liefern können, nehmen da 4 Milliarden Euro in die Hand und haben damit bewiesen, dass wir treffsicher, sozial gerecht,
aber vor allem auch unbürokratisch sind, weil die Differenz bei den Stromkosten, die dann höher sind als die Fixkosten von 10 Cent, direkt vom Energiever­sorger mit dem Ministerium abgerechnet wird.

Ich glaube, es ist auch bei der SPÖ deswegen eine Veränderung im Stimmverhal­ten erfolgt, weil Sie draufgekommen sind, dass Sie doch in Wien, wo Sie Verantwortung tragen, auch anständige Preistreiber sind und es natürlich irgend­wie gelingen muss, diese Kosten auch abzufedern.

Ihr habt in Wien die Kosten für Wasser, Abfall, Abwasser, Strom, Fernwärme, Büchereien, Mieten und Gräber erhöht. (Ruf bei der SPÖ: Billiger als ... Bun­desländer!) So schaut soziale Verantwortung der SPÖ aus! Das beste Stückerl hat die Wien Energie heute mit dem Optima-entspannt-Tarif geliefert. (Abg. Wöginger: Ja, genau!) Ich weiß nicht, wer da entspannt ist (Heiterkeit bei der ÖVP) – jedenfalls wahrscheinlich der Vorstand der Wien Energie.

Er hat nämlich den Einstiegspreis für jene, die als Neukunden zur Wien Energie kommen, überraschenderweise von knapp über 20 Cent auf 41 Cent ange­hoben. (Abg. Wöginger: Ein Wahnsinn!) Überraschend heißt: Man holt sich natür­lich die volle Unterstützung – also die Differenz zwischen 10 Cent und 41 Cent – vom Bund ab (Ruf bei der SPÖ: Geh bitte!) – ein Schelm, wer Böses dabei denkt, liebe SPÖ! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Yılmaz: Was ist mit den Energieanbietern, die ...?) Macht nichts, wir werden weiter für das Wohl dieses Landes arbeiten. Es freut mich, dass ihr zumindest heute dabei seid. (Bei­fall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

13.00


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte.


13.00.30

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich freue mich sehr, dass wir diesen Gesetzentwurf heute diskutieren und – hoffent­lich breit unterstützt – auch beschließen können.

Sie wissen, ich komme gerade vom außerordentlichen Rat der Energieminis­ter:innen, der gestern in Prag stattgefunden hat. Wir haben dort intensi­ve Diskussionen zu unserem Umgang mit der Krise geführt. Lassen Sie mich auch hier noch einmal ganz deutlich sagen: Viele Aspekte dieser Krise sind nur auf europäischer Ebene lösbar und gerade deswegen braucht es dort einen star­ken Einsatz Österreichs, um weiterzukommen, denn wir können eben nicht nur die Symptome bekämpfen, wir müssen an die Ursachen gehen. Das müssen wir europäisch angehen und genau deswegen war ich gestern beim Rat der Energieminister:innen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Uns muss klar sein, dass wir die Probleme des europäischen Strommarktes nicht in Österreich lösen können. Genauso klar muss uns sein, dass die Menschen
in Österreich vor großen Herausforderungen stehen, da der Gaspreis die Preise oder Kosten in allen Bereichen des Lebens treibt. Das betrifft insbesondere
den Strompreis: Wir können die Probleme des Strommarktes nicht in Österreich lösen, wir können und müssen aber die Menschen in unserem Land unter­stützen. Genau deswegen haben wir als Regierung eine Lösung erarbeitet, die rasch, unbürokratisch ist und so treffsicher wie möglich sein soll, und das ist eben der Stromkostenzuschuss. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich darf noch Weiteres berichten: Im Austausch mit den Kolleginnen und Kol­legen in Prag war durchaus erkennbar, dass wir gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Finanzministerium und dem Arbeits- und Wirt­schaftsministerium ein wirklich gutes Modell entwickelt haben. Das Interesse an der Stromkostenbremse ist auch europaweit groß, die Kolleginnen und Kollegen fragen und schauen, wie wir sie umsetzen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Deswegen an dieser Stelle noch einmal ein Danke an die Kollegen aus dem BMF und dem BMAW für die Unterstützung auf der operativen Ebene und an meine Kollegen Minister für die politische Unterstützung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was tun wir, um Haushaltskundinnen und -kunden rasch und längerfristig von den steigenden Kosten zu entlasten? – Es wird zwischen 1. Dezember 2022 und 30. Juni 2024 ein Stromkostenzuschuss gewährt. Dabei übernimmt der Bund für ein Grundkontingent von bis zu 2 900 Kilowattstunden einen Teil der Stromkosten des Haushalts, das heißt, die Stromrechnungen sinken. Genau darum, dass die Stromrechnungen sinken, geht es doch. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dazu kommt – Abgeordneter Hammer hat es als Stromkostenbremse plus bezeichnet – noch ein Zusatz für einkommensschwache Haushalte, das sind diejenigen, die von der Erneuerbaren-Förderpauschale und dem Erneuer­baren Förderbeitrag befreit sind. Diese erhalten zusätzlich zum Stromkostenzu­schuss einen Netzkostenzuschuss. Der Stromkostenzuschuss ist so ausge­staltet, dass er automatisiert und ohne Antrag abgewickelt werden kann. Auch das ist ein wesentlicher Vorteil dieses Modells: Niemand muss für das Grundkontingent einen Antrag stellen, es funktioniert automatisch, und zwar bereits ab Dezember, damit man auch bei den wiederkehrenden Teilbeträ­gen und Vorauszahlungen eine Entlastung spürt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dass das System ohne Antrag funktioniert, war mir ganz besonders wichtig, weil wir uns in einer Zeit befinden, in der der Druck groß ist. Es braucht nicht
mehr Bürokratie und mehr Aufwand, sondern eine rasche Unterstützung der Menschen. Die Menschen brauchen rasche Unterstützung und bekommen
mit diesem Modell rasche Unterstützung. Ein zusätzlicher Effekt dieses Modells ist, dass die Ausgestaltung einen inflationsdämpfenden Effekt hat, auch
das war uns wichtig, das rundet diese Lösung jetzt ab.

Ich möchte an dieser Stelle ein zweites Danke sagen, nämlich ein Danke an die Energiewirtschaft, die da Verantwortung übernimmt, die konstruktiv mitgearbeitet und Vorschläge eingebracht hat, damit diese Abwicklung ab Dezember gut funktionieren kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Uns war bei der Umsetzung dieses Modells eines wichtig, und zwar, dass wir nicht von nicht umsetzbaren Ideallösungen sprechen, sondern pragma­tisch helfen. Das erfolgt nun: Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes bekommen die Unternehmen die rechtliche Basis für die Umsetzung. Dabei bleibt es aber natürlich nicht, der nächste Schritt ist die Erhöhung der sozialen Treffsicherheit: Haushalte, in denen mehr als drei Personen hauptgemeldet sind, können in einem zweiten Schritt zusätzlich zum Stromkostenzuschuss für das Grundkontingent auch noch einen Stromkostenzuschuss für ein Zusatzkontin­gent erhalten. Dadurch wird auch der höhere Verbrauch von größeren Haushalten berücksichtigt werden.

Sie sehen, unser Ziel war es, schnell, unbürokratisch und inflationssenkend zu handeln, das haben wir erreicht. Genau deswegen bitte ich Sie – auch im Namen von vielen, vielen Millionen Menschen in unserem Land, die jetzt diese För­derungen erhalten, im Sinne der Menschen in unserem Land – um Zustimmung zu diesem Projekt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

13.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Stöger zu Wort gemeldet. – Aufgrund Ihrer Erfahrung als Parlamentarier kennen Sie die Bestimmungen der Geschäftsordnung bestens. Bitte, Herr Abgeordneter.


13.06.26

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin Gewessler hat in ihrer Rede behauptet, den Strompreis könne man in Österreich nicht regeln. – Das ist unrichtig.

Der richtige Sachverhalt lautet: Die Hauptversammlung der Verbundgesellschaft besteht zu 51 Prozent – per österreichischer Verfassung – aus Vertretern
des Bundes. Der Verbund befindet sich also in Bundeshand (Abg. Kopf: ... Klein­aktionäre!), und daher kann die Hauptversammlung des Verbundes dem Aufsichtsrat und dem Vorstand die Anweisung erteilen, einen vernünftigen Strompreis – wie er kostenmäßig entsteht – zu verlangen. (Abg. Wöginger:
Das ist ein Blödsinn, Lois! – Abg. Loacker: Anstiftung zur Untreue wäre das!) Man kann in Österreich den Strompreis regeln. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wö­ginger: Das ist einfach ein Blödsinn! – Abg. Hanger: SPÖ und Wirtschaftspolitik: Das tut ja weh! – Zwischenruf des Abg. Egger.)

13.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rainer Wim­mer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.07.34

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Kollege Egger, ich tue mir schwer, euch etwas recht zu machen. Jetzt stimmen wir einmal mit und da schimpft ihr uns auch. (Ruf bei der ÖVP: Es kommt darauf an, was ihr sagt!) Ihr seid schon schwierige Leute, muss ich sagen, sehr schwierige Leute. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht jetzt um die Strompreisbremse für die Haushalte und fairerweise darf ich festhalten: Die Maßnahme geht in die richtige Richtung. Das Manko ist aber, es ist eine Bremse und kein Deckel, und es hilft bei der Stromrechnung, aber nicht bei der Gasrechnung, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ewige Leid mit der Gießkanne ist dabei auch wieder ein Thema. Dass es nicht möglich wäre, den zweiten und dritten Haushalt davon auszuschließen, Kolleginnen und Kollegen, kann ich mir überhaupt nicht vorstellen: Das sind Menschen, die ohnehin über Geld und Mittel verfügen, die brauchen nicht auf Regimentskosten den Zweit- und Drittwohnsitz zu befeuern.

Einige Dinge wurden auch nicht berücksichtigt, so gibt es zum Beispiel fort­schrittliche Menschen, die ihre Ölheizung herausgerissen haben, zu Wär­mepumpen übergegangen sind und einen höheren Strombedarf haben. Das ist nicht berücksichtigt worden. Sie haben gesagt, es gibt vielleicht eine Mög­lichkeit, große Haushalte einzubinden. Man sieht, es gibt noch einige Schwächen, aber eines ist gut: Zumindest beim Postamt braucht man sich nicht mehr anzustellen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und darum werden wir
diesem Antrag auch zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christoph Stark. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.09.28

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte zuerst auf Kollegen Stöger eingehen, der wieder atemberaubende Dinge von sich gegeben hat. (Abg. Greiner: Der kennt sich halt aus!)

Kollege Stöger, die Hauptversammlung kann dem Vorstand keine preisbildende Weisung erteilen. (Abg. Stöger: Sagt wer?) – Punkt eins.

Punkt zwei: Täte sie es und würde der Vorstand so agieren, hätten die Aktionäre einen Schaden, den sie als Schaden auch geltend machen könnten. (Abg.
Stöger: Das sind wir selber! Wir sind die Aktionäre!)
Was Sie hier behaupten, ist hanebüchen. Bleiben Sie bitte bei der Wien Energie, dann soll bitte die
SPÖ in Wien der Wien Energie eine Weisung erteilen, die Preise nicht zu erhö­hen! Das tut sie aber! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Weiters: Wir haben heute in diesem Hohen Haus schon gehört, wie Herr Kucher gesagt hat, es werde nichts billiger, es tue sich überhaupt nichts; und Frau
Rendi-Wagner hat gemeint, wir seien maßlos. Umso mehr freut es mich, dass die SPÖ jetzt bei dieser Strompreisbremse mitgeht. Es kann also doch nicht alles ganz verkehrt sein, was wir hier beschließen. Es ist Aufgabe der Politik, den Men­schen in dieser Krise helfend zur Seite zu stehen, und es ist nicht Aufgabe
der Politik, meine Damen und Herren, den Menschen etwas vorzumachen, näm­lich dass es einen Strompreisdeckel oder einen Gaspreisdeckel auf nationaler Ebene geben kann. Das ist nicht Aufgabe. Wer das tut, liebe Kolleginnen und Kollegen, der macht den Menschen etwas vor, der spaltet die Gesellschaft,
weil Erwartungen geschürt werden, die nicht erfüllt werden können, und das geht nicht! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz. – Abg. Leichtfried:
Was Sie den Deutschen alles vorwerfen! Das verstehe ich nicht!
)

Erst im letzten Wirtschaftsausschuss ist der Vorstand der E-Control Herr Dr. Urbantschitsch hier gesessen und hat auf meine Frage hin deutlich gesagt: Ein nationaler Strompreisdeckel funktioniert weder technisch, wirtschaft­lich noch rechtlich! – Das heißt, wer immer das mantraartig fordert, geht an der Realität vorbei.

Meine Damen und Herren, es ist Aufgabe der Politik, den Menschen wäh­rend dieser Phase zu helfen, und der Strompreiszuschuss, den wir heute verhan­deln und hoffentlich beschließen, ist genau eine solche Maßnahme, den Men­schen in dieser Phase direkt mit bis zu 870 Euro im Jahr an Strompreiszuschuss zu helfen. Der Staat ist da, um den Menschen beizustehen, und das ist genau
die richtige Maßnahme, denn es ist für einkommensschwache Haushalte auch noch ein Netzkostenzuschuss möglich.

Ich möchte auf eines ganz bewusst hinweisen, vor allem in Richtung SPÖ, die das ja mehrfach gesagt hat: Wir erwarten keinen Dank. Wir klopfen uns auch auf
nicht auf die Schulter. (Abg. Silvan: O ja! –Abg. Erasim: ... blaue Flecken ...!) – Liebe Bürgerinnen und Bürger, es ist Ihr Steuergeld, für das wir hier Weichen stellen, weil wir unseren Job ernst nehmen, in dieser Phase ernst nehmen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

Ich bringe zum Schluss noch einen Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2827/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden (1727 d.B.) – TOP 7

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben zitierte Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. § 2 Abs. 1 Z 1 lautet:

„1. „gemäß Stromlieferungsvertrag vereinbarter Energiepreis“ den von der Haushaltskundin oder dem Haushaltskunden zu zahlenden Preis für
die Lieferung von Strom in Cent/kWh, der alle verrechnete Bestandteile des Energieanteils wie insbesondere den Arbeitspreis, den Grundpreis so­wie einmalige und wiederkehrende Rabatte, die auf den Energiepreis wirken, umfasst; nicht umfasst sind Systemnutzungsentgelte, Steuern und Abga­ben sowie sonstige aufgrund gesetzlicher Vorgaben eingehobene Beträge oder gewährte Zuschüsse;“

2. § 11 Abs. 6 lautet:

„(6) Die Lieferanten und Netzbetreiber haben dem Bundesministerium für Finanzen bis zum 15. des Folgemonats eine elektronische Rechnung für die in­nerhalb eines Kalendermonats erbrachten Leistungen oder der auf den Ge­samtbetrag der im Abrechnungszeitraum eines Jahres erbrachten Leistungen zu leistenden Akontierungen zu legen. Der Kostenersatz bzw. das Akonto ist binnen 14 Tagen nach erfolgter Rechnungslegung auszuzahlen.“

3. In § 14 wird das Datum „31. Dezember 2024“ durch das Datum „30. Juni 2025“ ersetzt.

*****

(Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz. – Bravoruf des Abg. Wöginger.)

13.14

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den An­trag 2827/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden (Stromkostenzuschussgesetz – SKZG) (1727 d.B.) – TOP 7

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben zitierte Gesetzesantrag (2827/A) wird wie folgt geändert:

1. § 2 Abs. 1 Z 1 lautet:

       „1. „gemäß Stromlieferungsvertrag vereinbarter Energiepreis“ den von der Haushaltskundin oder dem Haushaltskunden zu zahlenden Preis für die Lieferung von Strom in Cent/kWh, der alle verrechneten Bestandteile des Energieanteils, wie insbesondere den Arbeitspreis, den Grundpreis sowie einmalige und wiederkehrende Rabatte, die auf den Energiepreis wirken, umfasst; nicht umfasst sind Systemnutzungsentgelte, Steuern und Abgaben sowie sonstige auf­grund gesetzlicher Vorgaben eingehobene Beträge oder gewährte Zuschüsse;“

2. § 11 Abs. 6 lautet:

       „(6) Die Lieferanten und Netzbetreiber haben dem Bundesministerium für Fi­nanzen bis zum 15. des Folgemonats eine elektronische Rechnung für die innerhalb eines Kalendermonats erbrachten Leistungen oder der auf den Gesamtbetrag der im Abrechnungszeitraum eines Jahres erbrachten Leis­tungen zu leistenden Akontierungen zu legen. Der Kostenersatz bzw. das Akonto ist binnen 14 Tagen nach erfolgter Rechnungslegung auszuzahlen.“

3. In § 14 wird das Datum „31. Dezember 2024“ durch das Datum „30. Juni 2025“ ersetzt.

Begründung

Zu Z 1 (§ 2 Abs. 1 Z 1)

Auch der Grundpreis soll in den „gemäß Stromlieferungsvertrag vereinbarten Ener­giepreis“, die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Stromkostenzu­schusses pro kWh, einfließen. Umfasst sind somit alle Preisbestandteile der Energie­komponente, die vom Lieferanten selbst ausgestaltet werden können und die sich auf den für den Strombezug verrechneten Preis auswirken.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Melanie Erasim. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.14.17

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! Herr Abgeordneter Stark, Sie wissen schon, wer die Mehr­heitsaktionäre sind, nämlich die Bevölkerung, und dass im öffentlichen Interesse gehandelt werden muss?! (Abg. Fürlinger: Alles, was Sie haben, ist keine Ahnung! Das dafür viel! – Abg. Weratschnig: Eigentümervertreter können nicht gegen Eigentümerinteressen sein!) Lesen Sie sich einmal § 70 des Aktiengesetzes durch, dann können wir gerne weiterdiskutieren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Bevölkerung ist für Sie ja nur dann notwendig, wenn Sie ihr Sand in die Augen streuen können. Wir sind ja froh, dass nach monatelangem Hin und Her und nach monatelangen Diskussionen unserer Vorschläge jetzt zumindest
ein Minimalkompromissvorschlag hier am Tisch liegt, dem wir auch zustimmen werden, weil es besser ist als nichts. Es ändert aber wieder das System ins­gesamt nicht, denn Sie kennen ja das Meritorderprinzip: Es richtet sich nach der teuersten Energieressource, diese ist nun einmal das Gas, und darum wäre ein Gaspreisdeckel unabdingbar, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist nicht nur, wie so vieles von Ihnen, Stückwerk, sondern es ist auch wieder Mogelpackung – Mogelpackung in dreifacher Hinsicht.

Erstens: Sie erzählen der Bevölkerung, dass sie für 2 900 Kilowattstunden in Zukunft nur mehr 10 Cent bezahlen muss. Die Wahrheit ist aber, dass
jede Kilowattstunde mit nur maximal 30 Cent gefördert wird. – Das heißt für Sie, Zuseherinnen und Zuseher: Sollte der Preis auf zum Beispiel 60 oder
70 Cent steigen, was es auch schon gibt, dann zahlen Sie weiterhin 40 Cent. Der Endverbraucher muss dann weiterhin 40 Cent berappen.

Das Zweite ist, dass der Netzkostenzuschuss für einkommensschwache Haushal­te auch nur bei der Hälfte ankommen wird, weil eben 150 000 Antragsbe­rechtigte durch die Finger werden schauen müssen, da ja bereits eine aufrechte Befreiung vorliegen muss.

Der dritte Punkt ist jener, dass die Zusatzkontingente für Familien mit mehr als drei Personen per Verordnung beschlossen oder verfügt werden und es da­zu noch nicht einmal konkrete Zahlen gibt.

Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher, Sie erkennen also, dass sich all das, was seitens der Regierung als goldglänzend präsentiert wird, sehr oft nur als Blechtrommel herausstellt.

Auch auf die Frage, wie Sie uns vor einer Deindustrialisierung schützen, bleiben Sie Antworten schuldig. Unsere Wirtschaft und unser Industriestandort ist wie kein anderer mit dem deutschen Markt verwoben. Da muss man nicht ein­mal intelligent sein, um nachvollziehen zu können, dass wir hier in ein De­saster schlittern, wenn in Deutschland der Gaspreis in Zukunft nur mehr ein Vier­tel betragen wird. (Zwischenruf des Abg. Weratschnig.)

Wenn Sie so weitermachen, zerstören Sie, geschätzte Regierung, nicht nur die breite Mittelschicht, sondern auch den Wohlfahrtsstaat. Die dringend not­wendigen Gegenfinanzierungen sind ebenso nicht da. Es braucht den Gaspreis­deckel und im Gegenzug dafür die Finanzierung durch die Abschöpfung der teils horrenden Übergewinne von Energiekonzernen. Doch Sie schöpfen nicht nur nicht ab, sondern Sie senken auch noch die Gewinnsteuern, damit die Superreichen superreicher werden! Das wollen wir als Sozialdemokratie verhin­dern und den Markt wirklich nachhaltig für die Bevölkerung zum Besseren drehen.

Deshalb darf ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Preisdeckel für Gas und Strom und Übergewinnsteuern für Energiekonzerne“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort mit den Vorbereitungshandlun­gen für einen nationalen Gaspreisdeckel bzw. eine nationale Gaspreisbrem­se zu beginnen und dem österreichischen Nationalrat so schnell wie möglich ei­nen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der geeignet ist, die Preise für Strom und Gas für Haushalte, Wirtschaft und Industrie erheblich zu senken und gleichzeitig eine Gegenfinanzierung durch eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne sicherstellt.“

*****

Lenken Sie endlich ein und stimmen Sie mit! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.18

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Melanie Ersasim, MSc

Genossinnen und Genossen

betreffend: Preisdeckel für Gas und Strom und Übergewinnsteuern für Energiekonzerne

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 7 Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2827/A der Abgeordneten Lukas Ham­merTanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden (Stromkostenzuschussgesetz – SKZG) (1727 d.B.)

Die Strompreisbremse der Bundesregierung ist ein erster grundsätzlich sinnvoller Schritt um preisdämpfende Maßnahmen zu setzen. Sie greift aber zu kurz. Die Wurzel des Problems sind die hohen Gaspreise. Diese belasten nicht nur Wirtschaft und Industrie, sondern genauso die Haushalte. Menschen, die auf die Gasheizung ange­wiesen sind, stehen aktuell vor finanziell unlösbaren Problemen. Die monatlichen Rechnungen sind um 500% und mehr gestiegen. Ganz konkrete Beispiele zeigen, dass das für viele Menschen den wirtschaftlichen Ruin bedeutet. Die Mittelschicht in Österreich droht bei diesen Preisen zu verarmen. Für ein Einfamilienhaus steigt die jährliche Gasrechnung um bis zu 5.000 Euro. Wir reden darüber, dass Menschen
zwei bis drei Monatsgehälter aufwenden müssen, nur um die zusätzlichen Kosten für das Gas zu bezahlen. Dabei sind die gestiegenen Kosten für Treibstoffe, Nah­rungsmittel und vieler anderer Güter noch gar nicht berücksichtigt. Diese Entwicklung ist absolut untragbar. Gleichzeitig gibt es in der aktuellen Situation Krisengewin­ner. Energiekonzerne in Österreich machen Übergewinne in Milliardenhöhe. Schätzungen gehen davon aus, dass alleine im Jahr 2022 Übergewinne in der Grö­ßenordnung von 4 bis 6 Milliarden Euro in Österreich anfallen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort mit den Vorbereitungshandlungen für einen nationalen Gaspreisdeckel bzw. eine nationale Gaspreisbremse zu beginnen und dem österreichischen Nationalrat so schnell wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der geeignet ist, die Preise für Strom und Gas für Haushalte, Wirtschaft und Industrie erheblich zu senken und gleichzeitig eine Gegenfinanzierung
durch eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne sicherstellt.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht somit auch mit in Verhandlung. (Abg. Wöginger: Müssts ihn in den Wiener Landtag einbringen, den Antrag!)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.18.54

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Kollegin Erasim hat vorhin behauptet, dass die Aktionärsversammlung dem Aufsichtsrat und dem Vorstand sehr wohl eine entsprechende, wie von Kol­legen Stöger behauptete Weisung geben könne. – Das ist unrichtig.

Außerdem würde das selbstverständlich von den Minderheitsaktionären sofort eine entsprechende Schadenersatzklage wegen entgangenem Gewinn pro-vozieren und es würde den sofortigen Konkurs der Wien Energie und anderer Unternehmen nach sich ziehen, weil diese als reine Stromhändler niemals in der Lage wären, auf einen reduzierten Preis herunterzugehen, weil sie den Strom ja teuer einkaufen müssen. – Viel Vergnügen, wenn Sie das umset­zen wollen! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Stöger und Kollross. – Abg. Krainer: Das war jetzt aber keine tatsächliche Berichti­gung! Das war eine tatsächliche Bestätigung!)

13.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Johann Höfinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.19.50

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Vielen Dank, Herr Kollege, für die legistische, zusammenfassende Klarstellung zu dieser Behauptung, die vorhin aufgestellt wurde.

Wir befinden uns aufgrund der Ereignisse und aufgrund der Einwirkungen der letzten Jahre in einer wirtschaftlich sehr angespannten Situation. Das betrifft
eben nicht nur den Strommarkt, da geht es um die komplette Energieversorgung, da geht es um Teuerungen und um Mangel in manchen anderen Lebens­bereichen. Die Bundesregierung, wir gemeinsam in diesem Haus versuchen eben, dem seit dem Auftreten dieser Ereignisse entgegenzuwirken.

Was sind denn die Kernaufgaben, die jetzt erledigt werden müssen oder auch schon erledigt wurden? – Eine ist, unbedingt unsere Wirtschaft am Laufen zu halten. Das ist der Kern, das ist der Motor unserer Gesellschaft, des sozialen Gefüges, das ist der Kern der Absicherung, der Kern unserer weiteren Ent­wicklung. Da haben wir schon viele Meilensteine gesetzt, und da sind wir auch noch nicht am Ende.

Die Zweite ist, den Menschen, was die Teuerung betrifft, unmittelbar unter die Arme zu greifen, sie durch diese Phase durchzutragen, und dafür wird eben gerade jetzt ein großes Paket verabschiedet. Meine Vorredner – ich bin jetzt der zehnte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt – haben das ausgeführt: Es
geht um über 4 Milliarden Euro, die den Haushalten jetzt direkt zugutekommen, und das, wie ich denke, auch mit einem Konzept, das praktikabel ist,
das sich einfach umsetzen lässt, das unmittelbar wirkt und dem Einzelnen hilft.

Was wir aber auch erlebt haben, und da bin ich bei einigen der Redebeiträge hier auch immer wieder erstaunt, ist, dass wir in dieser Phase merken: Es gibt plötzlich für alles Experten. Ich bin ganz erfreut darüber, aber ich glaube nicht alles, was da gesagt wurde. Wenn Vertreter der SPÖ hier heraußen stehen
und große Reden schwingen, was man denn nicht alles tun könnte, sollte und so weiter, und ich dann nach Wien schaue – was die Wien Energie betrifft, in
welch unglaublicher Misere die Stadt Wien, die Wien Energie steckt (Zwischenruf bei der SPÖ), was mit einer enormen Teuerung dort ausgelöst wurde –, dann denke ich mir: Nein, Sie sind keine Experten in dieser Frage! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich danke aber auf jeden Fall für die Zustimmung zu diesem Paket, weil es wirk­lich wichtig ist. (Neuerlicher Zwischenruf bei der SPÖ.)

Zu Kollegin Doppelbauer, die ganz am Anfang gesprochen hat, und den
NEOS, die ja signalisiert haben, dass sie nicht zustimmen werden – vielleicht können sie das noch tun –: Ja, wir haben momentan keine Möglichkeit, zu differenzieren, welches Einkommen der Einzelne hat. Das haben auch die Stromanbieter nicht, die verfügen nicht über die Daten zu den einzelnen Einkommen. (Ruf: Das hat aber die Frau Rendi-Wagner behauptet! – Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Und neben den Einkommen sollten wir dann auch noch bewerten, was wessen Eigentum ist? – Nein! Das ist eine praktikable Lö­sung, und die werden wir auch umsetzen, so einfach es geht, denn wir wollen auch die Verwaltungsabgaben und -ausgaben niedrig halten, und das machen wir mit diesem System.

Die große Antwort bei diesem Thema wird dieses Gesetz nicht sein, sondern es wird noch vieler Lösungen bedürfen. Frau Bundesminister, vielen herzlichen
Dank für die Gespräche auf europäischer Ebene! Es geht nur im Miteinander im europäischen Verbund, denn wir haben immer wieder gesehen, was in
manchen Ländern, die Einzellösungen bevorzugt haben, passiert ist.

Ich denke da an Deutschland und den Spritpreisdeckel: Das hatte kurzfristige Wir­kung, hat dann zu einer enormen Dynamik am Spritpreismarkt geführt, die
haben und hatten im Durchschnitt höhere Preise als wir. Ich denke an Spanien, die das mit dem Strompreis ähnlich gemacht haben: Die haben einen De­ckel eingeführt, es hat ein unglaublicher Abverkauf der Strommengen nach Frank­reich, in restliche Teile Europas stattgefunden, und die Spanier hatten
jetzt am Markt Höchstpreise, was den Strom betrifft.

Also bitte erkundigen Sie sich: Was ist wirtschaftlich, was ist rechtlich möglich? – Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, und darum kann ich Sie nur
bitten, auch diesem jetzigen Gesetz Ihre Zustimmung zu geben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Dr.in Gudrun Kugler. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.23.59

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht darf ich als letzte Rednerin zu die­sem Tagesordnungspunkt noch einmal auf die erste Rednerin eingehen. Kollegin Doppelbauer hat gesagt: Sparen ist wichtig! Ich möchte das unterstreichen, weil sie da nämlich recht hat. Wir müssen selbstverständlich sparen. Gestern hat auch der Herr Finanzminister sehr gut erklärt, was das heißt, wie es uns in der Krise geht und wie wir da wieder herauskommen.

Frau Kollegin Doppelbauer, Sie haben gesagt: Sparen! Ich möchte Ihnen aber folgenden Gedanken mitgeben: Sollen wir bei den Menschen, die wir un­terstützen, sparen – so habe ich Ihren Vorschlag verstanden –, oder wäre es nicht besser, bei den Konzernen zu sparen, die den Strompreis nach oben drehen?

Kollege Egger hat es heute schon gesagt: Die Wien Energie setzt jetzt den Strompreis so hoch hinauf, dass sie damit die Strompreisbremse zur Gänze aus­schöpft – das kann doch nicht sein! Und da sind Sie, die NEOS, in der Mit­verantwortung – die SPÖ weiß es sowieso (Beifall bei der ÖVP) –, dort müssen Sie schauen! Wenn das passiert, dann verschwenden wir Steuergeld, und das wäre nicht notwendig. Andere Städte und andere Anbieter tun das nicht.

Zu den Kollegen von der SPÖ, da haben jetzt einige gesprochen, einige einen Gaspreisdeckel gefordert: Ja, solche Dinge werden überlegt, man schaut,
was man tun kann. Ich sage Ihnen aber eines: Frau Erasim, Ihren Antrag können Sie im Wiener Landtag stellen, weil die Wien Energie zu 100 Prozent im Eigentum der Stadt Wien ist! (Abg. Erasim: Warum sind Sie so Wien-fixiert?) Dort können Sie Ihren Gaspreisdeckel gleich einmal ausprobieren.

Was tut der Bund? – Wir entlasten. Was machen die SPÖ und die NEOS in Wien? – Sie erhöhen die Gebühren über alle Maßen.

Wo werden die Gebühren erhöht? – In Wien. Dazu sage ich Ihnen zwei Gedanken. Das eine - - (Abg. Loacker: Sind wir da im Landtag oder was ist los?!) – Nein, aber so putzt man sich bei den NEOS jetzt ab: Es geht uns nichts an! (Abg. Loacker: Nein, Sie haben kein Niveau! Sie sind einfach primitiv! Sie reden hier über Landtagsthemen!) – Sie haben dort Regierungsverantwortung, und jetzt sage ich Ihnen etwas über die Gebühren in Wien: Was macht Wien, während wir entlasten? (Abg. Erasim: ... die ÖVP ...!) Seit 2010 beträgt die Inflation rund 30 Prozent. Die Gebührenerhöhung in Wien – die Gebühren für Parken, Gräber, Büchereien, Abwasser, Müll, vieles wurde schon genannt, werden dort, nämlich automatisch, valorisiert – ist viel höher, sie liegt bei 80 Prozent. (Abg. Steinacker: Körberlgeld!) Meine sehr verehrten Damen und Herren, das be­trifft nicht nur die Reichen, sondern diese Gebühren betreffen alle, ganz egal, wie eng das Haushaltsbudget ist. (Beifall bei der ÖVP.)

NEOS und SPÖ, da können Sie sich jetzt nicht abputzen! Diese Verantwortung tragen Sie!

Was bedeutet das für den Bund? – Wir versuchen zu entlasten. Wir können nicht jeden Euro aufwiegen – auch das wurde gestern mehrfach gesagt –, aber
wir können unterstützen. Die SPÖ und die NEOS in Wien versuchen das nicht einmal. Wir können nicht jeden Euro aufwiegen, aber die zahlreichen Entlastungsmaßnahmen, von denen eine die Strompreisbremse ist (Abg. Loa­cker – mit der Hand unter die Tischplatte der vor ihm liegenden Bankreihe weisend –: Wenn ich mich auf Ihr Niveau begebe, schaue ich da unten beim Tisch heraus! – Zwischenruf der Abg. Erasim), die wir als Mix sehen müssen, sollen zeigen, dass wir die Menschen in Österreich nicht alleinlassen. (Beifall bei der ÖVP so­wie der Abgeordneten Maurer und Schwarz.)

13.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Leichtfried: Also doch nicht die letzte!)


13.27.32

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Frau Minister, ich bitte Sie jetzt um 2 Minuten Ihrer ungeteilten Aufmerksamkeit, weil ich jetzt doch eine Frage stellen möchte, und da
würde ich mich freuen, wenn Sie anschließend vielleicht gleich eine Antwort geben könnten.

Bevor wir jetzt abstimmen: Wir als Freiheitliche haben grundsätzlich gesagt, wir werden dem zustimmen, weil es um eine Entlastung der breiten Bevölkerung
geht. Allerdings gibt es doch ein Thema, das wir jetzt als noch nicht als endgültig geklärt ansehen, und Sie sind ja die zuständige Ministerin.

So wie ich als Konsumentenschutzsprecher das einordne, kann sich jeder in Österreich bei seinem Stromanbieter auf die Grundversorgung berufen. Ich lese Ihnen vor, was drinnen steht: „Grundversorgung (Versorgung letzter Instanz)“, „Haushaltskunden und Kleinunternehmen können entsprechend den gesetzli­chen Vorschriften die Grundversorgung (Versorgung in letzter Instanz) in Anspruch nehmen. Voraussetzung hierfür ist eine Anfrage des Interessenten an die TIWAG“ – in dem Fall – „und das Vorliegen eines bestehenden Netznutzungsvertrages“.

Wenn man sich die Preise der Grundversorgung anschaut, dann sieht man, dass die jetzt in etwa bei 12 Cent pro Kilowattstunde liegen. Die Frage, die ich
stelle, Frau Minister, ist: Ist das so? Hat jeder in Österreich Anspruch auf diese Grundversorgung, auf diesen Tarif, den jeder Stromanbieter anbietet? Gilt der auch für Kleinunternehmer – in Richtung ÖVP – bis 100 000 Kilowattstun­den im Jahr? Ist das korrekt, Frau Minister? Denn dann stellt sich die Fra­ge: Wer bekommt dann diese 4 Milliarden Euro Steuergeld? Sind das die priva­ten Großstromkonzerne? Sind das auch, liebe Kollegen von der SPÖ, die im Besitz der Länder – ob rot oder schwarz – befindlichen Stromkonzerne?

Frau Minister, sollte das so sein, würde ich Sie ersuchen, das vor der Ab­stimmung klarzustellen. Sollte sich nachträglich herausstellen, dass das so ist, dann würde ich die Regierung, ÖVP und Grüne, wirklich ersuchen, das Ge­setz zurückzunehmen, denn es kann nicht sein, dass wir eine Selbstverständlich­keit – etwas, das gesetzlich vorgesehen ist – dann mit 4 Milliarden Euro Steuergeld für die Stromkonzerne sponsern.

Da bitte ich, Frau Minister, um unmittelbare Aufklärung oder Klarstellung, bevor wir 4 Milliarden Euro Steuergeld verwenden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? Das ist - - (Abg. Wurm: Die Bundesministerin! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Oh, entschuldigen
Sie, Frau Minister, wollen Sie - - (Bundesministerin Gewessler schüttelt den Kopf.)

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie
und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

13.30.378. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2828/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-
Gesetz geändert wird, sowie über den Antrag 2649/A(E) der Abgeordneten Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinfachung der Photovoltaik-Förderung für Private (1728 d. B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte, Herr Abgeordneter. – Abgeordneter Hammer ist schon unterwegs. Sehr gut. – Bitte, Herr Ab­geordneter. (Abg. Lukas Hammer geht mit einer Tafel zum Redner:innenpult. – Abg. Krainer: Oh, geiles Teil! Schaut schon mal gut aus!)


13.31.27

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Wir besprechen jetzt eine EAG-Novelle, und zwar geht es vor allem um Erleichterungen und Verbesserungen für die Fotovoltaikförderung. Ich wollte am Anfang darauf eingehen, wie es denn heuer ausschaut – und es schaut sehr gut aus. Wir haben heuer an Förderanträgen für die Fotovoltaikförderung alleine für die Investförderung 200 000 Förderan­träge bekommen, und das war in den ersten drei Fördercalls. In fünf Tagen startet der nächste Fördercall, da wird es dann noch mehr geben.

Weil immer wieder gesagt wird, es gehe nichts weiter beim Erneuerbaren-Ausbau in Österreich: Das ist die Entwicklung des Ausbaus der Fotovoltaik in den letzten Jahren! (Beifall bei den Grünen. – Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Sonnenstrom in Österreich“ auf das Redner:innenpult, auf der auf grünem Hintergrund ein Säulendiagramm mit gelben Säulen abgebildet ist.)

Sie sehen, letztes Jahr (auf die mit „2021“ beschriftete Säule zeigend) hatten wir einen absoluten Rekordzubau. Das sind nicht die vergebenen Förderungen, sondern das ist das, was die Branche tatsächlich schafft. Das (auf die mit „2022“ und „Prognose“ beschriftete Säule zeigend) ist eine sehr, sehr vorsichtige Schätzung für dieses Jahr. Das sind nicht die vergebenen Förderungen, sondern das ist das, was die Branche heuer schafft. Diese Zahlen sind eine wirklich sehr gute Nachricht für unsere Energieunabhängigkeit. Das ist aber auch eine sehr gute Nachricht, wenn wir darüber sprechen, dass wir unsere Klima­ziele erreichen wollen. (Beifall bei den Grünen.)

Dieser Run auf die Fotovoltaik ist sehr gut. Es gibt jetzt einige, ich würde einmal sagen, Herausforderungen. Einerseits gibt es, wie wir wissen, Lieferketten­schwierigkeiten, und es kommt aufgrund dieses massiven Booms zu Schwierig­keiten, weil die Branche es nicht schafft, die Aufträge, die da erteilt wurden, fristgerecht zu erledigen. Das heißt, was wir jetzt machen, ist, die Inbetriebnah­mefristen auf bis zu zwei Jahre auszudehnen.

Des Weiteren werden wir eine Änderung vornehmen, dass kleine Anlagen bis 20 Kilowatt Peak einen fixen Fördertarif haben. Das hat davor ein bisschen zu Frustration geführt, dass Leute Gebote abgegeben haben und dann nicht zum Zug gekommen sind. Das ändern wir. Ab nächstem Jahr wird es die Möglich­keit geben, dass man, auch wenn man schon den Kaufvertrag abgeschlossen hat, dann erst die Förderung einreicht. Diese Möglichkeit wird mit Verordnung geschaffen werden.

Es gibt jetzt noch weitere Verbesserungen auf Bundesebene; wir haben ziemlich viel bis alles getan, damit dieser Energiewendeturbo wirklich gezündet wer­den kann. Jetzt sind die Bundesländer, jetzt sind die Gemeinden am Zug, auch ausreichend Flächen auszuweisen und das Netz noch weiter auszubauen. Dann schaffen wir das.

Ich glaube, diese Novelle ist ein sehr guter nächster Schritt. Ich bedanke mich auch bei der Sozialdemokratie für die konstruktiven Gespräche und Ver­besserungen, die auch noch eingebracht werden, und bitte um breite Zustim­mung. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Alois Schroll. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.34.39

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ja, lieber Kollege Lukas Hammer, ganz stimmt es so nicht. Das Taferl
ist zwar sehr nett gewesen, aber ein wesentlicher Punkt dieser Korrektur des EAGs heute beinhaltet ja, dass wir die Antrags- beziehungsweise die Förderzeit auf bis zu 24 Monate verlängern.

Deswegen, lieber Kollege Hammer, stimmt diese Tafel einfach nicht, weil näm­lich genau die Österreicherinnen und Österreicher draußen, die die Foto­voltaikanlagen bauen wollen und bauen, die Lieferkettenverzögerungen haben. Sie bekommen keine Wechselrichter, sie bekommen die Solarpanele nicht, eben aus besagten Gründen. Genau das ist das Thema.

Deswegen freut es mich schon sehr, dass auch von meinem Entschließungsan­trag, den ich bereits im Juni eingebracht habe, etwas aufgenommen wurde, nämlich zum Beispiel weitere Verbesserungen für private Antragsteller:innen; das ist genau diese Verlängerung dieser Frist, aber ein wesentlicher Punkt
ist auch die verpflichtende Erlassung einer Verordnung über ökosoziale Förderkriterien, was bislang ja nicht geschehen ist.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen von den Regierungsparteien! Eines möchte ich euch heute schon auch sagen: Mit den vielen Sonntagsreden und den vielen PR-Auftritten und Pressekonferenzen und, und, und – wenn wir aus dem, was da heiße Luft rauskommt, was ihr alles ankündigt, Strom erzeugen könn­ten, dann hätten wir in Österreich kein Stromproblem. Dann bräuchten wir nicht zwei Millionen Fotovoltaikanlagen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der NEOS.)

Sondern: Ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig, dass man jetzt endlich zum Handeln kommt. Ich darf vielleicht, weil hier herinnen schon wieder große Un­ruhe herrscht, ganz kurz Beispiele dafür nennen, was ihr ankündigt, seit die­se Regierung am 7. Jänner 2020 angelobt wurde. Das Erneuerbaren-Ausbau-Ge­setz haben wir hier am 7. Juli, glaube ich, mehrstimmig beschlossen, es ist bis heute nicht zu 100 Prozent auf Schiene. Wir haben heute, seit 650 Tagen, noch immer kein Energieeffizienzgesetz. Dazu werden wir wahrscheinlich um 15 Uhr noch mehr berichten können. Wir haben seit 650 Tagen kein Klima­schutzgesetz. Das alles wären Voraussetzungen für genau diese Energiewende, die Sie, geschätzte Frau Bundesministerin, immer ankündigen, und wäre natürlich enorm wichtig.

Ich könnte jetzt noch sehr, sehr viele Beispiele dazu bringen. Herr Bun­desminister Brunner hat es gestern in seiner Budgetrede betreffend UG 43 gesagt: „Mit der Bereitstellung von Mitteln in der Höhe von 14,8 Milliarden Euro bis 2026 bekennen wir uns auch langfristig zu einer nachhaltigen Finanzie­rung des Klima- und des Umweltschutzes in Österreich.“ – Ja, aber da müsst ihr wirklich einmal ins Tun kommen und die Gesetze, die Verordnungen um­setzen. Dann sind wir auch dazu bereit – und wir haben unsere Bereitschaft dazu signalisiert.

Geschätzte Frau Kollegin Kugler, das Wienbashing von Ihnen sind wir schon ge­wöhnt. Mich wundert es nur, dass Sie selber in der lebenswertesten und mit Platz eins ausgezeichneten Stadt leben. Schauen Sie sich bitte alle anderen Bundesländer an, schauen Sie sich die Erhöhungen an! (Zwischenruf der Abg. Kugler.) Ich kann Ihnen genug Beispiele von Salzburg über Innsbruck über andere Städte bringen. Schauen Sie sich das an! Ich gebe Ihnen die Gelegenheit dazu.

Aber, was ich der Regierung mitgeben möchte: Sie werden wahrscheinlich den ÖVP-Bürgermeister Wolfgang Matt kennen. Sie werden vielleicht den Stadt­rat Mag. Clemens Rauch kennen. Sie werden vielleicht die Gemeinderätin Nina Tomaselli kennen. Alle – jetzt ist es ruhig –, alle kommen aus der Stadt
Feldkirch. Und die Stadt Feldkirch, die Stadtverwaltung von Feldkirch hat vor zwei Tagen, am 11. Oktober 2022, in ihrer öffentlichen Sitzung einstim­mig einen Gaspreisdeckel beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die im Ländle sind euch schon weit voraus, die sind schon weiter als ihr hier in Wien. (Abg. Hanger: Wieso macht ihr es in
Wien nicht?)
Bundeskanzler Nehammer und ihr von den Regierungsparteien seid jetzt ganz schön in Zugzwang gekommen (Abg. Kugler: Warum nicht in
Wien?),
denn der GVV, unser Vorsitzender von Österreich, Nationalratskollege Andreas Kollross, hat eine Resolution ausgearbeitet und Feldkirch hat
sie als erste Stadt einstimmig im Gemeinderat umgesetzt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hanger: Und wieso in Wien nicht?)

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Christian Ragger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.39.15

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Ich möchte einfach heute auch von unserer Fraktion einmal Danke dafür sagen – und wir werden diesem Punkt auch zustimmen –, dass wir in
diese Schiene, in diesen Bereich der Fotovoltaik investieren. Das ist unseres Er­achten ein ganz wesentlicher Punkt in der Energiewende. Es ist auch wich­tig gewesen, dass man die Frist von sechs Monaten auf diese zwölf Monate an­gehoben hat und auch gleichzeitig für die Kleinstunternehmer, wie man die Häuslbauer ja bezeichnen kann, auf 20 Kilowatt Peak gegangen ist.

Was ich aber einfordere, was wesentlich ist und woran wir auch mit der Regierung gemeinsam arbeiten sollen, ist, dass man auch wirklich Wert darauf legt, sich die Vorstände von der Austrian Power Grid zu holen. Wir haben mit diesen mehrere Gespräche geführt, auch mit anderen Fraktionen in einer gemeinsamen Sitzung, und wo wir echte, ernsthafte Probleme und auch Ängste haben, ist: Wie entwickeln wir – und das hat Kollege Lukas Hammer ge­sagt – die Netze?

Klargestellt ist, dass die Netze derzeit die anfälligste Position in Österreich sind. Wir wissen, dass wir von 365 Tagen im Jahr mittlerweile an 301 Tagen
Energie aus Österreich zuschießen müssen, damit wir den Netzausgleich stabili­sieren. Stellen Sie sich vor, das geht einen Tag daneben! Stellen Sie sich vor, dass das einmal nicht funktioniert! Dann haben wir ein veritables Energieversor­gungsproblem in Österreich. Daher müssen wir dafür Sorge tragen, dass die­se Investitionen getätigt werden – und das ist nicht wenig, die Austrian Power Grid spricht von 18 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren –, dass in
diese Netze und in die Netzstabilisierung investiert wird. Es nützt nichts, alterna­tive Energie zu entwickeln und den Strom über Fotovoltaik, Windenergie oder sonstige Energieträger zu produzieren, wenn wir ihn über die Netze nicht ableiten können.

Der zweite Teil ist: Von den Privaten sagen mir bereits viele dazu, dass diese erzeugte Strommenge derzeit von den regionalen Energieversorgern nicht mehr abgenommen wird. Daher wäre es wichtig, auch als Ministerin, das nach­zufragen, aber auch die Energieversorger einmal an den Tisch zu holen und zu wissen: Ist das wirklich richtig, dass wir, obwohl wir Energie ausbauen, ob­wohl wir Fotovoltaik ausbauen, diese Energie am Ende des Tages nicht ins Netz und nicht in die Marktwirtschaft bekommen? Daher ist es vielleicht auch wichtig, auch aus Ihrer Sicht das Ganze zu bündeln und mit den Energieversor­gern zu besprechen.

Ich kann Ihnen von unserer Fraktion nur die Zustimmung dazu geben, dass wir heute diesen Ausbau beschließen, und dementsprechend wünsche ich alles Gute. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.42.15

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! (Ruf bei der ÖVP: Tanja, du wirst uns jetzt sagen ...!) Geschätzte Ministerin! Liebe Zuschauerinnen und Zu­schauer! Liebe Kollegen! Ich möchte nur ganz kurz auf meinen Vorredner Alois Schroll eingehen. Ich bin ja ein sehr positiver Mensch, und ich glaube, du hast mich auch immer sehr positiv in Erinnerung, und auch in unseren Gesprä­chen sehe ich immer das Positive und nehme auch das Positive heraus. Daher darf ich auch hier das Positive herausnehmen. Was ist nicht passiert?, ist halt die Linie, wenn man negativ ist. Was passiert ist, kann ich dir berichten: In den ersten drei Quartalen wurden alleine bei der Oemag im Bereich der Foto­voltaik 55 000 Förderanträge genehmigt, das ist eine super Zahl, und wir rechnen bis Jahresende sogar mit 100 000. Ich sehe es positiv.

Abschließend auch noch zu dem Vermerk betreffend das Ländle – ich habe mir den Namen leider nicht gemerkt, dort hat man einen Deckel gemacht (Abg. Schroll: Feldkirch! 35 000 Einwohner! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) – Feld­kirch, danke! –, Feldkirch hat einen Deckel gemacht. Wien – und ich darf das jetzt trotzdem erwähnen, weil du das vorhin angesprochen hast – ist allei­niger Aktionär, alleiniger! Das heißt, die müssen gar nicht mit irgendeinem anderen Aktionär verhandeln, die sind, wie es die Kollegin gesagt hat, ihren Bür­gern verpflichtet. Die könnten das ja machen, wenn sie wollten. Warum machen sie das? Geht bitte als gutes Beispiel voran, zeigt es uns und dann lernen wir vielleicht daraus! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Nun aber zum Thema EAG: Ich meine, aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Situation, in der wir uns befinden, haben wir nun einmal mit Lieferengpässen zu kämpfen, und gerade in der Fotovoltaik ist das ein großes Thema,
weil technische Teile einfach fehlen; ich darf die Wechselmodule da vielleicht als Beispiel nehmen. Die hohen Strom- und Gaspreise tragen natürlich auch dazu bei, dass die Nachfrage nach Fotovoltaikanlagen insbesondere im Haushalt ganz massiv steigt.

Die Zahlen der Oemag habe ich schon genannt, die Ausbauziele sind gigantisch, und das möchten wir auch unterstützen. Wir möchten das auch vereinfachen, denn jede Fotovoltaikanlage führt uns auch in Richtung Unabhängigkeit, und diese zu steigern sollten wir unterstützen.

Diesbezüglich darf ich den schon erwähnten Abänderungsantrag einbringen, den Alois vorangekündigt hat:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Alois Schroll, Kolleginnen und Kol­legen zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie 
über den Antrag 2828/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuer­baren-Ausbau-Gesetz geändert wird (1728 d.B.) (TOP 8)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben zitierte Antrag (2828/A) wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

„1a. § 6a Abs. 1 lautet:

„§ 6a. (1) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie legt im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft bis zum 30. Juni 2023 mit Verordnung Kriterien zur Förderung erhöhter sozialer und arbeitnehmerschutzrechtlicher Standards sowie zur Erhöhung regionaler Wertschöpfung fest, die Voraussetzungen für den Erhalt von Förderungen nach diesem Bundesgesetz darstellen.““

2. Nach Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. Dem § 55 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG), BGBl. Nr. 140/1979, können in der Verordnung gemäß § 58 von diesem Absatz abweichende Festlegungen getroffen werden.““

3. Z 7 lautet:

„7. (Verfassungsbestimmung) Dem § 103 werden folgende Abs. 5 und 6 angefügt:

„(5) (Verfassungsbestimmung) § 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

(6) Die §§ 6a Abs. 1, 34 Abs. 2, 55 Abs. 2 und 56 Abs. 14 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. § 56 Abs. 4, 6 und 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 tritt mit 1. Jänner 2023 in Kraft.““

Die Begründung ist bekannt: Wir wollen es vereinfachen.

*****

Ich freue mich, dass wir hier auch die FPÖ gewinnen konnten. Das ist eine gute Sache, und ich freue mich über Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der
ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.47

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Alois Schroll,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den An­trag 2828/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird (1728 d.B.) (Top 8)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben zitierte Antrag (2828/A) wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

„1a. § 6a Abs. 1 lautet:

„§ 6a. (1) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie legt im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft bis zum 30. Juni 2023 mit Verordnung Kriterien zur Förderung erhöhter sozialer und arbeitnehmerschutzrechtlicher Standards sowie zur Erhöhung regionaler Wertschöpfung fest, die Voraussetzungen für den Erhalt von Förde­rungen nach diesem Bundesgesetz darstellen.““

2. Nach Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. Dem § 55 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG), BGBl. Nr. 140/1979, können in der Verordnung gemäß § 58 von diesem Absatz abweichende Festlegungen getroffen werden.““

3. Z 7 lautet:

„7. (Verfassungsbestimmung) Dem § 103 werden folgende Abs. 5 und 6 angefügt:

„(5) (Verfassungsbestimmung) § 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

(6) Die §§ 6a Abs. 1, 34 Abs. 2, 55 Abs. 2 und 56 Abs. 14 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. § 56 Abs. 4, 6 und 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I
Nr. xx/2022 tritt mit 1. Jänner 2023 in Kraft.““

Begründung

Zu Z 2 (§ 55 Abs. 2):

Damit wird die Möglichkeit geschaffen, mit Verordnung gemäß § 58 EAG erleichterte Antragsmodalitäten (insb. Abgehen von der Frist „vor dem Beginn der Arbeiten“)
für Haushalte vorzusehen.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, er steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.47.27

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ja, es schon viel gesagt worden. Wir sprechen heute zur EAG-Novelle inklusive des Abänderungsantrages, den Kollegin
Graf gerade vorgestellt hat. Es geht tatsächlich einfach darum, dass man ange­sichts von Lieferkettenproblemen – vor allem bei den Haushalten – und Fachkräftemangel, die es im Augenblick gibt, unterstützt, indem man einfach ein paar Zeitachsen sozusagen verlängert. Auch das finden wir logisch nach­vollziehbar und sehen es positiv, und wir werden demgemäß auch zustimmen.

Was aber ein weiterer Punkt ist, Frau Bundesministerin – wir haben das ja auch in den Ausschüssen schon mehrmals besprochen –, ist, dass einfach trotz­dem ein gesamthaftes Paket, also wirklich eine – wie man so schön sagt – End-to-End-Solution, um die Erneuerbaren, um den Ausbau der Erneuerbaren in diesem Land nach vorne zu bringen, immer noch fehlt. Es ist in dieser Bundes­regierung offenbar wahnsinnig schwierig, einzelne Gesetze zusammenzu­bringen, es ist wahnsinnig schwierig, mit den Bundesländern zu reden.

Deswegen haben wir einen Entschließungsantrag gemacht, in dem wir zur Vor­lage eines umfassenden Pakets – wir nennen es ein „Notfallpaket“ – auf­fordern, um den Ausbau der Erneuerbaren, der ja im Augenblick strategisch das wichtigste Ziel für diese Bundesregierung sein sollte, nach vorne zu brin­gen. Aus unserer Sicht braucht es für dieses Paket einfach drei Dinge, die Hand in Hand gehen.

Auf der einen Seite muss man die Länder in die Pflicht nehmen. Kollege Hammer hat es schon gesagt – ich glaube, Lukas, du hast gesagt –: Jetzt sind die Länder dran. – Ich glaube tatsächlich, die Länder gehören verpflichtet. Ich glaube wirklich, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Wir brauchen eine ver­pflichtende Energieraumplanung, wir brauchen die Einhaltung von Zielen, die wir ja gemeinsam in der Republik beschlossen haben. Ich habe es heute Vormit­tag auch schon gesagt: Es ist an der Zeit, da über den Finanzausgleich zu arbei­ten, und Länder, die säumig sind, beim Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz mitzu­gehen, kriegen halt einfach dementsprechend weniger Geld im Finanzausgleich – oder tatsächlich auch mehr, wenn sie sich als Vorreiter in der Sache ent­puppen. Das wäre unser Zugang. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) – Das nennt man Leadership, Herr Kollege!

Es braucht auch den zweiten Punkt, da geht es um Entbürokratisierung und um eine schnellere Abwicklung von Verfahren. Was wir uns da vorstellen: Es gibt zum Beispiel beim UVP-Verfahren schon einige Verbesserungen, das finden wir auch gut. Wir hören aber immer noch, dass es zum Beispiel noch zu we­nig Mitarbeiter zur Abwicklung dieser Verfahren gibt. Ich denke also tatsächlich, dass wir da noch einen Schritt weiter gehen müssen, um da eben auch schneller zu werden. Weil mein Vorredner gerade auch die Leitungs- und die Netzinfrastruktur und die Ertüchtigung der Netze beziehungsweise den Neubau von Netzen angesprochen hat: Auch da sind die Länder gefordert und ja, da braucht es – und das wissen viele, die mich kennen – eine neue Tech­nologie, es braucht Erdkabel. Dann wird der Ausbau auch dementsprechend viel schneller vorangehen, und das Geld dafür ist ja tatsächlich auch da.

Last, but not least: Was in diesem Antrag auch noch drinnen ist, ist das Anzapfen von neuen Energiequellen: Biogas. Wir werden uns die Betriebe nächste Woche gemeinsam anschauen. Also ich glaube, da gibt es ein Riesenpotenzial, das man noch heben könnte, bis hin zum Ausbau von Wasserstoff, bio­genen Gasen in Industrieprozessen und, und, und. Da gibt es noch einiges, was man heben könnte, auch das ist Teil dieses Paketes.

*****

Wir würden uns freuen, wenn Sie diesen Antrag unterstützen würden. Es wird wahrscheinlich schwierig werden, aber wir werden diesen Antrag tatsäch­lich immer wieder einbringen, weil es einfach an der Zeit ist, eine gesamtheitliche Lösung für die Erneuerbaren zu bauen. Wir brauchen die Fast Lane, und das wäre der Antrag, um die Fast Lane auch wirklich auf den Weg zu bringen. – Vie­len Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.51

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer‎, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Notfallpaket für den raschen Ausbau von erneuerbaren Energien

eingebracht im Zuge der Debatte in der 179. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den An­trag 2828/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geän­dert wird sowie über den Antrag 2649/A(E) der Abgeordneten Alois Schroll, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Vereinfachung der Photovoltaik-Förderung für Pri­vate (1728 d.B.) – TOP8

Der Sommer 2022 hat schonungslos dargelegt, warum die Umstellung unseres Energiesystems auf erneuerbare Energien eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Überlebensfrage sein wird. Fast sieben Monate nach dem Beginn des russi­schen Angriffskriegs auf die Ukraine, wo jeden Tag neue Belege für Kriegsverbrechen, Folter und ethnische Säuberungen ans Tageslicht kommen, wird zunehmend klar,
dass es bei keinem möglichen Kriegsausgang eine normale energiepolitische Zusam­menarbeit mit Russland geben kann und wird. Die horrenden Gaspreisexplo­sionen, welche die Kosten für Wärme und Strom europaweit in die Höhe schnellen ließen, haben gezeigt, wie verwundbar wir aufgrund von fossilen Importen sind. Gleichzeitig haben extreme Dürre und Rekordhitze in ganz Europa gezeigt, dass unsere Landwirtschaft, Wohlstand und Lebensgrundlage langfristig durch den Klimawandel bedroht ist, und wir dringend unseren Teil zur globalen Emissionsreduk­tion leisten müssen.

Einer der wichtigsten Schritte zur Reduktion der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und vor allem von russischem Gas ist der massive Ausbau erneuerba­rer Energieträger, um sowohl bei der Strom- als auch Wärmeproduktion Alterna­tiven zum Gas zu haben. Sowohl Österreich, als auch Europa insgesamt haben ausrei­chend Potentiale um unseren Bedarf zu decken und unsere internationale Konkurrenzfähigkeit aufrecht zu erhalten. Diese Tatsache ist auch von der Regierung bzw. der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innova­tion und Technologie nun mehrfach betont worden. Allerdings wurde in den Monaten seit Kriegsbeginn weder ein konkreter Plan vorgelegt, welche Schritte in den nächsten Wochen gesetzt werden können, noch dargelegt wie die bisherigen Hinder­nisse beim Ausbau der Erneuerbaren beseitigt werden sollen. Dabei kommuni­ziert die Branche klar, was sie braucht: Entlastung bei Bürokratie, schnellere Verfah­ren, weniger Hindernisse auf Landesebene und ausreichend Fachkräfte. Viele europäische Staaten haben hier bereits ambitionierte Pakete vorgelegt, wie etwa das "Osterpaket" in Deutschland, welches Anreizsysteme verbessert und bürokrati­sche Hürden für Erneuerbare abgebaut hat.

Es reicht einfach nicht mehr sich auf Länderkompetenzen auszureden oder auf vage Pläne, Arbeitsgruppen, Verhandlungen mit dem Regierungspartner oder Ab­sichtserklärungen zu verweisen. Der Ausbau der Erneuerbaren ist mittlerweile eine wirtschaftliche Überlebensfrage geworden und jedes Monat, welches ohne konkrete Handlungen verstreicht, treibt unsere Wirtschaft näher in Richtung Ab­grund. Es braucht deshalb dringend ein umfassendes Notfallpaket um den Ausbau der erneuerbaren Energieträger in Österreich massiv zu beschleunigen und so unsere Wirtschaft, Wohlstand und Lebensgrundlage zu sichern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein Notfallpaket für den raschen Ausbau von erneuerbaren Energien vorzulegen, welcher folgende Punkte umfasst:

•     Die Verpflichtung für Bundesländer, verbindliche Ausbauziele für den Ausbau der erneuerbaren Energieträger zu erreichen, welche beim Finanzausgleich mit Bonus/Malus-System abgegolten werden

•     Die Schaffung von Vereinbarungen nach §15a mit den Bundesländern um

o     Widmungsprozesse für den Ausbau von Erneuerbaren zu beschleunigen und zu unterstützen,

o     die Energieraumplanung voranzutreiben,

o     verbindliche Ausbauziele für Erneuerbare festzulegen,

o     verbindliche Sanierungsziele festzulegen

o     Bauordnungen anzupassen, um die Installation von PV-Anlagen und Wärme­pumpen sowie thermische Sanierungen zu forcieren sowie

•     Zusätzlich zu den bereits geplanten Verbesserungen der UVP die Schaffung von ausreichend Personal und Sachverständigen sowie eine verbesserte Verfah­rensbegleitung und Servicecharakter für Projektbetreiber:innen

•     Schritte zur Erleichterung und Beschleunigung von Netzanschlüssen für Erneu­erbare Anlagen

•     Die Vorlage einer Novelle des Energieeffizienzgesetzes bis spätestens 31. De­zember 2022;

•     Die Ermöglichung von Investitionsförderungen für geothermische Strom- und Wärmeproduktion;

•     Den Abbau von Bürokratie sowie die Überarbeitung und Vereinfachung behörd­licher und rechtlicher Vorgaben für die Geothermie,

•     Anpassungen im MinroG welche den geothermalen Wärmeinhalt als bergfreien Rohstoff festlegen

•     Ein Paket für die massive Ausweitung der Biogasproduktion Österreich

•     Ausbau der Unterstützung von Pilotprojekten und Forschung bei der Dekarboni­sierung und bei der Anwendung von Wasserstoff und biogenen Gasen in In­dustrieprozessen;

•     Die Vorlage des im EAG festgeschriebenen Netzinfrastrukturplans bis spätestens 31. Jänner 2023

•     Ein ambitioniertes Maßnahmenpaket gegen den Fachkräftemangel in der Energiebranche inklusive

o     Überarbeitung der Rot-Weiss-Rot Karte inklusive Fast-Track Verfahren

o     massiver Attraktivierung der Lehrberufe und technischen Studien

o     entsprechender Überarbeitung der Ausbildungspläne"

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Leonore Gewessler. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.


13.51.25

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal, aber auch zu Hause! Sie wissen, wir haben uns ein ambitioniertes Ziel gesetzt: 100 Prozent unseres Stroms bis 2030 zur Gänze aus erneuerbaren Energien zu beziehen. (Abg. Rauch: Ihr erzählt immer dieselbe Geschichte! ... Realität!) Dazu wollen wir eine Million Dächer mit Fotovoltaikanlagen ausrüsten, und zahlreiche Bürgerinnen und Bür­ger – die Zahlen sind heute schon genannt worden – sind diesem Aufruf ge­folgt und haben um die Investitionsförderung im Rahmen des Erneuerbaren-Aus­bau-Gesetzes angesucht. Wir haben Rekordantragszahlen aus den ersten Calls in diesem Jahr, und das heißt auch: Rekordausbau. Österreich steuert 2022 – und das ist die Realität! – auf einen absoluten Rekordausbau bei Fotovoltaikanlagen zu. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich als zuständige Ministerin finde es großartig, wir liegen mit diesen Zahlen über dem Pfad für 2030. Das heißt aber auch, dass wir alles dafür tun werden, dass wir es den Menschen noch leichter machen, sich auch in diesem neuen Förderumfeld zurechtzufinden, und noch mehr Privatpersonen dazu motivieren, ihr Dach mit einer möglichst großen Fotovoltaikanlage auszustatten.

Das ist auf der einen Seite ein tolles Zeichen für die Energiewende, aber es ist – und das muss auch in diesem Rahmen gesagt werden – andererseits natürlich
eine Herausforderung für die Abwicklung. Um das zu schaffen, arbeiten wir auch gerade mit der Abwicklungsstelle für den Erneuerbarenausbau eng zusammen,
die nun ihrerseits weitere Maßnahmen setzt, um die Serviceorientierung der Ab­wicklungsstelle auch deutlich zu verbessern.

In diesem Zusammenhang freut mich die Initiative des Parlaments und die breite Unterstützung, die ich jetzt in den Redebeiträgen gehört habe, natürlich ganz besonders. Die Anträge bedeuten gerade für Privatpersonen eine Erleichterung, eine Entbürokratisierung des EAG und erlauben uns, im nächsten Jahr die Förderung vor allem für die Privathaushalte deutlich einfacher zu gestalten. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was heißt das konkret? – Ab dem nächsten Jahr wird es kein Bieterver­fahren mehr in der Kategorie B – das sind Anlagen zwischen 10 und 20 Kilowatt Peak – im Rahmen der EAG-Investitionsförderung geben, sondern auch da einen fixen Fördersatz pro Kilowatt Peak, wie bereits in der Kategorie für die kleinen Anlagen bis 10 Kilowatt Peak.

Frau Abgeordnete Doppelbauer hat in ihrer Rede auch auf die Lieferkettenpro­bleme und Engpässe bei der Bestellung und Montage von Komponenten für Fotovoltaikanlagen und Stromspeicher hingewiesen. Auch dafür wird jetzt vorgesorgt, indem nämlich die Errichtungsfrist verlängert wird und damit mehr Zeit für die Umsetzung bleibt. Das sind sehr konkrete und sehr, sehr hilf­reiche Schritte, und deswegen ein Danke auch von meiner Seite dafür. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir können die Energiewende schaffen, wir können die 100 Prozent schaffen, wir werden sie auch schaffen. Die vielen Fotovoltaikanlagen, die heuer in unserem Land gebaut werden, sind ein sehr, sehr wichtiges Signal dafür, sind vielleicht das beste Zeichen dafür. Wir können und wir werden die Ener­giewende aber vor allem dann schaffen, wenn alle an einem Strang ziehen – auch das ist erwähnt worden, Frau Doppelbauer hat es erwähnt, Herr Abgeordneter Hammer hat es erwähnt –: Wir brauchen für diesen Ausbau die Bundesländer an Bord, deswegen werde ich auch unmittelbar nach dieser Sitzung zur Tagung der Landesenergiereferenten und -referentinnen fahren, wo wir all diese Themen, die auch in der Debatte angesprochen wurden, auf der Tagesordnung haben.

In diesem Zusammenhang darf ich heute einmal mein Heimatbundesland loben. Dort zeigt sich nämlich gerade, wie es geht und wie man es gut machen kann. Die Steiermark hat vor wenigen Tagen in einem wirklich vorbildlichen Prozess ein äußerst ambitioniertes Windausbauprogramm vorgelegt, ein Fotovoltaikflächenprogramm in die Gänge gebracht. Das heißt, es zeigt sich: Wenn man will, dann geht es. Genau das brauchen wir in allen Bundeslän­dern, weil genau diese Ziele auch alle Bundesländer teilen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wenn mir der Herr Präsident erlaubt, noch ein Wort zur letzten Debatte zum Thema Grundversorgung zu sagen: Die Grundversorgung ist für jene da, denen der Strom abgedreht wird, die sonst keine Versorgung mehr erhalten. Für die muss man sorgen. Die Stromkostenbremse ist für alle da, für alle Men­schen in unserem Land. In dem Sinn ist das keine Förderung für die Versorger, sondern eine Förderung für die vielen Millionen Menschen in unserem Land, denen damit die Stromrechnung gesenkt wird. In diesem Sinn darf ich Sie für beide Initiativen um breite Unterstützung bitten. (Beifall bei
Grünen und ÖVP.)

13.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Bevor Kollege Erwin Angerer zu Wort gelangt, darf ich noch ergänzen, dass der von Kollegin Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer formulierte Entschließungsantrag, der vorhin verteilt worden ist, ordnungsgemäß eingebracht ist und somit auch in Verhandlung steht. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.57.03

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wir werden dieser Novelle des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes heute zustimmen, weil es nur um Fristverlängerungen geht. Wir haben das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz aber grundsätzlich abgelehnt, aus wichtigen und richtigen Gründen abgelehnt,
weil dieser bedingungslose Ausstieg aus fossilen Energieträgern, den Sie pro­pagieren, Frau Ministerin, nicht nur nicht möglich, sondern sogar fahrlässig ist. Es ist fahrlässig, was Sie hier erzählen, Sie streuen den Menschen Sand in die Augen.

Wir brauchen heute 90 Terawattstunden Energie aus Gas. Alleine im Winter brauchen wir 25 Terawattstunden, im Winter, wenn kaum Energie aus
Ihren erneuerbaren Energiequellen, Fotovoltaik und Wind, geliefert wird. Wir brauchen dann Atomstrom aus Frankreich und Kohlestrom aus Deutsch­land, um unseren Energiebedarf zu decken. Das ist die Realität, der Sie ins Auge schauen sollten. Sie tun das aber nicht, Sie streuen den Menschen Sand in die Augen, und das ist fahrlässig. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sprechen uns nicht gegen erneuerbare Energie aus. Das ist alles recht und schön, Fotovoltaik, Wind, aber wir kommen – ich habe es heute schon bei
der Budgetdebatte gesagt – von einer Abhängigkeit in die nächste. Ich werde euch das mit einem konkreten Entschließungsantrag zur Sicherung der Roh­stoffe  in Österreich, den ich einbringen werde, vor Augen führen und auch do­kumentieren.

Der Grund für die heutige Änderung dieses Gesetzes, des EAG, ist ja genau dieser: Warum müssen Sie denn die Fristen verlängern? Woher kommen denn die fehlenden Komponenten? – Die kommen aus Asien, die kommen aus China, die kommen aus Taiwan. Wir in Europa haben in diesem Bereich Komponenten
von 9 Prozent in Herstellung und Zusammenbau, bei den Produktionskapazitä­ten für Batterien ist es so, dass 66 Prozent aus China kommen, da haben
wir in Europa – ich rede gar nicht von Österreich – fast keine Kompetenzen.

Sollte es zu einem Wirtschaftskrieg oder einem wirklichen Krieg – was wir alle nicht hoffen wollen – zwischen China und Taiwan kommen, sind ja aus
Ihrer Logik heraus dann sofort wieder Sanktionen zu setzen. Das heißt, wir bringen uns zuerst in eine Abhängigkeit von den Rohstoffen und Kompo­nenten aus China und Taiwan, dann setzen wir Sanktionen gegen die Lieferanten von Windrädern und Fotovoltaikanlagen, die uns retten sollen. Die Amerika­ner zündeln ja dort schon wieder, und dann sind die österreichische und die eu­ropäische Wirtschaft wirklich in der Rue de la Kack, im A, um das hier im Parlament nicht aussprechen zu müssen.

Wir sind abhängig von diesen Kontinenten, von diesen Ländern, und China steht ja nicht gerade auf der Seite Europas oder Amerikas, also ich glaube, die sind
eher näher bei Russland dran.

Wir haben weder Kobalt noch Nickel, seltene Erden oder Kupfer in dem Ausmaß, dass wir Ihren Green Deal auch nur ansatzweise schaffen könnten. Es gäbe ja einen Masterplan Rohstoffe in Österreich – der vorher in Ihrem Ministerium war, jetzt liegt er im Finanzministerium –, der auch Maßnahmen vorsieht, aber keine einzige dieser Maßnahmen ist bis jetzt in Bewegung geraten. – Mir ist es nicht bekannt, aber vielleicht wird uns Herr Klubobmann Wöginger sagen, dass eh schon alles auf dem Weg ist.

Deswegen würden wir uns Maßnahmen wünschen, dass Energie und Rohstoffe in Österreich, die wir selber haben, mehr genutzt werden und es vor allem
auch angegangen wird, diese zu nutzen. Warum nutzen wir nicht das eigene Gas im Wiener Becken, um wirklich Sicherheit zu schaffen? Das muss mir einmal jemand erklären.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Siche­rung der Rohstoffversorgung in Österreich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend die Schaffung eines zentralen Kompetenzzentrums für ein strategisches Rohstoffmanagement, ähn­lich der Deutschen Rohstoffagentur (DERA), im Sinne einer nachhaltigen Rohstoffversorgung in Österreich und damit einer Reduktion der Abhängigkeit Österreichs vorzunehmen.“

*****

Sie machen sonst, meine Damen und Herren, die Rechnung ohne den Wirt. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.01

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Mag. Christian Ragger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Sicherung der Rohstoffversorgung in Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 8: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2828/A der Abgeordneten
Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird sowie über den An­trag 2649/A(E) der Abgeordneten Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinfachung der Photovoltaik-Förderung für Private (1728 d.B.) in der 179. Sit­zung des Nationalrates am 13. Oktober 2022

Die überzogenen Coronamaßnahmen, die die Wirtschaft in Österreich und Europa über Monate massiv beeinträchtigten, der Krieg in der Ukraine mit den die eu­ropäische und heimische Wirtschaft ebenfalls massiv und nachhaltig schadenden Sanktionen haben - gepaart mit einer unverantwortlichen Klimapolitik der Europäischen Union, dem sogenannten Green Deal – drastisch offengelegt, welche Versorgungsrisiken, Abhängigkeiten und damit negative Auswirkungen auf die Bevölkerung damit einhergehen.

Die Wirtschaftsnachrichten 9/2002 berichten in diesem Zusammenhang wie folgt:

„Der Krieg zwischen Ukraine und Russland zeigt, wie schnell und massiv eine Rohstoffabhängigkeit und mangelnde Versorgungssicherheit zu wirtschaftlicher Instabilität führen und die gesellschaftliche Lage bedrohlich werden kann.
Auch die Abhängigkeit Europas von China gerät immer mehr in den Mittelpunkt, angesichts der Spannungen zwischen China und Taiwan. Die Folgen einer Sanktionierung Chinas durch den Westen wären fatal. Käme es zum Krieg um die von China beanspruchte Insel, dann rollt in Europa bald kein Auto mehr vom Band.
Die Energiewende würde eine Vollbremsung hinlegen.“

Roman Stiftner, der Geschäftsführer der Fachverbände Bergbau-Stahl und
Nicht Eisen-Metallindustrie der Wirtschaftskammer Österreich sowie Generalsekretär von EUMICON (Plattform für mineralische Rohstoffe und Technologie-Transfer) wies in Zusammenhang mit der Vorstellung einer Studie zum Thema „Metalle für sau­bere Energie: Lösung der Rohstoffherausforderung in Europa“ in Brüssel im Ap­ril dieses Jahres darauf hin, dass der Bedarf nach mineralischen Rohstoffen zukünftig weiter steigen wird, und daher bald entschlossene Maßnahmen erforderlich sind, um Engpässe bei mehreren Materialien zu vermeiden, bei denen die Gefahr besteht, dass diese am Ende dieses Jahrzehnts weltweit knapp werden.

Laut der genannten Studie könnte Europa um 2030 aufgrund globaler Versorgungs-engpässe bei fünf Metallen, insbesondere Lithium, Kobalt, Nickel, Seltene Erden
und Kupfer, Probleme bekommen. Die Nachfrage nach Primärmetallen in der EU wird um 2040 ihren Höhepunkt erreichen. Diese Rohstoffe sind aber unter anderem es­senziell für den Bau von Batterien, Windkraft- und Solaranlagen notwendig.

Dies wird auch in einer Präsentation des damaligen Bundesministeriums für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus vom März 2021 klar dargelegt, wenn es da wörtlich heißt:

„Windenergie: rd 300 – 600 kg Seltene Erden stecken im Permanentmagnet eines Generators einer 3 MW Anlage

Der Ausbau der Windkraft auf 10 TWh gemäß EAG benötigt in Summe den Einsatz von rd 2.000 t Seltene Erden

Photovoltaik: Silizium für die Zellgläser, Halbmetalle (z.B. Gallium, Indium) für leitende Dünnschichten“

„Die Abhängigkeiten Österreichs haben sich insbesondere mit der Einführung der grünen Technologien stark erhöht. Bereits 2004 wurden im Auftrag der Europäischen Kommission die Versorgungsprobleme der europäischen Wirtschaft mit minerali­schen Rohstoffen untersucht. Dabei wurde die „gefährliche Abhängigkeit bei wichti­gen Industriemetallen, die etwa für die Herstellung von E-Autobatterien, Windrä­dern, Fotovoltaikanlagen oder elektronischen Bauteilen sind“, früh erkannt.“

(Wirtschaftsnachrichten 9/2022)

„Die 27 EU-Mitgliedsstaaten besitzen bei der Herstellung von E-Autobatterien kaum eigene Wertschöpfungsanteile. Bei der E-Mobilität sitzt China am Steuerrad der Wirtschaft. Bei wichtigen Rohstoffen wie Kobalt, Lithium, Mangan, Grafit und No­bium besteht eine Rohstoffabhängigkeit von China von 32 Prozent. Verar­beitende Bauteile und Komponenten bezieht die EU zu je 52 Prozent auch aus dem Reich der Mitte und zu je 31 Prozent aus Japan. Der Wertschöpfungsanteil von elektronischen Komponenten und verarbeitenden Materialien liegt in der EU nur bei rund neun Prozent. In der Herstellung und im Zusammenbau besitzt die EU so gut wie keine Produktionskapazitäten. Batteriezellen werden zu 66 Prozent aus China be­zogen, zu 13 Prozent aus den USA und zu 13 Prozent aus anderen Teilen Asiens und der Welt. Laut Prognosen wird sich der Bedarf von Rohstoffen für die Batterie­herstellung bis 2050 jedenfalls verdoppeln. Auch bei Windrädern, auf die die
grüne Klimaministerin Leonore Gewessler derzeit so stark setzt, bestehen massive Abhängigkeiten bei Komponenten (56 Prozent), verarbeiteten Rohstoffen (41 Prozent) und Rohstoffen (54 Prozent) von China. Am massivsten ist die Abhän­gigkeit Österreichs von China allerdings im Bereich der Solar- und Fotovol­taikanlagen: Rohstoffe (53 Prozent), verarbeitete Materialien (50 Prozent), Herstel­lung von Bauteilen und Komponenten (89 Prozent) und Endfertigung (70 Pro­zent).“ (Wirtschaftsnachrichten 7-8/2022)

Während es in Deutschland bereits ein zentrales Kompetenzzentrum für die Rohstoffversorgung in Form der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) gibt, fehlt es in Österreich weiterhin an geeigneten Strukturen und Einrichtung für ein strate­gisches Rohstoffmanagement im Sinne der Versorgungssicherheit für die nächsten Jahre.

Der bereits vor einem Jahr, im Oktober 2021 vom damaligen Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus ausgearbeitete „Masterplan Rohstof­fe 2030“ beinhaltet zwar einen Maßnahmenkatalog, jedoch fehlt nach wie vor die konkrete Umsetzung.

Ein kürzlich stattgefundener Rohstoffdialog in Wien lässt die Alarmglocken schrillen, wenn man dort zum Ergebnis kommt, dass „Europa dringend Entscheidungen treffen muss, wie die drohende Versorgungslücke mit Rohstoffen geschlossen werden könne. Ohne eine entschlossene Strategie riskiert man neue Abhängigkeiten von unberechenbaren und nicht nachhaltigen Lieferanten.“

Dass Potential für den Ausbau der Rohstoffgewinnung vorhanden ist, besagt auch die oben bereits erwähnte Studie „Metalle für saubere Energie: Lösung der Rohstoff­herausforderung in Europa“ vom April 2021, wo es heißt, dass es ein theoretisches Potential für neue inländische Minen gibt, um zwischen 5 und 55 % des europäi­schen Bedarfs an Lithium und Seltene Erden bis 2030 zu decken. In diesem Zusam­menhang ist es auch aus Sicht der österreichischen Industrie dringend erforder­lich, diesbezügliche Genehmigungsprozesse für neue Projekte- sowohl im Bergbau als auch in der Industrie zu beschleunigen. Diese betragen momentan im europäi­schen Schnitt 15 bis 17 Jahre.

Ein wesentlicher Schwerpunkt im Interesse der Reduktion der Abhängigkeit liegt auch im Bereich des Recyclings. 40 bis 75 % des Bedarfs an Metallen für die Erzeugung sauberer Energie könnte bis 2050 in Europa aus lokalem Recycling gedeckt werden, so die genannte Studie.

Die damalige Bundesministerin Köstinger kam in diesem Zusammenhang am 15.12.2021 in der Tiroler Tageszeitung zum Ergebnis, dass „man den Rohstoffabbau in Europa und in Österreich forcieren müsse, um unabhängiger und krisenresis­tenter zu werden, da dadurch auch der Arbeitsmarkt angekurbelt würde.“

„Daher habe man auch gemeinsam mit der Industrie im "Masterplan Rohstoffe 2030" 75 Maßnahmen definiert, mit denen der österreichische Bergbau gestärkt und Res­sourcen besser genützt werden sollen,“ so die Ministerin damals weiter.

Jedoch folgten diesen angekündigten Maßnahmen bis dato nahezu keine Taten bzw. Schritte in Richtung Umsetzung.

Aus diesen Gründen ist es mehr als dringlich, dass man sich von Seiten der österreichischen Bundesregierung der Problemlage endlich bewusst wird und tat­sächlich Maßnahmen setzt, die auf eine Sicherung der Rohstoffversorgung in Österreich abzielen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend die Schaffung eines zentralen Kompetenzzentrums für ein strategisches Rohstoffmanagement, ähnlich der Deutschen Rohstoffagentur (DERA), im Sinne einer nachhaltigen Rohstoff­versorgung in Österreich und damit einer Reduktion der Abhängigkeit Österreichs vorzunehmen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ing. Martin Litschauer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.01.22

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Kollege Angerer hat gerade in seiner Rede behauptet, dass die erneuerbaren Energien im Winter einen nur geringen Beitrag leisten.

Ich korrigiere tatsächlich: Die Windenergie produziert im Winterhalbjahr mehr Strom als im Sommerhalbjahr. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der ÖVP. – Abg. Kassegger: Das ist doch ein Unsinn, was Sie hier erzählen,
ein Unfug!)

Damit ist auch klar, warum wir den Windenergieausbau brauchen: Weil die Windräder gerade im Winter eben diesen wichtigen Beitrag leisten. Deswegen sollte man aufhören, den Windenergieausbau zum Beispiel in Oberöster­reich und in anderen Bundesländern, wo ihr beteiligt seid, zu blockieren, denn genau für die Winterversorgung brauchen wir nämlich die Windenergie. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Christoph Stark. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Ruf bei den Grünen: So macht man eine tatsächliche Berichtigung! – Abg. Kassegger: Das ist Blödsinn!)


14.02.11

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf mich jetzt als Letzter zur geplanten EAG-Novelle zu Wort melden und möchte vorweg festhalten, dass jeder und jede, die in den PV-Ausbau investie­ren, einen guten und wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Energiewirt­schaft in Österreich erbringen und damit nicht nur die Energieversorgung stüt­zen, sondern natürlich auch die Klimaziele unterstützen. Das ist ein ganz, ganz positiver Beitrag. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

In diesem Sinne ist es auch gut, dass wir die Förderabwicklung jetzt vereinfachen, die Fristen verlängern, um diesen Ausbau bei den Privaten vo­ranzutreiben, wenngleich ich an dieser Stelle auch anmerken möchte, dass die Zeit einmal kommen wird, darüber nachzudenken, wie viel PV wir noch mit öffentlichen Mitteln fördern müssen, wenn sich die Preisgestaltung so fortsetzt, wie sie es momentan tut. Also auch diese Überlegung, wann dieser Break-even erreicht ist, wann die PV praktisch ein Selbstläufer sein wird, muss gestattet sein, diese Frage müssen wir uns auch als Abgeordnete stellen.

Ich möchte die Gelegenheit aber auch nutzen, um zwei Dinge zum Thema Netzbetrieb anzumerken. Zum einen, Frau Ministerin, hängen PV-Ausbau und Stromsicherheit ausschließlich von der Stabilität der österreichischen Netze
ab. Die Netzbetreiber brauchen da sicher Unterstützung. Ich weiß, wovon ich spreche, weil die Stadt, in der ich Bürgermeister bin, selbst an einem
EVU beteiligt ist: Die Netzbetreiber brauchen da Unterstützung!

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei den Netzbetreibern bedanken. Es
gibt nicht nur die ganz großen, es gibt auch die regionalen, die enorme Investitionen stemmen, um diesen Netzausbau voranzutreiben, die enorme Investitionen stemmen, um PV zu ermöglichen, zwar noch immer zu lang­sam, noch immer zu wenig, aber da sind Menschen am Werk, die wirklich ihr Bestes geben, um diesen Netzausbau zu garantieren. All diesen Menschen
möchte ich von dieser Stelle aus ein großes Dankeschön sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

In Summe ist die Novelle des EAG wieder – ich betone: wieder – ein Schritt
in die richtige Richtung, wieder ein Schritt in Sachen Energieautarkie, wieder ein Schritt zur Entlastung der Menschen. In diesem Sinne freue ich mich auf breite Zustimmung. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie.

14.05.07Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 7 und 8


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Tagesordnungspunkte 7 und 8, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wünschen die Klubs dazu eine Sitzungsunterbrechung? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betref­fend Stromkostenzuschussgesetz in 1727 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kol­legen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Änderung der §§ 2, 11 und 14 ein­gebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht ab­gestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezüglichen Zei­chen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kostenlawine stoppen – Entlastung für Österreich“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind,
um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag
ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Melanie Erasim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Preisdeckel für Gas
und Strom und Übergewinnsteuern für Energiekonzerne“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind,
um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag
ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird,
in 1728 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen,
noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf sowie der erwähnte Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag Verfassungsbestimmungen enthalten, stelle ich zunächst
im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung er­forderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend die Einfügung der Ziffern 1a und 2a sowie Änderung der Z 7 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erfor­derliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig. Auch hier ist natürlich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben.

Wir kommen nun zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezüglichen Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Auch hier ist die erforderliche Zweidrittelmehr­heit ausdrücklich gegeben.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Notfallpaket für den raschen Ausbau von erneuerbaren Energien“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind,
um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag
ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Roh­stoffversorgung in Österreich“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist ab­gelehnt.

14.09.429. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den 13. Umweltkontrollbericht, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Inno­vation und Technologie (III-752/1712 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Schmiedlechner. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


14.10.10

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Zuseher und Zuseherinnen! Der Umweltkontrollbericht des Um­weltbundesamtes enthält sehr begrüßenswerte Empfehlungen, unter anderem, die Infrastruktur klimaresilienter zu entwickeln, mehr Forschung in diesem Bereich anzustellen, vermehrte Nutzung von Holz und natürlichen CO2-Senken. Das sind sehr begrüßenswerte Empfehlungen vom Umweltbundesamt.
Aber wie war das jetzt: vermehrte Nutzung von Holz? Das widerspricht ja ve­hement der EU-Strategie, der EU-Waldstrategie. Dort wird eigentlich ge­nau das Gegenteil gefordert, und da fragt man sich dann schon wirklich, was sich die Herrschaften dabei denken: auf der einen Seite wird dieses gefordert
und auf der anderen Seite jenes.

Gleichzeitig sind dort Forderungen enthalten, über die man eigentlich mehr oder weniger den Kopf schütteln kann. Wenn man sich das anschaut, liest man
unter anderem: „Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise“ für die Landwirtschaft, und dort steht unter anderem dann auch: Reduzieren der Fleischproduktion, also deutliches Minimieren der Fleischproduktion. Mich wun­dert, dass die ÖVP bei solchen Schwachsinnigkeiten überhaupt mitgeht! (Abg. Schnabel: Der Bericht! Das ist der Bericht!) Gleichzeitig sind dort Empfehlun­gen drinnen, die massiv in die Teuerung hineinspielen. Unter anderem emp­fiehlt das Umweltbundesamt in diesem Bericht, die CO2-Bepreisung weiter zu er­höhen und die Pendlerpauschale abzuschaffen. Ich denke einmal, angesichts
der angespannten Situation für die Menschen ist das einfach nur schwachsinnig (Abg. Lukas Hammer: Herr Präsident!) und einfach nur katastrophal.

Weiters ist die Empfehlung einer Ernährungsumstellung enthalten. Da wird den Leuten empfohlen – oder vorgeschrieben –, dass sie nicht mehr so viel Fleisch essen sollen. Es wird ihnen praktisch vorgeschrieben, was sie essen sollen.

Tatsache ist – das muss man abschließend sagen –: Ohne Landwirtschaft gibt es keine biologische Vielfalt. Die Landwirtschaft hegt und pflegt über Jahrhun­derte unsere Kulturlandschaft. Wenn man sich dann anschaut, dass 29 Prozent unseres Bundesgebietes unter Naturschutz stehen, dann kann man davon ausgehen – und ich bin felsenfest davon überzeugt –, dass die Landwirtschaft schon sehr viel für den Umweltschutz und für den Klimaschutz leistet. Da ist es einfach nur widersinnig und nicht zu verstehen, dass man die Landwirt­schaft mit weiteren Belastungen, mit weiteren Auflagen niederknüppelt und versucht, die Landwirtschaft zu schädigen.

Abschließend: Bei den vielen Belangen des Umweltschutzes ist die Landwirt­schaft besonders wichtig, das stimmt. Für den gesunden Boden, der CO2 bindet, spielt die Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Wenn wir die Umwelt schützen wollen, dann müssen wir das gemeinsam mit der Landwirtschaft und nicht gegen die Landwirtschaft tun. Deswegen fordere ich Sie auf, dass wir Abstand davon nehmen, die Landwirtschaft stets als Klima- und Umwelt­sünder hinzustellen! Tatsache ist, dass in anderen Bereichen weit mehr passiert. (Beifall bei der FPÖ.)

14.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Weil hier die Forderung nach einem Ordnungsruf, glaube ich, erhoben worden
ist, darf ich erklären, warum ich manchmal einen gebe und manchmal nicht. Bei mir ist es immer so, dass ich dann einen gebe, wenn jemand persönlich belei­digt wird. Wenn der Abgeordnete gesagt hätte, dass eine Person aus seiner Sicht schwachen Sinnes sei, dann hätte es sofort den Ordnungsruf gegeben. Er hat gemeint, eine Maßnahme (Abg. Lukas Hammer: Nein, eine Institution!) wäre aus seiner Sicht nicht starken Sinnes, und deswegen habe ich mich entschlossen, keinen zu geben – nur um zu erklären, wie ich ticke.

Frau Dr. Astrid Rössler, Sie gelangen zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.14.41

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Zuseherinnen und Zu­seher! Es liegt in der Natur der Sache, dass die Bewertung mancher Unterla­gen unterschiedlich ist, so auch durch meinen Vorredner, aber ich möchte mich damit nicht unbedingt aufhalten, denn ich halte den Umweltkontrollbericht für eine ganz exzellente Bestandsaufnahme über den Zustand der Umwelt in Ös­terreich und daher für eine ganz wichtige Arbeitsgrundlage und vor allem eine sehr seriöse, exzellente Grundlage für politische Arbeit und politische Entscheidungen im Umweltbereich. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schmuckenschlager.)

Auch im Gegensatz zu meinem Vorredner halte ich das Team im Umwelt­bundesamt für ein überaus engagiertes Team von vielen Expertinnen und Exper­ten auf sehr hohem Niveau, die ausgezeichnete Arbeit leisten. Ich möchte an dieser Stelle dem Team des Umweltbundesamtes ausdrücklich danken, denn dieser Bericht, der alle drei Jahre erstellt wird, ist ein ausgezeichnetes Nachschlagewerk, sehr gut lesbar, sehr gut aufbereitet, aber mit ganz grundle­genden Aussagen zum Zustand von Luft, Wasser und Boden, zu allem, was uns unmittelbar betrifft, auch zu den Zusammenhängen mit der menschlichen Gesundheit – denn wir brauchen intakte Naturräume, eine gesunde Um­welt, gute Luft, um als Menschen überhaupt gesund leben zu können.

Dieser Umweltkontrollbericht ist die Arbeitsgrundlage für umweltpolitische Entscheidungen und enthält, wie schon angedeutet, wertvolle Maßnahmen und Vorschläge, was zu verbessern ist, wo wir Aufholbedarf haben, wo wir Verbesserungsbedarf haben – unter anderem beim Bodenverbrauch, unter an­derem beim Artenschwund. Daher ist genau dieser Bericht eine wichtige Grundlage für entsprechende politische Entscheidungen. Da zeigt sich, ob eine Umweltministerin engagiert ist, ob sie vorangeht und mutig ist, genau sol­che Entscheidungen zu treffen, unter anderem – erstmals in Österreich – für einen neuen nationalen Biodiversitätsfonds im Umfang von 50 Millionen Euro. Das ist ein großartiger Schritt, um genau da gegenzusteuern. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schnabel.)

Im Bereich Abfallwirtschaft, Kreislaufwirtschaft, Reparaturbonus gibt es eine Förderung von 130 Millionen Euro, das wurde auch im EU-Review zum Umweltkontrollbericht auf EU-Ebene erwähnt. Auch das ist ein wichtiger Schritt, um Maßnahmen gegen den Ressourcenverbrauch und für die längere Verwendung von Produkten zu setzen: 130 Millionen Euro.

Die Kreislaufwirtschaftsstrategie, eine Strategie zur Verringerung von Lebens­mittelabfällen, unter anderem Mehrweg und Pfand, wurde eingeführt. Da gab es ziemlich aufwendige Diskussionen, das ist nicht bei allen auf Zustimmung gestoßen. Letztlich ist es aber auch ein wichtiges Signal zur Verringerung unserer Abfälle, ein Abfallvermeidungsprogramm und letztlich die Grundlage für sukzessive Verbesserungen, wo wir sie brauchen.

Wir wissen, die Klimakrise – Top 1 –, die Biodiversitätskrise – Top 2 – und letztlich auch der Bodenverbrauch sind die großen Treiber, und daher ist es um­so wichtiger, dass wir auf Basis dieser regelmäßigen Umweltkontrollberichte die entsprechenden Entscheidungen treffen können.

Abschließend, weil es auch mir ein besonderes Anliegen ist: Dieser Bericht stellt die österreichische Umweltsituation sehr schön in Relation zu den Nachhal­tigkeitszielen der Vereinten Nationen, den 17 SDGs. Wir haben begonnen, vor jeder Plenarsitzung ein SDG vorzustellen; auch das ist ein wichtiger Beitrag, um die österreichische Umweltpolitik in den Kontext internationaler Bemühun­gen zu stellen. Engagierte Umweltpolitik: Sie ist notwendig, sie wird ge­macht und sie wirkt. – Danke, Frau Bundesministerin! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.18.43

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Der Umweltkontrollbericht analysiert den Zustand unserer Umwelt in Österreich. Der Bericht zeigt, Frau Ministerin,
dass wir vor großen Herausforderungen stehen, dass es in ganz, ganz vielen Be­reichen dringend Handlungsbedarf gibt, aber die Bundesregierung einfach zu wenig unternimmt.

Gerade in diesem Bereich ist aber Feuer am Dach, denn der Bericht sagt,
dass der Klimawandel in Österreich stärker voranschreitet, rascher voranschrei­tet als im globalen Schnitt. Schon jetzt haben wir dadurch große finanzielle Schäden; eine bemerkenswerte Feststellung, wenn man bedenkt, dass wir eine Bundesregierung mit grüner Beteiligung haben. Selbst in Ihrer Kernkompe­tenz versagen Sie, geschätzte Damen und Herren der Grünen! Wir haben seit 650 Tagen kein Klimaschutzgesetz, das heißt, Österreich hat seit 650 Ta­gen keine gesetzliche Grundlage für den Klimaschutz; eigentlich ganz, ganz be­dauerlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch einmal: Der Klimawandel schreitet in Österreich rascher voran als im globalen Schnitt.

Frau Ministerin, ich fordere Sie und auch die Bundesregierung an dieser Stelle auf: Setzen Sie sich an den Verhandlungstisch und nennen Sie uns endlich Lösungen! Die Bundesregierung betreibt auch da bloße Ankündigungspolitik und ist nicht gewillt, echte Maßnahmen zu präsentieren.

Wo bleibt die Biodiversitätsstrategie 2030, welche für die Artenvielfalt in un­serem Land wesentlich wäre? Wo bleibt das Aktionsprogramm Nitrat, wel­ches für den Gewässerschutz in Österreich eklatant wichtig wäre und die Verun­reinigung unseres Trinkwassers verhindern könnte? (Abg. Schnabel: Beste Qualität, beste Qualität!)

Ein wesentlicher Punkt ist mit ganz großer Sicherheit auch eine krisenfeste Energieversorgung, die für die Menschen in unserem Land leistbar und
auch nachhaltig ist, doch auch da versagt die Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme aus dem schönen Salzburg, Frau Ministerin. In der Salzburger Lan­desregierung haben wir eine grüne Regierungsbeteiligung, aber es gibt kein einziges Windrad in diesem Bundesland. Neidvoll schaue ich dann zu mei­nen Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland, die gerade ein Gesetz auf den Weg gebracht haben, welches den erneuerbaren Energien ein überragendes öffentliches Interesse einräumt. Frau Ministerin, damit werden nicht nur Behördenverfahren verkürzt, sondern da wird auch der Ausbau erneuerbarer Energien massiv gefördert. Solche Maßnahmen wünsche ich mir für Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Rössler, Sie sagen, Sie haben so vieles gemacht: das Klimaticket, den Reparaturbonus, ein Pfandsystem auf Plastik und Dosen. – Das alles sind wichtige Maßnahmen, aber sie bekämpfen keinesfalls unsere wirklichen Probleme oder helfen dabei, den Klimawandel effektiv bekämpfen zu können.

Frau Ministerin, auch im Hinblick auf das Budget möchte ich Ihnen sagen: Wenn Sie jetzt nicht beginnen, den Klimawandel und all die Dinge, die ich gerade gefordert habe – das Klimaschutzgesetz (Abg. Schnabel: Wir haben ein Rekordbudget in dem Bereich! Ein Rekordbudget!), die Biodiversitätsstrategie, den Aktionsplan für Nitrat –, endlich wirklich ernst zu nehmen, und uns hier ins Parlament nicht eine Beschlussvorlage bringen (Abg. Schnabel: Frau Kol­legin Ecker, das ist eine Rekordsumme! Noch nie wurde so viel in den Klimaschutz investiert!), dann werden wir in Zukunft sämtliche Staatsausgaben für die Bekämpfung der Klimakrise aufwenden müssen. Das wünsche ich mir für uns alle nicht – ich hoffe, das wünscht sich hier im Haus niemand –, und vor allem wünsche ich mir das nicht für die Jugend in diesem Land. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.22.36

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Umwelt­kontrollbericht gibt uns einerseits eine umfangreiche Datenlage dazu, was in unserem Land alles so geschehen ist und wie sich der Umweltzustand dar­stellt, und auf der anderen Seite gibt er uns natürlich Anleitungen für die Zukunft. Ich finde es schon spannend: Man will den Bericht vielleicht da und dort nicht lesen, bekommt ihn dann im Ausschuss vom Umweltbundesamt auch noch erläutert und will dann noch immer nicht akzeptieren, dass wir gerade in Sachen Umweltschutz in Österreich sehr, sehr viel zustande bringen und zustande gebracht haben (Abg. Cornelia Ecker: Leider zu wenig!), und das ist keine Frage der politischen Einstellung oder der Ideologie.

Ich möchte Ihnen zwei Beispiele geben: Eines ist die Abnahme der Belastung der Fließgewässer. Sie ist großteils darauf zurückzuführen, dass wir die Abwässer entsprechend reinigen, und zwar mit Kläranlagen, die wir in den Gemeinden er­richten. Die Gemeinden in Österreich sind bekanntlich nicht nur einer Farbe zuzuordnen – vielleicht mehrheitlich, aber sie sind in unserem Staat doch sehr bunt gestaltet –, und daher ist es eine Errungenschaft von uns allen,
gemeinsam mit den Bürgern, dass wir da vorankommen, uns weiterentwickeln.

Ein zweites Beispiel: Die Stickoxidwerte sind zurückgegangen. Das ist ganz, ganz wesentlich, weil Stickoxid ein enormes Risiko für die Gesundheit darstellt.
Wieso ist das passiert? – Nicht, weil wir gesagt haben, es darf niemand mehr mit dem Auto fahren, alle müssen wieder die Rösser vor die Kutsche spannen (Heiterkeit des Abg. Bernhard), nein, weil wir uns technologisch weiterentwickelt haben, den Verbrennungsmotor weiterentwickelt haben und neue Brenn­stoffe entwickelt haben, vor allem bei den biogenen Treibstoffen.

Das sind die Wege, die wir auch in der Frage des Klimawandels gehen müssen:
Wir müssen uns offen und ohne Scheuklappen weiterentwickeln. Und wenn Sie jetzt sagen: Da geschieht nichts, da geschieht zu wenig!, dann weiß ich nicht,
wo Sie bei der Diskussion der vorigen zwei Tagesordnungspunkte waren, wo wir das ja alles beschlossen haben, vor allem im Hinblick auf Fotovoltaik. (Beifall
bei der ÖVP.)

Die Planung für die kommenden Jahre, diese komplette ökologische Transfor­mation der Energieversorgung sicherzustellen, ist ja nicht nur aufgrund klimapolitischer Punkte und Konzepte notwendig, sondern vor allem deswegen, weil wir die Energieversorgung in Österreich für unsere Wirtschaft, für unsere Bevölkerung absichern müssen. Wir haben die ökosoziale Marktwirt­schaft schon als Richtschnur herangenommen, als wir die ökosoziale Steuerreform eingeleitet haben. Genau da gelingt dieser Brückenschlag zwischen Wirtschaft und Klimaschutz: mit Anreizen statt Verboten und vor allem damit, dass man die Bürger nicht überfordert, sondern sie mitnimmt, so wie es uns die positiven Beispiele ja zeigen.

An der Bereitstellung von 14,8 Milliarden Euro bis 2026 sieht man, dass es nicht wenig ist – im europäischen Vergleich sogar sehr, sehr viel –, was wir in genau
diese Transformation hineinstecken. Wir haben sehr ambitionierte Ziele, die wir damit auch erreichen können. (Zwischenruf der Abgeordneten Cornelia Ecker.)

Es geht auch – weit über diesen Aspekt hinaus – um die Sicherheit und darum,
die natürlichen Ressourcen in unserem Land zu erhalten. Das ist etwas, das dann oft in einen Widerspruch gerät, und da sind wir natürlich auch aufgefordert –
es wurde schon angesprochen: die EU-Waldstrategie, die EU-Biodiversitätsstra­tegie –, die Ressourcen zu schützen. Wir aber wählen den Weg nützen und schützen: Uns geht es darum, keinen Raubbau an der Natur durchzuführen, aber die Ressourcen, die wir im eigenen Land haben, trotzdem bestmöglich zu nützen. Darum ist es auch so wichtig, dass in der Biodiversitätskommission Grundeigentümer und -bewirtschafter noch gestärkt werden, um dieses Potenzial entsprechend auszuarbeiten. Alleine bei Biogas gibt es laut Umwelt­bundesamt das Potenzial, damit 40 Prozent unseres jetzigen Gasverbrauchs zu substituieren, und ich glaube, es liegt in der Verantwortung unserer Generation, diese Ressourcen auch entsprechend einzusetzen. (Beifall bei
der ÖVP.)

14.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.26.47

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Immer wenn ich in einer Umweltdebatte nach einem ÖVP-Kollegen ans Rednerpult komme, habe ich das Gefühl, ich komme direkt nach einem Vertreter eines Lobbyistenvereins heraus. (Beifall der Abgeordneten Doppelbauer und Cornelia Ecker.) Also das Ausmaß, in dem da die Agrarinteressen
quasi beworben werden, obwohl es eine Umweltdebatte ist, ist schon immer sehr erstaunlich.

Der Umweltkontrollbericht bietet einiges an Information, kommt alle drei Jahre heraus und ist inhaltlich in manchen Punkten nicht sehr überraschend,
nämlich beispielsweise in der Frage der Klimapolitik. Von 2019 weg gerechnet ist es so, dass man Österreich eindeutig in einem Bereich verorten kann,
wo man sagt: Wir sind in der Klimapolitik nicht erfolgreich. Im internationalen Ranking sind wir aktuell auf Platz 32, einen Platz vor China, wir haben
seit dem letzten Jahr Weißrussland überholt. Wir sind in der Frage der Klimapoli­tik also nicht die Megaperformer. Wo wir die Megaperformer sind, ist beim Einsatz von Steuermitteln, denn wir investieren extrem viel Geld in Klimapolitik, die aber nicht die Emissionen senkt. Man müsste also einmal darüber nachdenken, ob man das in Zukunft nicht besser machen kann. (Beifall bei den NEOS.)

Ein anderer Punkt, der auffällt und der auch sehr viele Sorgen macht, ist der Flächenverbrauch: Wir sehen, dass es zwischen der Biodiversität, dem Zu­stand, in welchem sich Flora und Fauna befinden, und der Frage, wie wir mit unseren Flächen umgehen, einen unmittelbaren Zusammenhang gibt. Wir wissen, dass es bereits seit vielen Jahren unser Ziel ist, pro Tag nicht mehr als 2,5 Hektar unserer Fläche zu verbrauchen; aktuell liegen wir stabil bei 11,5 Hektar und es ist kein Rückwärtstrend in irgendeiner Form zu sehen.

Wir sehen betreffend Verbrauch – es ist auch ganz wichtig, welche Flächen verbaut werden –, dass der Verbrauch in zwei Bereichen zurückgegangen ist: Wir verbrauchen weniger Fläche für Erholungsgebiete und wir verbrauchen weniger Fläche für Betriebsgebiete als in der Vergangenheit. Was gestiegen ist, sind
der Flächenverbrauch für den normalen Bau, für Bauleistungen außer Betriebs­ansiedlungen, und der Flächenverbrauch für Verkehrsflächen, im Wesentli­chen für Straßen.

Das heißt, wir verbrauchen zu viel Fläche durch Zersiedelung und dadurch,
dass wir nicht verdichtet bauen. Das hat viele negative Auswirkungen für die Umwelt, aber beispielsweise auch für die Kommunen, weil wir in den
letzten zehn Jahren an Streckennetz insgesamt in Österreich 10 Prozent mehr Gemeinde- und Landesstraßen dazubekommen haben – das muss ja auch jemand erhalten. Diese Zersiedelung ist nicht nur für die Umwelt schädlich, sie ist auch wirklich toxisch für die Gemeindefinanzen und am Ende des Ta­ges für alle Bürgerinnen und Bürger.

Der Umweltkontrollbericht gibt sehr, sehr viel her. Frau Ministerin, ich will nicht wie meine Vorredner von der Opposition sagen, dass gar nichts passiert ist.
Wir sehen, dass in den Gesetzesmaterien, die Sie verabschieden, Schritte in die richtige Richtung gesetzt werden. Wir sehen aber auch, und das ist schon
ein wesentlicher Punkt, dass es Gesetzesmaterien gibt, auf die wir sehr lange warten und die nicht kommen: das Klimaschutzgesetz, das Energieeffi­zienzgesetz und anderes.

Da sagt der Umweltkontrollbericht sehr klar, dass es von dieser Bundesregierung und von allen künftigen deutlich mehr Maßnahmen braucht, damit wir einen erhaltenswerten Zustand unserer Umwelt gewährleisten können. Es gibt viel zu tun. Wenn Sie das angehen, haben Sie von uns NEOS die Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

14.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesmi­nisterin Leonore Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Frau Bun­desministerin.


14.30.19

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Herzlichen Dank, dass wir die Debatte zum Umweltkontrollbericht auch im Ple­num führen können. (Abgeordnete der SPÖ halten Tafeln mit der Aufschrift „650 Tage ohne Klimaschutzgesetz“ in die Höhe.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Einen Moment, Frau Bundesministerin. – Ich glaube, wir alle haben die Tafeln gesehen, und würde bitten, dass Sie sie wieder weglegen. Besten Dank.

Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA (fortsetzend): Es freut mich wirklich außerordentlich, dass wir diese Debatte heute führen können, um über den 13. Umweltkontrollbericht, kurz UKB, und über die Entwicklung der Um­weltsituation in den Jahren 2019 bis 2022 zu sprechen. Das ist der Zeitraum, den dieser Bericht umspannt.

An alle, die es interessiert – auch an die Zuseherinnen und Zuseher zu Hause –: Der Bericht steht auf der Seite des Umweltbundesamtes als Download zur Verfügung. Deswegen möchte ich mich dem Dank anschließen, den Abgeordne­te Rössler vorhin an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Umwelt­bundesamtes überbracht hat. Diese leisten jeden Tag wirklich ganz großartige Arbeit – nicht nur in diesen kondensierten vielen, vielen Seiten des Um­weltkontrollberichtes. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Bestandsaufnahme des Umweltkontrollberichtes zeigt beide Seiten. Sie zeigt die Seiten, wo etwas gelungen ist – welche Meilensteine gelungen sind, was erreicht wurde, welche Projekte und Strategien erfolgreich waren –, aber sie schaut natürlich auch dorthin, wo es noch Lücken gibt. Sie spricht verfehlte
Ziele an. Sie spricht selbstverständlich Handlungsempfehlungen aus.

Es ist jetzt müßig, darüber zu spekulieren - - – Nein, ich komme später darauf zurück, keine Sorge. (Abg. Einwallner: Schwierig!) Die Veröffentlichung des Berichtes fällt in politisch schwierige Zeiten. Ich möchte ihn zuerst
noch kontextualisieren.

Die mittel- und langfristigen Auswirkungen auf die zeitliche sowie auf die kon­zeptionelle Ausgestaltung des energie- und klimapolitischen Umfelds durch den Ukrainekrieg, durch den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine, sind in dieser Version natürlich noch nicht drinnen. Jedoch zeigen auch die gesicherten Ergebnisse, die abseits dieser Zeitenwende vorliegen, und der Blick vor diese Zeitenwende, dass in einer Vielzahl von Bereichen Wei­chen gestellt wurden beziehungsweise dass nachjustiert werden muss – also
beide Themen –, um in Richtung lebenswerte Zukunft zu steuern.

Es zeigt sich zum Beispiel im Bereich der Treibhausgasemissionen – darauf komme ich jetzt zurück –: Wir haben 2021 wieder einen Anstieg der Treibhausgasemissionen verzeichnet. Jeder, der sich ernsthaft mit Klimapolitik auseinandersetzt, wird sagen: Klar, wir kommen aus einem Pandemiejahr,
aus Pandemiejahren! Natürlich ersetzt eine Krise keine Klimapolitik, deswegen sind es gute Neuigkeiten, dass der Wert des Jahres 2021 unter jenem
des Jahres 2019 liegt, also unter dem Wert von vor der Pandemie. Es sind gute Neuigkeiten, dass wir einen der drei niedrigsten Werte der letzten dreißig
Jahre verzeichnen konnten – einer der zwei anderen wurde in Coronajahren verzeichnet.

Natürlich sind es gute Jahre, aber es ist müßig, darüber zu spekulieren, warum das so ist, weil es ein Ziel gibt, das heißt: Wir müssen auf netto null! Da
haben wir noch einen Weg vor uns. Da haben wir im Klimaschutz noch ordent­lich viel zu tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Lukas Hammer hält eine Tafel in die Höhe, auf der unter dem Titel „Sonnenstrom in Österreich“ ein Balkendiagramm zu sehen ist.) – Deswegen ist das Taferl mit dem Sonnenstromausbau so ermutigend.

Selbstverständlich heißt das auch: Es braucht stabile und verlässliche Rah­menbedingungen. Die machen wir im Budget zum Beispiel mit der Trendwende in der Industrie – mit dem Dekarbonisierungspaket für die Industrie –, und ja, die brauchen wir auch auf gesetzlicher Ebene mit dem Klimaschutzgesetz, das ist völlig klar.

Bei den Treibhausgasemissionen zeigt sich nach wie vor leider ein Problemkind, das ist der Verkehr. Da sind wir nach wie vor bei 45 Prozent. Die Anzahl der Fahrzeuge mit alternativem Antrieb ist deutlich gestiegen. Auch seit dem Amts­antritt dieser Bundesregierung hat sich der Anteil an E-Mobilität bei den
Pkw-Neuzulassungen mehr als verdreifacht. Da passiert etwas, aber natürlich haben wir insbesondere in diesem Punkt noch einiges zu tun, weil auch der Motorisierungsgrad und die Fahrleistung steigen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Deswegen sind Initiativen wie das Klimaticket, wie das Rekordbudget für den Öffiausbau, wie die vielen Projekte, die wir mit den Bundesländern gemein­sam machen, so wichtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Das Thema Luft ist vorhin schon angesprochen worden. Bei der Betrachtung und Entwicklung der Luftqualität zeigt sich Erfreuliches: Sowohl die Stickoxid­emissionen als auch die Schwefeldioxidemissionen haben im Zeitraum von 2005 bis 2020 abgenommen, die Stickoxide um rund 50 Prozent, Schwefeldioxid sogar um 59 Prozent.

Mich freut auch – auch das ist in dem Zusammenhang wichtig – die Beob­achtung, dass der Anteil der erneuerbaren Energieträger weiterhin steigt. Er lag 2020 im Gesamtenergieverbrauch bei 36,5 Prozent, bei Strom wurden be­reits 75 Prozent des Verbrauchs durch Erneuerbare abgedeckt. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Auch alles, was wir gefördert haben – zuerst im Ökostromgesetz, jetzt mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz –, geht zuletzt mit dem EAG wirklich in einem Quantensprung nach oben. Also das sind wirklich gute Neuigkeiten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Neben der Klima- und Energiekrise – auch darauf hat Abgeordnete Rössler schon Bezug genommen – gibt es eine zweite große Krise: die Krise der Biodiversität. Natürlich muss auch die höchste Priorität haben. Die Biodiver­sitätsstrategie als wichtiger und nächster Meilenstein ist schon angespro­chen worden. Ich kann Ihnen versichern: Wir werden nicht mit leeren Händen zur Biodiversitäts-COP nach Kanada fahren. Sie wissen aber auch: Es ist ein intensiver Abstimmungsprozess mit den Bundesländern, die aufgrund der Kompetenzverteilung für den Naturschutz in unserem Land zuständig sind.

Unsere Böden – ein weiteres wichtiges Thema, das angesprochen wurde – sind nicht nur für die Erhaltung der biologischen Vielfalt von Bedeutung, sondern
sie sind auch als CO2-Senken, als Kohlenstoffsenken wichtige Faktoren
im Umgang mit dem Klimawandel.

Herr Abgeordneter Bernhard hat es schon angesprochen: Der Bodenverbrauch, die Inanspruchnahme wurde in Österreich stabilisiert, aber sie ist auf einem
viel, viel, viel zu hohen Niveau stabilisiert. Wir stehen derzeit bei 11,5 Hektar pro Tag, also weit über den 2,5 Hektar, die wir uns als Ziel vorgenommen haben.
Das heißt: rasch gegenlenken. Deswegen sind die Erarbeitung einer nationalen Bodenstrategie, die gerade im Bundesministerium für Landwirtschaft er­folgt, und die Initiierung des Brachflächen-Dialogs im BMK auch so wichtig.

Zur Qualität der Böden und der Gewässer gehört natürlich auch die vorhin angesprochene Nitrat-Aktionsprogramm-Verordnung, die im BML, also
im Landwirtschaftsministerium, wo die Zuständigkeit dafür liegt, kurz vor der Fertigstellung steht.

Auch Rohstoffe sind ein Thema, das bei einem vorherigen Diskussionspunkt heute schon angesprochen wurde. Der Umweltkontrollbericht belegt deutlich, dass
der Einsatz von Rohstoffen und Energie in den Kreislauf gehört, also als Kreislauf geführt werden muss, weil wir die Notwendigkeit von Primärrohstoffen verringern, wenn wir sie im Kreislauf führen. Eine nachhaltige, CO2-neutrale, ressourcenschonende und ohne fossile Energien auskommende Produktion
ist da das Ziel.

Wir haben diesbezüglich im Bereich der Abfallwirtschaft einen sehr starken
Punkt, und zwar bei der Abfallvermeidung und -verwertung. Da sind wir in Ös­terreich tatsächlich auch unter den Besten Europas. Umgekehrt gibt es bei
der Reduktion der Ressourcennutzung, also der Materialinanspruchnahme, aller­dings einen dringenden Aufholbedarf.

Diese Trendwende soll die österreichische Kreislaufwirtschaftsstrategie bringen. Dadurch werden Rohstoffe für den nächsten Kreislauf besser erfasst, Märkte
für Sekundärrohstoffe gestärkt und die Zusammenarbeit über die gesamte glo­bale Wertschöpfungskette verbessert.

Ich kann Ihnen den Bericht wirklich ans Herz legen – um ihn durchzublättern, in einzelnen Kapiteln zu schmökern oder ihn auch von A bis Z zu lesen. Zusammenfassend präsentiert sich das Bild, dass einerseits wichtige Maßnah­men in der Klimawandelanpassung, im Mobilitätsbereich, im Energiebe­reich sowie in der Abfallvermeidung bereits große Wirkung zeigen, andererseits in vielen Bereichen aber auch noch große Herausforderungen vor uns lie­gen. Um diese zu meistern, müssen alle, die konstruktiv an Problemlösung und nicht nur am Draufhauen orientiert sind, gemeinsam arbeiten. Daher ein großes Danke für die vielen engagierten und konstruktiven Debatten in diesem Haus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich begrüße Herrn Bundesminister Dr. Martin Polaschek im Haus und darf nun Joachim Schnabel ans Rednerpult bitten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.40.14

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren vor den Monitoren! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! Der Umweltkontrollbericht – ein Bericht wohlgemerkt – hat aufgezeigt, dass vieles erreicht wurde, aber gleichzeitig noch viel zu
tun ist.

Herr Kollege Bernhard von den NEOS, Sie haben Herrn Kollegen Schmu­ckenschlager vorhin etwas vorgeworfen. Er hat genau einen Punkt aufgezeigt, den Sie im vorangegangenen Entschließungsantrag selbst gefordert haben, nämlich den massiven Ausbau von Biogas. Das hat er hier gefordert, und das for­dern auch Sie. Deswegen wäre das, was er gesagt hat, eigentlich unterstüt­zenswert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist – und jetzt schlagen wir versöhnlichere Töne an – vieles zu tun. Das haben Sie gesagt, und das sehen auch wir so. Wir haben – was die SPÖ noch nicht erkannt hat – ein Rekordbudget für den Klimaschutz. Viele Maßnahmen haben wir vonseiten der Regierung schon umgesetzt, viele sind in Umsetzung. (Zwischenruf der Abg. Cornelia Ecker.) Die Wirtschaft – etwas, das die SPÖ viel­leicht nicht so gut versteht – ist bereits in vielen Bereichen tätig und wird weiter tätig sein, um die Dekarbonisierung und die Klimawende zu schaffen.

Ein Sektor – die Frau Ministerin hat ihn als „Problemkind“ bezeichnet – ist der Mobilitätssektor. Die Zahl von 45 Prozent: Das ist der Anteil des Ver­kehrssektors an jenen Emissionen, die nicht vom Emissionshandel erfasst sind. Bezogen auf die gesamten CO2-Emissionen beträgt der Anteil, den der Mobilitätssektor verursacht, 30 Prozent. Da geht es eben darum, durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs die Dekarbonisierung zu erreichen, durch die jüngsten Maßnahmen, aber auch durch jahrzehntelang bestehende Maß­nahmen. Bei der Koralmbahn kommen wir zum Beispiel gerade in die Fertigstel­lung. Diese Entscheidung ist schon vor 20 Jahren getroffen worden, um mit diesen Maßnahmen auch das öffentliche Verkehrsnetz gut anbinden zu können.

Die elektrisch betriebenen Fahrzeuge haben im Juli dieses Jahres einen Rekord­neuzulassungsstand erreicht. 20 Prozent der neu zugelassenen Fahrzeuge
werden alternativ angetrieben. Das ist Rekordstand, Tendenz weiterhin stark steigend. Wir sind jetzt bei circa 130 000 Fahrzeugen, aber im Verhältnis zur Gesamtfahrzeugflotte in Österreich – mit 5 150 000 Fahrzeugen – ist das noch immer ein Anteil von nur 2,5 Prozent.

Wenn wir unseren Reduktionspfad erreichen wollen, können und müssen
wir auch da einen Beitrag leisten. Wir haben schon mehrfach gesagt, dass wir den Anteil an Biokraftstoffen in unserem Kraftstoffmix erhöhen. Es ist für
uns eigentlich essenziell, zum Beispiel die Beimischung von Bioethanol zu E10 zu erhöhen – das machen viele andere Länder bereits –, wir könnten so schlagar­tig 1,3 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen.

Alternativ dazu haben wir mit der Wasserstoffstrategie und auch mit dem Transformationsfonds eine zusätzliche Antriebstechnologie, bei der ganz, ganz viel passiert. Wir haben landauf, landab viele tolle neue Initiativen, viele Betriebe, die einiges erreichen. Wir als Österreich können an der gesamten Wertschöpfungskette partizipieren, deswegen ist dieser Mix aus Transforma­tionsfonds und Wasserstoffstrategie so wichtig und richtig: damit wir unsere Wirtschaft, unsere Industrie, aber auch den Mobilitätssektor quasi in die Zukunft transformieren. Dann wird es gelingen, Österreich grundsätz­lich klimafit aufzustellen und die Wirtschaft dementsprechend mitzubegleiten.

In diesem Sinne: Danke dem Umweltbundesamt für diesen Bericht, danke allen fürs Mittun! Der Klimawandel ist eine große Herausforderung. Gemeinsam werden wir mit all diesen Maßnahmen auch in Zukunft in Österreich Wohlstand haben, aber auch eine klimafitte Nation sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)

14.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Nikolaus Prinz. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.44.23

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Umweltkontrollbericht enthält ja sehr viele The­menbereiche. Die Frau Bundesminister hat das, glaube ich, sehr positiv
erwähnt.

Ich darf kurz auf zwei Dinge eingehen, die durchaus mit Bereichen auf EU-Ebene zusammenhängen: einerseits auf die Biodiversität, also vor allem auf den
Green Deal. Ich glaube, dass man sich in der Zeit, in der wir uns jetzt befinden, grundsätzlich überlegen muss, ob es gescheit ist, dass man alles ganz
massiv durchziehen will, oder ob man nicht auf der anderen Seite schauen muss: Was brauchen wir tatsächlich für die Versorgungssicherheit im Lebensmit­telbereich, durchaus über Österreich hinaus, wenn man sich das mit dem Blick auf Europa anschaut, vielleicht auch international? Man muss das, glaube ich, ausgewogen diskutieren, und es braucht auch die eine oder andere zumin­dest kurzfristige Änderung im Green Deal.

Ich glaube, dass wir aufpassen müssen, gerade betreffend die Landwirtschaft. Da habe ich oft den Eindruck, dass sehr viele Leute sehr viel wissen, aber wenig praktische Erfahrung haben. Oder sagen wir es anders: Man glaubt, da man wäh­rend des Studiums zwei Praktika gemacht hat, man kennt sich wirklich aus, nachher lebt man aber von etwas ganz anderem. Ich würde mir wünschen, dass mehr Leute, die von der landwirtschaftlichen Arbeit leben müssen, mitreden,
und weniger Theoretiker.

Wir haben auch im Ausschuss gesehen – das hängt durchaus mit der EU-Ebene zusammen –, dass man in einem Bereich aufpassen muss. Es geht um das Pflanzenschutzmittelverbot. Das betrifft sowohl den konventionellen als auch den biologischen Bereich. Wenn man nur an Natura-2000-Bereiche denkt:
Da geht es auch um Verlässlichkeit. Die Bäuerinnen und Bauern, die Familienbe­triebe verlassen sich auf etwas. Da müssen wir auch als Politik, egal, welches Farbkastl wir am Rücken haben, glaube ich, sehr aufpassen, dass man nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet. In diesem Bereich müssen auch die Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter des Umweltbundesamtes aufpassen. Das meine ich mit dem Verschränken von Theorie und Praxis. Das ist wichtig.

Es ist heute schon ein paarmal angesprochen worden, ich sage es aber bewusst: Wenn wir in Richtung Außernutzungstellung in der Forstwirtschaft denken,
also an die Forststrategie: Über Schutzwald und Bannwald und solche Dinge kann man durchaus reden, aber wie definieren wir das wirklich? Vor allem
muss uns bewusst sein: Nachhaltige Bewirtschaftung ist nicht nur bei Land- und Forstwirtschaft das Richtige, sondern auch beim Wald und bindet am meis­ten – Stichwort CO2-Speicher. Da müssen wir höllisch aufpassen. (Beifall bei der ÖVP.) Da werden wir wirklich höllisch aufpassen müssen, dass man das Kind nicht mit dem Bade ausschüttet, weil die nachhaltige Nutzung von Rest­holz, von Biomasse und kein anderer Weg für die Umwelt sinnvoll ist.

In Richtung Biodiversität noch ein Gedanke – dazu fehlt heute die Zeit, aber Sie (in Richtung Bundesministerin Gewessler) sind jederzeit bei mir daheim im land­wirtschaftlichen Betrieb herzlich willkommen; dann können wir diskutieren, wie sich was verändert –: Wenn man 25 Jahre lang sehr extensiv wirtschaftet,
wird klar, dass eine nachhaltige, vernünftige Bewirtschaftung eigentlich auch be­züglich Biodiversität das Vernünftigste ist.

Grundsätzlich stellt der Bericht Österreich ein gutes Zeugnis aus. Wir wissen alle miteinander, dass wir uns da nicht ausrasten dürfen, sondern positiv weiter­arbeiten müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wünschen die Klubs eine Sitzungsunterbrechung vor der Abstimmung? – Auch das kann ich nicht erkennen.


14.47.42

Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, den vorliegenden Bericht III-752 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

14.47.5810. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2623/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutschförderung für ordentliche Schülerinnen
und Schüler (1697 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2544/A(E) der Abge­ordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutsch als „Pausensprache“ (1698 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 und 11 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Es wurde auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


14.48.41

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Schule ist der Ort der Bildung, Schule ist Ort
des Erlernens sozialer Fähigkeiten, Schule ist Ort der Kommunikation und Schule ist Ort der Integration. Das und noch viel mehr ist Schule, und das alles Um­spannende in unseren Schulen ist die gemeinsame Sprache. Daher ist es uns Freiheitlichen wichtig, dass unsere Kinder, dass die Kinder in den Schulen die deutsche Sprache nicht nur lernen, sondern dass sie sie auch beherrschen.

So haben wir bereits mehrmals einen Antrag eingebracht, dass zur Behebung mangelnder Deutschkenntnisse von Schülerinnen und Schülern in unseren Schu­len Deutsch als Schulsprache eingeführt werden soll. Also nicht nur im Un­terricht soll Deutsch gesprochen werden, sondern auch in den Pausen, und auch bei Schulveranstaltungen soll die deutsche Sprache verwendet werden. Die Zahlen, die vorliegen, sind erschütternd, und daher ist diese Maßnahme für uns einfach auch notwendig. Sie ist wichtig, und – das ist ja der große Vorteil – sie kann rasch und kostengünstig umgesetzt werden.

Weil ich Zahlen gesagt habe: Ich möchte jemanden zitieren, der völlig unverdächtig ist, dass er ein Freiheitlicher wäre, nämlich Niki Glattauer, Journa­list, Buchautor, ehemaliger Schuldirektor, der im Mai dieses Jahres in einer österreichischen Tageszeitung gemeint hat: „Jedes siebente Kind in einer Wiener Volksschule kann so wenig Deutsch, dass es dem Unterricht nicht folgen kann. Und kaum zu glauben: 60 Prozent dieser Kinder sind“ in Österreich „geboren [...]. Das ist [...] eine Bankrotterklärung für Österreichs miserable [...] Integrations­politik“. Er meint, „es ist eine gesellschaftliche Katastrophe“, die jedoch am „wenigsten noch [...] die Betroffenen“ selbst trifft, denn „die bleiben unter sich und kommen mit Jugo-Sprech und Türkisch auch so durch ihr
Parallel-Leben“, aber das geht auf Kosten der „deutschsprachigen Mitschüler“. (Zwischenruf des Abg. Shetty.)

Hohes Haus, genau dort stehen wir jetzt, genau das ist das Problem. Wenn wir das nicht wollen, dann müssen wir Maßnahmen setzen und wir müssen die Möglichkeit schaffen, dass Schüler auch so oft wie einfach nur denkbar möglich die deutsche Sprache in der Schule verwenden. (Beifall bei der FPÖ.)

Damit komme ich auch zum Regierungsantrag. Es hilft uns nichts, wenn wir mehr Ressourcen zur Verfügung stellen, denn das hat uns schon die ehemalige Ombudsfrau im Bildungsministerium, Susanne Wiesinger, gesagt, die gemeint hat: Das Problem sind nicht mangelnde Ressourcen, das Problem ist die
Politik, das Problem ist die Parteipolitik! – Die Regierung hat in ihrer Asyl- und in ihrer Zuwanderungspolitik völlig versagt, denn wenn ein Drittel der Schüle­rinnen und Schüler eine andere Umgangssprache als Deutsch spricht, dann sagt das alles über unsere schulische und gesellschaftliche Situation aus.

Deutsch ist der Schlüssel für Bildung, Deutsch ist der Schlüssel für Wohlstand, Deutsch ist der Schlüssel für Zufriedenheit, und daher haben wir auch diesen Antrag, Deutsch als Schulsprache einzuführen, eingebracht. (Beifall bei der FPÖ.)

14.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Dr. Rudolf Taschner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.52.09

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Lieber Herr Kollege Brückl! Ich kann Ihre Intention – dass Sie sagen, die deutsche Sprache ist der Schlüssel dafür, dass man sich hier integrie­ren kann – sehr gut nachvollziehen. Tatsächlich ist es so, dass höchstwahr­scheinlich die deutsche Sprache als einzig wirklich entscheidender Katalysator für das bleiben wird, was Simone Weil, eine bedeutende Radikalsozialistin, Mystikerin, Philosophin, die Einwurzelung – enracinement – nannte. Man muss einwurzeln können, und tatsächlich: Die deutsche Sprache ist dafür höchst­wahrscheinlich das beste Mittel der Wahl. Viele andere Mittel sind gar nicht mehr so stark vorhanden. Gemeinsame Religion, gemeinsames Sozialleben und Ähnliches bricht weg. Die Sprache ist da das Wesentliche. Das ist das Haus
des Seins. Da haben Sie ganz recht, und darum sollte die Sprache geför­dert werden.

Nebenbei gesagt: Wir haben dadurch, dass wir die Deutschförderklassen eingeführt haben, das Problem ja auch erkannt. Die Frage, ob das auch wirklich gut gelungen ist, wird dann auch Frau Kollegin Yılmaz höchstwahrscheinlich weiter erörtern. Darüber müssen wir noch sprechen, und es gibt sicherlich auch da Luft nach oben. Frau Kollegin Hamann lächelt mich an. Das wird schon stimmen, aber es ist jedenfalls etwas geschehen. Man muss bedenken, dass vor­her, als noch sozialistische Bildungsminister:innen das Regiment geführt haben, nichts geschehen ist. Wir haben einiges gemacht.

Trotzdem, Herr Kollege Brückl, bin ich nicht dafür, dass wir Ihrem Antrag zustimmen, und ich will Ihnen erklären, warum: Es ist die Schule jener Raum, wie Sie richtig sagen, wo die jungen Menschen zum ersten Mal in die Öffentlich­keit geraten und von dem kindhaften Wesen in die wunderbar verworrene Welt des Erwachsenenseins, in die Aufklärung hineingeraten. Da gibt es die ver­schiedensten Fächer, die so wahnsinnig wichtig sind, wie zum Beispiel auch die deutsche Sprache, auch das Englische, wie auch Mathematik – ich muss ja auch für mein Fach sprechen –, wie Geschichte. Churchill hat immer gesagt: Ler­nen Sie Geschichte! Lernen Sie Geschichte! Lernen Sie Geschichte! – All das muss gelernt werden.

Dann aber gibt es das Allerwichtigste, das es in der Schule gibt – das wissen
die wenigsten Menschen –: Das sind die Pausen. Wissen Sie, warum? – In der Pause sind diese jungen Menschen zum ersten Mal wirklich frei, ganz frei.
Das Einzige, was sie beachten müssen, ist halt, die Sicherheit der anderen – und die eigene natürlich – nicht zu gefährden, aber sonst sind sie völlig frei, er­leben sie zum ersten Mal im öffentlichen Raum völlige Freiheit. Völlige Freiheit! Freiheit bedeutet auch Freiheit davon, dass man gezwungen wird, irgendwie entlang gewisser Gänge zu gehen oder irgendwie mit anderen Gruppen zu lau­fen. Man ist ganz frei. Man kann sich in die Ecke setzen, man kann lesen, man kann auf dem Handy herumschauen, man kann mit den anderen spielen. Man ist ganz frei, und diese Freiheit als Freiheit wahrzunehmen ist einer der we­sentlichen Punkte.

Die Pause ist wirklich ganz wichtig in der Schule. Die Pause ist das Entscheiden­de, um Freiheit zu erleben, und diese Freiheit brauchen sie auch, um frei sprechen zu können: in jeder Sprache, in der sie wollen, sei es Oberösterrei­chisch, sei es Deutsch, sei es Österreichisch, sei es Burgenländisch – wie sie wol­len –, und auch in anderen Sprachen. Es gibt so viele verschiedene Sprachen, und jede Sprache ist eine Welt.

Darum, Herr Kollege Brückl, würde ich Sie sogar bitten, sich zu überlegen: Ihre Partei heißt die Freiheitliche Partei, aber das ist ja typisch: Was freiheitlich
ist, hat mit Freiheit höchstwahrscheinlich nicht so viel zu tun, genauso wie so­zialistisch mit sozial wenig zu tun hat. In der Österreichischen Volkspartei sind wir aber der Ansicht, dass wir den Kindern die Freiheit geben müssen, und darum lassen wir Deutsch als Pausensprache nicht zwanghaft herein. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: In burgenländischem Deutsch darf ich nun Frau Nurten Yılmaz ans Rednerpult bitten. – Bitte schön.


14.55.56

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister!
Ich kann es nicht glauben, dass Kollege Taschner uns erklärt, was die Kinder in der Pause tun dürfen und was sie sollen, aber es ist sehr gut. Ich sage es
Ihnen nachher noch einmal. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hoyos-Trauttmans­dorff.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ein paar Worte zur Deutschförderung durch die Regierungsparteien für ordentli­che Schülerinnen und Schüler: Die Geschichte dieses Antrages ist ein bisschen lebhaft oder interessant. Stellen Sie sich vor, die Kolleg:innen – die Regie­rungsparteien – haben im Juni an die eigene Regierung einen Antrag gestellt, in dem sie bitten, dafür zu sorgen, dass jene Kinder, die aus Deutschförder­klassen kommen beziehungsweise nicht ausreichend Deutsch können, weiterhin im ordentlichen Schülerstatus gefördert werden! Das ist eine Bitte.

Der Herr Bundesminister greift das sofort auf. Er sagt noch im Juni in einer Pressekonferenz, er wird jetzt dafür sorgen, dass diese Kinder eine besondere Deutschförderung bekommen und so weiter. Ich muss aber noch dazusagen,
dass der Antrag noch in keinem Ausschuss behandelt wurde. Er wird eingereicht. Ein paar Wochen später sagt der Herr Minister, er wird das machen, und im Juni – obwohl bereits vom Herrn Bundesminister zweimal in einer Pressekonfe­renz angekündigt und bekräftigt – haben wir diesen Antrag dann behandelt.

Jetzt eine Frage an Sie, werte Kolleginnen und Kollegen: Was täte diesem Antrag (ein Schriftstück in die Höhe haltend) passieren, wenn ihn eine Oppositionspartei im Juni gestellt hätte? – Er würde vertagt beziehungsweise abgelehnt werden, weil es eh schon im Laufen ist. Gut, wir haben es dann angenommen, wir
werden es jetzt auch unterstützen. Was wir noch nicht wissen, ist, wo das bud­getiert ist. Vielleicht liegt es an mir, aber ich habe es nicht gefunden. Viel­leicht können Sie uns dann sagen, wie das finanziert werden soll.

Meine größte Sorge sind aber nach wie vor diese elendigen Deutschförderklassen, die noch aus der Ära Blau-Schwarz, Schwarz-Blau stammen. (Abg. Haubner:
Sag amal!) Statt dass man die Synergien bündelt und in einer ordentlichen Klasse Deutschförderung betreibt, hat man jetzt noch eine Schiene. Herr Kollege,
diese Kinder dauernd zu beschämen, ist schwarze Pädagogik! (Abg. Gödl: Wie re­den Sie?) Man weiß, dass das nichts bringt. Alle Wissenschaftler:innen sagen - - (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
 – Was? – Das ist elendig. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich unterbreche nun die Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 10 und 11 zur Durchführung einer kurzen Debatte um 15 Uhr und unterbreche auch
die Sitzung bis 15 Uhr, um dann mit diesem Punkt zu beginnen.

14.59.21*****

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

14.59.55Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir kommen nun zur Durchführung einer kurzen Debatte.

Die kurze Debatte betrifft den Antrag der Frau Abgeordneten Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie zur Berichterstattung über den Antrag 2752/A(E) eine Frist bis 31. Dezember 2022 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staats­sekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer. Ich erteile es hiermit. – Bitte, Frau Abgeordnete.


15.01.03

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Fristsetzungsantrag zum Energieeffizienzgesetz: Warum machen wir das heute? – Wir stecken in einer Energiekrise, weil Putin einen Energiekrieg gegen Europa führt. Und ja, Österreich ist da extrem betroffen, weil wir eine
80-prozentige Abhängigkeit von russischem Gas haben. Die ist – und ich sage es noch einmal – nicht vom Himmel gefallen, die ist tatsächlich hausgemacht.
Viele Politiker von der ÖVP, von der SPÖ und natürlich auch von der FPÖ haben dabei eine maßgebliche Rolle gespielt, dass wir in diese 80-Prozent-Abhängig­keit geraten sind. (Beifall bei den NEOS.)

Da ich heute in der Früh Klubobmann Wöginger gehört habe, der gesagt hat, dass wir das ja ohnehin schon alles im Griff und nur mehr eine 50-prozentige Ab­hängigkeit von russischem Gas haben, möchte ich diese Rechnung tatsächlich nachvollziehen können. Es ist einfach die Unwahrheit. Das wäre dann richtig, das wäre dann korrekt, wenn norwegisches Gas nach Österreich fließen würde. Das tut es aber nicht. Hören Sie also bitte auf, Unwahrheiten zu sagen! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Schroll.)

Was stattdessen wirklich notwendig ist, um über diesen Winter zu kommen – und nicht nur über den kommenden Winter, sondern vor allem auch über die nächsten paar Jahre, denn das wird auch im nächsten Winter noch nicht vor­bei sein –: Wir müssen ganz entschlossen am Ausbau der Erneuerbaren weiterarbeiten – ganz entschlossen! Dazu brauchen wir vor allem gesetzliche Rahmenbedingungen, wir brauchen Verbrauchsreduktionen und natürlich brauchen wir auch treffsichere Unterstützungen für jene Haushalte, die das brauchen, und vor allem auch für die Unternehmerinnen und Unterneh­mer in der Energiekrise, die da Unterstützung brauchen. Das sind die Dinge, die wir tatsächlich angehen müssen, damit wir nie wieder in eine solche Situa­tion, in eine solche Abhängigkeit von russischem Gas kommen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Schroll.)

Wir brauchen also eine Fast Lane, wie wir das nennen, für den Ausbau der Erneuerbaren. Ich erinnere noch einmal daran, dass wir uns ja eigentlich schon darauf verständigt haben, was unsere Ziele sind. Wir haben ja tatsächlich
die Ziele definiert: 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien bis 2030, Kli­maneutralität bis 2040. Da brauchen wir viel mehr Tempo. Wenn wir in dem Tempo weitermachen, wie im Augenblick der Ausbau vorangeht – und ich sage es noch einmal, denn auch das haben wir heute schon gehört –, dass wir näm­lich die Erneuerbaren seit 2019 nur um 2 Terawattstunden ausgebaut ha­ben, dann gnade uns Gott. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Und warum ist das so? Warum geht denn nichts weiter? Gibt es keinen Willen, gibt es keinen politischen Willen? – Ich würde das gar nicht sagen. Ich glau­be tatsächlich, dass es auf Bundesebene einen politischen Willen dazu gibt. Of­fenbar fehlt es aber tatsächlich daran, das größere Bild auch denen zu ver­mitteln, die jetzt auch in der Verantwortung wären, und das sind natürlich die Bundesländer, denn die blockieren. Und welche Bundesländer blockieren? – Vor allem die schwarzen. Die Bundesregierung zögert und zaudert dann aber na­türlich auch, denn man will ja nicht über die eigenen Landesfürsten und die Lan­desfürstin drüberfahren. Das geht sich offenbar auch in diesem Zusammen­hang nicht aus.

Ein ganz, ganz wichtiger Baustein, ein richtig wichtiger Baustein, um die Erneu­erbaren voranzutreiben, um die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern endlich voranzutreiben, wäre das Energieeffizienzgesetz. Und das, meine Damen und Herren, ist seit 2020 ausständig. Seit 2020 sollte es da eine Novellierung geben, aber die gibt es nach wie vor nicht. Das sind jetzt zwei Jahre. Wir sind in einer Energiekrise. Wir sind in der größten Wirtschaftskrise seit dem Beginn
der Zweiten Republik und wir schaffen es nicht, ein Energieeffizienzgesetz auf den Boden zu bringen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Schroll.)

Wenn es nicht so traurig wäre, müsste ich ja wirklich sagen, dass ich mir wün­schen würde, dass die Grünen in der Regierung wären. Dass Sie da nicht viel mehr Druck machen und viel mehr Gas geben, ist aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar. Wir brauchen Energieversorgungssicherheit, wir brau­chen leistbare Energie, wir brauchen aber auch saubere Energie. Leistbar und sauber, das sind genau die Punkte, auf die es im Wissen darum ankommt, dass wir ansonsten irreversible Folgen für unseren Planeten in Kauf nehmen. Das wissen Sie von den Grünen. Deswegen verstehe ich tatsächlich nicht, dass Sie da nicht viel mehr Gas geben.

Wir wissen auf der anderen Seite – und damit spreche ich die ÖVP an –, dass es zu massiven Wohlstandsverlusten und zu einer Deindustrialisierung kom­men wird, wenn wir das nicht hinbekommen. Sie hätten also eigentlich beide ei­nen richtig großen Grund, warum Sie das vorantreiben sollten, und trotzdem geht da wie gesagt seit 2020 einfach nichts weiter.

Warum ist das so dramatisch? Warum ist das Energieeffizienzgesetz so wich­tig? – Es mag daherkommen wie eines von vielen Gesetzen, die man auf den Weg bringen muss, aber es ist tatsächlich deswegen besonders wichtig, weil es eben diese ganz, ganz zentralen Energieeinsparungsmaßnahmen fordert. Auf Energieeinsparungsmaßnahmen hätten wir uns eigentlich auch schon vor Jahren verständigt, und die müssen jetzt einfach umgesetzt werden. Was da noch drinnen ist, sind eben diese verbindlichen Ziele, verbindliche Ziele für Bund, für Länder, für Gemeinden, für Wirtschaftszweige, für Unterneh­men. Sobald es um Verbindlichkeit geht, tritt man offenbar einen Schritt zu­rück und sagt: Upsi, zu schwierig, geht sich mit den Bundesländern nicht aus. Huch, da machen wir doch lieber inzwischen etwas anderes.

Noch einmal: Das ist deswegen so wichtig, deswegen auch dieser Fristsetzungs­antrag heute, um das endlich tatsächlich über die Finishline zu bringen.

Übrigens rufen uns auch ganz viele Unternehmen an und fragen: Was tun wir denn jetzt? – Die Unternehmen wollen sich ja vorbereiten, die wissen ja alle, wo die Reise hingeht. Die sind ja willig, nur brauchen sie eben auch gesetzliche Rahmenbedingungen, um zu wissen, was sie machen sollen. Auch den Unterneh­men tun Sie damit also tatsächlich keinen Gefallen.

Also noch einmal: Wir fordern da nachdrücklich mehr Tempo, denn ohne klare Vorgaben für die Länder, für die Gemeinden – und das wissen wir spätestens
seit der Pandemie – geht in diesem Land ja auch nichts mehr weiter. Deswegen muss man aus meiner Sicht Kompetenzen ändern, die Länder wirklich in
die Verantwortung nehmen, damit da endlich etwas weitergeht, und dieses über­fällige Energieeffizienzgesetz endlich umsetzen.

Es ist unverständlich, dass die Ministerien zuschauen, es ist unverständlich, dass die grüne Bundesministerin zuschaut. Erneuerbare ausbauen, Energie effizient verwenden, das ist das Gebot der Stunde. Es gibt aus meiner Sicht wirklich gar keinen Grund, diesem Antrag heute nicht zuzustimmen, wenn Ihnen dieses
Land, seine Wirtschaft und seine Menschen am Herzen liegen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Schroll.)

15.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Graf. – Bitte sehr.


15.08.06

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Kollegin­nen! Liebe Zuschauer! Ja, liebe Kollegin Doppelbauer, beim Thema Energie­effizienz teile ich die Meinung, dass wir effizienter und sparsamer mit der Ener­gie umgehen müssen. Einen anderen Zugang habe ich aber, wenn es um die Tatsachen und die Realität geht, denn Energieeffizienz lässt sich nicht per Papier verordnen, sondern erfordert Handeln und Tun (Zwischenruf bei den NEOS) – und die Fakten zeigen, dass da viel passiert.

Was ist eigentlich Energieeffizienz? – Energieeffizienz ist der optimale Einsatz von Energie, die nicht verschwendet wird. Das Gesetz hat eigentlich nur
eine Grundlage, nämlich den Verbraucher dort hinzuleiten. Ich erachte es wirk­lich als sekundär, ob das Gesetz jetzt bis Jahresende kommt oder nächstes Jahr. Viel wichtiger, glaube ich, ist es, zu erwähnen, dass alles, was jetzt schon passiert, vom Gesetz als Vorauszahlung angerechnet wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Das beste Regulativ ist der Preis. Die hohen Energiepreise sind eindeutig ein klarer Anreiz für Energieeffizienz. Tatsache ist, dass durch die aktuellen Geschehnisse allen bewusst geworden ist, dass es wichtig ist, die Unabhän­gigkeit gerade in der Energieversorgung zu stärken. Der Ausbau der Er­neuerbaren ist wichtig und natürlich auch, dass wir Energie sparen.

Ihren Vorwurf, den Sie vorhin erhoben haben, dass wir an dieser Situation selbst schuld sind, den muss ich – ich wiederhole mich – zurückweisen. Damals war
die Alternative: Atom oder Kohle. Und ich sage es noch einmal: Wir haben uns damals für die umweltfreundlichste und ökonomisch sinnvollste Variante, nämlich Gas, entschieden. Es wäre volkswirtschaftlich auch unverantwortlich gewesen, unbedingt auf einer teuren Energiequelle zu bestehen. Wir haben davon unseren Wohlstand! Wir sind jetzt in einer anderen Situation. Es haben sich die Gege­benheiten verändert, und wir reagieren auch darauf.

Schauen wir uns aber einmal die Fakten an: Insgesamt verbrauchen wir in Öster­reich 305 Terawattstunden an Energie. 20 Prozent davon brauchen wir für den Strom, das sind 70 Terawattstunden, und davon werden 75 Prozent bereits aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen – allen voran die Wasserkraft, gefolgt von Wind und Fotovoltaik, und die Biomasse spielt auch eine Rolle. Da kann man jetzt eindeutig feststellen, dass Österreich im EU-weiten Ver­gleich eigentlich an vierter Stelle ist, es sind nur drei Länder vor uns (Abg. Dop­pelbauer: ... hat sich verändert die letzten zehn Jahre!): Schweden, Lettland und Finnland.

Beim Gas benötigen wir 96 Terawattstunden – das sind ebenfalls ein bisschen mehr als 20 Prozent unseres Energieverbrauchs –, und vor einem Jahr haben wir noch 80 Prozent aus Russland bekommen, jetzt 50 Prozent. (Abg. Doppelbauer:
Das stimmt doch nicht! Diese Rechnung ist einfach nicht korrekt!)
 – Sie haben Herrn Gust Wöginger zitiert. Ich würde Sie zu einem bilateralen Gespräch einladen, damit wir klären, wie die 50 Prozent zusammenkommen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.)

Ein wesentlicher Schritt ist hier, dass wir eine Unabhängigkeit erreichen. Zusätz­lich wird natürlich auch gespart, und da darf ich auch ein Sparpotenzial nen­nen: Wir haben im August 2020 den Gasverbrauch im Vergleich zum Vorjahr um 17,8 Prozent reduzieren können. Beim Stromverbrauch haben wir ebenfalls eine Ersparnis von 4,5 Prozent erzielen können, das sind 2,5 Terawattstunden. Die Zahlen sprechen da schon für sich.

Gleichzeitig werden aber die erneuerbaren Energien ausgebaut. Erst heute haben wir gemeinsam einen zusätzlichen Antrag beschlossen, dass es leichter gehen soll. Ich habe die Zahl heute auch schon erwähnt: 55 000 PV-An­lagen wurden bereits genehmigt, und wir schätzen, dass es bis Jahresende 100 000 PV-Anlagen sein werden.

Bei den Windrädern wird ein Zuwachs von mehr als 400 Megawatt installierter Leistung erwartet, und die Wasserkraft deckt bereits 61 Prozent unseres Energiebedarfs ab. Biomasse liegt bei 6 Prozent und deren Anteil wird noch wachsen.

Der derzeitige Strom- und Gaspreis ist, wie schon gesagt, der Anreiz genau dafür, einzusparen, umzurüsten und zu diversifizieren, und da passiert sehr viel bei der Industrie, aber auch bei der Bevölkerung. Anreize gibt zusätzlich
das EAG und die geplante Transformationsoffensive, für die wir auch 5 Milliar­den Euro investieren werden.

Ich kann Ihnen versichern, Frau Kollegin Doppelbauer, das, was von Ihnen im Sinne eines Monitoring- und Beratungssystems gefordert wird, passiert bereits. Unterschätzen Sie nicht unsere Unternehmen! Die setzen alles daran, um
derzeit Energie zu sparen, und sind bestrebt, auch kostengünstig einzukaufen. (Abg. Doppelbauer: Warum macht man dann nicht einfach das Gesetz …?) Etwas mehr Vertrauen in unsere Betriebe und auch in unsere Haushalte und etwas mehr Geduld – das Gesetz wird kommen! (Beifall bei der ÖVP so­wie des Abg. Litschauer.)

15.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schroll. – Bitte sehr.


15.12.59

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): An dieser Stelle hätte ich mich jetzt bei der Frau Bundesministerin, bei unserer Energieministerin dafür bedankt, dass
sie nach den Energie- und Umweltthemen hier sitzen bleibt, aber anscheinend sind die Energieeffizienz und die Energie nicht so wichtig. Deswegen kann ich sie nicht begrüßen. (Ruf bei der ÖVP: Sollen wir ihr was ausrichten?)

Liebes, geschätztes Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Liebe Kollegin Tanja Graf, es wurde vieles angesprochen, und du hast gesagt – und es ist mir ganz wichtig, das auch zu erwähnen –, genau die Haushalte und ge­nau die Gemeinden – also jene, die schon wirklich Wesentliches aufgeräumt ha­ben von dem, was in der Pandemiezeit gepfuscht worden ist – haben jetzt auch bei der Fotovoltaikinstallierung im letzten Jahr, kann man sagen, seit dem 7. Juli, viel übernommen (Abg. Tanja Graf: Deswegen brauchen wir die Anrech­nung, dass es angerechnet wird!), denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ver­ordnung zur Marktprämienförderung, bei der es wirklich um große Parks, um große Fotovoltaikparks, um große Windparks geht, wurde erst vorigen Sonn­tag freigegeben. Und soweit ich mich von den Zahlen her ein bisschen erin­nern kann, haben wir heuer im ersten Halbjahr ungefähr 20 Windräder aufgebaut und errichtet – so viel und so weit zum Ausbau der erneuerbaren Energiequellen.

Wir haben heute wieder eine neue Novelle beschlossen, wir haben wieder Änderungen vorgenommen. Wie gesagt, das EAG ist noch immer nicht funktionsfähig. Wir haben schon was weiß ich wie viele Korrekturen machen müssen – aber der Klubobmann der ÖVP, August Wöginger, hat es gestern ganz richtig gesagt: Ihr dürft ja auch ein bissel gescheiter werden!

Wir seitens der SPÖ haben in den letzten eineinhalb Jahren immer bewiesen, dass wir konstruktiv mitarbeiten, dass wir lösungsorientiert sind und dass unsere Arme ausgestreckt sind. Es ist nur leider Gottes nichts passiert, und – wir haben es heute schon einige Male gehört – das sind die Versäumnisse dieser Regierung, aber auch der zuständigen Energieministerin.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, die grüne Umweltpolitik ist nur mehr eine Mängelliste. Und wenn man die Mängelliste aufzählen will, dann kann man nur bei dem, was du, liebe Kollegin Doppelbauer, schon angesprochen hast, fortsetzen. Wir haben sehr, sehr viel gemacht, und, liebe Kollegin Tanja Graf, wenn du sagst, unsere Gasspeicher sind zu 80 Prozent gefüllt (Abg. Tanja Graf: Hab ich nicht gesagt!) und wir haben alles gemacht und es haben alle alles gemacht, dann kann ich nur sagen: Ich würde mir die Pressemeldungen vom zuständigen Vorstandsdirektor anhören oder durchlesen. Der sagt, wir ha­ben zwar 80 Prozent der Speicher gefüllt (Abg. Tanja Graf: Ich hab nicht von
der Befüllung gesprochen!),
aber es wird nur rund die Hälfte für Österreich ver­wendet werden. Als er gefragt worden ist, ob es denn dann auch für heimi­sche Betriebe sein wird, mussten wir sogar erfahren: Nein, ist es nicht.

So, dann gehen wir weiter: Wir haben hier im Hohen Haus gemeinsam die strategische Gasreserve beschlossen. Nach meiner parlamentarischen Anfrage, die ich Ende August zurückbekam, waren es genau 1,9 Terawattstunden
von 20, die befüllt waren – nicht einmal 10 Prozent. Angeblich sollen es jetzt bei 7 Terawattstunden sein. Die genauen Zahlen erfahren wir nicht und wissen wir nicht.

Und dann, geschätzte Kolleginnen und Kollegen – und da gebe ich Kollegin Doppelbauer mit ihrem Zwischenruf völlig recht –, stellen sich die Regierungs- oder die Koalitionsfraktionen her und sagen: Das haben wir geschafft,
weil wir vom russischen Gas unabhängig geworden sind, denn es ist ja von ir­gendwoher gekommen! Und dann erzählt uns noch die Frau Bundes­ministerin, es ist ja von Norwegen gekommen, denn die OMV hat ja jetzt für 40 Terawattstunden die Pipelines gebucht. – Das ist nicht korrekt und stimmt so auch nicht!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Bundesministerin, die abwesend ist, ich hätte dir den Erfolg wirklich so sehr gegönnt – als Vater einer Tochter,
aber auch Großvater, der ich kürzlich geworden bin –, und wenn wir hier auch nicht über eine Existenzfrage und auch nicht über parteipolitische Fragen sprechen, muss ich dir aber gerade deswegen, weil dieses Thema so wichtig ist, vorhalten: Liebe Frau Ministerin in Abwesenheit, du bist eine große Bundes­ministerin beim Reden, aber eine kleine Bundesministerin beim Umsetzen.

365 Tage ohne Energieeffizienzgesetz: Was würde der Anstand wählen?, und
365 Tage ohne Klimaschutzgesetz: Wen würde das Klima wählen? – Das waren die Fragen auf euren Plakaten anlässlich der letzten Nationalratswahl. Ich
kann euch sagen: sicher nicht mehr die Grünen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ so­wie der Abgeordneten Doppelbauer, Lausch und Shetty.)

15.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kasseg­ger. – Bitte.


15.18.30

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Ja, Antrag der NEOS, der Kollegin Doppelbauer, zur Beschleunigung der Umsetzung des Energie­effizienzgesetzes – das ist natürlich auch ein Versäumnis der Bundesregierung, dass wir das noch immer nicht haben. Aus Sicht der Freiheitlichen muss ich sagen, das ist jetzt nicht unbedingt auf der Prioritätenliste der Freiheitlichen ganz, ganz oben. Kollegin Graf hat es schon gesagt: Die absurden Preise, die wir jetzt haben, zwingen die Unternehmen und eigentlich auch die Haushalte ohnehin schon von selbst, effizient vorzugehen, weil das Ganze sonst nicht mehr leistbar ist.

Was mich ein bissel verwundert, ist die Vorgehensweise der NEOS. Bei den NEOS kenne ich mich schön langsam nicht mehr aus. Ursprünglich war ich ja der Meinung, das ist eine liberale, eine wirtschaftsliberale Partei. Diese fordert
aber jetzt, dass sozusagen von oben herab ein Gesetz möglichst schnell gemacht wird; Kollegin Gamon wird dann sagen: am besten gleich von der EU und
von Brüssel, von wo – und ich sage das jetzt bewusst – über die Länder mehr oder weniger drübergefahren wird.

Sie haben beim letzten Tagesordnungspunkt auch einen interessanten Satz
im Zusammenhang mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz gesagt, nämlich jenen, dass die Länder verpflichtet gehören, das Ganze umzusetzen, und wenn sie
das nicht tun, dann kürzen wir ihnen einfach das Geld.

Das ist nicht das Verständnis der Freiheitlichen Partei von Föderalismus, das
ist nicht das Verständnis der Freiheitlichen Partei von Demokratie nahe am Bür­ger, sondern das ist ein zentralistisches Drüberfahren – aus Ihrer Sicht offen­sichtlich am besten aus Brüssel. Da werden die Länder nicht mitspielen, und das ist gut so. Wir sind hier auf der Seite der Länder und Gemeinden, und es ist selbstverständlich das Recht der Länder und Gemeinden, über die Raumordnun­gen et cetera ihr unmittelbares Lebensumfeld zu bestimmen. Da brauchen wir keine NEOS oder sonst wen aus Wien und Brüssel, der da drüberfährt und denen Vorschriften macht. (Beifall bei der FPÖ.)

Ganz allgemein zur Energiepolitik. Es ist ja zur Energiepolitik schon sehr viel
gesagt worden, die dem Grunde nach im Rahmen der Europäischen Union ja sehr, sehr vernünftig war. Der Ursprung der Europäischen Union ist ja die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, da wurde noch Energiepolitik gemacht. Seit den neunziger Jahren gibt es nur mehr Klimapolitik und
eine Politik des Wollens, sehr stark ideologiegetrieben, teilweise mit doch uto­pischen Komponenten, ou topos, also mit einfach nicht umsetzbaren, voll­kommen unrealistischen Komponenten.

Wir Freiheitliche wollen eine Politik des Könnens, eine Politik der Vernunft und eine Politik der Vertretung der Interessen derer, die uns gewählt haben,
nämlich der Österreicher, der Haushalte und auch der Unternehmen. Das klafft auseinander, und Sie gehen von ein paar vollkommen falschen, utopischen Hypothesen aus, nämlich jener zum Beispiel, dass ein Industrieland nicht riesige Mengen Energie bräuchte. Selbstverständlich brauchen wir als Industrie­land riesige Mengen Energie. Und selbstverständlich ist günstige Energie der Motor für die Wirtschaft. Selbstverständlich ist günstige Energie der Mo­tor für Arbeitsplätze und damit auch für Wohlstand, den wir jetzt gerade dabei sind massiv zu beschädigen, wenn nicht zu vernichten.

Das Gas in den USA ist sechs- bis achtmal so billig wie in Europa. Wir sind Teil einer globalisierten Wirtschaftswelt, das geht sich ohne dramatische Wohlstandsverluste nicht aus. Das ist der Ou Topos, den Sie haben. Der ver­nünftige Zugang wäre der: selbst dafür zu sorgen, dass wir günstige Ener­gie für unsere Wirtschaft haben.

Der zweite Ou Topos: Mit Windkraft und Fotovoltaik können wir die fossilen Energieträger ersetzen. Also wenn Sie die einfachste Mathematik beherrschten oder Größenrelationen richtig beurteilen könnten, dann würden Sie fest­stellen, dass das nicht möglich ist, und schon gar nicht heuer, auch nicht bis 2030 und realistisch gesehen auch nicht bis 2040 oder sonst wann. 300 Terawatt­stunden brauchen wir – mit Windkraft und PV stellen wir ungefähr 10 bis 15 her. Mit den Ausbauplänen werden es bis 2030 ungefähr 30 Terawattstunden
sein. Niemand kann mir die Frage beantworten, wie wir zu den 270, die da feh­len, kommen sollen. Also mit Windkraft und PV allein wird es nicht gehen.

Abgesehen davon sind die Erneuerbaren hoch volatil. Wir brauchen den Strom ja im Winter. Diese ganze Geschichte mit 100 Prozent Strom aus Erneuerbaren klingt zwar schön, Sie haben aber den Klammerausdruck „national bilanziell“ ver­gessen. Was heißt das? Wir produzieren jetzt schon im Sommer viel zu viel Strom, den wir nicht brauchen, und im Winter viel zu wenig, nämlich um 25 Te­rawattstunden, die wir importieren müssen – das wird nie dazugesagt –, näm­lich in Form von französischem Atomstrom sowie deutschem und tschechischem Kohlestrom. Die Franzosen haben schon angekündigt: Heuer wird es knapp, ihr kriegt keinen Atomstrom! Da nützen uns die Windräder, die im Sommer Über­schüsse produzieren, nichts – das geht sich hinten und vorne nicht aus!

Der nächste Ou Topos: Europa, das 8 Prozent der globalen CO2-Emissionen ver­ursacht, geht als leuchtendes Beispiel voran – und die ganze Welt geht
nach. – Nein, tut sie nicht! Die Chinesen, die Inder, die Russen, Iraner et cetera, wer auch immer, die gehen nicht nach! Die gehen nicht nach! Und wir pro­duzieren dadurch eklatante globale Wettbewerbsnachteile. (Abg. Schwarz: In Moskau kennt ihr euch aus, aber sonst überall nicht!)

Die Kraftwerke, Kohlekraftwerke wandern ab – in China werden Hunderte Kohlekraftwerke gebaut. Da können Sie jetzt sagen, das wollen wir nicht und das ist ein Wahnsinn, es findet aber statt. Das meine ich mit Politik des Könnens.
Da muss man darauf eingehen und darf nicht eine Politik machen, die noch mehr Kohlekraftwerke nach Indien und nach Asien vertreibt, wo wir wissen, die pusten die dreifache Menge an Emissionen pro BIP-Einheit in die Atmosphäre. Also das ist ja sogar kontraproduktiv aus der Sicht von globalen Klima­schutzkriterien.

Also zusammengefasst: Bitte eine realistische Energiepolitik des Könnens, der Umsetzbarkeit, der Vernunft im Interesse der Österreicher, nach dem ener­giepolitischen Dreieck der Freiheitlichen Partei: Erneuerbare, Netzstabi­lität, Versorgungssicherheit, hier auch sträflich vernachlässigt, Wirtschaftlichkeit und Leistbarkeit ist gleich Arbeitsplätze, Wohlstand. (Abg. Lukas Hammer: Das ist ja kein Dreieck!) Wenn Sie mich jetzt fragen: Wo ist unsere - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz bitte!


Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (fortsetzend): Wo ist unsere Prio­rität? Unsere Priorität ist bei der Wirtschaftlichkeit, Leistbarkeit, Arbeitsplätze ist gleich Wohlstand. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Lukas Hammer: Das ist ja ein verhunztes Dreieck!)

15.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte.


15.25.07

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Ich finde das durchaus erfrischend,
dass sich Kollege Kassegger von der FPÖ hier rausstellt und relativ offen sagt: Ja, wir stehen dazu, dass die Länder, bestes Beispiel die Landesregierung
mit FPÖ-Beteiligung in Oberösterreich, weiterhin die Energiewende blockieren. (Abg. Kassegger: Das stimmt nicht! ...!) Ich stehe dazu, dass wir keine bun­desweiten und keine europäischen Vorgaben brauchen. – Ich finde das durchaus erfrischend. So eine Debatte können wir ruhig führen. Ich bin halt anderer Meinung, aber ich finde das super, dass ihr hier so klar eure Blockadehaltung of­fenlegt. (Beifall bei den Grünen.)

Kollege Schroll von der SPÖ, ich finde es ein bisschen unredlich, wenn du die Abwesenheit der Ministerin thematisierst. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ihr
wisst ganz genau, dass wir hier einen Fristsetzungsantrag debattieren, und Kol­lege Krainer wird euch bestätigen, wenn ihr ihn fragt, dass es nicht Usance im Parlament ist, dass Ministerinnen und Minister bei der Debatte zu Fristset­zungsanträgen anwesend sind. Das waren eure Minister auch nicht. Das ist einfach unredlich. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Thema Energiesparen: Wir hatten, ist eh schon aufgekommen, ein rot-schwarzes Energieeffizienzgesetz. Jeder weiß, was mit diesem Energieeffizienzgesetz passiert ist. Das war ein Papiertiger. Wir hatten Ziele – und was hat es gebracht? Nicht besonders viel. Hat uns nicht weitergebracht.

Wir als Koalition haben auf das Thema Energieeffizienz in den letzten zweieinhalb Jahren einen sehr starken Fokus gelegt. Wir haben zum Beispiel die Förderungen für die thermische Sanierung massiv erhöht. Früher waren die Förderaktionen nach zwei bis drei Monaten aufgebraucht und vorbei – jetzt hat man im Prinzip das ganze Jahr über eine Förderung zur Verfügung. Da kön­nen Heizenergiekosten oder kann Heizenergie bis zu 80 Prozent einge­spart werden. Das ist ein massiver Beitrag zur Energieeffizienz.

Wir werden mit diesem Budget zusätzliche Energieeffizienzmaßnahmen in der Höhe von 190 Millionen Euro beschließen, zusätzlich noch einen Transfor­mationsfonds für die Industrie. Das Gute im Vergleich zu früher daran ist, dass eine langfristige Finanzierung, teilweise bis 2026, teilweise auch bis 2030, sichergestellt ist. Das ist ein sehr wichtiger Beitrag für die Energieeffizienz, und natürlich arbeiten wir auch weiterhin daran, dass wir endlich ein neues Ener­gieeffizienzgesetz auf den Weg bringen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Tanja Graf.)

Vielleicht noch zu den Taferln von der SPÖ: Ihr habt vorhin Taferln mit
der Aussage hochgehalten, dass wir keine Klimaziele hätten. Das stimmt einfach nicht! Wir haben Klimaziele! Falls es euch aufgefallen ist, wir sind Mitglied
der Europäischen Union, und die Klimaziele, die auch für Österreich gelten, gel­ten direkt. Das heißt, wir haben gültige Klimaziele.

Ihr fordert ein wirksames Klimaschutzgesetz, und die Wahrheit ist: Wir hatten in Österreich noch nie ein wirksames Klimaschutzgesetz, noch nie! Wir hatten ein Klimaschutzgesetz, das noch wirkungsloser als das Energieeffizienz­gesetz war, das damals unter einem SPÖ-Bundeskanzler beschlossen wurde.

Was mich schon irgendwie amüsiert: Die Kollegen und Kolleginnen von der SPÖ kritisieren, dass wir uns so lange Zeit lassen und dass das alles so lange
braucht. Wir hatten für die Kyoto-Periode 2008 bis 2012 ein Klimaschutzgesetz unter einem roten Bundeskanzler. 2008 bis 2012 – da könnte man meinen,
das Klimaschutzgesetz wäre dann 2007 beschlossen worden. – Kollege Matznet­ter, kannst du dich noch erinnern, wann dieses Klimaschutzgesetz beschlos­sen wurde? (Abg. Matznetter: 2008!) – November 2011, am Ende der Verpflich­tungsperiode! Da hätte man dann im Nachhinein sagen können, was man hätte machen können. (Abg. Matznetter: Ihr habt gar keine ...!)

Das Ergebnis war, dass wir 600 Millionen Euro aufgewandt haben, um uns freizukaufen. Das ist die SPÖ-Klimapolitik in der Vergangenheit gewesen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Und für so ein Klimaschutz­gesetz geben wir uns nicht her! Für so ein Klimaschutzgesetz geben wir uns nicht her! (Abg. Schroll: Da macht ihr gleich gar keines!)

Es ist eine Chuzpe, dass ihr immer Klimaschutz einfordert, denn schaut euch einmal an, was ihr in den Bezirken, den Gemeinden, den Ländern und hier
im Bund macht: Ihr sabotiert jede einzelne Klimaschutzmaßnahme! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Ihr
wollt weiter Autobahnen bauen, ihr wollt weiter in jeder Innenstadt mit dem Auto fahren und ihr seid – das habt ihr jetzt auch wieder bewiesen – gegen eine Ökologisierung des Steuersystems. (Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Wir brauchen uns von euch nicht erklären zu lassen, wie man Klimaschutz macht! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

15.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ein bisschen ruhiger wieder und weniger künstliche Aufregung, bitte. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Bernhard gelangt nun zu Wort. – Bitte.


15.30.12

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Lieber Lukas Hammer, das war jetzt eine aufregende Show, die du geliefert hast, aber du hast vergessen, auf
das eigentliche Ansinnen der Kollegin Doppelbauer zu antworten. Die Frage war ja: Wann kommt denn das Energieeffizienzgesetz? (Ruf bei der SPÖ: Die
SPÖ ist schuld! Das ist die Antwort der Grünen!)
Ich möchte auch ganz kurz darauf eingehen.

Ich habe tatsächlich im Hohen Haus auch schon erlebt, wie das erste Energieeffizienzgesetz verhandelt worden ist. Es war damals ein rot-schwarz-grünes Projekt, weil die Grünen über Nacht noch mitverhandelt haben,
weil ja sonst das Ganze gar nicht hätte in Kraft treten können. Ich kann mich erinnern, dass immer die Gefahr war, dass man gesagt hat, das
sei ein Papiertiger, der nicht wirke. Das hat sich dann auch bewahrheitet.

Es gab auch die Kritik, dass eine liberale Partei ein Energieeffizienzgesetz wünscht. Ich möchte das kurz begründen. Der erste Punkt ist, wir wissen ja, dass es kommt. Es hängt wie ein Damoklesschwert über der Wirtschaft, und wir wissen, es kommt, und wir wollen, dass es bald kommt, damit es eine Planungs­sicherheit gibt. Ein Unternehmen, das nicht weiß, wann das Gesetz kommt und was drinnen steht, kann sich schwer darauf vorbereiten. Das ist ein wesent­liches Argument.

Der zweite Punkt – da ersuche ich Frau Kollegin Graf –, der auch sehr wichtig ist, ist nämlich die Frage, warum das Energieeffizienzgesetz so wichtig ist.
Wir sprechen im Grunde davon, dass wir unseren kompletten Wirtschaftspro­zess elektrifizieren wollen. Das bedeutet, wir brauchen Unmengen an Strom, den wir heute noch gar nicht haben. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir zwei Dinge tun. Wir müssen auf der einen Seite wesentlich im Bereich der er­neuerbaren Energie ausbauen. Das ist die eine Wahrheit. Die andere Wahr­heit ist, wir müssen genauso viel Energie, wie wir durch den Umbau in Erneuer­bare haben, auch einsparen. Das heißt, volle Kraft voraus bedeutet in Wirk­lichkeit voller Ausbau der erneuerbaren Energie, viel Innovation aber auch in der Frage, wie wir einsparen können. Die Frage des Einsparens wird durch das Energieeffizienzgesetz beantwortet. Das ist der wesentliche Grund, warum uns das als NEOS auch so wichtig ist, dass wir da Klarheit bekommen. Das ist ganz zentral.

Einen anderen Punkt möchte ich auch erwähnen, weil er in der Frage der Klimapolitik auch von Lukas Hammer angesprochen worden ist. Natürlich sind Energieeffizienzgesetz und ein Klimaschutzgesetz etwas, das ineinander­greift. Das Klimaschutzgesetz würde auf nationaler Ebene beschreiben, wie in den einzelnen Sektoren, beispielsweise im Bereich Verkehr, im Bereich der Haushalte, im Bereich der Landwirtschaft und so weiter, die Treibhausgase sinken müssen. Die sinken aber logischerweise durch einen erhöhten Ein­satz von Strom aus Erneuerbaren. Das heißt, man muss ja schauen, dass man, wenn man nicht so viel Strom hat, wie man eigentlich für den Umbau
braucht, um die Treibhausgase zu reduzieren, den auch woanders einspart. Das Gleiche gilt im Übrigen dann auch für die industriellen Prozesse, weil wir natürlich auch Strom brauchen, um Wasserstoff herzustellen – Stich­wort Elektrolyse.

Das heißt, überall, für die Erreichung aller Ziele, die wir uns von heute weg bis zum Jahr 2040 oder auf europäischer Ebene 2050 gesteckt haben, brauchen wir Unmengen an Strom, den wir noch nicht haben, und da ist das Einsparen
ganz wesentlich.

Ich möchte noch zwei Punkte herausgreifen, die auch ins Auge stechen. Wir
haben damals kurz nach dem Verhandeln des ersten Energieeffizienzgesetzes weitere Schritte, beispielsweise in Richtung Smartmeter, diskutiert, damit Haushalte selbst Transparenz bekommen, wie ihr Stromeinsatz untertags ist, und dann auch selbst entsprechend steuern können, Einsparungsmaßnahmen
treffen können. Dort sind wir heute, im Jahr 2022, noch immer nicht angelangt, im Übrigen auch noch nicht in der Stadt Wien. Nirgendwo hat man flächen­deckend Smartmeter und kann als Haushalt, als Bürger oder Bürgerin ganz ge­nau tracken, wie der Stromverbrauch ausschaut.

Es gibt einen anderen Bereich, der aus unserer Sicht in der jetzigen Krise ebenfalls beim Einsparen deutlich zu kurz kommt. Ich kann mich an einen Um­weltausschuss erinnern. Ich habe Ministerin Gewessler im März, nachdem die Russen in der Ukraine eingefallen sind, weil die Deutschen sofort über Ener­giesparen gesprochen haben, gefragt: Wann zieht denn Österreich nach? Wann gibt es eine Bewusstseinskampagne? Wann gibt es wirklich volle Kommu­nikation, wie jeder Haushalt tatsächlich Strom und Gas sparen kann? Sie hat mir damals gesagt, das wird sie beobachten. Es gibt quasi einmal ein bisschen einen Blick nach vorne. Sie schauen, wie sich die Lage entwickelt, und werden etwas machen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat von März an klar kommuniziert, wie der Bürger und die Bürgerin, wie der Unternehmer und die Unternehmerin am besten Energie sparen können, und die Grünen und die Bundesregierung im Ge­samten haben bis heute nicht die Kraft gefunden, wirklich über Energiesparen so strukturiert zu reden, wie wir es bräuchten.

Es ist wieder einmal – das Energieeffizienzgesetz ist ja nur ein Symptom –, dass die Dinge zu spät kommen, dass es intransparent ist, wo man gerade steht.
Sie sind dann nicht wirkungsvoll, und zwar weder für die Wirtschaft noch für das Klima und insbesondere auch nicht für die prekäre Situation, in der wir heute
sind. Das sollte sich dringend ändern, und darauf zielt unser Fristsetzungsantrag ab. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

15.35


15.35.02

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung. Ich darf fragen, ob wir abstimmen können. – Ja.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und
Energie zur Berichterstattung über den Antrag 2752/A(E) eine Frist
bis 31.12.2022 zu setzen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

15.35.57Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir setzen die unterbrochene Debatte zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 fort.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hamann. Bei ihr steht das Wort. – Frau Abgeordnete, bitte sehr. Sie müssen die Stimmung wieder dorthin bringen.


15.36.25

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Mach ich, lieber Herr Präsident! – Lieber Herr Bundesminister! Zurück zum Thema Deutschförderung – vor
einer Viertelstunde haben wir darüber geredet. Es gibt ja einen relativ breiten Konsens im Land: Deutschlernen in der Schule ist wichtig. Das ist wichtig
für alle Kinder, die hier geboren sind und vielleicht mehrsprachig aufwachsen. Es ist auch wichtig für alle Kinder, die neu hierher zuwandern, entweder weil
ihre Familien geflohen sind oder weil sie aus anderen Gründen in unser Land ziehen.

Deutschlernen ist wichtig, damit alle diese Kinder rasch Anschluss finden, damit sie Beziehungen aufbauen und damit sie ihr ganzes Potenzial und ihre Talente ausschöpfen können. Deswegen sind wir es ganz grundsätzlich allen Kindern, die in Österreich leben, schuldig, ihnen ausreichend Ressourcen und ausreichend Lehrerplanstellen und auch ausreichend Deutschförderstunden zur Verfügung zu stellen. (Beifall bei den Grünen.)

Mit dieser Aufgabe sind wir allerdings nie so richtig fertig, weil natürlich immer neue Kinder nach Österreich kommen, manchmal auch unter dramatischen Umständen wie jetzt aufgrund des Ukrainekriegs. Es ist gut, dass diese Kinder hier bei uns in Sicherheit sind. Wir wollen, dass sie sich willkommen fühlen
und dass sie gut gefördert werden, aber natürlich ist das eine große Aufgabe für die Schulen, für die Pädagog:innen und auch für die Mitschüler:innen.

Deswegen gibt es diesen Antrag, der Bildungsminister möge dafür sorgen, dass für alle Kinder und Jugendliche, die neu in unser Schulsystem dazukommen, ausreichend zusätzliche Ressourcen und zusätzliche Lehrerplanstellen zur Verfü­gung stehen und zum Deutschlernen noch einmal die dafür notwendigen zusätzlichen Förderstunden extra dazu. (Beifall bei den Grünen.)

Das hat der Bildungsminister versprochen und das hat er auch geliefert. Es ist großartig, dass sich das im aktuellen Budget wiederfindet und ausdrücklich bekräftigt wird. Dort stehen 182,4 Millionen Euro für den Zusatzaufwand für Schüler:innen aus der Ukraine inklusive zusätzlicher Mittel für Deutschförderstunden drinnen, plus dauerhaft noch einmal 4,5 Millionen Euro pro Jahr für die Deutschförderung im o. Status. (Beifall bei den Grünen.)

Das sollte jetzt eigentlich unter normalen Umständen jeder richtig und vernünftig finden, das tun auch fast alle, außer natürlich einer Partei hier im Parlament – der FPÖ. Sie zeigt zwar ständig mit dem Finger auf Kinder, die vielleicht noch wenig Deutsch können, stimmt aber gleichzeitig dagegen,
dass diese Kinder zusätzliche Deutschförderung bekommen. Verstehe das, wer will.

Wie macht das Sinn? – Es macht eigentlich nur dann Sinn, wenn man gar nicht will, dass Integration stattfindet und es eine gemeinsame Sprache gibt. Das
macht eigentlich nur dann Sinn, wenn man die Spaltung und die Ausgrenzung von Kindern will, weil man damit viel besser lebt. Das kennen wir aber mittlerweile eh von der FPÖ.

Damit das für alle auch noch ein bisschen plakativ deutlich wird, was die FPÖ hier verfolgt, möchte ich Ihnen noch von einem anderen Antrag dieser
Partei berichten – den wir Gott sei Dank dieses Mal mit allen anderen gemein­sam im Ausschuss abgelehnt haben –: Die FPÖ will nämlich Kinder per Verordnung verpflichten, sich in der Schule ausschließlich auf Deutsch ver­ständigen zu dürfen, sprich alle anderen Sprachen im Pausenhof verbieten.

Ich möchte schon, dass man sich das einmal im Detail durchdenkt, was das eigentlich heißt. Man kann sich das konkret vorstellen: Es kommt zum Beispiel ein ukrainisches Kind neu in die Schule. Es kennt sich hier nicht aus, es ist ängstlich, es ist vielleicht sogar traumatisiert, es versteht kein Wort Deutsch. Es kann vielleicht ein paar Worte Englisch, aber es dürfte – wenn es nach dem Willen der FPÖ geht – niemanden auf Englisch etwas fragen. Auch ein anderes Kind, das vielleicht Russisch oder Polnisch kann, darf nichts auf Russisch
oder Polnisch antworten. Es darf nicht helfen. Es darf mit einem Kind, das hier neu ankommt, keinen Kontakt aufnehmen.

Wenn man sich das also in dieser Perfidie durchdenkt, dann kann man deutlich sehen: Sie wollen Beziehungen und Bindungen verhindern. Sie wollen grund­sätzlich, dass ein Kind stumm bleibt, solange es kein Deutsch kann, dass es so lange schweigen muss, bis es die ersten deutschen Worte gelernt hat. Das widerspricht unserer Meinung nach nicht nur den Menschenrechten, sondern allen Grundregeln eines normalen guten menschlichen Zusammenlebens.
Das ist grausam, würde ich sogar sagen, und ich bin heilfroh, dass Sie in Öster­reich keine Bildungspolitik machen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

15.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte.


15.41.53

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Herr Bildungs­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Deutsch zu lernen, Deutsch zu sprechen, Deutsch zu können ist der Schlüssel für eine gelungene Integration, auch für ein gelungenes Le­ben im Privaten wie auch im Arbeitsleben. Ich glaube, da sind wir hier uns alle einig. Ich glaube auch, dass wir uns recht einig sind, wenn wir auf die Zah­len schauen und zur Erkenntnis kommen, dass es ein Problem ist, wenn ein Drit­tel der 15-Jährigen mit nicht deutscher Muttersprache nicht sinnerfassend die deutsche Sprache kann, nämlich weder sprechen noch lesen.

Statt an wirklichen Lösungen zu arbeiten, um diese Probleme zu lösen, haben Sie aber vor einigen Jahren diese Deutschförderklassen eingeführt. Obwohl Sie
ja immer gesagt haben, Sie wollen keine Parallelgesellschaften, haben Sie Parallelgesellschaften geschaffen. Alle Expertinnen und Experten haben gesagt, dass separierende Deutschklassen nicht mehr Deutschförderung bewirken, sondern das Gegenteil, und ich bin mir auch sicher – ich möchte dem nicht vor­greifen –, dass die Evaluierungen und die Studien, die das begleiten, das auch bestätigen werden. Diese Deutschförderklassen waren nicht zielführend, sie waren kontraproduktiv, sie waren in dieser Form schlecht.

Endlich gab es die Erkenntnis bei ÖVP und Grünen – und diesen Antrag dis­kutieren wir hier –, dass das eben nicht so funktioniert, wie es funktionieren soll­te, und Sie fordern in einem Entschließungsantrag Ihren eigenen Minister nun auf, dass die Schülerinnen und Schüler in den Deutschförderklassen über diesen außerordentlichen Status hinaus Deutschförderung bekommen sollen. Das
ist richtig, aber eigenartig dabei ist, dass Sie mittels Entschließungsantrag Ihren eigenen Minister auffordern, etwas zu tun. Jetzt haben wir als Opposition
nicht das größte Vertrauen in den Bildungsminister, dass da sehr viel von selbst kommt, aber dass Sie das auch nicht haben, dass der Minister das einfach
tut, sondern dass Sie ihn dazu auffordern müssen, ist schon bemerkenswert. (Beifall bei den NEOS.)

Wir stimmen diesem Antrag zu. – Schön wäre es, wenn Sie es einfach machen würden, aber wenn es diesen Weg hier braucht, warum auch nicht.

Noch eine Bemerkung zur FPÖ: Sie sind immer die, die am lautesten nach Integration rufen, aber Sie sind die einzige Partei, die nicht zustimmt, wenn es um mehr Deutschförderung geht. Ich wiederhole das, was ich hier schon
oft gesagt habe: Sie sind ein guter Brandmelder, denn Sie sagen, wo die Proble­me sind, Sie sind aber keine gute Feuerwehr, weil Sie nicht daran interes­siert sind, die Brände zu löschen, die Probleme zu lösen. (Beifall bei den NEOS.)

Das sieht man auch an Ihrem Antrag betreffend „Deutsch als ‚Pausensprache‘“. Man sieht ja schon an der Überschrift, wie ernst das gemeint ist und worum es dabei eigentlich geht. – Man kann nicht alles vorschreiben, was man will.
Ich würde mir zum Beispiel auch mehr Deutsch in Entschließungsanträgen der FPÖ wünschen; kann ich auch nicht vorschreiben. Manches ist halt so, wie
es ist, und die Lösungen sind vielleicht ein bisschen komplizierter, als man es sich wünschen würde.

Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen, und man sieht, glaube ich, auch
am Abstimmungsverhalten aller Parteien – außer dem der FPÖ –, die
diesen Antrag ablehnen werden, dass das vielleicht keine so gute Idee ist. Deswegen finde ich es auch gut, dass dieser Antrag heute abgelehnt wird. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten El Nagashi und Stögmüller. Zwischenruf des Abg. Hörl.)

15.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordnete Decken­bacher. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


15.45.07

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrtes Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, auch jene auf der Galerie – herzlich willkommen! Wir sind uns alle einig: Die Sprache eines Landes zu erlernen, in dem man lebt, ist ein Fundament von gelebter und zielgerichteter Integration. Das ist auch die Basis für eine akti­ve Teilnahme am gesellschaftlichen, am kulturellen, aber auch am sozialen Leben in unserem Österreich.

Jene Schülerinnen und Schüler, die mangels deutscher Sprachkenntnisse dem Unterricht nicht folgen können, werden in unseren Schulen im sogenannten außerordentlichen Status eingestuft. Im Schuljahr 2020/21 waren das ungefähr 30 000 Schülerinnen und Schüler an allgemeinen Pflichtschulen und ungefähr 10 000 Volksschulkinder alleine in Wien. Die Zahl der zu integrierenden schul­pflichtigen Kinder steigt immer weiter an, und bereits zu Beginn dieses Schuljahres wurden an die 12 000 ukrainische Kinder und Jugendliche in unser österreichisches Schulsystem eingegliedert. Es ist anzunehmen, dass die Zahl aufgrund der schrecklichen Situation in der Ukraine auch noch steigen wird.

Das Beherrschen der Sprache ist für alle Kinder eine wesentliche Voraus­setzung für den schulischen Erfolg, aber auch für einen erfolgreichen Bildungs­abschluss, und es ist in weiterer Folge auch wichtig für das zukünftige Be­stehen am Arbeitsmarkt. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Hinblick auf den Arbeitskräftemangel sind unsere Jugendlichen die Arbeits­kräfte von morgen. Sie sind unsere Zukunft, und wir müssen sie bestens da­rauf vorbereiten, und wir müssen ihnen manchmal auch die Zeit geben, die sie dafür brauchen. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Die Zahlen zeigen, dass ungefähr nach drei Semestern circa 52 Prozent der außerordentlichen Schülerinnen und Schüler in den ordentlichen Status wechseln können. Das heißt, dass sie in der Lage sind, dem Regelunterricht zu folgen, aber sie brauchen auch noch Unterstützung, was den Wortschatz,
aber auch die Kommunikation betrifft. Deswegen ist es wichtig, Deutschför­derung auch weiterhin im ordentlichen Status zu ermöglichen.

Über die dafür notwendigen finanziellen Ressourcen haben wir heute schon gesprochen. 4,5 Millionen Euro jährlich sollen für die Förderung zur Verfügung stehen. Es braucht aber auch Personal, Personal, das wir in Wien leider
nicht ausreichend zur Verfügung haben. (Abg. Taschner: Hört, hört!) Immer noch sind Volksschulklassen in Wien unbesetzt, das heißt nicht klassenführend.
Ich sagen Ihnen: Sie wissen wohl, was das für die Volksschulkinder hinsichtlich Bildung bedeutet. (Abg. Künsberg Sarre: Wer ist denn für die Ausbildung zuständig?!) Immer noch sind nicht alle Deutschförderklassen mit entsprechen­dem Lehrpersonal besetzt. (Abg. Silvan: In Niederösterreich auch!) Es gibt eine Klasse mit ukrainischen Kindern, die im Oktober keinen einzigen Tag Schule hatten. Die Konsequenz daraus ist, dass Pädagoginnen und Pädagogen nach wenigen Wochen ihren Dienst kündigen, in angrenzende Bundesländer gehen oder sich völlig neu orientieren. Und das – das sage ich hier ganz
klar –, obwohl der Lehrberuf einer der schönsten Berufe ist, die es gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Herr Bundesminister tut das in seiner Zuständigkeit Mögliche, aber was bitte tut die verantwortliche rot-pinke Stadtregierung? (Abg. Künsberg Sarre: Geh bitte! ...! Zwischenruf des Abg. Silvan. Abg. Shetty: Mit der Performance ...!)
Was tut der Bildungsstadtrat der NEOS? – Ich sage es Ihnen: Er tut nichts, außer den Pädagoginnen und Pädagogen zu erklären, dass alles in Ordnung ist.
Das ist für mich keine verantwortungsvolle Politik in unserer Bundeshaupt­stadt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hamann.)

15.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist dazu niemand mehr. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Unterrichtsausschusses.

15.49.2612. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2792/A(E) der Abgeord­neten Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Teuerung bremsen – gerechteren Zugang zu Bildung ermöglichen!“ (1699 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 12.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Kollegin Tanzler. –Bitte, bei Ihnen steht das Wort, Frau Abgeordnete.


15.49.53

Abgeordnete Petra Tanzler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wie wir alle wissen, ist die Teuerung
auch in den Familien schon längst angekommen. Dort finden bereits Einspa­rungen statt, die die Kinder betreffen. Nachmittagsbetreuung, ganztä­gige Schulformen, Hort, Kindergärten, Musikschule, Sportvereine, Nachhilfe, Essensgeld – die Liste kann man gerne fortsetzen –, da müssen die Fami­lien einsparen, weil sie sich das Leben nicht mehr leisten können. Eine Studie der AK zeigt, dass es bereits 22 Prozent sind, die sich die ganztägige Betreu­ungsform nicht mehr leisten können; Nachhilfe schon gar nicht.

Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um einen Antrag von mir, der diesen traurigen Zustand auf einem mittelfristigen und langfristigen Weg in einem ersten Schritt abfedern könnte – er wurde abgelehnt. Aber im Grunde ist es ganz egal, welchen der Anträge ich hernehme, den ich und wir seit zwei Jahren
hier einbringen, Sie drehen sich immer wieder im Kreis. Wir könnten jede Rede aus den letzten zwei Jahren hernehmen, unterm Strich kann ich zusammen­fassen, dass diese ÖVP-Grüne-Regierung keine Antworten auf die Herausforde­rungen im Bildungsbereich hat. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

Es gibt keine Lösungen, keine Reformen, keinen Plan, wie diese Herausforderun­gen in Perspektiven umgewandelt werden können. Sie haben mit diesem neuen Budget eine neuerliche Chance verstreichen lassen, es gibt keine Reform. Es ist kein Zukunftsbudget, sondern eine Verwaltung eines Mangelzustan­des. Es bleibt der Lehrer:innenmangel, es bleibt der Mangel an Pädagoginnen und Pädagogen in den Elementarbildungseinrichtungen. Es gibt keine bes­seren Rahmen- und Arbeitsbedingungen für Pädagoginnen und Pädagogen. Es fehlen multiprofessionelle Teams. Es fehlen umfassende Konzepte für die Förderungen, denn Corona hat Schäden hinterlassen, die noch immer nicht be­hoben wurden. Es fehlt eine Änderung des schlechten Deutschförderklas­sensystems. Es fehlen Investitionen in den Ausbau der ganztägigen Bildungsein­richtungen und es bleibt leider weiterhin eine Lücke bei der Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in schwierigen Situationen.

Das sind die Probleme, und nicht 1 Cent ist dafür vorgesehen. Stattdessen haben wir Evaluierungen, Beobachtungen und Baustellen wie noch nie, und alle schreien um Hilfe.

Was dieses Budget und diese Regierung auszeichnet, ist, dass Bildung nichts kosten darf, und zwar diese Regierung nichts kosten darf. Es ist nicht Auftrag der Eltern, außerhalb der Schule zusätzlich zu zahlen. Das hätten Sie gerne: näm­lich so viel wie möglich in die Verantwortung der Familien zu übertragen, und die, die es sich nicht leisten können, haben eben Pech gehabt. Aber es ist der Auftrag der Schule, der Regierung, des Staates, für eine bestmögliche Bildung zu sorgen. Und alles, was hier nicht getan wird, haben wir in fünf bis zehn
Jahren als Ergebnis – ein Ergebnis, auf das Österreich dann zurückschauen wird, für das Sie verantwortlich sind! Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister, bei Ihrem Antritt haben Sie von Weiterentwicklung gesprochen, davon, dass Sie die Probleme angehen werden. Seit Ihrem Antritt sind aber
die Probleme noch mehr geworden. Ich vermute, es liegt am Sparkurs der ÖVP. Das kennen wir aus den vergangenen Jahren und Jahrzehnten, der ÖVP ist der Bildungssektor nicht wichtig, und man sieht, dass auch Sie da nichts bewe­gen können, Herr Minister.

Es ist gerade eine wichtige Zeit für unsere Kinder, eine Zeit, die nicht mehr zurückkommt, die sich nicht mehr wiederholt oder aufholen lässt. Sie haben während der gesamten Coronazeit zurückstecken müssen, und das müs­sen sie jetzt wieder. Es ist traurig, wirklich traurig, wie herablassend die Bedürf­nisse behandelt werden, lächerlich gemacht werden, wie das Recht auf Bil­dung mit Füßen getreten wird. Es geht um 1,9 Millionen Kinder in diesem Land, um ihre Eltern und alle Pädagoginnen und Pädagogen, die dafür verantwort­lich sind, die diesen Verlust an Unterstützung ausgleichen wollen, und die lassen Sie im Stich – aber Sie sitzen hier seit zwei Tagen und erzählen uns perma­nent, wie gut Sie sind! (Beifall bei der SPÖ.)

Das gestern präsentierte Budget liefert die Tatsachen: Fast der gesamte Teil dieser 11 Milliarden Euro geht auf Ausgaben, die die Gehälter betreffen. Das ist die Wahrheit, das ist Ihre Politik. Von den Grünen hören wir seit zwei Jah­ren, dass große Würfe im Anmarsch sind. Es ist nichts davon zu sehen, also sind auch Sie gescheitert. Sie lassen gerade alle im Stich – Ignoranz, Wegsehen, falsche Verteilung von Steuergeld! Ich habe Verständnis, wenn gespart wird, aber ich habe kein Verständnis, wenn bei der nächsten Generation gespart
wird. Sie sprechen von Investitionen in die Zukunft, von Verantwortung
für morgen, das sind aber nur Worte vor einer Kamera, sehr geehrte Damen und Herren, im Budget ist nichts dafür vorgesehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird viel Geld verteilt, aber nur nicht an jene, die es brauchen. Es ist Ihre Aufgabe als Regierung, in schwierigen Zeiten Hoffnung und Zuversicht zu geben. Das können Sie nicht, das können Sie seit drei Jahren nicht – Sie werden die Rechnung bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Salz­mann. – Bitte sehr.


15.54.40

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus und
ganz besonders auch liebe Zuseher daheim vor den Bildschirmen! Frau Kollegin Tanzler, diese Anklage, die du da vorgebracht und weit ausgerollt hast, die kannst du sofort wieder einpacken, weil sie von vorne bis hinten nicht fakten­basiert ist. Das ist Tatsache. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wer gestern der Budgetrede unseres Finanzministers Magnus Brunner gefolgt ist – und die Budgetrede liegt vor, das Budget liegt vor –, der weiß, dass gerade
der Bildungsbereich heuer wieder mit 1 Milliarde Euro zusätzlich dotiert ist, und auch im letzten Jahr war es 1 Milliarde Euro mehr. (Zwischenruf der Abg. Ku­charowits.) – Ich habe Ihnen auch zugehört, also bitte hören Sie auch zu! (Abg. Matznetter: Aber der Einwand war richtig!) 1 Milliarde Euro mehr heuer
und 1 Milliarde Euro mehr letztes Jahr.

Ja, es stimmt, die Teuerung ist in den Familien angekommen. Aber wir haben in diesem Jahr bereits drei große Entlastungspakete präsentiert, und ich möchte nur auf einige Punkte daraus eingehen, meine Damen und Herren.

Da ist einerseits die große ökosoziale Steuerreform. (Abg. Shetty: Die große! Riesengroß!) Wir haben ein Paket mit 18 Milliarden Euro geschnürt, das ganz viel Geld in den Geldbörsen der Österreicherinnen und Österreicher zurücklässt.

Wir schaffen jetzt die kalte Progression ab (Zwischenruf des Abg. Matznetter), und das haben die SPÖ-Regierungen, die von der SPÖ geführten Regierungen in
all den Jahren nie geschafft. Wir machen das jetzt, wir setzen das jetzt um. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Tanzler, du kannst klagen, was du willst, es stimmt einfach nicht! Schauen wir uns an, was diese Regierung und was wir hier im Nationalrat für die Familien an Unterstützung beschlossen haben, und seien wir ehrlich: Das
greift ganz stark – und ich bin viel in den Regionen und viel in den Schulen un­terwegs. (Rufe bei der SPÖ: Ja, ja, ja, ja!) – Ja, ihr nicht. Ich kann auch nichts dafür, dass ihr draußen nicht unterwegs seid! (Beifall bei der ÖVP.)

180 Euro Einmalzahlung Familienbeihilfe, das sind 3,1 Milliarden Euro für die Familien allein in diesem Jahr. Durch die Vorziehung und die Erhöhung des Familienbonus Plus, meine Damen und Herren, bis zu 2 000 Euro pro Kind, und des Kindermehrbetrags ergibt sich in Summe für 2023 eine Entlastung von 600 Millionen Euro. Die Valorisierung der Sozialleistungen – Familienbeihilfe, Schülerbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld, all das ist erhöht worden – greift
den Familien ganz massiv unter die Arme (Zwischenruf des Abg. Matznetter); 253 Millionen Euro allein im nächsten Jahr. (Neuerlicher Zwischenruf
des Abg. Matznetter.)

Lieber Kollege Matznetter, du bist einer, der immer alles besser weiß. Ich
frage mich, warum du nicht öfter hier vorne stehst und uns erklärst, wie es wirk­lich geht. Aber ich kann dir sagen, warum du es nicht tust. Wisst ihr, wa­rum? – Die rote Bildungspolitik, meine Damen und Herren, ist gescheitert! Wir müssen derzeit ausrollen, was zum Ausrollen ist, weil ihr das beschlossen habt, aber es ist gescheitert. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Ausrollen tut man einen Blätterteig, Frau Kollegin!)

Ich kann euch zwei Punkte nennen: Wir haben eine Lehramtsausbildung mit
sechs Jahren. Das haben wir euch zu verdanken. Seit 2013 wird das ausgerollt. Das funktioniert so nicht. Wir haben keine Sonderpädagogik, und ich
könnte euch noch vieles aufzählen.

Wir unterstützen die Familien massiv. Wir haben die Ganztagesbetreuung mas­siv ausgebaut. Herr Minister, Sie haben dafür gesorgt, dass es viele Unter­stützungsmaßnahmen in den Schulen gibt, der Förderstundentopf ist stark er­höht worden; die Ausrollung bei den digitalen Endgeräten; die Bezahlung der 25 Prozent Eigenmittel kann Familien mit geringem Einkommen auch erlas­sen werden. Auch die Länder haben viel getan, allein in meinem Heimat­bundesland Salzburg ist ganz vieles an Sozialleistung für die Familien erhöht worden. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Unterm Strich kann ich euch eines sagen: Ich bin stolz, dass wir in Österreich einen freien und gerechten Zugang zu den Bildungseinrichtungen haben, Herr Minister – in alle Schulen, in alle Universitäten, in alle BHS und in alle Fachhochschulen. (Abg. Erasim: In alle Schulen? Das stimmt ja alles nicht!)
Das Einkommen der Eltern darf nicht ausschlaggebend für den Bildungsweg sein, und das machen wir als ÖVP möglich (Abg. Erasim: Stimmt ja auch nicht!),
denn die ÖVP ist die Bildungspartei (Heiterkeit bei der SPÖ), die Partei, die Bil-dung kann. (Beifall bei der ÖVP.)

15.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brückl. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Was die ÖVP alles kann!)


15.59.32

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ge­schätzter Herr Minister! Wir befinden uns seit Monaten in einer Teue­rungsspirale. Seit Monaten diskutieren und debattieren wir hier in diesem Haus, wie man die Bürgerinnen und Bürger entlasten kann, wie man ihnen helfen kann, aber die Bundesregierung bekommt das ganz offensichtlich nicht auf die Reihe. Sie bekommt es aufgrund ihrer fehlgeleiteten Regierungspolitik,
ihrer fehlgeleiteten Sanktionspolitik, ihrer fehlgeleiteten Förderpolitik nicht auf die Reihe, denn anstatt die Bürger und Bürgerinnen mit Steuererleich­terungen zu unterstützen, werden nach dem Gießkannenprinzip Gelder ziellos, ineffizient und vielfach viel zu bürokratisch ausgeschüttet, nur um gleich­zeitig dann wieder Steuern einzuführen. Ich denke dabei nur an die mittlerweile altbekannte CO2-Abgabe, die Klimasteuer, denn damit gefährdet man tat­sächlich den Wohlstand in unserem Land.

Parallel dazu, Hohes Haus, wirft die Regierung den Coronamotor wieder an und geht dazu über, die Maßnahmen wieder zu verschärfen. In den Schulen be­ginnt man wieder, unsere Kinder zu traktieren, mit Massentests, mit Testwahn­sinn, mit Maskenpflicht.

Herr Bundesminister, ich ersuche Sie, ich ersuche Sie wirklich eindringlich, dafür
zu sorgen, dass unsere Kinder von diesem Wahnsinn verschont bleiben und dass sie in Ruhe gelassen werden. Das liegt auch in Ihrer Verantwortung, Herr Mi­nister.

Ich habe erst gestern mit Schülervertretern ein Gespräch geführt, die mir wieder bestätigt haben, dass sie in den vergangenen zwei Jahren, in diesen zwei
Jahren, in denen dieser Coronawahnsinn, diese unverhältnismäßige Coronapoli­tik über sie hereingebrochen ist, vieles nicht erleben durften, was zu einem normalen Schulalltag gehört, dass sie vieles nicht erleben durften, was einfach zu einem Schülerleben dazugehört. Gemeinschaftsleben, Sprachaufenthalte, all das ist für diese Schülergeneration unwiederbringlich verloren.

Derzeit haben wir wieder einen Fleckerlteppich, der über unser Land gezogen wurde, in vielen Schulen Österreichs wird wieder getestet, es wird wieder
das Coronaregime hochgezogen. Unsere Kinder, Herr Minister, brauchen keine Angstmache, wir müssen sie in Ruhe lassen, und das ist auch unser Auftrag.

Ich darf abschließend noch ganz kurz auf etwas eingehen, was wir in
der vorhergegangenen Debatte besprochen haben, möchte vielleicht nur, was Deutsch als Schulsprache betrifft, noch dazusagen, es war immerhin auch
die Österreichische Volkspartei, es war Landeshauptmann Stelzer, der gemeint hat, es ist schade, dass die Bundesregierung, dass Faßmann das nicht
umsetzt und nicht umsetzen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

16.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hamann. – Bitte.


16.02.31

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Ich möchte zurück zum Thema kommen. Kollegin Tanzler hat jetzt hier über alles Mögliche geredet, nur wenig über den eigenen Antrag. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Kollege Brückl hat jetzt
über Corona geredet, was eigentlich gar nicht zur Debatte steht.

Ich lese gern vor, worum es in diesem SPÖ-Antrag, über den wir jetzt hier reden, geht. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Der Betreff lautet: „Teuerung bremsen“, und
in diesem Antrag steht – völlig zu Recht –, dass die Kosten und die Energiepreise in diesem Land steigen, und das ist für Familien, speziell für Familien mit Schulkindern, ein Problem. – Da haben Sie völlig recht.

Was sagt die SPÖ aber noch in diesem Antrag? – Es gibt keine ausreichende Unterstützung für Familien und es gibt in diesem Land keinen Plan zur Be­kämpfung der Teuerung. – Da muss ich Sie aber schon fragen: ernsthaft jetzt oder was? (Beifall bei den Grünen.) Da muss man sich schon aktiv die Ohren zugehalten haben in den letzten Wochen und Monaten und aktiv hier im Parla­ment die Ohren zugehalten haben, um so etwas zu behaupten. (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann es deswegen jetzt auch recht kurz machen, die allermeisten Menschen haben das alles ja ohnehin schon in den Medien gehört, man hat es auch hier
im Haus schon vielfach hören können – viele der Leistungen sind auch bereits auf den Konten von uns allen eingelangt.

Für die SPÖ kann ich trotzdem noch einmal kurz einen Schnelldurchlauf machen: Antiteuerungsbonus, Sonderfamilienbeihilfe zu Schulbeginn, noch einmal Schulstartgeld für Mindestsicherungsbezieher, vorgezogene Erhöhung des Fami­lienbonus Plus des Kindermehrbetrags, die Valorisierung aller Familien- und Sozialleistungen, die Erhöhung der Schüler:innenbeihilfe, die Ausweitung des Bezieherkreises für die Schüler:innenbeihilfe, und auch bei den digita­len Endgeräten wurde der Kreis der Familien zu Jahresbeginn noch einmal er­weitert, und zwar rückwirkend. – Das war die Kurzfassung, für den Fall, dass Sie es bis jetzt noch nicht mitgekriegt haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich vermute aber, die SPÖ weiß das alles eh, und ich vermute auch, sie würde einfach diese Anträge immer wieder stellen, selbst dann, wenn wir die Familienleistungen noch einmal verzehnfachen würden. Und sie würde wahr­scheinlich gleichzeitig immer sagen: Es ist zu viel!, und: Es ist zu wenig! – Wir aber werden trotzdem weiterhin seriöse Politik für die Schulkinder und für die Familien in unserem Land machen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann verlegen wir wie vereinbart die Abstimmung an den Schluss
der Verhandlungen über die Gegenstände des Unterrichtsausschusses.

16.05.2813. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2692/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitale Endgeräte für Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine (1700 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2758/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitale Grundbildung: Externes Know-how für Schulen nutzbar machen (1701 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Tagesordnungspunk­ten 13 und 14, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kucharowits. – Bitte, Sie haben das Wort.


16.06.13

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ein Wort zu Kollegin Hamann:
Es ging in dem vorhergegangenen Antrag ganz klar um Leistungen im Be­reich der Schule, nicht um einen Klimabonus, nicht um einen Familienbonus. Sie haben das leider missverstanden, anscheinend nicht im Detail gelesen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Jetzt geht es aber um den Bereich Digitalisierung und Schule. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich glaube, wir alle erinnern uns noch ganz gut daran, als ÖVP und Grüne die Ausgabe von Tablets und Notebooks sehr propagiert haben, fast schon abgefeiert haben und sich sehr damit gerühmt haben. Vielleicht geht es manchen von Ihnen, von euch (in Richtung Galerie) so, dass das Tablet immer noch nicht angekommen ist, obwohl das Ganze schon im vergangenen Schuljahr begonnen hat oder hätte beginnen sollen und die Geräte eigentlich schon bei den Schülerinnen und Schülern hätten ankommen sollen.

Es ist jetzt Oktober 2022 und immer noch warten viele darauf, Sie aber feiern das immer noch ab und rühmen sich. Das reicht nur leider nicht, wenn es bei den Leuten definitiv nicht ankommt.

Es wird aber noch skurriler, denn wir diskutieren, wie man jetzt in den Anträgen sieht, über die Ungleichbehandlungen zwischen Kindern. Es geht im Antrag
der NEOS ganz klar darum, dass Kinder aus der Ukraine eine Empfehlung von­seiten des Ministeriums bekommen, auf Refurbished-Geräte sozusagen zurückzugreifen, auf gebrauchte Geräte zurückzugreifen. Warum? – Weil von ukrainischen Familien angeblich die Leihgebühr nicht zu bezahlen ist. Das ist doch bitte unfair, oder? Fair wäre es, es gäbe diese Leihgebühr gar nicht be­ziehungsweise den Selbstbehalt, den man leisten muss, oder es gäbe ein­fach auch für ukrainische Kinder eine Ausnahme.

Wir hätten diesem Antrag zugestimmt, die Grünen und die ÖVP haben im Ausschuss aber wieder einmal gesagt: Es ist alles schon erledigt! – Werte Kolle­gen und Kolleginnen, nichts ist erledigt, denn die Fakten schauen einfach an­ders aus! (Beifall bei der SPÖ.)

Spannend ist auch der zweite Antrag, da geht es um die digitale Grundbildung. Es ist ein neues Fach eingeführt worden, und es sind, ehrlich gesagt, wahnsinnig viele Fragen offen. Wir wissen bis jetzt nicht, wer das eigentlich unterrichtet. Wir haben auch im Ausschuss die Frage gestellt: Herr Bundesminister, wer un­terrichtet das neue Fach digitale Grundbildung? – Die Antwort war: Infor­matiker:innen. Werte Kollegen und Kolleginnen, der Lehrplan sieht aber etwas anderes vor. Informatik ist ungleich digitale Grundbildung. (Beifall bei der SPÖ.) Deshalb ist der Zugang hier (Abg. Salzmann: Du hast echt keine Ahnung! Du hast keine Ahnung von Inhalten in einem Schulfach!), weil es dringlich ist, exter­ne Expert:innen mit ihrem Know-how in die Schulen zu stellen, ein richtiger, und auch diesen Antrag hätten wir unterstützt. Schade.

Schade ist im Übrigen auch, dass das Budget, das Sie gestern präsentiert haben, weder den Schüler:innen noch den Lehrer:innen noch den Eltern unter die Arme greift. Es macht nämlich kein Lebensmittel billiger und kein Wohnzimmer wärmer, geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Und von Schulschikursen oder Kulturwochen rede ich noch gar nicht, denn die sind auch nicht finanziert – und das für Kinder, die jetzt zwei Jahre lang eh keine Freizeit gehabt haben. Sie nehmen ihnen damit das Recht auf Teilhabe und Freizeit, das ist wirklich, wirklich schade.

Die Einmalzahlungen helfen nicht, die helfen nämlich nicht auf Dauer, und, werte Kollegen und Kolleginnen, sie schützen nicht vor Armut. Jedes vierte Kind
ist in Österreich mittlerweile von Armut betroffen. Jede dritte Person muss auf Erspartes zurückgreifen, wenn es um Lebensmittel geht, und Sie machen diesbezüglich nichts in dem Budget – nichts!

Die Erhöhungen, die es im Bildungsbudget gibt – das ist 1 Milliarde Euro (Abg. Salzmann: Das ist viel Geld!) –, werden aufgefressen, Frau Kollegin Salzmann, von der Inflation (Abg. Salzmann: Das ist viel Geld!) und von den Personalkosten.
Null Innovation, und das ist wirklich, wirklich traurig. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Man verwaltet den Status quo. Es gibt immer noch den Lehrer:innenmangel
und ich spreche noch gar nicht von dem fehlenden Personal in den Kindergärten und in den Kinderkrippen.

Sie machen nichts. (Abg. Salzmann: Warum haben wir einen Lehrermangel? Ihr redet die Schule schlecht!) Es wird alles mit dem Budget so bleiben, wie es ist, wirk­lich traurig, und das haben Sie zu verantworten, leider auf Kosten der Kinder und Jugendlichen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Salzmann.)

16.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Totter. – Bitte.


16.10.14

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen und
auf der Galerie! Frau Kucharowits, digitale Grundbildung und die Endgeräte, die jetzt ausgerollt worden sind, sind uns von den drei SPÖ-Ministerinnen im­mer nur versprochen worden, aber der Wunsch ist nie in Erfüllung gegangen. (Abg. Kucharowits: Sie haben das Budget nie zur Verfügung gestellt!) – Wir haben es umgesetzt, wir haben es gemacht, Frau Kucharowits – so ist das! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hamann.)

Meine Damen und Herren! Wir diskutieren nun zwei Tagesordnungspunkte un­ter einem. Beim ersten Tagesordnungspunkt geht es um digitale Endgeräte für ukrainische Schülerinnen und Schüler. Diese fallen als außerordentliche Schü­lerinnen und Schüler in der fünften Schulstufe in den Anwendungsbereich
des Bundesgesetzes zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts. Sie werden zu den gleichen Bedingungen wie alle anderen Schülerinnen
und Schüler auch in den digitalen Klassen mit einem digitalen Endgerät ausge­stattet.

Im Gesetz sind darüber hinaus taxativ Befreiungsgründe für den 25-prozentigen Selbstbehalt aufgezählt, die auf eine soziale Abfederung abzielen. Natürlich sind auch diese Befreiungsgründe auf vertriebene ukrainische Schülerinnen und Schüler anzuwenden. Der Ausweis für Vertriebene allerdings, also die soge­nannte Blaue Karte, ist kein zwingender Nachweis für eine soziale Bedürftigkeit, sondern kann auch nur den Zugang zum Arbeitsmarkt durch eine Beschäfti­gungsbewilligung bedeuten. Ich denke daher, es ist in Ordnung, dass jene Erzie­hungsberechtigten ukrainischer Kinder, die sich den Selbstbehalt von 25 Pro­zent für digitale Endgeräte leisten können, diesen auch erbringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Für Härtefälle, die nicht von den vorgesehenen Befreiungsmöglichkeiten umfasst sind, bietet in weiterer Folge weiterlernen.at auch kostenlose Reusegeräte.

Nun zum zweiten Tagesordnungspunkt: Die Antragsteller haben recht, wenn sie behaupten, dass seitens vieler NGOs und Institute ein breites Spektrum an Expertise im Bereich der digitalen Bildung und Medienerziehung vorhanden ist. Diese Expertise wird aber bereits jetzt im Rahmen langjähriger Koopera­tionen wie beispielsweise mit der Initiative Safer Internet von den Schulen ge­nutzt. Grundsätzlich aber ist die Gestaltung von Unterricht eine Kompe­tenz, eine Kernkompetenz von Lehrenden, und unsere Pädagoginnen und Päda­gogen legen viel Engagement an den Tag und bringen viel Einsatz. Ihnen ge­bühren mein Respekt und mein Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch wenn digitale Grundbildung als Pflichtfach neu eingeführt wurde, gab es schon bislang dieses Unterrichtsfach beispielsweise als unverbindliche Übung. Auch Informatik wurde von den dazu befähigten Lehrerinnen und Lehrern an vielen Schulen schon unterrichtet. Das bedeutet, wir haben bereits jetzt gut ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen, welche die erfor­derlichen Kompetenzen im Bereich der digitalen Grundbildung gut vermitteln können.

Darüber hinaus steht ein entsprechendes Projektbudget für Schulen im
E-Education-Schulnetzwerk zur Verfügung und kann für Professionalisierungs­maßnahmen von Lehrkräften von Schulen beantragt und genutzt werden. Zahlreiche Fortbildungen für Lehrende werden auch durch pädagogische Hoch­schulen angeboten und sind österreichweit verfügbar. Ich denke da etwa an digifolio.at oder die virtuelle PH.

Zur Unterstützung der digitalen Transformation wird also auch an unseren pädagogischen Hochschulen auf Hochtouren gearbeitet. – Vielen herzlichen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hamann.)

16.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Künsberg Sarre. – Bitte sehr.


16.14.22

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Herr Präsident! Herr Bildungsminister! Hohes Haus! Ich muss eigentlich immer noch ein biss­chen lachen, weil Kollegin Salzmann vorhin gesagt hat, die ÖVP sei die Bil­dungspartei. (Ja-Rufe bei der ÖVP.) Da hat sogar der grüne Koalitions­partner herzhaft lachen müssen. (Abg. Shetty: Die Kollegin meint es ernst!) Ich weiß nicht, ob es überhaupt irgendwann einmal so gewesen ist, aber jetzt ist es schon seit Jahren nicht mehr der Fall, dass die ÖVP bildungspoli­tisch irgendetwas weitergebracht hätte.

Ganz kurz jetzt zu den beiden Anträgen: Der erste Antrag hätte darauf abgezielt, relativ schnell und unbürokratisch den Kindern aus der Ukraine die gleichen Geräte wie jene ihrer Klassenkolleg:innen zur Verfügung zu stellen. Bis diese Be­freiungstatbestände ermittelt werden, dauert es, und das wäre genau diese Überbrückung gewesen, auf die wir abzielen wollten – aber gut, das wollten die Regierungsfraktionen nicht, allen voran offensichtlich auch die Grünen nicht.

Der zweite Antrag widmet sich dem neu eingeführten Fach digitale Grundbil­dung. Das ist ein gut gemeintes Projekt, wir unterstützen das auch, es ist sinnvoll, aber es hat natürlich den Schönheitsfehler, dass es noch keine ausge­bildeten Lehrerinnen und Lehrer gibt.

Jetzt hat Kollegin Totter gesagt, die Kernkompetenz des Lehrens liege bei den Lehrern. Das stimmt natürlich und ich spreche keinem Lehrer Engagement
ab, aber was man schon sagen muss, ist, dass es wichtig ist, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die dieses Fach unterrichten, diese Dinge auch ausreichend vermitteln können, nämlich sowohl die technologischen als auch die inhaltlichen Themen.

Das ist der Grund, warum wir diesen Antrag eingebracht haben: Wir wissen, dass Lehrerinnen und Lehrer, wenn sie sich in einem Bereich nicht so firm füh­len – dazu gibt es Studien, die sollten Sie vielleicht einmal lesen –, das Thema dann aussparen. Das ist Fakt, dazu gibt es ganz viel Evidenz. Wenn sich jetzt Lehrerinnen und Lehrer im Bereich der digitalen Grundbildung nicht so wohl fühlen – und dazu gehört ja nicht nur, den Computer bedienen zu können, sondern dazu gehören auch andere Themen wie Fakenews et cetera; darauf geht meine Kollegin Brandstötter noch ein –, dann lassen sie das aus. Das ist aber ein wichtiger Teil.

Es hätte der Antrag von Kollegin Brandstötter und mir nur darauf abgezielt, für die Zeit, bis es ausgebildete Lehrende dazu gibt, für diese vier oder fünf Jahre, den Schulen ein Budget zur Verfügung zu stellen, damit diese einerseits digital-didaktische Fortbildung bei den Lehrenden machen können oder andererseits eben für die Schüler:innen externe Angebote zukaufen können. Es gibt ganz tolle Institute, es gibt ganz tolle NGOs, die alle wirklich etwas Tol­les anbieten können. Es wäre also eine Unterstützung für den Schulbe­trieb gewesen, dass das einfach gut ins Rollen kommt, aber Sie negieren das ein­fach immer wieder und glauben, dass alles in diesem digitalen Grundbil­dungsfach super läuft.

Ich weiß nicht, in welche Regionen Sie immer gehen, aber es ist nicht der Fall. Wenn Sie an Schulen gehen, werden Sie sehen, dass nicht alles ausge­schöpft werden kann. Das ist ja auch logisch und auch gar nicht schlimm, da muss man einfach für einen gewissen Zeitraum unterstützen. Ich finde, das ist auch kein Eingestehen davon, dass man irgendetwas nicht kann, sondern es ist eine Unterstützung, aber Sie tun jedes Mal wieder so, als ob alles auf der Höhe der Zeit sei, was es jedoch gerade im digitalen Bereich nicht ist. (Beifall bei den NEOS.)

16.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Kollegin Hamann. – Bitte sehr.


16.18.23

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Ich möchte nur ein paar erläuternde Anmerkungen zu dem Antrag mit den digitalen Endgeräten machen, denn mir scheint, da gibt es ein bisschen Verwirrung. Es geht hier keineswegs um eine Leihgebühr, wie Kollegin Kucharowits gesagt hat, es geht auch nicht um Geräte zweiter Klasse, die jetzt für Ukrainer:innen vorgesehen sind, ganz im Gegenteil.

Ich werde es vielleicht ein bisschen ausführen: Der Antrag von Martina Künsberg Sarre, der hier vorliegt, fordert, geflüchtete ukrainische Kinder generell vom Selbstbehalt für die Endgeräte auszunehmen, also sprich, dass ukrainische Kin­der die Laptops, die alle in der fünften Schulstufe bekommen, generell kos­tenlos bekommen sollen, weil sie Ukrainer und Ukrainerinnen sind.

Das ist tatsächlich, glaube ich, gut gemeint und ich unterstelle da gar nichts Bö­ses, ich halte es dennoch für keine gute Idee und möchte gerne erläutern, warum: Geflüchtete Kinder bekommen selbstverständlich die Laptops und die anderen Geräte genauso wie alle anderen Kinder auch, die bei uns in die Schule gehen, egal, ob sie aus der Ukraine kommen oder aus Afghanistan oder von irgendwo anders, und auch ganz unabhängig davon, welchen Aufent­haltsstatus sie haben – nur damit da keine Verwirrung entsteht. Es gelten auch für alle Kinder an österreichischen Schulen die exakt gleichen Regeln, was diesen Selbstbehalt betrifft, und eine dieser Regeln lautet ganz einfach: Wer so­zial bedürftig ist, wer kein ausreichendes Einkommen hat, bekommt die Geräte kostenlos.

Ich finde es gut und richtig, dass die Befreiung vom Selbstbehalt ausschließlich an die soziale Bedürftigkeit geknüpft wird und eben nicht an die Staats­bürgerschaft oder an den Aufenthaltsstatus, weil nämlich – das ist eh logisch – jedes Kind gleich viel wert ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Es mag Härtefälle geben – Kollegin Totter hat es schon ausgeführt –, bei denen zum Beispiel der Nachweis der Bedürftigkeit schwierig ist. Da gibt es fle­xible Lösungen, etwa über die Plattform Weiterlernen. Manchmal – in Einzel­fällen – kann es auch sinnvoll sein, dass man lieber eine Zeit lang mit Leihgeräten arbeitet, zum Beispiel wenn schon absehbar ist, dass das Kind aufgrund
eines Wohnortwechsels nicht in die eine Schule weitergehen kann und am neu­en Schulstandort vielleicht ein anderes Gerät brauchen wird. In solch einem
Fall ist es blöd, wenn es schon ein Gerät besitzt, das dann mit den Anforderun­gen der neuen Schule vielleicht nicht kompatibel ist. Da sind individuelle Lösungen sinnvoll, die werden in der Praxis auch schon umgesetzt, und das ist gut so. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Brandstötter. – Bitte.


16.21.04

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Martina Künsberg hat es schon ausgeführt: In diesem Schuljahr wurde das Schulfach digitale Grundbil­dung eingeführt. Es geht einerseits um die Vermittlung von IT-Grundwissen und andererseits um den Umgang mit digitalen Medien. Leider wurde aber verabsäumt, die entsprechenden Lehrerinnen und Lehrer auszubilden. Die wer­den erst in einigen Jahren so weit sein.

Dieses Fach ist eine wirklich große Chance, um diesen enormen gesell­schaftlichen Herausforderungen, vor denen wir stehen, gerecht zu werden. Wir haben aber, wie gesagt, dafür nicht die entsprechenden Lehrerinnen und Lehrer.

Dabei ist das ein Riesenthema: Fakenews und Desinformation sind dermaßen große Themen, die überall in der Gesellschaft präsent sind, auch im Parla­ment, wo behauptet wurde, dass ein Pferdeentwurmungsmittel gegen Covid hilft. Es ist bei staatlichen Akteuren wie Russland präsent, die gezielte Desinformationskampagnen starten, um unsere Demokratien zu destabilisieren.

Es ist auch auf technischer Ebene präsent: Es hat vor einigen Wochen im Bereich der künstlichen Intelligenz einen Quantensprung gegeben. Bots sind mittler­weile in der Lage, einfach aufgrund eines kleinen Skripts, das man schreibt – ba­sierend auf Open-Source-Codes –, Bilder zu erzeugen, die überhaupt nicht real sind. Vor diesen Herausforderungen steht unsere gesamte Gesellschaft, al­len voran Schülerinnen und Schüler, die ein Recht darauf haben, zu Akteuren zu werden, die sich auskennen, die wissen, was Sache ist, die übrigens auch ihre Eltern in diesem Bereich unterstützen.

Es muss jetzt heißen: All brains on deck! Wir haben die Expertise in NGOs, in Vereinen, in Institutionen, die ihre Angebote an die Schulen liefern können müssen. Die Schulen brauchen aber auch ein Budget, um genau diese Angebote abrufen zu können. Das haben sie nicht, das ist schade. Genau darauf hat
unser Antrag abgezielt.

Es gibt auch positive Beispiele: Wir NEOS haben in Wien die Wiener Bildungschancen eingeführt. Da haben Schulen die Möglichkeit, aus einem ganzen Warenkorb an unterschiedlichen Angeboten die für sie richtigen
Angebote auszuwählen. Sie bekommen ein Budget, sie haben die Möglichkeit, sich zum Beispiel in diesem Bereich auch Expertise zu holen, um ihre Schü­lerinnen und Schüler besser zu informieren. Das brauchen wir. Was wir nicht brauchen, ist ein Schneckentempo und das Abschieben der Verantwor­tung, sodass wir noch die nächsten vier, fünf Jahre zusehen müssen, wie unsere Schülerinnen und Schüler keine Aus- und Fortbildung im Bereich digitale Grundbildung bekommen. (Beifall bei den NEOS.)

16.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte sehr.


16.23.45

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich fange beim Verbindenden an, ich widme mich auch beiden Entschließungsanträgen, beginnen wir mit
dem Themenbereich digitale Endgeräte.

Ich sehe den Antrag durchaus sehr löblich. Ich glaube, gerade zu Beginn des An­griffskrieges in der Ukraine hat es – zumindest zu einem großen Teil – eine Verbundenheit in diesem Haus dahin gehend gegeben, dass wir denen, die auf der Flucht sind, die Hilfe brauchen, rasch und schnell helfen. Nicht anders
war es auch im Bildungsministerium, das sich auch von Anfang an zum Ziel ge­setzt hat, gerade den Familien, den Frauen – die überwiegend mit ihren Kin­dern geflohen sind – hier unter die Arme zu greifen und sicherzustellen, dass sie, wenn sie in Österreich sind, auch nahtlos ins Schulwesen einsteigen können und in den Genuss von Bildung kommen können.

Nicht anders verhält es sich bei den digitalen Endgeräten. Da wird sichergestellt, dass ein Bezug möglich ist, der – wie auch Kollegin Hamann schon ausgeführt
hat – vielleicht nicht unbedingt ein Neugerät umfassen muss, sondern auch die Möglichkeit beinhaltet, ein Reuse-Gerät zu nutzen. Das basiert auf dem Hintergedanken: Wir wissen, dass die Personen vielleicht nicht an dem aktuellen Standort bleiben werden und auch wandern können. Ich habe in meiner eige­nen Region auch mitbekommen, dass viele Personen, Familien wieder zurückgegangen sind, aber jetzt natürlich in Kiew wieder vor der Situation ste­hen, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, nach Österreich zurückzukom­men. Die ganze Situation ist also durchaus sehr volatil.

Der Grund, weshalb ich oder wir als Fraktion den Antrag nicht unterstützen, ist: Wir wollen die Blaue Karte nicht zweckentfremden. Die Blaue Karte ist eigentlich eine zusätzliche Variante des standardisierten EU-Aufenthaltstitels. Sie gewährt Zugang zum Arbeitsmarkt, zur Krankenversicherung, zum Bildungssystem, zur Grundversorgung. Dadurch ist wiederum der Bezug von Mindestsicherung, Notstandshilfe, Sozialhilfe sichergestellt, was die Mög­lichkeit einschließt, bei einem Neugerät auf den Selbstbehalt zu verzichten. Aus diesem Grund werden wir dem Antrag nicht zustimmen.

Da wir beim Thema Ukraine und bei der Unterstützung von Familien und Kindern sind, möchte ich ein ganz herzliches Dankeschön aussprechen. Aus der Zivilgesellschaft, aus der Bevölkerung ist da in den letzten Monaten so viel Unterstützung gekommen, das gehört wieder einmal erwähnt, das ist nicht selbstverständlich. Im Sommer war ich zum Beispiel bei der Hollabrun­ner Lerntafel, in deren Rahmen Deutschförderkurse für Kinder und Mütter ehrenamtlich organisiert und durchgeführt wurden. Das ist wirklich bemerkenswert. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Thema digitale Grundbildung, externes Know-how: Ich möchte auch
da wieder das Verbindende herausgreifen. Ich finde es immer gut, auch externes Know-how in Schulen zu bringen. Ich bin selbst in eine HTL gegangen, wo
wir auch Professionisten – Personen aus der Wirtschaft – gehabt haben, die zu uns in die Schule gekommen sind, Teilzeit- oder auch Vollzeitstellen übernommen haben und sich das pädagogische Wissen zusätzlich in Seminaren angeeignet haben. Das war einfach ein massiver Mehrwert. Ich sehe das Potenzial und unterstütze die Idee, auf allen Schulebenen, Schulstufen externes Know-how hinzuzuziehen.

Ich finde es nur ein bisschen unfair, den ehemaligen Informatiklehrerinnen
und -lehrern zu unterstellen, dass sie mit dem Fach digitale Grundbildung nicht umgehen könnten. (Abg. Kucharowits: Informatik und digitale Grundbildung
ist nicht dasselbe!)
Die haben sich in der Vergangenheit nicht nur mit Soft- und Hardware, sondern auch mit dem ganzen Themenspektrum rundherum auseinandergesetzt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Seidl und Werner.) Es ist schon richtig, dass wir den Bereich Deepfakes und vieles andere an technologischer Entwicklung angehen und ansprechen müssen, aber die Infor­matiklehrer:innen haben ein Know-how und das nehmen sie mit. Wir haben Ausbildungsmodule, Weiterbildungsmodule und schon jetzt externe Organisationen – wie Saferinternet –, die Bildungsmaterial und ihr Know-how massiv in die Schulen einbringen, und auf das setzen wir sehr gerne. (Bei­fall bei der ÖVP. – Abg. Künsberg Sarre: Vogel-Strauß-Politik!)

16.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich verlege die Abstimmung wieder an den Schluss der Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte des Unterrichtsausschusses.

16.28.0815. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1696 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunter­richtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbe­reitungslehrgänge, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert werden (1742 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 15. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Marchetti. Ich bitte ihn, ans Rednerpult zu treten. – Bitte.


16.28.43

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Es geht heute um ein Vorhaben, das, glaube ich, große Relevanz über den Bildungsbereich hinaus hat. Wir haben nämlich ein großes Problem im Pflegebereich, und zwar ein Fachkräfteproblem, und wir müssen schauen, dass wir in Österreich Ausbildungsplätze schaffen und Pflegekräfte auch von unserem Schulsystem geliefert bekommen, damit wir nicht nur von ausländischen Kräften abhängig sind.

Das ist ganz, ganz wichtig, deshalb haben wir jetzt die Schulversuche, die es bereits gibt – es gibt in Österreich neun Schulversuche für eine fünfjäh­rige Pflegeschule und sechs Schulversuche für dreijährige Pflegeschulen –, noch einmal ganz genau analysiert, und wir haben einen Vorschlag erarbeitet, wie wir diese in das Regelschulwesen überführen können.

Wir wollen damit im Endausbau bis zu 8 000 Ausbildungsplätze im Pflegebereich schaffen, und ich glaube – das ist sehr, sehr wesentlich –, wir können dabei
auf den Erfahrungen, die wir mit den Schulversuchen gesammelt haben, aufbauen.

Es wird auch ein Pflegestipendium geben, damit es nicht so wie zum Beispiel bei den Kindergartenschulen ist, wo nach dem Abschluss der Ausbildung die
Leute dann oft gar nicht in dem Bereich arbeiten. Das soll es attraktiv machen, in dem Bereich zu bleiben, wenn man sich akademisch bilden möchte. Auch
das ist Teil dieses Gesamtkonzepts.

Ich glaube, es ist ein guter Ansatz. Wir haben auch im Ausschuss darüber diskutiert, und ich glaube, im grundsätzlichen Anliegen der Bundesregierung gibt es in diesem Sinn keinen Dissens, und deswegen freue ich mich, dass wir
das heute voraussichtlich einstimmig beschließen können.

Ich möchte noch auf einen anderen Antrag eingehen, der im Zuge dieser Debatte eingebracht werden soll, und zwar von der SPÖ, das betrifft die Direkt­wahl der Landes- und Bundesschülervertretung. Dazu noch ein Wort: Wir müssen uns in diesem Zusammenhang jetzt wirklich überlegen, ob wir da – die einzige Referenz ist meiner Ansicht nach die ÖH – wirklich ein ähnliches System schaffen wollen.

Dabei gibt es für mich einige Probleme: Einerseits können ja die Kinder kaum Vollzeitpolitiker:innen sein, das müssten sie aber sein, wenn sie österreichweit einen Wahlkampf führen müssen, es bräuchte da auch ganz andere Budgets. Und wenn ich mir die Wahlbeteiligung bei der letzten Wahl der Österreichischen Hochschülerschaft anschaue – da sind wir bei 15 Prozent gestanden –, muss ich sagen, ich weiß nicht, ob das unbedingt ein gutes Vorbild ist.

Ich glaube, dass dieses indirekte Wahlsystem, bei dem alle Schülerinnen und Schüler ihre Schulsprecherinnen und Schulsprecher wählen und daraus dann im Weiteren die Landes- und Bundesschülervertretungen entsandt werden,
ein sehr vernünftiges System ist, und im Übrigen auch eines der im internatio­nalen Vergleich besten und am besten gesetzlich verankerten Systeme, die es gibt. Ich denke, wir sind so besser dran, als wenn wir das Modell ÖH auch in der Schule einführen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köchl. – Bitte.


16.31.51

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zu diesem Tagesordnungspunkt:
Das ist ein Grundgedanke, ein Grundkonzept, das noch genau auszuarbeiten sein wird. Wir von der Sozialdemokratie finden es sehr, sehr in Ordnung, und wir werden diesem Bereich auch zustimmen, denn es geht um die Pflege, es geht um Fachkräfte.

Was uns noch nicht klar ist und wo wir aber Erwartungen haben, ist, ob und dass in den einzelnen Bundesländern genügend Ausbildungsplätze vorhanden
sind, dass Lehrer dafür herangezogen werden, die diese Ausbildung haben, und dass es dann auch genügend Schülerinnen und Schüler gibt. Das muss si­cherlich auch beworben werden.

Jetzt komme ich zu dem Antrag, den ich einbringen und auch gleich verlesen möchte:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Klaus Köchl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Direkt­wahl der Landes- und Bundesschüler*innenvertretung“

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung, wird aufgefordert, unverzüglich die nötigen Schritte für eine Änderung des Wahlrechtes der Schüler*innenvertretung zur Einführung der Direktwahl der Landes- und Bundesschüler*innenvertretung zu setzen und dem Nationalrat eine Gesetzesnovelle vorzulegen.“

*****

Ich habe das auf Anraten von unserer Julia Herr und der Aktion kritischer Schüler_innen getan. Gerade angesichts dieses neuen Schulgesetzes, so wie ihr das jetzt vorlegt, wird deutlich, dass das schon sehr, sehr wichtig ist.

Zum einen möchte ich sagen: Warum gehen die Schülerinnen und Schüler nicht zur Wahl? – Weil es einfach uninteressant ist; das Gesetz gehört novelliert.
Die müssen wissen, wen sie letztendlich wählen können, denn es entscheiden wenige Schülervertreter über eine Million Schüler in unserem Land, und
das kann nicht sein.

Da, bei dieser Ausbildung, wird es überhaupt so sein, dass, wenn es um die Praxis geht, eine einzige Person darüber entscheiden wird, ob die Schülerin be­ziehungsweise der Schüler das schafft oder ob sie, er es nicht schafft. Das kann sicherlich nur gehen, wenn es anständig kontrolliert wird, wenn es eine an­ständige Schulvertretung gibt, denn andernfalls wird das Ganze, glaube ich, irgendwie – ich weiß nicht, wie man da sagen soll – dazu: Es kann nicht eine ein­zige Person entscheiden, ob jemand seine Schule fertig machen darf oder nicht. Das ist meines Erachtens etwas, was man nicht machen kann. Deshalb haben wir heute hier diesen Antrag eingebracht.

Weiters möchte ich, weil die Regierung ja auch vorsieht, für die Lehrlinge und für die Pflegelehre etwas zu tun, noch bitten, schon genau darauf zu achten, zu berücksichtigen, dass es auch genügend Allgemeinausbildung gibt.

Ich weiß nicht, ob es so gut ist, wenn ein 15-Jähriger schon am Pflegebett arbeitet. Da muss genau geschaut werden, welche Ausbildungsschritte zu setzen sind und wie die Jugendlichen herangeführt werden, weil das sonst schon eine große Belastung für sie sein könnte. (Beifall bei der SPÖ.)

16.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Klaus Köchl, Genossinnen und Genossen

betreffend „Direktwahl der Landes- und Bundesschüler*innenvertretung“

eingebracht im Rahmen der Debatte über den Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1696 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulor­ganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Be­rufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert werden (1742 d.B.), TOP 15

Demokratie muss nicht nur gelebt, sie muss auch gelernt werden. Entsprechend sollten gerade im Bildungssystem Demokratie und demokratische Strukturen einen hohen Stellenwert genießen. Doch aktuell sind Schüler*innen in Österreich bei der Landes- und Bundes-schüler*innenvertretung bzw. bei der Vertretung der Zen­trallehranstalten mit einem äußerst undemokratischen System konfrontiert. Die direkte Mitbestimmung an der eigenen gesetzlichen oberschulischen Vertretung bleibt in Österreich mehr als 99% der Schüler*innen verwehrt.

Im Schülervertretungengesetz steht klar festgeschrieben, was die Aufgaben sind und wie der Wahlmodus für die Landes- und Bundesschüler*innenvertretungen aus­sieht eine wichtige gesetzliche Verankerung: Die Landesschüler*innenvertretung ist die gesetzliche Vertretung aller Schüler*innen des jeweiligen Bundeslandes und wichtiger Partner bei Verhandlungen mit z.B. den Bildungsdirektionen. Diese Vertre­tung gliedert sich in drei Bereiche – Allgemeinbildende höhere Schule (AHS), Berufsbildende mittlere und höhere Schulen (BMHS), Berufsschule (BS). In jedem Bereich gibt es zwischen vier und acht Mitglieder, abhängig von der jeweili­gen Schüler*innenanzahl, an der Spitze steht der*die Landesschulsprecher*in, der*die nur von den jeweiligen Schulsprecher*innen gewählt wird. Ohne zusätzliche Wahl werden diese Landesschulsprecher*innen als Teil der Bundesschüler*innenver­tretung entsendet. Diese so zusammengesetzte Bundesschüler*innenvertretung ist nun die Vertretung aller Schüler*innen aus ganz Österreich bestehend insgesamt 29 Personen (drei Personen pro Bundesland jeweils AHS-, BMHS- und BS-Landesschulsprecher*in, sowie zwei Vertreter*innen der Zentrallehranstalten).

Zentrallehranstalten haben ihre eigene Vertretung, die sich in zwei Bereiche gliedert – technische und gewerbliche Lehranstalten sowie Land- und forstwirtschaftliche Lehranstalten. Pro Bereich gibt es zwei aktive und zwei passive Mitglieder, die am Ende des Schuljahres wieder nur von den Schulsprecher*innen der Zentral­lehranstalten gewählt werden. Diese vier Personen entscheiden, wer als Vertreter*in die Bundesschüler*innenvertretung gesandt wird. In der Bundesschüler*innen­vertretung angekommen, wählen die Mitglieder aus ihrer Mitte eine*n Bundesschul­sprecher*in.

Es entscheiden also nur 29 Personen für 1,1 Millionen Schüler*innen, wer sie gegenüber der Regierung vertritt. Auf Landesebene sind es ebenfalls entsprechend wenige Personen, die ihre Vertretung direkt wählen dürfen. Diese Wahlsysteme
sind nicht fair und fördern auf keinen Fall das Demokratiebewusstsein von Schü­ler*innen. Das ist nicht nur demokratiepolitisch fragwürdig, sondern wirkt
sich auch auf die Vertretungsarbeit aus: Nur wenige Schüler*innen kennen ihre Vertreter*innen in der Landes- oder Bundesschüler*innenvertretung, die Ver­handlungsposition gegenüber Bildungsdirektionen und Ministerien ist dadurch oft schwach.

Um Partizipation, politische Prozesse und Vertretungsarbeit bereits in der Schule zu verstehen – das aktive Wahlalter liegt in Österreich immerhin bei 16 Jahren – müssen diese hautnah miterlebt werden. Deswegen fordern Schüler*innen und Schüler*innenorganisationen wie die AKS (Aktion kritischer Schüler_innen) schon seit langem die Direktwahl der oberschulischen Vertretungsebenen. Das Ziel muss
sein: Alle Lebensbereiche mit Demokratie durchfluten und bereits damit in den Schulen zu beginnen.

So soll die Direktwahl der Landes- und Bundesschüler*innenvertretung sowie der Vertretung der Zentrallehranstalten eingeführt werden und diese somit auch stärker demokratisch legitimiert werden. Alle Schüler*innen, die durch die Landes- und Bundesschüler*innenvertretung sowie der Zentrallehranstaltenvertretung vertreten werden, sollen diese auch direkt wählen dürfen. Selbstverständlich bedeutet
dies verglichen mit dem aktuellen Wahlsystem einen größeren Aufwand, bei dem Schüler*innen sowie die Schulen selbst unterstützt werden müssen. Doch ein Mehr an Aufwand kann kein belastbares Argument gegen ein Mehr an Demokratie sein! Außerdem wird die Vertretung der Schüler*innen weiter gestärkt und
unser Schulsystem demokratisiert.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, unverzüglich die nötigen Schritte für eine Änderung des Wahlrechtes der Schüler*innenvertretung zur Einführung der Di­rektwahl der Landes- und Bundesschüler*innenvertretung zu setzen und dem Nationalrat eine Gesetzesnovelle vorzulegen.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Hamann. – Bei mir stehen Sie auf der Liste, Frau Abgeordnete. (Abg. Hamann: Bei mir steht der Kollege Brückl!)  Der hat seine Wortmeldung zurückgezogen.
(Abg. Hamann: Ah, okay!) Sie sind der Fixstarter, Frau Abgeordnete. Bitte sehr. (Ruf: Der Fixstern! Abg. Leichtfried: Der Herr Präsident hat schon ab und
zu recht!)


16.35.14

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Vor allem zu diesem schönen Thema, das wir als Nächstes diskutieren werden. – Es ist etwas ziemlich Großes, das sich hinter dem sperrigen Titel dieser Regierungsvorlage verbirgt. Es ist etwas Großes, Neues, es ist eine neue Schulform im öffentlichen Regel­schulwesen, eine neue BMHS, und zwar eine für Pflege und Sozialbetreuung. (Beifall bei den Grünen.)

Ich freue mich sehr, dass wir dazu schon einen einstimmigen Beschluss im Ausschuss zustande gebracht haben. Ich hoffe, das ist ein gutes Omen für den Start dieser neuen Schule.

Ich finde, es ist ja auch ein Wunder, dass wir das überhaupt so schnell hierher gebracht haben, innerhalb weniger Monate. Es ist ja nicht ganz trivial, die­ses Feld, wie wir inzwischen wissen: das Zusammenspiel zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich und besonders auch im Gesundheitsbereich, zwischen Bundesschulen und GuK-Schulen der Länder, die ja für den pflegespe­zifischen praktischen Teil zuständig sind. Wir haben das aber geschafft, und es ist den beiden Ministerien – dem Bildungsministerium und dem Gesundheitsministerium – sehr hoch anzurechnen, dass sie das so gut hinge­kriegt haben.

Warum ist dieses Vorhaben so wichtig? – Kollege Marchetti hat es schon gesagt: weil wir junge Menschen in Pflegeberufen natürlich dringend brauchen –
8 000 sollen es im Vollausbau sein –, aber nicht nur, weil wir sie brauchen.

Gut ist diese neue Schulform auch, weil diese jungen Menschen dort vielseitig, breit und umfassend ausgebildet werden, auf jene Art, die ja auch andere berufsbildende Schulen so attraktiv macht: Einerseits kriegt man dort eine breite Allgemeinbildung und andererseits eine praktische Berufsausbildung samt
einem Abschluss.

Es ist immer gut, wenn man diese beiden Bereiche systematisch zusammen­bringt, wenn man die praktische Expertise in die Schule reinholt und dann die Praxis auch laufend reflektiert. Das macht Menschen insgesamt ge­scheiter und reifer. (Beifall bei den Grünen.)

Warum noch ist dieses Vorhaben so wichtig? – Wir schließen damit eine Lücke. Man kann jetzt erstmals direkt nach dem Pflichtschulabschluss in diese
neue Schulform einsteigen, statt zum Beispiel in eine HAK oder eine HTL, in ein Oberstufengymnasium oder in eine Lehre. Mit 14, 15 Jahren fallen ja die ganz wichtigen Bildungsentscheidungen, und dieses Fenster nützen wir jetzt auch für den Bereich Pflege- und Sozialberufe.

Wir machen auch neue attraktive Karrierewege auf, mit noch mehr Durch­lässigkeit. Man kann mit dem Fachschulabschluss als Pflegeassistent:in gleich in den Beruf einsteigen oder sich in Richtung FH weiterbilden. Man kann das gleich machen oder auch erst später, nach ein paar Jahren Berufspraxis. Man kann auch mit der Matura gleich in den Beruf gehen, hat da quasi eine Jobgarantie als Pflegefachassistent:in, oder man kann auch da akademisch, in Richtung Bachelor und Master, weitermachen. Auf allen Ebenen werden
wir jedenfalls die Expertise brauchen.

Ein kurzer, wichtiger Punkt noch: Wir beseitigen auch ein Paradox. Bisher musste man ja für Pflegeausbildungen meistens sogar selber zahlen. Das war an­gesichts der Umstände niemandem so wirklich zu erklären. Künftig bekommt man Geld, speziell auch für die Praktika in diesen neuen Schulen – 600 Euro im Monat. Das ist logisch, das ist fair, und ich hoffe, das wird viele junge Men­schen ermuntern, diese Ausbildungen zu machen.

Wir freuen uns über jeden und jede Einzelne, die das interessiert. Schauen Sie sich, schon ab dem kommenden Schuljahr, das neue Angebot an! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Grünberg und Salzmann.)

16.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf noch nachholen: Der von Klaus Köchl, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte sehr.


16.39.23

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und
liebe Zuseher! Das Gesetz, das wir heute hier diskutieren und auch beschließen werden, sieht vor, die Ausbildung für Pflegeberufe auch in BMHS und in
eigenen Pflegefachschulen zu etablieren. Das sehen wir positiv und das begrü­ßen wir auch.

Dadurch werden die vorhandenen Pflegeberufe, Fachassistenz – also mit Diplom – und Assistenz, mit den drei Abstufungen im Bildungssystem synchronisiert: Fachhochschulen, BHS und BMS. Das finden wir gut, und deswegen stimmen wir diesem Gesetzesvorschlag heute auch zu.

Ich möchte aber schon noch sagen und kritisch anmerken, dass die Diskussion im Ausschuss – der ja sehr kurzfristig einberufen wurde, aber dazu später noch
ein paar Bemerkungen – gezeigt hat, wie unkoordiniert Minister Polaschek und Minister Rauch in diesen Fragen sind. Es ist kein Plan da, wo die Lehrkräfte herkommen sollen, und es ist im Übrigen auch kein Plan da, wo die Schülerinnen und Schüler herkommen sollen. Man sagt zwar, 8 000 Schülerinnen und
Schüler sollen dann in diese Schulen gehen, aber in Bezug auf die geburten­schwachen Jahrgänge ist überhaupt kein Plan da, woher die überhaupt kommen sollen. Wir sehen da schon die Gefahr, dass Schülerinnen und Schüler aus anderen Bereichen, in denen wir uns das nicht leisten können, abgezogen wer­den, wie zum Beispiel auch aus der Lehre, wobei wir ja wissen, dass der
Mangel an Lehrlingen zu einer weiteren Verstärkung des Fachkräftemangels führt.

Wir sind also in der Sache dafür, aber ich möchte schon noch eine ganz deutliche und grundsätzliche Kritik anbringen, die nicht das Gesetz betrifft, sondern die Vorgehensweise, wie da mit dem Parlament umgegangen wurde: Es gab keine Begutachtung, mittels Fristsetzungsantrag wurde eilig ein Ausschuss einbe­rufen, und es wurde dann im Ausschuss durchgepeitscht. Ich finde, das ist kein Umgang mit dem Parlament. Wenn man dann hört, dass diese Art und Weise, dieses Prozedere mitunter auch von den Grünen vorangetrieben wurde, dann muss man sich schon fragen, ob Sie überhaupt noch irgendetwas mit dem gemein haben, wofür Sie ja jahrzehntelang im Parlament gestanden sind (Beifall bei den NEOS), und das ist ein seriöser Umgang mit dem Parlament,
ein ordentlicher Parlamentarismus.

Sie, Herr Bundesminister, haben sich ja auch im Ausschuss für dieses Vorgehen entschuldigt – bei der Opposition. Ich denke mir aber schon: Man müsste
sich ja eigentlich auch bei den Abgeordneten der Regierungsfraktionen entschul­digen! Daran denkt man aber gar nicht mehr, weil das ein ganz anderes Selbstverständnis ist. Sie sind ja da nicht irgendwelche Regierungsautomaten, Sie sind ja genauso Abgeordnete des Nationalrates. (Abg. Loacker: Natürlich sind sie Automaten!) Sie müssten ja genauso das Anliegen haben, dass grundsätzliche Usancen im Umgang mit dem Parlament eingehalten werden. Anschei­nend wird hier aber nicht einmal mehr der Schein gewahrt. (Beifall bei den NEOS.)

Wir machen hier Gesetze und nicht irgendetwas, und wenn Kollegin Hamann sogar sagt, das hier ist etwas ganz Großes: Man sollte auch bei ganz großen Geset­zen die Regeln des Parlamentarismus einhalten! Das ist insbesondere auch an die Grünen adressiert. (Beifall bei den NEOS.)

16.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Polaschek. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte sehr, Herr Bundesminister.


16.42.35

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete!
Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie beziehungsweise vor den Fernsehschirmen! Mit der gegenständlichen Regierungsvorlage
wird ein wichtiger und grundlegender Punkt der Pflegereform der Bundesre­gierung umgesetzt.

Mit der Einrichtung einer höheren Lehranstalt für Pflege- und Sozialbetreuung schaffen wir eine völlig neue und eigenständige Schulform. Somit wird es
in Zukunft möglich sein, die allgemeine Hochschulreife zu erlangen und zusätz­lich einen Abschluss als Pflegefachassistenz oder alternativ als Sozialbe­treuer zu machen. Die höhere Lehranstalt wird einen pflegerischen und sozialbe­treuerischen Schwerpunkt haben, und der Ausbildungszeitraum wird dabei fünf Schuljahre umfassen. Wir werden ab dem Schuljahr 2023/2024 die neue Ausbildung regulär möglich machen. Zum Start werden dafür mehr als 47 Millionen Euro vom Bund bereitgestellt, dieser Betrag wird dann dem jährli­chen Ausbau entsprechend erhöht, und insgesamt investiert der Bund bis zum Jahr 2027 bis zu 350 Millionen Euro.

Die bereits laufenden Schulversuchsstandorte werden nahtlos ins Regelschul­wesen übergehen. Zudem werden weitere neue Standorte geprüft, um in Zukunft noch mehr Personal im Bereich der Pflege ausbilden zu können. Die Schulrechtsnovelle umfasst auch die Einrichtung einer Fachschule für Sozial­berufe mit Pflegevorbereitung, und die Ausbildung in der Fachschule wird drei Jahre dauern.

Durch die verpflichtend vorgesehene Kooperation der neuen höheren Lehranstalten für Pflege- und Sozialbetreuung mit bestehenden und bewährten Ausbildungsstrukturen im Gesundheits- und Krankenpflegebereich ist sichergestellt, dass das hohe fachliche Niveau der Pflegeausbildung in Österreich auch im berufsbildenden Schulwesen gewährleistet ist. Im Vollausbau planen
wir bis zu 8 000 Ausbildungsplätze ein. Ich bin überzeugt, dass damit ein wesentlicher Beitrag zur Verringerung der bestehenden Personalknappheit im Gesundheits- und Pflegebereich geleistet wird.

Abschließend lassen Sie mich noch in Kürze einen weiteren neuen Punkt, den wir mit dieser Regierungsvorlage einführen, erwähnen: Die Nutzung von Englisch als Unterrichtssprache wird erweitert. Englisch ist die weltweit gemein­same Sprache der Verständigung, insbesondere in Wissenschaft, Forschung, Diplomatie und Wirtschaft. Daher ist jeder Schritt zur Verbesserung der Bildung und Ausbildung der Schülerinnen und Schüler in diesem Bereich ein wichtiger. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neumann-Hartberger. – Bitte sehr.


16.45.30

Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher hier und
zu Hause vor den Fernsehschirmen! Dass ein hoher Bedarf an Pflegepersonal in Österreich herrscht, wissen wir. (Abg. Krisper: Bravo!) Bis zum Jahr 2030 wird von einem zusätzlichen Bedarf von 70 000 Pflegeassistent:innen und Pfle­gefachassistent:innen ausgegangen. Ich denke, dass diese Zahl schon eine große Dimension ausdrückt, vor allem wenn man bedenkt, dass laut Statistik Austria die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungen derzeit nur einen Teil dieses Bedarfs deckt.

Wenn wir die Lücke schließen – die Kolleginnen und Kollegen haben es ange­sprochen, die Ausbildung war bisher grundsätzlich erst ab dem 17. Lebens­jahr möglich – und diese Schulformen künftig die Ausbildung bereits für 14- bis 15-Jährige möglich machen, dann, denke ich, ist das ein großer Schritt, um diese Lücke im Bildungsweg zu schließen. Richtigstellen möchte ich Folgendes: dass die Praxis am Menschen trotzdem erst mit einem Lebensalter von 17 Jahren beginnen wird.

Es freut mich persönlich, dass die schon vorhandenen Schulversuche, die
nämlich auch in den landwirtschaftlichen Fachschulen liefen, großteils so gut liefen, dass diese Ausbildungsformen jetzt nahtlos in den Regelschulbe­trieb übergeleitet und ausgebaut werden können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ergänzend zum Schulorganisationsgesetz wird auch das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz angepasst, um Schülerinnen und Schülern auch Qualifikationsnachweise entsprechend den berufsrechtlichen Anforderungen auszustellen.

Einen großen Vorteil sehe ich in der Nutzung von möglichen Synergien zwischen dieser Ausbildung für Sozialberufe und dem Bereich der Pflegeberufe. Wir schaffen damit eine weitere Möglichkeit zum Einstieg in diesen fordernden, aber durchaus auch erfüllenden Beruf, mit dem Ziel, eine möglichst breite Auswahl an unterschiedlichen Wegen, über die man in diese Berufe gelangen kann, anzubieten.

Das ist ein weiterer Schritt dieser Bundesregierung, einen Teil des großen Pflegepaketes umzusetzen, und noch dazu ein Top-up zur Pflegemil­liarde. – Vielen Dank dafür, Herr Minister. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

16.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordnete Ribo. – Bitte sehr.


16.48.31

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen auf der Galerie und zu Hause! Während unserer Dialogtour hat einmal eine Pflegerin zu uns gesagt: In der Pflege braucht es ein großes Herz und Hirn! – Und ja, Pflegekräfte ha­ben ein extrem breites Know-how: medizinisch, technisch und sozial.

Ich kann mich an eine Zeit in der Pandemie erinnern, als wir auf den Intensivstationen zu wenig Personal hatten und ein paar Leute einfach vorge­schlagen haben: Schulen wir die Pfleger:innen schnell um!, so quasi von einer Welle zur nächsten. Das ging natürlich nicht. Eine gute Pflegeausbildung braucht ihre Zeit, und diese Ausbildung muss uns etwas wert sein; und ge­nau da setzen wir als Regierung auch mit der Pflegereform an. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Wöginger.)

Meine Damen und Herren! 1 Milliarde Euro für die Pflege, das ist viel Geld, und das ist gut so. Ein Teil dieser Milliarde soll sofort helfen: Gehaltserhöhungen, bessere Bezahlung. Mit einem weiteren Teil machen wir die Pflege zukunftsfit. Es werden immer wieder Zahlen genannt, wie viele Personen es in der Pfle­ge bis 2030 brauchen wird – 75 000, 100 000 –: Es sind viele.

Wir wissen auch, dass diese Personen nicht vom Himmel fallen werden. Wenn wir die Pflege attraktiver machen wollen – und ich nehme an, das wollen wir alle hier –, dann müssen wir bei der Ausbildung anfangen. Das haben wir mit der Pfle­gereform auch gemacht: 600 Euro für die Erstausbildung im Pflegebereich.
Mich freut es sehr, dass da auch die Sozialberufe dabei sind. Weiters: Wenn man sich später dazu entscheidet, in die Pflege einzusteigen, gibt es jetzt über das
AMS ein Pflegestipendium: 1 400 Euro pro Monat für die Deckung der Lebens­haltungskosten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zusätzlich verbessern wir das Ausbildungsangebot strukturell. Wir überführen – das wurde heute schon mehrmals gesagt – die drei- und fünfjährigen Schulen,
die bis jetzt Pilotprojekte waren, ins Regelschulwesen. Wir reden hier von einer neuen, eigenständigen Schulform, die wirklich fast 8 000 Schüler:innen zur Verfügung stehen wird. Neue Ausbildungsplätze: All diese Angebote sind einfach total wichtig, weil wir wissen, dass Jugendliche bereits mit 15 Jahren ent­scheiden, in welche Richtung sie gehen möchten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jetzt gibt es eben auch in der Pflege dieses attraktive, hochwertige Angebot, das durchlässig ist, das viele Karrieremöglichkeiten bietet – nicht nur für die Schüler:innen, sondern auch für die Expertinnen und Experten aus der Pflege, die dort letztendlich auch unterrichten werden. Das freut mich sehr.
Wir schaffen hier wirklich Rahmenbedingungen für eine zukunftsfitte Pflege.

Ich möchte mich ausdrücklich bei beiden Ministerien, bei Minister Polaschek und auch bei Minister Rauch dafür bedanken, dass das so schnell ging, dass uns
das gelungen ist. Ich freue mich sehr und bin sehr stolz auf dieses Pa­ket. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.51

16.51.59Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 10 bis 15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen, wenn es recht ist. Können wir ab­stimmen: SPÖ? Grüne? NEOS? FPÖ?

Dann kommen wir zu Tagesordnungspunkt 10, die dem Ausschussbericht 1697 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „bedarfsgerechte ergänzende Ressourcen für die Bewältigung der Ukraine-Krise im österreichi­schen Schulwesen sowie für Deutschförderung für außerordentliche und ordentliche Schülerinnen und Schüler“.

Ich darf die Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Das ist mehrheitlich angenommen. (268/E)

Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Be­richt 1698 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, möge das mit einem Zeichen tun. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Be­richt 1699 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. – Das ist wiederum die Mehr­heit, angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1700 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, möge das mit einem Zeichen bekunden. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Tagesordnungspunktunkt 14: Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Be­richt 1701 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer tut dies? – Das ist das gleiche Stimmverhalten. Das ist mit Mehrheit an­genommen.

Tagesordnungspunkt 15: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunter­richtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge sowie weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 1696 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer das auch in dritter Lesung tut, möge das bekunden. – Damit ist es ebenfalls in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Köchl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Direktwahl der Landes- und Bundesschüler*innenvertretung“.

Wer dafür ist, möge das mit einem Zeichen bekunden. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

16.54.1416. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2707/A(E) der Abgeordneten Mag. Eva Blimlinger, Kira Grünberg, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Ausbildungsangebots zur:zum ÖGS-Dol­metscher:in (1705 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 16.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Grünberg. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


16.55.00

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Gleich zu Beginn möchte ich des vor Kurzem verstorbenen Behinder­tenanwalts der Republik Österreich, Dr. Hansjörg Hofer, gedenken und mich für seine hervorragende Arbeit im Bereich Inklusion und Behinderung be­danken. (Allgemeiner Beifall.) Mein tiefstes Mitgefühl und mein allerherz­lichstes Beileid gelten seiner Familie und seinen Freunden.

Nun zum aktuellen Punkt der Tagesordnung: Rund 10 000 Menschen in Österreich sind gehörlos beziehungsweise bezeichnen die Österreichische Ge­bärdensprache als ihre Muttersprache. Um Tätigkeiten in ihrem Alltag zu bewerkstelligen, wie zum Beispiel Arztbesuche oder auch Behördengänge, sind sie auf Gebärdensprachdolmetscher:innen angewiesen.

Nur mit ausreichend Gebärdensprachdolmetscher:innen als Expert:innen in der Kommunikation zwischen gehörlosen und hörenden Menschen gibt es eine Chancengerechtigkeit für diese Personen. Sie unterstützen nicht nur gehörlose Menschen im Alltag, sondern werden genauso für Dolmetsch- und Über­setzungsarbeiten gebraucht: bei Konferenzen, im Fernsehen oder auch wie heu­te hier im Hohen Haus, wo alle Sitzungen in Österreichischer Gebärdenspra­che gedolmetscht werden. Vielen Dank für diese Arbeit! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Abg. Bösch.)

Obwohl im Vergleich zum Jahr 2004 die Angebote für die Ausbildung zu Österreichischen Gebärdensprachdolmetscher:innen ausgebaut wurden, ist die Anzahl der Absolvent:innen immer noch zu gering, um den steigenden Be­darf abdecken zu können. Es gibt in Österreich schlicht und einfach zu wenige Österreichische Gebärdensprachdolmetscher. Bevor das Ausbildungsange­bot nun weiter ausgebaut wird, ist es uns wichtig, wissenschaftlich zu untersu­chen, durch welche Maßnahmen die Ausbildung attraktiviert werden kann. Um da einen genauen Überblick zu bekommen, ersuchen wir mit dem vorliegen­den Antrag den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, eine wissenschaftliche Studie in Auftrag zu geben.

Mein Heimatsbundesland Tirol geht bereits mit sehr gutem Beispiel voran, denn im Herbst 2020 startete der erste Bachelorstudiengang Gebärdensprachdol­metschen an der FH Gesundheit in Innsbruck. Ich durfte gleich zu Studienbeginn die Studierenden besuchen und mehr über den Studiengang erfahren. Im Juni haben sie in ihrer Wienwoche die Zeit genützt, um sich erneut mit mir aus­zutauschen. Ich war begeistert, wie gut die Studierenden schon in der Öster­reichischen Gebärdensprache sind, und ich freue mich schon, wenn wir sie viel­leicht auch irgendwann bei uns im Parlament begrüßen können und sie in Zukunft unsere Sitzungen dolmetschen.

Zum Schluss möchte ich noch auf ein paar Begrifflichkeiten eingehen, die lei­der immer noch fälschlicherweise in Bezug auf Gehörlosigkeit und Gebär­densprache verwendet werden. Da wäre zum Ersten das Wort taubstumm. Ich bitte Sie: Dieses Wort können Sie sofort aus Ihrem Wortschatz streichen. Die Menschen sind gehörlos, aber keineswegs stumm, denn sie haben eine Spra­che – nicht die Lautsprache so wie wir, sondern eben die Gebärdensprache. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Damit sind wir schon beim nächsten Punkt, der Gebärdensprache: Bitte be­zeichnen Sie sie nie als Zeichensprache, denn das ist etwas ganz anderes. Die Österreichische Gebärdensprache ist eine linguistisch vollwertige und na­türliche Sprache. Sie ist seit 2005 bei uns in Österreich als eigenständige Sprache anerkannt. Sie verfügt über eine eigene Grammatik und Syntax, wobei die Grammatik sich etwas von unserer deutschen Lautsprache abhebt.

Es gibt zudem auch viele verschiedene Gebärdensprachen auf der ganzen Welt, denn so, wie es auch Lautsprachen in verschiedenen Sprachen gibt, so gibt
es in der Gebärdensprache genauso eine englische, eine französische und eine italienische Gebärdensprache und bei uns in Österreich eben die Österrei­chische Gebärdensprache.

Schaffen wir gemeinsam mehr Chancengerechtigkeit für gehörlose Menschen in Österreich! – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Abge­ordneten der NEOS.)

16.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kuntzl. – Bitte sehr.


17.00.07

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Grünberg, wir unterstützen Sie ausdrücklich in diesem
von Ihnen jetzt sehr eindrucksvoll dargelegten Anliegen. Ich möchte
auch von dieser Stelle aus die Arbeit der Gebärdensprachdolmetscher:innen ausdrücklich würdigen und mich für diese wichtige Unterstützungsar­beit bedanken. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS.)

Wir unterstützen Sie bei dem Anliegen, dass evaluiert wird, wie man mehr Menschen dazu bringen kann, diese so wichtige Qualifikation zu erwerben und die entsprechende Ausbildung zu machen, dass man sich auch wissenschaft­lich anschaut, wie man mehr Leute dazu bekommen könnte, warum diese Ausbil­dung abgebrochen wird, wie man dieses Angebot verbessern könnte. Was wir allerdings nicht ganz verstehen, ist die Vorgangsweise, die die Regierungs­parteien hier gewählt haben. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Dieser Entschließungsantrag wird von uns unterstützt, aber der Minister würde ihn nicht brauchen. Der Minister könnte diese von Ihnen richtigerweise an­geregte Studie selber machen. In Wahrheit könnte er sie schon längst gemacht haben, und es stellt sich die Frage, warum Sie diese Vorgangsweise wählen. Wehrt sich der Herr Bundesminister mit Händen und Füßen dagegen? – Ich ge­he eigentlich nicht davon aus, aber diese Vorgangsweise legt ein bisschen nahe, dass irgendwie besonderer Nachdruck notwendig ist.

Vielleicht könnten Sie uns erklären, warum Sie diese Vorgangsweise gewählt haben. In der Sache jedenfalls unterstützen wir Sie; das Ergebnis könnte eigentlich schon vorliegen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

17.01


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Heike Grebien. – Bitte.


17.02.05

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleg:innen! Werte Zuseher:innen hier, aber auch zu Hause! Seit nun bald drei Jahren darf ich für die grüne Fraktion hier in diesem Hohen Haus Menschen mit Behinderungen vertreten und mich so mit meinen eigenen, aber auch mit den vergesellschafteten Stereotypen über Men­schen mit Behinderungen tagtäglich auseinandersetzen: Welche Diskriminie­rungen erleben gehörlose, taube Menschen in Österreich? Wie ergeht es ihnen im Umgang mit Technologien wie dem Cochleaimplantat? Wie ergeht es ihnen in einer hörenden Mehrheitsgesellschaft? Und wie sehen eigentlich ihre Bildungschancen und ihre Bildungswege aus? Wie steht es mit der Erstspra­che, ihrer Muttersprache ÖGS?

Zu meinen ersten Kontakten zur Gehörlosencommunity zählten Helene Jarmer und Lukas Huber, Präsidentin und Generalsekretär des Österreichischen Gehörlosenbundes. Sie erzählten mir von den Problemen und Diskriminierungen vor allem auch in der Schulbildung. Die Österreichische Gebärdensprache ist bereits seit 2005 als eigenständige Sprache anerkannt, wie Sie wissen, und dennoch hat es in der Praxis immer wieder Probleme gegeben oder gibt es sie noch. Im Regierungsprogramm haben wir Grüne deshalb auch verhandelt, dass ein inklusiver Lehrplan in ÖGS – also eine Forderung, die seit über zehn Jahren besteht – in Umsetzung kommt. Einstimmig, sehr geehrte Damen und Herren, haben wir das hier beschlossen und 2023/2024 soll es laut dem Bildungsministerium so weit sein. Das ist ein Meilenstein für die Community, und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Heute widmen wir uns dem nächsten Punkt im Regierungsprogramm, nämlich dem Ausbau der Ausbildung von ÖGS-Dolmetscher:innen. Die, wie Sie
schon gehört haben, zu geringe Anzahl an Dolmetscher:innen wurde seit circa 2014 immer wieder problematisiert. Es gibt zwar – im Vergleich zu 2014 – jetzt mehr Ausbildungsorte, aber das reicht nicht, um den steigenden Bedarf zu decken. Es gibt auch keine Erklärung für die hohe Abbruchrate in diesem Studium im Vergleich zu anderen Studien. Genau deswegen machen wir das mit­tels Antrag, weil nicht klar ist – wir haben die Daten nicht –: Warum ist jemand erfolgreich im Studium, warum jemand nicht? Wie Sie hören, ich bin Steirerin, und in Graz gibt es auch die Möglichkeit, ÖGS-Dolmetsch zu studieren. Es könnte – und dahinter steht ein Fragezeichen, das wird die Evaluierung hoffentlich beantworten – zum Beispiel aufgezeigt werden, dass aufgrund des­sen, dass in Graz zuerst ein Bachelorstudium zu machen ist und dass man erst im Master ÖGS studieren kann, vielleicht auch manche Studierende das nicht so attraktiv finden, um dann dort einzusteigen.

Wie gesagt, das wird die Evaluierung zeigen und sie ist dringend notwendig. Ich freue mich wirklich, dass hier im Hohen Haus wieder einmal alle Parteien dahinterstehen. Ich möchte mich bedanken und hoffe, dass die Studie bald in Auftrag gegeben wird. – Danke, Herr Minister. (Beifall bei den Grünen so­wie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

17.05


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordneter Fiona Fiedler. – Bitte.


17.05.18

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter
Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen
und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen!

Beginnen wir mit dem Positiven: Es ist erfreulich, dass die Österreichische Gebärdensprache heute auf der Tagesordnung steht. Für alle, die es noch nicht wussten: Die ÖGS, die Österreichische Gebärdensprache, ist seit 2005 als eigene Sprache im Bundes-Verfassungsgesetz verankert und für circa 10 000 Menschen in Österreich Muttersprache. Es ist also wichtig, dass heute über diese Personengruppe gesprochen wird.

Dem Antrag von ÖVP und Grünen auf Evaluierung des Ausbildungsangebots zum ÖGS-Dolmetscher – der Bericht über diesen Antrag steht heute auf
der Tagesordnung – haben wir im Wissenschaftsausschuss zugestimmt. Grund­sätzlich ist es immer sinnvoll, zu evaluieren, obwohl wir uns fragen, warum es dazu einen Antrag braucht. Aus dem Bericht geht hervor, dass in Schweden, wo es eine vergleichbare Anzahl gehörloser Menschen gibt, rund 600 Ge­bärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher zur Verfügung stehen. Wissen Sie, wie viele wir haben? – Circa 150. Österreich ist also wieder einmal nicht Vorreiter für Inklusion.

Herr Minister, ich würde gerne von Ihnen wissen: Bleibt es bei dieser Evaluie­rung oder setzen Sie noch etwas bezüglich Gebärdensprache in dieser Legislaturperiode um? Diese Frage muss erlaubt sein, denn im Juni 2021 haben alle fünf Parteien einen Antrag gestellt, damit ein kompetenzorientierter Lehrplan zur Österreichischen Gebärdensprache entwickelt wird. Jetzt kennt man die Verordnung über die Lehrpläne und sieht, dass man nichts sieht. Die Gebärdensprache taucht dort überhaupt nicht auf. Sehr geehrter Herr Minis­ter, mit welcher Begründung wird die Gebärdensprache in Ihrer Verordnung nicht erwähnt? Haben Sie darauf vergessen?

Nicht nur wir NEOS fordern seit Jahren eine Implementierung der Österrei­chischen Gebärdensprache in die Lehrpläne und fragen uns, wann es denn nun endlich so weit ist. Anstatt es heuer gleich in die aktuellen Anpassungen zu integrieren, ist also der Plan, dass man nächstes Jahr erneut alles aufschnürt und Kinder mit Gebärdensprache weiter darauf warten müssen, angemes­sen unterrichtet zu werden. Ist das Ihr Ernst? – Das ist nicht nur umständlich, es wirkt auch so, als wären Ihnen diese Kinder egal.

Kommen Sie bitte ins Tun, weil Inklusion ein Menschenrecht ist! – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS.)

17.07


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gertraud Salz­mann. – Bitte.


17.07.57

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher daheim vor den Bildschirmen! Liebe Frau Kollegin Kuntzl, warum gibt es diesen Antrag? – Diesen Antrag gibt es heute – und Gott sei Dank mit ganz breiter Zustim­mung hier, was mich sehr freut –, weil wir ein aktives Parlament sind, so ver­stehen wir uns auch, und uns im Zusammenwirken und in wirklich guter Zusammenarbeit mit unserem Fachminister hier auch einen ordentlichen Schritt weiterbewegen.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch, meine Damen und Herren, stellvertretend bei allen Gebärdendolmetscherinnen und -dolmetschern, bei unseren im Haus bedanken, die dort oben den ganzen Tag die gesamte Sitzung hindurch all unsere Reden übersetzen. – Vielen herzlichen Dank! Ich glaube, wir können ihnen auch einmal einen Applaus von dieser Stelle aus schicken. Danke. (Allgemeiner Beifall und Beifall in Gebärdensprache bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Inklusion beschreibt, wie wir als Mitglieder der Gesellschaft leben möchten, in einem Miteinander, in dem keine Person ausgeschlossen wird. Jeder Mensch ist ein anerkannter, wertvoller Teil der Gesellschaft, die von der Vielfalt der Einzelnen profitiert. Die Förderung von Chancengerechtigkeit ist eines der wichtigsten Ziele in der erfolgreichen Weiterentwicklung in unserem Bildungssystem. Wir, Herr Minister, und da sind wir uns einig, wollen die jungen Menschen in ihren unterschiedlichen Inter­essen, in ihren Talenten, in ihren Begabungen bedarfsgerecht mit Lernangeboten fördern und fordern und Unterstützung dort bereitstellen, wo Unterstützung auch notwendig ist.

Dafür stehen wir als ÖVP und dafür stehen wir in der Regierung gemeinsam mit den Grünen. Dies wird dem Umstand gerecht, dass wir Schüler haben, denen
es aufgrund ihrer körperlichen, ihrer geistigen oder auch psychischen Be­einträchtigung, aber auch aufgrund der Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen schwerfällt, am Unterricht teilzuhaben.

Das heißt für uns: Wir wollen so viel Inklusion und so viel sonderpädagogische Förderung wie möglich anbieten, weil wir alle Kinder mitnehmen wollen. Das ist uns jeden Tag im Schuljahr in der Schule ganz wichtig. (Beifall bei Abge­ordneten von ÖVP und Grünen.)

Deshalb werden wir das Ausbildungsangebot für die Gebärdendolmetscher attraktivieren und gehen jetzt einmal ganz stark in die Evaluierung der Ausbildung hinein, hinterfragen die Motivation, hinterfragen die Beweggründe, aber auch die Ausbildung an sich. Ja, wir haben derzeit eine zu geringe Anzahl von Gebärdendolmetscherinnen und -dolmetschern. Wir haben derzeit pro Jahr nur etwa 15 bis 20 Studienabschlüsse und das ist viel zu wenig.

Einige meiner Vorredner:innen haben bereits darauf hingewiesen: Wir haben derzeit einen Mehrbedarf von circa 330 Absolventinnen und Absolventen, den wir nicht decken können. Da gilt es wirklich ganz stark hineinzugehen. Es braucht dazu aber auch eine Stärkung der Ausbildung der Sonderpädagogik an sich, die Gebärdensprache ist ja nur ein Bereich.

Wir brauchen letztendlich wieder eine eigenständige sonderpädagogische Ausbildung, weil der Bedarf da ist, weil die Schüler da sind, die betreut werden müssen. Wenn wir den Kindern und Schülern gerecht werden wollen,
müssen wir die Lehrkräfte auch dementsprechend gut ausbilden.

Wir werden gemeinsam mit unseren grünen Freunden die inklusive Bildung weiterentwickeln. Wir bekennen uns dazu. Wir bauen gemeinsam die Straßen, die Schienen in die Zukunft unserer Jugend, unseres Landes, und zwar für
alle Schülerinnen und Schüler. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.12


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung verlege ich an den Schluss der Verhandlungen über die Vor­lagen des Wissenschaftsausschusses.

17.12.3417. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1676 d.B.): Vereinbarung gemäß Artikel 15a Abs. 1 B-VG zwischen dem Bund und
dem Land Oberösterreich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Digital Sciences Austria samt Anlagen (IDSA-Vereinbarung) (1706 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Andrea Kuntzl. – Bitte.


17.13.05

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wir verhandeln jetzt einen Antrag zu einem Projekt, das im oberösterreichischen Landtagswahlkampf von der ÖVP geboren und damals un­ter dem Titel TU Oberösterreich, später unter dem Titel TU Linz medial im­mer wieder diskutiert wurde. Dieses Projekt stand eigentlich von An­fang an ziemlich unter Kritik, es gab ziemlich viel Skepsis, weil sich viele Fragen gestellt haben, die eigentlich bis zum heutigen Tag nicht wirklich beant­wortet wurden.

Es wurde kein Standortkonzept gemacht, es wurde keine Bedarfsanalyse gemacht, es wurde kein wirkliches Konzept vorgelegt und es gab vor allem von den bestehenden Universitäten große Bedenken, ob dieses zusätzliche Pro­jekt nicht auf Kosten der Finanzierung der bestehenden und sehr gut arbeiten­den Universitäten und Fachhochschulen gehen könnte.

In der Tat, als wir das gestrige Budget angeschaut haben, gab es dann auch eine entsprechende Aussendung der Chefin der Rektor:innen unter dem Titel: ein „schwarzer Tag für die Wissenschaft“, denn die Universitäten beklagen seit Mo­naten eine Finanzierungslücke, die durch die Erhöhung der Energiepreise, durch die Inflation deutlich größer und dramatischer geworden ist. Die Universi­täten haben Appelle an den Finanzminister, an den Wissenschaftsminister gerichtet, im Zuge des jetzt vorgelegten Budgets entsprechende Unterstützung für die Universitäten und auch für die Fachhochschulen als Teuerungs­ausgleich zur Verfügung zu stellen, und wir finden nur einen geringen Teil des­sen tatsächlich im Budget, was dazu führen wird, dass sich die Universitä­ten, wie die Rektorenkonferenz sagt, entscheiden müssen, ob sie die Personal­kosten oder die Heizkosten zahlen werden.

Also erweckt dies den Eindruck, dass ein neues Projekt mit Geld geschaffen wird, das an anderer Stelle den bestehenden und sehr wichtige Arbeit leistenden Universitäten und Fachhochschulen fehlt. Die Fachhochschulen sind in einem noch geringeren und noch besorgniserregenderem Ausmaß im Budget
nicht bedacht worden.

Das alles kann dazu führen, dass im kommenden Semester die Heizkosten an
den Universitäten und Fachhochschulen nicht finanziert werden können und die Studierenden ein weiteres Semester – nach den vielen Semestern, die sie jetzt coronabedingt zu Hause vor dem Computer verbracht haben – wieder zu Hause vor dem Computer die Vorlesungen und Seminare absolvieren müssen, weil
die Universitäten die Hörsäle nicht entsprechend beheizen können. Dazu darf es nicht kommen, Herr Bundesminister.

Aus diesen von mir genannten Gründen verstehen wir, was die Finanzierung betrifft, durchaus sehr die Bedenken, die seitens der Universitätskonfe­renz geäußert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

17.16


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Smolle. – Bitte.


17.16.48

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Wissenschaftsminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht heute um die 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund einerseits und dem Land Oberösterreich andererseits zur Errichtung einer Institution, die – wie schon genannt – zuerst unter dem Titel Technische Universität Oberösterreich – so als Schlagwort – gehandelt wurde. Heute wissen wir: Sie entwickelt ein Profil in Richtung digitale Transformation und heißt auch Institute of Digital Sciences Austria.

Es wird oft so ein bisschen wegwerfend gesagt: Na ja, das ist ja nur so ein politisches Projekt. Dazu möchte ich sagen: Einem Bundesland kann kaum etwas Besseres passieren, als dass die Landespolitik sich intensiv um Bildung, Wis­senschaft und Forschung bemüht. (Beifall bei der ÖVP.)

Das sage ich jetzt einmal als Steirer: Die neun steirischen Hochschulen haben über viele Jahre erlebt, was ihnen das bringt, wenn ihre Landesregierung geschlossen hinter ihnen steht. Der Science Space Styria, die enge Zusammenar­beit der Hochschulen und dass wir mittlerweile am Grazer Standort Investi­tionen im Milliardenbereich haben, das wäre niemals ohne Unterstützung seitens des Landes möglich gewesen.

Die Universitäten in Österreich entwickeln sich ja gut. Sie haben es ja mitgekriegt: In den letzten Tagen ist die Nachricht gekommen, dass wir erstmals in der jüngeren Geschichte drei österreichische Universitäten unter den Top 200 weltweit haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kassegger: Die Uni Klagenfurt ...!)

Wir freuen uns, dass zusätzlich zu den beiden, die schon länger drinnen sind, nämlich die Universität Wien und die Medizinische Universität Graz, jetzt auch die Medizinische Universität Wien nachgerückt ist und jetzt wirklich drei Universitäten drinnen sind. Das ist nicht zuletzt eine Folge des Universitätsge­setzes 2002, damals unter Kanzler Schüssel und Bundesministerin Gehrer implementiert, damals heftigst umstritten und aus heutiger Perspektive einer der mutigsten und erfolgreichsten Reformschritte der letzten Jahrzehnte. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Jetzt geht das Kompliment aber einmal nach Oberösterreich. Oberösterreich geht nämlich mittlerweile zum dritten Mal in Vorleistung bei der Einrich­tung einer tertiären Bildungsanstalt. Sie haben das nämlich schon vor Jahrzehn­ten bei der Kunst-Uni Linz, die inzwischen gut am Weg ist, gemacht, sie haben das bei der Einrichtung der Medizinischen Fakultät in Linz gemacht, wo man sich mittlerweile allenthalben über die 300 zusätzlichen Studienplätze freut, und sie machen es auch diesmal.

Diese Vereinbarung, die heute hier zur Diskussion steht, beinhaltet nämlich, dass das Land Oberösterreich bei der Errichtung der neuen Gebäude für dieses Institute of Digital Sciences Austria 50 Prozent der Kosten übernimmt. Entsprechend dem Finanz-Verfassungsgesetz von 1948 steigt der Bund aber natürlich von Anfang an schon ganz intensiv ein, übernimmt die Kosten für die bestehenden Einrichtungen und Gebäude, die neuen Einrichtungen und die neuen Gebäude, natürlich die Personalkosten; und schließlich sollen bis 2036/37 im Vollausbau valorisiert etwa 150 Millionen Euro im Jahr vonseiten des
Bundes für diese Einrichtung aufgewendet werden.

Man plant an die 100 bis 150 Arbeitsgruppen, gut 6 000 Studierende, Bachelor-, Master-, Doktoratsprogramm und Weiterbildung. Man ist sehr ambitioniert, möchte im kommenden Studienjahr starten. Das wird sicher einmal ein kleines Programm, wahrscheinlich fokussiert auf Doktorat und Weiterbildung, sein.
Aber so, wie ich es erlebt habe, wie die medizinische Fakultät in Linz angegangen worden ist – nämlich hochprofessionell und erfolgreich –, bin ich durchaus optimistisch, dass das hier ebenso sein wird.

Ich wünsche jedenfalls der Projektentwicklung der Institution alles Gute. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.21


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Künsberg Sarre. – Bitte.


17.21.23

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Also das Institute of Digital Sciences Austria (Abg. Kassegger: Klingt gut! Digital ist immer gut!) ist ja so etwas wie ein Puzzle, das uns die Regierung da vorlegt. Wir bekommen nämlich immer häppchenweise Puzzlesteine zugeschickt. Der erste Puzzlestein war ja die Idee von Kurz und Stelzer: Da brauchen wir doch etwas in Oberösterreich, da brauchen wir etwas in Linz, am besten für Digitalisierung – schauen wir dann noch genauer. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Der Puzzlestein Bedarfsanalyse ist einmal verloren gegangen, den haben
wir nicht bekommen. Da hätte ich nämlich auch gerne gesehen, wie die Kollegen Smolle, Blimlinger und auch Polaschek als Rektoren – wenn sie es noch
wären – gewettert hätten, dass so etwas ohne eine Bedarfsanalyse auf die Welt kommt.

Vor dem Sommer haben wir wieder einen Puzzlestein bekommen, nämlich ein inhaltsloses Rahmengesetz, das wir beschließen sollten, ohne zu wissen, was wir da eigentlich beschließen oder was genau da entstehen wird.

Jetzt gibt es großzügigerweise wieder ein Steinchen, nämlich die 15a-Verein­barung mit Oberösterreich.

Kollege Smolle, weil Sie jetzt das Land Oberösterreich so hochgelobt und auch
das ISTA erwähnt haben: Das ISTA ist natürlich anders entstanden, das habe ich eh auch schon einmal gesagt. Beim ISTA war das Paket da. Da gab es das
Gesetz mit einer 15a-Vereinbarung, mit einer Vereinbarung, wonach Niederösterreich auch heute noch immer etwas zahlt – im Gegensatz zu Ober­österreich –, mit der Niederösterreich sich dazu bekennt, da nicht nur am Anfang mitzuzahlen, sondern weiterhin, das Facilitymanagement zum Beispiel – das ist ein großer Unterschied zu Oberösterreich. Und wir wussten, was wir da beschließen, jetzt wissen wir es nicht.

Der nächste Puzzlestein: Jetzt gibt es den Gründungskonvent, da kann man nur hoffen, dass sich die Politik heraushält und nicht noch irgendetwas vorgibt. Irgendwann wird es irgendetwas Inhaltliches geben, und dann legen Sie uns wieder einen Puzzlestein vor – nämlich ein Gesetz, das wir dann beschlie­ßen sollen.

Den Vorgang, wie Sie das machen, finde ich ziemlich haarsträubend und für das Hohe Haus eigentlich eine Zumutung. Dass etwas Gutes entstehen kann,
steht außer Frage, und wir als NEOS sind die Letzten, die etwas gegen Innova­tion, Fortschritt und Technologie et cetera haben – aber so, wie Sie es an­legen, ist es für Parteien, die hier Gesetze und auch Ausgaben mitbeschließen sollen, eine Zumutung. (Beifall bei den NEOS.)

17.24


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Axel Kassegger, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


17.24.17

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin!
Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ja, wir diskutieren das IDSA, das Institute of Digital Sciences Austria – zumindest der Name ist einmal schnittig englisch – und die Grundlage, die 15a‑Vereinbarung.

Kollegin Kuntzl hat es schon gesagt: Was wir hier vermissen, ist das Standortkonzept, was wir vermissen, ist die Bedarfsanalyse. Kollegin Künsberg Sarre hat es auch schon gesagt: Da werden Informationen häppchen­weise preisgegeben.

Auch wenn es so sein mag, grundsätzlich ist es gut, dass es Universitäten gibt – das sage ich als Grazer. Kollege Smolle hat es ja schon gesagt: Wir in Graz
sind ja sehr, sehr gut mit Universitäten mit jahrhundertelanger Tradition ausge­stattet – ich denke da an unsere eigene Alma Mater.

Ich möchte auch dem Land Oberösterreich, der Landesregierung, zu einer her­vorragenden Verhandlungsführung gratulieren. Da entsteht quasi als Wahlkampfspende von Sebastian Kurz eine Universität, die nahezu zur Gänze von der Republik finanziert wird, also Gratulation an die oberösterreichi­sche Landesregierung!

Es gab auch die Sorge, dass die anderen Institutionen und Universitäten darunter leiden, weil für sie weniger Mittel zur Verfügung stehen. Ich möchte jetzt
gar nicht auf die Universitäten eingehen, sondern, was viel brennender ist, auf die Fachhochschulen, die, wie anhand der Zahlen im Budgetentwurf zu se­hen ist, hochgradig unterfinanziert sind, was die Ausbaupläne und so weiter be­trifft.

Es gibt ja – das kennen Sie alle (ein Blatt Papier in die Höhe haltend) – die ent­sprechenden Forderungen der sehr strukturiert und strategisch denken­den Fachhochschul-Konferenz. Seit Jänner 2022 liegen sie vor. Aus einem Kick-off-Meeting im Mai und der Ankündigung, dass man vielleicht einmal Ende
des Jahres fertig sei und es in Begutachtung geht – verbal hier ergänzt (aus den Unterlagen lesend) –, beginnen Sie mit den Vorbereitungen des nächsten Fachhochschul-Entwicklungs- und Finanzierungsplans. Das haben Sie sich für 2023 vorgenommen. Bitte, Herr Bundesminister, dringendst auf die Tube
zu drücken und das Tempo zu erhöhen!

Der ganze Sektor, der eine Erfolgsgeschichte ist, hat ein Recht darauf, strategisch planen zu können. Sie wissen, der alte Finanzierungsplan läuft im September 2023 aus. Sie kennen die Vorlaufzeiten für Studiengänge, für Programme und so weiter und so fort, und Sie wissen, dass es allerhöchste Ei­senbahn ist, diesen Finanzierungsplan so schnell wie möglich mit einer aus­reichenden Dotierung zu versehen, die auch einen Ausbau ermöglicht! Ich sehe lächerliche 7 Millionen Euro, damit werden wir keinen Ausbau zusammenbringen.

Mein Appell an Sie, auch im Sinne der Fachhochschul-Konferenz, lautet also: Bitte hier das Tempo drastisch zu steigern! (Beifall bei der FPÖ.)

17.27


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Martin Polaschek zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


17.27.05

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! 2021 hat die Bundesregierung beschlossen, eine neuartige Universität mit der Schwerpunkt­setzung Digitalisierung und Transformation sowie internationaler Ausrich­tung zu errichten. Seitdem läuft der Ausbau des Institute of Digital Sciences Aus­tria am Standort Linz Schritt für Schritt voran.

Der rechtliche Rahmen in Form des Gründungsgesetzes wurde vor der Sommerpause beschlossen, und nun wird planmäßig der finanzielle Rahmen in Form einer 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Land Oberösterreich ausgearbeitet. Darin ist festgelegt, dass der Bund, wie üblich, die dauerhafte Finanzierung in Forschung und Lehre übernimmt. Die Errichtungskosten wiederum werden ab dem Studienjahr 2023/24 von Bund und Land gemeinsam getragen. Der Finanzierungsbeitrag des Landes umfasst somit 50 Prozent der Errichtungskosten der für die Zwecke der Universität erforderlichen neu zu errichtenden Gebäude samt der funktionszugehörigen Neben- und Außen­anlagen. Wie bereits mehrfach kommuniziert, soll schlussendlich der Universität ab dem Endausbau im Studienjahr 2036/37 jährlich ein Betrag von bis zu 150 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Es ist aber nicht nur die langfristige Finanzierung sichergestellt, ich darf be­richten, dass sich gestern auch der Gründungskonvent konstituiert und seine Ar­beit aufgenommen hat. Das bedeutet, dass die Erstellung von Entwicklungs­plänen und die Ausarbeitung der ersten Studienpläne nun in Angriff genommen werden können. Insbesondere wird das Gremium auch über die Bewerbung für den Gründungsrektor, die Gründungsrektorin beraten und entschei­den – selbstverständlich nach einem entsprechenden Hearing.

Sie sehen, dass die Umsetzung gut auf Schiene ist und kontinuierlich vorangetrieben wird, wenngleich natürlich der zeitliche Druck zur Umsetzung nicht nachgelassen hat. Die bisherigen Umsetzungsschritte werden jeden­falls äußerst professionell und zügig umgesetzt. Aufgrund dieser Erfahrungen bin ich überzeugt, dass auch die kommenden Aufgaben planmäßig abgearbeitet werden und die Errichtung des Institute of Digital Sciences planmäßig vorangeht.

Ich darf auch noch ein paar Anmerkungen zu den aufgeworfenen Themen machen. Ich sehe den gestrigen Tag mit dem, was beschlossen worden ist, als keinen schwarzen Tag für die Universitäten. Ich darf daran erinnern, dass die Universitäten im Frühjahr dieses Jahres mit einer Budgetforderung
von 475 Millionen Euro an die Öffentlichkeit getreten sind – 475 Millionen Euro. Diese Zahl haben sie erst vor einigen Wochen erhöht, aber der Stand zu
diesem Zeitpunkt war 475 Millionen Euro.

Wir haben den Sommer über intensivste Gespräche mit dem Finanzministerium geführt, und es ist gelungen, statt – wie bis dahin von den Universitäten gefordert – 475 Millionen für die Universitäten für die nächsten beiden Jahre 500 Millionen Euro zu bekommen. Das ist eine halbe Milliarde Euro. Ich
finde, das ist ein sehr schöner Erfolg. (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Fachhochschulfördersätze angeht, darf ich hier erwähnen, dass der Fachhochschulentwicklungsplan im Frühjahr 2023 fertiggestellt sein
wird. Es werden dann 131,5 Millionen Euro für die Fachhochschulen zur Verfügung stehen. Für den jetzigen Bedarf an Mehraufwand für zusätzliche Res­sourcen wird entsprechend gesorgt, die Fachhochschulen werden noch 2023 eine Erhöhung der Fördersätze um 10 Prozent bekommen. Das ist nicht Bestandteil der Budgetrede gewesen, weil wir dieses Geld aus verschie­denen Töpfen zur Verfügung stellen. Die Fachhochschulen sind darüber bereits informiert.

Wir haben also auch die Fachhochschulen für 2023 schon entsprechend mitbedacht. Ich bin deshalb davon überzeugt, dass der Wissenschaftssektor, der Forschungssektor im Großen und Ganzen auf einem sehr guten Weg ist.

Ich hatte heute Vormittag auch bereits eine Austauschrunde per Videokonferenz mit der Präsidentin der Universitätenkonferenz und der Bundes-ÖH. Wir sind in ständigem Kontakt, um die entsprechenden Maßnahmen auf Schiene zu bringen. Vonseiten der Bundesregierung wurde nun jedenfalls, das darf ich noch einmal festhalten, einiges an Geld zur Verfügung gestellt. (Beifall bei der ÖVP.)

17.32


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte.


17.32.08

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Um zum Thema zurück­zukommen: Im Oktober 2020 hat uns der damalige Wissenschaftsminister Heinz Faßmann zu eben genau der Vorgehensweise betreffend die Technische Universität Oberösterreich, dem heutigen Institute of Digital Sciences Austria – auch die Namensgebung sorgt in Wahrheit durchaus für den einen oder an­deren Schmunzler; wenn man Kollegen Taschner folgen würde, dann müssten wir wieder zum Wort Universität zurückkehren, auch hier vernimmt man
also durchaus ein paar Unstimmigkeiten (Abg. Taschner: Entwicklungspotenzial, Frau Kollegin!) – gesagt: Money follows structure.

Er hat uns angekündigt, dass zuerst ein Konzept erstellt und dann das Geld beschlossen wird. Ein ganz klarer Plan: zuerst das Konzept, dann die Ressourcen. Heute, zwei Jahre später, ist dieser Plan über den Haufen geworfen worden, Herr Minister, und Sie drehen den Spieß um. Heute wird hier eine 15a-Verein­barung diskutiert und beschlossen werden, bei der das Geld vor dem Kon­zept vorliegt. Wir sehen das durchaus kritisch.

Der Gründungskonvent – Sie haben es gerade erwähnt, Herr Minister – hat sich gerade erst konstituiert und seine Tätigkeit aufgenommen. Von der ange­kündigten Struktur ist noch überhaupt nichts da und der Beschluss des Grün­dungsgesetzes ist im Sommer mehr oder weniger sehr hastig über die Bühne gegangen. Also: Structure follows money, und nicht mehr: Money follows structure. Zuerst die Kohle, dann das Konzept, würde man auch sagen.

Was bei der Erstellung dieser 15a-Vereinbarung nicht passiert ist, obwohl beide Hände ausgestreckt waren, ist ein ordentlicher Dialog mit der Stadt Linz oder
eine Enquete im oberösterreichischen Landtag. Beides wurde gefordert, beiden Wünschen wurde nicht nachgegeben. Ein Expert:innenhearing im Wis­senschaftsausschuss hier im Hohen Haus hat es auch nicht gegeben. Darin hätten die verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden können: Was hätte einen Mehrwert für das Konzept gehabt oder was wären vielleicht Beden­ken dazu gewesen? Nach einem schnellen Beschluss im Juli folgt hier einfach der nächste Schnellschuss, was wir wirklich sehr bedauern, und das, obwohl das Gespräch immer wieder eingefordert und diesem Gesprächsbedürfnis einfach nicht nachgekommen wurde.

Es gibt wirklich den Wunsch, diese Gelder, die dem oberösterreichischen Hochschulstandort entsprechen und die da wirklich gut eingegossen werden können, in korrekte Bahnen zu lenken. All das ist aber auch hier und heute leider wieder nicht passiert. Herr Minister, ihre Argumentation im Ausschuss war: Wir brauchen das Geld, denn sonst können wir keine Stellen konzi­pieren, keine Stellen ausschreiben! – Dazu möchte ich Ihnen wirklich sagen: All die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Österreichs Hochschulen, die sich auf befristete Stellen bewerben oder die sich in befristeten Dienstverhältnissen befinden und nicht wissen, wie weit diese verlängert werden, bedanken sich an dieser Stelle sehr herzlich, weil sie nichts Gesichertes über ihre Zukunft wis­sen. Ich finde das leider ein bisschen unfair gegenüber den wichtigen Forscherinnen und Forschern und den Personen in der Lehre, die eben nicht mit unbefristeten Dienstverhältnissen versehen sind, sondern sich vielfach in Befristung befinden und selbst einfach nicht wissen, wie es weitergeht. Das ist sehr schade. (Beifall bei der SPÖ.)

Insbesondere deshalb wäre es auch wirklich wichtig, die Hochschulen in Ös­terreich im Budgetvoranschlag für 2023 mit einem satten Budget auszu­statten. Und ja, man muss wirklich darüber diskutieren, dass die Uniko sagt: Es ist ein schwarzer Tag für die Wissenschaft. – Das Geld reicht nicht aus, denn die Inflation galoppiert einfach weiter dahin und die Kosten steigen. Die ersten Hochschulen kündigen ja auch schon wieder an, Studierende ins Distancelearning zu schicken. Ich glaube, das ist etwas, was wir alle nicht wollen, denn an den Fachhochschulen, an den pädagogischen Hochschulen, an den Universitäten findet der Dialog statt und der Betrieb muss auf jeden Fall aufrechterhalten bleiben. Deshalb wäre eine satte Ausstattung bitter,
bitter nötig gewesen, ebenso wie die Erwähnung der Fachhochschulen in der Rede des Finanzministers, denn wenn wir über Österreichs Hochschulen reden, dann sind das die Universitäten, aber es sind auch die Fachhochschulen.

Ich stimme nicht oft mit der FPÖ überein, aber da muss ich Kollegen Kassegger wirklich recht geben: Wir haben das Gefühl, dass die Fachhochschulen teil­weise auf das Abstellgleis gestellt werden, was wir sehr, sehr bedauern, weil sie ein unglaublich wichtiger Partner sind, wenn es um Hochschulen in Öster­reich geht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.36


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Blimlinger. – Bitte.


17.37.09

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ich fange vielleicht so an: Ich verstehe den föderalistischen Standpunkt des Kollegen Smolle gut, aber die Bundes­länder treten mit einer 15a-Vereinbarung natürlich keineswegs in Vorleistung, denn diese wird immer vom Bund erbracht, sonst würde gar nichts funk­tionieren. Das einmal an erster Stelle. Wir werden die 15a-Vereinbarung aber jetzt ja beschließen.

Zu dem, was Kollegin Holzleitner gesagt hat – zuerst das Konzept, dann das Geld –: Das ist ein bisschen eine Henne-Ei-Geschichte. Man kann sagen: Ja, wir machen zuerst das Konzept und schauen dann, wie viel Geld wir brauchen.
Ohne Geld gibt es aber auch kein Konzept, weil ich Menschen brauche, die die­ses Konzept schlüssig, sinnvoll und zukunftsweisend erarbeiten.

Gestern war die Sitzung des Gründungskonvents, und so wie diese ausgegangen ist – mit der designierten Vorsitzenden Claudia von der Linden, die Vizerek­torin für Digitalisierung an der TU Graz ist, und dazu den beiden Stell­vertreter:innen Martin Hitz, Senatsvorsitzender an der Uni Klagenfurt und Vize­vorstand des Instituts für Informatiksysteme, und Christina Rami-Mark von der Mark Metallwarenfabrik GmbH –, ist das, denke ich, auf einem guten Weg.

Sie kennen meine Skepsis, die ist nicht ganz weg, die bleibt immer noch. Deswegen ist ja in den kommenden Budgets auch nur so viel Geld vorgesehen, dass es genau um diese Entwicklung geht und es möglich ist, einen Grün­dungsdirektor, eine Gründungsdirektorin zu suchen und zu schauen, wie man die ersten Curricula entwickeln kann.

Es geht natürlich auch immer um Forschung. Es geht immer darum, gemeinsam zu denken. So sehr wir uns alle über den Nobelpreisträger Zeilinger freuen, so sehr sollten wir uns aber auch immer wieder ins Gedächtnis rufen, was er zur Wissenschaft oder überhaupt zu dem ganzen Bereich sagt, wenn er immer darauf hinweist, dass es notwendig ist, etwas auszuprobieren, und wenn er sagt, dass er und seine beiden Kollegen, die den Nobelpreis bekommen haben, immer als Spinner, die nur ihre Zeit vertun, bezeichnet worden sind.

Genau das ist der Punkt: Wir müssen schauen, Lehre und Forschung anders zu sehen, Lehre und Forschung, die vielleicht so betrachtet wird, als wollte
man sagen: Wozu das, eigentlich brauchen wir ja nur Fachkräfte? – Nein. Es geht um das Experiment. Es geht sozusagen darum, zu schauen, was es alles gibt, was in einem Institut dieser Art alles möglich ist.

Angesichts des Gründungskonvents und der dort vertretenen Personen bin ich derzeit eigentlich so halbwegs positiv gestimmt.

Vielleicht noch ein Wort zum Thema Föderalismus, weil Frau Kollegin Holzleitner auch gesagt hat, dass die Stadt Linz nicht eingebunden war (Abg. Holzleitner: Wenig!): Mein Kollege aus Oberösterreich, insbesondere
aus Thalheim, sagt immer zu mir: Eva, diese Universität gehört nach Thalheim.

In diesem Sinne verzichte ich heute auf mein Ceterum-censeo, weil ich
darauf später noch zu sprechen komme. (Beifall bei Grünen und
ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Holzleitner.)

17.40


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Petra Ober­rauner zu Wort. – Bitte.


17.41.02

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Dass Österreich mehr digital Science braucht, ist unumstritten. Ich glaube, in diesem Haus werden wir keinen finden, der etwas dagegen hat. Es ist aber auch wichtig zu wissen: Was investiere ich wo und mit wem, und wie
viel investiere ich?

Uns ist es einfach ein Anliegen, dass aus dem ursprünglichen Gedanken – es hätte ein Geschenk für eine Landtagswahl sein sollen, dafür gibt es ja ge­nug Nachweise – ein gutes Projekt wird, oder dass man sich lieber Partner sucht, die schon bestehen und die das mitübernehmen können, weil auch sie schon gezeigt haben, dass sie die Kompetenz haben, und man nicht alles neu aufbauen muss.

Bei uns geht es um drei Dinge: Es geht um den Inhalt, es geht um den Zeitpunkt, zu dem das entsteht, und es geht um die Rahmenbedingungen. Wir haben ja im Ausschuss unter anderem auch nachgefragt, wofür das Geld jetzt so dringend zur Verfügung stehen muss, wenn wir noch nicht einmal wissen, welches Personal wir brauchen, wen wir da anstellen, wie viel Studenten dort wirklich sein werden und wie viel Geld für den Bau gebraucht wird.

Da muss ich schon sagen: Jeder Bürgermeister, der einen Kindergarten oder eine Schule baut, überlegt sich zuerst einmal: Was sind meine Inhalte? In welcher Größe brauche ich dieses Gebäude, und was wird es kosten? Er würde wahrscheinlich auch nicht gerade in einem Moment, in dem niemand mehr bauen kann, weil sich die Baukosten verdoppelt haben, mit einem Bauwerk an­fangen und eine Summe zur Verfügung stellen, von der er nicht einmal weiß, ob sie überhaupt ausreicht.

Was machen wir, wenn sie sich verdoppelt? – Wir haben eine Valorisierung, haben wir zur Antwort bekommen. Das heißt, es ist eh wurscht, ob es doppelt so viel kostet oder nur so viel, wie auf dem Papier steht.

Also das ist, glaube ich, ein vollkommen falscher Zugang zu einer guten Entwick­lung, die in diesem Bereich notwendig wäre. Der Zeitpunkt ist ein sehr schlechter, und auch die Art der Zugangsweise ist für uns nicht akzeptabel, weil wir glauben, dass die Rahmenbedingungen einfach nicht passen.

Es ist wahrscheinlich auch der Unterschied, dass jeder Bürgermeister dafür haftet, wie viel Geld er ausgibt und dass das, was er geplant hat, auch ein­gehalten werden muss, sonst steht er nämlich persönlich vor dem Kadi. Dass das bei uns nicht so ist, ist bedauerlich, weil die Dinge dann manchmal anders laufen würden.

Auch die Wissenschaftsgemeinschaft steht dem kritisch gegenüber – übrigens auch Kollegin Blimlinger. Da gibt es zwei Zitate, die sogar über den ORF verbreitet worden sind, dass sie nicht so glücklich ist. Um den Frieden in der Koalition aber nicht zu gefährden, geben wir halt ein paar Millionen Euro
mehr aus. Das spielt überhaupt keine Rolle.

Wir haben auf jeden Fall den Zugang, dass wir die Verantwortung für das Steuergeld tragen. Wir können der Finanzierung durch die 15a-Vereinbarung nur dann zustimmen, wenn die Rahmenbedingungen, die Regeln und der Zeit­punkt – und das ist ein höchst ungünstiger, weil wir um jeden Cent kämpfen – passend sind.

Wir werden das sicher ablehnen, so wie wir auch den Start abgelehnt haben,
aber nicht deshalb, weil wir etwas verhindern wollen, sondern weil wir glauben, dass es nicht in Ordnung ist, wie da geplant und mit Steuergeld umge­gangen wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.44


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Bettina Rausch zu Wort. – Bitte.


17.44.20

Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen
und Zuhörer, Zuseherinnen und Zuseher unserer Sitzung! Um vielleicht noch einmal in Erinnerung zu rufen, worum es hier geht, weil die Debatte mitt­lerweile auch einige Wendungen genommen hat: Wir sprechen über das Insti­tute of Digital Sciences Austria. Das ist ein Institut, das zur Sicherung der digitalen Wettbewerbsfähigkeit Österreichs mit Sitz in Linz eingerichtet werden soll. Es wird Bachelor-, Master- und PhD-Studien sowie Weiterbildungen
im Bereich digitale Transformation anbieten.

So weit, so gut – so gut deshalb, weil das Dinge sind, die wir hier im Hohen Haus auf Verantwortung und Initiative der Regierungsfraktionen auch schon be­schlossen haben.

Heute geht es darum, rechtliche Grundlagen für die nächsten Schritte zu schaffen, nämlich für die Finanzierung in Zusammenarbeit mit dem Land Ober­österreich. Das ist konsequent, das ist auch zügig. Ich danke auch dem Bundesminister und seiner Mannschaft dafür, dass das so gelingt.

Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Sozialdemokratie hier jedenfalls nicht zu­stimmt – wir haben das jetzt auch gehört und vernommen –, und ich ge­be das noch einmal zu Protokoll: dass man auch diesen Schritt hier nicht mit­trägt. Wir haben keine Sorge vor der späteren Beurteilung und der Ver­antwortung, die wir damit eingehen und übernehmen, denn dieses Projekt wird ein gutes sein.

Ich nehme auch zur Kenntnis, dass es Kritik gibt. Im Projekt geht eigentlich etwas weiter, wir bringen hier also Neues, News, aber die Kritik, die kommt, ist keine neue. Irgendwie ist das ein bissel das gleiche Lamentieren, das wir
auch schon von den früheren Diskussionen kennen (Zwischenruf der Abg. Yılmaz), wiewohl es ja durchaus so ist, dass Kritikpunkte auch im Rahmen des Begut­achtungsverfahrens aufgenommen worden sind. Auch das könnte man hier noch einmal positiv anmerken, statt immer in dieselbe Kritik zu verfallen. Mein Verständnis für diese Kritik ist genauso gering wie beim letzten Mal.

Ich brauche nur an Kollegen Kassegger zu denken, der sogar mit einem anderen Thema hat ablenken müssen, das gar nicht Gegenstand der Diskussion ist,
damit er uns nicht zu sehr loben muss. Die Kritik geht auch ins Leere, wenn er sagt, das wäre ein Schmäh, den wir da machen, denn es ist Realität, ernst­haft, und wir tun das tatsächlich. Das ist kein Schmäh, sondern eine echte Um­setzung dessen, was wir auch angekündigt haben. Ja, das war zufällig in einem Wahlkampf, aber das tut dem ja keinen Abbruch.

Ich möchte auch noch einmal betonen, warum es so wichtig ist: Es ist ja kein Stand-alone-Projekt, ich meine, das steht ja in Zusammenhang mit einem Phänomen, das uns alle – Wirtschaft, Wissenschaft und damit die Gesellschaft – beschäftigt, nämlich der Digitalisierung, die auch ein Schwerpunkt der Bun­desregierung ist.

Wer gestern und heute den Diskussionen zum Budget gefolgt ist, der weiß, dass wir bis 2026 etwa 336 Millionen Euro für Digitalisierungsmaßnahmen und
für quasi das Management dieses Themas und für das Chancenheben in diesem Thema sowie 220 Millionen Euro für die Schlüsselindustrie, die auch die
digitale und ökologische Transformation managen soll, zur Verfügung stellen.

Wir stellen uns diesem Thema. Wir stellen uns damit auch den Krisen, denn Bundesminister Brunner hat es schon gesagt: Aus den vielfältigen Krisen
und Herausforderungen unserer Zeit können wir uns nicht heraussparen. Da können wir auch nicht den Kopf in den Sand stecken, da können wir
uns nur herausinvestieren.

Das tun wir mit diesem Projekt – auch im Sinne des schon genannten Anton Zeilinger, der geschätzt hat, dass es in Österreich eine lebendige For­schungslandschaft gibt, und weiß, das Grundlagenforschung wichtig ist. Man weiß nie, in welchem Themenbereich die nächste bahnbrechende Ent­wicklung passiert.

Digitalisierung ist ein breites, großes Phänomen. Dem geben wir in Forschung
und Lehre Raum und schaffen auch die Möglichkeit für große Entwicklungen, für die Zukunftsfähigkeit Österreichs.

Ich bitte alle – bei den Regierungsfraktionen weiß ich es ja –: Geben Sie sich einen Ruck und schaffen Sie auch in diesem Bereich Zukunftsfähigkeit
für Österreich! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.48


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Taschner. – Bitte.


17.48.23

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich erlaube mir, bei dieser Idee der neuen Universität Linz nicht
ganz so sicher zu sein, dass es gelingen wird, aber guter Hoffnung zu sein, dass es gelingen wird. (Beifall der Abg. Holzleitner.) Das ist etwas anderes.

Ich meine, wir sind guter Hoffnung und es könnte wirklich sehr gut gelingen. Es muss sogar so gut gelingen, dass es eine hervorragende Universität wird.
Das ist tatsächlich etwas, was uns bewegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben von einem schwarzen Tag der Universitäten gesprochen. Ich sehe auch einen hellen Tag der Univer­sitäten, denn die Ränge im Times Higher Education Ranking, die wir bekommen haben, haben doch gezeigt, dass die Universitäten gar nicht so schlecht dastehen, wiewohl ich gerne zugebe: Man kann natürlich darüber nachdenken, wie dieses Ranking erstellt wird.

Herr Kollege Kassegger, es ist sehr schwer, wirklich zu wissen, wo eine gute Universität ist oder nicht. Ich möchte da eine kleine Geschichte erzählen.

Im Jahre 1965, als die Universität Wien ihr 600-jähriges Jubiläum gefeiert hat – das kann man sich nicht vorstellen –, haben die Studenten und Studentin­nen – es waren aber damals noch meistens Studenten – zu einem Symposion eingeladen, bei dem die gesamte geistige Elite, die verfügbar war – Rudolf Augstein, Ernst Bloch, Manès Sperber, Ingeborg Bachmann; sie alle – eingeladen war. Das war eine unglaubliche Leistung.

Das war ein Zeichen, dass diese Universität wirklich auf einem guten Boden steht. Nebenbei gesagt: Im Jahr 2015 ist so etwas nicht passiert.

Also wo wird da gerankt? Schränkt man in der Hinsicht ein, ob man Techniker des Wissens heranbildet oder ob man wirklich Universität im besten Sinne ist? Das ist eine große Frage. Wir können aber wirklich sicher sein, dass unsere Universitäten nicht nur Techniker des Wissens heranbilden werden, und die neue Universität in Linz wird eine dieser Universitäten sein – das ist meine große Hoffnung –, die mehr heranbildet als nur Techniker des Wissens.

Der zweite Punkt ist nicht nur, dass wir in dieses Times Higher Education Ranking kamen, sondern es gibt auch die Verleihung des Nobelpreises an Kolle­gen Zeilinger, der einer der wenigen Nobelpreisträger Österreichs ist, der selbst an einer Universität in Österreich ausgebildet wurde. Andere Nobelpreis­träger sind an anderen Universitäten oder an anderen Schulen ausgebildet worden, aber er hat ja – das ist sozusagen seine Herkunft – Helmut Rauch als Lehrer gehabt, einen großartigen Universitätslehrer, den er immer schätzte.

Eine Universität, die einen Nobelpreisträger hervorgebracht hat, das ist der Punkt. Wir werden höchstwahrscheinlich in Linz auch so eine Universität haben können, wenn wir es geschickt anstellen.

Nebenbei gesagt: Zeilinger steht zum Beispiel dafür, dass er der Digitalisierung einen ganz neuen Aspekt hinzufügt im Sinne des Quantencomputers: dass
es nicht nur Bits, sondern auch Qubits gibt. Da gibt es Forschungsmöglichkeiten, die unglaublich sind.

Das heißt, wenn man sagt, dass wir die Struktur von vornherein festgelegt haben müssen, dann sage ich: Nein! Gerade indem wir im Learning by Doing, im Entwicklungsprozess, in statu nascendi sind, haben wir wirklich die Möglichkeit, die besten Leute herzubringen, um ihnen die völlige Freiheit zu geben, ihre Forschung zu betreiben. Das soll diese Universität wirklich liefern, darauf hoffe ich sehr.

Wie groß und wie weit sie ist, hängt natürlich auch davon ab, wie der Grün­dungskonvent das macht und wie dann die Gründungspräsidentin oder der Gründungspräsident das durchführen wird. Es kommt tatsächlich – Sie sehen es ja am Namen Zeilinger und am Namen Rauch – auf die Personen an. Das Geld ist selbstverständlich auch wichtig, aber es kommt auf die Wahl der richti­gen Personen an.

Da, Herr Bundesminister, haben Sie wirklich die große Verantwortung, diese Leute sozusagen zu begleiten, zu stärken. Die Besten müssen gewählt werden, es müssen wirklich die Allerbesten sein, dafür ist wirklich kein Geld zu viel. Gerade bei der Informatik ist es so: Die Besten sind auch extrem teuer – extrem
teuer! Da müssen wir wirklich damit rechnen, dass wir, wenn wir die Besten ha­ben wollen, dafür sehr viel investieren.

Es ist sehr gut, dass wir hier den ersten Schritt setzen. Es ist wirklich ein Learning by Doing, es ist in statu nascendi.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, das jetzt zu unterstützen. Wir werden sehen, wie es weitergeht – ich nehme an, in eine gute Richtung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.52


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Fürlinger. – Bitte.


17.52.54

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme im Namen der oberösterreichischen Landespolitik die Glückwünsche des Kollegen Smolle gerne entgegen. Die oberösterreichische Landespolitik hat – und Gott sei Dank hat das die Politik immer gemacht – Bildung, sekundäre, tertiäre Bildung, immer be­gleitet. Sie hat das bei der JKU, bei der Medizinuniversität getan, und sie
tut es jetzt bei einer technischen Digitaluniversität, um das für Kollegen Tasch­ner korrekt auszudrücken.

Es war bis jetzt eine sehr strukturierte Diskussion, und sie ist auch durchaus nach Plan verlaufen. Sie ist nur nicht in aller Öffentlichkeit breitgetreten worden, es sind nicht zig Enqueten über die Bühne gegangen, aber es hat eine klare, strukturierte Diskussion darüber gegeben.

Dass wir bezüglich Digitalisierung und Modernisierung in Österreich eine Bedarfsanalyse brauchen, Frau Kollegin (in Richtung Abg. Künsberg Sarre), hätte ich jetzt nicht so gesehen. Da brauche ich keine raumgreifende Analyse,
sondern ich kann Ihnen aus dem Stand aus dem Ärmel beuteln, dass wir das ziemlich dringend brauchen (Zwischenruf der Abg. Künsberg Sarre), und weil
wir das dringend brauchen, ist es gut, dass es dieses Institut geben wird.

Dass dieses Institut experimentell ist, ist gar keine Frage, aber das muss es auch sein. Es gibt jetzt – wie es hier von einigen von Ihnen auch gesagt worden
ist – als nächsten Schritt einer strukturierten Diskussion den Gründungskonvent. Da sitzen einige Leute drinnen – Kollegin Blimlinger hat es richtigerweise
gesagt –, die uns sehr viel Anlass zur Hoffnung geben, dass das etwas Gutes wird.

Diese Universität wird auch einen guten Gründungspräsidenten bekommen, auch weil die oberösterreichische Landespolitik mitmischt. Die oberös­terreichische Landespolitik hat in diesem Bereich hohe Expertise und gute Qualität, allen voran Landeshauptmann Thomas Stelzer. (Beifall bei
der ÖVP.)

Ich möchte auf die einzelnen leisen Einwendungen, die hier heraußen die letzte halbe Stunde begleitet haben, eigentlich nicht näher eingehen. Sie sind ein bisschen typisch österreichisch. Was uns leider bleibt, ist, dass wir die SPÖ und offenbar die SPÖ Oberösterreich noch nicht überzeugen konnten, gemein­samen Schrittes zu gehen. Dass gerade die SPÖ gegen tertiäre Bildung ist, ist doch ein Novum, aber wir haben es jetzt halt auch im Protokoll stehen und freuen uns, dass wir das auch wissen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Selbstverständlich, meine Damen und Herren, ist das ein Pionierprojekt, aber es war auch die JKU in den Sechzigerjahren ein Pionierprojekt gegen jeden Widerstand, weil es immer ein Verteilungskampf ist. (Abg. Stöger: Da hat man aber mit der SPÖ geredet! Da hat man mit der SPÖ geredet!) Die Medizinische Universität ist selbstverständlich auch ein Pionierprojekt gewesen – das ist noch nicht lange her; ich kann mich noch an die vielen Stimmen, die es gegeben
hat, erinnern –, und es ist gut geworden. Genauso gut wird die Technische Uni­versität in Linz werden. Ich freue mich als Linzer besonders, dass sie dort ist. (Beifall bei der ÖVP.)

17.55


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wenn alle Fraktionen einverstanden sind, würde ich gleich zu den Abstimmun­gen kommen. – Mir wird Zustimmung signalisiert.

17.56.15Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 16 und 17


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Tagesordnungspunkte 16 und 17, die ich über jeden Ausschussantrag ge­trennt vornehme.

Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 16, die dem Ausschussbericht 1705 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Evaluierung des Aus­bildungsangebots zur:zum ÖGS-Dolmetscher:in“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist einstimmig so angenommen. (269/E)

Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 17: Antrag des Wissenschaftsaus­schusses, den Abschluss der Vereinbarung gemäß Art. 15a Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Digital Sciences Austria samt Anlagen in 1676 der Beilagen zu genehmigen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich gleichfalls um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

17.57.2118. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über
die Petitionen Nr. 60, 69, 71, 81, 88, 90 und 91 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 19 und 44 (1692 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 18. Punkt unserer heuti­gen Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Kollross. – Bitte.


17.57.56

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schicke gleich einmal
voraus: Wir werden dem Sammelbericht des Petitionsausschusses nicht zustim­men, weil wir die Praktiken der beiden Regierungsparteien einfach nicht mehr akzeptieren wollen, nämlich, dass sie nicht bereit sind, sich ernsthaft mit den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger auseinanderzusetzen. Es werden zwar kurzfristig Stellungnahmen eingeholt, aber dann, wenn es darum ginge, das auch in Form von Gesetzen in den zuständigen Fachausschüssen zu disku­tieren, sind beide Regierungsparteien nicht mehr dazu bereit, sondern dann wird das einfach zur Kenntnis genommen. Das ist nicht unser Verständnis, wie man mit Bürgeranliegen umgeht, und deshalb werden wir diesem Sammelbericht nicht zustimmen.

Ich möchte aber konkret auf eine Petition eingehen, weil das, glaube ich, ganz stark verdeutlicht, wie man mit den Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern umgeht. Und zwar geht es um das Schwemmholz im Bereich der Gemeinde Ebensee, die aber nur symbolisch für viele andere Gemeinden ist. Da gibt
es die Bundesforste, denen der See gehört, denen der Wald gehört. Dann gibt es aber das Schwemmholz. Das kommt in die Gemeinde, und niemand fühlt sich dafür verantwortlich, es wegzuräumen. Darum muss es die Gemeinde weg­räumen, was bedeutet, dass sie jedes Jahr bis zu 100 000 Euro aus dem eigenen Budget zur Verfügung stellen muss.

Alle Stellungnahmen, die dazu im Petitionsausschuss eingegangen sind, die Volksanwaltschaft, der Gemeindebund, der Städtebund, alle Bundesländer sa­gen: Es braucht eine gesetzliche Veränderung, es ist nicht akzeptabel, wie das momentan praktiziert wird! Das Land Oberösterreich hat sogar einen ein­stimmigen Landtagsbeschluss gefasst, in dem sie die Bundesregierung auf­fordern, eine gesetzliche Änderung zu machen.

Was machen die beiden Regierungsparteien? – Sie wissen es natürlich besser, lehnen es ab, sind nicht bereit, es in den Umweltausschuss zu verlagern, damit dort darüber diskutiert wird, wie eine gesetzliche Veränderung stattfinden kann.

Dann kommt noch etwas Zweites hinzu, das möchte ich hier auch noch ganz bewusst erwähnen, weil die beiden Regierungsparteien – vor allen Dingen die ÖVP – ja immer vorgaukeln, dass sie sich eh engagieren, und da war ich auch bei diesem Thema heute sehr überrascht, als ich die „Oberösterreichischen Nachrichten“ gelesen habe und bei Kollegin Zopf, die aus dem Salzkammergut kommt, wahrgenommen habe, dass sie sich dafür einsetzen wird. – Liebe
Frau Kollegin, bitte bei der eigenen Fraktion einsetzen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Bernhard.)

Ich habe heute einen Antrag in den Umweltausschuss eingebracht. Sie brauchen nur mehr Ihre Kolleginnen und Kollegen davon zu überzeugen, dass sie
diesem Antrag zustimmen, und diese Sachlage ist geregelt. Ich bitte Sie also, nicht vor Ort immer vorzugaukeln, dass man eh bei den Interessen der Bürgerinnen und Bürger ist, und hier herinnen, wo man es wirklich entscheiden kann, dann auf einmal nichts mehr davon wissen zu wollen!

In diesem Sinne würde ich mich freuen, wenn der Petitions- und Bürger:innen­initiativenausschuss ein bisschen mehr Engagement von den Regierungs­parteien erhält, damit Bürgerinnen- und Bürgeranliegen hier im Haus auch wirk­lich Gehör finden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Bernhard.)

18.01


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Prinz. – Bitte.


18.01.43

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! In gebotener Kürze: In der letzten Ausschusssitzung des Petitions­ausschusses am 28. September haben wir ja mehr als 40 Tagesordnungspunkte gehabt und im Sammelbericht geht es insgesamt um neun Petitionen oder Bürgerinitiativen.

Ganz kurz darf ich zu einigen Stellung nehmen: Zum einen die Petition 90, in der es um die mentale Gesundheit geht: „Mental Health Now“, eingebracht von
den NEOS, die ja wirklich intensiv diskutiert worden ist beziehungsweise die im Familien- und Jugendausschuss weiter diskutiert werden wird. Ich darf aber
dazu auch sagen – im letzten Plenum, im September, haben wir auch die Volksbegehren diskutiert; da gibt es auch das Volksbegehren der Schülerunion, das sehr erfolgreich war und das genau in dieselbe Richtung geht –: Es ist
wichtig, sich mit dem Thema Gesundheit, gerade auch speziell für die jungen Leute, auseinanderzusetzen, weil es um die Zukunft für unser Land geht,
und da gehört die mentale Gesundheit genauso dazu wie die körperliche Ge­sundheit.

Kollege Kollross ist auf die Petition betreffend die Gemeinde Ebensee schon eingegangen. Man darf schon dazu sagen: Nicht alle Stellungnahmen waren so, wie es jetzt vom Kollegen berichtet worden ist, sondern es waren auch ein
paar Stellungnahmen dabei – zum Beispiel von der Stadt Wien und vom Land Burgenland –, von denen man sagen könnte: Es interessiert uns nicht wirk­lich!, aber das ist ein anderes Paar Schuhe.

Ich glaube, entscheidend ist, dass nicht immer das, ob es jetzt in einem Ausschuss weiter diskutiert wird oder nicht, entscheidend dafür ist, ob man vielleicht für die Zukunft bessere Lösungen zusammenbringt, als sie es
derzeit sind. Derzeit ist es tatsächlich so, dass in dem Fall halt die Gemeinde Ebensee – aber es könnte auch eine andere Gemeinde sein – ein gewis­ses Problem damit hat, und man muss darüber nachdenken, wie man das in der Zukunft vielleicht besser regeln kann.

Ich darf mir auch noch erlauben, ein paar Sätze zur Petition 88 von Kollegen Christian Ries zu sagen, in der es heißt: „Kostenlawine stoppen“ und „Entlastung für Österreich“. Ich glaube, alleine wenn man sich anschaut, was wir die letzten
zwei Tage – gestern, heute – beschlossen haben, ist das ja eigentlich über­kompensiert – das, was da gefordert wird, und das, was wir beschlossen haben.

Man könnte jetzt viele Maßnahmen aufzählen. Ich glaube, dass wir in Österreich – alle, die da halt mithelfen – wirklich sehr viel tun, dass wir die Be­völkerung bei den Kosten entlasten. Man könnte jetzt wahrscheinlich abend­füllend diskutieren, was sinnvoll ist und was nicht, aber insgesamt, auch im inter­nationalen Vergleich, setzen wir in Österreich sehr, sehr viel um, damit wir unsere Bevölkerung entlasten, damit wir durch die Krisen auch durchfinden, und manche Dinge darf man sich auch nicht schlechtreden. Es geschieht wirklich viel und darauf, was wir auch schon beschlossen haben, können wir stolz sein.

Insgesamt, glaube ich, darf man sagen, dass wir das im Petitionsausschuss
auch seitens der Regierungsparteien schon vernünftig und ernsthaft diskutieren, und noch einmal: Zuweisung an den Ausschuss heißt nicht, dass etwas herauskommt, Kenntnisnahme heißt aber auch nicht, dass man es nicht ernst nimmt. (Beifall des Abg. Lindinger.)

Insgesamt wird da, glaube ich, gut gearbeitet, und wir machen das auch ernsthaft. Im Übrigen: Wenn man schon unzufrieden ist, dann müsste man ehr­lich über eine Reform diskutieren und darüber, wie wir das in der Zukunft radikal verändern, und man könnte vielleicht auch nachschauen, wie das in ande­ren Ländern passiert, damit wir vielleicht manches besser lösen als so, wie wir derzeit damit umgehen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.04


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte.


18.04.51

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsident! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Sehr geehrte Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Ich spreche heute zu der Petition über das „Förderprogramm für die Blackout Vorsorge
in Österreich“, die ich eingebracht habe.

Das Thema Blackout ist ja in aller Munde – egal wann auch immer: Es ist in den Medien, im Fernsehen, überall, und die heimischen Netzbetreiber sprechen
auch davon, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass in den nächsten Jahren mit ei­nem Blackout zu rechnen ist. Durch die dementsprechende Vorsorge unter Kenntnisnahme der eigenen, persönlichen Infrastruktur im Vorfeld ist es dann, wenn es tatsächlich eintritt, viel leichter, dass man mit all den Dingen ver­traut ist. Daher sollte man sich auch vorbereiten und auch ein Budget zur Ver­fügung stellen.

Bei manchen fehlt zu Hause der Platz, dass man Kisten mit Wasser irgendwo verstauen oder Lebensmittel auf Vorrat kaufen kann, oft fehlt auch das Geld. In Zeiten wie diesen, bei diesen Teuerungen ist es wirklich nicht einfach, entsprechende Vorsorge zu treffen.

Die zentrale Forderung meiner Petition ist eigentlich die 14-tägige Vorsorge: den Vorrat für 14 Tage sicherzustellen – das, was auch der Zivilschutzverband im­mer bei Veranstaltungen einfordert und ersucht, das einzuhalten. Es wäre eine Förderung, die wirklich bei den Menschen ankommt: die Vorsorge für eine Blackoutunterstützung. Aufgrund der Teuerung haben die Menschen wirklich nicht mehr die Möglichkeit, auf Vorrat einzukaufen, und das ist ein Teufelskreis.

Eine weitere Forderung meiner Blackoutvorsorge ist, dass man auch Strategien ausarbeiten soll, damit jeder mit seinen Vorgehensweisen – was dann im Ernstfall abzuarbeiten ist – vertraut ist, sie kennt. Diese Strategien sollen in wei­terer Folge den Menschen in verständlicher Weise mitgeteilt werden. Umso enttäuschter bin ich aber von der ÖVP und von den Grünen, dass sie die Petition vertagt haben, und das heißt auf Deutsch, dass man sie eigentlich abdreht und nicht interessiert ist, diese weiter zu verfolgen.

Ich bitte Sie daher nochmals im Namen unserer Bevölkerung: Lassen Sie uns lie­ber präventiv handeln, als es später zu bereuen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.07


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.


18.07.36

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe es heute früh in meiner Rede zum Budget schon gesagt, ich muss es an dieser
Stelle nochmals wiederholen: Österreich hat ein massives Problem mit Männer­gewalt gegen Frauen. Jedes fünfte Mädchen, jede fünfte Frau in diesem Land erfährt im Laufe ihres Lebens psychische, physische oder sexualisierte Ge­walt. Femizide – die Tötungen von Frauen aufgrund ihres Geschlechts – sind die massivste und die brutalste Form dieser geschlechtsspezifischen Gewalt.

Dieses Gewaltausmaß gegen Frauen ist nicht nur erschreckend und macht
nicht nur betroffen, es ist vor allem auch ein politischer Handlungsauftrag für uns, die wir hier im Hohen Haus sind – und wir handeln. Diese Bundesregie­rung handelt. Opferschutz, Gewaltschutz und Gewaltprävention haben in dieser Bundesregierung endlich die Priorität, die sie auch haben sollten, auch haben müssten – nämlich die höchste. Dort, wo in der Vergangenheit weggeschaut wor­den ist, schauen wir hin. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Steinacker.)

Die Maßnahmen (in Richtung SPÖ), Kolleginnen und Kollegen, die Sie in Ihrer Petition vom Mai 2021 fordern, haben wir deshalb größtenteils schon im gemeinsamen Regierungsübereinkommen mit der ÖVP verankert, inzwischen auch größtenteils schon umgesetzt – allen voran die Budgeterhöhungen,
die darin gefordert werden.

Ich weiß, jetzt werden sich gleich die Kolleginnen von der Opposition hier he­rausstellen und sagen: Alles zu wenig, es reicht alles nicht, es hätte mehr sein müssen! – Da darf ich Sie schon daran erinnern: zehn Jahre lang sozialde­mokratisch geführte Bundesregierungen, sozialdemokratische Frauenmi­nisterinnen, zehn Jahre lang 10 Millionen Euro im Frauenbudget. Unter Türkis-Blau sind diese Mittel sogar gekürzt worden, und mit Regierungseintritt der Grünen haben wir inzwischen zum vierten Mal in Folge das Frauenbudget sehr kräftig erhöht. Wir halten jetzt bei 24,3 Millionen Euro, das ent­spricht einer Steigerung um 140 Prozent im Vergleich zum Jahr 2019. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Ofenauer.)

Zusätzlich zu diesen 24,3 Millionen Euro bauen wir auch ressortübergreifend die Mittel für Gewaltschutz, für Gewaltprävention, für Opferschutz aus, und dafür stehen zusätzlich 71,5 Millionen Euro bis 2026 zur Verfügung – also wirklich viel Geld.

Was passiert mit diesen Geldern? – Wir stärken einmal mehr die Gewaltschutz­zentren, die Interventionsstellen, die Frauen- und Mädchenberatungsstellen – all jene, die jahrelang um mehr Geld gebettelt haben, muss man fast sagen, deren Bitten aber nicht erhört worden sind. Sie wollten mehr Geld für die bes­sere Absicherung ihrer wichtigen Arbeit, sie sind von den vorigen Regierungen aber ignoriert worden. Diese Zeiten sind vorbei. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das können Sie sich gerne anschauen, Kolleg:innen von der SPÖ. Schauen Sie dorthin, wo Sie früher, als Sie selber in Regierungsverantwortung waren, weggeschaut haben! Da war lange bekannt, dass diese Mittel notwendig sind. Ihr habt sie nicht aufgestockt, ihr habt sie nicht erhöht. Wir machen das. Und
mit all den Maßnahmen, die wir setzen, gehen wir sehr wichtige Schritte bei der Umsetzung der Istanbulkonvention, wichtige, längst überfällige Schritte im Gewaltschutz und in der Gewaltprävention.

Vorige Regierungen sind diese Schritte fahrlässigerweise nicht gegangen.
Wir gehen sie aber, weil jedes Mädchen, jede Frau ein Recht auf ein gewaltfreies Leben hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.10


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Wimmer. – Bitte.


18.10.47

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte wie meine Vorrednerin auch auf die Petition „Stoppt Femizide. Endlich ein
Ende der Gewalt gegen Frauen“ eingehen. 27 Frauenmorde im heurigen Jahr zeichnen ein erschreckendes Bild vom Gewaltschutz in Österreich. 27 er­mordete Frauen im Jahr 2022 zeigen deutlich, dass es immer noch ein massives Problem mit Gewalt an Frauen in Österreich gibt. Diese 27 Frauenmorde machen auch deutlich, dass diese Bundesregierung und die Frauenministerin die­se Situation noch immer nicht erkannt haben: dass Gewalt an Frauen beinahe täglich eskaliert. (Abg. Wurm: Genau!) Solche dramatischen Entwicklungen brau­chen Sofortmaßnahmen. Die sind dringend gefordert! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Regierungsfraktionen wollen dieses Thema aber nicht im Gleichbehand­lungsausschuss diskutieren. Eine Zuweisung an den Ausschuss wurde abgelehnt. Man will keine inhaltliche Diskussion zum Gewaltschutz im Ausschuss. (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei sind die Forderungen der Petition wichtig und aktuell. Klar braucht es mehr Mittel für Frauen- und Mädchenberatungsstellen. Mit den bisherigen Projektfinanzierungen sind diese Einrichtungen immer in Unsicherheit; sie haben keine echte Planungssicherheit, wissen nicht, wie es im nächsten Jahr mit
ihnen weitergeht. Weitere Beratungsstellen, Frauenhausplätze, Notwohnungen, Übergangswohnungen – all das muss ausgebaut werden, um den Frauen Auswege zu ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Disoski: Das hatten wir doch! Das machen wir!)

Und was wir in Österreich zusätzlich brauchen, ist ein ständiger Krisenstab. Die Zusammenarbeit von Innen- und Justizministerium mit allen im Bereich Ge­waltschutz tätigen Einrichtungen muss verbessert werden. Gerade im Bereich Gewaltschutz sind die Zuständigkeiten nicht mehr wirklich nachvollzieh­bar. Umso wichtiger ist diese enge und ständige Zusammenarbeit mit den Ex­pert:innen aus dem Gewalt- und Opferschutzbereich. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, das kommende Budget bietet da gewisse Möglichkeiten. Sie haben einiges aufgezählt. Ich versichere Ihnen, wir werden ganz genau darauf schauen und keine Rückschritte beim Gewaltschutz ak­zeptieren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Disoski: Was für Rückschritte? Wovon redest du? Ist dir das nicht peinlich? Wie schmerzbefreit kann man sein?!)

18.13


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bern­hard. – Bitte.


18.13.20

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Ich suche Kollegen Prinz – da ist er auch schon. Er hat in seiner Rede vorhin sozusagen dem
Fass den Boden ausgeschlagen, indem er Abgeordneten Kollross gekontert hat, dass man über eine komplette Reform des Petitionsausschusses reden
müsse, man müsse sich einmal anschauen, wie das woanders funktioniert.

Kollege Prinz ist ja noch nicht so lange im Petitionsausschuss wie andere Abgeordnete. Allerdings muss man sagen: Wir als NEOS bemühen uns seit 2014 um eine Reform. Nicht nur wir als NEOS, sondern wir als Parlament haben
uns einen anderen Petitionsausschuss angeschaut. Wir haben eine Exkursion nach Luxemburg gemacht und haben uns angeschaut, wie der dortige Petitionsausschuss funktioniert. Ich war in Belgien, ich war in Deutschland, ich war in der Schweiz. Wir haben mit den Obleuten aus der Slowakei und
aus Ungarn Kontakt gehabt. Kollege Wurm war beispielsweise in Luxemburg mit. Wir als Parlamentarier, Parlamentarierinnen haben unglaublich viel Erfah­rung dazu gesammelt, wie es besser geht. Es gibt viele Länder, in denen das – ein aktives Parlament – besser funktioniert.

Es lag immer und ausschließlich an der ÖVP, dass es keine Veränderungen gegeben hat. Ganz konkret: Es gab in jeder Legislaturperiode einen Geschäftsordnungsantrag, mit dem man eine solche generelle Reform des Ausschusses gefordert hat. Wir als NEOS haben das einmal mit den Grünen und der FPÖ und einmal mit den Grünen und der SPÖ ausgearbeitet. Die ein­zige Partei, die immer dagegen war, war die ÖVP.

Woran lag es? – Wir haben darüber geredet und es gab zwischen Tür und Angel durchaus das Feedback, was die größte Sorge ist. Und da muss man einmal aufpassen: In der Zeit, als die ÖVP noch mit der SPÖ in der Regierung war, war die größte Sorge der ÖVP, dass, wenn die SPÖ einmal nicht mehr in einer Regierung sein könnte – kann ja vorkommen, Herr Kollege Kollross (Abg. Koll­ross: Ist aber ein Fehler, ein historischer Fehler!) –, die Sozialdemokratie so­mit eine große Mobilisierungskraft hätte und, wenn man etwas Verpflichtendes macht, etwas anderes macht, ausreichend viele Menschen dazu bewegen könnte, durch ihre Unterschrift ein Thema aktiv ins Parlament zu bringen. Diese Angst davor, dass man Menschen mobilisieren könnte, hat also dazu geführt und führt seit acht Jahren dazu, dass man den Petitionsausschuss nicht reformiert.

FPÖ, Grüne, SPÖ und NEOS – alle Parteien außer der ÖVP – wissen,
dass es einen Änderungsbedarf gibt. Man hat natürlich unterschiedliche Sicht­weisen, aber es gäbe eine Möglichkeit für einen Kompromiss. Seit acht Jah­ren blockiert nur die ÖVP. Und welche Partei kommt dann raus und sagt, es bräuchte eine Reform? – Die ÖVP. Ich meine, da wird mir ja schwindlig
beim Zuhören! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das macht einen ja wirklich sprachlos, weil es dermaßen dreist ist.

Wenn man sich überlegt, was aktiver Parlamentarismus eigentlich bedeutet, kommt man darauf, dass es ja die Idee ist, dass die Bürgerinnen und Bürger eines Landes in einen direkten Diskurs, in einen Austausch mit Abgeordneten treten können, weil sie Themen haben, die wichtig sind.

Es ist natürlich eine in den Raum gestellte Lüge, wenn jemand behauptet, dass, wenn etwas zur Kenntnis genommen wird, danach noch etwas passiert. Ich
bin seit 2014 im Petitionsausschuss. Die Kenntnisnahme jeder einzelnen Petition und jeder Bürgerinitiative bis jetzt hat dazu geführt, dass nachher genau
nichts mehr passiert ist.

Man darf den Menschen keinen Sand in die Augen streuen! Zur Kenntnis ge­nommen bedeutet: Begräbnis erster Klasse für Bürgeranliegen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt muss man sich nur eines fragen – und dabei möchte ich es dann auch bewenden lassen –: Da kann man die Grünen nicht aus der Pflicht neh­men. Warum machen die Grünen da mit? Bürgerbeteiligung, aktives Parlament, Partizipation – das sind Dinge, die ihr über viele, viele Jahre versprochen habt. Grüne Abgeordnete haben sich in früheren Legislaturperioden aktiv dafür eingesetzt, dass der Ausschuss reformiert wird. (Abg. Wurm: Weil ihr auch ... habt!) Es ist einfach unglaublich, dass dieses Grundprinzip, das, glaube ich, in der grünen Bewegung sehr stark vertreten ist, von euch an der Tür­schwelle abgegeben wird, wenn ihr in den Petitionsausschuss reingeht.

Ihr seid, und das muss man wirklich so klar sagen, was Bürgerbeteiligung betrifft, als brüllender Tiger eingezogen und als Bettvorleger wieder rausgekommen.
Das kann ich einfach nicht nachvollziehen. Ihr habt betreffend Bürgerbeteiligung alle Prinzipien verraten, die es zu verraten gibt. (Ruf bei den NEOS: Auch an­derswo!)

Ich erwarte mir, dass ihr, auch wenn ihr in der Bundesregierung seid, euch in Zukunft deutlich mehr auf die Hinterpfoten stellt und auch wirklich etwas
macht. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.17


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Bernhard, wir einigen uns auf die Formulierung: in den Raum gestellte Unwahrheit, hoffe ich. (Abg. Bernhard – erheitert –: Ja, ...!) – Gut, danke. Dann werden wir das auch im Protokoll so lesen.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ries. – Bitte.


18.18.11

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Werte Damen und Herren! Hohes Haus! Petitionen und Bürgerinitiativen dienen dazu, Anliegen der Bevölkerung direkt ins Herz des Parlamentarismus zu tragen. Ich kenne keine Fraktion, die sich
nicht positiv zum Akt der Bürgerbeteiligung ausspricht, zumindest vor Wahlen. Jetzt befinden wir uns aber in einer Zeit nach Wahlen, und da läuft das
meist ein bisschen anders.

Da ist es so, dass die Regierungsfraktionen gnadenhalber zustimmen, wenn es darum geht, Stellungnahmen einzuholen. Dann lässt man diese Anliegen
eine Zeit lang liegen, wartet sozusagen bis der Akt reift und ein bisschen von der Seite angilbt, und dann schließt man den Akt durch Kenntnisnahme. Dabei
ist es, wie die Kollegen schon gesagt haben, völlig egal, wie die Stellungnahmen dazu aussehen. Da geht eher das sprichwörtliche biblische Kamel durch
ein Nadelöhr, als dass ein Anliegen ins Reich der Fachausschüsse gelangt.

Es ist fast eine Schande. Man muss den Aktivisten von Bürgerinitiativen sagen: Geht lieber Lotto spielen, denn die Wahrscheinlichkeit, dass ihr beim Lotto
gewinnt, ist höher, als dass euer Anliegen von diesen Regierungsfraktionen ernsthaft behandelt wird! (Beifall bei der FPÖ.)

Beispiele dafür gibt es zuhauf, etwa die Petition des Kollegen Kollross – er hat sie schon angesprochen – betreffend „Schaffung einer bundesgesetzlichen Rechtsgrundlage für die Beseitigung der Verunreinigungen durch Schwemm- und Treibholz“. Die Gemeinden sind finanziell total überlastet. Vom Ka­tastrophenfonds gibt es nur in Ausnahmefällen Geld. Lösung hat es keine ge­geben, aber eine Kenntnisnahme – ohne Lösung.

Oder: Man spricht immer davon, den Gütertransport von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Da gibt es ein Anliegen der Gemeinde Traut­mannsdorf, eingebracht, glaube ich, ebenfalls vom Kollegen Kollross, nämlich die Schienen aus dem Ortsgebiet von Trautmannsdorf hinaus zu verlegen, weil ein höheres Aufkommen von Güterverkehr zu erwarten ist. – Ebenfalls: Kennt­nisnahme ohne Lösung.

Oder: die Petition vom Kollegen Kainz zur koordinierten Blackoutvorsorge. Da ist die Situation so: Der Bund macht ein bisschen etwas, die Länder machen
ein bisschen etwas und die eine oder andere Gemeinde macht auch etwas. Eine wirkungsvolle Koordination und eine Förderung gibt es nicht. – Auch da: Kenntnisnahme ohne Lösungswillen.

Ja, und auch meine Petition „Kostenlawine stoppen“ ist da keine Ausnahme ge­wesen. Es werden zwar jetzt Bonuszahlungen ausgeschüttet, sogar an Straf­gefangene und Asylwerber und an Tote, wie wir hören; das ist übrigens eine Bombenidee. Es wird ein Teuerungsausgleich ausgeschüttet, wobei Min­destpensionisten weniger bekommen als gut betuchte, das verstehe, wer will, aber was Sie nicht getan haben, ist, den Versuch zu unternehmen, die
Preise zu regulieren und den Preiswucher, der teilweise gegeben ist, zu stoppen.

Die Preise für Brennholz und Pellets – denken Sie darüber nach! – sind um das Drei- bis Vierfache gestiegen, der Spritpreis um das Doppelte, die Lebens­mittelpreise, im Vergleichszeitraum von einem Jahr, um 125 Prozent. Im nächs­ten Jahr wird die Inflation immer noch über 10 Prozent sein und es wird noch immer keine Regulierung der Preise geben. Ich bin gespannt, woher dann das Geld für die Bonuszahlungen kommen soll.

Wir haben dieser Praxis mit der Ablehnung des Sammelberichts eine Absage erteilt, und dazu stehen wir auch, und das werden wir auch heute tun. (Beifall bei der FPÖ.)

18.21


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Andrea Holzner. – Bitte.


18.22.04

Abgeordnete Dipl.-Ing. Andrea Holzner (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher auf
der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Die Petition betreffend Blackout wird zur Kenntnis genommen, weil – und das dürfte meinen Vorrednern entgangen sein – sich Verteidigungsministerium, Innenministerium, Länder und Gemeinden mit dem Zivilschutz intensiv auf ein Blackout vorbereiten, in
einer nüchternen, sachlichen und ruhigen Weise.

In den Gemeinden zum Beispiel erstellen wir Blackoutpläne und definieren mit den Feuerwehrkommandanten und den Zivilschutzbeauftragten Selbst­hilfebasen, die im Falle eines Falles als Anlaufstelle für die Bevölkerung dienen.

Sehr geehrte Damen und Herren, vielleicht kennen Sie auch schon den Folder des Zivilschutzverbandes (ein Exemplar in die Höhe haltend) mit einer per­sönlichen Vorsorgecheckliste, einem Familiennotplan und einem Selbsttest. Dieser Folder ist gratis beim Zivilschutzverband zu bestellen oder downzuloaden unter www.zivilschutzverband-shop.at. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Michael Hammer: Sehr gut, danke für den Hinweis!)

Eine weitere Petition „Mental Health Now – stärkt unsere Jugend!“ ist
dem Familienausschuss zugewiesen worden. Durch Corona, Klimawandel und den Krieg in der Ukraine ist die Psyche unserer Jugendlichen belastet.
Resilienz und Widerstandsfähigkeit sind eng verbunden mit dem Potenzial, eigene Stärken zu erkennen – individuell wie auch gesellschaftlich.

Liebe Jugend, wir stehen vor großen Problemen, das spürt ihr auch, aber wir haben auch große Stärken: Wir leben in einer Demokratie, wir leben in
einem Rechtsstaat, in einem Sozialstaat und in einem der reichsten Länder der Welt.

Ich habe es so satt und ich finde es schon verantwortungslos, wie hier herinnen alles schlechtgeredet und runtergemacht wird. Das hat sich unsere Jugend
nicht verdient. Unsere Jugend hat es sich verdient, dass wir gemeinsam, aufrecht und stark die Zukunft unseres Landes gestalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.24


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Lausch. – Bitte. (Abg. Höfinger: Jetzt wird es spannend! – Abg. Lausch – auf dem Weg zum Redner:innenpult –: Lass dich überraschen!)


18.24.49

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Petitionen, Bürgerinitiativen: Was mich schon ein bissel
ärgert – es ist eigentlich eh jedes Mal dasselbe, Andi Kollross und Christian Ries haben es auch gesagt –, das ist, dass in diesem Ausschuss viel zu viel schub­ladisiert und zur Kenntnis genommen wird. In diesem Fall waren es sechs Peti­tionen und zwei Bürgerinitiativen. Lediglich eine, von meiner Vorrednerin Andrea Holzner kurz erwähnt, ist an den Fachausschuss weitergeleitet worden.

Die nächste Nationalratswahl, der nächste Wahlkampf kommt bestimmt,
und da reden dann immer alle Parteien von mehr direkter Demokratie, von mehr Einbindung der Bevölkerung. Ich halte das doch für ein bisschen unehrlich,
wenn man sich dann anschaut, wie das in der Praxis funktioniert. Im Petitions­ausschuss, bei den Petitionen, Bürgerinitiativen, könnte man doch direkte Demokratie leben, indem man Bürgerinitiativen mit einigen Hundert oder eini­gen Tausend Unterschriften doch mehr Wertschätzung entgegenbringt und sie wenigstens einem Fachausschuss zuweist. Das heißt noch lange nicht, dass das dann so umgesetzt wird, aber es würde wenigstens die Wertschätzung
zeigen. Das Gleiche gilt für die Petitionen.

Dieses übliche Prozedere mit Kenntnisnahme ist störend. Das sieht aber außer den Regierungsparteien eh jede Oppositionspartei so, dass das immens
störend ist und man da etwas ändern sollte. Man sollte den Bürgerinnen und Bürgern beziehungsweise den Petitionen Wertschätzung zukommen lassen und doch mehr davon den Fachausschüssen zuweisen. Überhaupt in Zeiten wie diesen, in denen die Anträge der Regierung in den Ausschüssen und damit die Ausschusssitzungen ohnehin immer weniger werden, weil man sich anschei­nend nicht so häufig einig wird, könnte man schon mehr Petitionen an einen Fachausschuss weiterleiten – und nicht nur eine von zig Petitionen, wäh­rend man die anderen lediglich zur Kenntnis nimmt. Das ist keine Wertschät­zung. So geht man mit Bürgerinnen- und Bürgerinteressen nicht um, da sollte ein Umdenken stattfinden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Kollross.)

18.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Weratschnig. – Bitte.


18.27.18

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Reden wir uns die Demokratie
nicht schlecht!, würde ich sagen. Das gilt für uns alle hier im Hohen Haus, auch für alle Fraktionen. Man darf nicht vergessen, dass die Instrumente, mit
denen jetzt im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen gearbeitet wird, auch ein Ergebnis von sehr vielen Verhandlungsrunden in der Vergangen­heit sind, wo es sehr viele Reformen gegeben hat, von allen unterschiedlichen Regierungskonstellationen; Reformen, an denen alle hier im Haus auch dem­entsprechend in ihren Fraktionen mitgearbeitet haben.

Sehr geehrter Abgeordneter Bernhard, deine Einladung ist auch unsere Einladung, und ich glaube, auch Herr Abgeordneter Prinz hat heute schon anklingen lassen, dass wir für Reformen, für eine Weiterentwicklung
immer bereit sind. Wir sollten uns zusammensetzen und schauen, was zu op­timieren ist, was in den Abläufen und in der Zusammenarbeit im Peti­tionsausschuss zu verbessern ist.

Aber wir haben jetzt Instrumente, und mit denen sollten wir arbeiten und
auch etwas weiterbringen. Der Petitionsausschuss ist ein hohes demo­kratiepolitisches Gut, das ist, glaube ich, ein ganz wesentlicher Punkt: dass nämlich 500 Menschen, Bürger:innen draußen ein Anliegen formulieren können, mit diesem Anliegen in das Parlament gehen können und dort auf einer professionellen Ebene Stellungnahmen eingeholt werden und unterschiedliche Verwaltungseinheiten und politische Prozesse in Gang gesetzt werden. Ich glaube, das ist ein gutes Instrument.

Und zum Zweiten: Schnappen Sie sich einen Abgeordneten, eine Abgeordnete und nehmen Sie ihn:sie bei seiner:ihrer Verantwortung, nämlich eine Peti­tion, ein Bürgeranliegen hier in das Hohe Haus, in den Petitionsausschuss zu bringen! Das ist für alle Bürger:innen, für alle Bürgerinitiativen, für alle Anliegen in ganz Österreich möglich, und ich glaube, dafür sollten wir hier am Pult auch Werbung machen. Wir sollten darüber reden und das auch nach außen bringen, dass es demokratische Mittel im Hohen Haus gibt, die Bürger:innenanliegen
ernst zu nehmen. Das ist einmal ganz wichtig zu sagen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Konkret zum öffentlichen Verkehr und zu den Bahnprojekten: Ich glaube, es ist ganz wichtig, auch am Beispiel Trautmannsdorf und Sarasdorf zu zeigen,
dass die Bürger:innenrechte, Bürger:innenanliegen sehr früh ernst genommen werden, dass sie eingebunden werden und auch die Gemeinden dazu
befragt werden.

Das ist genau so im Bereich Trautmannsdorf auch passiert: Es hat bereits zwei große, runde Tische gegeben, nämlich 2018 und 2020, und man hat bis dato, glaube ich, sehr gute Lösungen im Bahnausbau hinsichtlich der Querungsmög­lichkeiten in der Ortschaft Trautmannsdorf und auch betreffend die Qua­lität im Bereich des Lärmschutzes gefunden. Da gibt es vorher noch ein UVP-Verfahren. Es gibt da auf jeden Fall viel Ernsthaftigkeit, die Bürgeranliegen dort vor Ort auch zu bearbeiten. (Beifall bei den Grünen.)

Zu guter Letzt darf nicht vergessen werden, dass der Bahnausbau eine Aufgabe von uns allen sein soll und ist. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Wenn ich viel­leicht zwei Zahlen nennen darf: 218 Euro pro Kopf wird in Österreich in
den Bahnausbau investiert, das ist das Doppelte von dem, was Deutschland in­vestiert. Es gibt sehr viel Infrastruktur in den Bundesländern, da haben wir alle sehr viel zu tun. Deshalb wünsche ich auch dem Petitionsausschuss, wenn es um Infrastrukturbauten geht, viel Erfolg und auch viel Erfolg mit den Bürger­anliegen, und bitte alle hier, alle Fraktionen, ernsthaft damit umzugehen und diese auch einzubringen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

18.31


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte.


18.31.17

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Am Montag war der Tag der psychischen Gesundheit und deshalb freue ich mich besonders,
dass ich heute zu unserer Petition sprechen darf, die wir dem Familienausschuss zuweisen konnten.

Wir wollten mit dieser Petition den Fokus auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen legen, was angesichts der Diskussionen in den vergangenen Jahren wohl kaum verwunderlich sein wird. Die Pandemie war da – wie auch in vielen anderen Bereichen – nur ein Verstärker. Wir haben seit Jahrzehnten in den Schulen wenig Augenmerk darauf gehabt. Mobbing und So­cial Media sind ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt, und es ist gut, dass wir als Gesellschaft nicht mehr sagen: Was dich nicht umbringt, macht dich härter! Wir müssen aber auch überlegen, wie wir diese Folgen abmildern können, wie wir von Anfang an in Schulen vermitteln können, was Gesundheit und was psychische Gesundheit sind, wie unsere Kinder den Umgang da­mit lernen können und Erwachsene resilient werden und gesunde Bewältigungsmechanismen anwenden können.

Damit stärken wir unsere Gesellschaft, damit stärken wir auch unseren Arbeitsmarkt angesichts von 40 Prozent Frühpensionen aus psychi­schen Gründen. Wir stärken den Gesundheitszustand unserer Bevölkerung, und deshalb danke ich für die Zuweisung dieser Petition und freue mich auf den Lösungsprozess. Da ÖVP und Grüne offenbar für eine Reform zugänglich sind, schicken wir auch gerne eine Einladung hinaus. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS.)

18.32


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Gahr. – Bitte.


18.33.01

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Es wurden hier heute ja durchaus unterschiedliche Darstellungen gebracht, was die Wirksamkeit und die Treffsicherheit von Pe­titionen und Bürgerinitiativen betrifft. Viele Themen schaffen es über die­se Petitionen und Bürgerinitiativen in den parlamentarischen Prozess. Ich glaube, es liegt an uns allen, dass wir gemeinsam das Beste daraus machen und dass wir die Bürgeranliegen ernst nehmen.

Es wurden heute bereits positive Beispiele erwähnt, wie etwa die Blackoutvorsorge. Ja, das Thema ist angekommen, wir müssen das Thema fördern. Der Kollege von
der FPÖ hat das ja direkt gefordert, und zwar ein Förderprogramm. Aktuell gibt es durchaus auf allen Ebenen – auf Bundesebene über das österreichische Bundes­heer, auf Landesebene durch die Landesregierungen, auf Gemeindeebene und auch im zivilen Bereich –Maßnahmen und Überlegungen, die Blackoutvorsor­ge in Österreich auszubauen, und ich glaube, das ist notwendig und wichtig.

Noch ein weiteres Thema, der Klimaschutz, wurde heute schon erwähnt. Es geht gerade in dieser Zeit darum, dass wir uns unabhängiger von fossiler Energie machen, und aktuell gibt es durchaus unterschiedlichste und vielfältige Überle­gungen, Programme und Initiativen, den Klimaschutz in Österreich auszu­bauen. Wir müssen ganz einfach zu weniger Abhängigkeit von fossilen Energie­trägern und von Energieimporten kommen. Wir müssen die Fotovoltaik ausbauen, wir müssen aber auch da und dort die Wasserkraft ausbauen, wir müssen die Windkraft ausbauen – also ein klarer Auftrag an uns alle hier, im Klimaschutz aktiv zu sein und den Klimaschutz in den Vordergrund zu stellen.

In diesem Sinne lade ich ein, dass wir durchaus auf die Bevölkerung zugehen, wenn es darum geht, Bürgeranliegen in das Parlament zu bringen. Ich be­mühe mich immer wieder und lade die Menschen und die Bevölkerung ein. Man kann sich so direkt mit den Menschen in Verbindung setzen und sich aus­tauschen, um hier Wege und Lösungen zu finden. Gerade als Tiroler muss ich sa­gen, dass wir schon einige Petitionen eingebracht haben, was das Thema Lärmschutz und Verkehr betrifft. Wir haben da und dort durchaus Erfolge er­zielen können. In diesem Sinne sollten wir das Positive erwähnen, nicht nur jammern und vielleicht Trübsal blasen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.35


18.35.22

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich frage, ob wir gleich zur Abstimmung kommen können. – Danke für die Zu­stimmung.

Wir kommen dann gleich zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht 1692 der Beilagen hinsicht­lich der Petitionen 60, 69, 71, 81, 88, 90 und 91 sowie der Bürgerinitiativen 19 und 44 zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich für die Kenntnisnahme ausspricht, den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

18.36.1719. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Be­richt 2022 der Bundesregierung (III-746/1735 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 19. Punkt der heutigen Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Totschnig im Hohen Haus, und erteile Herrn Abgeordneten Gerald Hauser das Wort. – Bitte.


18.36.48

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter
Herr Minister, der noch schwätzt! (Abg. Lukas Hammer steht an der Regierungs­bank und spricht mit Bundesminister Totschnig.) Geschätzte Kolleginnen
und Kollegen! Wir diskutieren heute den Grünen Bericht zur Situation der Landwirtschaft. Bevor ich in den Bericht eingehe, möchte ich mich bei
allen Landwirtinnen und Landwirten für die ausgezeichnete Arbeit bedanken, für die Erhaltung unserer Kulturlandschaft, aber auch für unsere Versorgung
mit tollen, guten Lebensmitteln. Das ist eine grandiose Leistung, 365 Tage im
Jahr, und das schätzen wir als Freiheitliche Partei und ich als Gerald Hauser sehr.

Herr Minister, jetzt zum Bericht als solchem: In 3 Minuten habe ich natürlich nicht Zeit, die ganze Landwirtschaft in der Tiefe zu analysieren. Fakt ist
aber, wenn man sich die Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe an­schaut – siehe dieses Chart (eine Tafel mit einem Säulendiagramm und der Überschrift „Entwicklung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe in Österreich 1960-2020“ auf das Redner:innenpult stellend) , dann sieht man, dass
seit 1960, also innerhalb der letzten 60 Jahre, die Zahl von 400 000 Betrieben auf 150 000 Betriebe eingebrochen ist. Herr Minister, da kann vieles nicht stimmen. Wir verlieren Jahr für Jahr Betriebe. Das bedauern wir.

Wir haben in der Vergangenheit viele Initiativen gesetzt, zum Beispiel die Er­höhung der Ausgleichszahlungen, was nur schleppend vorangegangen ist, wir haben aber auch kritisiert, dass viele EU-Förderungen in Richtung der Groß­betriebe gehen, was nicht einzusehen ist. Wenn man sich die Statistiken anschaut, dann sieht man: Der erste richtige landwirtschaftliche Betrieb kommt unter ferner liefen irgendwann einmal nach dem 20. Platz. Das ist nicht gut. Wir müssen also die Förderstruktur dahin gehend verändern, dass die wirklichen landwirtschaftlichen Betriebe unterstützt werden und all jene, die in expo­nierten extremen Lagen arbeiten müssen, dementsprechend unterstützt werden. Das ist unser Anliegen, und da haben Sie mit uns einen Mitstreiter.

So, nun zu den Problemen, Stichwort Wolf, Herr Minister: Das ist ja bekannt. (Heiterkeit der Abg. Voglauer.) – Na ja, man kann das nicht oft genug ansprechen. Der Wolf ist mittlerweile auch ein Grund dafür, dass viele Bauern darüber nachdenken, aufzuhören. Es ist für viele ein Desaster, wenn ihre Schafherden ge­rissen werden, bitte, und da müssen wir dagegenhalten. Und da ich immer
von grüner Seite das Argument der Herdenschutzmaßnahmen höre: Wie bitte soll denn das ein Bauer mit 40 Schafen machen? Der kann keinen Hirten anstellen, das ist zu teuer. Man kann die großen Weideflächen nicht einzäunen, das ist ja realitätsfern.

Ich versuche es also heute zum, glaube ich, zehnten Mal innerhalb der letzten zweieinhalb Jahre, und ich schaue da in Richtung ÖVP. Wir als Freiheitli­che Partei haben unzählige Anträge eingebracht, den Wolf zu entnehmen (Zwi­schenruf des Abg. Michael Hammer), und ich darf heute den zehnten Versuch unternehmen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz des Menschen vor Wolfsangriffen muss Vorrang haben“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die dringend notwendigen Schritte für ein aktives Wolfsmanagement und insbesondere die Entnahme von Problem­wölfen zu setzen.“

*****

Liebe Kollegen von der ÖVP, das zehnte Mal habt ihr eine Chance, zuzustimmen. Lasst doch die Bauern nicht immer im Stich! (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend, Herr Minister, noch ein Wort zum Borkenkäfer: Wir beide wissen das aus Osttirol. Es ist aber nicht nur Osttirol, wir haben ein Megaproblem.
Wir haben im Ausschuss darüber gesprochen, da müssen wir wirklich
in die Gänge kommen. Wir müssen schauen, dass wir die PS wirklich auf die Straße bekommen, um den zum Teil desaströs vom Borkenkäfer befallenen Wald wirklich zu sanieren, bevor wir nicht mehr in die Landschaft, in die Talschaf­ten hineinkommen. Bitte packen wir das an! – Ich danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

18.40

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

betreffend Schutz des Menschen vor Wolfsangriffen muss Vorrang haben

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 19, Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2022
der Bundesregierung (III-746/1735 d.B.), in der 179. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 13. Oktober 2022.

In seiner Studie mit dem Titel „Wann werden Wölfe für den Menschen gefährlich“1 führt der Biologe Prof. Valerius Geist aus, dass die politisch korrekte Ansicht, wonach Wölfe „harmlos“ sind und keine Gefahr für den Menschen darstellen, leider nicht zutreffend ist.

Wenn der Mensch sich nicht verteidigt, werden die Wölfe übergriffig, so der Professor der Umweltwissenschaften an der University of Calgary in Alberta, Kanada. Selbstverständlich erfolgen Wolfsangriffe auf Nutztiere oder sogar Menschen nicht aus heiterem Himmel. Vielmehr gehen solchen Attacken verschiedene Phasen der Gewöhnung an den Menschen voraus. Er beschreibt eine Skala mit sieben klar erkennbaren Stufen, bevor ein Wolf einen Menschen angreift: „Seven stages
of habituation“, sieben Stufen der Gewöhnung oder auch sieben Schritte bis zu Eskalation.

Stufe 1:

•     Beutetiere sterben massenhaft

•     Beutetiere wandern in menschliche Siedlungen

•     Wölfe habituieren sich durch Müllfressen

Stufe 2:

•     Wölfe beginnen nachts in menschlichen Siedlungen nach Nahrung zu suchen

•     Hunde beginnen sich daher nächtliche Bell-Duelle zu liefern

Stufe 3:

•     Wölfe sind tagsüber gut sichtbar

•     Wölfe beobachten Menschen tagsüber

Stufe 4:

•     Wölfe greifen kleinere Haustiere in der Nähe von Gebäuden an

•     Wölfe attackieren Hunde im Beisein der Besitzer bei Spaziergängen

Stufe 5:

•     Wölfe greifen Nutztiere wir Rinder an; als Anzeichen hierfür finden sich leichtere und schwerere Verletzungen bei den Individuen

•     Wölfe verfolgen Reiter

•     Wölfe schauen durch Fenster von Gebäuden

Stufe 6:

•     Wölfe nähern sich Menschen und beobachten diese

•     Es kommt zu Scheinangriffen

Stufe 7:

•     Wölfe ordnen Menschen als mögliche Beutetiere ein

Trotz einer Vielzahl an freiheitlichen Initiativen, um dem Problem beizukommen –
von einer Anpassung der FFH-Richtlinie2 bis zur Errichtung einer Weide­zone3 – verharrt die Regierungsmehrheit von ÖVP und Grünen nicht nur in Untätigkeit, sondern bekämpft sogar notwendige Entnahmen von Problemwölfen.4

Währenddessen nähert sich der Wolf immer weiter dem Menschen. In Obervel­lach in Kärnten legte ein Wolf ein gerissenes Rotwild mitten am örtlichen Fußballplatz ab.5 In der Ortschaft Stall im Mölltal in Kärnten durchstreift der Wolf bereits das Siedlungsgebiet. „Die Kleinen können nicht mehr im Wald spielen. Jeder hat Angst. Wir lassen weder die Tiere noch unsere Kids aus den Augen. Das Raubtier hat in unserem Tal bereits enormen Schaden angerichtet. Ich habe wirklich Angst um meine Familie“, berichtet eine Landwirtin, nachdem bereits direkt hinter ihrem Haus
ein Wolf gesichtet wurde.6 Im Tiroler Brixental hat ein Wolf vor ein Reh bis ins Sied­lungsgebiet verfolgt und neben einer Kinderschaukel gerissen. Von Scheu ist we­nig zu spüren, die Bevölkerung ist verunsichert.7 Im Gemeindegebiet von Schönberg im Tiroler Stubaital wurde der Behörde Mitte Mai ein totes Schaf gemeldet. Eine DNA-Untersuchung soll Gewissheit bringen, ob hier ein Wolf das Schaf gerissen hat. Aufgrund des Rissbildes besteht jedenfalls der starke Verdacht auf ein Groß­raubtier als Verursacher.8 In der Steiermark wird der Wolf nicht nur in Obdach im Murtal,9 sondern auch bereits nahe Graz gesichtet.10

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nach­stehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die dringend notwendigen Schritte für
ein aktives Wolfsmanagement und insbesondere die Entnahme von Problemwölfen zu setzen.“

1         Valerius Geist, When do wolves become dangerous to humans?, http://www.ruralpini.it/file/Valarius%20Geist-Carnegie-2%20part%20article.pdf

2     Antrag betreffen Änderung der FFH-Richtlinien zur Sicherung der heimischen Almwirtschaft (825/A(E)), www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/
A_00825/index.shtml; Antrag betreffen Bevölkerungsschutz in wolfsnahen Siedlungsgebieten durch Anpassung der FFH-Richtlinie (1768/A(E)), www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_01768/index.shtml; Antrag betreffen Steigerung der Wolfrisse um +53%: Es wird Zeit zu handeln!
(1915/A(E)), www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_01915/index.shtml.

3     Antrag betreffen Weidezone Österreich – für den Erhalt der heimischen Kulturlandschaft und Almen (2007/A(E)), www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/
XXVII/A/A_02007/index.shtml.

4     Gewessler lehnt Senkung des Schutzstatus vom Wolf ab, https://www.tt.com/
artikel/30803994/gewessler-lehnt-senkung-des-schutzstatus-vom-
wolf-ab; Rechtsgutachten zur FFH-Richtlinie wird Fall fürs Parlament!, https://www.fpoe.at/artikel/wolfs-problematik-rechtsgutachten-
zur-ffh-richtlinie-wird-fall-fuers-parlament/; Versucht die Umweltministerin Landesgesetze mittels Rechtsgutachten zu Fall zu bringen?
(10667/J), https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_10667/index.shtml.

5     https://kaernten.orf.at/stories/3151543/

6      https://www.krone.at/2707854

7     https://www.topagrar.at/management-und-politik/news/wolf-reisst-reh-neben-kinderschaukel-13072230.html

8     https://www.topagrar.at/management-und-politik/news/wolf-riss-schaf-im-stubaital-13094266.html

9     https://www.kleinezeitung.at/steiermark/murtal/6130223/Nah-an-Wohngebiet_Wolf-in-Obdach_Das-ist-hochproblematisch-wir

10    https://www.kleinezeitung.at/steiermark/6134477/EisbachRein_Ein-Wolf-nahe-Graz-warum-jetzt-mehr-Tiere-unterwegs-sind

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger. – Bitte.


18.40.59

Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Mitte September wurde der Grüne Bericht 2022 vorgelegt. Für die­sen Bericht wurden rund 2 000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe im
Jahr 2021 betrachtet, und die Daten dieser Betriebe bilden die Grundlage für diesen Bericht. Der Produktionswert der Land- und Forstwirtschaft in Öster­reich betrug rund 10,9 Milliarden Euro. Davon entfielen 8,5 Milliarden Euro auf die Landwirtschaft und 2,4 Milliarden auf die Forstwirtschaft.

Der Grüne Bericht ist ein umfassendes Werk von 280 Seiten. Ich möchte mir drei Aspekte herausnehmen, die mir wichtig sind.

Zum Ersten: Die heimische Land- und Forstwirtschaft war 2021 erneut durchaus mit großen Herausforderungen konfrontiert: schwierige Rahmenbedingungen
wie etwa die Betriebsmittelkostensteigerungen, schwierige Witterungsverhält­nisse, die natürlich die Erntemengen verminderten – einzelne Regionen
waren von langer Dürre oder Extremwetterereignissen betroffen –, und natür­lich wirkte sich die anhaltende Covid-19-Pandemie auf einzelne Bereiche der Landwirtschaft schwerwiegend aus.

Nach einem deutlichen Einkommensminus im Jahr 2018 und mit zwei folgenden Jahren der Stagnation konnte jedoch im Jahr 2021 ein Plus von durchschnitt­lich 15 Prozent erzielt werden. Die Freude darüber hält sich allerdings in
Grenzen, wenn man nämlich betrachtet, von welch niedrigem Niveau aus sich jetzt endlich wieder ein Aufwärtstrend, eine Steigerung abzeichnet.

Gründe dafür sind natürlich gestiegene Erträge durch höheren Holzeinschlag, bessere Rundholzpreise, der gestiegene Milchpreis und höhere Erzeuger­preise im Getreidebau. Es zeigen sich steigende Einkommen in fast allen Be­triebsformen mit Ausnahme der Veredelungsbetriebe, vor allem im Schweine- und Geflügelbereich. Die Biobetriebe und Direktvermarkter:innen möchte ich ebenso mit einer noch positiven Entwicklung hervorheben. Wenn wir uns allerdings einen längeren Betrachtungszeitraum erlauben, sehen wir, dass starke Einkommensschwankungen nach wie vor die Realität sind.

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die im Grünen Bericht eingearbeitete Agrarstrukturerhebung 2020, die alle zehn Jahre durchgeführt wird. Sie ergab eine Betriebszahl – ja, Herr Kollege Hauser, ich gebe Ihnen recht – von 154 593 land- und forstwirtschaftlichen Betrieben. Das ist ein Minus von 11 Prozent seit der letzten Vollerhebung im Jahr 2010. Ja, der Struktur­wandel geht weiter, aber er hat sich verlangsamt.

Das heißt, dass wir nicht ruhen dürfen und die Betriebe sehr gezielt weiter unterstützen müssen. Unseren Bäuerinnen und Bauern, die tagtäglich für die Produktion aufs Feld, in den Stall oder in den Wald gehen, stehen nicht
nur Wertschätzung und Unterstützung zu, nein, sie brauchen auch Wertschöp­fung aus ihren Produkten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Gesteigerte Wertschöpfung wird es aber nur geben, wenn uns ein Schulter­schluss mit den Konsumentinnen und Konsumenten gelingt, indem diese nämlich auch bereit sind, zu bezahlen, was sie in gesellschaftlichen Ansprüchen Rich­tung Produktionsweise und Tierwohl so oft von uns fordern.

Der dritte Punkt, auf den ich noch kurz eingehen möchte, betrifft die Frauen in unseren Betrieben. Der Anteil der Betriebe, wo Frauen die alleinige Betriebs­führung innehaben, ist noch immer bei 35 Prozent, wenn man alle Betriebe als Grundlage heranzieht. Damit sind wir nach wie vor im europäischen Spitzen­feld, und in jenen Betrieben, die in Ehegemeinschaften geführt werden, liegen Betriebsführung und Eigentum im Unterschied zu vielen anderen Ländern zu gleichen Teilen bei Mann und Frau. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Voglauer.)

Abschließend möchte ich schon noch betonen, dass die Situation in den Betrieben herausfordernd war, noch immer ist und auch in nächster Zeit bleiben wird. Die massive Teuerung bei Energie, Treibstoff, Futter- und Düngemit­teln bedarf zielgerichteter Entlastungen. Die bereits getroffenen Maßnahmen dieser Bundesregierung sind dringend notwendig, um unsere Bauernfami­lien auch weiterhin zu unterstützen. Nur so können wir die Versorgung mit Le­bensmitteln im eigenen Land sichern. – Vielen Dank, Herr Bundesminister, für Ihren Einsatz und auch weiterhin gutes Zusammenarbeiten. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesminister Totschnig: Danke!)

18.46


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte.


18.46.43

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Werte Zuseher! Es geht um den Grünen Bericht, der die Situation der Land- und Forstwirtschaft aus 2021 analysiert und zusammenfasst.
Bevor ich aber näher auf den Bericht eingehe, möchte ich mich noch einmal herzlich bei den Land- und Forstwirten für ihren unermüdlichen Einsatz
in dieser so schwierigen Zeit bedanken. Corona hat die Arbeit nicht leichter gemacht.

Laut dem Grünen Bericht kam es 2021 zu einer durchschnittlichen Einkom­menssteigerung von circa 15 Prozent. Das hört sich jetzt natürlich gut an, aber immerhin ist es so, dass es seit einigen Jahren das erste Mal ein Einkom­mensplus in diesem Bereich gibt. Wenn Betriebe mit geringem Einkommen wegsterben, steigt statistisch gesehen das Durchschnittseinkommen der rest­lichen Betriebe. Tatsächlich werden die Zahlen geschönt, denn Sozial­leistungen oder auch Zahlungen aus dem Härtefallfonds werden ebenfalls zur Berechnung herangezogen. Das verfälscht natürlich das Ergebnis.

Die Mehrheit der landwirtschaftlichen Betriebe kann sich selbstständig kein ausreichendes Einkommen erwirtschaften. Hier müssen wir unbedingt Maßnahmen setzen, denn diese Betriebe sind ein wichtiger Bestandteil unserer Selbstversorgungssicherheit. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, jetzt möchte ich noch auf ein Thema kommen, das mir persönlich am Herzen liegt. Im Bereich des Tierschutzes gibt es gewis­se Mindestkontrollquoten, die zu erfüllen sind. Die Erkenntnisse des Grünen Be­richts zeigen, wie wichtig dabei eine Verbesserung für die Tiere ist. Tier­schutzkontrollen beim Transport erfolgen auf Grundlage des Tiertransportge­setzes, wobei seit 2020 eine Anzahl von 12 000 Tiertransportkontrollen pro Jahr angestrebt wird, von denen mindestens 1 200 auf der Straße stattfin­den sollen.

2020 wurden österreichweit 8 805 Kontrollen am Versandort durchgeführt, wobei es 90 Beanstandungen gab, und 129 572 Kontrollen am Bestimmungsort, bei denen es 870 Beanstandungen gab. Bei den Kontrollen während des Transportes auf der Straße sieht es jedoch wesentlich schlechter und viel schlim­mer aus, denn es gab anstatt den vorgesehenen 1 200 Kontrollen nur 908. Erschwerend kommt hinzu, dass es bei den 908 durchgeführten Kontrollen 290 Beanstandungen gab, was in Relation zu den durchgeführten Kontrollen wirklich sehr hoch ist. Das zeigt, dass die Situation der Tiertransporte auf
der Straße unbedingt verbessert gehört. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich appelliere daher nochmals an alle: Bitte lasst uns gemeinsam an einem Strang ziehen und setzen wir den Tiertransporten gemeinsam ein Ende! (Beifall bei
der FPÖ.)

18.49


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte.


18.50.01

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Liebe Präsidentin! Geschätzter Herr Minis­ter! Der Grüne Bericht beleuchtet Jahr für Jahr die Situation in der Land­wirtschaft in Österreich, und als Landwirtschaftssprecherin meiner Fraktion möchte auch ich mich sehr herzlich bei allen Bäuerinnen und Bauern in diesem Land bedanken. Unser Dank gilt aber auch allen Erntehelfer:innen und insgesamt allen Personen, die auf unseren Höfen arbeiten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Der aktuelle Bericht zeigt Erfreuliches auf, doch bestätigt er auch unsere Warnungen und Prognosen. Wenn man sich das Einkommen der Bäuerinnen und Bauern ansieht, so fällt auf, dass es im Vergleich zu 2021 zwar angestiegen
ist, Herr Minister, aber die Verteilung ist eine andere geworden. Die nähere Be­trachtung der Betriebsformen lässt erkennen, dass die Nebenerwerbs­landwirt:innen mit ihren Einkünften im Nebenerwerb weit weniger verdienen als Vollerwerbslandwirte. Herr Minister, Österreich ist ein Land der Nebener­werbsbauern, und daher ist diese Entwicklung schon etwas bedenklich. Ihre Auf­gabe, Herr Minister, ist es, die kleinstrukturierte Landwirtschaft auf einen Weg zu bringen, dass sie am Markt Chancen hat. 17 Prozent der Betriebe haben leider ein negatives Betriebsergebnis und erwirtschaften somit auch Verluste.

Die landwirtschaftlichen Einkommen klaffen also immer weiter auseinander, und die Förderpolitik hilft da mit, indem der überwiegende Teil der Förderungen nach Größe aufgeteilt wird. Wer mehr hat, bekommt also mehr. Acker­bauern, haben wir gesehen, haben 2021 am meisten profitiert – ein Plus von 40 Prozent –, obwohl sie zu den Beziehern höchster Einkommen gehören, während Bergbauern der Zone 4 ein Minus von 18,9 Prozent hatten. Das ist nicht gerecht und schon gar nicht ausgewogen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Grüne Bericht eine sehr wertvolle Gesamtanalyse für unsere politische Arbeit hier im Parlament abliefert,
jedoch gibt er nicht die gesamte Datenlage in der Landwirtschaft wieder, gerade im Bereich der Einkommen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erweiterung der Datengrundlage des Grünen Berichts zur Verbesserung der Gesamtanalyse“

Der Nationalrat wolle beschließen.

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft und der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, die im Bundesministerium für Finanzen vorhandenen Steuer- und Veranlagungsdaten zu den Einkommen der landwirt­schaftlichen Betriebe in Österreich in die Grünen Berichte aufzunehmen und im Detail darzustellen, damit die Gesamtanalyse auch die derzeit fehlenden Einkommensdaten der großen, steuerlich in der Veranlagung erfassten,
Betriebe in Österreich enthält.“"

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.52

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker,

Genossinnen und Genossen

betreffend Erweiterung der Datengrundlage des Grünen Berichts zur Verbesserung der Gesamtanalyse

im Zusammenhang mit TOP 19, Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2022 der Bundesregierung (III-746 d.B.), (1735 d.B.)

Der Grüne Bericht ist jährlich gemäß § 9 des Landwirtschaftsgesetzes vom Landwirtschaftsminister vorzulegen. Er soll jene Daten liefern, auf denen die Landwirtschaftspolitik aufbauen kann.

Über alle Landwirtschaftsbetriebe gerechnet stieg das Durchschnittseinkommen 2021 um 15 Prozent - wobei in dieser Berechnung die Einkommen der Großbetriebe
fehlen. Die Einkommen der spezialisierten Getreidebetriebe stiegen sogar um 40 %, da sie besonders von den hohen Agrarpreisen – Brotweizen stieg um 52 Prozent, Brotroggen gar um 88 Prozent – und den hohen Subventionen profitierten. In Summe machten die Agrarförderungen 2,4 Milliarden Euro aus. Zusätzliche Corona-Hilfen betrugen 187,5 Millionen Euro. Die enormen Einkommensunterschiede zwi­schen den Betriebstypen zeigen, dass nicht alle Betriebe im selben Ausmaß von den gestiegenen Preisen und Subventionen profitierten.

Es zeigt sich, dass der Durchschnitt aller Haupterwerbsbetriebe mit 60.777 Euro ein fast doppelt so hohes Netto-Haushaltseinkommen hatten wie die Nebener­werbsbetriebe mit 36.055 Euro. Das durchschnittliche Netto-Einkommen von Ne­benerwerbsbetrieben aus der Landwirtschaft war mit minus 1.002 Euro so­gar negativ, die Kosten und Abgaben konnten nicht mit den Erträgen aus der Land­wirtschaft gedeckt werden. Nebenerwerbs-Landwirt:innen konnten trotz hohem Arbeitseinsatz diesen Einkommensunterschied mit ihrer Lohnarbeit nicht aufholen. Der Einkommensunterschied zwischen Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben war 2021 sogar deutlich höher als im Jahr davor und das trotz der zusätzlichen Subventionen und der enorm gestiegenen Agrarpreise.

Wenn vom landwirtschaftlichen Einkommen die Rede ist, wird gewöhnlich das Durchschnittseinkommen über alle Betriebe herangezogen, obwohl die Differenzen zwischen den Gruppen beachtlich sind. So wirkt sich das niedrige landwirtschaftliche Einkommen der Nebenerwerbsbetriebe massiv auf das rechnerische Durch­schnittseinkommen aus, das mit 32.146 Euro nicht sehr hoch ist. Laut Statistik Austria sind 57 Prozent und damit die Mehrheit der Landwirtschaftsbetriebe im „Ne­benerwerb“. Zudem hatten im Jahr 2021 laut Aufzeichnungen 17,6 Prozent der Landwirtschaftsbetriebe ein negatives Einkommen, während 16,7 Prozent ein Einkommen hatten, das größer war als 50.000 Euro. Bei den Marktfruchtbe­trieben lag der Anteil der Betriebe mit einem Einkommen über 50.000 € sogar bei über 43%. Das zeigt, wie groß die Spreizung der Einkommen ist. Besonders für die beiden Gruppen der Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe, aber auch für die ein­zelnen Produktionszweige ist das Durchschnittseinkommen daher nicht aus­sagekräftig.

Eine differenzierte Betrachtungsweise wäre also angebracht, wenn von den landwirtschaftlichen Einkommen die Rede ist. Darüber hinaus sollten auch die Einkommen der Großbetriebe in die Datenlage des Grünen Berichts einflie­ßen müssen, um ein deutlicheres Bild zur Gesamtsituation der österreichischen landwirtschaftlichen Betriebe zu erhalten. Denn im Auswahlrahmen des
Grünen Berichts fehlen Einkommensdaten von Großbetrieben ab einem Gesamt­standardoutput (GSO) von 350.000 Euro, mangels ausreichender Datenlage in der Stichprobe, die die Grundgesamtheit abbilden sollte.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Regionen und Wasserwirtschaft und der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, die im Bundesministerium für Finanzen vorhandenen Steuer- und Veranlagungsdaten zu den Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe in Ös­terreich in die Grünen Berichte aufzunehmen und im Detail darzustellen, damit die Gesamtanalyse auch die derzeit fehlenden Einkommensdaten der großen, steuerlich in der Veranlagung erfassten, Betriebe in Österreich enthält.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, steht mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Olga Voglauer, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


18.53.07

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Spoštovana Visoka Hiša! Sehr geehrtes Hohes Haus! Der Grüne Bericht 2022 hat zwei ganz interessante Seiten, nämlich die zwei, die uns darauf hinweisen, wie es mit der Wasserbilanz in Österreich ausschaut. Wir sehen, dass zwar die Niederschlagsmenge in
der Vergangenheit gestiegen ist, wir sehen aber ganz klar, dass die Verdunstung noch viel stärker ansteigt. Und das sind Schlaglöcher für den Weg der Land­wirtschaft in der Zukunft, die wir schnellstmöglich schließen müssen. Ob uns das gelingt, wissen wir nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Den Klimawandel, der so massiv durchgreift und der hier an diesem Pult so oft zitiert wird, der die Bäuerinnen und Bauern am stärksten trifft, diesen Klimawandel, diese Klimakrise werden wir zu meistern haben – in der Landwirt­schaft mit einer vorausschauenden Agrarpolitik. Allein in Kärnten findet man ein Potpourri an Beweisen dafür, wie schwierig es wird, in Zukunft Land­wirtschaft zu betreiben. Schaut man auf die Pasterze, merkt man, wie sie jedes Jahr zurückgeht, fährt man durch das Mölltal oder spaziert man durch das Lesachtal, merkt man, wie der Borkenkäfer durchgreift. Was das für die Forstwirtschaft heißt, sieht man. Wir haben in Kärnten durch die Unwetter im Gegendtal und in Treffen gemerkt, was es heißt, wenn Retentions­räume fehlen und die Landwirtschaft absolut überschwemmt wird. Wir sind konfrontiert mit niedrigen Wasserständen, was auf unseren Almen in Kärnten dazu geführt hat, dass unsere Tiere kein Wasser mehr zu trinken hatten. Und wir hatten heuer eine Dürre, die ihresgleichen suchen muss; auch auf meinem Hof zum Beispiel fehlt im Vergleich zu den Jahren zuvor die Hälfte an Futter.

All das – betrachtet man die Daten vom Grünen Bericht – ist ablesbar. Das heißt, es gilt, keine Zeit mehr zu verlieren, um auch die Agrarwirtschaften, vor allem unsere Bäuerinnen und Bauern darauf vorzubereiten, dass wir nicht mehr
so weitertun können wie vorher, denn wir sind mitten im Zeitalter
der Verknappung angelangt – der Verknappung unserer Ressourcen vor Ort auf unserem Boden, der Verknappung durch die Versiegelung und der Verknappung durch die massive Teuerung und die Energiekrise, in der wir uns befinden.

Lassen Sie mich noch ein paar Worte zur Bodenversiegelung sagen! Auch da ist Kärnten ein besonderes Beispiel: Wir verbetonieren alle zwei Wochen die
Fläche des Hafnersees. Alle zwei Wochen steht in Kärnten ein Hafnersee weni­ger zur Verfügung, und das trifft unmittelbar auch die Landwirtschaft. Das sind Flächen, die uns als Futterquelle fehlen, das sind Flächen, die uns als Re­tentionsraum fehlen, und das sind Flächen, von denen wir nicht mehr
satt werden können.

Insofern muss unser aller Appell ein Appell an uns alle sein: Wir brauchen vorausschauende Agrarpolitik, die ihre Gelder dafür einsetzt, dass die Betriebe weiterhin gut Landwirtschaft betreiben können, damit der Strukturwandel
weiter abgeschwächt wird und die Betriebe, die bleiben, uns noch weiterhin einen reichen Mittagstisch bescheren. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

18.56


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordneter Karin Doppelbauer. – Bitte.


18.56.18

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ja, es geht um den Grünen Bericht und es geht in diesem Grünen Bericht tatsächlich um mehr als um die reine Einkommenssituation der österreichi­schen Landwirte und Landwirtinnen. Ich begrüße auch den Vorschlag der Kol­legin Ecker, dass man da noch einmal mehr Datenmaterial sammeln sollte, weil auch ich glaube, dass hier noch einiges mehr herauszulesen wäre.

Schauen wir uns kurz die Einkommenssituation an: Es ist natürlich positiv, dass im letzten Jahr ein bisschen etwas dazugekommen ist, absolut, die Frage ist aber auch immer ein wenig, wo es herkommt und wie es sich im Vergleich verhält.

Der eine Punkt ist schon der – und das ist etwas, das uns, glaube ich, alle be­schäftigt, und ich weiß auch, dass Sie das beschäftigt –, dass Bäuerinnen und Bauern immer weniger als Unternehmer:innen und tatsächlich als Förder­optimierer wahrgenommen werden. Ein Großteil oder ein doch signifikanter Teil von diesen Einkommen, die eben erwirtschaftet werden, kommt tatsächlich aus dem Fördertopf. Das ist auch richtig, weil natürlich auch einiges an För­derungen notwendig ist. Wenn da Leistungen abgegolten werden, die der Markt nicht abgilt, dann ist das ja auch notwendig. Darüber müssen wir aber aus meiner Sicht halt auch sehr viel transparenter sprechen, denn diese Förderungen wird es auch in Zukunft brauchen, um die Landwirtschaft in Österreich at­traktiv zu halten.

Deshalb muss man sich da tatsächlich einmal das größere Bild anschauen: Welche Leistungen verlangt die Gesellschaft von der Landwirtschaft, die der Markt
nicht abgilt, und wie gehen wir um mit einer Remunerierung von diesen Aktivitä­ten, die ja tatsächlich auch teuer sind und Geld kosten? Das ist der eine Punkt,
den zu betrachten auch in der Landwirtschaft ganz, ganz wichtig ist.

Ich weiß – und wir haben das auch im persönlichen Gespräch gesagt –, ich verlange und fordere immer ein: Was ist denn die Vision für die österreichische Landwirtschaft? Wo geht denn die Reise hin? Wo wollen wir denn, dass
die Landwirtschaft in 20, in 30, in 40 Jahren ist? Wovon sollen denn die Land­wirtinnen und die Landwirte in dieser Zeit leben?

Kollegin Voglauer hat ja ganz richtig gesagt: Es gibt hier einfach mannigfaltige Probleme, die angegangen werden müssen. Das eine ist das Einkom­mensproblem, das tatsächlich eine ganz, ganz starke Abhängigkeit von Förde­rungen zeigt. Das andere ist natürlich der Klimawandel, wie wir uns darauf vorbereiten können und was wir vor allem dann in 20, 30, 40 Jahren auch in der Landwirtschaft haben werden.

Der dritte Punkt – und ich glaube, das ist der, der in der Diskussion auch immer abgeht – ist: Was kann denn die Landwirtschaft liefern? Was kann denn
die Landwirtschaft wirklich Großartiges für die Gesellschaft, für die Menschen in diesem Land machen? Da geht es um viel mehr, als dass man die Weiden
mäht, damit man dann darauf spazieren gehen oder im Wald Schwammerl su­chen kann.

Das wäre tatsächlich meine Erwartungshaltung. Herr Landwirtschaftsminister, ich weiß, Sie haben ein unglaubliches Skillset. Ich weiß, Sie haben eine Lei­denschaft für die Landwirtschaft – ich würde mir den Mut wünschen,
die nächsten Schritte zu setzen und tatsächlich diese großen Dinge anzugehen, weil Sie dann einen Unterschied machen können. Die Landwirtschaft ist
ein ganz, ganz langfristiger Planungszeitraum, und da muss jetzt endlich aufge­holt werden. Ich muss es ganz ehrlich sagen, ich glaube, Ihre Vorgängerin, inklusive Landwirtschaftskammern und Bauernbund, hat da einiges an Potenzial liegen lassen. Mein Wunsch wäre, dass Sie da mutig nach vorne gehen und neue Schritte für die Zukunft setzen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

18.59


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Norbert Totschnig zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


19.00.03

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte
Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Im Grünen Bericht wird wie jedes Jahr die ökomische Entwicklung der Land-
und Forstwirtschaft in Österreich dokumentiert, analysiert und auch kommentiert.

An dieser Stelle auch von meiner Seite ein Danke an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im eigenen Haus, in der LBG Österreich und an alle Beteiligten,
die an diesem Bericht mitgewirkt haben, für die bewährte Zusammenarbeit. Ein Danke natürlich auch an alle Bäuerinnen und Bauern in der Land- und Forst­wirtschaft – 2 000 sind es –, die auch dieses Jahr für den Bericht 2021 ihre Ein­kommensdaten zur Verfügung gestellt haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Geschätzte Damen und Herren! Auch 2021 war aufgrund der Coronapandemie, der beginnenden Teuerung und des Klimawandels ein sehr herausforderndes
Jahr für unsere Bäuerinnen und Bauern, dennoch war die Versorgung mit Le­bensmitteln immer gesichert. In den vergangenen Jahren hat sich einmal mehr gezeigt, dass unsere bäuerlichen Familienbetriebe und die vergleichsweise kleinstrukturierte Landwirtschaft krisenfest sind. (Präsident Hofer übernimmt
den Vorsitz.)

Nach den Jahren der Stagnation hat sich 2021 eine Entwicklung gezeigt, die zum ersten Mal seit 2017 ein Einkommensplus bei den Bäuerinnen und Bauern aufweist, und auch der Agraraußenhandel hat sich erhöht. Durchschnittlich hat sich das Einkommen je bäuerlichen Betrieb, wir haben das schon gehört, um 15 Prozent erhöht, jenes der Bergbauern ein bisschen weniger, nämlich
um 14,1 Prozent. Die Einkommen stiegen in absoluten Zahlen auf durchschnitt­lich 32 150 Euro je Betrieb.

Diese positive Entwicklung ist im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurückzu­führen. Der erste ist: Die Covid-Hilfen der Bundesregierung haben gewirkt. Österreich hat im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten am schnellsten und am umfangreichsten Maßnahmen gesetzt und hat damit Betriebe bestmög­lich durch die Pandemie begleitet.

Durch die behördlichen Schließungen von Hotellerie und Gastronomie hat die landwirtschaftliche Produktion einen Hauptabnehmer verloren, daher war es für die Bäuerinnen und Bauern sehr wichtig, dass sie Umsatzersatz, Verluster­satz, Härtefallfonds, Ausfallbonus und weitere Maßnahmen bestmöglich und raschestmöglich erhalten haben.

Insgesamt wurden 2021 Covid-Hilfen in der Höhe von 190 Millionen Euro an die Landwirtschaft ausgezahlt.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch die Covid-Investitionsprämie erwähnen, die von der Land- und Forstwirtschaft sehr intensiv genützt worden ist. Man sieht das auch in den Daten. Wir haben einige Bundesländer mit
einem negativen Ergebnis, Oberösterreich, Tirol, Vorarlberg, aber auch die Berg­bauernhöfe Zone 4. Das rührt auch daher, dass da sehr, sehr viel investiert worden ist, was positiv ist, denn das waren Investitionen in die Modernisierung der Bauernhöfe – etwas, was ganz entscheidend ist und auch zeigt, die Bäue­rinnen und Bauern haben eine Perspektive und wollen weiter in der Land­wirtschaft bleiben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Covid-Hilfen wurden auch 2022 weiter an Schweinebetriebe und Betriebe mit Legehennen über den sogenannten verlängerten Verlustersatz ausge­zahlt, weil da nach wie vor große Probleme bestanden.

Der zweite Faktor für das Einkommensplus, für die positive Einkommens­entwicklung liegt in den Preisanstiegen bei agrarischen Produkten, und das nach Jahren einer gedämpften Preissituation. Wo hat das stattgefunden? – Bei­spielsweise in der Forstwirtschaft durch höhere Holzeinschläge und einen gestiegenen Holzpreis. Höhere Erzeugerpreise gab es auch im Getrei­debau, ebenso in der Rinderhaltung sowie durch gestiegene Milchpreise.

Für die Schweinebetriebe gab es im Jahr 2021 allerdings wieder ein schwieriges Jahr. Aktuell zeichnet sich zum Glück eine Verbesserung der Preissituation ab.

Der Grüne Bericht verzeichnet auch eine positive Bilanz beim Außenhandel, ich habe das angesprochen. Die Exporte erhöhten sich um 8,5 Prozent auf 13,84 Milliarden Euro. Das agrarische Handelsbilanzdefizit betrug lediglich 4,4 Millionen Euro. Das heißt, wir haben de facto eine ausgeglichene Handelsbilanz.

Wie war das möglich? – Einerseits sind unsere hochqualitativen Lebensmittel im Ausland sehr beliebt, auch in Coronazeiten. Hauptabnahmemarkt, Haupt­exportland ist nach wie vor Deutschland. Das ist ein Zeichen für die Wettbe­werbsfähigkeit unserer Lebensmittelwirtschaft, das zeigt aber auch, die Stärkung der Regionalität in Verbindung mit einer klaren Qualitätsstrategie zeigt Wirkung.

Das ist auch schon angesprochen worden: Wir haben heuer zwar das erste
Mal seit vier Jahren wieder ein Plus beim Einkommen, allerdings zeigt sich, wenn man das langfristig anschaut, also auf die letzten zehn Jahre zurückschaut,
nach wie vor eine Stagnation bei der Einkommensentwicklung bei den landwirt­schaftlichen Betrieben. Wenn man den Vergleich zu anderen Berufsgrup­pen zieht, wo kontinuierlich eine Steigerung beim Einkommen zu beobachten war, muss man sagen: Wir erreichen heuer noch nicht einmal das Niveau aus dem Jahr 2012. Das ist immer wieder mitzubedenken.

Durch die Teuerung, die letztes Jahr begonnen hat und sich dieses Jahr fortgesetzt hat, haben unsere Betriebe, die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe, Mehrbelastungen von über 1 Milliarde Euro zu verkraften.
Die Betriebe benötigen allerdings ihr Einkommen, um einen betrieblichen Umbau Richtung mehr Tierwohl, Richtung Klimaschutz und Biodiver­sität zu stemmen.

Die Teuerung im Lebensmittelbereich insgesamt ist aber vor allem auf ge­stiegene Energiepreise entlang der gesamten Wertschöpfungskette zurückzuführen.

2022 ist ein noch herausfordernderes Jahr als 2021. Wenn wir die Lebensmit­telversorgung auch in Zukunft sichern wollen, müssen wir unsere Familienbetriebe weiter stärken. Das gelingt uns mit zielgerichteten Maßnah­men, wie beispielsweise die zusätzlich zur ökosozialen Steuerreform und zu den Entlastungspaketen der Bundesregierung gewährten 110 Millionen Euro, die wir im Rahmen des Versorgungssicherungspaketes bereitstellen werden. Die Bauern erhalten heuer noch die Auszahlung, und zwar knapp vor Weihnach­ten, automatisch und ohne größeren bürokratischen Aufwand. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Außerdem unterstützen wir den regionalen Obst- und Gemüseanbau in Glas­häusern mit 9 Millionen Euro. Diese Maßnahme für den geschützten An­bau ist extrem wichtig, damit die enorm gestiegenen Energiekosten bewältigt werden können. Die Auszahlung erfolgte bereits Ende September.

Darüber hinaus wird es nächstes Jahr eine temporäre Agrardieselvergütung mit einem Volumen von 30 Millionen Euro geben, die im ersten Halbjahr 2023 ausgezahlt wird.

Weiters wird eine Rückvergütung der CO2-Bepreisung stattfinden. Damit sichern wir die Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft
in Österreich gegenüber jener in anderen Mitgliedstaaten.

Durch die Anhebung der steuerlichen Pauschalierungsgrenzen ersparen wir allen Betrieben, die aufgrund der Inflation kostenmäßig und ertragsmäßig über die bisherige Grenze rutschen, zusätzlich einen bürokratischen Mehraufwand.

Außerdem erarbeiten wir derzeit einen Stromkostenzuschuss für landwirt­schaftliche Betriebe mit einem Volumen von 120 Millionen Euro. Ziel ist es, die hohen Stromkosten der landwirtschaftlichen Betriebe abzufedern und
die Versorgung mit regionalen Lebensmitteln zu sichern.

Bei dieser Gelegenheit danke ich dem Koalitionspartner für die wirklich sehr guten und konstruktiven Gespräche und dafür, dass es auch gelungen ist,
all diese Pakete bestmöglich im Sinne der Bäuerinnen und Bauern abzuschließen.

Ich komme zum Schluss und zu einem ganz wesentlichen Punkt: Wir starten am 1.1.2023 mit der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik. Das ist ein Zukunftspro­gramm für die Bäuerinnen und Bauern. Das ist ein Programm, das mehr Klimaschutz, mehr Umweltschutz, mehr Tierwohl bedeutet, und es braucht dafür auch eines: mehr Geld, mehr Budget. Kollege Hauser! Es wird mehr Geld in die Hand genommen, insgesamt 125 Millionen Euro aus dem nationalen Budget plus zusätzlich die 35 Millionen Euro EU-Geld. Damit wollen wir ein attrak­tives Programm für die Bäuerinnen und Bauern vorstellen und viele zur Teilnah­me bewegen.

Österreich hat am 13. September die Genehmigung des GAP-Strategieplans von der Europäischen Union erhalten. Wir gehören damit zu den ersten neun Mitgliedsländern in der Union, die die Genehmigung damit bekommen haben. Diese frühzeitige Genehmigung, diese vorzeitige Sicherheit für die Bäuerin­nen und Bauern bedeutet Stabilität, bedeutet Planungssicherheit und be­deutet letztendlich Versorgungssicherheit für die Konsumentinnen und Kon­sumenten.

Zum Abschluss noch zum Thema Borkenkäferschäden in Osttirol: Kollege Hauser, Land und Bund haben insgesamt 16 Millionen Euro zur Verfügung ge­stellt. Es wurden viele Dutzend Leute mehr vom Landesforstdienst abge­stellt, um erstens das Holz aus den Wäldern zu bekommen, Lager zu errichten, wieder aufzuforsten, und seit September ist die Wildbach- und Lawinen­verbauung auch damit beschäftigt, jene Gebiete, die entscheidend für das Sied­lungsgebiet sind, zu sichern, damit sich die Bevölkerung in Österreich darauf verlassen kann, dass über den Winter nichts passiert. Da wird das Bestmögliche getan. – Das zum Ersten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Kurz zum Thema Wolf noch: In Erinnerung rufen möchte ich die Tatsache, dass ich beim letzten EU-Agrarministerrat das Thema auf die Tagesordnung habe setzen lassen.

Sechs Mitgliedstaaten haben das von vornherein unterstützt. Dann hat es von zehn weiteren Mitgliedstaaten unterstützende Äußerungen gegeben. Was fordern wir? – Wir fordern eine Überprüfung der FFH-Richtlinie, die ja schon 30 Jahre gilt. Wir fordern die Einrichtung eines Monitorings, damit man feststellen kann, wie groß die Wolfpopulation in ganz Europa ist. Das war ein erstes wichtiges Signal, das wir damit auf EU-Ebene gesetzt haben. Das Thema ist bei uns natürlich vollkommen präsent, wir nehmen das wirklich ernst und schauen, dass wir Lösungen erzielen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.) So viel von meiner Seite – vielen Dank. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Ing. Klaus Lindinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.11.33

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Junge Bäuerinnen und junge Bauern, das ist nicht nur in der Theorie so, nein, das ist in Österreich gelebte Praxis, denn jeder fünfte Betrieb wird
von einer jungen Bäuerin oder einem jungen Bauern als Betriebsführer geführt.

Das ist möglich, weil wir in Österreich ein entsprechend gutes Ausbildungs­system haben. Der Bildungsweg über die landwirtschaftlichen Schulen, den aktuell 17 000 Schülerinnen und Schüler nutzen, erweitert den Horizont der jungen Bäuerinnen und Bauern, die später die Betriebe übernehmen.

Es wird ein weiterer, ein anderer Blickwinkel auf die Betriebe und auf die Ent­wicklung eröffnet und vor allem entsteht auch eine Vogelperspektive auf den eigenen Betrieb, sodass dieser objektiv bewertet und beurteilt werden kann.

Die jungen Bäuer:innen sind innovativ, sie sind kreativ, vor allem haben sie Mut zu Neuem, und sie sind Unternehmer.

Wenn man Unternehmer ist, dann ist eines ganz klar, und zwar, dass auch das betriebswirtschaftliche Denken dazugehört, und somit muss auch in den
land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ein Einkommen zum Auskommen er­wirtschaftet werden können. Der Minister hat es gerade angesprochen: Es ist zwar schön, dass wir vom Jahr 2020 auf 2021 im Schnitt über alle Betriebe ein Einkommensplus von 15 Prozent haben, aber man muss schon dement­sprechend genauer hinschauen: Über zehn Jahre ist eine Stagnation und in ein­zelnen Bereichen sogar ein Rückgang des Einkommens zu verzeichnen, und genau deshalb muss man sich da die Betriebe genauer ansehen und auch entsprechende Maßnahmen daraus ableiten.

So haben wir gestern hier im Hohen Haus zum Beispiel die Anhebung der Pau­schalierungsgrenzen beschlossen. Das ist ganz, ganz wichtig, wenn wir an die Herausforderungen der schwierigen Zeit jetzt denken – zuerst die Corona­krise, dann der Krieg in der Ukraine.

Wir haben mit steigenden Betriebsmittelpreisen zu kämpfen, die Energiekrise schlägt sich auch auf den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nieder,
und so ist es gut und richtig, dass wir die Pauschalierungsgrenzen anheben: in der Umsatzsteuer von 400 000 auf 600 000 Euro, bei der Teilpauschalie­rung von 130 000 auf 165 000 Euro, und auch bei den land- und forst­wirtschaftlichen Nebentätigkeiten von 40 000 auf 45 000 Euro. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nicht nur die Anhebung der Pauschalierungsgrenzen, sondern es ist vor allem auch das Budget für 2023, wofür ich mich beim Minister und seinem gesamten Team ganz herz­lich bedanke, denn dieses Budget schafft die Möglichkeit, in die Zukunft zu investieren, es schafft vor allem aber auf unseren land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Sicherheit, Stabilität und Planbarkeit. Eines ist nämlich ganz klar:
Die Bäuerinnen und Bauern arbeiten 365 Tage im Jahr, sie sorgen dafür, dass jede und jeder in ganz Österreich dreimal am Tag den Tisch gedeckt hat,
und sie sorgen somit dafür, dass die Lebensmittelversorgung in Österreich si­chergestellt ist.

Meine Damen und Herren! Jede und jeder von uns hat es in der Hand: Wenn wir beim Griff ins Regal, beim Einkaufengehen regionale Lebensmittel wählen,
dann können wir alle die richtige Entscheidung treffen und somit auch die öster­reichischen Betriebe unterstützen und deren Zukunft sichern.

Deshalb ist es gut und wichtig, dass wir bei der Kaufentscheidung das richtige Produkt wählen. Auf die Regionalität der österreichischen Lebensmittel! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Christian Drobits. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.15.23

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Grüne Bericht umfasst 308 Seiten. Wenn
man das durchleuchtet, findet man den Begriff Wasser 96 Mal, Dürre achtmal und Wassermangel einmal. Wenn man sich die Schilderung von vorhin an­hört, sieht man, wie sich der Klimawandel auswirkt: Trockenheit – die europäi­sche Beobachtungsstelle hat vor Kurzem mitgeteilt, die Trockenheit wirkt sich bereits in über zwei Dritteln von Europa aus, und die Hälfte ist von Dürre betroffen.

Herr Bundesminister, eigentlich sollten die Alarmglocken läuten. Im Grünen Bericht steht aber nur mehr ein Begriff: Wassermangel. Deshalb haben wir unter Berücksichtigung der Studie Wasserschatz Österreich heute einen An­trag vorbereitet.

Der Antrag sagt klar: Wir wollen, dass auch die nächsten Generationen Trinkwasser haben – eine Vorrangstellung der Trinkwasserversorgung –, wir wollen auch, dass Ernährungssicherheit besteht.

In diesem Sinne darf ich den Antrag meiner Fraktion verlesen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringliche Erarbeitung einer Machbarkeitsstudie zur Wasserversorgung der Landwirtschaft und rasche Forschung zu Wasserentnahmen wegen der drohen­den Grundwasserkrise bis zum Jahr 2050“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesonders der Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, wird aufgefordert

- eine Machbarkeitsstudie ähnlich der „Wasserschatz Österreich“-Studie in Auftrag zu geben, die die Wasserverfügbarkeit sowie die Wasserqualität von Oberflächengewässern, insbesondere von Flüssen einschließlich der Donau prüft und klärt, wieviel Oberflächenwasser im Zuge der Klimakrise für Landwirt­schaft und Industrie zukünftig zur Verfügung stehe könnte ohne negative ökologische Folgen für die Flüsse und ohne die Wasserverfügbarkeit für die Trinkwasserversorgung zu gefährden, sowie

- Forschungsprojekte in Auftrag zu geben, die für die Regionen in Österreich ideale Kulturen und Bewirtschaftungsformen im Zuge eines sich abzeichnenden Wassermangels für die Landwirtschaft aufzeigen.“

*****

Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christian Drobits,

Genossinnen und Genossen

betreffend dringliche Erarbeitung einer Machbarkeitsstudie zur Wasserversorgung der Landwirtschaft und rasche Forschung zu Wasserentnahmen wegen der drohenden Grundwasserkrise bis zum Jahr 2050

im Zusammenhang mit TOP 19, Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2022 der Bundesregierung (III-746 d.B.), (1735 d.B.)

Der heurige Sommer war von einer besonderen Trockenheit geprägt.

Die im Herbst 2021 veröffentlichten Studie „Wasserschatz Österreich“ des Landwirtschaftsministeriums belegt, dass die Klimakrise auch in Österreich immer stärker zu spüren ist. Dies wirkt sich mittelfristig negativ auf die Grundwas­sersituation in Österreich aus. Aufgrund von prognostizierten Engpässen beim Grundwasser bis zum Jahr 2050 kann dies durchaus zu einer Wasserkrise in besonderes trockenen Regionen Österreichs und zu Nutzungskonflikten bei der Wasserversorgung führen. Laut Studie könnte sich der Wasserbedarf für die Landwirtschaft fast verdoppeln. Die Landwirtschaft hat bereits heute in manchen Regionen Probleme mit der Wasserversorgung.

Gleichzeitig ist das kostbare Nass das Lebensmittel Nr. 1. Die Trinkwasserversorgung für alle Menschen in Österreich muss jedenfalls gesichert sein und hier braucht es
einen Vorrang vor allen anderen Wassernutzungen im Wasserrechtsgesetz, um Nut­zungskonflikten vorzubeugen und die Trinkwasserversorgung für die Menschen
zu garantieren.

Daher braucht es dringend Forschung für die Landwirtschaft, die Bewirtschaftungs­weisen ermöglicht, wie die Landwirtschaft zukünftig mit weniger Wasser aus­kommen kann, ohne die Ernährungssicherheit zu gefährden. Es braucht aber auch Konzepte, wie beispielsweise künstlich geschaffene Bewässerungssysteme für die Landwirtschaft aussehen könnten - und dies mit einem absehbaren Reali­sierungshorizont. Zusätzlich braucht es massiv Forschung für nicht so wasserintensive Kulturen. Verfahren der neuen Gentechnik, wie beispielsweise die Genschere CRISPR/CAS können nicht die Antwort für die zukünftigen Ernten in Österreich sein. Auch solche Pflanzen könnten Starkwetterereignissen, die den Boden nicht „trin­ken“ lassen und die Pflanzen schlicht umwerfen, nicht trotzen.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesonders der Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Regionen und Wasserwirtschaft, wird aufgefordert

•     eine Machbarkeitsstudie ähnlich der „Wasserschatz Österreich“ Studie in Auftrag

zu geben, die die Wasserverfügbarkeit sowie die Wasserqualität von Oberflächen­gewässern, insbesondere von Flüssen einschließlich der Donau prüft und klärt, wieviel Oberflächenwasser im Zuge der Klimakrise für Landwirtschaft und Industrie zukünf­tig zur Verfügung stehen könnte ohne negative ökologische Folgen für die Flüsse und ohne die Wasserverfügbarkeit für die Trinkwasserversorgung zu gefährden, sowie

•     Forschungsprojekte in Auftrag zu geben, die für die Regionen in Österreich ideale Kulturen und Bewirtschaftungsformen im Zuge eines sich abzeichnenden

Wassermangels für die Landwirtschaft aufzeigen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Clemens Stammler. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.17.17

Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt sehr wenig, was noch nicht bereits über den Grünen Bericht gesagt worden ist (Abg. Wurm:
Aber nicht von jedem!)
 – aber nicht von jedem, richtig.

Die Bäuerinnen und Bauern sind ja in einem Berufszweig, in einem Beruf be­schäftigt, der einer der ältesten ist (Abg. Wurm: Der zweitälteste!) und nie an Wichtigkeit verloren hat, bis zum heutigen Tag. Es ist einer der schönsten Berufe, die man ausüben kann. Man sieht sofort in seinen eigenen Händen, was man produziert hat, aber es erfordert enorme Selbstdisziplin, es ist eine physische und psychische Belastung, die man immer wieder an allen möglichen Auswirkungen wie zum Beispiel Tierhaltungsskandalen bemerkt – und es ist
ein Beruf ohne Arbeitsschutz.

Dieses Plus von 15 Prozent, das heute schon mehrmals angesprochen wurde, hört sich ganz fein an, unreflektiert und über den Kamm geschoren. Wer genauer hinsieht, bemerkt, dass das in Österreich ein Niveau von 2017 ist. In Oberösterreich hat man dagegen ein Minus von 3 Prozent gehabt, da ist
man auf dem Niveau von 2014, und Vorarlberg schmiert mit einem Minus von 18 Prozent ab.

Einzelbetrieblich sind die Schwankungen noch viel höher, und das Gesamtplus lässt sich nach der Analyse des Grünen Berichts teils mit höheren Erlösen im Marktfruchtbereich, also im Burgenland und in Niederösterreich, durch eine tolle Ernte bei der Zuckerrübe und durch eine gute Preisentwicklung beim Kör­nermais erklären.

Der größte Einkommenszuwachs allerdings entsteht eher durch eine Panik­maßnahme der Bauern, und zwar sind sie in die Sparkasse, in den Wald ge­gangen. Die Menge des entnommenen Holzes der Bäuerinnen und Bauern ist im Vergleich zu 2020 um 30 Prozent gestiegen. Das ist erklärlich, eine einzelbe­trieblich sinnvolle Maßnahme, aber früher sind einmal Investitionen damit getä­tigt worden, heute wird das tägliche Leben damit bestritten.

Was man noch herauslesen kann: Die Pandemie hat – aufgrund der geschlos­senen Gastronomiebetriebe und der Sensibilität betreffend ihre Gesundheit auf­seiten der Konsumentinnen und Konsumenten – den Biomarkt gestärkt.

Was man im nächsten Grünen Bericht wird lesen können: Putins Krieg in Europa und die Energiepreiskrise verteuern die konventionellen Lebensmittel stärker
als die biologischen. Im regionalen Kreislauf produzierte Lebensmittel machen uns eindeutig unabhängiger. Die Krise Nummer eins, die Klimakrise, die Wasserspeicherfähigkeit der Böden und der Humusaufbau, werden über Sein und Nichtsein der Zukunft entscheiden.

Ich habe jetzt dreimal Krise und dreimal bio erwähnt: Neben allen Sofortmaßnahmen wie dem Versorgungssicherungsbeitrag und dem Strom­kostenzuschuss – gemeinsam 230 Millionen Euro – wird die Transfor­mation – das ist heute auch schon mehrmals angesprochen worden – der Land­wirtschaft nicht ausbleiben dürfen, um in 50 Jahren noch immer einen der tollsten Jobs der Welt machen zu können. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt MMag.a Katharina Werner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.21.19

Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Wertes Hohes Haus! Meine Kollegin Karin Doppelbauer hat vorhin schon von der Vision für die Landwirtschaft gesprochen. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass man dabei auf die junge Generation schaut.

Im Grünen Bericht gibt es unter anderem eine Umfrage, wie denn junge Land­wirt:innen das Ganze sehen, vor allem die, die noch in der Schule sind. Man hat sie gefragt: Was ist denn deiner Meinung nach wichtig für die öster­reichische Landwirtschaft? Warum machst du das überhaupt, oder wieso willst du das machen? – Der erste Punkt ist: Sie möchten gesunde Lebensmittel für die Bevölkerung produzieren. Der zweite Punkt ist: Sie möchten ihre Land­wirtschaft mit hohen Standards – das heißt auch mit hohen Tierwohlstan­dards – betreiben.

Ich denke, es ist ganz wichtig, dass wir in diesem Haus – das ist, glaube ich, unsere Pflicht – für jene Menschen, die eine Landwirtschaft übernehmen, die pas­senden Rahmenbedingungen schaffen. Wir müssen schauen, dass sie mit innova­tiven Haltungssystemen arbeiten können, wir müssen schauen, dass wir Landwirtschaft, Energiewende und Tierwohl zusammen denken. (Ruf bei der ÖVP: Das tun wir ja auch! Das passiert in Österreich!) – Das ist mein erster Punkt. (Beifall bei den NEOS.)

Der zweite Punkt, auf den ich eingehen möchte – er steht leider nicht im Grünen Bericht, er steht auch nicht im Umweltkontrollbericht, den wir heute Mittag diskutiert haben –, ist die Lebensmittelverschwendung. Im Grünen Bericht kommt das Wort Lebensmittelverschwendung kein einziges Mal vor. Jedes Jahr
werfen wir 1 Million Tonnen Lebensmittel – und damit auch Ressourcen, Geld und die Arbeit unserer Landwirte – in den Müll. Österreich hat sich in der Agenda 2030 verpflichtet, die Lebensmittelverschwendung auf die Hälfte zu reduzieren. Die Landwirtschaft ist ein großer Faktor in diesem Bereich.

Gerade jetzt, da Lebensmittel immer teurer und teurer werden, müssen wir uns die Frage stellen: Können wir uns noch leisten, dass wir wirklich so viel in
den Müll hauen? – Ich glaube nicht. Wir müssen endlich ins Tun kommen! Bis 2030 sind es noch sieben Jahre. Ich erwarte mir, dass im nächsten Grünen
Bericht ein Kapitel zur Lebensmittelverschwendung drinnen ist, in dem Ziele de­finiert sind, in dem Maßnahmen genannt werden, und dass wir endlich ins Tun kommen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

19.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dipl.-Ing. Georg Strasser. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.23.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren!
Wir diskutieren heute den Grünen Bericht. Das Einkommensplus von 15 Prozent hört sich gut an. Ich stelle aber fest, wenn ich zurückblicke, dass die Einkom­men seit zehn Jahren stagnieren, und das darf uns nicht ruhen lassen. Aus
diesem Grund möchte ich anhand von drei Bereichen ausführen, was die Politik, die Agrarpolitik, die Regierung und andere Institutionen in Österreich tun,
um die österreichischen bäuerlichen Familienbetriebe zu stärken.

Der erste Bereich betrifft das Dämpfen der Sozialversicherungsbeiträge. In den letzten vier Jahren sind viele Maßnahmen gesetzt worden, zum Teil mit
einem strukturellen Ansatz, zum Teil aber auch mit Einmalzahlungen. Die gute Nachricht ist – da möchte ich auch meine Dankbarkeit zum Ausdruck
bringen –, dass das alles steuerfinanziert und nicht aus Rücklagen geschehen konnte. So hat die Kaufkraft in den bäuerlichen Familien gestärkt werden können. – Ein großes Dankeschön, dass das so funktioniert hat! (Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite Bereich betrifft die öffentlichen Gelder, und da erwähne ich als Erstes eine große Summe: In Zukunft geben wir 1,8 Milliarden Euro im Jahr im Zusammenhang mit der Gemeinsamen Agrarpolitik aus. – Frau Kollegin Dop­pelbauer, das sind keine Almosen, das sind auch keine Förderungen, das sind Leistungsabgeltungen. Der bäuerliche Betrieb bekommt für dokumentierte Leistungen Geld; das ist also ein Deal. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Wenn man entlang der Historie dieses Programms zurückschaut, sieht man, dass das einen großen Lenkungseffekt hat.

Schauen Sie in die anderen Länder Europas: Kein anderes Land hat so eine hohe Bioquote, kein anderes Land verzeichnet eine so hohe Teilnahme an Um­weltprogrammen. Das soll jetzt keine Lobeshymne an die Vergangenheit sein – ich weiß, wir dürfen da nicht ruhen –, aber ich ersuche, anzuerkennen, dass mit der GAP erstens Geld für Leistungen in die Betriebe gekommen ist und zweitens in der Vergangenheit steuernde Maßnahmen gesetzt werden konnten.

Ich erwähne das Versorgungssicherheitspaket – danke für die 110 Millionen Euro! –, ich erwähne den in Vorbereitung befindlichen Stromkostenzuschuss in Höhe von 120 Millionen Euro, und ich erwähne den Waldfonds – 350 Mil­lionen Euro über vier bis fünf Jahre für die Forstwirtschaft in Österreich. Wissen Sie, wer das erste Papier dafür geschrieben hat, damals noch als Bauern­bunddirektor in der Brucknerstraße? – Norbert Totschnig. (Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP. – Abg. Matznetter: Die Holzpreise ...!)

Heute ist das wichtiger denn je, weil der Borkenkäfer nicht nur im Norden Österreichs, sondern spätestens seit heuer auch im Süden Österreichs sozusagen zuschlägt. Diese Maßnahmen werden unsere Forstwirtschaft klimafitter
machen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Ich komme zum Schluss: Die dritte Maßnahme betrifft die Märkte. Die Märkte
sind wichtig. Auf der einen Seite kämpfen wir um Wertschätzung – mit Blick auf unsere Arbeit, mit Blick auf unsere oft sehr spezielle Lebensform –, aber von
der Wertschätzung allein wird man nicht leben können.

Jetzt rede ich von der Wertschöpfung: Da ist es uns ein Anliegen, dass unsere Verbände und Genossenschaften gestärkt werden, dass das AMA-Güte­siegel gestärkt wird und unsere Biomarken auch weiter gut am Markt funktionie­ren. Von der Wertschätzung allein werden wir nicht leben können, wir wer­den auch die Wertschöpfung – das Geld, das wir auf den Märkten verdienen – brauchen.

Ich komme zum Schluss und damit wieder zu Kollegin Doppelbauer. Ich bedanke mich übrigens für den wirklich sachlichen Diskurs heute; das hat sicher auch etwas mit dem neuen Minister zu tun. Was ist unsere Vision? – Unsere Vision war – Riegler hat damit angefangen – die ökosoziale Marktwirtschaft. Ich
habe die Erfolgsbilanz der Gemeinsamen Agrarpolitik in Österreich bereits er­wähnt. Die Vision der österreichischen Agrarpolitik in den nächsten Jahren
und Jahrzehnten ist es, diesen Weg der ökosozialen Marktwirtschaft in aller Ent­schlossenheit weiterzugehen.

Ich ersuche die Konsumentinnen und Konsumenten, uns die Treue zu halten. Ich ersuche alle Damen und Herren und die Bäuerinnen und Bauern, dass wir
diesen Weg gemeinsam fortsetzen. Wir sind die, die an dieses Land glauben – so wie Renner, Figl und Raab. Diesen Weg wollen wir auch weitergehen. –
Danke schön. Viel Erfolg! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Schmiedlechner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.29.00

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Die größte Erfolgsbilanz laut ÖVP – wenn so eine Erfolgsbilanz ausschaut, dann
muss man sich wirklich wundern – ist ein Minus von 11 Prozent bei der Zahl der Betriebe. Die größte Herausforderung für die Bauern sind – das kann man
nur laut sagen – die wirklich schlechte Agrarpolitik der ÖVP und die Rahmenbe­dingungen, die ihr gesetzt habt. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Grünen Bericht 2021: Der Grüne Bericht fasst die Ergebnisse gewisser ausgewählter Betriebe in der Land- und Forstwirtschaft zusammen. Wenn man sich dann anschaut, Herr Minister: minus 11 Prozent in Bezug auf die Be­triebe. Wie erklären Sie sich, Herr Minister, dass immer mehr Betriebe aufhören? Wie erklären Sie sich, dass immer mehr Betriebe in den Nebenerwerb ge­drängt werden? Wenn der Herr Bauernbundpräsident noch von einer positiven Bilanz, von einer Erfolgsbilanz spricht, dann kann man sich nur wundern. (Abg. Lindinger: Der hat gut gesprochen! Der hat einen Zukunftsweg aufgezeigt! Der hat Perspektiven! –Abg. Michael Hammer: Das Taferl musst du einmal aufstellen!)

Nichtsdestotrotz: Höfesterben begleitet uns seit Jahrzehnten, und das schwarz geführte Ministerium hat keine Lösungsvorschläge gebracht. Wie sollen wir
die Ernährungssouveränität sicherstellen? – Schauen wir es uns an: Der Rinder­bestand ist seit 2010 um 8,8 Prozent zurückgegangen, minus 50 000 Stück in Österreich. Auch beim Schweinebestand gibt es in Oberösterreich ein Minus von 9 Prozent, minus 100 000 Stück in Oberösterreich, und die landwirt­schaftliche Fläche ist um 5 Prozent zurückgegangen. – Da fragt man sich dann wirklich: Wo ist die Erfolgsbilanz?

Schauen wir weiter! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Einkommen
in der Landwirtschaft (laut grünem Bericht) vs. Inflation!“ sowie einem Chart
und einem Säulendiagramm auf das Redner:innenpult.)
Die Einkommen, bezüglich derer Sie sich so rühmen, ihr euch so hinstellt und alles so lobt: Ja, um 15 Prozent sind sie rechnerisch angeblich gestiegen. Bei den Bauern sieht man nicht wirklich etwas, und wenn man sich dazu dann die Inflation anschaut,
sieht man eindeutig den Kaufkraftverlust, den die Landwirtschaft hat.

Herr Minister, es wäre an der Zeit, dass Sie endlich handeln, anstatt nur Ankündigungen und Almosen an die Bauern zu verteilen, denn diese Almosen, die Sie jetzt verteilt haben, sind wirklich lächerlich!

Ich möchte deswegen folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kostenlawine Stoppen – Entlastungspaket für die Landwirtschaft“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, zugunsten der heimischen Landwirte folgende Punkte umzusetzen:

Überarbeitung der GAP: [...]

SV-Beiträge in der Krise erlassen: [...]

AMA-Marketing Beiträge abschaffen: [...]

Kostenexplosion“ - -


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, Sie müssen den Antrag – den Beschlusstext – bitte zur Gänze vorlesen!


Abgeordneter Peter Schmiedlechner (fortsetzend): „Agrargipfel für Ernährungssouveränität: Der Stand der heimischen Ernährungssouveränität muss im Rahmen eines Agrargipfels endlich diskutiert werden [...]“.


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, Sie müssen bitte den Beschlusstext ganz, also komplett, vorlesen. Bitte daher noch einmal von vorne, den gesamten Entschließungstext! (Abg. Michael Hammer – erheitert –: Die
ganze Rede noch einmal von vorne, hat er gemeint!)


Abgeordneter Peter Schmiedlechner (fortsetzend): Der Nationalrat wolle be­schließen:

„Der Bundesminister für Landwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, zugunsten der heimischen Landwirte folgende Punkte umzusetzen:

- Überarbeitung der GAP: Es braucht weniger EU-Bürokratie. Statt Bauern
zu verpflichten weitere Flächen aus der Produktion zu nehmen, muss die heimi­sche Produktion unterstützt und gestärkt werden.

- SV-Beiträge in der Krise erlassen: Als gerechte, rasche und unbürokratische Hilfe, braucht es einen Rettungsschirm für die Landwirtschaft.

- AMA-Marketing Beiträge abschaffen: Allein im Jahr 2020 hat die AMA-Marketing knapp 19 Millionen Euro an Beiträgen eingenommen, die besser bei den bäuerlichen Familien geblieben wären.

- Kostenexplosion bremsen: Die Mehrwertsteuer und Mineralölsteuer müssen für alle landwirtschaftlichen Betriebe während dieser Krise ausgesetzt
werden, um die explodierenden Produktionskosten einzudämmen.

- Agrargipfel für Ernährungssouveränität: Der Stand der heimischen Ernährungssouveränität muss im Rahmen eines Agrargipfels endlich diskutiert werden, um sinnvolle Konzepte für die Zukunft zu erarbeiten.“

*****

Danke, und ich bitte um Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)

19.33

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

betreffend Kostenlawine Stoppen – Entlastungspaket für die Landwirtschaft

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 19, Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2022
der Bundesregierung (III-746/1735 d.B.), in der 179. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 13. Oktober 2022.

Der Grüne Bericht 2022 dokumentiert das erschütternde Versagen der österrei­chischen Agrarpolitik. Die Betriebszahl der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe lag im Jahr 2020 mit 154.593 um 11 % unter jener der letzten Vollerhebung im
Jahr 2010. Mit der Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen und/oder mit der Nutztierhaltung beschäftigten sich im Erhebungsjahr 110.781 landwirt­schaftliche Betriebe – um 21 % weniger als vor zehn Jahren.

Quelle: Grüner Bericht 2022, Seite 70ff, www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00746/index.shtml.

Die Ursachen für das Höfesterben sind vielfältig. Das Leben als Landwirt wird auf der einen Seite immer bürokratischer und teurer, während auf der anderen Seite die Einkünfte stagnieren. Beim mehrjährigen Vergleich der Entwicklung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft je Betrieb zeigt sich, dass die Einkommenssituation 2021 nach einem Aufschwung wieder auf dem Stand von 2012 ist.

Quelle: Grüner Bericht 2022, Seite 106.

Von Ernährungssouveränität für Österreich kann keine Rede sein, seitens der Bun­desregierung zeigt man sich trotz aller Krisen durchwegs optimistisch. Die Bäuerinnen und Bauern fragen sich zu Recht, woher dieser Optimismus kommt. Statt Politik
nach dem Prinzip Hoffnung, wäre es nunmehr an der Zeit für konkrete Maßnahmen. Es wird nicht genügen, zu warten, bis alle kleinen Betriebe zugesperrt haben,
um dann statistische Steigerungen der Durchschnittseinkommen feiern zu können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, zugunsten der heimischen Landwirte folgende Punkte umzusetzen:

•     Überarbeitung der GAP: Es braucht weniger EU-Bürokratie. Statt Bauern
zu verpflichten weitere Flächen aus der Produktion zu nehmen, muss die heimi­sche Produktion unterstützt und gestärkt werden.

•     SV-Beiträge in der Krise erlassen: Als gerechte, rasche und unbürokratische Hilfe, braucht es einen Rettungsschirm für die Landwirtschaft.

•     AMA-Marketing Beiträge abschaffen: Allein im Jahr 2020 hat die AMA-Marketing knapp 19 Millionen Euro an Beiträgen eingenommen, die besser bei den bäuerlichen Familien geblieben wären.

•     Kostenexplosion bremsen: Die Mehrwertsteuer und Mineralölsteuer müssen
für alle landwirtschaftlichen Betriebe während dieser Krise ausgesetzt werden, um die explodierenden Produktionskosten einzudämmen.

•     Agrargipfel für Ernährungssouveränität: Der Stand der heimischen Ernäh­rungssouveränität muss im Rahmen eines Agrargipfels endlich diskutiert werden, um sinnvolle Konzepte für die Zukunft zu erarbeiten.“

1     www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00746/index.shtml

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Klaus Köchl. – Bitte, Herr Ab­geordneter.


19.33.53

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Grüne Bericht ist sehr umfang­reich, er hat rund 300 Seiten. Mir sind zwei Punkte besonders aufgefallen, und zu diesen möchte ich gerne sprechen: zum einen zu den Pestiziden und zum anderen zum Einkommen der Bäuerinnen und Bauern.

Chemische Pestizide passen heute einfach nicht mehr in eine moderne Landwirtschaft. Darauf gehört geschaut, und deshalb werden wir heute dazu einen Antrag einbringen. Es geht um weniger Pestizide, weniger Dünge­mittel, weniger Antibiotika und vor allem auch um den Tierschutz. (Beifall bei
der SPÖ.)

Mich stört ganz einfach, dass die Förderungen der ÖVP immer so gestaltet sind, dass der Bauer mit dem Ganzen gar nicht aufhören kann. Ihr fördert immer genau diese Bauern; und es werden weniger Betriebe, die das so machen, aber es gibt Betriebe, die immer mehr Giftmittel je Fläche aufbringen. Dazu sage
ich, das passt nicht, und deshalb stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Klaus Köchl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „verbindliche Reduzierung chemisch-synthetischer Pestizide und Forschungs­strategien für schonende Alternativen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, wird aufgefordert

- sich für eine europäische Forschungsstrategie für schonende Alternativen zu herkömmlichen chemisch-synthetischen Pestiziden einzusetzen,

- eine österreichische Forschungsstrategie für alternative Ansätze zu chemisch-synthetischen Pestiziden in der Landwirtschaft zu entwickeln und unter dem
Titel ,Wege zu einer pestizidfreien österreichischen Landwirtschaft‘ ein breites Forschungsprojekt in Angriff zu nehmen, sowie

- sich auf europäischer Ebene für eine Gesetzgebung einzusetzen, die
eine verbindliche Reduktion der chemisch-synthetischen Pestizide europaweit vorsieht.“

*****

Das ist unser Antrag, und das wäre ganz wichtig, vor allem für die Landwirte.

Weiters möchte ich noch ein bisschen auf das Einkommen der Bauern eingehen: Es gibt in diesem Grünen Bericht eine Grafik, die ganz klar zeigt, wie viel die Bauern verdienen, und dieser Grüne Bericht stimmt einfach nicht, weil er die Tatsachen nicht abbildet.

Zum einen ist es ein Viertel, das recht wenig verdient, das da nicht einmal vorkommt, und zum anderen gibt es Spitzenverdiener – sie kommen in diesem Bericht auch nicht vor. Der Bauer in der Mitte drinnen verdient gerade so
viel, dass man sagen kann: Er kommt aus. Da gehört ganz einfach eine andere Förderstruktur her, und ihr von der ÖVP seid genau diejenigen, die das
zu verantworten haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Da könnt ihr nämlich nicht hergehen und sagen: Die letzten 20 Jahre haben das die Sozialisten gemacht, haben das die Grünen gemacht, haben das die Freiheitlichen gemacht! – Ihr alleine seid für das verantwortlich, was die Land­wirtschaft betrifft (Abg. Wöginger: Gott sei Dank! Dafür funktioniert sie ja auch!), dafür seid ihr in Verantwortung zu nehmen, und ihr könnt euch dafür schämen, dass ihr nicht besser auf die Bauern schaut! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Keine Ahnung von Ackerbau und Viehzucht!)

19.36

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Klaus Köchl,

Genossinnen und Genossen

betreffend verbindliche Reduzierung chemisch – synthetischer Pestizide und For­schungsstrategien für schonende Alternativen

im Zusammenhang mit TOP 19, Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2022 der Bundesregierung (III-746 d.B.), (1735 d.B.)

Der Grüne Bericht ist jährlich gemäß § 9 des Landwirtschaftsgesetzes vom Landwirtschaftsminister vorzulegen. Er soll jene Daten liefern, auf denen die Land­wirtschaftspolitik aufbauen kann.

Dies betrifft auch die Informationen über Betriebsmittel, wie chemisch – synthetische Pestizide.

Im Rahmen der „Farm to Fork“ – Strategie laufen derzeit die Vorbereitungen für die Trilog-Verhandlungen für eine VO (EU), die vorsieht, dass die Mitgliedsstaaten
die chemisch-synthetischen Pestizide verbindlich reduzieren müssen. Die "Vom Hof auf den Teller"- Strategie ist ein wichtiger Eckpfeiler des europäischen Green
Deal. Diese Strategie steht für eine umweltfreundlichere Produktion von Lebensmit­teln. Ziel ist, weniger Pestizide, Antibiotika und Düngemittel einzusetzen, Tier­schutz zu verbessern und Fischerei nachhaltiger zu gestalten. Enthalten ist unter an­derem eine Halbierung der Verwendung und des Risikos chemischer Pestizide bis 2030 und eine Halbierung des Einsatzes gefährlicherer Pestizide bis 2030. Insge­samt soll es einen Bio-Anteil von 25 Prozent in der Landwirtschaft geben.

Die Kommission will mit diesem Schritt auch das Massensterben von Bienen, die für die Bestäubung und damit die Lebensmittelproduktion ein entscheidender Faktor sind, aufhalten und stellt klar, dass „der Einsatz von Pestiziden zur Verschmutzung von Böden, Gewässern und der Luft“ führt.

Es braucht im Bereich der Pestizide eine Wende hin zu umweltschonenden Alter­nativen.

Die Bäuerinnen und Bauern brauchen Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Es müssen alle Anstrengungen dahingehend unternommen werden, dass schnellstmöglich diese Alternativen gefunden werden können.

Um den gesundheitsschädlichen Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden schneller in den Griff zu bekommen, ist eine europäische und österreichische Forschungsstrategie für schonende Alternativen zu herkömmlichen Pflanzengiften notwendig.

Der Grüne Bericht 2022 zeigt auf, dass mit Stand Ende 2021 in Österreich 1.515 Pflanzenschutzmittel zum Inverkehrbringen zugelassen waren (+6). Tabel­le 1.2.1.5 gibt die Übersicht über die Wirkstoffstatistik 2017 bis 2021, also die durch den Handel mit Pestiziden in Verkehr gebrachten Wirkstoffmengen. Aus dieser Tabelle geht hervor, dass mit den in Verkehr gebrachten Pflanzenschutzmitteln die Gruppe der chemisch-synthetischen Wirkstoffe überproportional zunahm und zwar um 8,7 %. Hier muss besonders darauf hingewiesen werden, dass diese lediglich in der konventionellen Landwirtschaft verwendet werden dürfen, deren Flächen­anteil in den letzten Jahren weiter abgenommen hat.

Eine Zunahme dieser Wirkstoffe bedeutet also, dass dies auch eine Zunahme je ver­bleibender Fläche mit sich bringt, also die Belastung pro Hektar steigt.

Es gab eine Steigerung sowohl bei den Herbiziden, als auch den Insektiziden und Fun­giziden.

Diese Daten zeigen, dass es äußerst wichtig ist, dass die Initiativen auf europäischer Ebene für eine verbindliche Reduktion der chemisch-synthetischen Pestizide durch Österreich unterstützt werden und nicht abgeschwächt werden.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesonders der Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Regionen und Wasserwirtschaft, wird aufgefordert

•     sich für eine europäische Forschungsstrategie für schonende Alternativen zu herkömmlichen chemisch-synthetischen Pestiziden einzusetzen,

•     eine österreichische Forschungsstrategie für alternative Ansätze zu

chemisch-synthetischen Pestiziden in der Landwirtschaft zu entwickeln und unter dem Titel „Wege zu einer pestizidfreien österreichischen Landwirtschaft“ ein
breites Forschungsprojekt in Angriff zu nehmen, sowie

•     sich auf europäischer Ebene für eine Gesetzgebung einzusetzen, die eine verbindliche Reduktion der chemisch – synthetischen Pestizide europaweit vorsieht.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Franz Leonhard Eßl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.36.55

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir den Grünen Bericht für 2021 diskutieren und bei den Bauern
ein Einkommensplus von 15 Prozent vernehmen, dann könnte man in Euphorie verfallen.

Diese Euphorie ist aber nicht angebracht, vor allem dann nicht, wenn man eine langfristige und mittelfristige Betrachtung ansetzt. Der Herr Bundesminister
hat schon erwähnt, dass wir 2017 und eigentlich 2012 schon das Einkommens­niveau von jetzt erreicht hatten. Im nächsten Jahr werden die Betriebsmit­telpreise noch stärker zu Buche schlagen und sich auswirken. Wenn wir diesen Bericht also vorsichtig positiv beurteilen, dann ist es genau richtig.

Es gibt auch Unterschiede bei den Einkommen, die zu bemerken sind. Die Nichtbergbauern haben 32 600 Euro pro Familienarbeitskraft und die Bergbauern haben 17 400 Euro. Da gibt es einen Unterschied, und da ist etwas zu tun. Die Nichtbergbauern befinden sich in guter Gesellschaft mit
den unselbstständig Erwerbstätigen, die 30 200 Euro verdienen, sowie mit den Industriearbeitern, die 35 500 Euro verdienen. Im Bergbauernbereich aber ist Handlungsbedarf gegeben.

Daher werden wir in der Zukunft für die Bäuerinnen und Bauern Unterstützung einfordern, insbesondere für den bergbäuerlichen Bereich, und wir werden
es nicht nur einfordern, sondern die ÖVP tut es auch!

Ich darf mich herzlich bei Bundesminister Norbert Totschnig bedanken. Er ist ein Fachmann und weiß, worauf es ankommt. Er hat schon ein Programm mit Direktzahlungen, Öpul, Investitionsförderungen geschnürt, und die Ausgleichs­zulage für die Bergbauern wurde mit 5 Millionen Euro höher als in der Vergangenheit angesetzt. – Danke dafür, dass du es so machst! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Maurer.)

Wenn die Opposition Höfesterben beklagt, dann müssen wir eigentlich diese Meinungen, die Sie vertreten, hinterfragen. Wenn Kollege Kainz von der Freiheitlichen Partei herauskommt und nicht eine Verbesserung des Tiertrans­portes verlangt, sondern sagt: Setzen wir dem Tiertransport ein Ende! (Zwischenruf der Abg. Voglauer), dann bedeutet das, dass keine Zuchtviehver­steigerung stattfinden kann, liebe Bäuerinnen und Bauern! Das bedeutet, dass kein Tier mehr verkauft werden kann. Ja woraus soll dann der Viehbauer, der Rinderbauer, der Tierhalter das Einkommen schöpfen können? (Abg. Lausch: So ein Unsinn! Da geht’s um Lebendtiertransporte und ...!)

Generell ist die Opposition dazu geneigt, die Auflagen für die Produktion in
die Höhe zu schrauben. Kollege Köchl hat das in seiner Rede wieder un­terzubringen versucht, und von den Freiheitlichen kam das auch.

Da sind die Bäuerinnen und die Bauern bei der ÖVP besser aufgehoben, weil wir für eine praxisorientierte Landwirtschaft und für Regeln sind, die auch praktikabel sind und eingehalten werden können. (Zwischenrufe der Abgeordneten Doppelbauer und Kainz.) Generell ist diese Regierung dafür, dass es auch
in der Zukunft Bäuerinnen und Bauern gibt, die ihre Aufgaben erfüllen können.

Die Bäuerinnen und Bauern sorgen für Sicherheit im Land – es gibt nicht nur die innere, die äußere und die soziale Sicherheit –: Sie garantieren Ernährungs­souveränität, hochwertige Lebensmittel in ausreichender Menge. Sie pro­duzieren erneuerbare Energie und stellen diese bereit. Die Bäuerinnen und die Bauern gestalten unseren Lebensraum, einen Lebensraum mit Lebensqualität.

Die Bäuerinnen und die Bauern sorgen für Lebensqualität (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Maurer und Disoski), und diese Regierung sorgt dafür, dass dies auch in der Zukunft so sein kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.41


19.41.07

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich darf Frau Bundesminister Tanner sehr herzlich zu dieser späten Stunde bei uns begrüßen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wünschen die Klubs eine Sitzungsunterbrechung? – Auch das kann ich nicht erkennen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, den vorliegenden Bericht III-746 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerhard Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz des Men­schen vor Wolfsangriffen muss Vorrang haben“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind,
um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erweiterung der Datengrundlage des Grünen Berichts zur Verbesserung der Gesamtanalyse“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringliche Erar­beitung einer Machbarkeitsstudie zur Wasserversorgung der Landwirtschaft und rasche Forschung zu Wasserentnahmen wegen der drohenden Grundwasser­krise bis zum Jahr 2050“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind,
um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag
ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kostenlawine Stoppen – Entlastungspaket für die Landwirtschaft“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind,
um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag
ist abgelehnt.

Und wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag
der Abgeordneten Klaus Köchl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „verbindliche Reduzierung chemisch-synthetischer Pestizide und Forschungs­strategien für schonende Alternativen“. (Abg. Kucher: Gerade da müsste die FPÖ mitgehen!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind,
um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag
ist abgelehnt.

19.43.2520. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 2130/A(E)
der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umbenennung der Windisch-Kaserne in Klagenfurt (1736 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Es wurde auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.43.49

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin, erlauben Sie mir, dass ich zu Beginn meiner Rede zu einem aktuellen Fall Stellung nehme: Wenn im österreichischen Bundesheer ein Unteroffizier in SS-Uniform herumspaziert, wenn er mehrfach den Hitlergruß zeigt, dann ist da ganz klar eine rote Linie überschritten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Dann muss für uns – und ich hoffe, für alle Parteien in diesem Hohen Haus re­den zu können – mit der Überschreitung dieser roten Linie mit Blick auf das Verbotsgesetz auch ganz klar sein, dass so jemand im österreichischen Bun­desheer keinen Platz mehr haben darf. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Michael Hammer.)

Da erwarte ich mir keinen schlampigen Umgang mit dieser Situation, sondern dass Sie, Frau Ministerin, alle Möglichkeiten ausschöpfen, die Sie haben und die Sie gehabt hätten. Da müssen Sie auch entsprechend agieren!

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch der Anlass für den vorliegenden Antrag ist Ausdruck des schlampigen Umgangs Österreichs mit der Geschichte,
mit der Verantwortung aus der Geschichte, die wir tragen, gerade wenn es um die Verbrechen des Nationalsozialismus geht. Nach wie vor sind österreich­weit Straßen, Plätze oder auch öffentliche Einrichtungen wie diese Kaserne nach Personen benannt, die eine wirklich historisch belastete Biografie aufweisen.

Ich nenne zum Beispiel auch die kürzlich angekündigte Umbenennung des
Dr.-Dollfuß-Platzes in Mank: Auch dort hat sich gezeigt, dass es notwendig ist, dass man mit Konsequenz daran arbeitet und sich für diese Umbenennung einsetzt. Ich danke all jenen, die auch hartnäckig an diesem Thema drangeblie­ben sind (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Brandstätter), die gezeigt haben, dass es sich lohnt, diese Punkte historisch aufzuarbeiten, weshalb es jetzt hoffentlich auch dort zu einer entspre­chenden Umbenennung kommt.

Ähnlich verhält es sich mit der Windisch-Kaserne in Klagenfurt, benannt nach Generalmajor Alois Windisch. Dessen öffentliche heldenhafte Darstellung
ist lückenhaft und in der Form, wie sie ist, tatsächlich nicht zu gebrauchen. Man weiß, dass Windisch sich schon sehr früh im illegalen Nationalsozialistischen Soldatenring betätigt hat, und er war nicht nur federführend am Überfall auf das neutrale Norwegen beteiligt, sondern auch als Kommandant der 373. Infan­teriedivision im brutalen Kampf gegen die Partisaninnen und Partisa­nen eingesetzt.

Für uns steht fest, dass im Jahr 2022 in Österreich keine Kaserne nach
Alois Windisch benannt sein darf! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Brandstätter.)

Ja, wir kennen diese Diskussion und die Forderung nach einer Umbenennung, Frau Kollegin Blimlinger, die Sie als Vertreterin und Abgeordnete einer Re­gierungspartei ja immer wieder – fast mantraartig, kann man sagen – auch hier herinnen aufstellen. Wir als SPÖ setzen das jetzt in Taten um: Wir haben einen Antrag eingebracht, der weitergehend ist. Wir können aber auch mit dem §-27-Antrag mitgehen.

Arbeiten wir daran, dass der Name demnächst Geschichte ist! Ganz ehrlich,
ich kann mich auch sehr gut damit anfreunden, diese Kaserne nach Richard Wa­dani zu benennen, der vor zwei Tagen seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte
und nach dem in Wien mittlerweile auch ein Gemeindebau benannt wor­den ist. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grü­nen sowie der Abgeordneten Brandstätter und Krisper.)

19.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Frau Bun­desministerin Mag.a Klaudia Tanner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bun­desministerin.


19.47.37

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich melde mich ganz bewusst jetzt zu Wort, wobei eigentlich den Worten des Herrn Bun­despräsidenten nichts mehr hinzuzufügen ist. (Abg. Hafenecker: Dann passt’s ja eh!) Andererseits: Wir können nicht von der vollen Härte des Gesetzes und von null Toleranz sprechen, wenn wir dem dann keine Taten folgen lassen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe daher entschieden, dass ich neben den zahlreichen Präventionsmaßnahmen wie Schulungen und bewusst­seinsschaffenden Maßnahmen in meinem Ressort eine Kommission nach § 8 einrichten werde, die sich mit der Bekämpfung von staatsfeindlichen Ten­denzen beschäftigen wird, eine Kommission, die auch gesetzliche Maßnahmen, die zur Vermeidung derartiger Fälle notwendig sind – Sie wissen das alle, sowohl im Beamten-Dienstrechtsgesetz als auch im Strafgesetzbuch –, erarbei­ten wird.

Ich will nicht mehr nur über die volle Härte des Gesetzes reden, dann aber keine Maßnahmen folgen lassen können. Ich bitte Sie daher alle um Ihre Unterstüt­zung! Bis nächste Woche werde ich diese Kommission einrichten. – Vielen Dank. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS.)

19.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Andreas Minnich. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.49.11

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Liebe Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrte Damen und Her­ren zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Bevor ich zum eigentlichen The­ma heute komme, möchte ich eines noch kurz vorweg erwähnen: Wir kommen langsam zum Abschluss von zwei sehr intensiven Plenartagen – orf.at titel­te heute: deftige Debatten und Schlagabtausch im Nationalrat.

Bei dem, was hier im Parlament in den letzten zwei Tagen wieder geboten wurde, muss ich zugeben, dass ich mich jetzt schon darauf freue, wenn ich als regionaler Politiker heute wieder in meine blau-gelbe Heimat Niederöster­reich fahre. Dort wird nämlich ein Miteinander in der politischen Arbeit gelebt.

Liebe Kollegen, ich glaube, wir müssen wieder zu einem konstruktiven Umgang zurückfinden. (Abg. Hafenecker: Wer hat dir das aufgeschrieben?) Es geht nicht darum, wer am lautesten schreit, sondern darum, wie wir die besten Lösungen für unsere Landsleute finden. Das ist der Auftrag, den uns die Bevölkerung
gibt, und dem sollten wir folgen. (Beifall bei der ÖVP.) Auf Gemeinde- und Lan­desebene schaffen wir das auch. Warum nicht hier?

Jetzt aber zum eigentlichen Thema: Wir behandeln heute ein Thema, das schon das eine oder andere Mal von Kollegin Blimlinger angesprochen wurde. Ge­schätzte Kollegin Blimlinger! Man sieht: Beharrlichkeit zahlt sich aus. Es geht um die Umbenennung der Windisch-Kaserne in Klagenfurt. Zur Einordnung: Die SPÖ hat einen Entschließungsantrag zur Umbenennung der Windisch-Kaserne in Kärnten eingebracht. Diesem Ursprungsantrag konnten wir uns nicht an­schließen. Ein Abänderungsantrag wurde dazu von uns erstellt, dem wir uns mit breiter Mehrheit anschließen.

Für uns ist es wichtig, dass Historie nicht ausradiert oder gelöscht wird, sondern kontextualisiert wird. Der Szokol-Hof in Wien ist hier ein gutes Best-Practice-Beispiel. Die Militärhistorische Denkmalkommission wurde damit beauftragt und befasst sich mit dieser Angelegenheit. Was für uns besonders wichtig ist:
dass die Region, das Land und die Menschen vor Ort in die Namensgebung der Kaserne miteingebunden werden.

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Bevor ich meine Rede beende, möchte ich von diesem historischen Thema noch zu etwas Aktuellem kommen. Letzte
Woche konnte ich mir beim Tag der Leutnante ein Bild von den neuen 101 Füh­rungskräften machen, die nach ihrer abgeschlossenen Ausbildung in die Truppe übernommen wurden. Mit einer sehr beeindruckenden Vorführung und auf einem toll gefüllten Maria-Theresien-Platz in Wiener Neustadt samt anwesendem Bundespräsidenten hat unser Bundesheer gezeigt, wie attraktiv eine Karriere in der Landesverteidigung ist.

Geschätzte Frau Bundesminister! Ich glaube, genau so halten wir unser Heer attraktiv und sichern unseren Nachwuchs. – Herzlichen Dank! – Vielen
Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Ing. Mag. Volker Reifenber­ger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.53.07

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Hohes Haus! Heute müssen wir leider miterleben, dass auch im Verteidigungsministerium die Cancel Culture Einzug hält. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Grünen sind in der Regierung und die ÖVP ist zu feige und zu nachgiebig, sich gegen den politischen Druck von links zur Wehr zu setzen.

Frau Kollegin Blimlinger von den Grünen hat sich zum Ziel gesetzt, die Windisch-Kaserne in Klagenfurt umzubenennen. (Abg. Voglauer: Ja ...! – Beifall bei den
Grünen sowie des Abg. Amesbauer.)
Abgesehen davon, dass wir eigentlich viel wichtigere Themen beim Bundesheer hätten, muss man solchen Entwicklungen entschieden entgegentreten; aber außer uns Freiheitlichen traut sich das an­scheinend keiner.

Wir Freiheitliche lehnen diese Umbenennung ab. Nur weil ein hochrangiger Offizier im Zweiten Weltkrieg Dienst versehen hat, heißt das noch lange nicht automatisch, dass er zu verurteilen ist. (Beifall bei der FPÖ.) Alois Windisch,
damals Oberst des Generalstabs, wurde beim Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wegen seiner offen gezeigten und bekannten Ablehnung
der neuen Machthaber von den Nationalsozialisten als unzuverlässig eingestuft und daher nicht in den deutschen Generalstabsdienst übernommen. Eigent­lich hätte er in Pension geschickt werden sollen, aber aufgrund des Kriegsausbruches wurden erfahrene Truppenoffiziere dringend gebraucht.

Alois Windisch war bei seinen Untergebenen für seine Besonnenheit und für seine Fürsorge bekannt und damit ein beliebter Kommandeur. Er wurde
zum Beispiel einmal seines Kommandos enthoben, weil er einen Angriffsbefehl als sinnlos abgelehnt hatte. Es folgten daher auch karrieretechnische Rückschritte, aber aufgrund der Verschlechterung der allgemeinen militärischen Lage und seiner Ausbildung zum Generalstabsoffizier wurde er schließlich
zum Divisionskommandanten und Generalmajor befördert.

Windisch war allerdings stets unter misstrauischer Beobachtung der Nationalsozialisten, weshalb ihm immer wieder Kommanden entzogen wurden. Bei Kriegsende wurde er von den Amerikanern gefangen genommen, an
die Rote Armee ausgeliefert, die ihn wiederum an Jugoslawien weitergeleitet hat, weil er auch einmal am Balkan Dienst versehen hat. Dort wurde er
in einem unfairen Schauprozess in Tito-Jugoslawien schließlich zum Tode ver­urteilt. Und festzuhalten ist, dass in Tito-Jugoslawien Hunderte Offiziere unter Folter zu Geständnissen gezwungen wurden, um als angebliche Kriegsver­brecher verurteilt zu werden.

Gerüchten zufolge wurde das Todesurteil aber aus einem Grund nicht vollzogen: weil sich ein ehemaliger Untergebener aus dem Ersten Weltkrieg, der später hochrangiger Partisanenoffizier in Jugoslawien war, für seinen ehemaligen Kom­mandanten eingesetzt und interveniert hat, weil er ihn als menschlich und fürsorglich in Erinnerung hatte.

Durch Bemühungen des Bundespräsidenten Theodor Körner schließlich wurde Windisch im Jahr 1952 als einer der letzten Kriegsgefangenen aus Tito-Jugoslawien entlassen und vom späteren ersten österreichischen Verteidigungs­minister Ferdinand Graf feierlich in Empfang genommen.

Im Jahr 1958 ist Windisch schließlich an den Folgen der erlittenen Folter und der Haft verstorben, und zu seinen Ehren wurde eine Kaserne in Klagenfurt Windisch-Kaserne genannt. Diese späte Würdigung – und das ist wichtig zu be­tonen – erfolgte erst in der Zweiten Republik, nach Ende des Zweiten Welt­kriegs. Unter den Nationalsozialisten wäre ihm eine solche Ehre aufgrund seiner politischen Unzuverlässigkeit niemals zuteilgeworden.

Wer sind wir, dass wir jetzt, viele Jahrzehnte später, hergehen und diesen historischen Namen auslöschen sollen? (Ruf bei den Grünen: Antifa­schisten!) Glauben wir, dass wir besser über einen Offizier urteilen können, als es die damaligen Zeitgenossen getan haben? (Rufe bei den Grünen: Ja! Ja!) Und wenn Frau Kollegin Blimlinger hier gleich ans Rednerpult treten wird und ihn als verurteilten Kriegsverbrecher titulieren wird (weitere Zwischenrufe bei den Grünen), dann darf man das so nicht stehen lassen. In Tito-Jugoslawien hat es mit Sicherheit keinen fairen rechtsstaatlichen Prozess gegeben, son­dern Folter und unvorstellbare Haftbedingungen.

Festzuhalten ist auch, dass laut der Anfragebeantwortung des seinerzeitigen Verteidigungsministers Darabos – ein politisch äußerst Unverdächtiger –
im Jahr 2011 zur Vergangenheit von Alois Windisch weder eine NS-Nähe noch
ein Kriegsverbrechen festgestellt werden konnten.

Im Nachhinein den Stab über Soldaten zu brechen, die sich jetzt nicht mehr wehren können, genau das ist typisch für die Grünen. Und den Gipfel setzen die Grünen damit auf, dass sie die Windisch-Kaserne jetzt auch noch nach einem Deserteur umbenennen möchten. (Rufe bei den Grünen: Ja! – Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Was hätte das für eine Symbolkraft für das österreichische Bundesheer, für unsere Soldaten, die ihre Gesundheit und
ihr Leben in den Dienst der Landesverteidigung stellen!? (Anhaltender Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wurm: Bravo! Sehr gute Rede!)

19.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Eva Blimlinger. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Ruf bei der FPÖ: Schämt euch!)


19.57.52

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren, auch vor
den Bildschirmen! Richard Wadani – Sabine Schatz hat es schon er­wähnt – wurde am 11. Oktober 1922 in Prag geboren. Er hätte am Dienstag seinen 100. Geburtstag gefeiert. Am Montag wurde des Kämpfers für die Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz in einer Feier gedacht – in Anwesenheit seiner Weggefährten, seiner Freundinnen und Freunde und vor allem seiner Witwe Linde Wadani, die Richard über all die Jahre begleitet, beraten und unterstützt hat. Am Dienstag wurde in Wien-Simmering, wo das Ehepaar lange Jahre lebte, der Gemeindebau in der Kaiser-Ebersdorfer-Straße 12–18 in Wien nach ihm benannt, und jetzt fehlt nur noch, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt wird. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sind uns einig, dass in Österreich keine Kaserne oder irgendein Gebäude den Namen eines verurteilten NS-Kriegsverbrechers tragen soll. – Nein, nicht alle. Die FPÖ hat das schon im Ausschuss bestritten und behauptet, es ist eh alles bestens, zitiert aus Wikipedia (Heiterkeit des Abg. Stögmüller), dass eh alle
ganz zufrieden wären. (Abg. Reifenberger: Auf der Homepage des Ver­teidigungsministeriums! – Abg. Hafenecker: Auf der Homepage des Verteidigungs­ministeriums!)

Die FPÖ singt immer noch das Lied der sauberen Wehrmacht. Verabschieden Sie sich davon! Vergessen Sie das endlich! Die Wehrmacht war nicht sauber.
Sie waren Kriegsverbrecher. Sie haben Leute umgebracht. (Beifall bei den Grü­nen. – Ruf bei der FPÖ: Setzen! Nicht genügend! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sie wollen einfach nicht zur Kenntnis nehmen, dass Geschichte eine ist, die offensichtlich nicht die Ihre ist: weil Sie dem Nationalsozialismus in einer Weise huldigen, wo man nur sagen kann, es ist wirklich zum Schämen (Abg. Hafen­ecker: Schämen Sie sich!), wie Sie damit umgehen. (Beifall und Bravorufe bei den Grünen.)

Sie glauben den Reinwaschungen in Wikipedia, und es ist so, dass selbstver­ständlich, ah, ah (Abg. Hafenecker: Lesen sollte man schon können! – Ruf bei der FPÖ: Runterlesen wenigstens! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), Windisch als Kriegsverbrecher verurteilt worden ist. Es ist auch ein Fehler von Ferdi­nand Graf und auch von Kollegen Darabos gewesen, der sich vielleicht auch nicht in die Geschichte vertieft hat, zu sagen: Windisch hatte nichts
mit dem Nationalsozialismus zu tun. (Abg. Reifenberger: Was hat er denn ...?) – Ein grober historischer Irrtum, wenn Sie den weiter glauben, sage ich nur, grenzt es fast an Wiederbetätigung (heftiger Widerspruch bei der FPÖ – Rufe bei der FPÖ: He, hallo! – Abg. Amesbauer: Schämen Sie sich! Unglaublich! – Rufe bei der FPÖ:
Ist ja unglaublich! Das gibt’s ja wohl nicht! Skandal!),
aber da sind wir einmal dabei. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hafenecker: Schämen Sie sich! Das ist Faschis­mus! – Rufe bei den Grünen: Hallo?! Hallo?! – Abg. Disoski: Ordnungsruf vielleicht?)

Vor 13 Jahren, am 21. Oktober 2009 (Rufe und Gegenrufe zwischen Abge­ordneten von FPÖ und Grünen), wurde das Aufhebungs- und Rehabilitierungsge­setz beschlossen (Abg. Hafenecker: Sie verkappten Kommunisten! – Abg. Brandstätter: Bitte Ruhe!), welche alle Opfer der NS-Militärjustiz rehabili­tierte, auch die Deserteure. Richard Wadani hat viel dazu beigetragen (Abg. Brückl: Das Letzte ... unglaublich!), dass dies, spät, viel zu spät, geschehen
ist. (Ruf bei der FPÖ: Und so was lässt man auf unsere Studenten los!) Es war der Erfolg des am 22. Oktober 2002 gegründeten Personenkomitees Gerech­tigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz, das durchzusetzen. Wadani war deren Sprecher, und dieser Organisation ist bis heute zu danken, weil sie viel für Aufklärung, Information und auch für historische Aufklärung sorgt. Vielleicht soll­ten Sie sich das einmal anhören, Kollegen von der FPÖ! Mein Dank gilt
an dieser Stelle den seit Jahrzehnten tätigen Personen im Personenkomitee.

Ich hoffe wirklich sehr, dass die unabhängige Kommission unter Einbindung des Landes Kärnten und der Stadt Klagenfurt den Vorschlag machen wird, dass
die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt wird. (Ruf bei der FPÖ: Nur weil Sie das wollen oder wie?) Die diesbezüglichen historischen Gutachten wurden der Kommission, auch der Frau Bundesministerin, schon vor längerer Zeit übergeben. (Abg. Hafenecker: ... Kommissionen oder Kommis­sare? Politkommissare machen das!) Die SPÖ unterstützt dankenswerterweise dieses Vorhaben, und somit hoffe ich, dass auch der Kärntner Landeshauptmann das umsetzen wird.

Es würde mich außerordentlich freuen, wenn es gelingen würde, dass wir zum Beispiel am 7. Jänner den Geburtstag von Linde Wadani, am 27. April, Un­abhängigkeitserklärung (Abg. Hafenecker: Steht Ihnen frei!), am 8. Mai, Ende des Zweiten Weltkriegs – und es war ein Sieg und keine Niederlage, meine Her­ren! (Beifall und Bravoruf bei den Grünen sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ) –, oder am 15. Mai, Unterzeichnung des Staatsvertrags, die Umbenennung in Richard-Wadani-Kaserne feierlich begehen können. (Zwischenruf des Abg. Rauch.) Es wäre nicht zuletzt auch ein Bekenntnis des österreichischen Bundesheeres
zu den Deserteuren der deutschen Wehrmacht (Abg. Hafenecker: Das Sie abschaffen wollen!), auch wenn sie österreichische Staatsbürger waren. Und es ist nicht das österreichische Bundesheer, aus dem sie desertiert sind, sondern die deutsche Wehrmacht (Ruf bei den Grünen: Genau!), der Sie of­fensichtlich immer noch huldigen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der SPÖ.) Es wäre ein Geschenk an Linde Wadani.

Ganz zum Schluss – denn mein Ceterum-censeo muss ich heute, glaube ich, nicht wiederholen – habe ich noch eine Bitte an die Frau Ministerin (Abg. Ames­bauer: Grauslich ...!): Sorgen Sie dafür, dass die beiden Tafeln mit Bundesheer­wappen im Ehrenhain des Ulrichsbergs abmontiert werden! Es gibt eine Dis­kussion darüber, ob es Tafeln von euch sind oder Zeichen, aber wenn es nur Zei­chen sind, dann ist es im Interesse des Bundesheeres (Abg. Kassegger – in Richtung Bundesministerin Tanner –: Sorgen Sie dafür, dass alle Kriegerdenkmäler geschliffen werden! Das wäre auch noch dazuzusagen!), dass diese Wappen des Bundesheeres nicht missbräuchlich verwendet werden.

Wir brauchen ein gutes, ein historisch bewusstes österreichisches Bundesheer. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kassegger:
Und alle Kriegerdenkmäler schleifen! –Abg. Amesbauer: Schämen Sie sich! Schämen Sie sich! – Abg. Hafenecker: Eine Schande!)

20.03

20.03.26*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, für den Vorwurf des Anstreifens an der „Wiederbetätigung“ erteile ich einen Ordnungsruf.

*****

Zu Wort gelangt nun Abgeordneter Volker Reifenberger. (Abg. Disoski: Was ist mit Faschismus?! Die Grünen sind Faschisten?! Das ist kein Ordnungsruf?) –
Moment! (Abg. Disoski: Die Grünen sind die größten Faschisten – das ist kein Ordnungsruf?) – Das habe ich nicht gehört. (Abg. Disoski: Dann lassen Sie sich das Protokoll bringen!) Wer hat das gesagt? (Rufe bei den Grünen: Abge­ordneter Hafenecker! Hafenecker! – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

20.03.48*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich erteile einen Ordnungsruf. Auch das ist bitte schön nicht in Ordnung!

Und ich sage Ihnen eines: Wir sind hier das Parlament und hier gibt es keine Wiederbetätigung und auch keine Faschisten – beides nicht! (Beifall bei der SPÖ.) Deshalb bitte, kommen wir wieder ein bisschen runter und versuchen, ver­nünftig zu sprechen!

*****

Bitte, Herr Abgeordneter, zu einer tatsächlichen Berichtigung.


20.04.07

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Abgeordnete Blimlinger hat soeben in ihrer Rede behauptet, ich hätte meine Informationen ausschließlich
von der Homepage Wikipedia bezogen.

Ich berichtige tatsächlich: Der gesamte Lebenslauf des Generalmajors Windisch stammt von der offiziellen Homepage des Verteidigungsministeriums, welche Sie unter der Adresse www.denkmal-heer.at/wissenswertes/windischkaserne finden. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.)

20.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Landesverteidigungsausschusses und fahre in der Erle­digung der Tagesordnung fort.

20.05.0221. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 2651/A(E) der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Im­merwährende Neutralität für Österreich (1737 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 2756/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des KSE (1738 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 21 und 22 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordneter Robert Laimer. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


20.05.43

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Werte Abgeordnete! In knapp zwei Wochen begehen wir wieder unseren Staatsfeiertag, der unverbrüchlich mit dem Neutrali­tätsgesetz im Verfassungsrang vom 26. Oktober 1955 begründet ist.

War es mit Beginn der Demokratie und mit der Republiksgründung ursprünglich der 12. November, den wir als Staatsfeiertag jährlich begehen durften, so
wurde mit der Ausschaltung des Parlaments am 4. März 1933 sowie der Ausru­fung des Ständestaates durch den Austrofaschisten Dollfuß dieser Feiertag zu Grabe getragen. Mit der darauffolgenden Schreckensdiktatur der Nazis wurde schlussendlich auch Österreich und mit ihm viele seiner Einwohner begraben.

Meine Damen und Herren, die leidvolle Geschichte Österreichs wurde mit dem Staatsvertrag und der immerwährenden Neutralität beendet. Ein neues, von Hoffnung getragenes Kapitel wurde aufgeschlagen, die Zweite Republik, die den Menschen über viele Jahre Friede, Freiheit und Wohlstand brachte. Und vergessen Sie nicht die politische Punktlandung dazu, die von unseren damaligen sehr umsichtigen und klugen Staatslenkern mit der Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrages vom 15. Mai hingelegt wurde, dies auch vor dem Hintergrund, dass tags zuvor der Warschauer Pakt gegründet wurde.

Meine Damen und Herren, ich möchte das auch anhand meiner Person als Niederösterreicher, Jahrgang 1966, exemplarisch skizzieren. Ohne Neutralität beziehungsweise in einem geteilten Österreich wäre ich erst im Alter von 23 Jahren, nach dem Fall des Eisernen Vorhanges, in das westliche System ge­kommen. Mein 1990 geborener Sohn wäre demnach nur mehr mit den Fol­geschäden des kommunistischen Regimes konfrontiert gewesen, genauso wie alle Wiener und Burgenländer.

Denken Sie darüber nach, wie wertvoll der rot-weiß-rote Staatsvertrag für uns ist! Denken Sie darüber nach, welche Bedingungen an das Neutralitätsge­setz geknüpft sind: kein Beitritt zu einem militärischen Pakt und keine Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf unserem Staatsgebiet, in Ös­terreich! Umso verwunderlicher ist, dass ÖVP, Grüne und NEOS unseren Neu­tralitätsantrag im Landesverteidigungsausschuss nicht – ich wiederhole: nicht! – mitgetragen haben. Wollen Sie sich etwa ein Hintertürl offenlassen?

Der Abänderungsantrag hat lediglich die immerwährende Neutralität im Titel und die umfassende Landesverteidigung als Zielvorgabe. Meine Damen und Herren, eine klare, eine deutliche und authentische Absage an einen Militärpakt kommt darin nicht vor, obwohl das die Essenz der militärischen Neutralität
ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Sprechen Sie es heute klar und deutlich aus, wie wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten: Nein, Österreich tritt nicht der Nato und auch keinem an­deren Militärbündnis bei! Legen Sie heute alle ein klares Bekenntnis dazu ab! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Friedrich Ofenauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.09.16

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen
Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Laimer macht etwas zum Thema, was kein Thema ist. (Abg. Reifenberger: Warum stimmt ihr dann
nicht zu?)
Weder die Aufgabe der Neutralität noch ein Beitritt zu einem Militär­pakt ist ein Thema, und deswegen erübrigt es sich auch, weiter darauf einzu­gehen. Thema dieses Tagesordnungspunktes ist nämlich auch die Änderung des KSE-BVG, in dem es um die Entsendung von Soldatinnen und Soldaten ins Ausland geht.

Das ist nötig, weil im strategischen Kompass der Europäischen Union, der die Verteidigungsfähigkeit und die Verteidigungsbereitschaft, das Zusammenwirken der europäischen Staaten bei der Verteidigung verbessern soll, schnelle Ein­greiftruppen als kurzfristig einsetzbare Reaktionskräfte vorgesehen sind.

Die Mitarbeit daran ist Österreichs Beitrag zur Friedenssicherung und zur Friedenserhaltung auch im internationalen Bereich, und deswegen ist es wichtig, dieses KSE-BVG auch entsprechend ändern zu können.

Der zweite Punkt ist dieser von Kollegen Laimer angesprochene Antrag, der von uns dann insofern abgeändert wurde, als wir einen besonderen Fokus auf die umfassende Landesverteidigung legen wollen, denn wenn wir von der Neutra­lität sprechen, dann sprechen wir von nichts weniger als von der Sicherheit Österreichs. Schon im Neutralitätsgesetz ist enthalten, dass diese Neutralität mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu verteidigen ist. Das wurde in den letzten Jahren, Jahrzehnten vielleicht nicht so sehr beachtet, aber gerade der Angriffs­krieg Putins auf die Ukraine hat gezeigt, wie wichtig es ist, wieder in die Verteidigung, in die umfassende Landesverteidigung zu investieren. Ich darf da­bei (einen Folder mit dem Titel „Umfassende Landesverteidigung“ in die Höhe haltend) auf den Folder des Verteidigungsministeriums, den unsere Frau Bun­desministerin heute mitgebracht hat, verweisen, in dem auf die wirtschaft­liche, auf die zivile, auf die geistige, vor allem aber auch auf die militärische Lan­desverteidigung verwiesen wird.

Gerade im Bereich der militärischen Landesverteidigung ist uns mit dem Budget, das wir heute in erster Lesung behandelt haben, ein – ich kann so sagen,
Frau Bundesministerin – großer Wurf gelungen, und ich bedanke mich bei allen, die dieses Paket, dieses Budget verhandelt haben, von den Kabinetten über
die Klubs bis hin zu den Mitarbeitern, denn im Budget werden in den nächsten vier Jahren dem österreichischen Bundesheer zusätzlich zum bestehenden Finanzrahmen weitere 5,25 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, sodass ins­gesamt bis 2026 16 Milliarden Euro für die militärische Landesverteidigung zur Verfügung stehen.

Frau Bundesministerin, in den letzten Jahren war es beim Budget schon so, dass eine Trendumkehr eingesetzt hat, aber dieses langfristige, auch in die Zukunft gerichtete Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz, das wir beschließen werden, ist wirklich eine nachhaltige Trendumkehr. Dazu darf ich ganz herzlich gra­tulieren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

Es liegt jetzt an uns und an allen, die daran beteiligt sind, diese PS auch wirklich auf die Straße zu bringen und das österreichische Bundesheer mit diesen finanziellen Mitteln in die Lage zu versetzen, für alle möglichen Herausforderun­gen, die in der Gegenwart und auch zukünftig anstehen werden – und das werden sehr viele sein –, gerüstet zu sein. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

20.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Ing. Mag. Volker Reifenber­ger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.12.54

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Hohes Haus! Beim sehr guten Antrag des Kollegen Laimer geht es genau um zwei Punkte: erstens um ein Bekenntnis zur immerwährenden Neutralität und um einen Ausschluss eines Beitrittes zu einem Verteidigungsbündnis wie zum Beispiel der Nato. Im zweiten Punkt geht es um die Wiederherstellung des verfassungskonformen Zustan­des, insbesondere der umfassenden Landesverteidigung.

Jetzt frage ich mich aber: Warum wird dieser Antrag abgelehnt? Bitte erklären
Sie mir das inhaltlich! Ich habe da jetzt noch nichts von Ihnen gehört. Wollen Sie sich vielleicht nicht zur Neutralität bekennen oder streben Sie vielleicht gar einen Beitritt zur Nato an? Ich halte Ihr Abstimmungsverhalten für schwer ver­dächtig.

Wir Freiheitliche bekennen uns zur Neutralität und lehnen einen Beitritt zur
Nato ab. Wir wollen das Leben unserer österreichischen Soldaten nicht für die Durchsetzung US-amerikanischer Interessen aufs Spiel setzen. (Beifall bei
der FPÖ.)

Unter diesem Tagesordnungspunkt wird aber auch noch ein Antrag der NEOS diskutiert, den wir ablehnen. Von den Regierungsfraktionen wird er allerdings befürwortet, ebenfalls verdächtig, weil es um das KSE-Gesetz geht, das geändert werden soll. Das Gesetz regelt, unter welchen Voraussetzungen Soldaten
ins Ausland entsandt werden können. Ein rascher Einsatz von Soldaten im Aus­land für humanitäre Hilfe und Katastrophenhilfe ist bereits jetzt mit der geltenden Rechtslage gewährleistet. Das ist wichtig und gut so.

Die Regierungsparteien samt NEOS wollen aber jetzt auch für Kampfeinsätze im Ausland eine Dringlichkeitsklausel gesetzlich verankern, und dazu sagen wir: Nein! Wir sind ein neutraler Staat, und da muss das Parlament vorher zustimmen und nicht erst im Nachhinein einen Einsatz absegnen. Bevor ein österreichi­scher Soldat ins Ausland in einen Kampfeinsatz geschickt wird, muss dies durch den Hauptausschuss im Nationalrat abgesegnet werden, und der kann auch kurzfristig einberufen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, rütteln Sie nicht an unserer Neutralität! Finger weg! (Beifall bei der FPÖ.)

20.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter David Stögmül­ler. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.14.56

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal: Fakt ist, wer in einer SS-Uniform aufmarschiert, den Nazis frönt, kann nicht Teil einer Armee sein, die auf die demokratischen und antifaschistischen Werte unserer Republik vereidigt ist. – Punkt. Das geht sich nicht aus. (Beifall bei Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich muss ganz ehrlich sagen, ich nehme Ihnen das auch wirklich ab, dass Sie da so entschlossen gehandelt haben, Frau Ministerin, und diese Kommission nach § 8 des BMG quasi formiert haben. Ich glaube, wir erwarten da alle einen Bericht im Verteidigungsausschuss und sind schon sehr gespannt darauf, welche Schritte empfohlen werden, damit wir diese Umtriebe nicht mehr weiter im Bundesheer tolerieren müssen. Das haben sich nämlich dieses Bundes­heer und Österreich nicht verdient. Das haben sich die Soldatinnen und Solda­ten, die jeden Tag dort draußen ihren Einsatz leisten, nicht verdient. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Ich glaube, das Bundesheer, das darunter leidet, hat sich das auch nicht verdient – und natürlich Sie als Ministerin auch nicht, die Sie das dann immer wieder bewerkstelligen müssen. Ich glaube, da braucht es eine gesamt­heitliche Lösung.

Jetzt zum Thema: Wir haben die umfassende Landesverteidigung – der erste Punkt – in den Verhandlungen als einen Punkt erkannt, der wichtig ist umzusetzen. Da geht es um hybride Bedrohungen. Wir sind jetzt bei Putin. Der greift nicht nur mit Maschinengewehren an, sondern macht hybride Angriffe: Cyber, Zivilisten, Flüchtlingsströme produzieren. Das sind alles hybride Bedro­hungen, und das ist eine Gefahr, die wir sehen und bei der wir auch im Landesverteidigungsausschuss als Zuständige quasi in den Verhandlungen er­kannt haben, dass es da Investitionen braucht, dass wir uns dem entge­genstellen müssen, dass wir da eine Resilienz in den Kasernen, in der wirtschaft­lichen, in der zivilen Landesverteidigung, in der geistigen Landesverteidi­gung, in allen Bereichen, aufbauen müssen, und das wird wieder reaktiviert. Dort wird Geld hineinfließen, dort wird ein Schwerpunkt stattfinden, und da ha­ben wir uns darauf geeinigt, dass es da wieder einen Schwerpunkt in Österreich geben wird. Da bin ich auch sehr froh darüber.

Der zweite Punkt ist: Wir werden das österreichische Bundesheer wieder einsatzfähig machen, modern machen, für die Bundesheersoldatinnen und ‑soldaten wieder sicher machen, damit sie ihren Einsatz, ihren Job machen können, wir werden das Bundesheer zu einem modernen Arbeitgeber
machen. Das ist ein Punkt, den wir auch deshalb umsetzen werden, weil das ein wichtiger Schritt für die Sicherheitsstruktur in Österreich ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir werden in den nächsten Jahren – das ist heute schon sehr oft angesprochen worden – bis 2026 5 Milliarden Euro investieren, damit das österreichische Bundesheer und seine Streitkräfte wieder modern, sicher und auch einsatzfähig sind. Wir werden Beschaffungsrückstände wieder aufholen und die Soldat:innen entsprechend ausrüsten. Auch die Resilienz und die Versorgungssicherheit wird ein Be­reich sein, die Mobilität und eben auch diese hybriden Bedrohungen. Wir wer­den also mit dem Gesetz bis 2032 das Bundesheer mit bis zu 1,5 Prozent des BIPs ausstatten.

Frau Ministerin, ich glaube, uns ist da schon etwas gelungen. Da sind viele neidisch, dass wir das geschafft haben. Es waren keine leichten Verhandlungen. Wir haben uns aber trotzdem darauf geeinigt, und ich bin, glaube ich, sehr
stolz darauf, dass wir das geschafft haben. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.18.33

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen und insbesondere auch Zuschauer vor den Bildschirmen! Ja, Kollege Stögmüller hat es angesprochen, auch Frau Kollegin Schatz hat es angesprochen: Es ist natürlich schlichtweg inakzeptabel, wenn Soldatinnen und Soldaten – in einer Kaserne in diesem Fall – in einer SS-Uniform herumspazieren. Ich glaube, das kann niemand akzeptieren und das kann insbesondere das österreichische Bundesheer nicht akzeptieren. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten
der SPÖ.)

Der Schaden – wir haben das ja bereits auch immer wieder diskutiert, auch mit Ihnen, Frau Bundesministerin – all dieser Tätigkeiten betrifft immer das österreichische Bundesheer und betrifft somit mittelfristig die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher. Dementsprechend danke ich Ihnen
auch, dass Sie jetzt eine Kommission einberufen, die da Schritte setzen soll, weil ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir uns dieses Themas im österreichi­schen Bundesheer annehmen und dass wir da auch in Zukunft Konsequenzen daraus ziehen können.

Der 24. Februar dieses Jahres hat unsere politische, aber auch unsere bilaterale europäische Landschaft massiv geprägt und verändert. Genau die Frage,
wie bedeutsam Sicherheit für uns ist und wie Sicherheit auch von jedem indivi­duell gelebt wird, wurde massiv verändert. Sie wurde insofern verändert, als wir erlebt haben, dass der Kontinent Europa nicht mehr sicher ist, dass wir auf dem Kontinent Europa wieder Krieg haben. Das hat natürlich ganz viel verändert, auch für uns als Republik Österreich und für das österreichische Bundesheer, nämlich sich mit neuen Gefahrenszenarien auseinanderzuset­zen und sich zu überlegen, wie wir damit umgehen.

Sich heute allein hinzustellen und zu sagen: Wir sind neutral, uns wird nichts passieren, und wir müssen in unsere Sicherheit nicht investieren!, ist zu wenig. Das können wir allein so nicht bewerkstelligen. Das heißt, dass wir natürlich
auf der einen Seite mehr investieren müssen – und das tun Sie, Gott sei Dank, Frau Bundesministerin, und auch die Regierung, auch dank eines Schulter­schlusses zwischen allen Parteien zu diesem Thema, und ich glaube, das ist sehr wichtig. Das bedeutet auf der anderen Seite aber auch, auf europäischer Ebene stärker zusammenzuarbeiten. Das heißt, darauf zu schauen, dass wir ge­meinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern in ganz Europa arbei­ten und mit ihnen gemeinsam Europa und damit Österreich sicherer machen.

Das ist genau das, was mir in Ihrem Budget und auch in den Vorschlägen, die Sie haben, fehlt: Genau diese Perspektive wurde zu wenig ausgearbeitet, genau dieser Schritt: Wo investieren wir?, Wie investieren wir?, bekommt zu wenig Fo­kus, insbesondere weil uns neben dem steigenden Budget eine Basis fehlt, das heißt eine Sicherheitsstrategie, auf der wir aufbauen und schauen, wie wir uns in Zukunft aufstellen wollen und wo wir unsere Schwerpunkte setzen wollen.

Es gibt viele Papiere im österreichischen Bundesheer, die sich mit diesem Thema befassen, aber es gibt keine Überarbeitung der ÖSS, die hier im Parlament stattzufinden hat, im Zuge derer wir uns hier im Parlament die sicherheitspoliti­sche Ausrichtung unserer Republik und insbesondere des österreichischen Bundesheers anschauen, um nachhaltig und langfristig genau die Sicherheit, die die Österreicherinnen und Österreicher verdienen, auch gewährleisten
zu können. (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte in den letzten 30 Sekunden meiner Rede noch eine Sache sagen, die mir sehr wichtig ist und den Verteidigungsausschuss betrifft: Der Verteidi­gungsausschuss zeichnet sich aus meiner Sicht dadurch aus, dass es eine wirklich gute Zusammenarbeit gibt; auf der einen Seite mit der Opposition, aber auf der anderen Seite auch mit der Regierung. Das haben wir über die letzten Jahre immer so gehandhabt. Heute ist der letzte Tag unseres Ausschussvorsit­zenden hier im Parlament, und ich möchte Ihnen, Herr Kollege Bösch, für diese Zusammenarbeit wirklich recht herzlich danken. Wir waren und sind oft ganz unterschiedlicher Meinung, nicht nur bei diesem Tagesordnungspunkt, aber die Handschlagqualität, die wir Verteidigungssprecher untereinander ge­habt haben – gerade in den letzten Jahren –, war, glaube ich, auch ein Garant dafür, dass wir heute hier stehen können und sagen können: Ja, das öster­reichische Bundesheer hat mehr Budget! – Es könnte natürlich noch mehr sein, und es fehlt uns auch noch vieles; aber ich glaube, dass die Zusammenarbeit auch unter uns Oppositionswehrsprechern einen entscheidenden Anstoß gege­ben hat. Dafür möchte ich an dieser Stelle – trotz aller inhaltlicher Differen­zen – danken. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

20.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Wolfgang Gerstl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.23.21

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Die Worte meines Vorredners möchte ich gerne aufgrei­fen. In so ernsten und krisenhaften Zeiten ist es, glaube ich, unsere erste Pflicht, zusammenzustehen und gemeinsam das Beste für die Sicherheit Öster­reichs zu tun. – Vielen Dank, Herr Kollege! (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Stögmüller.)

Nun zum Antrag des Kollegen Laimer: Offenbar ist es nicht jedem aufgefallen, aber er hat uns zuvor erzählt, dass wir in zwei Wochen den Staatsfeiertag
feiern. Und ich habe mir gedacht, er hat sich nur einmal versprochen, aber er hat es noch einmal wiederholt. – Herr Kollege Laimer, der Staatsfeiertag ist seit
dem Ende der Vierzigerjahre am 1. Mai, und den feiern Sie ganz besonders. Am 26. Oktober feiern wir den Nationalfeiertag, und den feiern wir seit 1965,
und seit 1966 ist er ein Feiertag. (Abg. Stöger: Seit 68 feiern wir ihn!)

Der Nationalfeiertag ist wichtig für uns, weil er als Zeichen dafür gesetzt wurde, dass wir einen Staatsvertrag bekommen haben und uns dabei für immer­während neutral erklärt haben – und das stellt heute niemand infrage. (Abg. Lai­mer: Warum habt ihr dann nicht mitgestimmt?) Daher muss ich auf Ihren An­trag näher eingehen, weil Sie in Ihrem Antrag geschrieben haben, man möge ei­nen verfassungskonformen Zustand im Bereich der umfassenden Landes­verteidigung herstellen.

Da frage ich mich, worauf Sie hinauswollen. (Zwischenruf des Abg. Laimer.) Wollen Sie darüber reden, dass Kollege Darabos, als er Verteidigungsminister war (Abg. Laimer: Kreiskys Weg aktivieren!), die Nachtsichtfähigkeit der Kampfflugzeuge reduziert und abgeschafft hat und damit die Lufthoheit über Österreich nicht mehr hergestellt ist? Wollen Sie über die Maßnahmen reden, die während Ihrer Ministerschaften (Abg. Laimer: ... Eurofighter beschafft? Der Grasser wollte sie nicht, der Scheibner wollte sie nicht und der Schüssel woll­te sie nicht!) gegen das österreichische Bundesheer gesetzt worden sind? Dann können wir über einen verfassungskonformen Zustand reden, Herr Kol­lege! Wenn wir aber über einen verfassungskonformen Zustand reden wollen, dann wäre es gut, wenn wir uns, wie Kollege Hoyos gesagt hat, auf eine gemeinsame Meinung besinnen.

Nachdem Putin die Ukraine überfallen hatte, haben wir eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates gehabt, in der wir uns gemeinsam, alle miteinander, einstimmig dazu verpflichtet haben, die umfassende Landesverteidigung
neu und verbessert aufzustellen und genau auf die neuen Bedrohungen abzustellen.

Daher wäre, Herr Kollege Laimer, der Antrag nicht mehr notwendig gewesen, weil es einen einstimmigen Beschluss gibt. – Sie nicken, und damit ist, glaube ich,
alles gesagt. (Abg. Laimer: Der Nationale Sicherheitsrat ist kein Beschlussgremium!) Wir machen das! Vielen, vielen Dank, Herr Kollege, dass wir einer Meinung
sind. (Abg. Laimer: Ein Schlingel, der Gerstl!)

20.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Mag.a Klaudia Tanner. – Bitte, Frau Bundesminister.


20.26.37

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich wollte eigentlich zum Schluss sprechen; ich glaube, es gibt noch eine Wortmeldung vom Herrn Abgeordneten Reifenberger.

Es ist mir ein Bedürfnis, Danke zu sagen: Danke an jeden Einzelnen und jede Einzelne von Ihnen, insbesondere an diejenigen, die sich im Landesver­teidigungsausschuss eingebracht haben. Sie haben als Politikerinnen und Poli­tiker gezeigt, dass Großes erreichbar ist, wenn man das Einende vor das Trennende stellt. Das haben Sie alle getan: nicht erst in der Nacht des 24. Feb­ruar im Nationalen Sicherheitsrat, sondern in Wahrheit schon davor, als dreimal das Budget für das österreichische Bundesheer erhöht worden ist. Ich glaube, wir werden erst im Nachhinein erkennen, wie wichtig das alles war.

Den Worten, die Herr Abgeordneter Hoyos zu Herrn Abgeordneten Bösch gefunden hat, möchte ich mich anschließen. Trotz aller unterschiedlicher
Zugänge zu manchen Themen darf man eines nicht aus den Augen verlieren: dass Sicherheit niemals ein parteipolitisches Mascherl haben darf. Ich
danke Ihnen vielmals dafür. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, FPÖ,
Grünen und NEOS.)

20.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Landesverteidigungsausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

20.28.3423. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 2416/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate (1739 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zum 23. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Ing. Mag. Volker Reifenberger. Restredezeit der Fraktion: 3 Mi­nuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.28.55

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Hohes Haus! Wir haben zum wiederholten Male einen Antrag eingebracht, um das Wehrgesetz zu ändern, und zwar so, dass der Grundwehrdienst wieder so wie früher auf acht Monate verlängert wird. Damit könnte man nämlich das altbewährte Mo­dell 6 + 2 wieder einführen. Das heißt für die Masse – nicht für alle – ein durch­gehender sechsmonatiger Grundwehrdienst und dann 60 verpflichtende Milizübungstage, die dann über die Jahre hinweg abgedient werden. Mit der Abschaffung dieses bewährten Systems hat der glücklose Ex-ÖVP-Verteidigungsminister Günther Platter einen permanenten Verfassungsbruch eingeleitet; und Sie, Frau Bundesminister, setzen – auch wenn Sie das
nicht hören wollen – diesen Verfassungsbruch wissentlich fort.

Miliz zeichnet sich dadurch aus, dass sie regelmäßig übt; das tut sie aber leider nicht, denn fast die Hälfte unserer angeblichen Milizsoldaten sind soge­nannte befristet Beorderte. Das sind aber keine richtigen Milizsoldaten, denn befristet Beorderte nehmen nach der Ableistung ihres Grundwehrdienstes an keiner einzigen Milizübung mehr teil, nein, sie besitzen nicht einmal eine Uniform.

Ich selbst habe jahrelang das Kommando über eine Miliz-Jägerkompanie gehabt und bin immer noch als Stabsoffizier beordert. Ich habe aber noch nie einen befristet Beorderten tatsächlich live und in natura gesehen, immer nur Namen auf einer Liste. Diese militärischen Karteileichen sind keine Milizsoldaten,
Frau Bundesminister. Unsere angebliche Miliz besteht hauptsächlich aus den Alten, die noch aus dem alten System kommen und ihre Tage größtenteils abgedient haben, so wie ich, weiters aus wenigen, viel zu wenigen jungen Frei­willigen und drittens aus eben diesen ominösen befristet Beorderten, die keine Milizsoldaten sind.

Im Ausschuss wurde auch gesagt, man wolle lieber auf eine Freiwilligenmiliz setzen. Dass ein Milizsystem aber nicht auf freiwilliger Basis funktionieren kann, sollten wir in den letzten Jahren eigentlich gelernt haben, liebe ÖVP. Egal, welche Anreize wir setzen, mit Freiwilligkeit werden wir nie auf die benötigten Mannstärken kommen.

Wenn man sich dem verschließt, dann will man in Wahrheit gar keine richtige Miliz, sondern bestenfalls eine Reserve, um Fehlstellen und Lücken im System zu schließen. Verpflichtende Truppenübungen kann man nur ablehnen, wenn man entgegen der Verfassung und dem Ergebnis der Volksbefragung eigentlich lieber ein Berufsheer hätte.

Deshalb, Frau Bundesminister, werfe ich Ihnen wohlbegründet und aus vollster Überzeugung die Prolongierung eines Verfassungsbruchs vor. (Beifall bei
der FPÖ.)

20.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Ing. Manfred Hofinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.31.51

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Reifenberger, ich möchte eines vorwegschicken und einmal ausdrücklich klarstellen:
Unsere Bundesministerin begeht bezüglich der Miliz keinen Verfassungsbruch! (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat uns wieder einmal gezeigt, wie fragil die Friedensstruktur und die Friedens­ordnung in Europa eigentlich sind. Darum ist es umso wichtiger, dass wir in Ös­terreich ein starkes, leistungsfähiges Bundesheer haben, das unsere Neutra­lität, die wir nicht infrage stellen, verteidigt und für den Schutz unserer Bevölkerung da ist.

Bei all den Diskussionen möchte ich hier einmal allen Soldatinnen und Soldaten einen herzlichen Dank für ihre Leistungen aussprechen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Brandstätter.)

Aber Sicherheit kostet. Und unsere Regierung hat – dazu möchte ich der Frau Bundesministerin mit ihrem Kabinett und dem Herrn Finanzminister recht
herzlich gratulieren – eine historische Erhöhung des Bundesheeretats erreicht, und zwar kurzfristig, mittelfristig, aber auch langfristig. Im Jahr 2023 er­höhen wir das Budget um 680 Millionen Euro und erreichen damit 1 Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes, und bis 2026 werden wir 1,5 Prozent unse­res BIPs erreichen. Das ist die historisch höchste Erhöhung, und wir werden das mit dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz auch langfristig absichern.
Das ist, glaube ich, etwas ganz Wesentliches, weil das Bundesheer natürlich Planungssicherheit braucht. Diese schaffen wir damit, und wir investieren in die Schutzausrüstung für die Soldatinnen und Soldaten, in die Kasernen, in die Mobilität, in Hubschrauber, Drohnenabwehr, Cybersi­cherheit, aber genauso in die Autarkie der einzelnen Kasernen.

Kurz zum Antrag des Herrn Kollegen Bösch bezüglich Einführung von acht Monaten Grundwehrdienst: Wir sehen es ähnlich wie Sie, dass wir eine unbedingte Aufstockung des Personals brauchen. Wir brauchen eine Erhöhung der Verteidigungsbereitschaft unserer Bevölkerung. Ich danke daher
unserer Bundesministerin, dass sie mit der Umfassenden Landesverteidigung diesem Instrument neues Leben einhaucht, das ist etwas ganz Wichtiges.
Das Werben für die Demokratie und für die Verteidigung unseres Landes muss schon in der Schule beginnen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kassegger: Was ist
mit den acht Monaten? Das ist ja alles schön und gut, aber ..!)

Was uns in Bezug auf diesen Antrag aber unterscheidet, ist, dass wir dabei eher auf Freiwilligkeit und auf die Attraktivierung unseres Bundesheers zählen.
(Abg. Kassegger: Funktioniert ja nicht!) Es muss uns gelingen, das Bundesheer als modernen Arbeitsplatz für unsere jungen Leute sicherzustellen; durch An­reizsysteme wie zum Beispiel Ausbildungsmodule, die sie im späteren Berufsle­ben nutzen können, aber natürlich auch – was ein nächster Punkt in unse­rer heutigen Tagesordnung ist – durch ein höheres Gehalt. Das müs­sen wir schaffen, und ich glaube, dass wir mit Freiwilligkeit da mehr erreichen werden als mit Zwang. Das ist unser Zugang, und ich glaube, dass wir da auch erfolgreich sein werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)

20.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Petra Wimmer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.35.39

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! In den letzten Monaten gab es viele Diskussionen rund um die Beschaffenheit und die Einsatzfähigkeit des österreichischen Bundes­heers. Die Herausforderungen sind vielfältig: Katastrophenfälle, die Gefahr eines großflächigen Blackouts oder auch der brutale Angriffskrieg gegen die Ukraine und damit einhergehende neue Bedrohungsszenarien sind mittlerweile auch bei einem Großteil der österreichischen Bevölkerung im Fokus – natürlich mit Ängsten besetzt.

Bei solch großen Bedrohungsszenarien und dem wirklich großen Spektrum an Herausforderungen treten auch die Schwächen des österreichischen Bundesheers deutlich zutage, insbesondere auch, was die Einsatzfähigkeit in personeller Hinsicht betrifft. Diese Probleme müssen wir ernst nehmen
und natürlich auch zeitnahe beseitigen.

Unserer Forderung an Sie, Frau Ministerin, nach einem Modell, das es dem Bundesheer ermöglicht, seine Aufgaben, insbesondere die verfassungsgesetzlich vorgesehene milizartige Struktur zu organisieren und aufrechtzuerhalten, zu erfüllen, wurde leider bislang nicht nachgekommen. Das finden wir sehr bedauerlich. Stattdessen wurde nun ein Budgetpfad für das Bundesheer prä­sentiert, und dieser weist jetzt zumindest in die richtige Richtung.

Aus unserer Sicht ist es zentral, dass zusätzliche Mittel auf jeden Fall in die personelle Ausstattung und in die Einsatzfähigkeit der Miliz fließen müssen. Um das zu unterstreichen, bringe ich für meine Fraktion folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stärkung des österreichischen Bundesheers insbesondere der Miliz“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landesverteidigung wird aufgefordert, bis spätestens 31. Dezember 2022 ein konkretes Modell zur Beschlussfassung vorzulegen,
in welcher Form das Bundesheer, insbesondere im Hinblick auf seine ver­fassungsgesetzlich vorgesehene milizartige Struktur organisiert und entspre­chend finanziert werden und die personellen und materiellen Bedürfnisse und Erfordernisse der Miliz erfüllt bzw. sichergestellt werden können.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren, im Sinne der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung ersuche ich Sie um breite Zustimmung zu unserem Antrag. –
Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.38

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer, Robert Laimer, Reinhold Einwallner,

Genossinnen und Genossen

betreffend Stärkung des österreichischen Bundesheers insbesondere der Miliz

eingebracht im Zuge der Debatte zum Antrag 2416/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate (1739 d.B.)

In den letzten Monaten wurde die Diskussion rund um die Resilienz des Bundesheers regelmäßig diskutiert. Gerade Katastrophenfälle, oder auch der brutale Angriffs­kriegt gegen die Ukraine und damit einhergehend neue Bedrohungsszenarien, wie die aktuell immer größer werdende Gefahr eines großflächigen Blackouts, müssen die Frage der Resilienz des Bundesheers im Krisenfall ins Zentrum rücken.

Ein wichtiger Schritt, für ein noch viel breiteres Spektrum an Herausforderungen, ist die Frage der Einsatzfähigkeit des Heeres in personeller Sicht. Diese ist durch die aktuelle Kriegssituation in der Ukraine wieder verstärkt in den Fokus gerückt und lässt Schwächen in der Struktur des Bundesheers deutlich zu Tage treten.

Diese Probleme gilt es dringend – und im Sinne von Freiheit und Sicherheit der Menschen in Österreich – zu beseitigen, denn die Sozialdemokratie steht für ein Leben in Freiheit und Sicherheit, für alle Menschen, die in unserer Heimat,
der Republik Österreich leben.

Als Sozialdemokrat*innen können wir es nicht zulassen, dass dieses friedliche Zusammenleben in unserem pluralistisch-demokratischen Rechtsstaat und die ver­fassungsrechtlichen Grund- und Freiheitsrechte durch Krieg, Terrorismus, Extre­mismus, Organisierte Kriminalität in allen ihren Ausprägungen, aber auch von der Na­tur oder Menschenhand herbeigeführte Katastrophen, bedroht werden. Dies be­deutet, dass wir umfassende Abwehrmaßnahmen vorzubereiten haben, um unser Gemeinwesen im Anlassfall vor äußeren und inneren Bedrohungen schützen zu können.

Das erklärte Ziel sozialdemokratischer Sicherheits- und Verteidigungspolitik war und ist es, Österreich – im Verbund mit der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidi­gungspolitik der Europäischen Union – als souveränes, neutrales Land zu bewahren, in dem seine Bürgerinnen und Bürger sowie alle Menschen, die hier leben, ohne Angst, ohne Repression, ohne Gewalt und unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Grund- und Freiheitsrechte, in Frieden ihr Leben gestalten können.

Durch den Krieg in der Ukraine wird uns in erschreckender Weise vor Augen geführt, wie rasch sich die Bedrohungslage verschlechtern kann und wie wichtig es daher
ist, umfassende Instrumente und Verfahren bereitzustellen, um Schutz und Hilfe für unsere pluralistisch-demokratische Gesellschaftsordnung und seine sozialstaatli­chen Errungenschaften gewährleisten zu können.

Artikel 9a B-VG sieht die Umfassende Landesverteidigung als Verfassungsprinzip vor, um Österreich vor Bedrohungen aller Art, nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich, zivil und vor allem durch Sicherstellung der Resilienz der Bevölkerung durch Maßnahmen der geistigen Landesverteidigung, zu schützen.

Dieser Auftrag des Verfassungsgesetzgebers wurde in den vergangenen zwei Jahr-zehnten nicht nur vernachlässigt, sondern es wurden bewährte Strukturen sogar bewusst zerschlagen. So wurde der richtungweisende Landesverteidigungsplan, wie in seiner Präambel ausdrücklich festgehalten, nicht an die jeweils aktuellen Bedro­hungsbilder angepasst und weiterentwickelt, sondern de facto ad acta gelegt. Eine unverständliche Vorgangsweise, weil damit einhergehend, auch operative Struk­turen nicht mehr funktionsfähig gehalten wurden.

Es ist daher zwingend erforderlich, die Umfassende Landesverteidigung verfassungs-konform umzusetzen. Diesbezüglich hat, wie von der SPÖ schon lange gefordert,
der Bundeskanzler seine verfassungsrechtliche Koordinierungskompetenz wahrzu­nehmen und entsprechende aufbau- und ablauforganisatorische Maßnahmen unverzüglich einzuleiten.

Gleichzeitig hat die Bundesministerin für Landesverteidigung ohne Zeitverzug alle erforderlichen Schritte zu setzen, um auf Grundlage der im Generalstab aufliegenden, aktuellen Planungsdokumente unverzüglich die dringend erforderlichen Beschaf­fungsvorhaben für das Bundesheer einleiten zu können.

Dabei sind die personellen (z.B. Truppenübungen) und materiellen Bedürfnisse der Miliz auszuweisen.

Unserer Forderung an die Ministerin für Landesverteidigung, ein konkretes Modell zur Beschlussfassung vorzulegen, die es möglich macht, dass das Bundesheer seine Aufgaben, insbesondere die verfassungsgesetzlich vorgesehene milizartige Struktur organisieren und aufrechterhalten kann, wurde bislang nicht nachgekommen,
was ausgesprochen bedauerlich ist. Stattdessen wurde nun ein Budgetpfad für das Bundesheer präsentiert, der aber zumindest in die richtige Richtung zu weisen scheint, wobei aus unserer Sicht zentral ist, dass die zusätzlichen Mittel auf jeden Fall in die personelle Ausstattung und Einsatzfähigkeit der Miliz fließen müssen.

Nachdem es aber gilt, das Bundesheer in seinen Kernkompetenzen und somit auch in der Verteidigungsfähigkeit im Anlassfall zu stärken, geht es für uns um die Auf­rechterhaltung und Forcierung einer funktionierenden Miliz, nicht zuletzt, um einen verfassungskonformen Zustand herzustellen.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Landesverteidigung wird aufgefordert, bis spätes­tens 31. Dezember 2022 ein konkretes Modell zur Beschlussfassung vorzulegen, in welcher Form das Bundesheer, insbesondere im Hinblick auf seine verfassungs­gesetzlich vorgesehene milizartige Struktur organisiert und entsprechend finanziert werden und die personellen und materiellen Bedürfnisse und Erfordernisse der Miliz erfüllt bzw. sichergestellt werden können.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun David Stögmüller. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.38.08

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Meine Redezeit ist leider schon sehr eingeschränkt (Abg. Hörl: Gott sei Dank!), deswegen kurz und pointiert: Sie wissen, mit uns Grünen wird es keine Verlängerung des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes geben. Das ist die Position, die wir haben, und die ist bei
uns auch nicht verhandelbar.

Wir wollen eine bessere Ausgestaltung des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes, das ist auch ein wesentlicher Bestandteil in den Verhandlungen zum Budgetpaket. Niemand arbeitet gerne in einem Unternehmen, in
einer Firma, die den Ruf hat, dass dort etwas nicht funktioniert: Dort lernt man nichts, dort macht man nichts, dort kommt man auf das Abstellgleis!,
sondern man braucht einen Betrieb, ein Unternehmen, wo man Zukunfts­perspektiven hat, wo man etwas lernt, wo es Spaß macht, wo man er­folgreich rausgeht und etwas gelernt hat.

Genau das ist der Faktor, der in den Verhandlungen wichtig war. Der Grund­wehrdienst ist quasi die Visitenkarte des gesamten Bundesheers, und ge­nau diesen wollen wir gut und bestens ausgestalten, damit die jungen Menschen beim Bundesheer bleiben. Also, Frau Ministerin, wir stimmen diesem Antrag zu. (Beifall bei den Grünen.)

20.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Landesverteidigungsausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

20.39.3424. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 2802/A(E)
der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Erhöhung der monatlichen Bezüge für Grundwehrdiener auf Höhe der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe-Neu (1740 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Rudolf Silvan. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.40.01

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Schönen guten Abend! Ich möchte noch kurz zur Neutralitätsdebatte
vom vorvorigen Tagesordnungspunkt Stellung nehmen. Kollege Ofenauer – da sitzt er – hat gesagt: Wir machen etwas zu einem Thema, das zurzeit
kein Thema, kein Diskussionsgegenstand ist!

Ich möchte nur daran erinnern, dass es Andreas Khol von der ÖVP war, der Ende Februar einen Nato-Beitritt gefordert hat, und dass Sie selbst in einer Presseaussendung dann noch nachgelegt haben. Als die ÖVP dann gesehen hat, dass 90 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher die Neutralität für
sehr wichtig halten, ist Herr Nehammer Mitte Mai zurückgerudert. Das
ist die Wahrheit. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Lausch und Walter Rauch.) Also so ganz klar ist das bei der ÖVP mit der Neutralität nicht. Bitte
nicht vergessen! (Abg. Ofenauer: Nein!) – Ja, genau so war es.

Ich darf jetzt zum Tagesordnungspunkt Stellung nehmen: Wir haben
das Anliegen der FPÖ im Ausschuss unterstützt. Leider wurde es – nämlich die Erhöhung der monatlichen Bezüge für Grundwehrdiener auf Höhe der Min­destsicherung beziehungsweise der Sozialhilfe Neu – von den Regie­rungsparteien abgelehnt.

Sehr geehrte Frau Minister! Wir liegen bei der Mindestsicherung und der Sozialhilfe Neu bei Alleinlebenden momentan bei 978 Euro und bei Paaren bei 1 369 Euro. Das ist für diese Menschen sowieso zu wenig. Der Grund­wehrdiener bekommt pro Monat momentan 321,22 Euro. Das sind über 600 Euro weniger als die Mindestsicherung, und Sie wissen ja – wir beide kommen aus demselben Bundesland, aus Niederösterreich –: Wenn man nicht unbedingt in der Nähe der Südbahnstrecke oder Westbahnstrecke wohnt, dann braucht man in Niederösterreich ein Auto – außer man hat viel Zeit, dann kann man auch mit den Nebenbahnen fahren, aber da braucht man meis­tens eine Jause mit.

Diese 321 Euro für Grundwehrdiener reichen maximal für zwei, zweieinhalb Tankfüllungen. (Abg. Stögmüller: Klimaticket ist dabei!) In den letzten Tages­ordnungspunkten ist immer von der Attraktivierung des Bundesheeres ge­sprochen worden. Diese Erhöhung der monatlichen Bezüge für Grund­wehrdiener soll zur Attraktivierung des Bundesheers beitragen.

Abgesehen davon wäre es eigentlich auch sinnvoll, dass wir die persönliche Schutzausrüstung der Soldatinnen und Soldaten modernisieren. Auch
die Modernisierung der gehärteten Fahrzeuge würde nicht schaden und auch die Herstellung der Autarkie der Kasernen liegt an. All das und viele andere
Dinge mehr würden zur Attraktivierung des Bundesheeres beitragen.

Wer für die Beibehaltung der immerwährenden Neutralität eintritt, wird auch für die Attraktivierung und Modernisierung des österreichischen Bundesheeres eintreten. Für eine moderne und umfassende Landesverteidigung brauchen wir auch das Budget. Das ist teilweise erhöht worden, das finden wir gut, es ist
aber noch ein bisschen zu wenig.

Danke auch für diese Kommission, die Sie einsetzen wollen. Wir brauchen nämlich Soldatinnen und Soldaten, die zu dieser neutralen Republik stehen, und keine Menschen, die mit einer SS-Uniform in den Kasernen herumlaufen. –
Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Johann Höfinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.43.24

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beginnen wir hinten, beim Thema, das Kollege Silvan am Rednerpult soeben argumentiert hat, nämlich dem Budget.

Ich bin schon lange in diesem Haus, ich war auch schon unter Minister Klug und unter Minister Darabos im Landesverteidigungsausschuss. Es hat außer
diesen zwei SPÖ-Ministern keine Minister gegeben, die in der Zweiten Republik das Bundesheer so heruntergewirtschaftet haben. Schreibt euch das bitte
ins Stammbuch und stellt euch jetzt nicht her und sagt, was das Bundesheer zur Attraktivierung braucht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Cornelia Ecker: Wer
hat ...? – Abg. Laimer: Die Abermillionen haben wir für die Schüssel-Eurofighter raus­gehaut!)
Da habt ihr so viel abgebaut, da habt ihr so viel zerstört, und das war Programm, liebe Freunde! (Beifall bei der ÖVP.)

Ja, wir schauen auf das Bundesheer, und es gab noch nie so ein hohes Budget wie unter Bundesministerin Tanner. – Das ist das Erste.

Das Zweite: Ja, das Bundesheer muss und wird auf vielen Ebenen wieder attrak­tiviert werden. (Ruf bei der SPÖ: Na bitte!) Der gemeine Sinn der Landesver­teidigung hat wieder an Stellenwert gewonnen – leider nicht zuletzt auch auf­grund der Vorkommnisse in Europa, die mehr als dramatisch und schreck­lich sind.

Wenn es um den Grundwehrdienst und um die Entlohnung, die wir jetzt diskutieren, geht: Warum haben wir dem Antrag nicht zugestimmt? – Weil bereits verhandelt wird, dass der Sold der Grundwehrdiener angehoben
wird. Der Betrag ist nicht 322 Euro, wie Sie erwähnt haben, es sind 362 Euro – ein wenig höher –, aber sie bekommen auch Fahrtkostenersatz, sie bekom­men auch das Klimaticket für Bundesheerangehörige. Es gibt noch vieles, vieles mehr, das hineingerechnet wird. So einfach ist es eben nicht, das wird jetzt legistisch abgewogen: Wie weit können wir uns bei der Entlohnung in die Höhe bewegen? Wo kann sie landen, damit sie auch im Vergleich mit den anderen Sparten einen gerechten Ausgleich findet?

Ich denke, das ist ein guter Weg, der hier formal erledigt wird. Den werden wir gerne unterstützen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist David Stögmüller. Restrede­zeit der Fraktion: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.45.43

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Die letzten Monate und mittlerweile auch schon Jahre haben uns gezeigt: Wenn Menschen gebraucht werden,
die anpacken, dann sind es oft Soldat:innen und Zivildiener, die in dieser Repu­blik helfen, nämlich in der kritischen Infrastruktur – egal, ob das bei den
Covid-Tests ist oder sogar im Supermarkt, wo sie logistisch geholfen haben, etwa beim Einschlichten der Lebensmittel.

Nichtsdestotrotz: Wir müssen diese Menschen, die jungen Burschen unterstüt­zen. Die haben nämlich auch extreme Ausgaben. Die leiden auch unter den steigenden Preisen und bekommen eigentlich nicht so viel Wertschätzung, wie sie eigentlich verdienen. Ich finde, man müsste viel mehr an dieser Wertschätzung arbeiten, denn diese Burschen arbeiten oft eine überdurch­schnittliche Stundenanzahl bei einem extrem niedrigen Lohn.

Ich möchte mich in unserem Namen, im Namen unserer Fraktion und, ich glaube, auch schon fast im Namen des ganzen Parlaments bei den Grundwehrdie­nern und den Zivildienern für ihre Arbeit bedanken. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was wir jetzt machen: Wir haben das erkannt. Wir heben jetzt den Grundlohn an. Das ist jetzt in Ausarbeitung – ich glaube, das kann ich verraten, Frau Ministerin –, wir werden relativ schnell in Umsetzung kommen. Es ist bereits im Budget abgebildet. Wir werden legistische Maßnahmen setzen, damit wir
den Lohn entsprechend anheben können. Wir werden ein rundes Paket machen, mit dem Grundwehrdiener und Zivildiener auch finanzielle Wertschätzung erfahren. Ich glaube, das ist notwendig und auch richtig.

Das Klimaticket ist schon angesprochen worden. Das ist ebenfalls so eine legistische Maßnahme, die wir umgesetzt haben. Das hat auch einige Millionen Euro gekostet. – Ich glaube, da machen wir richtige, wichtige Schritte,
um auch die Wertschätzung zu geben.

Einen Satz möchte ich noch sagen, ich habe noch 13 Sekunden: Herr Kollege Bösch, auch ich möchte mich bei Ihnen bedanken. Trotz der ideologischen Unterschiede, die wir manchmal haben – no na net –, arbeiten wir trotzdem im Sinne der Sache zusammen. Auch für die Wertschätzung, die wir in den Gesprächen immer einander gegenüber haben, möchte ich mich bedanken. Ich wünsche Ihnen im Ruhestand – noch nicht ganz, denn in der Parlamenta­rischen Bundesheerkommission hier im Haus bleiben Sie uns erhalten, habe ich erfahren – viel Freude und viel Gesundheit. Bleiben Sie gesund! – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

20.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Landesverteidigungsausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

20.48.2425. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 686/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Aufbau eines Stabes Cyberdefense (1741 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Es wurde auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Robert Laimer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.48.45

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die russische Invasion in der Ukraine begann
im Februar dieses Jahres mit einem Cyberangriff auf Viasat, das ermöglicht die Satellitenkommunikation der Ukraine.

Mittlerweile wird auch öffentlich von digitaler Souveränität gesprochen.
Darunter versteht man die Möglichkeit zur selbstbestimmten Nutzung und Gestaltung von Informationstechnik durch Gesellschaft, Staat, Unternehmen und Individuen.

Mit zunehmender Digitalisierung in allen Lebensbereichen haben sich gleichsam auch erhebliche Sicherheitsrisiken aufgetan. Öffentliche Institutionen sowie deren Kommunikations- und Betriebssysteme sind besonders gefährdet, weil sie nicht nur über enorm große sensible Datenmengen verfügen, sondern im Rahmen der Daseinsvorsorge, der Verwaltung der Gesundheit oder der Sicher­heit auch relevante Aufgaben für die Allgemeinheit übernehmen. Es ist daher kein Wunder, dass Kriminelle, aber auch staatsnahe Akteure permanent auf der Suche nach Schwachstellen sind, um gezielte Angriffe zu starten.

Wie verwundbar unser Staat ist, haben wir bei dem Hackerangriff auf das Au­ßenministerium im Jahr 2020 gesehen. Es hat mehrere Wochen bis zu des­sen Abwehr gedauert. Was lässt sich daraus ableiten? – Sicherheit muss umfassend, gesamtstaatlich und vor allem auch operationalisiert werden. Dazu braucht es professionelle Strukturen und hoch qualifizierte Spezialisten.

Aus diesem Grund unterstützen wir auch den Antrag der NEOS aus dem Jahr 2020 zum Aufbau eines Stabes Cyberdefence und werden in der Folge dazu einen eigenständigen Entschließungsantrag einbringen. Dabei ist anzumerken, dass die Regierungsparteien geschlagene zwei Jahre benötigten, um sich überhaupt einmal damit zu beschäftigen.

Wir bringen daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicher­heit umfassend denken, für echten Schutz unserer Infrastruktur“

Der Nationalrat wollte beschließen:

„Die Bundesministerin für Landesverteidigung wird aufgefordert, bei der Planung der Budgetmittel ab 2023 darauf Bedacht zu nehmen, dass für den Schutz der kritischen Infrastruktur vor Sabotage, insbesondere bei der Wasserversorgung, der Verkehrsinfrastruktur, der Telekommunikation oder der Energieversorgung, ausreichend Budgetmittel zur Verfügung gehalten
werden. Über die Verwendung der Budgetmittel zum Schutz der kritischen Infrastruktur vor Sabotage soll dem Nationalrat und dem Bundesrat ein Bericht vorgelegt werden, der zeigt wie diese Mittel konkret eingesetzt wurden.“

*****

Abschließend auch von meiner Person ein Dank an unseren Kollegen Reinhard Bösch. Wir bleiben in der Parlamentarischen Bundesheerkommission
weiterhin kollegial verbunden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten von ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS.)

20.51

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Robert Laimer, Genossinnen und Genossen

betreffend Sicherheit umfassend denken, für echten Schutz unserer Infrastruktur

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 686/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufbau eines Stabes Cyberdefense (1741 d.B.)

Die Welt ist unsicherer geworden: Kriege, Umweltkatastrophen, Angriffe im digitalen Raum und die Instabilität der Energiemärkte sind nur vier Bereiche, die unsere Sicherheitsinfrastruktur auf die Probe stellen können und die Sicherheit gefährden. Drohende Black-outs, beispielsweise auf Grund von fehlenden Energielieferun­gen oder Schwankungen im Netz, die latente Bedrohung, irgendwann doch und trotz der guten geopolitischen Lage Österreichs Ziel eines feindlichen Sabotageaktes zu werden, oder aber auch die sich zuspitzenden Wetterphänomene, die zu Überschwemmungen, Vermurungen und Bränden führen, haben zugenommen und führen uns vor Augen – es gibt viel zu tun, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.

All diese Szenarien bedeuten für die Sicherheit in Österreich massive Bedrohungslagen, denen es durch entsprechende Vorbereitungen rechtzeitig entgegenzuwirken gilt, bevor sie eintreten. Eine Schlüsselrolle muss dabei
das Österreichische Bundesheer spielen.

Dazu braucht es einerseits die Stärkung der Dienste Heeresnachrichtenamt und Heeresabwehramt, die vor allem im Bereich der Beobachtung von kriegerischen Aus­einandersetzungen, terroristischer Bedrohungen im digitalen aber auch im ana­logen Bereich sowie im Bereich der geopolitischen Lage zentrale Aufgaben erfüllen. Zugleich ist aber auch ein Fokus auf den Schutz kritischer Infrastruktur, wie der Versorgung mit Wasser, Strom, Energie, der Verkehrsinfrastruktur oder aber auch dem Internet, zu legen. Dieses ist mittlerweile zentraler Teil der Infrastruktur und somit auch der Daseinsvorsorge geworden. Gerade deshalb ist die Schaffung zusätzlicher Strukturen, die sich insbesondere mit Cybercrime, vor allem aber auch mit Cyberdefense auseinandersetzen, unabdingbar.

Waren es, wie die Zeitschrift „Strategische Horizonte“ in ihrer ersten Ausgabe im Jahr 2022 beschreibt im Ersten Weltkrieg die Eisenbahnen, die eine massive Veränderung des Kriegsgeschehens nach sich gezogen hat, so sind es heute digitale Mittel, die maßgeblich dafür sind, Staaten zu destabilisieren oder gar die öffent­liche Ordnung und Sicherheit zum Erliegen zu bringen. Dabei geht es einerseits natür­lich um Cyberangriffe, wie beispielsweise auf das Land Kärnten im Sommer 2022 oder zuvor auf das Außenministerium im Februar 2022. Es geht zugleich aber auch um die Sicherheit von Steuerungen in Kraftwerken, dem Bereich der öffentlichen Verwaltung oder der Gesundheitsversorgung, die hier dringend vor Bedrohungen aus dem digitalen Raum geschützt werden müssen. Digitale Bedrohungen sind also mittlerweile genauso bedrohlich für die Infrastruktur und somit die Menschen in Ös­terreich geworden, wie Umweltkatastrophen oder die Unsicherheit im Zusam­menhang mit der Energieversorgung.

Die grundsätzlich begrüßenswerte und längst überfällige Erhöhung des Verteidi­gungsbudgets ist dafür der Schlüssel – für eine umfassende Sicherheits- und Verteidigungspolitik braucht es die entsprechenden Mittel. Diese Erhöhung muss aber strategisch sinnvoll genutzt und entsprechend weitblickend eingesetzt werden, was bedeutet, dass definiert sein muss, wofür man das zusätzliche Budget einsetzt.

Wichtig ist, dass dabei auf die Bedrohungslagen, die existieren, Bedacht genommen wird. So zeigte sich mit dem Verdacht eines Sabotageaktes rund um die Haupt­kolonne der OMV, dass Infrastruktur, die für die tägliche Versorgung der Menschen relevant ist, auf jeden Fall ausgeschlossen oder das Risiko zumindest minimiert werden muss. Auch die Beschädigungen auf den Bahnstrecken der Deutschen Bahn in Norddeutschland, bei der Glasfaserkabelstränge durchtrennt wurden, zeigen, dass mit Bedacht und Insiderwissen auch politisch motivierte und durch andere Staa­ten gesetzte Sabotageakte nicht mehr undenkbar sind und einer entsprechenden Vorbereitung bedürfen, um nach Möglichkeit verhindert werden zu können.

Während schon bei der Präsentation des Heeresbudgets eine eindeutige Bildsprache zeigte wohin die Reise bei der Verteilung der zusätzlichen Mitteln zu gehen
scheint – die Verteidigungsministerin trat dabei im Beisein von Bundeskanzler Ne­hammer und Finanzminister Brunner vor Radpanzern und schwerbewaffneten, maskierten Soldaten auf – braucht es im Sinne der Bevölkerung ein Bekenntnis dazu, dass diese Mittel im Sinne des Schutzes der kritischen Infrastruktur und der Da­seinsvorsorge eingesetzt werden.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landesverteidigung wird aufgefordert, bei der Planung
der Budgetmittel ab 2023 darauf Bedacht zu nehmen, dass für den Schutz der kriti­schen Infrastruktur vor Sabotage, insbesondere bei der Wasserversorgung, der Verkehrsinfrastruktur, der Telekommunikation oder der Energieversorgung, ausrei­chend Budgetmittel zur Verfügung gehalten werden. Über die Verwendung der Budgetmittel zum Schutz der kritischen Infrastruktur vor Sabotage soll dem Natio­nalrat und dem Bundesrat ein Bericht vorgelegt werden, der zeigt wie diese Mittel konkret eingesetzt wurden.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag.a Romana Deckenbacher. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.52.02

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Stellen Sie sich vor, Sie wachen eines Tages auf und nichts ist so, wie es sein sollte:
kein Strom, ein Blackout als Folge eines möglichen Hackerangriffs. War es ein Einzelgänger oder gar ein geplanter Angriff eines Staates im Rahmen einer hybriden Kriegsführung?

Cyberangriffe gegen unsere kritische Infrastruktur, aber auch gegen militärische Rechtsgüter können – und das muss man hier ganz offen sagen – nie völlig verhindert werden. Es muss aber alles Menschenmögliche unternommen wer­den, dass sie durch Schutzmaßnahmen und dafür speziell ausgebildetes Per­sonal erschwert werden.

Im zivilen Bereich wurde mit dem NIS-Gesetz ein ganz wichtiger und rechtlicher Rahmen geschaffen, um die Bedrohung in Sektoren wie zum Beispiel Energie, Verkehr und Gesundheitswesen zu verringern. Gleichzeitig wurden auch Struk­turen und Aufgaben für den Fall einer Cyberkrise festgelegt. Da spielt das österreichische Bundesheer mit Expertinnen und Experten bereits jetzt eine ganz wesentliche Rolle.

Unsere Cyberkräfte sollen mit ihrem Know-how auf Anforderung ziviler Behörden gesamtstaatlich eingesetzt werden können. Damit auf dem einge­schlagenen Weg weitere konsequente Schritte folgen, soll auch für den Fall der militärischen Landesverteidigung der notwendige Schutz gewährleistet werden können. Die Absicht unserer Frau Bundesminister ist es daher, nicht nur die Fähigkeiten für den Kampf im Cyberraum, sondern auch personelle und technische Mittel für die Cyberkräfte des Bundesheers erheblich auszubauen.

Um in Friedenszeiten die notwendigen Kräfte und Mittel für Unterstützungs­leistungen bereitstellen zu können und dabei den Schutz des eigenen Sys­tems nicht zu vernachlässigen, braucht es natürlich Ressourcen. Da möchte ich auf einen neuen Bachelor-Fachhochschullehrgang an der Theresianischen Militärakademie hinweisen, in dem nun IKT-Offiziere ausgebildet werden. Dazu gibt es auch Geldmittel, die zur Verfügung stehen. Ich rede da von einer historischen Steigerung des Budgets des österreichischen Bundesheers. Unsere Bundesregierung stellt in den nächsten vier Jahren insgesamt 16 Milliarden Euro zur dringend notwendigen Verbesserung des Kampfwertes und
der Kampfkraft des Bundesheeres zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Unser Bundesheer soll bereits im Frieden schützen und helfen, wenn es andere vielleicht nicht mehr können. Kernaufgabe ist und bleibt aber die Abwehr
von Bedrohungen, die unsere Souveränität vielleicht gefährden. Durch die nun möglichen Investitionen in eine zeitgemäße Führung und in Kommunika­tionsmittel sowie auch in Systeme zur elektronischen Kampfführung wird die Fähigkeit zur Cyberverteidigung des Bundesheeres gestärkt. Dadurch wird das österreichische Bundesheer künftig für hybride Bedrohungsszenarien auch bestens gerüstet sein.

Unsere Bundesregierung hat durch die Erhöhung dieses Heeresbudgets ein ganz klares Zeichen gesetzt: dass Sicherheit in unserer Republik Österreich höchste Priorität hat. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Dr. Helmut Brand­stätter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.55.58

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, Kollege Hoyos hat völlig richtig über die Stimmung im Verteidigungsausschuss gesagt: Kooperation. Ja, aber da muss
ich sagen: Ich wundere mich schon, dass man einen sinnvollen Antrag
zuerst vertagt und jetzt auch noch ablehnt. Schon im Juni 2020 hat er nämlich den Antrag eingebracht, dass es eine Cyberdefenceeinheit geben soll, weil
er offenbar das genauer gelesen hat, was ich heute statt eines Buches mitbringe (den Bericht „Unser Heer 2030“ in die Höhe haltend), nämlich diesen Bericht,
den der damalige Verteidigungsminister Starlinger herausgegeben hat.

Sie kennen das, Frau Bundesministerin, davon bin ich überzeugt, aber leider haben Sie nicht danach gehandelt. Schon im Jahr 2019 ist festgeschrieben worden, was das „verteidigungspolitische Risikobild“ Österreichs ist. Mit hoher Wahrscheinlichkeit, steht da, kann es zu einer Konfrontation Russlands
mit Europa kommen. Es ist da von einer möglichen Pandemie die Rede und
vor allem auch von Cyberangriffen und einem Blackout. Deswegen war natürlich der Antrag des Kollegen Hoyos, eine Cyberdefenceeinheit einzurichten, sehr sinnvoll. – Damals vertagt, heute abgelehnt: Ich verstehe es nicht.

Ja, Frau Kollegin Deckenbacher, es ist ja gut, wenn an der Fachhochschule ausgebildet wird, aber wir brauchen mehr. Wir brauchen dafür eine eigene Ein­heit, wie es das in anderen Ländern ja auch gibt. Da könnte man sich etwas abschauen, wobei man aufpassen muss, weil wir etwa in Deutschland – da heißt das Cyber-Sicherheitsrat Deutschland – gesehen haben, wie dort die
Russen Einfluss ausgeübt haben.

Da stelle ich jetzt aber die Frage: Tun sie das nicht auch in Österreich? Ich habe deswegen vor einem Jahr eine parlamentarische Anfrage eingebracht, ob
denn dieses Virenschutzprogramm Kaspersky in Österreich verwendet wird. Au­ßer dem damaligen Innenminister Nehammer hat überhaupt niemand ge­antwortet. Das sei alles geheim. – Ja, bitte schön, was ist denn geheim daran, wenn ein Kaspersky angeblich in österreichischen Ministerien ist und da­mit unsere Sicherheit gefährdet? Das ist ja der entscheidende Punkt: Es geht immer um die Gefährdung der Sicherheit. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Die nächste Frage, die man auch stellen kann – wir wissen, Putin ist ein Terrorist; es gibt alle möglichen Angriffe; Cyberangriffe gibt es ja bereits, vielleicht auch Terroranschläge –, ist, ob denn endlich die vergleichbaren europäischen Schutz­organisationen mit uns schon wieder zusammenarbeiten, nachdem sie da­mit nach dem Sturm des BVT durch Herrn Kickl aufgehört haben. Und da höre ich vom DSN-Chef – also da geht es um den Staatsschutz! – die Antwort: Darüber darf man nicht reden!

Wir waren immer stolz darauf, Mitglied im Berner Club zu sein, und auf einmal darf man darüber nicht reden. Daraus schließe ich: Na wahrscheinlich
reden die nicht mit uns, und damit ist unsere Sicherheit gefährdet.

Tun wir bitte mehr für die Sicherheit Österreichs – ja zu einem höheren Budget! Tun wir mehr für die Sicherheit Österreichs und stimmen wir dem Antrag
des Kollegen Hoyos zu! – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

20.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

20.59.18Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 20 bis 25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen.

Ich darf fragen: Können wir abstimmen? – Ja.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Abstimmung über den Antrag des Landesverteidigungsausschusses, seinen Bericht 1736 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantrages 2130/A(E) zur Kenntnis
zu nehmen.

Wer das tut, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1736 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Umbenennung der Windisch-Kaserne in Klagenfurt“. Wer dafür eintritt, den darf ich um ein Zeichen der Zu­stimmung ersuchen. – Das ist die überwältigende Mehrheit, angenommen. (270/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 21: Antrag des Landesverteidigungsausschusses, seinen Bericht 1737 der Beila­gen hinsichtlich des Entschließungsantrages 2651/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehr­heit und damit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1737 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Immerwährende Neutralität für Österreich“.

Wer damit einverstanden ist, den darf ich um ein Zeichen der Zustimmung er­suchen. – Das ist einstimmig angenommen. (271/E)

Wir kommen zur Abstimmung über TOP 22, die dem Ausschussbericht 1738 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Novellierung des KSE“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen. (272/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über TOP 23: Antrag des Landesverteidigungs­ausschusses, seinen Bericht 1739 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Mehrheit, damit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stärkung des österreichischen Bundesheers insbesondere der Miliz“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 24: Abstimmung über den Antrag des Landesverteidigungs­ausschusses, seinen Bericht 1740 der Beilagen hinsichtlich des Entschlie­ßungsantrages 2802/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Mehrheit, damit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1740 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Erhöhung der monatli­chen Bezüge für Grundwehrdiener auf Höhe der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe-Neu“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (273/E)

Schlussendlich TOP 25: Antrag des Landesverteidigungsausschusses, seinen Bericht 1741 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, möge das bekunden. – Das ist die Mehrheit, damit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherheit umfassend denken, für echten Schutz unserer Infrastruktur“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

21.02.3226. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz
vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäfts­ordnungsgesetz 1975) geändert wird (2823/A)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 26.

Ich darf mich noch für die Anwesenheit der Frau Landesverteidigungsminister bedanken.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Rausch. – Bitte.


21.03.07

Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zu später Stunde kommen wir noch zu einer ersten Lesung eines Antrages, der sich mit dem Untersuchungsausschuss und dessen Geschäfts­ordnung beschäftigt.

Ich denke, wir haben alle in jüngerer Vergangenheit die Erfahrung gemacht – besonders die Mitglieder der Untersuchungsausschüsse, aber auch aufmerksame Beobachterinnen und Beobachter, zu denen ich mich zählen darf –, dass es durchaus Verbesserungsbedarf und Änderungsbedarf in der Gestaltung
von Untersuchungsausschüssen gibt, insbesondere was deren Rahmenbedin­gungen und auch deren Regelwerk betrifft. Da gibt es offenbar auch Gesprächsbedarf. Wir als Volkspartei, das darf ich heute sagen, sind dazu auch gesprächsbereit.

Allerdings bedarf es aus unserer Sicht eines gesamthaften Blickes, eines Gesamtpaketes und nicht – so wie es auch in dem jetzt in erster Lesung stehen­den Antrag der Fall ist – einzelner, anlassbezogener Maßnahmen, die man dann auch einzeln diskutiert. Es bedarf eben dieses gesamthaften Blickes, und da ist uns natürlich eine Stärkung der Persönlichkeitsrechte besonders wichtig.

Insofern begrüßen wir diese Zuweisung an den Ausschuss, freuen uns auf entsprechende Gespräche, und ich darf ersuchen – damit zitiere ich auch den Präsidenten, der das heute auch schon medial zum Besten gegeben hat –,
dass wir diese Gespräche auch mit der gebotenen Nüchternheit führen,
die diesem Ausschuss und auch der Würde des Hauses angemessen sind. Ich bin gespannt, ob das in der Debatte auch gelingen wird. Wir sind bereit. (Beifall
bei der ÖVP.)

21.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Matznetter. – Bitte.


21.04.58

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass der Antrag in Wahrheit eine Lücke füllt, die irrtümlich in der Verfahrens­ordnung ist, dass nämlich jene Bestimmung, die nur für den Verfahrens­richter, die Verfahrensrichterin und dessen, deren Stellvertreter gilt, wohl auch für Verfahrensanwalt und Verfahrensanwältin gelten muss, wonach auf Vorschlag des Vorsitzenden auch eine Abberufung möglich ist. Das ist eine Lücke, die wir gesehen haben und die gefüllt wird.

Frau Kollegin Rausch, ich verstehe schon, dass es gesamthaft sein muss, nur: Das Wesen, der Charakter und die Aufgabe, die der Untersuchungsausschuss hat, müssen gestärkt und nicht geschwächt werden. Was fällt unter Schwächung? Unter Schwächung fallen zum Beispiel Vorschläge – Herr Präsident, Sie
haben ja den Vorsitz geführt –, dass nur der Vorsitzende entscheidet, wer über­haupt ein Mikrofon bekommt. Unter Schwächung fallen Vorschläge wie, dass die Fragen, die gestellt werden, vorher wie bei einer Art Zensur erst einzu­reichen sind. Das ist keine Stärkung! (Zwischenruf des Abg. Stocker.) – Eine Stärkung, Herr Kollege Stocker, wäre eine Übertragung im Fernsehen, wo sich die Damen und Herren nämlich dann einmal anschauen können (Abg. Stocker: Sehr gern!), wie Ihre Wortmeldungen sind. (Beifall bei der SPÖ.) Dann würden Sie es sich dreimal überlegen, alles zu versuchen, um die Aufklä­rung zu verhindern. Sie würden so wie in anderen zivilisierten Ländern mit Fern­sehübertragung nämlich darauf achten müssen: Wie kommt denn das bei Wählerin und Wähler an? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dieser Antrag liegt übrigens im GO-Ausschuss, den müssen wir nur beschlie­ßen – damit lösen wir den Großteil der Probleme. Mit Transparenz, Offen­heit und offenem Visier wird die Frage gestellt, und die Auskunftsperson kann sich dann gut überlegen, sage ich nichts, sage ich die Unwahrheit. All das
kann sie sich überlegen. Die dauernd hineingrätschenden, die Fragen verhindern wollenden Abgeordneten, wie wir es jetzt von Ihrer Seite, Kollege Stocker und Kollege Hanger, erlebt haben, müssen es sich auch dreimal überlegen, denn dann schauen Ihnen Ihre Wählerinnen und Wähler zu. (Abg. Stocker: Sie ha­ben aber auch die Fragen!)

Daher: Gesamtreform ja, aber offen, transparent und in einer Form, dass es der Aufklärung dient! Und der ÖVP würde die Aufklärung guttun, sage ich auch
dazu. (Abg. Brandstätter: Bravo! – Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter. – Abg. Stocker: Vielleicht hören dann die Zuseher auch die Fragen!)

21.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Krisper. – Bitte sehr.


21.07.45

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es wurde der Antrag selbst
von der SPÖ noch nicht präsentiert. Ich übernehme jetzt gerne, zu sagen, worum es in diesem Antrag geht. Für den Antrag sind wir der SPÖ dankbar, weil das
ein konstruktiver Vorschlag ist, das Enthebungsverfahren, wie es schon für die Verfahrensrichterin, den Verfahrensrichter gesetzlich vorgesehen ist,
auch auf die Verfahrensanwältin, den Verfahrensanwalt in Zukunft anzuwenden.

Das würde eine Lücke schließen, die im U-Ausschuss jetzt offen zutage trat. Es war nämlich so, dass die Verfahrensanwältin im Zusammenspiel mit der
ÖVP-Fraktion eine Handlung gesetzt hat, die ihr nach der Verfahrensordnung keinesfalls zukam und die ihre Unparteilichkeit fraglich erscheinen ließ.

Wir sind dem Verfahrensrichter und seinem Team sehr dankbar, dass sie uns über dieses Vorgehen informiert haben. Der Verfahrensrichter und seine Stellvertreterin haben auch gleichzeitig unmissverständlich eine Beurteilung vor­genommen, nämlich dass die Verfahrensanwältin durch diese Handlung ihre Kompetenzen überschritten und ihren Zugang zu Akten in ungerechtfertig­ter Weise genutzt hat.

Die Kritik am Vorgehen der Verfahrensanwältin hat daher keinen parteipoliti­schen Hintergrund, und es würde der ÖVP daher sehr gut zu Gesicht ste­hen, diesbezüglich einmal Haltung zu beweisen.

Das Problem ist aber, dass die ÖVP generell Anträgen, die Aufklärung und Transparenz fördern würden, in diesem Haus eher kritisch gegenübersteht. Sie ist die einzige Partei, die auch bis jetzt nicht bereit war, über die Öffentlich­keit von U-Ausschüssen zu verhandeln. Dabei könnten wir da schon lan­ge in konstruktiven Gesprächen sein, weil unser Antrag, Übertragungen und somit echte Öffentlichkeit zuzulassen, längst im Geschäftsordnungsaus­schuss vor sich hin verstaubt – dank ÖVP.

Ich frage mich jetzt: Wann wird die ÖVP sich endlich konstruktiv einbringen, wenn es um Verbesserung der Verfahren im Sinne von Transparenz und Aufklärung in diesem Haus geht?

Wenn ich Frau Kollegin Rausch zuhöre, denke ich mir eher, großartig, hier wird wieder Absurdes vorgeschlagen und mit konstruktiven Vorschlägen unsererseits junktimiert – eine ewige Blockade gegen Transparenz und gegen Aufklärung! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.09


21.09.57Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich weise den Antrag 2823/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

21.10.08*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf diese Gelegenheit nutzen: Wie Sie wissen, wird Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch am 31.10. sein Abgeordnetenmandat zurücklegen. Dr. Bösch gehört zu den erfahrensten und längstdienenden Parlamentariern – seit 1994 im Bundesrat und seit 1999
mit einigen Unterbrechungen im Nationalrat. Er hat vor allem als Experte für Verteidigungspolitik und auch als Vorsitzender der Parlamentarischen Bundesheerkommission wirklich ganz essenziell dazu beigetragen, dieses Thema nicht nur auf der Agenda zu halten, sondern es durch seine persönliche Art sehr sachlich zu argumentieren geschafft, es immer wieder auch in die Breite zu bringen.

Ich darf mich bei dir, Herr Abgeordneter, ganz herzlich für dein Wirken im
Dienste der Republik bedanken und wünsche dir für deine Zeit nach dem Aus­scheiden als Parlamentarier alles erdenklich Gute. Herzlichen Dank für deine Arbeit! (Anhaltender allgemeiner Beifall. – Abg. Bösch erhebt sich von seinem Sitz und verbeugt sich.)

*****

Die Tagesordnung ist damit erschöpft.

Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf bekannt geben, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2874/A(E) bis 2894/A eingebracht
worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mittei­lungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 21.11 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

21.11.50Schluss der Sitzung: 21.11 Uhr

 

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