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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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107. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 18. Mai 2011

 

 


Stenographisches Protokoll

107. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode                      Mittwoch, 18. Mai 2011

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 18. Mai 2011: 9.06 – 20.53 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 er­lassen wird – BFRG 2012–2015

2. Punkt: Protokoll und Zusatzprotokoll zwischen der Republik Österreich und der Re­publik Finnland zur Abänderung des am 26. Juli 2000 in Wien unterzeichneten Ab­kommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuer­umgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

3. Punkt: Bericht über den Antrag 28/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Einbeziehung geringfügig Beschäftigter in die Arbeits­losenversicherung

4. Punkt: Bericht über den Antrag 835/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Bedeckung des einkommensabhängigen Teils des Kin­derbetreuungsgeldes aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung

5. Punkt: Bericht über den Antrag 11/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsge­setz 1977 (ALVG) geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Antrag 625/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Erhöhung der Freigrenzen bei der Einberechnung des PartnerInneneinkommens in der Notstandshilfe

7. Punkt: Bericht über den Antrag 812/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Erhöhung der Nettoersatzrate in der Arbeitslosenversiche­rung

8. Punkt: Bericht über den Antrag 442/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung des „Bartenstein-Erlasses“ punkto Be­schäftigungsverbot für AsylwerberInnen

9. Punkt: Bericht über den Antrag 596/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Beschäftigung und Arbeitslosigkeit junger Menschen

10. Punkt: Bericht über den Antrag 714/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Kontrolle von Kurzarbeit

11. Punkt: Bericht über den Antrag 715/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend begleitende Auflagen und Maßnahmen zur Kurz­arbeit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 2

12. Punkt: Bericht über den Antrag 793/A der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauernsozial­versicherungsgesetz geändert werden

13. Punkt: Bericht über den Antrag 814/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Aufhebung des willkürlichen Deckels bei der Pensionser­höhung im Bereich der ASVG-Pensionen

14. Punkt: Bericht über den Antrag 1272/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung einer pünktlichen Auszahlung der Pensionen

15. Punkt: Bericht über den Antrag 951/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwent­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines Berichtes über die Lebenssi­tuation älterer Menschen in Österreich

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1476/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversi­cherungsgesetz, BGBI. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010, geändert wird

17. Punkt: Bericht über den Antrag 711/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berechnung der Witwen- und Witwerpen­sionen

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 14

Ordnungsrufe ......................................................................................................  130, 135

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 7512/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 37

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ...... 128

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz .............................................................................................. 128

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner ........................................................ 130

Otto Pendl ................................................................................................................... 131

Günter Kößl ................................................................................................................ 132

Leopold Mayerhofer ................................................................................................... 132

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 134

Ernest Windholz ......................................................................................................... 135

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 7737/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 38

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         136

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 136

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 139


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 3

Gabriele Binder-Maier ................................................................................................ 141

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 142

Bernhard Vock ............................................................................................................ 143

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 144

Gerhard Huber ............................................................................................................ 146

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 7698/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 38

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         147

Redner/Rednerinnen:

Stefan Petzner ............................................................................................................ 147

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 152

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 154

Dr. Martin Strutz ......................................................................................................... 155

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 157

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................. 158

Mag. Ewald Stadler .................................................................................................... 160

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 38

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung im Zusammenhang mit den Ausfüh­rungen des Abgeordneten Stefan Petzner in der kurzen Debatte über die Anfra­gebeantwortung 7698/AB:

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 151

Ing. Norbert Hofer ...................................................................................................... 151

Stefan Petzner ............................................................................................................ 151

Wortmeldung des Abgeordneten Ing. Norbert Hofer betreffend die Vorgehens­weise bei der Erteilung von Ordnungsrufen ............................................................................................................. 153

Aktuelle Stunde (28.) – Aktuelle Europastunde

Thema: „Die Eurolüge – Genug gezahlt für marode Banken und bankrotte Euroländer!“              ............................................................................................................................... 14

Redner/Rednerinnen:

Josef Bucher ................................................................................................................. 14

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................  17, 34

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 20

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................. 21

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................... 23

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 24

Mag. Ewald Stadler ...................................................................................................... 26

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ..................................................................... 28

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 29

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 30

Dr. Martin Strutz ........................................................................................................... 32

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 34

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 36

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 14

Ausschüsse

Zuweisung ...................................................................................................................... 37


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 4

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1174 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 2012–2015 (1199 d.B.)                  39

Redner/Rednerinnen:

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................... 39

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 41

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 43

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 45

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 48

Josef Bucher ................................................................................................................. 51

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................... 53

Bernhard Themessl ...................................................................................................... 55

Jakob Auer .................................................................................................................... 57

Dr. Kurt Grünewald ...................................................................................................... 59

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 60

Mag. Rainer Widmann .................................................................................................. 62

Heidrun Silhavy ............................................................................................................ 64

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 65

Harald Vilimsky ............................................................................................................. 67

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 68

Ing. Robert Lugar ................................................................................................  71, 109

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ..................................................... 72

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ..................................................................... 74

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ..................................................................................... 75

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 76

Alois Gradauer ......................................................................................................  77, 85

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 78

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 81

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ............................................................................................. 82

Dr. Martin Bartenstein ................................................................................................. 84

Dr. Walter Rosenkranz (tatsächliche Berichtigung) .................................................... 85

Tanja Windbüchler-Souschill ...................................................................................... 87

Kurt List ......................................................................................................................... 88

Ing. Kurt Gartlehner ..................................................................................................... 89

Peter Haubner ............................................................................................................... 90

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .......................................................................... 91

Mag. Daniela Musiol ..................................................................................................... 92

Gerhard Huber .............................................................................................................. 97

Franz Kirchgatterer .................................................................................................... 100

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ............................................................................... 100

Mag. Heidemarie Unterreiner .................................................................................... 101

Mag. Judith Schwentner ............................................................................................ 102

Ernest Windholz ......................................................................................................... 104

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 105

Franz Eßl ..................................................................................................................... 105

Dr. Walter Rosenkranz .............................................................................................. 106

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 108

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 117

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 119

Dr. Martin Strutz ......................................................................................................... 120

Harry Rudolf Buchmayr ............................................................................................ 122

Dorothea Schittenhelm .............................................................................................. 123

Josef Jury .................................................................................................................... 125

Gerhard Köfer ............................................................................................................. 126


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 5

Mag. Laura Rudas ...................................................................................................... 127

Dr. Sabine Oberhauser, MAS .................................................................................... 162

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................. 164

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung des Masterstudiums „Internationale Entwick­lung“ – Ablehnung .....  79, 166

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung Bundeszuschuss zum Ausbau der Kinder­betreuung – Ablehnung ...  94, 166

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenz von Familienleistungen – Ablehnung ...............................................  96, 166

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Umschichtung der BMLFUW-Förderbudgets zugunsten von der Frühjahrsdürre 2011 betroffener Landwirte – Ablehnung ..............................................................................................................  99, 166

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kol­legen betreffend 10-Punkte-Programm zur Stärkung der mittelständischen Wirt­schaft – Genug gezahlt! – Ablehnung              111, 166

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Entwicklung von Alternativszenarien zum Euro-Rettungsschirm – Ablehnung ......................  115, 166

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kol­legen betreffend möglicherweise „nicht angemessene“ Vergütungen im Sinne des „Bankenrettungspaketes“ sowie mögliche rechtliche Schritte – Ablehnung ..........................................................................  116, 166

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 164

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1088 d.B.): Protokoll und Zusatzprotokoll zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland zur Abänderung des am 26. Juli 2000 in Wien unterzeichneten Abkom­mens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuer­umgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1183 d.B.)        ............................................................................................................................. 166

Redner/Rednerinnen:

DDr. Werner Königshofer ......................................................................................... 167

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ............................................................................... 168

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 168

Mag. Laura Rudas ...................................................................................................... 168

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 169

Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 169

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 171

Johann Hechtl ............................................................................................................. 171

Wilhelm Haberzettl ..................................................................................................... 172

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ................................................................... 172

Genehmigung des Staatsvertrages .............................................................................. 173

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 28/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Einbeziehung geringfügig Beschäftigter in die Arbeitslosenversicherung (1184 d.B.) .......................................................................... 173


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 6

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 835/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Bedeckung des einkommensabhängigen Teils des Kinderbetreuungsgeldes aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung (1185 d.B.) ...... ... 173

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 11/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (ALVG) geändert wird (1186 d.B.) ................ 173

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 625/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Erhöhung der Freigrenzen bei der Einberechnung des PartnerInneneinkom­mens in der Notstandshilfe (1187 d.B.) ....................................... 174

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 812/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Erhöhung der Nettoersatzrate in der Arbeitslosenversicherung (1188 d.B.)                                                                                                                                                  174

Redner/Rednerinnen:

Herbert Kickl ............................................................................................................... 174

Renate Csörgits .......................................................................................................... 176

Karl Öllinger ................................................................................................................ 177

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 178

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 180

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ..............................................................  181, 186

Dr. Sabine Oberhauser, MAS .................................................................................... 182

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 183

Christoph Hagen ........................................................................................................ 184

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 1184, 1185, 1186 und 1187 d.B. ........... 187

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1188 d.B. hinsichtlich des Entschlie­ßungsantrages 812/A(E) ............................................................................................................................. 187

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1188 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend soziale Situation von BezieherInnen der bedarfsorientier­ten Mindestsicherung (E 164) ......... 188

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 442/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Aufhebung des „Bartenstein-Erlasses“ punkto Beschäftigungsverbot für AsylwerberInnen (1189 d.B.) .............................................. 188

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 596/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschäftigung und Arbeitslosigkeit junger Menschen (1190 d.B.) .................................................................................................................... 188

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 714/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Kontrolle von Kurzarbeit (1191 d.B.)                         188

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 715/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend begleitende Auflagen und Maßnahmen zur Kurzarbeit (1192 d.B.) .................................................................................................................... 188


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 7

Redner/Rednerinnen:

Herbert Kickl ............................................................................................................... 188

Franz Riepl .................................................................................................................. 190

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 191

August Wöginger ....................................................................................................... 193

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 194

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 195

Bernhard Vock ............................................................................................................ 196

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................... 197

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 198

Josef Muchitsch ................................................................................................  199, 206

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 200

Oswald Klikovits ........................................................................................................ 201

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................. 202

Karl Öllinger ................................................................................................................ 203

Maximilian Linder ....................................................................................................... 204

Gerald Grosz .............................................................................................................. 205

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1189 und 1192 d.B. ........................... 207

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1190 d.B. hinsichtlich des Entschlie­ßungsantrages 596/A(E) ............................................................................................................................. 207

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1190 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Jugendliche ohne Ausbildung (E 165) .......................................................................... 207

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1191 d.B. hinsichtlich des Entschlie­ßungsantrages 714/A(E) ............................................................................................................................. 207

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1191 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Kurzarbeitsbericht (E 166) ............................................................................................ 207

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 793/A der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauernsozialversicherungs­gesetz geändert werden (1193 d.B.) ............................................................................ 207

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 814/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Aufhebung des willkürlichen Deckels bei der Pensionserhöhung im Bereich der ASVG-Pensionen (1194 d.B.) ............................................................. 207

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1272/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Sicherstellung einer pünktlichen Auszahlung der Pensionen (1195 d.B.)                                                                                                                            207

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 951/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Erstellung eines Berichtes über die Lebenssituation älterer Men­schen in Österreich (1196 d.B.) ....................................... 208

Redner/Rednerinnen:

Werner Neubauer ....................................................................................................... 208

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 209

Karl Öllinger ................................................................................................................ 210

Karl Donabauer .......................................................................................................... 212


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 8

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 213

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ....................................................................... 214

Hannes Weninger ....................................................................................................... 215

Mag. Judith Schwentner ............................................................................................ 216

August Wöginger ....................................................................................................... 217

Gerhard Huber ............................................................................................................ 218

Karl Donabauer (tatsächliche Berichtigung) .............................................................. 219

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 219

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1193, 1194 und 1195 ............................. 220

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1196 d.B. hinsichtlich des Entschlie­ßungsantrages 951/A(E) ............................................................................................................................. 221

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1196 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Bundesplan für Seniorinnen und Senioren (E 167) ...................................................... 221

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1476/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, BGBI. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010, ge­ändert wird (1197 d.B.) ...................................................................... 221

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 711/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Berechnung der Witwen- und Witwerpensionen (1198 d.B.) ....................................................................................... 221

Redner/Rednerinnen:

Herbert Kickl ............................................................................................................... 221

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 223

Karl Öllinger ................................................................................................................ 224

Karl Donabauer .......................................................................................................... 225

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 225

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl .......................................................................................... 226

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1197 und 1198 d.B. ........................... 226

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bankenpflichtenpaket (1546/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung von Alternativszena­rien zum Eurorettungsschirm (1547/A)(E)

Hermann Krist, Hermann Gahr, Dr. Alexander Van der Bellen, Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umwidmung und Umgestaltung der Südtiroler fa­schistischen Relikte in Mahnmäler (1548/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend 10-Punkte-Programm zur Stär­kung der mittelständischen Wirtschaft – „Genug gezahlt!“ (1549/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Heidrun Silhavy, Franz Hörl, Mag. Roman Haider, Stefan Mar­kowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachhaltige Mobilitätsangebote für Tou­risten im Sinne der Tourismusstrategie (1550/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 9

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend in Rich­tung Aussetzen des Verkaufs von „Roundup“ und Erstellung einer eigenen Studie zur Überprüfung der Zelltoxizität (1551/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Brust­krebs-Früherkennung (1552/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Schaffung eines europäischen Hartwährungsraumes (1553/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verhinderung einer europäischen Transferunion (1554/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aus Fehlern der Vergan­genheit lernen“ (1555/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ratifizierung des Überein­kommens über Menschenrechte und Biomedizin („Biomedizinkonvention“) (1556/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Präimplantationsdiagnostik (PID) (1557/A)(E)

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderungen der Arbeitszeit­richtlinie (1558/A)(E)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend pflegende Kinder und Jugendliche (1559/A)(E)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Hilfen für junge Erwachsene“ im neuen Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz (1560/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufbau eines nationalen Suizidpräventionsprogramms (1561/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hüftendoprothesenregister (1562/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Forschungsgesetz („For­schungsmedizingesetz“) (1563/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ratifizierung des Überein­kommens über Menschenrechte und Biomedizin („Biomedizinkonvention“) (1564/A)(E)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung der deutschspra­chigen Minderheit in Slowenien (1565/A)(E)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Briefwahl ausschließlich für Auslandsösterreicher (1566/A)(E)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufwertung und Erhalt von Volkskunde- und Völkerkundemuseum (1567/A)(E)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines Innovationspreises für Unternehmen mit einem besonders hohen Frauenanteil in Füh­rungspositionen (1568/A)(E)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundeseinheitliche Regelung zur Verbesserung der arbeits- und sozialrechtlichen Absicherung von Pflegeeltern (1569/A)(E)

Peter Haubner, Mag. Johann Maier, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Dr. Wolf­gang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform und Neustrukturierung der Kontrollen entlang der Lebensmittelkette (1570/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 10

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Förderung der Tagesbetreuung von pflegebedürftigen Menschen (1571/A)(E)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) geändert wird (1572/A)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend jährliche Valorisierung des Pflege­geldes (1573/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verwaltungsreform in Österreich, Teil 1: Gemeindeebene (1574/A)(E)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Tierseuchenge­setzes (1575/A)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Stärkung des vorbörslichen Wagniskapitalmarktes (1576/A)(E)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lehramt Türkisch und Ausbil­dung der erforderlichen LehrerInnen (1577/A)(E)

Franz Hörl, Heidrun Silhavy, Mag. Roman Haider, Dr. Gabriela Moser, Stefan Mar­kowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die touristische Bedeutung der alpinen In­frastruktur (1578/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Organisation des Staatssekretariats sowie Deutsch vor Zuzug (8554/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Bahnstrecken in der Oststeiermark und im Bezirk Jennersdorf (8555/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend einen hinterfragungswürdigen Erlass im Zusammenhang mit Belehrungen und Ermahnungen in Justizanstalten (8556/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Kinder und Jugendliche ohne Schulabschluss und ohne Zukunft (8557/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend aktuellen Stand zur Hospiz und Palliativ-Versorgung in Österreich (8558/J)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend aktuellen Stand zur Hospiz und Palliativ-Versor­gung in Österreich (8559/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Bedrohung in einer Volksschule in der NÖ-Landeshauptstadt St. Pölten (8560/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Selbstbestimmungsrecht und doppelte Staatsbürgerschaft für Südtiroler und Südtirolerinnen (8561/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend in Österreich angelegte Gelder aus Regenwaldabholzung (8562/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Gesundheit betreffend die Behandlung von chronischen Wunden und Narben (8563/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 11

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend Salmonellen in Putenschnitzel (8564/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend Militärluftausstellung Zeltweg (8565/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend die Parksituation am Bahnhof Jenbach (8566/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend „WAG Plus 600“ (8567/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Förderung ausländischer Medien seitens des BKA (8568/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Personalfluktuation auf Polizeidienststellen (8569/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Ausstellung „They had faith in Turkey“ (8570/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Selbstbestimmungsrecht und doppelte Staatsbürgerschaft für Südtiroler und Süd­tirolerinnen (8571/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Causa K. (8572/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend die Förderung ausländischer Medien durch das BMUKK (8573/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Medienförderung des BKA für türkische Medien (8574/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend „die Macht der türkischen Medien“ (8575/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Essen im Müll (8576/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Grenzkontrollen zu Italien (8577/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Integration durch Vereinsarbeit (8578/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Geldmittel des Ressorts zur Behe­bung der Schäden nach dem Orkan „Paula“ (8579/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Borkenkäferplage in Oberkärnten (8580/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Auslandsreisen des Staatssekretärs (8581/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Umsetzung BVG Kinderrechte (8582/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 12

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Umsetzung BVG Kinderrechte (8583/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Umsetzung BVG Kinderrechte (8584/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Umset­zung BVG Kinderrechte (8585/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Umsetzung BVG Kinderrechte (8586/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung BVG Kinderrechte (8587/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Umsetzung BVG Kinderrechte (8588/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Umsetzung BVG Kinderrechte (8589/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Umsetzung BVG Kinderrechte (8590/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Umsetzung BVG Kinderrechte (8591/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Umsetzung BVG Kinderrechte (8592/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Umsetzung BVG Kinderrechte (8593/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Umsetzung BVG Kinderrechte (8594/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend Umsetzung BVG Kinderrechte (8595/J)

Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend Illegales Glücksspiel, Spielsucht und Spielsuchtprävention (8596/J)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „In Österreich droht Lehrermangel!“ (8597/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Entsenderichtlinie (8598/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend möglicherweise „nicht angemessene“ Vergütungen im Sinne des „Bankenret­tungspaketes“ sowie mögliche rechtliche Schritte (8599/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend verhinderte Abschiebung in Hall (8600/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Hypo Group Alpe Adria – das Blatt wendet sich (8601/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 13

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Hypo Group Alpe Adria – das Blatt wendet sich (8602/J)

*****

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates be­treffend Umstellung des Lichtmanagements des Parlamentsgebäudes auf LED-Tech­nologie im Zuge der bevorstehenden Sanierungsarbeiten (61/JPR)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 14

09.05.48Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 107. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Keck, Dr. Schüssel, Dr. Stummvoll und Mag. Jarmer.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied wird durch die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek, die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures wird durch den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos und der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner wird durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich vertreten.

*****

Ich gebe bekannt, dass die heutige Sitzung zur Gänze von TW 1 und bis 13 Uhr von ORF 2 live übertragen wird.

09.06.47Aktuelle Europastunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zur Aktuellen Europastunde mit dem Thema:

„Die Eurolüge – Genug gezahlt für marode Banken und bankrotte Euroländer!“

Als Erster zu Wort gelangt Herr Klubvorsitzender Bucher. – Bitte. (Abg. Bucher begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine Tafel auf mit der Aufschrift „Genug ge­zahlt!“ – Beifall beim BZÖ. – Abg. Rädler: Das gleiche Taferl, die gleiche Rede!)

 


9.07.07

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, Sie alle sind ausgeschlafen, inklusive Frau Finanzministerin Fekter.

Es ist, ehrlich gesagt, für mich als Steuerzahler und für viele Steuerzahler in Österreich ein beruhigendes Gefühl, dass Sie, Frau Bundesministerin, hier in Österreich sind, denn wenn Sie im Ausland weilen, vor allem in Brüssel, kann das die Steuerzahler mitunter äußerst teuer kommen. (Beifall beim BZÖ.)

Dass es sehr, sehr teuer werden kann, haben Sie gerade auch in den letzten Tagen bewiesen, denn allein für Portugal muss sehr, sehr tief in die Tasche gegriffen werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 15

Man hat auf europäischer Ebene im ECOFIN wieder ein Hilfspaket in der Höhe von insgesamt 78 Milliarden € geschnürt, um Portugal unter die Arme zu greifen. Und das wird wahrscheinlich auch noch nicht ausreichen, Deutschland rechnet ja schon mit 100 Milliarden €, die nötig sind, um Portugal über Wasser zu halten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir von der Euro-Lüge sprechen, dann mit Berechtigung. Die Menschen verstehen mittlerweile nicht mehr, welche Taktik hier angewendet wird, sie wissen nur eines: dass ihnen nicht die Wahrheit gesagt wird, wenn immer wieder der Schutz des Euro sozusagen als Argument vorgeschoben und die wahren Gründe, die dahinterstecken, verborgen werden. Daher sprechen wir be­rechtigterweise von einer Euro-Lüge, um die es geht bei der Begründung, die auf euro­päischer Ebene von den Finanzministern vorgeschoben wird. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben das in den letzten Monaten mehrmals erlebt. Erinnern Sie sich! Es war im­mer die Rede davon: Portugal braucht keine Hilfe, Spanien braucht keine Hilfe, Irland braucht keine Hilfe, ja lehnt sogar Hilfe ab!, und wenige Wochen oder Monate später kommt immer wieder der Bumerang zurück, und die Steuerzahler werden zur Kasse gebeten.

Die Steuerzahler fühlen sich mittlerweile belogen und betrogen und hinter das Licht ge­führt. Sie können nicht mehr verstehen, wie es zusammengehen kann, dass auf euro­päischer Ebene plötzlich so viel Geld vorhanden ist, dass man maroden Banken und Pleiteländern Milliarden an Eurogeldern hinterherwerfen kann. Das versteht niemand, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Ich glaube, es ist auch redlich, dass wir hier im Hohen Haus darüber diskutieren und vor allem die Meinung und das Gefühl der Menschen, die wir alle zu vertreten haben, auch zur Sprache bringen und nicht so wie Frau Bundesministerin Fekter sagen: No problem! – Es ist kein Problem, so nach dem Motto: Die Milliarden liegen in Österreich einfach so herum, man muss sie nur finden, aufheben und den maroden Ländern hin­terherwerfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das wird den Steuerzahler in Österreich in den nächsten Monaten und Jahren teuer zu stehen kommen – und dagegen wehren wir uns!

Wenn wir lesen, dass der Sprecher der Euro-Zone und Euro-Länder Jean-Claude Jun­cker sagt: Wenn es ernst wird, muss man lügen!, wenn der Chef der Euro-Zone so et­was von sich gibt, dann muss man sich wirklich fragen, was sich hinter dieser Strategie verbirgt. Wir haben halt das Gefühl, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass am Ende dieser Strategie eine europäische Zentralregierung steht, eine Zentralregierung, bei der die einzelnen Mitgliedsländer der Europäischen Union, aber vor allem der Euro-Zone immer weniger zu reden haben werden.

Wir haben beziehungsweise diese Bundesregierung hat in den letzten Monaten insge­samt 22 Milliarden € an Zahlungsverpflichtungen zugesagt! – Frau Bundesministerin Fekter, Haftungen sind nicht nur Haftungen, die man sozusagen verbergen kann, vom Budget fernhalten kann. Ich erinnere Sie daran, dass Haftungen Zahlungsverpflichtun­gen sind, die schlagend werden können. Zahlungsverpflichtungen sind Geld, echtes Geld der Steuerzahler! Das können Sie nicht verstecken, sondern das sind Verpflich­tungen, die schlagend werden können. Und wir haben allen Grund dazu und vermuten auch, dass das in den nächsten Wochen und Monaten der Fall sein wird.

Gerade am Beispiel Griechenland sehen wir, dass das Geld knapp wird und dass das, was hier an Zahlungsverpflichtungen von den europäischen Mitgliedsländern einge­gangen wird, nicht ausreichen wird. Und die Menschen haben ein ungutes Gefühl da­bei. Sie verstehen nicht, dass die Menschen in Österreich all das zahlen müssen, was Sie so großspurig und großzügig auf europäischer Ebene versprechen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 16

In Österreich kürzen Sie die Familienbeihilfe. In Österreich heben Sie die Mineralöl­steuer an – das führt zu einer eklatanten Verteuerung der Lebensmittel und der Güter des täglichen Bedarfs in Österreichs. (Beifall beim BZÖ.)

Der Preis für die Güter des Warenkorbs ist mittlerweile um 7 bis 8 Prozent gestiegen, und Sie reden immer von einer niedrigen Inflation und davon, dass Sie die Inflation im Griff haben. Sie von Rot und Schwarz schicken Ihre Wirtschaftsforschungsinstitute vor, um den Menschen vorzugaukeln, dass es eine Inflation von 2 bis 3 Prozent gibt. Das glaubt Ihnen niemand!

Die Menschen wissen, dass sie – vor allem auch die Mittelschicht – massiv davon be­troffen sind und in die Tasche greifen müssen, damit Portugal, damit Griechenland ge­holfen werden kann. Und das versteht niemand. Daher sagen wir zu Recht: Frau Bun­desministerin, genug gezahlt für marode Banken! Genug gezahlt für Pleiteländer inner­halb der Europäischen Union! (Beifall beim BZÖ. – Die Abgeordneten des BZÖ halten Tafeln mit der Aufschrift „Genug gezahlt!“ in die Höhe.)

Es muss endlich Schluss sein damit, dass Sie ständig Geld in ein System pumpen, das marod ist. Dieses System, für das Sie Milliarden an Euro zur Verfügung stellen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein marodes System! Es ist noch dazu ein kredit­finanziertes System!

Berücksichtigen Sie bitte, wenn Sie alle von Rot und Schwarz das in Ihren Debatten­beiträgen auch gutheißen: Das Geld, das nach Portugal geht, das Geld, das nach Grie­chenland geht, ist kreditfinanziertes Geld! Das ist Geld, das wir in Österreich noch nicht erwirtschaftet haben! Das ist Kreditgeld, das die nächsten Generationen erst erwirt­schaften müssen. Das ist der Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, um den es geht! (Beifall beim BZÖ.)

Am Ende profitieren – und das haben wir gestern diskutiert – immer nur die Banken. Die Banken profitieren am Ende immer. Die Banken erwirtschaften bei diesen Kreditge­schäften eine enorme Rendite, wenn sie Staatsanleihen kaufen – bis zu 25 Prozent Rendite. Das ist ein Traumgeschäft, das hat mit der Realwirtschaft überhaupt nichts mehr zu tun.

Daher sagen wir: Lassen Sie die Finger endlich von diesem Teufelskreis, von dieser Milliardenjongliererei und gehen Sie zurück zu einer geordneten Entschuldung Grie­chenlands! Griechenland hat nur die einzige Chance, nämlich: den Selbstgesundungs­weg zu beschreiten und zu seiner eigenen Währung zurückzukehren, denn das, was da auf europäischer Ebene mit Unterstützung der österreichischen Bundesregierung gemacht wird, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist privatwirtschaftlich und pri­vatrechtlich gesehen nichts anderes als Konkursverschleppung. Das, was da betrieben wird, ist Konkursverschleppung und wäre eigentlich strafbar. (Beifall beim BZÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Kopf.)

Es wäre viel wichtiger und angebrachter – wir hören das auch immer wieder von Rot und Schwarz –, endlich einmal auf europäischer Ebene die Finanzmärkte zu regulie­ren, beispielsweise über eine Finanztransaktionssteuer. Da hätten wir die Möglichkeit, die Spekulanten in die Schranken zu weisen und die Finanzmärkte zu regulieren. (Abg. Kopf: Und dann ist alles weg! Du bist ein Naivling!)

Seit 2008, seit dem Zusammenbrechen des gesamten Finanz- und Bankensystems reden wir darüber, da endlich einmal Spielregeln einzuführen. Bis heute ist nichts ge­schehen. Es gibt ja nicht einmal ein Bankenkonkursrecht. Da frage ich einmal die we­nigen Wirtschaftstreibenden oder eher -vertreibenden der ÖVP: Wie erklärt ihr, dass es für einen Unternehmer, der von heute auf morgen sofort in Konkurs gehen kann, klare Regeln gibt – überhaupt kein Problem –, dass aber eine Bank nicht in Konkurs gehen kann, weil am Ende immer der Steuerzahler die Haftung übernimmt und für Verluste ge­


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radestehen muss? – Das versteht mittlerweile niemand mehr in dieser Republik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Darum sagen wir: Genug gezahlt! Dieses System führt Österreich in eine Schulden­falle, aus der wir nicht mehr herauskommen. (Zwischenruf der Abg. Tamandl.) Wir wol­len nicht haben, dass dieses System gewinnt, um das es hier geht, das dazu führt, dass wir eine Zentralregierung bekommen, dass wir in einer Transferunion landen, die den Steuerzahler in Zukunft Unsummen kosten wird. (Abg. Kopf: Wir haben unser ei­genes Griechenland: Kärnten! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Heute zahlt der Steuerzahler schon 1 Milliarde € pro Jahr. (Abg. Kopf: Schämst du dich eigentlich nicht?) 1 Milliarde € pro Jahr wird das in Zukunft den Steuerzahler kos­ten! (Abg. Kopf: Mit der Hypo am Hals, schämst du dich nicht? Schäm dich! Schämen sollst du dich!) 500 Millionen über den EU-Beitrag, über den Nettozahlerbeitrag, und eine halbe Milliarde zusätzlich über dieses Hilfspaket. (Abg. Rädler: So ein Blödsinn!) Das sollten Sie in Zukunft gegenüber dem Steuerzahler verantworten. (Abg. Kopf: Schämen sollst du dich, sonst gar nichts!) Das müssen Sie verantworten!

Wir sind schlicht dagegen. Wir sagen: Genug gezahlt für marode Banken! (Beifall beim BZÖ.) Genug gezahlt für diese Pleiteländer, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil wir das Geld in Österreich brauchen: für das Bildungssystem, für Forschung und Entwicklung, für Arbeitsplätze. Die Österreicher haben ein Recht darauf, dass ihre Steu­ergelder in Österreich verwendet werden. (Anhaltender Beifall beim BZÖ. – Abg. Kopf: In Kärnten, ja!)

9.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr. Fekter zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Sehr schmallippig, die Frau Finanzmi­nisterin!)

 


9.17.59

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! (Abg. Ing. Westenthaler: Haben Sie auch einen Reim für uns?) Herr Bucher, Sie haben es nicht verstanden! (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Bu­cher.) Das ist ein Sanierungsplan, der schlussendlich zu dem Ergebnis führen soll (Abg. Bucher: ... Beamten-Regierung, ihr solltet einmal in die Privatwirtschaft gehen! Geld­vernichtungsregierung!), dass Griechenland und dass Portugal die Hausaufgaben ma­chen, sprich Reformen umsetzen. Dafür leihen wir ihnen Geld, und Griechenland zahlt Zinsen dafür. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wann denn? – Weitere Zwischenru­fe bei FPÖ und BZÖ.) Österreich hat bisher 19,5 Millionen € an Zinsen bekommen. (Abg. Ing. Westenthaler: Kein Mensch glaubt Ihnen das!)

Und ich sage Ihnen Folgendes: Sanieren ist allemal gescheiter, als in die Pleite zu schicken, so wie Sie das wollen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das führt Österreich in die Pleite! Das ist die Wahrheit!)

Der Euro ist eine Erfolgsgeschichte (Abg. Vilimsky: Geh bitte!), und zwar seit seiner Einführung. (Abg. Ing. Westenthaler: Unglaublich! Wieder 2 Prozent weniger!) Er hat uns mehr Preisstabilität gebracht, weniger Inflation und international große Chancen und Erfolge. (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Er hat allen Sparern ihr Sparguthaben gesichert. Seit wir den Euro haben, war die Inflation immer niedriger als davor. (Abg. Mag. Stefan: Der Schilling wäre natürlich schon längst untergegangen!) Derzeit steu­ern wir einem Inflationsanstieg entgegen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Der Euro hat gleichzeitig auch das Zusammenwachsen von Europa mit sich gebracht. Die europäischen Märkte sind gestärkt durch den Euro, und, meine sehr verehrten Da­men und Herren, wir haben damit eine Weltwährung, die wesentlich stabiler als der US-Dollar ist. Das möchte ich hier auch einmal betonen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Auch in Zeiten von nervösen Finanzmärkten strahlt der Euro Stabilität aus. Daher müs­sen wir alles tun, um diese Stabilität auch den nervösen Finanzmärkten zu zeigen und um die Stabilität zu bewahren.

Österreich hat ungemein profitiert durch den Euro: 20 000 Arbeitsplätze mehr, und ein jährliches Wachstum von 0,9 Prozent – das ist ein Drittel unseres Wachstums – ist auf die gemeinsame Währung und den Binnenmarkt zurückzuführen. Wären wir so klein­geistig und würden wieder zurückkehren zum Schilling, würde das mit einer Armut für unsere Bevölkerung enden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Nur Schwarz-Weiß!)

Wir haben daher auch keine Euro-Krise. Der Euro ist eine starke Währung, ist eine sta­bile Währung. (Abg. Ing. Westenthaler: „Zu blöd, zu feig“!) Das zeigt das Verhältnis zum Dollar, das zeigt, wie der Euro in der Welt gehandelt wird. Aber wir haben eine Schuldenkrise von manchen Euro-Ländern, und daher müssen wir diesen Ländern sa­gen, dass es so nicht geht. (Abg. Vilimsky: Und zahlen tun wir!) Wenn diese Länder ihre Staatsfinanzen nicht in Ordnung bringen, dann bekommen alle ein Problem, und daher üben wir Druck auf Griechenland aus, daher üben wir Druck auf Portugal aus, indem wir ihnen Geld borgen (Abg. Grosz: Das wir nie zurückbekommen!), aber gleich­zeitig Reformen einfordern. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Grosz: Das ist Schenken, nicht Borgen!)

Ich kämpfe darum, dass der Euro und die Eurozone, dass unser gesamtes Wirtschafts­wachstum so stabil bleibt, wie es ist, denn das sichert unseren Wohlstand, das schafft Arbeitsplätze hier in Österreich. Und da lassen wir uns nicht durch marode Staaten in Europa hinunterziehen, da handeln wir vorher! Und Europa hat gehandelt, die Finanz­minister und Regierungschefs haben gehandelt und haben das Richtige getan.

Ich nenne Ihnen nur ein Beispiel: Irland. Irland war das erste Land, das gemeinsame Hilfe bekommen hat, und gestern hat der irische Finanzminister gegenüber den Fi­nanzministern in Brüssel erläutert, dass er nicht den gesamten Haftungsrahmen brau­chen wird, dass Irland inzwischen wieder zurück ist auf dem Pfad, dass sie in Irland in­zwischen wieder Investoren haben, dass sie die Finanzmärkte wieder betreuen können und die Finanzmärkte ihnen wieder Geld geben – was in Griechenland noch nicht der Fall ist.

Griechenland braucht Staatshilfe von seinen Partnern, die Griechen bekommen noch kein Geld vom Finanzmarkt. Daher müssen wir ihnen helfen – und sie nicht in die Pleite schicken! Helfen müssen wir ihnen, dass sie wieder zurückkommen in das nor­male Wirtschaftsleben, dann bekommen wir nämlich das Geld zurück! (Ironische Hei­terkeit bei FPÖ und BZÖ.) Und ich schlage einen Sanierungspfad ein, wo ich vorü­bergehend Geld verborge, dafür Zinsen bekomme für die Steuerzahler und in einem absehbaren Zeitraum das Geld auch wieder zurück. So hilft man richtig! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und zu allen, die davon träumen, ein Schuldnachlass wäre das Richtige: Meine sehr verehrten Damen und Herren, sagen Sie dem Steuerzahler, dass Schuldnachlass be­deutet, dass wir gleich alles abschreiben können! Dann zahlen die Pensionisten die Schulden von Griechenland, die über die Staatsanleihen ihre Pensionen gesichert ha­ben. Dann zahlen all diejenigen, bei denen diese Staatsanleihen im Portefeuille sind,


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nämlich die Pensionskassen, und zwar europaweit. Ich will die europäischen Pensio­nisten nicht diese Schuld tragen lassen. Daher ist Schuldnachlass keine Lösung! (Bei­fall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die anderen Träumer träumen immer von der Umschuldung. Na wo denn hin? Wo­möglich zu den Nettozahlern? Kommt ja gar nicht in Frage, dass wir Umschuldungen zulassen, die dann ausschließlich bei uns landen! Nein, Griechenland soll den Staat reformieren!

Meine Damen und Herren! Griechenland ist in einer Situation, wie wir in den siebziger Jahren waren. (Zwischenrufe beim BZÖ. – Abg. Mag. Stadler: So ein Unsinn! – Abg. Vilimsky: Das ist ein Skandal der Sonderklasse! – Abg. Dr. Strutz: Das ist ja unge­heuerlich!) Hoher Staatsanteil, eine enorme Verstaatlichte, ein enorm hoher Beamten­anteil, Privilegien und eine Philosophie, wonach der Staat ein Selbstbedienungsladen ist – und wir müssen ihnen sagen, dass das zu reformieren ist! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Bucher: Sie haben die Möglichkeit, das zurückzunehmen! – Anhaltende Zwi­schenrufe bei FPÖ und BZÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Griechenland versprochen hat, dass der Staat 50 Millionen € Privatisierungskapital lockermacht, damit Privatinvestoren kom­men, damit das Wirtschaftswachstum angekurbelt wird, wenn Griechenland verspro­chen hat, dass es die Märkte liberalisiert und nicht überall Monopolisten hat, dann for­dern wir das von den Griechen auch ein. Sie haben das Privatisierungskapital zu brin­gen! Wir haben ihnen immerhin auch Geld geborgt, und daher werden wir die nächste Tranche nicht auszahlen, bevor diese Privatisierungen nicht durchgeführt wurden. (Bei­fall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Denn sie wissen nicht, was sie tun!)

Diese Überbrückungskredite, die in Irland gut geholfen haben, haben den Weg aufge­zeigt, wie es geht. Und diese Überbrückungskredite braucht Griechenland derzeit. Grie­chenland muss auf die Beine kommen und modernes Wirtschaften lernen, es muss das Staatsgefüge entrümpeln und die Administration verschlanken. Griechenland muss weiters ein effizientes Steuersystem einführen. Die Griechen haben zwar Gesetze über Steuern, nur heben sie die Steuern nicht ein. Hier hilft auch die Europäische Union, indem man ihnen die Infrastruktur beibringt, wie man zu effizienten Steuereinnahmen kommt.

Es kann nicht sein, dass die Gemeinschaft der Euro-Gruppe hilft, während die Grie­chen sich zurücklehnen. (Abg. Petzner: Wer zahlt denn das? Die Träumerin sind Sie!) Daher haben die Finanzminister eine Arbeitsgruppe gemeinsam mit dem Internationa­len Währungsfonds, der Zentralbank und der Kommission in Griechenland installiert, um zu evaluieren, wo denn das Geld hinfließt. Denn: Wir wollen uns genau anschauen, wo es hinfließt und wie effizient es ausgegeben wird! Und wir achten darauf, dass der Pfad, den sie vorgegeben haben, den sie versprochen haben, auch eingehalten wird. (Abg. Mag. Stadler: Sagen Sie, was haben Sie denn gefrühstückt, dass Sie so einen Unsinn verzapfen können?!)

Daher haben die Staats- und Regierungschefs, also auch unser Bundeskanzler, bereits am 11. März zugestimmt, dass man den Griechen ein bisschen länger Zeit gibt, wieder auf die Beine zu kommen. Und mir ist allemal lieber, dass man den Griechen ein biss­chen länger Zeit gibt, als dass ich das Geld abschreiben muss. Ich bemühe mich, zu sanieren – und nicht in die Pleite zu schicken. Das ist allemal der richtigere Weg! (An­haltender Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Re­dezeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Europastunde


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 20

laut § 74b Abs. 2 in Verbindung mit § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


9.29.05

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Frau Minister, Sie haben heute den historischen Fehdehandschuh hier in den Plenarsaal geworfen, als Sie Griechenland mit Österreich der siebziger Jahre verglichen haben. (Abg. Vi­limsky: Die „Frau Finance“!) Das ist eigentlich eine Ungeheuerlichkeit (Abg. Petzner: Das ist Ihre Ministerin!), denn in den siebziger Jahren hat es jedenfalls ausgeglichene Bilanzen gegeben, hat es einen Aufbau eines Sozial- und Wohlfahrtsstaates gegeben, hat es den Ausbau des Bildungssystems gegeben (Abg. Dr. Strutz: Hinter Ihnen!), und ganze Generationen haben einen sozialen und bildungsmäßigen Aufstieg realisieren können, wie es in Österreich vorher nie der Fall gewesen ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Strutz: Hinter Ihnen!)

Herr Abgeordneter Strutz, an Ihnen ist das vielleicht vorübergegangen, das mag sein. Sie sind hier ein Einzelfall im Haus, aber alle anderen haben davon profitiert, die hier sitzen, wo es sich altersmäßig noch ausgeht. Ich sage das nur. (Beifall bei der SPÖ.)

Da wir schon bei der Historie sind: Mir liegt das Protokoll einer Sitzung der Staats- und Regierungschefs vom 19. Juni 2000 vor, also sechs Monate nach der Konstituierung der schwarz-blauen Bundesregierung. Das war also in einer Zeit, in der BZÖ und FPÖ noch nicht getrennt waren, als die FPÖ also in der Regierung war und mit Karl-Heinz Grasser den Finanzminister gestellt hat.

Damals wurde einstimmig, und zwar unter dem Jubel aller, die dort gesessen sind, Griechenland in die Eurowährungszone aufgenommen. Ich möchte Sie daran erinnern, denn wir wollen die Historie schon richtig sehen. Damals wurde gesagt – ich zitiere –:

Der Europäische Rat beglückwünscht Griechenland zu der Konvergenz, die es in den letzten Jahren auf Grund seiner soliden Wirtschafts- und Finanzpolitik erreicht hat, und begrüßt die Entscheidung, dass Griechenland zum 1. Jänner 2001 dem Euro-Wäh­rungsgebiet beitritt.

Und weiters: Dies stellt einen weiteren Fortschritt der Währungsintegration der Union dar. – Zitatende.

Ihr Über-Vater, Ihr beider Über-Vater Jörg Haider, ist zu diesem Zeitpunkt bereits als Regierungsmitglied in Klagenfurt gesessen und hat sich gefreut, dass Griechenland Mitglied der Euro-Zone geworden ist. Dort sind die Ursprünge! Sie sollten also hier nicht herauskommen und so tun, als hätte es diese Sache nicht gegeben. (Abg. Vilimsky: Ja, aber was soll das?!)

Herr Klubobmann Bucher hat vorhin hier einen Vortrag gehalten über Kreditvergaben, über Haftungen – und da kann ich nur sagen: Klubobmann Bucher wird als Kärntner ja wohl wissen, welche Bedeutung das Wort „Haftung“ in Kärnten hat. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Nur, damit wir das auch hier richtig sehen: Es war wieder Jörg Haider, sozusagen einer der Väter bei der Hypo Alpe Adria, der dort einen Haftungsrahmen von 18 Milliarden € zu verantworten hat. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ sowie Zwischenrufe beim BZÖ.) Da kommen Sie, Herr Klubobmann Bucher, hier heraus und halten uns Vorträge!

Ich möchte Ihnen nur sagen: Hängen S´ das Bild von Jörg Haider in Ihren Klubräum­lichkeiten ab! Das ist zu teuer, denn denken Sie nur an die 18 Milliarden € an Haftun­gen! Stellen Sie sich vor, das wird schlagend!; dann sind es 22 Milliarden €. (Zwischen­ruf des Abg. Dr. Strutz.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 21

Kollege Strutz, Sie waren immer an der Seite von Jörg Haider: einmal links, einmal rechts, einmal hinten, einmal vorne. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.) Sie wissen es daher ganz genau, warum das so ist und warum es so ge­worden ist. Eigentlich sollten Sie, Kollege Strutz, nicht hier, sondern im Untersuchungs­ausschuss in Klagenfurt sitzen, wo das Ganze gerade untersucht wird, wenn wir hier schon in die Tiefe gehen. Ich möchte Ihnen das nur noch einmal in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei Abgeordneten von BZÖ und Freiheitli­chen.)

Die Diskussion über die Frage der Mitgliedschaft in der Euro-Zone darf nicht zu einem Festmahl der Populisten werden. (Abg. Petzner: Vollmond ist!) Und wissen Sie, warum das nicht zu einem Festmahl der Populisten werden darf? – Wir haben mit 27,5 Milliar­den € davon profitiert, eine halbe Million Arbeitsplätze im Exportbereich in den Euro-Zonenraum hängen direkt davon ab. Das darf daher keine Spielwiese für Populisten und sonstige Scherzbolde sein, denn da geht’s nämlich um die Zukunft, da geht’s näm­lich um Arbeitsplätze, da geht’s nämlich um die Beschäftigung. (Beifall bei der SPÖ.)

Das würde einen viel längeren Disput hier erfordern, daher nur ganz kurz: Das, was Österreich jetzt macht, ist mit Abstand das Vernünftigste, nämlich, das mitzutragen, das zu sanieren, um dann weiter zu profitieren von der Mitgliedschaft in der Euro-Zone, und auch damit wir konkurrenzfähig, damit wir wettbewerbsfähig bleiben und unseren Sozial- und Wohlfahrtsstaat absichern können, ebenso aber die Pensionen.

Das alles dient doch dazu, dass unser Land das Niveau, das es jetzt hat, halten kann – und es nicht absinkt auf das Niveau anderer Länder, das viel tiefer liegt. Unsere Zahlen sind herzeigbar – und das sollten auch Sie von der Opposition endlich einmal anerken­nen!

Mit diesem Ihrem Herunterreden Österreichs, dem Herunterreden der fleißigen Arbeit­nehmerInnen, dem Herunterreden der investitionsbereiten UnternehmerInnen sollten Sie Schluss machen, das schadet nur.

Wenn man Ihnen zuhört, dann kann man nur sagen: Sie sehen ein Bild eines Landes, das es gar nicht gibt, zumindest nicht hier bei uns. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

9.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Molterer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.34.22

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bucher, Sie können ganz offensichtlich die gemein­samen Wurzeln mit der FPÖ nicht leugnen. Es ist Ihre Entscheidung, wenn Sie in den Anti-EU-Populismuswettbewerb mit Strache eintreten. Ich wünsche Ihnen viel Glück da­bei – es ist Ihre Entscheidung, aber es ist auch Ihr Problem. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber ich sage Ihnen auch ganz offen, Herr Kollege Bucher: Wenn jemand so im Glas­haus sitzt wie FPÖ und BZÖ, dann sollte er sehr vorsichtig sein mit Steinen. (Abg. Grosz: „Es reicht!“) Österreich, der österreichische Steuerzahler, meine Damen und Her­ren, haftet in Kärnten in einem höheren Ausmaß, und zwar in einem mehrfach höheren Ausmaß, als für Griechenland (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ), und das Land Kärnten hat gebeten, dass wir helfen. Ohne diese Hilfe wären Sie, mei­ne Damen und Herren, in Kärnten möglicherweise in genau der Situation, in der Grie­chenland ist und worüber Sie jetzt so locker vom Hocker urteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)

Was wäre denn geschehen? Hätten wir denn Kärnten tatsächlich dorthin schicken sol­len, wo Sie Griechenland haben wollen? – Ich sage: nein! Die Verantwortung hat uns


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dazu motiviert, dass wir geholfen haben. Na selbstverständlich! (Abg. Neubauer: Das ist ja wirklich dumm, was Sie sagen!) Das ist ein Weg gewesen, der notwendig war, und genauso ist es jetzt aus unserer Verantwortung heraus notwendig, dass wir dort hel­fen, wo Hilfe gebraucht wird, weil es um die Zukunft unseres gemeinsamen Projektes Europa geht, aber die Zukunft Österreichs genauso auf dem Prüfstand steht. (Abg. Neubauer: Ein dummer Mensch!)

Wenn Sie heute in dieser saloppen Art und Weise über dieses Erfolgsprojekt Europa hinweggehen und es, gemeinsam mit Strache, für Ihre populistischen Zwecke miss­brauchen, dann fügen Sie diesem Land einen schweren Schaden zu, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Das lassen wir nicht zu, da halten wir dage­gen! (Abg. Vilimsky: Ja, aber ohne die Wähler! – Abg. Bucher: Koste es den Steuer­zahler, was es wolle!) Als Volkspartei werden wir diesen Weg nie – nie! – akzeptieren, auch nicht mit dieser ganz eigenwilligen Sprache, die Sie dort abgeschrieben haben: „Eurolüge“.

Wissen Sie, was die Euro-Wahrheit ist? – Der Euro als gemeinsames Projekt Europas hat Europa stärker gemacht, Europa ist in der Zwischenzeit ein wichtiger Player. (Abg. Mag. Stefan: War ja vorher am Boden, nicht?) Der Euro ist eine ganz entscheidende Währung in der Welt geworden, der Euro hat aber vor allem auch uns Österreicherin­nen und Österreichern genutzt. (Abg. Neubauer: „Es reicht!“) Gehen Sie in die Betrie­be, fragen Sie die Klein- und Mittelunternehmen, die exportorientiert sind! (Abg. Neu­bauer: Die haben Sie nie gefragt, Herr Molterer! Die haben Sie nie gefragt!) Unsere Quote: 60 Prozent dessen, was produziert wird, wird exportiert.

Was hatten denn die Betriebe vorher? (Abg. Mag. Stefan: Die sind am Boden gele­gen!) Sie hatten das Währungsrisiko zu tragen. Denken Sie doch zurück, was war, als Italien abgewertet hat! Der österreichische Schilling war stabil. Wer hat die Last getra­gen? – Die vielen Tausend Klein- und Mittelbetriebe. Das ist vorbei!

Der Euro hat der Wirtschaft und den Arbeitsplätzen geholfen, meine Damen und Her­ren. Der Euro hat Wachstum und Wohlstand gebracht. Wir werden uns durch Sie die­ses Projekt nicht schlechtreden und nicht zerstören lassen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Rufe bei FPÖ und BZÖ: „Es reicht!“)

Ich sage aber auch mit derselben Klarheit, dass wir noch nicht dort sind, wo wir sein müssen. Der Euro und das Projekt Europa sind noch nicht so weit, wie sie es sein soll­ten. Ja, das stimmt. Etwa in der Frage der wirtschaftspolitischen Koordinierung muss in Europa mehr Gemeinsamkeit herrschen, etwa in der Frage des Schuldenabbaus muss es eine gemeinsame Strategie in Europa geben. (Abg. Neubauer: „Es reicht!“) Es muss auch eine gemeinsame Strategie in Europa geben, wenn es etwa um die Frage Finanzmarktaufsicht geht.

Die Wahrheit ist also, dass wir mehr Europa brauchen, um die Krise bewältigen zu können. Das ist doch im Interesse eines kleinen und mittleren Landes. Die Großen werden es sich schon irgendwie richten, aber gerade wir, die Österreicherinnen und Ös­terreicher, die Arbeitnehmer in unserem Land, brauchen diesen Schutzschirm Europa, und daher haben wir Interesse daran, dass dieser funktioniert, dass Europa stärker und nicht durch Populisten geschwächt wird.

Ein offenes Wort auch zur Frage Griechenland. Ja glauben Sie denn, dass jemand mit großer Begeisterung ein Bankenpaket hier beschlossen hat? – Übrigens mit Ihrer Stim­me! (Ruf bei der FPÖ: Unter anderen Voraussetzungen!) Aber wir haben es machen müssen, damit wir größeren Schaden abwenden. Und genauso ist es, wenn es jetzt um Griechenland geht. Niemand ist begeistert über diese Notwendigkeit, aber die poli­tische Vernunft und die politische Verantwortung gebieten uns jetzt, zu handeln und uns nicht abseits zu stellen, und zwar richtig zu handeln. Wollen Sie Staaten in den Bank­


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rott schicken wie in den dreißiger Jahren? Wollen Sie, dass wir – durch Schuldenab­bau – unser Geld verlieren? – Das ist doch nicht der richtige Weg!

Der richtige Weg, meine Damen und Herren, ist ein vernünftiger Mix. Alle Länder müs­sen handeln, ihre Schulden abbauen, Reformen durchführen, ihre Hausaufgaben ma­chen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Wir müssen den Ländern helfen, ihr Wachstumspotenzial zu finden, damit tatsächlich auch die Schulden zurück­gezahlt werden können, und wenn notwendig, dann müssen wir selbstverständlich auch eine Schuldenoptimierung durchführen. (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Mag. Stefan: „Schuldenoptimierung“?!)

Das ist der Weg der Vernunft, das ist der Weg des Hausverstandes, und der ist alter­nativlos. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hüb­ner. – Bitte.

 


9.40.09

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Wenn der Titel „Die Eurolüge“, den Herr Kollege Bucher für diese Aktuelle Europastunde gewählt hat, berechtigt ist, dann ist er es jetzt.

Nach den Debattenbeiträgen des Kollegen Molterer, des Kollegen Cap und insbeson­dere der Frau Finanzministerin muss ich, obwohl ich eine solche Titelwahl an und für sich nicht schätze, dem Kollegen Bucher diesmal recht geben (Beifall bei FPÖ und BZÖ), denn das, was hier an Sand-in-die-Augen-Streuen, an Verdrehen von Tatsachen, an Verleugnen und Verharmlosen von dramatischen Entwicklungen geschieht, ist fast bei­spiellos in der Geschichte dieses Parlaments.

Kollege Cap versucht prinzipiell, jede Diskussion und jede Kritik niederzumachen, in­dem für ihn alles Panikmache, Unverantwortlichkeit und Populismus ist. Es ist alles su­per, und wer da dagegen ist, der ist unvernünftig. Seine Ansicht: Das, was wir machen, ist das Vernünftigste. Geld hineinzuwerfen, ohne zu hinterfragen, ohne Grenzen einzu­ziehen (Abg. Mag. Stadler: Ohne Ende vor allem!), ohne ein Ende zu machen, das al­les ist das Vernünftigste, was man machen kann.

Für Kollegen Molterer ist Kritik überhaupt ein schwerer Schaden. (Abg. Kopf: Da ha­ben Sie aber nicht zugehört!) Jede Kritik am System, am Zahlen, am Euro, daran, wie er gehandhabt und verwaltet wird, ist ein schwerer Schaden, ist unverantwortlich, zer­stört unsere Arbeitsplätze und ist ein Anschlag auf unsere Bürger.

Die Frau Ministerin geht sogar so weit, zu sagen, dass der Euro so alternativlos ist, dass der Schritt in den Schilling der Schritt in die Armut wäre. Unsere Exporte leben nur davon, dass wir Griechenland weiter stützen, dass wir den Euro verteidigen, koste es, was es wolle. Unsere Arbeitsplätze sind ja offenbar großteils überhaupt erst durch den Euro entstanden, Kollege Molterer, unsere Exporte wären sonst gar nicht möglich gewesen. Es schaut so aus, als hätten die anderen Euro-Staaten früher in Nigeria oder Brasilien gekauft. Ich kann mich erinnern, auch vor 2000 war Deutschland Exportwelt­meister – ohne Euro! –, und ich glaube, auch Österreich war nicht das Land, das keine Exporte durchgeführt hat.

Es wäre also interessant – rein erkenntnistheoretisch, abstrakt, gedanklich interes­sant –, wie Herr Kollege Molterer das Modell der europäischen Wirtschaft ohne Euro entwickelt hätte. Was wäre da passiert? Wären Deutschland und Österreich zusam­mengebrochen und auf den Status eines Entwicklungslandes gesunken? War die so­genannte D-Mark-Zone, die auch den Schilling in Österreich und den Gulden der Hol­


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länder umfasst hat, eine Katastrophe? War das eine Weichwährungszone? War das eine Zone der Unsicherheit, die die Exporteure benachteiligt hat? War das eine Zone, die in die Armut und in die Verunsicherung der Leute und der Wirtschaft geführt hat? Wohl nicht! Aber eines ist klar: Das jetzige Währungssystem, das jetzige Finanzchaos und die jetzige Schuldenblase, die wir weiter füttern, führen nicht nur in eine Verunsi­cherung der Märkte, der Sparer und der Wirtschaftsteilnehmer, sondern in eine Verun­sicherung der ganzen Welt gegenüber dem Euro und damit auch uns gegenüber. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Jetzt ist die Frage, was man tut. Aber bevor man eine Analyse abschließt und sagt, was man tut, muss man ehrlich sagen, wo man ist. Und wir sind nicht in einer Situation, in der Österreich ein Geschäft macht, in der wir Zinsen verdienen, in der wir das beste Geschäft machen, in der wir jetzt hier bei der Diskussion der Euro-Problematik beju­beln können, dass wir 18,5 Millionen Zinsen kassiert haben von jemandem, der sich das Geld ausgeborgt hat, um uns diese Zinsen zu zahlen, und der weiteres Geld be­kommt, damit uns und anderen diese Zinsen gezahlt werden.

Schauen wir uns einmal diesen Staat Griechenland an! – Es gibt ja keine seriöse und ernsthafte Analyse. Das, was selbst vom Finanzministerium zugegeben wird, was auch in den Medien zu finden ist, sind die 145 Prozent Verschuldung Griechenlands, gemes­sen am eigenen Bruttoinlandsprodukt. Aber auch das ist ja nur die halbe Wahrheit. Das wäre schlimm genug und unbewältigbar genug und das allein müsste die Frau Minister leicht erröten lassen, wenn sie vom „guten Geschäft“ spricht, das man aus den Zinsen gewinnt, wenn man weiteres Geld dorthin verborgt. Aber es ist ja noch weit schlimmer!

Wenn die Frau Ministerin einmal die Bilanz der Europäischen Zentralbank öffnen wür­de – ich würde die Bilanz per 31. Dezember 2010 empfehlen –, dann könnte sie dieser die sogenannten Target-Verbindlichkeiten entnehmen. (Abg. Mag. Stadler: Ja!) – Das hat leider nichts mit „Ziel“ zu tun; „Target“ ist leider kein Ziel, das wir ansteuern, son­dern das ist die englische Abkürzung für den automatisierten Echtzeitgeldverkehr zwi­schen den europäischen Zentralbanken, der über die Europäische Zentralbank abgewi­ckelt wird.

In der Bilanz finden Sie zwar nur die Saldenposition, das sind 45 Milliarden, klingt harm­los, aber Sie finden in den Erläuterungen dann, dass allein die sogenannten PIGS- be­ziehungsweise GIPS-Staaten in den letzten drei Jahren 360 Milliarden € von dort ge­borgt haben – und davon knapp 150 Milliarden € allein Griechenland.

Das heißt, wenn Sie zu den bekannten und allgemein kommunizierten Schulden diese 150 Milliarden dazurechnen, dann sind Sie ja nicht bei einer Verschuldung von 145 Pro­zent, sondern in Wirklichkeit bei einer Verschuldung von 220 Prozent des BIP.

Man kann aus Analysen Schlüsse ziehen, wie man will, aber man muss die Fakten auf den Tisch legen. Wenn man den Leuten diese Fakten verheimlicht und von einem „Ge­schäft“ und vom Zinsenkassieren spricht, dann – tut mir leid, ich spreche das Wort nicht aus – hat Herr Kollege Bucher mit seiner Titelgebung vollinhaltlich recht. Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des BZÖ.)

9.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Klubvorsitzende Dr. Gla­wischnig-Piesczek. – Bitte.

 


9.45.40

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Finanz­ministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte KollegInnen Abgeordnete! Ich glaube, es ist jetzt an der Zeit, auch einmal auf eine Tendenz hinzuweisen, die sehr gefährlich ist.

Mittlerweile ist es ja in Mode gekommen – aus meiner Sicht völlig hirnlos –, auf alles, was Europa heißt, einzudreschen. (Abg. Rädler: Bravo!) Das sind wirklich Holzfäller­


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methoden, jegliche Differenzierungen außer Acht zu lassen und nur noch hinzuhauen, ob das jetzt im Bereich Schengengrenzen ist – 25 000 Flüchtlinge, die Europa so in Auf­ruhr bringen und einige populistische Parteien dazu bewegen, jetzt sofort alle Grenz­balken in Europa wieder runterzulassen – oder hier im Haus, wo wirklich offensichtlich keinerlei wirtschaftspolitische und europapolitische Vernunft mehr vorhanden ist. – Das muss ich in aller Offenheit einmal sagen. Kann man einmal vernünftig über das Thema diskutieren, ohne die Hacke auszupacken? (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP. Abg. Dr. Graf: Was war aus der Rede von Hübner polemisch?)

Ich glaube, dass es wichtig ist, wieder einmal einen zentralen Wert in den Mittelpunkt der Debatte zu stellen. Ich glaube nicht, dass es gut ist, dass man, wenn das Haus des Nachbarn brennt, sagt: Das geht mich nichts an, und ich spende schon gar kein Was­ser, um den Brand zu löschen! (Ruf bei der FPÖ: Aber selber anzünden ...!) Also die­ses Konzept: Ich zuerst, Hauptsache, mir geht es gut, und wenn es den anderen schlecht geht, dann geht es mir noch besser!, ist kein europäisches Konzept. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Es gibt den Begriff Solidarität, und diese geht weit über Finanzmarktfragen hinaus. Es gibt so etwas wie eine gemeinsame europäische Idee. Die ist weiterzuentwickeln und zu verbessern, aber es gibt sie, und die möchte ich nicht von Ihnen kaputtgemacht be­kommen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Zu dieser Idee selbst, zu diesem Thema noch ein paar Worte: Der Rettungsschirm ist in vielerlei Hinsicht nicht hinreichend. Er ist in manchen Punkten mangelhaft, das wis­sen wir. Man kann zu diesem Rettungsschirm allerdings stehen  und wir stehen auch dazu. Er ist eine grundsätzlich sinnvolle Sache. Einige Punkte kommen allerdings viel zu spät: Gläubigerbeteiligung erst ab 2013, das ist jedenfalls problematisch. Grund­sätzlich ist das aber ein Modell, zu dem man stehen kann.

Was allerdings noch fehlt, sind die großen Reformen im Finanzmarktsektor, diese Ver­sprechen, die von vielen Rednerpulten aus, nicht nur in Europa, sondern auch in den USA, gemacht wurden und die jetzt nur ansatzweise angegangen worden sind. Es ist nicht so, dass gar nichts passiert ist. Es hat sich bei der Finanzmarktaufsicht etwas be­wegt, auch bei den Hedge Fonds, aber die Ratingagenturen können nach wie vor ma­chen, was sie wollen. Es ist auch nach wie vor so, dass Banken relativ risikolos Gewin­ne machen können und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – die europäischen im Übrigen; nicht nur die österreichischen, sondern alle europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gemeinsam – dann dieses Risiko ausgleichen. Das gilt es zu behe­ben, also den Brand zu löschen – da stehen wir gerne zur Verfügung –, aber auch die Brandursachen ordentlich zu bekämpfen. Das ist der Grundauftrag, den Sie als Bun­desregierung bis jetzt noch viel zu wenig wahrgenommen haben. Ich erinnere an das große Volksbegehren zu Finanzmarktsteuer, Finanztransaktionssteuer. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist unser wichtigstes Ziel: die Frage, wer reguliert hier wen, wer regiert hier wen, wieder umzudrehen. Es schaut wirklich ein bisschen so aus – und da muss man auch Herrn Treichl noch einmal in die Pflicht nehmen –, dass die Banken wirklich in so etwas wie einer Parallelgesellschaft leben. Es hat mit der Lebensrealität und mit unserer Ge­sellschaft mittlerweile wenig zu tun, wenn Aufsichtsratsprämien zu einem Zeitpunkt ein­fach verdoppelt werden, zu dem ganz Europa spart, zu dem in ganz Europa Sparpake­te beschlossen und durchgehalten werden. (Beifall bei den Grünen. Abg. Dr. Hüb­ner: Seien Sie nicht so populistisch, Frau Kollegin!) Nein, das ist eine Frage des Ma­ßes. Die Banken halten nicht Maß, das ist eine Tatsache.

Ich würde ja nichts sagen, wenn Aufsichtsräte, vor allem in Österreich, auch tatsächlich so etwas wie Verantwortung zu tragen hätten. Aber wo war denn die Verantwortung der Aufsichtsräte bei der Hypo Alpe-Adria oder bei der BAWAG? (Abg. Dr. Graf: Oder


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bei der Kommunalkredit?!) Also wenn das wirklich ein Job mit viel Verantwortung im ei­gentlichen Sinn wäre, könnte man ja darüber reden, aber das ist es ja bei Weitem nicht.

Jetzt noch zu Griechenland. Bislang hat Österreich, um es wirklich noch einmal präzise zu sagen, noch kein Geld verloren, und wir wollen auch, dass die Republik kein Geld verliert. Deswegen sind ja diese Umschuldung und dieser Umschuldungsprozess aus unserer Sicht wichtig und notwendig, und da wird es nicht reichen, nur die Fristen zu er­strecken und sanft nachzudoppeln.

Die Beteiligung der Gläubiger, die vorher von diesen Verschuldungskrisen gut profitiert haben, ist eine der wichtigsten und zentralsten Fragen bei der Neuregulierung.

Im Übrigen hätte man nach Ihrer Philosophie, wie man mit solchen Krisen umgeht, Kärn­ten aus der Währungsunion ausschließen müssen und dort den Bärentaler als eigene Währung wieder einführen müssen. – Das war jetzt populistisch! (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. Abg. Dr. Graf: Ja, ja!)

9.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stad­ler. – Bitte.

 


9.50.37

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich habe heute im „Kurier“ gelesen, dass der Herr Bundeskanzler und der neue Vizekanzler ein Sprechverbot für Fachminister bei Regierungssitzungen ausgegeben haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Bravo! Abg. Scheibner: Gott sei Dank wissen wir, warum!) Jetzt wissen wir, warum. Wenn man der Frau Finanzminister zuhört, dann kommt man schon wirklich in Versuchung, dem Herrn Treichl mit seiner Kritik an der Regierung und an der Regierungspolitik recht zu geben (Abg. Hornek: Ha, ha, ha!), wenn er sagt: zu blöd, ah­nungslos in Wirtschaftsfragen. (Beifall beim BZÖ. Abg. Hornek: Stadler!)

Was heißt „ha ha“, „Stadler“? – Herr Kollege Cap, mir wäre bang, einer solchen Minis­terin das Finanzressort zu überlassen. Sie haben einmal einen Finanzminister gehabt, der gesagt hat, er würde einer solchen Ministerin nicht einmal die Wurst anvertrauen, da noch lieber seinem Hund. – Das war der Edlinger. Eine Ministerin, die ernsthaft be­hauptet, Griechenland sei heute in der Situation wie Österreich in den siebziger Jah­ren, eine Ministerin, die so etwas ernsthaft behauptet, ist eine Gefahr für dieses Land, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Eine Verschuldungsquote, wie sie Österreich in den siebziger Jahren hatte, nämlich zwi­schen 15 und 16 Prozent, ist heute eine Traumquote. Damals hat Ihre Partei vom Ver­schuldungskanzler Kreisky gesprochen. Heute sind wir bei 80 Prozent, nachdem wir jahrzehntelang schwarze Finanzminister hatten. (Abg. Bucher: Fünf, sechs Mal hö­her!) Jetzt haben wir eine Finanzministerin, die in Wirklichkeit nicht einmal mehr Schot­tergrubenwissen hat, sondern nur mehr Kuchlkastl-Finance-Ökonomie. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist doch Faktum. Das ist es doch, was wir heute erleben. Bruno Kreisky rotiert doch in seiner Urne, wenn er von so einer Finanzministerin hört. (Abg. Mag. Molterer schüttelt den Kopf.) – Du brauchst den Kopf nicht zu schütteln! Der Molterer Wilhelm tritt hier als ehemaliger Finanzminister ans Rednerpult und erklärt uns, dass es uns deswegen so schlecht geht, weil es die Hypo Alpe-Adria gibt. Seit zwei Jahren gibt es dort eine rote und schwarze Führung – und Sensationsverluste (Abg. Ing. Westentha­ler: Rekordverluste!), Rekordverluste, meine Damen und Herren! So schaut’s aus mit Ihrer Kuchlkastl-Finance-Politik.

Ich kann mich übrigens nicht erinnern, Herr Kollege Molterer, dass der Schilling jemals unter Druck gekommen wäre wegen der Länderbank, wegen der CA, wegen der BA­WAG – damals haben wir schon den Euro gehabt, und er ist auch nicht unter Druck ge­


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kommen –, wegen der Verkehrskredit. (Abg. Bucher: Kommunalkredit!) Daher hat das alles mit der Hypo Alpe-Adria nichts zu tun. (Abg. Rädler: Nein!) Aber ein ehemaliger Finanzminister stellt sich hier heraus und erklärt der Öffentlichkeit – in Erwartung, dass sie eh so blöd ist, wie der Herr Treichl über die politische Klasse dieses Landes sagt –, dass wir deswegen so schlecht dastehen, weil es die Hypo Alpe-Adria gibt.

Meine Damen und Herren vor den Fernsehschirmen, Sie sehen, warum Treichl sagt, dass die politische Klasse dieses Landes ahnungslos und blöd ist. Das will ich Ihnen ins Stammbuch schreiben. (Beifall beim BZÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist Ihr schwarzer Treichl, Ihr Freund Treichl, Ihr langjähriger Finanzreferent Treichl! (Zwischenruf des Abg. Kopf.) Das ist doch kein Oranger! Batzenschwarz! Der weiß doch, wovon er redet. Der kennt Sie doch in- und auswendig, meine Damen und Her­ren von der Österreichischen Volkspartei. (Zwischenrufe der Abgeordneten Peter Mayer, Mag. Schönegger und Klikovits.)

Die Österreichische Volkspartei hat als Wirtschaftspartei abgedankt. Das ist doch ein Faktum. Es ist auch nicht anders zu erwarten von einer Beamtenpartei, die heute am Gängelband der Banken geführt wird. (Abg. Ing. Westenthaler eine Seite des „Ku­rier“ in die Höhe haltend : Frau Minister!) Es ist nicht anders zu erwarten von einer Ban­kenpartei.

Ich habe noch in Erinnerung, wie uns die Schwarzen alle erklärt haben, dass als Nächs­tes die Schweiz zusammenbrechen wird. Ich erinnere mich noch ganz genau. Das war die gleiche Kuchlkastl-Finance-Ökonomie Marke Mitzi Fekter, meine Damen und Her­ren. (Heiterkeit beim BZÖ.) Diese Form des Umgangs mit dem Geld des österreichi­schen Steuerzahlers ist skandalös. Sie sind eine Gefahr für dieses Land, Frau Bundes­minister Fekter, mit dem, was Sie da verzapfen. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Minister, Sie haben kein Konzept für die Griechenlandkrise. Ihr einziges Konzept besteht darin, Steuergeld zu nehmen und hineinzupumpen. – Das kann jeder! Das kann jeder von Ihrer Hinterbank, da brauchen wir nicht Sie dazu. (Abg. Silhavy: Wa­rum schreien Sie so?!) Da hat Treichl wiederrum recht, meine Damen und Herren.

Herr Kollege Hübner hat die Target-Kredite erwähnt. Die haben Sie in diesem Haus nicht ein einziges Mal erwähnt – auch Ihr Vorgänger nicht. Wenn es stimmt, was bisher undementiert in einer schwarzen Zeitung darüber zu lesen war, was die Target-Kredite für diese sogenannten PIGS-Staaten, auch für Griechenland, anlangt, dann sind die nicht einmal mehr bei einer Verschuldungsquote von 145 Prozent – die hat Österreich selbst jetzt noch nicht erreicht; in den siebziger Jahren haben wir so eine Quote nie gehabt, das lassen Sie sich ins Stammbuch geschrieben sein –, sondern dann sind wir bei rund 260 Prozent Verschuldung bei den Griechen.

Ja, wollen Sie jetzt dem österreichischen Steuerzahler sagen, dass wir das alles abde­cken sollen, weil das europäische Gesinnung Marke Glawischnig sei? Wenn es den Griechen schlecht geht, soll es den Österreichern auch schlecht gehen? Meine Damen und Herren, den Österreichern geht es schlecht! Hätte man im Jahre 1994 geglaubt, dass in diesem Land ein Schnitzel einmal 206 Schilling kosten wird? – Das ist die Um­rechnung vom heutigen Eurowert. – „Erfolgsgeschichte“ Euro! (Abg. Ing. Westentha­ler: „Danke“ Euro!) – Hätte man geglaubt, dass 150 Schilling für ein Rindsgulasch ge­zahlt werden sollen? Hätten Sie das den Österreichern im Jahre 1994 gesagt, dann hätten Sie die Volksabstimmung haushoch verloren, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist Ihre „Erfolgsgeschichte“! Die Liste solcher Preise ließe sich fortsetzen. Das heißt, um es auf den Punkt zu bringen: Frau Glawischnig, den Österreichern geht es schlecht genug. Wir müssen sie nicht noch schlechter behandeln, damit wir auf griechi­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 28

schem Niveau landen, wo die Frau Bundesministerin für Finanzen uns hinführen will. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

9.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Staatssekretär Mag. Schie­der zu Wort gemeldet. Auch seine Redezeit soll 5 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.56.03

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Ing. Westentha­ler: Wie ist das jetzt mit den siebziger Jahren? Sind Sie auch der Meinung, dass Ös­terreich in den siebziger Jahren dort war, wo Griechenland jetzt ist?) Es ist in dieser heutigen Debatte zu diesen schwierigen Themen schon viel Richtiges gesagt worden, aber auch viel Falsches. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie ist das mit den siebziger Jah­ren, Herr Staatssekretär? Sind wir dort angelangt?)

Lassen Sie mich zusammenfassen: Erstens halte ich die Beschlüsse der Europäischen Union, der europäischen Finanzminister, des Währungsfonds und aller, die beteiligt sind, für richtig und wichtig – auch wenn es schwere Beschlüsse sind, die man nicht leicht­fertig trifft. Es ist politische Verantwortung, die richtigen Entscheidungen manch­mal auch dann zu treffen, wenn sie schwer zu erklären sind. Auch wenn sie schwer zu fällen sind, sind sie trotzdem im Interesse aller die richtigen. (Abg. Ing. Westenthaler: Aber wie ist das mit den siebziger Jahren?) Das müssen auch die Herren Westenthaler und Stra­che hier einmal zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist entscheidend zur Stabilisierung der betroffenen Länder, aber auch in unserem eigenen Interesse. (Abg. Ing. Westenthaler: Herr Staatssekretär, was ist mit den sieb­ziger Jahren? Wie ist das mit Kreisky gewesen? – Warum sagt er nichts dazu?) Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union und auch in der Währungsunion hat Öster­reich den Wohlstand gebracht beziehungsweise vermehrt. (Abg. Mag. Stadler: Reden wir in einem Jahr wieder!) Wenn wir nur daran denken, dass die Inflationsrate – auch für den Herrn Stadler – zu Zeiten des Schillings wesentlich höher war als die Inflations­rate des Euro-Jahrzehnts, dann sehen wir, dass der Euro auch in dieser Hinsicht, in Sa­chen Preisstabilität erfolgreich war – vor allem für die starken Länder in der Eurozone. (Abg. Mag. Stadler: Oder reden wir im Herbst wieder!)

Eines sei Ihnen auch gesagt: Mit dem Austritt aus der Eurozone ist sicher niemandem geholfen. Da entstehen größere Probleme, und zwar nicht nur für Griechenland, auch für uns. Die Frau Ministerin hat viele Folgen – auch negative – und Zweit- und Drittrun­deneffekte ausgeführt. Was wir auch nicht vergessen sollten, ist, dass die Schulden und der Zuwachs der Schulden auch dieser Länder primär eine Folge der Krise sind und nicht deren Ursache.

Es ist ganz wichtig, dass man das anspricht. Es ist aber genauso wichtig, zu erkennen, dass die betroffenen Länder, auch Griechenland, viele strukturelle Probleme haben und dass die Lösung dieser strukturellen Probleme auch zukünftige Wachstumschan­cen, zum Beispiel für Griechenland, bringt. Deshalb – und auch das hat die Frau Minis­terin schon richtig ausgeführt – gibt es strenge Auflagen zur Sanierung und ein Zug-um-Zug-Prinzip: Weil es nicht leichtfertig verschenktes Geld ist, sondern geborgtes Geld, das nur im Zusammenhang mit verbessernden Maßnahmen geborgt wird.

Die Devise dort ist – und ich weiß, dass das den Kollegen von der FPÖ ein fremdes Prinzip ist – Selbstverantwortung und Solidarität. (Abg. Dr. Rosenkranz: Was?) Ich weiß, dass das Begriffe sind, mit denen Sie von der FPÖ nichts anfangen können. Es ist uns auch klargeworden, als wir die gesamte Sache mit der Hypo Alpe-Adria in Kärn­ten zu lösen hatten. (Abg. Zanger: Gusenbauer! Staribacher!) Da war es nämlich so,


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dass ohne Wirtschaftskrise, ohne Finanzkrise, nur durch die Inkompetenz derer, die dort im Land und in der Bank verantwortlich waren, diese Bank gegen die Wand ge­fahren worden wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Risiko für unseren Staat durch die Hypo Alpe-Adria ist ein wesentlich größeres als jenes durch Griechenland, Portugal und Irland zusammen. – Das sei Ihnen ins Stamm­buch geschrieben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Petz­ner: So ein Blödsinn! Weitere Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ.)

9.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, bevor ich Herrn Ab­geordnetem Matznetter das Wort erteile, darf ich sehr herzlich Gäste im Haus begrü­ßen, nämlich Damen und Herren Abgeordnete des Deutschen Bundestages und Mit­glieder der Freundschaftsgruppe. (Allgemeiner Beifall.)

Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Das auch noch! Abg. Mag. Stadler: Noch einer, der Kreisky verteidigt!)

 


9.59.45

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­ter! Herr Staatssekretär! Vor rund einem Jahr, als die Griechenland-Spekulationen be­gannen, schrieb das „Wall Street Journal“ von „Europe under attack“ beziehungsweise „Euro under attack“. – Das war dieselbe Wortfolge, die gewählt wurde, als die Twin To­wers am 11. September 2001 angegriffen wurden. Europa und unsere Währung stan­den plötzlich im Zentrum eines Angriffs, bei dem eine Milliardenspekulation zu laufen be­gonnen hatte.

Dieser Angriff hat dazu geführt, dass Griechenland heute in diesem Bereich lichterloh brennt und wir durch diese Spekulationswelle gleichzeitig – siehe Portugal, siehe Ir-
land und andere Staaten – mehrere dringende Löschversuche notwendig haben. (
Abg. Mag. Stefan: Verschwörungstheorie!)

In dieser Frage des Löschens – und das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben (Ruf bei der FPÖ: Heute haben wir schon viele Stammbücher!) – ist die Intelligenz unserer jungen Männer bei den freiwilligen Feuerwehren ungefähr hundert Mal so groß wie Ih­re. Die wissen nämlich ganz genau: Wenn es in einem Haus im Dorf brennt (Abg. Ing. Hofer: Da setzt man sich drauf!), dann wird sofort unter Einsatz und Risiko des Le­bens und der Gesundheit gelöscht (Abg. Mag. Stefan: Da muss man Stroh reinwerfen, dass es besser brennt!) – und zwar unabhängig davon, ob der Bewohner dort faul oder fleißig, intelligent oder nicht intelligent ist. (Abg. Mag. Stefan: Geld brennt auch, das kann man auch reinwerfen!) Es wird gelöscht, damit nicht die anderen Häuser zu bren­nen beginnen, und das ist richtig so. – Genau dieses Richtige tut unsere Regierung in Europa. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, diese Spekulationswelle, die hier läuft, ist ein Bombenge­schäft, weil hier nicht mit Anleihen spekuliert wird. – So blöd ist ja niemand. Es wird heute auf den Zahlungsausfall von Griechenland gewettet. Das ist das Big Business  nicht die Anleihen. Griechenland nimmt keine Anleihen mit 16 Prozent oder 20 Prozent auf. Kein Finanzminister macht das. Deswegen sind sie ja in der Europäischen Union und wollen eine Ausweitung des Rahmens. Aber es wird gehandelt, und zwar mit Op­tionen auf die Zinsen und vor allem mit CDS, also mit nichts anderem als mit Wetten auf den Ausfall Griechenlands. Wenn die recht behalten, machen die einen Milliarden-Schnitt, denn wenn Griechenland teilweise ausfällt, werden die CDS fällig, und dann ist jedes dieser Papiere das Zwanzigfache der Prämie wert, die sie damals gezahlt haben.

Und welche Helfershelfer haben sie? Eine fünfte Kolonne in fast allen europäischen Parlamenten, die sich herstellt, die Löschversuche unterbrechen will und in Wirklichkeit erreichen will, dass die Spekulanten ihre Milliarden machen. (Abg. Mag. Kogler: Ja, ge­


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nau!) Schämen Sie sich doch dafür! Wenn Sie es nicht begriffen haben, dann schauen Sie sich einmal die Finanzmärkte an! Das ist ja unglaublich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das heißt, hier sitzen Leute, die ernsthaft das Geschäft derer machen, die unsere Eu­ropäische Union, damit unser Dorf Europa und damit unser Österreich ganz genauso bluten lassen wollen. Wir werden das nicht zulassen! (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP. Abg. Mag. Stadler: Die Al-Quaida war’s! Weitere Zwischen­rufe bei BZÖ und FPÖ.)

Daher, Frau Bundesministerin, handeln sowohl der Bundeskanzler im Europäischen Rat als auch Ihr Amtsvorgänger Vizekanzler Pröll und Sie vollkommen richtig. Zuerst ein­mal: Löschvorgang. Verhindern, dass das passiert. (Abg. Mag. Stefan: Dass das Feu­er überschlägt!) Entscheidend wird – und da gebe ich Frau Klubobmann Glawischnig recht –: Wie kommen wir wieder heraus? Wie erfolgt der Wiederaufbau nach dem Brand? (Abg. Mag. Stefan: Erst einmal verhindern, dass das Feuer überschlägt!)

Da wird es nicht reichen, dass man Kürzungsprogramme verhängt. Da wird es nicht reichen, wenn das Haus Griechenland nachher genauso ausschaut wie vorher, denn die haben nur noch 9,3 Prozent Bruttowertschöpfungsanteil Industrie dort – innerhalb von zwei Jahren gefallen von über 13 Prozent. 20 Prozent ist die Schifffahrt, von der sie niemals einen Cent Steuer bekommen. Dieses Land muss wieder aufgebaut wer­den, und es muss genauso aufgebaut werden wie (Abg. Mag. Stadler: Österreich in den siebziger Jahren, wir wissen es!) die Staaten, die früher, vor 1990, im COMECON waren.

Das heißt, wir werden als Europäische Union alle gemeinsam dafür sorgen müssen, dass dort ein industriell-gewerblicher Kern aufgebaut wird, dass das Land von selber leben kann. Dazu brauchen wir eine Art Marshallplan für den Aufbau, wir brauchen mehr als bisher  und das vielleicht auch nicht in Selbstverantwortung der Griechen al­leine, sondern in geplanter Form durch die Europäische Union. Es wird unsere Aufga­be sein, das durchzusetzen. Dann werden sie nämlich wachsen, dann werden sie Geld verdienen, und damit werden sie Schulden bezahlen – und nicht ihr Geld verlieren, so wie es Ihre Vorschläge bedeuten.

Sie wollen dem europäischen Steuerzahler die bereits mehr als zur Hälfte öffentlichen Gelder in Griechenland wegnehmen. Das werden wir nicht dulden. Es wird auf jeden Cent zurückgezahlt werden. (Ironische Heiterkeit bei FPÖ und BZÖ.) – Wir haben alle unsere Schulden bezahlt, weil wir gewachsen sind. (Abg. Mag. Kickl: Es kapiert nie­mand, was Sie da referieren! Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich sage Ihnen noch etwas zu der Kärnten-Frage: Zum Glück sind ja die handelnden Personen auch mit Kärntnern wie Herrn Dr. Strutz solidarisch, die das verschuldet ha­ben. (Abg. Mag. Stefan: Das war ein „Großruck“!) Wir übernehmen trotzdem die Las­ten, weil ein Abbrennen Kärntens für uns alle genauso schlimm wäre wie ein Abbren­nen Griechenlands. – Das werden wir verhindern. Danke, meine Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. Zwischenrufe bei der FPÖ. Abg. Mag. Stadler: Fürs Pro­tokoll: Mäßiger Applaus für Matznetter!)

10.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Lopat­ka. – Bitte.

 


10.05.19

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! „Die Eurolüge“ ist das Thema dieser Aktuellen Europastunde. – Ja, es gibt sie, die Eurolüge. Die Eurolüge ist das Negieren der Erfolge des Euros in den letzten elf, zwölf Jahren, meine Damen und


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Herren. – Das ist die Eurolüge! (Beifall bei der ÖVP. Abg. Bucher: Jungfernrede! Jetzt sollten wir nicht dreinreden! Abg. Strache: Die Euro-Sekte! ÖVP als Euro-Sekte!)

Genau das bringt uns keinen Meter weiter: Wenn wir das, was der Euro in den letzen Jahren geschafft hat, negieren. (Abg. Bucher: Wo sind wir jetzt?) Was hat der Euro gebracht? – Mehr Wettbewerbsfähigkeit für Europa, und Europa braucht diese Wettbe­werbsfähigkeit. Der Euro hat gebracht, dass wir – Gott sei Dank! – Hunderttausende Ar­beitslose in Europa weniger haben. Das ganz Entscheidende für mich ist, dass dieses Europa, das weltweit in einem Wettbewerb steht, den auch wir hier im Parlament nicht negieren dürfen, dass dieses Europa, das in vielen Bereichen in der Defensive ist, ge­stärkt wird.

Schauen Sie sich nur die Bevölkerungsentwicklung an: Noch nach dem Zweiten Welt­krieg waren 12 Prozent Europäer, jetzt sind es 7 Prozent, 2030 werden es nur mehr 5 Prozent sein. Da fehlt uns natürlich, weil dieser Kontinent älter ist als die anderen, auch die notwendige wirtschaftliche Dynamik. Wir merken es dann, wenn zum Beispiel der Internationale Währungsfonds zusammentritt. In der letzten Sitzung war das ein The­ma. Europa verliert dort zwei Sitze. Wenn wir uns in Europa in einer solchen Phase be­finden, dann kann die Antwort ja nicht sein: Zurück zu kleinen Nationalstaaten, zurück zum Schilling, zurück zur D-Mark!, sondern die Antwort kann ja nur sein, dieses Europa trotz aller Probleme, die es gibt, zu stärken! (Abg. Hagen: Die Einzigen, die schwarze Zahlen schreiben, sind die Schweizer! Weiterer Ruf beim BZÖ: Ja, ja, Österreich war ein Entwicklungsland vor dem EU-Beitritt!)

Meine Damen und Herren, das ist die einzig richtige Antwort! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Kickl: Ein Zentralstaat, das ist das, was Sie wollen! Darauf läuft es hinaus!)

Meine Damen und Herren, wenn Sie glauben, dass weniger Europa ein Fortschritt für uns ist, dann irren Sie sich gewaltig, das sage ich Ihnen. (Abg. Bucher: Ihr durch­schaut das System nicht! Das ist das Problem! Was tatsächlich ...! Abg. Kickl: Lopat­ka ruft das Ende der Geschichte aus!) Was ist Faktum? – Faktum ist, dass in diesen letzten zwölf Jahren der Euro durchaus stabil war – oder wollen Sie das leugnen? –, dass die Inflation in den letzten zwölf Jahren – es ist schon gesagt worden – niedriger war als zuvor die Inflation bei den ganz starken Währungen – D-Mark, Schilling, nieder­ländischer Gulden. Das sind die Vergleiche, die gerechtfertigt sind, die man anstellen muss!

Die Frage ist jetzt: Warum gibt es trotzdem Probleme? – Jawohl, wir haben große Pro­bleme. Da ist die Frage: Haben wir aus der Krise gelernt? (Abg. Neubauer: Sie nicht!) Meines Erachtens ist aus der Krise gelernt worden.

Erstens: Die Spielregeln, die sich Europa gegeben hat, waren teilweise zu lasch. Diese Spielregeln sind verschärft worden. Das werden wir hier auch noch zu spüren bekom­men, meine Damen und Herren, weil es richtig ist, dass von der europäischen Seite her die Staaten in Zukunft stärker unter Beobachtung stehen. (Abg. Kickl: Ja, da wäre noch was zu holen: Strafzahlungen!)

Auch wir dürfen nicht so tun, als ob unser Staatshaushalt völlig in Ordnung wäre. Na­türlich sind wir Gott sei Dank weit, weit weg von Griechenland, weit, weit weg von Por­tugal, weit weg von Irland, aber auch wir haben unsere Hausaufgaben zu erfüllen.

Jetzt stellt sich die Frage, ob es Griechenland mit den Maßnahmen, die ergriffen wor­den sind, schaffen kann. Sie von der FPÖ haben Griechenland bereits abgeschrie­ben – auch das BZÖ. (Abg. Rädler: Aber auf Urlaub fahren Sie hin!)

Ich sage Ihnen: Ich halte es für durchaus möglich, dass es Griechenland schaffen kann. Wie komme ich zu der Annahme? – Belgien, meine Damen und Herren, hat es


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geschafft, von 1993 bis 2007 die Verschuldensquote, das Budgetdefizit von 134 Pro­zent auf 84 Prozent herunterzubringen – eine gigantische Leistung!

Das, was jetzt Griechenland abverlangt wird, ist sehr, sehr viel, aber die Griechen sind bereit – und dabei brauchen sie natürlich Unterstützung –, diesen beinharten Sanie­rungsweg zu gehen. Da ist es richtig, wenn die Europäische Union als Solidargemein­schaft bereit ist, eine Zeit lang helfend einzugreifen, meine Damen und Herren! Ich hal­te das für notwendig und für richtig. (Abg. Kickl: Was heißt „eine Zeit lang“?)

Das, was wir in Zukunft hier in Österreich brauchen, und das, was die Europäische Uni­on braucht – das ist das Wichtigste! –, das ist nachhaltiges Wachstum. Und nachhalti­ges Wachstum werden wir nicht erreichen, wenn wir über neue Belastungen nachden­ken, nachhaltiges Wachstum werden wir auch ganz sicher nicht erreichen, meine Da­men und Herren, wenn wir die notwendigen Reformen nicht in Angriff nehmen. (Abg. Bucher: Warum machen Sie es nicht? Wer hindert Sie?) Es ist die entscheidende Auf­gabe, Reformen in Angriff zu nehmen. Das gilt auch für uns.

Ich hoffe, Sie unterstützen uns dabei, wenn es darum geht, diese Reformen umzuset­zen. (Abg. Mag. Stefan: Sind Sie jetzt in der Opposition? Haben Sie die Partei ge­wechselt?) Daran sollten wir gemeinsam arbeiten! Aber was wir nicht machen sollten, denn das bringt uns keinen Millimeter weiter, ist das Schlechtreden des Euro und bei diesem Schlechtreden steckenzubleiben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte.

 


10.10.50

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Natio­nalrat! Vor allem meine Damen und Herren vor den Bildschirmen! Sie werden sich jetzt fragen, warum gerade die Abgeordneten von der SPÖ und vor allem von der ÖVP so vehement die Europäische Union verteidigen, warum sie so vehement dafür kämpfen, dass unser und Ihr Geld nach Griechenland überwiesen wird. Ich kann Ihnen sagen, warum gerade der ehemalige Vizekanzler Molterer hier mit Zähnen und Klauen die EU verteidigt: weil es ihm um einen persönlichen Posten geht. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Ihm geht es darum, dass er Vizepräsident der Europäischen Investmentbank wird. Und das ist der Kniefall, den wir heute hier erleben. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Neugebauer: Das ist ja abenteuerlich!)

Warum kämpft die Frau Abgeordnete Plassnik so für die Europäische Union? – Sie hat sich um den Posten der Generalsekretärin der OSZE beworben. Und das ist voraus­eilender Gehorsam. (Abg. Neugebauer: Mein Gott! So tief!)

Sie wundern sich, warum Sie nicht mehr die Zustimmung der Österreicherinnen und Österreicher bekommen?! Ich sage Ihnen den Unterschied: Sie vertreten Ihre eigenen Interessen, Sie vertreten die Interessen der Europäischen Union, wir Freiheitliche ver­treten die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der FPÖ so­wie des Abg. Tadler.)

Das, was die Frau Finanzministerin heute hier geliefert hat, ist ein echter Skandal. Frau Bundesministerin Fekter! Sie haben gesagt: Griechenland ist in einer Lage wie Öster­reich in den siebziger Jahren.

Frau Bundesministerin! Ich fordere Sie hier auf: Nehmen Sie diese Aussage, nehmen Sie diese Beleidigung unseres Staates zurück! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich sage Ihnen: Sie beleidigen alle fleißigen Österreicherinnen und Österrei­cher, Sie beleidigen alle Unternehmer, Sie beleidigen auch alle politisch Verantwortli­chen der siebziger Jahre, auch von Ihrer eigenen Partei, die dazu beigetragen haben,


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dass wir gerade in den siebziger Jahren einen Aufschwung, Stabilität und Sicherheit gehabt haben und auch ein gutes Wirtschaftsgefüge. (Ruf bei der FPÖ: Jeden Tag ein neuer Fettnapf!) Nehmen Sie diese Aussage, nehmen Sie diese Beleidigung Öster­reichs zurück! (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Cap, Sie haben mich missverstanden, als ich Ihnen gesagt habe: Drehen Sie sich um! – Sie brauchen nicht dem Hohen Haus, Sie brauchen nicht uns Abgeordneten zu erklären, dass Griechenland jetzt und Österreich in den siebziger Jahren nicht auf eine Ebene gestellt werden dürfen, Sie müssen es Ihrem Koalitionspartner, Sie müs­sen es Ihrer Finanzministerin sagen! (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Redet ihr denn nicht in der Koalition? Bitte bei der nächsten Koalitionsbesprechung Auf­klärungsarbeit, Nachhilfeunterricht, Kollege Cap! (Abg. Mag. Stadler: Lernen Sie Ge­schichte!) Wenn Sie es nicht machen, ich sage es in drei Sätzen.

Frau Bundesministerin! Die Österreicherinnen und Österreicher haben in den siebziger Jahren brav Steuern gezahlt, die Griechen haben in den letzten Jahren keine Steuern abgeliefert. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesministerin, wir haben in den siebziger Jahren ein solides Banken- und Wirt­schaftssystem aufgebaut, die Griechen haben das nicht gemacht. Die haben spekuliert und haben die Spekulanten unterstützt.

Frau Bundesministerin! Wir haben in den siebziger Jahren Vollbeschäftigung gehabt, das griechische System schickt die Menschen auf die Straße. Die sind arbeitslos. Und deshalb ist Österreich nicht mit Griechenland zu vergleichen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Herr Kollege Cap, weil das Ihr Lieblingsthema ist: Auch Kärnten ist nicht mit Griechen­land zu vergleichen, und schon gar nicht die Vorgänge in der Hypo. Ich erinnere Sie nur daran, Sie kennen sicher Ihren Genossen Peter Ambrozy, Sie kennen die Sozial­demokraten in Kärnten. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schieder.) Wer war denn bei den Haftungen mit dabei? (Abg. Strache: SPÖ und ÖVP!) Wer hat denn gemeinsam mit den Freiheitlichen die Haftungen beschlossen? – Ihre SPÖ, die in der Hypo Alpe-Adria-Bank massiv Einfluss genommen hat, sich massiv bereichert hat. Da können wir gerne in die Tiefe gehen, Herr Kollege Cap. Ich und wir Kärntner werden je­dem Untersuchungsausschuss zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Herr Gusenbauer war der Einzige, der einen fett dotierten Beratervertrag gehabt hat, der sich durch diese Ratschläge, die Sie hier kritisieren, in Wirklichkeit persönlich bereichert hat. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten des BZÖ sowie des Abg. Tad­ler.) Der Herr Staribacher, ehemaliger Finanzminister und Staatssekretär der Sozialde­mokraten, war der Prüfer, der das, was hier kritisiert wird, geprüft hat, der sein Testat gegeben hat. Geprüft, Siegel hinauf, alles in Ordnung! (Zwischenrufe beim BZÖ.) Und der Herr Lacina, auch kein Unbekannter in den Reihen der SPÖ, ist im Aufsichtsrat ge­sessen. Er hat nichts gesehen, nichts gehört und keine Kritik geübt. (Abg. Mag. Stadler: Genosse Schieder ...! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn wir über die Hypo reden, Frau Kollegin, dann werden wir auch über die SoKo
Hypo reden müssen, die mittlerweile 18 Millionen € an Steuergeld verbraucht hat, mit dem Ergebnis, dass Direktor Kulterer und alle anderen Angeklagten in allen Anklage­punkten freigesprochen worden sind. So schaut es aus, meine Damen und Herren! (Bei­fall bei FPÖ und BZÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ich werde Ihnen noch etwas sagen. Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Um es auf den Punkt zu bringen: Gerade die heutige Debatte hat eines gezeigt: Es gibt eine Gruppe, die die Interessen der Europäischen Union vertritt – aus Eigeninteresse, wie es die ÖVP macht, damit sie zu gut dotierten Posten kommt, aus anderen Gründen
die Sozialdemokratie. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)


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Es gibt eine Partei, nämlich die Freiheitlichen, die die Interessen der Österreicher ver­tritt und nicht jene der EU und nicht jene der Griechen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

10.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin Dr. Fekter hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Die Redezeit darf 5 Minuten nicht übersteigen. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Das nächste Fettnäpfchen! – Abg. Ing. Westenthaler: Siebziger Jahre!)

 


10.16.52

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Ich habe das Staatsgefüge Griechenlands im Hinblick auf den hohen staatlichen Anteil, die man­gelnde Privatisierung und den hohen Beamtenanteil damit verglichen, dass es dort so ist wie damals bei uns in den siebziger Jahren. (Zwischenrufe beim BZÖ. – Abg. Stra­che: Das ist völlig absurd!)

Ich kann mich noch erinnern an die Krise – ich bin halt ein bisschen älter als die meis­ten hier – der Verstaatlichten, an die Krise der AMAG, an die Krise der Voest, an die Krise in Steyr, an die Krise in der Steiermark. (Anhaltende Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ.) Erst seitdem wir privatisiert haben, sind das blühende Erfolgsunternehmen ge­worden. Das war mein Vergleich mit der Verstaatlichten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stra­che: Von einem Fettnäpfchen ins nächste! – Abg. Petzner: Der Schieder fällt ...! – Abg. Kickl: Mit jeder Wortmeldung wird es noch ärger! – Abg. Ing. Westenthaler: Wären Sie bei der Kieberei geblieben!)

10.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


10.18.02

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren! Werte Gäste aus der Bundesrepublik! Man fragt sich schon, was Europa heute wert ist. Zurück in die Provinz!, das sagt die Wirtschaftspartei, die an­gebliche Wirtschaftspartei BZÖ. Zurück in die Provinz, jeder für sich, alle gegen alle!, das ist Ihr Modell. (Ruf beim BZÖ: Nichts verstanden!) 27 Währungen statt dem Euro, das wäre super! – Das ist Ihr Modell. (Abg. Bucher: Ich habe nur von .... gesprochen!)

Jemand hat Schwierigkeiten? Das ist sein Problem, das geht uns nichts an. – Das ist Ihr europäisches Denken. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Genau das vermitteln Sie. Und das ist nicht Ihr Privileg, es gibt überall in Europa, in allen Mitgliedstaaten rechtsradikale Parteien, die genau so ein Programm vertreten: Raus aus allem, raus aus Europa, nieder mit Europa! Dass Sie das als angebliche Wirtschaftspartei mitma­chen, das ist so peinlich, Herr Bucher! (Abg. Bucher: Dass Sie das nicht verstehen, ist peinlich!) Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie peinlich das ist. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

In einer Zeit, in der die europäische Wirtschaft so verflochten ist wie noch nie, vertreten Sie hier ungeniert Kleinstaaterei. Sie sagen – das ist ungefähr 20 Mal vorgekommen –: „Die Menschen“, wer immer das sein mag (Abg. Dr. Rosenkranz: Das wissen wir schon!), die Menschen verstehen das nicht, die Menschen verstehen dies oder jenes nicht, und deswegen schaffen wir es ab. (Abg. Bucher: Was schaffen wir ab?)

Die Menschen verstehen nicht, warum wir Griechenland auf begrenzte Zeit unterstüt­zen sollen – deswegen machen wir halt keine Unterstützung mehr. Die Menschen ver­stehen den Sinn des Euro nicht – dann schaffen wir ihn ab. (Abg. Strache: ... das Geld in unsere eigenen Dinge investieren! Warum investieren wir es nicht in die Bildung? Warum investieren wir es nicht in die Universitäten, Herr Van der Bellen?) – Die Men­


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schen verstehen auch den Sinn einer Wirtschaftspartei BZÖ nicht. Dafür werden Sie die Rechnung noch präsentiert bekommen. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Das Tiefste war heute wirklich der Herr Stadler, das muss ich Ihnen sagen. (Abg. Scheibner: Den Herrn Hochschulbeauftragten haben wir gebraucht!) Der Herr Stadler stellt sich hier heraus und zitiert ungefähr zwölfmal Herrn Generaldirektor Treichl: „blöd“ und „ahnungslos“. (Abg. Mag. Stadler: Wo er recht hat, hat er recht!) Jeder, der Ihnen gerade ins Gesichtsfeld kommt, ist blöd und ahnungslos. (Abg. Mag. Stadler: Androsch unterstützt ...!) Ob das Herr Molterer ist oder sonst jemand, Sie wissen ganz genau, wen Herr Treichl gemeint hat. (Abg. Strache: Die ÖVP-Finanzminister hat er gemeint!) Sie wissen ganz genau, wen Herr Treichl nicht gemeint hat, und das ist Ihrer Meinung nach der Herr Stadler. Der Herr Stadler, der kann nicht blöd und ahnungslos sein, nein?! (Ruf beim BZÖ: Nein, überhaupt nicht!) Kehren Sie einmal vor Ihrer eigenen Tür und gebärden Sie sich hier nicht als Wirtschaftsfachmann! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Wenn jemand uns ...! ... im geschützten Bereich!)

Wissen Sie, Herr Bucher, „marode Banken“ kommt im Thema Ihrer Aktuellen Europa­stunde vor. – Welche Banken meinen Sie denn, verdammt noch einmal? Ist die Erste Österreichische eine marode Bank? Nein! Ist die Bank Austria eine marode Bank? Nein! Ist die Raiffeisen eine marode Bank? Nein! Die einzige marode Bank, die mir einfällt, ist die Hypo Alpe-Adria, zum Teufel noch einmal! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP. – Abg. Strache: Und die BAWAG und die Kommunalkredit?)

Welche Banken meinen Sie denn? Würden Sie vielleicht einmal einen Unterschied ma­chen zwischen Investmentbanken, die uns die Scherereien eingebrockt haben, und ei­ner normalen Kommerzbank wie der Ersten Österreichischen, der Bank Austria, und
so weiter? Würden Sie einmal diesen Unterschied machen, anstatt hier die Banken schlechthin zu den Verursachern der Krise zu machen?

Zu viel Geld haben wir gezahlt für marode Banken – so ist heute Ihr Thema. Für wel­che Banken denn in Österreich? Das ist doch absurd! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Für die europäischen Banken werden wir zur Kasse gebeten!)

Ich meine, da braucht dann nur mehr der Herr Strutz herauszukommen, der zwischen einer Investmentbank und einer Investitionsbank nicht unterscheiden kann. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Aber das ist ja nur die Spitze, darunter spielt sich sowieso nichts ande­res ab. (Abg. Ing. Westenthaler: Sitzt am Schoß vom Häupl! ... !)

Es gibt schon ein Problem, es gibt viele Probleme, komplexe Probleme im Zusammen­hang mit der Währungsunion; das stimmt schon. Wenn es da einen Schwindel gibt, wenn man so will, oder ich würde sagen: ein Wegschauen von Problemen, dann war bei der Einführung des Euro das Problem, dass eine Währungsunion ohne gemeinsa­me Wirtschaftsunion mit allen Bedingungen ein hochgradig riskantes Experiment ist. Und dafür kriegen wir jetzt die Rechnung präsentiert. (Abg. Mag. Stadler: Es gibt Son­derverträge!)

Deswegen improvisieren wir laufend auf europäischer Ebene, um damit fertig zu wer­den, dass wir eben keine Wirtschaftsregierung haben, die wir aber – Herr Bucher, das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben – dringend bräuchten. (Abg. Kickl: ... Zentral­staaten!)

Es ist schon so, wie Herr Molterer gesagt hat, dass wir in den verschiedensten Berei­chen mehr europäische Koordinierung, mehr Europa, mehr Union brauchen – und nicht diese lächerliche Kleinstaaterei, die Sie hier von diesem Pult aus vertreten. Das ist einer angeblichen Wirtschaftspartei absolut unwürdig! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

10.23



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 36

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheib­ner. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Pass auf, dass du nicht ausrutscht auf der Schleim­spur!)

 


10.23.22

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Professor Van der Bellen, von Ihnen brauchen wir keine Zensuren und auch keine Beurteilungen. Sie haben als Opposi­tionspolitiker abgedankt, Herr Wissenschafts- oder Hochschulbeauftragter des Bürger­meisters Häupl (Beifall bei BZÖ und FPÖ), der Sie ja mit Vorzugsstimmen in den Land­tag gewählt worden sind. Aber die Anliegen der Bevölkerung, das sieht man ja, sind Ih­nen völlig egal. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

Herr Abgeordneter Van der Bellen! Sie reihen sich ein ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Matz­netter.) – Ja, der Staatssekretär außer Dienst! Wie heißt er? Matznetter. Wunderbar. – Da reihen Sie sich ein, Herr Professor.

Ich war jetzt sehr enttäuscht von Ihrer Rede, denn jede Kritik an der Umsetzung der Sanierung, die die Frau „Finance“-Ministerin hier gebracht hat, wird schon als Gegner­schaft zum Euro, als antieuropäisch beurteilt. Davon haben wir genug, Herr Professor! Davon haben wir genug – von dieser Europhorie! Das ist ja genau das Problem. (Bei­fall bei BZÖ und FPÖ.)

Wo ist die Finanzmarktaufsicht? Drei Jahre lang diskutieren wir schon darüber. Drei Jahre lang werden Abermilliarden zur Sanierung der europäischen Banken hineinge­pumpt. Steuergelder! Und nichts ist von einer Regelung des Finanzmarktes zu sehen. All die Dinge, die Sie da jetzt kritisieren, dass genau diese Spekulanten, die sich mit den Steuergeldern der Europäer saniert haben, jetzt wieder auf die Pleite dieser Staa­ten wetten und Millionengewinne machen – nichts! (Abg. Dr. Moser: Und Sie helfen!) Wieso machen Sie nichts dagegen, meine Damen und Herren Europhoriker? Das wäre doch die Aufgabe der europäischen Regierungen, dass man diesen Verbrechern das Handwerk legt! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Matznetter: Sie sind ...!)

Und Sie, Herr ehemaliger Staatssekretär, nur damit Sie es auch verstehen – ich weiß, das ist schwierig, und wir kennen Sie ja noch aus Ihrer unseligen Zeit im Finanzstaats­sekretariat –: Wenn Sie hier schon Vergleiche mit der freiwilligen Feuerwehr nett und simpel bringen, dass man selbstverständlich löscht, meine Damen und Herren – aber zeigen Sie mir einmal den Freiwilligen-Feuerwehr-Mann (Ruf beim BZÖ: Der noch Benzin hineinschüttet!), der Tag und Nacht zum Löschen ausrückt und genau sieht, wo die Brandstifter sind, anstatt diese festzunehmen, dass keine neuen Brände entfacht werden! Das verlangen wir, dass die Brandstifter einmal festgenommen werden und dass wir nicht dauernd ausrücken müssen, um quasi die Brände zu sanieren. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Frau Finanzministerin! Sie sagen, das ist ein Finanzierungsplan für Griechenland zur Sanierung, und die zahlen Zinsen. – Großartig! Na, dann bitte noch 10 Milliarden, nein 50 Milliarden, wenn das ein Geschäft ist! Dann Geld hineinpumpen, weil wir damit unsere ganzen Defizite sanieren! – Das kann doch nicht wirklich Ihr Ernst sein. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie glaubt das!)

Und wenn Sie sich den Sanierungsplan ansehen ... Bitte, eine Lichtgestalt aus dem ÖVP-Klub hat vorhin zu uns herübergerufen: Ja, aber auf Urlaub fahrn S’ scho hi nach Griechenland. (Heiterkeit beim BZÖ.) – Das war der Beitrag einer Regierungspartei zu der ganzen Debatte.

Wir sind nicht gegen Griechenland. Selbstverständlich! Und auch ich bin für eine ge­meinsame Krisenbewältigung. Selbstverständlich haben wir ein Interesse daran. Aber wie wird denn das gemacht? Schauen Sie sich einmal die Wirtschaftsdaten Griechen­lands an! Das ist mitverursacht durch die Sparpakete, die nicht umsetzbar sind – die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 37

Wirtschaft schrumpft, anstatt dass sie wächst. Wie sollen denn die Griechen die Wirt­schaftskraft erarbeiten, um diese Schulden jemals wieder zurückzuzahlen? Das ist doch unrealistisch!

Da sitzen irgendwelche Bürokraten in den Brüsseler Büros – und vielleicht noch unter­stützt durch Leute wie den ehemaligen Staatssekretär Matznetter mit seinen Ideen –, die völlig abgehoben von der Realität versuchen, jemandem Sanierungskonzepte auf­zudrücken, die nicht funktionieren. Und Kollege Molterer sagt dann: Wenn es nicht funk­tioniert, dann müssen wir halt Schulden optimieren.

Was heißt denn das, meine Damen und Herren: „Schulden optimieren“? Was heißt das? Viele junge Leute – ich habe gehört, auch 50 Leute aus der Steiermark – aus Ös­terreich hören vor den Fernsehschirmen zu. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) „Schulden optimieren“ heißt, dass wir dafür wieder haften, weiter haften, und dass wir das letztlich zurückzahlen müssen, wir selber, der Steuerzahler. Und das ist ganz einfach nicht zu akzeptieren!

Das Einzige, das Ihnen dazu einfällt, meine Damen und Herren auch von der SPÖ, Herr Staatssekretär Schieder – da hätten wir uns wirklich mehr von Ihnen erwartet –, ist, dass Sie wieder gebetsmühlenartig sagen: Die Hypo, die Hypo, die Hypo. (Abg. Rädler: Das ist aber so!) – Das gerade aus einer Partei, die es geschafft hat, die Ge­werkschaftsbank BAWAG fast in den Ruin zu führen und damit gleich die gewerk­schaftliche Interessenvertretung kaputtzumachen (Abg. Strache: Den ÖGB ausge­raubt! Die Mitgliedsbeiträge! Das ist letztklassig!), wo auch der Steuerzahler mit seiner Haftung diese Bank und den Österreichischen Gewerkschaftsbund retten musste. (Bei­fall beim BZÖ.)

Da stellen Sie sich hier heraus und reden und machen solche Vergleiche?! Das ist doch lächerlich! Sorgen Sie endlich dafür, auch in Brüssel, dass man den Finanzspe­kulanten das Handwerk legt! (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schie­der.) Sorgen Sie endlich dafür, dass man realistische Sanierungspläne für diese Län­der organisiert! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Und sorgen Sie endlich dafür, dass man nicht Europhorie macht, sondern dass man den Euro wirklich rettet, indem man einen Euro der zwei Geschwindigkeiten organisiert, wo die starken Länder eine gemeinsame Währung haben, aber alle anderen erst einmal dafür sorgen müssen, dass sie vergleichbare Volkswirtschaften aufbauen, und dann wieder in die ge­meinsame Währung zurückkommen.

Das wäre eine Aufgabe einer wirklichen österreichischen Bundesregierung. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

10.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

10.28.54Zuweisung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich weise die Regierungsvorlage: Bundesge­setz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten geändert wird (1200 der Beilagen), dem Gesundheitsausschuss zu.

10.29.14Verlangen auf Durchführung von kurzen Debatten über Anfragebeantwortungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 7512/AB der Anfrage 7546/J der Abgeordneten Vi­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 38

limsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studentenproteste im Parlament durch die Frau Bundesministerin für Inneres abzuhalten.

Ferner liegt das Verlangen vor, eine kurze Debatte über die Beantwortung 7737/AB der Anfrage 7821/J der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Maßnahmenpaket gegen das Bienensterben aufgrund von Maisbeizmit­teln durch den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was­serwirtschaft durchzuführen.

Weiters liegt ein Verlangen vor, eine kurze Debatte über die Beantwortung 7698/AB der Anfrage 7773/J der Abgeordneten Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kaufvertrag zwischen der Republik Österreich und der BayernLB durch die Frau Bun­desministerin für Finanzen durchzuführen.

Da die erwähnten Verlangen auf Durchführung von kurzen Debatten gleichzeitig ge­stellt wurden, werden diese in der Reihenfolge, in der ich sie aufgezählt habe, gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr aufgerufen werden.

Allfällige Abstimmungen werden im Anschluss an die diesbezüglichen Debatten statt­finden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 3 bis 7, 8 bis 11, 12 bis 15 sowie 16 und 17 der Tagesordnung jeweils zusam­menzufassen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonfe­renz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Ta­gesblockzeit von 7 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten er­geben: SPÖ und ÖVP je 98 Minuten, FPÖ 88, Grüne 77 und BZÖ 74 Minuten.

Für die jetzt folgende Debatte wurde folgende Redeordnung vereinbart: Bundeskanzler 8 Minuten, eine Redner-/Rednerinnenrunde mit je 8 Minuten, Bundesministerin für Fi­nanzen 8 Minuten, eine Redner-/Rednerinnenrunde mit je 6 Minuten, eine weitere mit je 5 Minuten, ein Regierungsmitglied der ÖVP 4 Minuten, ein Regierungsmitglied der SPÖ 4 Minuten, eine weitere Redner-/Rednerinnenrunde mit je 5 Minuten.

Der Aufruf der Redner und Rednerinnen in den ersten beiden Runden erfolgt nach dem Prinzip contra/pro, alle folgenden nach Fraktionsstärke.

Der vorsitzführende Präsident wird vor Beginn der letzten Runde nach Rücksprache mit den Klubvorsitzenden die verbleibende Restzeit für alle Fraktionen in der Weise ver­teilen, dass noch alle während der Fernsehzeit gleichmäßig zu Wort kommen. Allfällige tatsächliche Berichtigungen werden erst nach der Fernsehzeit aufgerufen.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 vor, die Redezeit des Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Damit kommen wir zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeitvereinba­rungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 39

10.32.441. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1174 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 2012–2015 (1199 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu Punkt 1 der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Bevor ich dem ersten Redner das Wort erteile, gebe ich bekannt, dass es eine weitere zusätzliche Vereinbarung gibt. Es ist in der Präsidialkonferenz Einvernehmen darüber erzielt worden, dass die Redezeitregelung für Regierungsmitglieder gemäß § 57 Abs. 8 der Geschäftsordnung des Nationalrates nicht in Anspruch genommen wird.

Nun gelangt als Erster Herr Bundeskanzler Faymann zu Wort. – Bitte.

 


10.33.43

Bundeskanzler Werner Faymann: Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Staatssekretäre! Sehr verehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Eine Vor­schau mit einem Rahmengesetz ist etwas, das natürlich bei allem Bemühen, diese Vor­schau möglichst präzise zu gestalten, von den Faktoren ausgeht, die wir heute vorfin­den. Wir können Faktoren für das Wirtschaftswachstum, für die weitere Entwicklung nur unter jenen Rahmenbedingungen, wie sie heute in Österreich existieren, einsetzen. Ich werde oft gefragt, ob es überhaupt Sinn macht, in einer so schnelllebigen Zeit, ab­hängig auch von europäischen und internationalen Wirtschaftsentwicklungen, ein der­artiges Rahmengesetz in Österreich zu verabschieden, einen derartigen Pfad aufzu­stellen. – Ich bin davon überzeugt, dass das Sinn macht, weil das einen der wichtigen Eckpfeiler für die Gestaltung der Politik in unserem Land in den nächsten Jahren dar­stellt.

Natürlich sind wir abhängig von Rahmenbedingungen. Das ist die Wirtschaft, das sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, das sind die sehr erfolgreich tätigen Unter­nehmen in unserem Lande, aber das sind auch die Investitionen des Staates und die Rahmenbedingungen für die Unternehmungen in unserem Land, die dafür Sorge tra­gen sollen, dass sie eine optimale Möglichkeit haben, sich zu entwickeln. Das sind Fak­toren wie Forschung, Entwicklung, Bildung und vieles mehr – längst außer Streit ge­stellt, und natürlich wird auch diese Debatte überprüfen, ob in diesen Bereichen ausrei­chend Schwerpunkte gesetzt werden.

Sicher eine ebenso wichtige Debatte, die, in die Tiefe gehend, in den nächsten Mona­ten notwendig ist, ist, ob sich für diese Schlüsselelemente – hohe Beschäftigung auch in Zukunft aufrechtzuerhalten, also Stärken zu stärken, geringe Arbeitslosigkeit, hohe Beschäftigung, Schwächen zu schwächen, etwa Pisa-Test und andere Tests in unse­rem Bildungssystem – auch Maßnahmen in den jeweiligen Budgets der nächsten Jahre finden.

Trotz allem, man braucht so etwas wie Leitlinien. Dieser Budgetpfad ist eine wichtige Leitlinie.

Der Defizitpfad, der 2011 noch mit 3,9 Prozent zu Buche schlägt, wird 2012 3,3 Pro­zent Maastricht-Defizit, 2013 2,9 Prozent, 2014 2,4 Prozent und 2015 2 Prozent betra­gen. Ich glaube, es herrscht hier im Hohen Haus Einigkeit darüber, dass dieser Defizit­pfad und damit die geringeren Ausgaben unterm Strich, verglichen mit den Einnahmen, also das, was dann tatsächlich Maastricht-wirksam als Defizit zu rechnen ist, deshalb gesenkt werden müssen, weil wir das Triple A und die Stabilität unseres Landes nicht gefährden wollen.


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Wir wissen, dass ein Absenken – das Senken von Einnahmen und Ausgaben, um das Defizit zu reduzieren – zum einen dann funktioniert, wenn man die Einnahmen stärkt. Diesbezüglich haben wir eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, die noch gar nicht ausgeführt sind. Neben der bekannten Bankenabgabe gibt es einiges, das erst nächs­tes Jahr in Kraft tritt, weshalb wir die Einnahmen im Detail noch gar nicht kennen. Aber es gibt natürlich auch die zweite Möglichkeit, nämlich bei den Ausgaben sehr genau zu überprüfen, wie man in einzelnen Bereichen effizienter dasselbe bewirken kann. (Abg. Kickl: Das ist ein Paralleluniversum!)

Daher hat jedes Ministerium durch diese Vorgaben, die mit dem Finanzministerium ver­handelt werden, von vornherein die Aufgabe, in großen, in kleinen, aber in wichtigen Schritten diese Reformen im eigenen Bereich voranzutreiben. Dort, wo es um Refor­men geht, die über das Ministerium hinaus den Bund im Gesamten oder auch andere Gebietskörperschaften betreffen, ist in der Bundesregierung gemeinsam koordiniert vor­zugehen.

Andere Länder in Europa lösen das nicht wie wir mit – wovon ich überzeugt bin – einer sehr stabilen, verlässlichen Politik für die Zukunft, sondern mit sehr radikalen Schritten, die in Richtung zusätzliche Erhöhung des Pensionsalters gehen; nicht des faktischen Pensionsalters, wie es auch unser Sozialminister zu Recht im Plan hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Neben dem faktischen Pensionsalter wird das gesetzliche Pensionsalter, das von vie­len gar nicht erreicht wird, in vielen Ländern einfach hinaufgesetzt. Wenn man das ge­setzliche Pensionsalter hinaufsetzt, wie das derzeit in vielen Ländern Europas erfolgt, oder wenn man in die Kaufkraft der Bevölkerung eingreift, indem man die Mehrwert­steuer erhöht, wovon jeder Einzelne beim Einkaufen von Lebensmitteln im Supermarkt, unabhängig davon, wie viel Einkommen er hat, betroffen ist, wenn man hier radikale Schritte setzt oder wenn man in Sozialsysteme eingreift und sie zerstört, dann hat das nachhaltig negative Auswirkungen. (Abgeordnete der FPÖ halten seit einiger Zeit ein Transparent mit der Aufschrift: „HC Strache und die FPÖ sagen: Weil Faymann und Co in Brüssel nur kriechen, fließen Milliarden zu den Pleite-Griechen. Unser Geld für unse­re Leut’“ in die Höhe.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, eine Sekunde. – Meine Damen und Herren, ich bitte um das übliche Procedere. Sie haben Ihr Plakat gezeigt (Beifall bei der FPÖ), ich ersuche Sie, dieses wieder einzurollen. Ich gehe davon aus, dass Sie meiner Aufforderung auch Folge leisten. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann (fortsetzend): Also sind die wirklich entscheidenden Fragen für die Zukunft in Europa zum Beispiel, ob wir aus der Krise gelernt haben, dass die Stärkung der Kaufkraft der Bevölkerung, die Investition in die richtigen Berei­che neuer Technologien, von Forschung und Entwicklung die richtigen Schlüsse aus der Krise sind, ob wir Finanzmärkte mit Rahmenbedingungen kontrollieren, die notwen­dig und auch fair sind, ob wir uns mit der europäischen Politik im internationalen Wett­bewerb gegenüber anderen Märkten durchsetzen, die natürlich ihre Interessen oft sehr massiv vertreten, wodurch ein Ungleichgewicht, was die Fairness des Wettbewerbs be­trifft, stattfindet.

Es ist eine nationale Aufgabe, dieses Rahmengesetz einzuhalten und das Budgetziel mit Maßnahmen zu erfüllen, sich aber trotzdem innerhalb dieser Leitplanken zu bewe­gen.

Es leitet sich aber auch eine Reihe von politischen Schlüssen für unsere europäische Politik und für unsere internationale Politik ab, denn wir können Vorbild für vieles sein und auch in Europa zeigen, dass wir in der Energiepolitik, in der Wirtschaftspolitik, in der Sozialpolitik, in der Politik des sozialen Ausgleichs Vorbild sind. Aber wir müssen genau­


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so massiv mit der gleichen Kraftanstrengung wie im eigenen Land daran mitwirken, dass auch in Europa und international die Rahmenbedingungen fair sind. Diese Fairness ist eine Voraussetzung dafür, dass auch wir in Österreich für eine sozial gerechte Politik stehen können. Das ist die Aufgabe dieser Rahmenbedingungen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Strache zu Wort. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.41.50

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird oft behauptet, dass Herr Bundeskanzler Werner Faymann und die­se Bundesregierung völlig untätig sind. – Damit tut man dieser Bundesregierung sicher­lich unrecht, denn wenn es darum geht, die Schulden weiter zu steigern und unser ös­terreichisches Steuergeld ins Ausland und zu europäischen Banken zu transferieren, ist sie sehr, sehr fleißig. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sind wirklich sehr fleißig, wenn es darum geht, bei der eigenen Bevölkerung zu spa­ren. Wenn es darum geht, dass hier in Österreich soziale Leistungen, aber auch fami­lienpolitische Leistungen oder Leistungen im Pflegebereich gekürzt oder Unis ausge­hungert werden oder im Bildungsbereich Einsparungsmaßnahmen getroffen werden, dann sind Sie besonders fleißig – zumal ja auch das Geld fehlt, weil Sie nämlich auf der anderen Seite das österreichische Steuergeld, das Geld der österreichischen Steu­erzahler in EU-Haftungspakete hineinpumpen und letztlich unverantwortlich handeln.

Genau das versteht niemand mehr, Herr Klubobmann Van der Bellen, um auf die Ak­tuelle Europastunde zurückzukommen! Genau da steigt die österreichische Bevölke­rung aus und sagt: Bitte, das wollen wir nicht, dass unser Steuergeld für alle europäi­schen Banken zum Einsatz kommt, aber nicht für die Lösung unserer Probleme in Ös­terreich verwendet wird! (Beifall bei der FPÖ.) Da können Sie hundert Mal den Ober­lehrer spielen – die Mehrheit der Bevölkerung ist nicht Ihrer Meinung und versteht Sie auch nicht mehr, Herr Van der Bellen!

Seit Ende des Jahres 2006 ist der Gesamtstand der Bundesschulden in Österreich un­ter der Verantwortung von Herrn Bundeskanzler Werner Faymann um 44 Milliarden € angestiegen. (Abg. Kickl: Auch in der Hochkonjunktur!) Um 44 Milliarden € auf 205 Mil­liarden € ist der gesamtösterreichische Schuldenstand angewachsen, und zwar ohne die ausgelagerten Schulden der ÖBB und der Asfinag; diese sind da nicht einmal noch eingerechnet. Wenn man sie dazurechnet, dann kommt man insgesamt auf 241 Mil­liarden € Schulden. Aber da sind noch immer nicht alle österreichischen Schulden mit eingerechnet! Wenn man die Haftungen, die wir jetzt übernehmen, all die Staatshaftun­gen und Haftungen für EU-Pleitebanken, dazurechnet, dann wird es noch weit dramati­scher, denn das sind noch einmal 129 Milliarden €, die wir für Pleitebanken wie die Kommunalkredit, ehemals unter der Verantwortung von Ministerin Schmied, und für ei­ne BAWAG-Pleite, die Sie zu verantworten hatten, zahlen mussten. Sie genieren sich nicht einmal, ÖGB-Gelder verspekuliert zu haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist Ihre politische Verantwortung in dieser Republik. Jeder Säugling, jedes Neuge­borene ist dank Ihrer Schuldenpolitik mit bis zu 40 000 € verschuldet. Und das ist eine Politik der Zukunft, wollen Sie uns weismachen? Das ist eine verantwortungsvolle so­ziale Politik, die Sie mit diesem Bundesfinanzrahmengesetz jetzt sicherstellen wol­len? – Na gute Nacht Österreich! Da dreht sich jeder Mensch heute zu Recht um, wenn er das von Ihnen hört. Sie sind absolut unglaubwürdig, weil Sie nicht bereit sind, ge­genzusteuern und die Österreicher in den Mittelpunkt des politischen Interesses zu rü­cken. (Beifall bei der FPÖ.)


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Das alles ist für unsere Regierung offenbar kein Alarmsignal. Das reicht alles nicht aus, auch dann nicht, wenn Herr Rechnungshofpräsident Moser, wie er das vor wenigen Wochen getan hat, dem Nationalrat vorrechnet, dass auf Basis des vorgelegten Fi­nanzrahmens die Schulden bis Ende 2015 um weitere 53 Milliarden € anwachsen wer­den. Und da stellen Sie sich hier her und sagen, es sei alles klass, alles toll?! – Das ist unverantwortlich, weil wir diese hohe Staatsverschuldung auf dem Rücken der Öster­reicher nicht mehr werden zahlen können (Beifall bei der FPÖ), weil Sie nicht bereit sind, Verwaltungsreformen in Angriff zu nehmen, weil Sie nicht bereit sind, endlich un­ser Geld für unsere Leute einzusetzen, sondern letztlich immer noch die Spekulanten quer durch Europa mit Spekulantenhilfspaketen bedienen. Das ist Ihre Verantwortung, die Verantwortung der Sozialdemokratie und der ÖVP: dass Sie Spekulationshilfspake­te auf Kosten der österreichischen Steuerzahler sicherstellen. Genau das ist die Reali­tät.

10 Milliarden € wird demnächst jährlich der österreichische Zinsendienst betragen. Wir reden von Zinsen, nicht von Schuldenrückzahlung. Nur die Zinsen werden 10 Milliar­den € betragen. Das muss man immer wieder anführen, was Herr Rechnungshofpräsi­dent Moser aufgezeigt hat: dass wir sogar für die Zinsentilgung bereits neue Schulden aufnehmen müssen. – Das alles ist Ihre Verantwortung! (Rufe bei der FPÖ: Unglaub­lich!)

Dazu kommen noch die Bundeshaftungen, die exorbitant angestiegen sind, die man gar nicht mit eingerechnet hat. Wenn man sie dazurechnet, ergeben sich noch einmal 139 Milliarden €. Allein für die Banken haftet die Republik mit 21 Milliarden €. Die rot-schwarze Regierung hat kein Problem damit, als braver Erfüllungsgehilfe der angebli­chen Euro-Rettung aufzutreten und weiterhin ganz brav wie eine EU-Sekte jeden Un­sinn nachzubeten und sofort umzusetzen. Man ist überhaupt nicht fähig, diese kriti­schen Bereiche auch einmal kritisch zu hinterfragen (Beifall bei der FPÖ) und vielleicht andere Lösungen anzudenken, wie man unseren österreichischen Steuer-Euro sichern kann, einsetzen kann, damit die Österreicher ihre Ersparnisse nicht verlieren, damit die Österreicher nicht eine weitere dramatische Inflationsentwicklung erleben müssen und vieles andere mehr bis hin zu einer exorbitanten Staatsverschuldung, die Sie unter ÖVP-Ministern verursacht haben. Genau das ist es.

Der Europäische Rechnungshof – und das ist unfassbar; ich sage das auch in Rich­tung ÖVP – hat nicht einmal die Kompetenz, das Griechenlandhilfspaket zu überprü­fen. Nicht einmal die Prüfkompetenz hat der Europäische Rechnungshof erhalten. Das sind die Wahrheiten, die Sie ausblenden. Aber ich muss sagen, ich kann das beinahe verstehen. Wenn Olaf aktuell gegen die obersten drei europäischen Rechnungshof­beamten wegen Korruptionsverdacht bei Vergaben an Sicherheitsfirmen ermittelt, dann kann ich mir schon vorstellen, dass man Angst hat. Wenn es heute beim Europäischen Rechnungshof sogar Praxis ist, dass dann, wenn europäische Unionsgelder, sprich un­sere Nettobeiträge, die nach Brüssel gezahlt werden, irgendwo in dunkle Kanäle in Griechenland zu über 90 Prozent durch Korruption verschwinden, in den Europäischen Rechnungshofberichten festgehalten wird, über 5 Prozent seien sozusagen widersinnig und missbräuchlich verwendet worden, weil der Europäische Rechnungshof sich nicht traut, über die 90 Prozent Missbrauch zu berichten, dann wird es verständlich, wenn Sie sich quasi als EU-Sekte hier herstellen und solche Missbräuche auch noch verteidi­gen und schönreden wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da geht den Österreichern die Hutschnur auf angesichts solcher Argumentationen, die Sie hier zum Besten geben!

Ich sage, diese Bundesregierung zockt auf extreme Weise und gefährlich mit der Zu­kunft unseres Landes und bietet nicht die geringste Perspektive, rasch aus der Misere herauszukommen. Rasch wird gar nicht mehr möglich sein, aber zumindest die Pers­


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pektive, aus diesem Schlamassel herauszukommen, das Sie angerichtet haben, wäre notwendig, weil unsere jungen Menschen, die Kinder extrem belastet sind. Die haben dieses Binkerl, das Sie zu verantworten haben, letztlich zu tragen und auszubaden. Sie werden einmal, wenn Sie so weitermachen, keine Pension mehr erhalten, sie werden angesichts dieser katastrophalen Entwicklung auf der Strecke bleiben.

Daher sage ich: Wir haben eine besondere Verantwortung! Verwenden wir unser Geld für unseren Bildungsbereich, für unsere Universitäten, für unsere Sozialprojekte, für un­seren Arbeitsmarkt, für unsere Sicherheitsoptimierung, für unsere Familien, für unsere Pflegefälle, die heute teilweise im Stich gelassen werden, weil Sie reduziert haben, so­dass sie sich keine Pflege mehr leisten können! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist staatspolitische und sozialpolitische Verantwortung, aber nicht, unsere Steuer­gelder in EU-Pleitebankensysteme oder andere Spekulationsbereiche zu investieren. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.) Sie setzen die falschen Schwerpunkte in diesem Bun­desfinanzrahmengesetz.

Ich habe es schon bei der ersten Lesung dieses Gesetzes an einem Beispiel festge­macht: Ihr System bei diesem Bundesfinanzrahmengesetz ist das Drei-Säulen-Modell. Die erste Säule ist das Schuldenmachen von SPÖ und ÖVP auf dem Rücken der Ös­terreicher. Es gibt eine weitere dramatische Schuldenentwicklung. Die Säule Nummer zwei sind dramatische Steuererhöhungen – die mussten wir erleben – und Einsparungs­maßnahmen im sozialpolitischen Bereich, wo die Familien, die Pflegefälle, die Studen­ten und auch andere betroffen waren. Und die Säule Nummer drei ist das Ver­schenken des österreichischen Steuergeldes an Pleitebanken und Spekulanten. Gleichzeitig dre­hen Sie noch einmal den Österreichern den Geldhahn ab.

Das ist Ihr Drei-Säulen-Modell, und das kann man auch als ein budgetäres rot-schwar­zes „Bermudadreieck“ bezeichnen (Beifall bei der FPÖ), wo das von der österreichi­schen Wirtschaft, von den österreichischen Leistungsträgern hart erarbeitete Geld von Ihnen verjuxt, verspielt und verspekuliert wird.

Da geht es nicht um die Rettung des Euro. Wenn wir den Euro um unser Steuergeld retten wollen, dann ist das zu tun, was heute mehrfach auch von Teilen der Opposition zu Recht gesagt wurde: endlich einen Schnitt zwischen starken und schwachen Volks­wirtschaften zu machen und dafür Sorge zu tragen, dass schwache Volkswirtschaften aus der Eurozone hinausgehen, und zwei unterschiedliche Währungssysteme zu schaf­fen, damit unser Geld gesichert bleibt und nicht verspekuliert wird. (Lebhafter Beifall bei der FPÖ.)

10.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Kopf gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.51.19

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Ge­schätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wir erleben hier – vorhin in der Aktuellen Stunde und auch jetzt schon am Beginn dieser Debatte über den so wichtigen Finanzrahmen für die nächsten Jahre – interessante Unterschiede in dieser Debatte: lautstarke Polemik versus differenzierte Auseinandersetzung mit der Thematik an sich.

Ich bedanke mich ausdrücklich an dieser Stelle bei der einzigen Oppositionspartei – bei den Grünen –, die imstande ist, diese Debatte differenziert und seriös zu führen statt schreierisch und polemisch. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Strutz – die entsprechen­de Handbewegung machend –: Bussi, Bussi! – Abg. Strache – mit der entsprechenden Geste –: Handerl, Handerl!)


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Herr Kollege Strache und Herr Kollege Bucher, Opposition heißt nicht zwingend, gegen alles und jedes zu sein, und das auch noch lautstark! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Nein, nur gegen euren Unfug!)

Aber jetzt, meine Damen und Herren, zur Sache und zurück zur vorigen Debatte: Man vergisst allzu schnell und verdrängt vielleicht auch manchmal, weil es nicht ganz so an­genehm ist, Vergangenes. Es ist gerade einmal 2,5 Jahre her, dass in Amerika die ver­meintlich renommierte Investmentbank Lehman Brothers in Konkurs gegangen ist. Welt­weit die Folge davon war eine Finanz- und Wirtschaftskrise, wie wir sie seit den drei­ßiger Jahren nicht mehr erlebt haben.

Das hätte verhindert werden können! Wenn die amerikanische Regierung damals re­agiert hätte, eingegriffen hätte, hätte das verhindert werden können. Und das sei auch eine Mahnung an all jene, die jetzt gescheit daherreden – Herr Strache, Herr Bucher – und sagen: Lasst doch diese oder jene Bank in Konkurs gehen!

Hätten wir das bei der Hypo tun sollen? (Zwischenruf des Abg. Strache.) Wir alle, die Österreicherinnen und Österreicher würden gerade für die Bank, für die Sie die Ver­antwortung tragen, Milliarden zu zahlen haben – deutlich mehr als wir jetzt bei der Griechenland-Unterstützung brauchen! Sie hätten das zu verantworten, aber reden ge­scheit daher. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Bucher: Der Treichl hat euch eh gesagt, was er für eine Meinung hat!)

Oder wenn ihr jetzt sagt: Lasst Griechenland Pleite gehen, schmeißt doch diese Pleite­länder aus der Eurozone! – Na wunderbar! (Abg. Bucher: Das habe ich nicht gesagt! Genug gezahlt, habe ich gesagt! – Die Abgeordneten Grosz und Hagen halten eine orangefarbene Tafel mit der Aufschrift „Genug gezahlt!“ in die Höhe.) Genug gezahlt, höre ich dann vom Herrn Bucher.

Lehman Brothers zeigt uns ganz deutlich: Die Folgen von politischem Nichthandeln sind immer schlimmer als die Folgen solidarischer Hilfeleistung! – Das ist die Wahrheit, mei­ne Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Bucher: Ihr helft ja den Spekulan­ten!)

Aber, meine Damen und Herren, wir können auch nicht zur Tagesordnung übergehen. Für die Banken braucht es strengere Regeln und strengere Kontrollen. (Abg. Bucher: Wer hindert euch daran?) Und es braucht bei den Banken auch eine saubere Differen­zierung zwischen Investmentbanken und Strukturbanken. Basel III ist mit Sicherheit ei­ne gewisse Gefahr für die Strukturbanken, weil da eben nicht differenziert wird bei den Eigenkapitalvorschriften und sonstigen Bestimmungen.

Unsere heimischen Banken haben uns auf ihrer Seite, wenn es darum geht, bei Ba­sel III überschießende und unsinnige Regelungen zu verhindern. Aber den Investment­banken, die diesen ganzen Salat verursacht haben, muss man ganz fest die Fesseln an­legen und sie unter strenge Kontrollen stellen – aber nicht unsere heimischen gut arbei­tenden Strukturbanken! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Bucher: Auf geht’s! – Abg. Stra­che: Was macht ihr seit Jahren? Warum seid ihr seit Jahren untätig in dieser Frage?)

Daher, meine Damen und Herren, habe ich kein Verständnis für die unqualifizierten und undifferenzierten Äußerungen eines Spitzenbankers in Österreich gegenüber der Politik in dieser Pauschalität. Das ist nicht in Ordnung! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stra­che: Er hat mit Sicherheit die ÖVP-Finanzminister gemeint!)

Aber, Herr Bundeskanzler, ich hätte mir auch von Ihnen ein bisschen mehr Fingerspit­zengefühl erwartet. Wenn Sie bei der Replik nämlich davon reden, dass die Banken – und ich nehme an, Sie haben die heimischen gemeint – die Suppe künftig selber aus­löffeln sollen, dann muss ich sagen: Dann wären wir wieder bei Lehman Brothers. Das glaube ich nicht! Ich hoffe auch, dass Sie das nicht gemeint haben. Da gehört eine et­


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was differenziertere Betrachtung her, als Sie sie angestellt haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Der Bürger soll den Schaden gutmachen, den andere angerichtet haben!)

Meine Damen und Herren, noch einmal an diejenigen, die hier so gescheit daherreden: Ja, die Krisenbewältigung hat Spuren in unserem Haushalt hinterlassen! Notwendiger­weise! Wir mussten Schulden machen, wir mussten Defizite eingehen, um die Banken zu retten, um die Konjunktur zu stabilisieren, um Beschäftigung zu stabilisieren, etwa durch Kurzarbeitsprogramme – und diese Maßnahmen waren erfolgreich!

Meine Damen und Herren, diese Maßnahmen waren erfolgreicher als in vielen anderen Ländern. Was ist das Resultat? – Wir haben eine höhere Beschäftigung als in fast allen anderen Ländern, trotzdem geringere Defizite, vor allem ein höheres Wirtschaftswachs­tum als in den meisten anderen Ländern, und das kommt der Bevölkerung in diesem Land zugute. Das können Sie nicht wegdiskutieren! Das ist das Ergebnis erfolgreicher Krisenbewältigung dieser Bundesregierung und der Koalitionsmehrheit in diesem Ho­hen Haus. So schaut die Wahrheit aus, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Die Schulden habt ihr schon lange vorher gemacht! Lächerlich! – Abg. Strache: Die letzten 30 Jahre habt ihr Schulden gemacht! Seit 30 Jahren seid ihr Schuldenmacher!)

Aber, meine Damen und Herren, nur ein Teil der Schulden, die wir haben, kommt tat­sächlich aus der Krisenbewältigung. Wir dürfen nicht wegdiskutieren, dass wir die letz­ten Jahrzehnte auch über unsere Verhältnisse gelebt haben – selbst in guten Zeiten über unsere Verhältnisse gelebt haben! (Abg. Grosz: Sie, aber nicht die Bevölkerung!) Das muss man sich eingestehen. Das heißt, am raschen Defizit- und Schuldenabbau führt wegen der Krisenbewältigung, aber auch wegen der Sünden in der Vergangenheit bei der Budgetgestaltung kein Weg vorbei. Das ist das Gebot der Stunde! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: 20 Jahre ÖVP-Finanzminister! Alles ÖVP-Finanzminister!)

Ein Letztes, meine Damen und Herren, an all jene gerichtet, die jetzt wieder Steuerfan­tasien hegen: Das In-Ordnung-Bringen des Staatshaushaltes hat über äußerste Diszi­plin bei den Ausgaben zu erfolgen. Österreich ist ein Hochsteuerland mit einer Steuer- und Abgabenquote, die keine weitere Erhöhung mehr verträgt. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Dank der ÖVP ist es ein Hochsteuerland!)

Das heißt, das Gebot der Stunde lautet: rasche Sanierung des Staatshaushaltes, da­nach aber eine rasche steuerliche Entlastung des Mittelstandes und eine Vereinfachung des Steuersystems! Und bei diesem zweiten Schritt gilt das, was die Finanzministerin zu Recht gesagt hat: Beim Steuersystem künftig weniger, einfacher und leistungsge­rechter. Das muss die Devise sein! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Neun Jahre ÖVP-Finanzminister!)

10.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Kogler gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.59.02

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich glaube, in der heutigen Debatte wird ganz zu Recht einmal der Fokus darauf gelegt, dass man es nicht mehr so einfach durchgehen lassen kann, dass Parteien, die angeblich für die Menschen da sind, zwei rechtspopulistische Parteien, ihre Dinge zum Besten geben und man das immer nur so zur Kenntnis nimmt. Das passt auch in diese Debatte. Ich werde darauf noch einmal eingehen.

Es passt auch zur Finanzrahmendebatte, und es ist einmal zu schauen: Was ist denn überhaupt das tatsächliche Angebot eines allfälligen Kanzlers Strache? Das gehört ein­mal angeschaut!


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Allein in der gestrigen Dringliche Anfrage – die haben ja auch Sie, Herr Strache, sicher mit unterschrieben; lassen wir einmal die Rechtschreibfehler weg!; auch der Name der Bundeskanzlerin Merkel konnte nicht richtig geschrieben werden – waren fast alle Zah­len falsch. Sie haben diesem Land eine Steuerquote von beinahe 48 Prozent hinaufdi­vidiert. In Wirklichkeit sind es 5 Prozent weniger. Kennen Sie überhaupt den Unter­schied? (Abg. Strache: Haben Sie dem Rechnungshofpräsidenten nicht zugehört? Ein Ahnungsloser, der Herr Kogler! Der Pflichtverteidiger der Bundesregierung!)

Das sind 15 Milliarden €! Haben oder nicht haben, das ist Ihnen egal. Das sieht man eh an Kärnten. Wahrscheinlich kommt das von dort her. Vielleicht haben Sie die Schul­den, die wir für Kärnten notfalls übernehmen müssen und die Sie zu verantworten ha­ben, da schon in weiser Voraussicht dazugerechnet. Das ist aber schon das einzig In­telligente, was man an diesem Ding entdecken kann. (Beifall bei den Grünen.)

Aber es ist noch ein anderes Problem in diesem Kontext aufgetaucht, wenn wir über den Finanzrahmen reden, wo es um Einnahmen, Ausgaben, um den Saldo und die De­fizite geht: Ihre Partei ist doch diejenige – es fällt Ihnen selber ja gar nicht auf, aber man sollte es den Leuten stärker sagen –, die immer Steuersenkungen verlangt, der die Schulden zu hoch sind, die aber gleichzeitig, indirekt und implizit, ständig für Aus­gabenerhöhungen ist, weil sie alles Mögliche fordert! (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Lesen Sie einmal Ihre Anträge durch! Wie soll sich denn das alles ausgehen?! Und am Schluss kommen Sie mit der Forderung nach einer Verwaltungsreform, die zwischen 10 und 17 Milliarden € bringen soll. Das ist doch alles Humbug, sodass man jetzt wirk­lich einmal (Abg. Strache: Rechnungshofberichte haben Sie anscheinend noch keine gelesen! Lesen Sie den Rechnungshofbericht!) – auf den Rechnungshof gehe ich dann noch ein – gemeinsam dagegen auftreten muss.

Wenn es einmal um sinnvolle Einsparungsmaßnahmen geht, sind es die freiheitlichen Abgeordneten in den Landtagen und überall draußen in den Kommunen, die herum­rennen und jeden Unsinn verteidigen, wenn endlich einmal eine Reform angegangen wird. (Abg. Dr. Rosenkranz: Solch ein Blödsinn!) Wenn es nach Ihnen ginge, würden wir überhaupt nie eine Gesundheitsreform zustande bringen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Der Herr Treichl hat bei Ihnen wirklich recht gehabt!)

Es ist doch längst klar, dass wir in der Steiermark die Spitäler in der Weise sanieren müssen, dass wir die Betten dort konzentrieren, wo wir sie brauchen, und dort, wo sie eigentlich nur Kosten verursachen und niemandem etwas bringen, auch einmal auflö­sen müssen. Aber Sie ketten sich sozusagen an jedes Spitalsbett, das wir fünf Zenti­meter verrücken müssen. Das ist Ihre Politik! – Das werden wir Ihnen nicht mehr durchgehen lassen. (Abg. Strache: Die steirischen Wähler haben Ihnen schon gezeigt, was sie von Ihnen halten, nämlich nichts!)

Wenn Sie schon die Banken und die BAWAG erwähnen: Schauen Sie, da zeigt sich ja auch wieder Ihre Inkompetenz, denn in die BAWAG ist kein einziger Cent Steuergeld hineingeflossen (Zwischenruf des Abg. Kickl– da haben wir nur gehaftet und das Haf­tungsentgelt kassiert –, im Unterschied zur Kärntner Hypo, wo wir sehr wohl (Abg. Strache: Die Kommunalkredit!) – die Kommunalkredit, das ist richtig, das ist auch eine schäbige Sache, da gebe ich Ihnen recht, aber bleiben wir einmal bei der Kärntner Hypo! – mittlerweile 1,4 Milliarden € Eigenkapital drinnen haben. (Abg. Strache: Das ist eine bayrische Bank! Die Bayern haben wir entschuldet! Mit einer rot-schwarzen Re­gierung haben wir die Bayern entschuldet! Das ist wirklich ein Skandal!)

Ja glauben Sie, dass wir das noch einmal sehen werden?! Bei den Verlusten, die ge­macht werden, werden wir dort noch mehr hineingeben müssen. Das ist aber mit Si­cherheit in blauer Verantwortung. Blaue Pleitiers, blaue Bankenplünderer haben sich dort ungeniert bedient. Und das geht bis heute weiter. (Beifall bei den Grünen.)


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In Kärnten kann man nicht einmal einen öffentlichen Auftrag machen, ohne dass die Parteizentrale von vornherein mitschneidet. So sind die Zustände dort! (Abg. Kickl: Das sagen Sie aber auch nur hier! – Abg. Strache: Das sagen Sie nur hier, nämlich un­ter dem Schutz der Immunität!) Deshalb sind Sie ja auch in der Antikorruptionsbekämp­fung völlig unglaubwürdig.

Wir müssen den Leuten, wenn Sie Wut auf die Politik haben, einmal erklären, dass dann, wenn korrupte Elemente auftauchen – und wir bemühen uns, diese immer aufzu­decken –, die Aufklärung bei Ihnen am schlechtesten aufgehoben ist. Wenn Sie einmal regieren, brauchen wir zu jedem aktiven Regierungsmitglied drei Antikorruptionsstaats­anwälte, um den ganzen Mist wieder wegzuräumen. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei den Grünen.)

Zum Finanzrahmen – eine vierjährige Vorschau, eine gescheite Sache, die wir hier ge­meinsam verhandelt und eingeführt haben. Ich erteile daher allen eine Absage, die jetzt den Finanzrahmen gemeinsam mit dem Budget verhandeln wollen. Es ist sinnvoll, wenn wir das getrennt verhandeln, damit die langfristige Perspektive von der kurzfristi­gen unterschieden werden kann. Eine gescheite Geschichte!

Im Übrigen: Es ist sehr bezeichnend für den Reformstau in Österreich, dass die Bun­desländer die Annahme dieses Haushaltsrechts verweigert haben, und zwar alle Lan­deshauptleute aller Couleurs, durch die Bank. Die haben sich sogar dagegen gewehrt, dass wir das mit einer Sollbestimmung in die Verfassung hereinbringen. Sie wollen nicht einmal eine Sollbestimmung, denn dann könnten sie ja gefragt werden, warum sie es nicht umsetzen!

An anderer Stelle haben wir das gleiche Problem: Es gibt tatsächlich – und da sind wir beim Rechnungshofpräsidenten, Herr Klubobmann Strache – einen riesigen Reform­stau. Nur: Dessen Auflösung wird über Nacht nicht 17 Milliarden € bringen, sondern in der ersten Runde ein paar Hundert Millionen Euro – ich betone: ein paar Hundert Mil­lionen Euro –, was gut wäre. Aber auch das wird nicht gemacht.

Sie, Frau Finanzministerin – Sie werden sich ja dann sicher anschließend zu Wort mel­den –, haben ja das indirekt abgesagt, indem Sie dauernd erklärten, das alles sei eine Sache von kleinen Schritten. – Na, vom Himmel fällt es nicht, das sage ich auch. Aber so wie Sie das angehen, ist es schon wieder eine Absage.

Jetzt sind wir wieder bei der ersten Prämisse, beim sinnvollen Sparen in dieser Sache, nämlich dort, wo es darum geht, auch wirklich etwas hereinzuholen, damit wir an ande­rer Stelle ein paar Ausgaben tätigen können. Wir brauchen nämlich Zukunftsinvestitio­nen. Und die paar Hundert Millionen Euro, die etwa im Kindergartenbereich, im Schul­bereich, aber speziell im Universitätsbereich fehlen, würden wir jedenfalls mit einer ge­scheiteren Politik auf diesem Sektor hereinkriegen.

Ich darf den Schwerpunkt dieser Debatte seitens der Grünen an dieser Stelle noch ein­mal erläutern, was die Universitäten betrifft: Die Universitäten bluten aus. Dafür tragen Sie die Verantwortung. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber mit Sicherheit! Sie wollen nicht wahrhaben, dass nur zur Aufrechterhaltung des ohnehin sehr schlechten Status quo mehrere Hundert Millionen Euro – in Wirklichkeit noch mehr – notwendig sind. (Neu­erliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Rektorenkonferenz hat es Ihnen ganz genau gesagt: Spätestens ab 2013 braucht man 300 Millionen € mehr. Deshalb werden wir im Zuge der Debatte einen Abände­rungsantrag zu diesem Finanzrahmen einbringen, der im entsprechenden Bereich – Untergliederung 31: Wissenschaft und Forschung – diese 300 Millionen € vorsieht, da­mit darüber auch einmal hier abgestimmt werden kann. Dann können Sie sich ja noch einen Ruck geben.


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Aber das wird sich nicht ausgehen: in Sonntagsreden ständig die Zukunftsinvestitio­nen, die es ja wirklich braucht, zu beschwören und sie dann dort, wo sie sinnvoll und möglich sind ist – und wir schlagen Ihnen ja die Finanzierung vor –, zu unterlassen. Das ist fahrlässig! Das ist schwer fahrlässig, und das sagen Ihnen alle, die mit diesem Bereich ernsthaft beschäftigt sind. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Letztes, und zwar zur Steuerreform, wenn Sie die ankündigen: Schauen Sie, wir werden uns, weil die Defizite weiter sinken müssen, keine Nettosteuersenkungen leis­ten können. Aber wenn man hier dauernd davon spricht, dass Österreich ein Hoch­steuerland ist, wie die ÖVP das gerne tut, dann ist das natürlich ein bisschen eine hin­terhältige Tour, denn wer zahlt denn in diesem Land besonders viel Steuern? – Die Ar­beitnehmerInnen, die indirekten Steuern sind sehr hoch, aber von den Vermögenden und aus den Kapitaleinkünften wird sehr wenig Steuer gezahlt. Wenn wir dort endlich etwas täten, dann könnten wir die Lohn- und Einkommensteuer senken. Wir könnten aber dann vor allem auch andere Dinge finanzieren, nämlich Dinge, die Sie jetzt aus­bluten lassen.

Übrigens: Hören Sie auf mit Ihrem „Zukunfts“-Gerede! Ich will dieses Wort von Ihnen heute nicht mehr hören, es sei denn, Sie stimmen unserem Antrag zu! (Beifall bei den Grünen.)

11.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte. (Abg. Grosz: Jetzt kommt der Heinz Conrads der Innenpolitik! Seit 40 Jahren die glei­che Rede!)

 


11.07.37

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Meine Damen und Herren! Das Problem bei den Ausführungen der Oppositionsredner der Blauen und der Orangen, die auf der einen Seite sagen, es seien zu viele Schulden gemacht worden, und auf der anderen Seite aber fordern, man solle die Leistungen des Staates und des Sozialstaates ausweiten, ist Folgendes: Es kommt kein Einziger her und arbeitet mit durchgerechneten Zahlen! Wenn man das zu Ende denkt, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man macht das alles, was Sie von der FPÖ und vom BZÖ vorschlagen, dann steigt die Ver­schuldung ins Unermessliche, oder man macht den von Ihnen geforderten Schulden­abbau, dann gibt es gravierende, schmerzhafte Einschränkungen von Leistungen im Sozial- und Gesundheitssystem, bei den Pensionen und in allen anderen Bereichen. (Abg. Strache: Sie sollten den Banken nicht unser Geld nachwerfen, sondern hier einsetzen! – Abg. Kickl: Sie reden von Schuldenabbau! Gravierende Einschnitte sind das!)

Das ist genau die Logik dessen, was Sie hier machen, und daher ist es schade um die Zeit, die man aufwenden müsste, um weiter auf Ihre Argumente einzugehen.

Ich möchte aber einen zweiten Punkt aufzeigen: Es ist natürlich schwierig, hier Opposi­tionspolitik zu entwickeln, wenn man sich die Rahmen ansieht, unter denen in Öster­reich Budgetpolitik und Wirtschaftspolitik und auch Sozialpolitik gemacht werden kann. Der Finanzrahmen setzt folgende Schwerpunkte: Ausbildung, Forschung, Entwicklung, Wachstum, Standortsicherung, Sicherung des Sozialsystems und der Pensionen et ce­tera, et cetera. (Abg. Grosz – eine orangefarbene Tafel mit der Aufschrift „Genug ge­zahlt!“ in die Höhe haltend –: Die Leute haben genug gezahlt für Ihre Politik!)

Angesichts der Tatsache, dass wir in Österreich die zweitniedrigste Arbeitslosigkeit in­nerhalb der Europäischen Union haben, dass die Beschäftigung steigt und steigt und wir in Österreich fast 3,5 Millionen Beschäftigte haben, kann doch niemand sagen, dass das ein Misslingen von Wirtschaftspolitik ist. (Abg. Strache: Das sind alles McJobs! Das ist keine Vollbeschäftigung! Ihre McJobs sind keine Vollbeschäftigung!)


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Ich verstehe auch diese vielen Stillstands-Kommentatoren nicht, die dauernd sagen: In Österreich herrscht Stillstand! – Wo? Wo?! (Abg. Grosz: Drehen Sie sich um! – Abg. Strache: Hinter Ihnen sitzt der Stillstand!) Sie sollen sagen, was sie konkret meinen. Denn: Das österreichische Wachstum befindet sich zum Beispiel nicht in einem Still­stand. Das österreichische Wachstum liegt 1 Prozent über dem Durchschnitt der Euro­zone. (Abg. Bucher: Besser als in Bangladesch!) Der Wohlstand in Österreich liegt pro Kopf, am BIP gemessen, höher als in Deutschland, Frankreich, Schweden und Kanada.

Ich weiß, unter diesen Bedingungen ist es ein bisschen schwierig, Oppositionspolitik zu machen. Das ist schon richtig. Sie müssen daher Kunstbilder, Schreckensbilder entwi­ckeln, eine eigene Wirklichkeit und Realität entwickeln und diese in den Raum stellen und das so oft sagen, bis sich vielleicht der eine oder andere Zuseher vor dem Fern­sehapparat vor den Bildern, die die Blauen und die Orangen zeichnen, zu fürchten be­ginnt.

Das ist das, was Sie da machen! Das ist aber keine sinnvolle, seriöse Debatte. Aber ich möchte mich ... (Abg. Strache: Sie haben ja schon mit den Bürgern gesprochen, die Monat für Monat Probleme haben!) – Nein, nein! Worüber man reden kann, ist, dass bei dem Wohlstand die Verteilungsgerechtigkeit ausgebaut gehört. (Beifall bei der SPÖ.) Wir der Meinung, dass man diesbezüglich bei der Steuerreform noch Schritte setzen muss. Na, vollkommen richtig! Das ist unsere Auffassung.

Aber weil heute immer wieder ein Name gefallen ist, nämlich der Name von Bankdi­rektor Treichl – mein Gott, er hat es geschafft, dann tun wir es halt –: Diskutieren wir ein­mal kurz darüber, was er gesagt hat! (Abg. Grosz: Er hat recht!)

Schauen Sie, ich gebe ja zu, man kann Emotionen haben, aber ich muss doch schon sagen: Wenn er da von Mutlosigkeit spricht und wenn er generalisierend sagt, die Poli­tik sei mutlos, feig, ahnungslos – generalisierend! – (Abg. Grosz: Schauen Sie sich Ih­ren Koalitionspartner an! Den hat er ja gemeint!), dann möchte ich hinzufügen: Es ist ziemlich unmutig, wenn man nicht dazusagt, wen genau man meint. (Abg. Strache: Der hat die ÖVP-Minister gemeint! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Was mich aber auch beschäftigt, ist, wieso es aus der Wirtschaft den einen oder ande­ren gibt, der sagt: Na, die Wortwahl finde ich nicht besonders, aber ich kann mich da­mit identifizieren. – Das in Bezug setzend zu den Wirtschaftsdaten und zu den Beschäf­tigungsdaten, die ich gerade vorhin zitiert habe, verwundert mich das etwas.

Niki Lauda verwundert mich. Das ist ja nicht gerade einer, der von der Politik immer im Eck liegen gelassen wurde. Das ist ja nicht einer, der nicht, wenn er Hilfe gebraucht hat, auch Hilfe bekommen hat. (Abg. Strache: Der war ja auch geschäftlich immer er­folgreich, der Herr Lauda!) Dann gibt es den Herrn Prinzhorn, und ich kann da eine ganze Liste von Unternehmern nennen. Die Politikferne des Herrn Haselsteiner sehe ich auch nicht ganz. Also ich habe da ein paar Namen, bei denen mich interessieren würde, was sie eigentlich genau meinen.

Ich möchte eine seriöse Debatte. Ich möchte haben, dass man respektvoll miteinander umgeht, das ist mein Interesse daran.

Aber welchen Mut kann man meinen? Meinen sie den Mut, dass wir die Differenz zwi­schen der formalen und der realen Steuerleistung tolerieren, dass man da vielleicht mutiger auftreten soll? Oder dass die Politik vielleicht mutiger beim Eintreiben von Steuerrückständen und Abgabenrückständen sein soll? Das ist auch ein Punkt. – Viel­leicht meint er das. Ich weiß ja nicht, welche Art von Mut da ganz genau angesprochen wurde.

Oder vielleicht, dass das Stiftungsrecht in Österreich zu komfortabel ist? – Der Herr Treichl kann diesbezüglich sicher einen Beitrag leisten, wie komfortabel das Stiftungs­


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recht in Österreich ist. (Abg. Hagen: Vielleicht in der Steiermark den Landeshauptmann fragen?) Sollen wir da mutiger sein? Sollen wir das weniger komfortabel machen? Sol­len wir die Steuersätze anheben?

Ich warte da auf Wortmeldungen, die für uns wirklich hilfreich sind, damit wir in dem Punkt auch weiterkommen. (Abg. Strache: Tun Sie endlich etwas! Reden Sie Mut, Herr Cap! Reden Sie Mut!)

Der Hintergrund ist ja in Wirklichkeit ein ganz anderer: Es geht um die Erhöhung der Aufsichtsratsgagen und darum, einen Themenwechsel herbeizuführen. – Es war näm­lich unsensibel und gegenüber den Kunden und den Österreicherinnen und Österrei­chern ein ganz schlechtes Signal, in dieser Zeit die Aufsichtsratsgagen zu erhöhen. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Strache: Da bin ich bei Ihnen!)

Und durch den Themenwechsel sollte auch eine zweite Sache nicht berührt werden. Jetzt geht die Flucht in Richtung Basel III, aber auch darüber kann man diskutieren. Übrigens ist auch da die Politik nicht involviert, das machen Experten und Beamte, aber gut, wollen wir einmal darüber hinwegsehen.

Wenn die Banken jetzt prognostizierte 4 Milliarden € Gewinn erwarten – 4 Milliarden €! –, dann wird es wohl möglich sein, dass bei den Leistungen, mit denen wir den Banken ge­holfen haben, nämlich dass wir alle gemeinsam hier ein 100-Milliarden-€-Haftungspa­ket beschlossen haben, weil wir gesagt haben, es ist wichtig, dass wir ihnen helfen, denn es geht um die Einlagensicherung, um die Sparbücher – da sind wir ja voll d’ac­cord –, die Banken eine Bankenabgabe in der Höhe von 500 Millionen € leisten kön­nen. Eigentlich ist es bei der Gewinnerwartung der Banken gerechtfertigt, dass man so­gar über eine höhere Bankenabgabe nachdenkt. Das wird doch wohl noch möglich sein in diesem Land! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hagen.)

Wissen Sie, da bin ich einfach nur für eine ehrliche Debatte: eine Debatte, in der diffe­renziert wird, eine Debatte, in der Verteilungsgerechtigkeit angesprochen wird, eine De­batte, in der man auch über die Reichen und die Superreichen in diesem Land reden kann. Und da erwarte ich mir übrigens von den Banken, dass sie Bündnispartner sind, zum Beispiel wenn es darum geht, auf europäischer Ebene Regelungen bei den Fi­nanzmärkten und bei den Ratingagenturen zu erreichen, dass wir bei der Finanztrans­aktionssteuer Schritte setzen, damit die Spekulation besteuert wird. (Abg. Strache: Aber warum bringt ihr da nichts weiter? Ihr redet immer nur darüber!)

Es gibt nämlich viele Banker – oder Bankiers – in Österreich, die sagen: Wir sind Struk­turbanken, wie das Klubobmann Kopf gesagt hat, und wir sind eigentlich Konkurrenten in einer schiefen Konkurrenz zu den Investmentbanken. – Und da wollen wir Regelun­gen haben. (Abg. Bucher: Ja, sehr gut! Tut endlich etwas, dann unterstützen wir euch! – Abg. Strache: Aber es passiert nichts!)

Den Mut hätten wir gerne, dass dieser Mut ... (Abg. Bucher: Wo ist der Mut?) – Wir ha­ben den Mut! Wir wollen das machen, ja! Aber, Klubobmann Bucher, wir haben 23 neo­liberale, konservative Regierungen in Europa, die eben ein Fehlverständnis von Markt­wirtschaft haben, die lieber zuschauen, wie sich die Marktwirtschaft selbst abschafft, die lieber zuschauen, wie überall Sozialleistungen eingeschränkt werden. (Abg. Bu­cher: Fangt in Österreich an, bei uns! Da fangt an, aber nicht auf europäischer Ebe­ne! – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Wir haben Privatisierungsideologen, die nicht die Frage stellen: Welche Privatisierung ist richtig, welche ist zweckmäßig?, sondern die einfach drauflosprivatisieren, aus ideo­logischen Gründen – siehe Austria Tabak, wo am Ende der Privatisierung heraus­kommt, dass Hunderte Leute ihre Arbeitsplätze dort verlieren. – Na, das ist keine sinn­volle Privatisierung! Die muss betriebswirtschaftlich, volkswirtschaftlich Sinn haben. Und


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in Griechenland muss sie den Sinn haben, dass die dort schneller auf die Beine kom­men und das, was man ihnen borgt, auch zurückzahlen können.

Da geht es um wirtschaftlichen Verstand und nicht darum, dass wir gegenseitig Plat­titüden austauschen, Verallgemeinerungen oder gar ... (Abg. Bucher: Das macht ihr! Das macht ihr auch!) – Nein, Nein! Die Äußerungen von Herrn Treichl beschäftigen mich we­niger als die Aussagen jener, die sagen: In der Substanz hat er recht.

Diesbezüglich hätte ich gerne genauer gewusst, was da der Hintergrund ist (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen) und worauf man da in Wirklichkeit eingehen soll. – Und da gäbe es noch viele Punkte anzusprechen.

Jedenfalls glaube ich, dass die Debatte notwendig ist, und sie wird von uns auch offen­siv geführt werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Das Adrenalin hat für 8 Minu­ten gereicht, jetzt geht er wieder in die Mottenkiste!)

11.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


11.15.46

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Kollege Cap, bei Ihnen hat man wirklich das Gefühl, Sie leiden an einem schleichenden Oppositionstrauma, denn wenn Sie die Ban­ken in Österreich einmal regulieren würden, hätten Sie uns als Partner an Ihrer Seite.

Nur, das Rezept, das Sie anwenden, ist das falsche. Erstens einmal haben Sie einen Staatssekretär im Finanzministerium sitzen. Das ist nicht irgendeine Position; der könn­te, wenn er etwas Gescheites entwickelt, auch etwas durchsetzen. (Zwischenbemer­kung von der Regierungsbank: Haben wir ja!) Das Zweite ist: Das, was Sie mit der Ban­kenabgabe durchgesetzt haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eine Bank­kundensteuer. (Ruf: Das stimmt nicht!) Das zahlen am Ende des Tages die Steuerzah­ler, das trifft nicht die Banken. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Kollege Cap hat völlig recht – völlig recht! –, wenn er sagt, die Banken machen in Österreich enorme Gewinne. Sie machen 4 Milliarden € Gewinn! Wissen Sie, wie hoch der Steuersatz der Banken ist, Herr Kollege Cap? 7 Prozent! Und das ist noch gar nicht der Gipfel. Die Banken bleiben 150 Millionen € pro Jahr an Steuern schuldig. (Abg. Mag. Stadler: Ganz genau!) Das wäre Ihr Auftrag, Herr Staatssekretär. Es wäre Ihr Auftrag, in der Bundesregierung dafür zu sorgen, dass die Banken die Steuern voraus­zahlen, so wie das alle Steuerzahler in Österreich machen. (Beifall beim BZÖ.) Da geht einem ja wirklich alles auf!

Zum Herrn Kollegen Kopf: Ich war ja immer der Ansicht, die ÖVP steht für nichts mehr, eine Allerweltspartei, die für alles und für nichts steht. Aber heute haben wir wenigs­tens erfahren, dass Sie für Europa stehen (Abg. Grosz: Und für Zweizeiler!), koste es, was es wolle. Österreichisches Steuergeld für marode Banken und für Pleiteländer: da­für steht die ÖVP, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Aber eines sage ich Ihnen: Mit diesem Kopf haben wir nichts am Hut! Das ist die Reali­tät. Wir haben mit dieser ÖVP keine Gemeinsamkeiten, damit das klargestellt ist. (Abg. Mag. Molterer: Aber mit der FPÖ und mit Strache!)

Das hat ja heute auch Frau Bundesministerin Fekter eindringlich unter Beweis gestellt, indem sie gemeint hat: Österreich war in den siebziger Jahren auch pleite. Also gut, in den siebziger Jahren waren wir alle noch jung, Sie wahrscheinlich auch, oder zu jung, um mitzubekommen, wie hoch der Staatsschuldenstand tatsächlich war. (Abg. Grosz: Manche machen eine sehr alte Politik!)

Ich habe nachgesehen, aber vieles weiß man ja noch: In den siebziger Jahren hatte Ös­terreich eine Schuldenquote von 15 Prozent, Frau Finanzministerin – von 15 Prozent! (Zwi­


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schenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) – Heute haben wir einen Schul­denstand, den Sie zu verantworten haben, von 80 Prozent. 15 und 80! – Wenn das Ih­re arithmetischen Kenntnisse sind, dann gute Nacht Österreich, vor allem was die nächs­ten Budgets betrifft, denn so einem Irrtum dürfen Sie nicht unterliegen, Frau Bundesmi­nisterin.

Wenn Sie solch disqualifizierende Äußerungen machen, dann dürfen Sie sich nicht wun­dern, wenn Ihnen Ihr Parteifreund Treichl so etwas ausrichtet, was er in den letzten Wo­chen und Tagen gesagt hat.

Folgendes ist schon auch typisch für die Verhaltensweise der ÖVP: Sie bejammern immer den Schuldenstand, Sie bejammern immer die hohe Abgabenquote. – Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sind seit 26 Jahren auf der Regierungsbank (Abg. Grosz: Und seit zehn Jahren Finanzminister!), seit 26 Jahren in Regierungsverantwor­tung. (Beifall beim BZÖ.)

Sie haben diese Budgets beschlossen, Sie haben diese Steuererhöhungen beschlos­sen. Sie stellen seit mehreren Jahren den Finanzminister! Sie sind allein zuständig für das Desaster, das jetzt der Steuerzahler auszubaden hat – und das, meine sehr geehr­ten Damen und Herren, vor dem Hintergrund, dass wir derzeit ein relativ moderates Wirtschaftswachstum haben. Es geht der Wirtschaft Gott sei Dank aufgrund der Tüch­tigkeit der Wirtschaft, der Unternehmerinnen und Unternehmer, aber auch der Arbeiter relativ gut, aber wir haben eine enorme Steuer- und Abgabenquote. Sie bejammern die­se Steuer- und Abgabenquote, und dabei haben Sie sie eingeführt und sind dafür zur Verantwortung zu ziehen. (Abg. Kopf: Das war eine Feststellung! Nur eine Feststel­lung!)

Und wenn Sie sich heute hier hinstellen und uns dieses Bundesfinanzrahmengesetz vorlegen, dann ist das ein Schuldenexzessbeispiel Nummer 1, das hier abgeführt wird, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Führen Sie sich Folgendes vor Augen, Frau Finanzministerin: In den letzten Jahren, in den Jahren der Wirtschaftskrise, als es uns nicht gut gegangen ist, der Wirtschaft nicht gut gegangen sind, die Steuereinnahmen zurückgegangen sind, haben wir 45 Milliar­den € an Defizit gemacht. In den nächsten vier Jahren machen Sie trotz Wirtschafts­wachstum und besseren Arbeitsmarktzahlen wiederum 45 Milliarden € an Schulden. Es hat sich nichts geändert an Ihrer Schuldenpolitik, für die Sie verantwortlich sind, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Es ist nun einmal eine Tatsache, dass Sie um Reformen nicht herumkommen. Es ist eine Tatsache, dass wir eine Verwaltungsreform brauchen, dass wir eine Gesundheits­reform brauchen, dass wir in der Bildung säumig sind – sie ist teuer, aber ineffizient –, das weiß doch jeder hier herinnen. Alle 183 Abgeordneten sprechen dann und wann von diesen Missständen und Defiziten, auch von den Regierungsparteien hören wir das immer.

Nur, warum geschieht nichts? (Abg. Mag. Stadler: Stillstand!) Warum beginnt die Bun­desregierung nicht einmal mit dem ersten Schritt, wenn wir wissen, dass erste Reform­einsparungen erst in zwei, drei Jahren möglich sein werden? – Wir müssen einmal den ersten Schritt setzen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und nicht nur immer darüber schwätzen, so wie Sie das bei Ihren parlamentarischen Reden und Ankündi­gungen machen. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn Sie von Schuldenbremse sprechen, Frau Finanzministerin, kann ich nur sagen: Da wird nicht gebremst, Sie geben Gas! Der Schuldenberg wird in den nächsten Jah­ren anwachsen, und zwar eklatant anwachsen. Wir sind schon heute irgendwo bei 260 Milliarden € angelangt. Wenn Sie die gesamten Schulden der Gemeinden, der Län­der, der ausgegliederten Gesellschaften, der ASFINAG, der ÖBB hineinrechnen, was Sie


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eigentlich müssten, dann würde der Schuldenstand tatsächlich bei 260, 270 Milliarden € zu liegen kommen. Das ist die Realität, und das steht nirgendwo in Ihrem Bericht.

Es ist nirgendwo zu finden, wie hoch der Schuldenstand tatsächlich ist, und das müs­sen Sie verantworten! Das ist Tarnen und Täuschen, das ist nicht Die-Wahrheit-auf-den-Tisch-Legen (Beifall beim BZÖ), so wie wir uns das wünschen und wie sich das auch die Ratingagenturen wünschen.

Vor allem weiß ich nicht, wovor oder vor wem Sie Angst haben, wenn Sie ohnehin ar­gumentieren, dass die Ratingagenturen, die die österreichische Bonität beurteilen, das alles – den enormen Schuldenstand und das Verstecken dieser vielen Schulden – schon eingepreist haben. Vor wem haben Sie Angst? Dann legen Sie gleich die gesamten Schulden auf den Tisch und unterrichten Sie die Öffentlichkeit darüber, wie hoch die Schuldenentwicklung tatsächlich ist!

Wir brauchen nicht nur einen Zahlungsstopp für marode Länder und Banken, sondern wir brauchen endlich auch Privatisierungsmaßnahmen. Wir müssen Privatisierungs­schritte setzen, damit wir einen freien Markt entwickeln können, beispielsweise auch im Bereich der Energiewirtschaft. Beim Verbund ist ja nur Rot und Schwarz dabei, alles zuzudecken und keinen wirklich freien Energiemarkt zuzulassen.

Wir brauchen eine Steuerreform. Jetzt sagen Sie so vollmundig: Ja, Sie sind bereit, eine Steuerreform vorzubereiten – und wissen ganz genau, dass Sie den Beweis nicht antreten müssen, weil Ihnen die Nationalratswahlen dazwischenkommen werden. Das ist auch Tarnen und Täuschen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Das ist nicht die Wahrheit sagen.

Sagen Sie, Sie wollen keine Steuerreform! Sagen Sie, Sie bringen sie nicht zustande, weil SPÖ und ÖVP in ihren Vorstellungen so weit voneinander entfernt sind, dass es keine Steuerreform geben kann und geben wird – das ist die Wahrheit! –, und ver­pflichten Sie sich endlich einmal auch dazu, die Wahrheit anzusprechen. (Beifall beim BZÖ. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Zusammenfassend: Wenn Sie Ihre Politik so fortsetzen, führt das geradewegs in den Abgrund, und dafür kann eine Wirtschaftspartei nicht stehen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Hagen hält eine orangefarbene Tafel mit der Aufschrift „Genug gezahlt!“ in die Höhe.)

11.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Dr. Fekter zu Wort. – Bitte. (Abg. Grosz: The Minister of Finance!)

 


11.23.58

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Kollegen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Zuhörer! Wir beraten hier gerade das Bundesfinanzrahmengesetz. Das ist ein Planungsgesetz für das Budget der nächsten Jahre bis 2015, und für diesen Vierjahreszeitraum haben wir uns in der Regierung kla­re Ziele gesetzt. (Abg. Grosz – auf die Galerie weisend –: Fürs Protokoll: Die Besucher verlassen fluchtartig den Plenarsaal!)

Wir sind mit diesem Vierjahresplan vorbildlich in Europa, weil derzeit gerade im Euro­päischen Parlament auch beratschlagt wird, ob nicht andere europäische Länder ein ähnliches Gesetz haben sollten (Abg. Bucher: Deutschland hat das auch!), durch das sie verpflichtend die Ausgaben für die nächsten vier Jahre deckeln und damit einen Pfad für die Zukunft beschreiten. – Daher bin ich stolz darauf, dass wir in Österreich die­ses Instrument schon haben.

Mit diesem Instrument werden wir drei wesentliche Ziele verfolgen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 54

Erstens: Defizitreduktion bis 2015 auf 2 Prozent. Damit wachsen die Staatsausgaben langsamer, also in einer flacheren Kurve, als das Bruttoinlandsprodukt – wir haben ja derzeit ein Bruttoinlandsprodukt von über 4 Prozent.

Neben der Defizitreduktion und der Schuldenbremse sind weitere Ziele Wirtschafts­wachstum und Arbeitsplätze. Wir müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, damit das gelingt, denn die Arbeitsplätze sichern den Wohlstand in diesem Land. (Abg. Mag. Kogler: Und dafür stellen Sie sich hier herein: um so etwas zu er­zählen?) – Und wir haben dazu, Herr Kogler, ganz gezielt Offensivmaßnahmen be­schlossen.

In diesem Pfad, in diesem Vierjahresprogramm, werden wir offensiv Investitionen in die Forschung setzen, in die thermische Sanierung, in den Ausbau der Ganztagsbetreuung unserer Kinder und in die Neue Mittelschule. Wir haben für diesen Pfad offensiv fest­gelegt, dass Investitionen in die Zukunft Priorität haben sollen – und Investitionen in die Zukunft, das ist alles, was unsere Kinder, Bildung, Forschung und Innovation betrifft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Kogler: Gummibärli!)

Neben Defizitreduktion und Wirtschaftswachstum sind uns selbstverständlich auch die Reformen ein großes Anliegen (Abg. Petzner: Die haben Sie abgesagt! Die haben Sie abgesagt: Presse-Interview; ich habe es gelesen!), denn sonst können wir diesen Vier­jahrespfad nicht einhalten. Nein, Herr Petzner, das haben Sie nicht verstanden, oder Sie haben nicht zugehört. Ich habe die Reformen beschleunigt! (Abg. Bucher: Wel­che? – Abg. Grosz: Wären Sie nur bei der Kieberei geblieben! Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) Ich warte nicht auf den „Big Bang“ und lehne mich zurück (Abg. Grosz: Fast schon wie der Großruck!), sondern ich habe gesagt, Step by Step, kontinuierlich. Und so einen Schritt, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir mit den Län­dern bereits auf Schiene. (Abg. Grosz: Frau Ministerin, was ist ein „Big Bang“? – Abg. Dr. Strutz: Was ist ein „Big Bang“?)

Wir haben mit den Ländern den Stabilitätspakt beschlossen, und wir haben mit den Län­dern das Pflegeprogramm mit dem Pflegefonds beschlossen, und das ist die größte Re­form, die wir in den letzten Jahren gemeinsam mit den Ländern geschafft haben. (Bei­fall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Frau Minister, was ist ein „Big Bang“?)

Im Stabilitätspakt haben wir die Länder dazu verpflichtet, dass sie auch einen Ausga­bendeckel einführen, dass sie auch Budgetdisziplin walten lassen und dass sie nicht vermehrt Haftungen übernehmen, wie beispielsweise das Land Kärnten, Herr Petzner, Haftungen übernommen hat, die das Land Kärnten niemals wird zahlen können (Abg. Petzner: Ja! Über das werden wir heute noch diskutieren!), was dann wieder dem Bund auf den Schultern lastet. (Abg. Kickl: Kennen Sie die Haftungen der anderen Länder? Das ist ja abenteuerlich!) Daher ist dieser Stabilitätspakt so ein Schritt, den ich machen möchte, wenn ich Schritt für Schritt die Reformen beschleunige. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweitens: Neben dem Stabilitätspakt haben wir einen Ausgabendeckel eingeführt. Vier Jahre lang wissen die Ressorts, alle Ministerkollegen, bereits, wie viel Geld sie zur Ver­fügung haben und, Herr Petzner, ich lege Ihnen diese Lektüre (die Rednerin hält den Strategiebericht in die Höhe) ans Herz. Lesen Sie den Strategiebericht, denn genau darin steht für jedes einzelne Ressort geschrieben, welchen Konsolidierungspfad das Ressort einschlägt und vor allem, welche Reformmaßnahmen in den Ressorts passie­ren. Damit werden wir Schritt für Schritt die Verwaltungsreformen beschleunigen (Abg. Kickl: Noch schneller? Noch schneller?) und den Staat Österreich sukzessive moder­nisieren. Wir sind hier auf einem sehr guten Weg. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Was ist ein „Big Bang“, Frau Ministerin? Welche Erfahrungen haben Sie mit „Big Bang“?)

Neben Ausgabendeckel und Stabilitätspakt mit den Ländern ist das dritte Maßnahmen­projekt, das mit diesem Finanzrahmen verbunden ist, das neue Haushaltsrecht.


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Das neue Haushaltsrecht ermöglicht den Ressorts, den Ministerinnen und Ministern, dass sie Geld eigenverantwortlich ausgeben, aber auch eigenverantwortlich in Rückla­gen parken, wenn sie sagen: Nein, nicht heuer, sondern nächstes Jahr brauchen wir das! – Sie können damit für Projekte ansparen und das Geld effizienter ausgeben. Das Phänomen des „Dezemberfiebers“, Geld noch schnell auszugeben, weil man sonst den Budgetposten verliert, gehört der Vergangenheit an. (Abg. Bucher: Das haben wir doch eh alle beschlossen! – Abg. Kickl: Jetzt referiert sie, was sie als Referat gehalten hat am ersten Tag im Finanzministerium!) Und die Ressorts haben alle, Gott sei Dank, haushaltsrechtlich gut gewirtschaftet und Rücklagen gebildet. Daher bin ich sehr zuver­sichtlich, dass der Defizitpfad sukzessive nach unten gehen wird und wahrscheinlich sogar rascher, als wir vorsichtig geplant haben. (Abg. Grosz: Und was ist jetzt der „Big Bang“?)

Das Vierte ist der Strategiebericht, den ich schon erwähnt habe, mit all den Einzelmaß­nahmen, die hierin schriftlich festgehalten worden sind. – Herr Grosz, der „Big Bang“ ist beispielsweise das, was der Konvent hier in diesem Haus abgeliefert hat. (Abg. Bu­cher: Um Gottes willen!) Ich war ja Parlamentarierin, ich bin ja im Verfassungsunter­ausschuss gesessen, wo wir ganz große Reformen beraten, aber eben nicht fertigge­bracht haben. Daher habe ich in meiner politischen Arbeit gelernt: Man kommt schnel­ler ans Ziel, wenn man sukzessive, Schritt für Schritt, die jeweiligen Reformen angeht (Beifall bei der ÖVP) – und nicht wartet, Herr Grosz (Abg. Bucher: Step by Step! No problem! – Abg. Grosz: The Minister of Finance – and not the Minister of Kieberei!), bis dieses Hohe Haus die gesamte Staatsreform auf Schiene bringt, denn dazu braucht man auch Verfassungsmehrheiten, und gerade die Opposition verweigert sich sehr häufig bei Verfassungsmehrheiten! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Hofer: Das ist überhaupt nicht wahr! Das ist eine glatte Lüge! – Abg. Grosz: In English, please! In English! – Abg. Mag. Kogler: Die einzigen Verweigerer sind die Landeshauptleute, vor allem die von der ÖVP! – Legen Sie einmal etwas vor!)

 


Präsident Fritz Neugebauer (das Glockenzeichen gebend): Den Schlusssatz, bitte.

 


Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (fortsetzend): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Sie se­hen, diese Bundesregierung hat einen klaren Pfad für vier Jahre vorgelegt, der uns sta­bile Finanzen bescheren wird, der uns den Defizitabbau beschert, der uns sukzessive die Modernisierung des Staates vorantreiben lässt. Und wir haben auch ein gutes Ein­vernehmen mit den Ländern – das beweisen der Stabilitätspakt und der neue Pflege­fonds. Die Pflege ist nämlich etwas, das den Menschen wirklich am Herzen liegt, und wir haben das für die nächsten Jahre gelöst. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der SPÖ. – Abg. Kickl: Das hat man gemerkt bei den Einstufungen! – Abg. Grosz: Können wir jetzt wissen, was ein „Big Bang“ ist?)

11.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


11.32.49

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wissen Sie, Frau Bundesministerin, das „step by step“ (Abg. Grosz: Ein gefährliches Wort!) klingt unheimlich toll, und Sie haben schon recht: Wenn man Schritt für Schritt vorgeht, dann kann man vielleicht etwas erreichen. Aber Frau Bundesministerin und Herr Bundes­kanzler, bei der Reformunwilligkeit dieser Regierung und bei dem Arbeitseifer dieser Regierung werden Sie das Resultat des ersten Schrittes wahrscheinlich selber gar nicht mehr erleben, weil in der Zwischenzeit nämlich Neuwahlen stattfinden und Sie das Amt nicht mehr bekleiden werden. Das wird das Problem sein, vor dem Sie stehen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Frau Bundesminister Fekter, Ihr Amtsvorgänger hat bei der Budgetrede hier erklärt: Das Schlimmste, was in diesem Land passiert, ist, Schulden zu machen. Und: Schul­den zu machen ist eine Verantwortungslosigkeit gegenüber unseren Kindern und En­kelkindern. – Ich sage Ihnen eines: Das unterschreibe ich voll und ganz. Aber das, was Sie hier vorlegen und was auch schon im Budget 2011 vorgelegt wurde, heißt ja nichts anderes, als dass Sie selbst permanent etwas anderes sagen, als Sie tun.

Sie wissen, dass Sie es bereits im Jahr 2011 – trotz Sparmaßnahmen, trotz eines Spar­pakets und Belastungspakets – nicht geschafft haben, auch nur annähernd ausgegli­chen zu bilanzieren, sondern Sie machen im Jahr 2011 7,6 Milliarden € zusätzliche Schulden, im Jahr 2012 9,4 Milliarden € zusätzliche Schulden, im Jahr 2013 6,9 Milliar­den zusätzliche Schulden, im Jahr 2014 5,1 Milliarden € zusätzliche Schulden und im Jahr 2015 4,3 Milliarden € zusätzliche Schulden. Das heißt, Sie schaffen es mit diesem Budgetrahmen, bis zum Jahr 2015 die jetzt ohnehin schon exorbitant hohe Schulden­last Österreichs noch um zusätzliche 33,5 Milliarden € zu erhöhen beziehungsweise zu verschärfen.

Da ist noch nicht eingerechnet, dass das ESVG ab dem Jahr 2014 die ausgelagerten Schulden miteinbeziehen wird. Das heißt, dann kommen die ausgelagerten Schulden aus der Bundesimmobiliengesellschaft, aus der ASFINAG, aus den ÖBB, all das noch dazu, und dann sind wir bei einem Verschuldungsgrad von 90 Prozent des Bruttoin­landsprodukts. Dazu kann man dieser Bundesregierung nur „gratulieren“. Nur weiter so! Ich bin gespannt, wie lange sich das die österreichische Bevölkerung noch gefallen lassen wird, denn bevor Sie diese 90 Prozent erreichen, müssen Sie nämlich gegen­steuern, und Gegensteuern heißt bei Ihnen und bei dieser Bundesregierung nichts an­deres als zusätzliche Belastungen in steuerlicher Form und zusätzliche Einsparungen, und zwar genau in den Bereichen, wo sie völlig falsch sind: bei den Familien, bei den Sozialleistungen. Und genau das wird sich die österreichische Bevölkerung nicht ge­fallen lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Glauben Sie mir: Die österreichische Bevölkerung ist nicht so dumm, wie Sie meinen. Die österreichische Bevölkerung weiß ganz genau, weil sie es nämlich jeden Monat an ihren Einnahmen merkt, was auf sie unter dieser Bundesregierung bereits zugekom­men ist und was auf sie in weiterer Folge noch zukommen wird. Es wird weiterhin Be­lastungen geben, und, und, und.

Dann sage ich Ihnen noch etwas zu diesem Buch, von dem Sie gesagt haben, das müssen Sie gelesen haben. Das ist der Strategiebericht zu diesem Tagesordnungs­punkt, den wir heute behandeln. Unter „Strategie“ verstehen wahrscheinlich viele in diesem Hohen Haus, aber vor allen Dingen auch ich und vor allem auch die Wirtschaft etwas anderes. Eine Strategie sollte vorgeben, wie es in Zukunft, in den nächsten Jah­ren weitergeht, welche Maßnahmen geplant sind, um gegenzusteuern. Was Sie hier aber bringen, das sind nur Floskeln, das sind nur Allgemeinphrasen, die Sie von Jahr zu Jahr aufs Neue wiederholen. Ich kann Ihnen dazu gerne ein paar Beispiele nennen.

Wenn Sie glauben, dass die Wirtschaft das, was Sie in den nächsten Jahren noch vor­haben, verkraften wird, dann lesen Sie die heutige Ausgabe der „Tiroler Tageszeitung“, wo der Boss der Industriellenvereinigung, Veit Sorger – er ist Ihrer Partei ja wahr­scheinlich nicht ganz unbekannt – ganz klar die Fakten auf den Tisch legt: Österreich fällt in der Wettbewerbsfähigkeit immer weiter zurück. Und zwar ist Österreich zwi­schen dem Jahr 2010 und 2011 in der Wettbewerbsfähigkeit von Rang 14 auf Rang 18 zurückgefallen. Und in der Effizienz der Regierung – und jetzt hören Sie einmal gut zu! – brach diese Regierung seit 2007 von Platz 10 auf Platz 27 ein. – Na, ich gratuliere herz­lich!

Während Sie reden von: Wir sind die Besten, wir kommen gut voran, wir machen alles ausgezeichnet; der Wirtschaft geht es gut, und wenn es der Wirtschaft gut geht, dann


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geht es allen gut!, sagt Ihnen das Ihr Industriellenvereinigungsboss Veit Sorger! Und das ist nachzulesen, das sind Statistiken, die aufliegen.

Das ist genau das Programm dieser Regierung: belasten, weiter Schulden machen – obwohl man immer das andere sagen wird –, und ich bedauere jetzt schon unsere Kin­der und Enkelkinder, wenn sie einmal das ausbaden müssen, was Sie hier veranstal­ten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann Ihnen abschließend nur sagen: Diese Bundesregierung ist das personifizierte Unheil für den österreichischen Staat und für dessen Bevölkerung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe der Missbilligung bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Grillitsch – zu dem auf seinen Sitzplatz zurückkehrenden Abg. Themessl –: „Einen schönen Abend noch“!)

11.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


11.38.49

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Meine Herren Bundesminister und Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Einer der führenden deutschen Politiker, Lothar Späth, hat einmal eine bemerkenswer­te Rede gehalten, die unter dem Titel stand: Fast allen geht es gut, und fast jeder ist unzufrieden. – Unter diesem Motto könnte man auch die heutige Debatte und die all­gemeine Situation in Österreich darstellen. Denn: Wer heute Bucher und Strache oder Strache und Bucher zugehört hat, der hört die Vergangenheit. – Meine Damen und Herren! Die politischen Kinder Jörg Haiders: fast so laut, aber nur halb so gut. Das kann man durchaus einmal festhalten. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neu­bauer: Ja, aber du auch!)

Von diesem Format, meine Damen und Herren, sind die beiden noch weit weg. Und bemerkenswert ist ja der Zweikampf der ehemals politischen Brüder Strache und Bu­cher. Aber ich kann dem Herrn Bucher garantieren: Diesen Wettbewerb hat er schon lange verloren.

Ja, meine Damen und Herren, die Herausforderung im Zusammenhang mit diesem Budgetrahmen, das sei unbestritten, ist durchaus gewaltig. Die Auswirkungen dieses finanzpolitischen, wirtschaftspolitischen Tsunamis, ausgelöst durch die Nichtsanierung der amerikanischen Investmentbank, sind immer noch spürbar – unterschiedlich, das sei festgehalten: in Österreich deutlich besser bewältigt. Und das ist durchaus bemer­kenswert. Wir stehen sozialpolitisch, arbeitsmarktpolitisch, wirtschaftspolitisch, gesund­heitspolitisch und in vielen anderen Bereichen wesentlich besser da, auch wenn wir nicht überheblich und auch nicht eingebildet sein wollen.

Die Fakten sprechen für sich, das sind Tatsachen, und ich frage mich, was es denn bringen soll, dass man die eigenen Leistungen dieses Staates, der Unternehmer, der Facharbeiter ständig heruntermachen will, ständig herunterreden will. Es ist, meine Da­men und Herren, Tatsache, dass diese Regierung in dieser Finanz- und Wirtschafts­krise schnell die richtigen Maßnahmen gesetzt hat. Ja, und es ist auch unbestritten, dass diese Maßnahmen viel Geld gekostet haben. Daher führt jetzt, da die Konjunktur durchaus wieder sichtbar positive und deutlich bessere Ergebnisse erzielt, kein Weg an einer Sanierung vorbei. Defizit- und Schuldenabbau ist notwendig, Stabilisierung ist an­gesagt. Die Maßnahmen der Regierung sind deutlich gemacht worden.

Meine Damen und Herren, betrachten wir aber auch einmal die Behauptungen der Blauen und ihrer orangen Ableger, Schlagworte wie: zu wenig ambitioniert, nicht durch­dacht, falsche Maßnahmen, das Defizit beklagt, die Schuldenmacher, die Zinsen stei­gen, alles sei explosiv. – Man sollte sich einmal die Vorschläge der Freiheitlichen anse­hen, meine Damen und Herren! (Der Redner hält ein Schriftstück, auf der eine Graphik


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zu sehen ist, in die Höhe.) Wir haben im laufenden Jahr ein Budgetdefizit – hier sicht­bar – von knapp 8 Milliarden €. Würde man die FPÖ-Wünsche mit ihrem Volumen von knapp 9 Milliarden € dazu nehmen, würde dies 16 Milliarden € ergeben. – So viel zur Wahrheit, meine Damen und Herren! Und zusätzlich 6 Milliarden € insgesamt mehr an Defizit. (Abg. Neubauer: Aber die Einsparungen haben wir nicht dabei! Die Einsparun­gen, von denen sagen Sie nichts!) – 9 Milliarden weniger Steuereinnahmen ergeben nun einmal die 9 Milliarden, da können Sie deuteln und erklären, was Sie wollen.

Und wenn Sie es nicht glauben: Ich habe Ihre gesammelten Anträge hier (der Redner hält die erwähnten Schriftstücke in die Höhe), Ihre gesammelten Anträge und Wün­sche. Wenn Sie es brauchen, dann stelle ich es Ihnen zur Verfügung. Wir können es Ih­nen auch vorrechnen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Hier sind diese Anträge! (Der Redner hält diese neuerlich in die Höhe.) Hier sind alle blauen Anträge! – So wird es nicht funktionieren: ein Bündel an Forderungen, an Be­hauptungen und Unterstellungen aufzustellen und gleichzeitig dann immer noch mehr zu fordern.

Eure Prognosen, die kennen wir. Zur Erinnerung: Hier werden die Regierung bezie­hungsweise die Regierungsparteien als EU-Sekte dargestellt. – Die erste „Sekte“ dies­bezüglich – wenn man schon in dieser Diktion bleiben würde –, die ohne Wenn und Aber zur Europäischen Union wollte, war die FPÖ. Erinnern Sie sich noch, meine Da­men und Herren? (Abg. Strache: Ein Blödsinn! Weil wir immer für ein Europa der Va­terländer eingetreten sind! – Der größte Unsinn, den Sie da verzapfen!) Aber aus popu­listischen Gründen haben Sie eine Kehrtwende gemacht. Aus populistischen Gründen – nachvollziehbar! Schämen Sie sich! Das wäre wesentlich besser, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Fichtenbauer: Wie von euch noch behauptet worden ist, ein EU-Bei­tritt ist unmöglich, haben wir das schon im Parteiprogramm gehabt!)

Was wurde denn dann alles behauptet: Portugiesische Arbeiter würden den österrei­chischen Arbeitsmarkt überschwemmen, „Blutschokolade“ wurde als Schreckgespenst dargestellt – und jetzt haben Sie, meine Damen und Herren, die „Pleite-Griechen“ ent­deckt. – Ja, da gibt es tatsächlich Probleme. (Abg. Strache: Das ist ein zentralistisches Europa, was Sie verursachen, nicht ein föderalistisches!)

Meine Damen und Herren, Herr Strache, Sie sollten den Kommentar in der vorgestri­gen Ausgabe des „Standard“ unter dem Titel „Die Pleite-Griechen“ lesen. Der Verfas­ser meinte damit nicht die Griechen, sondern das südliche Bundesland Kärnten, wo Sie durchaus Verantwortung tragen. (Abg. Strache: Ah geh! Wo ihr einer bayerischen Bank mit österreichischen Steuergeldern aus der Patsche geholfen habt?) – Mehr sei Ihnen nicht ins Stammbuch geschrieben. Das genügt, meine Damen und Herren. (Ruf bei der FPÖ: Jakob Auer, der Raiffeisen-Lobbyist!)

Festzuhalten ist, und das haben auch die Experten im Hearing bestätigt (Abg. Strache: Hat Ihnen der Herr Konrad die Rede geschrieben?): Der Bundesfinanzrahmen ist eine realistische Grundlage, er ist ein Planungsgesetz, das auf soliden Annahmen beruht. Und, meine Damen und Herren, es ist bemerkenswert, dass die mit den Bundeslän­dern erzielten Ergebnisse in der Pflegefinanzierung und der Stabilitätspakt ebenfalls deutliche Ergebnisse sind.

Gerade dieses Planungsgesetz, dieses Bundesfinanzrahmengesetz hat ein Bundesmi­nister, nämlich Willi Molterer, auf die Bühne gebracht. Es ist ihm zu danken, es ist vor allem auch dem Sektionschef Steger zu danken. Es ist international die Benchmark. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Krainer.)

11.44


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 59

11.44.40

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mit­glieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe ZuschauerInnen und Zuhörerinnen und -hörer! Zahlen sind sehr nüchtern, lösen selten Emotionen aus. Wenn man nicht In­sider ist, entsteht, wenn Zahlen heruntergebetet werden, weder Angst noch Freude oder sonst etwas. Anders verhält es sich mit den Begriffen „Glaubwürdigkeit“, „Ehrlichkeit“ und „Vertrauen“. Das hat aber auch etwas mit dem Budget und seinen Zahlen zu tun.

Die Regierung predigt seit Monaten, dass Investitionen in Bildung und Forschung In­vestitionen in die Zukunft sind. Und jetzt schauen wir uns einmal an, was das mit Glaub­würdigkeit, Ehrlichkeit und Vertrauen zu tun hat: Diese Aussagen stimmen mit der Wirklichkeit überhaupt nicht überein! Ich würde mir von einer Regierung wünschen, dass sie Tatsachen, Fakten zur Kenntnis nimmt, dass sie sich an Ratschläge und Kritik jener Räte hält, die sie sich selber zur Beratung auserwählt hat – das tut sie nicht –, und dass sie die Wahrheit sagt. (Beifall bei den Grünen.)

Vor Kurzem haben wir hier die österreichische Forschungsstrategie dargelegt bekom­men – eine schöne Glanzpostille mit vielen vernünftigen, guten Ansätzen für Lehre und Forschung. Aber: Keine einzige Seite dieses Papiers ist in diesem Budget finanziell ab­gesichert! Das ist eine reine Ankündigung – und von Ankündigungen kann eine Repu­blik, können Betroffene im Prinzip nicht leben. (Bundesministerin Dr. Fekter: Aber eine Planung ist immer eine Ankündigung!) – Eine Planung ist schon schön, aber man möchte auch die Verwirklichung eines Planes erleben. Wenn Sie anderer Meinung sind, dann sind Sie hier fehl am Platz. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben ein Rahmengesetz gemacht, das einmal umgesetzt werden soll. Wenn Sie Gesetze machen, die nicht umsetzbar sind, dann schließen wir doch hier den Laden – oder das Parlament, um höflicher zu sein!

Oder Sie teilen hier Papiere aus – das Bundesfinanzrahmengesetz und Budgethefte –, und die Opposition kriegt andere Hefte als Sie! Oder steht da nicht überall das Gleiche drinnen? Die Wahrheit ist: Nominell sinkt das Universitäts- und Fachhochschulbudget in den nächsten Jahren dieses Bundesfinanzrahmenplanes. Was ist das für eine Inves­tition in die Zukunft, was ist das für eine Förderung und Wertschätzung von Lehre und Forschung? – Keine, sage ich Ihnen, wirklich keine! (Beifall bei den Grünen.)

Ich bin jetzt seit Wochen an verschiedenen Unis unterwegs, mache eine Art Uni-Tour­nee und habe einige Unis besucht – ich will sie gar nicht alle aufzählen. Gestern war ich in Graz an der Hauptuni. 25 Leute – Rektor, Vizerektor, alle Dekane, alle Vertretun­gen von Studierenden, Mittelbau, ... (Abg. Amon: Wann waren Sie gestern in Graz?) – Ich war gestern Nachmittag in Graz, und Vormittag auch. (Abg. Amon: Da war Natio­nalratsplenum! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja! Ich war nicht am Fußball­platz, sondern an den Universitäten, was auch meine Aufgabe ist. (Beifall bei den Grü­nen.)

Der Herr zukünftige Rektor Engl sagt, allein der Uni Wien fehlen hier und heute 150 Mil­lionen €. – Die Uni Wien braucht in etwa ein Siebentel des Budgets aller Unis, weil sie so groß ist. Das heißt, de facto bräuchten wir eine Uni-Milliarde. Rektor Sünkel sagt, nicht einmal der Status quo – der an vielen Universitäten nicht der großartigste ist – kann gehalten werden, wenn nicht 300 Millionen € zusätzlich kommen.

Was haben wir zu den Universitäten gesagt – und das steht sogar in der Zeitung, Sie können die APA lesen –: Investitionsstopps an verschiedenen Unis, keine neuen Inves­titionen. Ein Rektor sagt mir, bei nicht mehr Geld kann er nichts Neues machen. Die Regierung verlangt von den Universitäten Weltklasse, Exzellenz, Elite, von Studieren­den, brav und schnell und tüchtig zu lernen, aber sie stellt die Mittel nicht zur Verfü­gung, die das ermöglichen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 60

Anbahnungsfinanzierungen für EU-Projekte, höre ich in Salzburg, wurden ersatzlos ge­strichen. Welche Verlässlichkeit haben unsere ForscherInnen in der internationalen Sze­ne? Sie predigen Mobilität – aber Anbahnungsprojekte werden nicht mehr finanziert! Publikationsförderungen – Kostenzuschüsse für Publikationen, Habilitationen, Forschungs­publikationen – werden um 50 Prozent reduziert, nächstes Jahr auf null! Das ist ein schwe­rer Schlag für Geistes- und Kulturwissenschaften, die davon leben. Wollen Sie, dass junge ForscherInnen den Verlagen die Bücher zahlen, die sie drucken? – Ich sa­ge Ihnen, das ist ein Wahnsinn! (Beifall bei den Grünen.)

An der Bodenkultur sagt Rektor Gerzabek, er muss sich überlegen, zwei Studienrich­tungen zu schließen – ebenso Investitionsstopps. (Abg. Hörl: Einen neuen Minister ha­ben wir!) – Der neue Minister? – Der neue Minister braucht Geld. Und die Ministerin, die Geld hat – Österreich ist kein armes Land –, heißt Fekter. Zur Erinnerung, Herr Kol­lege. (Beifall bei den Grünen.)

An den Medizinischen Universitäten werden die Nachtdienste reduziert. Ich habe er­lebt, wie es ist, wenn man in der Nacht für 200 Leute in 200 Betten zuständig ist, teil­weise allein. Konsiliardienste wurden gestrichen; ein Internist muss am gesamten Areal von der Chirurgie bis zur Haut Konsiliardienste machen, hat aber selbst seinen Ar­beitsplatz an einer ganz anderen Klinik. Es fehlen Stellen. Im AKH und in vielen ande­ren Krankhäusern sind Geräte bereits veraltet, diese müssen erneuert werden, aber es ist kein Geld da.

Der Rektor der Medizinischen Universität Wien sagt, es werden wahrscheinlich Plan­posten abzubauen sein. Der Forschungsfonds sagt, in Österreich greift die Halbtags­forschung um sich. Und mit Halbtagsforschung sind Sie international nicht Spitze! Still­stand, Rückschritt. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Ich bringe daher einen Abänderungsantrag ...

 


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege, das geht jetzt nicht mehr, die Redezeit ist aus. Es sind noch fünf Rednerinnen und Redner Ihrer Fraktion zu Wort gemeldet. Ich bitte Sie, diesen Antrag später einzubringen.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (fortsetzend): Das werden wir sicher machen. Wir ziehen ihn jedenfalls nicht zurück. (Beifall bei den Grünen.)

11.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Krainer. – Bit­te. (Abg. Krainer – auf dem Weg zum Rednerpult –: Danke für den Doktor! Der ist er­funden!)

 


11.51.15

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Kollege Grünewald, der Antrag ist ja verteilt worden – hohe Sympathien dafür. Wenn Sie aber sagen, wir legen hier ein Gesetz vor, in dem nominell das Budget sinkt, dann muss ich dem entgegenhalten, laut Ihrem Antrag sinkt es auch nominell. Das allein kann noch nicht das Argument sein. Natürlich, es sinkt von 4,078 Milliarden 2013 auf 4,030 Milliarden 2014 und 4,029 ... (Abg. Mag. Kogler: Das ist ja das Kompromissangebot! Darum geht es ja!)

Wo Sie völlig recht haben, ist, für die neuen Leistungsvereinbarungen ist das Geld noch nicht budgetiert, ist die Erhöhung noch nicht budgetiert. (Abg. Mag. Kogler: Ja wozu machen wir dann einen Finanzrahmen?) Wir beginnen auch Verhandlungen nicht da­mit, dass man sagt, so und so viel Geld gibt es mehr (Abg. Mag. Kogler: Dann verges­sen wir den Finanzrahmen!) und jetzt verhandeln wir darüber, sondern wenn Sie den Finanzrahmen genau ansehen, dann werden Sie sehen, dass Geld dafür reserviert ist. (Abg. Mag. Kogler: Wo?) – Dort, wo die Opposition glaubt, dass zu wenig budgetiert ist, ist in Wirklichkeit ein Polster, wenn Sie es genau anschauen. In der Rubrik 5 wer­


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den Sie es finden, wenn Sie es genau anschauen, und sehen, dass Geld genau für die­sen Punkt da ist. (Abg. Mag. Kogler: Bitte schön, wieder Intransparenz!)

Ich finde, die Debatte war heute bis jetzt durchaus spannend. Wir haben gemerkt, die FPÖ hat selbst drei Säulen der Budgetpolitik, nämlich gegen Schulden, gegen mehr Ein­nahmen und gegen weniger Ausgaben. Es ist ganz interessant, wie so etwas jemals funktionieren soll. Also nicht mehr Einnahmen, keine Steuererhöhungen, keine Ausga­benkürzungen, aber trotzdem keine Schulden machen, das ist ein durchaus  (Abg. Neubauer: Das ist der beschränkte Horizont des Herrn Krainer!) – Sehr beschränkt, da haben Sie recht, das ist sehr beschränkt, was Sie hier vorschlagen.

Wenn Sie das Bundesfinanzrahmengesetz anschauen, dann sehen Sie vor allem im Vergleich zu dem, was wir vor einem Jahr hier debattiert haben, da gibt es wirklich drei Säulen, nämlich mehr Einnahmen, weniger Ausgaben und weniger Schulden, und gleichzeitig auch Offensivmaßnahmen. Das ist in Wirklichkeit das, was Sie hier sehen. Wir sind ganz bewusst in Richtung mehr Einnahmen gegangen, indem wir gesagt ha­ben: Ja, Menschen, die ein leistungsloses Einkommen zum Beispiel durch Aktienspe­kulation haben, sollen einen gerechteren Beitrag zahlen als heute. Ja, Stiftungen sollen mehr Steuern zahlen. Ja, internationale Konzerne sollen mehr Steuern zahlen. Mehr Steuereinnahmen, das ist verwirklicht – und das ist gut so.

Ja, wir haben auch Ausgabenkürzungen vorgenommen, Ausgabenkürzungen, die auch massiv kritisiert worden sind, wobei ich für Kritik an manchen dieser Ausgabenkürzun­gen durchaus Verständnis habe. Und ja, es muss jeder auch einen Beitrag leisten, da­mit wir nach der Krise, aus der wir in Österreich relativ gut herausgekommen sind, auch unser Budget in Ordnung bekommen. Ein Danke an alle Gruppen, die einen Beitrag da­zu leisten, dass wir am Ende des Tages zu diesen Budgetzahlen kommen.

Und ja, es wird weniger Neuverschuldung geben, sie sinkt kontinuierlich. Heuer sind es 4 Prozent, in zwei Jahren wird sie auf 3 Prozent sinken und 2015 auf 2 Prozent. Opti­misten sagen, aufgrund der guten Wirtschaftslage können wir heuer sogar um die 3 Pro­zent, in zwei Jahren um die 2 Prozent und 2015 zirka 1 Prozent erreichen. In dieser Bandbreite wird sich das abspielen. Jedoch gibt es auf dieser Basis – das sage nicht nur ich, sondern da darf ich den ÖVP-Experten beim Budgethearing zitieren – keinen Spielraum für Steuersenkungen. Das sehe ich auch so, es gibt keinen Spielraum für Steuersenkungen. Das haben wir bereits gemacht, das darf man nicht vergessen.

Wir haben vor zwei Jahren für jene, die für ihr Einkommen arbeiten, die Steuern ge­senkt. Und ja, wir haben im Dezember die Steuern für jene erhöht, die ein leistungslo­ses Einkommen haben, zum Beispiel für Aktienspekulation haben wir die Steuern er­höht. Das halten wir jedenfalls für den richtigen Weg. (Beifall bei der SPÖ.)

Das nächste Standbein, das Sie im Bundesfinanzrahmengesetz auch noch sehen kön­nen, sind die Offensivmaßnahmen, nämlich mehr Geld für die außeruniversitäre For­schung, Kollege Grünewald, 80 Millionen mehr im Jahr, bis inklusive 2015 mehr Geld für Bildung. Für den Ausbau der Ganztagsbetreuung finden Sie in diesem Budget mehr Geld, für Pflege, mehr Geld für thermische Sanierung. Hier sehen Sie auch ganz klar die Offensivmaßnahmen, die es geben soll, nicht nur Ausgabenkürzungen, sondern es wird auch offensiv in die Zukunft investiert. Das halten wir auch für gut und für richtig.

Und als Letztes: Es gibt auch zwei Punkte, das muss man offen ansprechen, eigentlich drei, wo wir noch Probleme sehen. Das eine ist die Finanzierung der Gemeinden. Da müssen wir schauen, wie es den Gemeinden durch die erhöhten Steuereinnahmen jetzt geht. Aber etwas, was wir sicher im Auge behalten müssen, ist die Finanzierung der Ge­meinden.

Was wir unbedingt im Auge behalten müssen, ist der Arbeitsmarkt. Wir haben zwar eine der niedrigsten Arbeitslosenraten in Europa, diese ist aber für unsere Verhältnisse noch immer zu hoch.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 62

Und das Dritte, worauf wir achten müssen, ist, dass bei dem, was in der nächsten Haus­haltsrechtsreform kommen soll, nämlich bei Gender Budgeting, die Regierung noch ein bisschen etwas dazulegen sollte. Dazu wird Kollegin Silhavy noch mehr sagen. – Dan­ke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


11.56.38

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Das Bun­desfinanzrahmengesetz liegt vor. Dazu liegt auch eine Absichtserklärung vor, die sich Strategiebericht nennt, die schöngefärbt ist, wo man all das, was Sie hier an schönen Worten gefunden haben, wiederfindet. Aber das Problem dabei ist, dass die Umset­zung im Bundesfinanzrahmengesetz geldmäßig nicht abgebildet wurde. Das ist so, wie wenn Sie sich ein schönes Auto kaufen, aber dazu keinen Treibstoff. Dann können Sie es ansehen, können darüber sprechen, wie schön es ist, aber Sie können damit nicht fahren.

Sie haben bei diesem Bundesfinanzrahmengesetz keine klaren Schwerpunkte gesetzt. Sie reden von Forschung, Wissenschaft und Bildung, in Wirklichkeit kürzen Sie dort. Wir reden aber auch vom Ausbau erneuerbarer Energiequellen, aber man findet in die­sen Budgetzahlen nichts dazu.

Ganz im Gegenteil: Wenn Sie bei der Forschung von Ausbau reden, stelle ich fest, dass vom Jahr 2012 bis zum Jahr 2015 in den betroffenen Rubriken unter den Ti­teln 31, 33, 34 in Summe 170 Millionen abgebaut werden. Also ein Minus im For­schungsbereich und im Wissenschaftsbereich. In Deutschland etwa, wo man ein Spar­paket mit 80 Milliarden erdulden, ertragen muss, baut man zum selben Zeitpunkt die Wissenschaft mit 12 Milliarden aus. Diese Ansätze fehlen mir hier. (Beifall beim BZÖ.)

Da frage ich mich, wo die strategische Planung, der Weitblick dieser Regierung ist, denn man muss auch in schlechten Zeiten sogenannte Stars entwickeln, um einmal Cashcows zu haben. Und Bildung, Wissenschaft und Forschung sind Stars, die wir ent­wickeln müssen, um daran letztlich auch langfristig partizipieren zu können.

Zur Steuerquote. Sie sagen, da sind wir im Mittelfeld. Ganz im Gegenteil! Die Abga­benquote wird sich von 42,4 auf 42,8 Prozent erhöhen. Der Primärsaldo, ein weiterer Kritikpunkt – das ist jener Saldo im Budget, der, wenn man die Schuldentilgung weg­lässt, übrig bleibt –, bleibt negativ, war negativ, bleibt negativ. Warum? – Weil Sie kei­ne Strukturreformen durchführen.

Die Wirtschaftsprognosen: Sie bemühen ein Institut der Regierung, das Wifo, aber sonst kein weiteres. Die Inflationsentwicklung wird nicht mehr erwähnt, im letzten Be­richt war sie noch dabei. Warum? – Weil Sie Angst haben, dass die Inflation steigen wird. Sie wird auch steigen aufgrund Ihrer Banken-, Griechenland- und Euro-Rettungs­schirm-Pakete, und damit wird natürlich auch die Inflation steigen. Somit wird das gan­ze Paket nicht mehr halten. Sie setzen auf Zahlen, Sie setzen auf Sand. All das, was Sie hier vorlegen, wird nicht durchführbar sein. (Beifall beim BZÖ.)

Oder die Zinsen: Denken Sie daran, dass Sie rund 10 Milliarden an Zinsen zurückzah­len! Das ist das Dreifache des Wissenschaftsbudgets. Ich weiß, was mit dem Herrn Wissenschaftsminister geschehen wird – genau dasselbe wie mit dem Nicht-ÖVP-Mit­glied Bandion-Ortner. Der Herr Wissenschaftsminister wird Fakten vorlegen, er wird gescheite Dinge fordern, und die eigene Finanzministerin wird ihm den Geldhahn ab­drehen. Und irgendwann wird er im Ausgedinge sitzen und nicht mehr dabei sein, weil er einfach nichts mehr durchsetzen kann. Das ist eine unehrliche Politik, die wir nicht unterstützen. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 63

Liebe ÖVP, weil gerade Zwischenrufe kommen, Sie setzen immer auf Fakten und Zah­len und konkrete Daten. Ich glaube, die „Financial Times“ von heute bringt Zahlen, Da­ten und Fakten, liebe Kollegen von der ÖVP!

Und da steht eines drinnen – ich zitiere, weil Sie immer sagen, das Rating Österreichs sei so gut, Willem Buiter, er ist Chefökonom der Citigroup, der heute ganz klar sagt –:

Die Topnoten bei den Ratingagenturen hat Österreich nicht verdient. (Zwischenbemer­kung von Bundesministerin Dr. Fekter.)

Frau Finanzministerin, wir haben diese Topnoten nicht verdient! Und Sie behaupten, es wäre alles eingerechnet, die Schulden, die Haftungspakete. Ganz im Gegenteil! Wir ha­ben die Topnoten nicht verdient; Sie lügen sich hier eigentlich nur in die eigene Tasche. (Beifall beim BZÖ.)

Oder, heute auch bekannt geworden: Das Schweizer Institut IMD vergleicht den Stand­ort Österreich ... (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Ostermayer.) – Herr Staatssekretär, der Standort Österreich wird von einer renommierten Schweizer Agen­tur beurteilt – nicht von mir, vom BZÖ, und da kommt heraus, Herr Staatssekretär, dass wir bei diesem Standortvergleich von Platz 11 auf Platz 17 abgeglitten sind. (Abg. Stra­che: Das in dieser kleinen Schweiz!)

Und jetzt kommt es erst! Wissen Sie, was noch viel schlimmer ist? – Das ist die Regie­rungseffizienz. Dieselbe Schweizer Agentur sagt, dass diese Regierung bei der Regie­rungseffizienz von Platz 10 auf Platz 27 abgeglitten ist. Das sagt nicht das BZÖ. Also urteilen Sie selbst darüber, was bei dieser Regierung los ist!

Zu den Banken, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich glaube, dass Herr Treichl in der Grundanalyse Recht hat; über die Wortwahl kann man diskutieren. Aber wer ur­teilt, muss auch selbst Vorbild sein, das sage ich ganz klar. Und wenn die Erste Bank die Aufsichtsratsgagen verdoppelt, wenn die Raiffeisen Bank International ihre Vor­standsgehälter um 78 Prozent auf gewaltige 1,4 Millionen € im Jahr 2010 erhöht – im Vergleich: 2009 waren es 783 000 € –, dann erzeugt das Unmut, dann sagt der Wäh­ler, der Bürger zu Recht: Das ist eine Schweinerei! Und da gehört eingegriffen. (Beifall beim BZÖ.)

Wir Politiker haben uns auch selbst beschränkt. Wir haben die Politikergehälter einge­froren. Das muss auch für die Banken gelten, denn beim Bankenrettungspaket wurde vereinbart, dass die Gehälter der Bankvorstände auf ein angemessenes Maß zu be­grenzen sind. Dafür gibt es eine Verordnung, Frau Ministerin, und die werden Sie jetzt umsetzen. Wir vom BZÖ sind die Ersten, die das einfordern. Wir wollen Auskunft ha­ben, was Sie getan haben oder ob hier eine Vertragsverletzung seitens der Banken vorliegt, denen wir Kredite gewährt haben und die diesen Vertrag nicht einhalten.

Es kann nicht sein, dass sie auf der einen Seite Milliarden – und die zwei Banken, die ich genannt habe, haben in Summe rund 11 Milliarden Partizipationskapital und Haf­tungen vom Steuerzahler bekommen – erhalten und sich auf der anderen Seite die Ga­gen auf das Doppelte erhöhen. Das kann nicht sein. Daher wollen wir wissen, ob das angemessen ist, wie in dieser Verordnung selbst dargelegt.

Daher stelle ich abschließend nachstehenden Entschließungsantrag ...

12.02


Präsident Fritz Neugebauer: Das macht dann der nächste Redner Ihrer Fraktion (Hei­terkeit); Ihre Redezeit ist abgelaufen.

(Beifall beim BZÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Mag. Widmann.)

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 



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12.02.57

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Sehr geschätzte Damen und Herren! Wenn man die Diskussion heute und auch schon in den letzten Tagen verfolgt hat, hat man das Gefühl, dass sich die Opposition oder Teile der Opposition ganz bewusst auf den Euro-Rettungsschirm stürzen, denn offensichtlich haben sie zu wenig Kritikpunkte am vorlie­genden Bundesfinanzrahmengesetz.

Das hat sich auch im mehrstündigen Hearing im Budgetausschuss bestätigt. Dabei ha­ben nämlich auch die von den Oppositionsparteien genannten ExpertInnen den Bud­getkurs der Regierung im Großen und Ganzen bestätigt. (Abg. Strache: Das ist Reali­tätsverweigerung!)

So hat etwa Frau Dr. Barbara Kolm, eine Expertin der FPÖ, die vorliegenden Ansätze mit der Begründung begrüßt, dass sie rückläufige Defizite ab 2013 aufweisen und eine sinkende Schuldenquote ab 2014. Die thermische Sanierung und die Forschungsför­derung hat sie ebenso besonders positiv hervorgehoben, Herr Kollege. (Abg. Strache: Teilaspekte!)

Professor Rondo-Brovetto, vom BZÖ nominiert, stellte fest, dass die Richtung der Kon­solidierungspolitik richtig gewählt wurde.

Selbst Bruno Rossmann, der ja Kollege von uns hier im Haus war und Experte von den Grünen, sah den mittelfristigen Budgetpfad durch konjunkturelle Verbesserungen ge­prägt und beurteilte die zusätzlichen Mittel im Bereich Bildung, Pflege sowie Vorsorge für die höheren Zinsen als positiv.

Also es ist schon sehr interessant, wenn uns eigentlich auch die Experten, die von der Opposition nominiert worden sind, die Bestätigung geben, dass die Regierung auf dem richtigen Weg ist.

Herr Professor Lehner vom WIFO hat ebenfalls den Bundesfinanzrahmen als durchaus realistische Grundlage qualifiziert, der auf soliden Annahmen basiere. Der WIFO-Ex­perte Marterbauer hat das ebenfalls bestätigt.

Wesentlich sind die Punkte Wachstum, Beschäftigung und sozialpolitische Ziele, die in diesem Bundesfinanzrahmengesetz berücksichtigt worden sind.

Erwähnen möchte ich aber doch noch etwas, worauf Marterbauer aufmerksam ge­macht hat, nämlich dass die Erhöhung des Defizits nicht Folge der Verschwendungs­sucht des Staates sei, sondern der von den Banken ausgehenden Finanz- und Wirt­schaftskrise.

Dies möchte ich nur zur Erinnerung auch hier offiziell erwähnen, wenn man die Ver­doppelung der Aufsichtsratsgagen beurteilt oder sich die Aussagen von Herrn Treichl vor Augen führt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bundesfinanzrahmen bis 2015 dient dazu, die Nachhaltigkeit des Staatshaushaltes zu sichern, zugleich aber Spielräume für Zukunfts­investitionen zu schaffen.

Dank der guten Konjunktur bedarf es keines Sparpakets in Bundesbudgets, und das Offensivprogramm zugunsten von Bildung, Forschung und Entwicklung wird bis 2015 verlängert. Darüber hinaus sind zusätzliche Ausgaben für den Pflegefonds und die Neue Mittelschule vorgesehen.

Ich möchte aber an dieser Stelle doch noch einmal daran erinnern, dass gerade das gute sozialstaatliche österreichische System ein wesentlicher Stabilitätsfaktor für uns war und uns geholfen hat, die Krise besser zu bewältigen als andere Staaten. Darauf dürfen wir bei allen Konsolidierungsdiskussionen nicht vergessen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 65

Es ist auch außerordentlich wichtig, dass wir trotz im internationalen Vergleich guter Arbeitsmarktlage Investitionen in Ausbildungsplätze, vor allem im tertiären Sektor täti­gen, um Jugendarbeitslosigkeit weiterhin zu bekämpfen.

Wir werden uns auch damit auseinandersetzen müssen, dass der Faktor Arbeit entlas­tet werden sollte, dafür aber leistungsloses Einkommen durchaus mehr zur Finanzie­rung des Gemeinwesens beitragen sollte.

Zum Thema Chancengleichheit möchte ich darauf verweisen, dass wir seit 2009 eine gültige Staatszielbestimmung in der Verfassung haben, die besagt, dass bei der Haus­haltsführung die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Haushaltswesen anzustreben ist.

Positiv zu bewerten ist daher, dass der heurige Strategiebericht einen Abschnitt „Gen­der Aspekte“ enthält, in dem Pilotprojekte je Untergliederung angeführt sind.

Einmahnen will ich aber eine Grundlage für eine Bewertung des Staatsziels der Gleich­stellung von Frauen und Männern bei der Haushaltsführung. Hier müssten zuerst die Einnahmen und die Ausgaben des Staates hinsichtlich der Gleichstellungswirkung ana­lysiert werden. Erst daran kann man Strategien im Teilbereich und Gesamtbudget knüp­fen.

Wichtig werden daher in Zukunft messbare Darstellungen der angekündigten Erfolge sein, was ab 2013 in der zweiten Etappe der Haushaltsrechtsreform ja durch die Wir­kungsorientierung gegeben sein wird. Das wird dann ein weiterer Qualitätsschub im ös­terreichischen Haushaltsrecht sein, der sich unmittelbar und spürbar auf die Chancen­gleichheit von Frauen und Männern auswirken wird. (Beifall bei der SPÖ.)

12.08


Präsident Fritz Neugebauer: Ich weise darauf hin, wer Anträge einzubringen gedenkt: Eine Minute vor Ablauf der Redezeit beginnt das rote Licht zu blinken.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.08.13

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Weitere Regierungsmitglieder! Meine Damen und Herren! Wir haben bei jedem Budget, das in den letzten Jahren vorgelegt wurde, aber natürlich auch im Herbst beim Bundesfinanzrahmengesetz für die Jahre 2011 bis 2014 von der Oppo­sition immer wieder gehört: Die Prognosen sind falsch! Sie irren sich! Die Einnahmen werden sich nicht in dem Rahmen bewegen, wie sie vorliegen.

Ich kann Ihnen heute sagen, Sie haben sich geirrt, denn wenn wir sehen, dass bei­spielsweise beim vorläufigen Bundesrechnungsabschluss 2010 die Steuern gegenüber dem Voranschlag gestiegen sind, dass wir laut den Prognosen die Steuereinnahmen in den Jahren 2011 bis 2015 in Summe von 62,5 Milliarden auf 71,1 Milliarden steigern kön­nen, dann zeigt uns das nur eines, nämlich dass sich die Wirtschaft nach der Krise wieder erholt hat und dass die Regierung, die für diese Krisenbewältigung verantwort­lich war, mit Arbeitsmarktpaketen, mit Konjunkturpaketen gute Arbeit geleistet hat, mei­ne sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich verstehe natürlich Ihre Aufregung, weil Sie als Oppositionsparteien in Zeiten der Krise in Wirklichkeit ja nicht sehr viel erreicht haben. Sie haben sich zwar manchen Maßnahmen, wie beispielsweise der Bankenrettung, angeschlossen, aber dann haben Sie es auf der anderen Seite auch wieder abgestritten und das ganze System schlecht­geredet. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Ich glaube, dass sich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler überhaupt nichts vorzu­werfen haben und dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler von Ihnen nicht schlecht­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 66

gemacht werden müssen, denn sie sind es, die in Wirklichkeit all die Maßnahmen – sei es im sozialen Sektor, sei es im Bildungssektor, im Forschungssektor und in anderen Bereichen, auch bei den Pensionen –, dieses System finanzieren. Und diese Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler müssen nach einer soliden Konsolidierung, nach soliden Defizitschrumpfungen, nach solidem Schuldenabbau auch wieder von der Steuerlast be­freit werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, es ist ein Gebot der Stunde, auch die Rahmenbedingungen für Unterneh­men – kleine und mittlere Betriebe, aber natürlich auch die großen Unternehmen – in un­serem Lande weiter zu verbessern.

Es ist diesbezüglich sehr viel geschehen, aber als Arbeitnehmervertreterin möchte ich noch einmal anmerken – ich habe es schon oft vom Rednerpult aus getan –: Die öster­reichischen Unternehmerinnen und Unternehmer schaffen die Arbeitsplätze. Und nur so schaffen wir es, dass wir Zweitbester in Europa sind, was die Arbeitslosenzahlen betrifft. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Petzner.) – Herr Petzner, ich weiß nicht, was Sie an dieser Aussage nicht kapieren! (Abg. Petzner: Das hilft den Unter­nehmen nichts!)

Wir brauchen gute Rahmenbedingungen. Wir brauchen viele und bessere Arbeitsplät­ze, zukunftsträchtige Arbeitsplätze. Wir brauchen auch Arbeitsplätze für ältere Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer. Es wurde im Budget-Hearing von etlichen Experten angesprochen, dass die Leute länger in Beschäftigung bleiben müssen. Na selbstver­ständlich! Das faktische Pensionsantrittsalter muss angehoben werden. Das wissen wir, das ist ja gar keine Frage.

Wir brauchen in diesem Zusammenhang aber auch gute, solide und altersgerechte Ar­beitsplätze, damit die Menschen auch wirklich länger in Beschäftigung bleiben können. Viele Unternehmer – gerade mittlere und kleine Unternehmen – tun sehr viel, dass äl­tere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Arbeitsprozess bleiben können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Petzner: Und Sie tun nichts ...! Das ist der Punkt!)

Die Expertinnen und Experten – speziell die Experten, Herr Bruno Rossmann und Herr Dr. Marterbauer – haben beim Budget-Hearing gemeint, dass wir uns wirklich über Ver­mögenssteuern von der Substanz her Gedanken machen müssen. Dem kann ich sei­tens meiner Fraktion nur eine klare Absage erteilen. Wir brauchen keine Eigentums­steuer. Wir brauchen keine Enteignung des Eigentums von Leuten, die sich dornigst ei­ne Eigentumswohnung erspart haben oder sich dornigst ein Haus gebaut haben.

Wir brauchen auch keine Erhöhung der Grundsteuer, denn speziell in Wien würde ich mir doch einmal anschauen, ob die Stadt Wien als größter Vermieter die Grundsteuer nicht als Betriebskosten an die Mieterinnen und Mieter weiterwälzen würde. Das wollen wir nicht. Dem erteilen wir eine klare Absage. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Gegenteil: Wir müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler entlasten. Wir müs­sen die Steuer vereinfachen, und wir müssen es schaffen, dass sich Leistung wieder lohnt. Dafür werden wir arbeiten und dafür steht die Frau Finanzministerin. Das ist gut so.

Selbst wenn es die Opposition nicht glauben will: Was die Verwaltungsreform betrifft (Die Abgeordneten Grosz und Petzner: Abgesagt!), sind das kleine Schritte, die suk­zessive umgesetzt werden. Der große Wurf würde wahrscheinlich eher Personalabbau seitens des öffentlichen Dienstes betreffen. Das heißt, wir brauchen Schritt für Schritt eine Verwaltungsreform. Es ist schon viel getan, und vieles wird noch geschehen. (Bei­fall bei der ÖVP.)

12.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vilimsky. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 67

12.13.25

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Frau Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die eigentliche Themenstellung hier wäre der Bud­getrahmen gewesen, aber vonseiten der Regierungsfraktionen wurde immer wieder die Frage thematisiert, wer denn nun in diesem Haus ein guter Europäer und wer ein schlechter Europäer ist. Die guten Europäer sind jene, die all das, was aus Brüssel kommt, mehr oder minder abnicken, und die schlechten sind jene, die in dieser Phase des sehr, sehr angespannten Budgetthemas Kritik üben.

Ich will für meine Fraktion eines in aller Deutlichkeit festhalten: Es ist richtig, dass wir – wie es hier thematisiert wurde – die Ersten in diesem Hohen Haus waren, die sich für ein gemeinsames Haus Europa ausgesprochen haben, ein Europa vom Atlantik bis zum Ural, bestehend aus gleichberechtigten Partnern, die auf Augenhöhe zueinander Frieden dauerhaft absichern, wirtschaftliche Prosperität garantieren, aber auch darauf achten, dass ihre Selbständigkeit nicht verloren geht. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ab dem Vertrag von Maastricht hat für uns die Phase der Kritik begonnen, die über die Einführung der gemeinsamen Währung, die ohne Volksabstimmung durchgegangen ist, fortgesetzt wurde. So richtig aus war der Ofen mit dem Vertrag von Lissabon. Jetzt, wo diese Europäische Union zu einer ge­meinsamen „Schuldenunion“ transformiert wird, ist erst recht der Ofen aus. Da muss es erlaubt sein, Kritik zu üben.

Ebenso ist das beim Euro der Fall. Wenn wir heute von den beiden Regierungsfraktio­nen gescholten werden, dass wir den Euro kritisieren und nur schlechtreden, darf ich Ihnen entgegenhalten: Es sind nicht wir, die den Euro schlechtreden, eine Krise herbei­reden, sondern das ist längst Thema in der internationalen Berichterstattung.

Schauen Sie die heutigen Zeitungen an! In der „Welt“ etwa steht: „Die Euro-Krise wird immer brisanter“. Schauen Sie in die „Neue Zürcher Zeitung“, wo drinsteht, dass Aus­tritte verschuldeter Länder nicht mehr undenkbar sind. Und schauen Sie etwa ins „Han­delsblatt“, wo drinsteht, Griechenland würde 60 Jahre brauchen, um den Schuldenberg abzutragen, wenn man sämtliche Zinszahlungen erlässt.

Frau Finanzministerin, Ihr Vorschlag, dass man vielleicht Zinsen erlässt, würde über­haupt nichts bringen. Da macht sich ein Fass ohne Boden auf. Man kann das österrei­chische Budget mit Sicherheit nicht ernsthaft planen, wenn man die Frage von Europa nicht mit einbezieht. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie von der ÖVP sagen ja immer: Es ist gut und wichtig, hier sind wir in einer Gemein­schaft, hier werden wir gehört, hier können wir mitreden und sind nicht allein! – In Wirk­lichkeit ist das nicht der Fall.

Erinnern Sie sich an das Treffen jüngst in Schloss Senningen in Luxemburg auf Einla­dung des Herrn Euro-Gruppen-Vorsitzenden Juncker, der gemeinsam mit den Finanz­ministern von Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien unter Beisein des EU-Wäh­rungskommissars und des EZB-Chefs Trichet das Griechenlandpaket von 60 Milliarden mehr oder minder verhandelt hat. Österreich war nicht eingeladen. Sie, Frau Finanzmi­nister, waren als Repräsentantin dieser Republik nicht eingeladen.

Daraus ist zu schließen: Wir werden a) nicht ernst genommen, können b) nicht wirklich mitbestimmen, dürfen aber c), wenn es darum geht, zu zahlen, ganz vorne stehen. Das ist nicht dieses Europa, wie es aus österreichischer Sicht eigentlich sein sollte. (Beifall bei der FPÖ.)

Eines zum Thema Euro, der ja so hervorragend sein soll, der uns Prosperität und wirt­schaftlichen Wohlstand gebracht haben soll, ist in diesem Zusammenhang auch nicht zu verschweigen: Ich habe mir die Produktion im Euroraum und den Verlauf der Geld­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 68

menge M3 im Euroraum angeschaut. Die Produktion im Euroraum ist in den letzten zehn Jahren um 4 Prozent gestiegen, die Geldmenge M3 allerdings um 72 Prozent. (Abg. Dr. Lichtenecker: Und was ist mit ...?)

Jeder weiß, dass dann eine stabile Währung gegeben ist, wenn die Produktion im Gleichgewicht mit der Geldmenge ist. Die Geldmenge ist aber immer mehr hinaufge­schraubt worden, im Schnitt um 7 bis 10 Prozent pro Jahr. Das heißt auch, dass das Geld pro Jahr weniger wert geworden ist. (Abg. Strache: Jetzt sollte der Herr Kogler aufpassen, der nicht da ist, leider Gottes! Wo ist er denn?) Damit erklären sich auch solche Dinge, die heute vom Kollegen Stadler, glaube ich, erwähnt worden sind, dass man sich nämlich, wenn man heute Preise in der Gastronomie umrechnet, nur wundern kann, dass man für das Schnitzel 150 S, 160 S bezahlt und für das Gulasch 180 S und mehr bezahlt. Da ist die Kaufkraft verloren gegangen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Geldmenge ist erhöht worden, auf der anderen Seite die Produktion gleich geblie­ben. Das heißt nichts anderes, als dass unser Wohlstand über zehn Jahre hinweg per­manent heruntergefahren wurde, die Kaufkraft gesenkt wurde (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen) und in Wirklichkeit der Euro alles andere als eine Erfolgsge­schichte ist.

Da wundert es auch nicht, wenn bei diesem Treffen in Luxemburg, das ich erwähnt ha­be, der Vorsitzende der Euro-Gruppe, der ertappt wurde, nachdem er zuerst dementiert hat, dass es überhaupt solch ein Treffen gibt, nachher unumwunden zugegeben hat: Na ja, eine ehrliche Lüge war da vonnöten, denn die Börse in New York hat ja noch offen gehabt! (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Ich frage mich: Wie viel Lüge braucht diese gemeinsame Währung noch, um überhaupt irgendwo erhalten werden zu können? (Beifall bei der FPÖ.)

Der Herr Präsident gibt mir das Schlusszeichen. Ich sage, es ist wichtig, hier die rot-weiß-roten Interessen primär zu behandeln. Bitte behandeln Sie die Frage Euro und Europäische Union nicht auf religiöse Art und Weise, sondern ganz pragmatisch! (Bei­fall bei der FPÖ.) Die Europäische Union ist ein Verein, und die Währung ist auch eine Angelegenheit, aus der man notfalls die richtigen Konsequenzen ziehen muss. – Dan­ke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


12.19.15

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Regierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie haben heute davon gesprochen, dass wir Investitionen in die Wirtschaft brauchen, um Arbeits­plätze zu sichern und zu schaffen, und haben die Investitionen in die Zukunft ange­führt. Ich gebe Ihnen recht, wir brauchen natürlich Investitionen in die Zukunft. Wir brauchen Investitionen in die Bildung, von den Kindergärten bis hin zu den Universitä­ten, in die Forschung und natürlich einmal mehr intelligente Investitionen in Klima- und Umweltschutz.

Nur, wo sind die, Frau Ministerin? – Wenn wir die Unis und die Forschung ansehen, dann sehen wir, es fehlen uns Hunderte Millionen Euro. Und beim Umweltbudget wur­de überhaupt eine drastische Kürzung vorgenommen.

Um gleich bei den Universitäten zu bleiben, bringe ich den Antrag, der bereits verteilt wurde, ein, nämlich den Abänderungsantrag der Abgeordneten Kogler, Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Runter von der Bildungsbremse“.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 69

Ja, die Universitäten sollen entsprechend den Vorschlägen der Universitätskonferenz ab dem Jahr 2013 zusätzlich 300 Millionen € jährlich erhalten, um den Lehr- und den For­schungsbetrieb entsprechend aufrechtzuerhalten.

Meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, wir appellieren an Sie, genau diesen An­trag heute zu unterstützen.

Zur Forschung: Auch Kanzler Faymann hat angeführt: Ja, ja, es ist wichtig, die Rah­menbedingungen für die Unternehmen zu sichern, insbesondere die Forschung zu un­terstützen!

Wir tun so, als wäre Österreich im internationalen Spitzenfeld – dem ist nicht so. Die Budgets der letzten Jahre haben dazu geführt, dass wir abgerutscht sind und bei Inno­vationsrankings bestenfalls im Mittelfeld liegen. Meist sind wir schon abgeschlagen. Den­noch wird davon geredet, in die Spitze vorzustoßen.

Wie sieht die Realität aus? – Die Realität sieht so aus, dass in diesem Budgetfahrplan die Bereiche Wissenschaft und Forschung jetzt noch 5,9 Prozent der Gesamtausgaben ausmachen, und das wird auf 5,6 Prozent heruntergefahren.

Frau Ministerin, erklären Sie uns doch: Wie soll das mit der Forschung weitergehen? Wie soll das mit diesem Zukunftsbereich in dieser Form weitergehen?

Wir glauben, da braucht es jetzt einen Investitionsschub und tatsächlich mehr an Inves­titionen, um diesen Bereich zu sichern, um die Unternehmen, die Arbeitsplätze und ins­besondere auch die interessanten außeruniversitären Forschungseinrichtungen und die spannenden Projekte, die diese haben, und die interessanten Produkte, die sie entwi­ckeln, und die Arbeitsplätze, die Sie schaffen, zu sichern.

Ein Bereich, der so dringlich wäre – nämlich genau jetzt! –, wird auch darunter leiden, nämlich die Energieforschung. Magere 80 Millionen € wird es dafür geben, und weit und breit ist nicht mehr Geld dafür in Sicht. Alle reden von den intelligenten Netzen, von den E-Mobility-Projekten und so weiter, und wo sind die Ressourcen dafür? Das alles wird uns mittelfristig großen Schaden zufügen, denn die Unternehmen, die in diesem Bereich in Österreich sehr gut arbeiten, werden an Konkurrenzfähigkeit verlieren, wenn hier nicht massiv investiert wird.

Zum Klimaschutz, wo wir ohnehin schon weit abgeschlagen sind: Da geht jetzt die Re­gierung her und wird in den nächsten vier Jahren noch einmal das schon sehr niedrige Budget um beinahe ein Viertel kürzen.

Bundesminister Berlakovich ist ja heute hier und wird uns erklären, wie wir weiterhin im Klimaschutz und im Umweltschutz arbeiten werden. Das ist auf jeden Fall der falsche Weg. Es drohen Strafzahlungen von 1 Milliarde €, Herr Minister! Das ist das wahre Problem, dass nicht bereits in den letzten Jahren begonnen wurde, in den Klimaschutz zu investieren und damit die Ressourcen vor der Haustür zu nutzen und in Österreich auch Arbeitsplätze zu schaffen.

Natürlich, wir reden von der Zukunft, und wir haben heute sehr viele junge Menschen bei uns zu Gast, denen ich auch ein herzliches Willkommen sage! Wir reden von der Zukunft, von den Zukunftsinvestitionen. Der Budgetfahrplan der nächsten vier Jahre sieht nicht danach aus. Zukunft braucht ein festes, ein stabiles Fundament, eine gute Basis. Das, was wir hier haben, ist ein sandiger Boden, ein Treibsand. Frau Ministerin, was Sie hier vorgelegt haben, ist ein Zukunftsstopp, was wir aber brauchen, ist grünes Licht für die Zukunft. (Beifall bei den Grünen.)

12.24


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag ist eingebracht, verteilt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 70

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kogler, Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Runter von der Bildungsbremse“, zum Bericht des Budgetausschusses über die Regierungs­vorlage (1174 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 2012-2015 (1199 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz mit dem das Bundesfinanzrah­mengesetz 2012 bis 2015 erlassen wird (BFRG 2012-2015) in der Fassung des Berich­tes des Budgetausschusses (1174 dB) wird wie folgt geändert:

1.

In §1 lauten die Obergrenzen für Ausgaben der Rubrik 3 „Bildung, Forschung, Kunst und Kultur“ folgendermaßen:

Rubrik

Bezeichnung

Jahr (Beträge in Millionen €)

 

 

2012

2013

2014

2015

3

Bildung, Forschung,
Kunst und Kultur

12.273,971

12.342,100

12.398,700

12.539,191

2.

In §2 lauten die Obergrenzen für Ausgaben der Untergliederung 31 „Wissenschaft und Forschung“ folgendermaßen:

Untergliederung

Bezeichnung

Jahr (Beträge in Millionen €)

 

 

2012

2013

2014

2015

31

Wissenschaft und Forschung

3.810,632

4.078,800

4.030,400

4.029,267

Begründung

Bildung ist die zentrale Entwicklungsressource unserer Gesellschaft. Anstatt so wie in Deutschland trotz Konsolidierungserfordernissen in diesen Zukunftsbereich zu investie­ren kürzt die Bundesregierung mit dem vorliegenden Entwurf zum Bundesfinanzrah­mengesetz bei den Universitäten in den Jahren 2012 bis 2015 von 3.811 Milliarden auf 3.729 Milliarden Euro. Der vorliegende Antrag möchte diese Bildungsbremse beenden und den Universitäten entsprechend den Vorschlägen der Universitätenkonferenz ab 2013 mit zusätzlichen 300 Mio. Euro jährlich eine sinnvolle finanzielle Basis ermögli­chen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte. (Abg. Strache: Gibt es jetzt wieder eine Schweigeminute?)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 71

12.24.37

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr ge­ehrten Fernsehzuschauer und Gäste hier im Saal! (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Schweigeminute?) Frau Minister, Sie haben sich heute um Griechenland Sorgen ge­macht, Sie haben sogar Ihre Hilfestellung angeboten. (Abg. Silhavy: Heute ohne Schwei­geminute?) Sie wollen den Griechen Hilfestellung geben, um ihre Finanzen in Ordnung zu bringen, um ihr Budget in Ordnung zu bringen.

Jetzt frage ich, Frau Minister: Gibt es in Österreich nichts zu tun? Haben Sie in Öster­reich nicht genug Arbeit, die österreichischen Finanzen in Ordnung zu bringen? (Abg. Eßl: Herr Kollege, eine Schweigeminute!) Das stimmt schon, die Griechen haben Schul­den über Schulden gemacht, aber was machen wir? Wir machen auch Schulden über Schulden. Und Sie wollen sogar bis zum Jahr 2015 weiter Schulden machen.

Das muss man sich einmal vorstellen, Frau Minister! Sie stellen sich allen Ernstes hier her und sagen: Wir machen eine Strategie für die nächsten vier Jahre!, und in dieser Strategie steht drinnen, dass wir bis zum Jahr 2015 weiter Schulden machen werden. Sogar im Jahr 2015 wollen wir noch 2 Prozent zusätzlich Schulden machen und den Schuldenberg noch mehr aufblasen.

Da frage ich: Ist es das, was wir von Ihnen erwarten? Erwarten wir von Ihnen, dass Sie einfach so weitermachen wie bisher, dass Sie einfach immer mehr Schulden machen?

Wir sind in einer Lage, wo wir ja nicht einmal mehr die Zinsen bezahlen können. Das muss man sich einmal vorstellen! Der österreichische Staat kann die Zinsen nicht mehr bezahlen und musste allein für die Zinsen neue Kredite aufnehmen. Jede private Firma wäre da sofort pleite.

Aber wir machen bis zum Jahr 2015 so weiter, weil Sie das so wollen, und werden allein im Jahr 2015 10 Milliarden € nur für Zinsen bezahlen – Tendenz stark steigend, wenn die Zinsen sich so weiterentwickeln, wie das alle vermuten.

Also, Frau Ministerin, glauben Sie, dass das wirklich das ist, was wir von Ihnen erwar­ten? Wollen wir, dass Sie einfach so weitermachen wie bisher? Und wollen wir, dass Sie uns genauso gefährden wie Griechenland?

Griechenland hat über seine Verhältnisse gelebt. Griechenland hat Schulden gemacht. Wir wollen sicherlich nicht von Ihnen, dass Sie das Gleiche wie die Griechen machen, dass Sie den Griechen das nachmachen, sondern wir wollen, dass Sie mutig sind. Und da muss ich Herrn Treichl recht geben; nicht was die Dummheit, sondern was den Mut betrifft. Die Politiker haben keinen Mut – und Sie haben schon gar keinen Mut.

Mutig wäre es gewesen, wenn Sie ein Budget vorlegen, einen Rahmen vorlegen, mit dem Sie die Schulden endgültig in den Griff bekommen. (Abg. Strache: Aber er hat Mut für eine Schweigeminute! – Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Sie haben selbst gesagt, Schulden sind unsozial. Deshalb müssen diese Schulden in den Griff bekom­men werden. (Beifall beim BZÖ.) Wenn Sie einen Finanzrahmen bis 2015 machen und diese Schulden nicht in den Griff bekommen, dann sind Sie fehl am Platz.

Noch etwas zu den selbst ernannten Feuerwehrleuten hier. Heute haben einige gesagt, wenn ein Feuerwehrmann einen Brand in einem Dorf sieht, dann kommt er und löscht. Das stimmt so nicht. Sprechen Sie mit einem Feuerwehrmann! Ein Haus, das hoff­nungslos verloren ist, wird nicht gelöscht. Was gelöscht wird, sind die umliegenden Ge­bäude. Die werden gelöscht, damit der Brand nicht übergreifen kann. Aber das Haus an sich wird eben nicht gelöscht. (Abg. Grosz: Das Problem ist, dass wir es mit Brand­stiftern zu tun haben!)

Und genau so ist es mit Griechenland: Griechenland steht in Vollbrand, Griechenland muss nicht gelöscht werden. Die umliegenden Gebäude müssen gelöscht werden. (Bei­fall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 72

Wir liegen auch in der Umgebung. Und deshalb brauchen wir das Geld hier in Öster­reich, wir brauchen das Geld nicht in Griechenland. Griechenland ist de facto pleite. Jeder Experte hat das schon begriffen. Es hat sich bis zu Ihnen noch nicht durchge­sprochen, Frau Ministerin! Sie wissen es noch nicht: Griechenland ist pleite. Für Grie­chenland können wir nichts mehr tun. Was Sie jetzt machen, nämlich das Geld den Griechen nachzuwerfen, sozusagen ein Haus zu löschen, das nicht mehr zu löschen ist, und das Wasser zu verschwenden, das wir für uns brauchen, ist fahrlässig, Frau Minister! Allein in den fünf Minuten, die ich heute hier spreche (Abg. Grillitsch: Schwei­gen Sie bitte!), werden wir wieder 11 400 € nach Griechenland überweisen, Geld, das wir nie wieder sehen werden. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Bis Sie es begriffen haben, dass Griechenland pleite ist, werden wir in Summe 3 Mil­liarden € überwiesen haben – und da spreche ich noch gar nicht von den Haftungen. Das kommt noch oben drauf.

Frau Minister, wenn Sie schon mir nicht glauben: Herr Stefan Homburg vom Institut für Öffentliche Finanzen, also jemand, der nicht erst seit gestern im Finanzministerium sitzt, hat gesagt, dass es keine Frage des Wollens ist, ob Griechenland pleite ist oder nicht, sondern eine Frage der Mathematik. Das heißt, es ist unausweichlich, dass Griechen­land den Bach hinuntergeht.

Die Frage ist nur: Wollen wir da dabei sein? Wollen wir mitmachen? Und wollen wir un­ser sauer verdientes Steuergeld dabei einsetzen?

Frau Minister, es mag durchaus sein, dass die Mathematik für Sie nicht gilt! Das mag durchaus sein. Aber für die Steuerzahler wird sie gelten, die Mathematik. Die Steuer­zahler werden die Milliarden an neuen Steuern aufbringen müssen. Frau Minister, den­ken Sie um! Denken Sie in erster Linie an die Steuerzahler, und machen Sie sich weni­ger Sorgen um Griechenland! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)

12.29


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berla­kovich. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.30.00

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich ist es ein per­manentes Ringen, um den Staatshaushalt zu konsolidieren. Die Auswirkungen der Fi­nanzkrise, der Weltwirtschaftskrise waren ja dabei nicht unterstützend, im Gegenteil, sie haben auch für den österreichischen Staatshaushalt eine große Herausforderung dargestellt, weil es darum gegangen ist, Österreich aus der Krise herauszuführen, die Wirtschaft zu unterstützen, damit es einen Aufschwung gibt, dass die Arbeitsplätze nicht verloren gehen. Und das Ergebnis liegt ja auf dem Tisch: Österreich ist eines der reichsten Länder der Welt und teilt sich in Bezug auf die Arbeitslosigkeit mit Holland den Spitzenplatz, was positiv für die Menschen in diesem Land ist und was auch in Zu­kunft weiter verfolgt werden muss.

Hinzu kommen neue Herausforderungen, etwa dass die Schulden der ÖBB in den Staatshaushalt eingegliedert wurden und dass diverse andere Dinge anfallen. Steigen­de Zinsen haben einen zusätzlichen Konsolidierungsbedarf mit sich gebracht, und da­her ist es wichtig, dass man dieser Entwicklung gegensteuert, damit nicht das eintritt, was in Griechenland, in Irland, in Spanien, in Italien, Belgien beispielsweise geschehen ist. Eben aus Verantwortung für den Steuerzahler, der hier beschworen wird, machen wir das, die österreichische Bundesregierung, der Bundeskanzler, die Finanzministerin, damit wir dem Steuerzahler ordentliche Bedingungen garantieren. Natürlich geht es bei der Rettung Griechenlands darum, nicht in erster Linie Griechenland zu unterstützen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 73

sondern uns selbst auch etwas Gutes zu tun, nämlich den Euro zu sichern, damit Kauf­kraft zu sichern – für die Menschen in Österreich und in Europa. Und dazu bekennen wir uns. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Finanzministerin hat die Ziele formuliert, und da gilt die volle Unterstützung, näm­lich zum einen der Defizitabbau und der Tritt auf die Schuldenbremse. Weniger Schul­den machen, gleichzeitig aber trotzdem Wirtschaftswachstum ermöglichen und eben auch Arbeitsplätze in einer Zeit des Aufschwungs sichern – und diesen sicherstellen als zweites Ziel. Und Strukturreformen bleiben immer auf der Tagesordnung. Die ma­chen wir in den Ministerien. Wir haben sie bereits eingeleitet und führen diese im Ver­bund der Ministerien auch durch, auf Bundesebene auf jeden Fall, aber sie sind natür­lich auch immer Thema in Besprechungen mit den Bundesländern, um bei verschie­denen Gesetzesmaterien – in meinem Bereich beispielsweise Wasserrechtsgesetz un­ter anderem – Bürokratie abbauen und damit Abläufe erleichtern zu können.

Das alles bringt es mit sich, dass auch mein Sektor Landwirtschaft und Umwelt von der Konsolidierung betroffen ist. Der Finanzrahmen für den Agrarbereich sieht 33,5 Mil­lionen € vor, für den Umweltbereich 27,8 Millionen €. Und dazu stehen wir auch, dass wir diesen Konsolidierungsweg mitgehen. Es ist oberstes Ziel für mich, dass wir die agrarischen Ökoprogramme sichern, dass die Leistungen der Bäuerinnen und Bauern, die sie für ihre Höfe, aber auch für die Gesellschaft erbringen, abgegolten werden. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Die Gesellschaft erwartet sich zum einen, dass die Bauern hochwertige Lebensmittel produzieren. Es gibt einen steigenden Bedarf an Lebensmitteln in der Welt, der ist evi­dent, durch eine wachsende Weltbevölkerung. Aber gleichzeitig erwartet sich die Ge­sellschaft, dass wir auf die Umwelt Rücksicht nehmen, Boden, Luft, Wasser sichern, Landschaft erhalten und pflegen – im Sinne des Tourismus. Auch ein Punkt der wirt­schaftlichen Entwicklung. (Beifall des Abg. Hörl.)

Daher ist es notwendig, die Leistungen abzugelten, und daher war es wichtig, die EU-Zahlungen aus den Kürzungen herauszunehmen, um diesen Pfad nicht zu gefährden, die Verpflichtungen der Bauern, die sie eingegangen sind und die sie jährlich erbrin­gen, auch abzugelten. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Herausforderungen für den Agrarsektor sind groß. Ich habe erwähnt: steigende Weltbevölkerung, steigender Lebensmittelbedarf, aber parallel dazu wächst das Ange­bot an Lebensmitteln nicht, denn der Klimawandel mit enormen Ernteausfällen weltweit bringt es mit sich, dass wir einen Nachholbedarf haben. Dann kommt die Spekulation dazu, mit der teilweise extreme Rohstoff- und Preisspekulationen einhergehen.

Ziel muss es sein, dass sich die Menschen ordentlich ernähren können, zu leistbaren Preisen, dass wir aber gleichzeitig eine Landwirtschaft haben, die ökologisch und nach­haltig ist. Kommissionspräsident Barroso hat im Übrigen den Weg gelobt, den wir in Ös­terreich im Agrarsektor gehen. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Zum Umweltbereich: In Verbindung damit ist die große Konsequenz, dass wir raus aus der Atomkraft wollen, hin zu erneuerbaren Energien, bis hin zu einem energieautarken Österreich. Daher werden wir diese Bereiche nicht kürzen. (Abg. Strache: Dann end­lich raus aus dem Euratom-Vertrag! Das wäre einmal an der Zeit. – Präsident Neuge­bauer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Das wollen wir in Europa vorantreiben, und wir sind gerade mit Kommissar Oettinger am Verhandeln darüber. Wir wollen ordentliche Stresstests für die Atomkraftwerke, kei­ne Weißwaschung der Atomlobby, sondern ein klares Bekenntnis zur Sicherheit für die Menschen in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Den Schlusssatz, bitte!

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 74

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (fortsetzend): Denn ein aktiver Klimaschutz und Um­weltschutz bringt neue Arbeitsplätze, Green Jobs. Das wollen wir nutzen im Sinne ei­nes wirtschaftlichen Aufschwungs. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Staatssekretär Mag. Schieder für gleich­falls 4 Minuten zu Wort. – Bitte.

 


12.35.00

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Herr Präsident! Werte Kollegen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wo steht Österreich wirtschaftspolitisch in Tagen wie diesen? Es haben gerade die letzten Redner wieder über Griechenland gesprochen. Nehmen wir uns aber einmal kurz die Zeit und schau­en wir: Wo steht Österreich in Tagen wie diesen?

Wir haben ein Wachstum, das wiedergekehrt ist, das über dem Durchschnitt der Euro­zone liegt. Das heißt, wir liegen besser bei unseren Wachstumsquoten als die Eurozo­ne und als viele andere Staaten in der Europäischen Union.

Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union, und ich füge hin­zu, dass wir auch im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit, die mir besonders am Herzen liegt, vorbildhaft liegen. Jeder jugendliche Arbeitslose ist uns einer zu viel. Wir kämpfen auch dafür, dass es noch weniger werden, müssen aber gleichzeitig sagen, dass wir hier im europäischen Vergleich gut liegen.

Wir haben ein Pro-Kopf-BIP von über 40 000 Dollar und sind eines von sechs Triple A-Ländern innerhalb der Europäischen Union.

So gesehen kann man sagen: Wir haben richtig reagiert in der Krise und wir kommen jetzt auch wieder mit dem richtigen Weg aus der Krise heraus. Natürlich ist ein stabiler Finanzhaushalt, ein stabiler Budgethaushalt wichtig, aber genauso wichtig ist uns auch, Raum zu schaffen für Handlungsfähigkeit und für Zukunftsinvestitionen.

Diesen Kurs, den wir für die nächsten vier Jahre festgelegt haben, haben uns auch alle Expertinnen und Experten im Budgethearing – nicht nur die von der Regierung nomi­nierten, sondern auch die von der Opposition nominierten – im Grunde bestätigt. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Wir haben einen nachvollziehbaren Budgetkurs. Heuer kommen wir unter 4 Prozent De­fizit, 2013 unter 3 Prozent, 2015 auf 2 Prozent, und ab 2013 wird auch wieder die Schul­denquote sinken.

Übrigens ein Wort zur Abgabenquote: Sie wird immer unter 43 Prozent liegen in den kommenden Jahren. Jenen, die am lautesten beklagen, dass wir so eine hohe hätten, will ich sagen: Ihr wirtschaftspolitischer Apologet und damals in die Regierung ent­sandter Finanzminister Karl-Heinz Grasser hatte den All-Time-High-Wert mit über 45 Pro­zent Abgabenquote geschafft. Wir liegen über 2 Prozent darunter. Da sieht man, auch in diesem Bereich ist diese Bundesregierung um vieles besser als Karl-Heinz Grasser. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Sagen Sie das Ihrem Koalitionspartner! Dort war er Finanzminister!)

Wir sind stolz auf diesen Kurs Österreichs, denn während in anderen Ländern in Euro­pa und auch in Amerika Sparpakete geschnürt werden, haben wir den Spielraum, im Bereich Pflegefinanzierung, Neue Mittelschule, thermische Sanierung sehr viele offen­sive Maßnahmen umzusetzen.

Lassen Sie mich aber auch noch technisch zum Haushaltsrecht ein paar Punkte sa­gen. Wir haben mit unserer vierjährigen Finanzplanung, mit dieser vorausschauenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 75

Planung uns das Instrument gegeben, um eine nachhaltige, verlässliche Finanzpolitik machen zu können. Wir haben einen transparenten Budgetvollzug, der auch jederzeit im Internet einsehbar ist, und wir haben mit Gender Budgeting europaweit eine Vorrei­terrolle eingenommen, wo wir die ersten Schritte gehen und in den kommenden Jahren diesen Bereich noch verstärken werden.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch einen herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Hauses, des Finanzministeriums, richten, denn das sind jene Kräfte, die dafür sorgen, dass dieser Kurs und dieser Budgethaushaltsrahmen möglich sind.

Abschließend, sehr geehrte Damen und Herren: Stabile Finanzen, soziale Sicherheit, schrittweise Defizitreduktion und Offensivmittel für Wachstum – das ist der Kurs, für den dieser Bundesfinanzrahmen steht und an dem diese Bundesregierung arbeitet. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.38


Präsident Fritz Neugebauer: Für die letzte Rednerrunde in der Fernsehzeit stehen je Redebeitrag 4 Minuten zur Verfügung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. – Bitte.

 


12.38.59

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch kurz auf die Debattenbeiträge meiner Vorredner einge­hen.

Zum Kollegen Lugar: Ihren Debattenbeitrag sehe ich rein als eine Auswirkung des gestrigen Vollmondes. Anders kann ich den leider nicht werten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Klubobmann Strache: Auch wenn wir in den letzten zwei Tagen dreimal nahezu die gleiche Rede gehört haben, sie wird deswegen nicht besser und sie wird deswegen auch nicht wahrer. (Abg. Strache: Haben Sie inhaltlich auch etwas zu sagen?)

Die Konsolidierung wird mit dem Bundesfinanzrahmen fortgeführt, und, was besonders wichtig ist, mit den Offensivmaßnahmen wird das Budget gestaltet: mit der Wissen­schaft (Abg. Kickl: Mit der Wissenschaft?!), mit der Bildung, der Gesundheit und der thermischen Sanierung, Herr Kollege Kickl. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Wie schaut es denn mit den Universitäten aus?)

Wichtig ist, dass wir nicht nur ausgabenseitig gespart, sondern das Budget auch ein­nahmenseitig konsolidiert haben.

Was haben wir gemacht? – Bankensteuer (Abg. Kickl: Bankkundensteuer, korrekt!), neue Wertpapier-KESt eingeführt, die Stiftungsbesteuerung und auch die Gruppenbe­steuerung geändert. Das hat zu einer höheren Steuergerechtigkeit geführt. Aber diese Steuergerechtigkeit geht uns als Sozialdemokraten noch zu wenig weit.

Heute in der Debatte wurde von Klubobmann Kopf und auch von Kollegin Tamandl kurz die Leistungsgerechtigkeit angesprochen. Kollegin Tamandl hat gesagt: Die Leis­tung muss sich lohnen. – Ja, die Leistung muss sich lohnen. Und was ist die höchste Leistung? Das ist die Arbeit, und die Arbeit wird im derzeitigen Steuersystem viel zu hoch besteuert. (Abg. Strache: Aber dafür seid doch ihr verantwortlich! Das ist ja eure Schuld!)

Warum tragen die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und der Mittelstand der ÖVP fast das gesamte Steuersystem? Deswegen ist es wichtig, dass wir auch über die Ein­führung einer Vermögensteuer diskutieren. (Abg. Kickl: Ah, jetzt wird es interessant!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 76

Im Expertenhearing im Budgetausschuss – das hätten Sie vielleicht besuchen können, Herr Kollege Kickl – ist man von einem möglichen Steuervolumen von 800 Millionen € ausgegangen.

Die Bevölkerung kommt und sagt uns: Es steigen die Managergehälter, die Aufsichts­ratsgagen in den Banken verdoppeln sich, die Gewinne steigen. (Abg. Strache: Die Le­bensmittelpreise, die Benzinpreise, die Energiepreise – alles steigt!) Die Gewinne wer­den privatisiert und die Schulden sozialisiert, und das ist ungerecht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Aber genau das machen Sie ja mit dem Bankenpaket!)

Sehr interessant ist eine neue OECD-Studie, die die Einkommensverteilung ein wenig anders erklärt, und zwar: In den Industriestaaten heiratet Reich Reich und heiratet Arm Arm. So geht die Einkommensschere noch weiter auseinander. Interessant ist auch, dass sich Reich und Reich gern gesellen.

Am Sonntag war in der „Kronen Zeitung“ zu lesen, dass sich Vizekanzler Spindelegger gegen Vermögensteuern ausspricht und von einer „Schnüffelsteuer“ spricht, Herr Gril­litsch. Die ÖVP findet das ungerecht.

Ich zitiere dagegen Dale Carnegie: „Überschüssiger Reichtum ist ein anvertrautes (...) Pfand, das seinen Besitzer verpflichtet, zu seinen Lebzeiten dem Wohl der Gemein­schaft zu dienen.“ – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


12.42.56

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Diese globa­le Wirtschaftskrise hat unsere Staatsfinanzen wirklich sehr strapaziert, und ich meine, wir haben diese Krise gut durchgetaucht. Ich möchte mich hier an dieser Stelle wirklich bei den Unternehmen, bei den vielen Tausenden Unternehmen Österreichs herzlich bedanken, dass wir so diese Krise durchgestanden haben. (Beifall bei der ÖVP.) Auch durch ein kluges politisches Handeln unserer Finanzminister Willi Molterer, Josef Pröll (Abg. Strache: Ui!) und jetzt Maria Fekter. (Abg. Strache: Ui, ui, ui!)

Wir haben den Arbeitsmarkt stabilisiert, meine Damen und Herren, und haben heute die höchste Beschäftigung in Österreich. Reden Sie das nicht schlecht! Wir haben die höchste Beschäftigung in Österreich! Seien wir stolz darauf, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Die Einkommensschere geht so auseinander! Leben Sie einmal in der Realität! Die Leute können sich immer weniger leisten!) Die Ar­beitslosenquote ist nach der Krise nicht explodiert wie in anderen europäischen Staa­ten, sondern eine der niedrigsten in ganz Europa.

Diese Maßnahmen haben natürlich, Herr Kollege Strache, den Staat Geld gekostet, und nun ist es an der Zeit, diese hohen Schulden, die Defizite, die Schulden der öffent­lichen Haushalte wieder abzubauen, um Zukunft sichern zu können, um Arbeitsplätze sichern zu können, um Einkommen sichern zu können, um Wertschöpfung in diesem Land sichern zu können, meine Damen und Herren. Das ist entscheidend. Daher keine Panik, sondern Ruhe, mit aller Obsorge und aller Kraft in die Zukunft blicken und sozial verträgliche Politik machen. Wirtschaftlich vernünftig und finanziell nachhaltig müssen wir unseren Budgetrahmen gestalten. (Abg. Neubauer: Von welcher Partei sprechen Sie?)

Meine Damen und Herren! Der Schuldenabbau hat oberste Priorität. (Abg. Strache: Aber ihr baut ja nicht ab, ihr schafft ja weitere Schulden! Ihr macht doch keinen Schul­denabbau!) Der Schuldenabbau hat oberste Priorität – aber nicht, indem wir neue Steu­ern schaffen, nicht, indem wir darüber nachdenken, neue Vermögenssteuern, Eigentums­


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steuern einzuführen und die Grundsteuer zu erhöhen. Mit uns nicht, meine Damen und Herren! Wir wollen sparen und keine neuen Eigentumssteuern in Österreich einführen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Strutz: Raus aus der Koalition, kann man da nur sa­gen!)

Meine Damen und Herren! Wenn wir bei der Grundsteuer sind, deren Erhöhung immer wieder diskutiert wird: Glauben Sie mir, das trifft nicht nur die Bauern! Das trifft die vie­len Häuselbesitzer in Österreich und letztendlich auch die Mieter! Wollen Sie die belas­ten, die sparsam und mit großer Mühe ihr Haus erbaut haben? Wollen Sie die belasten mit neuen Eigentumssteuern? Wir wollen das nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neubauer. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Unser Motto lautet: mehr sparen, weniger Steuern! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stra­che: Wer’s glaubt, wird selig! Amen!)

12.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gradauer. – Bitte.

 


12.45.41

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Generaldirektor Treichl hat nicht nur gesagt, die Politiker sind zu blöd und zu feig, er hat auch gesagt, die österreichischen Regie­rungspolitiker haben von der Wirtschaft keine Ahnung.

Ich habe mich daraufhin gefragt: Wie kommt dieser Generaldirektor auf so eine For­mulierung?, und ich habe mir in der Zwischenzeit ein bisschen angeschaut, wie es denn mit den Regierungsmitgliedern so aussieht.

Wir haben 18 Regierungsmitglieder. 16 Regierungsmitglieder haben in ihrem ganzen Berufsleben ihr Gehalt vom Staat, von den Kammern oder von den Parteien bezogen. 90 Prozent der Regierenden haben keinerlei persönliche Erfahrung mit dem wirklichen Erwerbsleben und dessen Widrigkeiten.

Christian Ortner formuliert dazu in der „Presse“: Wer nie in der Wirtschaft tätig war, „der kann in ökonomischen Fragen nur ungefähr jenes Maß an Wirklichkeitsbezug ent­wickeln, das der Vatikan zum Thema Sex hat“.

Betrachten wir vor diesem Hintergrund die Entwicklung des Staatshaushaltes. Die Staatsverschuldung beträgt derzeit 210 Milliarden €. Rechnen wir jetzt die Schulden von ASFINAG, ÖBB und die Defizite, die bis 2015 geplant sind, dazu, so kommen Sie auf zirka 275 Milliarden € Schulden und erreichen damit 90 Prozent des Bruttoinlands­produktes. Und dann wird es eng, meine Damen und Herren. Das wissen alle, die sich etwas auskennen in der Ökonomie.

Gnade uns Gott, wenn es auch noch Zinserhöhungen gibt! Wenn die Zinsen steigen, steigen natürlich die Schulden erneut. Und Gnade uns Gott, wenn die Einnahmen nicht so hereinkommen, wie sie jetzt geplant sind! Das kann man nämlich aus heutiger Sicht bei der derzeitigen Situation nicht vier Jahre voraussagen.

Der Rechnungshof sagt: Die Situation ist besorgniserregend, weil Zinsen und Pen­sionserhöhungen sämtliche Mittel Österreichs auffressen. Wir nähern uns der Insol­venzgrenze, meine Damen und Herren, und damit griechischen Zuständen. Warum ist das so? Weil auch in den besten Konjunkturjahren immer mehr ausgegeben wurde, als eingenommen wurde. Es kam zu keinen Reservebildungen. Darum schaut es momen­tan so schlecht aus.

Es gibt jede Menge Vorschläge von uns. Herr Kollege Auer hat ja gesagt, dass un­heimlich viele Anträge vertagt wurden, in den Schubladen liegen und nicht behandelt werden. Und sich hier herzustellen und zu sagen, wir hätten vor, soundso viele Belas­tungen neu einzubringen, das ist wirklich nicht reell. (Beifall bei der FPÖ.)


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Die Strukturreform fehlt, und ich möchte nur ein Beispiel bringen: Schweden. Schwe­den hat 270 Gemeinden und 21 Distrikte. Österreich leistet sich 9 Landtage, 84 Be­zirkshauptmannschaften und 2 547 Gemeinden. Das kann sich nicht finanzieren las­sen! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wollen Sie die Gemeinden abschaffen – oder was?)

Was wir heute überhaupt nicht angesprochen haben: Warum, meine Damen und Her­ren von der Regierung, unternehmen Sie nichts gegen die Heuschreckenmigration und die Integrationsindustrie Europas, welche sich begierig durch unsere Sozialtöpfe fres­sen? (Beifall bei der FPÖ.)

Im Gegenteil: Man holt immer mehr Ausländer ins Land und lässt es zu, dass Leute, die nichts einbezahlt haben, die Sozialtöpfe leeren. Und es ist kein Geheimnis, dass – laut AMS – die Migranten 70 Prozent der Mindestsicherung abkassieren.

So kann es nicht weitergehen! (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Das Trommelfeuer der Experten, die einschneidende Reformen bei Gesundheit, Pensionen und Verwaltung fordern, verpufft zwischen täglichem Koalitionszank und der Ignoranz der Landesfürsten. So nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

12.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bel­len. – Bitte.

 


12.50.10

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Mein Vor­redner hat den Ausdruck „Heuschreckenmigration“ gebraucht. – Herr Kollege, wenn ich Sie richtig verstanden habe, geht es hier um Menschen, die Sie als „Heuschrecken“ be­zeichnen. Egal, wie jetzt die rechtliche Lage im Einzelfall ist: Ich finde das geschmack­los! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP. – Abg. Strache: Und wie sagen Sie zu den Ka­pitalisten? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich möchte gleich zu Beginn folgenden Entschließungsantrag einbringen:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Finanzen und der Bun­desminister für Wissenschaft und Forschung werden aufgefordert, die Einführung des Masters ‚Internationale Entwicklung‘ so rasch wie möglich sicherzustellen und die dafür notwendigen Budgetmittel umgehend und nachhaltig bereitzustellen.“

*****

Die ausführliche Begründung dieses Antrags finden Sie im Text. Es geht hier um die Spitze eines Eisbergs. Je weniger Geld die Universitäten haben, desto weniger werden sie bestimmte Studiengänge finanzieren können. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) In die­sem Fall geht es um rund 3 000 Leute; 1 400 oder 1 600 davon im Bachelor-Studium, die vor dem Aus stehen, wenn das Masterstudium an der Universität Wien nicht ange­boten wird. (Abg. Strache: Sie unterstützen doch, dass unsere österreichischen Gelder an griechische Stellen ...!)

Frau Bundesministerin! Die Strategie der Bundesregierung – Sie sind jetzt ganz neu im Amt, aber die Strategie der Bundesregierung ist mir eine rätselhafte. Sie reden immer von den Zukunftsinvestitionen, aber Sie tun nichts dafür!

Das eigentliche Drama dieses Budgetrahmens, finde ich, versteckt sich in einem Ka­pitel, das sich harmlos „Entwicklung der Einnahmen“ nennt, im Strategiebericht des Fi­nanzministeriums. Wenn Sie sich dort die Zahlen anschauen, stellen Sie fest, dass die


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Steuereinnahmen des Bundes – also die Überweisungen an Länder und Gemein­den schon weggerechnet – zwischen 2010 und 2015 um fast 12 Milliarden € steigen, und zwischen 2011, also heuer, und 2015 um fast 9 Milliarden €.

Da denkt man sich: Da muss doch ein bisschen Geld für die Kindergärten, für die Uni­versitäten, für die Zukunft des Landes drinnen sein. – Nein, das zerrinnt dir zwischen den Fingern! Und wo zerrinnt es dir? – Ein Drittel, ich runde die Zahlen, in die Senkung des Defizits, ein Drittel in die höheren Zuschüsse an die Pensionen, ASVG plus Be­amte (Abg. Strache: Und das dritte Drittel die Griechenland-Hilfe, nicht?!) und ein Drit­tel höhere Zinszahlungen Österreichs, Herr Kollege, höhere Zinszahlungen Österreichs. Da kann ich keine Strategie erkennen, das ist ja passive Anpassung!

In diesem Zusammenhang hat Kollege Krainer von der SPÖ etwas Interessantes ge­sagt. Er hat uns vertröstet: Die Universitäten werden schon mehr bekommen, in der Rubrik 5 seien nämlich die Ausgaben zu hoch budgetiert. – Schön, die Rubrik 5 sind die Zinszahlungen! Es kann ja sein, wenn Österreich sehr viel Glück hat, dass diese Zinszahlungen zu hoch budgetiert sind – die Universitäten sind aber die Rubrik 3! Das ist ein kleiner Unterschied.

Herr Kollege Krainer und die Regierungsfraktion SPÖ legen uns hier nahe, ein von Haus aus falsches Bundesfinanzrahmengesetz zu beschließen! Denn der ganze Sinn des Rahmens ist ja, Ausgabenobergrenzen für die Rubriken festzulegen; aber jetzt wird uns gesagt: Nehmt das nicht zu ernst, die Rubrik 3 werden wir erhöhen und die Rubrik 5 wird gesenkt werden. – Das finde ich schon höchst eigenartig, Herr Kollege Cap! Ich weiß nicht, was die andere Regierungsfraktion dazu denkt.

Die Ausgaben für die Universitäten sinken real um 10 Prozent! Daran geht kein Weg vorbei, das sind die offiziellen Daten des Finanzministeriums. Da rechne ich gar nicht mit dem VPI, sondern mit dem Deflator des öffentlichen Konsums, der ohnehin niedri­ger liegt. Minus 10 Prozent – ja gehen die Studierendenzahlen um 10 Prozent zurück? Veralten die PCs jetzt weniger schnell? Bleibt die Haustechnik auf ewig so, wie sie ist, trotz aller Renovierungsbedürfnisse? Werden die Laborgeräte jetzt nicht mehr kaputt? Wie stellen Sie sich das vor?

Der Bund als Auftraggeber der Universitäten stellt unerfüllbare Anforderungen an die Universitäten! (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Mit dieser Politik wer­den Sie nicht weiterkommen. (Beifall bei den Grünen.)

12.54


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grünewald, Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fi­nanzierung des Masterstudiums Internationale Entwicklung,

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1174 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmenge­setz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 2012-2015 (1199 d.B.).

In den Leistungsvereinbarungen 2007-2009 zwischen der Universität Wien und dem BMWF wird die Einrichtung eines Bachelor und Masterstudiums „Internationale Ent­wicklung“ (IE) festgehalten. Auch im Entwicklungsplan 2010 ist diese Zusicherung noch enthalten.


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Die kürzlich erfolgte Ankündigung von Seiten des Rektorats, den Master „Internationale Entwicklung“ derzeit nicht zu finanzieren, steht in klarem Widerspruch zu diesen Ver­einbarungen.

Die Geschichte der IE zeigt, dass die Institutionalisierung dieses Studiengangs oft mit Hindernissen konfrontiert war, diese aber immer wieder überwunden werden konnten. Der Ursprung des Studiengangs liegt in der schon in den 1970er Jahren durch die Ös­terreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) gestellten Forderung nach einer intensi­veren Auseinandersetzung mit Entwicklungsländern und der Beziehung zwischen dem globalen Norden und Süden an österreichischen Hochschulen und Universitäten. Die­sem Wunsch wurde im Jahr 1998/99 durch die Schaffung des Wahlfachs „Internatio­nale Entwicklung“ Folge geleistet. Im Jahre 2002 erhielt die IE einen sogenannten „Projektstatus“, was dazu führte, dass das „individuelle Diplomstudium“ IE entstand.

2009 gelang es der IE Drittmittel in Höhe von 720.000 € von der Austrian Development Agency (ADA) zu lukrieren. Die vertragliche Verpflichtung der ADA ist allerdings an die Schaffung eines Bachelor - und Masterstudiengangs gebunden. Sollte diese Verpflich­tung nicht eingehalten werden, könnte dies zu einer Ungültigkeit des Vertrags führen.

Zu Beginn des Jahres 2010 wurde die IE in Form einer interfakultären Forschungs- und Lehrplattform institutionalisiert. Der Fokus des Studiums liegt auf einem transdisziplinä­ren Zugang, der sich in einer Verbindung politikwissenschaftlicher, soziologischer, kul­turwissenschaftlicher, wirtschaftlicher und geowissenschaftlicher Ansätze in der Erfor­schung globaler Zusammenhänge und des Phänomens „Entwicklung” widerspiegelt. Dazu gehört nicht zuletzt auch eine kritische Auseinandersetzung mit globalen Zusam­menhängen, mit Entwicklungspolitik und der gegenwärtigen Gesellschaft als solche. Diese Herangehensweise scheint angesichts der verschiedenen Krisen unserer Zeit (Wirtschaft, Ökologie, Migration, etc.) und ihrer gegenseitigen Verstrickung notwendi­ger denn je.

Schon die Kürzungen der Gelder für Entwicklungszusammenarbeit im Budget 2010 um ein Drittel ist ein Skandal für Österreich und als Signal an die internationale Gemein­schaft beschämend, dies zeigt die mangelnde Wahrnehmung dieser Verstrickungen. Durch die Nichtfinanzierung des Masters IE wird dieses Muster der Negation interna­tionaler Verantwortung nahtlos weitergeführt.

Zu betonen ist auch, dass die IE innerhalb der deutschsprachigen Universitätsland­schaft ein einzigartiges Projekt ist. Nun ist dieses Studium massiv in seiner Existenz ge­fährdet:

Der Individuelle Diplomstudiengang und in der Folge der Bachelor IE fand allergrößten Zuspruch auf Seiten der Studierenden. Die Inskriptionszahlen stiegen stetig. Bei anhal­tendem Zustrom interessierter Studierender führte die Politik der sich ständig verknap­penden Ressourcen zu untragbaren Zuständen: die Lehrveranstaltungen waren über­füllt, es fehlten Räumlichkeiten, der Betrieb wurde bald durch die Aufopferung bzw. Selbstausbeutung von Lehrenden mit kurzfristigen Arbeitsverträgen und vor allem auch von Studierenden aufrechterhalten.

Dennoch studieren momentan über 1400 Studierende das Bachelorstudium „Interna­tionale Entwicklung“. Rechnet man die Diplomstudierenden ein, sind es über 3000 akti­ve Studierende. Sie haben sich für dieses Studium in dem festen Vertrauen entschie­den, dass die Möglichkeit eines Masterstudiums gegeben sein wird. Es ist ein Skandal, dass nun tausende Studierende, die in gutem Glauben inskribiert haben, ihrer Exis­tenz- und Zukunftsperspektive beraubt werden. Der einzig mögliche Abschluss mit ei­nem Bakkalaureat reduziert die zukünftigen Einsatzgebiete und Berufschancen emp­findlich.

Die Nichtfinanzierung des Masters IE hätte für die österreichische Forschungsland­schaft schwerwiegende Folgen. Die Einzigartigkeit dieses Studiums im deutschsprachi­


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gen Raum stellt für die Universität Wien einen unleugbaren Standortvorteil dar und könn­te der Universität internationales Prestige bringen.

Durch die Nichtfinanzierung ergeben sich auch unabsehbare Folgen für das interna­tionale Ansehen der Universität Wien. Auch würden vermutlich andere Studienrich­tungen, wie etwa die Politikwissenschaft, mit jenen 1400 IE-Studierenden konfrontiert, die aufgrund des fehlenden Masters Internationale Entwicklung einen alternativen Stu­diengang benötigen. Dies würde zu einer Verschiebung der Problematik auf andere Studiengänge führen und horrende Kosten für den dann - ohne Zweifel - notwendigen Ausbau der Masterplätze in diesen Studienrichtungen führen – oder aber, im Falle einer Nichtausweitung, zu einer massiven qualitativen Verschlechterung dieser Stu­dien.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Finanzen und der Bun­desminister für Wissenschaft und Forschung, werden aufgefordert, die Einführung des Masters „Internationale Entwicklung“ so rasch wie möglich sicherzustellen und die da­für notwendigen Budgetmittel umgehend und nachhaltig bereit zu stellen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


12.54.33

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer erwartet hat, dass wir, wenn wir jetzt den Budgetrahmen bis 2015 diskutieren, we­nigstens ein konkretes Arbeitsprogramm dieser Bundesregierung für die nächsten zwei Jahre, bis zum regulären Wahltermin, bekommen, der wurde leider einmal mehr und wie so oft enttäuscht. Was ist denn – und das frage ich jetzt wirklich auch Sie von den Regierungsparteien – Ihre Position für die Zukunft? – Da höre ich von der SPÖ wieder einmal: Vermögensteuern, also Steuererhöhungen.

Von Ihnen (in Richtung ÖVP) hören wir aber: Die Steuern müssen gesenkt werden. Welche, erfahren wir nicht; wie, erfahren wir auch nicht; wann, ebenfalls nicht. Einfa­cher soll es werden. Na, wie sollen wir das machen? – Diskutieren wir doch darüber! Davon ist aber nichts zu bemerken. Sind Sie wirklich so sehr mit den eigenen Pro­blemen und mit der Koordinierung von irgendwelchen Streitereien beschäftigt, dass Sie nicht einmal in diesen wirklich grundsätzlichen Fragen in eine Diskussion einsteigen können?

Herr Kollege Bartenstein, Sie sind einer von den wenigen, die als Wirtschaftsfachleute übriggeblieben sind, denen die Wirtschaft ein Anliegen ist. Ich verstehe ja, dass es vie­le frustrierte Unternehmer und Wirtschaftstreibende gibt, die sagen: Die ÖVP ist nicht mehr unsere Partei nach all diesen Umwälzungen! Kein Problem, wir ... (Bundesmi­nisterin Dr. Fekter: Aber das Anti-EU-BZÖ auch nicht!) „Anti-EU-BZÖ auch nicht“ – wenn Sie das entscheiden, hier von diesem Sitz aus, mag das Ihre Sache sein. Von Ihnen würden wir uns erwarten, dass Sie ordentliche Steuerpolitik und Finanzpolitik machen, aber nicht, dass Sie hier parteipolitische Aussagen machen! (Beifall beim BZÖ.)

Ob das BZÖ – und ich bin davon überzeugt – die wahre Wirtschaftspartei hier im Ho­hen Haus ist, werden nicht Sie auf hohem Ross sitzend entscheiden, sondern das wer­


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den die Wählerinnen und Wähler beim nächsten Wahltag entscheiden. Und da sind wir sehr zuversichtlich! (Beifall beim BZÖ.)

Wir könnten darüber diskutieren, wie wir die klein- und mittelständische Wirtschaft stär­ker fördern. Wir könnten darüber diskutieren, wie wir – etwa in Richtung Flat-Tax ge­hend – das Steuersystem wirklich modernisieren und umgestalten.

Vor allem sollten und müssten wir – Frau Finanzministerin, da wären Sie gefordert! – darüber diskutieren, wo wir die Einsparungspotenziale, die notwendig sind, um Quali­tätsverbesserungen etwa im Bildungsbereich oder im Gesundheitsbereich zu bekom­men, hernehmen. Nicht nur durch Steuererhöhungen, sondern zum Beispiel durch die von Ihnen abgesagte Verwaltungsreform! Warum trauen Sie sich nicht, etwa auch mit den Ländern in die Diskussion, vielleicht auch in den Streit darüber zu gehen, dass die­se archaischen Strukturen ganz einfach der Vergangenheit angehören müssen, wo Mil­lionen und Abermillionen Gelder vergeudet werden durch eine Verwaltung, die in den Grundzügen aus der Zeit Maria Theresias stammt! (Beifall beim BZÖ.)

Sie trauen sich nicht, zwei große Parteien, in diese Diskussion hineinzugehen. Und der Rechnungshof hat das in seinem jüngsten Bericht auch deutlich zum Ausdruck ge­bracht. Ich weiß nicht, ob Sie schon Zeit gehabt haben, das zu lesen. Er sagt, dass in der Haushaltsplanung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden nicht ausreichend ko­ordiniert wird und dass dies dem Verfassungsgrundsatz der Budgetkoordinierung wi­derspricht; dass man keine Vorsorge etwa für die Pensionen getroffen hat – 13 Mil­liarden €, schreibt der Rechnungshof, hätten Sie seit dem Jahr 2009 an Vorsorgen für die steigenden Pensionsleistungen ansetzen müssen.

Das alles ist heute kein Thema, sondern Sie feiern sich selbst, es ist Ihrer Meinung nach alles ganz wunderbar! Aber es fehlen wirklich konkrete Maßnahmen, wie wir ers­tens die Schulden abbauen können. Sie machen in den nächsten Jahren genauso viele Schulden wie in den letzten zwei Jahren, als es um die Krisenbewältigung gegangen ist! Wir hören auch überhaupt nichts darüber – weil Sie keine Ideen haben –, wie denn Österreich in Zukunft moderner und effizienter arbeiten soll, und vor allem nichts darü­ber, wie man – und nicht nur Ankündigungen, meine Damen und Herren von der Öster­reichischen Volkspartei! – den leistungsbereiten Mittelstand, der mit seinen Steuern und Abgaben unser Sozialsystem sichert und garantiert, diese vielen Menschen und Klein­unternehmer entlasten und unterstützen kann. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Das wäre notwendig! Diese Programme brauchen wir für die nächsten zwei Jahre. Sonst wäre es wirklich gescheiter, Sie sagen gleich jetzt: Danke, das war’s, der Wähler soll das neu entscheiden! – Ich fürchte nur, Sie werden die nächsten zwei Jahre durch­tauchen und zuwarten, auf das große Wunder hoffend, dass noch irgendetwas von oben, unten, rechts, links daherkommt, was Ihre Wahlniederlagen verhindert. Aber wenn Sie so wenig anzubieten haben wie heute, dann werden das zwei verlorene Jahre sein! (Beifall beim BZÖ.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Mag. Kuz­das. – Bitte.

 


12.59.20

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich glaube, niemand ist glücklich über die Staatsver­schuldung, die wir momentan haben. Aber stellen wir uns nicht her, als hätten wir nicht Krisenjahre hinter uns!

Mich würde interessieren, Herr Kollege Strache: Was hätten Sie in dieser Situation getan: Keine Kurzarbeit finanziert? Keine Infrastrukturpakete beschlossen? Keine Mit­


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telstandspakete geschnürt? (Abg. Kickl: Sie haben in der Hochkonjunktur Schulden angehäuft!) – Herr Kickl, melden Sie sich zu Wort! Am Mikrophon haben Sie es ein bisschen leichter. (Abg. Strache: Bleiben Sie bei der Wahrheit!)

Wenn es nach Ihnen ginge, gäbe es keine Mittelstandspakete, keine thermische Sanie­rung – Sie waren ja teilweise dabei –, keine Bankenrettung, keine Spareinlagen. Wir stehen auch zu den Gemeinden, im Gegensatz zu Ihrer Expertin im Budget-Hearing (Abg. Strache: In der Hochkonjunktur haben Sie die Schulden erhöht!), die von Ge­meindezusammenlegungen gesprochen hat. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vor­sitz.)

Wissen Sie, was die Folgen Ihres Nichthandelns gewesen wären? – Das wäre eine Ka­tastrophe gewesen! Was Sie tun, kommt einer wirtschaftspolitischen Geisterfahrt gleich. Nehmen Sie endlich zur Kenntnis: Was mit dem Budget 2011 begonnen wurde, näm­lich die Krisenbewältigung, ist zum Wohle der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ge­schehen! (Abg. Kickl: Die Krise ist vorbei, und die Schulden gehen weiter – oder wie?)

Dann kommen noch die sogenannten neoliberalen Kräfte und predigen die Privatisie­rung, am besten gleich jetzt, denn da wird dann alles billig verscherbelt. Nicht Sie, aber da gibt es andere! Das beste Beispiel dafür ist die Austria Tabak: In einigen Jahren wä­re der Unternehmensgewinn höher als der Verkaufserlös gewesen. Das ist ein Muster­beispiel von „erfolgreicher“ – unter Anführungszeichen – Privatisierung! Das kann es ja nicht wirklich sein!

Wir wissen, dass die Krise auf den Finanzmärkten auf die Realwirtschaft durchge­schlagen hat. Weil die Staaten ausgeholfen haben, steht am Ende die Krise der Staats­finanzen, und jetzt soll mit Privatisierung das alles gelöst werden. Dafür sind wir nicht zu haben!

Meine Damen und Herren, die Reihenfolge der heutigen Diskussion, zuerst die Euro­pastunde und jetzt der Bundesfinanzrahmen, zeigt auch, dass Österreich ein Teil eines großen Ganzen, nämlich Europas, ist. Österreich ist ein starker Partner, aber auch ein verlässlicher Partner. Dazu stehen wir!

Diese Debatte hat aber auch eines gezeigt: Man muss nicht in der Opposition sein, um gegen das Europäische Projekt zu sein, es gibt auch Oppositionsparteien, die sich zu Europa bekennen. Das ist ein wohltuender Unterschied. (Beifall bei der SPÖ. – De­monstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Wir wissen, dass Nationalstaatlichkeit in der Vergangenheit nie zum Erfolg geführt hat! Das ist der Retourgang und der Weg in die Sackgasse. Wer aus der Geschichte ge­lernt hat, der weiß, dass Nationalismus nie zu mehr Wohlstand, nie zu mehr Sozial­staat geführt hat, sondern ganz im Gegenteil: zu kriegerischen Auseinandersetzungen, zu Not und zu Elend! Wer das möchte, der soll auf diesem Weg weiterfahren!

Zurück zum Bundesfinanzrahmengesetz: Dank der klugen, rechtzeitig und richtig ge­setzten Instrumente der Wirtschaftspolitik haben wir die Krise gut überstanden. Mit dem Budget 2011 wurde eine Strukturänderung in der Besteuerung eingeleitet. Und wir sind nicht am Ende! Da bin ich nicht bei Kollegen Kopf, bei Kollegin Tamandl oder bei Herrn Grillitsch, denn es geht nicht um die Häuselbauer, um die Mieter, die eine so ho­he Last tragen müssen, sondern es geht darum, dass, wie die OECD in ihrem Bericht sagt, die Arbeitseinkommen enorm hoch besteuert sind. Nur Frankreich hat eine hö­here. Aber sehr zurückhaltend ist Österreich bei der Vermögensbesteuerung. Genau darüber muss man diskutieren! Wir dürfen auf diesem Auge nicht blind sein! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 



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13.03.10

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Kollege Kuzdas, heute geht es aber um Ausgabenobergrenzen und nicht um das Erschließen neuer Einnahmen. Deswe­gen sollten wir uns den Ausgaben und den möglichen und notwendigen Einsparungen primär widmen, nicht so sehr Steuererfindungsthemen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wobei ich schon eines sage: Es tut wohl und gut, wenn nicht nur Vertreter der Grü­nen – Professor Van der Bellen –, sondern gerade auch Herr Kuzdas sich nicht nur po­sitiv zur Europäischen Union, sondern auch einmal zu dem großen Projekt als Frie­densprojekt äußern. Der schnöde Mammon, der Euro und alles ist wichtig, aber ver­gessen wir eines nicht: Die Europäische Union wurde als Friedensprojekt begründet, und dort war sie ja bisher – vielleicht nicht zu 100, aber zu 98 Prozent – sehr, sehr er­folgreich! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Fritz Grillitsch hat vor ein paar Minuten richtig formuliert – er war nicht der Einzige, aber einer der Letzteren –, dass Österreich die Krise gut überwunden hat. Ich gehe sogar so weit, zu sagen: Wir haben sie nicht nur besser, sondern weit besser überwunden, als das Optimisten – wie zum Beispiel auch ich – angenommen hätten. Gut so!

Grund dafür ist natürlich das, was sich international tut – unsere Exportwirtschaft konn­te sehr, sehr schnell wiederum exportieren, dank der Industrie, sie hat hier Möglichkei­ten wahrgenommen –, sehr, sehr wahrscheinlich aber auch eine richtige Regierungs­politik. Der Schwerpunkt „Kurzarbeit“ ist von Ihnen soeben angeschnitten worden. Ver­gessen wir auch nicht das Sanierungspaket für die Banken: 100 Milliarden! – Dies sei auch manchen Generaldirektoren ins Stammbuch geschrieben, die sich dann ein Stück weit unbotmäßig äußerten.

Es wurden also die richtigen Maßnahmen sehr, sehr schnell gesetzt, im Übrigen in ei­ner politisch nicht einfachen Zeit des Überganges, und richtig war es! Im Nachhinein wis­sen wir, da ist vieles sehr, sehr gut gelaufen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das führt uns hin zu Kennzahlen, die Folgendes bestätigen: exzellenter Arbeitsmarkt, ho­he Beschäftigung, niedrigere Schulden als anderswo, auch ein niedrigeres Defizit. Aber damit das Ganze nicht in Selbstzufriedenheit ausartet, sollte man in einer Stunde wie dieser natürlich auch sagen: Wir sind zwar relativ gut, relativ besser als die anderen, aber lange nicht so gut, wie wir es eigentlich sein sollten, denn diese Krisenbewältigung hat einen Haufen Geld gekostet, nicht nur das Bankenpaket, aber auch – auch das sei manchen Generaldirektoren ins Stammbuch geschrieben –, und das Defizit von 4,6 Pro­zent ist auch nicht gerade toll.

Herzlichen Glückwunsch, Frau Bundesministerin, dass Sie sich über das Ziel von 2 Pro­zent Defizit per 2015 hinaus auch noch weitergehende Defizitreduktionen vorstellen kön­nen! Sie haben heute Morgen – und das war ein wohltuendes Aufwachen, abgesehen von der wunderschönen Sonne, wenn andere schon von Vollmond gesprochen ha­ben – gesagt, dass Sie auch ein Nulldefizit im Jahr 2015 für möglich halten. Das heißt genau genommen, 2 Prozent mehr an Defizit wegzubringen als eingeschätzt, und das heißt nach Adam Riese zirka 6 Milliarden € – nicht wenig, aber gehen wir es an!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Staatsschulden in Höhe von geschätzt bald einmal 250 Milliarden € sind kein Lapperl! Die Tatsache, dass wir trotz eines vernünf­tigen Konsolidierungspfades bis zum Jahr 2013 noch weiter steigende Staatsschulden in Prozenten vom BIP haben werden und diese erst dann – hoffentlich und geplant – sinken werden, ist auch nicht das Gelbe vom Ei und kann uns nicht wirklich zufrieden­stellen.

Was Leuten wie mir schon Sorge macht, ist: Wir haben nach wie vor und auch noch nächstes Jahr einen negativen Primärsaldo. Es gibt Experten – auch hier in diesem Saal –, die meinen, es wäre schön, wenn Österreich insgesamt einmal einen Positivsaldo hätte,


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also nicht nur primär, sondern auch sekundär positiv, nämlich einen Budgetüberschuss. In Wirklichkeit haben wir jetzt sogar einen negativen Primärsaldo, das sollten wir nicht vergessen. Auch die Älteren hier, lieber Otto Pendl, können sich nicht daran erinnern, dass wir irgendwann einmal 15 Prozent der Staatseinnahmen für Zinsen aufwenden mussten, noch dazu in Zeiten, in denen die Zinsen historisch niedrig sind!

Daher müssen die Staatsschulden, die Staatsfinanzen unser primäres Anliegen sein! Diese müssen wir konsolidieren, und der Pfad für das Budget wird durch den Strategie­bericht, durch den Bundesfinanzrahmen und das Gesetz vorgegeben. Noch einmal: Es sind hier Obergrenzen! Es geht nicht um Untergrenzen wie in vielen EU-Richtlinien, son­dern um Obergrenzen. Wir können und sollen durchaus darunter bleiben.

Auch auf die Gefahr hin, dass Sie es von mir schon einmal gehört haben: Es gibt zwei große Ausgabenpositionen in unserem budgetären Bereich, die wirklich wehtun. Die eine, nämlich die Zinsen, können wir kurzfristig und aus Sicht Österreichs nicht ändern, denn wir werden das internationale Zinsniveau nur geringfügig beeinflussen können, und die Höhe der Staatsschuld ist für die nächsten Jahre wohl auch vorgegeben. Die andere Ausgabenposition, die sich leider alles andere als gut entwickelt – die nämlich steigt und steigt und steigt! –, das sind die Pensionen, und um dieses Thema werden wir auch in den nächsten Jahren nicht herumkommen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägigen Bestimmungen des § 58 und bitte Sie, die Behauptung voranzustellen, die Sie erwidern möchten. – Bitte. (Abg. Dr. Bartenstein: Dabei habe ich zur FPÖ gar nichts gesagt!)

 


13.08.35

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Kollege Bartenstein, Ihre Angst ist un­begründet! Nach der Vereinbarung werden tatsächliche Berichtigungen erst nach Ende der ORF-2-Fernsehzeit aufgerufen. Das, was ich berichtigen möchte, liegt schon ein wenig länger zurück: Es handelt sich um die Äußerungen des Herrn Kollegen Kogler, der zum einen gemeint hat, freiheitliche Mandatare in Landtagen und Gemeinderäten würden nichts dazu tun, um Einsparungen in den Budgets zu erzielen, und der zwei­tens gesagt hat, jeder freiheitliche Minister bräuchte drei Korruptionsstaatsanwälte.

Wahr ist vielmehr, dass zahlreiche freiheitliche Mandatare in den Landtagen und noch viel mehr Gemeinderäte der Freiheitlichen bei Einsparungsmaßnahmen tatkräftig mit­wirken oder mitwirken würden. Ich denke da insbesondere an eine Reduzierung der Bürgermeisterbezüge in Niederösterreich, die ja erst großzügig erhöht wurden. (Abg. Räd­ler: Hallo!)

Zweitens: Die Aussage, dass die freiheitlichen Minister drei Korruptionsstaatsanwälte brauchen würden, rückt freiheitliche Mitglieder pauschal in die Nähe der Kriminalität. Das ist auf jeden Fall zurückzuweisen! Es wäre wahrscheinlich sogar ordnungswidrig, jedenfalls ist es grob tatsachenwidrig. (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.) Erstens gibt es keine freiheitlichen Minister, und wenn diejenigen gemeint sind, die H.-C. Stra­che in der letzten Zeit genannt hat, dann kann man anhand dieser Personen und Per­sönlichkeiten bereits jetzt sagen: Es stimmt einfach nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

13.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gradauer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Rädler: Das war sinnloses Geschwafel! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

 


13.10.00

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Herzlichen Dank für die Mög­lichkeit, noch einmal reden zu dürfen! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Herr


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Dr. Bartenstein, Ausgabenobergrenzen im Budget sind sehr in Ordnung. Wir haben da­rum gerungen, dass das kommt – und das passt. Lieber wäre mir natürlich eine Schul­denbremse nach Schweizer Muster. Sie wissen, man würde da die Ausgaben auf die Einnahmen abstimmen, und das wäre sicher noch besser. – Immerhin doch ein Positi­vum.

Wir zahlen für 275 Milliarden € Schulden 11 Milliarden € Zinsen. Das ist ein gewaltiger Betrag, der etwa eineinhalb Bildungsbudgets ausmacht. Das muss man sich einmal vorstellen! Wir brauchen all unser Geld, um diese Zinsen zu bewältigen.

Einige Vorschläge von uns, welche Einsparungsmaßnahmen wir in Angriff nehmen soll­ten: Sie kennen alle die Situation Kaliforniens in den USA. Kalifornien ist auch fast plei­te, und kein Bundesstaat in Amerika würde Kalifornien mit Finanzhilfe unter die Arme greifen. Und wir sollten das bei Griechenland, bei Portugal und sonstigen Pleitestaaten in Europa tun? – Nein, meine Damen und Herren! Das ist nicht richtig! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir zahlen 1,2 Milliarden € für die Entwicklungszusammenarbeit. 1,2 Milliarden € öster­reichisches Steuergeld geht nach Afrika. (Abg. Mag. Korun: Viel zu wenig!) Schluss mit diesen Ausgaben, meine Damen und Herren! Afrika ist heute ärmer als 1960. (Abg. Dr. Matznetter: Die wollen sie alle als Boatpeople wiederhaben!) – Herr Matznetter, Sie kommen dann noch dran.

Wir leisten uns 15,6 Milliarden € an Förderungen, das ist das Doppelte des durch­schnittlichen EU-Niveaus. Wir könnten daher aus diesem Titel 7 Milliarden € an Ein­sparungen lukrieren. Wir tun es aber leider nicht. Und ich wäre auch dafür, dass wir in dieser finanziell so schwierigen Zeit nur mehr 50 Prozent des EU-Beitrages bezahlen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte nun auch ein paar Worte zum Thema Migration sagen. – Die Migration kostet uns langfristig Milliarden! Und weil es immer heißt, sie sei eine Bereicherung der Wirtschaft: Das Gegenteil ist der Fall! Herr Professor Hans-Werner Sinn sagt auch: Allgemein wirkt der Sozialstaat wie ein Zuwanderungsmagnet!, und die amerikanische Carnegie-Stiftung sagt: Der Zusammenbruch des europäischen Sozialsystems ist pro­grammiert! Staaten wie Deutschland und Österreich können sich den massenhaften Import von Migranten künftig nicht mehr leisten! – Meine Damen und Herren, das ist die Wahrheit, so schaut es in Wirklichkeit aus! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir dürfen es uns auch nicht leisten, dass wir gesunde Leistungsträger mit 52 Jahren oder 59 Jahren im Schnitt in Pension schicken. (Abg. Dr. Bartenstein: Da haben Sie recht!) Das ist in der heutigen Zeit nicht möglich, meine Damen und Herren. Wir wissen genau: Ein Jahr später in Pension zu gehen, bringt dem Staat 1 Milliarde € Einsparung, und das muss möglich sein.

Nächster Punkt: Misswirtschaft in staatsnahen Betrieben. – Ich erinnere nur: AUA, Flug­hafen Wien, Schweizer Franken-Debakel in Linz, verzockte Wohnbaugelder in Nieder­österreich, Verlust bei Spekulationsgeschäften der ÖBB und vieles, vieles mehr. All das gehört abgestellt!

Die SPÖ und die ÖVP wursteln weiter. Es gibt keine Reformen, keine echten Refor­men, keine Verwaltungs- und Strukturreformen, keine Gesundheitsreform. Ich verstehe sehr gut, dass eingefleischte Schwarze und auch der Präsident der Industriellenvereini­gung sagen: Jetzt ist Schluss!

Der Unmut ist groß! Aber ich muss leider feststellen: SPÖ und ÖVP sind beratungs­resistent!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 87

Das alles bürden wir unseren nachkommenden jungen Leuten auf. Wir hängen den jun­gen Menschen einen Schuldenrucksack von jetzt schon 30 000 € um. Das ist unverant­wortlich und grob fahrlässig, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

13.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.14.53

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseher und Zuseherinnen auf der Galerie! Die Krisenbewältigung ist das eine. Sie hat mehr gut als schlecht funktioniert. Darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren. Die Krisenbewältigung hat funktioniert, aus mei­ner Sicht aber deshalb, weil sie auch nur für eine bestimmte Zeitspanne nötig war. Und keiner wusste von vornherein, ob die Krise nicht länger andauern würde. So war es dann ja nicht. – Das ist das eine.

Das andere ist aber ganz klar: Sparen am Rücken von Familien, am Rücken von Kin­dern und Jugendlichen, und der Budgetpfad verläuft weiterhin genau in diese Richtung. Die Finanzministerin nennt es soliden Schuldenabbau. Meiner Ansicht nach ist es völlig fehlende Investition in Familienpolitik, fehlende Investition in Jugend- und Kinderpolitik. Wenn Sie wirklich langfristige Stabilität wollen, ist es meiner Ansicht nach ganz wichtig, Steuerzahler und Steuerzahlerinnen direkt zu unterstützen.

Wichtig wären da erstens Investitionen in Forschung. Wir alle wissen, dass der Wirt­schaftsstandort Österreichs auch von der Forschungsleistung dieses Landes abhängt, und wenn Investition in Forschung nicht nachhaltig erfolgt, wird diese rapide abnehmen.

Das Zweite, was wichtig wäre, sind Investitionen in die Universitäten. Wenn man keine gut ausgebildeten Absolventen und Absolventinnen für Österreich und in Österreich hat, schadet das langfristig dem Wirtschaftsstandort genauso.

Und drittens wären wichtig Investition in die fehlende Kinderbetreuung, für flächende­ckenden Ausbau der Kinderbetreuung.

Genau diese drei Punkte im Investitionsbereich sind wichtig, und zwar nicht nur für den Wirtschaftsstandort Österreich, sondern auch für die Zukunft von Jugendlichen und von Kindern in Österreich. Genau dieser Pfad wird jedoch nicht begangen! Das ist das, was am meisten kritisiert wird. Es gibt da auch gar keine Gegenargumente. (Beifall bei den Grünen.)

Zur Familien- und Jugendpolitik: Die Stabilität in Österreich zu gewährleisten und, so wie Frau Ministerin Fekter gesagt hat, die soziale Sicherheit in Österreich zu gewähr­leisten, bedeutet natürlich auch die Rücknahme der völlig unverhältnismäßigen Reduk­tionen und Streichungen bei der Familienbeihilfe für Familien und Jugendliche. Das be­trifft die Streichung der Familienbeihilfe für Jugendliche zwischen 18 und 21, die letztes Jahr von ÖVP und SPÖ beschlossen wurde.

Mit 1. Juli 2011 wird die Familienbeihilfe für Studierende nur noch bis zum 24. Lebens­jahr ausbezahlt werden. Das bedeutet eine Schlechterstellung der Studierenden und des Universitätsstandortes Österreich. Natürlich wird dadurch auch die soziale Sicherheit für Studierende völlig untergraben. Die Kürzung der 13. Familienbeihilfe wird ab Septem­ber dieses Jahres schlagend. Das bedeutet natürlich ganz klar Sparen auf Kosten der Jugendlichen, denn die Kürzung der 13. Familienbeihilfe heißt, Jugendliche nicht mehr direkt zu fördern, und dies gerade zu einer Zeit, in der sie wirklich mehr Geld bräuchten und Startgelder für die Schulausbildung et cetera bekommen sollten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 88

Familien, Jugendliche und Kinder werden also beinhart weiter belastet, ohne Investitio­nen für deren Zukunft zu forcieren. Gleichzeitig sollen Gemeinden im Jahr 2011 ihre Bud­gets auch noch in höherem Ausmaß konsolidieren, so der österreichische Stabilitäts­pakt. Das ist überhaupt die große Crux an der Sache: Wenn man die Gemeinden in ei­ner Vereinbarung zur Konsolidierung aufruft und gleichzeitig auch die Familien wirklich belastet, bedeutet das, dass Haushalte gleich drei- oder mehrfach belastet werden, denn der Stabilisierungs- und Konsolidierungskurs für Gemeinden bedeutet ja vor allem und in erster Linie einen Stopp der Investitionen auf Gemeindeebene und Gebührenerhö­hungen. Das belastet die Familien gleich mehrfach.

Deshalb ganz klar: Investitionen in die Zukunft, für die Jugend, für die Kinder, für die Familien! Weg von dieser sehr restriktiven Schuldenabbaupolitik auf dem Rücken von Familien! (Beifall bei den Grünen.)

13.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter List. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.19.37

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Dieser Finanzrahmen bestätigt die verfehlte Politik der ge­scheiterten Regierung eindrucksvoll. (Beifall beim BZÖ.)

Die verschwenderische Schuldenpolitik wird konsequent fortgeführt, und diese Debatte bisher ist der Beweis dafür. Unser Staat ist in einer sehr, sehr schlimmen Verfassung. Die Schulden sind bereits auf über 260 Milliarden € angewachsen und werden bis En­de 2015 auf beinahe 300 Milliarden € anwachsen. Für diesen gewaltigen Schuldenberg ist die ÖVP hauptverantwortlich. Die ÖVP ist seit 1984 in der Bundesregierung und durchgehend an den Schalthebeln dieses Landes tätig. (Abg. Dr. Bartenstein: Stimmt nicht! Da gab es auch noch Rot-Blau!) In dieser Verantwortung, Herr Ex-Minister Bar­tenstein, hast du mit deinem Team, mit deiner Partei Österreich ruiniert, und ich sage einmal, beinahe in den Staatsbankrott geführt. (Beifall beim BZÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Laufend wird das nicht vorhandene Geld der nächsten Generationen beim Fenster hinausgeworfen. Wir haben es heute bereits gehört: Die Frau Finanzministerin wird bis 2014 Schulden haben, Schulden, die jeder Österreicher, jedes Neugeborene als Geschenk von ihr bekommen wird, nämlich 31 500 €. Das legt sie jedem Neugeborenen in die Wiege. Das ist unerhört! Diese Schuldenpolitik ist ver­antwortungslos und muss sofort abgestellt werden.

Geschätzte Damen und Herren! Dieser Pröll-Fektersche Strategiebericht, den wir jetzt diskutieren, zeigt, dass die ÖVP längst ihre Wirtschaftskompetenz verloren hat. Jetzt sieht sich nämlich sogar der Wirtschaftsflügel innerhalb der zerrütteten ÖVP genötigt, eine eigene Partei zu gründen. An der Spitze dieses Putsches soll Leitl stehen oder der „Paradebanker“ – ein arroganter Typ –, euer Finanzberater Treichl, oder vielleicht auch Veit Sorger. Ich weiß nicht, welche Rolle für dich angedacht wurde oder für den Kolle­gen, der heute nicht hier ist, für Kollegen Stummvoll, den Finanzsprecher der ÖVP. Vielleicht ist für diese beiden auch an keine Rolle mehr in der ÖVP gedacht.

Geschätzte Damen und Herren! Gleichzeitig versinkt die ÖVP im internen Korruptions­sumpf. Diese ÖVP unterwirft sich dem Diktator aus St. Pölten, dem Machthaber, Herrn General Pröll. Die ÖVP ...

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege List, darf ich Sie kurz unterbrechen und ersuchen, sich bei der Wortwahl etwas zu mäßigen!

Bitte, setzen Sie fort!

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 89

Abgeordneter Kurt List (fortsetzend): Diese ÖVP hat, wie gesagt, kein Programm, keine Zukunft, und man wird sehen, ob es am Wochenende beim Konvent reichen wird. Deshalb, geschätzte Damen und Herren, schröpft die ÖVP bis zum Schluss den Mit­telstand und spart beim Bürger. Das ist ungeheuerlich!

Wir, das BZÖ, wollen am System sparen. (Abg. Rädler: Am besten euch gleich einspa­ren!) Die Staatssanierung ohne neue Steuern ist möglich. Dafür, geschätzte Damen und Herren, ist eine Steuerreform und eine längst überfällige Verwaltungsreform unbe­dingt notwendig.

Wir, das BZÖ, mit der Wirtschaftskompetenz, der neuen Wirtschaftskompetenz, die heu­te mehrmals angesprochen wurde, mit Josef Bucher und unserem Programm sind be­reit für die Zukunft. Wir sanieren den Staat und belasten die Bürger nicht weiter. (Abg. Haberzettl: Buchers Wirtschaftskompetenz – das ist eine gefährliche Drohung!)

Geschätzte Damen und Herren! Nur logisch, dass wir diesen Pröll-Fekter-Finanzrah­men hier heute ablehnen werden. (Beifall beim BZÖ.)

13.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege List, ich gehe davon aus, dass der an­gekündigte Entschließungsantrag vom nächsten Redner eingebracht wird? (Der das Rednerpult verlassende Abg. List bejaht dies.) In Ordnung.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.23.40

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute den Fi­nanzrahmen für die nächsten vier Jahre, und es ist schon ausreichend darüber disku­tiert und philosophiert worden. Da Kollegin Fekter schon in die Siebzigerjahre zurück­gegangen ist: Tatsache ist, dass am Ende der Periode, nach 13 Jahren Regierung so­zialdemokratischer Provenience unter Kreisky, der Schuldenstand 43,6 Prozent betra­gen hat. Heute sind wir ungefähr bei 80 Prozent angelangt. Angesichts eines so enor­men Wachstums ist die Frage, wie es funktioniert hat, dass damals die Schulden doch unter Kontrolle gehalten werden konnten. Der Grund war der, dass Investitionen in In­frastruktur getätigt wurden, die zu einem sehr großen Wachstum in Österreich geführt haben, und die zusätzlichen Steuereinnahmen – und das ist der Punkt! – so einfach hö­her gewesen sind als die Zinsen, die zwar auch angewachsen sind, aber die Steuerein­nahmen haben sich einfach besser entwickelt.

Genau das ist eigentlich der Knackpunkt! Derzeit ist es eben nicht so, weil wir offen­sichtlich unsere Investitionen nicht unbedingt immer so tätigen und Finanzierungen so geben, dass sie diesen Kick-back an Steuern bringen. Ich möchte nur erinnern: Da­mals gab es 300 000 neue Jobs in Österreich. Österreich hatte damals weltweit die niedrigste Arbeitslosenrate. Wir sind auch jetzt wieder sehr erfolgreich unterwegs in Europa. Wir haben 400 000 Wohnungen gebaut in diesen Jahren, 200 neue Schulen, also mehr neue Schulen gebaut, als bis dahin seit Maria Theresia errichtet worden sind. 1 000 Kilometer Autobahn wurden errichtet, und das Telekommunikationsnetz wur­de ausgebaut. Das wäre jetzt auch wieder erforderlich, ist aber nicht mehr möglich, weil die Telekom ein börsennotiertes Unternehmen ist. Der Staat kann hier also nicht mehr finanzieren.

Klar ist: Wir müssen unsere Strukturprobleme abbauen, wir müssen das Pensionsalter harmonisieren. Die Leute werden immer älter. Wir müssen die Geldflüsse geschickt len­ken, in die Forschung, in Investitionen, aber auch in den Ausbau von Dienstleistungen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 90

Dieser Finanzrahmenplan zeigt schon, dass die Regierung sehr bemüht ist, sehr ge­zielt in diese Richtung zu gehen. Ich denke beispielsweise an den Pflegefonds, der hier bereits Berücksichtigung findet. Nachdem die Gesetze in Kraft getreten sind, werden auch andere Maßnahmen in diese Richtung entwickelt werden.

Die Steuerfrage ist natürlich auch ein wichtiger Punkt. Wir müssen uns überlegen, ob wir die Arbeit weiterhin so hoch und die Finanzeinkommen so niedrig besteuert haben wollen. Das ist eine grundsätzliche Frage, und das Parlament muss sich das noch sehr gut überlegen und es diskutieren. Ich meine jedoch, hier gibt es Reformbedarf. – Dan­ke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. 5 Mi­nuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.26.55

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schü­ler der Realschule Laßnitzhöhe! Herzlich willkommen im Hohen Haus! (Allgemeiner Bei­fall.)

Geschätzter Kollege List, also zittern tun wir gerade nicht vorm BZÖ und vor dessen Wirtschaftskompetenz. Die Wirtschaftskompetenz ist immer noch beim Wirtschaftsbund und bei der ÖVP beheimatet, und das ist gut so! (Beifall bei der ÖVP. – Rufe bei FPÖ und BZÖ: Oje! So schaut die also aus! Gute Nacht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es heute schon gehört: Die Krise in Österreich wurde gut bewältigt, und das sicherlich dank der richtigen politischen Ent­scheidungen, aber auch dank der kreativen Unternehmerinnen und Unternehmer, die die richtigen Maßnahmen gesetzt haben und Österreich besser durch die Krise geführt haben als viele andere Länder in Europa und so den Erfolgsweg der österreichischen Wirtschaftsgeschichte fortgeschrieben haben. Und die aktuellen Zahlen – das Wachs­tum liegt mit 2,5 Prozent immerhin um 1 Prozentpunkt über dem EU-Durchschnitt, die Beschäftigungszahlen und vor allem die niedrige Jugendarbeitslosigkeit – zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dass wir auf jeden Fall optimistischer sein können als noch vor einem Jahr. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass eine derartige Abfederung einer Krise natürlich auch mit Kosten verbunden ist, ist uns allen bewusst, und wir haben derzeit – das ist heute schon oft zitiert worden – in Österreich einen der höchsten, wenn nicht den höchsten Schuldenstand der Zweiten Republik. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das alles unter VP-Finanzministern!) Die­sen Schuldenstand gilt es allerdings möglichst rasch abzubauen. Daran arbeiten wir, damit wir wieder mehr Mittel für Zukunftsinvestitionen freibekommen. (Abg. Dr. Bela­kowitsch-Jenewein: Wie denn?)

Frau Minister Fekter hat es auch klar angesprochen: Wir müssen sparen, und das hat sie natürlich auch auf ihrer Agenda. Es ist unsere politische Verantwortung, dass wir sparsam mit unseren Steuergeldern umgehen und dass wir eine klare Strategie haben. Diese wurde für die Jahre 2012 bis 2015 präsentiert und beinhaltet auch ganz klare Prioritäten in den Bereichen Familie, Bildung, Wirtschaft und natürlich auch in der For­schung.

Wenn wir gestern lesen konnten: Mehr Hilfe für Wirtschaft, Österreich bei Forschung vorne!, dann sind wir ja auf dem richtigen Weg. Wir sind unter den Top drei im Bereich Forschung. Finnland hat 4 Prozent, sicher ein Paradebeispiel, aber Österreich liegt mit Deutschland mit 2,8 Prozent Forschungsquote an zweiter Stelle. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Zu wenig!)


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Wir müssen weiter hart daran arbeiten, damit wir auf diesem Erfolgsweg im Forschungs­bereich unser angestrebtes Ziel von 3,7 Prozent im Jahr 2020 auch erreichen, denn For­schung bedeutet Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.

Wenn die Prognosen im Hinblick auf Beschäftigung auch durchaus erfreulich sind, wer­den wir doch darauf achten müssen, Österreich mit eiserner Budgetdisziplin wettbe­werbsfähig und zukunftsfit zu halten; denn wir haben mit über 40 Prozent eine der höchsten Steuer- und Abgabenquoten, meine Damen und Herren, und da ist nach oben kein Spielraum mehr. Die falsche Antwort sind neue Steuern (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Stefan), denn neue Steuern würden diejenigen treffen, die dafür verant­wortlich sind, dass der Wirtschaftsmotor im Lande wieder zu richtig läuft: unsere Leis­tungsträger. Diese dürfen wir nicht weiter belasten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Be­lakowitsch-Jenewein: ... Steuererhöhungen!)

Daher, meine Damen und Herren, die richtigen Antworten: Ausgabenseitige Einsparun­gen wie zum Beispiel durch eine rasche und effektive Pensionsreform – hier haben wir höchsten Handlungsbedarf – und gleichzeitig Schwerpunktsetzung, zum Beispiel bei der thermischen Sanierung. Das ist die richtige Mischung, damit können wir auch wei­ter unsere Wirtschaft entsprechend in Stellung bringen.

Daher gilt es, rasch zur Umsetzung von notwendigen Verbesserungen zu kommen. Auch die Unternehmen setzen in ihren Betrieben immer wieder die richtigen Impulse und rich­ten diese neu aus. Das gilt es auch für Österreich zu tun, damit wir im Sinne unserer Österreicherinnen und Österreicher auch in der nächsten Zeit ein erfolgreiches Land in die Zukunft führen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belako­witsch-Jenewein. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.31.33

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Herren Staatssekretäre, die Sie hier noch ausharren müssen, während die Frau Finanzministerin ihr Fernseh-Interview zum Anlass genommen hat, den Saal dauerhaft zu verlassen.

Frau Finanzministerin Fekter hat heute das Sparen als weniger neue Schulden ma­chen definiert. Doch bedeutet das nicht etwa mehr einnehmen, als man ausgibt, son­dern nein: nicht mehr so viel mehr ausgeben, als man einnimmt. Im Klartext heißt das eigentlich nur, jetzt irgendwo einen roten Strich ziehen. Gar nichts hat sie in Wahrheit gesagt, und gar nichts steht auch in diesem Strukturplan, und genau das ist die Pro­blematik.

Heute waren einige Fachminister hier, die sich zu Zwei-Minuten-Reden hinreißen ha­ben lassen, irgendetwas gefaselt haben, irgendwelche Plattitüden von sich gegeben, aber kein einziges Konzept dargelegt haben. Beispielsweise hat der Gesundheits­minister, der heute hier war, nach zehn Minuten den Saal wieder verlassen, zu Wort ge­meldet hat er sich nicht. (Staatssekretär Mag. Schieder: Stimmt ja nicht!)

Und wenn ich mir den Finanzrahmen für den Bereich Gesundheit anschaue: Da steht überhaupt nichts drinnen. Da stehen einfach nur Dinge wie „Umsetzung der mit den Ländern abgeschlossenen Vereinbarung gemäß Art. 15a BVG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens in den Jahren 2008 – 2013“ – Umsetzung, nonanet, natürlich muss das durchgesetzt werden, wenn Sie das bereits vereinbart ha­ben! Das braucht man doch nicht noch einmal in ein Strategiepapier hineinzuschreiben! Wenn es die einzige Strategie ist, alles, was ohnehin schon ausgearbeitet und ausver­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 92

handelt ist, jetzt umzusetzen, dann sind Sie ein bisschen spät dran, denn das Regie­rungsprogramm wurde bereits im Jahr 2008 geschrieben! (Beifall bei der FPÖ.)

Oder die „Weiterführung der Arbeiten zur flächendeckenden Sicherung der Qualität im österreichischen Gesundheitswesen“ – nonanet, natürlich wollen wir die flächende­ckende Sicherung der Qualität. Es ist also nichts Greifbares, es ist nichts Neues in diesem Strukturplan, da ist keine Struktur dahinter, es steht überhaupt nichts dahinter! (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Ostermayer.)

Sie können es ihm ausrichten, es ist Ihr Parteikollege, der Kollege Stöger. Er hat über­haupt nichts, keine Strategie, es lässt keine Strategie im Gesundheitsbereich erken­nen. Zum Beispiel die gemeinsame Strategieplanung der Krankenhäuser, die er ange­kündigt hat – nichts ist davon zu sehen! Jetzt werden österreichweit von den Ländern wild irgendwelche Krankenhäuser gesperrt – egal wie, was, wann, wo, keiner weiß, was dabei herauskommen wird. Da fehlt mir aber eine Aussage des Herrn Gesundheitsmi­nisters. Wo gibt es da eine gemeinsame Planung, eine gemeinsame Steuerung? – Über­haupt nicht! Jedes Land macht weiterhin, was es will, keine Strategieplanung im Ge­sundheitswesen.

Es gibt weder die Umsetzung einer zentralen Organisation noch die Umsetzung einer zentralen Finanzierung. Auch das ist nach wie vor irgendwo in einem Plan in den Hin­terköpfen, vielleicht einmal in einer nächsten Periode oder wann auch immer; derzeit schaut nichts danach aus, dass da irgendetwas passieren wird – und diese Planlosig­keit macht sich in der gesamten Bundesregierung breit!

Es ist ein besonderes Schmankerl im Gesundheitsbereich, wenn heute bekannt wird, dass der Hauptverband zu einer Strafe verurteilt worden ist, weil die E-Medikation nicht ordentlich ausgeschrieben wurde. Der Herr Bundesminister Stöger stellt sich hier her, möchte die ELGA als „Jahrhundertprojekt“ anpreisen, schafft es aber nicht einmal, die E-Medikation ordentlich auszuschreiben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Bis heute wer­den 24 000 € an Strafgeldern fällig. (Zwischenruf der Abg. Dr. Oberhauser) Nicht ein­mal das hat er zusammengebracht, all das wird jetzt von den Beitragszahlern bezahlt.

Bundesminister Stöger meinte, er würde jetzt das nächste Jahrhundertprojekt bringen, an dem, wie er angekündigt hat, 500 000 Österreicher teilnehmen würden (Abg. Dr. Strutz: 3 Millionen!) – knappe 3 000 sind es geworden. Es gibt eine Pleite nach der anderen im Gesundheitsbereich, eine Pleite nach der anderen, die diese Bundesregierung zu verant­worten hat! (Beifall bei der FPÖ.)

13.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.35.30

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Die abwesende Finanzministerin (Abg. Fürntrath-Moretti: Gibt gerade ein Interview!), und das ist räumlich gemeint, hat heute Früh in ihrer Rede gesagt, es gehe hier um den Budgetpfad und um Investitionen in die Zu­kunft. Damit ist alles gemeint, was unsere Kinder und unsere Bildung betrifft. Damit möchte ich mich jetzt in meiner Rede beschäftigen.

In diesem Bundesfinanzrahmen geht es nämlich genau nicht darum. Wenn man sich den Strategiebericht anschaut, sieht man, dass für Bildung, für Kinder nichts vorgese­hen ist, ganz im Gegenteil, dass der Weg, der bereits letzten Herbst beschritten wurde, nämlich in der Bildung zurückzufahren – Stichwort: Bundeszuschuss zur Kinderbetreu­ung, zum Ausbau der Kinderbetreuung nicht zu verlängern, sondern kein Geld seitens des Bundes mehr in die Kinderbetreuung zu investieren –, dass dieser Weg fortgesetzt wird, und dass auch nicht daran gedacht ist, da weiterzutun.


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Von der ÖVP, der ehemals sogenannten Familienpartei, erwarte ich mir diesbezüglich ohnehin nichts mehr, denn die letzte Staatssekretärin von Ihrer Partei, die in dieser Rich­tung überhaupt in irgendeiner Form aktiv war, war die Kollegin Marek. Sobald sie dann Spitzenkandidatin in Wien war, hat man in diese Richtung keine aktiven Handlungen mehr bemerken können. Die letzte Staatssekretärin hat diesbezüglich überhaupt nichts mehr getan. (Anhaltende Zwischenrufe der Abg. Steibl.)

Die Sozialdemokratie möchte ich auch nicht aus der Verantwortung nehmen. Ministerin Heinisch-Hosek sagt sehr glaubhaft, wie wichtig es ihr ist, in Kinderbetreuung zu inves­tieren. Das verbreitet sie in zahlreichen Interviews: aus Anlass des Muttertages, aus Anlass des Internationalen Tages der Familie letztes Wochenende – wo sie auch ande­re Forderungen erhebt, die interessanterweise schon lange als grüne Anträge hier im Parlament liegen und denen Sie schon längst hätten zustimmen können. (Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Steibl.)

Aber bleiben wir bei der Kinderbetreuung. Ein Bildungsrahmengesetz wird gefordert und wurde von Ihnen vor zwei Jahren vertagt. Die Forderung nach Ausbau beziehungs­weise Verlängerung des Zuschusses zum Ausbau der Kinderbetreuung habe ich schon mehrfach eingebracht, das wurde von Ihnen jedes Mal abgelehnt. Sie werden auch heu­te wieder die Gelegenheit haben, das abzulehnen, ich bringe diesen Antrag nämlich gleich wieder ein.

Sie sagen, wie wichtig es ist, aber es folgen keine Taten. Da muss ich Ihnen schon sa­gen: Die Leute draußen, die Eltern, die das betrifft, die jetzt Kinder anmelden, die Müt­ter, die Väter, die in ihren Job zurück wollen, die interessiert es überhaupt nicht, ob Sie mit Ihrem Koalitionspartner Probleme haben und sich in familienpolitischen Fragen nicht einigen können. Diese Leute warten darauf, dass Geld in die Hand genommen wird, dass Plätze geschaffen werden, und dass sie einen Platz für ihre Kinder bekommen, und zwar nicht irgendeinen, sondern einen qualitativ hochwertigen Platz! (Beifall bei den Grünen.)

In diesem Sinne geben wir Ihnen die Möglichkeit, Ihre Irrungen und Verwirrungen, die Sie in der Familienpolitik gerade begehen, hiermit zu beenden, indem wir folgenden An­trag einbringen:

Entschließungsantrag der Abgeordneten Musiol, Freundinnen und Freunde betref­fend Fortsetzung Bundeszuschuss zum Ausbau der Kinderbetreuung.

Sie wollen zwar das Ziel, das Sie 2010 gesetzt haben, nämlich die 33 Prozent der un­ter Dreijährigen erreichen, aber jetzt eben bis 2020, weil Sie es nicht geschafft haben.

Daher der Antrag:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

‚Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Bundeszuschuss zum Ausbau des institu­tionellen Kinderbetreuungsangebots sowie zur frühen sprachlichen Förderung in ins­titutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen im Ausmaß von mindestens 20 Millionen € jährlich ab 2011 bis zum Ende der Legislaturperiode fortzusetzen.‘“

*****

Wir werden sehen, was hier das Wort der Frauenministerin Heinisch-Hosek in ihrer Frak­tion wert ist.

Darüber hinaus bringe ich noch einen zweiten Antrag ein, den Entschließungsantrag betreffend Transparenz von Familienleistungen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 94

Das ist eine alte Diskussion. Familien bekommen in Österreich angeblich so viel, aber bei den Familien kommt es teilweise nicht an, oder es kommt eben nur Geld an, aber keine Kinderbetreuungs- und Nachmittagsbetreuungseinrichtungen. Deswegen soll die Grundlage für eine fundierte Diskussion geschaffen werden.

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle Ausgaben für Familienleistungen ein­schließlich entfallener öffentlicher Abgaben getrennt nach Leistungsarten und je Ge­bietskörperschaft zu erfassen und dem Nationalrat spätestens Ende 2011 einen dies­bezüglichen Bericht zuzuleiten.“

*****

Im Sinne der Kinder dieses Landes: Gehen Sie runter von der Bildungsbremse! (Beifall bei den Grünen.)

13.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die soeben eingebrachten beiden Entschließungsan­träge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung Bundeszu­schuss zum Ausbau der Kinderbetreuung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1174 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmenge­setz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 2012-2015 (1199 d.B.)

Für den Ausbau der Kinderbetreuung stellte der Bund zwischen den Jahren 2008 und 2010 jährlich 15 Mio Euro zur Verfügung. Zusätzliche 5 Mio Euro investierte der Bund zwischen 2008 und 2010 in die Sprachförderung. Im Rahmen einer 15a-Verein­barung einigte man sich mit den Ländern, dass diese die insgesamt 20 Mio Euro ver­doppeln.

Für jeden neuen Betreuungsplatz wurden (je nach Ausmaß der Betreuungsstunden) zwischen 1.500 und 4.000 Euro bereitgestellt, wenn das Bundesland mitfinanziert hat.

Die Regierung setzte es sich zum Ziel, die Bereuungsquote der unter 3-Jährigen bis 2010 auf 33 % zu erhöhen, um dem Barcelona Ziel der EU zu entsprechen. Aus­gangspunkt der 15a-Vereinbarung zu Ausbau der Kinderbetreuung war eine Betreu­ungsquote der unter 3-Jährigen bei 10,8 %.

Das Barcelona-Ziel wurde insbesondere bei den unter 3-Jährigen (Ziel: 33 % bis 2010) bei weitem nicht erreicht. Anhand der Kindertagesheimstatistik der letzten Jahre wird jedoch sichtbar, dass die Investitionen von Bund, Ländern und Gemeinden beim Aus­bau von Kinderbetreuungseinrichtungen immerhin langsam Wirkung zeigen.

Sowohl die Zahl der 3-5-Jährigen Kinder in außerhäuslicher Betreuung als auch die Anzahl der unter 3-Jährigen hat im Vorjahresvergleich wieder zugenommen. Im Jahr 2009/2010 wurden 88,5 % aller 3-5-Jährigen sowie 15,8 % aller unter 3-Jährigen außerhäuslich betreut.

Laut Aussagen von Frauenministerin Heinisch-Hosek wurden im Rahmen des Kinder­betreuungs-Ausbauprogramms (2008-2010) insgesamt 17 000 neue Betreuungsplätze


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 95

und 6 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Dennoch fehlen in Österreich allein für die unter 3-Jährigen rund 35 000 Plätze, um das Barcelona-Ziel zu erreichen. Eine Fortset­zung des Ausbaus müsste demnach das Gebot der Stunde sein.

Familienminister Mitterlehner stellte im Budgetausschuss zum Bereich Familie und Ju­gend am 15. Dezember 2010 jedoch fest, dass es im Jahr 2011 keine weiteren Bun­desmittel für den Ausbau der Kinderbetreuung sowie die Unterstützung der Sprachför­derung an die Länder geben wird.

Weiters stellte er klar, dass im Jahr 2011 erst eine Evaluation der bisher verwendeten Mittel durchgeführt werden müsse und ebenso der weitere Bedarf an Kinderbetreu­ungsplätzen ermittelt werde. Ob bzw. in welcher Höhe ab 2012 wieder Bundesmittel für den Ausbau zur Verfügung stehen, ließ der Minister zum damaligen Zeitpunkt völlig of­fen.

Klarheit über den weiteren Ausbau der Kinderbetreuung verschaffen zwei Dokumente, die die Regierung jüngst veröffentlichte: der Strategiebericht zum Bundesfinanzrah­mengesetz 2012-2015 sowie das nationale Reformprogramm 2011 zur Verfolgung der EU Strategie 2020.

Im Strategiebericht zum Bundesfinanzrahmengesetz wird im UG 25 Familie und Ju­gend (S. 50/51) folgendes als Ziel definiert:

„Sicherstellung der Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben für Frauen und Män­ner durch Ausbau geeigneter Rahmenbedingungen und Umsetzung von Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern.“

Zwar wird bei der Auflistung von Prioritäten und Schwerpunkten, die Evaluation des Bundeszuschusses (2008-2010) angeführt. Kein Wort jedoch zu einem geplanten Mit­teleinsatz von Bundesseite. D. h. ein weiterer Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen ist gemäß der Strategie von ÖVP und SPÖ im Budget der kommenden Jahre nicht vor­gesehen. Sowohl für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als auch für die Bildungs­politik in Österreich ist dies eine dramatische Fehlentscheidung.

Aufschlussreich ist auch das nationale Reformprogramm Österreichs 2011 zur Ver­folgung der EU Strategie 2020. Im nationalen Kernziel „Beschäftigung“ wird auch hier dargestellt, dass man die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den kommenden Jah­ren verbessern wolle (S. 20). In der Konkretisierung wird das Barcelona-Ziel (33 % für unter 3-Jährige) wieder aufgegriffen. Da man dieses Ziel 2010 bei weitem verfehlt hat, gibt man sich nun zehn weitere Jahre dafür Zeit, d. h. Österreich will bis 2020 für 33 % der unter 3-Jährigen einen Betreuungsplatz zur Verfügung stellen. Diese Zielsetzung ist völlig unambitioniert und bestätigt das Nachzügler-Dasein Österreichs im europäi­schen Vergleich in punkto Ausbau der Kinderbetreuung.

Österreich konnte die Betreuungsquote der unter 3-Jährigen von 2008/2009 auf 2009/2010 von 14 % auf 15,8 % steigern, d. h. 3 996 neue Plätze (1,8 %) wurden geschaffen. Wenn Österreich in seinem bisherigen Tempo bleibt, also die Betreuungsquote pro Jahr um 1,8% (bei den unter 3-Jährigen) erhöht, dann wird das Ziel von 33 % bis 2020 tatsächlich er­reicht.

Die 1,8 %ige Erhöhung geht jedoch auf ein Jahr zurück in dem der Bund jährlich 15 Mio an zusätzlichen Mitteln an die Bundesländer für den Ausbau von Kinderbetreu­ung zugeschossen hat (2008-2010 jährlich 15 Mio).

Da der Bundeszuschuss nach 2010 jedoch nicht fortgesetzt wird, ist selbst dieses un-ambitionierte Ziel – 33 % bis 2020 für unter 3-Jährige – in Gefahr. Es ist Eltern und ih­ren Kindern nicht zumutbar, dass es 2020 möglicherweise wieder heißt: "Ziel leider wieder nicht erreicht – vielleicht dann 2030!"


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 96

Nachhaltige Familien- und auch Bildungspolitik, die es sich zum Ziel setzt für eine Ver­einbarkeit von Familie und Beruf zu sorgen und Kindern frühestmögliche Bildungschan­cen zu ermöglichen, darf Bemühungen im Ausbau von Kinderbetreuung nicht stoppen. Ob bzw. in welchem Umfang Kinderbetreuungsangebote, insbesondere für unter 3-Jäh­rige, zur Verfügung stehen, darf nicht allein der Finanzkraft von Ländern und Gemein­den überlassen werden. Weitere Investitionen in den Ausbau der Kinderbetreuung mit der Unterstützung des Bundes sind dafür dringende Voraussetzung. Daher muss für die Bundesregierung gelten: Runter von der Bildungsbremse!

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Bundeszuschuss zum Ausbau des institu­tionellen Kinderbetreuungsangebots sowie zur frühen sprachlichen Förderung in insti­tutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen im Ausmaß von mindestens 20 Mio Euro jähr­lich ab 2011 bis zum Ende der Legislaturperiode fortzusetzen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenz von Fami­lienleistungen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1174 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmenge­setz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 2012-2015 (1199 d.B.)

Anfang November 2010 kündigte der ÖVP-Familienminister Mitterlehner eine Kehrt­wende der aktuellen Familienpolitik an. Ziel müsse es sein, künftig vermehrt in Sach­leistungen anstelle von Geldleistungen zu investieren.

„Die Kosten des Systems stehen in keiner Relation zu den Ergebnissen. Unsere vornehmlich auf Geldleistungen ausgerichtete Familienpolitik hat nicht zu einer höhe­ren Geburtenrate geführt. Rein finanzielle Anreize haben sich europaweit nicht be­währt.“ () „Bei uns herrscht das Bild, dass Kinder nur in der behüteten Umgebung der Familie gut aufwachsen. Das entspricht nicht der Realität. Wir müssen Sachleistungen wie Kindergartenplätze ausbauen.“ (R. Mitterlehner, profil Nr. 45/10 8.11.2010)

Noch deutlichere Worte zur Familienpolitik der aktuellen Regierung fand Senioren­bund-Obmann Andreas Kohl:

„Man muss ganz ideologiefrei und objektiv eingestehen, dass die Familienpolitik ge­scheitert ist – das Motto „Mehr Geld für Familien bedeutet mehr Geburten“ war nicht er­folgreich. Also müssen wir überlegen, was wir falsch gemacht haben. Und da sieht man im Vergleich mit Schweden und Frankreich, dass wir zu wenig Kinderbetreuungs­einrichtungen oder Ganztagsschulen haben.“ (A. Kohl, profil Nr. 45/10 8.11.2010)

Auch die jüngste Studie der OECD („Doing better für families“, 04/2011) machte deut­lich, dass Österreich führend bei den Ausgaben für Familienleistungen ist. Im Jahr 2007 gab Österreich rund drei Prozent des BIP dafür aus. Die Studie macht er­neut deutlich, dass in Österreich vor allem der Anteil der Geldleistungen dominiert (2007: 2,15 % des BIP) während die Ausgaben für Dienstleistungen (Bsp. Kinderbetreuungs­angebot) im Ländervergleich deutlich geringer ausfällt (2007: 0,86 % des BIP). Die Stu­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 97

die empfiehlt eine gegenteilige Investition, d. h. mehr Sachleistungen als Geldleistun­gen. Denn der Vergleich unter den OECD-Staaten zeige, dass vor allem jene Länder bei Armutsprävention und Kindeswohlergehen gut abschneiden, die besonders in Dienst­leistungen investieren.

In der OECD Studie („Doing better für families“, 04/2011) wird auf eine Beschränktheit der Daten hingewiesen, denn Leistungen für Familien (sowohl Geld- als auch Dienst­leistungen) werden auch von lokalen Regierungen finanziert bzw. kofinanziert.

Der mangelhafte Zustand einer exakten Datenlage über die tatsächlichen Ausgaben für Familien betrifft auch Österreich. Es kann derzeit keine exakte Aussage darüber ge­troffen werden, wie viel Mittel Österreich derzeit für Kinderbetreuung aufbringt. Es ist daher auch nicht bekannt, wie viel Mittel in die Kinderbetreuung fließen. Am Ausbau sowie der laufenden Finanzierung der Kinderbetreuung sind sowohl Bund, Länder als auch Gemeinden beteiligt. Eine Transparenz über die aufgebrachten Mittel der einzel­nen Ebenen ist derzeit jedoch nicht gegeben.

Eine zielgerichtete Familienpolitik, die eine Entscheidung über eine Umschichtung von Geldleistungen in Richtung Sachleistungen treffen will bzw. beurteilen möchte ob es bereits in den letzten Jahren diesbezügliche Veränderungen gab, ist auf eine umfas­sende Datenbasis angewiesen.

Im Jänner 2011 kündigte Familienminister Mitterlehner daher an, das Beihilfensystem für Familien auf regionaler Ebene ins Visier nehmen zu wollen (Presse, 24.1.2011; Ku­rier 24.1.2011). Doppelgleisigkeiten, wie Extra-Leistungen für Neugeborene, Schulan­fänger, Mehrlinge uvm., die in einigen Bundesländern zusätzlich zu den Familienleis­tungen des Bundes ausgeschüttet werden, sollten künftig in den Ausbau der Kinderbe­treuung fließen. Für Februar 2011 kündigte der Minister Gespräche mit den Familien­referenten der Länder an. Eine Präsentation der Ergebnisse blieb bislang aus.

Im Strategiebericht zum Bundesfinanzrahmengesetz 2012-2015 wird im UG 25 Familie und Jugend als Priorität und Schwerpunkt der kommenden Jahre die „Konsensuale Ab­stimmung der familienbezogenen Leistungen mit den Ländern“ angeführt (S. 50).

Eine Abstimmung der Leistungen setzt jedoch eine transparente und exakte Datenlage voraus.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle Ausgaben für Familienleistungen ein­schließlich entfallener öffentlicher Abgaben getrennt nach Leistungsarten und je Ge­bietskörperschaft zu erfassen und dem Nationalrat spätestens Ende 2011 einen dies­bezüglichen Bericht zuzuleiten.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.40.31

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Wir besprechen jetzt das Finanzrahmengesetz für die kommenden Jah­re, aber diese Bundesregierung findet es nicht der Mühe wert, auf die heutige, die Ist-Si­tuation der Bevölkerung einzugehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 98

Seit mittlerweile elf Jahren gibt es keine reale Lohnerhöhung mehr, seit elf Jahren sind die Bruttolöhne gleich. Die Kosten explodieren, die Preise gehen stark nach oben. Nur einige Beispiele: Mehl: plus 70 Prozent; Brot: plus 10 Prozent; Käse: plus 20 Prozent; Kartoffeln: plus 34 Prozent. Das alles sind Produkte, die die Österreicherin und der Ös­terreicher täglich brauchen – und Sie haben darauf überhaupt keine Antwort! (Beifall beim BZÖ.)

Die Energie – und daher auch die Mobilität – wird in Österreich auf dem Land zu einem unerschwinglichen Luxus. Und was macht diese Bundesregierung? – Absolut nichts!

Der Traum vom Wohnen ist für junge Leute ausgeträumt; bei den heutigen Einkommen kann sich niemand mehr etwas leisten. Der Mittelstand wird für diesen gesamten Euro-Crash zur Kassa gebeten, aber geholfen wird niemandem. Ich sage Ihnen, wir brau­chen einen Rettungsschirm für unseren Mittelstand, für unsere Bevölkerung – und nicht für die anderen Pleitestaaten und für die Banken! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Marko­witz: Genau!)

Wenn man sich anschaut, was die Banken machen – sie zeigen null Reue! (Zwischen­bemerkung von Staatssekretär Mag. Schieder.) Sie gehen her, sagen, die Banken müs­sen 500 Millionen € an Bankenabgabe zahlen, die wiederum der Konsument und die Konsumentin bezahlen. Glauben Sie mir, die Bevölkerung hat die Nase voll, irgend­wann wird sie Sie aus Wien hinausjagen! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Markowitz: Herr Staatssekretär, es ist nicht alles so locker-lässig ...!)

Wenn wir diese Umverteilung nicht endlich gerecht gestalten, dann braucht es einen Förderungsring und ein Förderungspaket für den Mittelstand; denn die Banken nehmen wir nicht in die Pflicht, niemand wird in die Pflicht genommen, der Verursacher dieser Krise bleibt draußen.

Ich würde diese Bundesregierung dringend auffordern: Denkt darüber nach! Wir haben so viele konkrete Lösungsvorschläge eingebracht. Greift sie auf, wenn ihr selber nicht imstande seid, irgendetwas zu finden! Der Rechnungshof, alle unterstützen euch da. Dann kann Österreich wieder ein Wachstum erreichen. Wir müssen Wachstum schaf­fen, das Budget konsolidieren. Werdet endlich munter und fangt an zu arbeiten! (Beifall beim BZÖ.)

Jetzt noch ganz kurz zur Landwirtschaft. Wenn ich mir das Budget für die Landwirt­schaft anschaue, sehe ich, dass die Förderungen für Pleiteunternehmen wie AGES, für die ganzen Verbände, für die ÖVP-Parteivorfeldorganisationen massiv erhöht werden. Deswegen fordere ich Sie auf: Wir haben jetzt in Tirol, im ganzen Berggebiet, eine Ka­tastrophe, denn es hat so wenig geregnet wie seit Jahren nicht mehr. Da muss es uns endlich gelingen, die Arbeitsplätze für die heutigen Bauern zu erhalten; damit nicht – wie in den letzten 15 Jahren der ÖVP-Regierung, ihr wisst es selber – jedes Jahr Tau­sende Betriebe sperren müssen. Das muss unterbunden werden! (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Deswegen fordere ich den Herrn Landwirtschaftsminister auf, dass endlich Geld bud­getiert wird, dass er evaluiert, umschichtet, dass angesichts dieser Dürre, die im Berg­gebiet im Moment herrscht, genügend Geld vorhanden ist, um die Landwirte entspre­chend zu entschädigen. Österreich hat absolut genug gezahlt! (Beifall beim BZÖ.) Es braucht kein frisches Geld!

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, innerhalb des geltenden Finanzrahmens eine Evaluierung der bestehenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 99

Förderzuwendungen seines Ressorts durchzuführen, und Mittel für den Ausgleich von dürrebedingten Ernteausfällen im Frühjahr 2011 bereitzustellen“.

*****

(Beifall beim BZÖ.)

13.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Huber Kolleginnen und Kollegen betreffend Umschichtung der BMLFUW- Förderbudgets zugunsten von der Frühjahrsdürre 2011 betroffener Land­wirte

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 2012 – 2015 (1174 d.B).

In der Umweltsektion des Landwirtschaftsministeriums werden die Zahlen, Daten und Fakten zu diesem Thema ausreichend erhoben: Derzeit sind in Österreich die Wasser­pegel der Flüsse und Grundwässer so niedrig wie nie zuvor. In vielen Gegenden gab es nur die Hälfte der üblichen Regenmengen. In Tirol fiel sogar um 80 Prozent weniger Regen als üblicherweise zu erwarten gewesen wäre.

Landwirte in exponierten Gebieten und insbesondere höheren Lagen, wo die Wasser­speicherkapazität der Böden gering ist, haben bereits beim ersten Schnitt der Heuernte 70 % an Einbußen und Ernteausfällen zu beklagen.

Der momentane Regen schützt Landwirte in Ebenen vor ähnlichen bzw. weiteren Schäden aber Österreich ist insgesamt immer stärker werdenden regionalen Klimaän­derungen ausgesetzt auf die es im Rahmen neuer Maßnahmen zu reagieren gilt.

Die Österreicherinnen und Österreicher haben dem Landwirtschaftsministerium im Rahmen seines verfügbaren Gesamtbudgets von mehr als 2,1 Milliarden Euro im Jahr 2011 bereits ausreichend Steuermittel zur Verfügung gestellt und damit „genug gezahlt“.

Daher sollen durch eine Evaluierung der bestehenden Förderzuwendungen, insbeson­dere an ÖVP-nahe Verbände, Kammern und deren Einrichtungen, Mittel bereitgestellt werden, um mit den derzeit wenig effektiv eingesetzten Mitteln die von außergewöhnli­chen Ernteausfällen betroffenen Landwirte zu entschädigen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigen Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, innerhalb des geltenden Finanzrahmens eine Evaluierung der bestehen­den Förderzuwendungen seines Ressorts durchzuführen, und Mittel für den Ausgleich von dürrebedingten Ernteausfällen im Frühjahr 2011 bereitzustellen“.

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 100

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.45.00

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Österreich hat die Wirtschafts­krise sehr gut gemeistert: Es gibt weniger Arbeitslose, auch bei den Jugendlichen, als in den anderen EU-Staaten – das ist ein großer Erfolg –, und nun gibt es auch sehr er­freuliche Wirtschaftsprognosen, auch dank der Maßnahmen der Bundesregierung.

Wesentlicher Teil der Krisenbekämpfung für die Menschen war das Phänomen Kurzar­beit – statt Kündigungen. Das hat auch deshalb gegriffen, weil die Sozialpartner positiv mitgewirkt haben: die Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer, die Gewerkschaften, die Betriebsräte, die Betriebe vor Ort. Die österreichische Sozialpartnerschaft hat sich auch in der Krise bewährt! Die Sozialpartnerschaft war und ist ein nicht zu unterschätzender, wesentlicher Standortvorteil für unser Land.

Meine Damen und Herren, der zweite Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist die För­derung der thermischen Gebäudesanierung. Sie sichert 10 000 Arbeitsplätze über Jah­re hindurch, 80 Prozent der Wertschöpfung – Planung, Türen, Fenster, moderne um­weltschonende Heizsysteme, Wärmedämmung, Einbau, Umbau – bleiben in den Re­gionen. Es gibt also Aufträge für Klein- und Mittelbetriebe, was gut für die Arbeitsplätze in den Regionen ist, und das alles entspricht der österreichischen Energiestrategie.

Beim Wohnraum der Niedrigverdiener besteht großes Potential in Bezug auf Energie­effizienz. Da gilt es, passende Fördersysteme umzusetzen. Auf diesen Schritt hoffen wir, ja drängen wir sehr.

Meine Damen und Herren! Der Finanzrahmen, der nun zu beschließen ist, ist aus un­serer Sicht auch ein Weg, um den breiten Wohlstand in unserem Land zu erhalten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.47.24

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich bin wirklich stolz auf Österreich. Ich bin stolz auf unsere Unternehmerinnen, auf unsere Un­ternehmer, ich bin stolz auf unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit uns gemeinsam den Weg aus der Finanz- und Wirtschaftskrise geschafft haben. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Mag. Stefan.)

Wir haben in Österreich rasch Maßnahmen gesetzt, die sich, wie wir jetzt sehen, als richtig erwiesen haben; aber wir wissen auch, dass diese Maßnahmen naturgemäß den Staatshaushalt belasten, denn wir mussten Schulden machen. Dass Schuldenma­chen aber auf Dauer nicht gut gehen kann, liegt auf der Hand. Das sehen wir an Län­dern wie Portugal, Irland und dem sattsam bekannten Griechenland.

Sehr geehrte Damen und Herren! Was heißt das für uns? Die Schulden sind zu hoch, das haben mittlerweile auch unsere großartigen Umverteiler zur Kenntnis nehmen müs­sen. Ich freue mich, dass wir endlich zu einem anderen Weg gekommen sind. Es ist ein Gebot der Stunde, den Weg der Vernunft einzuschlagen: Wir müssen unseren Staats­haushalt konsolidieren, wir müssen Schulden abbauen! (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Jeder private Haushalt weiß: Ausgeben kann man nur das, was man vorher verdient hat. (Abg. Kitzmüller: Super!) Deshalb begrüße ich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 101

im Besonderen dieses Bundesfinanzrahmengesetz. Es zwingt die Ressorts zu Budget­disziplin, ermöglicht Budgetflexibilität, erleichtert die Budgetplanung, unterstützt die Spar­samkeit und fordert Strukturreformen ein. (Abg. Mag. Stefan: Jedes Jahr wird mehr ausgegeben als eingenommen! Stimmt ja!) – Hören Sie zu, Herr Kollege!

Wir haben uns als ÖVP drei wesentliche Schwerpunkte vorgenommen: Erstens Kinder und Familien: 350 Millionen € mehr für Kinder und Familien. Allein 80 Millionen € mehr investieren wir in den Ausbau für die Ganztagsbetreuung an Schulen, 80 000 Ganz­tagsschulplätze! (Zwischenrufe der Abgeordneten Kitzmüller und Krainer.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Maßnahmen sind eine wesentliche Verbesse­rung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Beifall bei der ÖVP), und sie sind auch eine wesentliche Verbesserung gerade für uns Frauen.

Zweiter Schwerpunkt: Zukunftsinvestitionen in Bildung, Wissenschaft und Forschung. 80 Millionen mehr für Universitäten, 100 Millionen € für die Forschung, 100 Millionen für die thermische Sanierung.

Dritter Schwerpunkt: die Schuldenbremse. Wir alle wissen ja, dass wir Schulden ir­gendwann einmal auch zurückzahlen müssen. Es ist daher unumgänglich für uns, dass wir weniger Schulden machen. Es ist – das wurde heute schon gesagt – mehr als un­sozial und unfair, diesen Schuldenberg unseren Kindern und Enkelkindern weiterzuge­ben. Wir müssen also Schulden abbauen, wir müssen für zukünftige Generationen ei­nen Gestaltungsspielraum schaffen.

Meiner Überzeugung nach ist es aber auch wesentlich, dass wir mit unserem Wirt­schaftsstandort nicht ins Hintertreffen geraten. Als Unternehmerin weiß ich, dass nur motivierte UnternehmerInnen und motivierte MitarbeiterInnen gemeinsam Arbeitsplätze schaffen und damit auch den Steuertopf füllen können und ihn nicht entleeren. Nur das ist wesentlich. (Beifall bei der ÖVP.)

Für uns von der ÖVP heißt es daher: Wir stehen für Leistung, und wir stehen für Eigen­tum. Deshalb hier ein absolutes Nein zu einer Eigentumsbesteuerung! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Unterreiner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.51.18

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre, die noch auf der Regierungsbank verblieben sind! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Jugend oben auf den Rängen! – Sehr geehrte Kollegin Fürntrath-Moretti, auch ich bin sehr stolz auf Österreich, aber nicht auf unsere Regierung. Das kann man wirklich nicht sagen. Wenn ich mir jetzt anschaue, was zur Kultur im Strategiebericht steht und welchen Stellenwert zum Beispiel die derzeitige Regierung in Österreich der Kunst und Kultur beimisst, dann muss man traurig sein, wenn man das in diesem Bericht nachliest. Von den 107 Seiten ist gerade einmal eine halbe Seite der Kunst und der Kultur gewidmet. Das ist doch eine Schande für das Kul­turland Österreich! (Beifall bei der FPÖ.)

Maßgebliche Ziele seien – ich zitiere – innovative Formen der Kulturvermittlung für be­sondere Zielgruppen wie zum Beispiel MigrantInnen – maßgebliche Ziele, bitte! – oder die Förderung interkultureller Projekte. Wichtigen Themen wie zum Beispiel einer nach­haltigen Positionierung der Bundesmuseen sind Halbsätze gewidmet, ebenso anderen wichtigen Themen wie den Bundestheatern. Genau diese Einstellung spiegelt sich auch in der realen Gestaltung der Kulturpolitik wider.

Die seit Monaten versprochene Evaluierung der Bundestheater gibt es noch immer nicht. Die Museenlandschaft ist weiterhin eine Baustelle. Zwar ist Peter Noever – Sie kennen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 102

die ganze Geschichte, Sie haben das sicher auch verfolgt –, der Direktor des MAK, nun endlich Geschichte, und man darf jetzt ziemlich sicher sein, dass der neue Direktor Thun-Hohenstein sein Haus weder für Jubelausstellungen, für verurteilte Kinderschän­der wie Otto Muehl oder für mörderische Diktatoren wie jene Nordkoreas noch für Ge­burtstagsfeiern für seine Mutter missbraucht. (Staatssekretär Mag. Schieder: Zinggl!)

Ich habe gehört, Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort „Zinggl“ gesagt. Ich möchte jetzt nichts gegen Sie sagen, Herr Kollege Zinggl, aber ich habe seit Jahren alle diese Fehlhandlungen aufgezeigt. Sie sind mit der Geburtstagsfeier dazugekommen, auch in Ordnung, aber das ist ja wiederum typisch. Wenn wir wirklich eine sehr gute, fundierte Oppositionspolitik machen, steht davon nichts in den Medien, aber wenn der Herr Zinggl mit der Geburtstagsfeier kommt, dann schon.

Wichtige Entscheidungen in der Museenlandschaft sind ausgeblieben.

Ich kehre zurück zum zukünftigen MAK-Direktor Thun-Hohenstein. Ich möchte ihm jetzt eigentlich alles Gute wünschen, und ich hoffe, er wird das MAK so führen, dass es die Aufgaben erfüllt, für die es da ist. Es ist ja das Museum für angewandte Kunst.

Das Vorhaben „Museum Neu“ – das ist vielleicht vielen von Ihnen nicht so bekannt – war das Vorhaben, das Volkskundemuseum mit dem Völkerkundemuseum zu ver­schmelzen. Das ist ja eine Idee gewesen, die von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Ich habe das auch immer wieder gesagt. In den letzten zwei Jahren hat sich na­türlich herausgestellt, dass es unmöglich ist, das zu machen. Direktor Feest hat schon längst das Handtuch geworfen, und Frau Direktorin Schindler hat sich zurückziehen müssen, denn es wäre unverantwortlich gewesen, dieser Idee weiterhin anzuhängen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, jetzt, könnte man sagen, wäre die Wende da, die Wende in der Museumspolitik wäre jetzt angebrochen, und zwar eine geglückte Wende der beiden Museen. Wir brauchen unbedingt eine Novellierung des Bundesmuseen-Ge­setzes, die vorsieht, das Volkskundemuseum aufzuwerten und in ein Bundesmuseum umzuwandeln, sowie das Völkerkundemuseum wieder – das war es ja schon – aus dem Kunsthistorischen Museum auszugliedern und zu einem eigenständigen Bundesmuseum zu machen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich meine, wir brauchen nicht nur einen neuen Rah­men, also ein Bundesfinanzrahmengesetz, wir brauchen eigentlich ein ganz neues Ge­mälde, zumindest einmal ganz sicher in der Kulturpolitik, denn da kenne ich mich aus. Maßgebliche Ziele können nicht die Kulturvermittlung für besondere Zielgruppen, für MigrantInnen, sein und auch nicht interkulturelle Projekte. Das können nicht maßgebli­che Ziele sein. Wir brauchen das Geld nicht dafür, wir brauchen das Geld nicht für Schnörkel, für Verzierungen, wir brauchen es nicht für Spielwiesen für linke – ich sage einmal sehr salopp – Strizzis wie Matt, Weibel, Noever.

Kulturpolitik prägt das Fundament unserer Gesellschaft, und deshalb ist für uns Frei­heitliche die Bewahrung unserer Identität das Gewissensthema unserer Epoche. (Bei­fall bei den Freiheitlichen.)

13.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Mag. Schwentner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.56.24

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Staats­sekretäre! Hohes Haus! Liebe Besucherinnen und Besucher! Es ist schon interessant, wie Sie das immer wieder schaffen, werte Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, auch im Zusammenhang mit dem Bundesfinanzrahmengesetz Ihre krude AusländerIn­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 103

nenfeindlichkeit zu deponieren, und wie abgehoben das eigentlich auch ist in dem Zu­sammenhang, wenn Sie – Kollege Van der Bellen hat es schon angesprochen – von Heuschrecken reden oder auch vom Import von Migranten und Sonstigem. Vergessen Sie nicht, dass es trotzdem immer noch Menschen sind, die Leib und Leben riskieren und auf jede irgendwie erdenkliche Art und Weise auf der Suche nach einer besseren Zukunft sind. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es sind nicht Illegale. Das laste ich auch Ihnen von der ÖVP und Ihrer Ministerin an, dass man immer daherkommt und sagt, das seien Illegale, Kriminelle, die versuchen, da reinzukommen. Die sind nicht per se illegal. Die versuchen einfach, sich eine schö­nere Zukunft zu suchen. (Abg. Gradauer: Aber nicht auf unsere Kosten!)

Ja, wenn es um das eine geht, sind Sie nicht dabei, wenn es um das andere geht – das passt jetzt zum Finanzrahmengesetz –, nämlich um die Entwicklungszusammen­arbeit, sind Sie auch nicht dabei. Ihr engstirniges Wir-ziehen-die-Mauern-hoch und Rund-um-uns-herum-die-Sintflut geht halt nicht. Vielleicht versuchen Sie einmal, das den Leu­ten auch klarzumachen. (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Der Name Pfanner sagt Ihnen ja vielleicht etwas; Pfanner Fruchtsäfte. Vielleicht ken­nen Sie das, vielleicht sind Sie auch heute durch die Säulenhalle gegangen. Der Herr Pfanner von der Firma Pfanner hat heute in der Früh den Fair-Trade-Tag eröffnet, und ich sage Ihnen, mir war es enorm peinlich. Denn wir stehen da draußen und werden angesprochen auf Gerechtigkeit, auf fairen Markt, auf faire Handelsbedingungen – und beschließen jetzt wieder ein Finanzrahmengesetz, das genau dort, wo es um faire Be­dingungen geht, um faire Umverteilung ... (Abg. Mag. Stefan: Der Markt wird jetzt vom Staat bezahlt?) Nein, der Markt wird nicht vom Staat bezahlt, aber es geht darum, dass man umverteilt und soziale Gerechtigkeit schafft, nicht nur innerhalb des Landes, son­dern auch über die Grenzen hinaus. Aber so weit zu denken, dazu sind Sie offensicht­lich nicht in der Lage. (Beifall bei den Grünen.)

Deswegen ist es unglaublich, dass da draußen das zwar eingefordert wird, nämlich Ge­rechtigkeit – der Herr Pfanner sagt, Fair Trade ist Gerechtigkeit, und er würde sich die­se auch von Politikerinnen und Politikern wünschen –, aber das fehlt mir in diesem Zu­sammenhang hier herinnen, was die Entwicklungszusammenarbeit im Finanzrahmen­gesetz anlangt und auch die Perspektive für die nächsten Jahre, denn wenn es so wei­tergeht, dann wird es keine Entwicklungszusammenarbeit mehr geben.

Es ist keine seriöse bilaterale Arbeit, das heißt, es sind keine Projekte in den Partner­ländern vor Ort mehr möglich, wenn wir so weitermachen. Das ist so, auch wenn man ständig die Bekenntnisse von Regierungsseite hört, dass wir auf diesem berühmten Pfad bleiben, was die Entwicklungsziele anbelangt, nämlich 0,7 Prozent des Bruttona­tionaleinkommens der Entwicklungszusammenarbeit zu widmen. Sie wissen alle, wir sind weit, weit davon entfernt, und wir entfernen uns noch weiter. Das ist ganz in Ihrem Sinne, aber es ist erstaunlich, dass die Regierungsparteien ganz in Ihrem Sinne arbei­ten. Das finde ich doch eher bedenklich.

Das heißt, es wäre schön, wenn man davon abgehen würde, die Entwicklungszusam­menarbeit und die Gelder dafür weiterhin auch als Ermessensbudget anzusehen. Das müssen fixe Gelder sein, mit denen man in Zukunft fix rechnen können muss, sonst bleibt das nicht mehr als ein Lippenbekenntnis, und von diesen ständigen Lippenbe­kenntnissen wird sich in unseren Schwerpunktpartnerländern niemand ein Brot strei­chen oder sich irgendetwas abbeißen können. Satt werden wird schon gar niemand da­von. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Windholz. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 104

14.00.22

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekre­täre! Hohes Haus! Das Bundesfinanzrahmengesetz ist, so wie es vorgelegt wird, nicht verwunderlich. Wir hören zwar immer salbungsvolle Worte – ich darf beim Kollegen Grillitsch beginnen, der uns gesagt hat, mehr sparen, weniger Steuern, ist das Motto der ÖVP. – Ja bitte, ich kann nur sagen: Dann macht es! (Beifall beim BZÖ.)

Selbst mit der größten Lupe ist nichts zu finden. Der Sparwille ist bei bestem Willen hier nicht zu orten. Aber ich sage Ihnen, was man alles einsparen könnte, nämlich durch sinnvolles, intelligentes Sparen. Ich sage Ihnen Schulreform, ich sage Ihnen Ge­sundheitsreform, ich sage Ihnen Verwaltungsreform, ich sage Ihnen einfach den schlan­ken Staat.

Was haben Sie hier gemacht, außer dass Sie uns immer wieder erklären wollen, das ist so schwierig, da ist eine Verfassungsmehrheit erforderlich, und die gibt es nicht von der Opposition? Ich habe schon in der ersten Lesung gesagt, und das gilt für alle drei Oppositionsparteien: Legt etwas Gescheites auf den Tisch, dann werden wahrschein­lich eine, zwei, wenn nicht gar alle drei dabei sein! – Nur, ihr seid dazu nicht imstande. Das, was uns hier vorgelegt wird, ist ein Hinausschieben und ein Mehr an Schulden. Genau das Gegenteil von dem, was Sie am Rednerpult immer wieder von sich geben. (Beifall beim BZÖ.)

Ich komme zur Sicherheitspolitik. Die Finanzministerin war ja bei Antreten dieser Bun­desregierung sofort hier und hat gesagt, sie wird dafür sorgen: Tausend Polizisten mehr wird es in Österreich geben, wir werden die Kriminalität bekämpfen! – Da muss man wissen: Fünf Mal 200, zwei Jahre Ausbildungszeit. – Aber bitte, es wäre ja etwas gewesen.

Schauen wir uns das Bundesfinanzrahmengesetz und dort den Personalplan an: Von 2011 bis 2015 sind es 112. – Wo ist der Rest? Und wenn Sie glauben, dass Sie mit Ih­rer Aktion, dass die Postler jetzt die neuen Polizisten sein werden, Erfolg ernten wer­den, da lacht bereits ganz Österreich, da bleibt ja nicht einmal eine Handvoll über. Und wenn Sie aus dem Apparat heraus Verwaltungsbeamte in die Uniform hineinbringen wol­len, dann müssen Sie zuerst einmal für weniger Bürokratie sorgen.

Die Innenministerin ist geflüchtet, von der neuen haben wir gehört, es haben alle ge­pfiffen – wahrscheinlich auf jene, die gegangen ist. Sie ist jetzt im Finanzministerium, und dort im Finanzministerium werden uns wahrscheinlich in Bälde schon ähnliche Zu­stände erwarten.

Sie sind auf allen Linien gescheitert. Das ist keine Politik für mehr Sicherheit, das ist ein Hinausschieben. Sie werden es damit der nächsten Bundesregierung ganz, ganz schwer machen, hier eine Kurskorrektur vorzunehmen, denn die Schulden steigen in exorbitanter Weise weiterhin an.

Sie schaffen es auch nicht bei der ÖBB-Reform. Der Einzige in der bis vor Kurzem noch amtierenden Bundesregierung, der ist jetzt wieder zurückgekehrt in den National­rat, der frühere Staatssekretär Lopatka. Der war anscheinend den Roten ein Dorn im Auge, den musste man entfernen. Somit ist auch bei den ÖBB alles klar: Weiter­wurschteln wie bisher. Ich sage Ihnen nur, die Republik wird es sich auf Dauer nicht mehr leisten können, 50-Jährige in Pension zu schicken. Es ist außerdem ausgespro­chen unsozial allen anderen gegenüber. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Abschluss: Die neue Finanzministerin hat mich auf eine grandiose Idee gebracht. Sie hat vom Haftrücklass im Zusammen­hang mit Ländern und Gemeinden gesprochen. Als amtierender Bürgermeister kann ich Ihnen sagen, da wünsche ich ihr viel, viel Glück. Da soll sie einmal bei den Ländern beginnen. Aber die Idee des Haftrücklasses, die ist wirklich eine grandiose. Ich würde


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 105

nämlich vorschlagen, dass wir im umgekehrten Sinn für die leidgeprüften Steuerzahler auch einen Haftrücklass einführen, der es ihnen erlaubt, so lange Steuerteile zurück­zuhalten, bis diese Bundesregierung endlich einmal Reformen umsetzt, mit intelligen­tem Sparen verbunden. Die Zeit dafür ist überreif! (Beifall beim BZÖ.)

14.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Ha­kel zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.04.26

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Vor ein paar Monaten hat eine Administratorentagung der berufsbildenden höheren Schulen stattgefunden, und bei dieser Administratorentagung hat eine der Beamtinnen sich die Schülerzahlen angeschaut und ist auf die Region Ausseerland gekommen und hat gesagt: Dort sind weniger Schüler als letztes Jahr, das ist eine aussterbende Region, wir sperren die Schule zu.

Was ist passiert? – Wir, die Politik und die Schuldirektoren gemeinsam, haben uns das natürlich genauer angeschaut und wir haben eine Lösung gefunden. Ab dem Schuljahr 2012/2013 wird es für drei Schulen gemeinsam ein Modulsystem geben, wobei man unter verschiedenen Schwerpunkten wählen kann. In diesem Fall werden das Touris­mus, ländliche Entwicklung und Eventmarketing beziehungsweise Eventmanagement sein.

Der Bezirk Liezen ist ein großer Bezirk. Im Bezirk Liezen haben wir auch ein Universi­tätszentrum, und zwar in Rottenmann. Auch hier hat es geheißen, dass es nächstes Jahr kein Universitätszentrum mehr geben wird, obwohl genügend Studenten und Stu­dentinnen vor Ort gewesen sind.

Was ist passiert? – Wir haben uns das vonseiten der Politik angeschaut, und so wie es jetzt ausschaut, wird auch dieses Universitätszentrum nicht gesperrt.

Warum bringe ich diese beiden aktuellen Beispiele aus dem Bezirk Liezen? – Ganz einfach, das hat einen Grund. Man kann ein System auch kaputtsparen, man kann ländliche Regionen kaputtsparen, denn es ist sicherlich der einfachste und sparsamste Weg, wenn man einfach schließt, oder? Genau.

Nur, der Spareffekt wäre ein kurzfristiger gewesen, denn die Auswirkungen für diese ländlichen Regionen, für diese Regionen im Bezirk Liezen wären sehr dramatisch ge­wesen. Dass es anders gekommen ist, ist ganz sicherlich ein Erfolg der Politik gewe­sen, denn die Politik – und das zeigt auch die Budgetpolitik – sagt ganz klar, Bildung ist eine Investition in die Zukunft, und zwar in die Zukunft unserer Kinder. Und wenn wir da nicht investieren, haben unsere Kinder ganz sicher keine Zukunft und heute schon verloren. (Beifall bei der SPÖ.)

14.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.06.41

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Meine geschätzten Damen und Herren! Das Parlament gibt mit dem Budget die Zahlen für die Regierung vor, und die Politik ist danach auszurichten. Eine vorausschauende Politik sollte, glaube ich, auch eine längerfristige Vorgabe beinhalten. Das machen wir mit dem Bundesfinanzrahmengesetz, denn wir beschließen den Finanzrahmen für die Jahre 2012 bis 2015.

Es gibt sehr, sehr viele Vorteile, die mit dieser Einrichtung der mittelfristigen Finanzpla­nung verbunden sind, die seinerzeit von Finanzminister Molterer ins Leben gerufen wor­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 106

den ist. Es wird damit erreicht, dass die einzelnen Minister Budgetobergrenzen einzu­halten haben, dass Flexibilität gegeben ist, dass gewährleistet ist, dass am Jahresende nicht alles ausgegeben werden muss, was noch vorhanden ist, sondern dass es erhal­ten und ins nächste Jahr fortgeschrieben werden kann. Das sind wesentliche Dinge, die positiv zu bewerten sind.

Wenn ich die heutige Diskussion anhöre, dann nehme ich natürlich zur Kenntnis, dass es Aufgabe der Opposition ist, zu kritisieren, aber eines muss man, glaube ich, auch dazusagen: Das ständige Jammern und Schlechtmachen von allem, was die Regie­rung macht, das wird uns auch nicht weiterbringen. Wenn man Ausgaben kritisiert und auf der anderen Seite Anträge im Parlament liegen hat, die in Summe 9 Milliarden € ausmachen, wie das vonseiten der Freiheitlichen Partei der Fall ist, dann fragt man sich natürlich auch, wie das dann entsprechend funktionieren soll.

Ja, meine Damen und Herren, wir wollen noch besser werden, wir werden es auch schaffen, noch besser zu werden, aber Österreich steht in Summe sehr, sehr gut da. Wir stehen wesentlich besser da als die meisten anderen Länder in Europa und da­rüber hinaus, nehmen wir nur die Beschäftigungszahlen, die Budgetsituation und vieles andere mehr.

Wir wollen noch besser werden, habe ich gesagt. Strukturreform wird notwendig sein. Es ist ein ständiges Bemühen, Einsparungen zu machen, es ist ein ständiges Bemü­hen, Impulse für die Beschäftigung zu geben, und es sind sicherlich auch Reformen notwendig. Ich nenne den Gesundheitsbereich, ich sage auch, dort und da wird es not­wendig sein, gewisse Privilegien abzuschaffen – einer der Vorredner hat es gerade er­wähnt –, denn wenn in einer Berufsgruppe das durchschnittliche Pensionsantrittsalter 52 Jahre ist, dann geht das nicht auf Dauer, denn da müssen wir auch sehen, dass da sehr, sehr viele wesentlich jünger in Pension gehen. Daher ist es einfach notwendig, da etwas zu bewegen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Gradauer.)

Ziel ist das Rückführen des Schuldenstandes unter 60 Prozent; das ist ein dezidiertes Ziel. Wenn wir jetzt ein gesamtstaatliches Defizit von 4,6 Prozent haben, dann ist die­ser Budgetpfad, den wir heute beschließen, dahin gehend ausgelegt, dass wir 2013 bei 2,9 Prozent und 2015 unter 2 Prozent liegen. Und wenn die Finanzministerin das Be­streben hat, noch besser zu sein, dann werden wir sie dabei unterstützen.

Es ist aber wichtig, dass man dabei nicht auf wesentliche Sachen vergisst: dass es zum Beispiel trotzdem möglich ist, alle Mittel für die Landwirtschaft in Brüssel abzuho­len; dass wir auch nationale Maßnahmen setzen können; dass wir das Umweltpro­gramm, die Bergbauernzahlung entsprechend durchführen können; dass wir auch Markt­ordnungsmaßnahmen und Unterstützung bei Investitionen tätigen können. Denn die Leistungen der bäuerlichen Bevölkerung – wenn ich das aus dem ganzen Konvolut als Beispiel herausgreifen darf – sollen auch bezahlt und entsprechend gewürdigt werden.

Eigentum muss leistbar bleiben; das darf ich ganz klar sagen. Damit bin ich auch bei dem Grundsatz, den wir als ÖVP verfolgen: Leistung und Eigentum sind wesentliche Punkte, die wir in unserer Politik für wichtig erachten und entsprechend auch im Zen­trum unserer Politik sehen. Wir wollen Politik für die Menschen in unserem Land ma­chen, und ich glaube, mit diesem Bundesfinanzrahmengesetz wird das auch gelingen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.11.27

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staats­sekretäre! Hohes Haus! Dieser Budgetrahmen wurde jetzt zweimal hintereinander sehr


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 107

gelobt und ein notwendiges Instrument genannt. Und immer wieder taucht diese Mär auf, dass die Freiheitlichen – insbesondere mit ihren Anträgen, die hier liegen – so viel vom Budget verlangen.

Sie vergessen nur eines: Die Anträge beziehungsweise das Abstimmungsverhalten der Freiheitlichen würden diesem Staat wesentlich mehr als 9 Milliarden € in irgendeiner Form ersparen. Das müssen Sie sich natürlich als ordentlicher Kaufmann, als der Sie sich immer herstellen, um eine seriöse und sachliche Diskussion zu führen, gefallen las­sen. Das tun Sie nicht.

Allein das Beispiel jenes Antrages, den die Grünen hier eingebracht haben, in dem sie 300 Millionen € mehr für das Bildungssystem, insbesondere für den tertiären Bereich, fordern, zeigt das: Es sind nichts anderes als die 300 Millionen €, die bei einer Schul­verwaltungsreform mit einem Strich sofort zu lukrieren wären, aber Sie sagen immer: Mein Gott, da bräuchte man Verfassungsbestimmungen, und die Opposition würde da nicht mittun. – Nein!

Das sind Materien bei der Verwaltungsreform, bei denen sogar Einstimmigkeit zu erzie­len ist. Das Einzige, das Sie nicht schaffen, ist, dass Sie bei den Landeshauptleuten Ihrer eigenen Parteien irgendwann einmal entsprechende Bewusstseinsarbeit machen, dass Föderalismus neu, zeitgemäß und in die Zukunft orientiert gelebt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen den Föderalismus nicht abschaffen wie vielleicht manche andere. Das kann ich auf jeden Fall sagen. Wir brauchen die Länder, sie sind eine wichtige Basis. Aber Föderalismus schaut anders aus, als nur die Machtpositionen zu sichern.

Jetzt noch ein Beispiel zu Griechenland: Das wäre auch schon eine erste Summe, die man in Österreich einsparen könnte. Das wollen Sie aber nicht, und jetzt sagen Sie, die Freiheitlichen haben keine Einsparungsideen oder Einsparungspotenziale. 2 Milliarden würden schon ganz locker auf dem Tisch liegen.

Zu dem Beispiel, das Herr Kollege Matznetter, der jetzt gerade leider nicht da ist – viel­leicht übt er gerade Leiter steigen bei der Feuerwehr oder Ähnliches; das würde ihm sicherlich auch guttun, dann weiß er nämlich, wie das Löschen in Wirklichkeit geht –, gebracht hat, sage ich Ihnen noch ein anderes Beispiel. Sie vergessen bei Griechen­land nämlich immer eines: Dass die Griechen beim Euro sind und auch einmal willkom­men waren, liegt nur daran (Zwischenruf bei der SPÖ), dass sie verfälschte und ge­fälschte Bilanzen vorgelegt haben.

Ich sage Ihnen ein anderes Beispiel: Es kommt jemand mit gefälschten akademischen Graden ins Krankenhaus und lässt sich als Arzt anstellen. Dann operiert er drauflos, es passiert logischerweise, was passieren muss, es geht etwas schief. (Abg. Öllinger: Gibt’s da einen freiheitlichen Mandatar?) Und dann ist der Arzt selber wegen Kurpfu­scherei oder Körperverletzung oder sonst etwas dran. (Abg. Öllinger: Gibt’s da einen freiheitlichen Mandatar? Gemeinderat war er ...!) Was macht man in Österreich, anstatt ihn rauszuschmeißen? – Er bekommt nachträglich noch die Ausbildung bezahlt, und man lässt ihn weiteroperieren. Das ist Ihre Devise. (Beifall bei der FPÖ.)

So etwas kann man nur ablehnen, weil das auch in der Diskussion immer wieder ver­nachlässigt und überhaupt nicht erwähnt wird.

Leider Gottes ist die Frau Bundesministerin heute nicht da, um Bildungsthemen anzu­sprechen, aber Tatsache ist, dass auch hier Reformen notwendig wären. Das ist mit ihr zu diskutieren. Dem Staatssekretär auf den Weg mitgegeben: Arbeiten Sie endlich an der Verwaltungsreform! (Beifall bei der FPÖ. – Staatssekretär Mag. Schieder: Sagen Sie das im Ausschuss!)

14.14



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 108

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Öllinger: Die Fabel! Die Ute Fa­bel war doch das ...!)

 


14.14.55

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Staatssekre­täre! Hohes Haus! Herr Kollege Rosenkranz, ich hoffe, Sie haben die Geschichte auch jenem freiheitlichen Mandatar erzählt, der mit falschem Titel durch die Gegend spaziert ist.

Ich nehme an, Sie werden im eigenen Stall für Sauberkeit sorgen. Es ist genug zu tun in den freiheitlichen Reihen. Wenn ich mir die Kriminalitätsrate der FPÖ anschaue (Ruf bei der FPÖ: Wer ist das? Wer ist das?), können wir zufrieden sein, dass wir in Ös­terreich in Bezug darauf nicht gleich schließen. (Beifall bei den Grünen.) Also daher: Schauen Sie sich bitte Ihre eigene Fraktion an!

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Walser, ich möchte Sie daran erinnern, dass der Vorwurf, dass die Freiheitliche Partei insgesamt eine kriminelle Organisation ist (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Mag. Rudas), auch bei anderen Parteien eine Ordnungsruf-Behauptung ist, und ich ersuche Sie, sich auch hier in der Wortwahl zu mäßigen, in der pauschalen Verurteilung.

Bitte fortzusetzen. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (fortsetzend): Herr Präsident! Ich ersuche Sie, bevor Sie mich unterbrechen, genau anzuhören, was ich gesagt habe. Die Freiheitliche Partei als kriminelle Organisation zu bezeichnen, scheint mir viel zu weit zu gehen. Ich kenne viele Freiheitliche, die nicht kriminell sind. (Ruf bei der FPÖ: Na, das ist aber ...!)

Reden wir aber über das Bundesfinanzrahmengesetz! Hier wurde erwähnt, dass es ein Schritt in die Zukunft sei. Kollegin Hakel hat gemeint, wer nicht in die Zukunft investiert, hat schon verloren. Ich kann mich noch gut an die Loipersdorfer Beschlüsse erinnern und wie Sie gefeiert haben, dass 80 Millionen € für den Ausbau der Kindertagesstätten bereitgestellt werden – das Einzige, das Sie damals rückgängig gemacht haben.

Vor einer Stunde hat es folgende APA-Meldung gegeben: Fekter verweigert Zustim­mung zum Ausbau der Ganztagsbetreuung an Schulen. – Meine Damen und Herren! So schaut die Realität aus. Das eine feiern Sie, und hintenherum kommt dann etwas an­deres.

Heute beschließen Sie ein Bundesfinanzrahmengesetz, in dem übrigens genau das noch drinnen wäre und in dem das aufgrund der Loipersdorfer Beschlüsse gefordert wäre. Die Realität ist, dass Sie das stillschweigend kürzen und die Regierungsmitglie­der mit Noten wie mangelhaft bezeichnen. Also: Schotter-Fekter gegen Unfähigkeit (Zwischenruf bei der ÖVP) – so in etwa stellt sich das aus Sicht der Regierung dar.

Lassen Sie mich auch noch kurz auf die gestrige Diskussion der Bildungssprecher aller Parteien bei der Industriellenvereinigung Bezug nehmen. Interessant war, dass die In­dustriellenvereinigung oder sehr viele der Anwesenden mit dem, was die Regierungs­parteien abgeliefert haben, wenig Freude hatten. Vor allem die ÖVP ist da auf massive Kritik gestoßen, und ich finde, es tun sich in diesem Land sehr interessante politische Kon­stellationen auf.

Was klar gesagt wurde – und zwar von allen Bildungsforschern, ich möchte vor allem Peter Härtel zitieren –: Man darf nicht weiter „an kleinen Rädchen“ drehen, sondern es braucht einen Gesamtentwurf. – Was Sie hier machen, ist ein Herumschustern, ein He­rumdoktern an diesen kleinen Rädchen. Sie machen dort etwas, Sie machen da etwas. Sie verkünden die Neue Mittelschule als den großen Reformentwurf. Jeder sagt Ihnen, dass das nicht die gewünschte Reform ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 109

Was gestern auch deutlich geworden ist – ich zitiere hier Konrad Krainer vom österrei­chischen Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung –: Das Problem ist der Parteien­einfluss. – Da sind Sie von der ÖVP gefragt, da sind Sie von der SPÖ gefragt.

Wir bitten inständig darum, und wir kämpfen dafür: Entlassen Sie die Schulen, entlas­sen Sie das Bildungssystem endlich in die Freiheit! Schauen Sie, dass man im Bil­dungssystem nach ordentlichen Gesichtspunkten fuhrwerken kann! Derzeit ist das lei­der nicht der Fall. (Beifall bei den Grünen.)

14.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.19.21

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bringe ein den Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen (Rufe bei der SPÖ: Schweigeminute! Schweigeminute!) betreffend 10-Punkte-Programm zur Stärkung der mittelständischen Wirtschaft – Genug gezahlt!

Da dieser Antrag verteilt wird, werde ich ihn nur in seinen Grundzügen erläutern.

Erstens: Wir wollen, dass die Steuerschlupflöcher für Banken geschlossen werden. Zweitens leben wir in einem „Nationalpark hohe Steuern“, und wir wollen deshalb Steu­ersenkungen verbunden mit einem Flat-Tax-Modell, um die Wirtschaft wieder entspre­chend anzukurbeln.

Drittens: Wir wollen eine Verwaltungsreform, auf die wir schon Jahrzehnte warten und bei der noch immer nichts weitergegangen ist. Weiters wollen wir eine Offensive für Kleinbetriebe. Gerade Kleinbetriebe sind die Jobmotoren der Zukunft, und hier müssen wir mehr machen. Weiters wollen wir Betriebsgründungen begünstigen, die Zahl liegt leider immer noch hinter vergleichbaren Ländern zurück. Auch da muss etwas gemacht werden. (Abg. Mag. Molterer: Wie viel kostet das alles?)

Wir vom BZÖ fordern auch die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaften bei den Kam­mern. Ich weiß, Sie haben das geschützt, indem Sie es in die Verfassung geschrieben haben. Hier muss endgültig eine Freiwilligkeit herrschen. Der Kammerstaat hat sich überlebt, das brauchen wir nicht mehr. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Molterer: Wie viel kostet das alles?)

Weiters wollen wir eine Facharbeiteroffensive. Es gibt immer mehr Betriebe, die keine Facharbeiter mehr bekommen. Auch was die Lehrlinge betrifft, was die Ausbildung be­trifft, ist einiges zu verbessern. Wir wollen auch einen Handwerkerbonus, mit dem wir die Schwarzarbeit zurückdrängen, und dass es Steuergutschriften für all jene gibt, die offiziell Bauleistungen in Anspruch nehmen.

Ganz wichtig: das energieautarke Österreich. Wir wollen nicht mehr vom Ausland ab­hängig sein. Wir wollen, dass wir die 14 Milliarden €, die wir jedes Jahr ans Ausland ver­geuden, in Österreich behalten, um hier die Wertschöpfung zu erhalten. Das wäre wich­tig. Hier gehört einiges gemacht. (Abg. Mag. Molterer: Wie viel kostet das alles?)

Und zuletzt, als zehnten Punkt, wollen wir ein Unterrichtsfach Wirtschaft, um jedem Schüler die wirtschaftlichen Zusammenhänge näherzubringen, um hier dementsprechend zukunftsfähige junge Menschen heranzubilden, die auch in der Wirtschaft ihren Beitrag leisten können.

*****

So viel zu diesem Antrag.

Weiters bringe ich folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 110

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Ing. Westenthaler, Ing. Lugar, List, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Entwicklung von Alternativszenarien zum Euro-Rettungsschirm

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Frau Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Bericht über mögliche Szenarien zur Zukunft des Euros, der EU und Österreichs vorzulegen, der die Beantwortung folgender Fragestellungen beinhaltet:

Welche Konsequenzen hat die Zahlungsunfähigkeit einzelner Euro-Mitgliedstaaten auf die Gemeinschaftswährung?

Welche Möglichkeiten gibt es für Österreich bei einem Scheitern der Rettung des Euros?

Ist es in einem solchen Fall besser, sich wieder einem Währungsverbund anzuschlie­ßen, oder ist es besser, eine eigene österreichische Währung zu schaffen?

Welche Folgekosten hätte ein derartiger Schritt im Vergleich zu den möglichen Kosten weiterer Euro-Rettungsschirm-Zahlungen?“ (Zwischenruf bei der SPÖ.)

„Bis zur Vorlage dieses Berichts ist jedenfalls ein sofortiger Zahlungsstopp im Rahmen des Euro-Schutzschirms zu verhängen, um den festgeschriebenen Finanzrahmen nicht zu gefährden.“

*****

So viel dazu.

Jetzt bringe ich noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Mag. Stadler, Ing. Westenthaler, Ing. Lugar, Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend möglicherweise „nicht angemessene“ Vergütun­gen im Sinne des „Bankenrettungspakets“ sowie mögliche rechtliche Schritte

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Finanzen wird ersucht, die 2009 und 2010 von ,Bankenhilfe‘ beziehenden Banken an ihre organschaftlichen Vertreter ausgezahlten Vergütungen am Maßstab des Finanzmarktstabilitäts-, des Interbankmarktstärkungsgesetzes und der dies­bezüglichen Verordnung zu überprüfen, darüber dem Nationalrat bis Ende 2011 Be­richt zu erstatten und bei festgestellten Rechts- und Vertragsverletzungen die entspre­chenden rechtlichen Schritte durchzusetzen sowie die Verordnung im Lichte der Ergeb­nisse zu verschärfen.“

*****

Speziell dieser Antrag, den ich jetzt zum Schluss eingebracht habe, wird die Nagel­probe sein, ob es Ihnen einfach nur darum geht, alle Anträge der Opposition abzuleh­nen, oder ob es Ihnen darum geht, vernünftige Anträge auch zu unterstützen.

Dieser Antrag bedeutet nichts anderes, als dass wir Sie bitten und auffordern, Ihre ei­genen Gesetze, Ihre eigenen Verordnungen zu überprüfen und dem Nationalrat eine Mel­dung darüber zu machen. Wenn Sie das ablehnen, dann gute Nacht, Parlamenta­rismus. (Beifall beim BZÖ.)

14.24



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 111

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Lugar, ich ergänze noch zum letzten Antrag: Hier im Antrag steht, Sie wollen den Bericht bis Ende Juni, verlesen haben Sie: Ende 2011. – Es ist schon Ende Juni gemeint? (Abg. Ing. Lugar: Ja, ja! Juni!) – Gut, dann ist das so ergänzt.

Die beiden Entschließungsanträge betreffend möglicherweise nicht angemessene Ver­gütungen sowie betreffend Alternativszenarien zum Euro-Rettungsschirm sind ausrei­chend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Der Entschließungsantrag betreffend 10-Punkte-Programm zur Stärkung der mittelstän­dischen Wirtschaft wurde ob seines Umfangs im Saal verteilt und in groben Zügen er­läutert. Er ist ausreichend unterstützt und steht auch mit in Verhandlung.

Die drei Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Bucher, Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend 10-Punkte-Programm zur Stärkung der mittelständischen Wirtschaft – Genug gezahlt!

eingebracht in der 107. Sitzung des Nationalrats am 18. Mai 2011 zum TOP 1, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Bun­desfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 20112-2015(1174 d. B.)

Die Reform des Haushaltsrechts und damit auch das Bundesfinanzrahmengesetz sol­len sicherstellen, dass die einzelnen Ressorts flexibler budgetieren und so auf Entwick­lungen Rücksicht nehmen können. Ein typisches Beispiel wäre es zur besseren Bewäl­tigung der jüngsten Wirtschaftskrise ein gezieltes Paket zur Stärkung der heimischen Wirtschaft umzusetzen.

Die Wirtschaft ist der Motor des Landes. Sie schafft und sichert Arbeitsplätze und damit den Wohlstand und die soziale Sicherheit unserer Familien. Leider sorgt diese Bundes­regierung nicht dafür, dass der Wirtschaft auch der Stellenwert eingeräumt wird, den sie verdient. Im Gegenteil wirtschaftsfeindliche Überregulierungen und überbordende Bü­rokratie hemmen das Unternehmertum in Österreich.

Nach der schweren Wirtschaftskrise, die besonders die mittelständische Wirtschaft stark betroffen hat, gilt es jetzt das besondere Augenmerk darauf zu richten, durch ge­zielte politische Maßnahmen Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Konjunkturmo­tor weiter beleben.

Dabei sollte das Hauptaugenmerk auf folgende 10 Punkte gerichtet werden:

1. Banken – 150 Mio. Euro Schulden, 2 Mrd. durch Steuerschlupflöcher

Die Bankenkrise hat deutlich der Versäumnisse der vergangenen Jahre aufgezeigt. Es wurde zwar den Banken mit enormen Steuermitteln geholfen, an den zweifelhaften Praktiken der Banken hat sich aber nicht geändert. 2 Mrd. Euro werden durch Schlupf­löcher gar nicht versteuert, sondern liegen in den Steueroasen dieser Welt. 150 Mio. Euro an Steuern werden schuldig geblieben, die Banken sind die größten Steuer­schuldner Österreichs. Und der Rest wird im Durchschnitt nur mit 7 Prozent besteuert. Der „normale“ österreichische Steuerzahler aber gleich mit 45 %.

Auf der anderen Seite werden die Bankkunden geschröpft. Zinssenkungen bei Krediten nicht weitergegeben, während die Habenzinsen sofort gesenkt werden. Kleine Unter­nehmen bekommen keine Kredite, weil es für die Banken lukrativer geworden ist mit dem Geld einfach zu spekulieren.

Beschränkung der Differenz zwischen Soll- und Habenzinsen auf 5-%-Punkte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 112

Eindämmung der Gegenverrechung von Gewinnen im Inland mit Verlusten im Ausland. Strenge Kontrolle darüber, dass die Bankensteuer nicht auf die Kunden übergewälzt wird.

Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken

Erleichterte Zugangsbedingungen für KMUs zu Krediten

2. Steuersenkung

Österreich ist der „Nationalpark Hohe Steuern“. Eine Steuerreform, die diesen Namen verdient ist längst überfällig. Gerade die mittelständische Wirtschaft ist die Melkkuh der Nation. Hunderte Ausnahmeregelungen machen das Steuerzahlen nicht einmal ein­fach, fördern lediglich Bürokratie und sind ein Beschäftigungsprogramm für die Beam­ten, aber nicht für die Wirtschaft.

Umsetzung des BZÖ-Flat-Tax-Modells und der Businesstax für die Wirtschaft, d. h. 25 % Gewinnsteuer unabhängig von der Unternehmensform.

Zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen in Krisenzeiten Schaffung der Möglichkeit kurzfristiger Steuerstundungen

3. Verwaltungsreform

Allein aus den 206 Vorschlägen des Rechnungshofes die bisher noch nicht oder nicht ausreichend aufgegriffen wurden, ergibt sich ein geschätztes Einsparungsvolumen von rund 1 Mrd. € pro Jahr. Dies ohne Berücksichtigung der Einsparungsmöglichkeiten durch Reformen im Gesundheitsbereich, der Abwehr der finanziellen Auswirkungen pen­sionsrechtlicher Maßnahmen für den Bund im Bereich der ÖBB (1,2 Mrd. €) sowie durch eine Reform der Wohnbauförderung (bis zu 1 Mrd. €).

Alle Empfehlungen nützen aber nichts, wenn sie nicht umgesetzt werden.

Deshalb fordert das BZÖ sofortige Umsetzung der Rechnungshofempfehlungen.

4. Offensive für Kleinbetriebe

Ein besonderes Anliegen ist dem BZÖ die große Gruppe der bereits mehr als
173.000 Ein-Mann-Unternehmen. Gerade diese Unternehmen sollten in Form zeitlich befristeter Beschäftigungsprämien, die für zusätzlich angestelltes Personal zur Auszah­lung gelangen, unterstützt werden.

5. Betriebsgründungen begünstigen

Jeder, der ein Unternehmen gründet, stellt einen Fortschritt für das innovative Kapital der Gesellschaft dar. Aber gerade die erste Zeit ist für viele Unternehmen kritisch und endet oft mit der Betriebsschließung. Diese Gefahr hält viele Menschen davon ab ein Unternehmen zu gründen.

Das BZÖ fordert:

Keine Kammergebühren in den ersten drei Jahren

Steuerbefreiung für das erste Jahr

begünstigter Sozialversicherungssatz

6. Abschaffung Zwangsmitgliedschaft bei den Kammern

Nach der bereits auf unsere Initiative erfolgten Abschaffung der Eintragungsgebühr, die mit eine Barriere auf dem Weg in die Selbstständigkeit bedeutet hat, sollte im Sinne einer Entlastung gerade in der Gründungsphase, wo Unternehmen oftmals mit Anlauf­verlusten konfrontiert sind, auf die Einhebung der Kammerumlagen gänzlich verzichtet werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 113

Derzeit ist die Grundumlage für jede einzelne Berechtigung zu entrichten. Ziel ist es, die Grundumlage grundsätzlich nur mehr dort vorzuschreiben, wo der wirtschaftliche Schwerpunkt des Unternehmens liegt. Einer internen Erhebung zufolge stehen den 311.000 Kammermitgliedern 110.000 Unternehmer mit mehreren Mitgliedschaften ge­genüber. Mehr als 50.000 müssen vier Mal oder noch öfter die Grundumlage entrichten.

Daher sind für Jungunternehmer in den ersten 3 Jahren keine Kammerbeiträge einzu­heben, die Abschaffung der Mehrfachmitgliedschaften sicherzustellen und längerfristig die Zwangsmitgliedschaft abzuschaffen.

7. Facharbeiteroffensive

Die Wirtschaft braucht gut ausgebildete Facharbeiter. Der Facharbeitermangel in Ös­terreich muss bekämpft werden. Deshalb ist eine Offensive bei der Ausbildung von Fachkräften dringend notwendig. In den Schulen muss die Begeisterung der Jugend für die Karriere als Facharbeiter geweckt werden.

Die Wirtschaft beklagt den Facharbeitermangel am österreichischen Arbeitsmarkt. Um dieser Entwicklung entgegen zu treten, soll der Handwerksberuf in der Öffentlichkeit besser dargestellt werden, sodass wieder mehr Jugendliche eine Lehre im Handwerks­beruf anstreben. Die Qualität der Facharbeiterausbildung ist zu heben. Das duale Sys­tem in der Lehrlingsausbildung muss durch praxisbezogene Reformen lebensfähig er­halten werden. Darüber hinaus ist eine Anpassung der Berufsschullehrpläne an die sich ständig ändernden Anforderungen der Wirtschaft sowie eine Entwicklung neuer Berufsbilder und Sicherung „alter“ Berufe notwendig.

8. Handwerkerbonus vs. Schwarzmarkt

Im Bereich Renovierung, Instandhaltung und Adaptierung können KMUs gezielt geför­dert werden. Umgesetzt werden könnte dies durch eine Halbierung des Mehrwert­steuersatzes von 20 auf 10 %. Über 90 Prozent der in diesem Bereich (Maurer, Maler, Installateur) tätigen Firmen sind echte Kleinbetriebe. Auch wäre dies ein Beitrag zur Eindämmung der Schwarzarbeit und brächte für Konsumenten einen 10-%igen Preis­vorteil.

Darüber hinaus ist die Möglichkeit zur steuerlichen Absetzbarkeit der Mehrwertsteuer (Luxemburger Modell) für Arbeitskosten sicherzustellen.

Verhinderung von Sozial- und Umweltdumping durch osteuropäische Formen, die auf den heimischen Markt drängen und das oftmals mit ruinösen und Wettbewerbsverzer­renden Methoden versuchen.

9. Energieautarkes Österreich – Jobchance erneuerbare Energie

Das Prinzip der vollständigen Energieautarkie ist als grundlegende Zielbestimmung in der österreichischen Energie- und Umweltpolitik zu verankern. Gerade angesichts der aktuellen Ereignisse in Zusammenhang mit den Unfällen in japanischen Kernkraftwer­ken ist es ein Gebot der Stunde, endlich umzudenken. Ausbau der thermischen Sa­nierung und finanzielle Förderung erneuerbare Energie finanziert durch eine, von den Atomkraftwerksbetreibern zu leistende Atomabgabe.

10. Unterrichtsfach Wirtschaft

Aus einer aktuellen Studie des "Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft" geht hervor, dass angehende Studenten massive Bildungslücken im Bereich Wirtschaft ha­ben. 50 Prozent von 1.900 Befragten haben nicht einmal die Hälfte der Fragen über in­ternationale Wirtschaftsthemen richtig beantworten können. Der Grundstein für eine diesbezügliche Wissensvermittlung ist in den Schulbereich zu verlagern.

Daher ist es notwendig, wenn bereits in der Schule ab der fünften Schulstufe in Form eines Pflichtfaches ausreichendes Wirtschaftswissen vermittelt wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 114

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Wirtschaftsminister wird aufgefordert, im Rahmen der Umsetzung des Bundesfi­nanzrahmengesetzes für das Ressort Wirtschaft, Familie und Jugend folgende Punkte umzusetzen:

1. Bereich Banken

Beschränkung der Differenz zwischen Soll- und Habenzinsen auf 5-%-Punkte.

Eindämmung der Gegenverrechung von Gewinnen im Inland mit Verlusten im Ausland.

Strenge Kontrolle darüber, dass die Bankensteuer nicht auf die Kunden übergewälzt wird.

Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken

Schaffung von erleichterten Zugangsbedingungen für KMUs zu Krediten

2. Bereich Steuern

Umsetzung des BZÖ-Flat-Tax-Modells und der Businesstax für die Wirtschaft, d. h. 25 % Gewinnsteuer unabhängig von der Unternehmensform.

Schaffung der Möglichkeit kurzfristiger Steuerstundungen zur Überbrückung von Liqui­ditätsengpässen in Krisenzeiten

3. Bereich Verwaltungsreform

Umgehende Umsetzung der Rechnungshofvorschläge zur Verwaltungsreform.

4. Bereich Kleinbetriebe

Schaffung zeitlich begrenzter Beschäftigungsprämien für Ein-Mann-Gesellschaften, wenn diese zusätzliches Personal einstellen.

5. Bereich Betriebsgründungen

Steuerbefreiung für das erste Jahr

Einführung eines begünstigten Sozialversicherungssatz für die ersten drei Jahre nach Unternehmensgründung für Einzelunternehmer

6. Bereich Zwangsmitgliedschaft bei den Kammern

Für Jungunternehmer entfällt die Kammerumlage in den ersten 3 Jahren.

Abschaffung der Mehrfachmitgliedschaften sicherzustellen

Erstellung einer langfristigen Konzepts zur Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft.

7. Bereich Facharbeiteroffensive

Bessere öffentliche Darstellung des Handwerksberufs.

Schaffung von Qualitätsstandards bei der Facharbeiterausbildung.

Das duale System in der Lehrlingsausbildung muss durch praxisbezogene Reformen lebensfähig erhalten werden.

Anpassung der Berufsschullehrpläne an die sich ständig ändernden Anforderungen der Wirtschaft sowie Entwicklung neuer Berufsbilder


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 115

8. Bereich Handwerkerbonus

Halbierung des Mehrwertsteuersatzes auf Handwerkerleistungen von 20 auf 10 %.

Schaffung der Möglichkeit zur steuerlichen Absetzbarkeit der Mehrwertsteuer (Luxem­burger Modell) für Arbeitskosten.

9. Bereich Energieautarkie

Sämtliche Gesetzesmaterien, die den Bereich Energie betreffen sollen am Ziel der Energieautarkie ausgerichtet werden.

10. Bereich Unterrichtsfach Wirtschaft

In der Schule wird ab der fünften Schulstufe eines Pflichtfaches eingeführt das ausrei­chendes Wirtschaftswissen vermittelt.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Ing. Westenthaler, Ing. Lugar, List, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Entwicklung von Alternativszenarien zum Eurorettungsschirm

eingebracht in der 107. Sitzung des Nationalrats am 18. Mai 2011 zum TOP 1, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Bun­desfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 2012-2015 (1174 d. B.)

Auch wenn für die Frau Finanzminister weitere Zahlungen im Rahmen des Euroret­tungsschirms „no problem“ darstellen, mehren sich unter Experten Zweifel an der Nachhaltigkeit dieser Maßnahmen. Im Hinblick auf die Einhaltung des vorgegebenen Finanzrahmens, wäre es wichtig mögliche Entwicklungen bereits im Vorfeld in ihren Aus­wirkungen auf das österreichische Budget zu untersuchen.

Es scheint, als ob mit dem Eurorettungsschirm ein Fass ohne Boden zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler entstanden ist, dass den Tag der Wahrheit, näm­lich jenen Tag an dem die Zahlungsunfähigkeit einiger Euromitgliedsstaaten offen zu Tage treten wird, zwar – um einen sehr hohen Preis – nach hinten verschiebt, aber das grundsätzliche Problem des wirtschaftlichen Ungleichgewichts innerhalb der Eurozone nicht lösen kann.

Es ist höchste Zeit Überlegungen über mögliche Szenarien betreffend die Zukunft des Euros, der EU, aber in erster Linie natürlich Österreichs anzustellen. Bislang ist über derartige Überlegungen in der Öffentlichkeit nichts bekannt geworden.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

 „Die Frau Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Bericht über mögliche Szenarien zur Zukunft des Euros, der EU und Österreich vorzulegen, der die Beantwortung folgender Fragestellungen beinhaltet:

Welche Konsequenzen hat die Zahlungsunfähigkeit einzelner Euromitgliedsstaaten auf die Gemeinschaftswährung?

Welche Möglichkeiten gibt es für Österreich bei einem Scheitern der Rettung des Euros?

Ist es in einem solchen Fall besser sich wieder einem Währungsverbund anzuschlie­ßen oder ist es besser eine eigene österreichische Währung zu schaffen?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 116

Welche Folgekosten hätte ein derartiger Schritt im Vergleich zu den möglichen Kosten weiterer Eurorettungsschirmzahlungen?

Bis zur Vorlage dieses Berichts ist jedenfalls ein sofortiger Zahlungsstopp im Rahmen des Euroschutzschirms zu verhängen, um den festgeschriebenen Finanzrahmen nicht zu gefährden“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Mag. Stadler, Ing. Westenthaler, Ing. Lugar, Mag. Wid­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend möglicherweise „nicht angemessene“ Ver­gütungen im Sinne des „Bankenrettungspaketes“ sowie mögliche rechtliche Schritte

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (1174 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 erlassen wird - BFRG 2012-2015 (1199 d.B.)

Nicht zuletzt anlässlich der kürzlich bekannt gewordenen Verdoppelung der Aufsichts­ratsvergütungen bei der Ersten Bank für das Jahr 2010 fordern wir als Anwalt der Steu­erzahler von der Finanzministerin rechtliche Schritte wegen möglicher Gesetzes- Ver­ordnungs- und Vertragsverletzungen der Banken durch Gewährung „nicht angemes­sener“ Vergütungen trotz der Inanspruchnahme von Milliardenhilfen im Rahmen des Bankenrettungspakets (Finanzmarktstabilitäts- und Interbankmarktstärkungsgesetz so­wie Verordnung zur Festlegung näherer Bestimmungen über die Bedingungen und Auflagen für Maßnahmen nach dem Finanzmarktstabilitätsgesetz und dem Interbank­marktstärkungsgesetz) zu prüfen bzw. ihrem Ruf als eiserne Lady nun auch gegenüber den „vermeintlich Starken“, nämlich den Banken, gerecht zu werden.

Fraglich erscheint konkret, ob die mit dem „Bankenrettungspaket“ verbundenen Aufla­gen und Bedingungen bzw. die Inhalte der Verordnung betreffend die Vergütungen - laut dem Finanzministerium wurden alle in der Durchführungsverordnung zum „Ban­kenrettungspaket“ vorgesehenen Bedingungen und Auflagen „vertraglich geregelt“ - von den Banken eingehalten worden sind bzw. werden. Maßgeblich ist insbesondere § 4 Abs. 2 Ziffer 2 der „Verordnung zum Bankenrettungspaket“, der wie folgt lautet:

„Das Entgelt der organschaftlichen Vertreter und der leitenden Angestellten des Be­günstigten ist auf ein angemessenes Maß zu begrenzen, wobei dafür insbesondere zu berücksichtigen sind,

a) der Beitrag der betreffenden Person zur wirtschaftlichen Lage des Begünstigten ins­besondere im Rahmen der bisherigen Geschäftspolitik und des Risikomanagements und

b) die Erforderlichkeit eines marktkonformen Entgelts, um für die nachhaltige wirt­schaftliche Entwicklung besonders geeignete Personen beschäftigen zu können.“

Sicher feststellbar dürfte hinsichtlich der Vorschrift sein, dass das „angemessene Maß“ nicht dem Maße entsprechen dürfte, welches vor Ausbruch der Krise gegolten hat, da die Regelung ansonsten sinnentleert wäre. Aus gleichem Grunde dürfte im Sinne der Steuerzahler unstreitig davon auszugehen sein, dass das „angemessene Maß“ zumin­dest deutlich unter dem zuvor genannten Maße liegen dürfte.

Im Lichte dessen erscheinen neben den oben genannten Aufsichtsratgagen der Ers-
ten Bank im Besonderen auch die Steigerungen der Fixgehälter im Jahr 2010 bei der Raiffeisen Bank International um 78 % (Durchschnittliche Fixgehälter pro Kopf: 2008: 609.000 Euro; 2009: 783.000 Euro; 2010: 1.395000 Euro), was sich aus der bemer­kenswerte Analyse der Arbeiterkammer Wien mit dem Titel „Vorstandsvergütung und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 117

Ausschüttungspolitik der ATX Konzerne“ aus dem Monat Mai 2011 ergibt, überprü­fungswürdig. Vor allem die diesbezügliche Schlussfolgerung der AK Wien:

„Der Schluss liegt nahe, dass niedrige Bonuszahlungen bedingt durch die Talfahrt der Aktienmärkte im Krisenjahr 2009 dazu geführt haben, die Grundgehälter anzuheben, um den Vorständen ein möglichst „sicheres“ hohes Gehaltsniveau zu bieten.“

dürfte die Dringlichkeit einer Überprüfung am Maßstab des § 4 Abs. 2 der genannten Verordnung verdeutlichen.

Alles in allem sind durch die Gewährung derart horrender Vergütungen Vertragsverlet­zungen durch die Staatshilfen in Anspruch nehmenden Banken gegenüber dem Staat nicht auszuschließen. Nähere Schlussfolgerungen werden nicht zuletzt mangels Kennt­nis der genauen Vertragsausgestaltungen (z. B. vereinbarte Vertragsstrafen) verun­möglicht. Umso mehr scheint es die Aufgabe einer verantwortungsvollen Finanzminis­terin sein, die Einhaltung der Gesetzes-, Verordnungs- bzw. Vertragsbedingungen zu überprüfen, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler darüber zu informieren und bei Ver­tragsverletzungen aller rechtlichen Schritte schonungslos zu verfolgen.

Im Hinblick auf diese Unklarheiten stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Finanzen wird ersucht, die 2009 und 2010 von „Bankenhilfe“ beziehenden Banken an ihre organschaftlichen Vertreter ausgezahlten Vergütungen am Maßstab des Finanzmarktstabilitäts-, des Interbankmarktstärkungsgesetz und der diesbezüglichen Verordnung zu überprüfen, darüber dem Nationalrat bis Ende Juni 2011 Bericht zu erstatten und bei festgestellten Rechts- und Vertragsverletzungen die ent­sprechenden rechtlichen Schritte durchzusetzen sowie die Verordnung im Lichte der Ergebnisse zu verschärfen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.25.26

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn darf ich einen Abänderungsantrag zum Bundesfinanzrahmengesetz 2012 einbringen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Jakob Auer, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungs­vorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 2012-2015 (1174 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. Im § 1 ist der Ausgabenbetrag 2012 fix in der Rubrik 0,1 von 8 Milliarden 8,081 Mil­lionen € um 14,7 Millionen € auf 8 Milliarden 22 781 Millionen € zu erhöhen. Entspre­chend erhöht sich die Summe 2012 für die Rubrik 0,1 auf 8 Milliarden 117,981 Mil­lionen € und die Gesamtsumme 2012 auf 73 Milliarden 605 Millionen 635 €.“

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 118

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Gaßner! Immer wenn Sie „Milliarden“ vorgelesen haben, waren es Tausend. Also es sind 73 605,635 Millionen € (Zwischen­ruf bei der ÖVP), sonst wäre es ein bisschen zu viel. Im Sinne dessen wird das im Pro­tokoll berichtigt, nehme ich an.

Setzen Sie bitte fort!

 


Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (fortsetzend): „2. Im § 2 ist bei der Untergliederung 2 Bundesgesetzgebung die für 2012 angeführte Obergrenze für Ausgaben 159,216 Mil­lionen € um 14,7 Millionen € auf 173,916 Millionen € anzuheben.“

*****

Das hat jetzt aber gestimmt, glaube ich.

Meine Damen und Herren! Diese Abänderung wird notwendig, weil ein Initiativantrag der Abgeordneten Auer, Wöginger, Kräuter und Gaßner vorliegt, bei dem es um die so­zialrechtlichen Änderungen für politische Mandatare geht. Dieser Initiativantrag wird dann im Budgetausschuss zu behandeln sein.

Eine Bemerkung noch zum Bundesfinanzrahmengesetz: Bei all dem, was hier gut und teuer ist, möchte ich doch bemerken, dass ich eine gewisse Sorge habe, wenn es um die Gemeinden geht. Die Gemeindebudgets – das wissen wir alle – sind in den letzten Jahren relativ angestrengt, beziehungsweise den Gemeinden wurden immer mehr Auf­gaben übertragen, und die notwendige Finanzierung dazu wurde nicht übermittelt.

Das führt dazu, dass sehr, sehr viele Gemeinden – weit mehr als die Hälfte – ihre Haus­halte nicht mehr ausgleichen können. Wenn jetzt festgelegt wird, dass sich Gemeinden nicht mehr neu verschulden dürfen, dann frage ich mich, wie sie ihre Schulden abde­cken sollen. Zudem sind die Gemeinden der größte Investor. Wenn man sehr genau aufpasst, weiß man, dass – bei allem Wirtschaftswachstum, das wir jetzt Gott sei Dank zu verzeichnen haben – gerade die Bauwirtschaft und die kleineren Betriebe eher noch nachhinken, und zwar deswegen, weil die Gemeinden nicht mehr investieren können.

Daher ersuche ich schon sehr eindringlich, das in den nächsten Jahren auch zu be­rücksichtigen und dafür zu sorgen, dass die Gemeinden wieder das Geld zur Verfü­gung haben, das sie brauchen, um die Lebensqualität in den Gemeinden erhalten zu kön­nen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Jakob Auer, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungs­vorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 2012-2015 (1174 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Im § 1 ist der Ausgabenbetrag 2012 fix in der Rubrik 0,1 von 8.008,081 Millionen EUR um 14,700 Millionen EUR auf 8.022,781 Millionen EUR zu erhöhen. Entsprechend er­höht sich die Summe 2012 für die Rubrik 0,1 auf 8.117,981 Millionen EUR und die Ge­samtsumme 2012 auf 73.605,635 Millionen EUR.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 119

Im § 2 ist bei der UG 2 Bundesgesetzgebung die für 2012 angeführte Obergrenze für Ausgaben von 159,216 Millionen EUR um 14,700 Millionen EUR auf 173,916 Millionen EUR anzuheben.

Begründung:

Endet der Anspruch auf Bezüge oder auf Bezugsfortzahlung eines Mitgliedes des Na­tionalrates, des Bundesrates oder des Europäischen Parlaments, so hat der Bund ge­mäß § 13 Bundesbezügegesetz an den Pensionsversicherungsträger, der aufgrund der ausgeübten Erwerbstätigkeit zuständig ist oder aufgrund der zuletzt ausgeübten Er­werbstätigkeit zuständig war, einen Anrechnungsbetrag (Dienstgeber- und Dienstneh­meranteil) zu leisten. Durch die Novellierung des Bundesbezügegesetzes wird diese Vorgangsweise durch eine laufende Überweisung der Beiträge an den zuständigen Pen­sionsversicherungsträger ab 1. Jänner 2012 ersetzt.

Eine Aufrollung und Überweisung sämtlicher bisher angefallener Anrechnungsbeträge zum Stichtag 31. Dezember 2011 wird sich im Budget 2012 einmalig mit 14,700 Mil­lionen EUR niederschlagen und ist derzeit nicht budgetiert. Die im gegenständlichen Bundesfinanzrahmengesetz für ausscheidende Mandatare bereits vorgesehenen Bud­getmittel für Anrechnungsbeträge, insbesonders jene Mittel im Jahr 2013 für mit Ablauf der XXIV. GP ausscheidende Mitglieder des Nationalrates, werden zur Bedeckung der bis Ende 2015 anfallenden Dienstgeberbeiträge benötigt werden.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Letten­bichler. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.29.23

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir haben eine Finanz- und in weiterer Folge eine Wirt­schaftskrise hinter uns, die Österreich – und das bestätigen uns alle Wirtschaftsexper­ten – besser bewältigt hat als viele andere europäische Länder.

Gelungen ist dies vor allem durch den Einsatz unserer innovativen Unternehmer mit ih­ren tüchtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es war unbestritten auch ein wesentliches Verdienst der entschlossenen Politik unserer Bundesregierung, die in Zeiten der Krise rasch die richtigen Maßnahmen ge­setzt hat, auch wenn Sie von der Opposition das noch immer nicht wahrhaben wollen.

Natürlich haben all diese Maßnahmen viel Geld gekostet. Die dadurch entstandenen Schulden müssen nun aber rasch abgebaut werden, schließlich schränken sie die Poli­tikgestaltung wesentlich ein. Daher wollen wir die Neuverschuldung bis 2013 unter 3 Pro­zent senken. Wir wollen das jedoch nicht mit neuen Steuern schaffen, sondern über die Ausgabenseite. Neue Steuern sind der Bevölkerung nicht zumutbar  und schon gar nicht eine Eigentums- oder Schnüffelsteuer. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Kog­ler und Dr. Strutz.)

Beschleunigbar ist dieser Schuldenabbau auch durch eine kluge Privatisierungsstrate­gie, und an dieser Stelle darf ich, meine Damen und Herren, auch mit so mancher Irr­meinung aufräumen. (Abg. Mag. Kogler: ... ist, was Sie reden!) Die österreichische Volkswirtschaft umfasst 8,2 Millionen Menschen (Abg. Mag. Kogler: Wer hat das ge­schrieben?), davon sind rund 48 Prozent, also weniger als die Hälfte, im Erwerbsle-
ben, und 52 Prozent sind keine Erwerbspersonen. (Abg. Mag. Kogler: Wer ist der Herr Schnüffel?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 120

Das heißt also, dass eine knappe Minderheit die Konsummöglichkeiten für eine knappe Mehrheit erwirtschaftet. Hingegen schultern jetzt schon die obersten 10 Prozent der Einkommensbezieher knapp 60 Prozent der Steuerleistung, während 48 Prozent der Einkommensbezieher nach der letzten Steuerreform nun überhaupt keine Lohnsteuer mehr zahlen. Diese Fakten sollten berücksichtigt werden, wenn man von Verteilungs­gerechtigkeit spricht und über neue Steuern nachdenkt. (Beifall bei der ÖVP.)

Den Mittelstand weiter zu belasten kommt für die ÖVP jedenfalls nicht in Frage. Wir stellen uns schützend vor unsere Leistungsträger, und für mich ist jeder ein Leistungs­träger oder eine Leistungsträgerin, der/die mehr einzahlt, als er/sie herausnimmt. Das ist die Krankenschwester genauso wie der Industriearbeiter, der Landwirt oder die Un­ternehmerin. Wir verfolgen bei den Steuern folgenden Ansatz: einfacher, weniger und leistungsgerechter. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung setzt auf die richtigen Bereiche und ergreift offensive Maßnahmen. Es wird keine Kürzungen für die Familien, die Bildung, die Forschung geben. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf bei der FPÖ.) Wissenschaft, Bildung und Forschung  die wichtigsten Zukunftsthemen  werden entsprechend fi­nanziell unterstützt.

Abschließend möchte ich angesichts der heutigen, aber auch der gestrigen Debatte eine Lanze für die Europäische Union und für den Euro brechen. Seit dem EU-Beitritt sind in Österreich knapp 300 000 neue Jobs geschaffen worden. Laut Wifo sind rund 180 000 Jobs alleine auf die Effekte des EU-Beitritts und der EU-Erweiterung zurück­zuführen.

Durch die steigende Exporttätigkeit der heimischen Unternehmen entstehen direkt und indirekt jährlich 37 000 zusätzliche Arbeitsplätze, und unsere gemeinsame Währung, der Euro, ist dabei auch weiterhin der Garant für diese positive Entwicklung. Der Euro ist die zweitstärkste Währung der Welt, und es wird dem BZÖ und der FPÖ nicht gelin­gen, Österreich oder den Euro krankzureden.  Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Strutz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.33.05

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Staatssekretäre! Meinem Vorredner von der ÖVP möchte ich nur sagen: Sie brauchen das nicht uns zu sagen, dass wir über neue Steuern nicht nachzudenken haben. Sa­gen Sie das bitte Ihrem Koalitionspartner, sagen Sie das der SPÖ, die jede Woche ei­nen neuen Vorschlag hat, wie man die Österreicherinnen und Österreicher erneut zur Kasse bitten könnte! (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Bitte redet in der Koalition, und redet vor allem nicht hier am Rednerpult anders, als ihr dann handelt, denn wenn man sich die Fakten ansieht, dann war es gerade die ÖVP, die in den letzten Jahren neue Steuern erfunden, neue Steuern eingeführt und die Steu­ern erhöht hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Es mag eine Strategie, vor allem der ÖVP, sein, den Kopf wie der Vogel Strauß in den Sand zu stecken, Realitätsverweigerung zu betreiben. Das mag eine Strategie sein – ob sie erfolgreich ist, sei einmal dahingestellt. Ich verstehe auch die heutige Umar­mung der Grünen vonseiten des ÖVP-Klubobmanns. Man hat sich bei der Zustimmung der Bevölkerung prozentmäßig an ein ähnliches Niveau angenähert, was der ÖVP ... (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Rudas.) – Bitte, Frau Kollegin? (Abg. Mag. Rudas: Welcher Par­tei gehören Sie jetzt eigentlich an?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 121

Wir sind von den Freiheitlichen, und wir sind jene Partei, die von Wahl zu Wahl Prozen­te dazugewinnt. Im Gegensatz zu Ihnen, Frau Kollegin, denn Sie verlieren ständig, weil Sie hier am Rednerpult anders reden, als Sie handeln. (Beifall bei der FPÖ. Zwischen­ruf des Abg. Kickl.)

Fakt ist: Sie haben Schulden gemacht; Fakt ist: Sie haben Steuern erhöht; und Fakt ist: Sie verschenken unser Geld nach Griechenland. (Zwischenrufe bei der FPÖ sowie des Abg. Scheibner.) Kommen Sie heraus, erklären Sie die drei neuen Massensteuern Ih­ren Wählern, die Ihnen einfach davonlaufen! (Beifall bei der FPÖ. Zwischenrufe der Abg. Mag. Rudas.)

Da steht, wer das Budget saniert: Die Rentner, die Autofahrer und die Kinder sanieren das Budget, Frau Kollegin. (Der Redner hält einen Zeitungsartikel in die Höhe.) Darü­ber sollten Sie einmal nachdenken! Das ist Ihre Klientel, Sie sollten die Frauen vertre­ten! Lesen Sie den jüngsten Bericht der Statistik Austria! Lesen Sie den OECD-Bericht! Wissen Sie, was da drinnen steht, Frau Kollegin?  Single mit Kind: Drittel vom Lohn weg. (Der Redner hält einen weiteren Zeitungsartikel in die Höhe.)

Ich werde Ihnen sagen, warum die SPÖ von Wahlgang zu Wahlgang verliert, warum die Frauen Ihre Partei nicht mehr wählen. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Mag. Rudas: :.. Hy­po in Kärnten?) Sie tun dies, weil Folgendes Fakt ist: 1 Euro für mich, 1 Euro für den Staat. So hört es sich an, wenn eine alleinerziehende Frau am Monatsende auf den Lohnzettel schaut. Wissen Sie, wie viel sie an den Staat abzuliefern hat? 43,3 Prozent an Steuern, an Sozialabgaben an die Frau Finanzministerin.

Das liegt bei Weitem über dem OECD-Schnitt. Ein Ehepaar mit zwei Kindern, bei dem einer einen Durchschnittslohn und der andere zwei Drittel davon verdient, legt Steuern in der Höhe von 40 Prozent ab. In der OECD, in allen anderen europäischen Ländern sind das 29 Prozent. Jetzt werde ich Ihnen noch etwas sagen, Frau Kollegin. Für ganz Österreich gilt eines: Die Beamten verdienen fast das Dreifache vom Arbeitnehmer.

Der Wert ihres Einkommens hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht. Das geht aus dem aktuellen Einkommensbericht der Statistik Austria hervor. Das ist Ihr Institut, das sind die Fakten, also kommen Sie nicht hier heraus und erzählen Sie irgendwelche Märchen über eine Steuersenkung, die Sie in Wirklichkeit überhaupt nicht notwendig ha­ben. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt noch zu einem Beitrag, der mir sehr am Herzen liegt. Welcher Bereich im Budget ist der mit der größten Dynamik?  Das ist der Gesundheitsbereich, wo uns seit Jahren Reformen versprochen werden. Lesen Sie sich den Rechnungshofbericht durch, lesen Sie Ihre eigene Regierungserklärung durch, lesen Sie die täglich angekündigten Refor­men vor (Abg. Krainer: Wie hoch sind die Gesundheitsausgaben des Bundes?): jähr­lich 6 Prozent Steigerungen, 600 Millionen € jährlich. Mittlerweile sind wir von 26 Mil­liarden € im Jahr 2006 auf 33 Milliarden € angestiegen.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Sie haben in Ihrer Regierungserklärung das große Re­formprojekt ELGA ausgerufen. 30 Millionen € wurden in den Sand gesetzt, die Frau Kollegin hat ja das Beispiel gebracht, die große e-Medikation. Soll ich Ihnen sagen, wie da vorgegangen wird? Wissen Sie, was da los ist? (Abg. Krainer: Dass Sie nicht wis­sen, wovon Sie reden!) Verträge ohne Ausschreibung, widerrechtliche Vergaben. Der Hauptverband zahlt jetzt 24 000 € Strafe. (Zwischenruf des Abg. Riepl.)

Das gesamte Projekt der e-Medikation wurde in den Sand gesetzt, ist gestorben, weil alleine die Kosten für den Probebetrieb mehr als 3 Millionen € betragen haben. 30 Mil­lionen € für ein Projekt, das Sie in Ihrer Regierungserklärung mit Ende des Jahres 2009 den ÖsterreicherInnen als fix und fertig versprochen haben.

Wir sprechen von 150 Millionen € Folgekosten alleine für ein Projekt, das in Wirklichkeit dazu zwingt, dass in den Bundesländern Krankenhäuser geschlossen werden müssen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 122

dass Betten und Pflegepersonal reduziert werden. Da haben wir in den letzten Jahren in Summe, wegen Misswirtschaft des Gesundheitsministeriums, 180 Millionen € ver­geudet. (Zwischenruf der Abg. Dr. Oberhauser.)

Ich sage Ihnen eines: Wir werden dieses Projekt sehr genau beobachten, denn das, was da geschehen ist (der Redner zeigt eine Graphik) – Verträge ohne Ausschreibun­gen, widerrechtliche Vergaben, wo der Hauptverband verurteilt worden ist –, hat eine viel größere Dimension.

Ich sage nur eines: Die Firma Siemens – und wir wissen, wer dort in den Vorstands­etagen vertreten ist, die Frau Ederer, die Frau Kircher-Kohl, alles hochrangige ehema­lige SPÖ-Funktionärinnen – tritt bereits im Vorfeld als Sponsor der sogenannten ELGA-Anwendertreffen auf. (Staatssekretär Dr. Ostermayer: Das ist falsch!)

Jetzt frage ich Sie um Ihre Meinung: Eine der größten Firmen, die sich um den Kuchen aller Gesundheitsdaten  und wir sprechen von allen Gesundheitsdaten in Österreich  bewirbt, finanziert und sponsert diese Organisation im Vorfeld. Darüber werden wir uns hier noch genauer unterhalten müssen, umso mehr, als eine aktuelle Stellungnahme des Rechnungshofes vorliegt, der dieses Projekt vernichtet. (Der Redner zeigt neuer­lich eine Graphik.)

Sie haben im Gesundheitsbereich, in dem Bereich, der die größte Dynamik hat, in dem Bereich, wo wir mittlerweile 33 Milliarden € Defizit haben, in dem Bereich, wo fast ein Drittel der österreichischen Bevölkerung beschäftigt und unmittelbar betroffen ist, keine einzige Reform gesetzt, außer dass Sie Steuergeld vernichtet haben. Das ist ein Fak­tum, und deshalb: Kommen Sie nicht hier heraus und reden von Steuersenkung und anderen Dingen! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

14.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Buchmayr. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Kickl: SPÖ mit S wie Siemens! Ruf bei der SPÖ: Das ist die erste Rede!)

 


14.40.53

Abgeordneter Harry Rudolf Buchmayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich wähle ein weniger polemisches Thema, und zwar die Situation auf dem Arbeitsmarkt und die Bereiche, die in den letzten Jahren von der Bun­desregierung sehr positiv beeinflusst wurden.

2008, das wurde ja schon mehrmals erwähnt, hatten wir eine respektable Krise, ausge­löst durch eine Finanzkrise. Wer das quasi in Echtzeit miterlebt hat, der hat gesehen, dass Firmen, gerade im industriellen Bereich, 30, 40, sogar bis zu 60 Prozent Auftrags­einbrüche gehabt haben. Innerhalb weniger Monate wurde mit der Sozialpartnerschaft, aber in der Hauptsache auch durch die Bundesregierung, eine sehr gute Lösung ge­funden, nämlich schwerpunktmäßige Kurzarbeit. Das war damals eine, wie ich im Nach­hinein sagen muss, sehr mutige Entscheidung, weil ja die Dauer der Krise nicht abseh­bar war.

Die Bundesregierung hat zusammen mit der Sozialpartnerschaft – das kann man jetzt im Nachhinein auf jeden Fall sagen – das richtige Mittel zur Überwindung der größten Krise seit den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts gefunden. Aktuell haben wir jetzt, laut Eurostat, 4,3 Prozent Arbeitslosigkeit in Österreich. Das ist der zweitbeste Wert in Europa, und im Bundesfinanzrahmengesetz von 2012 bis 2015 ist vorgesehen, annähernd 6 Milliarden € für arbeitsplatzfördernde Maßnahmen und Projekte bereitzu­stellen.

Ich denke aber, dass die echte Herausforderung für die nächsten Jahre die folgenden drei Themenbereiche sein werden: Da ist einmal die demographische Entwicklung mit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 123

der Alterung der Bevölkerung, aber auch die Finanzierung der zu Pflegenden und der erforderliche Ausbildungsstand des Pflegepersonals.

Die Anpassung und Verbesserung der Strukturen zur wirksamen Bekämpfung des Lohn- und Sozialdumpings  ein Gesetz, das erst eingeführt wurde  ist in Europa ein­zigartig, auch wenn mit Sicherheit erst die Wirksamkeit unter Beweis gestellt werden muss.

Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist ein weiterer wichtiger Punkt. Sie liegt in Österreich derzeit bei 9,4 Prozent, ist also mehr als doppelt so hoch wie die mittlere Ar­beitslosigkeit. Allerdings gibt es Länder, die bis zu 48 Prozent Jugendarbeitslosigkeit ha­ben. Wir liegen sehr gut, aber das Thema wird eine Herausforderung sein, umso mehr, als die Jugend es auch verdient, entsprechend unterstützt zu werden.

Eine erhöhte Aufmerksamkeit verdient allerdings auch die Einkommensentwicklung in Österreich. Die realen Unterschiede zwischen Frauen und Männern sind bekannt und es wurden Maßnahmen eingeleitet, aber laut Einkommensbericht des Rechnungshofes über die letzten zwölf Jahre gibt es doch deutliche Unterschiede zwischen ArbeiterIn­nen, Angestellten und BeamtInnen.

So verdienten ArbeiterInnen in den letzten zwölf Monaten  inflationsbereinigt  minus 9 Prozent, Angestellte 3,5 Prozent und Beamte 26 Prozent. Ich denke, das ist ein The­ma, dessen wir uns annehmen sollten, und unsere Bemühungen sollten auch in Ein­kommenssteigerungen ihren Niederschlag finden. So viel vielleicht auch zum Thema Leistungsgerechtigkeit.  Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Schittenhelm. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.44.59

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Über Stunden wird jetzt das Bundesfi­nanzrahmengesetz diskutiert; über internationale Verflechtungen, Griechenland, Portu­gal, bis hin zur Stabilität des Euros wird populistisch, wird sachlich geredet und gibt es Diskussionsbeiträge.

Eines – und ich habe das sehr genau verfolgt – kann man doch sagen, nämlich dass jene, die hier die Maßnahmen, die noch unter Finanzminister Pröll gesetzt wurden, ent­sprechend negativ bewerten und heute alles schlechtmachen, was diese Bundesregie­rung tut, der Republik keinen guten Dienst erweisen, denn es ist so wie in jedem Unter­nehmen: Was schlechtgeredet wird, bekommt einen schlechten Ruf und wird auch nicht mehr die Akzeptanz und damit die Vorteile haben, die wir eigentlich brauchen, um eine Wirtschafts- und Finanzkrise zu überstehen beziehungsweise in positive Fahrwäs­ser zu kommen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Csörgits.)

Wir haben, meine geschätzten Damen und Herren, damals mit Josef Pröll als Finanz­minister, eine erfolgreiche Krisenbekämpfung bewerkstelligt. Das ist ein Faktum, und ich brauche nicht zu wiederholen, dass wir uns durch die vielen Konjunkturpakete, die geschnürt wurden  die natürlich sehr viel Geld gekostet haben und noch kosten , und durch diese Maßnahmen, die richtig und rechtzeitig gekommen sind und die Sie auch mitbeschlossen haben, den besseren Startvorteil für die Konsolidierungs- und Stabili­sierungsphase unseres Budgets verschafft haben. Das ist der Punkt, und somit haben wir, Österreich, auch eine bessere Ausgangssituation gegenüber den europäischen Part­nern und anderen.

Meine Damen und Herren, mit dem Bundesfinanzrahmengesetz  und das bestätigen auch der Budgetexperte Professor Lehner und der Wifo-Experte Marterbauer  haben wir eine solide Grundlage für die Budgetkonsolidierung gelegt. Das ist ein Faktum, und


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wir sollten es nicht kleinreden, ganz im Gegenteil. Auch die Ziele sind ganz klar von un­serer Finanzministerin Maria Theresia Fekter vorgegeben worden, nämlich Defizitre­duktion und Schuldenbremse. Das sind wesentliche Punkte.

Die Neuverschuldung  und es ist auch ganz wesentlich, das zu sehen  muss ab 2013 unter 3 Prozent fallen, und gleichzeitig  und das ist eben auch die Kraftanstren­gung, die wir gemeinsam machen müssen  brauchen wir Wirtschaftswachstum, um die Arbeitsplätze, die wir haben, zu sichern, aber auch um neue Arbeitsplätze, vor al­lem für die jungen Menschen, zu schaffen.

Der Sinn und Zweck des Bundesfinanzrahmengesetzes ist auch klar. Auch da appel­liere ich dafür, dies ohne Emotionen zu sehen, sondern einfach die Fakten zu berück­sichtigen. Die vier folgenden Finanzjahre müssen eine Phase der Konsolidierung und Stabilisierung des Budgets sein. In diesem Zusammenhang sind natürlich auch die Aus­gabenobergrenzen in den verschiedenen Ressorts zu sehen.

In diesen vier Jahren brauchen wir ganz einfach eine unterstützte Budgetdisziplin in den einzelnen Ressorts. Jeder Minister ist für sich und für seinen Bereich verantwortlich, da gibt es keine Ausreden mehr – wie zum Beispiel beim Thema Gesundheit, dass da der Finanzminister schuld sei. Das ist für mich ein ganz wesentlicher Punkt.

Es erleichtert die Budgetplanung, vor allem für mittelfristige Vorhaben, wie wir das auf Gemeindeebene schon lange sehen. Ich kann ja nicht sagen, morgen mache ich das, übermorgen das, sondern ich muss wissen, was ich in drei, vier Jahren mache, wie die nächsten fünf Jahre aussehen. Daher ist das ganz, ganz wichtig, und wir sind mit die­ser mittelfristigen Budgetplanung auch den Deutschen und den Schweizern voraus; auch darauf können wir stolz sein.

Dieses Gesetz bringt aber auch mehr Transparenz über die Verwendung des Steuer­geldes, was ja immer eingefordert wird. Es wird gefragt, wo die Gelder hinfließen. Dies Transparenz ist damit gewährleistet, und ein wesentlicher Vorteil ist vor allem auch die Budgetflexibilität, meine Damen und Herren. Nicht verbrauchte Mittel verbleiben im Res­sort, und das sogenannte Dezemberfieber findet nicht mehr statt, wo man schnell im letzten Moment alles hinausgepulvert hat, damit man alles verbraucht und wieder zu neuen Mitteln kommt.

Ich weiß, dass diese ressortinternen Maßnahmen natürlich einen entsprechend großen Arbeitsaufwand mit sich bringen, aber es ist zu bewältigen. Eines muss uns auch klar sein: Das Konsolidierungsziel ist erreichbar, das hat auch Professor Lehner gesagt; aber: Wir müssen nicht nur heute hier so schön oder weniger schön reden, sondern es dürfen von uns hier im Plenum, nicht in den Landtagen, keine zusätzlichen Ausgaben mehr beschlossen werden, meine geschätzten Damen und Herren. Wir sind es, die die Ausgaben beschließen, nicht irgendwer da draußen. Wir beschließen, welchen Forde­rungen wir nachgeben.

Die Einnahmen müssen sich erhöhen, das heißt, wir müssen den Betrieben, den Un­ternehmen Spielraum geben, wir müssen möglich machen, dass Investitionen getätigt werden. Das ist die eigentliche Kraftanstrengung, die wir aufbringen müssen. Der dritte Punkt ist natürlich, dass der Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden halten muss. Wenn das, was uns, den Gemeinden  das sage ich auch als Bürger­meisterin , zugesagt wurde, nicht eingehalten wird, dann hält auch der ganze Stabili­tätspakt nicht.

Meine Damen und Herren, es ist leicht zu sagen, wir legen die Gemeinden zusammen. Aber die Aufgaben bleiben dieselben; dieselben Straßen sind zu bauen, die Kanäle zu servicieren, Schulen und Kindergärten zu erhalten und soziale Abgaben zu leisten. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Da ist es gleich, ob eine Gemeinde


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einen Namen hat oder zwei, drei. Die Aufgaben und die Verantwortung bleiben gleich, sie sind nicht teilbar. Daher ist ein wenig nachzudenken, wenn man diese Forderung stellt.

Das wird gemeinsam möglich sein. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Finanzmi­nisterin Fekter sehr wohl kraft ihrer Persönlichkeit ihre Aktivitäten in Brüssel entspre­chend setzen wird (Abg. Kickl: Aha! Sachkompetenz kann es wohl nicht sein!), sodass wir in eine gute Zukunft für Österreich gehen können. (Beifall bei der ÖVP.)

14.50


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jury. – Bitte.

 


14.51.01

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Staatssekre­täre! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben heute im Rahmen des Bun­desfinanzrahmengesetzes auch die Rettungsschirme für Griechenland, für Portugal, für Irland diskutiert. Mir scheint nach dieser Diskussion, dass wir die Rettungsschirme in naher Zukunft für unsere eigene Bevölkerung aufspannen müssen – für unsere eige­nen Unternehmer, für unsere eigenen Bauern und für unseren Mittelstand. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Gaßner: Und was ist mit den Hacklern?!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was uns die Regierungsparteien in den letz­ten vier oder fünf Stunden zu Gehör gebracht haben, lässt mich wirklich erschaudern. Sehr geehrter Herr Bürgermeister Gaßner, du kennst dich ja sehr gut mit Gemeindefi­nanzen aus. Schau dir den Finanzausgleich an, der wieder bis 2014 verschoben wur­de! Das Budget für die Siedlungswasserwirtschaft wurde von 630 Millionen € auf 355 Mil­lionen € gekürzt! Wir wissen, dass wir Geld nach Europa schicken, aber für unsere ur­eigensten Aufgaben kein Geld in der Kassa haben. Das ist schändlich für unsere Be­völkerung!

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, bei den nächs­ten Wahlen werdet ihr die Rechnung von der Bevölkerung präsentiert bekommen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Zur allgemeinen Kärnten-Vernaderung, die immer wieder hier im Plenum vonstatten­geht, möchte ich nur noch sagen: Die Gemeinde Wien hat zum Beispiel für ihre Bank Austria 30 Milliarden € an Haftungen übernommen. Trotz des Verkaufes an die UniCredit bleiben immer noch 14 Milliarden € an Haftungen der Stadt Wien gegenüber der UniCredit. Wenn wir den BAWAG-Skandal noch einmal aufrollen, müssen wir se­hen, dass die SPÖ die BAWAG in den Ruin getrieben (Zwischenruf der Abg. Mag. Mut­tonen) und die Gewerkschaftsgelder ausgeräumt hat. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Unsinn!)

Diese Gewerkschaftsgelder stehen normal für den Streikfonds zur Verfügung. Seit 2005 sind in Österreich keine Streiks mehr vonstattengegangen, und man kann ja nicht sagen, dass Milch und Honig für die Arbeitnehmer fließen. Dieser Streikfonds ist näm­lich leer, ausgeräumt von den Konsorten der Gewerkschaft – Verzetnitsch, Nürnberger und so weiter. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Gaßner: Ja, ja, ja!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, noch einmal zum Thema Hypo: Wo sind denn Ihre Freunde von der bayerischen CSU, die die Hypo in den Ruin ge­trieben haben? Wir werden das in einem nächsten Tagesordnungspunkt noch disku­tieren. Wo ist denn der Präsident der Industriellenvereinigung Veit Sorger, der mit im Boot war und mit den Bayern die Hypo in den Ruin getrieben hat? (Abg. Kopf: Jetzt drehst du dich auch noch und versteckst dich in der Immunität!) Sehr geehrter Herr ehemaliger Wirtschaftsminister, das werden wir bei einem nächsten Tagesordnungs­punkt noch bereden.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren, abschließend: Es ist höchste Zeit, dass frei­heitliche Politik ans Ruder der Republik Österreich gelangt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kräuter: Das haben wir schon gesehen!)

14.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Köfer. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.55.08

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Mit Erstaunen habe ich in den letzten beiden Tagen festge­stellt, dass die Beiträge von BZÖ-Abgeordneten und vor allem von FPK-Abgeordneten nicht ganz unspannend waren. Man sollte aber auch hier der Wahrheit die Ehre geben. Wenn Herr Kollege Jury vom BAWAG-Skandal und dem Ausräumen des Gewerk­schaftsfonds spricht (Abg. Jury: Ja, was denn sonst?!), dann vergisst er dabei, dass es die FPK-Parteifreunde waren, die diese galaktischen Schulden in diesem Bundesland alleine verursacht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe heute auch gehört, dass Peter Ambrozy irgendeine Haftung mitunterschrie­ben haben soll. Das mag schon sein. Er war ja damals Landeshauptmannstellvertreter. Er war aber nicht dafür verantwortlich, dass in Kärnten alles verkauft wurde, das wir je besessen haben. (Abg. Jury: Nein!) Wir haben die Wohnbauförderung verscherbelt, wir haben die KELAG-Anteile verschenkt, wir haben Immobilien verschleudert. Meine lieben Freunde! Das ist die Wahrheit, wir besitzen in Kärnten nichts mehr. (Abg. Lausch: Ja, ja! Das ist Ihre Wahrheit!)

Das haben wir „zusammengebracht“: Wir haben die höchste Verschuldung in der Ge­schichte dieses Landes. (Abg. Mag. Stefan: So wie hier auch! So wie im ganzen Land!) So regiert in Kärnten „part of the game“. (Abg. Zanger: Ihr wart doch auch immer da­bei!) Das ist so. „Part of the game“ ist, dass wir Gratis-Events haben. Wir haben zur Be­lustigung des Volkes für jeden eine Veranstaltung organisiert. (Zwischenrufe der Abge­ordneten Mag. Stefan und Zanger.)

In Kärnten gibt für jeden ein paar Euro aufs Handerl, wenn er nur persönlich vorbei­kommt. Am besten wäre es natürlich, wenn er ein Mindestpensionist ist, dann kann er sich nicht wehren. Wir haben in Kärnten einen Selbstdarstellungstrieb, der in Österreich wahrscheinlich einmalig ist.

Liebe Freunde! Ihr wisst das von der FPÖ leider nicht, ich kann euch das aber mittei­len. Wir haben monatliche Ausgaben von hunderttausenden Euro, um irgendjemandem zuzuschauen, der Wasser trinkt, ein Kind hochstemmt oder sonstige Blödheiten unter­nimmt. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Es wird das Geld mit beiden Händen ausge­geben.

Ich sage das ganz klar: Nichts ist in Kärnten zu teuer. Wir können uns alles leisten, wenn es das Geld des Steuerzahlers ist. Wir haben den Formel-1-Fahrer Patrick Frie­sacher um Millionen ein paar Mal im Kreis geschickt. Gewonnen hat er nie etwas, aber das war damals zur Belustigung der FPK-Funktionäre. Wir haben ein 30 000 Zu­schauer fassendes Fußballstadion, wo kein Mensch Fußball spielt. Der Platzwart ist der Einzige, der sich dort belustigt. Wir müssen aber noch 15 Jahre lang für dieses Stadion berappen. 15 Jahre lang zahlt der Kärntner Steuerzahler dafür, dass niemand dieses Stadion benützt. (Abg. Mag. Stefan: Aber während der EURO! – Abg. Jury: Was ist mit der EURO?! – Abg. Zanger: Die EURO!) Und wir haben eine Seebühne, die künst­lich bespielt werden muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Freunde! Letztendlich haben wir auch ein Hypo-Albtraum-Adria-Desaster. Das ist der größte Finanzskandal in der Geschichte unseres Landes Kärnten. Auch das geht auf


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die Kappe dieser politischen Gruppierung. (Abg. Zanger: Jetzt kommst aber selbst bald zum Lachen, oder?!) Dieses Sittenbild der FPK ist ebenfalls „part of the game“, und ich wünsche mir nur, dass dieses „part of the game“ irgendwann auch strafrechtliche Kon­sequenzen nach sich ziehen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Gaßner: Richtig! – Abg. Mag. Stefan: Waren da lauter Unmündige bei der SPÖ?! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

14.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Ru­das zu Wort gemeldet. Ich mache darauf aufmerksam, dass um 15 Uhr die Kurzdebat­te aufgerufen wird, und stelle die Uhr daher auf 2 Minuten ein. – Bitte.

 


14.58.29

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Kollegin Ministerin! Sehr ge­ehrte Staatssekretäre! Heute sind auch Gäste, GemeinderätInnen aus Oberösterreich, da. Sie können der Debatte ein bisschen folgen und sehen, was die FPÖ alles fordert. (Abg. Mag. Stefan: Wir wollen nicht nach Griechenland zahlen!) Ich fasse es Ihnen kurz zusammen: Die gesamte Debatte über sagt die FPÖ: Wir wollen keine Schulden (Abg. Zanger: Kein Geld mehr für Griechenland!), wir sind gegen Einnahmen und ge­gen das Sparen. Ich habe lange darüber nachgedacht, denn an und für sich würde ich von Ihnen ja nichts ernst nehmen. Aber noch einmal: keine Einnahmen, keine Schul­den, und wir sind gegen das Sparen.

Vielleicht sind Sie für Privatisierungen? Ist es das? (Abg. Mag. Stefan: Das sind Vor­schläge von Laura Rudas!) Sind Sie für Privatisierungen? – Keine Antwort. Ich bin mir nicht ganz sicher, glaube aber, dass Sie es einfach wie Herr Treichl machen, der da­von ablenken will, dass er die Gagen seiner Aufsichtsräte verdoppelt. So wollen Sie von Ihrer schwarz-blauen Vergangenheit, von der Hypo und von Ihrer inhaltslosen Ge­genwart ablenken. (Abg. Vilimsky: Vielleicht wollen Sie von der BAWAG ablenken?!) Anders kann ich mir nicht erklären, dass kein einziger inhaltlicher Vorschlag gekom­men ist. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Stefan und Zanger.)

Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, bevor Sie so reingrölen – ich habe eine Frage an Sie. (Abg. Mag. Stefan: Eine Frage?! Ja, bitte!) Haben Sie sich eigentlich schon bei den ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Austria Tabak entschuldigt? Wa­ren Sie dort und haben Sie sich dafür entschuldigt, dass sie wegen Ihnen ihre Arbeit verloren haben, in Ihrer Regierungszeit? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Ab­geordneten Neubauer und Kunasek.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, ich habe eine Frage an Sie. Sie inves­tieren Millionen von Euro in Kampagnen. Die letzte Kampagne hat mit Inseraten und Plakaten zirka 1 Million € gekostet. (Abg. Zanger: Ihr lasst die ÖBB für eure Inserate zahlen! Wir zahlen wenigstens selbst!) Haben Sie sich eigentlich schon bei den öster­reichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern für die Hypo entschuldigt? Dafür, dass Sie keinen Cent zurückzahlen? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle stellen uns ständig die Frage, wie die FPÖ ihre Kampagnen eigentlich finanziert. Wie finanziert die FPÖ ihre Kampagnen? (Abg. Mag. Stefan: Das können wir gerne offenlegen! – Abg. Zanger: Wir legen alles offen!) Hat es etwas mit der Finanzierung zu tun, dass hier kein Wort von Erhöhung der Ban­kenabgaben, Reform der Gruppenbesteuerung, Managergehältern gesprochen wurde? (Abg. Mag. Stefan: Wie finanziert sich die SPÖ?! Wir legen gerne alles offen! – Zwi­schenrufe bei der FPÖ.) Hat das etwas mit Ihrer Inhaltslosigkeit zu tun oder ist es ein­fach nur die Unkenntnis? – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

15.00



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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über den Punkt 1 der Tagesordnung.

15.01.03Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 7512/AB

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur Durchführung der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 7512/AB.

Da die erwähnte Anfragebeantwortung bereits verteilt wurde, erübrigt sich eine Verle­sung durch den Schriftführer.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt.

Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staats­sekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. Ich er­teile es ihm.

 


15.01.46

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Natürlich ist es interessant und charmant, die neue Innenministerin dazuhaben, die jetzt eine Anfragebeantwortung ihrer Vorgängerin verteidigen muss. Aus unserer Sicht muss sie sie verteidigen, weil sie eine eklatante Unwahrheit oder Uninfor­miertheit beinhaltet. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, Sie erinnern sich, dass es im Rahmen einer Parlamentssit­zung eine Demonstration von Studenten auf der Besuchergalerie gegeben hat. Sie ha­ben Flugblätter geworfen, hatten ein Transparent, haben skandiert und Ähnliches. In die­sem Rahmen ist es auch zum Einschreiten der Saalordner gekommen. So viel einmal zum Anlassfall.

Bemerken möchte ich schon, dass die Frage gestellt wurde, wie Transparente mit Holzstangen und Ähnliches überhaupt auf die Galerie kommen konnten. Immerhin fin­den entsprechende Eingangskontrollen statt. Uns wurde zugetragen, dass das Ganze über den Klub der Grünen funktioniert hat. Das wundert uns natürlich überhaupt nicht, denn das, was Sie als Zivilgesellschaft bezeichnen, ist in Wirklichkeit die unzivilisierte Gesellschaft. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Aha! Von wem wurde Ihnen das denn zugetragen?! Können Sie eine Quelle nennen?!)

Ich möchte anhand verschiedenster anderer Erlebnisse sogar fast sagen, dass sich ei­ne fast kriminelle Aktivität entfaltet. Auch in diesem konkreten Fall war es eine solche. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Nennen Sie Ihre Quelle!)

Ich möchte daran erinnern, dass es bei Demonstrationen, zu denen die Grünen aufru­fen – bei denen aber auch die sozialistische Jugend auftritt –, immer wieder zu Aus­schreitungen kommt. Die teilnehmenden Personen, die Sie zum Demonstrieren aufru­fen, arbeiten mit Delikten wie Sachbeschädigung, Körperverletzung, Drohung, Nöti­gung und Ähnlichem. Man sollte einmal zur Sprache bringen, was da passiert. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sagen Sie das einmal außerhalb des Parlaments! Außer­halb Ihrer Immunität!) Es sind eben Ihre Anhänger, die sich zu solchen Straftaten hin­reißen lassen. Sie können wahrscheinlich stolz darauf sein; auch solche Menschen brau­chen eine politische Vertretung im Rahmen des demokratischen Spektrums.

Kollege Walser hat sich zuerst in irgendeiner Form bemüht, die Kriminalität, die er da in den Parteireihen sieht, anzusprechen. Er selbst ist einer der vielen Immunitätsflüchtlin­ge, die Sie in Ihren Reihen haben. Sie können die Strafverfahren, die auf Sie warten, wahr­


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scheinlich gar nicht mehr zählen – Kollege Öllinger zum Beispiel, Kollege Pilz. (Heiterkeit des Abg. Öllinger. – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) Sie sind ja die Immunitätsflüchtlinge schlechthin. (Beifall bei der FPÖ.)

Da wundert es natürlich nicht, dass Ihre Krawallbrüder – und Krawallschwestern, pardon, das habe ich vergessen – hier eingeschleust wurden. (Zwischenruf der Abg. Mag. Ko­run.) Es kam zu einem Vorfall, und diesen wollten wir mit einer parlamentarischen An­frage an die Innenministerin aufgeklärt haben.

Folgende Fragen wurden gestellt:

„1. Wie viele Personen nahmen an dem geschilderten Protest teil?

2. Wurden von diesen Personen die Daten aufgenommen? [...]

6. Wurden Anzeigen erstattet?“ – Diese drei Fragen wurden richtig beantwortet – zu­mindest unserer Überprüfung nach.

Folgende Fragen wurden jedoch vom Innenministerium mit „Nein“ beantwortet:

„3. Wurden im Zuge des Protestes einschreitende Beamte verletzt?

4. Wenn ja, wie viele?

5. Wenn ja, ist bekannt von wem?“

Das verwundert deswegen, weil ein Beamter dieses Hauses tatsächlich verletzt wurde. Die entsprechende Polizeiaussage liegt vor. Er ist ins Spital gefahren, und dort – im SMZ-Ost – wurde auch die Verletzungsanzeige erstattet. Aber bis zur Polizei, bis zur Innenministerin dringt eine Verletzung nicht durch. Auch die Frau Präsidentin hat noch keine Stellungnahme dazu abgegeben, dass im Zuge einer solchen Aktion eine Verlet­zung stattgefunden hat.

Meine Damen und Herren, Protest, Demonstration, Meinungsfreiheit – all das ist zu schüt­zen. Aber genauso sind die entsprechenden Rechtsordnungen und auch die Hausord­nung zu schützen. Was auf gar keinen Fall geht, ist Körperverletzung an irgendjeman­dem – und im Speziellen auch nicht an den Angestellten dieses Hohen Hauses, die oh­ne parteipolitischen Einfluss unter Anleitung der Präsidentin einfach darauf schauen, die Ordnung in diesem Haus zu wahren. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Die Angestellten hier sind von uns Abgeordneten absolut zu schützen, und ihre körper­liche Integrität steht im Vordergrund. Daher wundert es uns, dass vonseiten des Innen­ministeriums gesagt werden kann: Nein, es gibt keine Anzeige, es gibt keine Verlet­zung!, obwohl objektiv das Gegenteil auf dem Tisch liegt.

Meine Damen und Herren, mit so etwas kann man sich nicht anfreunden, so etwas kann man nicht einfach als Anfragebeantwortung hinnehmen. So etwas muss im Ple­num diskutiert werden. Ich bin gespannt auf die Ausführungen der Frau Bundesminis­terin, darauf, wie sie ihre Vorgängerin – unter Anführungszeichen – „verteidigen“ wird. Es lag nämlich tatsächlich eine Fehlinformation des Hohen Hauses vor.

Etwas besonders Pikantes möchte ich auch noch erwähnen: Unter den Demonstranten war auch die Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft (Abg. Pendl: Jetzt wissen wir, was ...!) – die zukünftige Nicht-mehr-ÖH-Vorsitzende; sie wird ja abtreten. Sie dürfte aber bereits gute Zukunftsaussichten haben, sie wird bereits als Nachfolge­rin von Wissenschaftssprecher Grünewald im Grünen Klub gehandelt. Da ist sie sicher­lich bestens aufgehoben, das ist ganz klar; den Eingang zum Grünen Klub kennt sie ja bereits. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, diese Zivilgesellschaft, die Sie strapazieren, ist nichts anderes als Radaubrüder und -schwestern. Aber wenn Sie den Bogen überspannen, wird auch das Grundrecht überspannt, und es hört insbeson­dere dann auf, wenn es Verletzte gibt. Diese Verletzten gibt es immer dann, wenn Sie


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zu – unter Anführungszeichen – „friedlichen“ Demonstrationen aufrufen – WKR-Ball, WKR-Totengedenken, und das noch dazu unter den falschen Bedingungen.

Es ist Ihre Klientel, die den Rechtsstaat mit Füßen tritt, die friedliche Demonstratio­nen ... (Zwischenruf der Abg. Mag. Musiol.) – Ja, Frau Kollegin Musiol, eines kann ich über Ihre Klientel auch noch sagen: Das besonders „Nette“ an Ihrer Klientel ist, wie ich finde, dass diese Attacken immer von hinten kommen – der Bierdosenwurf, der Tritt ins Knie, der Diebstahl, alles kommt von hinten. Von vorne hat keiner in irgendeiner Form den Mut. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Einzigen, die Mut oder sonst etwas haben, sind die Kollegen Pilz und Öllinger, die nur hier, unter dem Schutz der Immunität, ihren Mut zeigen und ihre Unwahrheiten be­haupten. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sagen Sie das bitte draußen!) Das ist das Problem, das Sie haben. Deshalb müssen Sie auch schauen, dass Sie möglichst lange im Amt bleiben, denn nach Aufhebung der Immunität wird eine Flut an Prozessen auf Sie zukommen. Sie können nur darauf abzielen und zählen, dass Sie bis zu diesem Zeit­punkt verhandlungsunfähig sind, denn sonst haben Sie die Justiz zu fürchten.

Frau Bundesministerin, insgesamt erwarte ich mir von Ihnen jetzt eine objektive Aufklä­rung. Sollten Sie das Protokoll brauchen, wir haben die Kopie, die Abschrift hier. Ein Mitarbeiter des Hohen Hauses ist tatsächlich verletzt worden, und die Innenministerin sagt, dass das nicht stattgefunden hat.

Frau Ministerin, Sie sind mit Ihrer Aufklärung am Wort. (Beifall bei der FPÖ.)

15.09

15.09.10

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Rosenkranz, erstens: Ich halte fest, dass die Hausordnung dieses Hauses eingehalten wird – darauf achte ich penibelst  und dass jeder Vorfall, der passiert, ganz klar vorgegebene Maßnahmen auslöst. Da hat es während meiner Zeit noch nie Abweichungen gegeben, und es wird auch in Zukunft keine geben.

Zweitens: Für den Ausdruck „Krawallbrüder“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Mag. Stefan: Krawallschwestern auch! – Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz. – Wei­tere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

*****

Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.10.01

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Hohes Haus! Geschätzte Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Dr. Rosenkranz, ger­ne beantworte ich Ihnen noch einmal die Fragen Ihrer Anfrage. Die schriftlichen Ant­worten haben Sie ja schon vor längerer Zeit zugestellt bekommen, aber gerne nehme ich die Chance wahr, hier noch einmal mündlich zu antworten.

Sie wissen, am 22. Dezember stand das Budget im Mittelpunkt der Nationalratsdebat­te. Im Rahmen dieser Parlamentsdebatte wollten sich Studentinnen und Studenten mit­tels Aktionismus Gehör verschaffen.

Es stimmt, es waren 19 Personen an diesem Aktionismus beteiligt, und es wurde ganz klar aufgezeigt, dass da ein Fehlverhalten vorgelegen ist. (Abg. Petzner: Sie waren ja gar nicht da!) Die Personen wurden aufgrund ihres Verhaltens und des Tatbestandes § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes dementsprechend verhältnismäßig bestraft, mit einer Strafe von 70 €. 18 von diesen 19 Studentinnen und Studenten haben ihre Stra-
fe bereits bezahlt – das werte ich als Eingeständnis eines überzogenen Fehlverhaltens seitens der Studentinnen und Studenten. Ich sage deswegen, „eines überzogenen Fehl­


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verhaltens“, weil die Hausordnung natürlich verletzt wurde, überhaupt keine Frage, und weil selbstverständlich auch die öffentliche Ordnung gestört wurde.

Faktum ist, dass kein Polizist verletzt wurde, Faktum ist aber auch, dass eine Person des hauseigenen Ordnungsdienstes leicht verletzt wurde. Alle Ermittlungen laufen. Ich kann Sie beruhigen, wir haben alle Daten und Fakten auf den Tisch gelegt.

Sehr geehrter Herr Dr. Rosenkranz, ich glaube, die Studentinnen und Studenten können Ihnen nur danke dafür sagen, dass sie auch heute wieder im Mittelpunkt stehen, näm­lich fast eine Stunde im Rahmen dieser Debatte, und nicht nur die 3 Minuten am 22. De­zember. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

15.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten jeweils 5 Minuten beträgt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


15.12.07

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind es ja gewohnt, dass wir uns, egal, wo in der Republik Wahlen vor der Türe stehen, interessante Diskussionen und „Wortspen­den“ anhören. Aber das jetzt wegen einer ÖH-Wahl hier zu thematisieren und zu disku­tieren, haben sich all die Studentinnen und Studenten nicht verdient. (Abg. Mayerho­fer: Aber geh, das hat ja mit dem nichts zu tun!)

Wir müssen froh darüber sein, dass uns so viele Studentinnen und Studenten besu­chen, dieses Haus ernst nehmen und schauen, was hier für ihre Zukunft diskutiert wird.

Es ist überhaupt keine Frage, dass wir das alle sehr ernst nehmen, wenn irgendetwas im Haus passiert, das gegen die Hausordnung ist. Aber nicht nur das, die Frau Präsi­dentin hat auch sofort das Sicherheitskomitee konsultiert – alle Fraktionen beraten bis jetzt, muss ich sagen, sehr intensiv und auch einvernehmlich. Wir wollen Lösungen er­arbeiten, wie wir das Zusammenspiel der Kolleginnen und Kollegen des LVT und der Kollegen des Hauses regeln können. Wir versuchen, gemeinsam Lösungen zu finden, dass das eine oder andere, wenn es schon passiert ist – und das soll nicht herunterge­spielt werden –, nicht mehr passieren kann.

Aber aus Anlass dieses aktionistischen Tages jetzt hier eine Diskussion vom Zaun zu brechen, meine Damen und Herren, ist eigentlich so, als würde man mit einer Kanone auf Spatzen schießen. (Abg. Mag. Stefan: ... falsch beantwortet!) Das ist auch korrekt beantwortet. Es ist auch in diesem Fall so wie bei euren Ausführungen in der vorigen Diskussion über die Gemeinden (Abg. Mag. Stefan: Ist ein Beamter verletzt?): alles in­haltlich falsch! (Abg. Mag. Stefan: Nein, das stimmt nicht! Das ist falsch!) Denn die Frau Bundesministerin kann nur beantworten (Ruf bei der FPÖ: Sie verstehen es nur nicht!), was ihr Ressort betrifft. So einfach ist das. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Ihr hättet nur die Frau Präsidentin oder die Parlamentsdirektion fragen müssen, dann wüsstet ihr es die ganze Zeit schon.

Ich glaube, wir sollten gemeinsam versuchen, für das Haus ein Bild zu entwerfen. Es ist ja ein offenes Haus, und eigentlich müssen wir dankbar dafür sein, dass viele Besu­cherinnen und Besucher am gelebten Parlamentarismus teilnehmen. Wir alle sind froh und glücklich darüber, wenn viele Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studen­ten hier ins Parlament kommen.

Noch einmal: Nicht alle haben mit allen Maßnahmen Freude. Und glauben Sie mir: Es sind auch nicht alle Transparente, die Sie herzeigen, unbedingt lustig. (Zwischenruf des Abg. Zanger.)


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Wir sollten wieder an unsere Arbeit gehen und schauen, dass wir im Sicherheitskomi­tee rasch zu einer Lösung kommen. Dazu lade ich Sie sehr herzlich ein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Kößl. – Bitte.

 


15.15.01

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Damen und Herren! Es ist wirklich zu hinterfragen, warum wir heute diese Kurzdebatte führen. Die Fragen sind an und für sich ordnungsgemäß beantwortet wor­den. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es gibt keinen verletzten Polizisten. Diese Beantwor­tung ist erfolgt, es ist an und für sich ordnungsgemäß beantwortet worden. (Abg. Neu­bauer: Nicht wahr!)

Ich bin natürlich ebenfalls der Ansicht, dass derartige Aktionen hier im Haus, hier im Parlament nichts verloren haben (Abg. Mayerhofer – Beifall spendend –: Ja, genau!) – überhaupt keine Frage. Solche Aktionen haben hier nichts verloren! Schreien und He­runterwerfen von Zetteln ist aufgrund der Hausordnung nicht gestattet und soll auch nicht stattfinden. Heute sind es Flugzettel, ein anderes Mal ist es vielleicht etwas ande­res. (Abg. Mayerhofer: Genau!) Es geht natürlich auch um die Sicherheit der Abgeord­neten hier im Haus.

Meinungsverschiedenheiten sollte man hier im Haus am Rednerpult austragen, der Be­sucher auf der Galerie hat die Möglichkeit, sich ein Bild zu machen. Es gibt die De­monstrationsfreiheit, der Bürger kann draußen protestieren und kann sich anderweitig seinen Frust von der Seele sprechen, aber diese Aktionen sind nicht gutzuheißen. (De­monstrativer Beifall des Abg. Hagen.)

Wir haben eine Hausordnung, und diese ist auch einzuhalten. Ich möchte mich natür­lich bei den Kollegen bedanken, die sehr rasch eingeschritten sind (Abg. Dipl.-Ing. Dei­mek: Welche Kollegen: Beamte oder Polizisten?) und diese Aktion sehr schnell been­det haben.

Eines möchte ich schon auch sagen, natürlich auch in Richtung Opposition: Wir gehen nicht unbedingt mit gutem Beispiel voran, wenn wir – so, wie Sie das heute gemacht ha­ben – Transparente ausrollen, Taferl herzeigen, um auf diese Art und Weise sehr po­pulistisch in die Medien zu kommen. (Abg. Zanger: Das hat jetzt aber an und für sich nichts mit dieser Sache zu tun!) Genauso populistisch haben natürlich auch die Stu­denten hier agiert. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist schon angesprochen worden: Das Sicherheitskomitee ist eingerichtet. Wir müs­sen natürlich die Sicherheitsvorkehrungen hier im Haus verbessern. Wir sind dabei, Maßnahmen zu treffen, und ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam zu einer ver­nünftigen Lösung kommen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mayerhofer zu Wort. – Bitte. (Abg. Dr. Grünewald – in Richtung des sich zum Rednerpult begeben­den Abg. Mayerhofer –: Sie sind ja verletzt! – Abg. Mayerhofer: Ich habe meinen Heil­behelf mit, Herr Doktor!)

 


15.18.04

Abgeordneter Leopold Mayerhofer (FPÖ): Geschätzte Frau Minister! Geschätzte Frau Präsidentin! Die ersten Fragen, die sich in diesem Zusammenhang gleich stellen, sind – damit ich sie nicht vergesse –: Wie kommen diese Gegenstände in dieses Haus?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 133

Und: Wie kommt der Hausbedienstete zu der Aussage? – Ich glaube diesem Hausbe­diensteten, der gesagt hat: Es war vorhersehbar, dass auf dieser Besuchergalerie sei­tens der grünen Fraktion eine Demonstration stattfinden wird. Gegen 11.15 Uhr wollten die Personen auf der Besuchergalerie Gegenstände ins Plenum werfen. Dies konnte durch den Ordnungsdienst, sechs Hausangestellte, darunter auch ich, und vier Krimi­nalbeamte verhindert werden.

Meine Damen und Herren, das war die Kernaussage, und darauf hätte ich gerne von der Frau Minister eine Antwort!

Studenten begehren Einlass in dieses Haus, verstoßen in gröblichster Form gegen die Hausordnung. Kollege Chefinspektor – wo ist er jetzt bloß?, er ist schon wieder ver­schwunden, wahrscheinlich irgendwo im Ministerium; nein, er ist doch hier –, du ver­wechselst immer den Beamten, der allgemein dargestellt wird, mit dem Beamteten. Der Hausangestellte ist auch beamtet, so viel weiß ich nach einem Jahr Strafrechtsunter­richt auch, der ist als Mensch gleich viel wert wie der andere Beamte. Das möchte ich einmal feststellen, verletzt ist verletzt.

Dass das der Ausschuss nicht erfährt, das wundert mich schon, Herr Obmann des Si­cherheitskomitees. Ich bin überzeugt davon, Kollege Pendl, dass du es nicht gewusst hast – oder vielleicht vergessen hast; das ist auch eine blöde Geschichte. Auf jeden Fall hätte das das Sicherheitskomitee ganz besonders interessiert.

Wir haben uns in den letzten drei Sitzungen nur mit der Sicherheit des Hauses be­schäftigt, insbesondere damit, wie wir all das gestalten werden et cetera. (Zwischenruf des Abg. Pendl.) – Herr Obmann, ich habe großes Vertrauen zu dir gehabt. Daher hätte mich das besonders interessiert. Es ist für mich unerklärlich, wenn ausgerechnet die Abgeordneten, die dem Sicherheitskomitee angehören, es nicht erfahren, wenn Ge­walt in diesem Haus stattfindet. Aber die neue Frau Innenminister wird das alles aufklä­ren. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass dieses Haus auch solche Aktionen aushalten muss. Es darf nur eines nicht sein: dass irgendeiner Person hier ein Haar gekrümmt wird – auch wenn es nur wenige sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir nun zur Praxis der Anfragebeantwortung der nunmehrigen Frau Finanzmi­nister – leider ist Sie jetzt nicht hier, daher müssen Sie, Frau Innenminister, jetzt die Kritik aushalten, werden sie auch aushalten; Sie haben schon ganz andere Dinge ver­teidigt, wenn ich da an den Herrn Landeshauptmann von Niederösterreich denke, da hatten Sie alle Hände voll zu tun. (Beifall bei der FPÖ.)

Nicht zum ersten Mal wurde eine Anfrage, die von uns gestellt wurde, schlampig, gar nicht, unzutreffend oder sogar falsch beantwortet. Ich erinnere an die Anfrage betref­fend die Kampusch-Geschichte. Das ist äußerst bedauerlich und lässt den Verdacht zu, dass die Regierungsmitglieder dieses Haus nicht ernst nehmen. Da fragt sich der Bürger: Was sind das für Spitzenrepräsentanten in diesem Land, die solch ein Amts­verständnis haben?

Und das alles mit Wissen der grünen Abgeordneten. Wie käme doch ein anständiger Haustischler dazu, solche Bemerkungen zu machen, dass das angeblich unter Anlei­tung oder mit Wissen grüner Abgeordneter passiert ist? Das hat man ja regelrecht ge­spürt. Aber dazu werdet ihr ja auch noch etwas sagen.

Ich darf, Frau Innenminister, meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die Beantwor­tung der Anfragen in Zukunft genauer und vor allem der Wahrheit entsprechend vor sich geht. Ich bin guter Dinge, Frau Innenminister. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.22



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 134

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.22.23

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Mi­nisterin! Ich zittere wie Espenlaub. Ich gebe zu, ich habe mit den Studierenden sympa­thisiert. Studierende haben auf eine unerträgliche Situation an den Universitäten auf­merksam gemacht. Auf ihren Transparenten ist die Wahrheit gestanden, wie es um die Universitäten steht; eine Wahrheit, die ich hier herunten an diesem Tag oft vermisst habe.

Aber jetzt kommt es: Mit Stangen haben sie Transparente gehalten. – Eine Stange sieht zwar ein Blinder nicht, aber jeder vom Wachdienst. Ich habe keinen Stock getragen, außer ich hatte mir an diesem Tag den Fuß gebrochen; das sage ich Ihnen jetzt ein­mal! (Abg. Dr. Graf: Sie haben sie hereingelassen!) Wie man Stangen hier auf die Ga­lerie bringt, das ist einfach Schmafu.

Dass eine Geschäftsordnung Sinn macht, steht außer Frage, auch eine Hausordnung, aber wenn Studierende sonst nicht gehört werden, teilweise mit denselben Argumen­ten, die sogar von der F oder vom BZÖ genannt worden sind, wie es um die Uni und die Studierenden steht ... (Abg. Mag. Stefan: Wer hat jetzt die Stöcke hinaufgetra­gen?) – Fragen Sie das einen Kriminalpolizisten! (Abg. Zanger: Sie!) Ich weiß es nicht. Einen Stock kann man nicht hinauftragen, ohne dass es jemandem auffällt. So ist es. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Das wird die Frau Präsidentin in ihrer Mittagspause gemacht haben!)

Aber jetzt komme ich zu etwas anderem. Ich finde die Aufregung der FPÖ unange­messen. Selbst Kollegin Hakel, der ich sonst nicht laufend Bewunderung ausspreche, hat gesagt, sie fühlt sich in ihrer Rede nicht gestört, sie sieht das als einen legitimen Beitrag zur Demokratie. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das war die Elisabeth Hakel!) Wie ängstlich und wie feige sind eigentlich die Krieger Germaniens geworden, wenn sie sich vor fliegenden Blättern fürchten? (Abg. Kößl: Waren Sie da mit dabei? Haben Sie die Transparente ...?) Wenn Sie sich vor fliegenden Blättern fürchten, liebe FPÖ, dann setzen Sie sich im Herbst bei Ihren Waldspaziergängen einen Helm auf – aber keinen von der SS! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Ste­fan: Da geht es um einen Bediensteten! – Abg. Zanger: Körperverletzung!)

Und noch etwas: Ihre Kopf- und Gesichtsverletzungen sind nicht durch Flugblätter, sondern durch mangelnde Kenntnisse am Säbel entstanden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt kommt das Letzte, der Beitrag zur Kultur: Die Plakate und Transparente der Stu­dierenden waren literarisch und forschungsstrategisch ein Meilenstein gegen das, was ich Ihnen jetzt sage.

Ich war in Graz und habe Plakate zur ÖH-Wahl gesehen – ich zitiere – : „Blau wählen heißt ,Linke‘ quälen“, „PROST, wenn Dir die Linken stinken!“ – Ein Beitrag zur For­schungsstrategie Österreichs, ein Beitrag zur Bildungspolitik Österreichs! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Ist das eine Ausrede dafür, dass dieser Herr verletzt wurde? Schämen Sie sich!) Man müsste über paranormale Zustände, über Parapsychologie forschen. (Abg. Zanger: ... bleiben Sie bei der Wahrheit!) Da bieten Sie eine Klientel, bei der man wirklich einige Untersuchungen anstellen könnte. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Stefan: Verletzter Bediensteter! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Was steht jetzt in Ihrer Anfrage noch drinnen? – Ich zitiere: Flugblätter wurden „zu Ta­le, sprich auf die Abgeordneten, geworfen“. Und wenn ich hier im Plenartal den Berg- und Tal-Abgeordneten der FPÖ etwas sage, dann wird geschrien. Ist das ein Argu­ment? (Abg. Mag. Stefan: Es geht um einen verletzten Bediensteten!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 135

Erklären Sie mir, wie man zwei Stangen da hinaufträgt! Da müsste man entweder James Bond oder Bibi Blocksberg sein. – Sie sind Bibi Blocksberg. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.26

15.26.25

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Grünewald, auch Ihnen er­teile ich einen Ordnungsruf, nämlich für den Ausspruch: „keinen von der SS“. (Ruf bei den Grünen: „Helm“, hat er gesagt! „Helm“, Frau Präsidentin! Helm von der SS! – Wei­tere Zwischenrufe bei den Grünen.) – Ich habe es schon gehört. Das ist eine direkte oder indirekte Unterstellung und daher ein Ordnungsruf!

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

 


15.26.35

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Innenministerin! Ho­hes Haus! Ich möchte in meiner Rede jetzt nicht über Gebühr darauf eingehen, dass 19 junge Menschen unter Berufung auf die Meinungsfreiheit hier Protest gegen ein Ge­setz geübt haben, das im Anschluss daran dann auch beschlossen wurde, sondern es geht jetzt darum, dass wir eine Innenministerin haben, die das Interpellationsrecht, das Anfragerecht, das besteht, offensichtlich ganz anders auslegt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Und das ist jetzt kein Einzelfall.

Es ist auch mir schon häufig aufgefallen, dass wir eine Innenministerin hatten – mittler­weile ist sie Finanzministerin –, der das Parlament lästig ist. Heute hat sie sich, noch bevor die Debatte zu Ende ist, unter dem Vorwand eines Interviews entfernt und ist nicht mehr zurückgekommen. Offenkundig meidet sie diesen Ort und den Umgang mit Parlamentariern, denn diese Anfragebeantwortung ist – nüchtern festgestellt – falsch. (Abg. Kößl: Stimmt ja nicht!)

Die Innenministerin, die neue Ministerin, hat sich jetzt zu verantworten – und ob sie da nicht falsch beraten war! Zu sagen, die Beantwortung der Fragen 3 bis 5 mit „Nein“ ist richtig, da hätte nur noch gefehlt, dass wir von der Innenministerin hören ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kößl.)  Die ist falsch, Herr Kollege.

Es hätte nur noch gefehlt, dass Sie sagen, es war kein Beamter, es war nur ein Ver­tragsbediensteter. Streng genommen: Ein Vertragsbediensteter ist kein Beamter. (Bei­fall bei BZÖ und FPÖ.)

Gefragt wurde, ob Beamte verletzt wurden. Und die Antwort lautete: Nein. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, da sollten wir uns selbst ein bisschen ernster neh­men. Das ist falsch! Und es wäre dir gut angestanden, zu sagen: Das war eine falsche Mitteilung! Aber es heißt: Nein, nein, das war alles richtig!, und ein Parlamentarier ver­teidigt das jetzt noch alles. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Alles war richtig, das gibt es für uns nicht! (Abg. Kößl: Wir reden von den Polizeibeam­ten, das war die Anfrage!) – Sie reden von den Polizeibeamten; nicht jene, die die An­frage gestellt haben. Und wir haben hier die Anfragebeantwortung zu debattieren.

Zeigen Sie mir, wo in der Frage steht: Ist ein Polizeibeamter verletzt worden? – Ich le­se hier: „Wurden im Zuge des Protestes einschreitende Beamte verletzt?“ – Ist dieser Beamte eingeschritten, ja oder nein? Sagen Sie das! Ja oder nein? Ist er eingeschrit­ten, ja oder nein? (Abg. Kößl: Die Anfrage ist aber an die Innenministerin gestellt wor­den!) Natürlich ist er eingeschritten, natürlich ist er verletzt worden, und daher ist na­türlich diese Anfragebeantwortung falsch! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Die Innenministerin hat eine Beantwortung abgegeben, sie hätte jetzt auch sagen kön­nen: Aus meinem Ressort war kein Beamter betroffen. Das wäre auch noch verständ­lich gewesen. Tatsache ist, dass die frühere Innenministerin und jetzige Finanzministe­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 136

rin Dr. Fekter diesem Parlament, den Abgeordneten, die diese Anfrage gestellt haben, eine falsche Beantwortung zugeleitet hat. Meine Damen und Herren, das ist nicht tolerierbar! Das ist bei ihr kein Einzelfall, das alles hat Methode. Dieses Haus wird gut daran tun, sich gegen solche Methoden zur Wehr zu setzen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Sie sagen, das ist ein Drama, ich sage Ihnen, die Parlamentarier dieses Hauses haben sich Anfragebeantwortungen verdient, die der Wahrheit entsprechen. Daher ist aus mei­ner Sicht diese Anfrage wirklich letztklassig (Abg. Kößl: Die Anfrage, da hast du recht!), diese Anfragebeantwortung letztklassig.

Der neuen Innenministerin kann ich nur raten, schnellstens einen neuen Weg zu be­schreiten, denn der, den ihre Vorgängerin bis jetzt gewählt hat, ist wirklich letztklassig. Noch einmal: Die Anfragebeantwortung war letztklassig. (Beifall beim BZÖ.)

15.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

15.30.28Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 7737/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Durchführung der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 7737/AB.

Die Anfragebeantwortung wurde in der Zwischenzeit an alle Abgeordneten verteilt. Es erübrigt sich daher eine Verlesung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Auch hier gilt wieder: Kein Redner/keine Rednerin hat eine längere Redezeit als 5 Mi­nuten. Der Erstredner/die Erstrednerin hat zur Begründung eine Redezeit von 10 Minu­ten. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung beziehungsweise Staatsse­kretären sollen 10 Minuten nicht überschreiten.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


15.31.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Werte Zuhörinnen und Zuseher auf der Galerie! Ich werde die Besprechung dieser Anfragebeantwortung mit einem Zitat begin­nen: Wenn die Bienen verschwinden, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. – Eine Quizfrage. (Abg. Mag. Molterer: Was?) – Kollege Molterer schmunzelt. Wahr­scheinlich weiß er, wer diesen Satz gesagt hat. Ich höre, ich warte auf den Zwischen­ruf. Der Minister weiß es wahrscheinlich. (Zwischenrufe.) – Ich werde das Rätsel lösen: Es war Albert Einstein.

Albert Einstein, der sich mit vielen Themen beschäftigt hat, hat sich auch mit diesem wichtigen Insekt beschäftigt, das ein Bioindikator ist, das sozusagen die Basis unserer Kulturlandschaft darstellt, die Basis unserer Ernährung sichert, nämlich die Bestäubung von Kulturpflanzen, von Obstkulturen. Ohne Bienen gibt es keine Lebensmittelproduk­tion.

Wenn man sich anschaut, welche Maßnahmen der Herr Bundesminister bezüglich des Bienensterbens, das ja nicht nur ein österreichisches Phänomen ist, sondern das durch­aus weltweit zu beobachten ist, bisher getroffen hat und wie er bisher argumentiert hat, beginnt man nachdenklich zu werden. Ich werde versuchen, aus dieser Anfragebeant­wortung auch herauszuarbeiten, wo wir die Probleme sehen, Herr Bundesminister, und wo wir auch die notwendigen Antworten von Ihnen erwarten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 137

Meine erste Frage an Sie ist: Warum sagen Sie nicht klipp und klar, wie viel Geld die chemische Industrie, die Firmen Syngenta Agro GmbH, Bayer CropScience, BASF tat­sächlich zum Forschungsprojekt „MELISSA“ – das ist nämlich jenes Forschungspro­jekt, das diesen Prozess des Bienensterbens untersuchen soll, die Ursachen heraus­finden soll – beisteuern und warum diese Konzerne dieses Projekt in diesem Ausmaß unterstützen. Sie haben geantwortet: 17 Prozent der Gesamtprojektsumme. Warum nen­nen Sie nicht die Zahlen? Warum sagen Sie uns heute hier nicht – ich hoffe, Sie wer­den es noch tun –, wie viel die chemische Industrie konkret beisteuert für dieses Pro­jekt?

Das ist die erste wichtige Frage, die aus dieser Anfragebesprechung hervorgehen sollte.

Kurz zu den Insektiziden, die hier verwendet werden, zu den Beizmitteln. Es handelt sich um die Handelsprodukte Cruiser 350 FS mit dem Inhaltsstoff Thiametoxam von der Firma Syngenta, es handelt sich um das Mittel Gaucho 600 FS mit dem Inhaltsstoff Imidacloprid von der Firma Bayer, es handelt sich um das Produkt Poncho mit dem In­haltsstoff Clothianidin von der Firma Bayer – alles aus der Gruppe der Neonicotinoide.

Wir kennen diese Gruppe, und jetzt kommt der Punkt: In anderen Ländern, in anderen Mitgliedstaaten sind diese Produkte bereits verboten, so in Italien und Deutschland.

Meine ganz konkrete Frage: Was können Sie vorweisen, welche Argumente können Sie auf den Tisch legen, um dieses Verbot in Österreich immer noch zu verhindern? Herr Minister, warum verhindern Sie als Umweltminister dieses Verbot? Sie sprechen ja oft genug von Synergien zwischen Landwirtschaft und Umwelt. Da wäre ja genau das der Punkt, zu sagen: Ja, aus umweltpolitischer Sicht sind diese Pestizide zu ge­fährlich. Das Projekt und auch der dritte Zwischenbericht zeigen ganz klar, dass es hier weiterhin zum Bienensterben kommt – trotz Verbesserung der Anwendung. Es liegt also an Ihnen, diese Mittel zu verbieten. Das ist der nächste zentrale Punkt.

Das Nächste ist – und das ist der Grund dafür, dass ich versucht habe, diese Anfrage­besprechung ins Plenum zu bringen –, dass Sie tatsächlich Antworten an das Haus, an Abgeordnete verweigern, etwa auf unsere Frage, wie hoch die Kontamination der Bie­nen im Einzelfall ist. Meine Damen und Herren! Im Jahr 2010 waren 76 Imkereibetrie­be, 98 Bienenstände betroffen, und bei den 89 untersuchten Proben war das Neonico­tinoid Clothianidin in 51 Prozent der Fälle nachweisbar. Das heißt, mehr als 50 Prozent der von den Imkern eingesendeten Bienen waren nachweislich kontaminiert.

Meine konkrete Frage war: Wie hoch war die Kontamination? – Und Sie verweigern die Aussage. Sie als Umweltminister verweigern die Aussage, indem Sie sagen:

„Die genauen Gehalte der entsprechenden Wirkstoffe können erst im Endbericht im Kontext mit dem Sachverhalt vor Ort und einer entsprechenden Bewertung bekanntge­geben werden.“

Das halte ich für ungeheuerlich, weil Sie in derselben Anfragebesprechung, wo Sie auch erstmals zugeben, dass die Chemieindustrie hier mitfinanziert, auch sagen:

„Im Forschungsförderungsvertrag“ – mit der Chemieindustrie – „sind die Rechte und Pflichten der eingebundenen Stellen festgelegt. Insbesondere ist im Vertrag für die Un­ternehmen zwar die Beteiligung an projektbegleitenden Gesprächen und die Verfügbar­keit von Daten“ vorgesehen.

Das heißt, die Chemieindustrie und auch die forschungsinvolvierten Stellen der Länder bekommen die Daten. Wir hier im Parlament, die Abgeordneten, bekommen sie nicht. Und das widerspricht dem Interpellationsrecht diametral! (Abg. Ing. Schultes: Das stimmt ja nicht!) – Kollege Schultes, es ist etwas anderes, wenn man sagt, sie können das Forschungsdesign beeinflussen. Das habe ich ja noch nicht behauptet, dass sie auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 138

das Forschungsdesign beeinflussen. Das werden wir noch herausfinden müssen, ob das so ist.

Es gibt ein Indiz, dass sie auch dort gewaltig mitmischen, nämlich bei den Anwen­dungsvorschriften, Kollege Schultes. Es ist kein Geheimnis, dass in der Anwendungs­vorschrift der AGES direkt Werbeprospekte der Chemieindustrie 1 : 1 vom Text der Bayer, in diesem Fall von Bayer CropScience, übernommen wurde für die Anwen­dungsvorschriften der AGES. Das ist keine gute Praxis, sondern das ist eine Vermi­schung von einer an und für sich notwendigen unabhängigen Risikoforschung mit In­dustrieinteressen.

Herr Kollege Schultes, halten Sie sich fest! Wenn man nämlich das durchliest, was in der Anwendungsvorschrift steht, dann wird jeder hier im Haus, der Landwirtschaft in Österreich kennt, sagen: Na hallo, aber so funktioniert Landwirtschaft zumindest in mei­ner Region nicht! – Da steht drinnen:

„Keine Aussaat des behandelten Saatgutes“ – also mit Insektiziden behandelten Saat­gutes –, „wenn Gefahr der Staubabdrift in benachbarte blühende Pflanzenbestände be­steht. Nicht neben in Windrichtung liegenden Flächen mit blühenden Pflanzenbestän­den säen. Keine Ausbringung des behandelten Saatgutes bei Windgeschwindigkeiten über 5 m/s ...“.

Meine Damen und Herren! Wer weiß, wo Mais angebaut wird in Österreich, muss fest­stellen, dass überall in der Zeit – und das ist Ende April bis Anfang Mai – ja selbstver­ständlich die ganze Natur blüht. Die Obstbäume blühen, die Bäume blühen! (Abg. Ja­kob Auer: Im April bauen wir Mais an! Ab 10. April bauen wir Mais an!) – Ab 10. April, aber auch nur heuer. Kollege Auer, Sie sind aus Oberösterreich. In Oberösterreich war es heuer früher. (Abg. Hornek: Sie haben den Beweis angetreten, dass Sie von Land­wirtschaft überhaupt nichts verstehen! Null Ahnung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja, ja, Kollegen, regt euch ruhig auf! Dann bauen wir den Mais ab 10. April an, kein Problem, und dann regnet es und dann verkümmert der Mais. Das haben wir alles schon erlebt, wenn es Regenfälle gab. Sie wissen ganz genau, dass ab 10. April genug blüht. Warum regen Sie sich so auf? – Weil es eben wahr ist. Es besteht offensichtlich ein Zusammenhang zwischen der Politik des Bauernbundes und der chemischen In­dustrie in Form Ihrer Zusammenarbeit. Sie machen sich da zum Steigbügelhalter der chemischen Industrie, das ist das Faktum! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hornek: Un­glaublich!) Und diese Geschichte, werte Kollegen, werden wir uns noch sehr genau an­schauen. (Abg. Hornek: Das ist der Wind, um den es da geht!)

Sie brauchen sich nicht aufzuregen – hören Sie lieber zu, was der Minister antwortet auf diese Anwendungsvorschriften! Der Minister sagt:

Der Anbau auf einer Fläche, die vollständig von blühenden Pflanzenbeständen umge­ben ist, ist, um eine Abdrift zu vermeiden, damit faktisch nur bei Windstille möglich. – Zitatende.

Jeder, der die Landwirtschaft kennt und auch die Witterungsverhältnisse im heurigen Frühjahr, weiß: Es ist völlig unmöglich, Mais nur bei Windstille anzubauen. Aber der Herr Minister sagt so etwas. Und was passiert? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die AGES sagt jetzt, das Problem der Pestizidbelastung bei den Bienen ist nicht die Chemie, nicht die chemische Industrie, nicht chemische Mittel, sondern die Bauern sei­en schuld, da sie die Anwendung nicht ordentlich durchführen. Ebenso seien die Län­der schuld, weil sie das nicht ordentlich kontrollieren.

Da, meine Damen und Herren, sieht man, wie der Bauernbund arbeitet: Dort, wo er Geld von der chemischen Industrie nimmt, sind die Bauern die Schuldigen. So schaut die Bau­


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ernpolitik des Bauernbundes aus! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kogler: Wer zahlt euch überhaupt? – Abg. Hornek: Das ist ja unglaublich!) – Genau, Herr Kollege, das ist wirklich unglaublich. (Abg. Hornek: Wer zahlt den Pirklhuber? – Die Bauern!)

Ein weiteres unverfängliches Indiz: Während Sie, Herr Minister Berlakovich, monate­lang, jahrelang verschwiegen und verhindert haben, dass diese Daten an die Öffent­lichkeit kommen, hat die AGES am 29. April 2011, und zwar erstmalig, zugegeben, dass es zumindest teilweise einen Zusammenhang zwischen Bienenschäden und in­sektizidgebeiztem Saatgut geben kann, dass ein solcher Zusammenhang nicht ausge­schlossen werden kann. Das ist das Faktum. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.)

Daher, Herr Minister, sollten Sie all diese Dinge auf den Tisch legen. Gehen Sie in sich und verbieten Sie endlich die Neonicotinoide, wie das die Imker in Österreich fordern. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun zur Abgabe einer Stellungnah­me Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.41.41

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Pirklhuber, erzählen Sie nieman­dem, dass Sie Landwirtschaft studiert haben, und erzählen Sie auch bitte nicht, dass Sie von der Praxis eine Ahnung haben. (Beifall bei der ÖVP.) Bei dem, was Sie hier re­den, Herr Abgeordneter Pirklhuber, erkennt jeder Bauer, dass Sie null Ahnung von der Praxis haben!

Natürlich ist es üblich, bei Windstille beziehungsweise von blühenden Beständen weg anzubauen. Das müssen Sie doch wissen. Sie können sich doch nicht hierher stellen und pflanzenbaulichen Nonsens erzählen. Bitte, nicht böse sein, Herr Abgeordneter Pirklhuber, aber das können Sie doch nicht ernsthaft machen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Sagen Sie, wie viel Geld Sie jedes Jahr hinausschmeißen ...!) Das ist eine Bürotisch-Agrarierarbeit, aber kein praktischer Bezug, Herr Abgeordneter Kog­ler. Das, was Sie hier darzustellen versuchen, ist doch völlig aberwitzig.

Faktum ist, dass es in Europa zu einem Bienensterben kommt und dass der EU-Ge­sundheitskommissar gesagt hat, dass jetzt ein Projekt gestartet wird, um die Ursache hierfür zu eruieren. Sie aber, Herr Abgeordneter Pirklhuber, wissen natürlich, warum dem so ist – das ist Ihr gutes Recht –, nur ganz Europa weiß es nicht.

Die EU-Kommission hat daher ein Forschungsprojekt in Auftrag gegeben, was denn wirklich die Ursachen für regionales Bienensterben sind. Das können unterschiedliche Gründe sein; die Kommission tappt da selbst im Dunkeln und hat daher ein For­schungsprojekt gestartet. Möglicherweise kann die Ursache die Varroa-Milbe sein, die ja nach wie vor ein Faktum ist, aber auch Pflanzenschutzmittel – das ist nicht ausge­schlossen – und ebenso bestimmte Witterungsumstände und so weiter.

Österreichischerseits unterstütze ich, dass die Europäische Union untersucht, in wel­chen Regionen Europas es zu einem Bienensterben kommt; das ist das große Projekt.

Zum Projekt „MELISSA“, das Sie kurioserweise zitiert haben, Herr Abgeordneter Pirkl­huber: Sie versuchen sich da als Aufdecker und zeigen etwas auf, wo es nichts aufzu­decken gibt, denn Sie zitieren aus den Unterlagen unseres Forschungsprojektes, also des Forschungsprojektes des Bundesministeriums – und tun hier dabei so, als würde Ihnen jemand irgendwelche Informationen vorenthalten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 140

Nochmals: Sie zitieren aus Unterlagen, die allen zur Verfügung stehen, da sie Teile un­seres Forschungsprojektes sind. Sie, Herr Abgeordneter Pirklhuber, haben all diese Un­terlagen bekommen. Also tun Sie hier doch nicht so, als würden Sie da nicht entspre­chend informiert. Da ist der Schuss, und zwar ordentlich, ins eigene Knie gegangen, wenn Sie hier einen Skandal darstellen wollen, den es einfach nicht gibt.

Tatsache ist, dass die Imker besorgt sind, und daher wurde im Jahr 2009 das Projekt „MELISSA“ gestartet. Unter Federführung der AGES wurde das gemacht, und zwar un­ter Beiziehung verschiedenster Stakeholder. In dieses Projekt wurden natürlich auch die Imker eingebunden, und sie haben auch zugestimmt, dass da zum Beispiel auch die Saatgutwirtschaft mittut, ebenso die Pflanzenschutzmittelindustrie.

Gegenstand des Projekts war es, gemeinsam nach den Ursachen des Bienensterbens zu suchen. Das wird ja auch von allen mitfinanziert. Dieses Projekt kostet 700 000 €; auch die Wirtschaft zahlt hierfür. Und wissen Sie, was mit dem Geld geschieht? – Das bekommen die Imker (Abg. Dr. Pirklhuber: Für die Schäden!) als Aufwandsentschä­digung dafür, wenn sie Proben ziehen.

Das, Herr Abgeordneter Pirklhuber – und das wissen alle Beteiligten –, was Sie hier als großen Skandal darzustellen versuchen, entpuppt sich jedenfalls auch für Außenste­hende als ein Forschungsprojekt, wie das üblicherweise gemacht wird. In diesem Be­reich ist es immer wieder üblich, dass alle zur Kofinanzierung beigezogen werden, dass öffentliche, aber auch private Mittel zur Finanzierung solcher Projekte herangezo­gen werden.

Nochmals: Aus jenen Mitteln, die die Industrie einzahlt, bekommen die Imker Geld, wenn sie Proben ziehen, wenn es irgendwo ein Bienensterben gibt, damit die AGES das Problem analysieren kann und nicht öffentliche Mittel hiefür in Anspruch nehmen muss.

Da es den Verdacht gibt – ich betone: den Verdacht –, dass es durch eine unsachge­mäße Anwendung von Maisbeize zu einem regionalen Bienensterben kommen könnte, wurde dieses Projekt gestartet. Und natürlich hat auch der Bauer Verantwortung; das ist ja nichts Neues. Sie, Herr Abgeordneter Pirklhuber, stellen sich her und tun so, als ob das etwas Schlimmes wäre. – Natürlich hat der Bauer Verantwortung: in seinem Stall, auf seinem Feld, wenn er eben bestimmte Dinge anwendet, das ist doch son­nenklar. Auch in der Industrie trägt jeder Arbeitnehmer Verantwortung. Er wird einge­schult, und die Anwendung eines Produktes muss korrekt sein. Und beim Bauern ist das so wie bei allen anderen. Und dazu bekennt sich auch jeder, denn das ist doch wohl das Klarste der Welt.

Im Zuge dieses Projekts hat man herausgefunden, dass sozusagen ein ganzer Maß­nahmenkatalog zu schnüren ist. Und dieser Maßnahmenkatalog besagt, dass es zum Beispiel Auflagen für den Handel gibt, dass es verstärkte Kontrollen vor Ort gibt, die auch die Bundesländer durchführen, dass es eine umfassende Information über die Landwirtschaftskammern gibt, über die Imker, über die AGES und dass ein Schwer­punkt etwa die Fruchtfolgemaßnahme ist.

Ja, auch die Bauern müssen sich an diese Dinge halten; und dazu stehen wir ja alle. Das ist ja gemeinsam mit der Landwirtschaft und dem von Ihnen, Herr Abgeordneter Pirklhuber, kritisierten Bauernbund ausgearbeitet worden, dass die Bauern das auch korrekt anwenden; so zum Beispiel Nichtausbringung in Richtung blühender Pflanzen oder bei Wind. Das ist ja auch Gegenstand der universitären Ausbildung, Herr Abge­ordneter Pirklhuber – auch, dass Beizmittel korrekt angewendet werden müssen. Und wenn das jemand nicht korrekt anwendet, dann kann der nicht verantwortlich sein für alle Bauern, sondern der einzelne Bauer muss zur Verantwortung gezogen werden. Aber das ist doch bitte überall auf der Welt so.


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Jedenfalls ist es so, dass dieses Projekt bis zum Jahre 2012 läuft. Und dann, wenn fun­dierte Ergebnisse vorliegen – das liegt im Interesse aller Beteiligten –, müssen die poli­tischen Schlüsse daraus gezogen und die richtigen Schritte gesetzt werden. Und nicht anders wird es sein. Wir sind im Plan, und da gibt es keine Geheimnisse, sondern da wird alles offengelegt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Binder-Maier. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


15.47.10

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Leistungen der Bienen erkennt man oft erst dann, wenn sie nicht mehr da sind. – So ein Zitat des Vorsitzenden des Deutschen Imkerverban­des. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Thema Bienen und Bienensterben gibt es auch großes mediales Interesse. Die­ses Thema wird von den Medien immer wieder behandelt. Ich möchte Ihnen jetzt gerne ein paar Hintergrundinformationen geben, denn die Honigbienen sind ein einzigartiges Phänomen, das man nicht unterschätzen darf. Entstanden ist diese Biene vor mehr als 100 000 Jahren, und diese Bienen haben eine äußerst große Bedeutung für das Gleich­gewicht des ökologischen Systems.

Die Bienen sind sozusagen der Motor unseres Ökosystems. 80 Prozent aller Nutz­pflanzen und 90 Prozent aller Obstbäume sind darauf angewiesen, dass Bienen sie be­stäuben. Und auch ein hoher volkswirtschaftlicher Nutzen ist gegeben. Im Schnitt be­fliegt ein Bienenvolk 2 700 Hektar.

Bienen „funktionieren“ wie vielzellige Lebewesen, haben aber auch Eigenschaften wie Säugetiere. Ein hoch empfindliches Tier, ein hoch empfindliches Subjekt also. Imkerei gibt es seit rund 7 000 Jahren. Und noch etwas: Bienen lassen sich weder zähmen noch domestizieren.

Was sind die Ursachen für das Bienensterben, meine Damen und Herren? – Seriöse Studien zeigen, dass wir Menschen sehr maßgeblich daran beteiligt sind. Ein Verdacht heißt unter anderem Elektrosmog, ein weiterer Monokulturen, wo ausschließlich – das besagen Studien – Raps oder Mais angebaut wird und sich dadurch Schädlinge vermehren, wobei, um diese Schädlinge zu beseitigen, Pflanzenschutzmittel zum Ein­satz kommen.

Ich beziehe mich damit auf einen Artikel der „Oberösterreichischen Nachrichten“ vom 11. Mai dieses Jahres, also von vor einigen Tagen, mit der Headline: „Bienen sterben ´wie die Fliegen´. Imker fordern Verbot der Maisbeize.“

Herr Minister, Sie haben auf das Forschungsprojekt „Melissa“ hingewiesen, ein wichti­ges Projekt. Zwischenergebnisse liegen vor. Der Auftrag wurde bis 2012 verlängert.

Was wir aber in dieser Debatte berücksichtigen müssen – und darauf weist der Präsi­dent des Oberösterreichischen Landesverbandes für Bienenzucht Maximilian Liedl­bauer hin –, ist, dass es hoch an der Zeit ist, zu handeln. In Deutschland wurden Beiz­mittel schon im Jahr 2008 in Baden-Württemberg verboten, vom Markt genommen. Auch in Italien und Slowenien kommen diese Nervengifte, nämlich die Killer der Bienen, nicht zum Einsatz. Es gab im Vorjahr große Schäden in Oberösterreich, Herr Bundesminis­ter. Und Max Liedlbauer meint, viele Imker klagen bereits über den Verlust eines Drit­tels ihrer Flugbienen.

Meine Damen und Herren, wir dürfen das nicht auf die leichte Schulter nehmen, denn die Katastrophe, die dadurch entstehen würde, würde bedeuten, dass auch die berech­


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tigten Sorgen von Landwirten dann nicht ernst genommen worden wären. Wenn wir nämlich keine Bienen haben, dann haben wir auch keine Landwirtschaft mehr. Deshalb fordere ich Sie wirklich auf, Herr Bundesminister, gemeinsam mit uns Lösungen zu su­chen, Lösungen zu finden, früh genug die Handbremse zu ziehen unter dem Motto, dass die Katastrophe nicht verwaltet werden darf.

Wir dürfen nicht auf den Endbericht warten. Wir müssen jetzt handeln. Die Imker hof­fen auf Ihre Unterstützung, Herr Bundesminister. Sie bauen auf die Durchsetzung ihrer berechtigten Interessen durch den zuständigen Minister. (Bundesminister Dipl.-Ing. Ber­lakovich: Die Imker sind ja dabei!) – Ich weiß das.

Meine Damen und Herren! Es geht nicht darum, wer recht hat oder recht bekommt, es geht darum, dass wir Lösungen finden, um dieses Bienensterben hintanzuhalten.

Vielleicht noch ein Beispiel von einem Kollegen von uns, der im Nationalpark Hinterge­birge mit Imkern gemeinsam 1 000 Bienenstöcke betreut, in einer Region, die ge­schützt ist, die behütet ist, landwirtschaftlich kaum, nämlich im großen Sinne, genutzt wird. Dort findet kein Bienensterben statt. Das ist für mich ein eindeutiger Beweis da­für, dass Bienen geschützt und beschützt werden müssen und maßgeblich davon ab­hängig sind, wie ihr Umfeld gestaltet ist. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

15.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schul­tes. – Bitte.

 


15.52.34

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister Berlakovich! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Bienen sind das Thema, und Frau Kollegin Binder-Maier hat in guten Wor­ten von der Bedeutung der Bienen gesprochen. Ich kann das nur bestätigen und unter­streichen. Für die Landwirtschaft, für uns – und damit für Sie alle, weil Sie davon le­ben – sind die Bienen ein wesentlicher natürlicher Faktor unserer Produktionsfähigkeit.

Sie können mir glauben, dass wir die Ersten sind und waren, die ständig den Kontakt zu den Imkern suchen und mit ihnen gemeinsam die Situation beobachten. Sorgen ha­ben wir viele: In Tirol gibt es wenig Mais und trotzdem Probleme mit den Bienen. An­geblich ist der Elektrosmog schuld. Man weiß es nicht.

In Vorarlberg gab es im letzten Jahr ein großes Bienensterben. Keine Antworten. (Abg. Dr. Pirklhuber: Nein! Nein! ... im Zwischenbericht!) Die EU hat eine große Studie be­gonnen. Bei uns ist die Fragestellung: Ist es so, dass Neonicotinoide, also Insektizide, Schaden anrichten? Und: In welcher Gewichtung findet das statt?

Wir haben in Österreich mehr als 22 000 Imker, sicher mehr als 280 000 Bienenvölker. Ich kann Ihnen aus Niederösterreich berichten – und wir sind doch, glaube ich, eine agrarische Region –, dass wir bei uns dieses Problem sehr ernst genommen haben und seit Jahren sehr intensiv an der Herausforderung arbeiten, die die Imker an uns herantragen, dass es da ein Problem geben könnte. Wir arbeiten intensiv am For­schungsprojekt „Melissa“ mit, das dankenswerterweise das Ministerium zustande ge­bracht hat.

Jetzt darf ich Ihnen Folgendes berichten: Wir haben in ganz Niederösterreich unsere Sägeräte so umgebaut, dass diese Beizmittel nicht mehr in die Umwelt gelangen kön­nen. Ich darf Ihnen berichten, dass die Landwirte die Säarbeit so machen, dass der Wind die Beizmittel nicht auf blühende Bestände weht. Das sind jetzt Behauptungen, das müssen Sie mir nicht glauben, aber ich darf Ihnen auch berichten, dass in diesem Jahr in Niederösterreich insgesamt nur vier Verdachtsfälle von Imkern eingeschickt wur­


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den. Wir haben 80 Betriebe als Stichprobe kontrolliert, ob dort die Sägeräte in Ordnung sind. In allen 80 Betrieben waren die Sägeräte in Ordnung.

Ich darf Ihnen sagen, dass dieses Thema eines ist, wo wir wenige Sorgen haben, weil wir das im Griff haben. Viel schwieriger wäre es, wenn wir darauf keine Antwort geben könnten, denn der Maiswurzelbohrer, als Quarantäneschädling bekämpfungspflichtig, wäre ein Thema, das wir sonst nicht ordentlich bewältigen könnten. (Abg. Dr. Pirklhu­ber: Fruchtfolge ...!) – Diese tolle Aussage „Fruchtfolge“ ist halt dann ein Problem, wenn der Mais die ideale Pflanze ist.

Daher, meine Damen und Herren, geht es ganz zum Schluss auch darum, dass Ihr Tisch gedeckt wird, und wir versuchen das so zu tun, dass wir das mit größter Verant­wortung und auch im Wissen um die Grenzen der Natur tun.

In Niederösterreich weiß ich, dass das geschieht, auch im Burgenland, da kenne ich die Zahlen. Dort gab es in diesem Jahr drei Verdachtsfälle. Denen gehen wir nach. Ich kann nur sagen, ich weiß von einem Verdachtsfall in Niederösterreich, wo in dieser Re­gion kein Mais angebaut wird. Ich weiß auch, dass der Nachbarimker keine Probleme hatte. Also wir müssen schon sehr ins Detail gehen und sollten die Relationen nicht aus den Augen verlieren.

Meine Damen und Herren, Probleme sind da, um gelöst zu werden. Und mit dem Pro­jekt MELISSA zeigt sich das in enger Zusammenarbeit von der Wissenschaft, vom Mi­nisterium, von der Landesverwaltung und natürlich auch von der Umsetzung bei den Land­wirten draußen. In enger Zusammenarbeit mit den Imkern wird das Problem ge­löst. Und die große Aufregung vom Herrn Pirklhuber fällt in sich zusammen, wie so vie­le große, übel riechende Luftblasen, die der Herr Pirklhuber eben so in die Welt setzt. (Abg. Dr. Pirklhuber: Was ist mit der chemischen Industrie? Wie viel kriegt die gezahlt?)

Meine Damen und Herren, genießen Sie weiter Ihren Honig und freuen Sie sich daran, dass wir mit den Imkern gut zusammenarbeiten! (Beifall bei der ÖVP.)

15.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 


15.56.47

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Laut § 6 des österreichischen Tierschutzgesetzes ist es verboten, Tiere ohne vernünfti­gen Grund zu töten. – Gilt dieses Verbot auch für unsere Bienen?

Herr Minister! Ich muss einmal eines sagen: Mir hat es nicht gefallen, wie Sie den Kol­legen Pirklhuber hier abqualifiziert haben, weil er nicht Landwirtschaft studiert hat oder kein Bauer ist. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Er hat Landwirtschaft stu­diert!) – Aber Sie haben es so gebracht. Sie haben es so gebracht, weil er kein Bauer in der Praxis ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn man tatsächlich will, dass sich ans Podium nur mehr Leute melden, die in der Praxis tätig sind, dann werden die Regierungsparteien sehr arm an Rednern werden, denn dann dürfen auch aus den geschützten Bereichen keine Redner mehr ans Pult kommen, sondern die müssen dann aus der Praxis kommen. Und da werden die Red­ner der Regierungsparteien dünn gesät sein. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeord­neten der Grünen. – Abg. Grillitsch: Was glauben Sie überhaupt? Was bilden Sie sich ein? Wer sind Sie?)

Herr Minister! 2008 haben die Imker erstmalig Alarm geschlagen. 2009 ging das Bie­nensterben weiter. 2010 wurde ein trauriger Höhepunkt erreicht. In Nordamerika und Eu­ropa – das ist kein österreichisches Problem alleine, da gebe ich Ihnen schon recht –


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sterben Milliarden von Bienen. Dabei ist die Gefahr, dass die Nahrungskette unterbro­chen wird, denn 80 Prozent unserer Nutzpflanzen sind von der Bestäubung abhängig.

Die Kollegin von der SPÖ hat es schon ein bisschen erklärt, es gibt drei Gründe für die­ses Bienensterben. Der erste Grund sind die Monokulturen, die wir natürlich von den riesigen Feldern in den USA kennen, aber auch in der Steiermark gibt es bereits 70 000 Hektar Felder mit Maisanbau. Das sind auch Monokulturen, nichtblühende Mo­nokulturen vor allen Dingen, die den Bienen die Nährstoffe entziehen.

Diese Monokulturen zwingen uns auch zum Einsatz von Pestiziden, wobei es da zwei gibt: die Insektizide, das ist ein Nervengift, das zu Orientierungslosigkeit führt; und die schon erwähnten neonicotinoidhaltigen Gifte, die in 120 Ländern eingesetzt werden. Man sagt, die Industrie macht da einen geschätzten Umsatz von 500 Millionen € pro Jahr.

Nun haben wir 2009 das Projekt „Melissa“ gestartet. Da ist nach der ersten Erkenntnis auch das Beizmittel eine Ursache. Natürlich sind es nicht die Pestizide alleine und auch nicht die Monokulturen alleine. Sie haben es selbst so gesagt, Herr Minister: Der Befall mit der Varroamilbe ist natürlich auch verantwortlich für das Bienensterben. Nur weiß man diesbezüglich auch, dass die durch die Punkte eins und zwei besonders ge­schwächte Biene deutlich anfälliger gegen diese Varroamilbe ist als eine gesunde Biene. (Abg. Dr. Pirklhuber: Wobei: Die Bienen, die kontaminiert worden sind, sind die gesunden Bienen – nach der AGES!)

Was haben andere Länder gemacht? – Die BRD hat bereits 2008 saatgutbeizende Pestizide wie das Pflanzenschutzmittel Clothianidin verboten. Slowenien und Italien sa­hen dieses Verbot auch als wirkungsvolle Maßnahme.

Ich erinnere daran: Kollege Cap fordert doch immer von der FPÖ Lösungsmaßnahmen ein. Ich sehe den Kollegen Cap jetzt nicht. (Abg. Dr. Cap steht seitlich von der Regie­rungsbank.) – Ah, dort ist Kollege Cap. – Er fordert von der FPÖ immer konkrete Lö­sungsvorschläge ein.

Es ist halt immer so, man müsste die Anträge, die in den Ausschüssen liegen, auch le­sen. Es gibt einen Antrag von unserem Kollegen Neubauer vom 5. Mai 2010 betreffend Verbot von Neonicotinoid-gebeiztem Mais-Saatgut. Dieser Antrag wurde zuletzt am 15. Februar 2011 vertagt. Das heißt, er wird seit einem Jahr regelmäßig vertagt, anstatt dass wir so wie die BRD, Slowenien und Italien endlich das Verbot umsetzen.

Was haben wir stattdessen gemacht? Wir haben die Anwendungsvorschriften abgeän­dert und die Empfehlungen der Pflanzenschutzindustrie übernommen! Der geschätzte Schaden laut Imkerzuchtverband beträgt 125 000 € pro Jahr.

Was erwarten wir vom Ministerium? Einerseits das Verbot im Sinne des Antrags des Kollegen Neubauer und zweitens die Förderung der altbewährten Fruchtfolgewirtschaft, denn nur jahrelange Monokulturen fördern die Entwicklung von Schädlingen wie zum Beispiel dem Maiswurzelbohrer.

Was sich in der BRD, in Italien und in Slowenien bewährt hat, sollte auch für uns in Ös­terreich eine geeignete Maßnahme sein. (Beifall bei der FPÖ.)

16.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brun­ner. – Bitte.

 


16.01.41

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Landwirt­schaftsminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zu­seher! Die Bedeutung der Bienen hat Ihnen nicht nur Albert Einstein, sondern auch mein Kollege Wolfgang Pirklhuber erläutert. Ich denke, Bienen sind deswegen schüt­


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zenswert, weil sie Lebewesen sind und eben auch für das Ökosystem eine sehr große Bedeutung haben.

Sie verweisen jetzt schon wieder darauf: Was macht die EU und was passiert sonst? Mich, uns würde hier einmal interessieren, was Sie machen. Und der Ansatz, den Sie uns hier erläutert haben, es gebe Verdachtsfälle, deshalb müsse geprüft werden und deshalb ändere man heute gar nichts, ist genau der verkehrte. Genau die gleiche De­batte haben wir gestern bei den Kunststoffen geführt. (Zwischenbemerkung von Bun­desminister Dipl.-Ing. Berlakovich.)

Nein, wenn es einen Verdachtsfall gibt, wenn die Chemieindustrie Stoffe verbreitet, von denen wir nicht wissen, welche Schäden sie auslösen, dann können solche Stoffe ein­fach nicht zugelassen werden. Ich frage Sie ... (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlako­vich: ... akademische Ausbildung!) – Das hat mit akademisch oder nicht nichts zu tun, sondern das sagt mir der Hausverstand: wenn die Gefahr besteht, dass ein Stoff Ge­fährdungspotenzial hat, dass das schlecht ist. Ein Konzern darf einen Stoff erst dann in Umlauf bringen und Profite damit machen, wenn sichergestellt ist, dass niemand einen Schaden davonträgt – und nicht vorher. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ. – Bravoruf des Abg. Zanger. – Abg. Zanger: Das ist immer schon das Pro­blem der ÖVP gewesen!)

Deshalb gibt es mittlerweile auch Länder in Europa wie Deutschland und Italien, die diese Neonicotinoide verboten haben. Ich frage Sie – und Sie haben die Frage meines Kollegen Pirklhuber nicht beantwortet –: Warum verbieten Sie das nicht? Und: Denken Sie an ein Verbot, wenn Ihre Untersuchungen abgeschlossen sind? – Die Antwort auf diese Fragen hätte ich gerne noch.

Sie wehren sich gegen ein Verbot. Sie haben diese Anwendungsvorschriften, die teils sehr schwer durchführbar sind, erlassen. Damit wird auch der Einsatz dieser Stoffe verlängert, das heißt, das ist wieder ein Entgegenkommen gegenüber der Chemiein­dustrie. Und wenn etwas danebengeht, dann bekommen die Bauern die Schuld.

Ich finde, das ist keine Art. Und ich finde es auch ziemlich hinten ums Eck herum, dass jetzt die Imker und Imkerinnen über dieses Projekt Geld bekommen sollen, anstatt dass die Chemieindustrie offen Entschädigungen zahlt. Denn darum geht es! Die Imker und Imkerinnen, das Ökosystem, haben einen Schaden erlitten, und es soll auch offen­gelegt werden, dass das Entschädigungen sind. Das soll nicht durch die Hintertür ge­schehen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich würde Sie auch darum ersuchen, in Ihren Anfragebeantwortungen mit den Daten ehrlicher umzugehen, denn Sie argumentieren hier, dass es eigentlich einen Rückgang dieser Fälle gegeben hat. Sie verwenden aber nur relative Daten, der Rückgang war nur relativ. Tatsächlich ist ja auch die Zahl der Proben gestiegen, das heißt, die Ab­solutwerte sind gestiegen. Ich frage Sie daher noch einmal: Wie hoch sind tatsächlich die Fallzahlen beim Bienensterben?

Noch etwas zeigt, wie groß der Schaden dieser Stoffe ist. Kollege Pirklhuber hat es schon angesprochen, und es sagt auch die AGES, es geht aus den Unterlagen der AGES selbst hervor, dass es eben besonders die gesunden Bienen sind, die hier be­troffen sind. Darauf haben Sie gesagt, es gibt unterschiedliche Ursachen für Bienen­sterben. Aber gerade die gesunden Bienen sind am allermeisten durch die Neonico­tinoide betroffen. Und das zeigt besonders, wie gefährlich dieser Einsatz ist und welch großer Schaden hiemit eigentlich angerichtet wird.

In diesem Zusammenhang haben Sie auch die Frage nach der Höhe der Kontamina­tionen, die Ihnen mein Kollege gestellt hat, nicht beantwortet. Da würde ich auch von Ihnen erwarten, dass Sie das noch nachreichen.


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Es gibt Wiederanwendungsfälle, auch 2011, zufällig gerade in jenen Bundesländern, in denen sehr stark Maisanbau betrieben wird: Oberösterreich, Niederösterreich, Steier­mark und Burgenland. Dass Sie von der ÖVP hier völlig leugnen, dass man dem viel­leicht durch eine Fruchtfolge oder eine ökologische Landwirtschaft und nicht wieder durch den Einsatz von Chemie begegnen könnte, das ist eben ein Ausdruck Ihres Zu­ganges und jenem der – wie soll ich sagen? – Lobbys oder Interessengruppen, denen Sie zugetan sind.

Herr Landwirtschaftsminister, ich kritisiere Sie beziehungsweise beklage, dass das Umweltthema ein Anhängsel der Landwirtschaft ist und wir kein eigenständiges Um­weltministerium haben. In diesem Fall würde sich eine Synergie zwischen Landwirt­schaft und Umwelt anbieten, weil diese Stoffe weder der Landwirtschaft noch der Um­welt etwas Gutes tun. Gerade das wäre ein Chance für Sie, hier auch einzugreifen. Sie tun das nicht und machen sich damit zum Handlanger der Chemieindustrie, was ich überhaupt nicht verstehe.

Ich meine, ein bisschen zeigt diese Geschichte schon wieder, Umweltpolitik ist nur et­was, wenn eine Kamera dabei ist. Wir hatten letztes Jahr das Jahr der Artenvielfalt, da haben Sie sehr viele Werbemaßnahmen gesetzt, auch Aktionen rund um Bienen be­trieben. Das Jahr der Artenvielfalt ist vorbei, jetzt kann man keine Inserate mehr dazu schalten und jetzt ist der Schutz der Bienen auch wieder vorbei.

Also das ist etwas scheinheilig. Ich erwarte mir hier von Ihnen ein eindeutigeres Vorge­hen. Und ich bin der Meinung: Österreich braucht ein eigenständiges, unabhängiges und starkes Umweltministerium. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Ber­lakovich: Ich werde gerne dem Wunsch nachkommen!)

16.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


16.07.08

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Hohes Haus! Die Lösung dieser Thematik, glaube ich, ist relativ einfach. Bereits vor über einem Jahr ha­be ich einen Antrag eingebracht, in dem der Landwirtschaftsminister aufgefordert wird, sämtliche Beizmittel, die dazu angetan sind, Bienen zu gefährden, zu verbieten. Aber das Problem kann nicht gelöst werden, denn solange aufseiten der ÖVP nur Lob­byisten sitzen, und zwar Lobbyisten von Chemiekonzernen, kann es nicht funktionie­ren. (Abg. Zanger – auf Abg. Mag. Brunner weisend, die mit Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich spricht –: Er hört nicht mal zu! Ist das eine Art?)

Ich glaube, dass wir in Österreich heute in der Landwirtschaft allgemein ein Problem haben, da ist das Bienensterben das kleinste Problem. Die ÖVP lässt es zu, dass wir heute in Österreich Lebensmittel bekommen, die mit „Roundup“ – das ist dieses Mittel, das wird im Fernsehen beworben (der Redner hält einen Zettel, auf dem dieses Mittel abgebildet ist, in die Höhe) –, mit „Roundup“ von der Firma Monsanto behandelt sind. Wir bekommen mit diesem Mittel behandelte Lebensmittel auf unsere Teller.

Der Herr Bundesminister weiß ganz genau, dass dieses Mittel – in Argentinien nachge­wiesen – vermehrt zu Missbildungen bei Kindern führt. Das ist Faktum. Und was macht die ÖVP? – Die ÖVP sagt, da kann man nichts machen. Wahrscheinlich ist das Lob­bying dieser Chemiekonzerne so groß, dass dieser Weg sozusagen mit Beton weiter­gegangen wird. Da werden sogar die Gesundheit, der Konsument und die Landwirt­schaft massiv gefährdet. Das wird in Kauf genommen, nur damit Raiffeisen und damit die Chemiekonzerne ihren Profit machen können. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Königshofer.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 147

Schauen wir uns einmal die Leistung der ÖVP der letzten 15 Jahre an! Bitte, meine Herren, das ist von der Statistik Austria. (Der Redner hält einen Zettel mit einer Tabelle in die Höhe.) 1995 hatten wir in Österreich 116 693 rinderhaltende Betriebe. 2010 sind es 71 000. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber das Schönste kommt noch! 1995 hatten wir 112 800 schweinehaltende Betriebe. Heute, 2010, sind es 30 000 Betriebe. Das ist Lobbying-Politik der ÖVP, die es zulässt, dass wir mittlerweile zwei Millionen Schweine importieren müssen. Das lässt die ÖVP zu, und das belegt, wie ihr arbeitet: So, wie ihr bei den Bienen vorgeht, so geht ihr in jedem Segment vor.

Wir in Österreich könnten ein Paradies sein, wenn ihr unsere Lösungen aufgegriffen hättet. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Wir könnten mehr als 400 000 Landwirte in Vollbeschäftigung halten. Nur aus Profitgier von Raiffeisen und anderen Konzernen wird das gefährdet (Abg. Jakob Auer: Huber, hör auf!), indem alles niedergestimmt wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wo leben wir heute eigentlich? – Anstatt in einem Paradies zu leben, in dem wir unsere gesunden Lebensmittel konsumieren, leben wir in einem Land, das 600 000 Tonnen gentechnisch verändertes Soja importiert, obwohl wir mittlerweile wissen, welche Aus­wirkungen das hat. Der Herr Bundesminister weiß, dass die Ages festgestellt hat, dass diese Spritzmittel, dass diese Maisbeizmittel die Bienen gefährden, aber das wird einfach negiert. Kammerpräsident Schultes zum Beispiel stellt sich hierher ans Redner­pult und spricht davon, dass man diese Problematik vor Augen hat, dass man auch alles tut. – Ja, ihr tut wirklich sehr viel, ihr arbeitet der Industrie massiv und bestens zu!

Das kann doch nicht sein, dass man so kleine Probleme nicht lösen kann, dass man die Industrie nicht so weit bringt, dass sie endlich Pflanzenschutzmittel auf den Markt bringt, die auch verträglich sind. Ihr lässt es zu, dass „Roundup“ in Österreich vertrie­ben wird, dass dieses Produkt im Fernsehen beworben wird wie „Substral“. Im Fernse­hen wird sie beworben, diese kleine grüne Flasche, von der wir wissen, dass sie tod­bringend ist. Wir wissen, dass in Österreich Parkanlagen, Kinderspielplätze, Fußball­plätze mit diesem todbringenden Mittel behandelt werden – und die ÖVP negiert das, redet alles schön und macht ihre Lobbying-Arbeit für die Chemie!

Das kann nicht die Antwort sein! Wenn ihr nicht in der Lage seid, diese kleinen Pro­bleme wie das Bienensterben in den Griff zu bekommen, die Rahmenbedingungen da­für zu schaffen, dass wir uns für die Umwelt einsetzen, wenn ihr das nicht lösen könnt, dann, glaube ich, habt ihr euch disqualifiziert für alles andere. (Beifall beim BZÖ.)

16.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

16.12.11Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 7698/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Durchführung der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 7698/AB.

Da auch diese Anfragebeantwortung inzwischen an alle Abgeordneten verteilt wurde, erübrigt sich ebenfalls eine Verlesung.

Wir gehen in die Debatte ein. Die Redeordnung ist die gleiche, wie vorhin bekannt ge­geben.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Petzner mit einer Redezeit von 10 Mi­nuten. – Bitte.

 


16.12.44

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin Fekter! Herr Staatssekretär Schieder! Auch der Chef der Finanzprokuratur, Herr Dr. Wolfgang


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 148

Peschorn, einer der Hauptübeltäter in der Causa Hypo Alpe-Adria, ist anwesend. Allein dieser Personalauflauf seitens der Bundesregierung zeigt, dass wir es hier mit einem bei­spiellosen schwarzen Bankenskandal zu tun haben, einem Bankenskandal, den die Österreichische Volkspartei verursacht und mitverantwortet hat, und das wird jetzt im Zuge dieser Debatte hoffentlich zutage treten.

Wie wir heute Vormittag gesehen haben: Egal, welches Argument auch immer die Op­position bringt, die lapidare Antwort lautet: Hypo Alpe-Adria. Finanzkrise: Wer ist schuld? – Die Hypo. Lehman Brothers: Wer ist schuld? – Die Hypo. Schuldenrekord in Öster­reich: Wer ist schuld? – Die Hypo. Arbeitslosigkeit: Wer ist schuld? – Die Hypo. Krise in der ÖVP: Wer ist schuld? – Die Hypo. Es wird Ihnen aber nicht gelingen, die Hypo als Sündenbock für die Verfehlungen der Österreichischen Volkspartei und der SPÖ ver­antwortlich zu machen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter. – Abg. Riepl: Wenn es stimmt! Was soll man machen?!)

Aber diskutieren wir doch die Fakten, diskutieren wir die Zahlen, diskutieren wir auch die Anfragebeantwortung von Frau Bundesministerin Fekter, und beginnen wir mit der Frage der Landeshaftungen. Immer wieder wird angeführt: Die Hypo hat deswegen verstaatlicht werden müssen, weil das böse Kärnten 20 Milliarden € Haftungen für die Hypo übernommen hat. (Abg. Riepl: Der Haider war’s!)

Vergleichen wir das einmal mit den anderen Bundesländern (Abg. Riepl: Nicht die SPÖ in Kärnten, der Haider war’s!), und hören Sie doch einmal zu! Bundesland Wien, Haftungen für die Bank Austria, die mittlerweile der UniCredit gehört: 16,6 Milliarden €. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schieder.) Haftungen des Landes Nie­derösterreich für die Hypo Niederösterreich: 6,8 Millionen €. Haftungen des Bundeslan­des Vorarlberg für die Hypo Vorarlberg: 7 Milliarden €. Haftungen des Bundeslandes Steiermark für die Hypo Steiermark: 4 Milliarden €. Haftungen des Bundeslandes Tirol für die Hypo Tirol: 6,9 Milliarden €. – Also hören Sie auf mit diesen Märchen der Lan­deshaftungen! Das machen alle Bundesländer, nicht nur Kärnten. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Mit den Landeshaftungen können Sie die Notverstaatlichung nicht be­gründen, denn das ist schlichtweg die Unwahrheit und eine Lüge, wenn behauptet wird, die Notvertstaatlichung sei deswegen notwendig gewesen, weil am nächsten Tag die Landeshaftungen schlagend geworden wären. (Beifall beim BZÖ.) Da schüttelt je­der Wirtschaftsprüfer, jeder Wirtschaftsexperte den Kopf, weil das schlichtweg wirt­schaftspolitisch ein völliger Blödsinn und die Unwahrheit ist. Dass Sie von der ÖVP als eine Wirtschaftspartei, meine Damen und Herren, die uns heute auch für angeblichen Populismus kritisiert hat, die sechstgrößte Bank Österreichs, Tausende Mitarbeiter und die Kunden verunsichern, Entlassungen riskieren, Arbeitsplätze riskieren, den Banken­standort Österreich riskieren, nur um die Hypo für Ihre parteipolitische Agitation zu miss­brauchen, das ist ein schändliches Verhalten! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Das ist einer Wirtschaftspartei nicht würdig. Damit haben Sie bewiesen, dass Sie als Wirtschafts­partei längst abgedankt haben, meine Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Abg. Mag. Kuzdas: Glauben Sie das alles?)

Eines sage ich Ihnen hier ganz offen, diese Warnung spreche ich aus: Wenn die ÖVP glaubt, mit dem Thema Hypo Alpe-Adria ihre Parteikrise lösen zu können, dann ist sie auf dem Holzweg unterwegs.

Eine zweite Warnung: Wenn die ÖVP glaubt, das Thema Hypo Alpe-Adria als politi­schen Bumerang durch die Gegend werfen zu können, dann wird das Ergebnis so aus­sehen – wie das beim Bumerang immer ist –, dass er am Ende des Tages zu dem zu­rückkommt, der ihn geworfen hat, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Kommen wir nun zu den konkreten Antworten, die Sie gegeben haben!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 149

Erster Punkt: Es wird immer behauptet, das sei die Kärntner Landesbank. – Entschul­digung, haben Sie vollkommen übersehen, dass das eine deutsche Bank ist, eine Bank, die im Mehrheitseigentum des Freistaates Bayern steht, der unter der Führung der schwarzen CSU steht, die seit 2007 die Mehrheit an der Hypo Alpe-Adria gehabt hat? (Zwischenruf des Abg. Kopf.) Das heißt, die Hypo Alpe-Adria ist seit dem Jahr 2007 keine Kärntner Landesbank mehr. Seit dem Jahr 2007 hat die Kärntner Landespolitik, ob der Verantwortliche Jörg Haider geheißen hat oder wie auch immer, keine Verant­wortung mehr für die Entwicklung der Hypo Alpe-Adria gehabt. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen! – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Schauen wir uns an, was die BayernLB in ihrer Zeit, seit 2007, in der Hypo Alpe-Adria verantwortet hat! Eine Verdoppelung des Kreditvolumens, meine Da­men und Herren! Nicht nachvollziehbare milliardenschwere Wertberichtigungen und Abschreibungen, Führungslosigkeit, Entscheidungsunfähigkeit, millionenschwere, geset­zeswidrige Abfertigungen, und so weiter und so fort. Es stellt sich hier schon die Frage, warum sich die schwarze Justiz und das schwarze Finanzministerium beharrlich weigern, die Aktionen und die Tätigkeit ihrer schwarzen Parteifreunde in Bayern in der Hypo Alpe-Adria seit dem Jahr 2007 zu beleuchten. Sie wissen genau, warum. – Weil dann eben dieser Bumerang, den ich vorhin zitiert habe, bei Ihnen selbst landet, meine Damen und Herren! Das ist die Wahrheit. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Wenn man den Kaufvertrag liest, treten drei weitere Wahrheiten zutage. Erste Wahr­heit: Die Notverstaatlichung war überhaupt nicht notwendig. Zweite Wahrheit: Bundes­minister a. D. Josef Pröll hat für die Republik schlecht verhandelt. Dritte Wahrheit: Auf­grund des Verhandlungsungeschicks der Österreichischen Volkspartei drohen dem ös­terreichischen Steuerzahler milliardenschwere Zahlungen; milliardenschwere Zahlun­gen des österreichischen Steuerzahlers an eine deutsche Bank. (Zwischenruf des Abg. Prinz.) – Ein einmaliges Ereignis in der Geschichte dieses Landes, dass der österrei­chische Steuerzahler für die Misswirtschaft einer deutschen Bank zur Kasse gebeten wird. Das hat Bundesminister Josef Pröll verhandelt, das hat Staatssekretär Schieder mit seinem arroganten, präpotenten Auftreten (He-Rufe bei der SPÖ) bei den Kaufver­tragsverhandlungen damals zu verantworten. (Beifall beim BZÖ. – Anhaltende Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Sie verschenken Milliarden des österreichischen Steuerzahlers für die Misswirtschaft einer deutschen Bank. Das müssen Sie verantworten. Lesen Sie den Kaufvertrag, Sei­te 5 Punkt 5 Liquiditätsmaßnahmen, wo genau steht, dass bis Ende 2012, Ende 2013 milliardenschwere Rückzahlungen seitens des österreichischen Steuerzahlers für die BayernLB, für eine deutsche Bank, drohen! Das haben Sie verhandelt, und ich erwarte mir heute ein Antwort, wie Sie das lösen wollen. (Abg. Heinzl: Haben Sie was genom­men, Herr Kollege?)

Sie geben in Ihrer Anfragebeantwortung zu, dass es diese Rückzahlungsverpflichtun­gen gibt. Sie antworten wörtlich, dass die Hypo Alpe-Adria für die fristgerechte Tilgung der bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der BayernLB Sorge tragen muss. Jetzt frage ich Sie: Wer ist denn die Hypo Alpe-Adria? Wer ist das? – Die Hypo Alpe-Adria ist der österreichische Steuerzahler, der ist nämlich derzeit Mehrheitseigentümer. (Zwi­schenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Das heißt, Sie geben mit dieser Anfragebeantwortung zu, dass Sie schlecht verhandelt haben. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Das zeigt auch, wie schlecht Frau Finanzministerin Fekter informiert ist. Als oberste Eigentümervertreterin der Republik verweigert sie die Antwort. Sie sagt, sie kann derzeit keine Antwort darauf geben, wie hoch die Verbindlichkeiten sind. Das muss man sich einmal vorstellen! Eine bessere Erklärung für beispiellose Ahnungslo­sigkeit können Sie nicht geben. Da gibt es eine Bank, es drohen Milliardenzahlungen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 150

an den deutschen Eigentümer – und Sie sagen, Sie wissen gar nicht, wie hoch diese Milliardenzahlungen ausfallen werden.

Ich sage Ihnen, Sie brauchen nur den Kaufvertrag zu lesen und das, was der ehema­lige Finanzminister Pröll verhandelt hat. Bis zu 4 Milliarden € Rückzahlungen an die BayernLB drohen dank Ihres Verhandlungsungeschicks. (Abg. Mag. Stadler: Unglaub­lich!) 4 Milliarden €! Ich ersuche Sie wirklich: Hören Sie auf, hier im Hohen Haus uns die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben! (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Sie haben dieses Bankendebakel zu verantworten, Sie haben zu verantworten, dass der österreichische Steuerzahler mit 4 Milliarden € für eine deutsche Bank zur Kasse gebeten wird. (Beifall beim BZÖ.) Nicht Herr Haider, nicht das BZÖ, sondern Herr Fi­nanzminister Pröll, Frau Finanzminister Fekter und Herr Staatssekretär Schieder haben das zu verantworten, meine Damen und Herren!

Ich freue mich auf den Tag, an dem diese Wahrheit auch zutage treten wird, an dem das, was niedergeschrieben worden ist, auch tragend werden wird. Es wird ja niemand glauben, dass die rot-schwarze Führung dieser Bank, die derzeit aktiv ist – Kranebitter von der ÖVP, der andere Vorstand von der SPÖ, auf alle Fälle schön rot-schwarz auf­geteilt – und die allein seit der Notverstaatlichung im Jahr 2009 Milliardenverluste er­wirtschaftet hat, in der Lage ist, die Bank gewinnbringend in der Form zu verkaufen, dass wir den Bayern die 4 Milliarden zurückzahlen können, die Sie verhandelt haben, und dann noch mit einem Gewinn für den Steuerzahler aussteigen. Das wird sich schlichtweg nicht ausgehen.

Ich warne Sie schon heute: Werfen Sie das dann nicht uns vor! Ich bitte Sie, hüten Sie sich davor, das dann uns vorzuwerfen! Sie haben das verhandelt. Sie haben eine Not­verstaatlichung unter kräftiger Mithilfe Ihrer bayerischen Freunde sichergestellt, die gar nicht notwendig war, und Sie sind schuld, dass wir aufgrund auch der Unfähigkeit der rot-schwarzen Führung in dieser Bank bis zu 4 Milliarden € an Zahlungen haben wer­den.

Dass ich am Ende des Tages recht haben werde (Oh-Rufe bei der ÖVP), darf ich ab­schließend mit einem Zitat belegen. Ich habe am 18. August 2010 in der „ZiB 24“ zur Verhaftung des Herrn Kulterer gesagt – Zitat –:

„Was ihm bisher vorgeworfen wird, ist nicht nachvollziehbar und wird in sich zusam­menfallen.“

Und weiters: „Die Untersuchungshaft für Kulterer sei daher als ,politisches Manöver‘ zu beurteilen.“

Damals haben alle gesagt, der Petzner spinnt schon wieder ein bisschen – heute wis­sen Sie, ich habe recht gehabt. Für alle drei Angeklagten hat es geheißen: nicht schul­dig!

Ich sage Ihnen hier und heute, ich werde auch damit recht haben, dass Ende 2012, Ende 2013 aufgrund des Verhandlungsungeschicks von Herrn Staatssekretär Schie­der, von Frau Ministerin Fekter und vom ehemaligen Bundesminister Pröll der österrei­chische Steuerzahler zur Kasse gebeten wird für das Milliardendebakel einer deut­schen Bank. – Ein einmaliges Ereignis in der Geschichte dieses Landes und eine Bank­rotterklärung der Wirtschaftspartei ÖVP. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

16.23

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Klub­obmann Dr. Cap zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 151

16.23.10

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Ho­hes Haus! Ich möchte einfordern, dass es hier einen vernünftigen Ton gibt – auch ge­genüber Regierungsmitgliedern.

Ich möchte auch vorausschicken: Es laufen Verfahren seitens der deutschen Justiz ge­gen Verantwortliche der bayerischen Bank. Es gibt Verfahren gegenüber Verantwortli­chen der Hypo Alpe-Adria-Bank. Ich finde, es ist ein starkes Stück, wenn man sich an­gesichts dessen, was hier angerichtet wurde, angesichts dieses Desasters, wofür der Finanzminister und der Staatssekretär Tage damit verbracht haben, eine ganze Nacht damit verbracht haben, es wenigstens noch so zu handeln, dass es für den Steuerzah­ler halbwegs erträglich ist, hier herstellt und sagt: arroganter, präpotenter Staatssekre­tär! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Grosz: Was ist mit der Geschäftsordnung?)

Das ist ein wirklicher Skandal! Das ist eine Kindesweglegung sondergleichen, die Sie hier betreiben! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gibt noch weitere Wortmeldungen zur Ge­schäftsbehandlung.

Ich mache darauf aufmerksam, dass zwischen Wortmeldungen zur Geschäftsbehand­lung und Wortmeldungen als Debattenredner/rednerin ein grundlegender Unterschied existiert, und ersuche, diesen auch einzuhalten.

Herr Abgeordneter Hofer. – Bitte.

 


16.24.22

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Genau darum geht es, Frau Präsidentin! Ich möchte Sie bitten, strengere Regeln anzusetzen. Das war keine Wortmeldung zur Geschäftsordnung. Kollege Cap ist kein ganz neuer Man­datar, sollte das also wissen. (Abg. Dr. Cap: ... Regierungsmitglieder beschimpfen!) – Das ist überhaupt nicht falsch. Das hat auch mit einer Beschimpfung von Regierungs­mitgliedern nichts zu tun. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das war, bitte schön, keine Wortmeldung zur Geschäftsordnung, das muss Herr Kollege Cap auch wissen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Ich erwarte mir, dass hier eingeschritten wird. (Beifall bei der FPÖ.)

16.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


16.24.52

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): In aller Ruhe und Gelassenheit, meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Klubobmannes Josef Cap, der schon seit – ich weiß nicht – Urzeiten hier herinnen sitzt (Abg. Mag. Stad­ler: 40 Jahre!), haben nichts mit einer Wortmeldung zur Geschäftsordnung zu tun ge­habt, sondern waren ein Debattenbeitrag. Dieser Missbrauch der Geschäftsordnung zeigt nur, wie aufgeregt und wie nervös die SPÖ und die ÖVP angesichts dieses Deba­kels, das sie verursacht haben, sind. (Beifall beim BZÖ.)

Danke, Herr Klubobmann Cap, für diese beispiellose Bestätigung. Besser hätten Sie nicht aufzeigen können, dass ich recht habe. (Beifall beim BZÖ.)

16.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Petzner, jetzt haben Sie das­selbe getan wie vorhin Klubobmann Dr. Cap.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 152

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung. (Abg. Krainer: Klub­obmann Cap hat einen Ordnungsruf verlangt!) – Ordnungsrufe kann man zwar verlan­gen, aber nicht bestellen. (Demonstrativer Beifall und Bravorufe beim BZÖ.)

*****

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


16.26.16

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hohes Haus! Man kann es, glaube ich, recht einfach zusammenfassen und auch versuchen, sachlich zu machen, was Kollege Petz­ner hier gesagt hat.

Zum Desaster um die Hypo Alpe-Adria gehören zumindest zwei wesentliche Schlüs­selfaktoren. Das eine sind die Haftungen, die das Land übernommen hat, das andere ist die Misswirtschaft der Bank. Beides zusammen führt zum Desaster; eines allein ist zu wenig. Wenn es nur eine Misswirtschaft der Bank gibt und Bundesland und Steuer­zahler nicht haften, dann kann man anders damit umgehen. Wenn es nur Haftungen gibt, aber keine Misswirtschaft der Bank, sondern eine gut funktionierende Bank, dann kommt es auch nicht zum Desaster. (Abg. Dr. Strutz: Warum hat die SPÖ den Haf­tungen zugestimmt?) Das heißt, beides zusammen führt zum Desaster. (Abg. Dr. Strutz: Warum hat die SPÖ den Haftungen zugestimmt?) – Sie sind ohnehin zu Wort gemeldet, können dann also von hier aus sagen, was Sie sagen wollen, anstatt jetzt wieder durch unqualifizierte Zwischenrufe aufzufallen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das war eine Frage! – Abg. Ing. Hofer: Das war eine Frage und kein unqualifizierter Zwischenruf! – Abg. Kickl: Das war eine unqualifizierte Antwort!)

Das, was jeder, der es wissen will, weiß, ist, dass es a) Haftungen in unvorstellbarer Höhe gab und dass es b) eine beispiellose Misswirtschaft in dieser Bank gab (Abg. Petzner: Von wem?), dass diese Bank zugrunde gerichtet wurde. Es stimmt, sie be­fand sich schon in einer ziemlich miesen Situation. Die handelnden Personen werden wohl auch gewusst haben, wie schlecht es um die Bank steht, haben schnell ein paar hübsche Mascherl darum herumgebunden und es den Bayern zugeschoben.

Die Bayern haben – wie soll ich sagen? –, wenn man sich die Geschichte der Bayern ansieht, was sie alles so im Ausland gekauft haben, ziemlich oft daneben gegriffen; so auch in diesem Fall. (Abg. Petzner: Bank Rijeka, Kroatien!) Sie haben sich von den Mascherln, die es dort gegeben hat, quasi beeindrucken lassen und haben die miese Bank gekauft. Sie haben viele Milliarden verloren, nämlich den gesamten Kaufpreis, die Milliarden an Eigenkapital, die sie reingesteckt haben, und zum Schluss mussten sie noch einmal 825 Millionen € hineinstecken, bevor wir sie um 1 € gekauft haben. Das war ein „umgekehrter“ AUA-Deal, muss man sagen. Als wir die AUA an die Luft­hansa verkauft haben, haben wir ja auch noch einmal 500 Millionen reingesteckt, damit sie um 300 000 gekauft wird. Die Bayern mussten 825 Millionen reinstecken, damit wir sie um 1 € kaufen.

Die Bayern haben viel Geld verloren, aber bei diesem Deal war auch noch etwas ande­res dabei. Nicht nur, dass sie bereits mehrere Milliarden verloren hatten und dem oh­nehin schon verlorenen Geld noch einmal 825 Millionen an gutem Geld nachschicken mussten, mussten sie der Bank auch noch 3,6 Milliarden € als Liquiditätshilfe borgen. – Ja, das ist zurückzuzahlen, aber das ist nicht ein Ergebnis schlechten Verhandelns, son­dern ein Ergebnis guten Verhandelns. Das heißt, die Bank musste sich nicht erst um­schauen, wo sie liquide Mittel herbekommt, sondern die Bayern sind vertraglich dazu verpflichtet worden, der Bank das Geld auch noch zu borgen. Was daran schlecht sein


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soll, ist mir ein Rätsel. Insofern war das ein gutes Verhandeln und kein schlechtes Ver­handeln. Was bleibt, ist natürlich die Unsicherheit, ist die Hypothek, die auf dieser Bank liegt.

Dass jetzt gesagt wird, das jetzige Management habe Milliardenverluste erwirtschaftet, ist auch Humbug. Was das jetzige Management gemacht hat, ist, einfach alle Kredit­verträge durchzuschauen, um zu erfahren, ob da überhaupt noch Geld zu holen ist. (Abg. Petzner: Bewusst abgewertet!) Man musste dann natürlich feststellen, dass sehr viele dieser Kreditverträge, die zum Großteil abgeschlossen worden sind, als es noch eine reine Kärntner Landesbank war, zum Abschreiben sind (Abg. Petzner: Entschul­dige, das ist so ein Blödsinn, was du da redest!), weil die Person gar nicht existiert, an die man zum Beispiel eine Yacht verleast hat, die Yacht gibt es auch nicht mehr und die Autos gibt es auch nicht mehr. Man ist halt draufgekommen, wie schlecht diese Bank geführt wurde.

Das, was bleibt, ist natürlich, dass der Steuerzahler das Risiko zu tragen hat. Das heißt, für diese 18 Milliarden € an Haftungen, die das Land Kärnten übernommen hat, für das es auch Haftungsentgelte bekommt, muss der Bund geradestehen, aber das Bundes­land Kärnten kassiert das Geld dafür. (Abg. Petzner: Wie viel Haftung hat Wien?)

Es stimmt: Es ist zu Recht zu kritisieren, dass das Bundesland Kärnten Geld bekommt, für das der Bund haftet und am Ende des Tages auch haften musste!

Das, was bleibt, ist natürlich auch die Erkenntnis: Blau und Orange, was für eine Farbe sie auch immer anhaben, Maulhelden sind sie (Abg. Ing. Hofer: Was soll das? Ord­nungsruf! – Abg. Petzner: Was soll das? Entschuldigen Sie sich! – weitere Zwischen­rufe bei FPÖ und BZÖ), wirtschaften können sie sicher nicht, groß aufdrehen können sie, groß austeilen können sie auch, aber im Einstecken sind sie schlecht und im Wirt­schaften sind ganz schlecht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Petzner: Solch eine Sauerei!)

Ja, Sie werden diese Wahrheit von uns nicht nur heute hören, sondern noch öfter hö­ren. (Abg. Petzner: Welche Wahrheit?) Sie werden sich das noch öfter anhören müs­sen – völlig zu Recht! (Abg. Petzner: Auf diese Diskussion lasse ich mich gerne ein!)

Danke, Mitglieder der Bundesregierung, dass ihr diese Bank nicht habt pleite gehen lassen, weil damit 20 Milliarden € für Österreich sofort schlagend geworden wären. Sie wären nämlich deshalb sofort schlagend geworden, weil die Haftung sofort zu ziehen gewesen wäre von den Anleihen, die dann sofort bedient hätten werden müssen. Sie haben nicht schlecht verhandelt, sondern gut verhandelt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung gelangt Herr Abge­ordneter Hofer zu Wort. – Bitte.

 


16.31.46

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsident! Sie sind also sehr vorsichtig, wenn es darum geht, dass Sie Ordnungsrufe austeilen. Ich habe heute nämlich festgestellt, dass Sie bei einem relativ leichten Vergehen be­reits einen Ordnungsruf erteilt haben.

Aber dann, wenn Herr Abgeordneter Kai Jan Krainer, der ansonsten nicht sonderlich durch interessante Wortmeldungen auffällt, ein sehr deftiges Wort gebraucht, dann wird das einfach überhört.

Ich möchte Sie bitten, dass Sie sich das Stenographische Protokoll ansehen und dann entscheiden, ob es einen Ordnungsruf gibt oder nicht. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

16.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich habe sehr genau zugehört und stelle fest: Ich brauche das Protokoll nicht. Ich werde dafür keinen Ordnungsruf erteilen (Abg.


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Ing. Hofer: Für „Maulheld“ gibt es keinen Ordnungsruf!), und zwar auch im Hinblick da­rauf, was ich vorhin gesagt habe.

Ich habe auch über einzelne Aussagen des Herrn Abgeordneten Petzner hinwegge­hört. (Abg. Petzner: Welche?) Daher will ich Fairness walten lassen und werde keinen Ordnungsruf erteilen. (Abg. Ing. Hofer: Das ist ja wirklich unglaublich: Für „Krawallbrü­der“ gibt es einen Ordnungsruf, für „Maulhelden“ nicht! Das ist eine „tolle“ Vorsitzfüh­rung!)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. – Bitte.

 


16.32.42

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Bundesministerin! Herr Staatsse­kretär! Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sicherlich das Vorrecht der Opposition, in diesem Fall des BZÖ, in eine Traumwelt zu flüchten, in die paradiesischen Zustände, die der BZÖ-Abgeordnete Gerhard Huber angesprochen hat und die in der BZÖ-Welt in Österreich herrschen. – Das ist das eine.

Nur: Die Bundesregierung muss in der realen Welt bestehen und nicht in der BZÖ-Traumwelt! – Sie leben in einer Traumwelt, was die Hypo Alpe-Adria betrifft! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist so, denn bei Ihnen waren die Hypo Alpe-Adria und die Kärntner Welt in Ord­nung, bis die „böse“ Bayerische Landesbank gekommen ist. (Abg. Petzner: Nein!) Plötz­lich ist alles schlecht geworden.

Ja, wenn es so einfach wäre, dann wäre es wirklich einfach. (Abg. Petzner: Das habe ich nicht gesagt!) Leider ist es viel komplizierter und ganz anders: Die Bundesregierung war in einer ganz schwierigen Phase gezwungen, da zu handeln.

Schauen wir zurück! – Damals ist ja nicht nur die Hypo Alpe-Adria zu Recht sehr kri­tisch gesehen worden, sondern es ist die gesamte österreichische Bankenwelt an den Pranger gestellt worden. Der Internationale Währungsfonds hat Österreich sogar mit Island verglichen. Gott sei Dank hat sich am Ende des Tages herausgestellt, dass wir in der Bankenwelt tatsächlich zwei Problemfälle haben: die Kommunalkredit und die Hy­po Alpe-Adria.

Das kann nicht seitens des BZÖ, wenn auch noch so oft vom Abgeordneten Petzner dieser Versuch unternommen wird, weggeleugnet werden. Denn man kann hier nicht frei von Fakten und Wissen einfach sein freies Mandat in der Form wahrnehmen, wie es Abgeordneter Petzner macht, sondern muss den Realitäten ins Auge blicken.

Was sind die Realitäten? – Abgeordneter Petzner hat die Haftungen der einzelnen Bun­desländer angesprochen. Jawohl, auch andere Bundesländer haben Haftungen über­nommen. (Abg. Petzner: Das Bundesland Wien zum Beispiel!) Insgesamt haben die Bundesländer in Österreich Haftungen von 70 Milliarden € übernommen, und Kärnten hat Haftungen von mehr als 20 Milliarden € übernommen. Das ist ein Missverhältnis, das es in keinem zweiten Bereich gibt.

Und man muss noch eines sagen: Abgesehen von diesen 20 Milliarden € an Haftungen bei einem Landesbudget von knapp mehr als 2 Milliarden € ist es so, dass bei der Hy­po Alpe-Adria 8 Milliarden € problembehaftete Kredite vorhanden waren. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Das, meine Damen und Herren von der FPÖ, hätte in einem ersten Schritt dazu ge­führt, dass der Haftungsverbund der Hypo-Banken zur Kasse gebeten worden wäre und natürlich in einem zweiten Schritt der österreichische Steuerzahler. Daher war es hundertprozentig richtig, in dieser Phase diese Notmaßnahme zu setzen, diese Ver­staatlichung zu machen. Denn dadurch ist die Chance gegeben – niemand weiß, was


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am Ende des Tages sein wird, aber es ist schon diese Chance gegeben –, dass am Ende des Tages der österreichische Steuerzahler dann letztendlich doch nicht zur Kas­se gebeten wird. (Abg. Petzner: Am Ende des Tages müssen wir zahlen, denn wie soll das gehen? Das rechnen Sie mir einmal vor!)

Was ist bisher eingesetzt worden? – 1,450 Milliarden €. Eine hohe Summe, zweifelsoh­ne! Auf der anderen Seite, schon mehrfach angesprochen, waren Haftungen von 20 Mil­liarden € da. Es waren problembehaftete Kredite in der Größenordnung von 8 Milliar­den € da.

Wie sieht nach einer Phase der Umstrukturierung nun der neue Hypo-Chef die Situa­tion? – Er sieht sie in der Form – und ich darf ihn hier zitieren; ich gehe davon aus, dass er nach dieser Phase mittlerweile sehr genau weiß, in welcher Situation sich die­se Bank befindet (Abg. Petzner: Das glaube ich nicht! Der hat überhaupt keine Ah­nung! Ein Totalversager!) –, dass durch diese Verkaufsmaßnahmen, durch diesen Ver­kaufsprozess, der jetzt in die Wege geleitet ist, nämlich die italienische Hypo, die öster­reichische Hypo und dann in einem dritten Schritt das Südosteuropa-Netzwerk zu pri­vatisieren, das zu verkaufen (Abg. Petzner: Was steht im Kaufvertrag?) – und er geht nicht davon aus, und das kann er auch nicht, dass Gewinne zu erzielen sind –, dann, wenn der Verkauf zu den Buchwerten gelingt, für die Steuerzahler das gesamte einge­setzte Kapital zurückzubekommen ist. – Zitat Kranebitter.

Meine Damen und Herren, es besteht die Chance! Mehr habe ich nicht gesagt. (Abg. Petzner: Du weißt aber selber, dass sich das nie ausgeht! Du kennst dich aus!) Na­türlich ist das mit einem großen Risiko verbunden.

Aber ich sage Ihnen: Was Finanzminister Pröll hier gemacht hat, war in dieser Situation ein schwieriger Schritt, aber ein notwendiger Schritt. Jede Alternative hätte schon mit dem heutigen Tag den österreichischen Steuerzahler ein Vielfaches davon gekostet.

Das bitte ich Sie schon, zur Kenntnis zu nehmen und nicht in Ihrer Traumwelt zu ver­harren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte.

 


16.38.05

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegen im Nationalrat! Wir Freiheitlichen sind sehr dafür, dass wir die Vorfälle rund um die Hypo Alpe-Adria restlos aufklären und dass das alles auf den Tisch kommt.

Ich bin auch dafür, dass wir auf parlamentarischer Ebene einen Untersuchungsaus­schuss einsetzen, weil es, wenn ich mir die Entwicklung in den letzten Jahren und ins­besondere die Rolle, die die sogenannte „CSI Hypo“ und verschiedene andere Verant­wortliche auf Bundesebene gespielt haben, ansehe, meiner Meinung nach notwendig ist, sich das näher anzusehen. Dazu notwendig ist eine sachliche Debatte. Dazu not­wendig ist aber auch, dass man sich in die Materie vertieft.

Herr Abgeordneter Krainer, ich möchte Ihnen nur eines sagen: Sie sollten sich einmal erkundigen, wer die tatsächlich Verantwortlichen, sowohl politisch als auch in unmittel­barer Verantwortung auf Vorstandsebene, auf Aufsichtsratsebene, aber vor allem im Be­reich der Kontrollorgane – Finanzmarktaufsicht, Testate, die ausgestellt wurden –, sind und welchem Personenkreis diese zuzuordnen sind.

Jetzt rede ich gar nicht vom Herrn Gusenbauer – das haben wir heute schon disku­tiert –, vom Herrn Staribacher, der alles geprüft hat, vom Herrn Lacina, der im Auf­sichtsrat gesessen ist, sondern sehen wir uns auch einmal an, wer die Vorstände sind, aus welchem Bereich die Vorstände kommen und welche Rolle sie gespielt haben!


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Da mir nur 5 Minuten Redezeit zur Verfügung stehen, möchte ich nun auf die Anfra­gebeantwortung eingehen. Die Frau Finanzministerin hat darauf verwiesen, dass un­mittelbar nach Bekanntwerden des rapiden Vermögensverfalls das Projekt „CSI Hypo“ der Republik Österreich und der Hypo Alpe-Adria-Bank eingesetzt wurde. Das Ergeb­nis der Arbeit dieser „CSI Hypo“ ist bis jetzt folgendes: 18 Millionen € an Kosten, drei Personen, die medial vorverurteilt wurden, und zwar durch Medien, die im Eigentum des Raiffeisenkozerns sind – diese Rolle werden wir noch genau zu beleuchten ha­ben –, und ein lückenloser Freispruch für den Herrn Kulterer, für den Herrn Xander und für den dritten Vorstand Ruhdorfer.

Wissen Sie, was mir aufgefallen ist? – Dass der Spitzenmann der „CSI Hypo“, Herr Dr. Guido Held, der ein unmittelbares Naheverhältnis zu den Investoren hat, die beim Hypo-Verkauf kräftig mitgeschnitten und verdient haben, im Aufsichtsrat bei Herrn Mayr-Melnhof sitzt.

Herr Mayr-Melnhof – kein Unbekannter im Dunstkreis der ÖVP; soviel ich weiß, unter­stützt er sie auch finanziell – sitzt dort im Aufsichtsrat und sitzt mit jenem Personen­kreis an einem Tisch, der sich in Wirklichkeit mit der Übernahme durch die Bayern eine goldene Nase verdient hat. – Das ist zum Beispiel ein Punkt, der aufklärungsbedürftig ist. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Jetzt ein bisschen zur Geschichte, mit der sich vor allem Abgeordneter Krainer, wenn er sich zu Wort meldet, beschäftigen sollte.

Faktum ist, dass die Hypo, die 1982 tätig wurde und 250 Mitarbeiter hatte, unter SPÖ-Führung kurz vor der Pleite gestanden ist. Wir wissen, dass im Jahr 2007 7 500 Mitar­beiter beschäftigt gewesen sind und dass das einer der beschäftigungsrelevanten Haupt­faktoren in Kärnten gewesen ist mit 1 200 Angestellten. Deshalb, Herr Abgeordneter Krainer, hat die Sozialdemokratie auch die Haftungen beschlossen.

Warum waren diese Haftungen notwendig? – Weil die Hypo in Wirklichkeit traditionell über ein kleines Filialnetz verfügt hat und das Wachstum dieser Bank so großartig war, dass man auf ein anderes Geschäftsmodell umgestellt hat. (Abg. Kopf: Das ist aber eine interessante Erklärung: Wachstum mit vollem Risiko!) Und im Jahr 1990 waren deshalb alle Parteien in Kärnten dafür: die ÖVP, die Sozialdemokratie – so wie es auch in anderen Ländern der Fall gewesen ist.

Kennen Sie die Haftungen in Vorarlberg? Kennen Sie die Modelle der Haftungen auch in den anderen Ländern, wo die ÖVP ebenfalls genau diesen Vorgang gewählt hat? (Abg. Kopf: Aber nicht Wachstum mit vollem Risiko!) Ich weiß schon, warum Sie in Wirklichkeit kein Interesse haben. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Schauen Sie, Herr Klubobmann, es ist ja für alle Insider in diesem Bereich ein offenes Geheimnis, dass der Raiffeisenkonzern seit Jahren seine Hände in Richtung Hypo Al­pe-Adria-Bank ausgetreckt hat. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Nicht umsonst hat ja der Herr Konrad den Herrn ÖVP-Chef Pröll als seinen Nachfolger ausgerufen beziehungsweise auserkoren. Der Herr Finanzminister hat in Wirklichkeit mit seiner Vorgangsweise dem Raiffeisenkonzern die Hypo auf dem Tablett serviert – genau das ist zu hinterfragen! –, und zwar durch jene Medien, die im Eigentum des Raiff­eisenkonzerns stehen. (Neuerlicher Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Und wenn man sich ansieht ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich habe vor 45 Sekunden geläutet, und ich gehe immer davon aus, dass, sobald geläutet wird, ein Schlusssatz kommt. Sie haben jetzt mindestens zehn Sätze nach meinem Läuten gesagt. Ihre Re­dezeit ist zu Ende.

Ich gewähre Ihnen noch einen Satz mit ungefähr zehn Worten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 157

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (fortsetzend): Faktum ist, dass die zuständige Auf­sicht versagt hat. Die Aufsicht des Bundes bei der Finanzmarktaufsicht ... (Rufe bei der ÖVP: Die Redezeit ist um!)

16.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende! Man kann auch das Entgegenkommen überstrapazieren.

(Beifall bei FPÖ und BZÖ für den das Rednerpult verlassenden Abgeordneten Dr. Strutz.)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


16.44.40

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Es ist offensichtlich geschäftsordnungsmäßig kein Problem und durchaus möglich, dass die Frau Bundes­ministerin sich hier später zu Wort meldet, so sie das tut, aber die Idee ist eigentlich schon die, dass man sich quasi nach der Begründung des Verlangens der AB-Bespre­chung von der Regierungsbank aus zu Wort meldet, damit man allenfalls auch darauf eingehen kann. (Beifall bei den Grünen.)

Ich hege da jetzt persönlich keinen besonderen Argwohn, weil unsere Meinungen da vielleicht gar nicht so weit auseinanderliegen, aber – und es ist das Verlangen auf Be­sprechung einer Anfragebeantwortung ein parlamentarisches Recht – wenn Sie jetzt ganz zum Schluss reden, dann können die Abgeordneten nichts mehr dazu sagen. Sie sehen ja, was dann passiert: Dann ist es aus, dann ist fini! Das ist vielleicht nicht so günstig. Ich weiß nicht, was das Motiv für diese Vorgangsweise ist.

Die Sache selber ist verzwickt genug. Ich werde nicht einmal den Schiedsrichter spie­len, sondern nur an ein paar Fakten erinnern oder an ein paar Vorgänge, die im Zeitab­lauf seltsam genug erscheinen. Aber eines ist natürlich schon wieder auffällig – und das passt zum Thema von gestern und heute –: die frappierende Parallele zu Grie­chenland, wo Sie von der FPÖ sich immer so wunderbar aufregen können.

Ich kann mich noch gut erinnern – und ich sage das auch deshalb, weil Sie vorhin dem Herrn Staatssekretär Abgehobenheit oder was weiß ich was vorgeworfen haben –, dass man am Tag der Verhandlung in Kärnten herumspaziert ist und freihändig das Geld verteilt hat. Wessen Geld war denn das? – Das Geld des Steuerzahlers war das natürlich. Und hier regen Sie sich auf, und da heißt es, die faulen Griechen oder weiß der Teufel was. Aber in Kärnten haben Sie damals das Geld einfach so ausgegeben. (Abg. Kickl: Von Bürgernähe haben Sie noch nie etwas gehört!)

Das ist ja überhaupt von vorgestern. Aber, bitte, die Bräuche sind so. Da dürfen Sie sich nicht wundern, wenn man sich sonst in Österreich Gedanken macht, wie es dort denn zugeht.

Aber bleiben wir in der Phase vor der Übernahme durch die Bayern! Da ist ja schon genug passiert. Eine große Untersuchung wäre da wirklich angebracht, denn es ist ja an verschiedenen Stellen immer wieder greifbar und ruchbar gewesen – ich weiß ja nicht, was da dann beweismäßig an den Tag zu bringen ist –, dass Sie auch an der Bank und in der Bank sehr viel bedient haben, nämlich bis hinein zu den politischen Parteien. Es musste die Bank immer wieder den ganzen Event-Wahnsinn mitfinanzie­ren oder abdecken, wo man sich auch fragen darf, ob das alles in Ordnung war. (Abg. Petzner: Solch ein Blödsinn! Das stimmt überhaupt nicht!)

Na schon, Kollege Petzner, da waren immer wieder Verflechtungen. (Abg. Petzner: Nein, das stimmt nicht!) Na, dann schauen wir es uns an! (Abg. Petzner: Wo?) Beim Schlosshotel zum Beispiel. Und so weiter. (Abg. Petzner: Zeig mir das einmal! Das wird immer wieder behauptet!)


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Dann haben wir die Frage, warum das alles nicht nur super gewesen sein kann, damit zu beantworten, dass die Swap-Verluste ja tatsächlich eingetreten sind. Es war ja nicht so, dass das nicht stattgefunden hätte. Und das war erstens von der Dimension her keine Kleinigkeit und zweitens von der Struktur her ein Riesenproblem, weil ja die Bank sozusagen ganz locker zugelassen hat, dass das damals so vor sich gegangen ist.

Das war meiner Erinnerung nach ein Verlust von fast 400 Millionen. Damals haben Sie alle noch auf die BAWAG gezeigt. Ich bin nicht der Pflichtverteidiger der BAWAG, nur so viel zur Erinnerung: Da ist kein einziger Steuer-Euro hineingegangen. Im Gegenteil: Dort ist die Haftungsprämie brav bezahlt worden, und zum Schluss ist das Geschäft noch irgendwie über die Rampe gegangen, und man ist das Ding halt losgeworden.

Ob diese Hoffnung hier begründet ist – das nehme ich an dieser Stelle vorweg, Herr Abgeordneter Lopatka –, das wage ich in diesem Fall gemeinsam mit dem BZÖ zu be­zweifeln. Ich glaube nicht, dass wir diese 1,45 Milliarden, die jetzt drinnen sind, sehen werden. Ein paar Bemühungen wird es da sicherlich geben. Man muss dann natürlich schon auch schauen, wer unter welchen Umständen – und diese Frage darf man kri­tisch im Raum stehen lassen, in diesem Fall auch vom Anfragebegründer –, unter wel­chen Konditionen allenfalls auch noch zu einem Schnäppchen kommt. Wie das dann sein wird, darauf bin ich schon gespannt.

Aber zum Vorgang selber: Wenn es so ist, dass die Bank bis zum Verkauf an die Bay­ern so super gewesen ist, dann fragt man sich, warum der Untersuchungsausschuss in München zu ganz anderen Ergebnissen gekommen ist. Dort hat man nämlich den Vor­stand und sogar die Aufsichtsräte, bis in die Politik hinein, anständig erwischt, weil der Vorhalt der war, dass man da eine „Kraxen“ gekauft hat, die in sich das nicht wert war, als was sie dargestellt wurde.

Glauben Sie, das würde so ohne Weiteres passieren, wenn da nichts dran wäre?! Und abgesehen davon ist nicht nur der Untersuchungsausschuss dort fündig geworden – im Übrigen viel schneller; daran sieht man, was so ein Institut wert sein kann (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) –, sondern auch die Staatsanwaltschaft hat dort den gesamten Vorstand vor den Kadi gebracht und sogar noch einzelne Aufsichts­räte.

Da können Sie nicht sagen, da war vorher nichts. – Da war natürlich genug! (Präsiden­tin Mag. Prammer neuerlich gibt das Glockenzeichen.)

Und letztlich, Frau Präsidentin, zeigt das den Unterschied der Justiz von dort und von hier auf, denn die sind mit sieben Staatsanwaltschaften zu Werke gegangen, bei uns ge­rade einer, und dann man eben einen zweiten dazugetan. Das war peinlich und ...

16.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, für Sie gilt natürlich das­selbe wie für Abgeordneten Strutz.

(Beifall bei den Grünen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Mag. Kogler.)

Nun hat sich Frau Bundesministerin Dr. Fekter zu Wort gemeldet. Die Redezeit sollte 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte.

 


16.50.33

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrte Frau Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kogler, es tut mir irgendwie leid, denn als langjährige Parlamentarierin will ich hier selbstverständlich nicht für Irrita­tionen sorgen, indem ich mich zum Schluss melde (Abg. Grosz: Sie sind nicht zum Schluss, es kommt noch ein Redner!), sondern ich wollte die Debattenbeiträge abwar­ten. Wenn gewünscht wird, dass man sich bei Anfragebesprechungen immer gleich nach der Begründung meldet, dann soll mir das in Zukunft recht sein. Ich nehme das so mit.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 159

Nun zum Thema, zu dieser Anfragebesprechung, bei der es um die Verstaatlichung der Hypo Alpe-Adria geht. Die Hypo Alpe-Adria war zum damaligen Zeitpunkt die sechst­größte österreichische Bank mit 40 Milliarden € Bilanzsumme und mehr als 6 000 Mit­arbeitern. Von 2000 bis 2008 sind im gleichen Zeitraum die Landeshaftungen in Kärn­ten von 150 Millionen € im Jahr 2000 auf 20 Milliarden € im Jahr 2008 angewachsen, und das Land Kärnten hatte eigentlich gar keine Möglichkeit, diese Haftungen schlag­artig auch tatsächlich zu bedecken.

Nachdem die damaligen Eigentümer nicht mehr weiter die Verantwortung für die Bank übernehmen wollten oder auch konnten, musste die Republik einschreiten, weil natür­lich die österreichische Volkswirtschaft durch diese Malaise der sechstgrößten Bank enorm gefährdet war.

Es hat dann die Republik nach einer intensiven Verhandlung – Staatssekretär Schieder war dabei – die Bank übernommen, um die Spareinlagen zu sichern, die Stabilität des Wirtschaftssystems zu sichern, die Bonität der Republik zu gewährleisten und zuletzt natürlich auch den finanziellen Kollaps des Landes Kärnten abzuwehren (Abg. Petz­ner: Das ist so ein Blödsinn! Das stimmt doch gar nicht!), weil nämlich sofort die Haf­tungen von 20 Milliarden € schlagend geworden wären, und das hätte das Land Kärn­ten als Garant niemals leisten können. (Abg. Petzner: Nein, das ist falsch! Das ist die glatte Unwahrheit! So ein Blödsinn, na Entschuldigung!)

Der Verstaatlichungsvorgang wurde von meinem Vorgänger gemeinsam mit Staatsse­kretär Schieder (Abg. Mag. Stadler: Das ist wichtig, dass Sie sagen, der Schieder war dabei! Das war Ihr größter politischer Fehler, Herr Staatssekretär, dass Sie sich da haben mitnehmen lassen! Das war ein Fehler!), unter voller Einbindung natürlich auch des Herrn Bundeskanzlers, sowie dem Gouverneur der Oesterreichischen National­bank, dem Vorstand der Finanzmarktaufsicht und in Kontakt mit der Europäischen Zen­tralbank durchgeführt. In den Verhandlungen wurden die Ansprüche der Bayern abge­wehrt, und es konnte für die Bank ein Kapitalbetrag von 1 Milliarde € gesichert werden sowie ein Liquiditätsbeitrag von 3,6 Milliarden €.

Zum Vorwurf, dass diese Notverstaatlichung angeblich nicht notwendig war: Die Not­verstaatlichung der Hypo Alpe-Adria, Herr Kollege Petzner, war unbedingt notwendig, denn es hätte sonst massive negative Auswirkungen gegeben, weil eben die Liquidi­tätssituation der Bank zweifelsfrei (Abg. Mag. Stadler: Und wer hat das herbeige­führt?), auch durch das Einbehalten der Gelder durch die Bayerische Landesbank, äu­ßerst angespannt war. (Abg. Petzner: Wer hat das herbeigeführt? Über 1 Milliarde €! Die Bayerische Landesbank! Das ist kriminell! Das ist kriminell, was die gemacht ha­ben!)

Die Finanzmarktaufsicht hatte schon einen Regierungskommissär bestellt (Abg. Petz­ner: Sie verteidigen eine deutsche Bank! Sie verteidigen eine deutsche Bank als öster­reichische Finanzministerin! Gratuliere! – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen), der bei Geschäftseröffnung am Montag früh nach der Verstaatlichung hätte tä­tig werden müssen, wäre die Verstaatlichung nicht gelungen, denn ab diesem Zeit­punkt wäre am Montag früh kein Geld mehr zu beheben gewesen und aus den Banko­maten wäre kein Geld mehr gekommen.

Die Insolvenz der Bank hätte rund 20 Milliarden € an Haftungen des Landes Kärnten sofort schlagend werden lassen, was nicht nur zu einer Insolvenz der Bank, sondern auch zu großen Schwierigkeiten in Kärnten geführt und damit auch die österreichische Volkswirtschaft in riesige Schwierigkeiten gebracht hätte, sowohl finanziell als auch or­ganisatorisch.

Der Bund selbst war bereits mit einem Partizipationskapital von 900 Millionen € enga­giert und hatte rund 1,35 Milliarden Haftungen für Wertpapieremissionen bei der Hypo.


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Damit hätte eine Insolvenz der Hypo auch erhebliche Verluste für den Bund gebracht. (Abg. Petzner: Das ist so ein Blödsinn!)

Die Bank war in unseren wirtschaftsverflochtenen Nachbarländern Kroatien, Bosnien, Serbien, Montenegro und Slowenien systemrelevant (Abg. Petzner: Kennen Sie das Eigenkapitalersatz-Gesetz?), und auch aus diesem Grund war es gerechtfertigt, weil diese in engem Konnex mit unserer österreichischen Wirtschaft standen.

Ich gehe letztlich auch davon aus, dass eine Insolvenz der Bank und damit eine Zer­schlagung von Vermögenswerten in Zeiten, in denen die Krise auf ihrem Höhepunkt war, höchste Verluste kreiert hätte, und daher haben mein Amtsvorgänger und sein Staatssekretär (Abg. Petzner: Es ist schon auffallend, wie sehr Sie das betonen!) so­wie eben auch die Finanzmarktaufsicht die Stabilität des Marktes gewährleistet. Daher kann keine Rede davon sein, dass das nicht notwendig gewesen wäre! Es war zum Schutz der österreichischen Volkswirtschaft und zur Verhinderung des finanziellen Kol­laps des Landes Kärnten, der letztendlich wieder auf den Bund zurückgefallen wäre. (Abg. Petzner: Glatte Unwahrheit! Schmäh! Völlig ahnungslos!)

Für den Bund als Eigentümer der Hypo Alpe-Adria gibt es zwei Ziele:

Erstens die Abwehr der drohenden Haftungsansprüche von 20 Milliarden € und die Rück­führung möglichst aller bislang geleisteten öffentlichen Gelder, nämlich Gelder des Steuerzahlers in Höhe von 1,45 Milliarden €. (Abg. Petzner: Und wie hoch sind die Verbindlichkeiten gegenüber der Bayerischen Landesbank? Wie hoch sind die? Das be­antworten Sie wieder nicht!)

Zweitens ist es für den Bund aber genauso wichtig, eine lückenlose Aufarbeitung der Vergangenheit zu machen, um die Verlustursachen aufzudecken: Wie hat es denn über­haupt so weit kommen können, Herr Kollege Petzner? Daran könnten Sie mitarbeiten, denn Sie waren ja immer dabei (Abg. Petzner: Deswegen kenne ich mich aus!), wenn Herr Landeshauptmann Haider sich der Bank bedient hat, um weiter Geld auszuteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Diese Aufarbeitung wird in der „CSI Hypo“ gebündelt, und die Bank hat sich bereit er­klären müssen, hat sich vertraglich verpflichtet, gemeinsam mit der „CSI Hypo“ aufzu­arbeiten, wie es denn überhaupt so weit kommen konnte, dass es zu einem derartigen Vermögensverfall bei der Bank kam. (Abg. Petzner: Und was ist bisher herausgekom­men? Was ist da herausgekommen?) Und diese Maßnahmen werden selbstverständ­lich auch an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, sofern es sich um strafrechtlich rele­vante Umstände handelt. Die gerichtliche Verfolgung obliegt aber der Staatsanwaltschaft.

Selbst das Land Kärnten, das bis zur Notverstaatlichung Eigentümer der Hypo war und überdies auch durch einen Haftungskommissär Einsicht in die Geschäftsführung der Bank hatte, hat den Bundesminister für Finanzen, also meinen Vorgänger Josef Pröll, ersucht, die Untersuchung der Ursachen für den rapiden Vermögensverfall bei der Bank vollumfänglich zu unterstützen (Abg. Petzner: Auch falsch! Das stimmt überhaupt nicht, Frau Bundesminister! Sie wissen überhaupt nicht, was da los ist! Keine Ah­nung!), und ich stehe hinter diesen Untersuchungen! Es ist auch in meinem höchsten Interesse zu erfahren, warum es zu dieser enormen Malversation überhaupt hat kom­men können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte. (Rufe bei der ÖVP: Schweigeminute!)

 


16.59.19

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ist Ihnen aufgefallen, wie bemüht die Frau Bundesminister war, immer herauszustreichen,


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dass Sie als Staatssekretär mit dabei waren und nicht Herr Staatssekretär Lopatka (Abg. Petzner: Ja, und nicht sie selber! – Bundesministerin Dr. Fekter: Auch der Herr Bundeskanzler!), wie wichtig es ihr ist, darauf aufmerksam zu machen, dass Rot an Bord ist? (Abg. Rädler: Regierung!) Sie von der SPÖ hätten nämlich keine Veranlas­sung dazu gehabt. Und ich sage Ihnen heute voraus, Sie werden das einmal in Ihren Memoiren anstreichen und sagen: Das war mein größter politischer Fehler, dass ich mich da habe mitnehmen lassen (Beifall beim BZÖ), denn, meine Damen und Herren von der SPÖ, Sie hätten keinen Grund gehabt, sich hier an Bord nehmen zu lassen, keinen einzigen. Es wäre vielleicht gescheiter gewesen, Sie hätten vorher mit manchen Ihrer Genossen in Kärnten geredet, und zwar mit jenen, die in der Bank waren und ei­ne Ahnung von den Dingen hatten.

Wir haben hier von einem Genossen ein Dossier bekommen. (Der Redner hält ein Bündel Schriftstücke in die Höhe.) Wir werden jetzt Folgendes machen: Dieses Dos­sier – das ist sehr detailliert – bekommen Sie, Frau Bundesministerin, in Form einer parlamentarischen Anfrage an Sie und an die Justizministerin, dann werden Sie das al­les nachlesen können. Dann werden Sie keine Ausrede mehr haben, dass Sie nicht gewusst hätten, was sich dort abgespielt hat, was wirklich der Fall war, dann werden Sie das selber nachlesen können. Hätte nämlich der Herr Staatssekretär diese Infor­mationen, die wir heute haben, gehabt, ich bin überzeugt davon, er wäre auf Urlaub ge­gangen, aber er hätte sich nicht mit nach Kärnten nehmen lassen.

Ich garantiere Ihnen eines, meine Damen und Herren: Außer den Schwarzen hat sich während der Bayern-Zeit in der Hypo in Kärnten niemand so tief die Hände da drinnen gewaschen wie Schwarz. Aber der Reihe nach, ich werde es Ihnen gleich beweisen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Da hinten steht der smarte Herr Dr. Peschorn, der Chef der Finanzprokuratur – üb­rigens ist er von Schwarz ernannt worden, er ist ein schwarzer Günstling. Er sorgt da­für, dass die Jahre 2007 und 2008 nicht angeschaut werden. Es geht nur darum, 2006 und davor anzuschauen, 2007 und 2008 sind kein Thema. (Abg. Petzner: So ist es!) Warum? – Weil zu der Zeit die Schwarzen fleißig ihre Hände drinnen gewaschen ha­ben, und zwar nicht nur die gesamte alte Aristokratie in ÖVP-Nähe – Mayr-Melnhof wurde schon genannt, die anderen sind auch namentlich genannt, von den Goëss bis weiß Gott wohin; übrigens ist Goëss verwandt mit Herrn Tilo Berlin, haben Sie das ge­wusst?, eingeheiratet; Orsini-Rosenberg und so weiter –, sondern auch der steirische Geldadel war mit dabei. Lauter Freunde von Herrn Bartenstein, lauter Schwarze, pat­zen Schwarze!

Die GRAWE – patzen schwarz – hat zum Beispiel nur 30 Millionen € mit beitragen müs­sen zur Sanierung mit 20,48 Prozent Anteil am Kapital (Zwischenruf des Abg. Dr. Strutz), während die anderen, die Kärntner mit 12,42 Prozent Anteil mit 200 Millionen € in die Tasche greifen mussten. Die Schwarzen hatten es sich schon gerichtet!

Deswegen ist es so wichtig, dass die Frau Minister immer sagt: Schieder war dabei, Schieder war mit. Vorhin hat sich auch noch einen Zwischenruf gemacht: Der Bundes­kanzler war auch dabei! – Also, es ist Ihnen wichtig zu sagen, Rot war auch dabei. Sie hätten keine Veranlassung dazu gehabt. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) – Noch einmal, bitte! Noch ein erhellender Zwischenruf. (Neuerliche Zwi­schenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) – Ja, Sie wissen ganz genau: In dem Moment, wo 2007 und 2008 durchleuchtet werden, hat die ÖVP ein Megapro­blem. Das ist nämlich der Hintergrund, warum diese zwei Jahre nicht angeschaut wer­den. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Und, meine Damen und Herren, genau in diesen zwei Jahren ist die Bank ins Trudeln gekommen.

Ich nenne Ihnen nur eine Zahl: Innerhalb von sechs Quartalen hat das Kreditvolumen – Herr Lopatka, jetzt komme ich auf Sie zurück – unter Tilo Berlin um sage und schreibe


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10 Milliarden € zugenommen. Fürs Protokoll: Staatssekretär außer Dienst Lopatka nickt. Und der wesentliche Teil dieser 8 Milliarden, die du genannt hast, stammen ge­nau aus diesen 10 Milliarden, die von den Bayern zugeschossen wurden, selbstverständ­lich. (Zwischenruf des Abg. Mayerhofer.)

Und die mussten auf den Markt geschmissen werden, koste es, was es wolle. Da war Herr Tilo Berlin da. Das hat mit Haider nichts zu tun – sauber und glatt –, gar nichts zu tun! Das sind Ihre Leute. (Abg. Kößl: Geh, nein!) – Bitte, Herr Oberkommissar, kom­men Sie oder Ihre Ministerin heraus, legen Sie einen Beleg auf den Tisch – einen ein­zigen! –, und ich gehe hier von dieser Rostra weg und bin völlig zerknirscht. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Aber ich zeige Ihnen Ihre ganze schwarze Kamarilla! Mayr-Melnhof, Orsini-Rosenberg, Piëch, Senger-Weiss, Leeb, Veit Sorger, Gröller, Moser, Koch, Flick – alles schwarze Protegés oder Financiers – und auch die (Abg. Grosz: Koch!) GRAWE: Alle haben sie sich mit illegalen Put-Optionen und mit Vorzugsaktien die Hände darin gewaschen. Das darf Herr Peschorn dort hinten nicht untersuchen, denn das würde in Ihren Nahebe­reich führen. Das wäre keine Dankabstattung für seine Ernennung.

Daher, Frau Bundesminister, wenn Sie noch einmal die Dreistigkeit haben, zu sagen: Ich bin an Aufklärung interessiert!, dann packen Sie gleich Ihren Herrn Peschorn mit ein, fahren Sie nach Klagenfurt und fangen Sie bei den Jahren 2007 und 2008 an! Und dann kommen Sie wieder und erklären uns, dass Sie an Aufklärung interessiert sind, sonst glauben wir Ihnen das nicht! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Und es wird auf die Dauer zu wenig sein, Herrn Schieder zu umarmen und zu sagen: Schieder war dabei. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Sie werden diese parlamentarische Anfrage zum Anlass nehmen können, Ihre Koffer zu packen und nach Klagenfurt zu fahren – und dann ermitteln Sie einmal! Und dann reden wir wieder. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

17.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

17.04.41Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über den Punkt 1 der Tagesordnung wieder auf.

Meine Damen und Herren, ich mache darauf aufmerksam, dass es noch zwei Wortmel­dungen gibt, und dann kommen wir zu den Abstimmungen zu diesem Tagesordnungs­punkt.

Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser zu Wort. – Bitte.

 


17.05.05

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Solche Generaldebat­ten über Budgetbegleitgesetze sind immer ein Spiegel dessen, was manche Menschen nicht wissen oder wie anders manche Menschen denken. Und bevor Herr Abgeordne­ter Strutz den Saal verlässt, möchte ich ganz gerne noch auf seine Wortmeldung von heute zum Gesundheitsbudget Stellung nehmen, um klarzumachen, dass er zu jenen zählt, die offensichtlich nicht wissen, wovon sie reden.

Herr Abgeordneter Strutz, Sie haben uns hier sehr bunte Zettel vorgehalten, wo Sie ge­sagt haben, das Budget von Herrn Bundesminister Stöger geht ins Unermessliche, die


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Schulden steigen ins Unermessliche, und Herr Minister Stöger wird damit nicht umge­hen können. Sie haben gesagt, dass die Ausgaben für ELGA dafür verantwortlich sind, dass Krankenschwestern gekündigt und dass Spitäler geschlossen werden müssen.

Lieber Herr Abgeordneter Strutz! Ich hätte Ihnen mehr Sachkenntnis im Gesundheits­wesen zugetraut, nämlich vor allem dann, wenn Sie sich dazu zu Wort melden. Ich glau­be, dass wir alle hier herinnen wissen, dass die Fragen, wie Spitäler ausstrukturiert wer­den, wie Spitäler finanziert werden, Ländersache sind. Das heißt, dass der Gesund­heitsminister in der Frage, wie Spitalsbudgets aufgestellt werden und wie die Defizite dort sind, keinerlei Mitspracherecht hat.

Frau Abgeordnete Belakowitsch hat gesagt, er wird sich darum kümmern, dass die 15a-Vereinbarungen umgesetzt werden, und hat das sehr ins Lächerliche gezogen. (Zwischen­ruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) – Das ist genau der Punkt, wo Herr Minister Stöger darauf schauen wird, dass die Spitalsdefizite in Zukunft nach unten gehen und dass nicht das Gleiche passiert wie bei den letzten 15a-Verhandlungen, als man den Ländern noch 100 Millionen € gegeben hat, ohne eine Gegenleistung dafür zu verlan­gen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und Mag. Stadler.)

Herr Abgeordneter Strutz! Ich habe mir jetzt ein bisschen die Pressemeldungen aus dem Lande Kärnten angeschaut. Sie wissen ja, dass wir in der neuen Bilanz wegen der Maastricht-Kriterien auch die ausgelagerten Schulden der Spitäler ins Maastricht-Bud­get hineinnehmen müssen. Und wieder einmal ist es Kärnten, das da den Vogel ab­schießt: Mit geschätzten 1,2 Milliarden € Außenständen, die die KABEG hat (Abg. Grosz: Und wie viel haben die Steirer? Genossin, wie viel haben die Steirer? Wie viel hat der Herr Voves mit der KAGes? – Zwischenruf des Abg. Ing. Hofer), werden Sie mit dem Land Kärnten erneut das Bundesbudget belasten. Das heißt, hier dem Minister das An­steigen des Gesundheitsbudgets vorzuwerfen, also so im Glashaus zu sitzen und dann mit Steinen zu werfen, halte ich für eine absolute Unkenntnis, und in dieser Frage ist das unerträglich. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ich noch zurechtrücken möchte, ist das Bild, das heute von Leistungsträgerinnen und Leistungsträgern vonseiten des Abgeordneten Lettenbichler hier gezeichnet wur­de. Herr Abgeordneter Lettenbichler hat die LeistungsträgerInnen in Österreich so defi­niert: die, die ins System mehr einzahlen, als sie herausbekommen. (Präsident Neuge­bauer übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Lettenbichler, man kann in seinem Leben sehr lange einzahlen und kann dann ganz plötzlich schwer krank werden und kann ganz plötzlich ganz viel mehr aus diesem System herausnehmen müssen, als man eingezahlt hat. Trotzdem sind diese Menschen, zumindest für die Sozialdemokratie, Leistungsträgerin­nen und Leistungsträger in dieser Gesellschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Frage, die Sie aufgeworfen haben, dass 48 Prozent der Österreicherinnen und Ös­terreicher keine Steuern zahlen: Sie wissen ganz genau, dass wir eine Grenze von 11 000 € im Jahr haben, ab der Lohn- und Einkommensteuer bezahlt werden müs­sen. – Ja, diese Menschen verdienen zu wenig, nichtsdestotrotz können sie Leistungs­trägerinnen und Leistungsträger sein. (Beifall bei der SPÖ.) Und wenn Sie noch dazu­rechnen, dass andere Steuern wie zum Beispiel die Mehrwertsteuer von jedem Öster­reicher und jeder Österreicherin gezahlt werden, dann sollten Sie wissen, dass dies pro­zentuell bezogen auf das Einkommen deutlich mehr ist, als das bei den sogenannten Reichen in diesem Land der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein letztes Wort noch zum Entschließungsantrag der Abgeordneten Musiol betreffend Fortsetzung Bundeszuschuss zum Ausbau der Kinderbetreuung: Die Frauenministerin hat das noch auf ihrer Agenda, es ist uns nicht gelungen, das im jetzigen Budgetbe­gleitgesetz unterzubringen. Nachdem ich aber heute früh im „Morgenjournal“ von der


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Frau Bundesministerin nicht nur gehört habe, dass sie durch Privatisierungen das Bud­get sanieren will, sondern auch gehört habe, dass sie Familien im Prinzip entlasten will, hoffen wir doch sehr stark – und die Frauenministerin und auch die SPÖ werden da dranbleiben –, dass wir das zumindest in die Budgetverhandlungen im Herbst noch hi­neinbekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kitzmüller. – Bitte.

 


17.09.30

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Zum Thema der Frau Abgeordneten Oberhauser zuvor: Denn sie wissen nicht, was sie sagen. Das würde auch sehr gut auf Abgeordnete Rudas beziehungsweise zu dem passen, was sie bei ihrer letzten Wortmeldung im Zusammenhang mit der Austria Tabak gesagt hat, dass nämlich von uns Freiheitlichen niemand dort war und niemand mit den Leuten gesprochen hat. – Das stimmt ja nicht, meine liebe Dame! Am 9. Mai waren unser Abgeordneter Werner Herbert und Frau Landesrat Rosenkranz dort! (Bei­fall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas.) Sie waren dort, haben dort mit den Leuten gesprochen, sich mit ihnen unterhalten und sich das Leid der Herren ange­hört. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ich komme jetzt zu Herrn Jan Krainer, der von „Maulheldentum“ gesprochen hat. – Das ist ein Wort, das ich im Zusammenhang mit Ihnen jetzt lieber nicht erwähnen möchte! (Beifall bei der FPÖ.)

Nun aber zum Thema Familie: Wie schaut es da aus? – Die Familien werden zu Tode gespart. Das Familienstaatssekretariat ist schon zweimal erledigt worden und nun end­gültig. Was ist aus der 13. Familienbeihilfe geworden? – Sie ist eine wirklich lächerliche Schulstarthilfe geworden. Lehrlinge und Studenten werden vergessen, und es wird nichts für sie getan. Sie werden nicht unterstützt. Und dann hört man heute im Radio – wir haben ja schon darüber geredet – von der Frau Finanzministerin, dass bei den Fa­milien weniger eingespart wird. – No na! Was will man denn jetzt bei den Familien noch einsparen? Es gibt ja nichts mehr zum Einsparen bei den Familien, sie sind bereits zu Tode reduziert worden! (Beifall bei der FPÖ.)

Von der Frau Frauenministerin – die nun offensichtlich auch Familienministerin gewor­den ist, weil sie sich berufen fühlt, auch über die Familien zu sprechen – hat man ge­hört, dass sie darauf Wert legt, dass es keine Geldleistungen, sondern Sachleistungen an die Familien geben soll. Was heißt Sachleistungen? – Ich schätze einmal, das ist ei­ne Drohung! (Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznet­ter Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Etwas anderes: Herr Staatssekretär Schieder hat gesagt, dass Selbstverantwortung und Solidarität notwendig sind. – Ja, meine Damen und Herren, aber Solidarität mit den Österreichern und mit den österreichischen Familien und nicht mit den griechi­schen und portugiesischen Familien, denen wir das Geld nachschmeißen! Solange wir in Oberösterreich beziehungsweise in ganz Österreich, in allen Bundesländern auch nur eine Familie oder einen Jugendlichen haben, die oder der am Rande des Existenz­minimums an Familienarmut leidet, so lange gibt es von unserer Seite aus keine Unter­stützung für bankrotte andere Länder! (Beifall bei der FPÖ.)

17.12

17.12.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen über den Gesetzentwurf in 1174 der Beilagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 165

Hierzu haben die Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Jakob Auer, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kolle­gen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Wir werden zunächst über die von den beiden erwähnten Abänderungsanträgen betrof­fenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Ge­setzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag eingebracht, der sich auf § 1 Rubrik 3 bezieht.

Wer diesen Änderungen beitritt, bitte ich um ein Zeichen. – Das findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Entwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Jakob Auer, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kolle­gen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf § 1 Rubrik 0.1 sowie die sich daraus ergebenden Änderungen in der Gesamtsumme bezieht.

Wer sich für diesen Abänderungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des § 1 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Teilen ihre Zustimmung ge­ben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag betreffend § 2 Untergliederung 31 eingebracht.

Wer diesen Änderungen zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit, ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Entwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Jakob Auer, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kolle­gen einen Abänderungsantrag betreffend § 2 Untergliederung 2 eingebracht.

Wer diese Abänderung unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des § 2 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür stimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Wenn Sie auch in dritter Lesung für den vorliegenden Entwurf sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Entschließungsanträge.

Zunächst bringe ich den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Grünewald, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Finanzierung des Masterstudiums „Internationale Ent­wicklung“ zur Abstimmung.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Er findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich komme zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung Bundeszuschuss zum Ausbau der Kinderbetreuung.

Wer diesen Antrag unterstützt, gebe bitte ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehr­heit und ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Transparenz von Familienleistungen.

Wer diesen Antrag unterstützt, gebe bitte ein zustimmendes Zeichen. – Das ist die Min­derheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich komme zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hu­ber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umschichtung der BMLFUW‑Förderbudgets zugunsten von der Frühjahrsdürre 2011 betroffener Landwirte.

Wer diesen Entschließungsantrag unterstützt, gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Min­derheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich komme nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend 10-Punkte-Programm zur Stärkung der mittelständischen Wirtschaft – Genug gezahlt!

Wenn Sie diesen Antrag unterstützen, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist die Min­derheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich bringe nun den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung von Alternativszenarien zum Euro-Rettungsschirm zur Abstimmung.

Wenn Sie diesen Antrag unterstützen, bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist die Min­derheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend möglicherweise „nicht angemessene“ Ver­gütungen im Sinne des „Bankenrettungspaketes“ sowie mögliche rechtliche Schritte.

Wenn Sie für diesen Antrag sind, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist die Minder­heit. Der Antrag ist abgelehnt.

17.18.01 2. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1088 d.B.): Proto­koll und Zusatzprotokoll zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland zur Abänderung des am 26. Juli 2000 in Wien unterzeichneten Ab­kommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermö­gen (1183 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 167

Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe nun den 2. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter DDr. Königshofer. – Bitte.

 


17.18.30

Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir Freiheitlichen werden diesem Zusatzpro­tokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Finnland ebenso wenig zustimmen wie allen anderen Zusatzprotokollen zu Doppelbesteuerungsabkommen, die auf Grund der Aufweichung und teilweisen Aufhebung des österreichischen Bankengeheimnisses ge­schlossen werden müssen.

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen waren immer Verteidiger des sinnvollen und sich bewährt habenden österreichischen Bankgeheimnisses. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir werden dieses auch immer verteidigen, weil wir nicht wollen, dass es einen gläser­nen Menschen für die Finanz gibt. Vielmehr treten wir für den freien Bürger ein!

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch das entkräften, was uns immer wieder ent­gegengehalten wird, nämlich dass wir die Verteidiger von ausländischen Steuerhinter­ziehern, irgendwelchen Leuten, die Verbrechensgelder verstecken, oder von Geldwä­schern wären. – Das ist keineswegs der Fall! Meine Damen und Herren! Die richtigen Verbrecher, die Drogenhändler, Waffenhändler, Organhändler, Kinder- und Menschen­händler wickeln ihre Geschäfte über ganz andere Länder ab und nicht über Österreich und über österreichische Sparbücher, und deshalb lehnen wir diese Protokolle ab!

In Wirklichkeit steckt ja etwas ganz anderes dahinter. Es gibt zigtausende bundesdeut­sche Staatsbürger – das hat mir auch Kollege Auer, der Aufsichtsratsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich ist, bestätigt –, zehntausende Bundesdeutsche, die in Österreich Sparbücher angelegt haben. Darunter sind auch sehr viele Leute, die ihre letzten paar tausend Euro vor Hartz IV in Sicherheit bringen wollen. Hartz IV ist ei­ne ganz brutale Maßnahme, eine Sozialmaßnahme, die vom Bürger das Letzte abver­langt, bevor er vom Staat wieder etwas zurückbekommt.

Meine Damen und Herren! Wer einem Volk Hartz IV antut, so wie das die Sozialdemo­kraten in Deutschland getan haben, der braucht sich nicht zu wundern, wenn er bei Wahlen abgestraft wird, so wie es der SPD ergangen ist! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, der damalige deutsche Finanzminister Peer Steinbrück hat eben begehrlich auf die Spareinlagen der bundesdeutschen Sparer in Österreich ge­schielt und wollte entsprechende Steuereinnahmen. Er hat sogar einmal Österreich und der Schweiz gedroht, dass die siebte Kavallerie aus Yuma ausreiten werde und die Indianer in Österreich und der Schweiz dann schon wissen würden, wo der Bartl den Most holt. – Heute können wir dem Ex-Finanzminister Peer Steinbrück allerdings sagen, dass sich die österreichischen Indianer nicht vor ihm und seiner siebten Kaval­lerie fürchten!

Meine Damen und Herren! Deutschland hat das diffizilste Spitzelsystem im Finanzbe­reich eingerichtet, das es überhaupt auf der Welt gibt. Mit dem 1. April 2005 wurde das sogenannte Gesetz zur Hebung der Steuerehrlichkeit erlassen. Dieses sieht vor, dass Finanzämter, Sozialämter et cetera alle Konten aller Bürger der Bundesrepublik Deutsch­land abfragen können, und zwar auf eine ganz raffinierte Weise: Sie fragen nicht direkt ab, sondern es ist die sogenannte BaFin dazwischen geschaltet. Die Banken müssen alle Konten an die BaFin melden, und die Finanzämter und Sozialämter können bei der BaFin alle Konten aller Bürger abfragen, ohne dass die Banken oder die Bürger als Kunden der Banken wissen, dass sie abgefragt werden. Ein bundesdeutscher Banker hat mir einmal gesagt: Dieses System hätte Erich Mielke, der Chef der Staatssicherheit


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der DDR, gerne gehabt, doch konnte es sich die DDR nicht leisten. In der Bundesrepu­blik Deutschland gibt es jetzt aber ein solches System! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, Sie haben mit der teilweisen Öffnung des Bankgeheimnis­ses ermöglicht, dass dieses System nach Österreich übergreifen kann. Und ich sage Ihnen, Herr Staatssekretär: Bei der ersten Klage eines bundesdeutschen Bürgers, der ein Sparbuch in Österreich hat oder hatte und abgefragt und beauskunftet wurde, auf Gleichbehandlung mit österreichischen Sparern und Bürgern wird dieses Bankgeheim­nis auch für Österreicher fallen! Das können Sie als sicher annehmen. Aber wir werden uns dagegen wehren. Wir wollen dieses Bankgeheimnis für Österreich verteidigen. Des­halb stimmen wir hier nicht zu. Uns ist die Freiheit der Bürger wichtig, und wir wollen die Schaffung des gläsernen Menschen, so wie er in Deutschland schon besteht, ver­hindern. Aus diesem Grund lehnen wir das ab. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.23


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti zu Wort. – Bitte.

 


17.23.54

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Mein Vorredner hat schon gesagt, dass es um das Doppelbe­steuerungsabkommen zwischen Österreich und Finnland geht. Wir bringen damit das Abkommen auf OECD-Standard bei steuerlicher Transparenz und bei Amtshilfebereit­schaft.

Einige Anmerkungen dazu: Österreich hat sehr gute Handelsbeziehungen mit Finn­land. Unsere wichtigsten Exportwaren sind Maschinenbauerzeugnisse und Fahrzeuge, beispielsweise Aufzugs- und Rolltreppenteile, Kohleverbrennungsmotoren, Lkw und Drähte. Es gibt aber noch sehr viele ungenützte Möglichkeiten für unsere Exporteure auf dem finnischen Markt. Besondere Chancen haben Investitionsgüter für den Ausbau der Infrastruktur und den Einsatz erneuerbarer Energie.

Wie Sie sehen, haben wir da einen sehr zukunftsorientierten Hoffnungsmarkt, also ei­nen sehr wichtigen Markt für unsere Unternehmen. Daher ersuche ich auch das BZÖ, das wahrscheinlich nicht zustimmen wird, und die Freiheitlichen: Überlegen Sie sich das noch und stimmen Sie doch zu! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


17.25.09

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider muss ich Ihre Hoffnungen zerstören: Wir werden auch diesem Doppelbesteue­rungsabkommen nicht zustimmen, so wie wir das auch in der Vergangenheit gehalten haben, um Sie noch einmal und wiederholt daran zu erinnern, dass Sie uns damals im Zusammenhang mit der Aufweichung des Bankgeheimnisses versprochen haben, ein Minderheitsrecht für die Opposition, was Untersuchungsausschüsse betrifft, einzurich­ten. Mit diesem Nein wollen wir Sie daran erinnern, dass das immer noch ausständig ist. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

17.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Rudas. – Bitte.

 


17.25.48

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass das BZÖ so offen zugibt, dass es ihm gar nicht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 169

um den Inhalt geht, sondern dass es eigentlich nur etwas herauspressen möchte, ist doch irgendwie erschreckend!

Abgesehen davon ist für mich – genauso wenig wie für die Kollegin von der ÖVP, dem möchte ich mich anschließen – nicht nachvollziehbar, warum man dem seitens des BZÖ und der FPÖ nicht zustimmt, um auf diese Weise Steuerhinterzieher zu schützen.

Ich frage noch einmal, wie auch schon im Rahmen meiner ersten Ausführungen, nach der Motivation der FPÖ, warum sie immer wieder ausländische Steuerhinterzieher, Ban­ker und manche Industrielle verteidigt und in Schutz nimmt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


17.26.45

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Wir Grüne bleiben kon­sequent, wir haben damals die Verhandlungen zum Amtshilfedurchführungsgesetz und zu allem, was sich daran knüpft, mit geführt, deshalb stimmen wir hier auch zu.

Ob es immer zu dem kommen muss, was die FPÖ befürchtet, ist eine andere Frage. Ich darf Ihnen aber zugutehalten, dass auch Sie konsequent sind, weil Sie auch da­mals unter dem Hinweis auf die Argumente, die Sie auch heute vorbringen, schon da­gegen waren. Das muss man auch einmal sagen.

Wir schätzen das halt hinsichtlich der Auswirkungen unterschiedlich ein. Das wirkliche Ziel dieses Gesetzes ist es natürlich, die größeren Fische zu erwischen, wenn es um Steuerbetrug geht. Die Konstruktion ist klar, es geht in Wirklichkeit um ausländische Steuerbetrüger, die die Insel Österreich nützen wollen, um hier versteckt steuerhinter­zogenes Geld zu veranlagen. Das zur Erklärung, damit einmal klar ist, was wir über­haupt tun.

Ich glaube, es ist richtig und sinnvoll, wenn man dieses Ziel verfolgt und das bekämp­fen möchte, dass entsprechende Bestimmungen geschaffen werden, die sich eben auch in diesem hier abzustimmenden Doppelbesteuerungsabkommen finden.

Das ist der Vorgang, und deshalb ergeht an Sie an dieser Stelle immer der Vorwurf, dass Sie damit ausgerechnet ausländische Steuerbetrüger zumindest mit schützen. Das bekommen Sie nicht weg! Ich kann das nur wiederholen. Und umgekehrt glaube ich, dass die Haltung der Mehrheit im Parlament, seit wir das gemeinsam verhandelt ha­ben, durchaus richtig und konsequent ist. (Beifall bei den Grünen.)

17.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


17.28.29

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Wenn man ein Doppelbesteuerungs­abkommen Österreich – Finnland vor sich hat, dann gibt es dabei auch einen ganz in­teressanten Aspekt. Man kann sich anschauen, wie heute die Steuerbelastung in Ös­terreich und in Finnland aussieht. Man kann das ehemalige Hochsteuerland Finnland mit Österreich vergleichen und prüfen, was ein Leistungsträger an Steuern und Abga­ben in Österreich und vergleichsweise in Finnland zu entrichten hat.

Wenn man sich das nun anschaut – und es gibt dazu eine brandneue OECD-Statistik, die das erleichtert –, dann erlebt man eine überaus böse Überraschung! Das ehemali­ge Hochsteuerland Finnland hat die Belastungsquote nämlich neuerlich reduziert – ich zitiere jetzt aus dem „Standard“ vom 12. Mai 2011 –:


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„Neidisch könnte wieder einmal ein Blick auf die skandinavischen Länder machen. Die Schweden senkten ihre Abgabenquote um 0,5 Prozent, die Finnen um 0,3 Prozent – und lagen dadurch schon mehr als 5 Prozentpunkte unter Österreich.“

In Österreich hingegen wurde die Abgabenquote wiederum erhöht, obschon sie bereits die Schmerzgrenze erreicht hatte. (Abg. Strache: Und wer hat das beschlossen? – Die ÖVP und die SPÖ!)

Kollege Strache, darf ich hier als freier Abgeordneter meine eigene Meinung dazu äu­ßern (Abg. Strache: Ich wollte es Ihnen ja nur in Erinnerung rufen!), oder ist das in der FPÖ nicht üblich? Ich weiß, in der FPÖ ist das nicht üblich. Da sagt der Strache, wo es langgeht, und alle anderen haben dann zu klatschen. So ist das bei euch. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Strache: Aber die ÖVP und die SPÖ haben es be­schlossen!)

Bei uns ist es anders: Wir glauben an das freie Mandat, und wir vertreten es auch. (Abg. Strache: Warum haben Sie damals mitgestimmt?) – Kollege Strache, einfach jetzt zu­hören!

Wie betrifft das jetzt die Leistungsträger? – Wenn ich heute eine Belastung feststelle, die über die Schmerzgrenze geht, gibt es zwei Wege zu handeln. (Abg. Strache: Wa­rum haben Sie diese Belastung beschlossen?) Der eine Weg ist der, den Frau Bun­desministerin Fekter vor Kurzem – da haben Sie wahrscheinlich nicht hingehört oder wollten es nicht hören – vertreten hat. (Abg. Strache: Aber warum haben Sie die Be­lastungen beschlossen?) Unsere Finanzministerin hat erklärt: Wir brauchen ein Steuer­system, das künftig vor allem einfacher, klarer und leistungsgerechter ist. Und genau das wollen wir: mehr Leistungsgerechtigkeit! (Abg. Strache: Warum haben Sie bis dato das Gegenteil beschlossen?)

Dass Sie das nicht wollen, verstehe ich schon. (Abg. Strache: Sie haben das be­schlossen! Sie! Sie selbst!) Sie wollen den anderen Weg beschreiten, statistisch vorge­hen und vor allem diejenigen weiter scheren, die Leistungsträger sind. (Abg. Strache: Sie haben die Abgabenerhöhung beschlossen!) Wir wollen das nicht. (Abg. Strache: Sie haben das beschlossen!) Wir werden den anderen Weg gehen, Kollege Strache.

Wir gehen den Weg der Entlastung, und das sollte auch ins Stammbuch der SPÖ ge­schrieben sein. Wir werden den Weg der Entlastung der Leistungsträger jetzt sehr kon­sequent gehen. (Abg. Strache: Wo denn? Wo? – Sie haben doch die Belastung be­schlossen!) Wir werden den Weg der Motivation der Leistungsträger gehen. Wir wer­den diesen Weg gehen, um all die verständliche Frustration und den Zorn rasch abzu­bauen. (Abg. Strache: Glauben Sie, das glaubt Ihnen irgendwer noch?) – Hören Sie einmal zu! Können Sie ein Mal zuhören? (Abg. Strache: Glauben Sie, das glaubt Ih­nen irgendwer noch? Sie haben doch die Abgabenerhöhung beschlossen!) – Hören Sie doch zu, Herr Kollege Strache!

Wir werden diesen Weg beschreiten, ob Sie das jetzt wollen oder nicht. Und ich ver­traue der Frau Bundesministerin, und die Frau Bundesministerin ist, wie wir alle wis­sen, jemand, der den Worten Taten folgen lässt.

Und das wird der Weg der ÖVP sein (Beifall bei der ÖVP), das wird der Weg sein, den wir gehen: Wir werden der Anwalt der Leistungsträger sein, sie anerkennen, und wir werden Frustration und Wut wieder in Optimismus und Engagement verwandeln. (Bei­fall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: „Tosender“ Applaus!)

17.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 171

17.31.57

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Aufgrund nationaler und internationaler Rechtsänderungen ist das in Diskussion stehende Doppelbesteuerungsabkommen zu verändern, damit auch steuerliche Transparenz und Amtshilfe möglich sind. Es geht zwar nur um etwa 1 Prozent des Exports, trotzdem ist dieses Abkommen wichtig, nicht nur für die Transparenz, sondern auch für etwa 40 finnische Unternehmen in Öster­reich und etwa 300 finnische Unternehmen, die mit österreichischen Unternehmen in wirtschaftlicher Verbindung stehen.

Wir haben in den vergangenen Jahren mehr als 90 derartige Abkommen beschlossen, Abkommen mit Ländern außerhalb von Europa und auch mit Ländern in Europa. Daher ist es verwunderlich oder nicht ganz einsichtig, dass die Kommission erst jetzt, im Vor­jahr, festgehalten hat, dass nicht klar ist, wie die Mechanismen, nämlich dieser Abkom­men, in der Praxis funktionieren, und nicht klar ist, ob dadurch die Doppelbesteuerung tatsächlich beseitigt wird.

Offensichtlich haben zahlreiche Beschwerden zu einer Online-Konsultation geführt, und das Ergebnis dieser Konsultation hat die Kommission zum Jahresende veranlasst mitzuteilen, dass sie Beiträge leisten wird, dass die Steuersysteme der Mitgliedsländer angeglichen werden. Das ist natürlich eine sehr, sehr wichtige Entwicklung. Trotzdem wird diese noch etwas Zeit in Anspruch nehmen. Daher ist es auch wichtig, dass die Abkommen, wie auch jenes, das wir heute zu beschließen haben, funktionsfähig gehal­ten werden, weil damit auch entschieden wird, ob grenzüberschreitende Aktivitäten statt­finden und ob der Binnenmarkt funktioniert.

Beides ist auch mit entscheidend für Wirtschaft und Beschäftigung bei uns in Öster­reich. Daher darf ich dazu einladen, dass wir dieses Abkommen gemeinsam beschlie­ßen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.34


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


17.34.19

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit dieser Abänderung des Abkommens wird die Vermeidung der Doppelbesteuerung und die Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen neu geregelt und verbessert. Durch diese Anpassung wird aber auch den neuen OECD-Standards entsprochen, und es wird damit eine größere steu­erliche Transparenz und noch mehr Bereitschaft zur Amtshilfe eintreten.

Ebenfalls wird mit der Anpassung eine Neuregelung des steuerlichen Informationsaus­tausches festgeschrieben und auch festgelegt, dass Bankauskünfte nur für zukünftige Besteuerungszeiträume erteilt werden können. Es ist mir wichtig, festzuhalten, dass die österreichischen innerstaatlichen Rechte auf Geheimhaltung uneingeschränkt bleiben und die Informationen nur den Personen und den Behörden sowie den Gerichten und den Verwaltungsbehörden erteilt werden dürfen.

Geschätzte Damen und Herren! Wenn heute in der Debatte im Rahmen der Europa­stunde vom BZÖ der Euro in Frage gestellt beziehungsweise oft schlechtgemacht wur­de, muss dem entgegengehalten werden, dass der Euro heute eine sichere, eine star­ke und mit mehr als 30 Prozent Anteil im Welthandel eine Weltwährung geworden ist und uns dadurch Stabilität gewährleistet wird; eine – und ich gehe davon aus, dass wir uns da einig sind – hohe Stabilität, die die Volkswirtschaften und auch Österreich ge­rade in diesen nicht einfachen Zeiten brauchen. Hören Sie, geschätzte Kolleginnen und


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Kollegen vom BZÖ, daher auf, den Euro schlechtzureden, und hören Sie auf, Verunsi­cherung zu verbreiten! (Beifall bei der SPÖ.)

17.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haberzettl. – Bitte.

 


17.36.28

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Grundsätzlich wurde das Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Republik Finnland, wie schon erwähnt, im Jahr 2000, und zwar am 26. Juli 2000, abgeschlossen. Nun besteht das Verlangen bei­der Vertragspartner, insbesondere den Artikel 26 zu modifizieren beziehungsweise zu ändern. Im Wesentlichen behandelt diese Änderung die Qualität des Informationsaus­tausches. Gleichzeitig wird aber auch klargestellt, dass kein Partner Verwaltungsmaß­nahmen durchführen muss, wenn sie von geltenden Gesetzen beziehungsweise von der Verwaltungspraxis des Vertragsstaates abweichen, wenn die Informationen nach den Gesetzen oder im üblichen Verwaltungsverfahren nicht beschaffen werden können beziehungsweise wenn ein Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis preis­gegeben werden würde. Über Ersuchen werden Informationen aber auch dann gege­ben, wenn der ersuchte Staat diese Informationen für seine eigenen steuerlichen Zwe­cke nicht benötigen würde.

Durch das Protokoll und dieses Zusatzprotokoll wird die internationale Verpflichtung Ös­terreichs zur Anpassung seiner Doppelbesteuerungsabkommen an den neuen OECD-Standard betreffend steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft erfüllt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.38


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Mag. Schie­der. – Bitte.

 


17.38.10

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Herr Präsident! Werter Kollege Hundstorfer! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Doppelbesteuerungsabkommen beziehungsweise – richtigerweise gesagt – Abkommen zur Vermeidung von doppelter Besteuerung ist Bestandteil eines DBA-Netzwerkes. Ös­terreich hat inzwischen 82 solcher Abkommen, und diese Abkommen werden jetzt lau­fend erneuert, um dem vom Abgeordneten Haberzettl angesprochenen OECD-Stan­dard für Transparenz und Amtshilfebereitschaft zu entsprechen. Es geht im Wesentli­chen darum, dass Österreich seinen ursprünglichen Vorbehalt gegen Artikel 26 des Mus­terabkommens zurückgezogen hat.

Erlauben Sie mir, heute kurz eine Zwischenbilanz zu ziehen: Wir haben fünf komplett neue Doppelbesteuerungsabkommen mit Ländern, mit denen wir bisher keine hatten, die aber für uns wirtschaftlich von großem Interesse sind – wie zum Beispiel Serbien –, abgeschlossen, und wir haben 14 Anpassungen bestehender Doppelbesteuerungsab­kommen vorgenommen. Das alles wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht der Leiter der Fachabteilung, Dr. Jirousek, und seine Mitarbeiter im BMF diese Verhandlungen mit den Kollegen in den Finanzministerien der unterschiedlichen Länder immer sehr be­harrlich geführt hätten.

Österreichs Exporte mit Finnland betrugen zuletzt 500 Millionen € und unsere Importe zirka 440 Millionen €. Allein daran sieht man schon, welche wirtschaftliche Bedeutung diese Frage hat. Doppelbesteuerungsabkommen helfen auch, Handelsbeziehungen zu verbessern, was letztlich auch der österreichischen Wirtschaft, Exportwirtschaft, und den Arbeitsplätzen nützt.


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Die Exporte nach Finnland sind um 17 Prozent gewachsen, die Importe aus Finnland sind um 3,6 Prozent geschrumpft. Allerdings, muss man sagen, ist vor allem der Mobil­telefonbereich geschrumpft – alle anderen Bereiche sind zunehmend. Finnland erwar­tet nach den letzten Wirtschaftsschätzungen zirka 3 Prozent Wirtschaftswachstum. Das heißt, wenn wir mehr exportieren als importieren, können wir auch am finnischen Wirt­schaftswachstum partizipieren. Und dafür ist es eben auch wichtig, solche Verträge zu haben.

Ich möchte auch noch Folgendes sagen: Diese Abkommen werden auch laufend vom Global Forum der OECD geprüft – das ist eine Einrichtung, die die Einhaltung dieser Fragen prüft, einer sogenannten Peer Review unterzieht –, und wir gehen davon aus, dass wir dann auch eine positive Bewertung haben werden. Wir haben diese Maßnah­men auch eingedenk einer Diskussion mit der OECD gesetzt.

Allerdings muss man auch eines sagen – das haben wir auch schon oft diskutiert –: Es ist keine Abschaffung im Kern des österreichischen Bankgeheimnisses, sondern es ist den Grundsätzen einer verantwortungsvollen Finanzpolitik entsprechend, mit jenen Maß­nahmen, die den internationalen Entwicklungen, auch den international mehr vorhan­denen Möglichkeiten im Bereich der Eindämmung des internationalen Steuerbetrugs entsprechen, zu reagieren und diese Möglichkeiten auch zu geben.

In diesem Sinne entspricht dieses Doppelbesteuerungsabkommen, wie auch sicherlich in Zukunft weitere, genau diesen Standards. (Beifall bei der SPÖ.)

17.41

17.41.20

Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Die De­batte ist geschlossen.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1088 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

17.42.173. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 28/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbezie­hung geringfügig Beschäftigter in die Arbeitslosenversicherung (1184 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 835/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bedeckung des einkommensabhängigen Teils des Kinderbetreuungsgeldes aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung (1185 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 11/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (ALVG) geändert wird (1186 d.B.)


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6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 625/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Freigrenzen bei der Einberechnung des PartnerInneneinkommens in der Not­standshilfe (1187 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 812/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Nettoersatzrate in der Arbeitslosenversicherung (1188 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 3 bis 7 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt als Erster Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


17.43.20

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde den Versuch unternehmen, einige Aspekte der Frauenpolitik mit hinein in diese Sozialdebatte zu nehmen, denn ich habe es noch von gestern in der Früh im Ohr und ich versuche, es im feinsten Fekter-Englisch zu sagen: Gender here, gender there, gender everywhere! (Beifall bei der FPÖ), das war so un­gefähr das Motto der gestern hier dargestellten Frauenpolitik – ein buntes Bukett von angeblichen frauenpolitischen Leistungen. Ja sogar Gender Budgeting, haben wir fest­gestellt, gibt es im Budget.

Deshalb mache ich Ihnen, meine Damen und Herren insbesondere von der SPÖ, die Sie so eine große Freude am Gendern von allem Möglichen und Unmöglichen haben, heute den Vorschlag, doch einfach die Notstandshilfe für Frauen, die aufgrund der be­stehenden Regelung sozusagen gegenüber Männern benachteiligt werden – denn wenn sie von der Arbeitslosigkeit in den Notstand fallen, dann wird das Partnereinkommen eingerechnet, und sie haben dann sozusagen Einbußen bei der Notstandshilfe oder müssen sie ganz streichen –, einmal durchzugendern und damit eine eklatante Unge­rechtigkeit gegenüber den Frauen abzustellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir machen diesen Anlauf zum wiederholten Mal – dieses Mal sind es die Grünen, aber wir haben auch schon entsprechende Anträge dazu gestellt. Und auch wenn Sie sich im Sozialausschuss bemüht haben, uns dazu zu bringen, dass, wenn Sie etwas ablehnen, wir es nicht in weiterer Folge noch einmal einbringen: Wir werden nicht mü­de werden, tatsächliche Frauenpolitik zu machen!

Ich verstehe ja nicht, meine Damen und Herren, warum sich die SPÖ genau diesen Dingen verweigert, warum sie diese massive Ungerechtigkeit, die eigentlich relativ leicht abzustellen wäre, tatsächlich passieren lässt, warum sie diese finanzielle Bestra­fungsaktion von Frauen – obwohl sie sich frauenpolitisch immer als die Nummer eins ausgibt – einfach passieren lässt.

Auch dazu waren die Ausführungen der zuständigen Frauenministerin von gestern durch­aus erhellend. Sie hat nämlich hier von der Regierungsbank aus eine Art Selbstlegiti­mation gegeben und hat gesagt: Na ja, bitte, das Frauenministerium brauchen wir so lange, solange Ungerechtigkeiten bei Frauen bestehen! – Jetzt ist sie offensichtlich sehr gerne Frauenministerin, und vielleicht erklärt das ihre Verweigerungshaltung. Sie ist nicht deshalb so gerne Frauenministerin, weil sie tatsächlich für die Frauen so viel


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weiterbringen würde, nämlich für diejenigen Frauen, um die es wirklich geht, sondern weil sie das benutzt, um ideologisch zu arbeiten. Das ist doch der Grund, warum sie das Frauenministerium in einer Art Mentalität einer Schmalspur-Dohnal führt. (Beifall bei der FPÖ.)

Hier geht es frauenpolitisch um ganz wichtige Dinge – seien wir froh, dass die Dame, die sich um den Text der Bundeshymne gekümmert hat, eine Frau sein durfte, sonst hätten wir bestimmt schon eine Neuauflage! –: Da muss man bei der Bundeshymne herumdoktern, da muss man den Muttertag kritisieren, und da beschäftigt man sich mit Quoten. – Man ist also bei all den Dingen ganz vorne mit dabei, die mit der realen Wirklichkeit von Frauen nicht wirklich etwas zu tun haben.

Da gehört zum Beispiel die Frage der Notstandshilfe und einer entsprechenden Anpas­sung hinein, denn die Regelung, die Sie jetzt haben, meine Damen und Herren, ist eine Bestrafungsaktion für Frauen, eine klare Form von Frauendiskriminierung, gegen die Sie von der SPÖ angeblich sind, und es ist noch dazu eine Diskriminierung von hete­rosexuellen Partnerschaften – das muss man auch einmal dazusagen; die sind immer noch die Mehrheit in Österreich, auch wenn man es bei manchen Debatten nicht glau­ben möchte –, weil dort sozusagen eine andere Regelung geltend ist.

Eine Strafexpedition ist das in Wahrheit, die sie dort aufführen. Und ich verstehe Sie von der Sozialdemokratie nicht, wenn Sie hergehen und sagen: Gleicher Lohn für glei­che Arbeit! – Nun, was heißt das dann sinnvollerweise? Was heißt das dann bei der Arbeitslosigkeit? Heißt das dann: Ungleiches Arbeitslosengeld bei gleicher Arbeitslo­sigkeit?, oder: Ungleiche Notstandhilfe bei gleicher Notsituation? – Wie ist das zu ver­stehen? – Wenn Sie das ernstnehmen mit dem gleichen Lohn für die gleiche Arbeit, dann muss das auch umgekehrt im Bereich der Notstandshilfe gelten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz kurz nur: Wir werden dem Antrag der Grünen zustimmen, wenn es darum geht, eine Erhöhung der Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld – auch zum wiederholten Male hier – einzufordern. Ich verstehe schon, dass der Herr Sozialminister immer damit kommt, dass man sagt: Na ja, aber es gibt schon gewisse Zulagen und so weiter, und deshalb ist die Situation nicht so schlecht! (Abg. Dr. Bartenstein: ... das bezahlen!) – Tatsache ist, dass der durchschnittliche Arbeitslosengeldbezieher in Österreich unter der Armutsgrenze zu liegen kommt. Und das ist eine Situation, die wir nicht haben kön­nen. (Abg. Dr. Bartenstein: Wie viel kostet das, Herr Kickl?) – Fragen Sie sich, was es kostest, wenn Sie das Geld haufenweise und lastwagenweise und zugweise nach Grie­chenland und sonst wohin exportieren! Dort stellen Sie diese Frage nicht! Dort fädeln Sie alles und organisieren alles über Nacht! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn es um die eigenen Leute geht und wenn es um Maßnahmen der sozialen Ge­rechtigkeit geht, dann bekommt man von Ihnen immer das Argument zu hören: Was kostet das alles? – Das ist eine Zugangsweise, die von uns nicht akzeptiert wird. Wir wissen, dass Sie sich da ganz gerne dahinter verstecken. (Abg. Dr. Bartenstein: Sie machen es sich einfach!)

Die Nettoersatzrate muss also angehoben werden – das sind wir sozusagen auch im internationalen Vergleich schuldig –, besonders deshalb – und jetzt bin ich wieder bei der Frauenpolitik –, weil wir einen sozusagen Problemfall dort haben, wo es um allein­stehende Niedrigverdiener geht. Dort ist die Situation eine besonders schlimme, dort sind wir bei den 55 Prozent angekommen. 55 Prozent des letzten Einkommens – das ist etwas, was mit Sicherheit nicht dazu beiträgt, einen Lebensstandard, sofern er über­haupt vorhanden ist, halten zu können. Das ist ein Hineintreiben von Leuten in die Ar­mut, und das kann nicht der Sinn einer Sozialpolitik sein.

Ein Wort noch ganz kurz zur Frage der Finanzierung des einkommensabhängigen Teils des Kindergeldes. Der Hintergrund ist ganz einfach, dass wir bei dieser einen Variante


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des Kindergeldbezugs – die im Übrigen nicht die beliebteste ist; das ist immer noch die Langvariante, auch wenn Ihnen das ideologisch nicht passt – eigentlich einen System­wechsel sehen, denn das, was dort passiert – der Teil über den 1 000 €, gedeckelt mit den 2 000 € –, ist eine Sache, die sich eher an einer Versicherungsleistung orientiert. Und weil es eher einer Versicherungsleistung entspricht – sprich: gedanklich eher beim alten Karenzgeldmodell aufgehoben ist –, sollte auch die Finanzierung aus dem entspre­chenden Topf, nämlich aus der Arbeitslosenversicherung, erfolgen.

Niemand von uns hat gesagt – weil dieser Vorwurf wahrscheinlich kommen wird –, dass man damit den FLAF sanieren kann. Das ist unmöglich! Das ist ein solches Mil­liardengrab, dafür werden wir ganz andere Maßnahmen brauchen, zum Beispiel auch ein Hinterfragen der Exportaktivitäten im Bereich der Familienleistungen. Aber es ist ein Beitrag dazu, dass man mit dem Hütchenspiel und mit der Verschleierungstaktik bei der Finanzierung aufhören kann, und es ist ein Beitrag zur Entlastung des FLAF.

Und im Übrigen, weil ich gerade beim FLAF bin: Das wäre auch ein interessantes The­menfeld, wo man sich einmal damit auseinandersetzen sollte, was die Kosten-Nutzen-Wahrheit im Zusammenhang mit der Zuwanderung bedeutet, die Frage nämlich: Wer zahlt ein, und wer profitiert davon? (Beifall bei der FPÖ.)

17.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 


17.50.00

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! Ja, Herr Kollege Kickl, erstens einmal heißt es glei­cher Lohn und gleiches Gehalt für gleichwertige Arbeit. Aber da Sie von einer Partei kommen, die für Gleichstellungspolitik für Frauen nicht unbedingt bekannt in diesem Haus ist (Abg. Zanger: Nein, nein!), glaube ich, nimmt Ihnen auch das niemand ab. Bei den vielen Novellen, die wir zum Gleichbehandlungsgesetz eingebracht haben, über die wir im Gleichbehandlungsausschuss diskutiert haben, hätten Sie ja die Möglichkeit gehabt, auch Ihre Zustimmung zu geben. Aber das hat Ihre Partei ganz einfach nicht getan. Daher, seien Sie mir nicht böse, Frauenpolitik haben Sie sich nicht auf Ihre Fah­nen geschrieben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zanger: Ich schon!)

Nun lassen Sie mich auf einige der Anträge eingehen und auch kurz begründen, wa­rum wir im Ausschuss dagegen gestimmt haben. Ich möchte gleich mit dem Antrag be­ginnen im Zusammenhang mit dem, was Sie, geschätzter Herr Kickl, zuletzt gesagt ha­ben, mit der Bedeckung des einkommensabhängigen Teiles des Kinderbetreuungsgel­des aus Mitteln des Arbeitslosenversicherungsbereiches. Ich darf Ihnen sagen, seit das Karenzgeld in ein Kinderbetreuungsgeld umgewandelt worden ist, ist dies nicht mehr Aufgabe der Arbeitslosenversicherung, sondern eine familienpolitische Leistung. Wir wollen diesem Vorschlag nicht nähertreten, weil es damit auch zu einer Querfinanzie­rung aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung für jene Personengruppen käme, die keine Arbeitslosenversicherung einzahlen, wie zum Beispiel Bäuerinnen und Bauern, Beamtinnen oder Beamte und Selbständige.

Jetzt habe ich nichts gegen diese Gruppen, ganz im Gegenteil. Ich glaube nur ganz einfach, dass ASVG-Mittel auch für jene Personen zu verwenden sind, die in diesen Be­reich auch einzahlen.

Was ebenfalls nicht unsere Zustimmung findet, ist der Antrag von Kollegin Mag. Schatz, wo gefordert wird, dass es zu einer Einbeziehung geringfügig Beschäftigter in die Ar­beitslosenversicherung kommt.

Dieser Antrag wird unter anderem von uns auch aus folgendem Grund abgelehnt: Wür­de es zu einer Einbeziehung der geringfügig Beschäftigten in die Arbeitslosenversiche­rung kommen, dann wäre damit auch Tür und Tor geöffnet, dass das AMS auch ge­


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ringfügig Beschäftigte zu vermitteln hat. Das, glaube ich, wollen wir alle miteinander nicht, dass es zu einem Ausbau von Working Poor kommt, sondern ganz im Gegenteil, wir wollen Arbeitsplätze für Menschen haben mit einem Einkommen, mit dem sie auch auskommen können. Daher wird dieser Antrag auch nicht unsere Zustimmung finden.

Und der letzte Antrag, auf den ich noch eingehen möchte, ist jener Antrag, der sich damit beschäftigt, dass es zu einer Erhöhung der Nettoersatzrate im Zusammenhang mit der Arbeitslosenversicherung kommt.

Selbstverständlich hätten wir auch gerne eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes. Wir sind allerdings der Auffassung, dass es, wenn man eine Anhebung durchführt, zu ei­nem zusätzlichen Leistungsaufwand von mehr als 590 Millionen € kommt. Wir wollen diese Mittel für eine aktive Arbeitsmarktpolitik verwenden und haben in der Vergan­genheit dahin gehend auch eine gute Politik gemacht. Wir wollen diese Mittel sinnvoll einsetzen, damit die Menschen durch qualifizierte Schulungsmaßnahmen wesentlich leichter wieder Eingang in den Arbeitsprozess finden.

Auf diese Art und Weise sind unserer Meinung nach Mittel in der aktiven Arbeitsmarkt­politik wesentlich besser und sinnvoller an die Frau und an den Mann gebracht, weil man damit auch sicherstellt, dass Menschen wieder in den Arbeitsprozess kommen und somit auch wieder einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen können. Denn da, glaube ich, sind wir uns alle miteinander einig: Jeder Arbeitsloser ist ein Arbeitsloser zu viel. Daher setzen wir den Schwerpunkt auf Qualifizierung, damit die Menschen wieder in den Arbeitsprozess Eingang finden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


17.54.21

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fange gerne einmal mit dem Positiven an. Das Positive wäre, soweit ich es erkennen kann, dieser gemeinsame Antrag 812/A(E), der im Ausschuss von den Regierungspar­teien eingebracht wurde und mit dem zumindest eines möglich wäre: dass wir uns in einem gewissen Zeitraum nach Einführung der Mindestsicherung anschauen, wie es denn tatsächlich ausschaut.

Nur kann ich Ihnen jetzt schon sagen: Das wird dann vermutlich nicht mehr so positiv ausschauen, wie wir es gerne hätten, wie es auch wir gerne gesehen hätten, denn das, was sich bis jetzt in den Bundesländern rund um die Einführung der Mindestsicherung abspielt, ist teilweise katastrophal, weil Bundesländer angefangen von der Steiermark bis über Salzburg und was weiß ich wohin zusätzlich bei bestimmten Leistungen, die im Rahmen der alten Sozialhilfe gewährt wurden, sparen, diese einsparen auf Kosten derer, die sie dringend notwendig haben, sonst hätten sie nämlich keinen Anspruch auf Mindestsicherung.

Wenn sich diese Praxis, die ja mit dem Sündenfall in der Steiermark begonnen hat, wo man ganz offen gegen die Artikel 15a-Vereinbarung verstoßen hat, jetzt sozusagen durchsetzt in den Bundesländern, na dann gute Nacht.

Gute Nacht auch für das, was wir ohnehin schon als Miniprojekt, als Mindestsicherung gesehen haben, wo wir aber trotzdem noch immer erkennen konnten und erkennen wollten: Ja, es gibt zum Beispiel durch geringfügige Erhöhungen im Rahmen der Not­standshilfe für bestimmte Gruppen einzelne Verbesserungen. Wir wollen das nicht weg­diskutieren. Und für diese Leute bedeutet das statt 550 € Notstandshilfe dann halt 600 € Notstandshilfe – das sind 50 € mehr.

Aber wenn man es ihnen auf der anderen Seite durch die Länder wieder wegnimmt, dann schaut es schlimm aus.


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Und ich werfe das jetzt nicht als Vorwurf in die Debatte auf Bundesebene ein, aber dann bin ich schon beim nächsten Thema, Frau Kollegin Csörgits. Es fällt mir schwer, aber ich muss sagen: Kollege Kickl hat recht! Es ist unerträglich, dass die Argumen­tation, die man anwenden könnte, um zu sagen: Wir können das nicht leisten!, nicht die ist, dass man sagt: Selbstverständlich, im Prinzip muss es so sein, dass jede Person, unabhängig davon, ob sie Mann oder Frau ist, dieselben Ansprüche auf Sozialleistun­gen hat!

Wenn man sie schon nach obenhin begrenzt und deckelt, weil das sonst auf einen Schlag zu viel kosten würde, was in Zeiten dieser letzten Sparbudgets vielleicht noch verständlich wäre, ja dann müsste man dem Antrag, den wir eingebracht haben und der ja jetzt abgelehnt wird, nähertreten, denn wir fordern nicht das, was wir auch ge­fordert haben, nämlich die vollständige Streichung der Anrechnungsbestimmungen, sondern da geht es um eine Erhöhung. Und das muss eigentlich für jeden und jede da herinnen gelten. Ich wüsste überhaupt kein Argument, das man dagegen vorbringen könnte. Das einzige Argument wäre oder ist: Wir wollen es nicht zahlen, wir wollen uns das nicht leisten!

Bei dieser Gelegenheit frage ich mich schon: Was heißt das übersetzt? – Wir wollen uns gleiche Rechte für alle, auch für die Frauen nicht leisten? Traut sich das irgendje­mand zu sagen? Natürlich traut sich das niemand zu sagen! Deswegen verstecken wir es hinter einem Wust von Nichtargumenten.

Aber klar ist wirklich: Das kann nicht sein! Man kann viele Gründe, finanzielle Gründe finden, und das führt dann auch gleich zu dem nächsten Punkt, warum man sagt: Nein, geht nicht, wir können nicht die Nettoersatzrate auf 70 oder 75 Prozent erhöhen, wie wir es gerne hätten!

Das haben hier alle schon gesagt, auch von der ÖVP habe ich solche Sätze schon ge­hört. Nein, was von Ihnen kommt, ist momentan nicht einmal mehr das prinzipielle An­erkenntnis, dass es notwendig, wichtig und richtig wäre, die Nettoersatzrate zu erhö­hen oder auch zu valorisieren, bei der Notstandshilfe beispielsweise, sondern da wird nur mehr gesagt: Wir investieren lieber in aktive Arbeitsmarktpolitik, weil das den Leu­ten mehr hilft!

Einen Dreck hilft das den Leuten mehr! (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) Es ist gut, wenn es sie gibt, die aktive Arbeitsmarktpolitik. Selbstverständlich! Aber des­wegen werden nicht mehr Arbeitsplätze geschaffen. Und diese Realität, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren auch und gerade von der Sozialdemokratie, müssen Sie zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei den Grünen.)

17.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


17.59.23

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren hier einige Anträge zum The­ma Arbeitslosenversicherung, wie schon erwähnt. Aber das beste Mittel gegen Armut ist, Herr Kollege Öllinger, die Wirtschaft anzukurbeln, Leistung zu unterstützen und Ar­beitslose durch Weiterbildung und Umschulungsmaßnahmen wieder in einen Job zu brin­gen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nicht vergessen werden sollte, dass sich die Arbeitslosenquote in Österreich und damit auch die Position des österreichischen Arbeitsmarktes im internationalen Vergleich wirk­lich nicht zu verstecken braucht. Und da möchte ich – wissend, dass jeder Arbeitslose einer zu viel ist – auch erwähnen: Eurostat hat zuletzt 4,3 Prozent für die Arbeitslosen­quote in Österreich ausgewiesen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 179

Werte Kolleginnen und Kollegen! Heute haben wir bereits über das Bundesfinanzrah­mengesetz diskutiert. Den Budgetweg, den wir eingeschlagen haben, gilt es fortzuset­zen. Wir und auch Sie, werte Kollegen von der Opposition, wissen, dass ein Reform­kurs notwendig ist. Mit diesem Bundesfinanzrahmengesetz gehen wir einen weiteren Schritt in Richtung eines Weges der Verantwortung. (Abg. Mag. Schatz: Wem gegen­über?) Eine Erhöhung der Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld würde zum Beispiel jährlich Mehrkosten von 750 Millionen € zur Folge haben. (Abg. Öllinger: Das stimmt ja nicht! Es kommt auf die maximale Höhe an!) Ein Abgehen von der Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe würde sich zum Beispiel mit 82 Millionen € niederschlagen.

Österreich hat auch im Bereich des Arbeitslosengeldes die Armutsbekämpfung natür­lich im Fokus und gewährt ja auch die Notstandshilfe. Die Mindestsicherung wurde ebenfalls angesprochen und ist auch gedacht als Schutz vor Armut, aber auch als Un­terstützung in einer gewissen Zeit, in der man versucht, wieder einen Job zu finden. (Abg. Öllinger: Wie schaut es in der Steiermark aus?) Außerdem wissen Sie ganz ge­nau, dass wir das Arbeitslosengeld vom System her nicht vergleichen können mit Sys­temen in anderen EU-Ländern. Das hat der Herr Bundesminister auch ganz klar und gut im Ausschuss formuliert.

Außerdem soll an dieser Stelle auch angemerkt werden, dass die österreichische Net­toersatzrate einen Grundwert darstellt. Durch Ergänzungs- und Familienzuschläge fällt diese aber in der Regel deutlich höher aus, und es werden oft bis zu 80 Prozent ausbe­zahlt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte auch noch den Entschließungsantrag erwähnen, eingebracht von der Re­gierungspartei, den wir mehrheitlich im Ausschuss beschlossen haben, wo es tatsäch­lich darum geht, die Mindestsicherung positiv zu unterstreichen, wo der Herr Bundes­minister eben auch gebeten wird, zu evaluieren, wie sich die Arbeitsmarkteffekte hier entwickeln.

Abschließend möchte ich noch kurz zum Antrag betreffend das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld Stellung nehmen. Meine Kollegin Csörgits hat es ja gut auf den Punkt gebracht. Ich möchte schon eines sagen: Das Kinderbetreuungsgeld ist eine gu­te Errungenschaft, auch wenn Sie, Herr Kollege Öllinger, es vielleicht nicht hören wol­len. Es ist eine Familienleistung, eine Leistung für alle Mütter und Väter, und ich denke, dass wir nicht mehr zurückgehen sollten in das alte System, das auch ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand wäre. (Abg. Öllinger – auf die FPÖ weisend –: Das müssen Sie dort argumentieren! Das ist nicht unser Antrag!) – Entschuldigung, ich war so fixiert auf den Herrn Kollegen Öllinger. Das ist so mit Sozialpolitikern, die sich immer engagieren, wenn auch nicht immer unbedingt auf dem richtigen Weg, dass man dann auf sie fixiert ist.

Wie gesagt, das würde einen großen Mehraufwand im Verwaltungsbereich bedeuten. Das sollte man einmal so lassen. Es wird auch hier von einer Evaluierung gesprochen.

Abschließend: Wenn heute immer wieder vom Ausbau der Kinderbetreuung gespro­chen wird, dann kann ich nur sagen, dass wir von der ÖVP wissen, wie wichtig es ist, dass Kinderbetreuung auch außer Haus, Kinderbetreuung auch unter drei Jahren mög­lich ist. Aber es ist legitim, auch zu evaluieren, zu schauen, wo die Gelder hinfließen, und es ist auch legitim, zu schauen, dass die Länder ihre Verantwortung, Geld abzu­holen, auch wahrnehmen. Es hilft nichts, Gelder zur Verfügung stellen, wenn manche sie noch nicht abgerechnet haben. Ende Juni ist bald da, und dann werden wir hier auch weitersehen können. (Beifall bei der ÖVP.)

18.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 180

18.04.33

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Einbeziehung geringfügig Beschäf­tigter in die Arbeitslosenversicherung halte ich nicht für besonders sinnvoll. Entspre­chend der Rechtslage ist es nämlich so, dass im heurigen Jahr jemand, der 374,02 € monatlich oder 28,72 € täglich verdient, geringfügig beschäftigt ist. Er ist unfallversi­chert durch den Arbeitgeber, zahlt natürlich auch keine Sozialversicherungsbeiträge, kann aber mitversichert sein oder sich im Rahmen einer freiwilligen Kranken- und Pen­sionsversicherung monatlich mit einem Betrag von 52,78 € versichern. Eine Selbstver­sicherung in der Arbeitslosenversicherung ist allerdings nicht möglich.

Es ist meiner Ansicht nach nicht einzusehen, dass Personen, die keine Sozialversiche­rungsbeiträge bezahlen, Arbeitslosengeld erhalten. Das würde dem Sozialmissbrauch Tür und Tor öffnen. Wir haben zurzeit zirka 310 000 geringfügig Beschäftigte in Öster­reich. Außerdem nehmen Sie diesen Leuten, die jetzt geringfügig beschäftigt sind und gleichzeitig Arbeitslosengeld beziehen – das gibt es ja auch –, diese Möglichkeit, denn bei einer Einbeziehung in das Sozialversicherungsrecht wäre das nicht mehr möglich. Das ist ein nicht durchdachter Antrag, den Sie hier eingebracht haben und der meiner Meinung nach keinen Sinn macht.

Was die höhere Nettoersatzrate betrifft, da sind wir ungefähr auf derselben Wellenlän­ge, denn im Vergleich mit anderen OECD-Ländern befinden wir uns in Österreich im unteren Drittel, was die Leistung für Arbeitslose betrifft. Allerdings wird bei uns – das muss man auch dazusagen – das Arbeitslosengeld länger ausgezahlt und durch die Not­standshilfe ergänzt.

Grundsätzlich muss natürlich hier Prävention Vorrang haben, und es muss die Arbeits­losigkeit so gering wie möglich gehalten werden. Das muss unser aller Bestreben sein, damit die Bezieher von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe nicht in die Armut absin­ken. Wir wissen allerdings, sehr geehrte Damen und Herren, dass auch immer mehr Leute, die arbeiten, der Armutsgrenze immer näher kommen.

Ich habe auch die Beiträge von Kollegin Oberhauser in der Gewerkschaftszeitung zum Thema Working Poor gelesen, was bedeutet, dass Leute trotz Arbeit, trotz Einkommen armutsgefährdet sind. Und das ist natürlich eine Sache, wo man gegensteuern muss. Es geht einmal darum, dass die Leute genug verdienen.

Gerade in den letzten Tagen war die Rede davon, Politiker seien zu blöd und zu feig. Ich sage, manche Wirtschaftskapitäne sind auch zu blöd und zu feig. Sie sollten sich ein Beispiel an Henry Ford nehmen, der gesagt hat: Meine Leute müssen so viel verdie­nen, dass sie sich auch unsere Autos, die sie erzeugen, leisten können. (Beifall beim BZÖ.) – Das ist nämlich genau das, was sein muss: dass die Leute genug verdienen. Je mehr sie verdienen, desto mehr geben sie aus, und das steigert die Kaufkraft und die Inlandsnachfrage in Österreich.

Wenn es ein bisschen eine Krise gibt, dann sollte es nicht heißen, die Mitarbeiter sollen auf ein Viertel ihres Lohnes verzichten. Ich meine, das ist ja hirnrissig. Das hat ein nam­hafter Wirtschaftskapitän in Österreich in der Industriellenvereinigung gesagt. Der hat nicht weiter gedacht. Mit solchen Leuten kann man eigentlich nicht viel anfangen. (Abg. Kopf: Das ist Voodoo-Ökonomie!)

Zu den Freigrenzen bei der Einrechnung des Partnereinkommens: Wir sind auch für ei­ne klare Information in diesem Bereich.

Zu den Bestimmungen für die Berechnung von Ansprüchen der Notstandshilfe: Es darf ganz einfach nicht sein, dass Personen in diesem Bereich benachteiligt werden. Das ist keine Frage. Da sind wir auch einer Meinung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 181

Was das Kinderbetreuungsgeld betrifft, möchte ich, Kollege Herbert Kickl, Folgendes sa­gen: Wir haben seinerzeit gemeinsam daran gearbeitet, dass es eine Familienleistung wird, dass auch Studentinnen, Bäuerinnen und Selbständige mit einbezogen werden, denn früher war es ja eine Arbeitslosenversicherungsleistung. Jetzt diesen Schritt wie­der zurück zu machen, ist eigentlich nicht sinnvoll, und ich verstehe nicht, dass das ge­rade von dir und deiner Fraktion kommt. (Abg. Kickl: Das ist ja einkommensabhängig!) Ja, okay, einkommensabhängig.

Da habe ich zwei verschiedene Systeme auf einmal. Da habe ich wieder eine Querfi­nanzierung. Und ich glaube, dass die Höhe der dafür vorgesehenen Mittel, die ja dann von der Arbeitslosenversicherung getragen werden müssen, nicht abschätzbar ist. Au­ßerdem ist es eine Querfinanzierung. Ich halte das für nicht sehr sinnvoll. (Beifall beim BZÖ.)

18.09


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Hundstor­fer. – Bitte.

 


18.10.02

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nicht die ge­samte Debatte des Sozialausschusses wiederholen, aber ich möchte Ihnen ein paar Botschaften übermitteln und ein paar Klarstellungen vornehmen.

Punkt eins: Wir haben am heutigen Tag um 19 090 Arbeitslose weniger als am glei­chen Tag des Vorjahres. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wissen, Punkt 17 Uhr wird immer gezählt. Da es jetzt schon später ist, kann man diese Zahlen so sagen. (Abg. Bucher: Was wird gezählt?) – Als Abgeordneter sollten Sie sich auskennen und wissen, dass täglich um 17 Uhr gezählt wird – da „reden“ ein paar Computer miteinander –, wie viele Arbeitslose wir weniger oder mehr haben.

Wir haben seit 15 Monaten weniger Arbeitslose, und das sollten wir alle gemeinsam ge­nießen, dass wir seit 15 Monaten weniger haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Riepl: Das war schon einmal anders!) Es tut uns allen gut, wenn wir weniger Arbeitslo­se haben.

Zur Frage der Notstandshilfe: Herr Abgeordneter Kickl, Sie sollten ja wissen, dass wir mit der Einführung der Mindestsicherung auch die Bemessungsgrundlage der Notstands­hilfe verbessert haben. Und Sie sollten auch wissen, dass wir gerade bei den alleinste­henden Frauen massiv viel getan haben, denn von 80 Prozent dieser Maßnahmen pro­fitieren nur Frauen.

Im Jahr geben wir für die Verbesserung dieser Bemessungsgrundlage der Notstands­hilfe immerhin die „Kleinigkeit“ von 100 Millionen € aus. (Abg. Kickl: Das ist eine Grund­satzfrage!) Ich glaube, das ist nicht so wenig. Diese 100 Millionen € fließen zu den Men­schen, um genau diesen Personen, die alleinstehend sind, die Kinder haben, eine Ver­besserung ihrer Situation entsprechend zu bringen.

Wir haben noch etwas gemacht – es ist ja traurig, dass das hier nicht so zur Kenntnis genommen wurde –: Wir haben auch die Bemessungsgrundlage der Arbeitslosenversi­cherung sozusagen aufgewertet. Im Jahr 2009 hat der Nationalrat diese Veränderung der Berechnung der Bemessungsgrundlage beschlossen. Und immerhin haben im Vor­jahr 300 000 Menschen, die in der Arbeitslosigkeit waren, von dieser Verbesserung der Bemessungsgrundlage profitiert.

Ich möchte auch zu der ganzen Diskussion der Nettoersatzrate etwas sagen. Ich weiß natürlich, dass es von diversesten Organisationen Beschlüsse gibt. Das ist gar keine


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Frage. Ich möchte aber auch dazusagen: Schauen wir uns einmal die Bruttoersatzquo­te an! Bei der Bruttoersatzquote liegen wir mit 85 Prozent weit über dem OECD-Schnitt.

Schauen wir uns die Nettoersatzquote bei längerer Arbeitslosigkeitsdauer an! Da lie­gen wir auch über dem OECD-Schnitt. Ich gebe zu, wenn man nur ein Monat arbeitslos ist, dann ist man etwas schlecht dran, wenn man nur die Nettoersatzquote rechnet und nicht das, was aber sonst noch dazugerechnet wird. (Abg. Kickl: Wenn was dazuge­rechnet wird!)

Wir haben das im Ausschuss schon des Langen und Breiten diskutiert. Es wird auto­matisch pensionsversichert, es wird automatisch krankenversichert. Keiner der Perso­nen ist diesbezüglich mit irgendeiner Zahlung belastet, ist aber automatisch weiterhin versichert. Würden Sie in Dänemark leben, dann hätten Sie das alles nicht, müssten das Arbeitslosengeld versteuern, müssten extra Krankenversicherung bezahlen und extra Pensionsversicherung bezahlen. Wir haben das alles. Wir haben in Österreich diesen Weg gewählt. Und ich glaube, dass wir damit nicht so schlecht liegen.

De facto liegt die Nettoersatzquote bei 60 Prozent. Wir sind schon lange weg von den 55 Prozent, weil wir mit diversesten Zuschlägen dort angelangt sind.

Was wir noch gemacht haben, ist zum Beispiel, dass wir bei allen Menschen, die in Ar­beitslosigkeit mit Qualifizierungsmaßnahmen arbeiten – und gerade den Freiheitlichen sollten ja hochqualifizierte Menschen sehr wichtig sein –, in Wirklichkeit bei Ersatzquo­ten von 80 bis 90 Prozent sind, weil wir diese Qualifizierungsmaßnahmen zusätzlich fördern. – Das wollte ich noch dazu gesagt haben

Herr Abgeordneter Öllinger, keine Frage, ich verstehe natürlich einen Teil der Argu­mentation, nur: Die beste Antwort gegen Arbeitslosigkeit sind steigende Beschäftigten­zahlen, und diese steigenden Beschäftigtenzahlen haben wir ebenfalls, denn wir haben alleine im Vormonat um 54 000 Menschen mehr in Beschäftigung gehabt als im Ap­ril 2010. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. – Bitte.

 


18.15.00

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! In der Frage der Anhebung der Nettoersatzra­te hat Herr Bundesminister Hundstorfer ja schon sehr eindeutig die Diskussion wider­gegeben, die wir im Sozialausschuss geführt haben. Dem ist in der Frage vor allem der Langzeitversicherten und all dieser Dingen ja eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Er hat es selbst gesagt, wir liegen knapp unter dem OECD-Durchschnitt, was die kurzzei­tige Arbeitslosigkeit betrifft.

Es gibt, wie auch der Herr Minister schon gesagt hat, diverse Beschlüsse in diversen Gremien. Auch der ÖGB hat Beschlüsse in der Frage der Anhebung der Nettoersatzra­te zumindest auf das europäische Mittel gefasst. Das ist keine Frage und ist auch so.

Allerdings haben wir – und das war auch mit ein Teil dieser Debatte, die wir im Sozial­ausschuss geführt haben – die Kritik der Opposition insofern ernst genommen, dass wir Anträge, die lange liegen, nicht mehr weiter vertagen, wobei es – so sage ich jetzt einmal – auch in der durchaus heiklen Frage der Nettoersatzrate, wissend, es gibt sehr viele Beschlüsse in diese Richtung, ja eigentlich ein einfacher Schritt gewesen wäre, das praktisch in den nächsten Ausschuss zu verschieben.

Wir haben uns angeschaut, was wir derzeit an Maßnahmen haben, was im Prinzip mit der Nettoersatzrate passiert ist, und uns anhand der derzeitigen budgetären Situation in


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der Frage, wohin wir Geld aus dem Sozialbudget investieren – in den aktiven Arbeits­markt oder in die Anhebung der Nettoersatzrate –, jetzt einmal entschieden, zu versu­chen, das Geld in den aktiven Arbeitsmarkt hineinzubringen, was – wie wir anhand der Arbeitslosenzahlen ja auch gehört haben – ja auch zu Erfolgen führt und Menschen in Beschäftigung bringt. Es ist uns immer noch lieber, wir bringen Menschen in Beschäfti­gung, als wir finanzieren sie in der Arbeitslosigkeit.

Nichtsdestotrotz heißt das aber, dass wir uns auch mit dem gemeinsam beschlossenen Entschließungsantrag in der Frage der Mindestsicherung einmal anschauen, wie es mit der Einführung der Mindestsicherung und des mitbeschlossenen Maßnahmenbündels mit der sozialen Treffsicherheit aussieht. Wie gesagt ist die Forderung nach Anhebung der Nettoersatzrate natürlich auch – so sage ich jetzt einmal – in der kurzfristigen Ar­beitslosigkeit ein Thema, das wir jetzt einmal abgehakt haben, weil wir sagen, es ist budgetär nicht drinnen. Es bleibt aber natürlich weiterhin auf der Agenda, und es wird zumindest unser Augenmerk darauf gelegt, ob da in den nächsten Budgets etwas mög­lich und auch durchzuführen ist.

In der Frage des Abgeordneten Kickl, der gesagt hat, dass eine Ungleichbehandlung der Frauen in der Frage des Einberechnens des Partnereinkommens bestehe, möchte ich anmerken: Frauenungleichbehandlung ist es nur deswegen, weil Frauen leider noch immer weniger verdienen als Männer. Sonst ist es eine völlige Gleichbehandlung zwi­schen Männern und Frauen. Das heißt, verdient der Mann weniger, wird das Frauen­einkommen eingerechnet, und umgekehrt. (Abg. Kickl: Wie viele Männer betrifft das?)

Wir wissen natürlich auch – das hat Herr Abgeordneter Dolinschek sehr plakativ mit Henry Ford veranschaulicht –, dass die Wirtschaft im Prinzip eigentlich schauen müss­te, dass Menschen in Beschäftigung kommen. Frauen sind natürlich immer noch länger in der Arbeitslosigkeit und damit von der Notstandshilfe betroffen als Männer, weil Frau­enarbeitsplätze noch immer schwieriger zu finden sind.

Nichtsdestotrotz brauchen wir natürlich noch immer ein Frauenministerium. Wenn uns das Schließen der Einkommensschere gelingt – und wie Gabriele Heinisch-Hosek das sieht, ist das ja eine Materie, die nicht alleine das Frauenministerium, sondern viele, viele andere Spieler im System betrifft –, dann haben wir zumindest in der Frage der Bekämpfung von Ungleichbehandlung schon einmal einen deutlichen Schritt nach vor­ne getan. (Beifall bei der SPÖ.)

18.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


18.18.21

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich meine Vorredner und Vorrednerinnen, die auf meinen Antrag Bezug genommen haben, darauf hinweisen, dass im Ausschuss von mir ein Abänderungsan­trag dazu eingebracht wurde, der sozusagen jetzt in diesen Ausschussbericht auch in­tegriert ist. Das heißt, eigentlich debattieren wir über einen Antrag, der den vollen So­zialversicherungsschutz für geringfügig Beschäftigte will und nicht nur die Einbezie­hung in das Arbeitslosenversicherungssystem. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Herr Abgeordneter Dolinschek, es gab schon Zeiten in Österreich, in de­nen es keine geringfügige Beschäftigung gab. Es gibt andere europäische Länder, die kein derartiges Regime kennen. Letzten Endes will dieser Antrag nichts anderes, als je­de unselbständige Beschäftigung voll sozialzuversichern. Das ist der Sinn dieses An­trages. Ich denke also nicht, dass in keinster Weise nachvollziehbar wäre, was die Inten­tion dahinter ist.


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Sie haben selbst gesagt, es gibt in Österreich mittlerweile 310 000 geringfügig Be­schäftigte. Zwei Drittel davon sind Frauen. All diese Beschäftigungen sind nur mit einer Unfallversicherung verbunden. Wir wissen, dass es im Niedriglohnbereich sein kann, dass ein Job, den man 15 bis 16 Stunden in der Woche macht, eben nur eine Unfall­versicherung mit sich bringt. Man erwirbt keine Ansprüche im Bereich der Pensionsver­sicherung et cetera, et cetera. (Abg. Dolinschek: Sie können sich ja freiwillig versi­chern! – Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.) Wir Grüne sagen: So kann das ein­fach nicht sein, da braucht es eine Korrektur!

Ich möchte noch auf weitere Punkte eingehen, die auch heute wieder genannt wurden. Sie sagen, dann kann man sozusagen, wenn man Arbeitslosenunterstützung bezieht, nicht mehr im Ausmaß der geringfügigen Beschäftigung dazuverdienen. Dieses Argu­ment höre ich immer wieder. Ähnliche Regelungen gibt es auch im Zusammenhang mit dem Studienbeihilfengesetz.

Es ist aber keinesfalls zwangsläufig notwendig, diese Freibeträge unmittelbar an den Charakter einer geringfügigen Beschäftigung zu koppeln. Man kann solche Freigren­zen auch per Verordnung festsetzen, in einer anderen Höhe, was auch immer. Das ei­ne hat mit dem anderen nicht zwangsläufig etwas zu tun.

Auch einen weiteren Punkt haben Sie, Herr Kollege Dolinschek, heute wieder ange­sprochen: Wenn man die geringfügige Beschäftigung abschafft, also auch unter einem Verdienst von 374 € sozialversichert, dann kommt netto für die Betroffenen weniger heraus.

Das kann man auch anders gestalten. Man kann mit Freibeträgen arbeiten, ähnlich wie sie im Arbeitslosenversicherungsrecht ja bereits bestehen, denn bereits jetzt ist es so, dass Arbeitnehmer, die ein Einkommen zwischen 375 € und 1 100 € haben, von den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung befreit sind und trotzdem Leistungen daraus beanspruchen können.

Meine Damen und Herren, der Antrag zielt darauf ab, die Situation von 310 000 gering­fügig Beschäftigten – und ständig werden es mehr – zu verbessern. Das ist der Sinn dieser Sache. Natürlich wird das Ganze dann für die Arbeitgeber teurer, aber ich den­ke, das ist schon auch okay so. (Abg. Dr. Bartenstein: Auch für die Arbeitnehmer, Frau Schatz!)

Wir können einfach nicht zuschauen, dass es von Jahr zu Jahr immer mehr Jobs gibt, von denen man nicht leben kann. Wir können nicht zuschauen, dass es von Jahr zu Jahr immer mehr Jobs gibt, über die man keinen Versicherungsschutz hat, außer eben diese Unfallversicherung, mit der man aber letzten Endes nicht wirklich sozial abgesi­chert ist.

Es ist schon klar: Dieses System der geringfügigen Beschäftigung verlagert einfach Kosten, die bei sonstigen unselbständigen Beschäftigungen die Arbeitgeber überneh­men, hin zur Gesellschaft. Das heißt, die öffentliche Hand subventioniert eigentlich die­se Minijobs. Das können wir Grünen nicht gutheißen. Wir wollen einen vollen Versiche­rungsschutz für alle unselbständigen Beschäftigungsformen. (Beifall bei den Grünen.)

18.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


18.22.56

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister Hundstorfer, ich habe Ihnen jetzt eine Weile zugesehen, mit welcher Präpotenz Sie da oben auf der Ministerbank sitzen und in die Luft schauen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist Fakt. Sie haben am Handy herumgespielt, Sie malen in Ihren Unterlagen he­rum, diese Debatte interessiert Sie überhaupt nicht. Das ist Fakt, das möchte ich ein­mal festhalten. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 185

Herr Minister, Sie haben dann einen lehrerhaften Vortrag gehalten, in dem Sie nur ei­nen einzigen richtigen Satz gesagt haben, und zwar: „Es tut uns allen gut, wenn wir weniger Arbeitslose haben.“ – Herr Minister, das ist der einzig wahre Satz, den Sie von sich gegeben haben. Ich möchte darauf ein bisschen eingehen.

Es tut uns wirklich gut, wenn wir weniger Arbeitslose haben, denn dieses Sozialsystem, das wir hier in Österreich haben – und da fallen auch die Arbeitslosen und die Sozial­versicherungsempfänger darunter –, gehört schon lange reformiert, meine Damen und Herren! Dieses Sozialsystem, das aus den sechziger oder siebziger Jahren stammt und von Schweden kopiert ist, gehört schon längst erneuert. Das habe ich Ihnen von diesem Rednerpult aus schon mehrfach gesagt und diverse Beispiele genannt. (Beifall beim BZÖ.)

Ich möchte heute wieder einmal ein Negativbeispiel bringen, um zu verdeutlichen, wie es eigentlich nicht sein sollte. Ich glaube, ich habe schon einige Beispiele dafür ge­bracht, die aber nicht angekommen sein dürften. Vielleicht haben Sie mir nicht zuge­hört, und vielleicht hören Sie mir ja heute zu.

Meine Damen und Herren, folgender Fall: Ein 22-jähriger Mann, der seit zwei Jahren arbeitslos ist, erhält sage und schreibe 1 200 € netto an Arbeitslosengeld. – Ich möchte nochmals betonen, er ist seit zwei Jahren arbeitslos! Er besitzt ein Fahrzeug, ein Auto, hat eine Wohnung und mietet sich vier Wochen im Jahr in Kroatien ein Haus und macht Urlaub an der Adria. Er bekommt unglaubliche 1 200 € netto an Arbeitslosen­geld! (Abg. Grosz: Vielleicht in Rovinj!)

Nun bringe ich Ihnen ein Beispiel eines anderen jungen Mannes, der ebenfalls 22 Jah­re alt ist. Er beginnt in seiner Firma täglich um 6 Uhr in der Früh. Er hat eine Ausbil­dung, allerdings in einer anderen Berufssparte, und dort bekommt er derzeit keinen Job. Er hat also einen anderen Job annehmen müssen, der nicht seiner Ausbildung ent­spricht, damit er Geld verdient und nicht der Allgemeinheit zur Last fällt. Sie (in Rich­tung SPÖ) können den Kopf schütteln! Ich weiß, das ist der Sozialismus, da tut man groß streuen und mit der Gießkanne verteilen. (Abg. Binder-Maier: Aber hören Sie doch auf!)

Jener junge Mann beginnt um 6 Uhr in der Früh mit der Arbeit, leistet seine 40 Stunden in der Woche und bekommt 1 200 € netto, muss seine Wohnung selbst bezahlen, muss sein Fahrzeug finanzieren und muss sein Leben finanzieren. Meine Damen und Her­ren, da stimmt doch etwas im System nicht! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Öllinger: Sie haben keine Ahnung!) – Ich habe sehr wohl eine Ahnung!

Dieser junge Mann, den ich jetzt angesprochen habe, der Vollzeit fleißig arbeitet, ist auch noch bei der Freiwilligen Feuerwehr und macht am Wochenende Rot-Kreuz-Dienst um 4 € am Tag.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einen anderen Fall zur Sprache bringen, um zu zeigen, welche groben Fehler da im System vorhanden sind. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass es einen Arbeitslosen in Vorarlberg gibt, der 1 772 € netto bekommt, und daran hat sich bis dato noch nichts geändert. (Abg. Öllinger: Wie bitte? Das gibt es ja gar nicht!)

Meine Damen und Herren, Leistung muss sich lohnen, und die lohnt sich in diesem Staat für die arbeitende Bevölkerung schon lange nicht mehr. Der Herr Öllinger ist der Erste, der da fehlliegt, weil er am wenigsten dazu beiträgt. (Abg. Öllinger: Sie sagen die Unwahrheit!) – Das ist keine Unwahrheit!

Ich sage Ihnen eines: Die Steuerzahler, die fleißig arbeiten und jeden Tag zur Arbeit gehen, haben schon genug gezahlt für diejenigen, die tachinieren. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Öllinger: Ah, so ist es! BZÖ-Position! Arbeitslose ...!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 186

Es gibt Leute, die nicht arbeiten wollen. Dieser sozialistisch-kommunistische Stil, der hier in Österreich gelebt wird, gehört schon lange ausgeräumt! Und ich muss noch hinzufü­gen: Diese Leute wollen nicht arbeiten.

Jetzt komme ich zu einem anderen Beispiel. Heute wird der Präsident der Industriel­lenvereinigung Vorarlberg, Hubert Bertsch (Abg. Öllinger: Ist ja auch schon BZÖ!) – nein, ÖVP! –, zitiert: „Österreich könnte in allen Positionen in der EU die Nummer eins sein.“ Weiters steht da: „Österreich habe die Menschen, das Know-how und die Export­fähigkeit, um an der Spitze zu stehen.“ „Konkret spricht er Pensions-, Verwaltungs-, Bil­dungs- und Gesundheitsreform an.“

Nichts ist geschehen in diesem Staat. „Bertsch hat gerade in Polen ...“ (Abg. Öllinger: Pensionsreform!) – Hören Sie mir zu! Sie können nachher selbst reden! (Abg. Öllin­ger: Ich habe schon geredet!)

„Bertsch hat gerade in Polen ein Konstruktionsbüro eröffnet, weil er hierzulande nicht genügend“ qualifizierte Fachkräfte findet. – Ich glaube, das muss uns schon zu denken geben.

Ich kann Ihnen nun noch ein weiteres Beispiel bringen. Ich weiß von einer großen Fir­ma in Österreich – da könnte ich Ihnen nicht nur eine, sondern eine ganze Handvoll aufzählen –, die die Möglichkeit hätte, Arbeitsplätze zu schaffen, hier Betriebe aufzu­bauen, diese erweitern will, aber keine Arbeitskräfte bekommt. Wenn diese Betriebe dann vom AMS Arbeitskräfte vermittelt bekommen sollten – da sind Sie sehr wohl ver­antwortlich, Herr Minister! –, dann kommen diese Leute nicht, weil sie mit dem Hund am Bodensee spazieren gehen. Das ist Fakt! Sie können mit den Leuten selbst reden. (Abg. Öllinger: Das ist ja letztklassig! – Abg. Silhavy: Nennen Sie uns doch einen kon­kreten Fall!)

Es ist eine Sauerei, was hier abgeht! Das können wir nicht tolerieren. Für diese Leute wird Geld bezahlt, damit sie sich in der Sonne bräunen (Abg. Öllinger: Meinen Sie den Petzner?), und diejenigen, die arbeiten, werden immer ärger gerupft wie eine Weih­nachtsgans! Das kann es nicht sein, meine Damen und Herren! Da läuft das Sozialsys­tem schlichtweg falsch. (Beifall beim BZÖ. Abg. Öllinger: Das ist ja unglaublich!)

Meine Damen und Herren, das AMS verwaltet die Arbeitslosen lediglich. Es wird nicht darauf geachtet, dass diese Leute in den Arbeitsprozess eingegliedert werden. Es wird nur verwaltet.

Jetzt nenne ich Ihnen noch ein Beispiel, um deutlich zu machen, dass es so meiner Meinung nach nicht weitergehen kann. Unser Sozialsystem ist so ausbeutbar! Ein Be­kannter in Vorarlberg mit Türkischkenntnissen ist in eine Moschee gegangen, hat sich dort das ganze Prozedere angehört – wortwörtlich; und ich kann Ihnen diesen Mann präsentieren, Sie können selbst mit ihm sprechen –, wie dort statt des Religionsunter­richts die Leute aufgeklärt worden sind, wie Sie das Sozialsystem in Österreich aus­beuten können. (Abg. Dr. Cap: Haben Sie eine Uhr? – Abg. Binder-Maier: Peinlich!)

Das ist eine falsche Politik! Da müssen wir ansetzen, meine Damen und Herren! Wir haben genug gezahlt. Dem muss ein Ende gesetzt werden. (Ruf bei der SPÖ: Sie soll­ten sich schämen!)

18.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.

 


18.30.01

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Herr Präsident! Ich möchte noch kurz etwas zu den Ausführungen des Herrn Ab­geordneten Hagen sagen. Das muss sein, ob ich will oder nicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 187

Es gibt keinen Arbeitslosengeldbezug, den man 24 Monate haben kann, Herr Abgeord­neter! Das Arbeitslosengeld wird nach 26 Wochen eingestellt. Sie sollten das wenigs­tens wissen. Punkt eins.

Punkt zwei: Dann bekommt man Notstand. Darüber haben wir zuerst gerade geredet.

Und was Sie auch wissen sollten: Es gibt keinen Nettobezug von 1 700 €. Sollten Sie einen solchen Spaziergänger kennen, dann gibt es ein einfaches Rezept: Sagen Sie, wer es ist! Dann ist das morgen überprüft, und übermorgen ist die Arbeitslosenunter­stützung eingestellt. Denn was Sie auch wissen sollten: Wir haben 800 000 Kunden und Kundinnen pro Jahr, und wir stellen 92 000 Mal pro Jahr das Arbeitslosengeld ein. Wir tun nämlich nicht das, was Sie da irgendwie nebulos von sich gegeben haben, son­dern wir schauen hin. Wir schauen hin, das ist die Devise. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was ich Ihnen auch sagen will, und das sollte auch in Ihrem Interesse sein, wenn Sie angeblich ein Vorarlberger Abgeordneter sind: Helfen Sie mit, dass die Vorarlberger In­dustrie die Lehrwerkstätten so hoch fährt, dass wir genügend Facharbeiterinnen und Facharbeiter haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Ihnen sagen: Reden Sie mit Polen, reden Sie mit dem polnischen Arbeitsminis­ter, denn die haben auch ein kleines Problem, das gleiche wie ganz Europa: nicht ge­nügend qualifizierte Fachkräfte! Das ist nämlich ein gesamteuropäisches Problem.

Ich wünsche dem Herrn Präsidenten viel Vergnügen.

Ansonsten möchte ich Ihnen noch sagen: In den ersten vier Monaten sind bereits 245 000 Arbeitslose wieder in Beschäftigung gekommen. Wir verwalten nicht, sondern wir gestalten. Das ist der entscheidende Unterschied. (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

18.32

18.32.30

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung, die wir über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehmen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1184 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmt, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1185 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1186 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1187 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1188 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantrages 812/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 188

Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1188 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung betreffend soziale Situation von BezieherInnen der bedarfsorientierten Min­destsicherung.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen. (E 164.)

18.33.37 8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 442/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung des „Bartenstein-Erlasses“ punkto Beschäftigungsverbot für AsylwerberInnen (1189 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 596/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschäf­tigung und Arbeitslosigkeit junger Menschen (1190 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 714/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrolle von Kurzarbeit (1191 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 715/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend beglei­tende Auflagen und Maßnahmen zur Kurzarbeit (1192 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 8 bis 11 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Eine mündliche Berichterstattung findet nicht statt.

Erste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


18.34.23

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir teilen ja die Freude des Sozial- und Arbeitsministers über die Zahl der Arbeitslosen, die geringer wird, aber Sie kennen wahrscheinlich auch den Spruch, der heißt: Wenn es dem Esel zu gut geht, dann geht er aufs Eis tanzen. Das ist genau das, was wir nicht unbedingt tun sollten. Wenn ich vom Tanz auf dem Eis rede, dann meine ich auch das, was Sie gerade vor wenigen Wochen in einer unverantwortlichen Art und Weise im Zusammenhang mit der Öffnung unseres Arbeitsmarktes vollzogen haben. Da werden Sie noch Ihre Wunder erleben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie übrigens gerade von der Kundenfreundlichkeit des AMS reden, so gibt es da auch ganz besondere Ausprägungen dieser Kundenfreundlichkeit, nämlich die, wenn Reiseexpeditionen des AMS ins benachbarte Ungarn stattfinden, damit man dann gleich bei den Ungarn Werbung machen kann, wie man am besten den Zutritt zum österrei­chischen Arbeitsmarkt organisiert. Auch das ist ein Faktum. Wahrscheinlich im Gegen­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 189

satz zu Ihnen regt sich die burgenländische SPÖ massiv über diese Dinge auf. Das möchte ich nur voranschicken.

Meine Damen und Herren, ich möchte kurz auf den Antrag der Grünen eingehen, was den erleichterten umfassenden Zugang von Asylwerbern zum Arbeitsmarkt betrifft. Das ist wieder einmal ein klassisches Lehrbeispiel, muss man sagen, für den Zugang der Linkslinken, die es ja nicht nur bei den Grünen gibt, sondern es gibt auch etliche solche Elemente in diesem Sektor (in Richtung SPÖ weisend) des Hohen Hauses, etliche Sympathisanten. (Abg. Weninger: Was heißt „Elemente“? Denk einmal nach, bevor du etwas sagst! – Abg. Mag. Gaßner: Können Sie das definieren?) Das ist ein klassisches Lehrbeispiel dafür, wie man die Dinge Zuwanderung, Asyl und Integration heillos mit­einander vermanscht, und das nicht in der besten Absicht für die österreichische Bevöl­kerung, und zwar deshalb, weil dieser Antrag zeigt, dass hier wieder einmal ein Sys­temfehler begangen wird, den wir Ihnen schon seit Jahren ankreiden, und wir werden auch nicht müde werden, das weiterhin zu tun.

Für uns ist das ganz klar, es gibt eine logische Teilung: Da gibt es das Asyl; Asyl heißt für uns Schutz auf Zeit. Dann gibt es so etwas, was man früher einmal in einer, glaube ich, sehr guten Tradition mit einem treffenden Wort als „Gastarbeit“ bezeichnet hat. Das war eine Arbeit, wo man einen Bedarf, der im Inland nicht unmittelbar abgedeckt werden konnte, dadurch gedeckt hat, dass man sich Leute aus dem Ausland auf Zeit geholt hat. Gastarbeit hat das geheißen. Aber der Gast geht dann im Normalfall ir­gendwann auch wieder zurück.

Dann gibt es etwas Drittes, etwas, das Zuwanderung heißt, dem wir insgesamt sehr, sehr skeptisch gegenüberstehen, weil wir glauben, dass das kein gutes Ende für uns alle nehmen wird, während Sie darin ein Allheilmittel sehen, meine Damen und Herren. Das ist der Unterschied.

Bei Ihnen wird das alles miteinander vermanscht. Wir sind uns alle einig, dass wir im Bereich des Asylwesens schnelle Verfahren brauchen. Wir brauchen rasche Entschei­dungen, wir brauchen Rechtssicherheit bei allem. Da könnten Sie sich betätigen, denn da ist es gerade Ihr Umfeld, das maßgebliche Beiträge dazu leistet, dass all das nicht stattfindet. Sie sind sozusagen ein verlängerter Arm einer ganz eigenen Branche von Schleppern. „Verschlepper“ nenne ich die. Verschlepper, die alle in Ihrem Umfeld aktiv sind und die den Asylanten und der eigenen Bevölkerung einen ganz, ganz schlechten Dienst erweisen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Mag. Schwentner.)

Meine Damen und Herren, das, was Sie hier fordern, hat nichts mit dem berühmten Di­plom-Ingenieur aus dem Iran oder von sonst wo zu tun, der da zur Untätigkeit verpflich­tet ist und den der österreichische Arbeitsmarkt ach so dringend brauchen wird. Das sind immer diese Beispiele, mit denen Sie daherkommen. Ihnen geht es um etwas ganz anderes! Das kann nicht Ihr Problem sein.

Wir haben in Österreich – ein paar Tausend sind es jetzt weniger geworden – eine kon­stant hohe und zu hohe Zahl an Arbeitslosen, da sind wir uns auch alle einig. Wir ha­ben einen gigantischen europäischen Arbeitsmarkt im Westen. Wir haben gerade den Osten in unverantwortlicher Weise erweitert, und 2015 gibt es den nächsten Schritt. Wie groß ist denn das Arbeitskräftepotenzial, wo man mögliche Arbeitskräfte lukrieren könnte?

Und dann haben wir noch die „sinnvolle“ Erfindung – aus Ihrer Sicht sinnvoll, aus unse­rer Sicht gefährlich – der Rot-Weiß-Rot-Karte mit einem ominösen Punktesystem. Also, bitte, was denn noch? Da bin ich doch nicht darauf angewiesen, irgendeinen Asylwer­ber auch noch in die Beschäftigung zu bringen, meine Damen und Herren!

Ihnen geht es ja um etwas ganz anderes: Sie wollen diese Leute verfestigen. Sie wol­len diese Leute über den Zugang zur Beschäftigung hier in Österreich verfestigen. Dann


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 190

können Sie sagen: Der ist doch am Arbeitsplatz eh schon so gut integriert. Möglicher­weise zahlt er dann auch noch die eine oder andere Abgabe. Der einzige Sinn und Zweck dieser Aktion ist es, einen allfälligen negativen Asylbescheid, der dann einmal kommen kann, auszuhebeln mit genau dieser Argumentation. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist das, was wir nicht haben wollen! Asyl ist das eine, meine Damen und Herren, Zuwanderung ist etwas ganz anderes.

Gestatten Sie mir noch ein Wort zum Problem der Kurzarbeit. Kurzarbeit, das ist etwas, wo man genauer hinschauen sollte. Ich glaube allerdings, dass die Maßnahmen, die Sie vorschlagen, außer mehr Bürokratie nicht wirklich etwas bringen. Ich glaube, Kurz­arbeit ist dann sinnvoll, wenn es relativ rasch gelingt, eine Lösung für den betroffenen Betrieb zu finden, die sozusagen im Sinne der Zufriedenheit des Unternehmers und der Arbeitnehmer definiert ist. Wenn ich jetzt herkomme und zusätzliche Hürden auf­baue, so wie Ihr Antrag das vorsieht, mit Hunderten Wenns und Abers und irgendwel­chen unglaublichen Fristen und Rückzahlungen und was weiß ich was, dann, sage ich Ihnen, ist das der berühmte Schuss ins Knie. Das ist der Schuss ins Knie, weil nämlich der Arbeitgeber dann im Zweifelsfall hergehen und sagen wird: Bevor ich mir das al-
les antue, setze ich die Leute frei! – Das ist das, was wir schon überhaupt nicht wollen können.

Wir müssen die Kurzarbeit reformieren, wir müssen darüber nachdenken, und zwar in die Richtung, dass es darum geht, den kleinen und mittleren Unternehmen, die keine eigenen Rechtsabteilungen und Ähnliches haben, den Zugang zur Kurzarbeit zu er­leichtern. Das wäre der richtige Ansatz. (Beifall bei der FPÖ.)

18.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


18.40.07

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich denke, dass es die zwei grünen Anträge, die sich mit dem Kurzarbeitsthema beschäftigen, also die Anträge Schatz und Öllinger, wert sind, ein paar Bemerkungen zum Thema Kurzarbeit zu machen. Es passt jetzt auch schön da­zu, weil auch Kollege Kickl im letzten Teil seines Redebeitrags vorhin das Thema Kurz­arbeit angesprochen hat.

Es wird in den Anträgen, denen wir heute nicht zustimmen – ich werde es dann auch begründen –, eine Überprüfung der Zuerkennung von Kurzarbeitsbeihilfen verlangt, wo­bei offen ist, wer das machen soll. Es werden weiters Bedingungen für die Gewährung von Kurzarbeit und Halbjahresberichte über die Situation bei der Kurzarbeit verlangt. Herr Kollege Kickl hat gemeint, wir brauchen rasche Lösungen bei der Kurzarbeit, ins­besondere für die kleinen und mittleren Betriebe.

Wie schaut es in der Praxis aus? – Die Überprüfung, die gefordert wird, gibt es. Die Be­dingungen, die eingefordert werden, sind am Tisch, liegen vor. (Abg. Öllinger: Wo denn?) – Ich sage es gleich! Was den Bericht über die Entwicklung der Kurzarbeit für dieses Jahr betrifft, gibt es im Rahmen der Anträge heute eine Lösung. Also es wird einen Bericht geben, und dieser ist, so glaube ich, auch wichtig.

Wie schaut es in der Praxis aus? – Zum Thema Überprüfung: Wie läuft das? – In der Regel ist es so, dass ein Betrieb sagt: Ich habe Auftragseinbrüche, ich komme nicht durch, ich muss durchtauchen. Wer kann mir helfen, wie schaut es aus? Im Regelfall geht dann der Betriebsinhaber zum Arbeitsmarktservice. Dort werden die Sozialpartner zugezogen. Es gibt eine Besprechung, notfalls eine zweite, eine dritte. Es wird mit den Leuten geredet, es wird mit dem Betriebsinhaber geredet, es wird versucht zu schau­en, welche Möglichkeiten es gibt, ob Kurzarbeit das beste Modell ist, um das Problem dort zu lösen. Jedes Problem stellt sich ein bisschen anders dar.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 191

Oder gibt es Kombinationsmöglichkeiten? – Eine Kombination mit der Bildung, Bil­dungskarenz, Altersteilzeit, was es da alles an sonstigen Angeboten im AMS-Bereich gibt. Alles wird versucht, um zu einer Lösung zu kommen. Oder wie schaut es bei den Urlauben aus? Gibt es Rückstellungen, gibt es Zeitguthaben, die aufzubrauchen sind?

All das wird in vernünftigen Gesprächen aufgearbeitet; in hunderten Fällen ist das schon geschehen. Natürlich gibt es in einigen Fällen nicht gleich eine Einigung, das ist schon klar, wo halt versucht wird, möglichst viel herauszuholen. Dann wird man ein zweites, drittes Mal reden, dann wird es ein bisschen länger dauern. Dann schaut man sich die wirtschaftliche Situation an, dann schaut man sich vielleicht auch die Bilanzen an, um zu sehen, was dem Unternehmen zumutbar ist, denn es geht ja darum, weiterhin Be­schäftigung, Arbeitnehmer im Betrieb zu halten. Das alles wird überprüft, gemeinsam entwickelt, und dann kommt es zur Kurzarbeitsvereinbarung, zur Sozialpartnerverein­barung. Das ist die Grundlage, wie wir alle wissen, für die Gewährung einer Kurzar­beitsunterstützung.

Damit sind wir bei den Bedingungen. Also was sind die Bedingungen? – Eine Sozial­partnervereinbarung, in der Regel auch noch eine Betriebsvereinbarung oder eine be­triebliche Vereinbarung über weitere Rahmenbedingungen. Es wird die Frage Netto­lohn beleuchtet: Was bleibt tatsächlich über, wenn die Arbeitszeit auf die Hälfte redu­ziert wird oder vielleicht sogar um 90 Prozent reduziert wird? Heißt das 50 Prozent Net­tolohnverzicht für die Arbeitnehmer, heißt das mehr oder weniger? – Hier gibt es auch Limits, die man versucht durchzubesprechen und sich anzuschauen.

Ich habe schon gesagt, der Urlaubsverbrauch ist ein Thema, die Behaltezeit ist klarer­weise ein Thema. Das heißt: Wird während der Kurzarbeit und einer definierten Zeit danach auch eine Beschäftigungssicherung durch das Unternehmen garantiert? – All das spielt eine Rolle als Bedingungen für die Kurzarbeit, und das sollte man, so glaube ich, bei der ganzen Geschichte auch sehen.

Das Thema Leiharbeiter spielt eine Rolle. Gibt es welche im Unternehmen? Wie geht man mit denen um? Gibt es für die auch Kurzarbeit? – Es hat eine Reihe von Verein­barungen gegeben, wo der Beschäftigerbetrieb und der Entsendebetrieb, also der Leih­arbeitsbetrieb, parallel Kurzarbeitsvereinbarungen getroffen haben, weil die Leiharbei­ter natürlich in der ganzen Diskussion nicht übrig bleiben sollen. Und so weiter und so fort.

Es ist also alles ausreichend mit Bedingungen und mit Überprüfungen versehen, und deshalb kann man heute sagen, Kurzarbeit sicherte in der Vergangenheit sehr viele Ar­beitsplätze und kostete viel weniger als die Finanzierung einer Arbeitslosigkeit. Daher sehen wir eigentlich keine besondere Notwendigkeit, da jetzt neue Kontrollinstrumente, neue Bürokratien in irgendeiner Weise aufzubauen. Natürlich, anschauen soll man es sich, und man soll sich einen Gesamtbericht über diese Zeit geben lassen.

Gott sei Dank hat heute – und darauf können wir auch stolz sein – Kurzarbeit fast keine Bedeutung mehr in der Wirtschaft, denn es läuft ganz gut, und wir sind, so glaube ich, ganz gut drübergekommen mit dieser Variante, dass sich Arbeitnehmerseite und Arbeit­geberseite gemeinsam zusammensetzen und versuchen, eine Lösung zu finden. (Bei­fall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


18.45.16

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kickl, der, wie ich sehe, jetzt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 192

wieder da ist, was mich freut, hat in Bezug auf Menschen, die er politisch angegriffen hat, von sogenannten Elementen gesprochen. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Wir kön­nen uns noch lebhaft an Zeiten erinnern – Sie haben von linkslinken Elementen ge­sprochen –, als Menschen zuerst mit solchen Attributen entwürdigt wurden und an­schließend zum Abschuss freigegeben wurden. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Weninger. – Ruf bei der FPÖ: Was ist mit den Kurden in Ihrem Land? – Abg. Ing. Ho­fer: Was ist mit den armenischen Völkermorden? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich finde es bemerkenswert im negativen Sinn und ich finde es unerträglich, dass sich die Freiheitlichen immer wieder dieser Rhetorik und dieser Wortwahl bedienen. Die Fol­gen sind historisch bekannt. Und wir sollten so eine Sprachverwendung ächten. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Weninger. – Abg. Steibl: Da müssen auch Sie an Ih­rer Sprache arbeiten!)

Frau Kollegin, ich kann mich nicht erinnern, bei Menschen, die ich politisch kritisiert habe, jemals von „Elementen“ gesprochen zu haben. (Abg. Mag. Donnerbauer: Der Herr Kollege Pilz ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Vielleicht sollten wir das klar und deutlich festhalten. Und ich finde es erstaunlich, dass Sie, statt diese Sprache zu kritisieren, die Grünen angreifen. Aber das sagt auch einiges aus. (Abg. Grosz: Schwarz-Grün ist auch vorbei!)

Herr Kollege Kickl hat auch von Kriminalität gesprochen und hat wieder einmal ver­sucht, die Grünen in die Nähe von Kriminalität zu rücken. Herr Kollege Kickl, Sie haben von Schlepperkriminalität gesprochen und haben behauptet, die Grünen würden das unterstützen. Ich darf Sie vielleicht daran erinnern, dass die einzige rechtskräftig we­gen Verhetzung verurteilte Abgeordnete in Ihrer Fraktion sitzt. (Abg. Kickl: Das ist eine gerichtlich anerkannte Islam-Kritikerin!) Und bei den Grünen sind, soviel ich weiß, kei­ne rechtskräftig verurteilten Menschen wegen krimineller oder sonstiger strafrechtlicher Tatbestände vorhanden. (Abg. Grosz: Da wäre ich mir nicht so sicher, Frau Abgeord­nete!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Politik zu machen, das hat sehr viel mit Em­pathie zu tun, mit Empathie mit Menschen. Und Empathie bedeutet sehr oft, sich hi­neinversetzen zu können in Menschen, in Menschen, die vielleicht ein ganz anderes Leben führen als man selber, dass man aber trotzdem versucht, sich vorzustellen, wie es diesen Menschen gehen könnte, wie sie fühlen und wie sie leben, und zu schauen, ob man gemeinsame Lösungen für diese Probleme finden könnte.

Wir haben tausende Asylwerber und Asylwerberinnen, deren Asylverfahren zwei, drei, vier, fünf und manchmal sechs oder mehr Jahre dauern. Jetzt stellen Sie sich einmal vor – ich weiß, es ist schwierig für Abgeordnete dieses Hauses, mir geht es auch nicht viel anders, weil wir alle eine Beschäftigung haben, oft ein erfülltes Leben haben, wir haben viele Aufgaben, wir haben auch sehr viel Zeitmangel –, aber stellen Sie sich vor, Sie wären verurteilt dazu, zwei, drei, vier, fünf Jahre nichts zu tun, vom Staat Geld zu bekommen, dass Ihnen nicht erlaubt wird, einer Beschäftigung nachzugehen. Versu­chen Sie, sich das eine Minute einfach vorzustellen, was das heißen würde, was das für Probleme produzieren kann, auch psychische Probleme! Und wir haben auch viele Menschen, die unter psychischen Problemen leiden.

Wir hatten vor 2004 eine Situation, wo Menschen nach Erfüllung von strengen Krite­rien – das möchte ich auch betonen –, wenn sie eine Beschäftigung gefunden haben, für die sie die Qualifikation mitgebracht haben, wo Menschen nach einer strengen Prü­fung, wenn für diese Beschäftigung niemand anderer in Österreich infrage gekommen war, eine Beschäftigungsbewilligung bekommen haben. Und genau diese Situation hat dieser sogenannte Bartenstein-Erlass mit einem Schlag geändert.

Jetzt sind auch diese Menschen, die eine Qualifikation mitbringen, die in Österreich gebraucht wird, von einer legalen Beschäftigung ausgeschlossen. Das führt nicht nur


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zu Problemen für diese Menschen, sondern das fördert letztendlich auch die Schwarz­arbeit. Wenn wir ehrlich sind, kennen viele von uns wahrscheinlich Menschen, die sol­che Menschen beschäftigen, die eigentlich nicht beschäftigt werden dürften. Und eine Beschäftigung, die Schwarzarbeit fördert, so eine Beschäftigung sollten wir nicht unter­stützen.

Genau das hat dieser Antrag von mir gemeint. Mit der Ablehnung dieses Antrages för­dern Sie weiterhin Schwarzarbeit in Österreich! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


18.50.11

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Beginn zwei Anmerkungen zur Aus­schussarbeit selbst machen. Ich bedanke mich bei der Frau Vorsitzenden und auch bei den Fraktionen, vor allem bei den Klubsekretären, dafür, dass wir es nach einiger Zeit jetzt doch geschafft haben, uns auf Themenblöcke im Sozialbereich zu verständigen – wir haben viele Anträge liegen –, und dass wir diese jetzt in noch zwei geplanten Aus­schüssen im Juni abarbeiten. Ich denke, das ist ein guter Weg, wir schlagen hier die richtige Richtung ein. (Abg. Grosz: Wie steht ihr zur Hacklerregelung? Das wäre inter­essant!)

Herr Kollege Grosz, kannst du vielleicht auch einmal zuhören? – Es ist wirklich müh­sam, mit dir einen ganzen Tag in einer Plenarsitzung zu verbringen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich sage aber auch dazu: Wir haben 20 Tagesordnungspunkte auf der Tagesordnung gehabt (Abg. Grosz: Wie steht ihr denn zur Hacklerregelung?), einen Bericht und 19 Oppositionsanträge. 15 haben wir heute im Plenum! Was also immer gesagt wird, eine Vertagungsmaschinerie oder dergleichen, trifft hier wirklich nicht zu. 15 Anträge wurden im Ausschuss mehrheitlich abgelehnt. Es gibt zu diesen Anträgen vier Ent­schließungen, die mehrheitlich angenommen wurden, die von den Regierungsparteien, aber zum Teil auch von der Opposition mit eingebracht und mitgetragen wurden, und es gibt eine Ausschussfeststellung.

Meine Damen und Herren! Ich möchte jedoch eines zum Ausdruck bringen: Wenn es demokratiepolitisch keine Mehrheit für einen Antrag gibt, der im Ausschuss abgelehnt wird, der auch jetzt hier im Plenum abgelehnt wird – wobei dies auch begründet wird von den Fraktionen, die es ablehnen –, dann ersuche ich darum, dass diese Anträge nicht im gleichen Wortlaut bei einer der nächsten Sitzungen wiedereingebracht werden. Ich ersuche darum! Es steht Ihnen natürlich frei, und es redet hier niemand von einem Zwang oder sonst etwas, aber ich ersuche darum, eine demokratische Mehrheit, wenn sie auch gegen einen Antrag ist, zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Grosz: Wie steht es denn mit der Hacklerregelung?)

Mit der steht es gut, Herr Kollege Grosz! (Abg. Grosz: Nein, in der ÖVP!) Wir haben im Dezember Beschlüsse gefasst. Da hättest du dich beteiligen können, aber du hast es nicht getan! (Abg. Grosz – in Richtung ÖVP –: Wenn man 20 Abgeordnete fragt, gibt es 20 Meinungen! – Gegenrufe bei der ÖVP.)

Zu den Anträgen selber, zum Beschäftigungsverbot für AsylwerberInnen, dem Antrag von den Grünen, ein paar Anmerkungen: Wir haben weniger an Asylanträgen, um ein Deutliches weniger an Asylanträgen, und die Verfahren sind um ein Vielfaches schnel­ler geworden! Ich denke, das ist der wesentliche Inhalt.

Frau Kollegin Korun! Da gebe ich Ihnen ja recht, dass es nicht gut ist, wenn die Ver­fahren so lange dauern. Aber es hat hier in den letzten Jahren wirklich viele Bemühun­


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gen gegeben. Wir haben ein Fremdenrechtspaket beschlossen, wir haben die Rot-Weiß-Rot-Karte beschlossen, und es kann unserer Meinung nach nicht sein, dass eine Be­schäftigung während eines Asylverfahrens genehmigt und gewährleistet wird. Das hal­ten wir nicht für richtig, sondern es muss zuerst das Verfahren abgeschlossen sein. (Abg. Öllinger: Auch wenn es jahrelang dauert?)

Kollege Öllinger! Du weißt, dass hier wirklich viele Bemühungen laufen, dass die An­träge weniger werden und dass die Anträge jetzt auch wirklich in einer vernünftigen Zeit abgeschlossen werden.

Zum Antrag Jugendbeschäftigungspaket möchte ich ein paar Daten vom Arbeitsmarkt bringen. Ich glaube – und der Herr Bundesminister hat das ja schon erwähnt –, es ist wichtig und richtig, dass sich der Arbeitsmarkt seit 15 Monaten kontinuierlich erholt. Das bestätigt, dass die Bundesregierung und auch wir im Parlament die richtigen Maß­nahmen gesetzt haben. Wir haben die richtigen Pakete beschlossen – Konjunktur-, Ar­beitsmarktpakete, auch die Kurzarbeit gehört dazu, keine Frage –, damit sich der Ar­beitsmarkt schneller erholen kann, als es in anderen Ländern der Fall ist: minus 19 090 Ar­beitslose heute um 17 Uhr; plus 54 000 Beschäftigte laut den Aprildaten; der Rück­gang, der hier seit über 15 Monaten im Gang ist; Platz eins mit Holland auf der Liste der EU 27 mit 4,3 Prozent, der Durchschnitt liegt dort bei 9,5 Prozent.

Weil immer wieder von 236 000 Arbeitslosen und „so vielen“ Langzeitarbeitslosen ge­redet wird: Wissen Sie, wie viele Langzeitarbeitslose wir haben? – 5 037! Das sind die April-Daten: 5 037. Was der Herr Minister darüber gesagt hat, dass wir am AMS eine Bewegung von über 800 000 Personen haben, das begründet natürlich auch diese Zahl von 236 000, und es sind viele darin enthalten, die eine Wiedereinstellungszusage ha­ben. Das ist schon wichtig, glaube ich, dass man die Daten so wiedergibt, wie sie wirk­lich zustande kommen und zustande gekommen sind.

Ich darf noch kurz auf das Thema Jugendarbeitslosigkeit eingehen, denn diese berührt uns natürlich besonders. Wir haben Gott sei Dank auch hier einen Rückgang, und zwar um rund 8 Prozent. Wir haben aber noch 37 000 Jugendliche, die derzeit keinen Job haben oder einen Job suchen, wir sind hier im EU-Vergleich an dritter Stelle.

Die Jugendarbeitslosigkeit ist unweigerlich mit der Ausbildung verbunden, deshalb wird es wichtig sein, hier noch Maßnahmen zu setzen und zu entwickeln. Wir haben rund 100 000 Jugendliche, die pro Jahr die Pflichtschule beenden; 90 000 finden einen Lehrberuf, einen Job in der Lehre, oder einen Platz an einer weiterführenden Schule, aber 10 000 haben wir hier noch, denen wir helfen müssen. Dazu sind wir auch ver­pflichtet, denn es ist wichtig, dass wir den jungen Menschen entweder einen Job, eine Lehre oder einen Ausbildungsplatz anbieten können. (Abg. Grosz: Und wie lang dauert die Hacklerregelung?) Diese Solidarität haben sich die jungen Menschen jedenfalls von uns auch verdient.

Abschließend darf ich noch sagen, dass wir im Ausschuss diesbezüglich auch einen Entschließungsantrag beschlossen haben, wonach eine Analyse die Ursachen für die Schwierigkeiten beim Übergang von Schule zu Beruf deutlich aufzeigen soll. Ich glau­be, das ist eine wichtige und richtige Maßnahme. Gehen wir diesen Weg gemeinsam weiter, im Sinne unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, im Sinne einer guten Beschäftigungspolitik für unser Land! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


18.56.22

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Kollege Wöginger, eines muss ich schon klarstellen – und da kann ich, glaube ich, für alle Oppositionsparteien sprechen –: Wir werden uns auf jeden Fall von


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dir nicht vorschreiben lassen, wann und wie oft wir einen Antrag einbringen, auch wenn er abgelehnt wird! (Beifall bei BZÖ und Grünen sowie des Abg. Ing. Hofer.) Das ist wohl ein starkes Stück, so kann es ja nicht sein.

Jetzt aber zur Aufhebung des „Bartenstein-Erlasses“ punkto Beschäftigungsverbot für AsylwerberInnen: Die Grünen fordern ja eine Änderung des im April 2004 vom dama­ligen Bundesminister für Wirtschaft Martin Bartenstein herausgegebenen Erlasses, wo­nach Asylwerber von der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung ausgeschlossen sind. Ausgenommen sind kurzfristige Beschäftigungen im Tourismus und Erntehelfer.

Wir vom BZÖ sind für eine eindeutige, klare Abgrenzung von politischem Asyl und wirt­schaftlicher Zuwanderung. Das muss man einmal unterscheiden. Wir sind aber auch dafür, dass die Asylverfahren wesentlich schneller abgeschlossen werden. Dann ist dem auch Genüge getan. – Das einmal dazu.

Was das Jugendbeschäftigungspaket, ein Altersteilzeitmodell mit sinnvoller Jobrotation und eine Reform der dualen Ausbildung betrifft, glaube ich, wir sollten alle daran ar­beiten, dass das dort einmal umgesetzt wird. Ein Blum-Bonus-neu könnte mehr Lehr­stellen schaffen. Wir fordern das schon seit längerer Zeit, denn immer weniger Wirt­schaftsbetriebe bilden Lehrlinge aus. Das ist ein Manko. Auch von der Wirtschaft wird immer wieder gefordert: Wir brauchen gut ausgebildete Facharbeiter – aber wo bekom­men wir sie denn her, wenn es immer weniger Ausbildungsbetriebe gibt?

Daher muss es dazu kommen, dass es eine Ausbildungsverpflichtung für Betriebe gibt! Wenn die Koalitionsparteien im Ausschuss groß sagen: Schule und Beruf, Gespräche zwischen dem Bundesministerium für Unterricht, dem Wirtschaftsministerium und dem Sozialministerium, sie sollten sich zusammensetzen und die Schwierigkeiten des Über­ganges analysieren – no na net! Da sind wir ohnehin alle dafür. Die drei werden wohl miteinander reden, das ist wohl das Mindeste. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn die Kurzarbeitsbeihilfe bei einer Einrichtung einer Überprüfung unterzogen wer­den soll, ist es so, dass die Sozialpartner diese Vereinbarung treffen und diese dann auch kontrollieren. Meiner Meinung nach kann das aber nicht derselbe kontrollieren, der es auch anschafft, daher gehört da unbedingt eine Änderung her.

Außerdem muss die Inanspruchnahme von Kurzarbeitsbeihilfen an bestimmte Bedin­gungen geknüpft sein, damit kein Missbrauch entsteht. Wenn aber derselbe kontrolliert, der das auch einsetzt, so kann das nicht der Sinn und Zweck des Ganzen sein. Da ge­hört also einmal eine grundlegende Reform her, dass das geändert wird. (Beifall beim BZÖ.)

18.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.

 


18.59.39

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Auch ich möchte mich in meinem Rede­beitrag mit dem Antrag der Kollegin Korun auseinandersetzen, in dem es um den Er­lass des damaligen Wirtschaftsministers geht. Dieser Erlass sorgt ja dafür – und dazu bekenne ich mich auch –, dass Asylwerber nur kurzfristig und befristet in bestimmten Branchen wie eben in der Landwirtschaft oder im Tourismus beschäftigt werden dür­fen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Allerdings muss ich Kollegin Korun darin recht geben, dass diese Vorgangsweise dann kritisch erscheint, wenn es bekanntermaßen zu überlangen Verfahrensdauern bei den Asylansuchen kommt. Denn wir alle miteinander können nicht die Augen davor ver­schließen, dass es für die Betroffenen unzumutbar ist, wenn sie drei, vier, fünf Jahre oder noch länger auf einen rechtskräftigen Bescheid darüber warten müssen, ob sie Asyl


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gewährt bekommen oder nicht. Sigi Dolinschek hat es soeben auch angesprochen, dass dieser Umstand keinesfalls befriedigend und auch nicht gutzuheißen ist.

Aber wir sollten in diesem Zusammenhang sicherlich nicht vergessen, dass die Bun­desregierung im Jahr 2008 eine Neukonzeption des Asylrechts vorgenommen hat, die unter anderem auch zur Einrichtung des Asylgerichtshofs geführt hat, mit dem vorran­gigen Ziel, dass die Asylverfahren beschleunigt werden und damit schneller Klarheit darüber geschaffen wird, ob ein Asylwerber oder eine Asylwerberin politisch verfolgt wird und daher ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Österreich bekommt. Ziel war es und ist es nach wie vor, dass bis Ende des heurigen Jahres die Asylverfahren in einer Zeit von sechs bis zehn Monaten endgültig abgeschlossen werden sollen.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, über einen Umstand werden wir – und das sollte man in aller Offenheit ansprechen – sicherlich auch nicht hinwegsehen können, näm­lich darüber, was wir mit den Langzeitverfahren machen, die bereits länger als vier, fünf oder wie viele Jahre auch immer gedauert haben und in denen es, aus welchen Gründen auch immer, bis zum heutigen Tage keine Entscheidung gibt. In dieser Frage sind wir alle hier im Saal gewaltig gefordert! Ich glaube, dass wir diesem Zustand, der unzumutbar ist, endlich ein Ende setzen müssen, indem wir eine rasche und vor allem auch humane Lösung herbeiführen.

Kollege Kickl, eines verstehe ich in diesem Zusammenhang nicht: dass man, wenn sich jemand bemüht, eine Lösung auf humanitärer Ebene herbeizuführen, diejenigen dann als „linkslinke Elemente“ bezeichnet. Aber von Ihnen bin ich ja, bei Ihrer Wort­wahl, vieles gewohnt. Worüber ich allerdings wirklich baff war, ist, dass einige ÖVP-Ab­geordnete dem auch noch das Wort geredet haben! Da war ich mehr als verwundert. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich bin nach wie vor – und das habe ich auch im Ausschuss gesagt – für die Beibe­haltung des „Bartenstein-Erlasses“ aus dem Jahr 2004, weil ich es ganz anders sehe als die Antragstellerin, und zwar so: Personen, denen bereits Asyl gewährt wird, wird ja auch der uneingeschränkte Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht. Bei Asylwerbern ist es aber eben gravierend anders. Diejenigen, die nur ein vorläufiges Asylrecht gewährt bekommen, sollten auch nur einen befristeten Zugang zum Arbeitsmarkt haben, denn alles andere – das muss ich ganz ehrlich sagen – wäre auch arbeitsmarktpolitisch und integrationspolitisch kontraproduktiv. Das war auch der Grund dafür, warum ich mich gegen diesen Antrag ausgesprochen habe. (Beifall bei der SPÖ.)

19.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Vock. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.03.09

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Hohes Haus! Herr Abgeordneter Wöginger hat so schön gesagt: Es gibt jetzt einen neuen Stil, es werden nun die Anträge hier im Par­lament bearbeitet. – Ich gebe es zu: Die Anträge werden nicht mehr vertagt, sie wer­den jetzt pauschal abgelehnt! Es ist eine neue Politik. (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.)

Aber, wissen Sie, wir von der Opposition würden uns freuen, würde man endlich ein­mal sagen: Dieser Teil des Antrages gefällt uns, darüber kann man diskutieren, das übernehmen wir – und dann macht man daraus einen gemeinsamen Antrag. Das wäre die Zielvorstellung von einer gelebten Demokratie, von einer gelebten parlamentari­schen Demokratie, dass man nicht sagt: Es gibt Regierung und Opposition, und was von der Opposition kommt, ist grundsätzlich schlecht und muss entweder vertagt oder abgelehnt werden. (Abg. Riepl: Das hat keiner gesagt! Außer Ihnen!) – Na ja, aber so wird es in der Praxis gehandhabt! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Kollegin Korun hat in ihrem Antrag wieder einmal etwas vermischt; sie wird aber immer wieder versuchen, es anders darzustellen. Sie vermischen noch immer das Asylverfah­ren mit dem Einwanderungsverfahren (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun), und ich ver­stehe nicht, warum Sie Einwanderer aus Drittstaaten schlechter als Asylwerber stellen wollen. Denn der Einwanderer, der hier einwandern will, muss zunächst das Verfahren im Ausland abwarten, bevor er hier einwandern und beschäftigt werden kann. Der Asyl­werber hat den Vorteil, dass er schon in Österreich ist und hier dazu beitragen kann, dass das Asylverfahren beschleunigt wird, indem er vor Ort Rede und Antwort stehen kann.

Ich kenne nämlich ein Einwanderungsverfahren, das auch sieben Monate gedauert hat, weil zwischen Kosovo, Schweiz und Österreich ein E-Mail bis zu drei Wochen ge­dauert hat, weil das immer über die Botschaften gegangen ist. Da haben E-Mails bis zu drei Wochen gedauert! Das kann man sich heutzutage nicht vorstellen, weil man sagt, dass ein E-Mail innerhalb von ein paar Minuten woanders ist, aber da hat jedes E-Mail, das zwischen den Botschaften oder zwischen der Fremdenbehörde und den Einwan­derern hin- und hergegangen ist, bis zu drei Wochen gedauert.

Das heißt, da sieht man schon, dass der Einwanderer, der gewisse Voraussetzungen erfüllt, bei Ihnen schlechter gestellt werden soll als der Asylwerber. Ich möchte hier eines sagen: Die Asylverfahren sollen verkürzt werden, sie sollen rascher abgewickelt werden.

Zu den Anträgen zur Kurzarbeitshilfe hat Kollege Kickl ohnehin schon einiges ausge­führt. Ich glaube, man darf Kurzarbeit nicht grundsätzlich als etwas Schlechtes sehen. Die Gefahr wäre das Gegenteil: dass die Betriebe, wenn sie weniger Aufträge haben, „hire and fire“ machen, sprich aufnehmen, wenn mehr Arbeit da ist, und die Leute ent­lassen, wenn weniger Arbeit da ist.

Ich kenne Betriebe – das muss ich jetzt an den Herrn Sozialminister weitergeben –, die auch gelobt haben, dass Österreich in der Wirtschaftskrise sehr rasch reagiert hat, dass das AMS unbürokratisch reagiert hat. Ich habe im Ausschuss das Beispiel eines Betriebs aus dem 23. Bezirk erzählt: Er hat Kurzarbeit und Bildungskarenz kombiniert, hat ein halbes Jahr lang auch in die Forschung investiert und hat danach wieder Ge­winne gemacht, die er sogar als Prämien an die Mitarbeiter ausgeschüttet hat. Also auch Gewinn ist nichts Schlechtes, meine Damen und Herren von den Grünen!

Eines muss man schon sagen: Kurzarbeit soll helfen, kurzfristige Engpässe zu über­brücken und auch in schlechten Zeiten Gewinne für das Unternehmen zu ermöglichen. Denn nicht die Politik, sondern die Gewinne der Unternehmen sichern die Arbeitsplät­ze! (Beifall bei der FPÖ.)

19.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Dr. Bartenstein. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.06.42

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zum Thema Arbeitsmöglichkeiten für Asylwerber: Der wesentliche As­pekt, der bei der Gestaltung des Erlasses vor einigen Jahren im Vordergrund stand – und die Anregung kam nicht von mir, kam nicht aus dem Arbeitsministerium, kam nicht vom AMS, sondern kam aus dem Innenministerium –, war, Österreich in Sachen Ar­beitsplatz und Arbeitsmöglichkeiten für Asylwerber nicht zu einem Land des Asyl-Shop­ping zu machen, unser Land nicht attraktiver als andere zu gestalten, was Arbeitsmög­lichkeiten anbelangt.

Damals war das – und das hat beispielsweise Kollege Spindelberger bereits gesagt – natürlich nicht unheikel, weil es, aus welchen Gründen auch immer, recht lange Asyl­


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verfahren gab, daher Asylwerber recht lange im Schwebezustand waren, sodass doch manche gemeint haben, es wäre gescheiter, die Asylwerber würden zumindest in die­ser Zeit auch erwerbstätig sein können. Das ist jetzt deutlich besser geworden und wird noch besser werden. So gesehen, fällt dieses Motiv, Beschäftigungsmöglichkeiten für Asylwerber recht restriktiv zu gestalten, weiter weg.

Etwas, was ich aus Sicht der Arbeitswelt noch hinzufügen möchte: Es geht nicht nur, Herr Kickl, um Verfestigung oder Nichtverfestigung, sondern es geht auch darum, dass Arbeitgeber ebenfalls nicht sehr glücklich sind, wenn sich jemand ein paar Monate oder auch ein paar Jahre durchaus gut eingearbeitet hat, dann wegen eines negativen Asyl­verfahrens weg muss und daher nicht mehr weiterarbeiten kann.

Es gibt also, so glaube ich, eine Fülle von Gründen, die es weiter angezeigt sein las­sen, bei diesem restriktiven Zugang zu Arbeitsmöglichkeiten für immer weniger wer­dende Asylwerber – auch das ist zu begrüßen – zu bleiben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.08.42

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Bezug nehmen auf meinen Antrag bezüglich Jugendbeschäftigung. Sinn dieses Antrags, der ja sehr breit ist, war es, Aufmerksamkeit dafür zu erregen, dass Ju­gendliche in unterschiedlichen Altersstufen und mit unterschiedlichem Bildungshinter­grund allesamt Probleme beim Einstieg in den Arbeitsmarkt und dann auch in hohem Ausmaß am Arbeitsmarkt haben. In diesem Antrag werden sehr viele Maßnahmen vor­geschlagen: von Maßnahmen, die für Schüler und Schülerinnen relevant sind, für Lehr­linge, junge Leiharbeiterinnen, bis hin zur „Generation Praktikum“.

Ich möchte heute nicht auf alle Details eingehen, sondern aus aktuellem Anlass einen Punkt besonders hervorheben, und das ist das Thema der „Generation Praktikum“. Ich habe dieses Thema in den vergangenen Jahren immer wieder thematisiert und eine Vielzahl von Anträgen dazu eingebracht, unter anderem einen Antrag auf Beschluss ei­nes Praktikumsgesetzes, das dazu dienen soll, dass es klarere gesetzliche Rahmenbe­dingungen für Praktika gibt, wo man diese braucht.

All diese Anträge werden immer und immer wieder vertagt mit dem Hinweis: Bevor wir nicht klare Daten und Fakten zur Situation dieser jungen Menschen haben, können wir einmal gar nichts machen. – Okay.

Dann kam es dazu, dass vor zirka einem Jahr Herr Bundesminister Hundstorfer ein ös­terreichisches Forschungsinstitut mit genau so einer Studie beauftragt hat. Diese Stu­die ist so weit fertig und bestätigt im Großen und Ganzen, dass wir in dem Bereich ein Problem haben, und macht auch Vorschläge, was zu tun wäre. Offenbar hat aber gleich­zeitig das Wissenschaftsministerium eine quantitative Studie bei einem deutschen For­schungsinstitut in Auftrag gegeben. Während wir auf die öffentliche Präsentation der Studie des Sozialministeriums noch warten, wurde die andere, nämlich die des Wis­senschaftsministeriums, vorgestern von Bundesminister Töchterle und AMS-Chef Kopf präsentiert. Und was war da zu hören? – Das Problem der „Generation Praktikum“ gibt es gar nicht.

Wäre die Konsequenz daraus, nämlich die, dass es keine Notwendigkeit gibt, in dem Bereich in irgendeiner Weise zu handeln, für Zigtausende junge Absolventen und Ab­solventinnen nicht fatal, dann könnte man nichts anderes tun, als die beiden Herren für diese Aussage auszulachen. Wirklich! (Beifall bei den Grünen.)

Der Grund: Sie müssen sich vor Augen halten, woraus sie ihren Schluss ableiten. Sie erklären uns, dass wir kein Problem mit Absolventenpraktika haben, obwohl im Frage­


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bogen dieser Studie die Kategorie: Ich absolviere ein Praktikum oder ich bin derzeit in einem Praktikum, gar nicht drinsteht. Ich kann doch nichts herausfinden, was ich über­haupt nicht abfrage. Das ist von vornherein widersinnig. (Abg. Öllinger: Das war wahr­scheinlich ein CV-Fragebogen.) Die Absurdität eines solchen Vorgehens liegt einfach klar auf der Hand.

Und es gibt auch Ergebnisse dieser Studie, die sogar belegen, dass wir ein massives Problem mit der Beschäftigungssituation von Absolventen und Absolventinnen höherer Bildungseinrichtungen haben: Kopf und Töchterle rühmen sich, dass 80 Prozent aller AbsolventInnen nach sechs Monaten eine Erwerbstätigkeit ausüben. Was heißt denn das im Gegenzug? – Im Gegenzug heißt das doch, dass es 20 Prozent eben nicht schaffen, und 20 Prozent aller AbsolventInnen sind in etwa 9 000 junge Menschen je­des Jahr. Und wir haben kein Problem?

Ein weiteres Faktum, das sie ansprechen: Sie sagen, es ist super, dass es 71 Prozent aller AbsolventInnen innerhalb von fünf Jahren schaffen, eine fixe Anstellung zu be­kommen. 71 Prozent! Okay. Und der Gegenzug? – 29 Prozent schaffen es nicht! 29 Pro­zent leben zumindest fünf Jahre lang weiterhin in einer sehr oft sehr prekären Situa­tion.

Meine Damen und Herren, ich denke, wenn man einen Schluss aus dieser Studie zie­hen kann, der seriös ist, dann den, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt.

Herr Minister Hundstorfer, damit wende ich mich jetzt an Sie. Ich würde wirklich gerne von Ihnen wissen, wie Sie diese Aussagen, auch diese Daten beurteilen und auch was Sie ganz konkret anstreben zu tun, um diesen vielen gut ausgebildeten, jungen Men­schen eine faire Chance auf einen guten Einstieg in den Arbeitsmarkt zu geben.

Wir Grüne haben dazu einige Vorschläge gemacht, auch im Antrag, der hier heute vor­gelegen ist, und ich denke, es wäre wirklich wichtig, dass dieses Problem bald ange­gangen wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.14.00

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bun­desminister! Ich befasse mich mit den Tagesordnungspunkten 9, 10 und 11.

Zum Tagesordnungspunkt 9, Beschäftigung und Arbeitslosigkeit junger Menschen: Ich halte diesen gemeinsamen Entschließungsantrag für wirklich sehr gescheit – sehr ge­scheit deshalb, weil unser Sozialminister gemeinsam mit der Unterrichtsministerin und dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend ministerienübergreifend die Ur­sachen der Schwierigkeiten des Übergangs von der Schule zum Beruf analysieren wird.

Fakt ist, dass es dieser Bundesregierung mit unserem Sozialminister gelungen ist, die Jugendarbeitslosigkeit im internationalen Vergleich weiter gering zu halten und auch zu senken. (Abg. Grosz: Ihm selber? Wie denn?) Fakt ist, dass auch in der Vergangen­heit immer dann, wenn es einen SPÖ-Sozialminister gegeben hat, die Jugendarbeitslo­sigkeit in unserem Land am geringsten war. Ich bedanke mich auf diesem Wege bei unserem Sozialminister Rudi Hundstorfer für die Maßnahmen, die er bisher mit der Ausbildungsgarantie gesetzt hat, und auch schon für die nächsten Schritte, die er un­abhängig von diesem Entschließungsantrag einleiten wird, nämlich die Ausbildungs­pflicht für Jugendliche. (Beifall bei der SPÖ.)

Eines muss uns allen jedoch trotzdem bewusst sein, allen Betroffenen und auch der Politik: Die Politik kann nur Rahmenbedingungen für die Jugend schaffen, damit diese eben zu Jobs kommt. Die Politik braucht aber auf dem Weg dorthin, dass man die Ju­


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gendarbeitslosigkeit in unserem Land weiter senken kann, auch die Unterstützung der Betroffenen: der Jugend, der Eltern und auch der Wirtschaft. Nur dann, wenn das die­sen Betroffenen auch bewusst ist und wenn das Wollen da ist, die Angebote der Politik anzunehmen, wird es auch gelingen, die Jugendarbeitslosigkeit auch weiterhin ent­sprechend rasch zu verringern.

Zum Thema Kurzarbeit: Ich danke dem Kollegen Öllinger dafür, dass er letztendlich mit seinem Antrag der Auslöser war für einen gemeinsamen Entschließungsantrag, wo­durch im Nationalrat noch heuer ein Bericht über die Wirkungen von Kurzarbeit seit 2009 vorgelegt werden soll.

Ich möchte diesem Bericht nicht vorgreifen, aber eines getraue ich mich heute schon zu sagen und zu behaupten: Dieser Bericht wird eindrucksvoll aufzeigen, wie wichtig, richtig und erfolgreich die Maßnahmen waren, die die Bundesregierung im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gesetzt hat. (Abg. Grosz: Auch mit der Ostöffnung, die ihr beschlossen habt?) Und ich bedanke mich auch bei jenen Rednern der Opposition – es waren leider nur sehr wenige –, die das heute hier auch anerkannt haben.

Tatsache ist, mit den Konjunkturpaketen und Beschäftigungsmaßnahmen, vor allem mit der Kofinanzierung dieser Kurzarbeitszeitmodelle ist es gelungen, schlimme per­sönliche Schicksale und Arbeitslosigkeit zu verhindern. Wenn die Europäische Union Österreich in dem Bereich als Europameister gekürt hat, nämlich als jenes Land, wel­chem es gelungen ist, am effizientesten und erfolgreichsten der Jugendarbeitslosigkeit zu begegnen, dann sagt das, glaube ich, alles.

Betreffend Kurzarbeit in Zukunft. – Ein klares Bekenntnis auch weiterhin dazu, denn ei­nes ist klar: Unser Sozialminister Rudolf Hundstorfer ist ein Garant dafür, gemeinsam mit der Bundesregierung, dass all jenen Menschen geholfen wird, die ungerechtfertigt in Finanzprobleme geraten beziehungsweise ihren Job verlieren. Sozialminister Hunds­torfer ist auch derjenige, der dafür gesorgt hat, gemeinsam mit der Bundesregierung, gemeinsam mit unserem Koalitionspartner, der ÖVP, dass all jenen, die nicht dafür verantwortlich sind, in eine Finanz- und Wirtschaftskrise geschlittert zu sein, nämlich den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die ungerechtfertigt in Probleme geraten sind, auch geholfen wird. (Abg. Grosz: Stehst du unter Selbsthypnose?)

In diesem Sinne muss man diese Maßnahmen, um Arbeitslosigkeit zu verhindern, auch einmal anerkennen, auch wenn sie etwas kosten. Diese Bundesregierung steht zu die­sen Maßnahmen. Diese Bundesregierung steht auch zu einer Konsolidierung. Und die­se Bundesregierung wird auch nicht zulassen, dass die Opposition, wie sie das bis da­to versucht, Österreich schlechtredet und keine Brösel und keine Bühne auslässt, um ein negatives Bild zu zeichnen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Markowitz zu Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.18.43

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Zu Jugendbeschäftigung und Jugendarbeitslosigkeit. Zuerst zum Positiven: Was mich natürlich freut, ist, dass die Beschäftigung gut ist, dass die Zahl der arbeitslosen Ju­gendlichen zurückgeht und dass wir in Europa in dieser Hinsicht an dritter Stelle liegen. Das ist wirklich erfreulich. (Abg. Grosz: Und das trotz Hundstorfer!)

Über ein wichtiges Thema müssen wir allerdings sprechen. Es ist nämlich so: Von den 100 000 Jugendlichen, deren Schulpflicht endet, finden 90 Prozent einen Job oder eine Lehre oder sie gehen in eine weiterführende Schule, und 10 Prozent fallen durch den


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Rost. Um diese 10 Prozent müssen wir uns wirklich kümmern. Das genau sind nämlich die Langzeitarbeitslosen von morgen. Und das kann es nicht sein, Herr Minister.

Wir haben diesbezüglich heute schon einiges gehört. Deswegen werden wir auch den Entschließungsantrag der Grünen unterstützen: weil wir finden, dass wir da auf lange Sicht ein Problem bekommen und dass wir einen Facharbeitermangel haben. Sie ha­ben es angesprochen.

Eine Möglichkeit besteht natürlich darin, weiterhin die überbetrieblichen Lehrwerkstät­ten verstärkt zu fördern, der bessere Weg wäre aber, zukünftig den „Blum-Bonus“ ein­zuführen, quasi einen „Blum-Bonus NEU“, der die Wirtschaft unterstützt, damit diese mehr Lehrlinge ausbildet, denn in dem Bereich haben wir eindeutig eine Schieflage. Die Schieflage besteht darin, dass wir im Tourismus viel mehr offene Lehrstellen haben als Lehrstellensuchende, während wir in anderen Branchen die Lehrlinge einfach nicht unterbringen.

Ich finde, gerade da sollten wir ansetzen, und das ist sozusagen auch Ihr Part, Herr Minister. Es geht gerade auch um diese 10 Prozent, die einfach von Anfang an eine schlechte Schulausbildung haben, die zum Beispiel die Sprache nicht beherrschen. Wir haben das ja auch in Betrieben getestet, und zwar nicht nur in meinem Betrieb, son­dern wir haben uns auch bei Kollegen erkundigt. Da können beim Vorstellungsge­spräch selbst einfache Aufgaben nicht gelöst werden.

Wenn jemand beispielsweise Installateur werden will und eine simple Rechenaufgabe lösen muss, um einen Heizkörper zu montieren, dann steht er einfach auf und geht, weil er sie nicht lösen kann. Das erleben wir wirklich des Öfteren. Da muss man ein­fach den Hebel ansetzen. Da müssen die Ministerien zusammenarbeiten, damit die Ju­gendlichen so ausgebildet werden, dass das Grundgerüst vorhanden ist, um eine Leh­re zu bewältigen.

Sonst führt das nämlich auf lange Sicht dazu, dass wir zu wenig Facharbeiter haben. Das droht ja sowieso, dieses Problem kommt auf uns zu. Wir haben eine Bevölke­rungsschicht von, so sage ich einmal, mindestens 10 000 Jugendlichen im Jahr, die unausgebildet in die Zukunft schreiten. Das Einzige, was ihnen bleibt: Sie können Hilfs­arbeiter werden. Da müssen wir wirklich den Hebel ansetzen, Herr Minister, und da sind Sie auch gefordert. Wir müssen in Zukunft die Jugendlichen so auf den Arbeits­markt bringen, dass sie eine Arbeit finden und gut ausgebildet werden.

Am Willen der Jugendlichen wird es jedenfalls nicht liegen. Man muss sie wirklich da­rauf vorbereiten, auch in der Schule, damit das in Zukunft funktioniert. Ich finde, dass das der Punkt ist, an dem wir ansetzen müssen. Deswegen werden wir auch den dies­bezüglichen Entschließungsantrag der Grünen unterstützen. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

19.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. 3 Mi­nuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.22.01

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Feststellung, dass wir alle uns um Beschäfti­gung bemühen, ist zutreffend, da gibt es zumindest einen Konsens. Dass die Zugänge gerade in der Frage der Beschäftigungspolitik und auch im Zusammenhang mit der Kurz­arbeit unterschiedlich sind, beweisen die Anträge der Frau Kollegin Schatz und auch des Kollegen Öllinger.

Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zu dem, was Kollege August Wöginger vorhin zu den Anträgen gesagt hat, weil es auch hier gut dazupasst. Wir diskutieren im Sozial­


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ausschuss viele Überlegungen und viele gute Überlegungen, auch gute Überlegungen aus der Opposition. Frau Kollegin Schatz, wir können dann jedoch aus einem Antrag, der insgesamt von sehr weit differierenden Auffassungen ausgeht, nicht ein paar Worte herausnehmen, die in Ordnung sind. Auch Ihr Antrag ist mit Feststellungen gespickt, die sicherlich richtig sind, er enthält aber auch viele Unterstellungen, die so nicht richtig sind, denn die Arbeitslosigkeit ist Gott sei Dank zweifelsfrei zurückgegangen. Der Herr Bundesminister hat das heute schon ausgeführt, und alle objektiven Zahlen belegen, dass die Arbeitslosigkeit in Österreich auch im Vergleich zu den anderen Staaten in Europa sinkt. (Abg. Mag. Schatz: Sie haben den Antrag eineinhalb Jahre lang vertagt!) Wir haben viele Maßnahmen gesetzt.

Wenn Sie sagen, dass wir die Anträge über eineinhalb Jahre lang behandeln, dann darf ich jetzt, weil ich Kollegen Hofer gerade sehe, auf ein klassisches Beispiel verwei­sen. Zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit haben, so nehme ich an, auch Kolle­ge Hofer und die Freiheitlichen und das BZÖ den Antrag eingebracht, dass sie eine Pfle­gelehre wollen.

Wir haben diesen Antrag über ein Jahr oder eineinhalb Jahre lang diskutiert. Er wurde immer wieder vertagt. Wir haben ihn dann letztendlich auch abgelehnt, aber nicht des­wegen, weil er von der FPÖ oder vom Kollegen Hofer gekommen ist, sondern weil er inhaltlich aus unserer Sicht einfach nicht richtig ist und das, was verlangt wird, nieman­dem etwas nützt. Wir haben Alternativen dazu vorgeschlagen, und das ist auch okay so. Uns deswegen jetzt zu unterstellen, dass wir mit der Opposition nicht zusammenar­beiten, ist nicht ganz fair. Es gibt viele gute Beispiele, die wir anführen könnten. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Dolinschek hat vorhin gesagt, dass wir für die Jugendbeschäftigung, so hat er das genannt, eine Ausbildungsverpflichtung brau­chen. Ja, wen will ich denn wozu verpflichten? Wir haben dem eine Ausbildungsga­rantie gegenübergestellt, dass also jeder Jugendliche, der in Österreich einen Lehr­platz, eine Stelle braucht, auch eine dementsprechende staatliche Unterstützung erhält und die Unternehmungen die dazu nötigen Förderungen bekommen. Das ist ein völlig anderer Zugang. Ich kann nicht jemanden zu etwas verpflichten, wozu er gar nicht imstande ist. Das wissen Sie. Zum Ausbilden von Lehrlingen gehört eben mehr als nur der Wille.

In diesem Sinne können wir Ihren Anträgen nicht aufgrund einer Justament-Position, sondern aus fachlichen und sachlichen Überlegungen heraus nicht nähertreten. (Beifall bei der ÖVP.)

19.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner zu Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.25.34

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Sehr geehrte Kollegen! Zum Punkt 9, Antrag Korun, einige Fakten, weil einiges nicht berichtigt oder richtig dargestellt wurde.

Erstens: Die Asylwerberzahlen in Österreich steigen seit Monaten wieder. Die Dauer der Verfahren sinkt endlich beträchtlich. Diejenigen Verfahren, die drei, vier, fünf Jahre und länger dauern, sind ausschließlich deshalb so lang, weil sich unberechtigte Asyl­werber mit allen Tricks, die unser Rechtsstaat ermöglicht, gegen das Ende des Verfah­rens und die Ausreise sträuben.

Österreich hat die höchsten Pro-Kopf-Quoten an Asylwerbern, sowohl an Anträgen als auch an Genehmigungen, obwohl wir von sicheren Drittstaaten umgeben sind, sohin sämtliche Anträge, die hier gestellt werden, per se unzulässig und rechtswidrig sind und


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eigentlich zu 100 Prozent abzulehnen gewesen wären. Wir können also davon ausge­hen, dass die Gesamtheit der Asylwerber – ob sie jetzt mit den Anträgen durchkom­men oder nicht und ob sie einen Dauerstatus erhalten – ursprünglich unberechtigt ge­kommen sind.

Herr Sozialminister! Wir haben seit Jahren sinkende Reallöhne, auch im unteren Be­reich sinkende Reallöhne, weil wir einen erheblichen Druck in diesem Bereich durch ei­ne Substitution teurer oder angemessen verdienender Inländer durch Ausländer haben.

In Kenntnis all dieser Sachverhalte beantragen die Grünen weiterhin maximalen Druck auf unseren Arbeitsmarkt im unteren Bereich durch Öffnung des Arbeitsmarktes für Ausländer, einschließlich der Asylanten (Abg. Mag. Korun: Lesen Sie den Antrag!) und eine weitere Erschwernis der Ausschaffung von Asylanten und der vernünftigen Be­handlung dieser Fälle durch Aufenthaltsverfestigung mithilfe des Arbeitsrechts im Sin­ne der EU nach maximal sechs Monaten.

Das bedeutet – zusammengefasst – eine weitere Destabilisierung unseres Sozialstaats. Für diesen Offenbarungseid der grünen Politik kann ich nur sagen: Teşekkürler, Frau Kollegin Korun! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. 4 Mi­nuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.27.58

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Schön, dass man von freiheitlicher Seite einmal ein türkisches Wort hört, auch wenn es wahrscheinlich nicht ganz exakt ausgespro­chen war, aber das ist nicht der Punkt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, man kann schon vieles so sehen, wie es manche hier sehen wollen, aber das ist dann nicht immer unbedingt die Realität. Das heißt, wenn hier eine Mehrheit der Meinung ist, wir brauchen keine Maßnahmen zur Erhöhung, Valorisierung des Arbeitslosengeldes, denn wir wollen ja ohnehin, dass alle Arbeit haben, dann ist das zwar eine legitime Sicht, nur es ist nicht die Realität. Es ha­ben nicht alle Arbeit.

Wenn hier gesagt wird, es gibt keine „Generation Praktikum“, daher brauchen wir keine Maßnahmen für die „Generation Praktikum“, dann kann man das so sehen wollen, nur es ist nicht die Realität.

Wenn hier andere der Meinung sind, die Asylverfahren in Österreich sind sowieso so kurz – und sie sollen ganz kurz sein –, daher brauchen wir uns überhaupt keine Ge­danken darüber zu machen, was wir mit jenen AsylwerberInnen tun, die länger auf ihre Verfahren warten müssen – auch wenn es nicht die Mehrheit ist, aber es sind immer noch genug –, dann kann man das zwar so sehen wollen, aber es ist nicht die Realität.

Es geht auch bei der Kurzarbeit genau darum. Wir waren skeptisch gegenüber der Kurz­arbeit, das gebe ich zu. Wir haben die Debatte geführt, wir waren aber nicht prinzipiell gegen die Kurzarbeit. Ich meine auch, dass das Instrumentarium, das Kollege Riepl in seiner Wortmeldung ausführlich vorgestellt hat, ein durchaus geeignetes und adäqua­tes war.

Ich glaube auch, dass die Sozialpartner in dieser Frage zumeist, in den allermeisten Fällen, gute Arbeit geleistet haben, weil sie sehr nahe an den Problemen dran sind – klar, das sind ihre Betriebe, egal ob von Arbeitnehmer- oder von Arbeitgeberseite. Da­her kann ich mir schon vorstellen, Kollege Muchitsch, dass der Bericht, den Sie sich da jetzt genehmigen – im Prinzip haben wir ihn ja auch eingefordert –, aus Ihrer Sicht sehr positiv ausfallen wird.


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Ich ersuche nur darum, auch die andere Realität zur Kenntnis zu nehmen, die es eben leider auch gibt: 90 Prozent der Verfahren – meinetwegen 90, auf eine Diskussion über die Prozentzahlen lasse ich mich nicht ein – werden von den Sozialpartnern gut vorbe­reitet, die Instrumente werden adäquat ausgesucht.

Dann gibt es aber noch jene Entscheidungen innerhalb des AMS – Minister Hundstor­fer weiß, welches Verfahren ich jetzt nennen werde (Bundesminister Hundstorfer nickt) –, wo der Herr Mensdorff-Pouilly über einen Lobby-Mann – ich nehme an, einen Vertreter der Wirtschaftskammer – für seinen Betrieb – Waffen, Rüstung und diverse andere Korruptionsgeschäfte – um Kurzarbeitsbeihilfe ansucht. Zunächst sagen alle: Nein, wirklich nicht, das hat mit der eigentlichen Aufgabe von Kurzarbeit nichts zu tun! – und dann wird die Kurzarbeitsbeihilfe trotzdem gewährt.

Natürlich weiß ich, dass der Fall Mensdorff-Pouilly kein typischer ist, aber weil eben auch solche Fälle passieren und es nicht Sinn der Kurzarbeitsbeihilfe ist, diesen we­nigen Betrieben zu helfen, möchte ich, dass Sie das Problem ernst nehmen. Das spricht nicht gegen die 90 Prozent, die von den Sozialpartnern und vom AMS gut organisiert werden; aber die 10 Prozent, meine sehr geehrten Damen und Herren – ob es die Kurz­arbeit ist, oder ob es die Asylwerber sind, die länger hier sind –, nehmen Sie bitte auch ernst! (Beifall bei den Grünen.)

19.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Lin­der zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.32.23

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Betreffend das Thema schulische Ausbildung oder Probleme der Schüler mit dem Übergang in den Beruf ist es, glaube ich, wichtig, das anzuschauen, dem entgegenzuwirken und daran zu arbeiten. Mindestens gleich wichtig ist es aber, meine ich, dafür zu sorgen, dass wir möglichst viele Leute, Jugendliche in eine Lehre bekommen, ein Handwerk erlernen lassen, denn mittlerweile merkt man, dass man für die Betriebe immer weniger wirklich gut ausgebildete Leute bekommt.

Im Zusammenhang mit dem Thema, Leute für eine Lehre zu motivieren, muss ich sa­gen – und Kollege Gabriel Obernosterer wird mir recht geben –, dass wir zwar Lehr­plätze im Tourismus zur Genüge haben, aber leider keine jungen Leute, die einen Tou­rismusberuf erlernen und in diesem Bereich arbeiten wollen. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass da vonseiten des Sozialministeriums gesteuert wird, der Beruf in der Gas­tronomie wieder schmackhaft gemacht wird und wir das auch aus Überzeugung leben und vorzeigen.

Frau Kollegin Schatz, ich habe noch Ihre Worte in Erinnerung, als Sie vor einiger Zeit gesagt haben: Na ja, Berufe im Tourismus sind nicht interessant wegen der schlechten Arbeitszeit und der schlechten Bezahlung. – Ich glaube, wir sollten dem entgegenwir­ken und diese Probleme auch mit Förderungen ausgleichen, zumal der Tourismus ei­ner unserer beständigsten Wirtschaftszweige ist.

Während der Krise in den letzten Jahren hat gerade der Tourismus gezeigt, dass er auch in schlechten Zeiten konstant seine Zahlen bringt und positiv arbeitet. Deshalb wäre es wirklich wünschenswert, Herr Minister, dass wir intensivst daran arbeiten, jun­ge Leute in den Tourismus zu bekommen, die Lehrstellen im Tourismus zu beset­zen und so der Jugendarbeitslosigkeit entgegenwirken! (Beifall bei der FPÖ.)

19.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt kommt Herr Abgeordneter Grosz zu Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeit­beschränkung. – Bitte.

 



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19.34.21

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Kolle­ge Muchitsch, wenn Sie hier in Selbsthypnose herausschreiten, wo immer Sie jetzt sind, offenbar sind Sie aus dem Haus geschritten – ah, da! –, und hier sagen: Danke, Herr Sozialminister, dank Ihnen haben wir in Österreich fast Vollbeschäftigung – so ha­ben Sie es ja geschildert –, dann darf ich Sie daran erinnern, dass wir in Österreich 236 000 Arbeitslose haben und zusätzlich 65 000 Menschen, die arbeiten könnten, aber nicht arbeiten können, weil der Sozialminister sie in Schulungen verräumt hat, sehr geehrte Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.)

Nur damit wir uns über die Zahlen einig sind: Bei einer Arbeitslosigkeit von 6 oder 7 Pro­zent von Vollbeschäftigung zu reden und davon, dass in diesem Land Milch und Honig fließen, ist doch ein wenig vermessen, Herr Muchitsch!

Aber das ist nun einmal so bei einem ausgeprägten Sozialdemokraten, der hier für die Öffnung des Arbeitsmarktes am 1. Mai argumentiert hat, hier an diesem Rednerpult der Republik, und jetzt in seinem eigenen Wahlkreis Inserate dagegen schalten lässt, wahr­scheinlich auf Gewerkschaftskosten, weil ja alles fürchterlich ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist Doppelzüngigkeit, damit werden Sie keine Wahlen gewinnen (Abg. Mag. Gaßner: Sie auch nicht, Sie gewinnen auch keine Wahlen!), aber noch viel schlimmer: Sie werden keinen Arbeitsplatz in diesem Land schaffen, und das ist ei­gentlich das wahrlich Schändliche! (Beifall beim BZÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts des Antrages der Grünen, den Arbeits­markt auch für Asylwerber zu öffnen, möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen, was ich vorhin gesagt habe: 301 000 Menschen in diesem Land in der Arbeitslosigkeit! Da­zu kommt noch die Öffnung des Arbeitsmarktes am 1. Mai.

Ich erinnere: Am Wiener Rathausplatz sind sie gestanden, die freundlichen Genossen mit den roten Tüchern, und haben die Arbeitnehmer aus dem Ostblock begrüßt – als neue eingeschriebene Mitglieder der SPÖ, die eigenen wählen sie ja schon die längste Zeit nicht mehr! (Zahlreiche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Am 1. Mai haben wir noch die Arbeitnehmer aus dem Osten dazu bekommen, und jetzt gibt es noch den Grünen-An­trag, diesem System Asylwerber zuzuführen. (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Da geht es nicht um Rassismus, da geht es nicht um solche trivialen oder auch grauslichen Unterscheidungen, sondern da geht es schlicht­weg darum: Was ist diesem Arbeitsmarkt, den Österreicherinnen und Österreichern und auch jenen, die zugewandert sind und hier fleißig arbeiten und nicht arbeitslos sind, was ist diesen Menschen noch zuzumuten? (Abg. Mag. Gaßner: Wann ziehen Sie sich aus der Politik zurück?) Auch da sagen wir ganz eindeutig: Genug gezahlt! Was
Sie hier am Arbeitsmarkt vorhaben, ist den Österreicherinnen und Österreichern nicht länger zuzumuten! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen. – Abg. Mag. Gaßner: Wann gehen Sie endlich?)

Sehr geehrte Damen und Herren, was haben wir? – Wir haben – um von den Arbeitslo­sen zu den Beschäftigten zu kommen –, Beschäftigte in diesem Land, die im Durch­schnitt 1 200 € netto verdienen. Ist das so toll bei diesen Preisen?

In der Tageszeitung „Heute“ schreibt Ihr Chefredakteur Wolfgang Ainetter – er steht Ih­nen ja ein wenig nahe, Wolfgang Ainetter aus dem roten Wien, mit Liebesgrüßen und: Freundschaft! –, dass man, wenn man das in Schilling umrechnet, „18 Schilling für ei­nen Liter Diesel“ – zahlen muss –, „21 Schilling für einen Liter Super Plus“ – das sind die aktuellen Preise –, „48 Schilling für ein Krügerl Bier, (...) 60,55 Schilling für eine Pa­ckung Marlboro, (...) 37 Schilling für einen Tee“ – so viel kostet ein schlichter Tee in diesem Land! – „206 Schilling für ein Wiener Schnitzel, 200 Schilling für einen Tafel­


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spitz“ – sodass die Reallöhne sinken, und das haben Sie mit Ihrer Politik verbro­chen! (Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Sehr geehrter Herr Muchitsch, Sie stellen sich hier heraußen hin und sagen, der Herr Minister hätte Arbeitsplätze geschaffen. – Das ist doch Humbug! Die einzigen Arbeits­plätze, die er geschaffen hat, sind sein eigener, und das schon seit Jahrzehnten, und der seiner rot-schwarzen oder in diesem Fall roten Mitarbeiter im Ministerbüro. Sonst hat er keinen Arbeitsplatz geschaffen!

Was wir von ihm verlangen, ist, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer endlich entlastet werden, damit sie mit dem hart verdienten Geld in Zukunft wieder etwas kau­fen können und nicht von Almosen leben müssen. Daher lehnen wir auch den Antrag der Grünen ab, den Arbeitsmarkt auch für Asylwerber zu öffnen; sondern schlagen viel eher vor, dass wir die Asylverfahren in diesem Land endlich so durchführen, dass ge­mäß Schengen- und Dublin-Verordnungen beziehungsweise ‑Abkommen das Asylver­fahren dort durchzuführen ist, wo der Eintritt in die Europäische Union passiert ist! (Neu­erliche Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Das ist, sehr geehrte Damen und Herren, ihr topografischen Spezialisten von den Grü­nen, in Österreich nur bei einem Grenzübertritt von Liechtenstein kommend möglich, und die Asylwerber aus Liechtenstein halten sich nun einmal in Grenzen. Aus diesem Grund werden wir in Zukunft vorschlagen, dass die Asylverfahren in diesem Land kurz gehalten werden, in Europa dort abgehalten werden, wo es notwendig ist, aber sicher­lich nicht weiter in Österreich, und das auf Kosten der Steuerzahler! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

19.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer zweiten Wortmeldung hat sich Herr Abge­ordneter Muchitsch zu Wort gemeldet. 1 Minute freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Anhaltende Zwischenrufe.)

 


19.39.08

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Grosz, es ist erschütternd, dass du nur eines machen kannst, nämlich die Dinge schlechtzure­den. Es ist erschütternd, dass du kein einziges Mal sagen kannst, was gut läuft. Es ist erschütternd, dass du keine Statistiken lesen und sie nicht interpretieren kannst. Das tut mir eigentlich weh. Ich bin ein Mensch, der sagt, was gut ist, aber auch zugibt, wenn etwas nicht so gut ist, wo Gefahren da sind.

Zum Arbeitsmarkt: Hättest du diese Medienberichte genau gelesen, dann wärst du jetzt hier gestanden und hättest gesagt: (Abg. Grosz: Gegen die eigene Partei traust du dich nichts!) Ich unterstütze es, dass man regionale Vergaben nutzen kann, wenn wir hier abgestimmt haben! – Das wäre gescheit gewesen.

Zum Letzten: (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Grosz.) – Mach so weiter, wie du es jetzt tust, das ist ganz perfekt, und Christian Faul hat wirklich recht gehabt zu deiner Person! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.39

19.40.01

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Berichterstatterin beziehungsweise einer der Berichterstatter ein Schluss­wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 207

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1189 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit
und Soziales, seinen Bericht 1190 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantra­ges 596/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1190 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Jugendliche ohne Ausbildung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 165.)

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit
und Soziales, seinen Bericht 1191 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantra­ges 714/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1191 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Kurzarbeitsbericht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 166.)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1192 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

19.42.2912. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 793/A der Ab­geordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche So­zialversicherungsgesetz und das Bauernsozialversicherungsgesetz geändert wer­den (1193 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 814/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung des willkürlichen Deckels bei der Pensionserhöhung im Bereich der ASVG-Pen­sionen (1194 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1272/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicher­stellung einer pünktlichen Auszahlung der Pensionen (1195 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 208

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 951/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Er­stellung eines Berichtes über die Lebenssituation älterer Menschen in Österreich (1196 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 12 bis 15 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Neubauer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.44.02

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte mich zu einigen Tagesordnungspunkten zu Wort mel­den. Als erster Tagesordnungspunkt jetzt steht der Preisindex für Pensionistenhaushal­te zur Debatte. Ich mache ja kein Geheimnis daraus, dass wir von den Freiheitlichen immer für den Pensionistenpreisindex eingetreten sind – dies auch deshalb, weil der Seniorenrat und dort auch Präsident Dr. Khol diese Forderungen immer gestellt hat und im Seniorenrat bis jetzt Einstimmigkeit zu diesem Thema geherrscht hat.

Was mich besonders wundert, ist, dass Dr. Khol vor drei Tagen diesen Pensionisten­preisindex wieder eingefordert hat. Angesichts der Teuerung von 2 Prozent auf 3,3 Pro­zent hat er gemeint, man muss das jetzt vehement verfolgen. Es würde mich nur freu­en, wenn Herr Dr. Khol sich auch in der ÖVP endlich durchsetzt.

Denn: Es kann nicht sein, dass die Senioren, die Pensionisten nach außen hin immer mit Forderungen von Dr. Khol konfrontiert werden, um zu dokumentieren, man sei ei­gentlich auf ihrer Seite; aber die politische Vertretung hier im Parlament, die ÖVP, die­sen Preisindex dann permanent ablehnt. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist ein doppelbö­diges Spiel. Das haben sich die Senioren nicht verdient. Ich ersuche um klare Positio­nen seitens der ÖVP, dass endlich gesagt wird, was man da wirklich will!

Der zweite Punkt: Wir haben uns dazu bekannt, dass eine fristgerechte Auszahlung von Gehältern, aber auch von Pensionen von den Banken sichergestellt werden muss. Das hat in der Vergangenheit nicht immer funktioniert, deshalb war Unmut gerade bei Pensionisten, die ihre Leistungen zu erbringen haben, öfters der Fall. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass es deshalb einer rechtlichen Grundlage bedürfte, um da endlich für Ordnung zu sorgen, damit man ruhigen Gewissens weiß, dass am Ersten das Geld wirklich zur Verfügung steht.

Ein anderer Punkt ist der Antrag der Grünen zum Thema Seniorenbericht. Wir sind dafür, wir haben auch im Lenkungsausschuss, der da eingerichtet wurde, dafür votiert. Wir erwarten uns vom Bundesminister, dass er bei diesem Lenkungsausschuss über sein Ministerium entsprechende Ansätze und Vorschläge entwickelt, damit man das – 2012 ist das „Europäische Jahr für aktives Altern“ der Europäischen Union – entspre­chend vorlegen kann; denn eines kann nicht passieren: dass dieser Lenkungsaus­schuss eine zweite Kommission zur Sicherung der Pensionen wird. Da stellen wir uns andere Vorgehensweisen vor.

Herr Kollege Cap, weil Sie gestern gesagt haben, man muss auch den Mut zur Selbst­kritik aufbringen, darf ich daran erinnern – Sie und auch Herrn Kollegen Bartenstein, der jetzt leider nicht herinnen ist –: Bei jeder sozialen Frage werden die Freiheitlichen kritisiert, dass das Geld kostet und wie wir das finanzieren wollen. Deshalb darf ich Sie erinnern: Wir haben beim Pensionsinstitut Wien in den letzten zwei Jahren 84 Millio­nen € in den Sand gesetzt! (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 209

Der Rechnungshof hat das festgestellt. Das Sozialministerium hat vor drei Jahren 64 Mil­lionen € zugeschossen, um dieses Institut wieder halbwegs auf die Füße zu stellen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Hundstorfer.) Man stelle sich vor, dieses Institut hat drei vollzeitäquivalente Angestellte, und die Pensionsversicherungsanstalt hat 6 100 Mitarbeiter, und dieser Direktor vom Pensionsinstitut verdient 1 500-mal mehr als der von der Pensionsversicherungsanstalt! Das passt einfach nicht mehr zusam­men, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Bundesminister Hundstorfer, seit 2008 hat dieses Institut keinen Deckungsver­merk mehr, und trotzdem wird dahingewurschtelt und Geld verschleudert – die Men­schen sehen das nicht mehr ein.

Die Menschen bekommen statt 400 € Zusatzpension jetzt 200 €. Der Staat haftet nicht für diese armen Teufel, aber wir haften für Griechenland, Portugal und für alles Mögli­che! Sie sagen uns permanent, es ist für nichts Geld da. Da frage ich Sie doch: Was wird hier mit unserem Geld passieren?

Ich erwähne auch die Situation der Stadt Linz, sozialdemokratisch regiert. Herr Cap! Wir haben das Problem, dass die Stadt Linz beziehungsweise die SPÖ geglaubt hat, das Budget sei ein Wettbüro. Man hat bei einem Budget von 550 Millionen € 264 Mil­lionen € in den Sand gesetzt! Die Stadt Linz ist aufgrund dieser Politik der SPÖ pleite!

Sagen Sie uns nicht, wir hätten kein Geld! Wir haben Geld, nur brauchen wir verant­wortungsvolle Politiker, die damit auch vernünftig umgehen! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

19.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Königsber­ger-Ludwig. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.49.19

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ganz kurz zu den Ausführungen des Herrn Kolle­gen Neubauer zum Pensionistenpreisindex. Da sind wir gegen einen eigenen Index, das haben wir auch im Ausschuss so besprochen. Kollege Weninger wird noch ge­nauer darauf eingehen.

Betreffend den Seniorenbericht freut es mich, dass wir einen Antrag im Ausschuss beschlossen haben, der auf dieser Expertenkommission aufbaut, die den Bericht für den Bundesplan für SeniorInnen vorlegen wird, dass wir diesen hier im Nationalrat zur Kenntnis gebracht bekommen werden, und dass wir natürlich auch die Erkenntnisse aus diesem Seniorenplan in das nächste Jahr, das „Europäische Jahr für aktives Al­tern“ sicherlich werden einfließen lassen können. Ich freue mich schon auf die Ergeb­nisse aus diesem Bericht. Auf die pünktliche Auszahlung der Pension wird auch Kolle­ge Weninger dann in einer späteren Wortmeldung noch eingehen.

Ich möchte noch ganz kurz auf einen Antrag der Grünen betreffend die Aufhebung des willkürlichen Deckels bei der Pensionserhöhung im ASVG-Bereich eingehen und möchte dazu anmerken, dass dieser Antrag inhaltlich nicht mehr stimmt, weil die Über­gangsbestimmung aus dem § 634, auf den sich dieser Antrag bezieht, im Jahr 2010 zum letzten Mal zur Anwendung gekommen ist, und dass natürlich – das war so im Vorjahr – bei Pensionen über 2 310 € gar nicht erhöht worden ist. Diese Bestimmung hat aber auch nur im Vorjahr gegolten, und für 2012 müssen wir jetzt eben gemeinsam neue Pensionserhöhungen verhandeln und dann auch beschließen.

Ich denke, da sind wir wirklich alle gefordert, dass wir einerseits den Pensionistinnen und Pensionisten eine angemessene Pensionserhöhung zukommen lassen, auf der an­deren Seite aber – und das ist auch eine der großen politischen Zukunftsherausforde­


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rungen – müssen wir einfach darauf achten, dass die Pensionen auch in Zukunft gesi­chert sind und dass vor allem auch die Pensionistinnen und Pensionisten der Zukunft darauf vertrauen können, dass sie eine ausreichende Existenz- und Lebensstandardsi­cherung haben werden.

Uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es auch ganz besonderes wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir für die erste Säule, nämlich für die staatliche Pension, eintreten, die auf dem Umlagesystem aufbaut, und dass das für uns die wichtigste Säule auch in Zukunft bleiben wird. Natürlich stehen wir auch für die zweite und dritte Säule. Sie können aber nur ergänzen und aus unserer Sicht keinesfalls ersetzen.

Wir müssen daher in Zukunft darauf achten, dass die Finanzierbarkeit der Pensionen sichergestellt ist, und da können wir natürlich an mehreren Schrauben drehen. Wir ken­nen ja die unterschiedlichen Diskussionen, wie man die Pensionen in Zukunft sichern kann. Eine ist für uns keine optimale Schraube, und auch der Herr Bundesminister hat in der letzten „Pressestunde“ wieder betont und beteuert, dass es nicht eine Anhebung des Pensionsantrittsalters sein kann, sondern wir und vor allem auch der Herr Bundes­minister sind der Meinung, dass wir vor allem die Beschäftigungsquote steigern müs­sen, und zwar die Beschäftigungsquote in allen Bereichen, bei Frauen, bei Männern und ganz besonders auch bei älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Wir alle wissen, dass ein Jahr länger im Erwerbsleben 1 Milliarde € im Pensionssystem einspart.

Geschätzte Damen und Herren, das sind unvorstellbare Beträge, und auch Professor Felderer hat das in einem „Standard“-Interview als die Königsstrategie bezeichnet, dass wir einfach danach trachten müssen, dass das tatsächliche Antrittsalter auch an das gesetzliche Pensionsantrittsalter angepasst wird.

Wir wissen, dass im Moment die Männer mit 59 Jahren in Pension gehen und die Frau­en mit 57 Jahren. Wenn man die Invaliditätspension herausrechnet, gehen die Männer mit 62,5 Jahren in Pension. Das ist die zweitniedrigste Zugangsrate im OECD-Bereich. Da gilt es einfach, wirklich daran zu arbeiten, dass Menschen länger und gesünder im Arbeitsprozess bleiben können. Wir wissen nämlich auch, dass ein Drittel der Neuzu­gänge in das Pensionssystem – und das sind immerhin zirka 30 000 Menschen im Jahr – aus der Invaliditätspension in die Pension gehen.

Wir müssen daher – wie schon gesagt – Menschen länger und gesünder im Erwerbs­leben halten. Es gibt da ja schon Bemühungen und auch Erfolge seitens des Ministe­riums. Ich möchte nur die Programme „Fit2Work“ nennen oder auch die „Gesundheits­straße“ oder auch den Antrag beziehungsweise den Beschluss, den es schon gibt, dass eine Reha vor I-Pension zu setzen ist. Ich denke, mit all diesen Dingen werden wir dem Ansinnen ein Stück näherkommen.

Wir müssen auch danach trachten – und diese Bitte richte ich auch an die Wirtschafts­vertreter –, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer die Menschen nicht freiset­zen oder in die I-Pension drängen, wenn sie älter werden oder wenn sie kränker wer­den, denn ich denke, das ist eine Doppelbotschaft, und zwar eine sehr unfaire, ironi­sche Botschaft, wenn man einerseits immer sagt, man muss das Pensionsantrittsalter anheben, während wir auf der anderen Seite alle wissen, dass Unternehmerinnen und Unternehmer ältere ArbeitnehmerInnen oftmals ungerechtfertigt freisetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.54.29

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Liebe Frau Kollegin Königsber­ger-Ludwig! Diese Argumentation kann ich überhaupt nicht gelten lassen, und da wer­


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de ich wirklich grantig, wenn uns jetzt zu einem Antrag, den wir vor zwei Jahren einge­bracht haben, gesagt wird: Tut mir leid, durch Zeitablauf hat sich das inzwischen erle­digt. So geht es nicht. Also wenigstens in der Argumentation sollten Sie sauber sein, beziehungsweise hat mich die Argumentation selber ja auch noch nicht überzeugt. Dass Sie sagen, wir müssen auch auf die Pensionen der Zukunft schauen, das unter­streiche ich auch. Aber was heißt denn das? Dass wir bei der nächsten Pensionserhö­hung dann doch wieder mit einem Deckel konfrontiert werden? Das war zumindest he­rauszuhören.

Worauf wir mit diesem Antrag, der ja jetzt schon gut abgelegen im Ausschuss mehr­mals vertagt wurde – und das war nicht unsere Schuld, sondern das war Ihre Schuld, die Schuld der Regierungsparteien –, hinweisen wollten, ist, dass wir für ein einheitli­ches Pensionssystem für alle sind. In diesem Pensionssystem kann es aber dann nicht die Besseren und die Schlechteren geben. Für die einen machen wir noch eine Er­höhung, und für die anderen, wenn sie 1 500 € haben oder wenn sie 800 € haben ... Es waren ja jedes Jahr unterschiedliche Grenzen!

Wir sind der Meinung, das muss leistbar sein, ein Pensionssystem so zu organisieren, dass es eine ausreichende Mindestpension und eine Höchstpension, die nicht zu deut­lich über der Niedrigstpension liegt, garantiert. Wenn Sie das nicht garantieren kön­nen – und das konnten Sie jetzt über zehn Jahre oder fast zehn Jahre nicht garantie­ren, indem willkürliche Grenzen eingeführt wurden –, dann haben wir ein Problem, näm­lich mit der Glaubwürdigkeit insgesamt.

Wir sind für das öffentliche Pensionssystem. In dem Sinn auch: Danke, Herr Bundes­minister, auch wenn der Vorschlag offensichtlich schon wieder erledigt ist durch die ÖVP, was ich bedaure, danke für den Vorstoß in Richtung Zukunftsvorsorge!

Es kann ja nicht so sein, dass man den Leuten bei der Zukunftsvorsorge und bei jeder privaten Altersvorsorge wirklich das Blaue vom Himmel herunter verspricht, während die Realität natürlich eine völlig andere ist. Und selbstverständlich ist ein gut organisier­tes öffentliches Pensionssystem noch immer zehnmal besser als ein nicht nur nicht schlecht, sondern ein einigermaßen gut geführtes privates Altersvorsorgesystem. (Bei­fall bei den Grünen.)

Wenn für das, was sich da Herr Grasser & Co mit der privaten Zukunftsvorsorge haben einfallen lassen, damit es überhaupt irgendwie herzeigbar ist, der Staat noch in die Ta­sche der Steuerzahler greifen muss, um zu sagen, das Produkt ist herzeigbar, auch wenn das, wenn man diese staatliche Förderung herausrechnet, überhaupt nicht der Fall ist, dann muss ich sagen: Weg damit! Weg mit jeder staatlichen Förderung! (Beifall bei den Grünen.)

Eine ÖVP, die sagt: Nein, nein, das ist schon sinnvoll, das gehört sich so, das wollen wir auch in Zukunft!, sollte sich das überlegen. Die sollte sich überlegen, ob sie diesen Weg weitergehen will. Ich halte es nicht für sinnvoll.

Zum Abschluss sage ich nur eines: Pensionistenpreisindex. Die Debatte führen wir jetzt wirklich schon zum 746. Mal. Diese Pensionistenpreisindex-Debatte hat sich erle­digt. Das kann doch niemand mehr nachvollziehen – das an die Adresse der FPÖ –, dass Pensionisten irgendwie quasi die ärmsten Schichten der Republik sind. Nein, es gibt dort genauso gut Verdienende und schlecht Verdienende. Da muss man sich et­was einfallen lassen, wie man diese unterschiedlich behandelt. Aber ich kann ja nicht hergehen und sagen: Jeder Pensionist mit 10 000 € ist dem mit 600 € oder 500 € gleich­zustellen! – Genau das tun Sie aber mit dem Antrag, und das ist unsinnig. (Beifall bei den Grünen.)

19.58



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 212

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.58.45

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Nach einer sehr langen Debatte sind wir wieder beim zentralen oder beim Lieblingsthema vieler Österreicher angelangt, das sind die Pen­sionen. Ich denke, das ist eine ganz wichtige Sache, und ich weiß auch durch langjäh­rige Erfahrung, dass jeder sein eigenes Modell hat. Ein Großteil der Modelle artet da­hingehend aus, dass jeder mehr geben will und jeder etwas versprechen möchte.

Ich erinnere mich noch an die Debatten, die wir hier in den Jahren 2003 und 2004 ge­führt haben. Damals schon haben wir begonnen, erste Korrekturen zu setzen, um die ganze Entwicklung vernünftig steuern zu können. Das war nicht einfach, aber ein Be­ginn war gesetzt.

Wir haben in der letzten Sozialausschuss-Sitzung eine Reihe von Oppositionsanträgen beraten, und ich möchte auf den Kollegen Wöginger Bezug nehmen, der die Opposi­tionsparteien eingeladen, ja geradezu ersucht hat – ich mache Ihnen nicht die Freude, dass ich sage, gebeten hat –, von der Wiedervorlage von Anträgen doch einmal Ab­stand zu nehmen.

Es ist richtig, dass Sie Anträge bringen, und es ist auch klar, dass Sie die nachhaltig diskutieren, aber es ist wirklich nicht ermunternd, wenn in einem Intervall von ein paar Monaten immer wieder gleichlautende Anträge kommen. Gehen wir auf die Dinge ein, so wie sie sind, und diskutieren wir sie in der Art und Weise, wie es das Thema eben verlangt!

Wenn heute hier von einem doppelbödigen Spiel gesprochen und auf meine Partei Bezug genommen wurde, dann weise ich das zurück. Ich sage Ihnen, für mich ist es eine bewundernswerte Wendigkeit, wenn ich am Vormittag beim Finanzrahmengesetz höre, wie man überall sparen muss und was alles schlecht ist, und am Abend ist dann wieder alles zu wenig, am Abend gehen wir wieder alle dorthin, wo es uns gerade ge­fällt. Meine Damen und Herren, das, bitte, ist keine Politik! (Beifall bei der ÖVP.)

Dazu werden Sie auch nicht unsere Zustimmung bekommen, und deshalb haben wir auch dem Antrag des Herrn Kollegen Neubauer die Zustimmung nicht geben können. Ich habe Verständnis, dass er in den Pensionistenpreisindex verliebt ist, das darf er sein. Wir teilen diese Meinung nicht, wir haben auch im letzten Jahr wieder eine andere Form der Pensionsanpassung praktiziert, die unteren Pensionen etwas stärker, im Mit­telbereich merkbar und im oberen Bereich haben wir einfach auf null hingezielt. Es war nicht leicht, das den Menschen zu erklären, dennoch haben wir 335 Millionen € ausge­geben. Bitte, denken Sie auch einmal diese Summe durch. Ich glaube, dass wir dieses Mal klar entschieden haben, indem wir gesagt haben, diese Dinge diskutieren wir nicht weiter.

Die Frage eines einheitlichen Pensionssystems, Herr Kollege Öllinger, kann man, den­ke ich, nicht in der Kürze diskutieren. Da muss man fragen: Was meinen Sie? Welches System meinen Sie? Ich habe auch von Ihnen schon sehr viele gehört.

Auch was diese Deckelfrage anlangt, haben Sie mit unserer Zustimmung nicht zu rech­nen, weil wir den Antrag als solches nicht nur für unzureichend halten, er ist auch an Jahren schon entsprechend reif, denn 2009 ist er eingebracht worden. Ich denke, dass wir uns heute das letzte Mal mit diesem Antrag beschäftigen müssen. Er findet unsere Zustimmung nicht.

Ich komme nun zum Kollegen Neubauer, der darauf Bezug nimmt, dass die Auszah­lung der Pensionen pünktlich und fristgerecht zu erfolgen hat. Da kann man sagen, das


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gelingt im Großen und Ganzen. Es gab vor einiger Zeit ein Problem bei einigen Ban­ken. Das hat der Herr Bundesminister in der Ausschusssitzung, glaube ich, eindeutig und nachhaltig erklärt. Man wird sich bemühen, dass solche Pannen nicht mehr vor­kommen. Ich glaube, dass der Antrag als solches zu viel Gutmeinung beinhaltet, ein­fach überflüssig ist und eher vielleicht eine Frage in Richtung Konsumentenschutz in Bezug auf die Banken sein könnte. Wir können Ihnen auch hier nicht die Freude ma­chen, zuzustimmen.

Der Antrag bezüglich Bericht über die Lebenssituation älterer Menschen hat schon sehr viel Richtiges in sich, denn es ist wichtig, dass wir auch das Leben der älteren Men­schen kritisch hinterfragen. Pension alleine ist nicht das Glücksempfinden der älteren Menschen. Da gibt es sehr viel Armut, da gibt es Krankheit, da gibt es Probleme, Kom­munikationsmängel und dergleichen mehr. Wir glauben aber, dass wir in diesem Land und in unserer schönen Republik bereits sehr viele Berichte haben. Wir meinen des­halb, dass man diesem Thema die entsprechende Beachtung geben wird und geben muss, dass aber ein Bericht über die Lebenssituation älterer Menschen einfach auch im Sozialbericht Platz finden könnte und wird.

Wir haben deshalb auch einen Entschließungsantrag eingebracht, worin wir den Herrn Bundesminister ersuchen, dass er im Rahmen seiner Arbeit nach Abschluss der der­zeit laufenden Beratungen des Bundesseniorenbeirates den Bundesplan für Seniorin­nen und Senioren dem Nationalrat zur Kenntnis bringt, sodass wir dann auch über die­se Frage in entsprechender Weise diskutieren können. (Beifall bei der ÖVP.)

20.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Do­linschek. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.04.33

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Hinsichtlich des Europäischen Jahres für aktives Altern 2012 sollte meiner Meinung nach – und ich bin auch froh, dass es hier breiten Konsens in den einzelnen Fraktionen gibt – wieder ein Seniorenbericht erstellt und veröffentlicht werden, der Aus­kunft über die Probleme und die Situation älterer Menschen gibt.

Wenn wir, was die Pensionsanpassung nach dem Pensionistenpreisindex betrifft, hier eine Extrawurst braten, wie sie auch der Seniorensprecher der ÖVP, Khol, fordert, so erinnere ich mich daran, dass er, als er hier der Vorsitzende im ÖVP-Klub, der Klubob­mann war, so etwas nie zugelassen hätte, denn das birgt natürlich die Gefahr in sich, dass dann die Behinderten einen Behindertenpreisindex wollen, dass andere Berufs­gruppen und Altersgruppen auch andere Berechnungen haben wollen, wie zum Bei­spiel bei der Familienbeihilfe, beim Pendlerpauschale, beim Pflegegeld, bei der Vignet­te und so weiter und so fort. Deswegen sollte man hier einen einheitlichen Index haben und sich auch danach richten, also nichts extra.

Was überhaupt das Pensionssystem oder die Pensionserhöhungen in Österreich be­trifft, kann ich eines sagen: Ein einheitliches Pensionssystem für alle, wie Kollege Öllin­ger es vorher erwähnt hat, mit Mindestpension und Höchstpension, genau das gehört her. Genau das ist auch in meinem Sinn. Aber wenn ich mir das so anschaue – ich ha­be das auch schon das letzte Mal im Sozialausschuss gesagt –: Da meint die Frau Bundesminister Mikl-Leitner in einer Presseaussendung, die Hackler-Pension soll man frühzeitig beenden, der Kollege Wöginger sagt, 45 Jahre sind genug. Ich frage den Kol­legen Bartenstein: Wie schaut es bei euch da eigentlich aus? Sagt er: Ja, wir sind eine sehr diskussionsfreudige Partei. – Na, viel Vergnügen, wenn die rechte Hand nicht weiß, was die linke will. (Abg. Riepl: Wofür bist denn du?) – 45 Arbeitsjahre sind ge­nug, Herr Kollege.


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45 Beitragsjahre sind genug, und ich bin froh, dass die Frau Kollegin Königsberger-Ludwig heute eines angesprochen hat. Am niedrigen faktischen Pensionsantrittsalter ist nicht die Hacklerregelung schuld oder die Langzeitversichertenregelung, was es ja eigentlich ist, sondern andere Sachen wie die Invaliditätspension, häufige Krankheit der Leute in der Zeit und so weiter. Dazu gehören auch gewisse Privilegien, die haben Sie nicht angesprochen. Da gibt es privatrechtliche Verträge verschiedener Institutio­nen in Österreich, und die gehören auch geändert, damit wir ein einheitliches System haben.

Die staatliche Vorsorge muss einmal ausreichen, um den Lebensstandard für den Großteil der Leute zu sichern. Ich bin immer für eine zweite und für eine dritte Säule gewesen, aber grundsätzlich muss einmal die staatliche Vorsorge dafür aufkommen, dass die auch ausreicht für den Lebensabend. Aber heute habe ich einen Antrag der SPÖ-ÖVP-Koalition gesehen, der die Bürgermeister betrifft. Bürgermeister, die nach ASVG versichert sind, dürfen ja, wenn sie in Frühpension sind, nur bis zur Geringfügig­keitsgrenze dazuverdienen, jene, die im Ruhestand sind und eine Beamtenpension ha­ben, dürfen dazuverdienen, soviel sie wollen. Das soll jetzt geändert werden bis zum Sommer, da sollen sozusagen neue Privilegien für die Kommunalpolitiker geschaffen werden, indem jeder Kommunalpolitiker bis zu 4 000 € dazuverdienen darf. Da schaf­fen wir neue Privilegien. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Schaffen wir doch die Privilegien ab! Ein einheitliches Pensionssystem für alle! Aber das ist ja der größte Wahnsinn. Das ist ein Schritt zurück. (Beifall beim BZÖ.)

20.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesmi­nister Hundstorfer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


20.08.30

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dolin­schek, es geht da nicht um Privilegien, sondern es geht schlichtweg darum, Demokra­tie auch erlebbar zu machen für Menschen, die mit 62, die mit 63 in Pension gehen und zufälligerweise im ASVG versichert sind. Darum geht es. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dolinschek.)

Nein, sehr geehrter Herr Abgeordneter, es betrifft nämlich auch Bürgermeister Ihrer Partei. Sie kommen aus einem Bundesland. Reden Sie bitte mit Bürgermeistern, ein paar habt ihr ja, reden Sie mit denen. Im Gegensatz zu Ihnen habe ich diese Debatten schon geführt in Kärnten. Schauen Sie sich das einmal an und besprechen Sie das.

Es geht nicht darum, Privilegien zu schaffen, sondern es geht schlicht darum, zu er­möglichen, dass 62-, 63-Jährige, die nicht zufälligerweise Lehrer sind, die nicht zufälli­gerweise Polizisten sind, sondern Arbeiter und Angestellte sind, aber eine Funktion als Bürgermeister haben, das fertigmachen können. Das ist einmal Punkt eins, denn ich bin der Letzte, der für neue Privilegien zur Verfügung steht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hörl: Er hat keine Ahnung von der Praxis!)

Herr Abgeordneter Neubauer ist leider nicht hier. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Er hat es mir gegenüber im Small Talk schon selbst klargestellt, dass er sich im Eifer des Gefechtes geirrt hat. Es wurde nicht vor drei Jahren nachgeschossen, sondern vor zwölf Jahren. Er ist selbst draufgekommen, dass er sich geirrt hat.

Um zu erklären, warum Sie überhaupt einen Rechnungshofbericht über das PI Wien in der Hand haben, darf ich noch ein bisschen hinter die Kulissen blicken lassen. Der Auftrag wurde gemeinsam vom Finanzressort und von mir erteilt, damit das PI Wien und das PI Linz entsprechend vom Rechnungshof geprüft werden, damit wir – das Fi­


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nanzressort und ich – auch gemeinsam darstellen können, wie wir weiter vorgehen. So viel zu dieser Sache.

Im Eifer des Gefechtes kann es bei einer Wortmeldung schon vorkommen, dass man ein paar Zahlen verdreht. (Ruf bei den Grünen: Ja, ziemlich!) Wenn Herr Abgeordneter Neubauer durchgerechnet hätte, was er hier dargestellt hat, wie viel der leitende Ange­stellte des PI Wien verdient, so wäre das ein Monatseinkommen von 15 Millionen €. Ich glaube, da ist im Eifer des Gefechtes etwas passiert. Wir werden das dann gemeinsam noch aufklären. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter We­ninger zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.11.31

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Sozialminister! Herr Prä­sident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Strache! Kollegin Glawischnig! Kollege Bucher! Ich darf die Debatte für einige Anmerkungen zu zwei Anträgen der FPÖ aus dem Sozialausschuss nutzen. (Ruf bei der SPÖ: Wo sind denn die schon wieder?)

Ein Antrag beschäftigt sich mit der pünktlichen Auszahlung der Pensionen. Das klingt natürlich sehr populär, wenn man es in Zeitungen schreibt und bei Versammlungen er­zählt. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Tatsächlich hat es im Vorjahr bei zwei Banken kurzfristig technische Probleme gege­ben. Der Herr Bundesminister hat im Sozialausschuss ausführlich über die Gespräche mit den entsprechenden Banken berichtet und auch begründet, warum es wegen eines einmaligen technischen Serverproblems nicht notwendig ist, ein Bundesgesetz zu än­dern.

Wenn man den Antrag genau liest, sieht man, es würde am technischen Ablauf in Wirk­lichkeit nichts ändern, wenn man die Pension statt am 1. des Monats am 31. – oder am Letzten – des Vormonats anweist. Die Fälligstellung der Bank erfolgt immer an diesem Tag im Laufe des Vormittags. Das heißt, die Wertstellung würde nur um einen Tag nach hinten geschoben werden.

Ich sage ganz offen: Wenn Herr Generaldirektor Treichl wirklich glaubt, dass er so ge­scheit und so mutig ist, wie er das formuliert hat, dann soll er sich darum kümmern, dass derartige Probleme bei der Erste Bank nicht mehr vorkommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum zweiten Antrag: Ich kann mich dem Kollegen Öllinger nur anschließen. Die ewige Diskussion über den Pensionistenpreisindex ist in Wirklichkeit nur ein Thema, mit dem man vielleicht in der Öffentlichkeit bei den Pensionisten ein bisschen punkten kann. (Zwi­schenruf des Abg. Kickl.) Tatsache ist, dass ein Pensionistenpreisindex genauso we­nig sinnvoll ist wie andere Indizes. Es gibt „den Pensionisten“ oder „die Pensionistin“ einfach nicht, genauso wenig wie es „die Jugend“ oder „die Familien“ gibt.

Es gibt unterschiedliche Lebensformen, unterschiedliche soziale Standards. (Abg. Kickl: Eigentlich ist ein jeder ...!) Es gibt Pensionistenfamilien, in denen beide Partner eine sehr hohe Pension haben, es gibt alleinstehende Pensionisten mit einer sehr geringen Pen­sion. Es kann nicht an Mechanismen, an mathematischen Formeln festgemacht wer­den, sondern die Erhöhung der Pensionen ist eine politische Entscheidung.

Ich möchte auch daran erinnern, wie in der Zeit ab 2000 mit diesen Pensionen umge­gangen wurde, denn manchmal ist das Gedächtnis relativ schlecht. Ich erinnere an die Debatte über die Pensionsautomatik, als sich die Politik aus der Verantwortung verab­schieden wollte, die Festsetzung der Pensionen politisch zu entscheiden. Das hätte ein Computer machen sollen.


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Im Nachhinein betrachtet wäre es bei dieser Konstellation vielleicht gescheiter gewe­sen, ein Computer hätte das gemacht und nicht diese Koalition. Aber tatsächlich ist von Herrn Grasser, damals noch FPÖ, vom Übergenuss der Pensionen gesprochen wor­den. Es gab dann 0,5 Prozent Pensionserhöhung. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Pensionistinnen und Pensionisten haben sich das sehr gut gemerkt.

Eine letzte Anmerkung, weil in den letzten Tagen immer wieder Dänemark als Muster­beispiel für rechtspopulistische Politik angesprochen wurde, weil die dänische Bevölke­rung mit neuen Grenzbalken vor den sogenannten Einwanderern geschützt werden soll: Wissen Sie, was diese Regierung als Erstes gemacht hat? – Sie hat das Pensionsan­trittsalter auf 67 Jahre erhöht. Das ist die Politik rechtspopulistischer Parteien ohne so­zialer Verantwortung. (Beifall bei der SPÖ.)

20.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwentner zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.15.36

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Ich freue mich zumindest über einen kleinen Teilerfolg unseres Antrages. Er hat nämlich zu einem Antrag der Regierungsparteien geführt, dass dem Nationalrat – hoffentlich demnächst – zumindest ein Umsetzungsplan oder Bundesplan zum Bericht über die Situation von Seniorinnen und Senioren zur Kenntnis gebracht wird.

Eines fehlt mir nämlich in Ihrem Antrag: Der genaue Zeitplan, bis wann das geschehen wird. Es wäre interessant, das zu wissen, weil ich glaube, dass das ein sehr wichtiges Kapitel ist. Wir wissen, dass der letzte SeniorInnenbericht im Jahr 2000 vorgelegt wur­de. Das heißt, es hat sich in den letzten elf Jahren, gerade was die Situation von älte­ren Menschen in Österreich anbelangt, sehr, sehr viel geändert.

Insofern wäre es an der Zeit und sehr wichtig, dass es wieder einen Bericht gibt, be­sonders im Hinblick darauf, dass wir nächstes Jahr – das wurde auch schon mehrmals erwähnt – das Europäische Jahr des aktiven Alterns haben. Es wäre gut, dann mit neuen Daten und Fakten arbeiten zu können, was die österreichische Situation anbe­langt. Aber wenn eben zumindest teilweise so etwas geschieht, dann freuen wir uns oder sind zumindest einmal zufrieden. (Beifall bei den Grünen.)

Trotz der demographischen Entwicklung Österreichs sind viele Bereiche des Alterns tabu. Ich selbst bin erst draufgekommen, dass der alte Bericht so alt ist, weil ich mich mit der Situation von älteren Frauen in Österreich beschäftigt habe. Wie Sie wissen, ist nicht nur Armut weiblich, sondern auch das Alter. Man kann daraus schließen, dass auch Armut im Alter weiblich ist. Fast jede dritte alleinstehende Pensionistin in Öster­reich ist armutsgefährdet.

Im letzten SeniorInnenbericht wurde gerade das Kapitel Frauen – die Situation von Frauen – nicht entsprechend berücksichtigt, und es wäre in diesem Zusammenhang wichtig, mehr darüber zu erfahren, vor allem auch was den Umsetzungsplan anbelangt.

Sie von der FPÖ werden das nicht so gerne hören: Auch Menschen mit Migrations­hintergrund werden älter, und sie sollten in Österreich auch entsprechend berücksich­tigt werden. Zum Thema Gastarbeiter – jene Menschen, die als Gastarbeiter zu uns ge­kommen sind; Sie haben das Thema im vorigen Tagesordnungspunkt erwähnt – möch­te ich Ihnen einen Filmtipp geben, nämlich „Almanya“.

Der Film handelt von einer Familie, die in den siebziger Jahren nach Deutschland ge­kommen ist, und endet mit einem Zitat von Max Frisch, das lautet:

Wir haben sie als Gastarbeiter gerufen, und sie sind als Menschen gekommen.


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Das vergessen Sie allzu oft. (Zwischenruf des Abg. Dr. Strutz. – Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich wollte Sie daran erinnern und Ihnen den Film empfehlen. (Beifall bei den Grünen.)

Auf einen Punkt möchte ich noch gerne hinweisen: Österreich ist eines der wenigen Länder in Europa, die noch immer keinen Lehrstuhl für Geriatrie haben. Auch darauf muss man hinweisen und es in diesem Zusammenhang wieder einmal einfordern, weil es sehr wichtig wäre, sich das anzuschauen. Ein weiteres Beispiel sind Menschen mit intellektuellen Behinderungen, die noch immer keine Sozialversicherung haben und deswegen auch bald Probleme bekommen, was die Pension anbelangt. – Danke. (Bei­fall bei den Grünen.)

20.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.19.14

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf noch kurz zu drei Anträgen Stellung neh­men, die sich mit dem Thema Pensionen beschäftigen.

Zum Ersten der schon viel diskutierte Pensionistenpreisindex. Meine Damen und Her­ren! Wenn wir über einen Index für Pensionisten sprechen, dann müssten wir auch über einen Index bei den Familienleistungen, bei der Pflegeleistung, für die Jugend, für die Pendler reden – für alle Bereiche, in denen wir Leistungen haben. (Zwischenruf bei den Grünen.) Deshalb ist diese Diskussion unnötig und nicht nachvollziehbar, und sie ist auch ungerecht, weil man nicht eine Klientel herauspicken oder herausgreifen kann. Das ist unsozial und ungerecht.

Zum Zweiten: Man sollte schon auch beachten, dass wir uns verständigt haben, auch in der Pensionssicherungskommission, dass die Inflationsrate abgegolten wird. Das wur­de in den letzten Jahren eingehalten – zwar mit Deckel, darauf komme ich dann noch zurück, aber das war das Grundprinzip.

Wenn hier ein Pensionistenpreisindex angewendet werden würde, würden wir von 1, 2 oder 3 Prozent mehr an zusätzlicher Pensionserhöhung reden. Meine Damen und Her­ren! 1 Prozent kostet uns alle gemeinsam – und auch den Steuerzahler – rund 370 Mil­lionen €. 370 Millionen €! – Und wir diskutieren hier seit eineinhalb Stunden Anträge, die wir abgelehnt haben – was wir begründen –, mit einer Summe von rund 800 Mil­lionen €.

Das möchte ich abschließend von meiner Seite zu dieser Diskussion schon noch ein­bringen. Am Vormittag hatten wir die Diskussion um die Budgetkonsolidierung, die Dis­kussion um die Schulden, auch die Kritik der Opposition, vor allem der FPÖ, dass die Regierung nicht in der Lage sei, eine ordentliche Budgetpolitik zu machen. (Ruf bei der FPÖ: Stimmt!) Und am Abend haben wir Anträge, die wir nachhaltig und sorgfältig ab­lehnen, weil wir die 800 Millionen € einfach nicht haben (Abg. Dr. Strutz: Ihr schickt es ja nach Griechenland!) und weil es ungerecht gegenüber den nachkommenden Gene­rationen und auch gegenüber der Bevölkerung dieses Landes wäre, meine sehr geehr­ten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Antrag des Kollegen Öllinger, der den Deckel betrifft. Herr Kollege Öllinger! Du weißt, wir hatten in den letzten beiden Jahren – also 2009 und 2010 – einen Deckel. Im Jahr 2008 haben wir von unten nach oben angehoben. Der Deckel ist jetzt eigentlich ausgelaufen, nur hat es 2011 die budgetäre Situation erfordert, dass die Pensionsan­passung so gekommen ist, wie sie eben gekommen ist, mit einer Ausschleifregelung bis 2 300 €.


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Ich darf aber schon daran erinnern, dass das auch in den Jahren zuvor – auch unter der schwarz-blauen Regierung – gestaffelt angehoben wurde, was vor allem den Aus­gleichszulagenrichtsatz betroffen hat – einmal mit 4 Prozent, einmal mit 5 Prozent. Wir haben diesen Richtsatz stärker angehoben, um hier anzugleichen.

Ich glaube, insgesamt muss man auch die Allgemeinsituation mitbewerten – wie entwi­ckeln wir uns wirtschaftlich?, wie entwickeln wir uns budgetär? –, und dann wird über eine allfällige Pensionsanpassung 2012 natürlich zu reden sein, aber nach den Richtli­nien der Inflation.

Meine Damen und Herren! Es ist auch ein Antrag zu den Aufgaben der Kommission zur langfristigen Pensionssicherung dabei, dazu noch ein paar Anmerkungen: Wichtig ist, dass wir hinschauen und nicht wegschauen, auch beim Thema Pension. Die Pen­sionen mussten immer wieder weiterentwickelt werden. Das gilt auch für die Zukunft.

Das faktische Antrittsalter mit rund 58 Jahren ist einfach zu niedrig. Ob uns das freut oder nicht, das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Und wir brauchen Nachhaltigkeit im System, auch gegenüber den nachkommenden und jungen Generationen. Deshalb ist es wichtig, dass wir hier Anreizsysteme entwickeln – auch für längeres Arbeiten –, dass wir natürlich auch altersgerechte Arbeitsplätze in diesem Bereich haben – ich glaube, diese Diskussion müssen wir in der Zukunft schon führen –, und dass wir die Privilegien abbauen. Meine Damen und Herren! Bei all jenen, die unter 60 in Pension gehen, müssen wir hinschauen und nicht wegschauen, weil das ungerecht gegenüber jenen ist, die bis 61, 62 oder 65 Jahre arbeiten müssen.

Abschließend ein Wort zu den Privilegien, die angesprochen wurden. Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Wir alle sind hier Mandatare, und viele sind Regionalkreis­abgeordnete. Eines möchte ich hier schon sagen – als Basispolitiker und auch als Vi­zebürgermeister –: Unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister – egal, welcher Fraktion sie angehören – leisten wertvolle Arbeit im Sinne unserer Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Wenn wir hier eine Regelung treffen, die ihnen ein wenig hilft, dann ist das gut und richtig, und ich würde auch sagen, un­sere Aufgabe. (Beifall bei der ÖVP.)

20.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte. (Zwischenruf beim BZÖ.)

 


20.24.04

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Wir haben 19 Krankenversicherungen, fünf Pensionsversicherungen, vier Unfall­versicherungen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich glaube, Kollege Wöginger, eines hast du falsch verstanden. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Heute Vormittag haben wir das Bud­getrahmengesetz besprochen (Ruf bei der ÖVP: Bundesfinanzrahmengesetz!), und es ist darum gegangen, dass wir nicht Milliarden für Portugal, Griechenland oder Irland zur Verfügung stellen, sondern dass wir endlich einmal unsere Pflicht wahrnehmen und uns für die Belange unserer Bevölkerung einsetzen.

Herr Wöginger, diese 800 Millionen € mehr sind leicht einzusparen. Nehmen wir nur die Sozialversicherung der Bauern, bei der es neun Landesdirektoren mit Chauffeuren gibt. (Ruf bei der ÖVP: Billiger Populismus! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wenn wir nur diesen Aufwand dämmen, haben wir schon immense Einsparungen. (Bei­fall beim BZÖ.)

Wenn wir die Landwirte als Beispiel hernehmen: Die Landwirte arbeiten in ihrer aktiven Zeit 365 Tage im Jahr (Zwischenruf bei der SPÖ) – Sonntag, Feiertag, zu Ostern, zu Weihnachten; wenn Herr Präsident Donabauer schön feiert, arbeiten die Landwirtinnen


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und Landwirte im Stall, weil die Tiere auch an Sonn- und Feiertagen versorgt werden müssen. (Beifall beim BZÖ. – Ruf beim BZÖ: Jawohl!)

Ich glaube, wenn wir da nicht endlich richtige Reformen einleiten – die Sie wirklich mit Füßen treten und nur den Machterhalt im Auge haben –, dann sind wir auf dem fal­schen Weg. Ich glaube, das kann man ohne Emotion sehen.

Die nächste Ungerechtigkeit: Die Landwirtin/der Landwirt muss ihren/seinen Sozialver­sicherungsbeitrag aufgrund des Einheitswertes berechnen. Die Bauern sind dazu nicht mehr bereit. Die Bauern sagen: Wir sind bereit, wir führen Aufzeichnungen, wir bezah­len die Sozialversicherungsbeiträge wie jeder Unternehmer vom Einkommen, aber wenn uns die Politik die Rahmenbedingungen so schafft, dass wir kein Einkommen ha­ben, dann können wir auch relativ wenig leisten.

Ich glaube, das sollte ein Anreiz sein, das solltet ihr wirklich aufs Papier zu schreiben versuchen, dass ihr endlich die Landwirte vertretet. Zeit haben wir genug. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Die Landwirte, die von euch geschröpft werden, haben keine Zeit mehr. Wir haben mehr als genug Zeit. (Beifall beim BZÖ.)

Macht diese Reformen! Legt endlich einmal die Sozialversicherungen zusammen! Und vor allem: Nehmen wir die Einkommen der Landwirte als Bemessungsgrundlage für den Sozialversicherungsbeitrag und für den Pensionsversicherungsbeitrag! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Grosz und Mag. Stadler.)

20.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägigen Bestim­mungen der Geschäftsordnung und erteile ihm das Wort.

 


20.27.00

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die allergrößte Freude daran, aber ich muss Herrn Kollegen Huber tatsäch­lich berichtigen und vielleicht auch enttraumatisieren. (Zwischenruf des Abg. Huber.)

Die SV der Bauern ist die einzige Anstalt in Österreich, die bundesweit ...

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Donabauer, darf ich Sie kurz unterbre­chen. Sie müssen zuerst den Sachverhalt wiedergeben, den Sie berichtigen wollen. – Bitte.

 


Abgeordneter Karl Donabauer (fortsetzend): Herr Abgeordneter Huber hat hier ge­meint, dass die SV der Bauern eine Generaldirektion und neun Landesdirektoren hät­te. – Das stimmt nicht. (Zwischenruf des Abg. Huber.)

Wir haben einen Generaldirektor und einen Stellvertreter. Damit sind wir der einzige Bundesträger, der so organisiert ist. Landesdirektoren gibt es bei uns keine, das sind Regionalbüroleiter. (Abg. Grosz: Regionalbüroleiter! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) Ich weiß, worum es geht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt hat sich Herr Abgeordneter Grillitsch zu Wort gemeldet. 3 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


20.28.12

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Kollege Huber! Richtig ist das, was Karl Donabauer gesagt hat. (Zwischenruf beim BZÖ.) Bitte vorher genauer zu re­cherchieren und das hier im Hohen Haus auch richtig mitzuteilen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 220

Meine Damen und Herren! Wir stehen ja wirklich vor großen Herausforderungen – Mi­gration, Integration, und eine der größten ist wahrscheinlich die demographische Ent­wicklung. In Wirklichkeit erleben wir eine demographische Explosion, und daher ist es wichtig, dass wir uns wirklich intensiv damit auseinandersetzen, wie wir die Pensionen entsprechend sichern können.

Ich glaube, dass der Verbraucherpreisindex als Grundlage für die Anpassung der Pen­sionen eine richtige und gute Grundlage war (Zwischenruf des Abg. Zanger), die sich in den letzten Jahren bewährt hat. Daher, glaube ich, ist es nicht gut, wenn wir darüber nachdenken, einen Pensionistenindex einzuführen, weil es dadurch zu einer Verzette­lung und Zersplitterung kommen würde. Jede Berufsgruppe, jede Bevölkerungsgrup­pe – Frauen, Jugendliche und Behinderte – würde einen solchen Index einfordern.

Es macht auch einen Unterschied, ob ein Pensionist 60 oder 90 Jahre alt ist, meine Damen und Herren. Es wäre dann auch notwendig, verschiedene Indikatoren zu ver­wenden. Daher glaube ich, dass wir wirklich am Verbraucherpreisindex festhalten soll­ten. (Zwischenruf beim BZÖ.)

Die nächsten 20 oder 30 Jahre werden für die demografische Entwicklung ganz, ganz entscheidend sein, und wir wissen in Wirklichkeit nicht, wie wir dieses Problem lösen können. Wir wissen eines: Es wird immer mehr ältere Menschen geben – die Men­schen werden immer älter – und immer weniger jüngere. Daher wird das eine Riesen­herausforderung.

Meine Damen und Herren! 7 Prozent der Jugendlichen glauben heute an eine staatli­che Vorsorge. 52 Prozent der Jugendlichen erwarten zumindest Schwierigkeiten bei der eigenen staatlichen Pension.

Wir wissen, dass sich heute ein 70-Jähriger fühlt wie ein 50-Jähriger  geistig, biolo­gisch und nach medizinischem Stand. Vor nicht allzu langer Zeit haben Mitarbeiter nicht zur Arbeit gehen können, weil sie mit ihrem Kind zum Arzt gegangen sind. Was erleben wir heute?  Heute hat sich das Bild gedreht, weil Mitarbeiter mit Vater oder Mutter zum Arzt gehen müssen.

Das sind in Wahrheit die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen. Daher glau­be ich wirklich, dass es wichtig ist und wir auch verpflichtet sind, der älteren Generation langfristig ihre Pensionen zu sichern, dafür zu sorgen, dass es eine nachhaltige Pflege­finanzierung gibt und auch eine zukunftsorientierte Krankenkassenfinanzierung gesi­chert werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)

20.30

20.30.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin beziehungsweise der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1193 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1194 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 221

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1195 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit
und Soziales, seinen Bericht 1196 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantra­ges 951/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1196 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Bundesplan für Seniorinnen und Senioren.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 167.)

20.32.5016. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1476/A der Ab­geordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, BGBI. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010, geändert wird (1197 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 711/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berechnung der Witwen- und Witwerpensionen (1198 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zu den Punkten 16 und 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Kickl. 4 Minuten Redezeit sind einge­stellt, das ist auch die Restredezeit der Fraktion.  Bitte.

 


20.34.03

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich bei Kollegin Schwentner für den Fernsehtipp. Ich gebe ihr auch einen Tipp, nämlich sich einmal ein bisschen eingehender mit der Kategorie des Maßes zu beschäftigen. Maß herrscht dort, wo Qualität und Quantität eine Einheit bilden. Also, damit Sie es auch verstehen: Das ist dann, wenn durch eine quantitative Veränderung eine Veränderung des qualitativen Zustandes eintritt.

Das ist ein Problem, das im Bereich der Zuwanderung von Ihnen seit Jahren ignoriert wird. Aus unserer Sicht und aus der Sicht der österreichischen Bevölkerung ist das Maß in diesem Bereich überschritten, die Grenzen der Erträglichkeit sind erreicht. Sie werden es nie lernen, andere ignorieren diese Tatsache beharrlich. (Beifall bei der FPÖ.  Abg. MagWurm: Frauen die Welt erklären, das brauchen wir!)

Meine Damen und Herren, einige Worte zum Antrag, bezugnehmend auf die gleichge­schlechtliche Partnerschaft. Ich weise darauf hin, dass es die Freiheitliche Partei hier in diesem Hohen Haus war, die, glaube ich, Ende 2009 als einzige Partei geschlossen gegen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 222

die – in der ÖVP-Perspektivengruppe entwickelte, das darf man ja nicht vergessen! Homo-Ehe gestimmt hat.

Es ist wichtig, das festzuhalten, weil das genau zeigt, wie es wirklich um das fami­lienpolitische Profil der ÖVP bestellt ist  mit der Homo-Ehe – und weil es auch zeigt, was sozusagen wirklich geblieben ist vom Anspruch, wertkonservativ zu sein. Soviel übrigens auch zum politischen Erbe des Josef Pröll. Das ist seine Errungenschaft, mit der wird er in die Geschichte eingehen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich lege Wert darauf, das festzuhalten, nicht deshalb, weil es um irgendeine Form von Diskriminierung geht  die Sexualität ist Privatangelegenheit, da wollen wir uns gar nicht einmischen –, sondern deshalb, weil es etwas ganz anderes ist, wenn ich vonsei­ten der Gesellschaft eine Art und eine Lebensform mit einem besonderen Prädikat, mit einer besonderen Wertschätzung auszeichne. Für uns ist es immer noch die Bezie­hung zwischen Mann und Frau, die diese Wertschätzung der Gesellschaft verdient. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Ich weiß schon, dass das insbesondere die Grünen nicht wollen, das hört aber auch die SPÖ nicht wirklich gerne, denn wenn ich von Mann und Frau rede, kann ich auch von Vater und Mutter reden. Das sind Vokabeln, die von Ihnen ganz gerne nach hinten gedrängt werden. Wir bekennen uns dazu, dass Mann und Frau auch Vater und Mutter heißt und dass das etwas ist, das gesellschaftliche Anerkennung verdienen muss, mei­ne Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben übrigens schon damals  und das ist auch noch wichtig  davor gewarnt, dass mit dieser Einrichtung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft ein Türöffner ins­talliert wird; und jetzt sehen wir, dass wir recht behalten haben, weil der Zug in Rich­tung Adoption schon abgefahren ist. Das ist genau das, was vonseiten der Frauenpro­pagandaministerin auch getrommelt wird: Adoption zunächst im Stiefkindbereich, dann kommen wir zu den eigenen Kindern, und am Ende wird noch die künstliche Befruch­tung stehen  zumindest bei einer Variante der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. (Abg. Grosz: Und wie geht das bei der zweiten?)

Meine Damen und Herren, was die Forderung der Grünen betrifft, Übergangsregelun­gen für gleichgeschlechtliche Partnerschaften dahin gehend einzuführen, dass sozusa­gen rückwirkend über den Zeitpunkt der Einführung hinaus Zeiten der Partnerschaft an­gerechnet werden, sage ich Ihnen zum einen, dass wir logischerweise nach unserer grundsätzlichen Ablehnung dieses Instituts auch da dagegen sind.

Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, wie das praktisch funktionieren soll, denn wenn Sie das irgendwie überprüfen wollen, dann wird das ja unterm Strich damit enden, dass Sie es de facto auch jedem geben müssen. Das ist ja die logische Konsequenz, weil es gar nicht anders überprüfbar wäre. Wie wollen Sie den Nachweis überhaupt jemals führen?!

Was mich aber an dieser Forderung viel, viel mehr stört, meine Damen und Herren, ist die Tatsache, dass wir es mit einer Diskriminierung jener zu tun haben, die eben nicht homosexuell sind. Wir haben ja viele Partnerschaften, aber manchmal, wenn man die Diskussionen hier im Hohen Haus betrachtet, müsste man ja fast zu der Überzeugung kommen, dass wir eigentlich mehr eingetragene gleichgeschlechtliche Partnerschaften haben als andere Lebensformen. Nein, nein, die anderen sind schon noch die Mehr­heit.

Ich glaube, wenn man diesen Gesetzesvorschlag der Grünen annehmen würde, wäre das eine Diskriminierung jener, die in heterosexuellen Lebensgemeinschaften leben; denn dort gibt es all diese Ansprüche nicht, die Sie jetzt mit dem Institut der gleichge­schlechtlichen Partnerschaft eingeführt haben und bei der Sie jetzt noch eine Auswei­tung nach hinten haben wollen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 223

Meine Damen und Herren, noch ein paar Worte zur Frage der Witwen- und Witwer­pension. Da können wir uns der Intention der Grünen anschließen. Das beruht ja auch auf einschlägigen empirischen Erkenntnissen, die ja auch die Volksanwaltschaft the­matisiert hat und wo sich auch der OGH auf solche Härtefälle beruft und die Empfeh­lung abgegeben hat, dass man eine Verlängerung der entsprechenden Berechnungs­zeiträume braucht, was das Einkommen des Hinterbliebenen beziehungsweise des Verstorbenen auch in der Gegenüberstellung betrifft.

Ich glaube, dass man damit ungerechte Härtefälle abfedern kann, die insbesondere durch vorzeitiges Ableben, durch Krankheit beziehungsweise durch Arbeitslosigkeit ent­stehen. Das Gegenargument, glaube ich, kann nicht wirklich ins Treffen geführt wer­den, nämlich dass man sagt, auch da entstehen Härten. Es werden statistisch weniger Härten sein, und bei diesen Härten könnten wir den gleichen Weg einschlagen, der jetzt schon zur Abfederung von Härtefällen vorgesehen ist, nämlich einfach einen De­ckel einzuziehen. Das wäre, glaube ich, eine sinnvolle Lösung. (Beifall bei der FPÖ.)

20.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lapp. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.39.16

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Sozialminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben soeben den Gruß aus der Mottenkiste des Herrn Kollegen Kickl vernommen, der nicht von der Vielfalt des mensch­lichen Lebens in Österreich gesprochen, sondern eben die Mottenkiste gelüftet und sei­ne überkommenen und überlaufenen Menschen- und Rollenbilder unserer Gesellschaft dargestellt hat. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Herr Kollege Kickl, ich möchte Sie daran erinnern – weil sich bei den Freiheitlichen die politische Amnesie schon den ganzen Tag durchzieht –, dass es, als die schwarz-blaue Regierung angetreten ist, deren erste Tat war, die Witwen- und Witwerpensionen sehr radikal zu kürzen und zu reduzieren. Hier jetzt auf die soziale Tränendrüse zu drücken und das soziale Gewissen heraushängen zu lassen, ist wirklich ein schwerer Fall von politischer Amnesie, aber das sind wir von Ihnen gewohnt. (Beifall bei der SPÖ. Zwi­schenrufe des Abg. Kickl.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Sozialausschuss haben wir sehr viele Themen, sehr viele Anträge vonseiten der Oppositionsparteien diskutiert. Die politische Auseinandersetzung zu unterschiedlichen Themen ist ganz wichtig, aber wenn sich man­che Kollegen und Kolleginnen von den Oppositionsfraktionen dann ärgern, dass ihre An­träge nicht angenommen werden  nicht aufgrund von irgendwelchen Vorkommnissen, sondern von Argumenten, die vonseiten der Regierungsfraktionen dargelegt werden , denke ich mir, dass man in einer Demokratie akzeptieren muss, dass sich der poli­tische Gestaltungswille nach der demokratischen Mehrheit richtet. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Also das ist wichtig, und wir müssen auch lernen, dass wir unterschiedliche Positionen wahrnehmen und dass in einer Demokratie Mehrheiten entscheiden und nicht irgend­welche Positionen, die man weiterbringen möchte. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.)

Die beiden Anträge, das wurde schon eingangs erwähnt, betreffen auf der einen Seite eben die Erweiterung des Zeitraumes zur Berechnung von Witwen- und Witwerpen­sionen. Da gibt es Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahr 2010, der keine Unsachlichkeit sieht, weil bei der potenziellen Vielfalt der Lebenssachverhalte nicht gesagt werden kann, dass sämtliche Härtefälle abgefedert oder verringert werden können. Außerdem ist auch ein Schutzschild eingezogen worden, unter den das Wit­wer-/Witweneinkommen nicht sinken darf.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 224

Zum zweiten Antrag, den wir diskutieren, nämlich dass für eingetragene Partnerschaf­ten  und das war eine sehr große, intensive politische Auseinandersetzung, wo wir vonseiten der Sozialdemokratie intensiv dafür gekämpft haben  die Möglichkeit ge­schaffen werden soll, den Anspruch für die Hinterbliebenenpension erfüllen zu können: Das ist ein Stichtagsproblem, denn für eingetragene Partnerschaften gilt das ab dem Stichtag, zu dem dieses Gesetz in Geltung getreten ist.

Das heißt, es muss auch da judiziert werden, wenn man sich diskriminiert fühlt, und das ist ein Punkt, der sicherlich weiter politisch in Diskussion bleiben wird. Aber es kön­nen sich sehr viele Menschen auch ein Bild machen, wenn man sieht, dass vonseiten einer rechten Partei hier darüber gesprochen wird, dass eigentlich das alleinheilige Fa­milienbild in unserer Gesellschaft Vater–Mutter–Kind sein sollte. Ich denke, das ist zu wenig, Herr Kollege Kickl. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Kickl: Das ist bei Ihnen keine Ge­fahr!)

20.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Öllinger. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.43.08

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Mein Gott, Herr Kollege Kickl, wenn das Ihre einzige Phobie wäre, die Sie da öffentlich ausleben, nämlich die gegen Homosexuelle, dann wäre ja eigentlich alles super, wir hätten kein Problem mehr. (Anhaltende Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Durch die Form, wie Sie das heute dargestellt haben, verstehen wir, das Sie da offen­sichtlich Ihre Probleme haben. Aber Sie werden sich auch noch mit der Adoption an­freunden müssen, denn sie ist da. Wenn sogar Kleriker darüber sprechen können – aber das ist eigentlich gar nicht das Thema. (Zwischenrufe des Abg. Rädler.)

Wenn wir jetzt offen über diese Möglichkeit sprechen können, dann wird wahrschein­lich die Zeit an Ihnen vorbeiziehen, und Kickl darf halt dann, in zehn oder zwanzig Jah­ren, noch immer darüber reden. Dann gibt es vielleicht auch schon das Austragen durch die Männer, wer weiß, und Ihr ganzes Weltbild wird irgendwann zusammenkippen. Das wäre halt immerhin eine Möglichkeit. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Aber gut, wir haben es bei den Freiheitlichen ja nicht nur mit einer Phobie zu tun, sondern mit einer Poly­phobie, und da wird es problematisch – und damit unterstelle ich Ihnen nichts, sondern das ist leider wirklich das Problem. (Beifall bei den Grünen. Abg. Kickl: Von der Poly­phobie sind schon Sie betroffen! Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter.)

Aber worüber ich jetzt konkret reden möchte, Kollege Kickl, ist gar nicht das, was Ihre Position betrifft, denn die war ohnehin schon immer klar. Das Problem ist, dass wir in dieser Frage eine Übergangsregelung haben wollten, weil wir wirklich glauben, dass Personen, die in diesen eingetragenen Partnerschaften schon über Jahrzehnte zusam­menleben, diese Möglichkeit zur Verpartnerung erst seit Kurzem haben und daher die Möglichkeit einer Hinterbliebenenpension – wenn es nach den Buchstaben des Geset­zes geht – nicht nutzen können. Da hätte man ein Übergangsrecht machen sollen. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Ich habe im Ausschuss schon gemerkt, dass da die Eisenbahn drüberfährt, es ist leider keine der anderen Parteien bereit, darüber zu reden. Es wurde teilweise, von einzelnen Personen das Bedauern ausgedrückt. Ich kann nur sagen: Ich finde es bedauerlich, dass Sie nicht einmal im Übergangsrecht, wenn man so will, Gnade im Recht walten lassen wollen. (Beifall bei den Grünen.)

20.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 225

20.45.42

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Bezug nehmend auf den Antrag des Herrn Kollegen Öllinger darf ich vorwegschicken: Herr Kollege Kickl, die Anstandslehre an unsere Partei können Sie sich sparen. Wir wissen, was wir tun! (Zwischenrufe bei der FPÖ. Abg. Grosz: Seit wann?) Wir überlegen uns die Entscheidungen sehr klar, und es wird uns niemand hier unsere Zielausrichtung vorschreiben. (Beifall bei der ÖVP.)

Punkt zwei: Wir wollen keine Diskriminierung, Herr Kollege Öllinger, und deswegen werden wir dem Antrag nicht zustimmen. Es gibt dafür zwei Gründe, nämlich dass es beim Hinterbliebenenrecht Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich in allen Berei­chen gibt und Ihr Antrag, Herr Kollege Öllinger, bloß auf das ASVG bezogen ist. Was machen Sie mit denen, die einen Ruhegenuss haben? Was machen Sie mit denen, die nach einem anderen Berufsständerecht versichert sind? Was machen Sie mit ... (Abg. Öllinger: Dann machen Sie einen Zusatzantrag!)

Herr Öllinger, der Antrag ist zu kurz, ist zu wenig weit reichend, ist für uns unbrauch­bar, und deshalb treten wir nicht bei. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zur zweiten Frage, zur Veränderung des Durchrechnungszeitraumes: Frau Kollegin Lapp, Sie haben es zwar sehr charmant gesagt, aber Sie brauchen sich hier über Rot-Schwarz nicht immer auszuweinen. Jawohl, wir haben eine Korrektur im Hinterbliebe­nenrecht gesetzt. Das war, bitte, wohlüberlegt, und ich glaube, dass wir da eine Lö­sung gefunden haben, mit der man grundsätzlich leben kann. (Abg. Kickl: ... Zusatzan­trag!)

Die Lebensstandardsicherung ist Grundlage der Berechnung, das ist der erste Punkt. Der zweite ist, dass wir grundsätzlich die letzten zwei Jahre haben, wir haben aber auch eine Begünstigungsklausel drinnen. Es kann nämlich dann, wenn es für die Hin­terbliebenen besser ist, dieser Berechnungszeitraum auch auf vier Jahre ausgedehnt werden. Wir glauben, dass wir damit das Auslangen finden. In meiner Arbeit habe ich sehr viel mit diesen Menschen zu tun, und ich kenne nur ganz wenige, die darüber Kla­ge führen. Das Gesetz dürfte gut sein. Dem Antrag, den Sie gestellt haben, können wir keinesfalls zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.47.57

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Bei der Berechnung von Witwen- und Witwerpensionen ist es momentan so, dass für den Prozentsatz für die Pensionsleistung des Hinterbliebenen die Einkünfte der letzten beiden Jahre beziehungsweise der letzten vier Jahre gegenübergestellt werden und sozusagen die günstigere Variante für die Hinterbliebenen zur Auszahlung kommt.

Dieser Zeitraum erscheint mir zu kurz, da gewisse Einkommensschwankungen da nicht ausgeglichen werden können. Dieser Ansicht ist auch die Volksanwaltschaft, denn die hat angeregt, diesen Zeitraum auf zehn Jahre auszudehnen. Ich bin auch die­ser Meinung, dass das gemacht werden soll – aber nicht nur das, sondern es sollten auch Bestimmungen der Sozialversicherungsgesetze betreffend Hinterbliebenenleis­tungen dahin gehend geändert werden, dass diese unabhängig vom Zeitpunkt der An­tragstellung ab dem Ableben des Versicherten zu erbringen sind, ganz egal, wann der Antrag gestellt wird. Das Ableben muss das Datum sein, damit es zu keinen Benach­teiligungen für die Hinterbliebenen bei den Witwen- und Witwerpensionen kommt. (Bei­fall beim BZÖ.)

20.49



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 226

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als bislang letzter Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Zinggl zu Wort. 2 Minuten Redezeit sind eingestellt; das ist zugleich auch die ge­samte Restredezeit der Fraktion. – Bitte.

 


20.49.28

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Nur eine kurze Überlegung zu meinem eigenen Antrag, zur Berechnung der Witwen- und Witwerpensionen. Im Wesentlichen beruht diese Aus­schussfeststellung auf einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, das nichts an­deres sagt, als dass es Härtefälle gibt, ganz egal, ob ich einen kurzen oder einen lan­gen Berechnungszeitraum zugrunde lege. Aber ich würde sagen, dass ein längerer Be­obachtungszeitraum sozial doch allemal ausgewogener ist, weil sich Abweichungen, so­genannte Varianzen, verkürzen.

Das ist eine statistische Überlegung, ein statistischer Effekt. Man kann sagen, zweimal würfeln bringt genauso viel Glück oder Pech wie zehnmal würfeln, das ist schon richtig, aber je öfter ich würfle, umso weniger leicht habe ich sehr großes Pech oder sehr großes Glück. Übertragen auf den gesetzlichen Beobachtungszeitraum zur Berech­nung der Witwenpension ist das ganz einfach: Es ist besser, zehn Jahre zu beobach­ten als zwei Jahre. Dadurch ist es weniger wahrscheinlich, sehr geringe Pensionen zu bekommen. Ich vermeide damit also Härtefälle. Dazu brauche ich überhaupt keine Er­kenntnisse des Verfassungsgerichtshofs, sondern ein bisschen Statistik und ein sozia­les Gewissen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.50

20.50.25

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Berichterstatterin beziehungsweise der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1197 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1198 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

20.51.52Einlauf

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1546/A(E) bis 1578/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 8554/J bis 8602/J eingelangt.

Schließlich ist eine Anfrage des Abgeordneten Ing. Hofer an die Präsidentin des Natio­nalrates eingebracht worden.

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 227

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 20.53 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

20.52.41Schluss der Sitzung: 20.53 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien