Stenographisches Protokoll
161. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXIV. Gesetzgebungsperiode
Donnerstag, 14. Juni 2012
161. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXIV. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 14. Juni 2012
Dauer der Sitzung
Donnerstag, 14. Juni 2012: 9.06 – 18.37 Uhr
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Tagesordnung
Ergänzung der Tagesordnung ................................................................................. 45, 51
1. Punkt: Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ über das Volksbegehren „Bildungsinitiative“
2. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 125, 129, 135, 137 bis 141, 143, 145, 147, 149 und 150, 152 bis 156, 163 und 165 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 35 bis 38
3. Punkt: Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2011/4
4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (1986/A)
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Inhalt
Personalien
Verhinderungen .............................................................................................................. 16
Ordnungsrufe ........................................................................................ 47, 124, 168, 218
Geschäftsbehandlung
Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1993/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 3. Juli 2012 zu setzen ............................................................................................................... 45
Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 45
Redner/Rednerinnen:
Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ... 160
Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 164
Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ... 165
Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ... 166
Karl Öllinger ................................................................................................................ 168
Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 170
Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 49 Abs. 5 der Geschäftsordnung, den Antrag 1986/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird, auf die Tagesordnung zu setzen sowie gemäß § 108 der Geschäftsordnung die erste Lesung durchzuführen – Annahme ........... 45, 51
Antrag des Abgeordneten Josef Bucher auf Durchführung einer Debatte über den Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung – Ablehnung .................................................................................... 45, 50
Wortmeldungen in diesem Zusammenhang:
Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ..... 46
Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 47
Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 48
Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ..... 49
Verlangen des Abgeordneten Heinz-Christian Strache auf Einberufung einer Sonderpräsidiale ............................................................................................................................... 50
Antrag des Abgeordneten Josef Bucher auf Umstellung der Tagesordnung – Ablehnung 51, 51
Wortmeldung des Abgeordneten Karlheinz Kopf betreffend die beantragte Ergänzung der Tagesordnung ............................................................................................................................... 51
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 52
Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 160
Fragestunde (22.)
Justiz ............................................................................................................................. 16
Dr. Johannes Jarolim (153/M); Mag. Bernd Schönegger, Ing. Peter Westenthaler, Mag. Albert Steinhauser, Josef Jury
Mag. Heribert Donnerbauer (150/M); Gerald Grosz, Mag. Daniela Musiol, Anneliese Kitzmüller, Hannes Fazekas
Dr. Peter Fichtenbauer (155/M); Mag. Johann Maier, Ridi Maria Steibl, Ursula Haubner, Mag. Albert Steinhauser
Mag. Albert Steinhauser (152/M); Bernhard Vock, Mag. Ruth Becher, Johann Singer, Stefan Markowitz
Gerald Grosz (149/M); Tanja Windbüchler-Souschill, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Gabriele Binder-Maier, Franz Glaser
Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (154/M); Anna Franz, Martina Schenk, Mag. Daniela Musiol, Dr. Walter Rosenkranz
Erwin Hornek (151/M); Mag. Rainer Widmann, Mag. Albert Steinhauser, Maximilian Linder, Gerhard Köfer
Ausschüsse
Zuweisungen ......................................................................................................... 44, 220
Verhandlungen
1. Punkt: Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ über das Volksbegehren „Bildungsinitiative“ (1647/1793 d.B.) ...................................... 52
Redner/Rednerinnen:
Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 53
Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 55
Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 57
Dr. Harald Walser .................................................................................................. 59, 97
Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................... 61
Elmar Mayer ......................................................................................................... 63, 131
Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .................................................................... ..... 66
Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 69
Mag. Daniela Musiol ............................................................................................... ..... 71
Bundesminister Dr. Karlheinz Töchterle ............................................................. ..... 73
Mag. Andrea Kuntzl ..................................................................................................... 76
Anna Franz .................................................................................................................... 77
Harald Vilimsky ....................................................................................................... ..... 80
Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ..... 82
Ewald Sacher .......................................................................................................... ..... 84
Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ..... 92
Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ..... 93
Mag. Helene Jarmer ............................................................................................... ..... 95
Werner Neubauer (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 125
Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ... 125
Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................ ... 126
Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ... 127
Dr. Franz-Joseph Huainigg .................................................................................... ... 129
Franz Riepl ............................................................................................................... ... 130
Erwin Preiner .......................................................................................................... ... 134
Mag. Rosa Lohfeyer ............................................................................................... ... 135
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Katharina Cortolezis-Schlager, Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung des Bildungsreformprozesses im tertiären Bildungssektor –Annahme (E 252) .................................................................................................. 68, 136
Entschließungsantrag der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Elementarpädagogik – Annahme (E 253) ............................................ 79, 136
Entschließungsantrag der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon, MBA, Dr. Walter Rosenkranz, Dr. Harald Walser, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung des Bildungsreformprozesses, schulische Tagesbetreuung – Annahme (E 254) ..... 86, 136
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ im Bereich Hochschulen – Ablehnung 88, 136
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein modernes, unbürokratisches und autonomes Schulsystem – Ablehnung ........... 98, 136
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ im Bereich Bildung – Ablehnung 111, 136
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ im Bereich Kindergarten – Ablehnung 122, 136
Entschließungsantrag der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend neues Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrer/innen – Annahme (E 255) 128, 136
Entschließungsantrag der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon, MBA, Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Effizienzsteigerung der Schulverwaltung, Beseitigung von Doppelgleisigkeiten und Ausbau der Schulautonomie – Annahme (E 256) ....... 133, 136
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1793 d.B. ................................................... 135
2. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 125, 129, 135, 137 bis 141, 143, 145, 147, 149 und 150, 152 bis 156, 163 und 165 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 35 bis 38 (1795 d.B.) .............................................................................................. 137
Redner/Rednerinnen:
Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 137
Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................... 138
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 139
Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 141
Dr. Walter Rosenkranz (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 143
Leopold Mayerhofer ............................................................................................... ... 143
Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 144
Hannes Weninger ................................................................................................... ... 145
Bernhard Vock ............................................................................................................ 146
Christine Marek .......................................................................................................... 147
Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 148
Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 149
Dietmar Keck .............................................................................................................. 150
Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 152
Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 155
Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 156
Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 156
Erich Tadler ............................................................................................................. ... 157
Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................. ... 158
Entschließungsantrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend generelles Nein zur Schiefergasförderung – Ablehnung ................... 153, 160
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1795 d.B. ................................................... 159
3. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2011/4 (III-230/1798 d.B.) .................................................................................... 170
Redner/Rednerinnen:
Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 170
Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 171
Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 172
Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 172
Rosemarie Schönpass ........................................................................................... ... 173
Erwin Hornek .......................................................................................................... ... 174
Ing. Heinz-Peter Hackl ............................................................................................ ... 175
Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 176
Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 177
Johann Singer ......................................................................................................... ... 177
Thomas Einwallner ................................................................................................. ... 178
Kenntnisnahme des Berichtes III-230 d.B. ................................................................... 179
4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (1986/A) ........................................................................................................................ 179
Redner/Rednerinnen:
Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 179
Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ... 181
Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 183
Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ... 184
Josef Bucher ........................................................................................................... ... 186
Mag. Michael Schickhofer ..................................................................................... ... 189
Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ... 190
Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 193
Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 197
Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ... 200
Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 203
Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 206
Elmar Podgorschek ................................................................................................ ... 208
Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 209
Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 210
Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................ ... 212
Mag. Alev Korun (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 213
Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 213
Ernest Windholz ...................................................................................................... ... 214
Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 215
Mag. Daniela Musiol ............................................................................................... ... 216
Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................. ... 218
Herbert Scheibner (tatsächliche Berichtigung) .......................................................... 219
Zuweisung des Antrages 1986/A an den Verfassungsausschuss .............................. 220
Eingebracht wurden
Anträge der Abgeordneten
Dr. Franz-Joseph Huainigg, Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neugestaltung und Weiterentwicklung der Sachwalterschaft durch ein Pilotprojekt zur unterstützten Entscheidungsfindung (1995/A)(E)
Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung weiterer Maßnahmen zur Entlastung pflegender Angehöriger (1996/A)(E)
Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung weiterer Maßnahmen zur Entlastung pflegender Angehöriger (1997/A)(E)
Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einmalerläge in Lebensversicherungen (1998/A)(E)
Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend sieben Punkte für den Universitätsstandort Österreich (1999/A)(E)
Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Maßzahl von 2,7% für die Abdeckung des sonderpädagogischen Förderbedarfs (2000/A)(E)
Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine nachhaltige und solidarische Flüchtlingspolitik (2001/A)(E)
Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „verbindliches Forschungsfinanzierungsgesetz zur Erreichung der FTI-Strategieziele bis 2020“ (2002/A)(E)
Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Evaluierung der Auswirkungen der steuerlichen Förderungen für Forschung und Entwicklung“ (2003/A)(E)
Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung FTI-Strategie-Ziel „Forschung und Gesellschaft“ (2004/A)(E)
Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Filmförderung laut Regierungsprogramm (2005/A)(E)
Wolfgang Großruck, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend strukturierten Dialog zwischen Polizei und den verschiedenen Gesellschaftsgruppen im Zuge des Programms „Polizei Macht Menschenrechte“ (2006/A)(E)
Franz Kirchgatterer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (2007/A)(E)
Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Schulverwaltung (2008/A)(E)
Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreuung im Seniorenheim (2009/A)(E)
Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Menschenrechtslage in der Westsahara (2010/A)(E)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ersatz der Lehrabschlussprüfung für Absolventen der Handelsakademien und Handelsschulen sowie einen Ersatz von Lehrzeiten für „Schulaus- und Umsteiger“ (2011/A)(E)
Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Johannes Hübner, Mag. Judith Schwentner, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Konferenz zur Errichtung einer Zone frei von Kernwaffen und allen anderen Massenvernichtungswaffen im Nahen und Mittleren Osten (2012/A)(E)
Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Luftfahrtgesetzes zur Regelung von unbemannten Luftfahrzeugen und -geräten (2013/A)(E)
Anfragen der Abgeordneten
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Fluggastentschädigung nach der VO (EG) Nr. 261/2004 – Beschwerden von Fluggästen im Jahr 2011“ (11885/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Heimische Trinkjoghurts mit 0,1%-Fett zum Abspecken?“ (11886/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Heimische Trinkjoghurts mit 0,1%-Fett zum Abspecken?“ (11887/J)
Harry Rudolf Buchmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend griechisches Geld in Österreich (11888/J)
Harry Rudolf Buchmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Quecksilber in Energiesparlampen (11889/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Denkmalschutz Rainerkaserne Glasenbach-Elsbethen“ (11890/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Krankenstand – Invaliditätspension oder Berufsunfähigkeitspension 2011 II“ (11891/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLS-Maturanten im Bundesland Steiermark in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11892/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HTL-Maturanten im Bundesland Steiermark in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11893/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HTL-Maturanten im Bundesland Wien in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11894/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HTL-Maturanten im Bundesland Vorarlberg in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11895/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HTL-Maturanten im Bundesland Tirol in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11896/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HTL-Maturanten im Bundesland Salzburg in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11897/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HTL-Maturanten im Bundesland Oberösterreich in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11898/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HTL-Maturanten im Bundesland Niederösterreich in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11899/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HTL-Maturanten im Bundesland Kärnten in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11900/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HTL-Maturanten im Bundesland Burgenland in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11901/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLS-Maturanten im Bundesland Wien in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11902/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLS-Maturanten im Bundesland Vorarlberg in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11903/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLS-Maturanten im Bundesland Tirol in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11904/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLS-Maturanten im Bundesland Salzburg in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11905/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLS-Maturanten im Bundesland Oberösterreich in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11906/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLS-Maturanten im Bundesland Niederösterreich in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11907/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLS-Maturanten im Bundesland Kärnten in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11908/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLS-Maturanten im Bundesland Burgenland in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11909/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLF-Maturanten im Bundesland Wien in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11910/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLF-Maturanten im Bundesland Vorarlberg in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11911/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLF-Maturanten im Bundesland Tirol in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11912/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLF-Maturanten im Bundesland Salzburg in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11913/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLF-Maturanten im Bundesland Oberösterreich in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11914/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLF-Maturanten im Bundesland Niederösterreich in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11915/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLF-Maturanten im Bundesland Kärnten in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11916/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLF-Maturanten im Bundesland Burgenland in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11917/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HBLA-Maturanten im Bundesland Wien in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11918/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HBLA-Maturanten im Bundesland Vorarlberg in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11919/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HBLA-Maturanten im Bundesland Tirol in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11920/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HBLA-Maturanten im Bundesland Salzburg in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11921/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HBLA-Maturanten im Bundesland Oberösterreich in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11922/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HBLA-Maturanten im Bundesland Niederösterreich in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11923/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HBLA-Maturanten im Bundesland Kärnten in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11924/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HLF-Maturanten im Bundesland Steiermark in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11925/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HBLA-
Maturanten im Bundesland Steiermark in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11926/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HAK-Maturanten im Bundesland Steiermark in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11927/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HBLA-Maturanten im Bundesland Burgenland in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11928/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HAK-Maturanten im Bundesland Wien in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11929/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HAK-Maturanten im Bundesland Vorarlberg in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11930/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HAK-Maturanten im Bundesland Tirol in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11931/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HAK-Maturanten im Bundesland Salzburg in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11932/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HAK-Maturanten im Bundesland Oberösterreich in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11933/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HAK-Maturanten im Bundesland Niederösterreich in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11934/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HAK-Maturanten im Bundesland Kärnten in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11935/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von HAK-Maturanten im Bundesland Burgenland in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11936/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von AHS-Maturanten im Bundesland Wien in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11937/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von AHS-Maturanten im Bundesland Vorarlberg in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11938/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von AHS-Maturanten im Bundesland Tirol in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11939/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von AHS-Maturanten im Bundesland Steiermark in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11940/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von AHS-Maturanten im Bundesland Salzburg in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11941/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von AHS-Maturanten im Bundesland Oberösterreich in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11942/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von AHS-Maturanten im Bundesland Niederösterreich in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11943/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von AHS-Maturanten im Bundesland Kärnten in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11944/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sekundarschul-I-Herkunft von AHS-Maturanten im Bundesland Burgenland in den Maturajahrgängen 2000 bis 2011 (11945/J)
Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend immer höhere Subventionen an das Architekturzentrum Wien (11946/J)
Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Busflotte der Postbus GmbH in der Region Tirol (11947/J)
Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den Radio-Empfang in heimischen Tunnelanlagen (11948/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Anstieg der Arbeitslosigkeit in Wien (11949/J)
Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend unbezahlte Praktikanten für den Verein „SOS Mitmensch“ (11950/J)
Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend irreführende Anfragebeantwortungen zum Thema Gold (11951/J)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Einhaltung der Aarhus-Konvention bei Temelίn-UVP (11952/J)
Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Staatsbürgerschaftsverleihung an den Salafisten-Prediger Mohamed Mahmoud (11953/J)
Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Bildungsstandardtests für Mathematik 2012 (11954/J)
Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Leistungsbeurteilung in Pflichtschulen (11955/J)
Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Bilderberg-Konferenz 2012 in Chantilly (11956/J)
Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Situation der Tageseltern (11957/J)
Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Probleme bei der Auslieferung der ÖBB-Vorteilscard (11958/J)
Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Ansuchen des Kärntner Landeshauptmannes Gerhard Dörfler um Geldmittel für einen Radweg durch die Lieserschlucht (11959/J)
Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ansuchen des Kärntner Landeshauptmannes Gerhard Dörfler um Geldmittel für einen Radweg durch die Lieserschlucht (11960/J)
Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Werbeeinschaltungen des ÖIF (11961/J)
Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Familienwanderungen des ÖIF rund um den Tag der Familie am 15. Mai (11962/J)
Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Stand der Verhandlungen zur Abschaffung des Krankenhaus-Selbstbehaltes für Kinder (11963/J)
Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend vom Ressort gesammelte Erfahrungen seit der Einführung der Rezeptgebührenobergrenze (11964/J)
Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Gesundheitsgefährdung der österreichischen Bevölkerung durch krebserregende Dämpfe, ausgehend von Energiesparlampen“ (11965/J)
Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Beteiligung an Abschiebekosten durch die Europäische Union“ (11966/J)
Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Sexualstraftäter in heimischen Vollzugsanstalten (11967/J)
Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Handy-Räuber“ (11968/J)
Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Verkehrsbelastung durch unzureichende Infrastruktur beim Grenzübergang Höchst (11969/J)
Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Grundsteuer in Österreich (11970/J)
Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Zahl der Wohnungseinbrüche (11971/J)
Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Schwierigkeiten mit „Hybriden Rückscheinbriefen“ (11972/J)
Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Kapazitätsprobleme beim Masterstudium an der WU Wien (11973/J)
Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderungen in der Landwirtschaft (11974/J)
Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Atomkraft ist nicht nachhaltig – aktuelle Fragen (11975/J)
Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Finanzpolizei im Burgenland (11976/J)
Ing. Hermann Schultes, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Nichtinanspruchnahme von EU-Fördergeldern Österreichs zur Ursachenforschung von Bienenvölkerverlusten (11977/J)
Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Verschiebung der Zentralmatura (11978/J)
Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Kinderbetreuung im Seniorenheim (11979/J)
Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend geplanten Verkauf der Hypo Alpe-Adria (11980/J)
Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Schritte zur Beendigung der unwürdigen Traditionspflege des Bundesheeres in der Krypta im Heldentor (11981/J)
Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend mögliche Verdoppelung der Krebstoten bis 2030 (11982/J)
Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend mögliche Gesundheitsgefährdung durch das Szenegetränk Bubble Tea (11983/J)
Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Grundstückspekulation und politische Firmenverflechtung rund um das Media Quarter St. Marx (11984/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Datenvernichtung ressorteigener Speichermedien (11985/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Datenvernichtung ressorteigener Speichermedien (11986/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Datenvernichtung ressorteigener Speichermedien (11987/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Datenvernichtung ressorteigener Speichermedien (11988/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Datenvernichtung ressorteigener Speichermedien (11989/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Datenvernichtung ressorteigener Speichermedien (11990/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Datenvernichtung ressorteigener Speichermedien (11991/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Datenvernichtung ressorteigener Speichermedien (11992/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Datenvernichtung ressorteigener Speichermedien (11993/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Datenvernichtung ressorteigener Speichermedien (11994/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Datenvernichtung ressorteigener Speichermedien (11995/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Datenvernichtung ressorteigener Speichermedien (11996/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Datenvernichtung ressorteigener Speichermedien (11997/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend beschlagnahmte Drogen (11998/J)
Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landeserteidigung und Sport betreffend Vernichtung von Waffen durch das österreichische Bundesheer (11999/J)
Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Bergbahnen Skizentrum Hochzillertal GmbH & CoKG (12000/J)
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Türkisch-Hausübung an der Volksschule Bad Deutsch Altenburg (12001/J)
Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Einstellung eines Verfahrens durch die Salzburger Staatsanwaltschaft (12002/J)
Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Altersdiskriminierung Dr. Herbert Gassner (12003/J)
Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Werbung von Kinderlebensmittel (12004/J)
Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die digitale ORF-Sat-Karte (12005/J)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend das Abspielen der Hymne „Fratelli d’Italia“ bei offiziellen Anlässen (12006/J)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend das Abspielen der Hymne „Fratelli d’Italia“ bei offiziellen Anlässen (12007/J)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend das Abspielen der Hymne „Fratelli d’Italia“ bei offiziellen Anlässen (12008/J)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend das Abspielen der Hymne „Fratelli d’Italia“ bei offiziellen Anlässen (12009/J)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend das Abspielen der Hymne „Fratelli d’Italia“ bei offiziellen Anlässen (12010/J)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend das Abspielen der Hymne „Fratelli d’Italia“ bei offiziellen Anlässen (12011/J)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend das Abspielen der Hymne „Fratelli d’Italia“ bei offiziellen Anlässen (12012/J)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend das Abspielen der Hymne „Fratelli d’Italia“ bei offiziellen Anlässen (12013/J)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend das Abspielen der Hymne „Fratelli d’Italia“ bei offiziellen Anlässen (12014/J)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend das Abspielen der Hymne „Fratelli d’Italia“ bei offiziellen Anlässen (12015/J)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend das Abspielen der Hymne „Fratelli d’Italia“ bei offiziellen Anlässen (12016/J)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend das Abspielen der Hymne „Fratelli d’Italia“ bei offiziellen Anlässen (12017/J)
Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend das Abspielen der Hymne „Fratelli d’Italia“ bei offiziellen Anlässen (12018/J)
Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr
Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 161. Sitzung des Nationalrates.
Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Karl Donabauer, und zwar ab Mittag, Gartelgruber, Dr. Karlsböck und Ing. Lugar.
Ich gebe bekannt, dass die Fragestunde und die Debatte zum Bildungsvolksbegehren bis 13 Uhr live auf ORF 2 übertragen werden. Weiters wird die Sitzung auf ORF III live und in voller Länge übertragen.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Fragestunde.
Sie kennen die Regel: Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den Rednerpulten im Halbrund vorgenommen, die Beantwortung durch die Frau Bundesministerin für Justiz vom RednerInnenpult der Abgeordneten.
Die Zeitvorgaben kennen Sie auch: jeweils 1 Minute für die Frage, 2 Minuten für die Beantwortung der Hauptfrage durch die Frau Ministerin, 1 Minute für die Beantwortung von Zusatzfragen. – Ich werde wieder mit Glockenzeichen auf das Ende der Redezeit wenige Sekunden vorher hinweisen.
Bundesministerium für Justiz
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur 1. Anfrage, 153/M, der des Herrn Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim. Ich bitte um die Frage.
Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Bundesministerin! Wie wir wissen, ist die Vorratsdatenspeicherung eines der zentralen Probleme, die wir derzeit im Grundrechtsbereich zu behandeln haben. Es gibt hier ganz massive Eingriffe. Und es ist auch eine diesbezügliche Petition von 106 000 Österreicherinnen und Österreichern unterzeichnet worden, die jetzt dem Justizausschuss zugewiesen worden ist. Wir werden dort – wir setzen uns dafür ein, ich nehme an, alle anderen auch – ein Hearing durchführen, um herauszuarbeiten, wie man die Vorratsdatenspeicherung zukünftig regeln kann.
Es ist so, dass wir derzeit eine flächendeckende und vor allem verdachtsunabhängige Speicherung haben. Das heißt, es werden, beginnend mit 1. April, wo das umgesetzt wurde, alle Kontakte im Telefonnetz gespeichert. Leider Gottes ist es so, dass 2006 unter der Regierung Schüssel diese Datenspeicherung ermöglicht worden ist. Und wir haben jetzt das Problem
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Frage, Herr Abgeordneter! Die Minute ist vorbei.
Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Meine Frage ist: Was werden Sie dazu beitragen, um diesen nicht grundrechtskonformen Zustand zu beenden? Wie schauen Ihre Programme diesbezüglich aus?
*****
Die schriftlich eingereichte Anfrage, 153/M, hat folgenden Wortlaut:
„Welche Schritte in Richtung grundrechtskonformer Regelungen im Bereich der Vorratsdatenspeicherung planen Sie insbesondere unter Berücksichtigung des angekündigten Abänderungsvorschlages der EU-Kommission?“
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Jarolim! Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass die österreichische Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, die hier im Nationalrat auch mit Zustimmung Ihrer Fraktion beschlossen wurde, grundrechtskonform ist. Natürlich möchte ich aber damit nicht der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vorgreifen.
Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit auch betonen, dass wir bei der Vorratsdatenspeicherung nur eine Minimalumsetzung der EU-Richtlinie vorgenommen und natürlich auch auf die hohen Standards des österreichischen Daten- und Grundrechtsschutzes Rücksicht genommen haben. Bei der gesetzlichen Ausgestaltung konnte bereits auf Erfahrungen anderer Mitgliedstaaten und natürlich auch auf nationale verfassungsrechtliche Judikatur zurückgegriffen werden.
Lassen Sie mich zur Untermauerung des eben Gesagten kurz auch auf die Erläuterungen zum Gesetzestext eingehen. Ich zitiere:
Es ist sicherzustellen, „dass die mit der Vorratsdatenspeicherung verbundenen Grundrechtseingriffe so gering wie möglich – und damit verhältnismäßig zum verfolgten Zweck – ausfallen, die Sicherheit der Daten sowohl bei den Telekommunikationsbetreibern als auch bei den zur Datenanwendung berechtigten Behörden bestmöglich gewährleistet ist, den datenschutzrechtlich erforderlichen Informationspflichten nachgekommen wird, alle notwendigen Rechtsmittel zur Verfolgung der datenschutzrechtlichen und grundrechtlichen Interessen Betroffener zur Verfügung stehen, ()“ – Zitatende.
Was die Ankündigungen der Europäischen Kommission betreffend eine Abänderung der EU-Richtlinie betrifft, so kann ich Ihnen berichten, dass nach Meinung der Kommission die Evaluierung der Folgenabschätzung und die Datenerhebung noch nicht abgeschlossen sind, sodass zum jetzigen Zeitpunkt von meiner Seite auch noch keine Stellungnahme zu möglichen Abänderungen abgegeben werden kann.
Die Europäische Kommission betont aber immer wieder, dass die von ihr angestrebte Abänderung nicht dazu führen darf, dass manche Mitgliedstaaten nun die geltende EU-Richtlinie nicht umsetzen. Das heißt, die geltende EU-Richtlinie muss von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden, ungeachtet dessen, dass an möglichen Abänderungen durch die Kommission gearbeitet wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Jarolim.
Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Bundesminister, ich gebe Ihnen da völlig recht: Dadurch, dass der Herr Bundeskanzler Schüssel damals zugestimmt hat, dass so etwas kommt, müssen wir das alles natürlich umsetzen. Es ist Gott sei Dank der Frau Minister Bures gelungen, das über einen längeren Zeitraum zu verschleppen und dann eine wirklich grundrechtskonforme Umsetzung, soweit als möglich, zu bekommen.
Der deutsche Datenschutzbeauftragte Peter Schaar sagt, das wäre genauso, wie wenn wir den Kauf von Streichhölzern und Spirituosen meldepflichtig machten, um Brandlegungen hintanzuhalten. Diesen Vergleich zieht er in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung. Das heißt, es funktioniert nicht.
Die USA haben ein Modell, das so aussieht, dass der Datenbestand nur für bestimmte Zwecke der Strafverfolgung, also nur im Verdachtsfall, eingefroren wird.
Es ist jetzt beim EuGH ein Verfahren anhängig, wo die Richtlinie evaluiert wird. Wie ist Ihr persönlicher Standpunkt dazu? Was würden Sie in dem Verfahren aus Ihrer Sicht als Richterin entscheiden?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ich bin Justizministerin in Österreich und nicht Richterin am Europäischen Gerichtshof, und ich überlasse die rechtliche Beurteilung eines beim EuGH anhängigen Verfahrens den dort tätigen Richterinnen und Richtern.
Aber weil Sie auch angesprochen haben, dass es Frau Ministerin Bures gelungen ist, die Umsetzung der Richtlinie zu verschleppen, muss man schon dazu sagen, es ist auch gelungen, dass Österreich deswegen verurteilt worden ist. Und es ist natürlich nicht angenehm, verurteilt zu werden. Wie Sie wissen, wird jetzt gerade auch ein Verfahren gegen Deutschland wegen Nichtumsetzung geführt. Also wenn man sich verpflichtet, eine Richtlinie umzusetzen, dann sollte man nicht an einer Verschleppung arbeiten, sondern sehr wohl an einer Umsetzung! (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Schönegger, bitte.
Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Schönen guten Morgen auch von meiner Seite, Frau Bundesminister! Ich erlaube mir, meine Frage kurz und bündig zu halten: Gibt es seitens der EU-Kommission – Abänderungsvorschläge wurden ja angekündigt – schon Hinweise darauf, welche konkreten Änderungen inhaltlicher Natur da auf uns warten?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass die Evaluierung der Folgenabschätzung und auch die Datensicherung noch nicht abgeschlossen sind, weshalb auch die Kommission noch nicht klargemacht hat, bis wann wir mit Abänderungen zu rechnen haben.
Es ist aber hier sehr wohl zu ergänzen, dass die Mehrheit der Mitgliedstaaten gegen eine Änderung der Richtlinie ist.
Mein Anliegen, wenn es zu einer Änderung kommt, bestünde ganz einfach darin, die Vorzüge der österreichischen Umsetzung auf dem Gebiet der Datensicherheit zu verankern und gegebenenfalls auch die Bedingungen für den Zugriff auf die gespeicherten Daten zu harmonisieren. Das sind nämlich ganz wichtige, zentrale Punkte, und hier könnte ich mir vorstellen, dass man Verbesserungen vornimmt. Das wäre mir ein wichtiges Anliegen. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler, bitte.
Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Eigentlich sollte man diese Zusatzfrage dem Herrn Jarolim und seiner Fraktion stellen, denn wir haben in den Ausschüssen immer wieder darauf hingewiesen, dass die Vorratsdatenspeicherung gegen jegliche Grundrechte ist. (Abg. Dr. Jarolim: Ihr habt ja zugestimmt!) Es waren der Herr Jarolim und die Sozialdemokratie, die zugestimmt haben und jetzt draufkommen, dass sie nicht grundrechtskonform ist. Geniert euch da dafür! (Beifall beim BZÖ.)
Aber ich kann ja nur Ihnen eine Frage stellen, Frau Ministerin: Was sagen Sie denn dazu, dass, nachdem auch die Journalistengewerkschaft immer wieder darauf hingewiesen hat, dass das ein Freibrief für die Überwachung der Staatsbürger und daher nicht grundrechtskonform ist, jetzt auch Ihr Koalitionspartner SPÖ im Nachhinein draufkommt, dass Ihre Vorratsdatenspeicherung nicht grundrechtskonform ist? Was sagen Sie eigentlich dazu?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ich finde es erstaunlich, dass man zuerst hier im Parlament eine Regelung beschließt, mit beschließt und dann sagt, sie sei nicht grundrechtskonform. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)
Was soll ich dazu sagen? (Abg. Ing. Westenthaler: Bravo, sehr gut! Das wollte ich hören!)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser, bitte.
Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Frau Justizministerin! Es gibt einen Zwischenbericht der Europäischen Kommission, und sowohl Kommissarin Malmström als auch Kommissarin Reding haben sich immer sehr kritisch zur Vorratsdatenspeicherung geäußert. Wir kennen auch die Daten aus Deutschland, die zeigen, dass sich die Aufklärungsrate durch die Vorratsdatenspeicherung nicht geändert hat. Das heißt, als es keine Vorratsdatenspeicherung gegeben hat, war die Aufklärungsrate in etwa gleich hoch. Das heißt, es gibt schon massive Rückschlüsse, dass die Vorratsdatenspeicherung kein wesentlicher Beitrag zur Kriminalitätsbekämpfung ist, aber doch ein Grundrechtseingriff. Letztendlich, da haben Sie schon recht, wird das der Verfassungsgerichtshof entscheiden.
Meine Frage ist aber: Wie werden Sie sich in Brüssel verhalten? Unterstützen Sie die Bestrebungen nach einer Reform, oder beharren Sie auf der bestehenden Richtlinie?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: An Verbesserungsvorschlägen werden wir natürlich konstruktiv mitwirken, das ist vollkommen klar. Wenn es darum geht, gemeinsam Verbesserungen auszuarbeiten, sind wir natürlich mit dabei. Vor allem geht es hier meines Erachtens darum, das Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Privatsphäre und dem Datenschutz einerseits und den Eingriffen andererseits näher zu präzisieren und auch die Bedingungen des Zugriffs auf gespeicherte Daten zu harmonisieren und zu präzisieren. Das wären zum Beispiel wichtige Punkte, wo ich
glaube, da könnte man etwas verbessern, aber ich bin natürlich auch offen für andere Verbesserungsvorschläge.
Sie haben schon recht, es wurde viel Kritik an dieser Regelung geübt, und diese Kritik muss man auch ernst nehmen. Wir werden uns da natürlich einbringen, wenn es um die diesbezüglichen Diskussionen auf europäischer Ebene geht. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Jury, bitte.
Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Guten Morgen, Frau Minister! Das Land Kärnten mit Landeshauptmann Dr. Gerhard Dörfler hat eine Verfassungsklage eingebracht. (Abg. Ing. Westenthaler: Seit wann ist der Doktor? Ist der Arzt geworden oder was, der Dörfler?) – Entschuldigen Sie den Versprecher! – Landeshauptmann Gerhard Dörfler hat eine Verfassungsklage gegen dieses Vorratsdatenspeicherungsgesetz eingebracht, weil es massiv in die Grundrechte eingreift. Die rote Fraktion in Kärnten hat natürlich gegen diese Klage gestimmt; das nur zur Erinnerung.
Meine Frage: Sehen Sie eine Kausalität mit der Verordnung auf EU-Ebene, die jetzt evaluiert wird, und auch mit der Bundesverfassungsklage in Deutschland, wo der Verfassungsgerichtshof dieses Gesetz für nichtig erklärt hat?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Zum einen möchte ich klarstellen: Es handelt sich um eine Richtlinie, nicht um eine Verordnung zur Vorratsdatenspeicherung.
Ob nun die österreichische Umsetzung dieser EU-Richtlinie grundrechtskonform ist oder nicht, wie gesagt, darüber wird der Verfassungsgerichtshof entscheiden. Es gilt, diese Entscheidung abzuwarten und dann natürlich auch ernst zu nehmen, das ist vollkommen klar.
Sie haben auch die Situation in Deutschland angesprochen. Deutschland hat die Richtlinie bis jetzt noch nicht umgesetzt, genauso wie die Tschechische Republik. Nach meinem letzten Informationsstand haben mittlerweile auch Schweden und Rumänien die EU-Richtlinie umgesetzt, aber eben Deutschland und die Tschechische Republik noch nicht. Da sie ihren Verpflichtungen noch nicht nachgekommen sind, hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und hat auch beim Europäischen Gerichtshof die Verhängung von Zwangsstrafen gegen Deutschland beantragt.
Die Europäische Kommission betont – darauf habe ich bereits hingewiesen –, dass trotz ihrer Überlegungen, die Richtlinie abzuändern, die Richtlinie selbstverständlich umzusetzen ist, und deshalb ist es nur konsequent, dass die Kommission jetzt gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren beantragt hat. Und auch dieses Verfahren gilt es natürlich abzuwarten. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich darf, bevor ich jetzt zur 2. Anfrage komme, bitten, das Gemurmel etwas zu reduzieren. Es ist eine unglaubliche Geräuschkulisse hier im Saal.
Wir gelangen nun zur Anfrage 150/M, der des Herrn Abgeordneten Mag. Donnerbauer. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wir kommen zu einem ganz anderen Gebiet. Unsere Kinder sind unsere Zukunft – das wird ja hoffentlich niemand bestreiten. Als Schwächste brauchen sie einerseits unsere besondere Zuwendung, Zuwendung seitens des Gesetzgebers und auch des Staates, andererseits sind sie von Trennungen ihrer Eltern emotional ganz
besonders betroffen. Es gibt auch sehr viele wissenschaftliche Erkenntnisse und Hinweise, dass Kinder beide Elternteile, einen gut funktionierenden Kontakt zu beiden Elternteilen benötigen.
Vor einigen Jahren wurde die gemeinsame Obsorge ermöglicht, dennoch gibt es da noch einige beträchtliche Lücken, daher meine Frage:
„Welche Schritte beabsichtigen Sie zur Verbesserung der gemeinsamen Obsorge?“
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Donnerbauer, Sie haben völlig recht, unsere Kinder sind natürlich unsere Zukunft, und das bedeutet für mich als Justizministerin auch, dass ich die entsprechenden rechtlichen Regelungen zum Schutz der Kinder schaffen muss. Gerade im familienrechtlichen Bereich sehen wir einen Änderungsbedarf, und für mich ist gerade das Thema „Familie und Familienrecht“ wirklich von ganz großer Bedeutung.
Es ist im Ministerium ein Arbeitskreis eingerichtet worden, der sich genau mit diesen Fragen beschäftigt hat: Wo können wir im Familienrecht die notwendigen Änderungen vornehmen, um für die Kinder eine bessere Situation – etwa im Falle der Trennung der Eltern – zu schaffen? Das sind ja die Situationen, in denen die Kinder besonders leiden, und da muss man natürlich ansetzen.
In diesem Arbeitskreis ist es darum gegangen, die divergierenden Interessen von Müttern, Vätern und insbesondere der Kinder zusammenzubringen und eine gemeinsame Lösung zu finden. Dazu haben wir in den Arbeitskreis Vertreter der betroffenen Bundesministerien eingeladen, aber natürlich auch Vertreter der Wissenschaft, der Rechtsprechung und auch der rechtsberatenden Berufe, klarerweise auch Interessenvertreter der Mütter, Väter und Kinder.
Es ist gelungen, da wirklich zu gemeinsamen tragfähigen Lösungen zu kommen, und nun geht es darum, daraus eine Regierungsvorlage zu machen beziehungsweise zuerst einmal – wir arbeiten gerade daran – einen Begutachtungsentwurf zu erstellen. Wir arbeiten gerade an der Ausarbeitung des Gesetzestextes und der Erläuterungen.
Im nächsten Schritt wird es dann – und da bin ich zuversichtlich, dass das noch vor dem Sommer stattfinden wird – erste politische Abklärungen geben. Wenn auf politischer Ebene alles abgeklärt ist, dann können wir in die Begutachtung gehen. Ich hoffe, dass das alles rasch geht, eben zum Wohle der Kinder. Das soll ja auch im Mittelpunkt stehen, das ist für mich vollkommen klar.
Ich muss allerdings auch betonen, dass es bei den von mir geplanten Änderungen nicht nur um Obsorge geht – das wird immer etwas verkürzt auf Obsorge –, sondern mir geht es auch um Verbesserungen beim Besuchsrecht, mir geht es um Verbesserungen bei den familiengerichtlichen Verfahren, um Verfahrensverkürzungen, und mir geht es auch um Änderungen im Namensrecht. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer, bitte.
Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Das freut mich natürlich, und ich glaube, alle diese Bereiche, in denen es darum geht, dem Kindeswohl noch besser zum Durchbruch zu verhelfen, sind natürlich zu unterstützen. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sich ja bekanntlich schon mehrmals mit dem Obsorgerecht beschäftigt.
Können wir davon ausgehen, dass durch die Gesetzesvorschläge, die Sie vorlegen werden, die Umsetzung des Erkenntnisses des EGMR sichergestellt ist?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Natürlich geht es darum, dass wir die Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte auch umsetzen. Es gab ja ein Urteil gegen Österreich, das war die Causa Sporer, und ein Urteil gegen Deutschland, das war der Fall Zaunegger, und wir setzen natürlich das um, was dort judiziert wurde. Da geht es vor allem darum, dass festgestellt wurde, dass bei uns insbesondere die Väter von unehelichen Kindern diskriminiert werden, weil Väter von unehelichen Kindern keine Möglichkeit haben, gegen den Willen der Mutter die gemeinsame Obsorge zu beantragen.
Das heißt, es muss nach dem EGMR den Vätern unehelicher Kinder ein Antragsrecht eingeräumt werden, und dann muss natürlich vom Gericht entschieden werden, was dem Kindeswohl am besten entspricht. Das ist ja dann immer die entscheidende Frage. Zuerst wird der Antrag auf gemeinsame Obsorge gestellt, und dann ist die Familienrichterin, der Familienrichter am Zug und muss entscheiden, welche Variante – alleinige Obsorge oder gemeinsame Obsorge – dem Kindeswohl am besten entspricht. Darum muss es immer gehen. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Grosz, bitte.
Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Frau Bundesminister! Es ist traurig, dass Kinder zum Spielball postehelicher Auseinandersetzungen werden. Kinder haben gleichermaßen das Recht auf Vater und Mutter, Kinder haben das Recht auf eine Erziehung, auf eine friedliche Erziehung im Haushalt, und es ist unerträglich, dass Kinder viel zu oft Aggressionen, die aufgrund einer Beziehung entstanden sind, ausgesetzt werden. Daher fordern wir schon seit Langem die gemeinsame Obsorge, auch im Interesse von Vätern ohne Rechte, aber auch von Vätern, die die Obsorge wollen, und auch von Müttern, die die Obsorge wollen – dies im Sinne eines gemeinsamen Zusammenlebens.
Ihre Vorgängerin Bandion-Ortner hat bereits die gemeinsame Obsorge angekündigt. Bis heute liegt in diesem Haus nichts Konkretes. Und bei der Vorratsdatenspeicherung – SPÖ, siehe vorige Frage – war auch Uneinigkeit zu spüren.
Wann werden Sie sich mit Frauenministerin Heinisch-Hosek endlich einigen, dass wir die gemeinsame Obsorge in Österreich Gesetz werden lassen?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wie gesagt, wir arbeiten gerade an der Fertigstellung eines Entwurfes. Dieser Entwurf wird noch in diesem Monat fertiggestellt werden, und dann geht es eben in die politischen Gespräche mit dem Koalitionspartner. Ich bin zuversichtlich, dass wir uns rasch einigen können, weil wirklich das Kindeswohl in den Vordergrund gestellt werden muss. Und wie Sie auch vollkommen richtig gesagt haben: Man redet schon lange darüber. Jetzt geht es einmal darum, wirklich Nägel mit Köpfen zu machen und in die Umsetzung zu gehen.
Sie haben angesprochen, dass es Ihnen um die gemeinsame Obsorge geht. Es ist natürlich auch mein Anliegen, die gemeinsame Obsorge in viel mehr Fällen als bisher zu ermöglichen, wobei ich auch klar sagen möchte, dass das etwas anderes ist als eine automatische Obsorge, ein Automatismus.
Automatismus würde zum Beispiel auch bedeuten, dass etwa ein Elternteil, der einem Kind Gewalt angetan hat, die gemeinsame Obsorge hätte. Das ist meines Erachtens nicht zielführend. Entscheidend muss immer sein, was dem Kindeswohl am besten
entspricht, und wenn Gewalt im Spiel ist, bin ich der Meinung, dass die alleinige Obsorge des anderen Elternteils in der Regel dem Kindeswohl weit besser entsprechen wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Musiol, bitte.
Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Ministerin! Sie haben gerade das Kindeswohl angesprochen, den Schutz der Kinder. Das muss wohl im Fokus liegen, wenn wir uns über gemeinsame Obsorge unterhalten. Eine wichtige Voraussetzung für die gemeinsame Obsorge ist aber, dass eine gemeinsame Entscheidung der Eltern getroffen wird.
Wir sind davon überzeugt – und das sagen auch alle ExpertInnen –, dass Gemeinsamkeit nicht verordnet werden kann, auch nicht von einem Gericht. Eltern müssen sich darauf verständigen, dass sie gemeinsam für das Kind da sein wollen; entweder sie schaffen das alleine oder sie brauchen – so wie wir das vorgeschlagen haben – Unterstützung, zum Beispiel durch eine Schlichtungsstelle, wo ihnen Vertreter verschiedener Professionen – SozialarbeiterInnen, MediatorInnen, PsychologInnen – helfen können.
Können Sie ausschließen, dass eine neue Obsorgeregelung derart gestaltet sein wird, dass Kinder in die Situation kommen, dass ihre Eltern gemeinsame Obsorge erhalten, obwohl nicht einmal die geringste Gesprächs- und Einigungsbasis zwischen diesen Eltern besteht?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wenn Sie sagen, dass immer eine gemeinsame Entscheidung der Eltern für die gemeinsame Obsorge vorliegen muss, dann widerspricht das dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat klar gesagt, dass es auch gegen den Willen eines Elternteils die Möglichkeit geben muss, die gemeinsame Obsorge zu erlangen. Wir müssen dieses Urteil natürlich berücksichtigen, und ich nehme als Justizministerin den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klarerweise sehr ernst. Entscheidend muss aber natürlich immer das Kindeswohl sein, und es kann sehr wohl auch in jenen Fällen, in denen anfangs keine Einigkeit über die gemeinsame Obsorge erzielt werden kann, die gemeinsame Obsorge dem Kindeswohl trotzdem am besten entsprechen.
Sie haben auch auf Schlichtungsstellen hingewiesen. Ich möchte – das habe ich ja erwähnt – im Verfahren selbst auch Änderungen vornehmen. Es soll möglich sein, dass die FamilienrichterInnen verpflichtende Maßnahmen anordnen, wie zum Beispiel den verpflichtenden Besuch einer Elternberatung, einer Familienberatung oder den verpflichtenden Besuch eines Erstgespräches betreffend Mediation oder Schlichtungsverfahren.
Durch diese Instrumente wird es meiner Meinung nach leichter sein, die Eltern dazu zu bewegen, sich doch mehr auf das Kind zu konzentrieren, die eigenen Befindlichkeiten, die eigenen Verletzungen in den Hintergrund zu stellen und vielleicht wirklich mehr darüber nachzudenken, was sie am besten für das Kind tun können. Deshalb glaube ich schon, dass es gelingen kann, die gemeinsame Obsorge auch in jenen Fällen, in denen anfangs keine Einigkeit über die gemeinsame Obsorge herrscht, trotzdem noch zielführend und richtig anzuordnen. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Kitzmüller, bitte.
Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Frau Minister! Ich möchte bei dem Punkt anschließen, wo Sie gesagt haben, dass es zu Streitereien kommt für den Fall, dass eben keine gemeinsame Obsorge beschlossen wird oder es diese nicht automatisch gibt. Es gibt ja in Deutschland Studien, in denen diese gemeinsame Obsorge sehr gelobt wird, weil sie eben im Falle einer Scheidung sehr viel Streitpotenzial herausnimmt, was sehr wohl zum Wohle des Kindes ist.
Warum wollen wir mit einem Arbeitskreis dieses Rad neu erfinden und nehmen nicht diese Studien, die es in Deutschland gibt, als Basis dafür, dass wir eine gemeinsame Obsorge automatisch machen, um eben Streitpotenzial zu vermindern, vor allem in Bezug auf den leiblichen Vater, der im Falle einer Scheidung leider oft hinter dem Stiefvater oder dem Lebensgefährten gereiht ist? Wie gedenken Sie dieses Problem zu lösen? Das gilt für einen schlagenden Vater logischerweise nicht.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sie haben ja angesprochen, dass die gemeinsame Obsorge Ihrer Meinung nach und auch entsprechend den deutschen Studien dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Wenn das in jedem Einzelfall so ist, dann werden das die Familienrichterinnen und Familienrichter in jedem Einzelfall auch so entscheiden. Aber das muss eben in jedem Einzelfall beurteilt werden.
Jeder Fall ist individuell, und deshalb bin ich gegen einen Automatismus, denn man kann nicht alle Fälle über einen Kamm scheren und sagen, dass alle Fälle automatisch gleich behandelt werden. Nein, wir müssen jeden Fall individuell betrachten. Das gebietet schon allein das Kindeswohl, denn da muss man in jedem Fall einzeln hinschauen. Wenn in den meisten Fällen für das Kindeswohl – und da gebe ich Ihnen recht, das wird in den meisten Fällen so sein – die gemeinsame Obsorge die beste Lösung ist, dann werden wir künftig die gemeinsame Obsorge als Regelfall haben. Aber, wie gesagt, das muss wirklich im Einzelfall entschieden werden.
Gegen den Automatismus spricht ja auch das, was Sie eben angesprochen haben. Sie wollen ja genauso wenig wie ich, dass etwa ein gewalttätiger Elternteil die Obsorge hat, und das wäre ja schon ein Widerspruch zum Automatismus. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Fazekas, bitte.
Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Sie wissen ja, dass wir in dieser Frage nicht unbedingt gleicher Meinung sind, aber es ist ein guter Weg dahin. Wir sind eben nicht für den Zwang und für die Automatik der gemeinsamen Obsorge, wir sind für die Förderung der freiwilligen gemeinsamen Obsorge. Sie wissen, wir möchten die sofortige Regelung des Besuchsrechts nach einer Scheidung und viele andere Punkte.
Es ist schon die Expertengruppe angesprochen worden. Sie haben am Sonntag in der „Pressestunde“ das Thema auch angesprochen und gesagt, dass die gemeinsame automatische Obsorge nur eine dritte Option sein kann. Welche zwei anderen Optionen haben Sie im Konkreten gemeint? Können Sie das detaillierter ausführen?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Herr Abgeordneter! Ich habe das vorhin schon betont. Sie haben gesagt, Sie sind nicht für die automatische gemein-
same Obsorge; ich habe jetzt auch schon mehrfach angesprochen, dass ich nicht für den Automatismus bin.
Wofür bin ich? – Betrachten wir den Fall einer Scheidung! Nach einer Scheidung bleibt einmal die gemeinsame Obsorge aufrecht, die gemeinsame Obsorge beider Eltern. Wenn sich nun die Eltern aber für die Zukunft nicht einigen können, so haben im Moment die Familienrichterinnen und Familienrichter nur die Möglichkeit, Mutter oder Vater mit der alleinigen Obsorge zu betrauen – selbst wenn sie eigentlich das Gefühl haben, diese könnten sich ja doch noch finden und die gemeinsame Obsorge doch sehr gut bewältigen, was für das Wohl des Kindes am besten wäre. Dennoch kann die Familienrichterin/der Familienrichter sich nur für Vater oder Mutter entscheiden.
Ich möchte, dass künftig sehr wohl auch die Möglichkeit besteht, dass die Familienrichterinnen und Familienrichter sagen: Ja, es kann auch die gemeinsame Obsorge die beste Lösung sein, dem Wohl des Kindes am besten entsprechen! – Das war damit gemeint.
Ich gehe wirklich davon aus, dass dadurch in vielen Fällen die gemeinsame Obsorge kommen wird, weil tatsächlich in vielen Fällen die gemeinsame Obsorge für das Kindeswohl am besten sein wird, und dadurch kann natürlich auch die gemeinsame Obsorge zum Regelfall werden – aber wirklich immer den Einzelfall betrachtend, ohne Automatismus. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 155/M, der des Herrn Abgeordneten Dr. Fichtenbauer. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister, ich habe das Gefühl, Sie haben heimlich schon ein zweites Parteibuch, nämlich ein sozialistisches. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was Sie jetzt erzählt haben, wirft das, was schon erarbeitet worden ist, völlig zurück. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es den gesetzlichen Zustand, dass im Prinzip beide Teile – das ist der gesetzliche Regelfall – zur Obsorge berufen sind. (Beifall bei der FPÖ.) Statistisch abgesichert ist dieser gesetzliche Zustand so, dass zirka 80 Prozent der sonst entstehenden Streitigkeiten – weil das gesetzlich nicht so ist – unterbleiben.
Es hat eine sehr große Enquete gegeben, in der die Meinungen zu 99 Prozent – sage ich jetzt einmal – in diese Richtung gingen, dies also abgesichert haben. Jetzt wird von Ihnen eine Art Kampfbegriff, nämlich Automatismus, in den Raum gestellt und damit schlecht konnotiert. Also fangen wir eigentlich mit dem „Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel“ noch einmal an!
Meine Frage lautet:
„Wann wird dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zugeleitet, die die gemeinsame Obsorge beider Elternteile, analog zur Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland, als gesetzlichen Regelfall vorsieht?“
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich habe schon darauf hingewiesen, dass wir im Moment an der Fertigstellung eines Entwurfes arbeiten, und dieser Entwurf soll ja in mehr Fällen als bisher die gemeinsame Obsorge beider Elternteile ermöglichen. Allerdings arbeiten wir an einer eigenständigen, von Deutschland losgelösten Entwicklung, wir machen eine österreichische Lösung.
Sie haben gesagt, es gehe darum, Streitigkeiten zu vermeiden – auch das wollen wir. Wir wollen Streitigkeiten vermeiden, und wir wollen Lösungen finden, die dem Kindeswohl am besten entsprechen.
Um Streitigkeiten zu vermeiden, muss man meines Erachtens aber schon im Verfahren ansetzen. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass wir künftig eben auch die Möglichkeit eröffnen wollen, dass die Eltern zu Familienberatern gehen, zu Elternberatern gehen, dass sie auch ein Erstgespräch betreffend Mediation oder Schlichtungsstelle führen.
Wir haben auch – wenn Sie sich erinnern – als Pilotprojekt die Familiengerichtshilfe eingeführt. Auch die Familiengerichtshilfe, die die FamilienrichterInnen unterstützt, soll ja dazu dienen, dass die Eltern sich leichter finden und dass die Eltern ihre eigenen Beziehungsprobleme hintanstellen und wirklich gemeinsame Lösungen zum Wohle des Kindes finden, und das wird dann in den meisten Fällen auch die gemeinsame Obsorge sein. Ich will ja – genauso wie Sie – in möglichst vielen Fällen die gemeinsame Obsorge beider Elternteile haben, aber es muss in jedem Einzelfall die beste Lösung für das Kind sein. Es muss in jedem Einzelfall dem Kindeswohl am besten entsprechen. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer, bitte.
Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Ja, das ist ja unbestritten, wenn Streit herrscht, gibt es ja nicht den geringsten vernünftigen Zweifel, dass eine individuelle Lösung gefunden werden muss, das ist ja selbstverständlich. Es geht doch darum, einen Gesetzeszustand herbeizuführen, der von Anfang an Streit vermeidet. (Zwischenruf des Abg. Mag. Steinhauser.) Wenn es Streit gibt, muss selbstverständlich dem Kindeswohl individuell entsprochen werden. Aber das ist ja ein Unsinn, was Sie sagen! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.) Es geht darum, wenn Streit herrscht, und 80 Prozent entfallen , wenn ein Gesetzeszustand der Vernunft besteht. (Ruf: Sehr realitätsfern!)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, Sie haben keine Frage formuliert. (Abg. Mag. Steinhauser: Da gibt’s nichts zu fragen! – Weitere Zwischenrufe.)
Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (fortsetzend): Die Frage lautet (Ruf: Warum bin ich so ?) – Vielleicht können Sie weniger brüllen, Sie kommen ohnehin selber dran. Die Frage lautet, ob es eine Erkenntnis gibt, die grundsätzlicher Natur ist, ob es einen Unterschied zwischen der Bundesrepublik Deutschland, was die gesellschaftlich-politischen Auswirkungen des Prinzips der gemeinsamen Obsorge betrifft, und Österreich gibt, die Österreich veranlasste, einen unterschiedlichen gesetzlichen Zustand herbeizuführen? (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wir haben in Österreich ein eigenständiges Rechtssystem, und auch bei anderen gesetzlichen Regelungen schreiben wir nicht deutsche Regelungen ab. Was spricht dagegen, dass wir einen eigenständigen österreichischen Weg zur Lösung unserer gesellschaftspolitischen Fragen finden? (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf bei der FPÖ.)
Es kann ja nicht die Lösung sein, dass ich als Justizministerin bei allen Fragen immer die deutsche Rechtslage abschreibe, da würde ich mich als Justizministerin doch etwas fehl am Platz fühlen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Außerdem möchte ich auch noch eines sagen: Auch die Rechtslage in Deutschland ist nicht so, dass sie der Rechtsmeinung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte voll entspricht. Auch Deutschland ist in der „Causa Zaunegger“ vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden, und auch Deutschland arbeitet derzeit an einer menschenrechtskonformen Änderung der gesetzlichen Regelungen. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Maier, bitte. (Ruf bei der ÖVP: Das war eine Niederlage! – Abg. Dr. Fichtenbauer: Ihr seid unfähig, zu erkennen! Unfähig! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Heiterkeit. – Abg. Ing. Hofer: Macht nur so weiter! – Unruhe im Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)
Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Guten Morgen Frau Bundesminister! (Zwischenruf des Abg. Ing. Hofer.) Frau Bundesminister, wir sind bei Besuchsrechtsverfahren und bei Obsorgeverfahren mit einem besonderen Problem konfrontiert: dass sie einfach zu lange dauern.
Aus Ihren Anfragebeantwortungen zeigt sich folgende Entwicklung: Im März 2010 gab es 1 596 offene Besuchsrechtsanträge, im Juni 2010 1 649, im Juni 2011 2 093 und im Februar 2012 2 505 offene Besuchsrechtsanträge.
Meine Frage lautet: Wie erklären Sie sich diese enorme Zunahme, und worin sehen Sie die wirklichen Probleme, sodass Verfahren so lange dauern? Liegt es beispielsweise an den Gutachtern oder auch an den zuständigen Familiengerichten?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sie haben da einen sehr wichtigen Punkt angesprochen, der mir ein großes Anliegen ist, nämlich die Beschleunigung dieser Besuchsrechtsverfahren und Obsorgeverfahren, denn gerade wenn es um Kinder geht, spielt ja Zeit eine große Rolle.
Es kommt häufig zu einer Entfremdung zwischen dem Kind und einem Elternteil, wenn ein Verfahren zu lange dauert, und deshalb ist es von ganz besonderer Bedeutung, in diesen Verfahren noch schneller zu werden. Deswegen haben wir mit 1. Jänner 2012 auch das „Pilotprojekt Familiengerichtshilfe“ gestartet. Da stehen zum Beispiel PsychologInnen, SozialarbeiterInnen und PädagogInnen den FamilienrichterInnen zur Seite und haben vor allem die Aufgabe, darauf hinzuwirken, dass sich Eltern möglichst rasch einvernehmlich treffen, also dass Eltern möglichst rasch eine gemeinsame, eine einvernehmliche Lösung für ihre Probleme finden. Das ist natürlich der Idealfall. Wenn es trotzdem zu einem Streit kommt, also wenn ein Verfahren geführt werden muss, dann haben die PsychologInnen die Möglichkeit, gutachtensähnliche Stellungnahmen abzugeben. Auch dadurch kann das Verfahren schneller geführt werden.
Wie gesagt, wir haben das Projekt erst mit 1. Jänner gestartet. Es ist ein Pilotprojekt an vier Standorten. Es wird auch von uns begleitend evaluiert. Die ersten Ergebnisse, die ich sehe, sind sehr, sehr vielversprechend, und wenn das wirklich so weiterläuft, werden wir es natürlich Schritt für Schritt auf weitere Standorte ausdehnen. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Steibl, bitte.
Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Frau Bundesministerin! Das Wohl des Kindes hat oberste Priorität. Daher noch einmal meine Nachfrage: Wodurch soll sichergestellt werden, dass die gemeinsame Obsorge nicht durch einen Elternteil, wenn es Streit gibt, unterlaufen wird?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Da gilt es meines Erachtens zwei Phasen zu unterscheiden. Das eine ist einmal die Begründung der Obsorge: Wer bekommt die Obsorge? Bekommt sie die Mutter, bekommt sie der Vater oder bekommen sie beide gemeinsam? Da ist es im Moment nach österreichischer Rechtslage so, dass gegen den Willen eines Elternteils eine gemeinsame Obsorge nicht möglich ist. Diesbezüglich sind wir auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden. Wir müssen auch dem nicht obsorgeberechtigten Elternteil eine Antragsmöglichkeit auf gemeinsame Obsorge einräumen. Das ist ein Teil meines Entwurfes.
Aber es geht natürlich auch um folgende Frage: Was geschieht, wenn die gemeinsame Obsorge besteht, aber ein Elternteil einseitig die gemeinsame Obsorge aufkündigt? Auch in diesem Fall wird es künftig so sein, dass in jedem Einzelfall einer solchen Aufkündigung auch die Familienrichterin/der Familienrichter entscheiden muss: Entspricht das wirklich am besten dem Kindeswohl? Es erfolgt also auch da wieder eine Einzelfallentscheidung durch die Richterin, durch den Richter, immer ausgerichtet auf den Maßstab des Kindeswohls.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Haubner, bitte.
Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Bundesministerin! Ihre Antworten zeigen jetzt, dass vom Arbeitskreis im Jahr 2010 bis heute in den Arbeitskreisen zwar einiges geschehen ist, aber die politische Einigung noch nicht da ist. Und was mir auffällt: Sie sind absolut umgeschwenkt auf die Linie Ihres Koalitionspartners, der vehement die gemeinsame Obsorge als Regelfall bekämpft. Ich möchte nicht von Automatismus reden, sondern von der gemeinsamen Obsorge als Regelfall. Und die Frau Frauenministerin hat ja gesagt, sie freut sich, dass in die Sache endlich Bewegung kommt.
Meine Frage: Worin besteht der Unterschied des Modells der gemeinsamen Obsorge, das Sie jetzt machen wollen, zu dem, wie wir es derzeit haben? Derzeit ist es ja auch eine Kann-Bestimmung und nicht eine Verpflichtung. (Abg. Ing. Hofer: ÖVP auf SPÖ-Linie! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ich möchte einmal klarstellen: Ich bekämpfe nicht die gemeinsame Obsorge. Ganz im Gegenteil: Mir geht es darum, in viel mehr Fällen als bisher die gemeinsame Obsorge erst möglich zu machen. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.) – Ja, aber dann müssen Sie einmal verstehen, wie die heutige Rechtslage ist. Die heutige Rechtslage ist nämlich so, dass nach der Scheidung einmal beide Elternteile die gemeinsame Obsorge weiter behalten. Wenn sie sich aber nicht einigen können, wie das mit der Obsorge weiter gehandhabt werden soll (Abg. Ing. Hofer: Das wissen wir alles!), dann hat die FamilienrichterIn eben nur die Möglichkeit, zu sagen: Entweder Vater oder Mutter hat die alleinige Obsorge. (Abg. Ing. Hofer: Das wissen wir!)
Es besteht nicht die Möglichkeit, eine gemeinsame Obsorge festzulegen. Und das soll, immer gemessen am Kindeswohl, ermöglicht werden. Und ich bin da wirklich zuversichtlich, dass es durch diese neue Lösung in vielen Fällen zur gemeinsamen Obsorge kommen wird (Abg. Ing. Hofer: Sie sind voll auf SPÖ-Linie!), weil eben in vielen Fällen die gemeinsame Obsorge tatsächlich das Beste für das Kind ist. Und da treffen wir einander wieder, da sehe ich also kein Problem. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haubner: Das ist aber keine Änderung der bisherigen ! – Bundesministerin Dr. Karl: O ja!)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser, bitte.
Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Frau Justizministerin! Sie haben angekündigt, im Zuge der Novellierung der Obsorge – so es dazu kommt – auch das Namensrecht novellieren zu wollen. Ich halte dies für einen beachtlichen Schritt. Da gibt es von unserer Seite auch – ungewöhnlich, aber doch – Lob für Sie, dass Sie das angehen, denn dies ist auch eine langjährige Forderung von uns. Es geht in die Richtung, dass mehr gemeinsame Doppelnamen, die eine neue Familienidentität abbilden, möglich sind. Wir kriegen immer wieder Schreiben, in denen man fragt: Warum können wir nicht gemeinsame Doppelnamen mit dem Kind oder gemeinsame Doppelnamen der Ehepartner haben?
Meine Frage ist: Warum koppeln Sie die Novellierung der Obsorge mit der Novellierung des Namensrechts, zumal bei der Obsorge offensichtlich noch massiver Diskussionsbedarf besteht? Dadurch kommt ja das Anliegen der Änderung des Namensrechts in eine Endloswarteschleife. Entkoppeln Sie das!
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Das Namensrecht ist ein wesentlicher Teil dieses Familienrechtspaketes, und wie Sie vollkommen richtig gesagt haben, geht es da um mehr Flexibilität, als wir sie heute haben, weil wir natürlich sehen, dass die Menschen mehr Flexibilität wollen, so zum Beispiel in den von Ihnen angesprochenen Fällen: gemeinsamer Doppelname für die ganze Familie – das wird es künftig geben –, oder es wird auch möglich sein, wenn zum Beispiel die Eltern getrennte Namen haben, dass das Kind einen Doppelnamen hat, gebildet aus den beiden Elternnamen. Was aber auch sichergestellt wird, ist, dass nicht zu lange Namensketten entstehen, denn das wäre natürlich auch nicht zielführend. Das heißt, es können maximal zwei Elemente mit Bindestrich verbunden werden und nicht mehr, um nicht zu zu langen Ketten zu kommen.
Ich bin nach wie vor zuversichtlich, dass wir auch in Bezug auf die Obsorge rasch zu einer Lösung kommen. Deswegen sehe ich im Moment keinen Bedarf, das Namensrecht auszukoppeln. Das wird ein großes Paket werden: mit Verbesserungen bei der Durchsetzbarkeit des Besuchsrechtes, mit Verbesserungen im Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren, mit Verbesserungen in Bezug auf gemeinsame Obsorge, und dann eben auch das Namensrecht. Das wird ein schönes, großes Paket, und ich bin da optimistisch, dass es gelingen wird, da rasch zu einer Lösung zu kommen. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 152/M. Herr Abgeordneter Steinhauser, Sie sind wieder am Wort. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Frau Justizministerin! Die Mietkosten in den letzten zehn Jahren sind explodiert: Von 2000 auf 2010 ist der Hauptmietzins im Bereich des Altbaus um 58 Prozent gestiegen, im Vergleichszeitraum die Löhne um 22 Prozent. Daraus wird relativ klar: Wohnen wird immer teurer. Es wird immer mehr Geld für Wohnen ausgegeben. Das ist eine besondere Belastung für junge Familien. Meine Frage an Sie:
„Welche konkreten gesetzlichen Reformen im Mietrecht planen Sie, um ein weiteres Ansteigen der Mietpreise zu stoppen?“
(Abg. Ing. Hofer: Keine Vermögensteuer!)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich möchte zunächst einmal darauf hinweisen, dass im Regierungsprogramm für diese Gesetzgebungsperiode keine substanzielle Änderung des Mietzinsrechtes vorgesehen ist.
Soweit das Regierungsprogramm gesetzgeberische Maßnahmen bei der Valorisierung des Mietzinses zur Vermeidung allzu häufiger Mietzinserhöhungen vorsieht, wurde dies ja bereits erledigt, nämlich durch die Wohnrechtsnovelle des Jahres 2009. Dieses Anliegen wurde bereits erfüllt. Seither werden nämlich die mietrechtlichen Richtwerte nur noch alle zwei Jahre angepasst, und das ist natürlich klarerweise eine ganz wichtige neue Regelung für die Mieterinnen und Mieter.
Die Regelungen über die Mietzinsbegrenzung im österreichischen Mietrecht könnten aber durchaus noch optimiert werden – da gebe ich Ihnen recht –, um eben auch eine Verbesserung ihrer Effektivität und auch eine einheitlichere Ausgestaltung zu gewährleisten.
Man muss sich aber natürlich gerade in diesem Bereich auch vor Augen halten, dass es dabei ja um einen gesetzlichen Eingriff in die Privatautonomie geht. Und bei jedem gesetzlichen Eingriff in die Privatautonomie muss man natürlich schon mit Fingerspitzengefühl vorgehen und muss sich das ganz genau anschauen. Da bin ich schon dafür, auch wirklich vorsichtig zu agieren. Vor allem muss man, wenn durch gesetzliche Regelung in die Privatautonomie eingegriffen wird, auch die davon betroffenen Interessen sehr ernst nehmen und auch schauen, dass man einen guten Interessenausgleich findet.
Gerade wenn man sich das Mietzinsrecht anschaut, sieht man ja, dass das Mietzinsrecht in Wirklichkeit auch auf einem Interessenausgleich zwischen den Mietern und Vermietern basiert, und, wie gesagt, um diesen Interessenausgleich geht es auch immer. Wir wollen natürlich auch, dass Veränderungen und Verbesserungen durchaus möglich sind.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Steinhauser, bitte.
Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Ich möchte mich für die Ehrlichkeit bedanken, denn das ist man ja nicht gewohnt, dass jemand auf ein akutes Problem angesprochen sagt: Da ist nichts geplant! Das ist zwar inhaltlich schlecht, aber zumindest politisch redlich. Einerseits kann man sozusagen sagen: Respekt, dass Sie ehrlich sind! Auf der anderen Seite glaube ich: So einfach geht es nicht!
58 Prozent sind keine Kleinigkeit, und ich glaube, dass man die Bekämpfung der Teuerungswelle im Mietrecht ernsthaft angehen muss. Wir haben vorgeschlagen, dass man ein Mietzinsmodell schafft, in dem abschließend festgelegt ist, wofür es Zu- und Abschläge geben soll und in welcher Höhe. Damit ist Transparenz gewährleistet, denn das Hauptproblem des Mietrechts ist, dass beim Richtwert Fantasiemieten verlangt werden.
Meine Frage ist: Können Sie sich ein Modell in diese Richtung vorstellen?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Transparenz ist natürlich etwas, was in allen Bereichen wünschenswert ist, und ich habe auch davon gesprochen, dass etwa auch eine einheitliche Ausgestaltung wünschenswert wäre, und das geht ja auch in Richtung mehr Transparenz, wenn man eine einheitliche Ausgestaltung vornimmt.
Aber, wie gesagt, es geht auch darum, vorsichtig zu agieren, weil verschiedene Interessen betroffen sind, und man muss meines Erachtens schon Lösungen finden, die den unterschiedlichen Interessen gerecht werden und wirklich so weit wie möglich einen Interessenausgleich sicherstellen. Wenn das mit einem Modell, wie es Ihnen vorschwebt, gelingt, können wir uns das gerne einmal näher ansehen.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Vock, bitte.
Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Sehr geehrte Frau Minister! Von den rund 4 Millionen Wohnungen in Österreich sind rund 3 Millionen in Privatbesitz. Ein guter Teil dieser Wohnungen ist allerdings leer stehend. In meiner Heimatgemeinde waren dies bei der letzten Erhebung rund 10 Prozent. Fragt man die Eigentümer, warum die Wohnungen nicht vermietet werden, erhält man die Antwort, dass sie durch das Mietrechtsgesetz und lange Prozesse verunsichert sind. Würden diese Wohnungen auf den Markt kommen, würde das Angebot deutlich erhöht und die Mietpreise würden sogar deutlich sinken.
Was gedenken Sie zu unternehmen, um diese Unsicherheit der Vermieter zu beseitigen, damit die leer stehenden Wohnungen auf den Markt kommen und somit die Mietpreise deutlich gesenkt werden können?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ja, das zeigt eben jetzt auch im Vergleich zur vorigen Wortmeldung, dass es unterschiedliche Interessen gibt und wie wichtig hier auch ein Interessenausgleich ist, weil natürlich sowohl die Mieter als auch die Vermieter berechtigte Interessen haben. Es ist im Moment jetzt keine konkrete Regelung in diese Richtung geplant, aber ich werde mir natürlich auch dieses Problem ansehen. Vielleicht kann man eine gemeinsame Lösung finden, wenn wirklich beide Interessen zusammengebracht werden können und man einen Interessenausgleich schafft, mit dem beide ganz gut leben können, denn, wie gesagt, ich bin nicht dafür, das eine Interesse gegen das andere auszuspielen oder den einen gegenüber dem anderen zu bevorzugen. Man braucht gute Lösungen für beide Teile in diesem Bereich.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Becher, bitte.
Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Vielleicht darf ich das anders formulieren, weil es ja auch immer darauf ankommt, wer Eigentümer ist. Wenn wir uns das ansehen, dann stellen wir fest, bei den Gemeindewohnungen ist in demselben Zeitraum die Miete um 9 Prozent gestiegen, bei der GBV um 11 Prozent und bei den Privaten ist sie um über 22 Prozent gestiegen. Das betrifft vor allem Wohnungen, die vor 1945 errichtet worden sind und dem Richtwertmietzinsmodell unterliegen. Das heißt also, genau dieses Modell ist anscheinend nicht ausreichend, um dieses Problem zu bewältigen.
Jetzt meine Frage: Können Sie sich vorstellen, dass wir in diesem Bereich bei den Richtwertmietzinsen Änderungen vornehmen? Wir haben ja auch eine Reihe von Lösungsvorschlägen eingebracht, damit wir dieses Problem bewältigen können.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wie ich bereits erwähnt habe, war ein ganz wichtiger Schritt in diesem Zusammenhang die Wohnrechtsnovelle 2009, wodurch eben gewährleistet worden ist, dass die mietrechtlichen Richtwerte nur noch alle zwei Jahre angepasst werden. Das war natürlich ein ganz wichtiger Schritt, aber man kann auch noch über weitere Schritte reden. Aber, wie gesagt, es ist ein gesetzlicher Eingriff in die Privatautonomie, das muss man berücksichtigen, und deshalb
muss man mit derartigen Maßnahmen auch sehr vorsichtig umgehen, weil das natürlich schon ein massiver Eingriff ist. Aber wenn es hier möglich ist, Lösungen zu finden, die beiden Interessen, die hier angesprochen sind, gerecht werden, nämlich jenen von Mieter und Vermieter, wenn es solche Lösungen gibt, bin ich gerne dazu bereit.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Singer, bitte.
Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Leistbares Wohnen ist ein Grundsatz unserer Wohnungspolitik. Sehr geehrte Frau Bundesministerin, wie verhält sich das österreichische Mietpreisniveau im Vergleich zu jenem anderer europäischer Staaten?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Jetzt war eben viel die Rede von den Erhöhungen des Mietzinses. Ich möchte schon einmal sagen, dass das gesetzliche Mietzinsrecht in den letzten Jahren eben nicht verändert worden ist, und möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die mit Anfang April dieses Jahres wirksam gewordene Valorisierung der Richtwerte nach dem Richtwertgesetz ja lediglich die Änderung des Verbraucherpreisindexes in den letzten zwei Jahren nachvollzogen hat – um das einmal auch klarzustellen.
Zu Ihrer Frage, ob es hinsichtlich des Mietzinsniveaus irgendwelche Vergleichsmöglichkeiten gibt: Uns liegen im Justizministerium keine empirischen Daten betreffend das Mietzinsniveau in anderen europäischen Staaten vor, also da haben wir keine Daten. Es lässt sich allerdings sagen, dass die Wohnungsmietpreise etwa in Wien im Vergleich zu jenen in anderen großen europäischen Städten, wie etwa London, Paris oder München, doch viel niedriger liegen, und das, obwohl Wien zu den Städten mit der höchsten Lebensqualität weltweit zählt, also zumindest eine der Städte mit der höchsten Lebensqualität ist. Trotzdem sind hier die Mietpreise im Vergleich zu jenen in anderen Städten niedriger.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Markowitz, bitte.
Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Frau Bundesminister! Wir stehen aber für klare Transparenz diesbezüglich. Ich habe 2010 einen Antrag eingebracht, in dem es mir vor allem um Wohnungen, die zurückgegeben wurden, geht, und zwar, was die Ausmalregelung betrifft. Das wurde gekippt, wie Sie wissen. Das heißt, wenn eine Wohnung in normalem Zustand zurückgegeben wird, muss sie nicht ausgemalt werden. Die Praxis zeigt aber, wie Sie wissen, dass es gerade bei den Vorsorgewohnungen, die zurzeit extrem boomen, immer eine Mietvertragsklausel gibt, wonach die Wohnung ausgemalt werden muss.
Jetzt haben wir 2010 gefordert, dass es da eine klare Regelung gibt. Wir wollen, dass die Menschen, die Vermieter und die Mieter, sich auskennen. Diesbezüglich werden Sie mir, glaube ich, zustimmen, dass es hier doch eine gesetzliche Regelung geben muss, damit es hier klare Richtlinien und Regeln gibt.
Meine Frage dazu wäre auch: Wie gehen Sie mit den Vorsorgewohnungsbesitzern um, die Mietnomaden haben, die die Menschen ein halbes Jahr bis ein Jahr nicht hinausbekommen und ein persönliches finanzielles Existenzproblem bekommen?
Meine Frage lautet diesbezüglich: In welchem Zeitraum gedenken Sie Änderungen in diesen zwei Fällen durchzuführen?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Betreffend die Problematik, die Sie angesprochen haben, die Verpflichtung zum Ausmalen der Wohnung: Dazu gibt es
eine höchstgerichtliche Judikatur. Es hat sich ja der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach mit dieser Frage beschäftigt. Es gibt keine klare gesetzliche Regelung dazu, aber sehr wohl eben eine höchstgerichtliche Judikatur.
Vorsorgewohnungsmieten haben Sie als weitere Problematik angesprochen. Da ist im Moment nichts Konkretes geplant. Aber, wie gesagt, wenn weitere Diskussionen geführt werden: Änderungen im Mietrecht ja, aber eben wirklich immer beide Seiten, beide Interessen einbeziehend, um Lösungen zu finden, die nicht zulasten des anderen gehen.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 149/M, der des Herrn Abgeordneten Grosz. – Bitte.
Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Bei den Anfragen 2 und 3 des heutigen Tages wurde sehr viel über das Kindeswohl gesprochen. Sexueller Missbrauch ist Mord an Seelen. Es ist der größtmögliche Gräuel, der Kindern angetan wird. Es ist eine Krankheit unserer Gesellschaft, dass Kinder nach wie vor missbraucht werden. Die Mehrzahl der Missbrauchsfälle findet im familiären Umfeld statt, in staatlichen oder städtischen Kinderheimen, in Organisationen des Kultusbereiches.
Dazu meine Frage:
„Noch immer ist es möglich, dass Straftaten gegen sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von minderjährigen Opfern verjähren können. – Wie beurteilen Sie dies?“
Und was gedenken Sie zu tun, um diesen Missstand, diesen zum Himmel schreienden Missstand endlich zu beenden, dass sexueller Missbrauch in diesem Land überhaupt verjähren kann?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Unser Strafrecht sieht aus mehreren Gründen, auf die ich auch gleich noch näher eingehen werde, vor, dass nur strafbare Handlungen, die mit 10 bis 20 Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, nicht verjähren. Und dafür gibt es eben, wie gesagt, mehrere Gründe.
Für die Verjährung einer Strafbarkeit spricht nämlich, dass durch das lange Wohlverhalten seit der Tatbegehung die Bestrafungswürdigkeit abnimmt. Auch hat durch den langen Zeitablauf seit der Begehung des Delikts die Strafe nicht mehr die geforderte Wirkung.
Und dann kommt noch ein ganz zentraler Punkt hinzu: Es ist natürlich nach zunehmender Zeit immer schwieriger, auch den Sachverhalt zu ermitteln. Es ist schwieriger, die Tat zu rekonstruieren, nämlich so zu rekonstruieren, dass es wirklich auch für einen Schuldspruch ausreicht. Es ist natürlich durch den Verlauf der Zeit in vielen Fällen nahezu unmöglich, die Beweise so zu führen, dass es tatsächlich zu einem Schuldspruch kommt.
Was ist dann die Folge? – Dann kommt es sehr häufig zu einem Freispruch aus Mangel an Beweisen, und das ist natürlich für die Opfer auch wieder mit einer enormen psychischen Belastung verbunden. Man darf ja nicht vergessen, dass sich die Opfer Hoffnungen machen, dass der Täter quasi doch noch seine Strafe verbüßen muss, dass der Täter doch noch verurteilt wird – und dann kommt es zu einem Freispruch aus Mangel an Beweisen, wie gesagt, sehr häufig verbunden mit enormen psychischen Belastungen.
Heute geht man überdies auch davon aus, dass im Verarbeitungsprozess des sexuellen Missbrauchs eine zeitliche Rahmenfrist für eine allfällige Anzeige auch deshalb wichtig sein kann, um das Erlittene endgültig abschließen zu können und nicht nach vielen Jahren die lange zurückliegenden und schmerzhaften Erfahrungen zum Beispiel für eine Beweisaufnahme wieder aufleben zu lassen. Also das ist auch sehr belastend, wenn man das noch einmal durchleben muss. Daher spricht auch aus der Sicht der Opfer die Gefahr der Sekundärviktimisierung gegen eine völlige Aufhebung der Verjährungsfrist.
Wobei man aber auch sagen muss, dass wir in den letzten Jahren eine Verbesserung für minderjährige Opfer sehr wohl vorgenommen haben: Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1998 wurde ja die Zeit bis zur Erreichung der Volljährigkeit des zur Tatzeit minderjährigen Opfers bei bestimmten Sexualdelikten nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet.
Ein weiterer wichtiger Schritt wurde mit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz getan. Es wurde nämlich festgelegt, dass hier die Verjährung erst mit Vollendung des 28. Lebensjahres zu laufen beginnt.
Da haben wir also ohnedies vieles getan, aber, wie gesagt, gegen eine gänzliche Aufhebung der Verjährungsfrist sprechen die von mir genannten Gründe. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Grosz, bitte.
Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Ich bin über diesen Applaus und über Ihre Antwort wirklich erschüttert. Ich muss Ihnen klar widersprechen. Sie wissen ganz genau, dass manche Kinder erst nach zehn, 15 Jahren überhaupt über die erlebten Gräuel sprechen können und dann dank Ihrer Politik nicht mehr vor Gericht zu ihrem Recht kommen, dass die Täter überhaupt bestraft werden. Und das ist der Irrsinn.
Der zweite Irrsinn, in Anbetracht dessen ich langsam den Eindruck bekomme, dass die Justiz in unserem Land insgesamt die „Schutzmantelmadonna“ von Sexualstraftätern ist, besteht darin, dass seit 2007 fast 600 Sexualstraftäter durch Ihre Justiz vorzeitig entlassen wurden, und davon sind 47 rückfällig geworden, und zwar 17 sogar noch einschlägig. Wie können Sie das mit Ihrem Gewissen und mit Ihrer Politik überhaupt vereinbaren?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ich habe darauf hingewiesen, dass wir die Verjährungsfrist ohnehin schon sehr weit hinausgeschoben haben. Sie beginnt erst mit Vollendung des 28. Lebensjahres zu laufen, und da besteht wirklich ausreichend Zeit, die Tat noch aufzuklären.
Was wir – wie gesagt – nicht wollen, ist, dass Menschen in Verfahren gehetzt werden, bei denen es keine Möglichkeit mehr gibt, das, was geschehen ist, aufzuklären, bei denen diesen Menschen falsche Hoffnungen gemacht werden und sie noch einmal alles aufarbeiten und letztlich erleben müssen, dass ein Freispruch aus Mangel an Beweisen stattfindet. Diese Sekundärviktimisierung in einem solchen Verfahren soll man meines Erachtens den Opfern nicht zumuten. (Abg. Brosz: Und was ist mit den vorzeitigen Entlassungen?)
Betreffend vorzeitige Entlassungen kann ich Ihnen sagen, dass damit wirklich sehr sensibel umgegangen wird. (Abg. Brosz: Rückfälle!) Es gibt nicht so viele Rückfälle. (Abg. Brosz: Ich habe Ihnen die Zahlen gerade genannt!) Wir haben hier gute Erfahrungen gemacht. Alles, was vorzeitige Entlassungen betrifft, wird sehr ernst genommen: Sie können sicher sein, dass genau geprüft wird, in welchen Fällen eine
vorzeitige Entlassung überhaupt möglich ist. (Beifall bei der ÖVP. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill.
Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Guten Morgen, Frau Ministerin! Ich bin davon überzeugt, dass Gewalt mit nichts zu rechtfertigen ist, wirklich mit nichts! Egal, wie lange eine Straftat schon zurückliegt, sie ist mit nichts zu rechtfertigen!
Auch ich meine, dass die Justiz hier ansetzen sollte. Jede Anzeige, die gemacht wird, vor allem dann, wenn es um Gewalt gegen Kinder und Jugendliche geht, ist eine zu viel. Ich bin mir sicher, dass wir diesbezüglich auf einer Linie liegen.
Die Diskussion über die Verjährungsfrist ist die eine Seite, andererseits gibt es auch eine Diskussion über das große Thema „Prävention“. Deshalb auch meine Frage im Zusammenhang mit Prävention jetzt gerade nach dem furchtbaren Tod des achtjährigen Jungen in Niederösterreich durch die Hand seines eigenen Vaters. „Task Force Kinderschutz“ wird sofort ausgerufen. ExpertInnen raten schon seit Jahrzehnten dazu, das Betretungsverbot in ein automatisches Kontaktverbot auszuweiten, und das ist auch meine Forderung. Wie stehen Sie zum automatischen Kontaktverbot?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ich gebe Ihnen zum einen völlig darin recht, dass Prävention wichtig ist. Wir sprechen immer viel von Verjährungsfristen. Viel wichtiger ist aber natürlich einerseits die Prävention, andererseits ist es aber auch wichtig, den Menschen, die wirklich Opfer von sexuellem Missbrauch oder anderen Gewalttaten wurden, auch die Möglichkeit zu bieten, das Geschehene rasch aufzuarbeiten und dann auch rasch ein Verfahren zu führen.
Da muss man ansetzen: einerseits bei der Prävention, aber man muss auch dann, wenn jemand Opfer geworden, helfen, und das geht natürlich nicht nur mit juristischen Mitteln und rechtlichen Maßnahmen, sondern da bedarf es – wie Sie wissen – auch vieler anderer Maßnahmen.
Der von Ihnen angesprochene Fall des achtjährigen Kindes, das vom Vater erschossen wurde, ist ein wirklich tragischer Fall. Ich glaube, das hat uns wirklich alle aufgerüttelt, denn dieser Fall war wirklich unfassbar und unvorstellbar. Man kann sich das gar nicht vorstellen!
Und natürlich stellt sich dann sofort die Frage: Wo gibt es hier Lücken? Wo müssen wir ansetzen? (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)
Teilweise wird gesagt, man sollte das Betretungsverbot auch auf Schule, Kindergärten et cetera ausdehnen. Dazu gibt es aber viele Gegenmeinungen, die davon abraten, weil das nichts helfe und nur dazu führe, dass dann überhaupt weniger Betretungsverbote beantragt werden. Es gibt diesbezüglich also unterschiedliche Meinungen. Ich bin im Gespräch mit vielen Experten und Expertinnen, um wirklich auszuloten, wo wir ansetzen müssen. Es gibt zusätzlich auch diese „Task Force“. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)
Mir ist das, wie gesagt, ein großes Anliegen, und ich hoffe, dass wir zu guten Lösungen kommen. Aber es gibt ganz unterschiedliche Lösungsansätze.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein, bitte.
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Bundesminister! Eines der bekanntesten minderjährigen Opfer war Frau Kampusch. In diesem Zusam-
menhang gab es auch ein Verfahren gegen Staatsanwälte wegen Amtsmissbrauchs, das derzeit vom Rechtsschutzbeauftragten Ihres Ressorts geprüft wird oder wurde.
Können Sie uns darüber informieren, wie weit diese Prüfung fortgeschritten ist?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Das von Ihnen angesprochene Verfahren in der „Causa Kampusch“ liegt tatsächlich noch beim Rechtsschutzbeauftragten, er prüft das noch. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, bis wann er damit fertig sein wird, aber es liegt jedenfalls noch dort.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Binder-Maier, bitte.
Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Bundesministern! Das Leid von Kindern macht uns alle betroffen. Auch ich bin der Meinung, dass Präventionsarbeit im Vorfeld der beste Schutz für Kinder ist. Sie haben auch erwähnt, dass die strafrechtliche Verjährungsfrist weitgehend ausgeschöpft ist.
Meine Frage:
Erstens: Wie ist Ihre Position zur Ausweitung der Verjährungsfristen auch bei zivilrechtlichen Verfahren?
Zweitens: Wie ist Ihre Position zur Forderung des Dachverbandes österreichischer Kinderschutz-Zentren, professionelle Prozessbegleitung auch in Zivilprozessen zu ermöglichen?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ja, die Ausweitung der Verjährungsfristen in Zivilrechtssachen kann ich mir gut vorstellen. Wir haben schon darüber gesprochen, dass im strafrechtlichen Bereich die Verjährungsfristen wirklich sehr weit ausgedehnt wurden und erst sehr spät zu laufen beginnen. Es ist für mich durchaus vorstellbar, im Zivilrecht eine Änderung, nämlich eine Verlängerung bei den Verjährungsfristen vorzusehen. Der Fokus lag immer auf den strafrechtlichen Verjährungsfristen, aber ich glaube, man sollte sich auch die zivilrechtlichen Verjährungsfristen näher ansehen.
Zur Prozessbegleitung: Wir haben sehr gute Erfahrungen im strafrechtlichen Bereich mit juristischer und psychosozialer Prozessbegleitung gemacht. Das funktioniert wirklich gut, und es ist für die Opfer von großer Bedeutung, dass sie sowohl juristische als auch psychosoziale Unterstützung haben. Inwieweit das auch auf den Zivilrechtsbereich ausdehnbar ist, müssen wir uns ansehen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Das ist natürlich für uns auch eine budgetäre Frage, aber man kann sich im Einzelnen anschauen, in welchem zivilrechtlichen Bereich so etwas sinnvoll ist.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Glaser, bitte.
Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzte Frau Bundesministerin! Bereits jetzt sind die Verjährungsfristen bei Sexualdelikten relativ weit gefasst, und im Fall von unbegrenzten Verjährungsfristen, etwa nach 30 oder 40 Jahren, ist – wie Sie selbst gesagt haben – zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit, Beweismittel zu finden, relativ eingeschränkt.
Meine konkrete Frage: Wie beurteilen Sie die Gefahr von Freisprüchen aus Mangel an Beweisen im Fall dieser unbegrenzten Verjährungsfristen?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Es ist natürlich Faktum, dass sich die Beweislage, je länger die Tat zurückliegt, immer mehr verdünnt. Je länger der Zeitraum zwischen Tat und Ermittlungen ist, desto schwieriger wird es auch, einen Beweis zu führen und die für einen Schuldspruch notwendigen Feststellungen zu treffen. Dann kann es nämlich sein, dass Zeugen schon verstorben sind, es kann sein, dass Urkunden nicht mehr auffindbar sind oder vernichtet wurden, es kann auch sein, dass sich die örtlichen Gegebenheiten völlig verändert haben, und natürlich gibt es auch Erinnerungslücken beim Opfer und bei den Zeugen. All das ist natürlich durch den Lauf der Zeit viel schwieriger zu ermitteln.
Um hier geweckte Erwartungen nach langen Jahren nicht zu frustrieren, ist es aus Sicht der Opfer wirklich besser, eine Verjährungsfrist vorzusehen, um nicht zu der von mir bereits angesprochenen Sekundärviktimisierung zu kommen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Es wird bei den Opfern wirklich oft die Vorstellung suggeriert, dass es zu einem Schuldspruch kommen wird, und dann erleben sie einen Freispruch aus Mangel an Beweisen: Das ist frustrierend für die Opfer. Dann entsteht bei ihnen der Eindruck, dass ihnen nicht geglaubt wird, und das erhöht noch die psychische Belastung vor allem auch dadurch, dass in dem Verfahren vieles wieder durchlaufen wird, was erlebt wurde. Und wenn dann ein Freispruch erfolgt, ist das meiner Meinung nach wirklich nicht zumutbar.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 154/M, der der Frau Abgeordneten Mag. Steßl-Mühlbacher. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Alleinerziehende Menschen sind besonders von Armut betroffen, und die negativen Konsequenzen müssen vor allem die Kinder erleiden.
Wir haben 2010 eine UVG-Novelle durch das Haus gehen lassen. Laut Ihrer Homepage ist die Zahl der Unterhaltsvorschussfälle um rund 30 Prozent angestiegen. Die Zahlen sprechen aber doch auch eine andere Sprache, denn laut Homepage der Österreichischen Plattform für Alleinerziehende bekommen rund 17 Prozent der Kinder keinen Unterhalt und keinen Unterhaltsvorschuss.
Ich glaube, dass wir bestehende Lücken schließen müssen und die Unterhaltsansprüche zu erweitern sind.
Daher meine Frage an Sie:
„Welche weitere Vorgangsweise bei der Reform des Familienrechts unter besonderer Berücksichtigung des Unterhaltsrechts ist von Ihrer Seite in Vorbereitung?“
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ich möchte auch bei dieser Frage noch einmal betonen, dass für mich das Familienrecht von besonderer Bedeutung ist. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass im Moment an einer Änderung des Kindschaftsrechts und des Namensrechts gearbeitet wird, bei welcher es nicht nur um Veränderungen in Bezug auf die gemeinsame Obsorge, sondern natürlich auch um Änderungen beim Besuchsrecht, um Verbesserungen im familiengerichtlichen Verfahren und auch um Änderungen im Namensrecht geht. Darüber haben wir heute schon gesprochen.
Gleichzeitig – das habe ich auch schon angesprochen – haben wir das Pilotprojekt „Familiengerichtshilfe“ eingeführt, also auch eine ganz wichtige Einrichtung in diesem Bereich, um zu guten Lösungen zu kommen.
Im Rahmen der noch freien legislativen Kapazitäten im zivilrechtlichen Bereich werden wir auch im Erbrecht und auch dort, wo es einen Konnex zu familienrechtlichen Regelungen gibt, Änderungen vornehmen, und es ist auch eine Reform im Bereich des Sachwalterrechts geplant. Das ist ein Thema, das jetzt auch wieder aktuell war. Wir sehen, dass auch hier eine Reform notwendig ist. Wir planen also, in diesen Bereichen tätig zu werden.
Auf welchen Gebieten in weiterer Folge auch noch Reformen im Bereich des Familienrechts nötig sind, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Wie gesagt, wir arbeiten jetzt einmal dieses Familienrechtspakt ab, dann wird man natürlich in weiteren Gesprächen auch erarbeiten müssen, wo noch Änderungsbedarf im Bereich des Familienrechtes besteht und inwiefern Änderungen im Unterhaltsrecht notwendig sind. Das ist ein Bereich, der im Moment vor allem der Judikatur überlassen wird. Es gibt ja jede Menge Rechtsprechung zum Unterhaltsrecht, und es wird natürlich ein weiterer großer Schritt im Bereich der Reform des Familienrechtes sein, auch das Unterhaltsrecht in Angriff zu nehmen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Aber wir sind, wie gesagt, auf diesem Gebiet jetzt noch nicht so weit, bereits etwas Konkretes präsentieren zu können.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich muss alle bitten, äußerst knapp zu sein. Wir sind nämlich mit der Zeit schon ordentlich in Verzug.
Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Steßl-Mühlbacher, bitte.
Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Geschätzte Frau Bundesminister! Ihrer Antwort entnehme ich, dass Ihnen ein modernes Familienrecht wichtig ist. Modernes Familienrecht bedeutet auch eine Gleichstellung heterosexueller Lebensgemeinschaften und erfordert beispielsweise auch Änderungen im Namensrecht, Änderungen im Bereich der Obsorge und der Besuchsrechtsregelungen, insbesondere aber auch eine Beschleunigung der Verfahren und auch eine Schließung bestehender Unterhaltslücken.
Daher nochmals meine Frage an Sie: Welche konkreten Schritte werden Sie in diesem Zusammenhang setzen?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wie gesagt, jetzt im Moment stehen im Vordergrund das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz und das Namensrechtsänderungsgesetz. Es geht darum, einmal die Änderungen, die heute schon mehrfach angesprochen wurden, wirklich umzusetzen. Darüber wird schon lange geredet, aber mir geht es jetzt darum, endlich einmal Nägel mit Köpfen zu machen und endlich die notwendigen Regelungen im Bereich Obsorge, Besuchsrecht und Namensrecht umzusetzen.
Dann kann man in einem weiteren Schritt darüber reden, welche Lücken im Unterhaltsrecht bestehen und wo man hier ansetzen muss. Das könnte ein weiterer Schritt sein.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Franz, bitte.
Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Zum Unterhaltsvorschuss hat es eine Enquete gegeben, und man hat festgestellt, dass es Handlungsbedarf gibt. Frau Ministerin! Haben Sie konkrete Pläne, hier etwas zu ändern? Und wie schauen diese Pläne aus?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Es werden natürlich auch immer wieder Probleme in Bezug auf Unterhaltsbevorschussung an das Justizministerium
herangetragen. Und ich kann Ihnen versichern, dass sowohl ich als auch meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirklich vollstes Verständnis für die finanziellen Probleme der betroffenen Frauen mit ihren Kindern haben, denn in vielen Fällen besteht tatsächlich eine große Problematik.
Man muss aber auch sagen, dass der Rahmen der Regelungen, die der Justizgesetzgeber erlassen hat, bereits mit der letzten Änderung in diesem Bereich ausgeschöpft wurde. Für weitere Maßnahmen auf diesem Gebiet sehe ich jetzt einmal die Landesgesetzgebung gefordert, weil das ein Bereich ist, der nicht ausschließlich in die Bundeskompetenz fällt, sondern in dem, wie ich glaube, auch die Landesgesetzgebung tätig werden müsste.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Schenk, bitte.
Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Ministerin! Sie haben angesprochen, dass Sie Verbesserungen bei den Besuchsrechten machen wollen. Sie haben aber noch keine konkreten diesbezüglichen Vorschläge zur Durchsetzung der Verbesserung der Besuchsrechte hier vorgebracht. Ich würde Sie daher bitten, das zu tun!
Eine weitere Frage: Wie wollen Sie bewirken, dass Kinder in Zukunft nicht als Druckmittel verwendet werden können, so wie das jetzt oft der Fall ist?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Die Durchsetzbarkeit des Besuchsrechtes soll verbessert werden, und zwar in beide Richtungen, denn Problemfälle gibt es natürlich immer in beide Richtungen. Da muss man einfach eine bessere Durchsetzbarkeit gewährleisten.
Wir versprechen uns auch viel davon, dass im besuchsrechtlichen Verfahren künftig die Richterinnen und Richter die Möglichkeit haben werden, verpflichtende Maßnahmen anzuordnen, dass zum Beispiel eine Elternberatung aufgesucht wird und wirklich externe Beratung in Anspruch genommen wird, damit vielleicht auch einmal aufgeklärt wird, woran es liegt, dass das mit dem Besuchsrecht nicht funktioniert: Was kann man in Zukunft besser machen?
Wir überlegen uns in diesem Zusammenhang verschiedene Maßnahmen, denn allein mit rechtlichen Lösungen ist dem schwer beizukommen. Ich glaube, man braucht wirklich eine Reihe von zusätzlichen Maßnahmen, und daran arbeiten wir gerade.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Musiol, bitte.
Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Ministerin! Es ist schon angesprochen worden: Obwohl Österreich ein reiches Land ist, gibt es eine ganze Anzahl an Menschen, die in Armut leben oder armutsgefährdet sind. Man spricht, je nach Schätzung, von einer Million plus.
Darunter gibt es besonders gefährdete Gruppen, wie zum Beispiel Ein-Eltern-Haushaushalte, also Alleinerziehende. Im Hinblick auf diese Gruppe spricht man von einer Armutsgefährdung von 30 Prozent. Das liegt unter anderem auch am Unterhaltsrecht und vor allem an der langen Dauer der Unterhaltsgewährung, vor allem im Zusammenhang mit der Bevorschussung, aber auch mit der Unterhaltshöhe.
Gibt es seitens Ihres Ressorts Überlegungen betreffend einen Mindestunterhalt beziehungsweise auch hinsichtlich einer Änderung der Unterhaltsdauer? Hier gab es nämlich zwar schon Verbesserungen, das ist aber noch nicht gänzlich verbessert.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Im Bereich der Unterhaltsbevorschussung wurden bereits die notwendigen Maßnahmen gesetzt, die im Bereich der Kompetenz des Justizgesetzgebers liegen. Ich bin der Meinung, dass man sich hier auch anschauen müsste, was auf landesgesetzlicher Ebene noch möglich ist.
Darüber hinaus ist Unterhaltsrecht, wie ich bereits angesprochen habe, ein Thema, das im Moment nicht aktuell im Ministerium betrieben wird, weil wir gerade am Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz und am Namensrechtsänderungsgesetz arbeiten. Aber es kann durchaus in der Folge ein weiterer Schritt sein, dass man sich wirklich anschaut, wo es hier Lücken gibt und wo man tätig werden muss, um den Ist-Zustand zu verbessern, denn ich gebe ich Ihnen recht, dass es da Lücken gibt.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz, bitte.
Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Bundesministerin! Nicht nur in Unterhaltsverfahren, sondern in jedem Gerichtsverfahren ist es wichtig, Fristen einzuhalten.
Nun gibt es seitens der Justiz neue Kuverts, die ich Ihnen jetzt von der Weite zeigen und von denen ich Ihnen dann auch eine Fotokopie geben darf. In den entsprechenden Normen betreffend Fristen steht, dass die Fristen jeweils ab dem Beginn der Hinterlegung zu laufen beginnen. Für mich als Rechtskundigen ist es kein Problem, zu erkennen, wann das ist, aber für den „Konsumenten“ – unter Anführungszeichen – mag das sehr wohl ein Problem sein.
Auf den Kuverts ist jetzt nur die Hinterlegung bei der Post oder Geschäftsstelle und der Beginn der Abholfrist vermerkt, und es kommt leider Gottes immer wieder vor, dass die Menschen den Beginn der Abholfrist, weil das das ist, was draufsteht, für den Beginn der Laufzeit halten und als gegeben hinnehmen. Früher gab es hinten noch einen Stempel, dass die Hinterlegung am Soundsovielten erfolgt ist. Das ist derzeit nicht der Fall, und es gibt bereits die ersten Fälle, in denen das nicht erkannt wurde.
Was werden Sie tun, um diesen Missstand in irgendeiner Form abzuschaffen?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Diese Problematik ist mir neu. Damit war ich bis jetzt noch nie befasst. Aber ich schaue mir gerne an, was man da ändern könnte. Wenn Sie mir ein Muster geben, dann schaue ich mir das gerne an. – Danke schön.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 151/M, der des Herrn Abgeordneten Hornek. – Bitte.
Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Einen schönen guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Als Vertreter des ländlichen Raumes ist mir die Versorgung des ländlichen Raumes mit zukunftsträchtiger Infrastruktur sehr, sehr wichtig. Eine Neustrukturierung der Bezirksgerichte stand in Diskussion.
Meine Frage an Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin:
„Wie weit sind Ihre Gespräche mit den Ländern zur Neustrukturierung der bezirksgerichtlichen Organisation gediehen?“
Wie weit ist man damit aus Ihrer Sicht?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es wird immer wieder von verschiedensten Seiten, von den Bürgerinnen und Bürgern, von den Medien, aber auch von der Opposition hier im Hohen Haus, eingefordert, dass wir Verwaltungsreformen setzen sollen. Die Strukturoptimierung auf der Ebene der Bezirksgerichte ist genau eine solche Verwaltungsreform, und das ist ein großes Verwaltungsreformprojekt im Kompetenzbereich des Justizministeriums.
Im Hinblick darauf bin ich sehr froh darüber, dass es mittlerweile gelungen ist, mit Niederösterreich und Oberösterreich eine Einigung zu erzielen. Die Gespräche mit den Landeshauptleuten Pröll und Pühringer waren sehr gut und konstruktiv, und die beiden Landeshauptleute haben sich wirklich mit einem großen Maß an Reformwillen eingebracht, weshalb es gelungen ist, hier bereits eine Vereinbarung zu treffen. Diese sieht so aus, dass in Niederösterreich neun Bezirksgerichte aufgelassen und größeren Bezirksgerichten zugeschlagen und in Oberösterreich zehn Bezirksgerichte aufgelassen und in größere Bezirksgerichte integriert werden.
Ich bedanke mich daher noch einmal bei den Landeshauptleuten von Niederösterreich und Oberösterreich dafür, dass ein so konstruktives Arbeiten möglich war. Die beiden haben die regionalen Besonderheiten ihres Bundeslandes eingebracht, die natürlich auch Berücksichtigung gefunden haben, und so sind wir dann zu dieser Lösung gekommen.
Das ist auch meine Herangehensweise bei den Verhandlungen mit den anderen Ländern. Mir geht es einfach darum, mit den Ländern darüber zu verhandeln, wie wir für das jeweilige Bundesland eine optimale Bezirksgerichtsstruktur, natürlich unter Berücksichtigung der jeweiligen regionalen Besonderheiten, schaffen können. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Hornek, bitte.
Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Im ländlichen Raum gibt es auch periphere Regionen, es gibt dort auch schwierigere Situationen. Wie werden Sie gerade in solchen Gebieten den Zugang zum Recht sicherstellen?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Genau diese außergewöhnlichen örtlichen Situationen waren ja im Zuge der Verhandlungen mit den Ländern von großer Bedeutung. Vonseiten der Länder wurde mir eben gesagt, wo es solche besonderen örtlichen Situationen gibt und es deshalb sinnvoll ist, die Gerichte nicht zusammenzulegen. Darauf wird natürlich Rücksicht genommen.
Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass es mir natürlich auch wichtig war, nicht zu sagen, eine Bezirksgrenze ist eine unüberschreitbare Hürde für Zusammenlegungen. Genauso wenig sehe ich auch Landesgrenzen als unüberschreitbare Hürden an. Und ich bin sehr froh, dass es in Österreich erstmals gelungen ist, bei einer Bezirksgerichtszusammenlegung Landesgrenzen zu überschreiten. Es wird nämlich das Bezirksgericht Purkersdorf zum Bezirksgericht Wien-Hietzing verlegt.
Ich glaube, es ist wirklich ein großer Schritt, dass wir erstmals eine Landesgrenzen übergreifende Lösung gefunden haben.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Widmann, bitte.
Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Minister! Jeder Bürgermeister hätte gerne ein eigenes Bezirksgericht. Aber die Zeiten sind vorbei, in denen man diesem Provinzialismus nachgeben konnte. Die Strukturen im Gerichtsbereich sind ja weit über hundert Jahre alt. Man wollte früher sicherstellen, dass man innerhalb eines Tages mit dem Karren ein Gericht erreicht. Heute gibt es ja andere Verkehrsmittel, daher befürworte ich die Reform.
Frau Minister, Sie hatten vor, von den 141 Gerichten nahezu die Hälfte zu schließen, nun bleiben Sie aber auf halber Strecke stehen, bei gut hundert Gerichten, die es werden sollen. Oberösterreich, Niederösterreich haben das ja vorgemacht – in Absprache mit den Regionen zur Wahrung der Rechte der Bürger auch auf dem Land, Vorarlberg blockiert völlig. Ihr Parteikollege Landeshauptmann Wallner steht völlig auf der bürgernahen Bremse, denn, und das muss gesagt werden, mehr Gerichte bedeuten auch mehr Steuergeld.
Meine Frage: Wie geht es da weiter? Und gibt es darüber hinaus im Justizbereich weitere Reformen, die tiefgreifend sind?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ja, Sie haben völlig recht: Wir haben heute ein ganz neues Mobilitätsverhalten, die Zeit der Pferdekutschen ist Gott sei Dank vorbei. Deswegen brauchen wir auch nicht mehr die Bezirksgerichtsstrukturen, die auf das Jahr 1849 zurückgehen, aufrechtzuerhalten, sondern können über Strukturoptimierungen nachdenken und diese natürlich auch umsetzen.
Die Verhandlungen mit den anderen Bundesländern – mit Niederösterreich und Oberösterreich sind sie bereits abgeschlossen – laufen noch. Mir ist es immer wichtig, dabei natürlich auch auf die Anliegen der Länder einzugehen. Mein Plan, den ich als Diskussionsgrundlage für die Gespräche mit den Ländern erarbeitet habe, war ja ein sehr schematischer und hat ganz bewusst nicht auf landesspezifische Besonderheiten Rücksicht genommen, weil mir klar war, dass das die Länder in unseren Gesprächen einbringen werden.
Das hat sich in Niederösterreich und Oberösterreich sehr gut bewährt. Diese beiden Länder haben dort ihre landesspezifischen Besonderheiten eingebracht, und ich habe sie berücksichtigt. Und so werden auch die Gespräche mit den anderen Ländern weitergehen. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser, bitte.
Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Frau Justizministerin! Gerichtsschließungen sind ein Balanceakt zwischen notwendiger Verwaltungsreform und Bürgernähe. In Oberösterreich wollten Sie 18 Gerichte schließen, zehn sind es geworden. Ich halte die Lösung für sinnvoll. Sie ist auch durch die oberösterreichischen Grünen intensiv mitgeprägt worden, die ja in der Landesregierung sitzen. Ich glaube, das ist ein gelungener Balanceakt zwischen Reform und Bürgernähe.
Ich muss aber feststellen, die Totalreformverweigerer sitzen einerseits in Ihren Reihen, in der ÖVP, nämlich in Vorarlberg und Tirol, und in der FPÖ, die sonst immer nach Verwaltungsreformen schreit, in Kärnten.
Meine Frage ist: Wie werden Sie die Verwaltungsreform-Totalverweigerer in Vorarlberg, Kärnten und Tirol doch noch dafür gewinnen, dass sie sich den Herausforderungen stellen? (Abg. Hörl: Das ist eine Frechheit!)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ich darf dazu zuerst einmal festhalten, dass die beiden reformwilligsten Landeshauptleute auch aus meiner Partei kommen, nämlich Erwin Pröll und Josef Pühringer. Das waren ja die Ersten, die einer solchen Reform zugestimmt haben. Dort haben wir die Bezirksgerichtsreform als Erstes durchgesetzt. Auch das möchte ich hier hervorheben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Petzner: Der Erwin Pröll ein Reformer, das ist etwas ganz Neues!)
Mit den anderen Landeshauptleuten wird es noch intensive Gespräche geben. Mein Problem ist natürlich, ich kann den Landeshauptleuten nichts anbieten außer guten Argumenten. Ich kann nur mit Argumenten überzeugen, mit Argumenten wie mehr Qualitätssteigerung durch Spezialisierungsmöglichkeiten, mehr Bürgerservice und mehr Sicherheit an allen Gerichtsstandorten, sonst habe ich wenig zu bieten. Und ich versuche halt weiterhin, die Landeshauptleute, auch wenn sie dem Ganzen etwas kritisch gegenüberstehen, mit Argumenten zu überzeugen und da zu Lösungen zu kommen.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Linder, bitte.
Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrte Frau Minister! Kärnten hat – im Gegensatz zur Aussage des Kollegen von den Grünen – sehr wohl schon lange umgesetzt, dass es nur mehr pro Bezirkshauptstadt ein Bezirksgericht gibt, mit Ausnahme der drei zweisprachigen – eine Kärntner Besonderheit aufgrund der Zweisprachigkeit. Von den Slowenen-Verbänden wurde gefordert, dass dann, wenn die zweisprachigen Bezirksgerichte geschlossen werden, in den bestehenden Bezirksgerichten die Zweisprachigkeit ausgeweitet wird.
Haben Sie diesbezüglich mit den Slowenen-Verbänden Verhandlungen geführt? Und gibt es schon Zusagen, dass in bestehenden Bezirksgerichten, wie zum Beispiel in Villach, in Zukunft die Zweisprachigkeit, zwei Amtssprachen verpflichtend sein sollen?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Dazu möchte ich zuerst einmal festhalten, dass das von Ihnen angesprochene „pro Bezirkshauptstadt ein Bezirksgericht“ weder gesetzlich vorgesehen noch etwas Gottgegebenes ist. Also es muss nicht so sein, es sind auch da sehr wohl Änderungen möglich.
Ich habe vorhin von landesspezifischen Besonderheiten gesprochen, die es zu berücksichtigen gilt. In Kärnten ist eine dieser landesspezifischen Besonderheiten eben die Zweisprachigkeit an drei Bezirksgerichten. Und natürlich wird an der Zweisprachigkeit als solcher nicht gerüttelt – sie ist auch verfassungsrechtlich verankert –, aber man kann sehr wohl über Zusammenlegungen sprechen, und das tun wir gerade. Wir führen Gespräche mit den Volksgruppenvertretern, inwiefern sie sich eine Zusammenlegung – in welcher Konstellation auch immer – der zweisprachigen Bezirksgerichte vorstellen können. Wie gesagt, diese Gespräche laufen noch. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Köfer, bitte.
Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Geschätzte Frau Bundesminister! Ihr Besuch in Kärnten ist uns ja nicht verborgen geblieben. Sie haben auch ganz gute Gespräche mit dem Landeshauptmann geführt, wie wir den Medien entnehmen konnten.
Meine Frage: Sie kennen natürlich auch die Aushöhlung der Infrastruktur im ländlichen Raum, speziell in Kärnten. Gibt es bereits konkrete Namen, welche Gerichte in Kärnten geschlossen werden müssen, und weiß der Kärntner Landeshauptmann darüber Bescheid?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wenn es da bereits ein konkretes Ergebnis geben würde, dann wüsste natürlich der Herr Landeshauptmann darüber Bescheid, da ich das ja mit ihm vereinbaren muss. Aber wir sind noch nicht so weit, dass wir bereits eine Vereinbarung abgeschlossen haben. Daran wird noch gearbeitet.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Danke schön. Es sind nun alle Anfragen aufgerufen. Ich beende daher die Fragestunde und bedanke mich bei der Frau Bundesministerin. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A. Zuweisungen in dieser Sitzung:
a) zur Vorberatung:
Finanzausschuss:
Bundesgesetz, mit dem das Kapitalmarktgesetz, das Börsegesetz 1989, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Investmentfondsgesetz 2011 und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 geändert werden (1806 d.B.);
Gesundheitsausschuss:
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Durchführung von ästhetischen Behandlungen und Operationen erlassen und das Ärztegesetz 1998 geändert wird (1807 d.B.),
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über medizinische Assistenzberufe und die Ausübung der Trainingstherapie (Medizinische Assistenzberufe-Gesetz – MABG) erlassen und das MTF-SHD-G, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das MTD-Gesetz, das Ausbildungsvorbehaltsgesetz, das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Berufsreifeprüfungsgesetz und das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert werden (1808 d.B.);
Ausschuss für innere Angelegenheiten:
Bundesgesetz, mit dem ein BFA-Einrichtungsgesetz und ein BFA-Verfahrensgesetz erlassen sowie das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 geändert werden (1803 d.B.);
Justizausschuss:
Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2012 – KaWeRÄG 2012 (1804 d.B.),
Gerichtsorganisationsnovelle Wien-Niederösterreich (1805 d.B.);
Umweltausschuss:
Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 und das Luftfahrtgesetz geändert werden (1809 d.B.);
Unterrichtsausschuss:
Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz (1802 d.B.);
Verkehrsausschuss:
Bundesgesetz über die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern (IVS-Gesetz – IVS-G) (1799 d.B.);
Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:
Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1800 d.B.),
Erdölbevorratungsgesetz 2012 – EBG 2012 (1801 d.B.).
*****
Fristsetzungsantrag
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek beantragt hat, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1993/A der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird, eine Frist bis 3. Juli 2012 zu setzen.
Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen. Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden.
Die Abstimmung über den Antrag wird nach Schluss dieser Debatte stattfinden.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass die Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen im Sinne des § 49 Abs. 5 der Geschäftsordnung schriftlich beantragt haben, den Antrag 1986/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird, als Tagesordnungspunkt 4 in Verhandlung zu nehmen und gemäß § 108 der Geschäftsordnung die erste Lesung durchzuführen. (Abg. Scheibner: Ach so? Was ist das?!)
Eine Ergänzung der Tagesordnung kann vor Eingang in dieselbe vorgenommen werden und erfordert eine Zweidrittelmehrheit. (Abg. Bucher: Zur Geschäftsordnung! – Abg. Ing. Westenthaler: Nein, das geht nicht! Was ist denn das für eine Praxis? – Abg. Scheibner: So etwas hat es überhaupt noch nicht gegeben, und die Opposition spielt da mit!)
Zur Geschäftsordnung: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.
10.29
Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist in unserem Hause üblich, dass sich vor einer Parlamentssitzung alle fünf Parteien zusammenfinden, um die Tagesordnung zu beschließen. (Abg. Rädler: Mit euch ist ja nicht zu reden!) Das war
immer so und ist auch gut so, und wir vonseiten des BZÖ halten uns selbstverständlich auch an diese Usance.
Unüblich ist es, am selben Tag, an dem eine Parlamentssitzung stattfindet (Abg. Ing. Westenthaler: Was steckt da dahinter?), die Tagesordnung abzuändern. Das ist eine skandalöse Vorgehensweise (Abg. Großruck: Geh, hör auf!), die wir nicht tolerieren können! (Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Und die Grünen machen mit!)
Meine sehr geschätzten Damen und Herren, auch zu Hause vor den Bildschirmgeräten! Und das vor allem auch vor dem Hintergrund – weil ja durchsichtig ist, worum es bei diesem Tagesordnungspunkt wirklich geht –, den ESM, den Europäischen Stabilitätsmechanismus oder Europäischen Schuldenmechanismus, durchzupeitschen (Abg. Ing. Westenthaler: Und die Grünen machen die Räuberleiter! – Ruf: Erste Lesung!), unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzupeitschen. Man wählt den Bypass, das über die Geschäftsordnung zu machen, ohne das Parlament ordnungsgemäß damit zu befassen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und das ist skandalös! (Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Abg. Dr. Strutz: Pfui! Pfui! Pfui! – Abg. Ing. Westenthaler: Skandalös, so etwas! Das ist ein Parlamentarismus! Und die Grünen machen mit! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)
Das hat es in diesem Haus noch nie gegeben. Daher beantrage ich, Frau Präsidentin, die Durchführung einer Debatte über die Änderung der Tagesordnung um diesen Punkt, die Sie hier vorgeschlagen haben. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)
10.31
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Ing. Hofer gemeldet. (Abg. Ing. Westenthaler: Parlamentsbrecher! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)
10.31
Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine der wesentlichsten Maßnahmen, die uns hier im Haus und die auch Österreich beschäftigen wird, ist der ESM. ESM bedeutet einen Ausverkauf Österreichs, bedeutet, dass unsere finanziellen Mittel ins Ausland abfließen und dort vor allem Banken zugutekommen. (Abg. Mag. Stefan: Transferunion!) Und jetzt versuchen Sie, am selben Tag eine Änderung der Tagesordnung durchzuführen (Ruf: Skandalös!), um in einer Nacht- und Nebelaktion hier im Hohen Haus Beschlussfassungen in diese Richtung durchzuführen. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)
Ich frage mich, meine Damen und Herren, was die Grünen von Rot und Schwarz bekommen haben (Abg. Ing. Westenthaler: Die Grünen haben sich kaufen lassen! Die sind gekauft!), damit sie hier die Räuberleiter machen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Ruf: 30 Silberlinge! – Abg. Dr. Strutz: Pfui! Pfui!)
Außerdem weise ich darauf hin, Frau Präsidentin (Abg. Ing. Westenthaler: Die Grünen sind gekauft!), dass wir in dieser Sitzung nur sechs „Wiener Stunden“ an Redezeit vereinbart haben. Sechs „Wiener Stunden“! Wie sollen wir hier ein solch wichtiges Thema in dieser kurzen Zeit behandeln?!
Ich trete daher dem Antrag des Kollegen Bucher bei und verlange eine Debatte über diese skandalöse Änderung der Tagesordnung. (Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Abg. Dr. Strutz: Pfui!)
10.32
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Klubobmann Kopf gemeldet. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Frau Präsidentin, eine Debatte !)
10.32
Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben in diesen Tagen in Österreich, aber auch in anderen Ländern Europas schwerwiegende Entscheidungen zu treffen, aber wichtige Entscheidungen (Rufe: Am Parlament vorbei! Hinter dem Rücken der Abgeordneten! Das ist der Judaslohn! Hinter dem Rücken der Bevölkerung und der Abgeordneten! – Abg. Dr. Strutz: Pfui! – Abg. Grosz: Was haben die Grünen dafür gekriegt? – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)
Frau Präsidentin! Eine der Usancen dieses Hauses, die es einmal gegeben hat, sollten wir versuchen wieder einzuführen: den Respekt vor dem Andersdenkenden, ungeachtet der Positionen, die der andere vertritt.
Aber das, was dieser Hooligan-Sektor hier schon wieder aufführt, ist wirklich unerträglich! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Das Parlament ausschalten und dann noch schimpfen! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Zunächst erteile ich Herrn Klubobmann Kopf (Abg. Ing. Westenthaler: Der schwächste Klubobmann aller Zeiten!) einen Ordnungsruf für den von ihm verwendeten Ausdruck. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)
*****
Andererseits verlange ich von allen Disziplin und ersuche Sie, den anderen in dieser Debatte zuzuhören!
Herr Klubobmann, Sie sind am Wort.
Abgeordneter Karlheinz Kopf (fortsetzend): Frau Präsidentin! Noch einmal: Wir haben in diesen Tagen keine leichten Entscheidungen zu treffen, in diesem Hohen Haus genauso wie in anderen Ländern und Parlamenten anderer Länder. Das verlangt seriöse Debatten, denn da geht es um Milliardenbeträge, die notwendig sind, um die Stabilität in Europa, des Euro, der Europäischen Union und damit auch unserer Friedensunion sicherzustellen.
Da steht jetzt zur Debatte ein Antrag auf Beitritt zu diesem Europäischen Schutzschirm – wie gesagt, da geht es um Milliardenbeträge –, und dieses Hohe Haus besteht darauf, dass es bei der Ausstattung dieses Schutzschirms mit Milliardenbeträgen mitreden darf, dass die Mitbestimmungsrechte dieses Hohen Hauses bei dieser schwerwiegenden Frage ausgeweitet werden. (Abg. Strache: Wir werden ausgeschaltet!)
Gestern haben SPÖ, ÖVP und Grüne einen Antrag zur Ergänzung, zur Änderung der Geschäftsordnung eingebracht, der genau diese Erweiterung der Rechte dieses Hohen Hauses beinhaltet. (Abg. Ing. Westenthaler: Eine Farce!) Und heute soll nichts anderes stattfinden – die Damen und Herren von FPÖ und BZÖ wissen das, sie versuchen, den Menschen draußen etwas zu verkaufen, was nicht stimmt! – als eine erste Lesung (Abg. Strache: Ohne ausreichende Redezeit!), das heißt eine erste Debatte über diesen Antrag. (Abg. Dr. Strutz: Ohne Redezeit!) Dann wird der Antrag – nur zur Information der Damen und Herren zu Hause – dem Ausschuss zugewiesen, wird dort ausführlichst debattiert und kann frühestens in der nächsten Parlamentssitzung dann
beschlossen werden. (Abg. Strache: Heute ohne Redezeit einfach so hineinschieben!) Von einem Überfall kann überhaupt keine Rede sein. Sie versuchen hier den Menschen Sand in die Augen zu streuen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Meine Damen und Herren von BZÖ und FPÖ! Sie sollten sich schämen (Abg. Strache: Sie sollten sich schämen!), die Menschen mit Unwahrheit zu belästigen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Strutz: Pfui! Pfui! – Abg. Strache: Die Leute werden über den Tisch gezogen! – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Ich fordere noch einmal Ruhe ein, darf jetzt gleichzeitig aber auch festhalten, keine inhaltlichen Diskussionen zu führen, sondern Geschäftsordnungsbeiträge als solche zu bringen, das also eng zu sehen.
Bitte, Herr Klubobmann. (Abg. Scheibner: Einen Antrag soll er stellen! – Abg. Bucher: Ich habe einen Antrag gestellt!)
Abgeordneter Karlheinz Kopf (fortsetzend): Frau Präsidentin! Es war notwendig, vor allem den Menschen an den Fernsehschirmen zu erklären, was hier BZÖ und FPÖ versuchen. (Abg. Grosz: Ist das jetzt ein Geschäftsordnungsbeitrag oder ein Redebeitrag?) Sie versuchen nämlich, den Menschen die Unwahrheit zu sagen, den Menschen zu erzählen, wir würden hier die Geschäftsordnung brechen. (Anhaltende Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)
Wir handeln ganz streng nach der Geschäftsordnung (Ruf bei der FPÖ: Wo denn?), die in diesem Haus gemeinsam beschlossen worden ist, und tun nichts anderes. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Grosz: Der bringt keinen Geschäftsordnungsantrag zusammen!)
10.37
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Dr. Cap.
10.37
Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte einmal vorausschicken (Ruf bei der FPÖ: österreichische Steuergelder nach Brüssel!), dass die beiden Oppositionsparteien Blau und Orange schon x-mal hier im Haus eine Einwendungsdebatte zur Tagesordnung geführt haben. Das ist im Rahmen der Geschäftsordnung etwas ganz Normales. Und sie haben hier oft argumentiert, dass ihnen die Tagesordnung nicht gefällt, dass sie einen Punkt weg haben möchten, einen Punkt dazugeben wollen. Also tun Sie nicht so, wenn wir heute hier einen Weg beschreiten, der von uns noch nie beschritten wurde, der allerdings von Ihnen oft beschritten wurde! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Zweitens kämpfen wir mit genau dem, was wir ab heute hier im Haus diskutieren wollen und im Ausschuss behandeln und beschließen wollen: dass das Parlament in Österreich eben bei diesem ESM, eben bei der Vergabe, wo es um viel Geld geht, mitwirkt. (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Und jetzt ist die Frage: Auf welcher Seite sind die Demokraten eigentlich hier in diesem Haus? (Abg. Bucher: Eine Debatte habe ich beantragt!) – Und ich kann Ihnen sagen, wo sie sind: hier und hier und hier. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Bucher: Ich habe nur eine Debatte beantragt! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)
Das wissen Sie ganz genau. Und jetzt spielen Sie hier die vereinigten blauen und orangen Unschuldslämmer und sonst gar nichts. Schieben Sie das Thema da nicht in eine andere Richtung, diskutieren Sie inhaltlich! Sagen Sie gleich: Jawohl, wir wollen
den Zusammenbruch der Währung! (Abg. Bucher: Eine Debatte habe ich beantragt!) Jawohl, uns sind die Arbeitsplätze egal! (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Sagen Sie es! Sagen Sie es!
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann, für Sie gilt dasselbe: Keine inhaltlichen Debatten!
Abgeordneter Dr. Josef Cap (fortsetzend): Ist mir gerade aufgefallen. Ich konzentriere mich sofort wieder auf die Sache selbst.
Das heißt also, es geht darum, dass wir so rasch wie möglich, so intensiv wie möglich genau diesen demokratischen Mitwirkungsbereich hier debattieren wollen. Und dafür haben wir dann hier viel Zeit, können das ausgiebig diskutieren, und wir laden Sie auch ein, mitzutun. (Abg. Scheibner: Welche Zeit?) Warum wollen Sie eigentlich nicht mitmachen? Was haben Sie da für eine negativistische Einstellung?
Wir laden Sie ein, wir wollen das. Stellen Sie sich her! Es steht zur Debatte, es liegt auf, und das ist heute das Thema. (Abg. Dr. Strutz: Beim ESF wollen wir nicht mittun, Herr Cap!) Und daher sagen wir noch einmal, es ist eine kluge, eine richtige und vor allem eine demokratische Vorgangsweise, die wir hier wählen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
10.40
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich nun auch Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen zu Wort gemeldet. Dann lasse ich, so wie üblich, über den gestellten Antrag abstimmen, und je nach Ausgang dieser Entscheidung werden wir weiter vorgehen. – Bitte, Herr Abgeordneter.
10.40
Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Einen Punkt kann ich ja nachvollziehen: Es ist immer eine Fraktion, die nicht beteiligt war, bestürzt, betroffen, verärgert, wenn sie dann mit einer Ergänzung der Tagesordnung konfrontiert wird, die in der Präsidiale nicht besprochen worden ist. Sie konnte auch nicht besprochen werden, weil die letzten Details in dieser Verhandlungsrunde gestern Vormittag abgeschlossen wurden. (Abg. Dr. Strutz: Mit wem? Mit wem? – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)
Nur, meine Damen und Herren von FPÖ und BZÖ, worum geht es bei diesem Punkt? Es geht ausschließlich um die Geschäftsordnung des Nationalrats, es geht ausschließlich um die Mitwirkungsrechte – Mitwirkungsrechte, das ist wörtlich zu nehmen – des Nationalrates an den künftigen Entscheidungen rund um den ESM. (Abg. Ing. Westenthaler: Was haben die Grünen bekommen dafür? Was war der Kaufpreis?) Es steht Ihnen frei, gegen den ESM zu sein, Herr Strache, aber ich kann mich gut erinnern, wie Sie gestern in Ihrer Rede die, wie Sie es nannten, halb-autoritären, autoritären Strukturen rund um die Entscheidungen des Gouverneursrats und so weiter angesprochen haben. Dann können Sie doch nicht jetzt gegen die Mitwirkung des Nationalrates an solchen Entscheidungen sein! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Stefan: Das ist doch ein Witz, was Sie da erzählen! Das ist doch unglaublich! Was ist denn das für eine blöde Polemik? – Hören wir auf! Kein Wort zu den Verhandlungen gestern! Sowas von falsch! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ich werde jetzt nicht in die Inhalte der Geschäftsordnung eingehen, ich möchte nur so viel sagen: Das, was hier in der Geschäftsordnung beantragt wird, ist die schärfste Ausgestaltung eines Parlaments, die es bisher in der Europäischen Union in dieser Frage gibt. (Abg. Mag. Stefan: Das hat gestern keiner gewusst um 15 Uhr!) Nicht einmal die Deutschen haben ähnliche Mitwirkungsrechte des Bundestags beschlossen. Schauen Sie sich das an, und dann schaue ich mir an, wie Sie im Ernst gegen
Mitwirkungsrechte des Nationalrats sind! Das nenne ich zumindest Parlamentarismus, was wir hier vorschlagen. Und Sie behaupten das Gegenteil und machen das Gegenteil. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)
10.43
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es liegt der Antrag des Herrn Abgeordneten Klubobmannes Bucher (Abg. Dr. Strutz: Es gibt noch eine Wortmeldung!) Meine Damen und Herren, ich habe es gerade vorher erklärt, wie es geht! – Es liegt ein Antrag des Herrn Abgeordneten Bucher auf Durchführung einer Debatte zum gegenständlichen Ergänzungsantrag der Tagesordnung vor.
Wer die Durchführung einer Debatte unterstützen will, den ersuche ich um ein Zeichen. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist damit abgelehnt. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie werden doch wenigstens eine Debatte zulassen!? Jetzt wollt ihr die Debatte auch noch abdrehen! – Anhaltende Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)
Meine Damen und Herren! Der Debattenantrag ist abgelehnt. (Abg. Strache: Das gibt es ja nicht! Was seid denn ihr für Demokraten?! Das ist ja zum Schämen! Das gibt es ja nicht! Ihr seid Demokraten? Das ist ja unfassbar! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist eine Diktatur da herinnen! – Abg. Grosz: Ständestaat! Skandalös! – Weitere Rufe bei FPÖ und BZÖ.)
Es liegt mir eine weitere Wortmeldung zur Geschäftsordnung vor: Herr Klubobmann Strache, Sie sind am Wort.
10.44
Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Ich stelle einen Antrag auf kurzfristige Einberufung einer Sonderpräsidiale, weil diese Vorgangsweise einfach nicht tragbar ist.
Ich war bei der letzten Präsidiale sehr wohl da, und seit Monaten ist es ein offenes Geheimnis, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus vor dem Sommer durchgepeitscht werden soll. Wenn Sie heute so tun, als wäre das nicht von langer Hand vorbereitet, dann ist das einfach eine Unwahrheit! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)
Das ist wirklich der Tiefpunkt des Parlamentarismus, wie Sie heute hier vorgehen. Einerseits werden Teile der Opposition als Hooligan-Sektor beschimpft, weil sie darauf bestehen, dass eine Debatte stattfindet, wie der Kollege Bucher auch beantragt hat, und dann wird erklärt, wider besseres Wissen, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus, wie Sie ihn sich vorstellen, ein Mitspracherecht sicherstellen soll, wo wir alle wissen, dass jede demokratisch-parlamentarische Kontrolle und Mitsprache in diesem Europäischen Stabilitätsmechanismus ausgeschaltet werden soll. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann, für Sie gilt dasselbe: keine inhaltliche Debatte! Ich habe alle anderen auch unterbrochen bei diesem Versuch.
Abgeordneter Heinz-Christian Strache (fortsetzend): Dann steht mein Antrag auf Einberufung einer Sonderpräsidiale. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)
10.45
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich noch einmal Herr Klubobmann Bucher gemeldet.
10.45
Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Zur Sache: Zum ESM kann man stehen, wie man will, Frau Präsidentin, das will ich nicht thematisieren, jeder kennt die Positionen im Hohen Haus. Nur: Welches Demokratieverständnis haben Sie von Rot, Schwarz und Grün? (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Welches Demokratieverständnis? Mein Antrag lautet auf Debatte – Debatte! –, aber Sie lehnen jede Debatte ab im Hohen Haus! Das hat es noch nie gegeben! (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)
Frau Präsidentin, ich stelle den Antrag, den Tagesordnungspunkt auf Änderung der Geschäftsordnung vorzureihen und als ersten Tagesordnungspunkt zu behandeln, an prominenter Stelle also (Beifall bei BZÖ und FPÖ), damit wir das auch in der Öffentlichkeit diskutieren können, wenn es schon so wichtig ist, was der Herr Kollege Kopf gesagt hat: Es geht um Milliarden, und es geht um die Zukunft Europas! (Beifall und Bravorufe beim BZÖ sowie Beifall bei der FPÖ.)
10.47
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Kopf. (Abg. Mag. Stefan: Jetzt sind wir sehr gespannt! – Abg. Ing. Westenthaler: Wir sind keine Marionetten der Regierung!)
10.47
Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auch vor den Fernsehschirmen! FPÖ und BZÖ versuchen jetzt mit dieser künstlichen Aufregung (ironische Heiterkeit bei FPÖ und BZÖ) einmal mehr, den Menschen zu erklären, wir würden keine Debatte zulassen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das haben Sie gerade verhindert, die Debatte! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) – Glauben Sie, Sie machen den Eindruck dieses Hauses mit dieser Schreierei besser?
Noch einmal, meine Damen und Herren: FPÖ und BZÖ versuchen hier den Eindruck zu erwecken, wir würden hier eine Debatte unterbinden. Wir haben vorher gerade mit Wortmeldungen aller fünf Fraktionen für jede Fraktion begründet, warum wir diesen Punkt auf der Tagesordnung haben wollen. Das heißt, die Debatte darüber, warum wir den Punkt auf der Tagesordnung haben wollen, ist bereits geführt. Und unser Antrag beinhaltet ja inhaltlich genau, und zwar lange bevor wir dieses Thema dann bei der nächsten oder übernächsten Sitzung beschließen werden, eine Debatte darüber abzuführen. Das heißt, wir haben ja gerade beantragt, eine Debatte durchzuführen. Was Sie hier ein zweites Mal versuchen, ist, den Menschen draußen die Unwahrheit zu sagen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
10.48
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, wir kommen zu den Abstimmungen.
Ich lasse zunächst darüber abstimmen, den gegenständlichen Ergänzungsantrag als Punkt 4 auf die Tagesordnung zu nehmen.
Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Dieser Antrag ist mit Zweidrittelmehrheit angenommen. Die Tagesordnung ist somit ergänzt. (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung der Grünen –: Eine käufliche Truppe! Was habt ihr denn gekriegt? – Abg. Grosz: Aber ihr wisst, was dem Judas passiert ist!)
Ich lasse nun abstimmen über den Antrag des Herrn Klubobmannes Bucher, den gerade jetzt auf die Tagesordnung genommenen Punkt als Tagesordnungspunkt 1 zu behandeln.
Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit. (Abg. Ing. Westenthaler: Frau Präsidentin, ein Klubobmann hat eine Sonderpräsidiale verlangt!)
Es ist bei mir angekommen, dass es Wünsche auf Sonderpräsidialen gibt. Diesen werde ich auch gerne nachkommen; die Termine werden bekannt gegeben. (Ironische Heiterkeit bei FPÖ und BZÖ. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das ist ja unglaublich! – Abg. Strache: Das ist ja ein Witz, Ihre Vorsitzführung! Sie treten die Demokratie mit Füßen! – Die Abgeordneten von FPÖ und BZÖ verlassen den Sitzungssaal. – Anhaltende Unruhe. – Abg. Krainer: Geht euch irgendwas ab? Mir nicht! – Heiterkeit. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)
Wir gehen in die Tagesordnung ein.
Redezeitbeschränkung
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von sechs „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 84 Minuten, FPÖ 75 Minuten, Grüne 66 sowie BZÖ 63 Minuten.
Die Redeordnung, die vorgeschlagen wird, lautet: Eine Runde 8 Minuten, Regierungsmitglied 12 Minuten, dann je eine Runde 6 Minuten, Regierungsmitglied ÖVP 8 Minuten, eine weitere Runde mit je 6 und dann mit 5 Minuten.
Das wird sich wahrscheinlich nicht ausgehen. Insofern wird der den Vorsitz führende Präsident auf die Einhaltung der vereinbarten Redezeiten achten und vor Ende nach Rücksprache mit den Klubobleuten die verbleibende Zeit zu gleichen Teilen auf fünf Fraktionen aufteilen. (Ruf: Ist der Graf schon zurückgetreten? – Weitere Zwischenrufe. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Bitte, meine Damen und Herren!
Tatsächliche Berichtigungen werden erst nach Ende der Fernsehübertragungszeit in ORF 2 aufgerufen.
Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung vor, die Redezeit jedes Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.
Wir kommen zur Abstimmung über diese Redezeiten.
Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. – Pardon, es ist nicht einstimmig, es gibt eine Gegenstimme. (Abg. Dr. Rosenkranz war in den Saal gekommen. – Heiterkeit und Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ über das Volksbegehren „Bildungsinitiative“ (1647/1793 d.B.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.
Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap. 8 Minuten beträgt die Redezeit in der ersten Runde.
10.53
Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir sind ja alle etwas betroffen, muss ich sagen, über diese Vorgangsweise, denn was können 382 000, die das Bildungsvolksbegehren unterzeichnet haben, eigentlich dafür, dass Sie jetzt aus bloßem Zorn, weil Sie eine Tagesordnungsfrage nicht korrigieren konnten, einfach den Saal verlassen? Also Sie verweigern sich jetzt jeder Debatte und strafen damit 382 000 Menschen ab, die das Volksbegehren unterschrieben haben. Das sagt einiges. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Vor allem brauchen Sie auch nicht mehr zu plakatieren, dass Sie für direkte Demokratie sind, denn das ist nämlich ein direktdemokratisches Instrumentarium, dieses Volksbegehren. Jetzt plakatieren Sie österreichweit, dass Sie für den Ausbau der direkten Demokratie sind, und wenn haarscharf genau das hier debattiert wird, gehen Sie hinaus und gehen in den blauen und orangen Schmollwinkel und blasen Trauermusik. Ich kann nur sagen, diese Vorgangsweise richtet sich selbst, und das möchte ich in aller Deutlichkeit hier zum Ausdruck bringen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Und im Übrigen werden wir schauen, wer überhaupt wiederkommt. (Heiterkeit.) Beim Martin Graf werden wir dann genauer schauen. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Abgehen würde er uns nicht. (Neuerliche Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich möchte aber jetzt zur Sache kommen und möchte einmal Hannes Androsch und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter, prominent, wie sie alle sind, und auch Experten herzlich hier in unserer Mitte begrüßen. Ich möchte mich bedanken, dass Sie so viel Zeit und Energie eingesetzt haben für dieses Volksbegehren, und ich möchte gleich sagen, dass Sie natürlich mitgeholfen haben, dass das eine ganz wesentliche Themensetzung in der öffentlichen Debatte und auch hier im Parlament gewesen ist.
Es hat hier drei ganztägige Ausschusssitzungen mit fünf Themenblöcken gegeben, von der Frühkindpädagogik über die Schulen bis zum Bereich der Hochschulen, mit zahlreichen Expertinnen und Experten, und ich glaube, dass das ein ganz wesentlicher Anstoß dabei war und dass sich herausgestellt hat, dass es eigentlich zwischen den Abgeordneten einen sehr breiten Konsens in dieser Frage quer durch die Fraktionen gegeben hat.
Es wurden hier Zukunftsprojekte wie die Neue Mittelschule als Regelschule, der Ausbau der Ganztagsschulen, das kostenlose Nachholen von Bildungsabschlüssen oder die Oberstufe NEU diskutiert. Diese Bereiche waren natürlich besonders im Mittelpunkt der Debatte, sind gelungen und konnten durchgesetzt werden. Und da war das Volksbegehren eine ganz wesentliche Unterstützung, und zwar, muss ich dazusagen, mit unserer Ministerin Claudia Schmied, die da natürlich ein offenes Ohr hat und Kämpferin an vorderster Front ist, damit sich endlich in dem starren Bildungsbereich auch weiterhin etwas tut. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)
Da stellt sich auch die Frage: Soll es Fortschritt und Veränderung geben oder Provinzialismus und Verländerung? Das ist eine Frage, die oft gekoppelt ist mit Bürokratie und auch mit dem, was an der Spitze des Volkbegehrens gestanden ist: natürlich auch mit Parteipolitik. Da geht meine Botschaft insbesondere nach St. Pölten, und ich sage ganz ehrlich – und da ein dickes Lob für die Lehrer, und die wissen das, und für die Eltern und für alle, die bemüht sind, und auch für die Politiker, die engagiert sind –: Die Schule und alle, die mitwirken, sind dazu da, die Schülerinnen und Schüler zu unterstützen! Und das sende ich auch nach St. Pölten.
Ich sage auch ganz ehrlich: Der Landeshauptmann hat für Niederösterreich zu sein und für die Schüler und nicht Niederösterreich für den Landeshauptmann, um das
einmal in aller Deutlichkeit zu sagen, damit das auch einmal gerade ist. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)
Die Kritik hat er verdient, und die Kritik höre ich auch aus der ÖVP, von Ihnen. Dass Sie als Niederösterreicher das nicht gut finden, das steht in Ihrem Vertrag drinnen. Sie dürfen es nicht gut finden, was ich jetzt gesagt habe, da haben Sie keinen Spielraum. Aber treffen wir uns unter vier Augen, und ich bin überzeugt, Sie geben mir recht! (Beifall bei der SPÖ.)
Das Problem ist: 8 000 Jugendliche fallen ohne Abschluss aus dem System. Das ist eine Sache, auf die man wirklich ernsthaft eingehen muss. Und es geht darum, dass es Chancengleichheit gibt, dass Talente und Stärken gefördert werden, dass hier das Bildungssystem sozial durchlässig ist, und nicht, dass die, die oben sind, oben bleiben, und die, die in der Mitte oder unten sind, in der Mitte oder unten bleiben. Wir wollen eine durchlässige, eine offene Gesellschaft, wir wollen Chancengleichheit, und wir wollen, dass es diese Aufstiegsmöglichkeiten gibt.
Und es ist halt kein Zufall, wenn auch Organisationen wie die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer da dabei sind. Die wollen nämlich qualifizierte Arbeitskräfte. Die wollen das Begabungsreservoir ausschöpfen. Die sind daran interessiert, dass es ein Bildungssystem gibt, wo Menschen, die das absolviert haben, egal, auf welcher Ebene, auf dem nationalen und internationalen Arbeitsmarkt auch immer konkurrenzfähig sind.
Wir wollen außerdem noch, dass sie gute Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sind und dass das eine runde Ausbildung ist. Da geht ein bisschen der Humanismus mit mir durch, aufgrund meiner Ausbildung im Piaristengymnasium. Aber ich sage das, denn das ist eine ganz wesentliche Sache, und das waren natürlich auch die Unterstützer bei dieser Initiative.
Wir haben da eine Reihe von Entschließungsanträgen zu den Forderungen des Bildungsvolksbegehrens. Wir wollen, dass es konkrete Erfolge, auch konkrete Gesetzesbeschlüsse gibt, und es hätte natürlich alles schneller und mehr sein können. Ich sage es ganz ehrlich. (Abg. Öllinger: Ja! – Abg. Dr. Walser: Wenn Sie ein bisschen Mut hätten, Herr Cap, wäre es möglich! Wir wären dabei!) – Ja, hätte auch sein können. Das soll man ganz offen und ehrlich sagen. Das ist ja auch darin begründet, dass der eine oder andere ÖVP-Bildungsexperte sich bei uns wohler fühlt als woanders, sage ich jetzt einmal. Das hat den Grund, weil wir da offener sind, weil wir wollen, dass es zu diesen Veränderungen kommt, und weil wir wirklich in den Mittelpunkt die Ausbildung der Schülerinnen und Schüler stellen.
Und noch etwas: Wir werden auch bei unserer Forderung nach einer Enquete-Kommission bleiben.
Was die Universitäten betrifft: Dickes Lob dafür, dass es die Uni-Milliarde gibt, dass es trotz Sparpaket gelungen ist, dass es diese Mittel gibt. Wir sind auch daran interessiert, dass es keine finanziellen und sozialen Barrieren gibt. Das heißt, wir treten weiter gegen die Einführung der Studiengebühren ein, denn wir sind der Meinung, das sind soziale Barrieren! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich sage Ihnen, das würde vor allem auch die mittelständischen Familien treffen. Wir sind daher der Meinung – und das ist eben so wichtig, weil das ja auch so umfassend im Text des Bildungsvolksbegehrens enthalten ist –, dass diese Chancengleichheit natürlich auch im Uni-Bereich gegeben sein muss und dass alle, die es können, die es wollen und die die Begabung haben, auch an den Universitäten die Möglichkeit haben müssen, dort unter besten Bedingungen zu studieren und auch zu Abschlüssen zu kommen. Das ist ganz entscheidend. Daher ist Folgendes wesentlich: verbindlicher
Ausbau- und Finanzierungsplan für den Hochschulsektor sowie Steigerung der öffentlichen Mittel für die Universitäten bis zum Jahre 2020; wenn es möglich ist auch eine Verdopplung – und es muss möglich sein – der Zahl der Studienplätze an den Fachhochschulen und mehr Geld für die Erwachsenenbildung; und natürlich Steigerungen der AbsolventInnenquoten, ganz klar. Also da gibt es eine ganze Serie. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)
Da wollen wir uns jedenfalls einbringen, das halte ich für ganz entscheidend. Daher darf es in diesem Haus kein Ende der Behandlung der Themen dieses Volksbegehrens geben, sondern wir treten für eine Fortsetzung ein und nicht für eine Beschäftigungstherapie und bloße Diskussion, sondern letztendlich sollen auch ganz konkrete Ergebnisse erzielt werden. Und da ist die Universität ebenfalls ein wichtiger Aspekt. (Beifall bei der SPÖ.)
In diesem Sinne, so glaube ich, ist es ganz gut, dass wir heute einmal diese Grundsatzdebatte führen und dass das Volksbegehren dazu geführt hat, dass wir auch hier darüber diskutieren. Vielleicht machen wir einmal eine Geschäftsordnungsänderung, damit auch der Hauptexponent eines Volksbegehrens hier herauskommen und sich erklären kann. Es würde uns interessieren, was er uns auch in diesem Rahmen zu sagen hat. (Beifall bei der SPÖ.)
11.01
Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.
11.01
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es freut mich ja immer, wenn sich der Herr Kollege Cap an einer Bildungsdebatte beteiligt. Ich hätte mich auch gefreut, wenn Sie ein wenig an den Ausschussberatungen teilgenommen hätten, Herr Klubobmann, dann hätten Sie nämlich gewusst, dass einige dieser Themen, die Sie da als Themen des Ausschusses angesprochen haben, schon vorher erledigt waren, etwa die Oberstufenreform oder die Einigung über die Neue Mittelschule. Es ist unzweifelhaft so, dass – und da sind wir uns völlig einig – die Proponenten des Bildungsvolksbegehrens mit diesem Volksbegehren einen wesentlichen Beitrag zur Bildungsdebatte insgesamt geleistet haben. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich denke auch – und ich möchte das schon sagen; auch Sie haben darauf verwiesen, Herr Dr. Cap –, dass wir neue Standards im Umgang mit einem Volksbegehren gesetzt haben, denn – und ich bewerte jetzt nicht die Anzahl der Unterschriften, sondern ich möchte einfach die Behandlung ins Zentrum rücken – kein Volksbegehren ist bisher derartig intensiv hier im Haus beraten worden, und zwar nicht nur in quantitativer Hinsicht, sondern, wie ich meine, auch in qualitativer Hinsicht. Alle Ausschussberatungen waren außerordentlich konstruktiv, waren gut ausgestattet mit exzellenten Expertinnen und Experten. Es ist auch gelungen – ich möchte das wirklich betonen –, in einem ausgezeichneten Verhandlungsklima das Gemeinsame ins Zentrum zu rücken.
Wir haben unzählige Gespräche mit einzelnen Proponenten des Bildungsvolksbegehrens geführt, natürlich auch mit den Kollegen, den Bildungssprechern der anderen Parteien. Es war klar, dass vonseiten der Proponenten des Bildungsvolksbegehrens sehr stark der Wunsch bestanden hat, dass wir heute Initiativanträge zu einzelnen Punkten vorlegen. Ich verstehe dieses Anliegen, denn manches geht in der Bildungspolitik zu langsam, manches ist zweifelsohne zu zäh unterwegs.
Dennoch, muss man natürlich sagen, ist das Parlament für sich alleine genommen nicht sozusagen der Herr über alles und jedes, sondern es bewegt sich in einem
Spannungsfeld – in einem Spannungsfeld, auf der einen Seite Adressat dieses Volksbegehrens und anderer Volksbegehren zu sein, aber auf der anderen Seite ist das Parlament natürlich auch der Interessenausgleich aller Interessen, die es im Land gibt. Das soll man, so glaube ich, auch betonen, weil man nicht übersehen darf, dass es derzeit intensive Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern, etwa im Hinblick auf die Verwaltungsreform gerade in der Schulverwaltung gibt, dass es derzeit Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und der Personalvertretung der Lehrerinnen und Lehrer über ein neues, ein modernes Lehrerdienstrecht gibt und dass es derzeit intensive wissenschaftliche Vorarbeiten im Hinblick auf die neue Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen gibt.
Das muss man einfach sehen – bei aller Klarheit, die wir in unseren Anträgen, die wir heute vorlegen, auch dokumentieren, in den Positionen, wo wir die gemeinsamen Positionen ausdrücklich festschreiben –, und man muss auf der anderen Seite schon auch anerkennen und akzeptieren, dass man solche wichtigen Verhandlungen, gerade zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, nicht gänzlich präjudizieren darf.
Ich möchte auch betonen, dass wir – auch der Kollege Cap hat das getan – eine Reihe von Reformen im Bildungsbereich sehr gut in einem sehr partnerschaftlichen, exzellenten Klima auf den Weg gebracht haben. Die Oberstufenreform ist angesprochen worden, die Neue Mittelschule, die flächendeckend alle Hauptschulen in Österreich weiterentwickelt, die neue Reifeprüfung, die bleibt, wo wir nur den Betroffenen ein Jahr mehr Zeit für die Vorbereitung einräumen wollen. Jene, die sich vorbereitet fühlen, können sie aber zum ursprünglich geplanten Zeitpunkt umsetzen.
Ich denke an die Bildungsstandards, die neue Schulaufsicht, den Ausbau der Tagesbetreuung, den Ausbau der Nachmittagsbetreuung und der Ganztagsschulen.
Wir haben eine Reihe von Reformen vor uns, meine Damen und Herren, die nicht zuletzt auch Thema in der Debatte mit den VertreterInnen und den ExpertInnen des Bildungsvolksbegehrens waren, etwa die Neuorganisation der 9. Schulstufe, das Thema der Mittleren Reife, also das Ende der Schulpflicht nicht bloß an ein Alter zu koppeln, sondern vielmehr an das Erreichen eines Bildungsziels.
Ich denke an die Frage der Volksschule, einer verlässlichen Volksschule, in der die Kulturtechniken so vermittelt werden, dass die Kinder auch sicher sind im Lesen, im Schreiben und im Rechnen.
Ich denke an die weitere Stärkung der Schulstandorte, ein Mehr an Autonomie und Verantwortung am Standort und natürlich die Themen, die ich bereits erwähnt habe, die neue Lehrerausbildung, das Dienstrecht und die Reform in der Verwaltung.
Wir haben uns – und auch das möchte ich ausdrücklich ansprechen – die Diskussion um die Entschließungsanträge nicht leicht gemacht, denn manchmal wird ja behauptet, dass Entschließungsanträge so etwas wie ein Begräbnis erster Klasse wären. Dem möchte ich deutlich entgegenhalten, dass das natürlich auch davon abhängt, welche Inhalte ein solcher Entschließungsantrag hat und ob er etwa mit Fristen versehen ist oder nicht.
Ich verweise in diesem Zusammenhang etwa auf den Entschließungsantrag zur Verwaltungsreform, wo wir ganz konkrete Punkte haben, wo wir auch einen klaren Zeitpunkt haben, bis zu dem wir die Bundesregierung ersuchen, dass uns Gesetzesvorlagen vorgelegt werden.
Ich denke an die sehr konkreten Ausführungen im Zusammenhang mit der Elementarpädagogik oder etwa an den Entschließungsantrag zur Fortsetzung des Bildungsreformprozesses im tertiären Bildungssektor oder zur schulischen Tagesbetreuung.
Insgesamt möchte ich besonders betonen, dass die Auseinandersetzung mit den Inhalten des Bildungsvolksbegehrens eine sehr gute Auseinandersetzung war, eine sehr konstruktive Auseinandersetzung war und eine Auseinandersetzung ist, die auch nicht im Sand verlaufen wird, sondern eine Auseinandersetzung ist, die uns ermuntert, in der Bildungsreform weiter voranzuschreiten. Es ist nicht so, dass es vorher keine Bildungsreformen gegeben hat, und es ist auch nicht so, dass es nach der Debatte um das Bildungsvolksbegehren keine Bildungsreformen mehr geben wird. Selbstverständlich ist beides der Fall, und ich glaube, wir sind hier insgesamt auf einem sehr, sehr guten Weg. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
11.09
Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte. (Zwischenrufe bei Abgeordneten der SPÖ, die auf die leeren FPÖ-Sitzreihen weisen.)
11.09
Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Ich bedanke mich für die Zwischenrufe seitens der Pardon: Herr Präsident! (Abg. Dr. Walser: Frau Neugebauer!) Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Ich werde der SPÖ-Fraktion, die gefragt hat: Was macht denn der da?, den Gefallen nicht tun – in einer der schwärzesten Stunden des Parlamentarismus in dieser Gesetzgebungsperiode. (Oh-Rufe bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Wir diskutieren hier die Ergebnisse aus einem Volksbegehren. Ein Mittel der direkten Demokratie wurde von Bürgern angewandt, von 6,07 Prozent der Wahlberechtigten, 383 724 Bürger haben umfangreich begehrt.
Aber wie schaut es denn überhaupt aus mit dem Ernst, wenn es darum geht, direkte Demokratie in irgendeiner Form zu gewährleisten? – Ich kann Ihnen eines sagen: Es geht nicht einmal mehr darum, parlamentarische Demokratie in irgendeiner Weise hochzuhalten, wie wir in den letzten Minuten gesehen haben. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Das, was Sie hier für ein Schauspiel geliefert haben (Abg. Dr. Bartenstein: Tragödie!), um diesen ESM-Pakt durchzuführen, ohne direkte Demokratie und sogar ohne parlamentarische Demokratie, denn dieser Antrag, den Sie hier eingebracht haben, hat bereits bei kurzer Durchsicht (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Lassen Sie mich eines sagen: Wir haben gestern zum ESM, zur Zukunft des Euro und zur europäischen Wirtschaft sogar eine Dringliche Anfrage gestellt. Seit gestern wissen Sie (Abg. Dr. Bartenstein: Zur Sache!)
Kollege Bartenstein, auch wenn es Ihnen unangenehm ist, wir behandeln ein Volksbegehren, und Volksbegehren bedeutet direkte Demokratie. (Abg. Dr. Bartenstein: Ah so!?) Sie haben es nur noch nicht verstanden.
Es genügt einfach nicht, wenn ein Staatssekretär Kurz genauso wie auch Shooting Stars aus anderen Ländern, politische Shooting Stars, wenn die Medien sie so bezeichnen, nur plagiieren und „guttenbergen“. Es nützt nichts, wenn die Vorschläge der FPÖ für die direkte Demokratie einfach abgeschrieben und nur mit anderen Zahlen verquickt werden. (Abg. Höfinger: Es hört nicht mal einer zu!) Unsere Latte, diese 4 Prozent für eine Befassung, für eine verpflichtende Volksabstimmung, hätte dieses Volksbegehren nämlich locker geschafft. Also, Initiatoren: Wir hätten dieses Volksbegehren überhaupt nicht hier. Wenn freiheitliche Vorschläge zum Durchbruch gekommen wären, dann hätten wir bezüglich Ihrer Forderungen bereits eine verpflichtende Volksabstimmung. Diese Grenzen, 600 000, 750 000 Unterschriften – alles Augenauswischerei! Und genau dasselbe ist dieses Abschreiben des Herrn Staatssekretärs Kurz, der nur die Zahlen dahin gehend geändert hat, dass es eben nicht durchgeführt werden kann.
Was Sie noch gemeint haben, nämlich mit der Frage der direkten Demokratie, aber auch der parlamentarischen Demokratie insgesamt: Gestern haben Sie alle von ÖVP und SPÖ, aber auch von Ihnen von den Grünen, bereits gewusst, wie die Verhandlungen stehen. Sie haben in dieser Debatte nichts, aber auch überhaupt nichts dazu gesagt. Das ist ein Überfall, weil Sie von den entsprechenden Gremien – von der EU-Kommission, vom Bilderberg oder von wo auch immer – den Auftrag, die Weisung bekommen haben, dass Sie das jetzt hier durchpeitschen müssen. (Abg. Dr. Walser: Reden Sie zur Bildung auch noch ein bisschen? – Abg. Mag. Gaßner: Zur Sache!) – Aha, Bildung ist so wichtig.
Wir werden aber in Zukunft nicht mehr das Geld haben, um diese Bildung, die Sie wollen, finanzieren zu können, weil Sie mit dieser Maßnahme, die Sie hier ergreifen, alles in den ESM wegschaffen. (Abg. Rädler: Zur Sache!)
Zur Sache. Meine Damen und Herren Kollegen, ist es Ihnen wirklich jetzt schon so unangenehm, welchen Fehler Sie begangen haben, indem Sie hier derartig überfallsartig mit dieser Möglichkeit bis Ende Juni noch etwas durchpeitschen wollen, wo sogar das Prinzip der Gewaltentrennung in Österreich ausgehebelt werden soll (Beifall bei der FPÖ), wo auf einmal – und das hat nur ein kurzer Blick auf Ihr Antragskonvolut, auf Ihre Einigung ergeben – ein Bundesminister einen entsprechenden Ausschuss des Parlaments einberufen wird können? Ja, ist Ihnen überhaupt klar, welchen Verfassungsstaatsstreich Sie hier vornehmen wollen – und das Ganze noch dazu ohne Einbeziehung der österreichischen Bürger?!
Das ist eine unerhörte Sache von Ihnen! Mir tut das wirklich leid, denn in der Frage des Bildungsvolksbegehrens hat es gestern, aber auch in den Verhandlungen durchaus konstruktive Ansätze mit allen Fraktionen gegeben. Sie wollen das mit dieser Vorgangsweise und mit dem Nichtzulassen, dass darüber in der Fernsehzeit diskutiert wird, alles wegräumen. Sie wollen das alles verstecken, Sie wollen das durchpeitschen, ohne ein entsprechendes Hearing zu machen, ohne Begutachtungsverfahren. Das ist ja der Sinn und Zweck, dass man gleich mit einer ersten Lesung hineingeht, dann geht man in den Ausschuss, dann geht man wieder ins Plenum, und dann irgendwann in der Nacht wird die Entmündigung des österreichischen Staates, die Einschränkung und Beschneidung der Souveränität in Budgetfragen einfach durchgewunken. (Beifall bei der FPÖ.)
Mich wundert es nicht, dass das ÖVP und SPÖ im Gleichschritt machen. (Abg. Krainer: Seit wann wird die Geschäftsordnung ?) Aber, meine Damen und Herren von den Grünen, was haben Sie denn dafür bekommen? Was waren denn die Versprechungen? Werden Sie demnächst einen Nationalratspräsidenten stellen dürfen? Ist das „part of the game“? Ist das der Deal, den Sie abgeschlossen haben, weil Sie es nicht verwunden haben, dass Sie nach einer Dritten Präsidentin demnächst und in Bälde auch noch eine Volksanwältin ein für allemal verlieren werden? (Beifall bei der FPÖ.) So etwas wird es eben in der Geschichte nicht mehr geben.
Für uns Freiheitliche stellt sich in Zukunft nur mehr die Frage: Stellen wir einen Ersten oder Zweiten Präsidenten?, aber es stellen sich sicher nicht mehr die anderen Fragen, die Sie glauben hier einbringen zu können. (Beifall bei der FPÖ.)
Reden Sie nicht mehr von Demokratie, auch nicht im Rahmen eines Volksbegehrens oder sonst etwas! Diese Glaubwürdigkeit haben Sie verspielt. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)
In der Sache selbst, was das Bildungsvolksbegehren betrifft: Wir haben verschiedene Anträge mit unterstützt, auch mit eingebracht. Und das sei den Initiatoren in dieser – und ich bedauere das zutiefst – schweren Stunde des Parlamentarismus gesagt, dass man sie hier hergebracht hat. Ich möchte ihnen eines versichern: Der Dialog ist mit
dem 31. Mai nicht beendet worden. Auch ihre Vorschläge hinsichtlich einer Enquete-Kommission und ähnlicher Dinge werden aufgenommen werden.
Aber einen Seitenhieb möchte ich schon noch anbringen. Wir sind in der Frage des gemeinsamen Unterhalts vor wenigen Stunden dahin gehend kritisiert worden: Warum schielen die Freiheitlichen immer nach dem deutschen Vorbild? – Es tut mir furchtbar leid, dass Ihr Bildungsbeiratsmodell ebenfalls ein deutsches Vorbild hat und wahrscheinlich abgelehnt werden wird – aus diesem Grund. (Beifall bei der FPÖ.)
11.16
Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.
11.16
Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich habe schon geglaubt, ein Traum wird wahr: Das österreichische Parlament ohne Rechtsextreme, aber wir werden (Abg. Strache: Das ist eine der größten Anschuldigungen! marxistischer Kommunist!) noch ein bisschen warten müssen, bis es so weit kommt. (Beifall bei den Grünen.) Ich bin sicher, das Verhalten der Freiheitlichen Partei wird dazu führen, dass es diesbezüglich nach den nächsten Wahlen zumindest eine Linderung geben wird. (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Wenn Sie von Demokratieproblemen sprechen, Herr Kollege Rosenkranz, darf ich entgegnen: Sie haben vorhin einen geschäftsordnungswidrigen Antrag gestellt. Ich darf Ihnen § 24 der Geschäftsordnung vorlesen:
„Bei Festlegung der Tagesordnung des Nationalrates haben Volksbegehren den Vorrang vor allen übrigen Gegenständen.“
Sie haben das Gegenteil begehrt, das geht so nicht. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Gut so!) Sie müssen sich schon ein bisschen an die Geschäftsordnung, an Gesetze halten. Lesen Sie sie, sie ist billig zu erhalten, und dann könnten Sie wirklich in die Diskussionen eintreten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Wer sich hinter Argumenten verschanzt, hat schon verloren!)
Kommen wir zum Thema! Das ist leider ein etwas ernsteres Thema, denn insgesamt ist heute leider kein guter Tag für die Bildung in Österreich. Ich möchte nicht von einem schwarzen Tag sprechen, weil es eigentlich nur Stillstand bedeutet, was heute hier „endbehandelt“ wird, wie es so schön oder weniger schön heißt, aber es ist kein guter Tag.
Ich war in den letzten Wochen in den Verhandlungen sehr, sehr froh und zutiefst überzeugt davon, dass es richtig war, mich bei den Grünen zu engagieren, denn das, was ich von Rot und Schwarz erlebt habe (Abg. Rädler: Linker Träumer! – Abg. Dr. Rosenkranz: Sie Steigbügelhalter!), dass man sich zuerst einmal pro äußert, dass man sich die ExpertInnen anhört, dass man zustimmt, dass man im Ausschuss sagt, was alles gut und recht ist, und dann kurz ans Telefon muss und Rücksprache bei den Parteizentralen, bei der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst hält, die sagt: Njet!, und dann ist es vorbei mit der Reform, dann ist es vorbei mit dem Mut, dann ist es vorbei mit der Gemeinsamkeit. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Wo war der Mut der Grünen bei diesem Verfassungsbruch?) Darauf können wir, darauf müssen wir verzichten, meine Damen und Herren.
Wenn der Kollege Cap seine Piaristen-Ausbildung hier ins Treffen führt: Ja, das Predigen hat er gelernt, aber hier geht es ums Umsetzen, und davon sind wir leider weit entfernt. Wir müssen nicht beim Onkel Erwin in St. Pölten anrufen und fragen, was wir dürfen. Wir diskutieren sachlich. Wenn die Ergebnisse da sind, dann sind wir auch
dafür oder dementsprechend dagegen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Sie sind einer der schlimmsten Ideologen, die es überhaupt gibt!) Aber Sie müssen da offensichtlich nachfragen.
Ich möchte schon betonen, das betrifft vor allem Sie von der Österreichischen Volkspartei: Das, was Sie im Ausschuss abgeliefert haben und was jetzt zur Abstimmung kommt, das ist beschämend. Da haben Sie einiges nachzuholen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Sie sind beschämend mit jedem einzelnen Ihrer Worte!)
Von einer kindgerechten Schule sind wir leider nach wie vor weit entfernt.
Von einer Abschaffung der zu frühen Trennung der Kinder mit neuneinhalb Jahren, auch davon werden wir nach dieser Endbehandlung leider weit entfernt sein. Von Standardisierungen und so weiter, all dem, was wir wollen, sind wir entfernt – beziehungsweise was die Standards anlangt, Frau Ministerin, zumindest ein bisschen auf einem guten Weg. (Zwischenruf bei der ÖVP.)
Allerdings, wenn Sie sagen, was alles erledigt worden ist – Kollege Amon hat darauf hingewiesen –: Ich darf Sie schon daran erinnern, Herr Kollege Amon, dass unsere Unterstützung war da, als wir die Zentralmatura vor fast drei Jahren beschlossen haben. Und was ist jetzt? Was müssen wir letzte Woche hören? – Zurückgenommen, sistiert. Und man munkelt schon in Gewerkschaftskreisen: Wir werden das überhaupt zu Fall bringen, nach den nächsten Wahlen, weg damit. (Abg. Amon: Unwahrheit! – Abg. Klikovits: Ein Jahr zurückgesetzt!) – Ja, ein Jahr, das sagen Sie jetzt. Sie haben auch vor drei Jahren beschlossen, dass es bereits eingeführt wird, und es wieder zurückgenommen. (Abg. Klikovits: Es ist nicht zurückgenommen!)
Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, Sie haben Ihre Ministerin im Regen stehengelassen. Sie haben dem Druck, der von ÖVP-nahen Organisationen erzeugt worden ist, nichts entgegengehalten und zu diesem Desaster leider wesentlich mit beigetragen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)
Die Zentralmatura ist also kein Vorzeigeergebnis. Es gäbe allerdings, und das ist die positive Botschaft des heutigen Tages, Beispiele, denen wir nacheifern können, und ich lasse jetzt einmal die skandinavischen Länder außen vor. Nehmen wir ein anderes Land her, das sehr gut vergleichbar ist: Polen. Polen hat vor eineinhalb Jahrzehnten noch schlechtere Ergebnisse gehabt als Österreich, bei sämtlichen Testungen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Die Polen haben etwas gemacht, sie haben sich zusammengesetzt, es gab nationalen Konsens, und es gab eine Bildungsreform, die diesen Namen auch verdient: Verlängerung der Schulpflicht, gemeinsame Schule bis zum 15. Lebensjahr, moderne Lehrpläne, Standardisierungen von der Volksschule bis hinauf ins Gymnasium.
Und das Ergebnis: Polen ist heute, nach 15 Jahren, in allen Bereichen im vorderen Drittel. Die Polen haben uns überall überholt. (Abg. Amon: Gymnasium?) – Ja, das Gymnasium. Das Gymnasium ist ein gemeinsames Gymnasium. Da haben die Polen das vorweggenommen, was Ihre Frau Karl einmal gesagt hat: Gymnasium für alle. Genau das haben die Polen durchgesetzt, mit sehr, sehr positiven Ergebnissen. Hören Sie ein bisschen auf die Frau Karl! Die hat Ihnen gesagt, wo es langgehen soll, die hat Ihnen gesagt, auf welchen Weg wir uns begeben sollten. (Abg. Amon: kennen Sie gar nicht! Aber ich werde Sie das nächste Mal !)
Es geht langsam dem Ende zu. Die Reformpartnerschaft von Ihnen, Herr Kollege Amon, und der Frau Ministerin nennen Sie ja selber ganz vorsichtig eine „kleine Reformpartnerschaft“. (Abg. Amon: Wille ist groß !) Die führt dazu, dass wir überall einen Schritt zurückgehen. Also überlegen Sie sich, wenn Sie im Jahr 2009 Reformen
und Gesetze beschließen und sie dann im Jahr 2012 wieder zurücknehmen, dann ist das eine sehr, sehr kleine Reformpartnerschaft. Da können Sie nicht glauben, dass Sie uns mit auf dem Ticket haben.
Legen wir heute das Ziel fest, wie unser Schulsystem in 10, 15, 20 Jahren ausschauen soll, und dann machen wir die entscheidenden Schritte dort hin. Weg mit dem Parteienproporz, eine ganz wichtige Angelegenheit. Hannes Androsch hat mehrfach darauf hingewiesen, er hat sogar zum Koalitionsbruch aufgerufen angesichts Ihrer Untätigkeit. Verschlanken wir die Verwaltung! Die Verwaltung ist unsäglich. Das, was sich da tagtäglich in Österreich abspielt, verschlingt Millionen. Das brauchen wir nicht. Wir brauchen engagierten Ausbau ganztägiger Schulformen, Individualisierung des Unterrichts, und, und, und. Alles ist klar, die Konzepte liegen da, die Expertinnen und Experten haben uns das klargemacht in den Ausschüssen. Wir müssen es nur umsetzen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Josef Auer.)
Wir müssen vor allem darangehen, dass wir die Kinder endlich später trennen. Das, was sich da abspielt Jahr für Jahr, Kinder mit neuneinhalb Jahren nach unnachvollziehbaren Kriterien zu trennen, das bringt Zwist in die Schulen, das bringt Zwist in die Familien. Damit müssen wir aufhören, es ist kontraproduktiv!
Wir wollen eine große Reformpartnerschaft in diesem Land. Wir wollen diese Ziele festlegen. Wir wollen das, was das Bildungsvolksbegehren beantragt hat, umsetzen. Wir werden auch in den kommenden Monaten die Garanten dafür sein, dass dieses Thema im aktuellen Parlament und vielleicht dann auch noch im nächsten Parlament auf der Tagesordnung bleibt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
11.24
Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte.
11.25
Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst den Initiatoren, Initiatorinnen des Bildungsvolksbegehrens sehr, sehr herzlich danken, vor allem Herrn Dr. Androsch und Prof. Bernd Schilcher. Sie haben eine Bildungsbewegung in Gang gesetzt – manchmal geht es ein bisschen rascher, manchmal geht es ein bisschen langsamer, aber diese Energie bleibt, und ich möchte Ihnen sehr, sehr herzlich danken für das Engagement. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Es ist vielleicht einigen nicht ganz so bewusst, weil das Bildungsvolksbegehren jetzt sehr stark bewertet wird – Was hat es ausgelöst? Zu welchen Punkten führt es? –, aber ich muss Ihnen sagen, dass schon mit der Ankündigung des Bildungsvolksbegehrens zu Jahresbeginn 2011 sehr, sehr viel in Bewegung gekommen ist. Sie haben viel erreicht, Sie haben viel unterstützt und Sie haben vor allem dazu beigetragen, und das möchte ich besonders hervorheben, dass es in Österreich nicht zu einer Verländerung der Bildung kommt. Dafür danke ich Ihnen besonders. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte aber auch noch jemanden besonders erwähnen und mich bedanken, nämlich beim Herrn Abgeordneten Elmar Mayer, der in besonderer Weise diesen Sonderausschuss geleitet hat, nämlich wertschätzend und souverän in einer Art und Weise, dass konstruktive Debatten möglich waren. – Vielen Dank, Herr Abgeordneter. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Amon hat schon erwähnt, es ist bereits viel in die Wege geleitet, und wir haben sehr, sehr viele Projekte mit breiter Unterstützung des Nationalrats beschließen können. Ich darf das
noch einmal wiederholen, denn irgendwie wird trotzdem manchmal die bildungspolitische Diskussion als Stillstandsdebatte bezeichnet, und da müssen wir einfach dagegenhalten: verpflichtendes Kindergartenjahr, kleinere Klassen – übrigens gab es auch zu diesem Thema einmal ein Bildungsvolksbegehren –, Neue Mittelschule, Tagesbetreuung, neue Oberstufe, Bildungsstandards, neue Reifeprüfung, Lehre und Matura, kostenloses Nachholen von Bildungsabschlüssen, um nur einige Vorhaben zu erwähnen.
All diese Vorhaben sind ausgearbeitet. Die Gesetze sind beschlossen, die Budgets sind gesichert. Aber – und Herr Abgeordneter Walser, Sie haben da durchaus recht – es liegt noch viel Arbeit vor uns, denn diese Projekte müssen jetzt im Klassenzimmer ankommen, und da genügen nicht Gesetze und Verordnungen, da nehme ich auch die Kritik von Universitätsprofessor Gruber durchaus ernst, sondern es geht jetzt darum, auch alle Betroffenen und Beteiligten zu motivieren, aber auch ihre Verantwortung auf allen Ebenen einzufordern.
Veränderungen, das haben wir bei der neuen Matura beobachten können, lösen oft Verunsicherung aus. Und ich muss Ihnen sagen, die Anliegen der Schulpartner ernst zu nehmen, darauf einzugehen, ist für mich kein Zeichen der Schwäche, schon gar nicht ein Rücktrittsgrund, sondern ganz im Gegenteil, das dient dem Projekt und sichert seine Umsetzung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Walser: Nicht in die Knie gehen!)
Das, was unsere Schulen ganz besonders brauchen, und ich erlebe das bei jedem Schulbesuch, bei jeder bildungspolitischen Debatte, das sind Wertschätzung und Respekt, Wertschätzung und Respekt vor allem den Lehrern und Lehrerinnen gegenüber. Daher, denke ich, ist es wichtig, das auch immer wieder direkt anzusprechen. Es ist wichtig, dass die Lehrer und Lehrerinnen motiviert an die Arbeit herangehen, damit sie die vielen Projekte, die wir beschlossen haben, auch gut umsetzen können. Und in diesem Zusammenhang ist es mir besonders wichtig, immer wieder auch gelungene Projekte darzustellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen dringend diese positive Stimmung, eine Kultur des Gelingens und eine Freude am Erfolg. Ich bin davon überzeugt, dass die Kraft der positiven Beispiele wirksamer und mächtiger ist als dieses leidige Spiel: Wer ist schuld?
Die Beratungen im Sonderausschuss, da schließe ich mich der Meinung der Vorredner an, waren in meiner Wahrnehmung sehr wertschätzend, mit Stil geführt, auf hohem Niveau. Die wichtigen Anliegen wurden mit den Experten, Expertinnen, mit den Vertretern des Volksbegehrens diskutiert.
Ich möchte fünf Punkte herausgreifen, die mir als Ministerin ein besonderes Anliegen sind und wo ich doch eine große Übereinstimmung zwischen Vertretern des Bildungsvolksbegehrens und des Parlaments beobachtet habe, was mich auch freut.
Da ist an allererster Stelle die Grundeinstellung, dass die Schule Talente und Fähigkeiten der Schüler und Schülerinnen fördern soll und sie damit zu Spitzenleistungen motivieren soll, wobei Erfolg, und da schließe ich mich auch Markus Hengstschläger an, eben das Ergebnis von individueller Leistungsvoraussetzung und harter Arbeit ist. Vielfalt als Chance muss auch eine Devise sein, und daher ist das persönliche Eingehen auf jeden einzelnen Schüler und jede einzelne Schülerin so wichtig. Wir dürfen kein Kind, keinen jungen Menschen zurücklassen.
Als zweiten Punkt möchte ich die ganztägigen Schulen anführen; auch dazu wird es einen Entschließungsantrag geben. Ich freue mich, dass wir 80 Millionen € jährlich für den Ausbau der Tagesbetreuung zur Verfügung stellen können. Das ist für die berufs-
tätigen Eltern ganz entscheidend und auch für die Förderung der jungen Menschen. Mein politisches Ziel, das sage ich hier auch sehr klar, ist die gemeinsame ganztägige Schule. Als politisches Ziel halte ich daran fest. (Beifall bei der SPÖ.)
Drittens, und auch dieser Punkt ist beim Bildungsvolksbegehren ja eingehend gefordert und behandelt worden, gilt es, den Lehrberuf aufzuwerten. Deshalb arbeiten wir an dem neuen Dienst- und Besoldungsrecht mit attraktiveren Einstiegsgehältern, höherem Einkommen, und wir arbeiten genau aus diesem Grund auch an der neuen PädagogInnenbildung, die auch den Bereich der Elementarpädagogik mit einschließen muss. Ich bin froh, dass dieser Punkt auch im Entschließungsantrag explizit erwähnt wird. Es ist mir auch wichtig, die Verantwortung am Schulstandort – ich persönlich bevorzuge den Begriff Verantwortung anstelle des Autonomiebegriffes – und die Verantwortung der Direktoren und Direktorinnen auszubauen.
Der vierte Punkt ist, dass wir darauf achten müssen, dass es im Bildungsbereich keine Sackgassen gibt. Daher sind das Nachholen von Bildungsabschlüssen, Angebote für Quereinsteiger, Anrechnungen bei einem Ausbildungswechsel alles Punkte, die zu begrüßen sind.
Und fünftens und letztens – weil auch dazu gerade Verhandlungen und Gespräche laufen, und da fühle ich mich sehr vom Bildungsvolksbegehren und über weite Strecken auch vom Parlament unterstützt – braucht eine erfolgreiche Bildungspolitik Bundeskompetenz in Gesetzgebung und Vollziehung. Das ist entscheidend. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Amon.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme damit zum Schluss, und das kann für mich nur heißen: Vorwärts lautet die Devise! Arbeiten wir gemeinsam und entschlossen weiter für eine bessere Schule! Schon im nächsten Unterrichtsausschuss werden wir die nächsten Projekte besprechen. Sprachförderung – jedes Kind, das in Österreich in die Schule geht, muss Deutsch können – und das erwachsenengerechte Nachholen des Pflichtschulabschlusses werden wir im Unterrichtsausschuss behandeln, in Summe bis dato 48 Regierungsvorlagen. Ich denke, das zeigt den Reformwillen der Regierung. Und gerade weil Bildungspolitik oft das Bohren besonders harter Bretter ist, sind das Engagement der Zivilgesellschaft und die gute, parteienübergreifende Kooperation im Hohen Haus so wichtig.
Ich bedanke mich für die Unterstützung. Ich bin überzeugt davon, dass wir Schritt für Schritt und unaufhaltsam für eine bessere Schule, eine Schule, die Freude macht, die Grundkompetenzen sichert und jeden Menschen zu seiner Spitzenleistung führen wird, arbeiten. Ich darf Ihnen versichern, Ihre Entschließungsanträge werde ich sehr ernst nehmen und immer wieder als wichtiges und schlagendes Argument auch in die Verhandlungen mit einbringen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
11.35
Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.
11.35
Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bedaure ein bisschen, dass unter dieser Geschäftsordnungsdebatte an und für sich eine sehr wichtige Sache etwas leidet, nämlich die inhaltliche Debatte um unsere Zukunft, um unsere Kinder. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ein Volksbegehren, das sehr breit behandelt wurde, hätte mehr verdient, als dass man aus Protest nicht an der Debatte teilnimmt. Ich sehe schon ein, dass man sich ärgert, aber nicht an der Debatte teilzunehmen, wo man jetzt monatelang gemeinsam darüber gestritten hat, finde ich
schade und des Parlamentes auch nicht würdig. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.)
Der inhaltlichen Debatte sollten wir uns nicht verwehren. Ich sehe ein, dass der Kollege Rosenkranz einen Teil seiner Rede dazu verwendet hat, seinen Frust loszuwerden. (Zwischenruf des Abg. Linder.) Aber dass das BZÖ überhaupt nicht mehr erscheint und nicht dazu Stellung nimmt, das bedauere ich doppelt. Das möchte ich eingangs gesagt haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Außerdem möchte ich mich dem Dank, den einige Vorredner ausgesprochen haben, anschließen, nämlich an alle Mitglieder des Besonderen Ausschusses zum Bildungsvolksbegehren für die engagierte Teilnahme bei diesen Beratungen, für Ihr gemeinsames Wirken. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Walser und Dr. Graf. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) – Herr Präsident, Kollege Walser, es wäre wirklich draußen das Umfeld, einander persönlich zu befehden und nicht da herinnen, während die Schuldebatte läuft. Das ist einfach unangenehm, Herr Präsident. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Er tut uns dauernd persönlich anflegeln!)
Ich möchte mich ganz besonders auch bei den Experten bedanken, die uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden sind und noch weiter zur Seite stehen werden, davon bin ich überzeugt. Es wurde schon mehrfach gemacht, aber ich möchte trotzdem – auch aus ganz persönlichen Gründen, ohne eine Wertung vorzunehmen – folgende Personen besonders hervorheben: Frau Schrodt, Herrn Landau, Frau Köhne, Herrn Mauhart. Und zwei Personen, die schon genannt wurden, nämlich Dr. Hannes Androsch und Dr. Schilcher, möchte ich noch einmal extra hervorheben, weil ich gerade ihr Engagement ganz besonders schätze.
Hannes Androsch, das darf ich bei dieser Gelegenheit sagen, war einer jener Staatsmänner, die mich, zusammen mit Bruno Kreisky, dazu bewogen haben, nicht nur ein Stück des Weges mit der Sozialdemokratie zu gehen, sondern es zu meinem Lebensinhalt zu machen, den ganzen Weg der Sozialdemokratie mitzugehen. Und ich hätte nichts lieber getan, das möchte ich auch sagen, als alle Ihre Forderungen auf Punkt und Beistrich mit den entsprechenden Anträgen sofort umzusetzen. Wir tun alles dafür, dass wir diese Ziele gemeinsam erreichen können, aber es ist eben nicht immer alles so möglich, wie das gewünscht und gefordert wird.
Dasselbe gilt auch für Dr. Schilcher, der beileibe nicht ein in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat ist, aber der ein engagierter Bildungspolitiker ist, ein Bildungsmensch ist, ein Fachmann ist, der mich durch seine Bücher, seine Vorträge, seine Publikationen sehr beeindruckt hat. Es freut mich, wenn Leute ihre Erfahrung auch über ihr aktives politisches Wirken hinaus in die Gesellschaft mit einbringen und nicht wie andere mit breiter Krempe und karierter Badehose irgendwo in der Karibik sind, sondern ihre Lebensaufgabe hier weiter erfüllen und uns weiter Druck machen und Ezzes geben, damit die Dinge, die wir alle gemeinsam anstreben wollen, nicht einschlafen. Dafür recht herzlichen persönlichen Dank! Ich werde besonders auf Sie, Herr Dr. Schilcher, etwas später noch einmal zurückkommen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Bartenstein und Grillitsch.)
Ich stimme dem zu, was schon gesagt wurde, nämlich dass die Ausschussberatungen tatsächlich von hoher Qualität, von breiter Übereinstimmung und von einem breiten öffentlichen Interesse getragen waren. Das hat dazu geführt, wie es die Ministerin bereits gesagt hat, dass schon mit Bekanntwerden, dass es ein Bildungsvolksbegehren geben wird, eine unglaubliche Dynamik in diese Diskussion gekommen ist. Ich meine, dass sich die Bilanz, also das, was in diesen Bereichen gemacht wurde, die schon
angedeutet wurde und die meine KollegInnen aus dem Bildungsbereich dann noch detailliert ausführen werden, durchaus auch sehen lassen kann.
Ich möchte mit einem Zitat von Herrn Dr. Schilcher im „Standard“ beginnen, der auf die Frage antwortet: „Was wäre bei gutem Willen und mutigen Politikern mittelfristig machbar?“
Ich zitiere Herrn Dr. Schilcher wörtlich: „Zuerst: Früh anfangen mit einem Jahr, das heißt rascher Ausbau der Kinderkrippen. Dann: Die individuelle ganztägige, möglichst lange gemeinsame Schule. Je länger die Schüler gemeinsam arbeiten, desto geringer wird der Einfluss der sozialen Herkunft, desto besser die Aufstiegschancen. Eine verlängerte Volksschule wäre schon ein Anfang. Das alles wäre budgetär machbar mit einer Verwaltungsreform. Eine ganze Ebene im Bezirk streichen, den Landesschulrat abspecken auf eine Erziehungsdirektion mit nur noch strategischer Funktion, plus Autonomie der Schulen.“
Meine Damen und Herren! Herr Dr. Schilcher! Das könnte einem Bildungsprogramm der Sozialdemokratie entsprechen. Das ist auch das Ziel, das wir gemeinsam verfolgen, mit all den Maßnahmen, die wir bisher gemeinsam gesetzt haben, den über 45 Initiativen, die die Frau Ministerin angeführt hat, beginnend mit der Sprachförderung für die Kleinsten – damit Deutsch in der Grundschule wirklich eine Voraussetzung sein kann, braucht es zuerst die Förderung – bis hin zu einem Bundesbildungsplan, dem sich alle Länder angeschlossen haben, mit verpflichtendem und kostenfreiem Kindergartenjahr, damit zumindest alle ein Kindergartenjahr haben, was zwar viel zu wenig ist, aber der Weg dorthin stimmt.
Das geht weiter mit den kleineren Klassen, die schon erwähnt wurden, den Bildungsstandards, die endlich eine Kompetenz in Rechnen, Mathematik und Schreiben bringen werden, die wir uns alle wünschen, damit die Schüler, wenn sie die vierte Schulstufe verlassen, tatsächlich über diese Grundkompetenzen verfügen.
Dafür kämpfen wir! Das haben wir beschlossen, und das wollen wir auch mit Entschiedenheit umsetzen, bis hin zu einer Dynamik von der Sekundarstufe 1 zur Gemeinsamen Schule. Da war und ist es wichtig, mit der Neuen Mittelschule eine neue Schulform einzuführen, damit man neue Unterrichtsmodelle erproben kann: Wie funktioniert Team-Teaching, wie individuelles Lernen? Wie kann man auch Schwächere fördern? Wie kann man auch den Schritt zu einer inklusiven Bildung schaffen?
Das sind wichtige Bereiche, die wir hier vorbereiten wollen, denn Schule ist in zehn Jahren nicht fertig, sondern sie wird sich immer und ewig weiterentwickeln!
Das setzt sich fort mit dem Bereich der Oberstufenreform – Stichwort: Modulare Oberstufe –, gemeinsam hier beschlossen, wo wir sagen, wir wollen mit Coaching, mit individueller Lernförderung an den Schulen erreichen, dass weniger Nachhilfe notwendig ist.
Wir wollen auch verstärkte Talenteförderung. Wir können Module bilden, die man auch überspringen kann, wo wir genau diese Begabungen gemeinsam fördern wollen. Es ist ganz, ganz wichtig, dass wir all diese Bereiche sehr engagiert weiter vorantreiben.
Und mit den Entschließungsanträgen, die wir heute hier noch vorlegen und zur Beschlussfassung bringen werden, setzen wir genau diese Schritte. Verehrte Initiatoren, Sie erhalten auch Fristsetzungsanträge. Und ich bin davon überzeugt, wenn es uns gelingt, auch Enquete-Kommissionen einzusetzen, die sicher nicht den Schlusspunkt in dieser Debatte bedeuten – denn natürlich geht es, wie Kollege Walser gesagt hat, weiter –, dann können wir uns auch dort als Parlament inhaltlich mit einbringen.
Solch eine Enquete-Kommission hat schon seit acht Jahren nicht mehr getagt. Sie tagt nicht nur einmal, sondern über einen längeren Zeitraum. Dort können wir uns all das vornehmen, was wir heute beschließen, und diese Dinge auch in der Gesetzeswerdung inhaltlich begleiten. Das wäre eine Chance, all das als Parlament zusammen mit den Initiatoren und zusammen mit den Experten umzusetzen.
Dazu möchte ich Sie recht herzlich einladen. Wir werden die entsprechenden Anträge dazu noch einbringen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
11.43
Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager. – Bitte.
11.43
Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Frau Ministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Vertreterinnen und Vertreter des Bildungsvolksbegehrens! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Was Sie heute hier erlebt haben, ist ein Beispiel dafür, warum in unserem Bildungssystem Demokratiebildung bereits vom Kindergarten an wichtig ist. Und dieses Bildungsvolksbegehren hat möglicherweise auch eines aufgezeigt: dass nämlich auch hier im Haus lebenslange Weiterbildung notwendig ist, denn wenn wir einander nicht einmal mehr zuhören, dann ist das für mich das Ende der Demokratie. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Lassen Sie mich, bevor ich zu meinem Beitrag komme, noch sagen: Ich habe aus diesem Grund in den letzten Tagen die Universitäten (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Wie Sie mit der Demokratie umgehen, ist ganz falsch, wenn Sie am Parlament vorbei handeln und über das Volk drüberfahren!)
Sie sprechen jetzt nicht, jetzt spreche ich: Das ist Demokratie, das sind die Spielregeln! (Beifall bei der ÖVP.)
Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in den letzten Tagen die Universitäten gebeten, eine „School of Government and Governance“ zu gründen. Und wenn ich mir anschaue, was heute in diesem Haus passiert ist, wie hier zwei Fraktionen mit direkter Demokratie umgehen, dann bin ich darin mehr als bestätigt und hoffe, dass die Universitäten diesen Vorschlag auch entsprechend aufgreifen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Aber kommen wir nun zum Thema Bildung, das die Zuschauerinnen und Zuschauer besonders interessiert! Denn: Bildung ist der Schlüssel für die Bewältigung unserer aktuellen und künftigen Herausforderungen. Sie ist lebensbegleitend, vom Kindergarten bis ins Erwachsenenalter.
Das Parlament und die Bundesregierung haben bereits viel zuwege gebracht. Und, Frau Bundesministerin, es sei Ihnen unbenommen, wenn Sie ein Bildungsvolksbegehren brauchen, um noch stärker und rascher Reformen zu initiieren, mir ist jede Unterstützung recht, aber machen wir jetzt Nägel mit Köpfen! Gehen wir voran, liebe Kolleginnen und Kollegen, und schauen wir, dass wir dieses letzte verbleibende Jahr in dieser Legislaturperiode auch wirklich so abschließen, dass wir alles, was wir uns vorgenommen haben, auch entsprechend umsetzen können.
Ich bin guter Hoffnung, dass wir das auch schaffen. Was wir brauchen, das ist ein rascher Ausbau der Schulautonomie, die sich auch an den positiven Erfahrungen der Hochschulautonomie orientiert. Was wir brauchen, ist, dass auch die Hochschulen eine vergleichbare Autonomie haben. Wenn wir die Lehrerbildung voranbringen wollen, ist es wichtig, dass die Pädagogischen Hochschulen nicht in einer Sonderklasse sind, sondern im selben Qualitätssicherungssystem wie die Universitäten, so wie wir es ja
beispielsweise hier auch über das Qualitätssicherungsgesetz für die Universitäten vereinbart haben. Mir ist wichtig, dass im Rahmen der Lehrerbildung Qualität für alle Lehrerinnen und Lehrer gleichermaßen gesichert wird.
Wir brauchen also den Ausbau der Autonomie, und zwar sowohl in der Schule als auch bei den Pädagogischen Hochschulen. (Abg. Dr. Grünewald: Aber keine politisch besetzten!) Auch keine politisch besetzten Hochschulen; da bin ich ganz bei Ihnen. – Wenn ich mir anschaue, wie der Bestellungsmodus an den Universitäten ausschaut, dann glaube ich, dass das ein bewährtes Modell ist, das wir im Hochschulbereich insgesamt auch generell weiter vorantreiben sollten.
Was wir aber auch noch in dieser Legislaturperiode brauchen, ist – und auch da sind wir derzeit in guten Gesprächen – eine rasche Umsetzung der PädagogInnenbildung-neu. Worauf kommt es da an?
Erstens einmal, dass nur jene Pädagoginnen und Pädagogen dann auch tatsächlich im Kindergarten und in der Schule unterrichten, die auch wirklich auf dem neuesten Stand des Wissens und der Forschung ausgebildet sind. Wir brauchen da mehr Qualität.
Zweitens, dass nur jene den Beruf ergreifen, die dafür geeignet sind. Daher braucht es entsprechende Aufnahmeverfahren, und ist es notwendig, dass eine berufliche Veränderung auch für Lehrerinnen und Lehrer künftig leichter möglich wird.
Ich möchte nun folgenden Entschließungsantrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Katharina Cortolezis-Schlager, Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung des Bildungsreformprozesses im tertiären Bildungssektor.
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird ersucht,
das Ziel einer kapazitätsorientierten, studierendenbezogenen Universitätsfinanzierung weiterzuverfolgen und deren Umsetzung zu fördern, um den Universitäten die Möglichkeit zu geben, gute Rahmenbedingungen für Lehrende und Studierende zur Verfügung zu stellen;
durch öffentliche und private Investitionen das Budget für den tertiären Bildungssektor von 2 Prozent des BIP zu erreichen;
den Ausbau der Mobilitätsprogramme fortzusetzen und
Maßnahmen zur Förderung der Internationalisierung und internationalen Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Hochschulen fortzusetzen und weiter auszubauen.“
*****
Dieses Ziel wollen wir noch 2012 in vielen wesentlichen Punkten erreichen!
Auch Ihnen herzlichen Dank für Ihre Unterstützung! Gemeinsam sind wir stark. Lassen Sie uns Nägel mit Köpfen machen, gehen wir es bereits 2012 an! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
11.49
Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Katharina Cortolezis-Schlager, Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung des Bildungsreformprozesses im tertiären Bildungssektor
zum Bericht 1793 d.B. des Besonderen Ausschusses zur Behandlung des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ (1647 d.B.)
In den Beratungen des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Volksbegehrens Bildungsinitiative am 7. Mai 2012 wurden die einzelnen Forderungen des Bildungsvolksbegehrens von den Abgeordneten zum Themenblock „Universitäten, Hochschulen“ unter Beiziehung der Bevollmächtigten, der zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, von Mitgliedern des Bundesrates sowie Auskunftspersonen des Ausschusses und der Fraktionen diskutiert.
In der modernen Wissensgesellschaft ist eine innovationsorientierte Hochschul- und Forschungspolitik von großer Bedeutung für die Bildung und Befähigung der Bürgerinnen und Bürger im Sinne einer selbstbestimmten Lebensführung und der sozialen Chancengleichheit, für das intellektuelle und kulturelle Leben innerhalb der Gesellschaft, für die Erschließung der Künste, für die Schaffung weiterer qualifizierter Arbeitsplätze, für die Erhaltung unserer Wettbewerbsfähigkeit, zur Stärkung der Innovationskraft des Landes sowie für Wirtschaftswachstum und damit für die soziale Sicherheit. Als längerfristiges Ziel gilt es, den quantitativen und qualitativen Ausbau des tertiären Sektors verstärkt zu fördern, um im Sinne der europäischen Vereinbarungen (Europa 2020-Strategie), die Anzahl der Personen mit Hochschulabschluss zu erhöhen. Europäisches und österreichisches Ziel ist die Erhöhung der dem tertiären Sektor zur Verfügung stehenden Mittel auf zwei Prozent des BIP. Neben der Hochschulmilliarde für die Jahre 2013 bis 2015, die auch den quantitativen Ausbau des FH-Sektors beinhaltet, wird auch die Umsetzung des Hochschulplans zur Weiterentwicklung der Hochschulen beitragen.
Im Sinne der Universitäten wurden Eckpunkten eines österreichischen Modells einer Studienplatzfinanzierung auf Basis einer Normkostenrechnung und der damit verbundenen Feststellung der Kapazitäten erarbeitet. Nun gilt es, die erste Umsetzungsphase mit guten Rahmenbedingungen für Lehrende und Studierende zu schaffen. Im Rahmen dessen sollen Ausbaunotwendigkeiten erarbeitet werden, um eine Verbesserung der Betreuungsverhältnisse für Studierende zu erreichen. Zudem sollen die Studierendenströme ohne Reduktion der Österreich-weiten Gesamtzahl der Studienbeginner besser gelenkt werden.
Der österreichische Hochschulraum mit seinen unterschiedlichen Sektoren ist in seinen Notwendigkeiten, Aufgabenprofilen und Schwerpunktsetzungen ganzheitlich zu betrachten. Mit dem „Österreichischen Hochschulplan“, dessen Eckpunkte in der Bundesregierung beschlossen wurden, soll eine klare Aufgabenteilung und Schwerpunktsetzung angestrebt werden. Zu dieser Entwicklung gehört ebenso die bereits kürzlich konstituierte Hochschulkonferenz, womit nun der Startschuss für die inhaltliche Arbeit der Expert/innen und Hochschulpartner/innen erfolgte, wie eine Orientierung an den Leitlinien für das Lebensbegleitende Lernen sowie die Umsetzung des Nationalen Qualifikationsrahmens im tertiären Bereich.
Ziel ist es unter anderem die Zahl der Absolventinnen und Absolventen anzuheben und damit das Bildungsniveau der österreichischen Bevölkerung und der Erwerbstätigen
(Akademikerquote) zu erhöhen. Weiters soll die Autonomie der Universitäten im Sinne des UG 2002 weiterentwickelt werden.
Auslandserfahrung und internationale Vernetzung sind sowohl während als auch nach dem Studium im Bereich der Forschung und Wissenschaft bedeutende Erfolgsfaktoren für die individuellen Karrierewege sowie für den Wissenschafts- und Forschungsstandort generell. Österreich hat bereits jetzt das Ziel einer Graduiertenquote von 20 % bis 2020, mit 18,6 % fast erreicht. Um diesen Weg kontinuierlich voranzuschreiten ist eine weitere Steigerung der Studierenden- und Graduiertenmobilität in ausgewählte Länder, die Erhöhung der österreichischen Beteiligung an ERASMUS MUNDUS sowie die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses für den Standort Österreich wesentlich. Das Problem der asymmetrischen Mobilität ist ein europäisches Problem, das wir auf die Europäische Agenda setzen konnten und worüber gerade eine Diskussion geführt wird.
Österreich ist zudem mit einer Rückflussquote beim 7. Forschungsrahmenprogramm mit fast 130% vorbildlich und hat mit der Einwerbung zahlreicher ERC Grants seine Position in der Wissenschafts- und Forschungslandschaft innerhalb Europas gefestigt. Auch hier gilt es den jetzigen Weg stetig weiter zu verfolgen.
Um den Bildungsreformprozess fortzusetzen, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird ersucht,
das Ziel einer kapazitätsorientierten studierendenbezogenen Universitätsfinanzierung weiter zu verfolgen und deren Umsetzung zu fördern, um den Universitäten die Möglichkeit zu geben, gute Rahmenbedingungen für Lehrende und Studierende zur Verfügung zu stellen;
durch öffentliche und private Investitionen das Budget für den tertiären Bildungssektor von 2 % des BIP zu erreichen;
den Ausbau der Mobilitätsprogramme fortzusetzen und
Maßnahmen zur Förderung der Internationalisierung und internationalen Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Hochschulen fortzusetzen und weiter auszubauen.“
*****
Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Klubobmann Strache. – Bitte.
11.49
Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die Initiatoren des Bildungsvolksbegehrens! Ich darf Sie recht herzlich begrüßen, Herr Dr. Androsch, Herr Mauhart, Herr Universitätsprofessor Schilcher und alle anderen, die gekommen sind.
Es ist traurig, dass im Rahmen dieses Tagesordnungspunktes Ihr gutes und zu großen Teilen wichtiges und richtiges Volksbegehren letztlich darunter zu leiden hat, dass heute hier ein sehr, sehr negatives Schauspiel zum Besten gegeben wurde, wo die Demokratie im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen getreten wurde. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Walser: Sie haben dieses Schauspiel zum Besten gegeben!)
Es ist eine Schande für den Parlamentarismus, eine Schande für dieses Hohe Haus und für den demokratischen Umgang, wie heute hier vonseiten der Parteien SPÖ, ÖVP und Grüne verfahren wurde. Seit Monaten kann man in den Gazetten, den diversen Tageszeitungen lesen, dass bis Ende Juni die Europäische Kommission alle Länder in der Eurozone mehr oder weniger aufgefordert hat, den Europäischen Stabilitätsmechanismus parlamentarisch zu behandeln und durchzupeitschen. Und seit Monaten bereiten Sie offenbar diesen heute hier stattgefundenen Handstreich vor, nämlich kurzfristig die Tagesordnung zu ändern (Abg. Dr. Walser: Haben Sie zur Bildung auch etwas zu sagen?), und zwar mit Hilfe der Grünen, was kein Wunder ist, denn die sind offenbar immer schon käuflich gewesen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Grünewald: Wer?)
Da wären etwa die EU-Verfassung und der Euratom-Vertrag in Erinnerung zu rufen, der rechtlich verbindlich in der EU-Verfassung angehängt worden ist, wo Sie aber dann scheinheilig gegen diesen Euratom-Vertrag in Stellung gegangen sind. Aber auch all jene Anträge, in denen es um direkte Demokratie gegangen ist, wurden vonseiten der Grünen hier in diesem Hohen Haus immer wieder abgelehnt. (Abg. Dr. Walser: Entspricht der freiheitlichen Bildungspolitik, Ihr beredtes Schweigen dazu!)
Jetzt wird auch offenkundig, was Ihr Trauma ist, nämlich dass Sie bei der letzten Nationalratswahl erleben mussten, dass Ihre Präsidentin durch die Bevölkerung demokratisch abgewählt worden ist. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Walser. TOP 1: Bildungsvolksbegehren!) Und dieses Trauma haben Sie offenbar bis heute psychisch noch nicht ganz überwunden. (Abg. Dr. Walser: Es geht hier jetzt um Schule, Kindergarten, Universität!)
Es ist wirklich eine Schande, wie man heute hier umgegangen ist, indem man den Tagesordnungspunkt 4 im Nachhinein sozusagen auf die Tagesordnung geholt hat, damit unter Ausschluss der Öffentlichkeit heute hier zum Thema des Europäischen Stabilitätsmechanismus eine Erste Lesung stattfinden kann, und Sie nicht einmal dem Antrag der Opposition auf Diskussion, auf Einwendung, auf inhaltliche Debatte zugestimmt haben. (Abg. Dr. Walser: Kommt noch etwas zur Bildung oder nicht?)
Ist das Ihre marxistische Einstellung, die Sie leben? – Die kommt ja da zum Vorschein! (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.)
Herr Cap, Sie lachen. – Ist das Ihre marxistische Einstellung? Oder ist das Ihre direktdemokratische Einstellung, von der Sie immer wieder von diesem Platz aus reden und über die Sie hier philosophieren? (Abg. Dr. Jarolim: Bleiben Sie bei der Wahrheit! – Abg. Mag. Musiol: Reden Sie über Bildung!)
Wir behandeln heute ein Bildungsvolksbegehren. – Es ist eine Schande, wie Sie damit umgehen! Nehmen Sie Volksbegehren, direktdemokratische Mechanismen, demokratische Mitsprache, Diskussionskultur, demokratischen Parlamentarismus überhaupt ernst? – Nein, Sie haben heute das Gegenteil bewiesen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Musiol: Reden Sie über Bildung!)
Wenn es nach den Freiheitlichen ginge, hätten wir schon sichergestellt, dass dieses gute, in weiten Teilen richtige Bildungsvolksbegehren einer verbindlichen Volksabstimmung durch die Bevölkerung unterzogen wird, damit es keinen Stillstand gibt wie bei dieser Bundesregierung.
Ich bin froh, dass in vielen positiven Punkten wenigstens ein Teil, der gut ist, heute hier umgesetzt wird, wie etwa eine einheitliche Lehrerausbildung. Von uns unterstützt wird natürlich auch die Zusammenlegung der Schulverwaltung. Von uns unterstützt werden auch gute Dinge, die von uns Freiheitlichen hineinreklamiert wurden und die sich hier
jetzt wiederfinden, wie etwa eine Schulbauoffensive und andere Punkte, wo es darum geht, mehr Geld für Bildung und Wissenschaft zur Verfügung zu stellen.
Natürlich verschweige ich auch nicht, dass wir den einen oder anderen Punkt negativ sehen, wie etwa den Punkt Gesamtschule. Das würde unserer Meinung nach nämlich eine Nivellierung nach unten bedeuten. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.) Wir meinen, dass es eine Differenzierung nach Begabungen geben sollte, weil wir die Möglichkeiten, aber auch die Schwächen der Schüler ernst nehmen müssen und darauf auch Rücksicht zu nehmen haben. Aber das ist heute nicht Thema der Debatte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von ÖVP, SPÖ und den Grünen, Sie haben heute hier gezeigt, dass Ihnen leider Gottes viel mehr daran liegt, mit dem Handstreich, den Sie hier gelebt haben, einen Europäischen Stabilitätsmechanismus durchzusetzen, wo Sie das hanebüchene Argument verwendet haben, wie der Herr Professor Van der Bellen es auch bei der Geschäftsordnungsdebatte getan hat, Mitsprache sicherzustellen.
Genau das Gegenteil wird der Fall sein! Der Europäische Stabilitätsmechanismus – und das steht fest, Sie sollten sich das Vertragswerk einmal durchlesen – soll einen Gouverneursrat beinhalten, wo die parlamentarischen Kontroll- und Beschlussrechte unseres Hauses abgeschafft werden sollen. Nicht einmal das Europäische Parlament wird in Zukunft hier einen parlamentarischen Beschlussweg vorfinden (demonstrativer Beifall bei der FPÖ), sondern es wird ein autoritäres Konstrukt eines Gouverneursrats letztlich auf Schiene gebracht (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser) – da haben Sie heute mitgemacht –, wo am Ende unsere Grundrechte der Verfassung verändert werden sollen und die österreichischen Steuerzahler und die österreichischen Staatsbürger letztlich zwangsenteignet werden sollen (Abg. Dr. Walser: Sie können nicht lesen!), wo Haftungssummen bei einem Gouverneursrat zu entscheiden sind und nicht mehr hier im Hohen Haus und wo dann unsere Schulden weiter dramatisch steigen werden. Das wollen wir verhindern!
Heute haben wir schon 62 Milliarden an Haftungen dank SPÖ, ÖVP und den Grünen, weil Sie die Haftungspakete und Rettungsschirmpakete beschlossen haben und diese Haftungen einmal schlagend werden können. Dafür tragen Sie die Verantwortung! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.)
Zum Abschluss: Ihre nicht demokratiepolitisch gelebte Entwicklung werden wir in den nächsten Tagen herausarbeiten. (Abg. Dr. Walser: Arbeiten Sie!)
Heute haben Sie letztlich sichtbar gemacht, wie Sie wirklich denken: Von Mitsprache, von Demokratie, von einer Diskussion hier im Haus wollen Sie nichts wissen! Das wollen Sie nach Möglichkeit abdrehen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit alles durchpeitschen. (Beifall bei der FPÖ.)
Da werden wir nicht mitspielen! Und das ist auch der Grund unseres Auszuges. Es werden jetzt in der Folge alle demokratiepolitischen Protestmaßnahmen von unserer Seite stattfinden. (Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der FPÖ.)
11.55
Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. –Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Die schwächste Rede seit langem! – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Frau Abgeordnete Musiol ist am Wort!
11.56
Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Demokratie heißt Sachargumente austauschen, heißt entscheiden und heißt, dann auch Entscheidungen zu akzeptieren. Das, was Sie heute hier geboten haben, Sie und das BZÖ, ist alles andere als demo-
kratisches Verhalten! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek.)
Ich sage es Ihnen noch einmal, denn manche Menschen müssen es öfters hören – Professor Van der Bellen hat es Ihnen schon gesagt –: Das, was heute ergänzt wurde, ist ein Antrag, wo es um die Mitwirkungsrechte des Parlaments geht, also um eine Steigerung der Demokratie! (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Und was wird dahinter versteckt?) Ich wiederhole: um eine Steigerung der parlamentarischen Mitwirkung! Und eine Partei, die dem Volk sein Recht plakatiert und dann gleichzeitig hier auszieht, wenn es um einen Antrag geht, mit dem das Parlament aufgewertet werden soll, ist nicht ernst zu nehmen! (Beifall bei den Grünen sowie bei SPÖ und ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek.)
Kollege Walser hat Ihnen Nachhilfe gegeben in Geschäftsordnungsfragen: Sobald ein Volksbegehren auf der Tagesordnung steht, hat es Tagesordnungspunkt 1 zu sein. Und das ist gut so und das ist sehr wichtig so, damit eben Volksbegehren nicht nach hinten gereiht werden, sondern genauso wie jetzt an prominenter Stelle, idealerweise zur Fernsehzeit, diskutiert werden – und nicht so wie von Ihnen in zwei Sätzen abgetan werden, damit Sie wieder Ihren Populismus leben können. (Beifall bei den Grünen. – Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Und jetzt sprechen wir über das Thema Bildung! – Bildung und Demokratie gehören untrennbar zusammen, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil Bildung davor schützt, dass man sich dem Populismus unterwirft – aktiv und passiv! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Deimek: So wie Sie es machen: Linkspopulismus!)
Wir führen jetzt nicht nur eine Bildungsdiskussion, sondern auch eine Demokratiediskussion (Abg. Neubauer: Reden Sie einmal über Bildung!), denn es geht nicht nur um die bildungspolitischen Inhalte, die wir im Volksbegehrenausschuss diskutiert haben, und zwar unter Beteiligung der InitiatorInnen und der ExpertInnen, die ich hiermit noch einmal begrüßen möchte, sondern es geht auch um die Frage, wie mit diesem Bildungsvolksbegehren umgegangen wird.
Es hat viel Hoffnung in diesem Ausschuss gegeben: Alle Parteien haben sich zum Beispiel zu dem Bereich, um den ich mich verstärkt kümmere, nämlich um die Elementarpädagogik, positiv geäußert. Und Einhelligkeit bestand auch in der Frage, dass alle Kinder in ganz Österreich die gleichen Möglichkeiten haben sollen, die gleichen Voraussetzungen vorfinden sollen und es daher unerlässlich ist, dass Bildung in Bundeskompetenz kommt.
Alle haben sich auch eindeutig dahingehend geäußert, dass die derzeitige Ausbildungssituation der KindergartenpädagogInnen unerträglich ist, dass sie dazu führt, dass nur ein ganz verschwindender Teil der KindergartenpädagogInnen tatsächlich in den Beruf einsteigt. Wir haben dieser Tage zahlreiche MaturantInnen, die die sogenannte BAKIP abschließen, aber nur ein ganz kleiner Teil von ihnen wird im Herbst tatsächlich einen Job annehmen. Der Rest wird aufgrund der Rahmenbedingungen, die man in Bildungseinrichtungen und in Kindergärten vorfindet, nicht in diesen Beruf einsteigen.
Und alle in diesem Ausschuss haben sich dazu bekannt, dass wir daher eine gemeinsame Ausbildung aller PädagogInnen auf tertiärem Niveau, an den Universitäten brauchen.
Das hat Hoffnung gegeben. Aber wenn man sich jetzt die Entschließungsanträge anschaut, dann sieht man, dass diese Hoffnung unbegründet war, denn das sind zahnlose Entschließungsanträge.
Sie alle sind lang genug im politischen Geschäft, dass Sie wissen müssten, wie ein Antrag aussehen muss – ideal wäre ein Initiativantrag, der dann auch gleich in ein Gesetz gegossen werden kann –, damit er auch wirklich umgesetzt wird und nicht nur groß geredet wird.
Die Anträge, die ÖVP und SPÖ heute vorlegen, sind alles andere als Umsetzungsanträge. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Das sind Anträge, wo Sie nur Vorhaben ankündigen, die keine weiteren Diskussionen brauchen. – Wir können in die Umsetzung gehen. Wir können Bildung in Bundeskompetenz beschließen. Wir können die tertiäre Ausbildung beschließen. Ich weiß nicht, was Sie hier noch länger diskutieren wollen.
Und nicht nur wir, die Grünen, warten auf die Umsetzung, sondern vor allem die über 380 000 Menschen, die dieses Volkbegehren unterstützt haben, warten auf die Umsetzung. Alle PädagogInnen, die auf KollegInnen warten, weil es einen PädagogInnenmangel aufgrund der Situation gibt, warten auf die Umsetzung. Alle Kinder und Eltern, die nicht wissen, ob sie im Herbst einen Platz haben, die nicht wissen, ob sie im Kindergarten in Gruppen gehen können, die dann auch Bildung möglich machen, warten auf die Umsetzung. Und da ist es nicht genug, hier nur Begehren anzubringen, sondern hier muss tatsächlich etwas getan werden!
Ich verstehe es nicht! Ich verstehe nicht, warum Sie nicht in die Umsetzung gehen. Wir alle, wie wir hier sitzen, haben bestimmte Bildungsbiographien. Wir alle haben einen Bildungsweg durchgemacht und hatten unter Umständen gute Voraussetzungen oder weniger gute Voraussetzungen. Viele von Ihnen haben eine Lehre gemacht, viele von Ihnen haben eine AHS besucht, andere haben ein Studium abgeschlossen, aber nicht alle haben die gleichen Möglichkeiten gehabt, und nicht für alle war es gleich leicht. Warum wollen Sie nicht den Kindern, die jetzt in die Schule gehen, die jetzt in den Kindergarten gehen, den Jugendlichen, die jetzt an die Universitäten gehen, und auch allen künftigen Generationen diese Möglichkeiten vereinfachen? Warum wollen Sie nicht allen die gleichen Chancen geben? – Ich kann das nicht verstehen.
Und ich kann vor allem nicht verstehen, dass sich die SPÖ, die hier immer für Bildungsgerechtigkeit, für soziale Gerechtigkeit eintritt, von der ÖVP so über den Tisch ziehen lässt. Ich trete dafür ein, dass wir umsetzen. Ich bin für parteiübergreifende Lösungen zu haben, wir sind für parteiübergreifende Lösungen zu haben.
Was dieser Umgang mit dem Bildungsvolksbegehren zeigt, ist eines, nämlich dass wir dringend direktdemokratische Instrumente brauchen, so wie wir Grüne sie vorschlagen, sodass eben 380 000 Unterschriften nicht ins Leere gehen oder nicht bloß zu Ankündigungen führen, sondern in Volksabstimmungen münden können (Beifall bei den Grünen), wo dann eine Mehrheit der Menschen entscheiden kann: Ja, dieses Bildungssystem wollen wir, ein sozial gerechtes Bildungssystem, wo alle Kinder in ganz Österreich, egal, aus welchen Familien sie kommen, die gleiche Möglichkeit haben und ihren Traum verwirklichen können, nämlich den Traum, ein Leben zu leben – ein Arbeitsleben, ein Bildungsleben zu leben –, das ihnen gerecht wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
12.02
Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Bundesminister Dr. Töchterle zu Wort. – Bitte.
12.02
Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Karlheinz Töchterle: Herr Präsident! Liebe Frau Dr. Schmied! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Initiatoren des Volksbegehrens! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf den Zuhö-
rerrängen! Auch ich bin den Initiatoren des Volksbegehrens sehr dankbar, dass sie das Bildungsthema so prominent platziert haben. Das war ein ganz, ganz wichtiger Schritt. Ich kann mich auch mit vielen Forderungen dieses Volksbegehrens solidarisch erklären – gerade den tertiären Sektor betreffend werden ja auch einige Forderungen gestellt. Auf diese gehe ich zuerst ein und erlaube mir, dann auch noch ein paar allgemeine Überlegungen zum Tenor des Volksbegehrens anzuschließen.
Im tertiären Sektor fordert das Begehren – wieder einmal, kann man sagen –, dass für den tertiären Sektor bis 2020 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausgegeben werden sollen. Das ist ein sehr anspruchsvolles Ziel, aber es ist ein Ziel, das in diesem Haus schon vielfach als Ziel geäußert wurde und zu dem ich stehe. Wir sind durch die Bereitstellung einer Hochschulmilliarde für die nächsten drei Jahre zumindest noch auf dem Weg zu diesem Ziel.
Vergleichen wir das mit anderen Ländern: Es war gerade Anfang dieser Woche eine zweitägige Tagung des Europäischen Hochschulverbandes in Salzburg, und da hat man gesehen, dass inzwischen sehr, sehr viele Länder auch im tertiären Bereich radikal kürzen. Wir sind hier eine rühmliche Ausnahme. Wir nehmen den Bildungssektor in der Tat von unseren sonstigen Konsolidierungsbemühungen dezidiert aus und investieren dort. Das muss hier einmal ganz klar und deutlich betont werden.
Es muss aber auch gesagt werden, dass diese Hochschulmilliarde allein für das 2-Prozent-Ziel nicht genügt. Wir brauchen dringend mehr Mittel aus dem privaten Sektor. Österreich gibt für den tertiären Sektor überdurchschnittlich viel an öffentlichen Mitteln aus, aber es investiert unterdurchschnittlich Mittel aus dem privaten Sektor, und zu diesem privaten Sektor gehören einfach auch Studienbeträge. Das ist unverzichtbar: Studienbeiträge sind ein wesentlicher Beitrag zur Finanzierung der Universitäten.
Studienbeiträge sind sozial gerecht, wenn sie durch Beihilfensysteme abgefedert sind. Sie sind vor allem deswegen sozial gerecht, weil wir sehr, sehr viele Studierende aus dem Ausland haben – die sind uns sehr willkommen, Universitäten leben von der Internationalität –, aber es ist nicht einzusehen, dass der österreichische Steuerzahler zur Gänze für die Studienkosten von ausländischen Studierenden aufkommt, die ja teilweise sehr hoch sind, nämlich bis zu 40 000 € im Jahr. (Beifall bei der ÖVP.)
Und Studienbeiträge zeitigen darüber hinaus einen Effekt, der auch im Volksbegehren angesprochen ist, nämlich eine Erhöhung der AbsolventInnenquote. Studienbeiträge erhöhen die Verbindlichkeit des Studierens. Man studiert schneller, man studiert zielgerichteter. (Abg. Ing. Hofer: Gilt das auch für den Herrn Bundeskanzler?) Sie haben also rundum positive Effekte und gehören wesentlich zu einer Finanzierung des tertiären Sektors dazu.
Zu den Fachhochschulen, deren Ausbau – eine Verdoppelung bis 2017 – ebenfalls gefordert wird: Auch da haben wir eine jahrelange Stagnation beendet. Wir geben den Fachhochschulen jetzt wieder mehr Geld für mehr Studienplätze. Insgesamt werden es 4 000 in den nächsten Jahren sein, also eine Steigerung von über 10 Prozent. Die Verdoppelung bis 2017, die gefordert wird, werden wir nicht erreichen, aber wir sind auf einem guten Weg.
Schließlich wird im Volksbegehren auch eine Studienplatzfinanzierung gefordert. Auch hier sind wir in guten Verhandlungen mit dem Koalitionspartner. Wir hoffen, dass wir in nächster Zeit ein Ergebnis vorlegen können. Klar ist, und das ist mir auch wichtig, diese Studienplatzfinanzierung wird natürlich die Plätze an den Universitäten nicht unbegrenzt finanzieren können – das geht schlicht nicht; wir können nicht für ganz Europa unbegrenzt Plätze finanzieren –, das heißt, die Studienplatzfinanzierung impli-
ziert auch eine Zugangsregelung, die auch aus anderen Gründen nützlich und richtig ist.
Wir sind übereingekommen, dass diese Zugangsregelung keinesfalls zu einer Reduktion der Zahl der Studienplätze führen darf, aber sie muss dazu führen, dass Universitäten ihre Kapazitäten, die sie immer haben, leben dürfen. Es kann nicht sein, dass eine Universität gezwungen ist, fünfmal so viele Studierende aufzunehmen, als sie Platz hat. Darunter leidet alles. Das ist auch ein Betrug an den jungen Menschen, die meinen, sie fänden gute Bedingungen vor – aber sie finden solche dann nicht vor. (Beifall bei der ÖVP.)
Das führt mich zu einem weiteren Punkt des Begehrens, der Akademikerquote, wo eine Anhebung auf 40 Prozent verlangt wird. Das ist plausibel angesichts der internationalen Situation, es ist weniger plausibel, wenn man die speziellen Ausbildungsgänge in Österreich bedenkt. Wenn wir nämlich das dazurechnen, was in anderen Ländern bereits akademisiert ist, dann haben wir jetzt schon eine Quote von etwa 35 Prozent.
Wir haben eine Hochschulzugangsquote von 57 Prozent. Deutschland und die Schweiz, die derzeit wahrscheinlich wirtschaftlich erfolgreichsten Länder in Europa, haben Zugangsquoten von etwa 40 Prozent. Das heißt, für die Volkswirtschaft ist eine hohe Akademisierung nicht unbedingt erstrebenswert. Im Gegenteil, gerade kürzlich hat das Europäische Parlament Österreich als besonderes Vorbildland hingestellt, was die duale Ausbildung anlangt. Wir dürfen die duale Ausbildung, wir dürfen die Berufsausbildung im höheren Schulwesen nicht übersehen, im Gegenteil, wir müssen sie stärken. Das ist eine besondere Stärke Österreichs, wie mir auch immer wieder von internationalen Wirtschaftsvertretern bestätigt wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Und bei dieser Gelegenheit möchte ich doch auch anmerken, dass in diesem Zusammenhang das Volksbegehren und auch einige Redebeiträge hier einen Tenor implizieren, der mir missfällt. Es wird immer wieder von Sackgassen gesprochen, von Bildungssackgassen. Auch ich bin gegen jede Sackgasse, aber wenn man genauer hinsieht, dann wird mit der Sackgasse sehr häufig die Hauptschule gemeint oder später dann vielleicht die Neue Mittelschule. Ich hoffe nicht, aber wenn das damit gemeint ist, dann ist die Wortwahl völlig verfehlt.
Eine Hauptschule ist weder institutionell eine Sackgasse noch was ihre Berufsaussichten anlangt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Sie ist es institutionell nicht, weil in vielen Bundesländern mehr Schülerinnen und Schüler der Hauptschule zur Matura kommen als Schülerinnen und Schüler der allgemeinbildenden höheren Schulen. Sie ist keine Sackgasse! Und sie ist vor allem auch deswegen keine Sackgasse, weil nicht jedes gelungene Leben durch eine Universität führen muss. Es gibt eine hervorragende Berufsausbildung. Es gibt hervorragende Berufe in Österreich, die vieles für die österreichische Volkswirtschaft leisten, die nicht universitär sind, und deswegen darf man Wege, die nicht zur Universität führen, sondern in andere Berufsausbildungen, nie und nimmer als Sackgassen bezeichnen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Das Volksbegehren spricht dankenswerterweise auch die Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen an. Das ist ein ganz, ganz wichtiges Feld, zumal dann, wenn eine Forderung des Volksbegehrens berücksichtigt wird, die es schon in seinem ersten Punkt anspricht. Ein weitgehend autonomes Schulsystem steht und fällt mit einer hohen Qualität einer guten Lehrerinnen- und Lehrerausbildung, und die muss natürlich bereits mit der Frühkindpädagogik beginnen, mit den Kindergärtnern und Kindergärtnerinnen. Die Universitäten sind dabei, vermehrt Lehrstühle einzuführen, und diese Lehrstühle werden dazu führen, dass wir vermehrt akademische Ausbildung in diesem
Feld bekommen. Und ich hoffe, dass die Institutionen, die dann entsprechende Anstellungen tätigen, diese Chance nützen, hier hohe Qualität nachzufragen. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)
Insgesamt möchte ich – bei allen Verbesserungs- und Reformansprüchen, die wir haben und die wir sehen – um Folgendes bitten: Wir dürfen das österreichische Bildungs- und Universitätssystem nicht so schlechtreden! Es ist viel besser, als wir es vielfach darstellen! Die Universitäten sind nicht desolat, wie man es leider auch von den Initiatoren des Volksbegehrens manchmal zu hören bekommt, die Schulen sind besser, als es PISA zeigt.
Wir müssen auch unsere Stärken sehen. Und deswegen mein abschließender Appell: Wir müssen unsere Stärken sehen und dürfen nicht unsere Stärken schwächen, wir müssen vielmehr unsere Schwächen stärken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
12.11
Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.
12.11
Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Vertreter und Vertreterinnen des Bildungsvolksbegehrens! Auch ich möchte mich zu Beginn gerne all jenen anschließen, die die Initiative von Ihnen, sehr geehrte Initiatoren/Initiatorinnen des Bildungsvolksbegehrens, gewürdigt haben.
Aus meiner Sicht war es insofern ein ganz, ganz wichtiger gesellschaftspolitischer Beitrag, den Sie mit viel Engagement geleistet haben, als Sie ja nicht einfach bloß Unterschriften gesammelt haben – das auch –, sondern als Sie sich – und das haben wir im direkten Kontakt wie auch in zahlreichen Medienberichten nachvollziehen können – sehr vielen Diskussionen gestellt haben und dort auch sehr viel zur Bewusstseinsbildung beigetragen haben, was dieses ausgesprochen wichtige Zukunftsthema für unsere Gesellschaft bedeutet.
Ich denke, dass die Beratungen im Besonderen Ausschuss hier im Parlament ein richtiger Schritt waren. Die Beratungen waren sehr sachlich, sehr konstruktiv, und ich möchte mich auch dafür bedanken, dass sich die Vertreter und Vertreterinnen des Bildungsvolksbegehrens dafür so ausführlich Zeit genommen haben und – vertreten durch zahlreiche Experten und Expertinnen – diese Beratungen sehr bereichert haben.
Sie haben sich in diesem Volksbegehren den ganzen Bogen der Bildungspolitik zum Thema gemacht, von der frühkindlichen Förderung über die Schule bis hin zu den Universitäten, zum tertiären Sektor. Sie haben, und darauf möchte ich jetzt in ein paar Punkten eingehen, im Bereich der Hochschulen sehr wichtige Forderungen aufgestellt und den zentralen Punkt, den alles entscheidenden Punkt, die Finanzierung, betreffend wichtige Forderungen aufgestellt.
Ich denke, dass wir alle, die wir im Bildungsbereich tätig sind, uns zwar weitere und größere Sprünge wünschen würden und vorstellen könnten, dass aber trotzdem anerkennenswert ist, dass es auch in Zeiten der Budgetkonsolidierung, in denen es schwierig ist, Budgets zu erstellen und zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, sehr wichtig war, dass diese Bundesregierung die Priorität gesetzt hat, hier im Bildungsbereich maßgeblich zusätzliche Mittel auch für den Hochschulbereich für die nächste Leistungsvereinbarungsperiode zur Verfügung zu stellen.
Wir arbeiten, der Herr Bundesminister hat es gerade angesprochen, derzeit an ersten Schritten für ein neues Finanzierungsmodell für die Universitäten – Studienplatzfinanzierung. Aus meiner Sicht ist es sehr wichtig, dass wir uns bereits auf einige
zentrale Grundsätze geeinigt haben. Die Studienplatzfinanzierung soll ein neues Instrument zur faireren Verteilung der Mittel an die Universitäten sein, soll aber kein Instrument zur Reduktion der Zahl von Studienplätzen darstellen. Wir haben uns das Ziel gesetzt, dadurch, dass wir Kapazitäten analysieren und auch Ausbaunotwendigkeiten feststellen und diesen womöglich entsprechend nachkommen, die entsprechenden Kapazitäten auch zur Verfügung zu stellen und auszubauen.
Ein ganz wichtiger Punkt, den Sie ansprechen, ist, dass auch im tertiären Bereich soziale Zugangshürden beseitigt und abgebaut werden sollen. Das ist natürlich für uns, für die Sozialdemokratie, ein ganz besonders wichtiges Thema. Der Herr Bundesminister hat ein Plädoyer für die Einführung von Studiengebühren gehalten. Ich bekräftige – wie auch schon unser Klubobmann, auch von dieser Stelle –, dass wir keine neue Bildungssteuer einführen wollen, nämlich keine neue Bildungssteuer, die vor allem mittelständische Familien belasten würde, was wir gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten vermeiden sollten.
Wozu wir, das möchte ich auch unterstreichen, selbstverständlich weiter bereit sind, ist, die Reparatur des bisher bestehenden, des ausgelaufenen Gesetzes voranzutreiben. Ich bedauere sehr, dass die Universitäten hier in einen rechtsunsicheren Zustand hineingetrieben worden sind. Wir sind selbstverständlich bereit, diese Form, so wie sie in den letzten Jahren bestanden hat – diese moderate Form von Studiengebühren, wo breiteste Schichten der Studierenden befreit sind und keine Studiengebühren zahlen, aber die Universitäten doch das bekommen, womit sie gerechnet haben –, wieder einzuführen.
Unterstreichen möchte ich auch, dass wir uns auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bemühen sollten, die Studienbeihilfe zu verbessern, und das alles mit dem Ziel, dass wir es uns auch im tertiären Bereich nicht leisten wollen, weil wir es uns auch nicht leisten können, auf Talente zu verzichten – und schon gar nicht aus sozialen Gründen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Ing. Hofer.)
12.16
Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.
12.17
Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Geschätzte Vertreterinnen und Vertreter des Bildungsvolksbegehrens! Geschätzte Damen und Herren! Mit der heutigen Debatte im Parlament soll nun die Diskussion um das Bildungsvolksbegehren einen vorläufigen Abschluss finden – vorläufig natürlich deshalb, weil die Diskussion weitergeht. Sie muss weitergehen! Bildung kann niemals stehen bleiben.
Ich freue mich, dass es im Ausschuss eine wirklich sehr gute Diskussionskultur gegeben hat. Was ich bedauere, ist, dass sich heute eine Fraktion, das BZÖ, von der Bildung total verabschiedet hat.
Es war ein sehr sachlicher Diskurs im Ausschuss und es hat auch ein sehr hohes Maß an Übereinstimmung gegeben. Einige Punkte dieses Bildungsvolksbegehrens wurden ja bereits erfüllt oder sind in Bearbeitung. Ich denke da an die sprachliche Frühförderung oder an die Neue Mittelschule, die tatsächlich keine Sackgasse ist – Herr Minister Töchterle hat das schon betont: Es sind gerade im ländlichen Bereich fast ausschließlich Kinder von der Neuen Mittelschule oder von der Hauptschule, die dann zur Matura kommen.
Es gibt die Ganztagsbetreuung, die massiv ausgebaut wurde. Es gibt die Modulare Oberstufe, die eine Individualisierung des Unterrichtes gebracht hat und auch das
Sitzenbleiben reduzieren soll. Es gibt das Nachholen von Bildungsabschlüssen, das ich ganz besonders wichtig finde, denn die Durchlässigkeit ist uns wichtig.
Die Integration auch in der 9. Schulstufe wurde installiert, und das einheitliche Lehrerdienst- und Besoldungsrecht, die neue Lehrerausbildung und natürlich auch die Schulverwaltung sind in Bearbeitung. Dass das nicht von heute auf morgen gehen kann, liegt in der Natur der Sache, und ich finde es absolut ungeschickt, wenn man Leute, die an den Verhandlungen beteiligt sind, nicht an der Umsetzung teilhaben lässt. Deshalb ist es eben auch ein längerer Prozess, wenn solche Dinge umgesetzt werden sollen. – Von Stillstand kann keine Rede sein!
Und dass wir im Bildungsbereich nicht so schlecht liegen, wie das oft behauptet wird, das beweist die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich, die zweitniedrigste europaweit. (Beifall bei der ÖVP.) Ich war unlängst mit einer Delegation in Schweden, und Schweden ist für uns ja in vielen Belangen ein vorbildliches Land. Leider gibt es dort aber eine Jugendarbeitslosigkeit von 22 Prozent. Im Vergleich dazu liegt Österreich bei nicht einmal 9 Prozent.
Kein Wunder also, dass sich die Schweden ganz besonders für unsere duale Ausbildung interessiert haben, denn unsere Ausbildung der Lehrlinge ist vorbildlich. Die Lehrlinge sind die zukünftigen Facharbeiter. Es heißt: vom Lehrling zum Meister – und in Zukunft soll es auch heißen: vom Lehrling zum Master. Wir wollen noch mehr Durchlässigkeit schaffen. Wir können auch besser werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Nun möchte ich aber noch auf das Thema Frühpädagogik, das mir besonders wichtig zu sein scheint, eingehen. Frühpädagogik beginnt schon in der Krabbelstube, beginnt schon im Elternhaus und nicht erst im Kindergarten. Von Geburt an wächst der Abstand zwischen den Kindern, die benachteiligt sind, und jenen, die in eine kommunikative Familie geboren werden. Benachteiligte Kinder sitzen oder liegen zum Beispiel schon sehr früh vor dem Fernsehapparat, der sie aber niemals umarmt oder mit ihnen kommuniziert. Deshalb haben auch Eltern – ganz besonders Eltern – für die Erziehung und Ausbildung ihrer Kinder eine hohe Verantwortung, und deshalb ist auch Frühpädagogik ein ganz besonders wichtiger Teil, denn es ist fatal, kleine Kinder nicht zu fördern.
Dazu stelle ich nun folgenden Antrag:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Elementarpädagogik
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur und der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung werden ersucht, die grundlegende Ausbildung der Kindergartenpädagog/innen an den Bundesanstalten für Kindergartenpädagogik weiter zu entwickeln, Fortbildungsangebote sicherzustellen und die Anrechnung der Ausbildung in der tertiären Ausbildung (wie Pädagogische Hochschulen oder Universitäten) zu ermöglichen, um damit den Erhaltern von Kinderbetreuungs- und Bildungseinrichtungen zusätzlich qualifiziertes Personal für besondere pädagogische Aufgaben in der Elementarpädagogik zur Verfügung stellen zu können.
Weiters werden die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur sowie der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung ersucht, sicherzustellen, dass im Zuge der neuen Pädagog/innenbildung zusätzlich ein neues Ausbildungsangebot für die
Elementarpädagogik auf tertiärer Ebene (wie Pädagogischen Hochschulen oder Universitäten) zur Verfügung steht.“
*****
Darüber hinaus wünsche ich mir ganz besonders eine Erhöhung der Männerquote im pädagogischen Bereich. (Beifall bei der ÖVP.)
12.22
Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon MBA Kolleginnen und Kollegen betreffend Elementarpädagogik
zum Bericht 1793 d.B. des Besonderen Ausschusses zur Behandlung des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ (1647 d.B.)
In den Beratungen des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Volksbegehrens Bildungsinitiative am 1. März 2012 wurden die einzelnen Forderungen des Bildungsvolksbegehrens von den Abgeordneten zum Themenblock „Vorschulische Einrichtungen – Frühpädagogik“ unter Beiziehung der Bevollmächtigten, des zuständigen Mitgliedes der Bundesregierung, von Mitgliedern des Bundesrates sowie Auskunftspersonen des Ausschusses und der Fraktionen diskutiert.
Kinder geben ab dem 1. Lebensjahr Hinweise auf besondere Interessen, Begabungen, Talente und Potenziale, die unterstützt und gefördert werden müssen: „Ein Kind lernt nie wieder so leicht, wie in seinen ersten Lebensjahren“.
Der Frühpädagogik muss daher unter Einbeziehung der Eltern ein besonderer Stellenwert in der Bildungspolitik eingeräumt und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Bildungskarriere von jungen Menschen wird von der Familie, dem Elternhaus geprägt. Die Eltern sind für die Erziehung und Ausbildung der Kinder verantwortlich. Die Pädagoginnen und Pädagogen unterstützen die Kinder und Jugendlichen gemeinsam mit den Eltern in ihrem Heranreifen zu eigenverantwortlich handelnden Persönlichkeiten. Die Kindergärten sind einerseits für die Eltern Anlaufstelle in Erziehungs- und Bildungsfragen, andererseits sind sie eine wichtige Bildungseinrichtung. Eine zentrale Rolle spielen die bildungspolitischen Schwerpunkte Aus- und Fortbildung der Kindergartenpädagog/innen, Wahlfreiheit, Qualitätssicherung und die Vermittlung von Sprach- und Sozialkompetenz. Dem Übergang von den Kindergärten zur Volksschule ist besonderes Augenmerk zu schenken.
Um den Bildungsreformprozess fortzusetzen, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur und der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung werden ersucht, die grundlegende Ausbildung der Kindergartenpädagog/innen an den Bundesanstalten für Kindergartenpädagogik weiter
zu entwickeln, Fortbildungsangebote sicherzustellen und die Anrechnung der Ausbildung in der tertiären Ausbildung (wie Pädagogische Hochschulen oder Universitäten) zu ermöglichen, um damit den Erhaltern von Kinderbetreuungs- bzw. bildungseinrichtungen zusätzlich qualifiziertes Personal für besondere pädagogische Aufgaben in der Elementarpädagogik zur Verfügung stellen zu können.
Weiters werden die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur sowie der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung ersucht sicherzustellen, dass im Zuge der neuen Pädagog/innenbildung zusätzlich ein neues Ausbildungsangebot für Elementarpädagogik auf tertiärer Ebene (wie Pädagogischen Hochschulen oder Universitäten) zur Verfügung steht.“
*****
Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Vilimsky. – Bitte.
12.22
Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So wichtig, wie hier rote und grüne Politiker die Bildungspolitik beschwören, kann sie ihnen nun auch wieder nicht sein, denn sonst wären die Reihen insbesondere der Sozialdemokraten und der Grünen nicht derart leer, wenn es um eine für sie so wichtige Beschlussfassung ginge. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich erinnere mich noch, als vor 10 Minuten Frau Musiol lautstark in die Debatte hineingerufen hat. Wir wollen über Bildung reden, hat sie in Richtung unseres Obmannes gerufen (Abg. Mag. Musiol: Genau!), und nicht über andere direktdemokratische Initiativen. (Abg. Mag. Musiol: Nein, das habe ich nicht gesagt!) Mittlerweile ist sie davon abgegangen, wo immer sie auch sein mag. (Abg. Mag. Korun: Zuhören, nicht unterstellen!) – Entschuldigung, sie sitzt drei Reihen weiter hinten, ich nehme das gerne zurück!
Machen wir einen Test bei den Roten und den Grünen, insbesondere bei den Wiener Mandataren! Wer hat denn sein Kind in einer öffentlichen Schule? (Abg. Öllinger: Ich! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ich, ab Herbst in einer öffentlichen Schule! – Weitere Rufe bei Grünen und SPÖ: Ich! Ich! Ich!) – Eins, zwei, drei, vier, 4 von 60 ist auch nicht allzu viel in diesem Zusammenhang. (Zwischenrufe bei den Grünen.)
Natürlich ist es so, dass die Bildungspolitik einen massiven Niedergang zu verzeichnen hat, insbesondere seit die linke Ideologie immer mehr um sich gegriffen hat (Beifall bei der FPÖ); die linke Ideologie der Gleichmacherei, des Nivellierens nach unten, die linke Ideologie, die das Gymnasium ausschalten will, und die linke Ideologie der Massenzuwanderung, die in weiterer Folge die Integrationspolitik in vielen Fällen nicht mehr möglich macht. Das schreiben Sie sich einmal ins Stammbuch, wenn Sie über Bildung reden! (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)
Wir von der Freiheitlichen Partei bekennen uns klar und unmissverständlich zu einem differenzierten Schul- und Bildungswesen. Wir bekennen uns dazu, dass die Schulen ausreichend Geldmittel erhalten sollen. Warum ist denn die Finanzsituation so prekär? – Sie ist deswegen so prekär, weil ein Rettungspaket nach dem anderen quer durch Europa geschickt wird und in vielen Fällen das Geld nicht mehr vorhanden ist. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.) – Staatsbürgerkunde, Herr Walser, wäre auch gut für Sie!
Ein Teil der Bildung beschäftigt sich nun einmal auch mit unserer Verfassung, mit der Demokratie und mit Einrichtungen unserer Republik. Und damit bin ich bei einem ganz zentralen Punkt. Im Umfeld dieser Debatte hier über eine direktdemokratische Initiative
wurde nämlich ein Schritt gesetzt, ist ein Handstreich erfolgt, um einen ESM-Mechanismus in Gang zu bringen, einen Stabilitätsmechanismus in Gang zu bringen, der dazu führen wird, dass die österreichische Finanzhoheit den Bach hinuntergehen wird, dass die österreichische Souveränität den Bach hinuntergehen wird. (Abg. Elmar Mayer: Sie waren nie im Ausschuss!) International gibt es viele Diskussionen, Herr Kollege, die Sie alle hier verschweigen.
Wir erinnern uns alle daran, als Sie jüngst im Verfassungsausschuss bei einer Änderung, bei der es um die Verwaltungsgerichtsbarkeit ging, noch eine Verfassungsänderung hineinpressen wollten und darauf gehofft haben, dass es niemandem auffällt, dass internationale Verträge künftig ohne Zustimmung des Parlaments beschlossen werden können. Ist das Demokratie, wie Sie sie verstehen, gerade in einer Diskussion über eine direktdemokratische Initiative? – Das ist schäbig, das ist direktdemokratisch nicht argumentierbar! (Beifall bei der FPÖ.)
Wir haben das Problem – das muss man offen sagen –, dass der Euro in einer mehr als fatalen Situation steckt. Wer die internationalen Zeitungen heute ein bisschen durchblättert, sieht zum Beispiel, dass die Größe internationaler Finanzentwicklungen schlechthin, Alan Greenspan, sagt, dass der Euro de facto tot ist.
Es gibt heute die Meldung im Handelsblatt, dass sich Pimco – ich weiß nicht, wer von Ihnen dieses Unternehmen kennt, es ist eines der größten unter den Vermögensberatern – mittlerweile aus deutschen Bundesanleihen zurückzieht und diese breitflächig auf den Markt wirft, weil eben auch klar ist, dass durch die Entwicklung in Südeuropa, wo die Zinsen für Anleihen aus dem Ruder laufen, die gefährliche Marke von über 6 Prozent wieder überschreiten, ein Flächenbrand entstehen kann.
Das, was die IWF-Präsidentin Lagarde gesagt hat, dass der Euro in drei Monaten Geschichte sein kann, ist weitaus ernster, als Sie das hier in irgendwelchen Debatten darstellen.
Daher nun diese Panik-Aktion von Ihnen. In der Präsidiale haben Sie nämlich verschwiegen, dass Sie heute die Geschäftsordnung für den ESM-Vertrag in Gang setzen wollen. Daher kommt die Panik, weil Sie wollen, dass man das Parlament damit möglichst nicht zu befassen hat. Daher kommt die Panik, weil Ihr Vorsitzender in einer ganzseitigen Anzeige in den Tageszeitungen „Österreich“ und „Kronen Zeitung“ versprochen hat, dass er, wenn es weitreichende Änderungen im Vertragswerk Europas geben wird, eine Volksabstimmung machen wird.
Auch jetzt bemühen Sie das Instrument der Volksabstimmung. Nur: Es passiert nichts! Wann immer Sie eine Volksabstimmung machen könnten, machen Sie keine. Das Einzige, das Sie gemacht haben mit Ihrem vormaligen Finanzminister Androsch, ist: Sie haben ein Bildungsvolksbegehren in die Wege geleitet. In der Debatte darüber ist jetzt aber gerade einmal ein Drittel Ihrer Mandatare anwesend und beschwört ein bisschen das Thema Bildung. – Das ist ein falscher Weg, das ist ein unanständiger Weg! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich kann nur an Sie appellieren, auf demokratische und parlamentarische Usancen nicht zu verzichten, diese nicht mit Füßen zu treten und hier wieder Demokratie und einen anständigen Umgang miteinander einzuleiten, dass man, wenn derartig weitreichende Vertragsänderungen wie dieser ESM-Vertrag zur Beschlussfassung anstehen, auch eine entsprechende Beschlussfassung des Parlaments garantiert. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Es ist eine erste Lesung, Herr Kollege!)
Frau Glawischnig, erinnern Sie sich noch an Ihre Urzeiten bei den Grünen, als Sie in der Au waren, als Sie für Basisdemokratie argumentiert haben? (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das geht in Ihr Hirn nicht hinein, was eine erste Lesung ist!) Heute sind
offensichtlich Gucci & Co Ihre Maxime, aber mit Sicherheit nicht mehr Demokratie. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie verzichten auf Mitsprache! – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Sie lassen sich doch für einen Appel und ein Ei von den Sozialdemokraten kaufen! Also kommen Sie nicht hier heraus und beschwören irgendwo das Instrument der direkten Demokratie oder der Bildung, um die Sie sich genauso wenig kümmern wie 50 Prozent Ihrer Mandatare, die gerade nicht da sind! (Beifall bei der FPÖ.)
12.29
Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.
12.29
Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Initiatoren und Promotoren des Bildungsvolksbegehrens! Ich bin mit dem Bildungsvolksbegehren nicht zufrieden. Es ist richtig, dass viel darüber diskutiert wurde, es ist richtig, dass die Medien Themen aufgegriffen haben, es ist richtig – wie zitiert –, dass die Debatte verglichen mit anderen auf, ich sage, relativ hohem Niveau war, aber mir fehlen irgendwo Resultate.
Es waren viele schöne Worte, es gab vielfach auch Übereinstimmung, aber im letzten Moment wurden eben Nägel ohne Köpfe gemacht, man kann auch sagen, manche waren vernagelt. Und das kann nicht der Sinn sein. Man muss den jungen Menschen, deren Eltern und den Forscherinnen und Forschern Perspektiven geben, die vorläufig eigentlich immer nur in Lobhudelei münden.
Niemand macht Universitäten schlecht. Mir ist das vorgeworfen worden, aber ich habe nur gesagt, manchen Universitäten geht es schlecht, und zwar finanziell und teilweise auch was Motivation und Kreativität betrifft, weil vieles nicht geschehen ist, was geschehen sollte.
Jetzt in 6 Minuten das manchmal gerechtfertigte Wort „Lüge“ nicht zu verwenden, ist schwierig. Ich definiere halt einfach „Wahrheit“ als Übereinstimmung einer Aussage mit der Wirklichkeit, und da, Herr Bundesminister, schaut es nicht ganz so rosig aus. Sie haben/du hast mehrfach hier behauptet, es gibt keine Universität, die vor schwerwiegenden oder gröberen finanziellen Problemen steht. Ich habe eine Reihe von Universitäten, deren Rektorate, Proponenten und Leitungsorgane besucht, und jede Universität hat mir gesagt, dass sie massive finanzielle Probleme hat; ich könnte sie auch im Detail aufzählen. Also dass es diese Probleme nicht gibt, ist de facto unrichtig.
Es wird von „Meilensteinen“ und „Quantensprüngen“ geredet, von so vielen Meilensteinen, dass man schon glaubt, das Ministerium ist ein römischer Steinbruch. Und ich möchte einfach nur schauen, was Realität ist. Sie haben/du hast den Regierungspfad angesprochen – ich habe das Regierungsprogramm extra mitgenommen –: 2 Prozent vom BIP. Ich habe eine WIFO-Studie mit, also ich brauche mich nicht selbst zu zitieren, die besagt, dass massivste Anstrengungen nötig sind, um das bis zum Jahr 2020 zu erreichen. Daran wird gezweifelt, es würde 2020 auf bis zu 7,4 Milliarden, wenn das BIP etwas stärker wächst als erwartet, auf 8,4 Milliarden ansteigen müssen. Das sieht jeder, dass das mit diesen Mitteln nicht möglich ist. Engl sagt auch, diese nicht ganz eine Milliarde – da möchte ich schon präzise sein – reicht nur aus, um den Status quo zu erreichen.
Jetzt komme ich zu einem Entschließungsantrag, der schriftlich vorliegt. Ein wichtiger Punkt darin ist, diesen Budgetpfad glaubwürdig und real zu gestalten, und ein zweiter, breiteren Bevölkerungsschichten den Zugang zur universitären Bildung zu ermöglichen.
Niemand von uns Grünen sagt, wie im Ministerium behauptet wird, wir wollen eine Vollakademisierung Österreichs. Das ist eine bösartige Unterstellung und entspricht überhaupt nicht den Tatsachen. Aber wenn es heißt, es gibt im Ausland viele Berufsgruppen, die akademisiert sind, ist festzustellen, niemand hat weder Gehrer noch ihre Vorgänger, noch die jetzige Regierung davon abgehalten, diesen Berufsgruppen einen akademischen Zugang zu ermöglichen. Gerade in vielen Frauenberufen ist das so. Warum ist da die gläserne Decke? Warum werden Volksschullehrerinnen nicht auf einem akademischen Niveau ausgebildet? Warum werden an Pädagogischen Hochschulen Titel von Leuten verliehen, die diesen Titel selbst nicht einmal führen? – Also da stimmt einiges hinten und vorne nicht.
Wenn ich überlege, was im Regierungsprogramm noch so steht: Es wird öfter von „Exzellenz“ und „Elite“ gesprochen. Ich habe nichts gegen Exzellenz in der Forschung und im Studium und auch nichts gegen Eliten, aber wenn man im Hochschulbericht liest, jedes Studium ist elitär, so setzt das voraus, dass jeder, der dort studiert, auch elitär sein muss, um das Studium zu bewältigen. Da Elite und Exzellenz eine statistische Verteilungskurve haben, würden Sie/würdest du fordern, 100 Prozent dieser Gruppe ist Elite. – Dann gibt es aber keine Eliten mehr! Also irgendwo stimmt da etwas nicht.
Auch dieses Plenum, haben wir gesehen, besteht nicht nur aus hundertprozentigen Eliten, auch nicht das Ministerium.
Aber betrachten wir es so, wie es ist: Exzellenz-Programme machen sich toll im Regierungsprogramm, sind aber nicht finanziert, Overheads sind unzureichend und nicht flächendeckend, die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses lässt zu wünschen übrig, ein „Faculty“-Modell ist in weiter Ferne, das alte konservative Kurien-System feiert fröhliche Urständ. Manchmal habe ich das Gefühl, man umgibt sich im Ministerium nur noch mit Leuten, die zu allem Ja sagen oder alles bewundern.
Das ist demokratiepolitisch insofern bedenklich – ein Spruch von dir in mehreren Wissenschaftsausschüssen: Jeder, der vernünftigen Argumenten zugänglich ist, müsste sich meiner Meinung anschließen! –, als das im erlaubten Umkehrschluss heißt: Wer sich nicht deiner Meinung anschließt, ist unvernünftig respektive dumm. Und das kann es nicht sein, so schief kann ein Dialog nicht ablaufen!
Der FWF – ich habe dort mit vielen Leuten beste Kontakte – steht vor riesigen Problemen. Bestbeurteilte Forschungsprojekte müssen abgelehnt werden, weil das Geld nicht vorhanden ist. In Innsbruck werden für die Spitzenforschung in der Quantenphysik keine START-Preise mehr beantragt, weil die dortigen Physiker sagen, sie können sich einen weiteren Preis nicht leisten, weil die Ausstattung für die Leute nicht da ist und auch die Räume für die Ausstattung nicht da sind. Wie würde das dann aussehen? (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)
Ich wünsche mir, dass dieser Pfad jungen Leuten und deren Eltern eine Chance gibt, dass nicht Tausende von jungen Leuten mit deren Eltern im Hintergrund letztlich vor verschlossenen Türen stehen müssen, dass es gute Forschungsbedingungen für Studierende und den wissenschaftlichen Nachwuchs gibt und dass sozusagen Hoffnung nicht nur phantasiert, sondern Hoffnung auch glaubwürdig gemacht wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
12.36
Präsident Fritz Neugebauer: Für die nächsten Redebeiträge bis 13 Uhr stehen jeweils 5 Minuten und ein kurzer Schlusssatz zur Verfügung.
Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Sacher. – Bitte, Herr Kollege.
12.36
Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Dem nun selbst körperlich abwesenden Kollegen Vilimsky möchte ich sagen, uns geht es nicht um die Quantität, sondern uns geht es um die Qualität, die ich bei ihm und seiner Rede vermisst habe. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Öllinger: Geistig aber auch nicht anwesend!)
Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Geschätzte Gäste auf der Galerie! Ziel einer erfolgreichen österreichischen Schule muss es sein, möglichst allen Schülerinnen und Schülern gerechte Bildungschancen zu bieten und die Bildungsziele zu erreichen – unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer sozialen oder wirtschaftlichen Situation. Und diesem Ziel widmet sich mit größtem Engagement der größte Teil der im Bildungswesen Tätigen, denen Anerkennung und Dank auszusprechen sind. Das möchte ich heute auch einmal sehr deutlich sagen.
Diesem Ziel hat sich auch die Politik verschrieben, die zuständigen Bundesminister und vor allem wir hier als Gesetzgeber, sehr geehrte Damen und Herren! Der Vorwurf, es geschehe nichts, ist sicher nicht richtig und vor allem nicht gerecht. Unser Reformprozess, der von Frau Bundesminister Schmied eingeleitet worden ist, kann sich sehen lassen und hat nach Jahren des Stillstandes viele Fortschritte gebracht.
Gemeinsam mit den konstruktiven Kräften hier im Haus wurde Wichtiges und Notwendiges umgesetzt. Die Liste ist sehr lang, sie wurde heute schon erwähnt, und ich möchte aus all diesen Punkten vor allem einen Bereich hervorheben, nämlich den Ausbau der ganztägigen Unterrichts- und Betreuungsformen. Wir haben schon gehört, dass dafür zusätzlich 80 Millionen € jährlich investiert werden. Es wird also großer Wert auf den Ausbau der ganztägigen Betreuungsformen und Schulunterrichtsformen gelegt.
Die Betreiber des Bildungsvolksbegehrens und mit ihnen 400 000 Österreicherinnen und Österreicher haben dankenswerterweise dem Bildungsthema eine breite öffentliche Basis geboten und das Bewusstsein für die Reform gestärkt. Wir als Gesetzgeber sollten diesen Rückenwind auch nützen, sehr geehrte Damen und Herren!
Natürlich verfolgt man den Ablauf im Parlament und in der Regierungskoalition sehr kritisch, das ist auch das gute Recht der Initiatoren des Volksbegehrens, man ist manchmal mit dem Stand der Umsetzung nicht zufrieden, ihre Ideen und Forderungen sind aber bei uns sehr gut angekommen. Ich weise darauf hin, dass wir uns im Besonderen Ausschuss gemeinsam mit den Betreibern und mit zahlreichen Bildungsexperten intensiv mit den Themen auseinandergesetzt haben. Gleichzeitig möchte ich aber auch sagen, wir brauchen unser Licht nicht unter den Scheffel zu stellen angesichts der Reformschritte, die bereits erfolgt sind. Wir wollen auch weiterhin intensiv daran arbeiten, und vor allem wollen wir umsetzen.
Es wird daher in der heutigen Sitzung eine Reihe von Entschließungsanträgen geben, die einen wichtigen Fortschrittsprozess bedeuten und einleiten. Ich appelliere auch, dass man diesen Entschließungsanträgen eine breite Mehrheit sichern möge.
Aber auch in jenen Bereichen, in denen die Dinge noch nicht so gereift sind, soll die Diskussion weitergehen. Ich appelliere daher an alle Fraktionen und insbesondere an die ÖVP, den Vorschlag unseres Bildungssprechers Elmar Mayer wirklich mitzutragen, dass wir im Rahmen einer Enquetekommission dieses Thema weiter behandeln und weitertreiben.
Hohes Haus! Wie gesagt, ein ganz wichtiger Bereich ist der Ausbau der ganztägigen Schulformen. Wie ich eingangs gesagt habe, ist es unser Bestreben, möglichst alle
jungen Menschen ans Ziel zu bringen. Viele junge Leute gehen uns auf diesem Weg verloren, viel zu viele schaffen den Bildungsabschluss nicht oder unter Umständen nur mit großem Zeitverlust. Wir haben viele Risikoschüler, 40 000 müssen jährlich eine Schulstufe wiederholen. 140 Millionen € wenden die Eltern für Nachhilfe auf. Ich meine, dass daher gerade die Ganztagsschule eine ganz große Bedeutung hat, um genau diese Schülerinnen und Schüler aufzufangen.
Ich bringe daher namens der Abgeordneten Mayer, Amon, Rosenkranz, Walser und Haubner einen gemeinsamen, dankenswerterweise einen Fünf-Parteien-Antrag zum Ausbau der schulischen Tagesbetreuung ein. Der Antrag lautet:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon MBA, Dr. Walter Rosenkranz, Dr. Harald Walser, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht,
1. den Ausbau schulischer Angebote in zumutbarer Entfernung, wie etwa Förderunterricht, Ganztagsschule, Nachmittagsbetreuung fortzusetzen. In diesem Zusammenhang sind die bestehende Rechtslage im Hinblick auf Schulsprengel und Entscheidungskompetenz der Schulpartner zu adaptieren;
2. die Etablierung einer neuen Lern- und Lehrkultur in den Primarschulen und den Schulen der Sekundarstufe I zu fördern, damit besondere Begabungen und Talente gefördert und gleichzeitig Schwächen beseitigt werden. Dem Erwerb der Kulturtechniken muss Vorrang eingeräumt werden;
3. die Modernisierung des Arbeits- und Lebensraumes Schule ...
4. der Förderung von Kreativität und Bewegung in der Schule ...
5. eine Reform der 9. Schulstufe ...
6. die Schulpartnerschaft auszubauen.
Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur und der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung werden ersucht, eine nachhaltige Weiterentwicklung der bestehenden Aus-, Fort- und Weiterbildung für die Lehrerinnen und Lehrer vorzunehmen.
*****
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Moderatorin des heutigen „Morgenjournals“ hat gesagt, heute wird im Parlament viel geredet, aber wenig beschlossen. Strafen wir diese Aussage Lügen: Setzen wir um, arbeiten wir an der Reform des Bildungswesens weiter! (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege Sacher! Bleiben Sie bitte am Pult.
Da ja der Antrag nicht kopiert und verteilt ist, müssen Sie ihn wörtlich vorlesen. Die ZZ 4 und 5 – ich bitte Sie, diese zur Gänze zu lesen. Da haben Satzteile gefehlt.
Abgeordneter Ewald Sacher (fortsetzend): Danke schön. – Die Punkte lauten:
„4. der Förderung von Kreativität und Bewegung in der Schule besonderes Augenmerk zu schenken;
5. eine Reform der 9. Schulstufe zu forcieren, welche das Ende der Schulpflicht mit dem Erreichen eines vergleichbaren Bildungsziels verknüpft;
6. die Schulpartnerschaft auszubauen.“
12.43
Präsident Fritz Neugebauer: Danke vielmals. – Dieser Entschließungsantrag ist nun ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung, genau wie jener, den zuvor Herr Abgeordneter Dr. Grünewald in seinen Kernpunkten erläutert hat. Dieser Antrag ist wegen seines Umfanges auch verteilt worden.
Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon MBA, Dr. Walter Rosenkranz, Dr. Harald Walser, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung des Bildungsreformprozesses, schulische Tagesbetreuung
zum Bericht 1793 d.B. des Besonderen Ausschusses zur Behandlung des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ (1647 d.B.).
In den Beratungen des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Volksbegehrens Bildungsinitiative am 16. April 2012 wurden die einzelnen Forderungen des Bildungsvolksbegehrens von den Abgeordneten zum Thema „Pädagogische Schwerpunkte“ unter Beiziehung der Bevollmächtigten, des zuständigen Mitgliedes der Bundesregierung, von Mitgliedern des Bundesrates sowie Auskunftspersonen des Ausschusses und der Fraktionen diskutiert.
Die Förderung von Interessen, Begabungen und Talenten, die gesicherte Kenntnis der Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen, der Grundkompetenzen und Wahlfreiheit müssen im Mittelpunkt des gesamten Bildungssystems stehen. Neue Lehr- und Lernmethoden müssen Einzug ins Klassenzimmer halten. Freies, selbständiges und kreatives Lernen soll künftig mit Lehrer/innen-Vorträgen, -Projektunterricht, -Gruppenarbeit und -Praktika abwechseln. Soziale Fertigkeiten wie das miteinander Leben und Arbeiten können, Empathie, solidarisches Verhalten, Toleranz, Verantwortung und Disziplin sind ebenso wichtige pädagogische Ziele wie die Vermittlung von Wissen und die Lösung von Problemstellungen. Der Sprachförderung kommt besondere Bedeutung zu. Die Anzahl von Risikoschüler/innen muss reduziert und dem Erlernen der Kulturtechniken muss Vorrang gegeben werden. Die Schule soll individuell und differenziert nach Eignung, Neigung und Leistung fördern. Kein Kind darf „zurückgelassen“ werden. Bildung und Ausbildung legen den Grundstein für eine gelungene Entwicklung der Persönlichkeit. Bildung ist der Schlüssel für eine Zukunft, in der es gerecht und menschlich zugeht.
Wichtigste Voraussetzung zur Umsetzung und Bewältigung der neuen Herausforderungen ist der zügige Ausbau der bedarfsorientierten schulischen Tagesbetreuung in denen sich unter Berücksichtigung der Wahlfreiheit der Eltern Unterricht, Förderung, Sport und Bewegung sowie musische und kreative Bildung abwechseln. Den Schüler/innen mit besonderen Bedürfnissen muss entsprechend Rechnung getragen werden. Das Schulsystem soll durchlässig sein und sicher stellen, dass es keinen Abschluss ohne Anschluss gibt.
Ziel muss es sein, dass alle Schülerinnen und Schüler am Ende der Schulpflicht die Grundkompetenzen in den Bereichen Englisch, Deutsch und Mathematik, gefestigt beherrschen und ein definiertes Maß an Allgemeinbildung aufweisen, um für ihr
weiteres Bildungs- und Berufsleben vorbereitet zu sein. Daher soll eine Reform der 9. Schulstufe forciert werden, welche das Ende der Schulpflicht mit dem Erreichen eines vergleichbaren Bildungsziels verknüpft.
Es muss konsequent an Rahmenbedingungen gearbeitet werden, um jungen Menschen und auch Erwachsenen einen entsprechenden Bildungs- und Berufsaufstieg zu ermöglichen.
Bilanz: Bildungsreform
Die österreichische Bundesregierung führt einen permanenten Bildungsreformprozess. Reformfortschritte sind: Einführung des verpflichtenden Gratis-Kindergartenjahres (halbtags) ab dem 5. Lebensjahr, Ausbau der Kinderbetreuungsangebote, Reduzierung der Klassenschülerhöchstzahlen, mehr Kleingruppen-Unterricht, Ausbau der Sprachförderung, Deutsch-Förderkurse und muttersprachlicher Unterricht, Ausbau der ganztägigen Schulformen, Einführung von Bildungsstandards, Einführung der kompetenzorientierten, standardisierten Reife- bzw. Reife- und Diplomprüfung, Lehre mit Matura, Einführung der Oberstufe neu, Modularisierung der Abendschule, Einführung der Neuen Mittelschule als Regelschule bis 2018/19 und kostenloses Nachholen von Bildungsabschlüssen.
Um den Bildungsreformprozess fortzusetzen, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht,
1. den Ausbau schulischer Angebote in zumutbarer Entfernung, wie etwa Förderunterricht, Ganztagsschule, Nachmittagsbetreuung fortzusetzen. In diesem Zusammenhang sind die bestehende Rechtslage im Hinblick auf Schulsprengel und Entscheidungskompetenz der Schulpartner zu adaptieren;
2. die Etablierung einer neuen Lern- und Lehrkultur in den Primarschulen und den Schulen der Sekundarstufe I zu fördern, damit besondere Begabungen und Talente gefördert und gleichzeitig Schwächen beseitigt werden. Dem Erwerb der Kulturtechniken muss Vorrang eingeräumt werden;
3. die Modernisierung des Arbeits- und Lebensraumes Schule im Sinne des Österreichischen Baukulturreports 2011 der Bundesregierung zum Thema Schulbau oder etwa des IT-Bereichs zu intensivieren;
4. der Förderung von Kreativität und Bewegung in der Schule besonderes Augenmerk zu schenken;
5. eine Reform der 9. Schulstufe zu forcieren, welche das Ende der Schulpflicht mit dem Erreichen eines vergleichbaren Bildungsziels verknüpft;
6. die Schulpartnerschaft auszubauen.
Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur und der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung werden ersucht, eine nachhaltige Weiterentwicklung der
bestehenden Aus-, Fort- und Weiterbildung für die Lehrerinnen und Lehrer vorzunehmen.
Die Bundesregierung wird ersucht, ihre Aktivitäten im Bereich der Sprachförderung fortzusetzen.“
*****
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Kurt Grünewald, Daniela Musiol; Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ im Bereich Hochschulen
eingebracht im Zuge der Debatte über 1793 d.B. Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ über das Volksbegehren „Bildungsinitiative“ (1647 d.B.)
Begründung
Das Volksbegehren „Bildungsinitiviative“ hat für zwölf Forderungen über 383.000 Unterschriften gesammelt. Im Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode finden sich zum Teil analoge Vorhaben. Die konkreten Forderungen im Bereich der Finanzierung der Hochschulen sowie Steigerung der AkademikerInnenrate lauten wie folgt:
9. Wir fordern einen verbindlichen Ausbau- und Finanzierungsplan für unsere Hochschulen und Universitäten und die jährliche kontinuierliche Erhöhung der öffentlichen Finanzierung auf 2% der Wirtschaftsleistung im Jahre 2020. Das heißt:
Wir müssen möglichst vielen Menschen ein Studium und einen Hochschulabschluss ermöglichen. Dazu ist ein durchgehend stark verbessertes Betreuungsverhältnis notwendig, das Geld kostet.
Eine Studienplatz-Finanzierung, die einerseits den Bedarf anhand von Studienplatzzahlen für alle Studienrichtungen berücksichtigt und andererseits von differenzierten Normkosten ausgeht. Ein solches Modell ist in der Lage, nicht nur den Hochschulzugang sinnvoll zu gestalten, sondern auch Anreize für erwünschte Studienrichtungen zu geben, wie vor allem für Naturwissenschaften, Technik und Mathematik.
Die Finanzierung der öffentlichen Forschung muss in einzelnen Jahresschritten kontinuierlich bis zum Jahr 2015 auf 4% der Wirtschaftsleistung angehoben werden.
Fachhochschulen müssen in die Lage versetzt werden, in möglichst gleichen Jahresschritten ihre Studierenden-Anzahl und die dafür notwendigen Bundesmittel bis zum Jahr 2017 zu verdoppeln.
Im Regierungsübereinkommen für die XXIV. Gesetzgebungsperiode findet sich das Bekenntnis zu 2% des BIP für die tertiäre Bildung:
Bekenntnis zum Ziel 2% BIP in tertiäre Bildung
Die Bundesregierung bekennt sich zum Ziel, mit öffentlichen und privaten Investitionen 2 % des BIP im tertiären Bildungssektor zu erreichen. Als Beitrag zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit werden die Universitäten im Zuge der Leistungsvereinbarungen zu einer weiteren Hebung von inneruniversitären Effizienzreserven bewegt: z.B. durch die Einführung einer vollständigen Kostenrechnung, einer gleichmäßigeren Auslastung der
Kapazitäten, Vermeidung von Fehlallokationen von Mitteln sowie Schaffung universitätsübergreifender Angebote oder gemeinsame Nutzung von Infrastruktur. Eine übermäßig bürokratische Vollziehung im Bereich der Ausnahmetatbestände im Rahmen der Studienbeiträge soll vermieden werden.
10. Wir fordern Hochschulqualifikationen für 40% eines Jahrgangs bis zum Jahr 2020. Das heißt:
Gegenwärtig schließen in Österreich nur 22% eines Jahrgangs ein Hochschulstudium ab. Im OECD-Schnitt sind es 36%. Die Zielsetzung lautet daher: Eine Steigerung der Abschlussquote um jährlich 2 Prozentpunkte, damit im Jahr 2020 eine 40 %ige AbsolventInnenquote erzielt werden kann.
Wir brauchen eine hohe soziale Durchmischung an Hochschulen und Universitäten. Um dorthin zu kommen, müssen vom Kindergarten bis zu den Hochschulen alle sozialen Zugangshürden abgebaut und das studentische Förderungswesen nachhaltig ausgebaut werden.
Auch die Bundesregierung hat sich im Regierungsübereinkommen für die XXIV. Gesetzgebungsperiode die Erhöhung der AkademikerInnenquote zum Ziel gesetzt:
Konkrete Maßnahmen zur Erhöhung der Absolvent/innen- und Erfolgsquoten
Zur Erhöhung der AbsolventInnen- und Erfolgsquoten im tertiären Bereich sollen neben der generellen Weiterentwicklung der Qualitätssicherung in Lehre und Studium und dem Monitoring von Studienforschritt bzw. Studienschwierigkeiten folgende Maßnahmen gesetzt werden:
Intensive Kooperationen zwischen der Sekundarstufe II und den Bildungseinrichtungen des tertiären Bildungsbereichs sollen die Vorbereitung auf die individuelle Studienwahlentscheidung in der Schule unterstützen und damit den Übergang von der Schule in den tertiären Bereich (z.B. durch Integration universitätstypischer Lernformen an der Schule) verbessern.
Mit der Ausweitung und Vernetzung des Beratungs- und Informationsangebots für Maturatant/inn/en und Studieninteressent/inn/en soll eine Verbesserung des Ausbildungs- und Studienwahlprozesses erreicht werden. Neue Formen der individuellen Begleitung wie Tutoring (Studierende begleiten Schüler der letzten Klassen zu Lehrveranstaltungen an Universitäten) und Coaching (erfahrenen Studierenden begleiten jüngere Studierende über die Anfängertutorien in der Studieneingangsphase hinaus) sollen dabei besonders gefördert werden.
Die Curricula sollen im Hinblick auf ihre berufliche Relevanz (Verbesserung der Abstimmung mit dem Beschäftigungssystem, Berufsfeldanalysen, Integration von Praktikumsphasen, Erstellung von Qualifikations- und Kompetenzprofilen) weiterentwickelt werden.
Bei aller Anerkennung des Wertes einer berufsqualifizierenden Ausbildung sollen Universitäten auch als Orte der kritischen Auseinandersetzung und analytischen Reflexion erhalten werden.
Berufsbegleitendes Studieren an Universitäten soll durch explizite Studienangebote oder Studienmodule für Erwerbstätige ermöglicht werden. Maßnahmen, die in der Studienabschlussphase eine Anschubfinanzierung für den raschen Abschluss des Studiums ermöglichen, werden intensiviert. Die Zukunft der Studierendenwohnheime und anderer Formen studentischen Wohnens soll evaluiert werden.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat binnen sechs Monaten eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgende Forderungen des Bildungsvolksbegehrens im Bereich „Hochschulen“ umsetzt:
Ad 9.) Verbindlicher Ausbau- und Finanzierungsplan für unsere Hochschulen und Universitäten und die jährliche kontinuierliche Erhöhung der öffentlichen Finanzierung auf 2% der Wirtschaftsleistung im Jahre 2020.
Folgende Maßnahmen sind zu setzen:
Vorlage eines verbindlichen Budgetpfades zur Erreichung des 2% des BIP-Ziels für den tertiären Bildungsbereich noch im Jahr 2012;
Ergreifen konkreter Maßnahmen, sodass möglichst vielen Menschen aus breitesten Bevölkerungsschichten ein Studium und Hochschulabschluss möglich sind;
Vorlage eines Studienplatzfinanzierungsmodells, welches keinesfalls zu einem Rückgang der Zahl der Studierenden führt;
Anhebung der Finanzierung der öffentlichen Forschung in einzelnen Jahresschritten kontinuierlich bis zum Jahr 2015 auf 4% der Wirtschaftsleistung;
Fachhochschulen in die Lage versetzen, in möglichst gleichen Jahresschritten ihre Studierenden-Anzahl und die dafür notwendigen Bundesmittel bis zum Jahr 2017 verdoppeln zu können;
FTI Strategie der Bundesregierung 2011 umsetzen (wörtliche Auszüge):
„Wir wollen die Investitionen in die Grundlagenforschung bis 2020 auf das Niveau führender Forschungsnationen steigern;“
„Steigende Dotation der Grundlagenforschung bei steigendem Anteil jener Mittel, die im Wettbewerb vergeben werden;“
„Das Modell der Universitätsfinanzierung soll reformiert werden. Die Finanzierung der Forschung soll stärker kompetitiv und projektbezogen erfolgen;“
„Ausbau der Drittmittelforschung der Hochschulforschung über Projekte des Wissenschaftsfonds FWF mit pauschalierter Abdeckung der Overheads in der Höhe von 20 %;“
„Implementierung einer österreichischen Exzellenzinitiative mit bis zu zehn Exzellenzclustern bis zum Jahr 2020;“
Eine mehrjährige Finanzierungssicherheit sowie die Erhöhung der FWF-Gesamtbudgets und jährliche Steigerung um 12% für die nächsten fünf Jahre sicherstellen;
Nachhaltige, nationale strategische Forschungspläne entwickeln sowie deren Umsetzung in regelmäßigen Intervallen evaluieren;
Generell Perspektiven und Anreizsysteme für das Berufsfeld Forschung schaffen, z.B. Laufbahnmodelle, Karrieremöglichkeiten, Arbeitsumfeld, Anspruch auf Forschungssemester, Beenden des Prekariats im Bereich der LektorInnen, Förderungsprogramme und Stipendien für NachwuchsforscherInnen, etc.;
Unbedingt vermeiden, dass stark nachgefragte und europaweit einzigartige Studien aufgrund der finanziellen Notlage (aktuelles Beispiel: Internationale Entwicklung) nochmals nicht mehr angeboten werden können oder „ausgesetzt“ werden müssen;
Ausdünnungen bei den österreichischen Forschungsinstitutionen, die zu einer enormen Schwächung des Forschungsstandorts Österreich führen, ohne Kosten-Nutzenrechnung der Folgen, zurücknehmen und in Zukunft nicht mehr zulassen. Kahlschläge wie bei der Streichung der Basisfinanzierung für die außeruniversitären Forschungsinstitute sowie deren teilweise ungeschickte Zwangseingliederung dürfen nicht mehr vorkommen.
Ad 10.) Wir fordern Hochschulqualifikationen für 40% eines Jahrgangs bis zum Jahr 2020.
Folgende Maßnahmen sind zu setzen:
Steigerung der Abschlussquote um jährlich mindestens 2% ab dem Sommersemester 2013, damit im Jahr 2020 die 40%-ige AbsolventInnenquote erzielt werden kann;
Allen, die es wollen, ermöglichen, ein Studium Ihrer Wahl zu absolvieren;
Einen gebührenfreien und verbesserten Zugang breiterer Bevölkerungsschichten zu höherer Bildung garantiert und eine hohe soziale Durchmischung an Hochschulen und Universitäten gewährleisten;
Studiengebühren endgültig abschaffen und die Scheindiskussionen darüber sowie die aktuelle Rechtunsicherheit der Universitäten beenden;
Alle weiteren sozialen Zugangshürden ab- und das studentische Förderungswesen deutlich und nachhaltig ausbauen sowie die Ausweitung der Zahl von StudienbeihilfeempfängerInnen endlich realisieren;
Streichung der Sanierungsförderung für Studierendenheime umgehend zurück nehmen, im Gegenzug einen Ausbau der Wohnheimplätze an allen Hochschulstandorten, angepasst an den europäischen Durchschnitt von über 20 % mit einer einheitlichen Obergrenze für das Benützungsentgelt forcieren;
Universitäre Leistungsbestätigung für absolvierte Prüfungen, auch ohne Abschluss des Studiums, ab sofort ausgegeben;
Aktive „Bewerbung“ des Bachelors am Arbeitsmarkt zusammen mit dem jeweils zuständigen Ressort;
Abschaffen der umstrittenen Studieneingangs- und Orientierungsphase (StEOP) in der aktuellen Form, da diese nur „Knock-Out-Prüfungen“ unter neuem Namen sind, um Studienplatzbewirtschaftung zu betreiben und Studierende aus Studien zu drängen. Eine einsemestrige ECHTE Orientierungsphase („Studium Generale“) kann die StEOP ersetzen, die ordentliche Inskription folgte dann erst ab dem zweiten Semester;
Gleitenden Übergang von Schule zu Hochschule ermöglichen, indem eine Ausweitung und Vernetzung des Beratungs- und Informationsangebots massiv vorangetrieben wird. Eine Einbindung der HochschullehrerInnen in Bildungsberatung und Oberstufenunterricht, Schnupperwochen für SchülerInnen an Universitäten müssen bundesweit organisiert werden;
Verzögerungen im Studium möglichst vermieden werden können, was durch flexiblere Studienpläne ohne jegliche Voraussetzungsketten geschehen kann;
Anreize für erwünschte Studienrichtungen erarbeiten und an die Studierwilligen bringen, vor allem für Naturwissenschaften, Technik und Mathematik, was über die „MINT“-Kampagne offensichtlich nicht erreicht werden konnte;
Betreuungsverhältnisse sofort verbessern, umfassende Evaluierungen, Leistungs-Feedback, Teamteaching sowie eine verpflichtende didaktische Ausbildung der Lehrenden vornehmen. Maximale Obergrenzen an TeilnehmerInnen für alle Formen der
Lehrveranstaltungen sind vonnöten, werden diese überschritten, müssen Parallellehrveranstaltungen angeboten werden;
Konkrete Maßnahmen zur Erhöhung der AbsolventInnen- und Erfolgsquoten auch besonders betreffend der Zufriedenheit und Motivation von Universitätsbediensteten und NachwuchswissenschafterInnen umgehend umsetzen;
Eine Re-Demokratisierung an den Universitäten in die Wege leiten: Sicherstellung von Mitbestimmung und Transparenz für alle universitären Gruppierungen, Einführung von flachen Hierarchien sowie planbaren wissenschaftlichen Karrieren durch die Umsetzung des „Tenure Track Systems“, Veränderung der Zusammensetzung des Senates mit einer gemeinsamen HochschullehrerInnenkurie, generelle Aufwertung des Senates durch Mitsprache bei Strategieentwicklung und Profilbildung, Wahl des Rektors durch den Senat, dafür vorwiegend beratende und kontrollierende Rolle der Universitätsrats;
Das „Faculty-Modell“, bei dem Hierarchien unter wissenschaftlichen MitarbeiterInnen abgebaut werden, endlich einführen. Lehre und Forschung sind nicht weiter organisatorisch getrennt, unbefristete Stellen gelten als Regelanstellungsverhältnis, anstelle der Habilitation können sich WissenschafterInnen noch während bzw. nach der Promotion etablieren, wobei sie auch schrittweise die Befugnis zu lehren bekommen. Ziel ist eine gemeinsame HochschullehrerInnenkurie;
Eine umfassende Novelle des UG 2002 einleiten.
*****
Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.
12.43
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Regierungsmitglieder! Meine Damen und Herren! Das österreichische Bildungssystem ist besser, als es medial oft dargestellt wird. Bildung ist zweifelsohne eines der wichtigsten Anliegen der Bevölkerung.
Die im Verhältnis zum betriebenen Aufwand eher niedrige Anzahl an Unterschriften beim Bildungsvolksbegehren sehe ich als zusätzlichen Beweis dafür, dass die Arbeit im Bildungswesen besser ist als ihr Ruf. Es ist notwendig, immer über Verbesserungen und Weiterentwicklungen im Bildungswesen nachzudenken. In dieser Hinsicht enthält das Bildungsvolksbegehren wertvolle Anregungen, über die wir im Ausschuss durchwegs konstruktiv diskutiert haben.
In Bezug auf die Jugendbeschäftigung bestätigt ein Blick über Österreichs Grenzen hinaus, dass unser dualer Ausbildungsweg der richtige ist. Gut ausgebildete Facharbeiterinnen und Facharbeiter sind genauso wichtig wie ausgebildete Akademikerinnen und Akademiker. (Beifall bei der ÖVP.) Persönlich halte ich es für übertrieben, dass zum Beispiel Krankenschwestern eine akademische Ausbildung haben sollen, nur damit wir die Akademikerquote erhöhen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Es gibt Wichtigeres im Leben als diese Quote.
Was muss die Schule eigentlich vermitteln? – Es geht in der Schule darum, dass Lerninhalte vermittelt werden. Rechnen, Lesen und Schreiben sind dabei am wichtigsten. Neben dem Lernstoff geht es aber auch um Werte für das Leben. Viele Initiativen in den Schulen, ob es hier zum Beispiel um Kreativität, Musik oder Sport geht, unterstützen dies.
Es geht in den Schulen auch um Begriffe wie zum Beispiel: Grenzen kennenlernen, Pflichten, Rechte, Leistungsbereitschaft, Teamfähigkeit. Es hilft nichts, wer im Leben
etwas erreichen will, der muss auch etwas dafür tun! Schule kann nicht die Erziehung der jungen Menschen ersetzen, sie kann nur dabei unterstützen. Entscheidend ist dabei das persönliche Umfeld, die eigene Familie; dort liegt die Verantwortung für die Erziehung der Kinder.
Es sei mir folgende ganz persönliche Bemerkung erlaubt. Wenn ich in meiner Schulzeit – und diese ist doch auch schon wieder einige Jahrzehnte vorbei – eine Strafe ausgefasst und mich zu Hause darüber beschwert habe, hat es sinngemäß geheißen: Recht geschieht dir! Benimm dich ordentlich, dann bekommst du keine Strafe! – Heute ist es zum Teil umgekehrt. Die Lehrer müssen sich für das Vergeben von Strafen rechtfertigen, weil zu viele Eltern in die Schule kommen und sagen: Mein Kind tut das nicht! Hier müssen wir ein bisschen aufpassen und vorsichtig sein, vor allem die Erziehungsberechtigten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Stefan.)
Ich persönlich habe all jene Lehrerinnen und Lehrer, die uns Grenzen aufgezeigt und uns ordentlich gefordert haben, mindestens so gut in Erinnerung wie die anderen. Die überwiegende Anzahl der Lehrkräfte leistet hervorragende Arbeit. Sie haben unsere vollste Unterstützung verdient.
Im Pflichtschulbereich gibt es zwischen städtischen und ländlichen Regionen und Schulen erhebliche Unterschiede. Gerade bei den Hauptschulen ist das deutlich zu sehen: Hauptschulen in ländlichen Regionen können sich jederzeit mit Gymnasien vergleichen. Die Weiterentwicklung der Hauptschulen zu Neuen Mittelschulen bei gleichzeitiger Beibehaltung der Gymnasium-Unterstufe ist eigentlich die richtige Antwort und der richtige Weg. Wahlfreiheit, Vielfalt und Durchlässigkeit sind wertvolle Eckpfeiler im Bildungswesen, diese dürfen wir nicht schwächen.
Sorgen machen mir offensichtliche Tendenzen zu mehr Zentralisierung im Schulsystem. Das wäre das Aus für viele kleine Schulstandorte! Sehr geehrte Frau Bundesminister, ich ersuche auch Sie persönlich in dieser Frage um Sensibilität und Vorsicht. Kleinere Schulstandorte sind in den Gemeinden oft viel, viel mehr als reine Standorte der Wissensvermittlung. (Beifall bei der ÖVP.)
Generell gilt in der Bildungspolitik: Qualität geht vor Tempo. Ich begrüße daher den Diskussionsprozess hier im Haus, solange er auch in eine konstruktive Richtung geht. Uns geht es darum, dass alle Kinder nach ihren Begabungen bestmöglich gefordert und auch gefördert werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Leistung, Begabung und Talente stehen für uns im Mittelpunkt der Bildungsreform. Wir von der ÖVP stehen auch in Zukunft für Wahlfreiheit von Eltern und Kindern sowie für ein Bildungssystem, in dem Leistung zählt. Uns liegt die beste Ausbildung für unsere Kinder am Herzen. Wir arbeiten konsequent an der Umsetzung der Bildungsreform. (Beifall bei der ÖVP.)
12.48
Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte.
12.48
Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir führen heute eine sehr wichtige und entscheidende Bildungsdebatte. Ich möchte am Beginn, vielleicht auch aus subjektiver Betroffenheit, dem Kollegen Walser von den Grünen etwas ausrichten. Sie haben diese Bildungsdebatte, in der uns heute sicherlich viele Schüler und Pädagogen zuschauen, mit den Worten eröffnet – sinngemäß –: Für Sie geht heute fast ein Traum in Erfüllung, denn die Rechtsradikalen in diesem Parlament sind zumindest für eine Zeit nicht anwesend gewesen. (Abg. Dr. Walser: ... keine Rechtsradikalen im Parlament! – Weitere Zwischenrufe.)
Sie haben gemeint: Die Rechtsextremen im Parlament sind nicht anwesend, und das ist ein schöner Tag. – Ich möchte Sie nur, auch als Lehrer und Pädagoge ... (Abg. Dr. Walser: Sind Sie da dagegen? Sind Sie gegen Rechts?)
Schauen Sie, ich kann mit Ihrer Rhetorik nichts mehr anfangen! Und ich fühle mich, stellvertretend für ein Drittel der Abgeordneten (Beifall bei der FPÖ) hier im Hohen Haus, von Ihnen permanent diffamiert und permanent beleidigt. (Abg. Dr. Walser: Ich habe von Ihnen nicht gesprochen!) Sie kennen weder die persönlichen Geschichten noch meine Ausbildung, aber Sie diffamieren ein Drittel der Abgeordneten hier im Hohen Haus als rechtsradikal. (Abg. Mag. Steinhauser: ... 17 Prozent!)
Da bin ich eigentlich nur froh – das sage ich auch als Vater von Kindern – bei solchen Pädagogen wie Ihnen, dass meine Kinder in Kärnten in die Schule gehen und von solchen Menschen wie Ihnen nicht unterrichtet werden können, die an Intoleranz nicht mehr zu übertreffen sind! (Beifall bei der FPÖ.)
Was haben wir heute gemacht? – Wir sind ausgezogen, um hier den Protest darzulegen, dass wir mit der Vorgangsweise nicht einverstanden sind, die auch Sie von den Grünen unterstützen (Zwischenruf des Abg. Mag. Steinhauser), nämlich in Wirklichkeit einer Ausschaltung der demokratischen Rechte im Zusammenhang mit der Einführung des ESM: dem größten Anschlag auf die Verfassung, auf die Autonomie dieses Hohen Hauses! Das wollen und werden wir nicht zur Kenntnis nehmen (Beifall bei der FPÖ), und dafür werden wir von Ihnen als Rechtsradikale diffamiert!
Ich sage Ihnen, warum wir so sehr gegen diesen ESM und gegen diesen Rettungsschirm, dem Sie jetzt die Räuberleiter machen, sind: In Wirklichkeit wird hier ein undemokratischer Verteilungsapparat – wie es heute auch die Experten in den Medien bezeichnen – eingeführt. Wir stellen einen Blankoscheck aus! (Abg. Elmar Mayer: Kein Wort zum Thema!) Herr Kollege, es wird von Ihrer Partei und von der ÖVP – ich komme schon noch zum Thema, aber es geht auch darum, dass wir keine Mittel für die Bildung mehr zur Verfügung haben werden, wenn wir diesen ESM unterstützen und wenn wir diesem Automatismus, Herr Kollege, Tür und Tor öffnen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Stefan: Keine Budgethoheit mehr!)
Es geht, wenn wir hier von Bildung sprechen, auch darum, dass den Österreicher/innen, dass der jungen Generation in Wirklichkeit die Zukunft verbaut wird mit diesen Methoden, die Sie heute hier in die Wege geleitet haben! (Beifall bei der FPÖ.) Es geht hier um Grundrechte. Es geht um demokratische Grund- und Kontrollrechte, wenn wir – so wie Sie es auch heute geplant haben – diesen ESM politisch auf die Reise schicken!
Denn um nichts anderes ist es in dieser Debatte heute in der Früh gegangen: Sie wollen die erste Lesung erzwingen, damit Sie alles auf die Reihe bringen. Das ist die Diskussion im Ausschuss, dann wird es beschlossen, es kommt noch einmal ins Hohe Haus – und in Wirklichkeit können wir dem hier nichts mehr entgegensetzen! Dagegen sind wir aufgetreten. Deshalb dann als Rechtsradikale diffamiert zu werden, dagegen wende ich mich entschieden! (Beifall bei der FPÖ.)
Zur Bildungsdebatte, Frau Minister – bevor meine Redezeit aus ist –: Wir sprechen über Effizienzsteigerung in der Verwaltung im Bildungsbereich. Ein kleines Beispiel: Wir haben in allen Bundesländern – Sie wissen es, und das ist von uns mehrfach kritisiert worden – drei Ebenen der Verwaltung, die für den Bildungsbereich zuständig sind. Jeder Landesschulrat ist ausgestattet mit einem riesigen Organisationsapparat, hat einen Präsidenten, hat auch einen Vizepräsidenten. Frau Minister, ich frage Sie: Wozu brauchen wir einen stellvertretenden Landesschulratspräsidenten?
Es steht in der gesetzlichen Regelung drin, dass die fünf stärksten Bundesländer automatisch auch einen Stellvertreter des Landesschulratspräsidenten ... (Abg. Amon: ... einen Landeshauptmann-Stellvertreter?) Ich sage Ihnen jetzt etwas: Wir haben einen Landesschulratspräsidenten, der in Wirklichkeit nur spazieren geht (Zwischenruf des Abg. Amon), der ein Anrecht auf ein Dienstauto hat. Das brauchen wir alles nicht! (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Seit fünf Jahren ist Kärnten von der Bevölkerung her nicht mehr so stark, dass uns auch dieser Posten zusteht. Ich bitte Sie: Mit einem einfachen Strich, einer Novellierung dieses Gesetzes, wäre eine Effizienzsteigerung in diesem Bereich möglich! – Nur um ein Beispiel zu nennen.
In Wirklichkeit geht es darum – so wie ja auch Hannes Androsch in seiner durchaus kritischen Rede zu diesem Volksbegehren festgestellt hat –, dass im Bildungsbereich (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen) die Regierungsparteien nicht an einem Strang, sondern in zwei verschiedene Richtungen ziehen. Deshalb ist das heute eine Schön-Wetter-Politik. In der Sache selbst ist in Wirklichkeit nichts weitergegangen!
Hätten wir die Forderung der Freiheitlichen umgesetzt, dass nämlich bereits ab 100 000 Personen (Präsident Neugebauer gibt erneut das Glockenzeichen) die Gesetze auch unmittelbar von Bürgerinitiativen beschlossen werden könnten, hätte dieses Volksbegehren sicherlich auch mehr Erfolg gehabt. (Beifall bei der FPÖ.)
12.54
Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. – Bitte.
12.54
Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärdensprachdolmetscherin): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nun gut, das Thema Bildung und Volksbegehren ist ein sehr wichtiges Anliegen. Sehr viele Menschen haben nicht umsonst unterschrieben, sie möchten die bestmögliche Bildung für alle Menschen. Bildung ist generell der Schlüssel zu einem erfolgreichen Leben.
Behinderte Menschen haben auch im Bildungsvolksbegehren einen Passus, der besagt, dass die Situation in Österreich nach wie vor nicht gleichberechtigt ist. Chancengleichheit ist nicht vorhanden. Was ist damit genau gemeint? – Viele Eltern kommen zu mir, nehmen Kontakt auf, haben die verschiedensten Barrieren in den verschiedensten Bereichen. Ich zeige Ihnen einfach mit Beispielen, was ich damit meine.
Nehmen wir an, ein behindertes Kind wird sowieso gut beschult – es ist anzunehmen, die Sonderschule hat die bestmöglichen Angebote, die LehrerInnen sind top ausgebildet. Oder nehmen wir eine Integrationsschule: Da wird sowieso alles gegeben in dem Moment, in dem sonderpädagogische Förderbedarf besteht. – In Wirklichkeit muss man sagen: Vieles ist gut, aber die Chancengleichheit ist nicht zu hundert Prozent gegeben. Vergessen wir bitte nicht, dass Chancengleichheit wichtig ist!
Ein anderes Beispiel: Integrationsschulen. Da sind vielleicht Stützlehrer/Stützlehrerinnen, die für ein paar Stunden Spezialunterricht geben, es sind da einige Materialien, die zusätzlich ausgegeben werden. Sie müssen aber in der gleichen Prüfungszeit wie alle anderen Kinder ihre Prüfungen schreiben. Sie schaffen es vielleicht nicht mitzuturnen und werden befreit. Anstatt ihnen Angebote zu machen, die sie bewältigen können, nehmen sie einfach nicht teil. Ein Freifach kommt nicht in Frage, denn behinderte Kinder kosten zu viel. Man kann nicht umbauen, Material ist zu teuer, Ausstattung ist nicht vorhanden.
Oder Schulen sagen: Wir nehmen solche Kinder nicht auf. Es hängt jetzt davon ab: Habe ich Kontakte zu Direktorinnen, zu Direktoren, zu Inspektoren, je nachdem? – Wenn nicht, werden sie abgelehnt. Habe ich keine Kontakte und ich möchte in diese Schule, ist es oft so: Ich werde nicht aufgenommen oder bekomme etwas nicht oder komme nicht weiter. Die Bildungschance ist begrenzt. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass wir hier etwas tun!
Österreich soll die Zahlen von behinderten Menschen mit Absolventenniveau berücksichtigen. Das wirkt sich nach wie vor auf arbeitslose Menschen aus: keine Bildung, hohe Arbeitslosigkeit. Insofern ist schlechte Bildung für uns teurer. Wir müssen Menschen, die nicht im Arbeitsleben sind, aktiv bezahlen. Wenn wir ihnen eine gute Bildung geben, können sie aktiv am Arbeitsleben teilhaben, sind sie gleichberechtigte Steuerzahler und damit ein Wirtschaftsfaktor. Viele Menschen denken, behinderte Menschen sind teuer. – Das ist ein Missverständnis! Zahlen wir am Anfang gut für die Bildung, dann sind sie später gute Steuerzahler. Das müssen wir berücksichtigen.
Inklusion: Der Gedanke bedeutet, dass wir die Möglichkeit haben, so normal wie möglich teilzuhaben. In Österreich ist ein Leben mit Behinderung nicht normal, wir werden segregiert. Deswegen wiederhole ich mich sehr gerne: Die UN-Konvention hat im Artikel 24, Bildung, stehen, dass eine Bedingung der Inklusionsfahrplan ist. Dieser Fahrplan soll die Zukunft aufweisen. Ich berichte: Die Beispiele, wo es nicht normal ist, in die Schule zu kommen, sollen geändert werden. Inklusion – in welcher Form, in welche Kostenpositionen das aufgeteilt wird, soll festgeschrieben werden. Dieser Plan soll die Zukunft aufweisen.
Was ich jetzt sehe, ist der Nationale Aktionsplan. Dieser hat sehr viele Punkte, aber nicht alles, was das Thema Bildung betrifft. Ich bin schon sehr neugierig, was im Juni/Juli im Endergebnis drinstehen wird. Das wird leider nicht im Parlament diskutiert, sondern direkt über Ministerialbeschlüsse abgewickelt. Ich bin gespannt, was dabei herauskommt.
Wir Grüne warten nicht, wir tun etwas. Ich habe einige Punkte zum Thema Inklusion gesammelt und habe Positionen ausformuliert. Hier mache ich eine Ankündigung: Nächste Woche findet eine Inklusionsveranstaltung statt, und ich lade Sie alle hier, von allen Parteien und Fraktionen, herzlich dazu ein. Vielleicht wollen auch die Besucher und Besucherinnen, die oben auf der Galerie zuhören, mit mir Kontakt aufnehmen. Kommen Sie nächste Woche zu meiner Veranstaltung und diskutieren Sie mit mir, was Inklusion für behinderte Menschen wirklich sein kann!
Wichtig ist noch, Folgendes anzukündigen: Eine Expertin aus Italien wird berichten – seit 20 Jahren sind Sonderschulen in Italien abgeschafft –, wie Menschen mit Behinderungen Matura machen, Studien absolvieren und so weiter. Sie berichtet darüber, wie es in Italien funktionieren kann.
Haben Sie Zeit für dieses Anliegen? – Kommen Sie einfach, denn Bildung ist der Schlüssel zu einer gleichberechtigten Zukunft. Frau Ministerin, vielleicht interessieren Sie sich dafür, Sie sind auch herzlich eingeladen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
12.59
Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.
13.00
Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Ich möchte ganz kurz Stellung beziehen zu den Aussagen von Herrn Kollegen Strutz, der jetzt leider nicht mehr da ist. Vielleicht teilen Sie ihm das mit. Es ist mir schon wichtig festzuhalten: Ich habe nicht die gesamte freiheitliche Fraktion als rechtsextrem bezeichnet, es ist aber eine Tatsache, dass sich innerhalb der freiheitlichen Fraktion eine ganze Reihe von Rechtsextremen befindet, um das hier auch mit Deutlichkeit festzuhalten. (Abg. Neubauer: So? Wer? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Und es ist sehr wohl etwas, worauf ich eingehen möchte, wenn mir jemand wie Kollege Strutz seine persönlichen Erlebnisse mitteilt, dann diskutieren wir darüber, aber am Kern, bitte, halten wir schon fest. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)
Selten ist eine meiner Prophezeiungen übrigens so schnell bestätigt worden wie heute. Ich habe in meiner ersten Rede angekündigt, dass es bei dieser Verschiebung um ein Jahr nicht bleiben wird, wenn es nach der ÖVP geht. Während wir hier diskutieren, ist schon eine Aussendung des Chefs der AHS-Gewerkschaft – ÖVP natürlich – draußen, der sagt: Ein Jahr Verschiebung reicht nicht, man braucht mindestens zwei Jahre Verschiebung. – Na vielen Dank, wenn das so weitergeht!
Ich möchte drei Entschließungsanträge einbringen. Ich werde sie in den Grundzügen kurz erläutern:
Es geht im ersten um ein modernes, unbürokratisches und autonomes Schulsystem. Er beinhaltet im Prinzip das, und zwar, und daran darf ich Sie erinnern, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, wortidentisch, was die Ministerinnen Karl und Schmied im Unterausschuss des Verfassungsausschusses zur Schulreform gesagt haben. Ich bin schon gespannt, wie sie zu diesem wortidentischen Antrag Stellung beziehen werden.
Im zweiten geht es um die Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ im Bereich Bildung. Da geht es uns darum, dass wir ein modernes, unbürokratisches und – ganz, ganz wichtig! – weitgehend autonomes Schulsystem wollen. Wir wollen nämlich nicht, dass die Landesfürsten in St. Pölten, Klagenfurt, Bregenz oder sonst wo entscheiden, wie es an den Schulen zugehen soll oder wer dort das Sagen hat, sondern wir wollen, dass die Schulstandorte selber entscheiden, und zwar demokratisch die Eltern, die LehrerInnen und die SchülerInnen gemeinsam. Darum geht es in diesem zweiten Antrag. (Beifall bei den Grünen.)
Und ganz kurz auch zum dritten Antrag der Kollegin Musiol. Da geht es um die Umsetzung der Forderungen des Bildungsvolksbegehrens im Bereich Kindergarten. Es geht im Kern vor allem darum, dass wir auch die Kindergartenpädagogik als wesentlichen Teil unseres Bildungssystems anerkennen und nicht unseres Betreuungssystems. Es geht darum, dass die KindergartenpädagogInnen in Hinkunft auf tertiärem Niveau ausgebildet werden. Und wir wollen, dass die Kindergärten künftig in Bundeskompetenz kommen.
Herr Kollege Amon! Das ist jener Bereich, vor dem Sie nicht (Abg. Amon: Sind das Entschließungsanträge?) Das sind Entschließungsanträge, die hoffentlich ausreichend (Abg. Amon: Keine Initiativanträge?) Habe ich gesagt „Initiativanträge“? Das war unser Wunsch. Da war der Wunsch Vater des Gedankens. Das ist leider daran gescheitert, dass die ÖVP schlussendlich nicht mehr mit wollte. Wir wären natürlich für solche Initiativanträge zu haben gewesen und haben gehofft, Sie gehen mit. Leider war das nicht so. Wir arbeiten dran, Herr Kollege Amon, dass das künftig so sein wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
13.04
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die soeben eingebrachten Entschließungsanträge wurden in ihren Kernpunkten erläutert und stehen alle drei, weil sie gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung ob ihres Umfanges bereits an die Abgeordneten verteilt wurden, mit in Verhandlung.
Die drei Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Harald Walser, Daniela Musiol; Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein modernes, unbürokratisches und autonomes Schulsystem, eingebracht im Zuge der Debatte über 1793 d.B. Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Volksbegehrens "Bildungsinitiative" über das Bildungsvolksbegehren "Bildungsinitiative" (1647 d.B.)
Begründung
Das Volksbegehren Bildungsinitiative hat folgende Forderung gestellt:
Wir fordern ein modernes, unbürokratisches und weitgehend autonomes Schulsystem unter Einbeziehung der SchulpartnerInnen und ohne parteipolitische Einflussnahme. Das heißt:
Das Ministerium gibt die Bildungsziele vor, bietet Aus-und Weiterbildung für alle PädagogInnen an, sorgt für die Ausstattung der Schulen und ist für die Qualitätssicherung verantwortlich (strategische Aufgaben).
Die Bezirksschulräte werden samt ihren parteipolitisch zusammengesetzten Kollegien ersatzlos gestrichen; die Kollegien der Landes(Stadt)schulräte werden gleichfalls aufgehoben, aber als Schulpartnerräte neu gestaltet.
Schulleitungen und LehrerInnen erhalten Gestaltungsflexibilität. Für die Festlegung der pädagogischen Ziele und das Personalmanagement sind die Schulen autonom zuständig. Die SchulpartnerInnen müssen dabei in die Verantwortung eingebunden werden (operative Aufgaben).
Im Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode heißt es dazu:
Die Bezirks- und Landesschulräte und deren Kollegien sollen abgeschafft werden.
Beiräte als beratende Organe auf Landesebene mit Vertretern von Schülern, Eltern und Lehrern sollen eingerichtet werden.
Bildungsdirektionen werden eingerichtet.
Im Unterausschuss des Verfassungsausschusses zur Verwaltungsreform haben die Bundesministerinnen Beatrix Karl und Claudia Schmied - ausgehenden von den Informationen des Rechnungshofes, IHS und KDZ - folgendes Positionspapier zur Schulverwaltung präsentiert:
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat binnen sechs Monaten eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgende Punkte umfasst:
Schule ist in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache
Ersatzlose Abschaffung der Bezirksschulräte
Abschaffung der Landesschulräte (Stadtschulrat für Wien)
Einführung regionaler Bildungsdirektionen an Stelle der Landesschulräte (Stadtschulrat für Wien) und Schulämter der Landesregierungen
Übertragung der Kompetenzen der Schulämter der Landesregierungen an die Bildungsdirektionen
Schaffung von Bildungsbeiräten der SchulpartnerInnen an Stelle der Kollegien der Landesschulräte (des Stadtschulrats für Wien)
Schaffung eines transparenten und geradlinigen Instanzenzuges im Bildungsbereich
Umwandlung der Schulaufsicht zu einem Instrument für Qualitätsmanagement
Bundesweit einheitliches Qualitätsmanagement
Autonomie der Schulen in der Unterrichtsgestaltung,
Verlagerung der Entscheidung über Personalangelegenheiten von den Landes- und Bundesbehörden direkt an die betroffenen Schulen
Stärkere Einbindung der Schulpartner in die Entscheidungen am Schulstandort
Stärkung der pädagogischen Kompetenzen der SchulleiterInnen
Zusammenführung der Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzverantwortung im Schulbereich auf Bundesebene
Überführung aller LehrerInnen in ein Bundesdienstrecht
Schaffung eines einheitlichen Dienstrechtes für alle Lehrpersonen
Entwicklung eines Gehaltsschemas für Lehrpersonen mit höherem Einstiegsgehalt, flacherer Gehaltskurve und Leistungsanreizen
Verschlechterungsverbot für LehrerInnengehälter bei einem Umstieg auf das neue Dienstrecht
Verpflichtende Fort- und Weiterbildung für alle Lehrpersonen in der unterrichtsfreien Zeit
Schaffung eines transparenten und wirksamen Controlling über den Einsatz von Budgetmitteln im Schulbereich
Einführung österreichweit gültiger Infrastrukturstandards für Schulen
Schaffung eines Kriterienkatalogs anhand dessen Ressourcen für Förder- und Unterstützungsmaßnahmen österreichweit einheitlich geregelt und zugeteilt werden können
Schaffung eines Dienstrechtes für nicht-pädagogisches Personal an Schulen
Bereitstellung von Verwaltungsfachkräften für die Organisations- und Verwaltungstätigkeiten an Schulen
Entwicklung bundesweit gültiger Zieldefinitionen für alle Schulstufen
*****
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens "Bildungsinitiative" im Bereich Bildung, eingebracht im Zuge der Debatte über 1793 d.B. Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Volksbegehrens "Bildungsinitiative" über das Volksbegehren "Bildungsinitiative" (1647 d.B.)
Begründung
Das Volksbegehren "Bildungsinitiative" beinhaltet unter anderem folgende Forderungen, die sich auch im Regierungsübereinkommen für die XXIV. Gesetzgebungsperiode widerspiegeln:
1. Wir fordern ein modernes, unbürokratisches und weitgehend autonomes Schulsystem unter Einbeziehung der SchulpartnerInnen und ohne parteipolitische Einflussnahme. Das heißt:
Das Ministerium gibt die Bildungsziele vor, bietet Aus-und Weiterbildung für alle PädagogInnen an, sorgt für die Ausstattung der Schulen und ist für die Qualitätssicherung verantwortlich (strategische Aufgaben).
Die Bezirksschulräte werden samt ihren parteipolitisch zusammengesetzten Kollegien ersatzlos gestrichen; die Kollegien der Landes(Stadt)schulräte werden gleichfalls aufgehoben, aber als Schulpartnerräte neu gestaltet.
Schulleitungen und LehrerInnen erhalten Gestaltungsflexibilität. Für die Festlegung der pädagogischen Ziele und das Personalmanagement sind die Schulen autonom zuständig. Die SchulpartnerInnen müssen dabei in die Verantwortung eingebunden werden (operative Aufgaben).
Im Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode heißt es dazu:
Die Bezirks- und Landesschulräte und deren Kollegien sollen abgeschafft werden.
Beiräte als beratende Organe auf Landesebene mit Vertretern von Schülern, Eltern und Lehrern sollen eingerichtet werden.
Bildungsdirektionen werden eingerichtet.
4. Wir fordern ein Bildungssystem, in dem alle Kinder und Jugendlichen so früh wie möglich in ihren Talenten und Fähigkeiten kontinuierlich gefördert und in ihren Schwächen unterstützt werden. Das heißt:
Jedes Kind besitzt besondere Fähigkeiten, sei es auf intellektuellem Gebiet, in der Musik, im Sport, in handwerklicher Weise, in der Ökonomie, beim Theaterspielen usw. Alle diese Talente sind gleichwertig. Werden sie anerkannt, entsteht Selbstwertgefühl.
Alle besonderen Begabungen, Talente und Leistungen müssen gefördert und gefordert werden (Begabtenförderung); die Schwächen von jungen Menschen auf anderen Gebieten müssen gezielt beseitigt werden, um die Freude am Lernen zu erhalten. Nur so können Ergebnisse erzielt werden, die in der Gesellschaft und der Arbeitswelt für
das persönliche Weiterkommen notwendig sind. (Leistungs- und berufsorientierte Differenzierung). Es darf kein Kind zurückgelassen werden.
Der Unterricht in der Schule muss vielfältig sein. Selbstständiges, kreatives Lernen, LehrerInnen-Vortrag, Projektunterricht und Praktika, Auflösung des Fächerkanons und Sprengung des Korsetts der 50-Minuten-Stunde, Einüben in soziale Fertigkeiten, Theaterspiel und Sport, Kunsterleben wechseln einander ab. Die Schule muss eine faszinierende Welt werden, die auf das spätere Leben in der Gesellschaft und in der Wirtschaft vorbereitet. Dazu brauchen wir auch eine neue Schularchitektur für flexiblen Unterricht, sowie eine neue Gestaltung der Schulumgebung für Sport und Freizeit.
Eine flächendeckende Umstellung auf individuellen und vielfältigen Unterricht mit innerer Differenzierung bis zum Jahr 2020.
Bildung umfasst auch Ausbildung. Diese muss durchlässig und ohne Sackgassen sein. Wir müssen daher Rahmenbedingungen schaffen, die vor allem für Pflichtschulabgänger und Lehrlinge einen Bildungsaufstieg (Nachholen von Abschlüssen, Matura, FH- und Uni-Abschluss) verlässlich ermöglichen.
Im Regierungsübereinkommen für die XXIV. Gesetzgebungsperiode wird das Kapitel Bildung mit folgenden Worten eingeleitet:
Bildungspolitik entscheidet über die Chancen, die wir unseren Kindern und Jugendlichen für ihre Zukunft eröffnen. Bildung ist zentrales Thema für die Zukunft von Österreichs Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Investitionen in die Bildung sind Investitionen in die Zukunft. Die Förderung von Begabungen und Talenten ist die zentrale Aufgabe einer zukunftsorientierten Bildungspolitik. Voraussetzung dafür ist ein innovatives, an den Prinzipien des lebensbegleitenden Lernens ausgerichtetes Bildungssystem, das den individuellen Potentialen jedes einzelnen Kindes und der Vielfalt an Interessen Rechnung trägt. Bei der Förderung von lebensbegleitendem Lernen geht es um Bildungsmotivation und die Kompetenzen diese Motivation auch realisieren zu können.
Im Zentrum der Bildungspolitik stehen die Bildung und Ausbildung aller Menschen, der Erwerb von Wissen, Fähigkeiten und Kenntnissen, die Anerkennung persönlicher Leistung sowie eine werteorientierte Persönlichkeitsentwicklung. Bildung umfasst die vielfältige Förderung von Kreativität, Sozialkompetenz, von interkulturellem Verständnis, Toleranz und Demokratieverständnis, das insbesondere durch die Politische Bildung gestärkt wird.
5. Wir fordern die systematische Abschaffung des Sitzenbleibens und ein Ende der Nachhilfe. Das heißt:
Zunächst brauchen wir eine Änderung der pädagogischen Einstellung. Sitzenbleiben ist kein Zeichen guter Schulen. Bei uns bleiben nahezu 40.000 SchülerInnen jährlich sitzen. In anderen erfolgreichen PISA-Ländern gibt es das nicht.
Dasselbe gilt für die Nachhilfekosten. Österreichs Eltern zahlen jährlich 140 Millionen Euro für Nachhilfe, in anderen PISA-Ländern kennt man Nachhilfe so gut wie nicht.
Dazu brauchen wir strukturelle Reformen: Einführung von modularem Unterricht und Kurssystemen. Damit müssen schlimmstenfalls nur mehr einzelne Module wiederholt werden und nicht eine ganze Klasse. Kurssysteme in der Oberstufe reduzieren das Sitzenbleiben ebenfalls und bereiten zudem besser auf Fachhochschulen und Unis vor.
Schließlich helfen Ganztagsschulen ganz entschieden, das Sitzenbleiben zu verhindern und die Nachhilfe entbehrlich zu machen.
Die Umsetzung dieser strukturellen Reformen muss stetig und zügig bis zum Jahr 2020 erfolgen.
Auch das Regierungsübereinkommen für die XXIV. Gesetzgebungsperiode beinhaltet dieses Ziel:
Klassenwiederholungen reduzieren
Ab der 7. Schulstufe sollen erste Formen der Wahlpflicht- und Kursangebote im Rahmen der Schulautonomie erstellt und die Oberstufe der AHS in modularisierter Form weiterentwickelt werden, um den Begabungen und Interessen gemäßer unterrichten zu können und die Quote der SchulabbrecherInnen zu senken.
Individuell abgestimmte Förderangebote sollen ausgebaut und das Frühwarnsystem weiter verbessert werden.
6. Wir fordern ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen. Das heißt:
In den Halbtagsschulen ist schon heute keine Zeit für das Wiederholen und Vertiefen. Das muss momentan zu Hause geschehen, häufig mit hohen Nachhilfekosten. In der kurzen Vormittagszeit gibt es auch viel zu wenige Möglichkeiten für Musik, Sport, Theater und handwerklichen Unterricht. Und schließlich brauchen wir permanente Begabtenförderung und Unterstützung für Schwächere. Tagesarbeitszeiten für SchülerInnen von 12 Stunden und mehr sind im gegenwärtigen Halbtagssystem keine Seltenheit. Doch brauchen auch SchülerInnen Freizeit und Entspannung.
Daher müssen 8-stündige, verschränkte Ganztagsschulen die Regel werden: Nur wenn sich LehrerInnen und SchülerInnen über den Tag hin beim Lernen, Spielen, im Sport und beim gemeinsamen Mittagessen treffen, entstehen vertrauensvolle Beziehungen, die eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiches Lernen sind. Österreich ist eines der letzten Länder in Europa mit einer Halbtagsschule.
Ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen mit entsprechendem Ausbau und Neubau von Schulgebäuden bis zum Jahr 2020.
Im Regierungsübereinkommen für die XXIV. Gesetzgebungsperiode findet sich folgende Passage zu diesem Thema:
Tagesbetreuung
Ganztägige Schulformen und Ganztagsbetreuungsangebote unterstützen die ganzheitliche Entwicklung der SchülerInnen und sind bedarfsgerecht auszubauen, wobei regional die Wahlmöglichkeit sichergestellt wird.
Ein sinnvoll abgestimmtes Angebot von Lernen, Wiederholen und Üben, sowie freizeitpädagogische Akzente und der Ausbau der Angebote von Kunst, Kultur und Sport stellen sicher, dass den Kindern mehr Abwechslung, Zeit und Raum gewidmet wird.
Die Qualitätssicherung soll durch die regelmäßige Vergabe eines Qualitätsgütesiegels unterstützt werden.
7. Wir fordern ein sozial faires, inklusives Bildungssystem, in dem die Trennung der Kinder nach ihren Interessen und Begabungen erstmals am Ende der Schulpflicht erfolgt. Das heißt:
Jedes Kind in Österreich hat Anspruch auf alle gebotenen Chancen, unabhängig von seinem Geschlecht, seiner sozialen, kulturellen, sprachlichen, religiösen oder regionalen Herkunft sowie seiner Begabung. Diese Vielfalt stellt eine Bereicherung dar und führt bei professioneller Umsetzung zu einer Anhebung des allgemeinen Niveaus, da jedes Kind individuell gefördert und gefordert wird. Daher ist auch die volle Inklusion von Kindern mit besonderen Bedürfnissen auf allen Bildungsstufen zu gewährleisten.
Bei der Klassenzusammensetzung muss auf sinnvolle Durchmischung geachtet werden.
Hinzu kommt, dass man erst mit 14 bis 15 Jahren die eigentlichen beruflichen Begabungen und Interessen eines jungen Menschen erkennen kann und nicht schon mit 9 1/2 Jahren. Österreich darf nicht länger unter den schlechtesten Ländern in puncto sozialer Durchlässigkeit rangieren.
Das Schulangebot darf außerdem keine versteckten Zusatzkosten verursachen, wie Kosten für Schulveranstaltungen, Selbstbehalte usw.
Im Regierungsübereinkommen für die XXIV.Gesetzgebungsperiode finden sich dazu folgende Textstellen:
Alle Kinder und Jugendlichen in Österreich sollen unabhängig von ihrem familiären Hintergrund die Chance auf bestmögliche Bildung und Ausbildung erhalten. Eine am Prinzip der Chancen- und Geschlechtergerechtigkeit ausgerichtete Schule bemüht sich aktiv um individuelle und diskriminierungsfreie Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern unterschiedlicher familiärer und kultureller Herkunft. Eine zentrale Rolle im Entwicklungsprozess der Kinder kommt den Eltern und Bezugspersonen zu.
Individualisierung und Begabungsförderung*)
Für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden die gesetzlichen Grundlagen für die Integration nach der 8. Schulstufe erarbeitet. Die Kriterien für den sonderpädagogischen Förderbedarf werden überarbeitet um gezielte Maßnahmen gemäß den individuellen Bedürfnissen sicherzustellen und Maßnahmen des Sonderpädagogischen Förderbedarfs von jenen zur Sprachförderung zu entkoppeln.
Die für die 9. Schulstufe sichergestellten Teilungsmöglichkeiten (kleinere Klassen, Teamteaching) und verbesserte Betreuungsrelationen in ausgewählten Gegenständen werden evaluiert.
Schulen der 10- bis 14-Jährigen
Die Modelle auf der Sekundarstufe I (Neue Mittelschule) werden mit dem Ziel der Erhöhung der horizontalen und vertikalen Durchlässigkeit weiter entwickelt. Das Netzwerk innovativer Schulen wird weiter ausgebaut. Zusätzlich ist die qualitative Weiterentwicklung der Hauptschulen und der AHS-Unterstufe sicherzustellen.
Die Modellversuche werden von Beginn an nach vergleichbaren Kriterien evaluiert.
Die Modelle sollen in allen Bundesländern eingerichtet werden.
8. Wir fordern die Aufwertung des LehrerInnenberufs und einen konkreten Finanzierungsplan für die folgenden Ziele. Das heißt:
Damit sich die LehrerInnen ganz auf ihre vielfältigen Aufgaben konzentrieren können, müssen sie einen modernen Arbeitsplatz haben, von Verwaltungstätigkeiten gänzlich befreit sein und Unterstützung durch ExpertInnen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich (SozialarbeiterInnen, PsychologInnen, PsychotherapeutInnen etc.) bekommen. Außerdem ist die Unterstützung durch zusätzliche Deutsch-und Muttersprachen-LehrerInnen für Kinder mit Migrationshintergrund dringend erforderlich.
Wir brauchen PädagogInnen nach entsprechender Auswahl und mit ausgezeichneter Ausbildung sowohl in fachlicher als auch in pädagogischer und persönlicher Hinsicht und ebensolcher Fort- und Weiterbildung. Dadurch wird auch eine faire Grundlage für die persönliche Einschätzung möglich. Zugleich müssen konkrete Laufbahn- und Karrieremodelle für LehrerInnen ausgearbeitet werden.
Eine gemeinsame, bundeseinheitliche Aus-, Fort- und Weiterbildung aller PädagogInnen von Kindergärten bis zur Oberstufe der Höheren Schulen in der Verantwortung der Universitäten. Sie haben sich zur Durchführung dieser Aufgaben aller qualitativ hochstehenden Kräfte der Pädagogischen Hochschulen zu bedienen. Die Umstellung dieser Aus-, Fort- und Weiterbildung ist bis zum Jahr 2015 vorzunehmen.
Ein gemeinsames, modernes und leistungsbezogenes Dienst- und Besoldungsrecht des Bundes bis zum Jahr 2013.
Auch im Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode findet sich dazu ein passendes Kapitel:
LehrerInnen sind der Schlüssel zum Bildungserfolg
Vor dem Hintergrund des steigenden Bedarfs an bestens qualifizierten Lehrern und Lehrerinnen (Pensionierungswelle) widmet die Bundesregierung der Rekrutierung und Ausbildung der Lehrpersonen höchstes Augenmerk.
Eine Expertengruppe soll bis Ende 2009 ein Konzept für eine der Bologna-Struktur entsprechende, durchlässige und zwischen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen abgestimmte Neuorganisation der verschiedenen Lehramtsstudien mit Aufnahmeverfahren auf tertiärem Niveau erstellen.
Die Pädagogischen Hochschulen haben eine zentrale Rolle in der Aus- und Weiterbildung der Lehrenden und sollen durch die Weiterentwicklung ihrer Aufgabenbereiche und Strukturen und ein zeitgemäßes und leistungsorientiertes Dienst- und Besoldungsrecht für Hochschullehrende unterstützt werden.
Eine gemeinsame Studieneingangsphase für alle LehramtskandidatInnen soll gewährleisten, dass die bestgeeigneten PädagogInnen in den Schulen eingesetzt werden.
Ein zeitgemäßes und leistungsorientiertes Dienst- und Besoldungsrecht soll für alle neu eintretenden LehrerInnen eingeführt werden.
Die Möglichkeiten zum Einstieg für QuereinsteigerInnen aus der Praxis in einen pädagogischen Beruf sollen ausgebaut werden.
Ausbau des Angebots an verpflichtenden Fort- und Weiterbildungsprogrammen für LehrerInnen, die an den Bedürfnissen der Schulen ausgerichtet ist, wofür die Schulen einen Teil der Mittel der Landesschulräte für die LehrerInnenfortbildung am Schulstandortüberantwortet bekommen.
11. Wir fordern für das lebenslange Lernen (Erwachsenenbildung) eine Erhöhung der staatlichen Mittel auf 40% der Aufwendungen für die Erstausbildung bis zum Jahr 2020.
Gegenwärtig gibt der Staat nur einen Bruchteil seiner Aufwendungen für die Erstausbildung der ÖsterreicherInnen für Fort-und Weiterbildung aus. Das ist im Ländervergleich sehr wenig. Selbst wenn man die privaten und betrieblichen Mittel hinzuzählt, kann man kein befriedigendes lebenslanges Lernen realisieren.
Die Erwachsenenbildung muss sicherstellen, dass versäumte Abschlüsse rasch, fair, qualitätsvoll und kostengünstig nachgeholt werden können. Das gilt insbesondere auch für Berufsschulen.
Auch das Regierungsübereinkommen für die XXIV. Gesetzgebungsperiode widmet ein eigenes Kapitel der Erwachsenenbildung:
Erwachsenenbildung
Lebensbegleitendes Lernen ist eine Chance zur Entwicklung der Persönlichkeit, der Gesellschaft und der Wirtschaft. Ausreichende Angebote für den Erwerb von Basisbildung, insbesondere auch für Menschen mit Migrationshintergrund, sind dafür eine wesentliche Voraussetzung.
Gemeinsam mit den Ländern soll im Wege von Kofinanzierungsmodellen das kostenfreie Nachholen von Bildungsabschlüssen aller formalen Ausbildungen der Sekundarstufe I und II (inklusive der Berufsreifeprüfung) in einer altersgerechten Form ermöglicht werden. Eine Ausweitung der Teilrechtsfähigkeit von Schulen wird in diesem Zusammenhang angedacht.*)
Durch den Ausbau bestehender Beratungsangebote, die Professionalisierung der Beratung und den Einsatz zeitgemäßer Beratungsinstrumente soll eine weitere Verbesserung der Bildungsberatung für Erwachsene erreicht werden.
Der Ausbau von Qualifizierungsmaßnahmen für die haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen und die Schaffung gemeinsamer Qualitätsstandards sollen zur Qualitätssicherung der Angebote der Erwachsenenbildung beitragen.
Die Arbeit der Bund-Länder-ExpertInnengruppe "Fördermodelle in der Erwachsenenbildung" soll fortgesetzt werden und bildet eine wichtige Entscheidungsgrundlage für bildungspolitische Maßnahmen.
Im Rahmen des Nationalen Bildungsberichts ist dem lebensbegleitenden Lernen ein eigener Abschnitt zu widmen.
12. Wir fordern ein weltoffenes Bildungssystem, das Internationalität und kulturelle Vielfalt als Bereicherung ansieht und den MigrantInnen und ihren Kindern faire Bildungs- und Berufschancen einräumt. Das heißt:
MigrantInnen und ihre Kinder müssen durch kalkulierbare Rahmenbestimmungen von der Elementarbildung angefangen bis zum Hochschulabschluss dieselben Bildungs-und Berufschancen haben wie alle BürgerInnen dieses Landes.
Offenheit bedeutet aber auch die Öffnung der Bildungseinrichtungen zur Gesellschaft und Wirtschaft hin. Die regelmäßige Begegnung von SchülerInnen und Studierenden mit VertreterInnen gesellschaftlicher Einrichtungen und wirtschaftlichen Betrieben gehört zum Bildungsprogramm.
Im Regierungsübereinkommen für die XXIV. Gesetzgebungsperiode findet sich zu diesem Thema folgendes Kapitel:
Internationalität, Integration und Migration
Der Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen unserer Kinder und Jugendlichen soll durch den konsequenten Ausbau des frühzeitigen Fremdsprachenunterrichts, der neben Englisch vor allem auch die Sprachen der unmittelbaren Nachbarländer und der neuen globalen Wirtschaftspartner berücksichtigt und den offensiven Ausbau bilingualer Schulformen unterstützt werden.
Alle Kinder in Österreich haben ein Recht auf gleiche Startbedingungen beim Schuleintritt. Der Erwerb der Sprachkompetenzen in Deutsch und der Muttersprache ist dabei besonders wichtig und soll durch gezielte Fördermaßnahmen insbesondere für einen erfolgreichen Einstieg in das Schulsystem unterstützt werden. Deutschförderkurse für außerordentliche SchülerInnen und Förderkurse für ordentliche SchülerInnen mit mangelnden Deutschkenntnissen sollen ausgebaut werden.
Der fremd- und muttersprachliche Unterricht soll ausgebaut werden.
Die Bundesregierung wird Anreize setzen, damit mehr qualifizierte Personen mit Migrationshintergrund in die pädagogischen Ausbildungen kommen. Alle LehrerInnen sollen im Rahmen ihrer Ausbildung interkulturelle Kompetenzen erwerben.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat binnen sechs Monaten eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgende Forderungen des Bildungsvolksbegehrens im Bereich "Bildung" umsetzt:
Ad 1.) Wir fordern ein modernes, unbürokratisches und weitgehend autonomes Schulsystem unter Einbeziehung der SchulpartnerInnen und ohne parteipolitische Einflussnahme.
Schule ist in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache
Ersatzlose Abschaffung der Bezirksschulräte
Abschaffung der Landesschulräte (Stadtschulrat für Wien)
Einführung regionaler Bildungsdirektionen an Stelle der Landesschulräte (Stadtschulrat für Wien) und Schulämter der Landesregierungen
Übertragung der Kompetenzen der Schulämter der Landesregierungen an die Bildungsdirektionen
Schaffung von Bildungsbeiräten der SchulpartnerInnen an Stelle der Kollegien der Landesschulräte (des Stadtschulrats für Wien)
Schaffung eines transparenten und geradlinigen Instanzenzuges im Bildungsbereich
Umwandlung der Schulaufsicht zu einem Instrument für Qualitätsmanagement
Bundesweit einheitliches Qualitätsmanagement
Autonomie der Schulen in der Unterrichtsgestaltung,
Verlagerung der Entscheidung über Personalangelegenheiten von den Landes- und Bundesbehörden direkt an die betroffenen Schulen
Stärkere Einbindung der Schulpartner in die Entscheidungen am Schulstandort
Stärkung der pädagogischen Kompetenzen der SchulleiterInnen
Zusammenführung der Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzverantwortung im Schulbereich auf Bundesebene
Überführung aller LehrerInnen in ein Bundesdienstrecht
Schaffung eines einheitlichen Dienstrechtes für alle Lehrpersonen
Entwicklung eines Gehaltsschemas für Lehrpersonen mit höherem Einstiegsgehalt, flacherer Gehaltskurve und Leistungsanreizen
Verschlechterungsverbot für LehrerInnengehälter bei einem Umstieg auf das neue Dienstrecht
Verpflichtende Fort- und Weiterbildung für alle Lehrpersonen in der unterrichtsfreien Zeit
Schaffung eines transparenten und wirksamen Controlling über den Einsatz von Budgetmitteln im Schulbereich
Einführung österreichweit gültiger Infrastrukturstandards für Schulen
Schaffung eines Kriterienkatalogs anhand dessen Ressourcen für Förder- und Unterstützungsmaßnahmen österreichweit einheitlich geregelt und zugeteilt werden können
Schaffung eines Dienstrechtes für nicht-pädagogisches Personal an Schulen
Bereitstellung von Verwaltungsfachkräften für die Organisations- und Verwaltungstätigkeiten an Schulen
Entwicklung bundesweit gültiger Zieldefinitionen für alle Schulstufen
Ad 4.) Wir fordern ein Bildungssystem, in dem alle Kinder und Jugendlichen so früh wie möglich in ihren Talenten und Fähigkeiten kontinuierlich gefördert und in ihren Schwächen unterstützt werden.
Aktive Begabungserkennung und Förderung von Talenten der SchülerInnen auf allen Schulstufen
Verpflichtende Weiterbildung aller Lehrpersonen zur Stärkung der Diagnosekompetenzen
Kostenlose Unterstützung von SchülerInnen bei Schwächen in allen Schulen
Recht auf kostenlosen Förderunterricht an den Schulen
Bereitstellung von Unterstützungspersonal für den Förderunterricht
Schaffung eines Dienstrechtes für Unterstützungspersonal an Schulen
Modularisierung des Unterrichts, um unterschiedliche Lerngeschwindigkeiten und Arbeitspensen zu ermöglichen
Individualisierung des Unterrichts
Schaffung bzw. Ausweitung des e-Learningangebotes für SchülerInnen
Einführung Schulen übergreifender Leistungskurse für Hochbegabte
Begabtenförderung in allen Bereichen: mathematisch-naturwissenschaftlich, sprachlich, sportlich, sozial, musisch-kreativ oder auch ökonomisch
Leistungsförderung für begabte SchülerInnen
Stärkung des Selbstwertgefühls der SchülerInnen
Schaffung vielfältiger Lernangebote
Schulautonom freie Gestaltung des Unterrichts je nach regionalen und individuellen Bedürfnissen und Schwerpunkten
Definition eines Minimumkriteriums (Bildungsstandards) für alle Schulstufen, darüber hinaus große Freiheiten im Unterrichtsangebot
Schaffung Schulstufen übergreifender Kurse und Förderangebote
Ausweitung der inneren Differenzierung des Unterrichts
Schaffung nahtloser Übergänge zwischen Schulformen und Schulstufen
Einführung eines transparenten System der Anerkennung bereits erbrachter Leistungen (ähnlich den ECTS Punkten im tertiären Bereich)
Einführung einer Garantie für das Nachholen von Bildungsabschlüssen
Schaffung einer Möglichkeit abgebrochene duale Ausbildungen in berufsbildenden mittleren und höheren Schulen abzuschließen
Ad 5.) Wir fordern die systematische Abschaffung des Sitzenbleibens und ein Ende der Nachhilfe.
Die Einführung von ganztägig geführten Schulen als Regelschulen
einen Rechtsanspruch auf Förderunterricht für SchülerInnen.
die Weiterentwicklung der Modularisierung der Oberstufe über das bereits beschlossene Maß hinaus
Umstellung auf ein Kurssystem.
Ad 6.) Wir fordern ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen.
Einführung ganztägig geführter Schulen als Regelschulen
Schaffung von Ausnahmeregelungen von der ganztägigen Schule zur Wahrung der Wahlfreiheit der Eltern, da derzeit in weiten Teilen Österreichs aufgrund nur weniger ganztägig geführter Schulen keine Wahlfreiheit besteht
Klare Finanzierungsverantwortung für den gesamten Personalbedarf an ganztägig geführten Schulen
Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen für verschränkten Unterricht, das bedeutet über den Tag verteilte Lern-, Arbeits- und Erholungsphasen für SchülerInnen
Schaffung von Arbeitsräumen und Infrastruktur, damit LehrerInnen die Vor- und Nachbereitung des Unterricht, Korrekturarbeiten, Teamsitzungen, Recherchen etc. an der Schule erledigen können
Schaffung der dienst- und besoldungsrechtlichen Grundlagen für die überwiegende Tätigkeit der LehrerInnen an den Schulen
Einführung der täglichen Bewegungseinheit für alle SchülerInnen
Öffnung der Schulen für musische-kreative, sportliche, kulturelle und andere Angebote von Vereinen und anderen Kursanbietern
Umbau der Schulen zu ganztägig nutzbaren Gebäuden, insbesondere hinsichtlich Rückzugs- und Aufenthaltsräumen für SchülerInnen, Infrastruktur für die Verpflegung von LehrerInnen und SchülerInnen, Sport- und Freizeitanlagen, Begegnungsräume und Labors für SchülerInnen
Schaffung von Kriterien für den Schulneubau, um die ganztägige Nutzbarkeit der Räume zu gewährleisten
Einführung von Qualitätsstandards für die Betreuungsteile ganztägiger Schulen
Bundesweit einheitliche Ausbildung von FreizeitbetreuerInnen an ganztägig geführten Schulen
Qualitativ hochwertige Ausbildung von FreizeitpädagogInnen auf dem Niveau von HortpädagogInnen
Einführung eines bundesweit einheitlichen Dienst- und Besoldungsrechtes für FreizeitpädagogInnen
Einführung einer geförderten Mahlzeit für alle SchülerInnen an ganztägig geführten Schulen
Kostenloses ganztägiges Schulangebot für alle SchülerInnen von 8:00 bis 15:30
Sozial gestaffelte Essens- und Betreuungsbeiträge (nach 15:30)
Bereitstellung von SozialarbeiterInnen und medizinischem Personal (Schulkrankenschwester) ganztägig an ganztägigen Schulen
Ad 7.) Wir fordern ein sozial faires, inklusives Bildungssystem, in dem die Trennung der Kinder nach ihren Interessen und Begabungen erstmals am Ende der Schulpflicht erfolgt.
Einführung einer Gemeinsamen Schule für alle SchülerInnen von 10 bis 14 Jahren bzw. von der 5. bis 8. Schulstufe
Aufteilung der SchülerInnen auf unterschiedliche Schulformen erst nach der 8. Schulstufe
Einführung der Berufsorientierung in allen Schulen spätestens ab der 7. Schulstufe
Abschaffung versteckter Zusatzkosten für den Unterricht wie Selbstbehalte, Kosten für Schulveranstaltungen, Bastel- oder Kopiergelder etc.
Rechtsanspruch auf inklusiven Unterricht für alle Kinder
Gleicher Zugang zu höherer Bildung unabhängig von Behinderungen, Muttersprachen, Geschlecht, Herkunft, Religion, familiärem, regionalem oder sozialem Hintergrund
Abschaffung der Sonderschullehrpläne
Einführung individualisierter Lern- und Bildungsziele für alle SchülerInnen
Individuelle Förderung aller SchülerInnen
Inklusiver Unterricht an allen Schulformen und auf allen Schulstufen
Kostenlose Förderangebote für alle SchülerInnen
Integration von Therapieangeboten für SchülerInnen mit Behinderungen an die Schul-standorte
Rechtsanspruch auf Kindergartenbesuch für Kinder mit Behinderungen, damit diese ebenso wie nicht-behinderte Kinder auf den Schulbesuch vorbereitet werden und Frühförderung erhalten
Abschaffung der Ausnahmenregelung von der Kindergartenpflicht für Kinder mit Behinderungen, diese verhindert derzeit den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz im letzten Jahr vor Schuleintritt
Verpflichtende Aus- und Weiterbildung aller PädagogInnen hinsichtlich inklusivem Unterricht und Unterricht von Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache, das bedeutet, alle LehrerInnen müssen zumindest über Basiswissen in inklusivem Unterricht für SchülerInnen mit Behinderungen haben und die Grundlagen des Unterrichts in "Deutsch als Fremdsprache" beherrschen.
Einführung verpflichtender Unterstützungssysteme für LehrerInnen (Teamteaching, SoziopädagogInnen, SozialarbeiterInnen, Stütz- und FörderlehrerInnen, Coaching, professionelle Weiterbildungsberatung etc.)
Erhöhung der sozialen Durchlässigkeit des Schulsystems zur höheren Bildung
Ad 8.) Wir fordern die Aufwertung des LehrerInnenberufs und einen konkreten Finanzierungsplan für die folgenden Ziele.
Ein Konzept für eine der Bologna-Struktur entsprechende, durchlässige und zwischen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen abgestimmte Neuorganisation der verschiedenen Lehramtsstudien mit Aufnahmeverfahren auf tertiärem Niveau.
Eine gemeinsame, bundeseinheitliche Aus-, Fort- und Weiterbildung aller PädagogInnen vom Kindergarten bis zur Oberstufe der Höheren Schulen in der Verantwortung der Universitäten
Eine gemeinsame Studieneingangsphase für alle LehramtskandidatInnen soll gewährleisten, dass die bestgeeigneten PädagogInnen in den Schulen eingesetzt werden.
Ein zeitgemäßes und leistungsorientiertes Dienst- und Besoldungsrecht soll für alle neu eintretenden LehrerInnen eingeführt werden.
Ausbau der Möglichkeiten zum Einstieg in einen pädagogischen Beruf für QuereinsteigerInnen aus der Praxis
Ausbau des Angebots an verpflichtenden Fort- und Weiterbildungsprogrammen für LehrerInnen, die an den Bedürfnissen der Schulen ausgerichtet sind, wofür die Schulen einen Teil der Mittel der Landesschulräte für die LehrerInnenfortbildung am Schulstandort überantwortet bekommen.
Einführung konkreter Laufbahn- und Karrieremodelle für LehrerInnen
Schaffung von (temporären) Um- und Ausstiegsmodellen für LehrerInnen
Schaffung moderner Arbeitsplätze und ausreichender Infrastruktur für LehrerInnen an den Schulen
Befreiung der LehrerInnen von Verwaltungstätigkeiten und Anstellung kaufmännischen Personals für Organisations- und Verwaltungstätigkeiten an den Schulen
Unterstützung der LehrerInnen durch ExpertInnen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich (SozialarbeiterInnen, PsychologInnen, PsychotherapeutInnen etc.)
Unterstützung der Schulen durch zusätzliche Deutsch-und Muttersprachen-LehrerInnen für Kinder mit Migrationshintergrund
Aufwertung und Gleichstellung der ElementarpädagogInnen mit anderen Lehrkräften sowohl hinsichtlich Dienst- und Besoldungsrecht, als auch hinsichtlich der Arbeitsumfangs (Berücksichtigung der Vor- und Nachbearbeitungszeit, Planung pädagogischer Prozesse, Teamsitzungen etc.)
Ad 11.) Wir fordern für das lebenslange Lernen (Erwachsenenbildung) eine Erhöhung der staatlichen Mittel auf 40% der Aufwendungen für die Erstausbildung bis zum Jahr 2020.
Eine Erhöhung der staatlichen Mittel für das lebenslange Lernen (Erwachsenenbildung) auf 40% der Aufwendungen für die Erstausbildung bis zum Jahr 2020
Die Erwachsenenbildung muss sicherstellen, dass versäumte Abschlüsse rasch, fair, qualitätsvoll und kostengünstig nachgeholt werden können.
Öffnung der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen für Jugendliche und Erwachsene, um dort abgebrochene duale Ausbildungen abzuschließen
Ausbau bestehender Beratungsangebote, die Professionalisierung der Beratung und den Einsatz zeitgemäßer Beratungsinstrumente zur weiteren Verbesserung der Bildungsberatung für Erwachsene
Schaffung eines Rechtsanspruches auf das kostenfreie Nachholen von Bildungsabschlüssen aller formalen Ausbildungen der Sekundarstufe I und II (inklusive der Berufsreifeprüfung) in einer altersgerechten Form
Im Rahmen des Nationalen Bildungsberichts ist dem lebensbegleitenden Lernen ein eigener Abschnitt zu widmen
Ad 12.) Wir fordern ein weltoffenes Bildungssystem, das Internationalität und kulturelle Vielfalt als Bereicherung ansieht und den MigrantInnen und ihren Kindern faire Bildungs- und Berufschancen einräumt.
Schaffung kalkulierbarer Rahmenbestimmungen für Kinder von MigrantInnen von der Elementarbildung angefangen bis zum Hochschulabschluss, damit diese dieselben Bildungs-und Berufschancen erhalten wie allen anderen BürgerInnen dieses Landes.
Die regelmäßige Begegnung von SchülerInnen und Studierenden mit VertreterInnen gesellschaftlicher Einrichtungen und wirtschaftlichen Betrieben
Ausbau des frühzeitigen Fremdsprachenunterrichts, in Englisch und vor allem auch in den Sprachen der unmittelbaren Nachbarländer
Ausbau bilingualer Schulformen
Ausbau der Deutschförderkurse für außerordentliche SchülerInnen und Förderkurse für ordentliche SchülerInnen mit mangelnden Deutschkenntnissen
Verstärkung des muttersprachlichen Unterrichts
*****
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens "Bildungsinitiative" im Bereich Kindergarten, eingebracht im Zuge der Debatte über 1793 d.B. Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Volksbegehrens "Bildungsinitiative" über das Bildungsvolksbegehren "Bildungsinitiative" (1647 d.B.)
Begründung
Das Volksbegehren "Bildungsinitiative" hat sich mit Problemen im elementarpädagogischen Bereich auseinandergesetzt und folgende Forderungen, die sich in ähnlicher Form auch im Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode finden, aufgestellt:
2. Wir fordern die Gleichstellung der Kindergärten mit den Schulen und der KindergartenpädagogInnen mit den LehrerInnen. Das heißt:
Kindergärten kommen in die Bundeszuständigkeit.
KindergartenpädagogInnen erhalten dieselbe gemeinsame universitär-akademische Ausbildung wie alle anderen LehrerInnen.
Sämtliche PädagogInnen sollen grundsätzlich ein- und dasselbe Bundesdienstrecht und Besoldungsrecht erhalten, bei dem die Anfangsbezüge deutlich erhöht sind; zudem werden finanzielle Leistungsanreize eingebaut.
Das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode sieht vor:
Kindergarten als Bildungseinrichtung
Die individuelle Förderung mit dem Ziel der Heranführung der Kinder an die Schulreife umfasst besonders die motorische Entwicklung, das Sozialverhalten, die Kreativität und die Sprachkompetenzen der Kinder, sowie das kindgerechte Heranführen an den naturwissenschaftlich-technischen Bereich. Zur Sicherstellung bundeseinheitlicher
Qualitätsstandards wird ein einheitlicher Bildungsplan gemeinsam mit den Ländern erarbeitet.
Die Ausbildung der KindergartenpädagogInnen soll aufbauend oder ergänzend zu den Bundesbildungsanstalten für Kindergartenpädagogik an den Pädagogischen Hochschulen bis hin zur Einrichtung von Bachelor-Studiengängen weiterentwickelt werden.*)
3. Wir fordern ein flächendeckendes Angebot an elementarpädagogischen Einrichtungen (Krabbelstuben, Kinderkrippen, Kindergärten), sowie bundesweite Ganztagsangebote. Das heißt:
Familien, in denen Eltern berufstätig sind, brauchen so früh wie möglich pädagogisch betreute Einrichtungen für ihre Kinder.
Da Kinder schon ab Geburt ganz natürlich lernen, sollen sie in diesen Einrichtungen eine optimale, altersgemäße, pädagogische Förderung erhalten. Die Schnittstelle zwischen Kindergarten und Volksschule muss optimiert werden.
Überführung der Kindergärten in die Bundeskompetenz sowie ein flächendeckendes Angebot an ganztägigen Einrichtungen bis zum Jahr 2020.
Die Volksschule selbst ist organisatorisch, pädagogisch und finanziell in die Lage zu versetzen, die Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben, Rechnen und freie Rede wieder so zu vermitteln, dass die gegenwärtigen Defizite abgebaut werden.
Jede Bildungsinvestition im frühkindlichen Alter macht sich später um ein Vielfaches bezahlt.
Das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode sieht dazu folgende Maßnahmen vor:
Einführung eines kostenlosen verpflichtenden letzten Kindergartenjahres (halbtags). Der jährliche Beitrag des Bundes beträgt 70 Mio. Euro und wird in den Jahren 2009 und 2010 aus den Mitteln des Konjunkturpaketes zur Verfügung gestellt.
Danach kommt es für dieses Projekt im Rahmen des "FAG-mid-term-reviews" zu einer Evaluierung.
Die bei Ländern und Gemeinden allfällig frei werdenden Mittel sind in anderen Bereichen der Kinderbetreuung wieder einzusetzen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat binnen sechs Monaten Maßnahmen zu ergreifen und gegebenenfalls Regierungsvorlagen an den Nationalrat zu übermitteln, die folgende Forderungen erfüllen:
Ad 2.) Wir fordern die Gleichstellung der Kindergärten mit den Schulen und der KindergartenpädagogInnen mit den LehrerInnen.
die Kindergärten/elementarpädagogischen Einrichtungen werden in Bundeskompetenz übernommen
ein bundesweit einheitlicher und verbindlicher Bildungsplan für alle Altersstufen in elementarpädagogischen Einrichtungen wird erstellt,
ElementarpädagogInnen bekommen ein einheitliches Bundesdienstrecht, das dem Bundesdienstrecht der LehrerInnen entspricht
Die Aus- und Weiterbildung der ElementarpädagogInnen erfolgt auf demselben universitär-akademischen Niveau wie die aller anderen LehrerInnen
Die Anfangsbezüge der ElementarpädagInnen werden auf dasselbe Niveau angehoben, wie jene aller anderen LehrerInnen
Das Dienstrecht der ElementarpädagogInnen berücksichtigt Vor- und Nachbereitungszeiten für die pädagogische Arbeit
Ad 3.) Wir fordern ein flächendeckendes Angebot an elementarpädagogischen Einrichtungen (Krabbelstuben, Kinderkrippen, Kindergärten), sowie bundesweite Ganztagsangebote.
Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen Platz in einer ganztägig geführten elementarpädagogischen Einrichtung ab Vollendung des ersten Lebensjahres
Sicherstellung, dass die durch Einführung des verpflichtenden kostenlosen Kindergartenjahres bei den Ländern und Gemeinden frei gewordenen Mittel (siehe Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode) zur Gänze in den Ausbau und Betrieb elementarpädagogischer Einrichtungen fließen
Überführung der Kindergärten/elementarpädagogischen Einrichtungen in Bundeskompetenz
Bundesweit einheitliche Finanzierung der elementarpädagogischen Einrichtungen
Kostenlose Plätze in elementarpädagogischen Einrichtungen für alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr
Errichtung eines bundesweit flächendeckenden und bedarfsdeckenden Angebotes an ganztägigen elementarpädagogischen Einrichtungen
Barrierefreie Ausstattung von elementarpädagogischen Einrichtungen
Inklusiver Unterricht und Betreuung an elementarpädagogischen Einrichtungen
Rechtsanspruch auf einen Platz in einer elementarpädagogischen Einrichtung für Kinder mit Behinderungen
Einrichtung einer besseren Übergangsphase vom Kindergarten in die Volksschule
Einführung einer flexiblen Schuleingangsphase, um auf die individuelle Entwicklung der Kinder Rücksicht zu nehmen.
*****
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Walser! Für Ihre Verunglimpfung gegenüber der Freiheitlichen Partei, indem Sie gesagt haben, es ist eine Tatsache, dass sich innerhalb der freiheitlichen Fraktion eine ganze Reihe rechtsextremer Personen befindet, erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Walser: Ich kann aber den Wahrheitsbeweis antreten! – Abg. Brosz: Mitglieder der Olympia!)
*****
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich darüber hinaus der Abgeordnete Neubauer zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses und erinnere an die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.
13.05
Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister und sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Kollege Walser hat in seiner Wortspende unter anderem zuerst gemeint, in der FPÖ gäbe es eine ganze Reihe von Rechtsextremen. Ich berichtige tatsächlich: In der FPÖ gibt es keine Rechtsextremen. (Beifall bei der FPÖ.)
13.05
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Binder-Maier. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.
13.05
Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich zitiere: Ein Kind lernt nie wieder so leicht wie in seinen ersten Lebensjahren. Ein Kind erwirbt Sprache in intensiver Interaktion mit seiner Umwelt und seinen Bezugspersonen, wobei vor allem die ersten Lebensjahre von entscheidender Bedeutung sind. Und wenn das verabsäumt wird, entstehen strukturelle und funktionelle Defizite, und das betrifft nicht nur den Spracherwerb, sondern auch andere kognitive Funktionen. Frühkindliche Förderung ermöglicht den besten Start ins Leben. – Zitiert aus der Stellungnahme der Wissenschafterin Dr. Manuela Macedonia im Unterausschuss.
Meine Damen und Herren! Das Bildungsvolksbegehren beinhaltet alle wesentlichen Bildungsbereiche von Kindern, jungen Menschen bis hin zur Hochschule. Und die Debatte im Unterausschuss über diesen weitgespannten Bogen war sehr aufschlussreich, sehr engagiert und auch transparent. Ein öffentlicher Meinungsbildungsprozess wurde dadurch eingeleitet, worauf schon hingewiesen wurde. So gesehen ist es also schon ein klarer Erfolg für die InitiatorInnen des Volksbegehrens: Es wird in Österreich über Bildung diskutiert.
Ein Danke von mir auch an Elmar Mayer für seinen unermüdlichen Einsatz und vor allen Dingen auch für seine umsichtige Vorsitzführung. Vielen herzlichen Dank! (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Elementarpädagogik hat für mich – ich bezeichne mich noch als Kindergärtnerin – einen besonderen Stellenwert. Ein klares Bekenntnis meiner Fraktion zu den Forderungen des Volksbegehrens, die im Wesentlichen auch identisch mit den Forderungen der Plattform EduCare sind.
Worum geht es? – In der Elementarpädagogik vor allem um den Ausbau von Betreuungsplätzen, Bildungseinrichtungen für junge Kinder. Es geht um ein Bundesrahmengesetz mit verbindlichen Mindeststandards. Es geht um einen verbindlichen Bildungsrahmenplan, um die zeitgemäße, theoretische und praktische Ausbildung von PädagogInnen für den Elementarbereich auf tertiärem Niveau.
Ein Wort noch zu den Ausführungen einer Vorrednerin: Trotz aller Berechtigung dieser Forderungen denke ich, dass die momentane Ausbildung in den BAKIPs in Österreich nicht schlechtgeredet werden darf, denn sie leisten einen wesentlichen Beitrag zur Ausbildung von KindergartenpädagogInnen.
Es geht auch um die Anerkennung der Betreuungseinrichtungen als Bildungseinrichtungen, die Verringerung der Gruppengrößen und die Entlohnung der KleinkindpädagogInnen.
Meine Damen und Herren! Vieles ist geschehen: ein Bundesbildungsplan, Sprachförderungen mit finanziellen Mitteln ausgestattet und das verpflichtende letzte Kindergartenjahr. Ich verstehe die Ungeduld mit den parlamentarischen Prozessen. Es braucht noch ein gutes Stück Überzeugungsarbeit für so manche Bewahrer, Zauderer und
Zögerer. Der Zug der Zeit ist nicht anzuhalten, und deshalb werden wir zügig und tatkräftig an der Umsetzung der berechtigten Forderungen arbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)
13.09
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.
13.09
Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Auch ich möchte vor allem die konstruktive Diskussion im Unterausschuss Bildungsvolksbegehren hervorheben, wo uns jedenfalls eines gelungen ist, nämlich gemeinsame Ziele zu formulieren und ideologische Plattitüden hintanzustellen. Ich denke, wenn es im Bildungsbereich gelingt, auch in künftigen Ausschüssen all diese ideologischen Barrieren abzubauen und Konstruktivität walten zu lassen, so wird uns auch in Zukunft viel gelingen.
Ich möchte mich dem Dank an den Herrn Vorsitzenden anschließen, der den Unterausschuss wirklich sehr professionell geleitet hat. Herzlichen Dank, Kollege Elmar Mayer!
Ich möchte mich aber vor allem auch bei der Frau Bundesminister und bei meinem Kollegen Werner Amon sehr herzlich bedanken. Auf ihre Konstruktivität ist es nämlich zurückzuführen, dass bereits vor der Initiierung des Bildungsvolksbegehrens zahlreiche Novellen, Initiativen und Neuerungen im Unterrichtsausschuss diskutiert worden sind.
Einige wurden heute schon genannt. Die eingeführten Bildungsstandards, die gesicherte Finanzierung der Tagesbetreuung, die „Oberstufe neu“, neue Schulleiterprofile, die Neue Mittelschule und zuletzt die Zentralmatura sind bildungspolitische Meilensteine, die teilweise von den Forderungen der Initiatoren des Volksbegehrens unterstrichen wurden, bestätigt wurden. Es wurden auch Schritte gefordert, die sich noch im Ausarbeitungsprozess befinden, aber ich glaube, dass in der Bildungspolitik bis jetzt alles andere als Stillstand geherrscht hat. Ziel muss es sein, dieses Tempo und dieses Engagement auch weiterhin an den Tag zu legen, vor allem dann, wenn es darum geht, Projekte in Angriff zu nehmen, die ohnehin schon in der Pipeline und mit Zündstoff versehen sind, wie beispielsweise das Lehrerdienstrecht.
Die einen sagen, das Lehrerdienstrecht soll man erst nach der Reform der Ausbildung der Lehrer angehen, und die anderen sagen, die Reform der Ausbildung ist aber nur möglich, wenn es ein neues Lehrerdienstrecht gibt. Das zeigt nur, dass jedenfalls dringender Handlungsbedarf gegeben ist und dass es jetzt Aufgabe der Bundesregierung ist, die sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen zu unterstützen und den Weg für Verhandlungen zu ebnen.
Faktum ist, dass in den nächsten Jahren die Hälfte der derzeit unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer in Pension gehen wird, dass wir vor einer gesellschaftlichen Veränderung stehen und dass wir wollen, dass unsere jungen Lehrerinnen und Lehrer sich dem europäischen Wettbewerb aussetzen können. Deshalb brauchen wir ein modernes Dienstrecht, um den Herausforderungen gerecht zu werden. Dazu gehört eine erhöhte Anwesenheitspflicht, dazu gehören der Förderunterricht, die Nachmittagsbetreuung, die Ganztagsschulen, aber auch die psychologischen und soziologischen Herausforderungen, denen LehrerInnen vermehrt und besser unterstützt begegnen müssen.
Dass sich die ÖVP schon seit Langem für eine Erhöhung der Einstiegsgehälter einsetzt, muss ich hier nicht erwähnen. Ich tue es aber trotzdem, weil ich meiner Hoffnung Ausdruck verleihen möchte, dass das jetzt auch endlich umgesetzt wird.
Das Ziel der Bildungspolitik ist, glaube ich, klar: Es geht um Förderung von Interessen, von Begabungen und Talenten. Es geht um die gesicherte Kenntnis der Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen. Es geht um Grundkompetenzen und Wahlfreiheit; die müssen im Mittelpunkt stehen. Es müssen aber auch neue Lehr- und Lernmethoden Einzug in die Klassenzimmer halten und ebenso soziale Fertigkeiten, das Miteinander-Arbeiten, Empathie und solidarisches Verhalten sind heute wichtige pädagogische Ziele. Auch die Sprachförderung ist etwas, was heute nicht mehr wegzudenken ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, stellen wir uns gemeinsam diesen Herausforderungen! Ich lade schon jetzt alle ein, die Entschließungsanträge auch zu unterstützen. Ich glaube, das ist ein wichtiges Bekenntnis. (Beifall bei der ÖVP.)
13.13
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Auer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.
13.14
Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Ein österreichischer Schriftsteller hat einmal gesagt: Ein Talent hat jeder Mensch, nur braucht es das Licht der Bildung dazu, um es aufzufinden. Und wenn man es unter diesem Gesichtspunkt sieht, dann hat das Bildungsvolksbegehren sicherlich eine größere Rolle gespielt als bloß eine Taschenlampe. Es war sozusagen ein Breit- und ein Tiefenstrahler.
Vor allem hat es Bewusstsein gebildet in der Bevölkerung, und das ist ganz, ganz wichtig. Es hat auch dazu beigetragen, dass zum Beispiel Verländerungstendenzen ein bisschen eingedämmt worden sind, und natürlich wurden viele Umsetzungsschritte auch beschleunigt.
Wenn man das Ganze objektiv betrachtet, dann muss man Ministerin Schmied natürlich zugestehen – ich schaue dabei Sie an, Herr Kollege Walser, denn das können Sie sicher auch nicht verneinen –, dass unter ihrer Ministerschaft schon eine Trendumkehr erfolgt ist. Wenn man dagegen zurückblickt auf zwölf Jahre Ministerin Gehrer, von der Bluatschink im Außerfern schon gesungen hat: „I’ han di’ gera“, wobei da etwas anderes gemeint war, ist doch einiges, ja eigentlich sehr viel geschehen.
Es ist diesbezüglich heute schon alles gesagt worden, ich möchte es noch einmal betonen: kleinere Klassen, Sprachförderung, modulare Oberstufe, schulische Nachmittagsbetreuung und so weiter, die Neue Mittelschule, die mir besonders am Herzen liegt. Das wird garantiert ein Erfolgsmodell werden und schließlich und endlich dann zur gemeinsamen Schule führen.
Kollege Walser, Ihre Kritik ist garantiert unangebracht, und damit sind Sie eigentlich kontraproduktiv gegenüber dem, was ich Ihnen ja wirklich auch als Ihr Ziel abnehme. (Abg. Neubauer: Er ist immer kontraproduktiv!) Mit dieser Fundamentalopposition kommen wir nicht weiter. Besser wäre es, wenn Sie mit uns Schritt für Schritt die notwendigen Maßnahmen setzen würden.
Trotzdem gibt es eben auch viele Vorwürfe, vor allem den Vorwurf, zu langsam zu sein. Dazu nur ein Beispiel: Die Debatte um die Zentralmatura zeigt, dass dieser Vorwurf absolut nicht stimmt. Von manchen ÖVP-nahen Organisationen wurde auch gebremst, das möchte ich schon auch einfließen lassen. Das ist wie in der Schule auch, Frau Minister! Wenn man als Lehrer zu schnell ist, was muss man dann machen? – Dann muss man ein bisschen vom Gas weg, und dann kommt man letzten Endes zu viel mehr Ergebnissen, zu besseren Ergebnissen, als wenn man nur durchmarschiert, und genau das hat die Frau Minister auch gezeigt.
Bedanken möchte ich mich beim Kollegen Amon, der immer wieder wirklich glaubhaft zeigt, dass er für Fortschritte ist, wobei natürlich manchmal die Partei noch nicht so ganz mit kann oder will.
Danken möchte ich auch Herrn Dr. Androsch und Herrn Dr. Schilcher für die viele, viele Arbeit, die sie sich angetan haben und für die Bewusstseinsbildung.
Da es eben auch um die Umsetzung geht, möchte ich an dieser Stelle einen Entschließungsantrag einbringen.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend neues Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrer/innen
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird ersucht, in sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen den Weg für ein neues, modernisiertes Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrerinnen und Lehrer zu ebnen, um den neuen Herausforderungen im Unterricht sowie einer erhöhten Anwesenheit der Lehrer/innen in der Schule und allen schulischen Angeboten – wie z.B. Förderunterricht, Nachmittagsbetreuung, Ganztagsschule, etc. – gerecht zu werden. Gleichzeitig soll ein Ausbau der Unterstützungssysteme für die Schule forciert werden, um den psychologischen und sozialen Herausforderungen besser begegnen zu können oder aber auch zur Entlastung in der Verwaltung. Das neue Dienst- und Besoldungsrecht soll eine Neuverteilung der Lebensverdienstsumme mit höheren Einstiegsgehältern und einem flacheren Verlauf der Einkommenskurve vorsehen.“
*****
Nur noch ein letzter Satz – die rote Lampe leuchtet schon –, weil viel von Ideologie gesprochen worden ist. Unsere Ideologie sind die Kinder und die Zukunft der Kinder und damit die Zukunft unseres Landes und – zur FPÖ gewandt – die Zukunft unserer Heimat. Zu der stehen wir nämlich auch. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
13.18
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend neues Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrer/innen zum Bericht 1793 d.B. des Besonderen Ausschusses zur Behandlung des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ (1647 d.B.)
In den Beratungen des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Volksbegehrens Bildungsinitiative am 16. April 2012 wurden die einzelnen Forderungen des Bildungsvolksbegehrens von den Abgeordneten zum Thema „Pädagogische Schwerpunkte“ unter Beiziehung der Bevollmächtigten, des zuständigen Mitgliedes der Bundesregierung, von Mitgliedern des Bundesrates sowie Auskunftspersonen des Ausschusses und der Fraktionen diskutiert.
In den nächsten Jahren wird etwa die Hälfte der derzeit in Österreich tätigen Lehrer/innen in Pension gehen. Auch in den Nachbarländern Deutschland und Schweiz zeigt sich ein ähnliches Bild. Um gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung zu tragen und im europäischen Wettbewerb um junge Lehrer/innen bestehen zu können, brauchen wir ein neues Dienst- und Besoldungsrecht. Dieses neue Dienst- und Besol-dungsrecht muss den modernen Erfordernissen von Schule gerecht werden und für junge Menschen so attraktiv sein, dass sie als Lehrer/in in Österreich arbeiten wollen. Die österreichische Schullandschaft entwickelt sich laufend weiter, wir brauchen ein Dienst- und Besoldungsrecht, das diesen Veränderungen gerecht wird.
Um den Bildungsreformprozess fortzusetzen, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird ersucht, in sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen den Weg für ein neues, modernisiertes Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrerinnen und Lehrer zu ebnen, um den neuen Herausforderungen im Unterricht sowie einer erhöhten Anwesenheit der Lehrer/innen in der Schule und allen schulischen Angeboten - wie z.B. Förderunterricht, Nachmittagsbetreuung, Ganztagsschule, etc. - gerecht zu werden. Gleichzeitig soll ein Ausbau der Unterstützungssysteme für die Schule forciert werden, um den psychologischen und sozialen Herausforderungen besser begegnen zu können oder aber auch zur Entlastung in der Verwaltung. Das neue Dienst- und Besoldungsrecht soll eine Neuverteilung der Lebensverdienstsumme mit höheren Einstiegsgehältern und einem flacheren Verlauf der Einkommenskurve vorsehen.“
*****
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.
13.19
Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Hohes Haus! Es war eine sachliche und sehr gute und wichtige Diskussion im Ausschuss, wie sie nicht immer in Ausschüssen vorkommt. Das war sehr wichtig und begrüßenswert.
Es geht um die Umsetzung der UN-Konvention für die Rechte behinderter Menschen, auch wenn es um die Beschulung von behinderten Kindern geht. In dieser UN-Konvention ist die gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen vorgesehen, und dazu gehört auch das Schulsystem.
Ich möchte an dieser Stelle dem Mitinitiator des Bildungsvolksbegehrens Professor Schilcher sehr für seine Impulse danken. Er hat auch schon damals in der Steiermark als Landesschulratspräsident wirklich richtungsweisende Schritte gesetzt. Die Steiermark ist heute weit vorne bei der schulischen Integration. Schulische Integration verändert das Schulsystem, denn wenn ein behindertes Kind in der Klasse sitzt, dann funktioniert ein normaler Unterricht nicht mehr. Es braucht offenen Unterricht, es braucht individualisierte Lehrpläne, es braucht anschauliche Lehrmaterialien, kleinere SchülerInnenzahlen. Deswegen ist der Schritt zur Integration auch der Schritt zu einem neuen, verbesserten Schulsystem, den man setzen muss.
Kärnten ist beispielgebend: Es wird nicht mehr in zentrale Sonderschulen investiert, sondern das Geld wird dafür verwendet, die Integration in den Bezirken auszubauen und dort Inklusionszentren aufzubauen, und das ist gut und richtig.
Ein wichtiger Punkt ist, dass in den Sonderschulen ein sehr hoher Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund ist. 28 Prozent aller SonderschülerInnen haben Migrationshintergrund. Wir müssen dringend Maßnahmen setzen, denn da braucht es nicht sonderpädagogische Förderung, es braucht Sprachförderung. Wir vergeben auch das Potenzial, das diese jungen Leute haben, denn mit einem Sonderschulabschluss haben sie ganz geringe Chancen, auf dem Arbeitsmarkt überhaupt Fuß zu fassen. Wir müssen in diesem Bereich rasch etwas tun. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Auch in der Lehrerausbildung müssen wir Schritte setzen, damit neue Lehrer auch Grundkenntnisse in inklusivem Unterricht, in Sonderpädagogik haben, womit es auch Behinderten möglich wird, LehrerInnen zu werden.
Die Initiative des Bildungsvolksbegehrens im Bereich behinderte Kinder wird uns auch im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes weiter beschäftigen, der gerade vom Sozialministerium ausgearbeitet wird und an dem auch das Unterrichtsministerium mitarbeitet. Es wird auch einen Unterausschuss zum Thema inklusiver Unterricht geben.
So bin ich zuversichtlich, dass dieser Samen, der gesät worden ist, auch aufgehen und Früchte tragen wird. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
13.23
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Riepl zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
13.24
Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Herr Bundesminister! „Österreich darf nicht sitzenbleiben“ ist der Titel des Volksbegehrens. Ich glaube, der Titel könnte nicht treffender sein.
Eine der Forderungen des Volksbegehrens ist das Nachholen von Bildungsabschlüssen. Aktuell sind wir dabei, Pflichtschulabschlüsse so zu gestalten, dass man sie auch nachholen kann. Das wird jetzt ermöglicht, in den nächsten Wochen wird es dafür entsprechende Lösungen geben. Das Nachholen von Bildungsabschlüssen ist aber nicht nur bei der Pflichtschule wichtig, sondern in allen Bereichen. Überall dort, wo Schule begonnen und nicht beendet wurde, sollten wir Lücken schließen, und es gibt noch Lücken.
Ein Beispiel: Wenn jemand in der HTL seine Ausbildung unterbricht und nach einigen Jahren auf die Idee kommt, dass das ein Fehler war, dann kann er zurückgehen. Er geht zum Direktor und sagt: Ich bin wieder da. Er macht ihm die Tür in eine Klasse auf, der Betreffende geht in die Abendschule und kann das nachholen. Wenn er fragt, was ihn das kostet, sagt ihm der Direktor: Nichts, das zahlt die Republik, das ist uns das wert. Du kannst gratis den Maturaabschluss nachholen.
Wie schaut es in der Berufsschule aus? Wie schaut es mit jenen aus, die eine Lehre begonnen und nicht abgeschlossen haben, aus welchen Gründen auch immer? – Wenn einer später mit 25, 26 – vielleicht sogar als Arbeitsloser – auf die Idee kommt, dass das ein Fehler war, dass er weitermachen hätte sollen, und zurück zum Direktor geht, dann bekommt er dort vielleicht einige freundliche Worte, die Türe in die Klasse ist in der Berufsschule aber zu. Sie ist nicht offen.
Das Ermöglichen das Nachholens des Bildungsabschlusses mit Hilfe der Berufsschule, um eine Lehrabschlussprüfung ablegen zu können und damit beispielsweise Fachar-
beiter zu werden, wäre ein Gebot der Stunde. Da haben wir noch eine Lücke, und die gilt es zu schließen.
Eine Bürgerinitiative mit vielen Tausenden Unterschriften liegt seit einigen Monaten hier im Haus, die genau das verlangt, dass nämlich die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen im Schulorganisationsgesetz geändert werden. Der § 46 des Schulorganisationsgesetzes ist die entsprechende Grundlage. Einer der Initiatoren, Hubert Prigl, sitzt hier oben auf der Galerie und beobachtet unsere Diskussion. Ich denke, es ist auch dieser Bürgerinitiative zu danken, dass sie ein bisschen auf diesen Umstand und auf diese Lücke hingewiesen hat.
Sehr verehrte Damen und Herren! Wir haben ausgezeichnete Berufsschulen. Wir können stolz darauf sein. Wir haben einen Facharbeitermangel, diesen gilt es zu beheben. Wir haben junge Arbeitslose ohne Lehrabschluss. Wir haben ausgezeichnete Lehrer in den Berufsschulen. Nur die Berufsschulen können nicht beim Nachholen des Bildungsabschlusses Lehre unterstützen. Ich korrigiere mich: Sie könnten schon, sie dürfen nicht. Darum geht es. Sie könnten es, wir hätten alle Ressourcen, wir hätten alle Möglichkeiten, nur die Erlaubnis dafür fehlt.
Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ich bin Ihnen dankbar für Ihre Zusage im Ausschuss vor einigen Monaten, sich dafür einzusetzen, dass es zu einer entsprechenden Verbesserung der Situation kommt. Sie haben heute gesagt – und ich bedanke mich auch dafür –, dass wir in der Bildungspolitik niemanden zurücklassen dürfen. Daher dürfen wir auch nicht ehemalige Lehrlinge zurücklassen, die ihre Lehre aus welchen Gründen auch immer unterbrochen oder abgebrochen haben.
Das Bildungsvolksbegehren hat auch dazu beigetragen, dass die Zahl jener, die aus ideologischen Gründen oder aus Angst vor Veränderungen Reformen blockiert haben, etwas geringer geworden ist. Sie sind aber noch da, und es gilt auch die, die noch blockieren, zu überzeugen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
13.28
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer zweiten Wortmeldung hat sich Herr Abgeordneter Mayer gemeldet. 6 Minuten Redezeit sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.
13.28
Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, es ist Zeit, auch den letzten kleinkarierten ideologischen Kram beiseite zu legen. Ich möchte auch nicht auf Dinge eingehen, die ich eigentlich ursprünglich noch sagen wollte. Da Kollege Walser gesagt hat, wegen des Eingehens auf die Wünsche der Lehrerschaft, Eltern und Schüler, dass man ein Toleranzjahr bei der Einführung der neuen Matura vorsieht: Dass man gleich den Rücktritt der Ministerin fordert, aber gleichzeitig mit uns gemeinsam einen nationalen Schulterschluss bilden will, was Bildung betrifft, so geht es auch nicht. Aber ich bin der Meinung, wir sollten diese Dinge wirklich beiseitelassen und jetzt nach vorne schauen. Eines der Ziele haben wir nicht erreicht, nämlich tatsächlich einen nationalen Schulterschluss zustande zu bringen, und daher möchte ich wirklich den Blick nach vorne richten.
Es gibt aus den offenen Forderungen des Bildungsvolksbegehrens, aus den Initiativen, die wir uns selbst gesetzt haben, noch Bereiche, Projekte, die wir dringend noch in dieser Legislaturperiode zu Ende bringen sollten. Dazu können wir als Parlament einen wesentlichen Schritt tun. Ich nenne in diesem Zusammenhang das neue Dienst- und Besoldungsrecht, die PädagogInnenausbildung Neu inklusive Frühpädagogik, den Ausbau der Schulqualität im ganztägigen Angebot mit den anderen in den Anträgen
bereits vorgetragenen Änderungen und schließlich auch die Abschaffung des Proporzes.
Ich erlaube mir daher, einen Entschließungsantrag einzubringen. Ich weiß, es ist nicht ganz im Sinne der Initiatoren, weil es kein Initiativantrag ist. Aber nicht einmal die obersten Vertreter der Initiativanträge haben einen eingebracht, sondern haben den Kopierer bedient und alles Mögliche zusammenkopiert in einem Entschließungsantrag – soll so sein. Es sind wichtige Inhalte drinnen.
Aber jetzt geht es darum, dass wir die Zusagen der einzelnen Ministerien nützen und sagen, dass wir noch im Jahr 2012 folgenden Antrag umsetzen wollen, den ich jetzt einbringen darf:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon, MBA, Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Effizienzsteigerung der Schulverwaltung, Beseitigung von Doppelgleisigkeiten und Ausbau der Schulautonomie zum Bericht des Besonderen Ausschusses zur Behandlung des Volksbegehrens
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird ersucht, in Verhandlungen mit den Bundesländern bis Ende des Jahres 2012 Gesetzesvorschläge zu erarbeiten, die konkrete Maßnahmen im Sinne von Effizienzsteigerungen in der Schulverwaltung vorsieht. Dabei soll von Seiten des Bundes das Ziel im Mittelpunkt stehen, die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung transparenter zu gestalten sowie den Schulen weitgehende organisatorische, pädagogische und finanzielle sowie ergebnisverantwortliche Autonomie für ihre Aufgaben unter Einbeziehung der Schulpartner einzuräumen. Weiters sind moderne Controllingsysteme zu verankern.
Dabei sollen folgende Maßnahmen erreicht werden:
1. Schulstandorte und -leitungen sollen gestärkt werden; mehrere Pflichtschulstandorte (vor allem im ländlichen Raum) können unter eine Leitung gestellt werden und die Verantwortung der Schulleiter soll gestärkt werden.
2. Die Kollegialorgane bei den Landesschulräten werden neu gestaltet, die Schulpartnerschaft soll aufgewertet und der parteipolitische Einfluss möglichst hintangehalten werden. Die Bundesbehörde Bezirksschulrat inklusive der Kollegien wird gestrichen. In Zukunft gibt es statt vier nur noch drei Verwaltungsebenen. Das bedeutet mehr Effizienz und Effektivität.
3. Die Länder erhalten die Möglichkeit, die Pflichtschullehrerverwaltung an die Schulbehörde Landesschulrat zu übertragen.
4. Weiterentwicklung des Controllings im LehrerInneneinsatz.“
*****
Ich meine, dass wir mit einer entsprechenden Enquete-Kommission zusammen mit den Initiatoren, zusammen mit dem Parlament, zusammen mit den Experten dafür sorgen können, dass diese Dinge nicht nur in einem Entschließungsantrag stehen, sondern auch umgesetzt werden. Dazu lade ich Sie ein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
13.32
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon MBA, Dr. Walter Rosenkranz Kolleginnen und Kollegen betreffend Effizienzsteigerung der Schulverwaltung, Beseitigung von Doppelgleisigkeiten und Ausbau der Schulautonomie zum Bericht 1793 d.B. des Besonderen Ausschusses zur Behandlung des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ (1647 d.B.)
In den Beratungen des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Volksbegehrens Bildungsinitiative am 16. April 2012 wurden die einzelnen Forderungen des Bildungsvolksbegehrens von den Abgeordneten zum Themenblock "Organisatorische Schwerpunkte" unter Beiziehung der Bevollmächtigten, des zuständigen Mitgliedes der Bundesregierung, von Mitgliedern des Bundesrates sowie Auskunftspersonen des Ausschusses und der Fraktionen diskutiert.
Ebenso wurde – wenn auch kontroversiell diskutiert – das Thema Schulerverwaltung angerissen. Konkrete Maßnahmen im Sinne eines Abbaus von Doppelgleisigkeiten, der Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten, von Effizienzsteigerungen in der Schulverwaltung und die transparente Gestaltung der Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung sind ein gemeinsames Ziel.
Von Seiten der Experten wurde bei den Beratungen immer wieder der Wunsch nach mehr Autonomie der Schulen in organisatorischer, pädagogischer und finanzieller Hinsicht geäußert.
Um den Bildungsreformprozess fortzusetzen, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird ersucht, in Verhandlungen mit den Bundesländern bis Ende des Jahres 2012 Gesetzesvorschläge zu erarbeiten, die konkrete Maßnahmen im Sinne von Effizienzsteigerungen in der Schulverwaltung vorsieht. Dabei soll von Seiten des Bundes das Ziel im Mittelpunkt stehen, die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung transparenter zu gestalten sowie den Schulen weitgehende organisatorische, pädagogische und finanzielle sowie ergebnisverantwortliche Autonomie für ihre Aufgaben unter Einbeziehung der Schulpartner einzuräumen. Weiters sind moderne Controllingsysteme zu verankern.
Dabei sollen folgende Maßnahmen erreicht werden:
Schulstandorte und -leitungen sollen gestärkt werden; mehrere Pflichtschulstandorte (vor allem im ländlichen Raum) können unter eine Leitung gestellt werden und die Verantwortung der Schulleiter soll gestärkt werden.
Die Kollegialorgane bei den Landesschulräten werden neu gestaltet, die Schulpartnerschaft soll aufgewertet und der parteipolitische Einfluss möglichst hintangehalten werden. Die Bundesbehörde Bezirksschulrat inklusive der Kollegien wird gestrichen. In Zukunft gibt es statt vier nur noch drei Verwaltungsebenen. Das bedeutet mehr Effizienz und Effektivität.
Die Länder erhalten die Möglichkeit, die Pflichtschullehrerverwaltung an die Schulbehörde Landesschulrat zu übertragen.
Weiterentwicklung des Controllings im Lehrer/inneneinsatz.“
*****
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Preiner. 2 Minuten Redezeit sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.
13.32
Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz erwähnen, dass manche Abgeordnete der Opposition heute vor Eingehen in den ersten Tagesordnungspunkt durch ihr Verhalten weder der Demokratie noch der laufenden Diskussion zur Bildungsinitiative einen guten Dienst erwiesen haben. Manche sind sogar in Fraktionsstärke – so das BZÖ – noch immer abwesend. Ich glaube, sie verabschieden sich von ihrer Verantwortung, der Bildung in unserem Land Österreich. In der Diktion der Schule würde es heißen: abwesend ohne Entschuldigung.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich identifiziere mich mit den Inhalten der Bildungsinitiative, des Bildungsvolksbegehrens. Ich habe dieses natürlich auch selbst unterschrieben und bin davon überzeugt, dass vieles davon dank der Initiative und Kooperation unserer Frau Unterrichtsministerin Claudia Schmied, aber auch dank der Initiativen, die wir hier im Hohen Haus gesetzt haben, schon umgesetzt wurde oder in Umsetzung begriffen ist.
Ein Ziel des Volksbegehrens ist es, bereits in der Frühkindpädagogik und im Kindergarten Chancengleichheit für alle zu ermöglichen. Der Kindergarten ist nicht Aufbewahrungsstätte, sondern erste Bildungseinrichtung. Ich darf erwähnen, dass das Burgenland diesbezüglich mit gutem Beispiel vorangeht. Wir haben die höchste prozentmäßige Betreuung bei den Drei- bis Fünfjährigen, was den Besuch der Kindergärten betrifft, und auch die zweithöchste Betreuung, was den Besuch der Kinderkrippen betrifft.
Wir haben ab September 2012 zu 100 Prozent die Neue Mittelschule im Burgenland umgesetzt. Ich darf auch erwähnen, dass ich bereits Jahre, ja eigentlich Jahrzehnte als Lehrer im Schulversuch im Burgenland tätig war. Schulversuche haben langjährige Tradition im Burgenland, wir haben auch nicht umsonst mit 46 Prozent die höchste Maturantenquote aller österreichischen Bundesländer.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich fasse zusammen, damit meine Ausführungen nicht zu lange werden: Ein flächendeckendes Angebot an elementarpädagogischen Einrichtungen, zum Beispiel Kinderkrippen, Kindergärten, längere Öffnungszeiten in allen Bundesländern sind auf Wunsch der Eltern einfach eine Notwendigkeit.
Mit der heutigen Behandlung des Bildungsvolksbegehrens ist die Bildung natürlich nicht ad acta gelegt, genau das Gegenteil ist der Fall. Wir wollen uns in Form einer Enquete-Kommission unter Einbeziehung von Expertinnen und Experten, aber auch unter Einbeziehung der Initiatoren des Bildungsvolksbegehrens weiter mit Bildung im Parlament beschäftigen. Investitionen in Bildung und Ausbildung der Jugend sind, wie wir wissen, auch Investitionen in die Zukunft der Gesellschaft, Investitionen in unsere Kinder, Investitionen in die kommenden Generationen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
13.35
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer zu Wort gemeldet. 2 Minuten sind eingestellt. – Bitte.
13.35
Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit dem Bildungsvolksbegehren haben essenzielle Eckpfeiler unseres Bildungssystems im letzten Jahr eine überaus wichtige Plattform erhalten und auch auf parlamentarischer Ebene zu einer Debatte geführt. Ich möchte auch noch einmal auf die sehr niveauvollen und interessanten Diskussionen im Besonderen Ausschuss hinweisen.
Bildung muss auch weiterhin auf Parlamentsebene einen fixen Platz haben und zu weiteren Gesetzesvorschlägen führen. Es ist an zahlreichen Reaktionen deutlich zu erkennen, wie positiv sich die vielen Reformen der letzten Jahre – Klassenschülerhöchstzahl, Individualisierung, ganztägige Schulformen – bereits auf die Unterrichtsqualität und das Klima in den Klassen auswirken.
Ich möchte ganz kurz auch auf die Oberstufenreform Bezug nehmen, die seit 2004 in zahlreichen Schulversuchen erprobt wird und bis 2017 umgesetzt sein wird. Bei diesem Modul-System wird Wert darauf gelegt, dass der Lernstoff halbjährlich positiv zu bewältigen ist und nicht nur auf eine positive Note im Endzeugnis hinzuarbeiten ist. Bei einem Nichtgenügend kann dieses korrigiert werden, und alle bisher positiv erbrachten Leistungen bleiben erhalten. Individuelle Lernbegleitung, Förderunterricht, Begabungsförderung und ein erweitertes Frühwarnsystem sind Teil dieses neuen Modells. Ganz konkret zeigt sich auch, dass an Schulen, wo es diesen Schulversuch gibt, die Zahl der Neuanmeldungen zunimmt. Die Kosten für Nachhilfe werden geringer, das Sitzenbleiben wird reduziert, und zudem werden die Schüler und Schülerinnen viel besser auf die Uni vorbereitet. Das heißt, die Chancen für mehr junge Menschen steigen, dass sie einen Schulabschluss auch erreichen.
Stichwort Inklusion: Ich möchte besonders auch dafür plädieren, dass Menschen mit Behinderung die bestmögliche Chance auf Ausbildung in einem möglichst normalen Klassenverband erhalten und sich die Zahl jener mit einem Schulabschluss dadurch erhöhen kann.
Ich möchte noch einmal meinen besonderen Dank an die Initiatoren des Bildungs-Volksbegehrens aussprechen, aber auch einen besonders großen Dank an unseren Bildungssprecher Elmar Mayer für sein überaus großes Engagement für Bildungsreformen und für die hervorragende Ausschussführung.
Sehr lange waren Strukturveränderungen im Bildungsbereich nicht wirklich Thema, und mit Ministerin Schmied ist ein immens wichtiger Reformprozess in Gang gesetzt worden, den wir mit dem gleichen Nachdruck in den nächsten Jahren fortsetzen müssen. Es gibt viele offene Punkte und Forderungen, die wir noch zur Umsetzung zu bringen haben. (Beifall bei der SPÖ.)
13.38
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.
Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“, 1647 der Beilagen, seinen Bericht 1793 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Cortolezis-Schlager, Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung des Bildungsreformprozesses im tertiären Bildungssektor.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (E 252.)
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Elmar Mayer, Amon, Kolleginnen und Kollegen betreffend Elementarpädagogik.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (E 253.)
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ im Bereich Hochschulen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Elmar Mayer, Amon, Dr. Rosenkranz, Dr. Walser, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung des Bildungsreformprozesses, schulische Tagesbetreuung.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen wollen, um ihr Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 254.)
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein modernes, unbürokratisches und autonomes Schulsystem.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ im Bereich Bildung.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Minderheit und somit abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ im Bereich Kindergarten.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Auch das ist die Minderheit und somit abgelehnt.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Elmar Mayer, Amon, Kolleginnen und Kollegen betreffend neues Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrer/innen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 255.)
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Elmar Mayer, Amon, Dr. Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Effizienzsteigerung der Schulverwaltung, Beseitigung von Doppelgleisigkeiten und Ausbau der Schulautonomie.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Ich sehe, dass das einstimmig angenommen ist. (E 256.)
Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 125, 129, 135, 137 bis 141, 143, 145, 147, 149 und 150, 152 bis 156, 163 und 165 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 35 bis 38 (1795 d.B.)
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.
Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Abgeordnete Dr. Winter. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
13.43
Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Der 1. Tagesordnungspunkt hat mit dem 2. Tagesordnungspunkt inhaltlich eigentlich sehr viel gemeinsam. In beiden Tagesordnungspunkten geht es um direktdemokratiepolitische Instrumente, womit die Bürger sich direkt an die Regierung beziehungsweise an das Parlament und an die Ausschüsse wenden können. Aber wie Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierung und auch von den Grünen, mit Bürgerrechten, mit der Demokratie und mit dem Parlamentarismus umgehen, das haben Sie uns heute klar und deutlich vor Augen geführt. (Beifall bei der FPÖ.) Für uns ist das einfach ein schändliches Verhalten. Schändlich beinhaltet den Wortstamm „Schande“, und dieses Wort können Sie nunmehr über Ihren Kopf stülpen.
Grundsätzlich ist es ja so, dass Sie es offensichtlich mit den Bürgerrechten gar nicht so besonders haben. Das zeigt sich ja auch im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen, denn es ist, wie wir meinen, unerklärlich, warum nach wie vor Petitionen von einem Abgeordneten unterschrieben werden müssen und warum Bürgerinitiativen erst einmal 500 Unterschriften bedürfen, damit sie im Parlament eingereicht werden können und sich der Ausschuss damit befasst. (Beifall bei der FPÖ.)
Bei dieser Tagesordnung hatten wir ungefähr 24 Stück, sowohl Petitionen also auch Bürgerinitiativen, und was mich immer so sehr verwundert, ist, dass die Regierungsparteien sich so darüber freuen, wenn die Zahl der Bürgerbegehren zunimmt. Aber bitte, die Zahl der Bürgerbegehren wird deshalb größer, weil sie ein Protest gegen die Regierung sind und weil die Bevölkerung damit ihren Unwillen und ihren Unmut über Gesetze und Beschlüsse dieses Hohen Hauses und der Folgeinstrumente auch zum Ausdruck bringt. (Beifall bei der FPÖ.)
Für mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der Ausschuss für Bürgerinitiativen und Petitionen ein Seismograph, und zwar ein Seismograph für diese Regierung. Sie müssten eigentlich erschüttert darüber sein, dass immer mehr Menschen sich dieses Instrumentes bedienen, denn es sind nahezu in jedem Ausschuss über hunderttausend Personen, die auf diese Weise ihren Unmut zum Ausdruck bringen.
Ein besonderes Zeichen dafür ist zum Beispiel die Bürgerinitiative betreffend Vorratsdatenspeicherung. Dazu möchte ich noch ein paar Worte verlieren, denn hier haben wir, und zwar – das muss ich dazusagen – die Opposition gemeinsam, die Regierungsparteien in die Knie gezwungen. Bereits in der Vorbesprechung war davon die Rede, dass wir hiezu ein Hearing veranstalten könnten, sollten und müssten. Dies wurde aber von den Regierungsparteien abgelehnt. Nachdem dann von uns, von der Opposition, im Ausschuss ein entsprechender Antrag eingebracht worden ist, kam es
dazu, dass die Regierungsparteien uns vorgeworfen haben, das sei ja nahezu ein unmoralisches Angebot, darüber ein Hearing abzuhalten.
Und was hat der Kollege Jarolim heute in der Fragestunde als Erstes zur Justizministerin gesagt? – Wir werden im Justizausschuss ein Hearing abhalten. Also, letztendlich: Der Sinn ist erreicht, die Bevölkerung kommt zu ihrem Recht! Und das ist gut so, auch wenn es über Umwege geht und auch wenn es immer nur mit der Opposition geht. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie mögen jetzt meinen Bericht inhaltlich zerreißen, wie auch immer, es wird dadurch nicht richtiger. Die FPÖ kennt sich aus mit den Bürgerrechten, wir stehen für die Bürger, und das wird sich auch entsprechend auswirken. (Beifall bei der FPÖ.)
13.47
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
13.47
Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir diskutieren heute einen Sammelbericht aus dem letzten Ausschuss mit 29 Petitionen und Bürgerinitiativen zu wiederum sehr unterschiedlichen Bürgeranliegen.
Es ist nicht immer die Zuständigkeit in einer Sache klar, sehr oft handelt es sich um sehr breite Querschnittsmaterien. Das betrifft auch zwei vorliegende Bürgerinitiativen, die durchaus sehr komplexe Themen enthalten. Im Falle der Stromleitungen beschäftigen sich damit die verschiedensten Gremien schon über viele Jahre hinweg auf verschiedenen Ebenen, von Gemeinde-, Landes-, Bundes- über die EU-Ebene, beziehungsweise sind es im Falle der Vorratsdatenspeicherung verschiedenste Ministerien, EU-Gremien und zuletzt auch der Verfassungsgerichtshof und der EuGH, wo Urteile noch ausständig sind.
Das Thema der Starkstromleitungen wurde beim letzten Ausschuss einem Hearing mit Vertretern der Initiativen und einer Diskussion unterzogen. In Salzburg wird ja seit mehreren Jahren die Errichtung einer 380-kV-Leitung und deren Trassenführung intensiv verhandelt, und es wird versucht, einen Ausgleich zwischen den Interessen der BürgerInnen, der Gemeinden und den Erfordernissen von optimaler Stromversorgung und Sicherung des Wirtschaftsstandortes zu finden.
Das Thema „Vorratsdatenspeicherung“ war ja heute auch schon in der Fragestunde Gegenstand und hat im letzten Ausschuss, wie die Kollegin Winter schon erwähnt hat, zu einer sehr heftigen Diskussion geführt. Die betreffende Bürgerinitiative hat über 100 000 elektronische Unterstützungserklärungen erhalten. Es wurde von den Oppositionsfraktionen dazu ein Hearing im Petitionsausschuss gefordert, was im Ausschuss aber keine Mehrheit gefunden hat. Die Bürgerinitiative wurde dem Justizausschuss zur Behandlung zugewiesen, was durchaus der gängigen parlamentarischen Praxis entspricht, und wird nunmehr im Fachausschuss weiter beraten.
Wir haben ja seit Jänner 2010 zu sechs verschiedenen Bürgerinitiativen Hearings abgehalten. Es war bisher so, dass wir die Entscheidung darüber, zu welchen Themen wir Hearings abhalten, immer informell in fraktioneller Übereinstimmung getroffen haben. Bezüglich der Vorratsdatenspeicherung ist ein solches nun im Fachausschuss, im Justizausschuss, geplant, und es kann aus dieser Vorgangsweise nicht der Schluss gezogen werden, dass dies ein Bekenntnis zur Vorratsdatenspeicherung wäre. Eine Entscheidung dazu fällt im Justizausschuss beziehungsweise letztlich im Plenum, so wie es die Geschäftsordnung vorsieht.
Ich meine, wir sollten für die Zukunft für den Ausschuss klare Richtlinien dafür festlegen, ab welcher Anzahl von Unterstützungen wir Hearings abhalten beziehungsweise was die Konsequenzen aus einem Hearing sind.
Viele Themen aus den Petitionen und Bürgerinitiativen sind in Bearbeitung, Beratung beziehungsweise Verhandlung. Ich meine, dass von Demokratieverweigerung absolut keine Rede sein kann. Mehr Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie sind auch eine Herausforderung für die Politik. Beteiligungsprozesse stärken demokratische Kompetenzen und ermutigen auch zur Teilnahme an politischen Prozessen. Wir haben es mit neuen technischen Möglichkeiten zu tun, und daraus ergeben sich auch neue Formen der Beteiligung.
Wir werden im Ausschuss den Petitionen und den Bürgerinitiativen weiterhin den entsprechenden Stellenwert einräumen, und wir werden auch daran arbeiten, dass es möglich werden kann, Bürgerinitiativen und Petitionen auch online einzubringen, ohne dass ein Abgeordneter dazu notwendig sein wird. (Beifall bei der SPÖ.)
13.51
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 5 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
13.51
Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Ich möchte zu Beginn festhalten, dass es wirklich kein gutes Zeichen für eine echte, ernste Auseinandersetzung mit und Behandlung von Bürgerinitiativen und Petitionen ist, wenn eine ganze Fraktion daran nicht teilnimmt, noch dazu, wo die Frau Kollegin Haubner die Vorsitzende des betreffenden Ausschusses ist, die an sich eine gute Vorsitzführung pflegt, wie ich auch festhalten möchte. Aber das, Frau Kollegin Winter, kann man nicht sagen: dass es ein Problem darstellt, wenn mehr BürgerInneninitiativen und mehr Petitionen in das Parlament kommen. Ich würde das als ein klares Zeichen für eine lebendige und gute Demokratie sehen.
Aber – und da sind wir beim Aber – die Kollegin Lohfeyer hat zu Recht gesagt, wir wollen die Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen. Doch wie schaut das von der anderen Seite aus, Frau Kollegin, wenn bei Dingen, die von hunderttausend Menschen unterstützt sind, wie zum Beispiel die Bürgerinitiative gegen die Vorratsdatenspeicherung, die Bürgerinnen und Bürger das Gefühl bekommen: Ja, gut, die Abgeordneten reden 5 Minuten darüber, und dann wird es in einen anderen Ausschuss vertagt!? – Da geht es um das Selbstverständnis von jenen Abgeordneten, die in diesem Ausschuss sitzen, und unsere erste Pflicht ist es, diesen BürgerInnen ein Signal zu geben, dass wir alles tun, um ihre Anliegen so ernst zu nehmen, dass sie hier wirklich ordentlich Gehör finden.
Frau Kollegin Lohfeyer, schauen wir uns doch an, worum es bei der Vorratsdatenspeicherung geht! Die BürgerInnen sagen, sie verstünden es absolut nicht, dass die Daten aus dem Blickwinkel der Terrorismusbekämpfung, nämlich sämtliche Telefon- und Internetverbindungsdaten in Österreich, ab April 2012 sechs Monate lang gespeichert werden müssen. – Das ist verständlich, denn sie fühlen sich in ihren Grundrechten massiv beschnitten.
Wenn das so ist, meine Damen und Herren, und – jetzt kommen wir zum Punkt – vier Stellungnahmen vorliegen – es liegt eine Stellungnahme des Innenministeriums vor, eine des Ministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, eine vom Bundeskanzleramt und eine vom Justizministerium –, dann wäre die erste logische Konsequenz gewesen, ein öffentliches Hearing hier im Plenarsaal mit dieser Initiative zu machen, damit sie zusammen mit Expertinnen und Experten und mit den Abgeord-
neten Schritt für Schritt diese Stellungnahmen der Ministerien auch beantworten können. Die BürgerInnen haben ja Antworten darauf. Sie wollen nicht nur einfach einen Brief, sozusagen eine endgültige Information bekommen, sie wollen reagieren können.
Das ist die Aufgabe des Ausschusses, meine Damen und Herren, und da ist es dringend notwendig, auch die formalen Kriterien so zu ändern und die Geschäftsordnung so anzupassen, dass wirklich ein ernsthaftes Procedere vorliegt.
Es reicht nicht, werte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, wenn ein Staatssekretär mit gewisser Öffentlichkeitswirkung neue Instrumente vorschlägt – ja, soll sein, wir haben auch Anträge gebracht –, aber die bestehenden ernst zu nehmen und so zu implementieren, dass sie auch Sinn machen, auch für den parlamentarischen Prozess, das wäre ein Gebot der Stunde.
Genau aus dem Grund möchte ich den Bürgerinnen und Bürgern wirklich ganz ausdrücklich danken, nämlich ausdrücklich danken für die Nachhaltigkeit ihrer Bemühungen, für das Nichtlockerlassen, für das Ernstnehmen ihrer Anliegen und für das Kämpfen für diese manchmal sehr, sehr komplizierten Materien.
Ein Dank gilt auch der Parlamentsdirektion, die sich seit jetzt doch eineinhalb, zwei Jahren intensiv bemüht, dass dieses System der Online-Petition wirklich zum Leben gebracht wurde. Es ist doch ein Signal. Mehr als hunderttausend Bürgerinnen haben diese Online-Bürgerinitiative unterstützt. Das ist ein wirklich einmaliges Zeugnis, wie intensiv die BürgerInnen das nutzen. Die Parlamentsdirektion hat in Zusammenarbeit mit den Abgeordneten die Voraussetzungen dafür geschaffen, und das ist anzuerkennen.
Und nun zum Hearing, das wir hatten, nämlich das Hearing zur 110-kV-Leitung, zu der Frage nämlich: Wie sollen die Netze im Rahmen der Ausweitung der erneuerbaren Energie weiterentwickelt werden? Das ist sicher notwendig, aber die Herausforderung besteht darin, das umweltfreundlich zu machen, das bürgerInnenfreundlich zu machen.
Hier hatten wir zwei ausgezeichnete Experten, Michael Praschma von der Initiative „110 kV ade!“ und Hans Kutil vom Naturschutzbund Salzburg, der für die Teilverkabelung der 380-kV-Leitung in Salzburg kämpft. Zusammen mit anderen Initiativen haben diese beiden Vertreter ausgezeichnet argumentiert und klar nachweisen können, dass es Regionen in Europa gibt, die das bereits gesetzlich vorsehen, wie Dänemark oder auch Norddeutschland, wo das bereits in mehreren Projekten umgesetzt wird, meine Damen und Herren. Doch wir sind im Ausschuss dazu nicht fähig gewesen, sondern mit den Stimmen der Regierungsfraktionen ist das nur zur Kenntnis genommen worden (Beifall bei den Grünen), statt es dem Ausschuss zuzuweisen, in den es gehört, nämlich dem Wirtschaftsausschuss, wo bereits Anträge von Abgeordneten zur Änderung des Starkstromwegegesetzes liegen.
Das ist ein echter Parlamentarismus: Bürgerinitiativen ernst nehmen und dann nach einem Hearing jenem Ausschuss zuweisen, wo die Abgeordneten genau an diesem Thema bereits arbeiten, wo der Wirtschaftsminister dann gefordert wäre.
Was war Faktum? Wer war – sehr interessant übrigens! – im Ausschuss? – Der Kollege Lopatka. Er ist gar kein reguläres Mitglied im Petitionsausschuss. Saß da, sagte kein Wort. Man hatte irgendwie einen eigenartigen Eindruck. Wer war noch da? – Auch Vertreter des Wirtschaftsministeriums saßen da. Okay, aber es gab keine Stellungnahmen von ihnen. Ich habe einmal die Vorsitzende gefragt: Haben Sie die eingeladen? Sie sagte: Nein! Die sitzen da, okay, es stört ja nicht, wenn Leute aus dem Ministerium da sitzen! Aber wenn der Eindruck entsteht, dass hier verhindert werden soll, ein wichtiges Anliegen stärker in der Öffentlichkeit zu diskutieren, Kollege Lopatka, dann (Abg. Dr. Lopatka: Aber nein!) Und diesen Eindruck hatte ich, weil Sie sonst
nie in diesem Ausschuss sind. Es wäre mir neu, dass Sie Mitglied des Petitionsausschusses sind. Wenn ja, dann gehen Sie hier heraus zum Pult und erklären Sie, warum Sie gerade in diesen Ausschuss gekommen sind! Sie sind nämlich nicht auf der Homepage. (Abg. Dr. Lopatka: Ich geh eh hinaus! Ich bin als Redner gemeldet!) Ja, können Sie eh machen. Also auf der Homepage des Parlaments sind Sie nach wie vor nicht als reguläres Mitglied des Petitionsausschusses vermerkt. (Abg. Marek: Aber als Vertreter kann jeder in einen Ausschuss gehen!) Gut.
Also sei‘s drum. Weder die Vertreter des Ministeriums noch der Kollege Lopatka haben klargelegt, warum Sie verhindern wollen, dass es zu einer Zuweisung an den Wirtschaftsausschuss kommt, wo man dann wirklich ernsthaft an eine Änderung der Gesetzeslage hätte denken können und darangehen hätte können, das ernsthaft umzusetzen. Und das ist meine Kritik, meine Damen und Herren.
Darum an die Bürgerinnen und Bürger: Nicht locker lassen! Konsequent dranbleiben! Wir werden sie unterstützen, und wir werden auch eine Geschäftsordnungsänderung umsetzen müssen, die mehr Klarheit dahingehend bringen wird, dass Bürgeranliegen nicht einfach auf die lange Bank geschoben werden können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
13.58
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Höllerer. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
13.58
Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Zur demokratischen Diskussion, die heute hier schon stattgefunden hat und auch von den Freiheitlichen jetzt wieder angezogen wurde, möchte ich nur sagen: Es ist auch ein deutliches Demokratieverständnis, das Sie hier repräsentieren, indem Sie sich der Diskussion verweigern. Und dass das BZÖ gar nicht da ist, bedauere ich natürlich. (Abg. Ing. Höbart: Wir verweigern doch nicht die Diskussion!) Das haben Sie heute ja auch gemacht. Sie sind ausgezogen und haben nicht mitdiskutiert. Sie sind jetzt Gott sei Dank wieder zurückgekommen. (Abg. Vock: Gott sei Dank, dass Sie das wenigstens sehen, Frau Abgeordnete!) Das BZÖ fehlt, und ich bedauere es sehr, dass die Frau Abgeordnete Haubner nicht hier sein kann. Wahrscheinlich gibt es da einen Klubzwang, denn sie ist eine hervorragende Vorsitzende und ihr ist der Bürgerinitiativen-Ausschuss auf jeden Fall ein wirkliches Anliegen.
Ich möchte aber jetzt kurz auf die Ausführungen des Abgeordneten Pirklhuber eingehen. Ich meine, Ausschussvertretungen, Herr Abgeordneter, sind gang und gäbe, bei Ihnen genauso wie bei uns. Und selbstverständlich sitzen dann auch Abgeordnete in einem Ausschuss, die dort nicht reguläres Mitglied sind, die aber sehr wohl eine Vertretung wahrnehmen. Das gehört dazu.
Das gehört auch geschäftsordnungsmäßig dazu – weil Sie auch immer wieder auf die Einhaltung der Geschäftsordnung pochen –, und ich weiß daher nicht, was das, was Sie hier jetzt an Kritik angebracht haben, sollte. Das ist gang und gäbe und auch geschäftsordnungsmäßig vollkommen korrekt, wie das von der ÖVP und auch von allen anderen Fraktionen wahrgenommen wurde. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich möchte auch zu dem, was Sie bezüglich der Petitionen 125, 129 und 155 gesagt haben, kurz Stellung nehmen. Es gab ein Kurzhearing, zwei Petenten konnten ihre Anliegen vor den Abgeordneten präsentieren. Dabei kam man zu keinen neuen Erkenntnissen. Die Ausführungen der Stellungnahmen sind vorgelegen und waren auch wirklich sehr umfassend. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Dr. Pirklhuber.)
Es wurde auch genau erklärt, warum es eine Verkabelung in dieser Größenordnung gar nicht geben kann – nämlich: weil die Technologie nicht so ausgereift ist. Es steht in den Stellungnahmen, Herr Abgeordneter – das haben Sie verschwiegen –, dass die Kompetenz in der Region liegt, dass dort entschieden wird, auch im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, die in die Entscheidungen mit eingebunden sind.
Da man zu keinen neuen Erkenntnissen kam, wurde die Zustimmung zur Kenntnisnahme mehrheitlich angenommen. Auch das war vollkommen korrekt. Auch das ist Demokratieverständnis: zu akzeptieren, dass es eben Entscheidungen gibt, die mehrheitlich gefasst werden! Auch die müssen Sie dann zur Kenntnis nehmen.
Ganz kurz auch noch zur Bürgerinitiative 37, „Stoppt die Vorratsdatenspeicherung“, mit 106 000 Zustimmungen oder sogar mehr. Diese „elektronische“ Bürgerinitiative ist eine der erfolgreichsten (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber) – oder die erfolgreichste, das ist vollkommen richtig –, seit die E-Voting-Möglichkeit gegeben ist.
Es wurde sorgsam damit umgegangen. Schauen Sie sich doch diese Stellungnahmen an! Auch da sind sie sehr eindeutig und besagen, dass eine Umsetzung einer EU-Richtlinie notwendig war, da ansonsten enorme Strafzahlungen in Millionenhöhe zu leisten wären, wenn es nicht dazu gekommen wäre. Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Europäische Kommission bereits die Ausarbeitung und Vorlage eines Vorschlags zur Abänderung angekündigt hat.
Es wird dieses Thema auch im Ausschuss weiterdiskutiert werden. Der zuständige Expertenausschuss, das Expertengremium schlechthin, das ist der Justizausschuss! Und da die Stellungnahmen so eindeutig sind, diese Vorratsdatenspeicherung auch sehr kritisch betrachtet wurde, ist dieses Thema im Justizausschuss natürlich sehr gut aufgehoben.
Ein Hearing! – und da muss man die Frage stellen: Was bedeutet ein Hearing im Petitionsausschuss? Wir haben dort nicht die Fachthemen abzuhandeln, sondern da geht es uns darum, uns eine Meinung zu bilden. Die Abgeordneten des Ausschusses bilden sich eine Meinung darüber, wie sie mit den Bürgeranliegen weiter vorgehen. Diese Meinungsbildung kann durch Stellungnahmen passieren oder eben auch durch Hearings. In diesem Fall waren die Stellungnahmen so eindeutig, dass ein Hearing in dieser Art, um Abgeordnete zu überzeugen, gar nicht notwendig war. (Zwischenrufe bei den Grünen.)
Jetzt ist dieses Thema, das ein wirklich wichtiges ist, in dem Ausschuss, wo es hingehört, einige Monate früher, als es durch ein Hearing im Petitionsausschuss möglich gewesen wäre. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das haben andere Ministerien auch gemacht, nicht nur das Justizministerium!) Und ein öffentliches Hearing im Petitionsausschuss ist geschäftsordnungsmäßig gar nicht möglich, Herr Abgeordneter. Also wenn wir da etwas erreichen wollen, müssen wir gemeinsam weiter daran arbeiten und uns entschließen, auch die Möglichkeit dieser Anhörung, dieses Hearings im Petitionsausschuss neu aufzustellen. Dazu bin ich gerne bereit. Da können wir uns natürlich gerne wieder zusammensetzen, um im Sinne der direkten Demokratie etwas weiterzubringen.
Ich denke, das war bisher so und wird auch in Zukunft so sein. Ich hoffe auf eine gute Zusammenarbeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weninger.)
14.04
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.
14.04
Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Abgeordnete Höllerer hat soeben behauptet, dass es ihr leid tue, dass sich die freiheitliche Fraktion an der Diskussion zum Tagesordnungspunkt 1 nicht beteiligt hat.
Ich berichtige tatsächlich: Bereits mit der Wortmeldung um 11.09 Uhr, nämlich meiner eigenen als dritter Redner zur Tagesordnung, sowie mit weiteren drei Rednern waren wir bei der gesamten Diskussion hier anwesend.
Ich nehme nicht an, dass Sie sich darüber beschweren, dass wir auch Anträge, die seitens der Regierung eingebracht wurden, die sogar von uns mitgetragen wurden, auch unterstützen werden. Wenn das ein Beschwerdepunkt sein soll, müssten wir uns das in Zukunft überlegen. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen FPÖ und ÖVP.)
14.05
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mayerhofer zu Wort. 2 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
14.05
Abgeordneter Leopold Mayerhofer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Mein Beitrag befasst sich mit dem Erhalt der Vertragsarztstelle in Ruprechtshofen im Zusammenhang mit den Hausapotheken.
Das derzeitige Schicksal der Hausapotheken und damit das Schicksal beziehungsweise die Zukunft der praktischen Ärzte auf dem Land ist mehr als ungewiss. Wie sich herausstellte, lässt sich eine Landpraxis offensichtlich wirtschaftlich ohne parallel geführte Hausapotheke nicht betreiben, auch nicht in Ruprechtshofen, meiner Heimatgemeinde, wo ich auch Gemeinderat bin und das sehr genau verfolgen kann.
Somit ist ein wichtiger Strukturbaustein im ländlichen Raum in arger Gefahr. Der Herr Landeshauptmann glaubt ja immer, dass er ihn bereits gerettet hat, aber genau das Gegenteil ist der Fall: Polizeistationen werden gesperrt, Postämter haben wir zugemacht, und so geht es weiter. Jetzt sind die Patienten dran.
Jetzt bin ich schon bei Ihnen, sehr geehrte Frau Abgeordnete Höllerer. Ich hätte Ihnen so viel Stabilität und „Kreuz“ zugemutet, dass Sie – viel effektiver als mit einer Petition – mit einem Antrag hergegangen wären und gleich das Apothekengesetz, das erst einige Jahre alt ist, repariert hätten (Zwischenruf der Abg. Höllerer), anstatt mit dieser scheinhaften Demokratie ein bisserl etwas für den Bürgermeister Gruber-Doberer zu machen, ein bisserl Heftpflaster, Demokratie et cetera zu spielen. (Beifall bei der FPÖ.) Das habt ihr heute wieder unter Beweis gestellt. Ihr unterstellt uns, dass wir uns an den demokratischen Mechanismen dieses Staates nicht mit beteiligen. Dabei missachtet ihr die einfachsten Grundsätze der Demokratie! (Anhaltende Zwischenrufe der Abg. Höllerer.)
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich kaum ein neuer Arzt um eine bereits geschlossene Praxisarztstelle bewerben wird. Das haben wir in Ruprechtshofen. Das wird nicht sein, das kann ich jetzt schon voraussagen. Dann haben wir eine ganz wichtige Säule in der Struktur einer Gemeinde verloren, nämlich einen praktischen Arzt, der in der Nähe ist und die Bevölkerung, seine Patienten, bestens kennt. Auch Sie haben einen Beitrag dazu geleistet.
Hätten Sie doch einen Antrag eingebracht! Über die Geschichte kann man wunderbar debattieren, aber das wollen Sie ja nicht! Ich sage Ihnen auch gleich, warum. Weil Sie keinen Wirbel mit der Apothekerkammer wollen, und mit der Ärztekammer erst recht
nicht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
14.07
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser zu Wort. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
14.07
Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Da vor mir die Kollegin Haubner hätte reden sollen und nicht geredet hat, muss ich schon einen Satz dazu verlieren. Es gehört zu den politischen Ritualen, dass man als Protest aus dem Parlament auszieht. Das ist okay. Die Grünen sind schon oft ausgezogen und werden, davon bin ich überzeugt, noch oft ausziehen. (Abg. Höllerer: Hoffentlich! – Abg. Dr. Lopatka: Ist das eine Drohung?) So hat es auch die FPÖ gemacht. Sonderbar ist aber, dass man zwei Stunden lang einer Debatte nicht folgt, wo es noch dazu um Bürgeranliegen geht. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ. – Abg. Ing. Höbart: Ein Drittel!)
Jetzt kann man sagen, andere Gesetze, wie auch immer, aber es war das Volksbegehren und es ist der Petitionenausschuss. Das heißt, es geht nicht um Anliegen der Regierungsparteien, sondern um Anliegen der Bevölkerung. Man kann es aber auch anders, humorvoll sehen: Vielleicht übt das BZÖ auch schon für die Zeit nach den nächsten Wahlen. Oder: Schauen Sie hin (der Redner deutet auf die leeren Sitzreihen des BZÖ), Sie sehen ein Gruppenfoto der Abgeordneten der nächsten Legislaturperiode des BZÖ!
Zum Thema selbst. – Hier ist mir vor allem eine Petition ein Anliegen, nämlich „Stoppt die Vorratsdatenspeicherung“. Hiezu hat es zwei konkrete Anliegen gegeben. Das eine ist: Man möge sich auf EU-Ebene für die Aufhebung der Richtlinie einsetzen. Und das andere ist: Es sollen in Österreich die Bestimmungen zu den Terrorgesetzen insgesamt evaluiert werden. Das sind zwei klare Anliegen.
Ich sage Ihnen, was die Bürgerinitiative auf ihrer Homepage schreibt, wie sie den Umgang des Petitionsausschusses sieht. Sie schreiben:
„Mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ wurde unsere BürgerInneninitiative () ohne Anhörung und ernsthafte Diskussion an den Justizausschuss abgeschoben. Die Regierungsparteien ignorieren damit 106.067 Österreicherinnen und Österreicher, die ihre Stimme gegen die Vorratsdatenspeicherung erhoben haben. Die Abgeordneten haben sich mit dem Inhalt der BürgerInneninitiative bisher nicht beschäftigt. Wir fordern, dass Bürgerbeteiligung ernst genommen wird!“
Dazu drei Argumente. Natürlich kann man sagen: Technisch Justizausschuss. – Erstens, das hinkt schon, denn es ist ja nicht nur der Justizausschuss, sondern auch der Innenausschuss dafür zuständig. Und vor allem ist die Vorratsdatenspeicherung eigentlich ein Gesetz aus dem Infrastrukturministerium, sodass es sogar Sinn machen würde, den Petitionsausschuss dafür zu nutzen, dass die Aspekte unterschiedlicher Ministerien beleuchtet werden.
Aber ein ganz anderes Bild: Wie gehen wir mit Bürgeranliegen um? So wie der Petitionsausschuss mit diesem Anliegen umgeht, ist es das Bild eines Portiers, der in einem Gang sitzt und missmutig die Zimmernummer sagt, wo man hingehen soll. Jeder ÖVP-Wirtschaftsvertreter, der eine Firma führt, wird sagen, es macht Sinn, einen netten Empfangsraum für die Kunden zu gestalten, wo man sich zusammensetzt und über das Anliegen der Kunden spricht. Diese Aufgabe hat der Petitionsausschuss, denn das ist der Empfangsraum für die Bürgeranliegen, und das sollte man sich zu Herzen nehmen! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Vock.)
Dazu kommt: Es ist die größte Petition, die jemals an das österreichische Parlament herangetragen wurde, mit 106 000 Österreicherinnen und Österreichern. Ich hoffe, ich habe mich nicht verrechnet, aber es müsste, sofern ich richtig kopfgerechnet habe, jeder 80. Österreicher unterschrieben haben. Das ist bitte keine Kleinigkeit! Dem eine besondere Rolle einzuräumen, wäre, glaube ich, das Mindeste gewesen.
Was tun wir oder was sollen wir tun? Machen wir jetzt das Hearing im Justizausschuss! Aber damit darf es nicht zu Ende sein, da wir wissen, dass das meistens der Endpunkt ist, sondern ich will, dass wir es ernst nehmen, dass wir diesen Auftrag der Evaluierung der österreichischen Terrorgesetze tatsächlich in Angriff nehmen; und dann machen wir eine Enquete dazu, wenn es die Ergebnisse gibt.
Was auch immer am Ende herauskommt, die ÖVP und die SPÖ müssen den Bürgeranliegen nicht zustimmen – das ist ja die Freiheit des Parlaments –, aber wenn 106 000 ÖsterreicherInnen das ans Parlament herantragen, dann muss man es ernst nehmen. (Zwischenruf der Abg. Höllerer.)
Das heißt: Zuerst jetzt das Hearing abhalten, dann die Evaluierung in Auftrag geben, dann auch die Enquete abhalten, und dann wird das am Ende eben der politischen Entscheidungsfindung unterliegen. Dann können zumindest der Bürger und die Bürgerin nicht sagen, sie seien nicht ernst genommen worden.
Ich mache kein Geheimnis daraus: Ich stehe hinter dieser Initiative! Wir führen hier eine harte Auseinandersetzung gegen die Vorratsdatenspeicherung, aber das ist in dieser Frage sozusagen nur der zweite Punkt. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass man 106 000 Österreicherinnen und Österreicher ernst nimmt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
14.11
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Weninger zu Wort. 3 Minuten Redezeit sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.
14.12
Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe durchwegs Sympathie und Verständnis für politische Spielchen und dafür, dass die Oppositionsparteien die Geschäftsordnung bis auf den letzten Punkt ausnützen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Selbstverständlich, jedem von uns stehen diese Instrumente zur Verfügung, aber ich wende mich jetzt an die Kollegen Steinhauser und Pirklhuber, weil ich bei den Grünen doch Verständnis erwarte.
Es ist inkonsistent, wie wir im Petitionsausschuss vorgehen. Auch ich bin unzufrieden mit der Vorgangsweise – nicht, was die innere Arbeit des Ausschusses betrifft, da habe ich Hochachtung vor der Vorsitzführung und vor den Fraktionsvorsitzenden aller Parteien. Nur ist das Bild, das wir nach außen abliefern, ein sehr schlechtes. Ich glaube, wir sind der einzige Berufsstand in dieser Republik, der konsequent daran arbeitet, selbst das, was er gut macht, schlecht darzustellen (Abg. Ing. Höbart: Ja, ihr macht ja nicht Gutes!), und da will ich jetzt gar nicht zwischen Opposition und Regierungsparteien unterscheiden.
Ein aktuelles Beispiel ist die Frage der Vorratsdatenspeicherung. Da bestand der Wunsch nach einem Hearing. Wir haben gesagt, wir leiten diese Materie davor an den zuständigen Fachausschuss, und zwar aus der Erfahrung heraus, dass es meistens Wunsch der Opposition ist, Petitionen nicht direkt ans Plenum weiterzuleiten, sondern entweder ein Hearing dazu zu machen oder darüber im zuständigen Fachausschuss weiterzuberaten. Das war euch auch nicht recht. Ihr habt bei jeder Materie ein anderer Zugang. Daher mein Appell: Vielleicht sollten wir das einmal intern in einer Art Klausur klären, damit wir zu einer konsistenten Vorgangsweise kommen.
Ich lege das auch am Beispiel des Expertenhearings zu den Hochspannungsleitungen dar: Das war ein hervorragendes Hearing. (Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig!) Ich bin wirklich dankbar dafür, dass wir das durchgeführt haben. Natürlich sind da lokale Themen zur Sprache gekommen, und es wurde eingestanden, dass es bei anderen Projekten, die es vor dem jetzigen gab, andere Bürgerinitiativen dagegen gab. Das ist so, das ist das Recht in einer demokratisch-pluralistischen Gesellschaft, und ich denke, dass das ein Auftrag an uns ist, damit umzugehen.
Ich habe auch eine Bitte. Wir werden, wenn wir den Weg zur erneuerbaren Energie konsequent weiterbeschreiten wollen, diese Diskussionen noch sehr, sehr oft haben. Deshalb wende ich mich an die Grünen – ich habe das schon damals beim Ökostromgesetz gesagt –: Wenn wir diesen Weg beschreiten wollen, dann müssen wir auch den Weg des Netzausbaus beschreiten. Da werden wir Netze, Trafostationen, Umspannwerke et cetera brauchen.
Ich erinnere an die Rede von Trittin im Deutschen Bundestag, als er sagte: Na selbstverständlich wird es auch Aufgabe sein, gemeinsam mit lokalen Bürgerinitiativen dafür zu sorgen, dass der Netzausbau gesundheitsverträglich ist, naturverträglich ist, dass die Bodennutzung gewährt wird. Aber wir müssen natürlich auch auf die Investitionen schauen, die zum Schluss wieder die Konsumentin und der Konsument zu tragen haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)
Ich nenne nur ein Beispiel, damit der volle Umfang auch denjenigen, die bereit sind, diesen Weg mitzugehen, in aller Deutlichkeit verständlich wird: Wir haben in Niederösterreich an einem Tag im Februar – kältester Tag, höchster Stromverbrauch – einen Verbrauch von zirka 1 400 Megawatt. Wir haben jetzt alleine im Weinviertel – nur die Windenergie hergenommen, alle anderen erneuerbaren Energieträger gar nicht mit berücksichtigt – eine Erzeugung von 650 Megawatt. In Planung sind weitere 500 Megawatt und in der Endausbaustufe 2 500 Megawatt – nur Windenergie in einem kleinen Bereich unseres Bundeslandes Niederösterreich.
Energiewende bedeutet auch, dass wir auch dafür sorgen müssen, dass die Netze, die jetzt auf die regionale Versorgung ausgelegt sind, ausgebaut werden. Wir müssen die erzeugte, erneuerbare Energie von dort wegbekommen, hin zu den Konsumenten, zu den Wirtschaftsstandorten, wo die Menschen wohnen. Das wird eine Herausforderung, und da appelliere ich vor allem an die grüne Fraktion, diesen Weg gemeinsam zu gehen, darauf hinzuwirken, mitzuwirken, dass man nicht nur aus Protest, aus eigener Betroffenheit heraus, was natürlich verständlich ist, lokal dagegen ist, sondern dass man ein Gesamtsystem sieht. (Abg. Dr. Pirklhuber: Es gibt Alternativlösungen! Ernsthafte!)
Abschließend: Ich bin durchwegs dazu bereit, und die Überlegungen haben wir im Petitionsausschuss ja diskutiert. Wir werden auf Bundesebene einen Kriterienkatalog ausarbeiten, müssen klare Rahmenbedingungen schaffen dafür, wie der Netzausbau funktioniert, und zwar auch unter Berücksichtigung teilweiser Verkabelung, aber auch unter Berücksichtigung des Anliegens, dass Energie für die Menschen und für die Wirtschaft auch in Zukunft leistbar bleibt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
14.17
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Vock zu Wort. 2 Minuten Redezeit sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.
14.17
Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Hohes Haus! Man könnte meinen, der heutige Tag sei der direkten Demokratie gewidmet: TOP 1: Debatte über ein Volksbegehren; TOP 2: Bürgerinitiativen und Petitionen.
Tatsächlich wird aber heute die Demokratie mit Füßen getreten, ja sogar der Parlamentarismus. Man versucht außerhalb der Fernsehzeit Verfassungsänderungen mit dem ESM-Vertrag ohne Volksabstimmung durchzupeitschen. (Abg. Dr. Walser: Falsch!) Die schriftlichen Zusagen eines Bundeskanzlers Faymann, Europa-Verträge, welche unsere Verfassung ändern, nur nach vorheriger Volksabstimmung zu beschließen, sind keine Krone wert.
Aber auch im Ausschuss wird vieles verweigert. Da waren die Regierungsparteien aus formellen Gründen nicht bereit, ein öffentliches Hearing über die Vorratsdatenspeicherung abzuhalten, und zwar nur deshalb, weil es die Opposition beantragte. Hätten es die Regierungsparteien beantragt, wäre es kein Problem, dann würde es jetzt im Justizausschuss vielleicht stattfinden.
Oftmals sind die Regierungsparteien auch nicht bereit, Petitionen und Bürgerinitiativen weiter in Ausschüssen zu behandeln. Von den vier Bürgerinitiativen im Ausschuss werden heute drei zur Kenntnis genommen, von 20 Petitionen werden 17 zur Kenntnis genommen. Noch einmal für die Bevölkerung draußen: Zur Kenntnis genommen heißt heute und hier enderledigt, ohne weitere Diskussion.
Dabei stirbt auch die Bürgerinitiative betreffend die bundeseinheitliche Regelung der Hundehaltung, auch die wird heute enderledigt. Damit führen wir die Rechtsunsicherheit fort, denn es ist so: Wenn ein Perchtoldsdorfer Bürger spazieren geht, mit seinem Hund Gassi geht, dann ist sein Hund in Niederösterreich vielleicht ein ganz normaler Hund; wenn dieser Bürger aber über die Straße geht, nämlich über die Ketzergasse, ist er in Wien und hat plötzlich einen Kampfhund an der Leine, für den er den Hundeführerschein braucht.
Es ist gerade in dieser Gesetzgebungsperiode vieles geschehen, um den Petitionsausschuss aufzuwerten und somit auch die Anliegen unserer Bürger aufzuwerten, aber der heutige Parlamentstag wirft uns um über ein Jahrhundert zurück. (Beifall bei der FPÖ.)
14.19
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Marek zu Wort gemeldet. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
14.19
Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten beziehungsweise haben im Petitionsausschuss eine Petition und eine Bürgerinitiative zur gemeinsamen Obsorge. Wir haben sie ganz bewusst vertagt, weil ja hier die Verhandlungen zur gemeinsamen Obsorge unmittelbar vor einem Abschluss stehen.
Gerade nach der heutigen Fragestunde, wo es ja einigermaßen hitzig und emotional geworden ist und auch die Ansichten durchaus auseinandergegangen sind, und wenn man sich die Inhalte speziell der einen Petition und auch der Bürgerinitiative ansieht, ist klar, wir haben hier Handlungsbedarf. Das zeigen die Inhalte der Bürgerinitiative und das zeigen auch die Erfahrungen, gerade was die Väterkontakte betrifft, denn übermäßig oft, in sehr vielen Fällen verlieren die Väter nach einer Trennung den Kontakt zu den Kindern. Für uns bedeutet das, wir haben hier Handlungsbedarf, wir müssen hier etwas tun.
Die gemeinsame Obsorge ist und muss ein echtes Anliegen für uns sein. Die Erfahrungen aus der Richterschaft zeigen, dass wir richtig liegen, wenn wir hier weitertun, denn bereits jetzt vereinbaren 60 Prozent bei Trennungen mit Kindern freiwillig die gemeinsame Obsorge. Aber – die Ministerin hat es auch gesagt – wir
brauchen ein zusätzliches, ein weiteres Instrument, wenn sich die Eltern eben nicht selber freiwillig auf die gemeinsame Obsorge einigen.
Das heißt, wir müssen uns hier etwas überlegen für jene Fälle, wo es Konflikte gibt, aber ohne Wenn und Aber, mit Automatik und Zwang, damit haben wir ein Problem, denn so etwas mit Automatik verordnen kann man nicht, das ist nicht im Sinne des Kindeswohles. Und da bin ich nicht beim Kollegen Fichtenbauer, der heute gesagt hat, wir schreiben einfach die deutsche Regelung ab. Das entspricht nicht dem, was den Kindern nützt und hilft, sondern hier müssen wir, wie es die Ministerin auch gesagt hat, uns den Individualfall, jeden Einzelfall ansehen. Hier sind die Richter, aber auch begleitende Instrumente gefordert.
Dort, wo es funktioniert, auch wenn die Elternteile noch nicht einig sind, macht die gemeinsame Obsorge Sinn. Wir wissen aus Studien – sowohl in Deutschland als auch in Österreich gibt es diese Studien –, dass die gemeinsame Obsorge gerade dann, wenn es Konflikte gibt, eine sehr konfliktmindernde Lösung sein kann. Und das funktioniert auch sehr gut. (Zwischenruf des Abg. Vock.) Wenn Sie der Ministerin heute zugehört haben, Herr Kollege, dann müssten Sie das auch so verstanden haben. Aber wahrscheinlich haben Sie ihr nicht immer genau zugehört, weil es teilweise auch sehr laut herinnen war.
Es braucht Kontinuität für die Kinder und es braucht sehr viel Unterstützung für die Kinder. Aber man muss sich sehr genau anschauen, was speziell in der einen Bürgerinitiative drinnen steht, und dies auf Sinnhaftigkeit prüfen. Instrumente wie die Doppelresidenz werden in Einzelfällen Sinn machen, aber nicht in jedem Fall funktioniert es auch, weil es sehr spezifisch ist. Da und dort funktioniert es vielleicht, aber natürlich nicht immer.
Ich möchte eine weitere Petition ansprechen, nämlich die des Kollegen Grosz, der leider nicht da ist. Das BZÖ ist ein bisschen die Schmollfraktion, habe ich das Gefühl, die jetzt auch die Debatte zu diesem Sammelbericht hier verweigert. Zur Frage der Lärmschutzquelle Kinder gibt es eine ganz klare Stellungnahme des Familienministeriums, in der klargestellt ist, dass das für Österreich kein Thema ist, anders als in Deutschland. Wir haben hier keinen Handlungsbedarf, weil die Rechtsprechung in Österreich hier klar ist. Kinder als Lärmschutzquelle gesetzlich auszunehmen, das braucht es in Österreich nicht, weil wir hier eben eine sehr klare Rechtsprechung haben. Wenn ein Kindergarten mit einem Garten gewidmet ist, dann ist das auch hinzunehmen, dann ist das keine Lärmquelle, dann ist das Gott sei Dank positiv, dann ist das auch selbstverständlich, dass man Kinder lachen hört.
Aber, meine Damen und Herren, ich glaube, es täte uns als Gesellschaft ganz gut, wenn wir das ein bisschen breiter akzeptieren würden. Dass wir in dieser Frage überhaupt über Gesetze diskutieren müssen, ist eigentlich ein bisschen schade. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
14.23
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Brunner. 3 Minuten sind eingestellt. – Bitte.
14.23
Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich auch zuerst bei allen Bürgerinnen und Bürgern bedanken, die sich wieder einmal die Mühe gemacht haben, mit zahlreichen Anliegen an uns hier heranzutreten. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Bürgerinitiativenarbeit sehr, sehr schwierig ist und dass es ehrenamtlich engagierten Menschen nicht gerade leicht gemacht wird, sich einzubringen.
Ich würde es als unser aller Aufgabe sehen, insbesondere als Aufgabe für uns im Petitionenausschuss, aber auch als unser aller Aufgabe, es den Menschen leichter zu machen, sich einzubringen. Ich glaube, wir können froh sein über alle, die sich immer noch politisch engagieren. Deswegen freue ich mich auch über jede Petition und jede Bürgerinitiative, die mehr zu uns ins Haus kommt. Wie sehr aber Bürgerinnen und Bürger weiter bereit sind, das zu tun, hängt, glaube ich, auch sehr damit zusammen, wie wir mit ihren Anliegen umgehen.
Ich glaube, es ist das Mindeste, wenn man sich engagiert, Unterschriften sammelt und eine Petition, eine Bürgerinitiative an dieses Haus richtet, dass man auch eine entsprechende Antwort bekommt und auch erfährt, wie mit seinem Anliegen weiter umgegangen wird. Und ich finde es nicht okay, wenn über 100 000 Menschen Unterschriften sammeln, dass wir dann diese nicht einmal hier im Haus anhören können.
Das Anliegen, das die Kollegin Marek vorher angesprochen hat, die gemeinsame Obsorge, das ein sehr dringendes Problem ist, dieses Anliegen wurde überhaupt vertagt. Ich finde, die Vertagung eines Bürgeranliegens ist überhaupt das Schlimmste. (Zwischenruf der Abg. Marek.) Wenn Sie sagen, der Diskussionsprozess ist noch nicht abgeschlossen, dann ist das etwas, was man den Bürgerinnen und Bürgern auch mitteilen kann. Es muss doch möglich sein, dass wir ihnen sagen: Wir arbeiten daran und wir nehmen Ihre Anliegen in unseren Verhandlungsprozess auf! – Genau darum geht es ja! Die BürgerInnen wollen sich ja in den Verhandlungsprozess einbringen und nicht erst das fertige Ergebnis, das ohne ihre Beteiligung zustande kam, erfahren. (Beifall bei den Grünen.)
Man sieht, es werden da jetzt sehr viele Themen unter einem abgehandelt. Ich glaube, diese Anliegen haben es sich alle verdient, ausführlicher behandelt zu werden.
Mir ist eine Petition, weil es auch mein Thema ist, ein besonders Anliegen, das ist die Petition aus dem Weinviertel, und zwar „Nein zu Schiefergas“. Diese wurde mit einer Stellungnahme des Umweltministeriums zur Kenntnis genommen. Diese Stellungnahme hat aber nur einen ganz kleinen Aspekt des Anliegens, nämlich die Aufnahme von Schiefergasprobebohrungen in das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, behandelt, aber keineswegs ein generelles Nein zum Schiefergas.
Wir haben dafür – meine Kollegin Tanja Windbüchler-Souschill wird das später auch noch beantragen – im Umweltausschuss mehrere Möglichkeiten vorgesehen, die wir hier politisch entscheiden könnten. Und ich hätte mir erwartet, dass die Ministerinnen, die Minister, die diese Möglichkeit haben, auch eine Stellungnahme dazu abgeben. Das war auch dezidiert die Forderung der Menschen, die die Petition eingebracht haben, nämlich zusätzlich eine Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums und eine Stellungnahme des Finanzministeriums. Das wurde abgelehnt, und das ist aus meiner Sicht nicht einzusehen.
Frau Kollegin Höllerer, wir als Opposition sind es schon gewohnt, Mehrheitsentscheidungen zur Kenntnis zu nehmen, dass unsere Anträge vertagt werden, dass unsere Anträge abgelehnt werden. Ob es Bürgerinnen und Bürger zur Kenntnis nehmen, dass ihre Anliegen nicht ernst genommen werden, wage ich zu bezweifeln. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Höllerer: Es werden alle ernst genommen!)
14.27
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mühlberghuber. 2 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
14.27
Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In dem 16seitigen Sammelbericht sind auch zwei Petitionen betreffend Kinder
und Jugendliche behandelt worden. Eine Petition hat die Frau Marek schon angesprochen: Kinder und Jugendliche künftig als Lärmquelle gesetzlich auszunehmen. Und die zweite ist die Petition 135, die auf die Einführung neuer Sanktionen für häufiges unentschuldigtes Fernbleiben von der Schule abzielt. Der Antrag auf Zuweisung an den Unterrichtsausschuss kam leider nicht zur Abstimmung, und so wurde die Stellungnahme zur Kenntnis genommen.
Ich möchte noch auf die gemeinsame Obsorge eingehen. Die Frau Marek hat sie schon angesprochen. Man muss schon einmal bedenken: Diese Petition betreffend die gemeinsame Obsorge hat Herr Ing. Norbert Hofer am 12. Oktober 2010 im Parlament eingebracht, hat sie der Frau Präsidentin übergeben, und sie liegt jetzt über ein Jahr im Ausschuss. Sie wurde nicht behandelt, über ein Jahr wurde ihre Behandlung vertagt, und das ist undemokratisch. (Beifall bei der FPÖ.)
Und genauso ist es bei der Bürgerinitiative vom Verein vaterverbot.at, wo es auch um die gemeinsame Obsorge, das Recht der Kinder auf beide Elternteile geht. Diese Bürgerinitiative wurde von fast 15 000 Menschen unterstützt, und auch deren Behandlung wurde vertagt, mit der Begründung, es werden intensive Gespräche geführt und diese Gespräche dürfe man nicht stören, es werde auf Hochdruck verhandelt, es werden auf Hochdruck Gespräche geführt.
Wenn es wirklich so ist, dass auf Hochdruck Gespräche geführt werden und auf Hochdruck verhandelt wird, dann fragt man sich schon, warum nicht einmal ein Zwischenstand der Gespräche eingeholt wird. So würden die Unterstützer der Petitionen und Bürgerinitiativen einmal eine Stellungnahme bekommen. Dann hätte man einmal einen Zwischenbericht, und dann wüsste man, wo der Weg hinführt. (Beifall bei der FPÖ.)
Jahrelang schon ist die gemeinsame Obsorge als Regelfall ein großes Thema. Expertenrunden hat es gegeben. Eine Parlamentarische Enquete hier im Plenarsaal hat dazu stattgefunden. Der Entwurf wurde 2010 von der damaligen Justizministerin vorgelegt. Eine Aktuelle Stunde hat es dazu gegeben. Und bis auf die SPÖ waren sich alle einig: Bei den Kinderrechten muss etwas geändert werden, bei der gemeinsamen Obsorge muss etwas geändert werden, die gemeinsame Obsorge soll als Regelfall gesetzlich festgeschrieben werden. Denn: Die gemeinsame Obsorge stellt nicht nur die Gleichberechtigung der Eltern sicher, sie ist in erster Linie das Recht der Kinder. (Beifall bei der FPÖ.)
Inzwischen hat sich aber alles geändert. Alles ist jetzt anders geworden. Heute am Vormittag haben wir von der Frau Bundesminister Karl gehört, bei der gemeinsamen Obsorge werde sich gar nichts ändern. (Abg. Marek: Stimmt nicht! – Abg. Höllerer: Das hat sie nicht gesagt!)
Die Unterstützer der Petitionen und Bürgerinitiativen haben ein Recht auf Stellungnahme, und Sie von der ÖVP und auch Sie von der SPÖ verweigern diese. Meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, was Sie hier machen, das ist Demokratieverweigerung! (Beifall bei der FPÖ.)
14.30
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keck. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
14.30
Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss sagen, seit zehn Jahren versuchen wir, den Tagesordnungspunkt betreffend Petitionen und Bürgerinitiativen zu einem Zeitpunkt im Plenum zu diskutieren, zu dem wirklich viele zuhören und zuschauen können. Heute ist uns das das erste Mal gelun-
gen, dass wir diesen Punkt als Tagesordnungspunkt 2 auf der Tagesordnung haben. Also man sieht, es ist wirklich ein gewaltiger Fortschritt, was wir erreicht haben, und das sollte in Zukunft auch so sein. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Tadler.)
Aber, meine Damen und Herren, ich möchte mich nun mit der Bürgerinitiative Nummer 35 befassen. In Österreich haben in etwa 750 000 Menschen einen Hund. Und 750 000 Menschen leben in einer Rechtsunsicherheit, wie sie sonst keiner hat in Österreich. Jede Gemeinde und jedes Land hat eigene Regeln zur Haltung von Hunden.
Das heißt, wenn ich von Oberösterreich nach Vorarlberg fahre, muss ich die Gesetze in Oberösterreich kennen, muss ich die Gesetze in Salzburg kennen, muss ich die Gesetze in Tirol kennen und muss ich die Gesetze in Vorarlberg kennen. Das sind einmal die Landesgesetze. Jetzt muss ich aber dann zusätzlich noch wissen, welche Verordnungen jede Gemeinde gemacht hat. Das heißt, wenn ich stehen bleibe und meinen Hund aus dem Auto rauslasse, muss ich in jeder Gemeinde wissen, welche Verordnung die Gemeinde zur Haltung von Hunden erlassen hat, damit ich nicht straffällig werde nach dem Verwaltungsstrafgesetz. Also ein Ding der Unmöglichkeit! Jedes Mal, wenn ich mich mit meinem Hund außerhalb von Linz bewege, mache ich mich strafbar.
Jetzt hat die Bürgerinitiative die Forderung aufgestellt, eine bundesweit einheitliche Regelung zur Haltung von Hunden herbeizuführen. Wir haben im Ausschuss gesagt, da brauchen wir eine Stellungnahme der Landeshauptleutekonferenz, denn die Haltung von Hunden ist ja Ländersache. Das fällt nämlich ins Landessicherheitspolizeigesetz hinein und nicht in das Tierschutzgesetz. Wir haben die Stellungnahme eingeholt, und ich muss sagen, meine Damen und Herren, das, was da an Stellungnahme von der Landeshauptleutekonferenz zurückgekommen ist, ist aus meiner Sicht gelinde gesagt eine Frechheit.
Eine einheitliche Regelung zur Haltung von Hunden hieße nichts anderes als: In ganz Österreich sind Hunde an der Leine zu führen, und wenn sie freigelassen werden, haben sie einen Maulkorb zu tragen, außer auf Freilaufzonen, Flächen, die Gemeinden festlegen. Ist ja etwas ganz Einfaches, kann man ganz einfach umsetzen.
Die Landeshauptleutekonferenz schreibt Folgendes zurück:
„Auf Grund von Anregungen von Tierschutzorganisationen und Hundeverbänden beriet die Landeshauptleutekonferenz (), ob im Wege einer Art. 15a B-VG-Vereinbarung zumindest die wesentlichen Bestimmungen der Hundehaltung länderübergreifend gleich geregelt werden könnten. Eine Sondierung der Positionen der einzelnen Länder zu diesem Anliegen ergab, dass Vereinheitlichungen aus verschiedensten Gründen schwer möglich sind und daher die Bereitschaft einer entsprechenden Art. 15a B-VG-Vereinbarung nicht besteht.“
Das heißt, neun Landeshauptleute beziehungsweise acht Landeshauptmänner und eine Landeshauptfrau sehen sich außerstande, festzulegen, dass in Österreich alle Hunde an der Leine zu führen sind und dann, wenn sie frei laufen, einen Maulkorb zu tragen haben.
Wenn das schwierig ist für unsere Landesfürstin und Landesfürsten, meine Damen und Herren, dann kann ich nur eines sagen: Lösen wir diese Länder auf!, denn dann brauchen wir sie sicher nicht mehr. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
14.34
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
14.34
Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, Herr Kollege, machen wir das gemeinsam, schauen wir: Was ist Bundesgesetzgebung und was soll in den Ländern und auch in den Gemeinden bleiben! (Abg. Mag. Gaßner: Er will die Länder auflösen!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich orte im Petitionenausschuss Zugeständnisse der Regierungsparteien für Anliegen dann, wenn es in die Koalitionsvereinbarung passt, und nur dann, wenn es eben auch den Regierungsparteien passt. Und da ist natürlich das Thema Schiefergas als ein richtiges und wichtiges hier noch einmal zu erwähnen.
Die OMV hat im wunderbaren Weinviertel in Niederösterreich Schiefergasvorkommen entdeckt. Die Bürger und Bürgerinnen waren sofort besorgt, waren sofort lautstark dahinter, dass Probebohrungen und Bohrungen nicht stattfinden. (Abg. Höllerer: Zu Recht!) Zu Recht! Da bin ich bei der Kollegin Höllerer: zu Recht!, weil es ökologisch nicht vertretbar ist und weil es der Lebensqualität, dem Grundwasser et cetera einfach nicht zuträglich ist. Es gab großen Unmut, keine Frage, und dieser Unmut ist natürlich dann auch ins Parlament gekommen, auch zu Recht ins Parlament gekommen.
Die Grünen haben Anträge gestellt, Stellungnahmen von drei Ministerien einzuholen, nämlich vom Wirtschaftsministerium, vom Finanzministerium und vom Lebensministerium, alle ÖVP-geführt. Nur dem Antrag, vom Lebensministerium eine Stellungnahme einzuholen, wurde stattgegeben, die beiden anderen wurden abgelehnt.
In der Stellungnahme des Lebensministeriums weist Herr Minister Berlakovich darauf hin, dass für die Angelegenheiten zur Förderung von Kohlenwasserstoffen gemäß Bundesministeriengesetz das BMWFJ zuständig sei, nicht er. Das ist die Stellungnahme zur Petition, nämlich: dass das Wirtschaftsministerium zuständig sei und nicht das Lebensministerium.
Jetzt frage ich mich schon, meine sehr verehrten Damen und Herren: Warum holt man nicht gleich, obwohl Sie wissen, dass das Wirtschaftsministerium auch zuständig ist, alle Stellungnahmen ein? Warum nimmt man die Bürger und Bürgerinnen nicht so ernst, dass man sagt: Schauen wir einmal, was die Ministerien dazu sagen!? – Das ist es, was wir Grünen Ihnen vorwerfen!
Denn: Es geht schon darum, Schiefergas nicht als Schatz, nicht als zukünftige Energiequelle zu sehen, sondern es geht darum, Sonnenenergie als zukünftige Energiequelle zu sehen, Erdwärme als zukünftige Energiequelle zu sehen, Windkraft als zukünftige Energiequelle zu sehen, aber nicht das Schiefergas, das dann im Weinviertel jederzeit abbaubar wäre, auch wenn es eine UVP gibt, denn eine UVP wird niemals den Abbau stoppen und verhindern können, sondern nur ein Gesetz.
Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der Eigentümerrechte der Republik an der ÖIAG für eine Beendigung des Schiefergasförderungsprojekts im Weinviertel sowie von allen anderen zukünftigen Schiefergasprojekten der OMV einzutreten.
Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, die bundeseigenen Schiefergasvorkommen weder Dritten zu überlassen noch selbst zu verwenden oder zu erforschen.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, in weiterer Folge dem Nationalrat einen Gesetzentwurf für ein Verbot der Schiefergasförderung in Österreich vorzulegen.
*****
Nur das verhindert Schiefergasabbau, den gefährlichen Schiefergasabbau in Österreich! (Beifall bei den Grünen.)
14.38
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde
betreffend generelles Nein zur Schiefergasförderung
eingebracht im Zuge der Debatte zum Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 125, 129, 135, 137 bis 141, 143, 145, 147, 149 und 150, 152 bis 156, 163 und 165 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 35 bis 38 (1795 d.B.)
Begründung
Die OMV hat im Weinviertel Schiefergasvorkommen entdeckt und plant ab Sommer zwei Probebohrungen bei Herrnbaumgarten und beim benachbarten Poysdorf durchzuführen. Sind diese Probebohrungen erfolgreich, soll Schiefergas im großen Stil abgebaut werden.
Schiefergas zählt wegen der aufwendigen und umstrittenen Fördermethode zum so genannten „Unkonventionellen Gas“, da es aus erheblichen Tiefen unter Einsatz von gefährlichen Chemikalien aus dem Gestein gelöst werden muss („Fracking“). Die Umweltauswirkungen der Schiefergasförderung sind erheblich. So können die chemischen Stoffe, die dem Wasser zugesetzt werden, darunter aggressive Säuren, giftige Korrosionsschutzmittel und Biozide in das Grundwasser gelangen. Ein weiteres Problem ist der große Wasserverbrauch sowie die Anreicherung des Trinkwassers mit Gas. Schließlich ist Schiefergas während seines gesamten Lebenszyklus ein sehr CO2-intensiver Brennstoff, da im Zuge der Förderung 4 - 8 % des Methangases ungenutzt in die Atmosphäre entweichen. Schiefergas hat daher eine ähnlich schlechte CO2-Bilanz wie Kohle.
Die OMV behauptete, dass bei ihren Bohrungen die Technik des Fracking nicht zum Einsatz kommen soll, sondern, dass das Gas nur „ökologisch vertretbar“ gefördert würde“ (Die Presse, 2.12.2011). Weltweit ist dieses Vorhaben allerdings noch nie gelungen. Schiefergasförderungen haben bisher immer zu einer starken Verschlechterung der lokalen Umweltsituation geführt.
Abgesehen von den unabsehbaren Risiken für Mensch und Natur behindert die Erschließung von Schiefergaslagerstätten den notwendigen Umstieg von fossilen auf
erneuerbare Energien. Die Förderung von Schiefergas ist keine „neue“ zukunftsfähige Energiequelle, sondern der verzweifelte Versuch die letzten Reste fossiler Rohstoffe aus der Erde zu pumpen.
Auf lokaler Ebene im Weinviertel wurden mittlerweile schon Bürgerinitiativen gegen das Schiefergasprojekt der OMV gegründet. Zudem wurde am 13.02.2012, durch die Unterstützung der Grünen, die Petition „Kein Abbau von Schiefergas in Niederösterreich. Keine Probebohrungen Schiefergas im Weinviertel“ (153/PET) an den Nationalrat übergeben, die von Seiten der Regierungsparteien enderledigt wurde.
Die Schiefergasvorkommen in Österreich sind gemäß Mineralrohstoffgesetz (MinroG) § 4 in Verbindung mit § 68ff Eigentum der Republik. Gemäß §68 des MinroG ist der Bund berechtigt „bundeseigene mineralische Rohstoffe aufzusuchen und kohlenwasserstofführende geologische Strukturen, die zum Speichern von flüssigen oder gasförmigen Kohlenwasserstoffen verwendet werden sollen, zu suchen und zu erforschen. Er ist weiters berechtigt, bundeseigene mineralische Rohstoffe in von der Behörde anzuerkennenden (vorzumerkenden) Gewinnungsfeldern ausschließlich zu gewinnen und flüssige oder gasförmige Kohlenwasserstoffe in kohlenwasserstofführenden geologischen Strukturen oder Teilen von solchen innerhalb von Gewinnungsfeldern ausschließlich zu speichern.“
Nach § 69 Z.1 des MinroG kann der Bund „die Ausübung der Rechte nach § 68 einschließlich des Rechtes zur Aneignung dieser mineralischen Rohstoffe in von ihm zu bestimmenden Gebieten (Aufsuchungsgebieten) natürlichen oder juristischen Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechtes, die über die notwendigen technischen und finanziellen Mittel zur Eröffnung und Führung eines Bergbaus verfügen, gegen ein angemessenes Entgelt überlassen.“
Es obliegt somit der Entscheidung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend, ob und zu welchen Konditionen die bundeseigenen Schiefergasvorkommen an Dritte überlassen werden.
Die Republik Österreich hält durch die ÖIAG 31,50 % der Aktien und ist somit größter Einzelaktionär der OMV. Gemeinsam mit dem arabischen IPIC Staatsfonds (20 %), mit dem die ÖIAG durch einen Syndikatsvertrag verbunden ist, kontrolliert die ÖIAG mehr als 51,50 % des Konzerns. Die Finanzministerin übt gemäß § 2 des ÖIAG Gesetz die Eigentümerrechte des Bundes in der Hauptversammlung der ÖIAG aus.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen
Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der Eigentümerrechte der Republik an der ÖIAG für eine Beendigung des Schiefergasförderungsprojekts im Weinviertel sowie von allen anderen zukünftigen Schiefergasprojekten der OMV einzutreten.
Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, die bundeseigenen Schiefergasvorkommen weder Dritten zu überlassen noch selbst zu verwenden oder zu erforschen.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, in weiterer Folge dem Nationalrat einen Gesetzentwurf für ein Verbot der Schiefergasförderung in Österreich vorzulegen.
*****
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
14.38
Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Schön, dass wir heute über die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger reden können. Ich freue mich auch, dass wir über die Probleme von Frauen reden können, denn auch dazu gibt es eine Petition, und zwar wenden sich da die UnterzeichnerInnen gegen eine frühere Angleichung des Pensionsalters der Frauen an das der Männer. Wir nehmen diese Argumente ernst, und wir wollen sehr gerne hier in eine Diskussion darüber eintreten.
Was ist denn geplant? – Erst 2024 soll mit der schrittweisen Angleichung des Pensionsalters der Frauen an das der Männer begonnen werden, und erst in 21 Jahren wäre dann eine Gleichstellung erreicht. In 21 Jahren!
Diese Regelung stammt aus der Zeit der hochverehrten ersten Frauenministerin Johanna Dohnal, aber seither hat sich die Zeit geändert, und es stellt sich schon die Frage: Nutzt diese Regelung noch den heutigen Frauen?
Noch immer leisten Frauen den überwiegenden Teil der Hausarbeit, der Pflege, sind in der Arbeitswelt benachteiligt, aber jetzt sind sie auch noch in der Pension stärker von Nachteilen betroffen. Warum? – Es fehlen ihnen wichtige Versicherungszeiten. Sie sind es vor allem, die in der Pension von Altersarmut bedroht sind. Und hier wollen wir Verbesserungen, diese Frage wollen wir schnell besser lösen. (Beifall bei der ÖVP.)
Schauen wir uns die Argumente der vorliegenden Petition noch genauer an! Ich zitiere: Das ungleiche Pensionsalter ist „eine Ausgleichsmaßnahme für die vielen noch bestehenden Diskriminierungen“.
Aber: Wird hier nicht das Pferd beim Schwanz, von hinten aufgezäumt? Statt bei den Benachteiligungen anzusetzen – etwa bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf –, schickt man sie auch noch früher in Pension, also eine doppelte Diskriminierung. Die PVA spricht da von einem möglichen Pensionsverlust in Höhe von 10 Prozent.
In dieser Petition wird auch argumentiert, man sollte nicht bei den Frauen zu sparen anfangen. – Jawohl, auch wir sehen das so, auch wir wollen nicht, dass man bei den Frauen zu sparen beginnt. Aber: Wer hindert uns denn daran, kreative Lösungen anzudenken?
Laut Wifo-Studie würde eine Angleichung bis 2020 dem Staat bis zu 710 Millionen € im Jahr ersparen. Was könnten wir nicht alles mit diesen Millionen tun?! Wir könnten zum Beispiel mit der Hälfte dieses Geldes junge Frauen fördern. Wir könnten gerade für junge Frauen ganz gezielte Maßnahmen ergreifen. Was ich damit sagen will: Es sind viele kreative Ansätze möglich, nur angehen müssten wir es. Gehen wir es an!
Die ÖVP hat dazu schon einen Vorschlag präsentiert: Man sollte doch mit der Angleichung des Frauenpensionsantrittsalters früher beginnen, und dann würde sich auch diese furchtbare Schere bei den Pensionen zwischen Männern und Frauen schließen.
Eine Frage möchte ich unbedingt noch ansprechen, weil das auch wichtig ist für die Unterzeichner dieser Petition: Wo bleiben denn die Arbeitsplätze für Frauen? – Ja, da braucht es unbedingt eine Arbeitsmarktoffensive – die ist aber auch schon auf Schiene – für ältere Frauen und ältere Männer. 750 Millionen € sind da schon in der Pipeline.
Das heißt also: Wir brauchen Jobs – Jobs! –, aber nicht Frauen in Pension schicken, denn das ist keine Lösung. Da bin ich den Unterzeichnern dieser Petition sehr dankbar, dass wir wieder über dieses Thema reden können; da wollen wir dranbleiben, da wollen wir gute Lösungen und schnell Verbesserungen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
14.42
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.
14.42
Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf auf der Galerie ganz herzlich begrüßen die FPÖ Graz-Umgebung und die FPÖ Voitsberg! Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein herzliches Grüß Gott! (Beifall bei der FPÖ.)
Sammelbericht und Petitionen: Ich nehme Stellung zur Petition 129, „Teilverkabelung der geplanten 380-kv-Leitung in Salzburg“. Stromversorgung, meine sehr verehrten Damen und Herren, ja – aber nicht um jeden Preis. In sensiblen, bewohnten Gebieten muss es möglich sein, Erdkabel zu verlegen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)
Man weiß ganz genau, dass Hochspannungsleitungen sehr gesundheitsgefährdend sind – wie Studien beweisen –, dass die Strahlung noch weit außerhalb der geplanten Schutzzone für Mensch und Tier, ja sogar für Pflanzen schädlich ist.
Was in der Schweiz und in Dänemark Gültigkeit hat, wird wohl auch in Österreich umsetzbar sein. So dürfen in anderen EU-Ländern Hochspannungsleitungen niemals so nah wie in Österreich an Siedlungen gebaut werden. Ja, man geht sogar noch viel weiter und verbietet bei Neuerrichtungen Freileitungen. Diese Freileitungen müssen durch Erdkabel ersetzt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was in der Schweiz, in Dänemark und in anderen EU-Ländern möglich ist, muss auch in Österreich umsetzbar sein. – Herzlichen Dank! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)
14.43
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
14.43
Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Frau Kollegin Aubauer! Ich denke, wenn die Einkommensschere tatsächlich geschlossen ist, wenn die Familienleistungen tatsächlich gerecht auf beide Geschlechter aufgeteilt sind (Abg. Steibl: Die sind gerecht! Ihr träumt vom Christkindl! – Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner), wenn jene Bereiche, in denen Frauen hauptsächlich arbeiten, besser – oder sagen wir: gerechter – entlohnt werden, dann kann man auch über eine Anhebung des Pensionsalters von Frauen reden. Aber ich denke, man kann nicht viele Ungerechtigkeiten so belassen, wie sie sind, und auf der anderen Seite eine – eventuelle – Ungerechtigkeit mit einem für uns nicht nachvollziehbaren Paket lösen wollen. Das ist nicht der Ansatz der Sozialdemokratie.
Ich möchte auch noch ein paar Worte zum Kollegen Vock sagen, der gesagt hat, wir beschließen heute eine Verfassungsänderung. Herr Kollege Vock – er ist im Moment leider nicht da –: Es wird heute keine Verfassungsänderung beschlossen.
Es wird heute eine erste Lesung abgehalten; es wird eine erste Lesung zum ESM-Vertrag abgehalten und somit auf den parlamentarischen Weg geschickt, und es werden damit auch die Mitwirkungsrechte der Parlamentarier angesprochen. Ich denke, das muss man den Menschen auch ehrlich sagen, sonst bekommen sie einen total falschen Eindruck, was heute beim vierten Tagesordnungspunkt abgehalten werden soll.
Und genau so ist es bei der Petition betreffend Vorratsdatenspeicherung, geschätzte Damen und Herren! Es entsteht der Eindruck, als würde diese Petition heute in irgendeiner Weise begraben, abgeschoben, endverhandelt. – Das ist nicht wahr!
Die Vorratsdatenspeicherung-Petition, die von vielen Menschen, von vielen Bürgerinnen und Bürgern unterstützt worden ist, wurde im Petitionsausschuss ordentlich behandelt. Sie wurde eingebracht. Wir haben Stellungnahmen eingeholt. Es wurden vier sehr, sehr umfangreiche Stellungnahmen abgegeben. Darüber haben wir auch im Petitionsausschuss gesprochen, und dann hat sich der Petitionsausschuss dazu entschlossen, diese Petition dem Justizausschuss zuzuweisen, einem Ausschuss, in dem sich Fachabgeordnete mit diesem Thema beschäftigen werden. Genau das fordern die Kolleginnen und Kollegen der Oppositionspartei in fast jedem Petitionsausschuss. Dieses Mal geschieht das – und es ist auch kein richtiger Vorgang, wie es den Eindruck macht.
Ich möchte das schon klarstellen, damit die Menschen, die diese Initiativen unterschrieben haben, wissen, dass ihr Anliegen sehr wohl ordentlich behandelt wird. Ich bin davon überzeugt, dass das heute in der Fragestunde mit Frau Justizministerin Karl angesprochene Hearing auch stattfinden wird, dass dort Expertinnen, Experten, Fachabgeordnete darüber diskutieren werden und dass man dann am Ende zu einer Lösung kommen wird. Das sind wir den vielen Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern auch schuldig.
Auf der einen Seite soll eine Lösung garantiert werden, dass der Datenschutz gewährleistet wird, dass die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger bestmöglich geschützt und gewahrt bleiben, dass die Bedenken ernst genommen werden; auf der anderen Seite soll aber – das muss man bei der Diskussion mit bedenken – auch berücksichtigt werden, dass das Internet immer mehr ein Tatmittel und auch ein Tatort wird. In diesem Spannungsfeld befinden wir uns, und ich denke, das Hearing wird da ein Stück mehr Klarheit schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)
14.46
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Tadler. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
14.47
Abgeordneter Erich Tadler (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mein großer Dank, mein ganz großer Dank gilt den annähernd 1 000 Unterzeichnern unserer Salzburger E-Petition „Teilverkabelung der geplanten 380-kv-Leitung in der Stadt Salzburg“.
Unser schönes Bundesland Salzburg zeichnet sich durch seinen Tourismus aus und belegt ja hinter Wien den zweiten Platz. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Durch diese touristische Idylle soll nun die 380-kV-Leitung mit ihren 90 Meter hohen Masten gelegt werden. Diese 380-kV-Leitung wird ein Drittel des Landes in Mitleidenschaft ziehen, genauer gesagt 38 unserer 119 Gemeinden.
Die Planer von Verbund und APG haben auf die Menschen keine Rücksicht genommen und werden dies wohl auch in Zukunft nicht tun. Dabei geht es wie immer um den schnöden Mammon, um das liebe Geld. Für Grundstücksspekulanten ist das ein Eldorado, denn die Liegenschaften unter der abzubauenden 220-kV-Leitung werden ja schlagartig im Wert steigen. Laut Verbund und dessen Tochter APG werden 4 Millionen Quadratmeter Bauland durch den Abbau der 220-kV-Leitung frei, doch nur zulasten von Erholungsgebieten.
Die 380-kV-Leitung wurde am Rande der Stadt Salzburg vorbeigeleitet, wobei sie da schon das Weltkulturerbe streift. Im Innergebirge werden die 90 Meter hohen Masten
dann auch Werfen, den Raum Bruck, Zell am See bis hin zum Nationalpark Hohe Tauern verschandeln.
Der Ungehorsam, meine sehr geehrten Damen und Herren, der betroffenen Bürger verstärkt sich unterdessen immer mehr. Es brennen bereits Holzmasten. Der sozialdemokratische Bürgermeister von Werfen plant in diesem Zusammenhang eine Blockade der Tauern Autobahn während der Hauptreisezeit. – Na, gute Nacht! Das wird spannend.
Die Gemeinden im Innergebirge sehen die Sachlage ganz ähnlich. Für Limberg, Limberg II, Kaprun scheint genügend – genügend! – Geld vorhanden zu sein, doch für eine teilweise Erdverkabelung eben nicht, sagt der ÖVP-Bürgermeister Wenger aus Taxenbach und plant eine Veranstaltung mit Kabelbetreibern, denn er sagt auch: Bei Masten sind wir immer noch auf dem Stand wie vor 80 Jahren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es steht aber nicht nur der Landschaftsschutz auf dem Spiel, sondern vor allem die Gesundheit der Menschen. Kollege Doppler hat ja schon darauf hingewiesen. Der Gesundheitsminister hat nun schon zum zweiten Mal die gleiche Stellungnahme bezüglich der Gesundheitsgefährdung abgegeben – quasi ein Wiederholungstäter. Der Succus der Aussage ist, dass in absehbarer Zeit von wissenschaftlicher Seite keine abschließende Beurteilung des Problems langfristiger gesundheitlicher Auswirkungen zu erwarten ist. – Danke, Herr Minister, für diese Stellungnahme!
Ich möchte von den Abgeordneten und vom Bundesminister nur wissen, ob sie sich unter einer solchen Hochspannungsleitung niederlassen würden oder nicht. Eigentlich sollte das ja kein Problem darstellen, denn – wie schon vorher erwähnt – es sind ja keine gesundheitlichen Auswirkungen zu erwarten. – Danke sehr. (Beifall des Abg. Dr. Hübner. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)
14.50
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist Herr Abgeordneter Dr. Lopatka zu Wort gemeldet. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.
14.50
Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich grundsätzlich beginnen, weil immer wieder der Vorwurf erhoben worden ist, dass hier mit berechtigten Bürgeranliegen nicht ordentlich umgegangen wird. Sie wissen, dass es der Österreichischen Volkspartei sehr, sehr wichtig ist, da zu Verbesserungen zu kommen, um die Bürger stärker einzubinden, insbesondere auch von der Parteijugend werden Initiativen gesetzt. Im Zuge dieser Debatte sollte man meines Erachtens durchaus auch darüber diskutieren, was man bisher gesehen hat, wie der Petitionsausschuss arbeitet und was man da an Verbesserungen erreicht.
Der entscheidende Punkt ist schon, dass in der Sache selbst – und ich gehe davon aus, dass sich das auch in Zukunft nicht ändern wird – nicht der Petitionsausschuss entscheiden soll, sondern dass das immer dem entsprechenden Fachausschuss zuzuweisen ist, dass sich aber die Abgeordneten, die im Petitionsausschuss sind, mit Expertenhilfe eine Meinung bilden können sollen, damit da nun die richtigen Schritte gesetzt werden.
Jetzt zu den konkreten Anliegen, die heute hier auch besprochen worden sind: Der erste Punkt betrifft diese 380-kV-Leitungen. Ich habe selbst im Wahlkreis jahrelang die Diskussion gehabt, was 380-kV-Leitungen betrifft, wo wir viele Experten eingeladen und dann letztendlich auch mit den Betreibern – und das möchte ich schon einmal
sagen, denn meist ist der Verbund der Betreiber – ein Ergebnis erreicht haben, wo durchaus die Bürgerinteressen berücksichtigt worden sind und wir geschaut haben, dass diese Leitung so gelegt worden ist, dass sie möglichst weit vom besiedelten Gebiet weg liegt.
Sie wissen, dass Experten da unterschiedlicher Auffassung sind. Sie werden Experten finden, die starke gesundheitliche Befürchtungen haben, Sie werden aber auch Gutachten bekommen, die das bei Weitem nicht so dramatisch sehen. Selbst was das Handy betrifft, das jeder von uns nützt, gehen manche von möglichen Strahlungen aus.
Was ich damit sagen möchte, ist: In einer hoch technisierten Welt ist es für Politiker nicht immer einfach, letztendlich die richtigen Entscheidungen zu finden, weil sich selbst die Experten in vielen Bereichen nicht einig sind, wie sie vorgehen sollen.
Der erste Bereich, den ich angesprochen habe, war ein umwelt- und gesundheitspolitischer, der sehr ernst zu nehmen ist; ein anderer Bereich, ein demokratiepolitischer, ist die Vorratsdatenspeicherung. Auch hier prallen unterschiedlichste Meinungen aufeinander: Die einen sehen den Sicherheitsaspekt im Vordergrund und sagen, es sei notwendig, da entsprechende Maßnahmen zu setzen, um dann tatsächlich bei Ermittlungen gegen organisiertes Verbrechen vorzugehen.
Es gibt da ja tatsächlich schon Erfolgsbelege. Wenn ich zum Beispiel daran denke, dass eine österreichische Behörde nur durch eine entsprechende Vorratsdatenspeicherung einen Kinderpornographiering mit mehr als 100 Verdächtigen aufgegriffen hat, dann muss es in unser aller Interesse sein, der Sicherheitsbehörde entsprechende Möglichkeiten zu geben, um wirkungsvoll gegen solche Verbrechen vorzugehen.
Auf der anderen Seite nehme ich es schon sehr ernst, wenn mehr als 100 000 – es waren 106 000 – Bürgerinnen und Bürger diese Online-Unterschriftenplattform nützen, um ihre Bedenken zum Ausdruck zu bringen, weil da auch wieder eine Interessenabwägung notwendig sein wird. Ich bin mir sicher, dass wir da auch auf europäischer Ebene noch nicht am Ende der Diskussion sind, was die Vorratsdatenspeicherung betrifft, auch was Grundrechtsfragen und den Schutz des Einzelnen mit seinen Daten betrifft.
Um es zusammenfassend auf den Punkt zu bringen: Ich halte diese Arbeit, die im Petitionsausschuss geleistet wird, für eine sehr gute, aber das heißt nicht, dass man nicht auch da noch zu Verbesserungen kommen kann. Gegen eines verwahre ich mich aber: gegen den Vorwurf, dass die Regierungsparteien Bürgeranliegen nicht ernst nehmen. In der Form, wie diese Bürgeranliegen, diese mehr als 30 Petitionen hier jetzt behandelt worden sind, kommen wir sehr wohl dem Erfordernis einer ernsthaften Behandlung dieser Anliegen nach. (Beifall bei der ÖVP.)
14.55
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht 1795 der Beilagen hinsichtlich der Petitionen Nr. 125, 129, 135, 137 bis 141, 143, 145, 147, 149 und 150, 152 bis 156, 163 und 165 sowie der Bürgerinitiativen Nr. 35 bis 38 zur Kenntnis zu nehmen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. (Ruf bei der SPÖ: Zirka 90 Prozent!) – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend generelles Nein zur Schiefergasförderung.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt. (Ruf bei der SPÖ: Wir haben nicht einmal Schiefergas!)
Ich unterbreche nunmehr die Verhandlung bis 15 Uhr. Wir gelangen dann zur Durchführung einer kurzen Debatte über einen Fristsetzungsantrag. Die Sitzung ist kurz unterbrochen.
*****
(Die Sitzung wird um 14.57 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufgenommen.)
*****
Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag
Präsidentin Mag. Barbara Prammer (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf, und wir gelangen zur kurzen Debatte betreffend den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1993/A der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird, eine Frist bis 3. Juli 2012 zu setzen.
Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.
Wir gehen in die Debatte ein.
Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf. Dem Erstredner/der Erstrednerin kommt zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zu. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung beziehungsweise Staatssekretären sollen jeweils nicht länger als 10 Minuten dauern.
Zunächst gelangt die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Klubvorsitzende Dr. Glawischnig-Piesczek, zu Wort. – Bitte sehr. (Ruf: Machen wir eine Menschenkette!)
15.01
Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Die Grünen starten hiermit einen neuerlichen Versuch, den Weg freizumachen für eine Abwahlmöglichkeit von Nationalratspräsidenten, im Anschluss an die Tatsache, dass es in diesem Haus einen Präsidenten gibt, der sich für dieses Amt absolut disqualifiziert hat, und es nach wie vor in der österreichischen Rechtsordnung keine Möglichkeit gibt, einen Präsidenten, der die Würde des Hauses mit Füßen getreten hat, auch tatsächlich abzuwählen. (Abg. Vilimsky: Sie sind ja schon abgewählt als Präsidentin! – Ruf bei der FPÖ: Das ist nur der Neid!)
Wir haben den Antrag gestern eingebracht, und ich möchte noch einmal an Folgendes erinnern: Am 28. Oktober 2008, als Martin Graf zum Dritten Nationalratspräsidenten
gewählt wurde, war, glaube ich, allen Mitgliedern dieses Hauses ausführlich und auch schon lange bekannt, in wessen Naheverhältnis er steht, welches Gedankengut Martin Graf teilt. Das war eindeutig belegt.
Wir haben damals auch Dokumentationen noch einmal an alle Abgeordneten ausgeschickt, insbesondere mit dem Hinweis auf diese Betonung des „Lebensbundes“ Olympia, die in Österreich wahrlich als rechtsextreme Burschenschaft bezeichnet werden kann: Holocaust-Leugner auf dem Weg zur Burschenschaft Olympia verhaftet, und Spaßlieder dort, Juden-Spaßlieder zur Ermordung von Millionen von jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern – wir wissen es nicht, ob diese vorgetragen wurden oder nicht (Abg. Neubauer: Wenn Sie es nicht wissen, dann müssen Sie schweigen! – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Warum reden Sie dann davon? – Abg. Neubauer: Das ist eine Gemeinheit, so was!), aber zumindest hat dieser Liedermacher dort ein Podium gefunden. Mir reicht es im Übrigen, dass man solchen Liedermachern einfach ein Podium bietet. Das hat mir wirklich gereicht, um das Gedankengut dieser Olympia nachvollziehen zu können. (Beifall bei den Grünen.)
Trotzdem wurde er gewählt – trotzdem wurde er gewählt! Spätestens, denke ich, im Frühjahr des darauf folgenden Jahres, als er sich noch einmal disqualifiziert hat, indem er den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde beschimpft hat, als „Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus“ bezeichnet hat, war, glaube ich, der Mehrheit des Nationalrates klar, dass da ein Fehler passiert ist – ein großer Fehler passiert ist.
Trotzdem wurde damals dem Antrag der Grünen, eine Abwahlmöglichkeit zu schaffen und eine Möglichkeit zu finden, sich so eines Präsidenten zu entledigen, nicht stattgegeben.
Jetzt wurden neuerlich Vorwürfe bekannt, allerdings in einem ganz anderen Kontext und Zusammenhang. Meine Mutter ist 68 – Sie haben sicher auch Mütter und Großmütter (Zwischenruf des Abg. Ing. Hofer) –, und sie hat große Schwierigkeiten, wenn es um einen neuen Handyvertrag oder um andere Kleinigkeiten, Verträge geht, das alleine zu bewerkstelligen. Sie sucht immer Rat bei ihren Kindern oder bei ihren Enkelkindern. Und wenn man ältere Personen kennt, dann weiß man, wie sehr sie Menschen brauchen, denen sie vertrauen können.
Eine 90-jährige Dame in dem Sinn so zu hintergehen, dass sie sich danach tatsächlich gezwungen sieht, sich an die Medien zu wenden (Abg. Mag. Stefan: Gemeinsam mit dem Zanger!) und zu sagen, sie wurde hintergangen, sie wurde benachteiligt, sie hat keinen Zugriff mehr auf ihr Vermögen, sie kann sich die Heizung nicht mehr leisten, sie bekommt kein Geld, um sich die Pflege zu organisieren! (Abg. Ing. Höbart: Das ist absurd, was Sie da daherplappern! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Ing. Höbart: Sie haben keine Ahnung von dem, was Sie reden!)
Naja, Ihre Argumentation ist dann immer dieselbe. Bei Ihnen sind immer die anderen schuld. Es gibt keinen einzigen Menschen bei Ihnen, der jemals einen Fehler gemacht hat. Martin Graf ist unfehlbar, immer sind alle anderen schuld. Und im Übrigen sind Sie so extrem wehleidig, dass Sie sich hier zum Opfer dieser 90-jährigen alten Dame erklären. Das finde ich einigermaßen absurd. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neubauer: Ihre Aussage ist absurd!)
Dieses „Immer sind alle anderen schuld“ erstaunt insbesondere von einer Partei, die, was verbale Ausritte und verbale Radikalität betrifft, insbesondere gegen Vertreterinnen und Vertreter von Religionsgemeinschaften oder Jugendliche und Kinder, die nicht den österreichischen Reisepass haben (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek), nie davor zurückgeschreckt hat, gegen diese mit ordentlicher verbaler Radikalität und Brutalität vorzugehen. Da so eine Wehleidigkeit festzustellen, ist schon einigermaßen erstaunlich. Aber wenn ich irgendwann einmal viel Zeit habe, werde ich Sie bemit-
leiden. Das habe ich leider im Moment noch nicht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Höbart: schon aus der Politik verabschiedet!)
Ihr Verständnis, was Medienfreiheit in Österreich anbelangt, haben Sie dann auch noch einmal demonstriert, denn als der „Report“ das zweite Mal einen Bericht zu dieser Causa ausgestrahlt hat, haben Sie im Vorfeld versucht, über eine einstweilige Verfügung diesen „Report“-Beitrag zu stoppen. Und das wissen vielleicht nicht viele Abgeordnete in diesem Haus, aber in der Begründung für diese einstweilige Verfügung wurden genau die Stimmen, die Martin Graf gewählt haben, in Geiselhaft genommen, indem argumentiert wurde – ich zitiere diesen Satz, weil es bemerkenswert ist –:
„Die überwiegende Mehrheit der Abgeordneten des österreichischen Nationalrates ist der Überzeugung, dass er“, nämlich Martin Graf, „für diese Funktion gem. Art. 30 B-VG aufgrund seines untadeligen Rufes geeignet ist.“ (Abg. Mag. Steinhauser: SPÖ und ÖVP!)
Ich glaube, dass eine deutliche Mehrheit dieses Hauses der Meinung ist, dass Martin Graf für dieses Amt nicht mehr geeignet ist. Davon bin ich absolut überzeugt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ich bin Juristin. Ich habe großen Respekt vor Menschen, die den Beruf des Rechtsanwalts ergreifen, die diese sehr schwierigen Prüfungen machen, die auch diese langen Ausbildungszeiten in Kauf nehmen, und mir wäre es hochnotpeinlich, sage ich Ihnen, wenn ich über Jahre hinweg als „Rechtsanwältin“ bezeichnet würde, obwohl ich keine bin. Ich finde das peinlich. Sie wissen genau, was eine Rechtsanwaltsanwärterprüfung bedeutet. Und sich dann auf die Bürokratie, die sich in Ihr Büro eingeschlichen und den Wahlzettel ausgefüllt hat, auszureden?! Man bezeichnet das als die Bürokratie – in der Welt der Freiheitlichen ist das Böse offensichtlich immer eine Frau –, diese hat sich also eingeschlichen und Ihren Wahlzettel gefälscht. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist wirklich der Gipfel der Absurdität von einer Umdrehung, dass man sich für seine eigenen Taten in keiner Weise mehr verantwortlich fühlen muss.
Und eines sage ich Ihnen schon: Das erwartet die Bevölkerung von Menschen auch in der Politik, dass sie irgendwann einmal sagen können: Entschuldigung, ich habe einen Fehler gemacht! (Abg. Ing. Hofer: Sie machen nie Fehler!), und das nicht auf eine Sekretärin oder auf irgendwen abschieben, sondern sagen: Ich habe einen Fehler gemacht. Ich entschuldige mich dafür. Das tut mir leid. – Bringen Sie das einmal zustande! (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Entschuldigen Sie sich einmal!) Das ist nicht so schwer, einfach einmal einen Fehler einzugestehen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Stefan: Vielleicht können Sie ja lesen, dann können Sie es ja anschauen: Rechtsanwaltsanwärter; Unterschrift: Graf. – Ganz einfach!) – Ich kann lesen, das ist überhaupt kein Thema. Da brauche ich mir nicht zusätzlich irgendetwas auf den Hut zu stecken. Lesen beherrsche ich, ja.
Zur Abwahlmöglichkeit: Viele Amtsträger in dieser Republik können abgewählt werden. (Ruf bei der FPÖ: Sie wurden abgewählt!) Der Bundespräsident kann abgewählt werden. Es kann der Bundeskanzler vom Nationalrat das Misstrauen ausgesprochen bekommen. Jeder Landeshauptmann ist seinem Landtag verantwortlich und kann mehrheitlich abgewählt werden. (Abg. Vilimsky: Sie sind ein Beispiel dafür, dass man abgewählt werden kann!) Jedem Bundesminister, jeder Bundesministerin kann mit einfacher Mehrheit das Misstrauen ausgesprochen werden. Nur beim Dritten Nationalratspräsidenten soll das nicht möglich sein?
Selbst der Rechnungshofpräsident, dessen Aufgabe es ist, zu kontrollieren und der Verwaltung und auch uns auf die Zehen zu steigen, ist nicht vor der Möglichkeit einer Abwahl geschützt. Den Rechnungshofpräsidenten kann man mit einfacher Mehrheit abwählen. Ich finde, das passt irgendwie nicht ganz zusammen, Herr Kollege Kopf. –
Der Kollege Kopf zückt jetzt schon (Abg. Kopf: Das ist ja unglaublich! Den Rechnungshofpräsidenten zu vergleichen mit dem Nationalratspräsidenten! Das ist demokratiepolitisch unglaublich!) – Warum? Warum? Das ist genau der Punkt: Kontrolle auszuüben kann deutlich unbequemer sein als einen Vorsitz zu führen. Sie können noch einmal argumentieren, die Vorsitzführung muss auch hart durchgreifen, macht sich auch unbeliebt – aber der Rechnungshofpräsident mit Sicherheit auch: Der muss kontrollieren und auf die Zehen steigen. Argumentieren Sie einmal einen Unterschied zwischen einem Bundesminister und einem Parlamentspräsidenten! Ich finde das nicht nachvollziehbar. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wissen Sie das nicht?! – Abg. Vilimsky: Das ist ja peinlich! – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Haben Sie die Prüfungen auch gemacht? – Das ist unfassbar!)
Zum Modell der ÖVP. – Von der SPÖ haben wir schon gehört, und das wird heute spannend sein, sie unterstützen das Modell Wahl mit einfacher Mehrheit, Abwahl mit Zweidrittelmehrheit. Ich finde, das ist ein gutes Modell, und auch den Vorschlag der Frau Präsidentin Prammer mit der Abkühlphase haben wir in unseren Antrag eingearbeitet. Deswegen hoffe ich auf Ihre Zustimmung, auch bei der Fristsetzung.
Die Variante der ÖVP ist besonders originell. Die Variante der ÖVP sieht die Abwahl eines Präsidenten nur dann vor, wenn er Verfassungsbruch begeht und eine Freiheitsstrafe ausfasst. – Interessant. Okay. Aber jetzt erklären Sie mir einmal, wo der Dritte Präsident überhaupt eine Möglichkeit hat, Verfassungsbruch zu begehen, außer er kapert ein fremdes Heer, marschiert in der Hofburg ein und setzt den Bundespräsidenten ab. (Abg. Kopf: Und warum gibt es das dann beim Bundespräsidenten?) Sagen Sie mir bitte einen Anlassfall, wo in der Vorsitzführung als Dritter Präsident überhaupt die Verfassung gebrochen werden kann! Können Sie mir nur diese einzige Frage beantworten? Ich wäre Ihnen sehr dankbar. Ich habe wirklich keinen Anlassfall gefunden. (Beifall bei den Grünen.)
Und eines auch noch: Also wenn jemand eine gerichtliche Freiheitsstrafe ausfasst, zu einer gerichtlichen Freiheitsstrafe verurteilt wird – als unbescholtener Bürger, unbescholtene Bürgerin kommt man nie in die Nähe einer unbedingten Freiheitsstrafe –, dann muss vorher schon einiges passiert sein. (Abg. Kopf: Von „unbedingt“ steht gar nichts drinnen im Antrag!) Meine Standards für einen Präsidenten des Nationalrates sind etwas höher. Ich glaube, bevor wir dorthin kommen, zu Verfassungsbruch und Freiheitsstrafe (Abg. Mag. Stefan: Zuerst einmal muss man gewählt werden!), wäre es durchaus sinnvoll, jedenfalls schon vorher zurückzutreten. (Beifall bei den Grünen.)
Herr Klubobmann Kopf! Sie haben gesagt, Sie würden dem Präsidenten den Rücktritt nahelegen. Es ist offensichtlich, dass er das nicht tut und dass auch Klubobmann Strache zu schwach ist, um sich gegen die Burschenschaftler in den eigenen Reihen durchzusetzen (ironische Heiterkeit bei der FPÖ) und ihn zum Rücktritt zu zwingen. – Also Lachen ist meistens ein Eingeständnis von Schuld. Aber Sie können das interpretieren, wie Sie wollen. (Beifall bei den Grünen.)
Die Bestimmung, die Sie jetzt als Lösung für die Abwahl vorsehen, würde ein ehemaliger Präsident des Hauses, nämlich Präsident Khol, als „Verfassungsschotter“ bezeichnen.
In diesem Sinne: Folgen Sie unserem Weg! Er ist systematisch mit der österreichischen Rechtsordnung komplett kompatibel, und es würde uns wirklich im Vertrauen der Bevölkerung einen Schritt voranbringen, wenn gezeigt wird: Wenn Verfehlungen passieren, gibt es auch eine Konsequenz vonseiten des österreichischen Parlaments. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neubauer – auf Abgeordnete der Grünen weisend, die jeweils ein T-Shirt mit der Aufschrift „Martin Graf muss gehen!“ tragen, in Richtung der
Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek –: Warum haben denn Sie kein Leiberl an? Haben Sie kein Gucci-Leiberl gefunden?)
15.12
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit der nachfolgenden Rednerinnen und Redner 5 Minuten beträgt.
Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap.
15.12
Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wenn es nach uns gegangen wäre, hätten wir schon längst ein Modell. Wir haben auch schon eines vorgestellt. Wir gehen da etwas weiter. Wir wollen, dass ein Drittel der Abgeordneten eine Initiative starten kann, wohl begründet – das ist das, was im grünen Antrag nicht drinnen steht –, nämlich – unsere Formulierung – wenn sich der Präsident des Nationalrates durch sein Verhalten im Amte und außerhalb des Amtes der Achtung und des Vertrauens, die sein Amt erfordert, unwürdig gezeigt hat. – Das würde noch hineingehören. Dann: Bei Anwesenheit einer einfachen Mehrheit müssten dann zwei Drittel abwählen.
Das heißt, wir würden – und das schlage ich jetzt, heute, vor – uns zusammensetzen, so rasch wie möglich (Beifall bei Abgeordneten der Grünen), gemeinsam ein Modell ausverhandeln, es hier einbringen. Dafür brauchen wir eine Zweidrittelmehrheit. Und dann ist das Modell hier präsent, und dann können wir den nächsten Schritt setzen. Da hilft uns eine Fristsetzung nichts, denn wir brauchen eine Zweidrittelmehrheit, also eine dritte Partei, die so viele Stimmen hat, dass wir diese Zweidrittelmehrheit dann für die Einführung und für die Abwahl auch haben. – Mein Blick wandert auf diese Seite.
Damit komme ich jetzt noch zum zweiten Punkt, und das ist die Frage Graf selbst. Und da muss ich sagen: Diesmal, Herr Präsident Graf, zieht die Märtyrernummer nicht mehr und zieht die Verfolgtennummer auch nicht mehr. Denn wenn man eine 90-jährige Frau in dieses Stiftungsmodell hineinzieht und wenn man dann aus diesem Stiftungsgeld ein Haus kauft, in dem der Bruder sein Restaurant betreibt und sich ein Verein befindet, was weiß ich, in Form seiner Mitarbeiter aus dem Präsidentenbüro, die dort eine Homepage betreiben und so weiter, dann ist das eine Optik, die für einen Rücktritt reicht. Das muss ich Ihnen ehrlich sagen. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)
Dann aber auch noch zu versuchen, zu bewirken, dass darüber nicht berichtet wird, das setzt dem Ganzen natürlich die Krone auf. Da muss ich Ihnen sagen, da gibt es jetzt keine ideologischen Ausreden und keine „Gutmenschen“, die in der Gegend herumlaufen – wie es oft in Ihren Reihen formuliert wird –, sondern das ist ganz einfach nicht in Ordnung! Das ist nicht sauber, das ist nicht in Ordnung, das tut man nicht! Das, finde ich, ist nicht nur etwas, was ein Präsident dieses Hauses nicht tun sollte, sondern das ist generell eine unmögliche Vorgangsweise.
Und wenn Sie sich in Rechtsanwaltskreisen befinden – auch als Anwärter kann man ja mit Rechtsanwälten Kontakt haben –, wenn man sich dort befindet, wird man hören: Was? Mit 1 Million € macht man eine Stiftung?! (Abg. Dr. Graf: Das ist ja unwahr!) Was ist das für eine komische Konstruktion? (Abg. Dr. Graf: Das ist ja leider unwahr! Das ist leider unwahr!) – Haben Sie eigentlich die Frau Meschar jemals gefragt, ob sie überhaupt Ihnen als Graf das Geld geben wollte? Vielleicht wollte die bloß der FPÖ das Geld zur Verfügung stellen und wundert sich, dass das Geld nicht an die FPÖ geht, sondern plötzlich an das Haus geht, wo Ihr Bruder ein Restaurant betreibt. Wird das bei Ihnen eigentlich diskutiert, dass das vielleicht eine Möglichkeit ist – wenn das schon jemand ist, der Ihnen möglicherweise nahegestanden sein soll?
Daher, finde ich, ist das im höchsten Maße nicht in Ordnung. Ich sage das hier in aller Deutlichkeit. Ich gehe davon aus, dass wir uns so rasch wie möglich zusammensetzen sollten, ein Modell ausverhandeln und dann zur Tat schreiten sollten. (Beifall bei der SPÖ.)
15.15
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Klubobmann Kopf. – Bitte.
15.15
Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Für uns, für die ÖVP, besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass die fehlende Abberufungsmöglichkeit bei den drei Nationalratspräsidenten in der Bundesverfassung ein Manko und ein Fehler ist, denn den Herrn Bundespräsidenten kann man sehr wohl unter ganz bestimmten Umständen abberufen – nicht abwählen, sondern abberufen, und dies auch nur unter Einbindung des Verfassungsgerichtshofes, Frau Kollegin Glawischnig, aber man kann. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist aber der Einzige, wo der Verfassungsgerichtshof !)
Und bei den Nationalratspräsidenten, beim zweithöchsten Amt in diesem Land, gibt es diese Möglichkeit nicht. Darum haben wir von der ÖVP auch schon vor zwei Jahren den Vorschlag eingebracht, analog zur höchsten Funktion im Staat auch bei der zweithöchsten Funktion im Staat – die zum Beispiel im Falle des Ausfalls des Bundespräsidenten auch ganz bestimmte Funktionen von ihm zu übernehmen hat – eine gleichwertige und gleichartige Regelung zu schaffen. Aber diese zwei höchsten Ämter im Staate zu vergleichen mit dem Rechnungshofpräsidenten?! – Bei allem Respekt vor dem Rechnungshofpräsidenten, aber das ist doch eine völlig andere Funktion und hat auch für die Wahrung der Demokratie und in unserem demokratischen System eine ganz andere Funktion als der Bundespräsident oder der Nationalratspräsident. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Es gibt also meines Erachtens gute Gründe, diesen Ämtern einen besonderen Schutz vor politischer Willkür angedeihen zu lassen. Und, Frau Kollegin Glawischnig, wie Sie es in Ihrem Antrag schreiben: disqualifiziert habe er sich, unwürdig sei er, der Herr Graf, nicht geeignet sei er – das sind halt schwer objektiv fassbare Gründe (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist eine politische Entscheidung, selbstverständlich!), und da ist man dann sehr nahe bei der Willkür. Und wenn man sich halt die in diesem Hause seit zig Jahren geübte Usance anschaut, so kommen die drei Präsidenten dieses Hauses ja nicht aus Parteien, die allein über eine Mehrheit im Haus verfügen, sondern es besteht die Usance, dass die stärkste, zweitstärkste und drittstärkste Fraktion je einen Vorschlag machen und die anderen Parteien in der Regel dieser Usance folgen (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Nicht immer!) – ich komme gleich darauf zu sprechen – und, obwohl sie mit der politischen Überzeugung der anderen Partei mit Sicherheit nicht hundertprozentig oder vielleicht auch gar nicht übereinstimmen, aus den Reihen dieser drei stärksten Parteien je einen Präsidenten wählen. Damit gibt man nicht zu erkennen, dass man allenfalls mit der politischen Richtung dieser Partei einverstanden ist oder vielleicht auch überhaupt nur irgendetwas zu tun haben will, sondern das ist Demokratie, und das sind Spielregeln der Demokratie. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich habe heute einen, wie ich meine, guten Kommentar von Walter Hämmerle in der „Wiener Zeitung“ gelesen. Er ist zum Herrn Graf offenbar auf sehr großer Distanz, weil er schreibt:
„Zweifellos ist Martin Graf für ein hohes politisches Amt ungeeignet.“
Er schreibt auch, Martin Graf als Dritter Präsident „gereicht der Republik nicht zur Ehre“. Er schreibt auch, dass solche Karrieren aber „zum immanenten Risiko der repräsentativen Demokratie“ gehören. – So weit, so gut oder so schlecht. Das schreibt Hämmerle.
Er schreibt aber auch, „dass allgemeine Regeln möglichst unabhängig von konkreten Personen gestaltet sein sollten. Auch und insbesondere in der Demokratie.
Diese zeichnet sich zwar dadurch aus, dass die Mehrheit in der Regel das letzte Wort hat, allerdings sind hiervon gewichtige Ausnahmen vorgesehen. Solche betreffen nicht nur grundlegende Rechte von Individuen und Minderheiten, sondern eben auch die demokratischen Institutionen und Prozesse selbst. Und dazu wiederum zählt unter anderem die Regelung, das Präsidium des Nationalrats nach der Stärke der im Parlament vertretenen Parteien zu besetzen.“ (Abg. Brosz: Das ist aber keine Regelung! Das ist eine Usance!)
Diesem Kommentar kann ich mich gerne anschließen. (Beifall bei der ÖVP.)
Zu Martin Graf aber schon auch noch eine direkte Bemerkung. Martin Graf besetzt immer wieder einmal extrem rechte politische Positionen – das ist nicht meines, das ist nicht unseres, das ist seines. Er ist jetzt aber zusätzlich auch Vorwürfen ausgesetzt, von dieser alten Dame und ihren Freunden. Vorwürfen kann jeder von uns sehr schnell einmal ausgesetzt sein. Wir erleben es in der jüngsten Vergangenheit sehr häufig, dass der Vorwurf zum politischen Instrument gemacht wird. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Einen Satz noch, Frau Präsidentin.
Ich sage Ihnen ganz klar: Ich würde Martin Graf heute nicht mehr wählen. Ich würde dieselbe Vorgangsweise wählen als Klubobmann – war ich damals nicht –, nämlich der FPÖ vorzuschlagen, einen anderen Kandidaten zu nominieren, weil sich meine Fraktion oder viele wahrscheinlich schwertäten, ihn zu wählen. Aber, ich bleibe dabei, das Amt des Nationalratspräsidenten muss vor politischer Willkür geschützt bleiben. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Unser Vorschlag ist der einzige, der dem gerecht wird. (Beifall bei der ÖVP.)
15.21
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Strache zu Wort.
15.21
Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird heute wieder einmal das grüne Trauma sichtbar, Frau Klubobfrau Glawischnig (ironische Heiterkeit bei den Grünen – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Was wird sichtbar?), denn Sie sind eine ehemalige Dritte Nationalratspräsidentin, die abgewählt wurde, und zwar bei einer demokratischen Wahl. (Beifall bei der FPÖ.)
Das haben Sie bis heute nicht verwunden. Es ist offenbar Ihr Trauma und Ihr Problem, dass Sie, nachdem Sie zur Nationalratspräsidentin gewählt wurden, weil Sie damals drittstärkste Kraft, wenn auch nur um 500 Stimmen, waren – im Sinne der demokratischen Usance wurden Sie hier auch vorgeschlagen und gewählt (Zwischenruf der Abg. Mag. Musiol), und wir haben damals als viertstärkste Kraft auch in demokratischer Hinsicht Respekt vor dieser Usance gelebt –, 2008 durch eine demokratische Wahl auf den fünften Platz zurückgereiht und damit abgewählt wurden. Das haben Sie nicht überwunden!
Und seit damals erleben wir, wie Sie permanent politisch versuchen, mit Diffamierung, mit Vernaderung, mit Kampagnen gegen den Dritten Nationalratspräsidenten Dr. Martin
Graf vorzugehen. Unzählige Aktivitäten hat es da in der Vergangenheit gegeben, auf die ich jetzt nicht hinweisen möchte.
Aber eines, Frau Glawischnig, nehmen Sie bitte endlich zur Kenntnis: Die Freiheitliche Partei hat weder mit Antisemitismus noch mit dem Nationalsozialismus irgendetwas gemein! (Beifall bei der FPÖ.)
Wir lassen uns von Ihnen nicht immer wieder in einer linksextremistischen Diktion solche Ungeheuerlichkeiten vorwerfen. Nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass wir den demokratischen Grundkonsens in dieser Republik leben, und behaupten Sie hier nicht immer wider besseres Wissen die Unwahrheit! (Zwischenruf des Abg. Dr. Strutz.)
Frau Glawischnig! Sie haben heute den einen oder anderen Punkt – und viel Zeit ist ja nicht – angesprochen. Dazu Folgendes: Es gibt zwei Vorwürfe, die immer wieder in den Raum gestellt werden.
Der eine Punkt ist, dass die Dame, die vor Jahren auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin eine Stiftung begründet hat, damals auch von einem unabhängigen Gericht vorgeladen und informiert wurde, und das war ihr ausdrücklicher Wunsch. Und Sie werden hoffentlich nicht das unabhängige Gericht zeihen, die Dame über den Tisch gezogen zu haben, wie Sie das heute hier getan haben. (Abg. Brosz: Sie ist von Graf über den Tisch gezogen worden!)
In der Folge hat die Dame ihre Motivation und ihre Gründe für die Gründung einer Stiftung, wo es auch gemeinnützig formulierte Zwecke gibt, geändert, aus welchen Gründen auch immer. Das ist jedenfalls zu respektieren und wird auch von Dr. Martin Graf respektiert, indem er sich aus dem Vorstand der Stiftung zurückgezogen hat.
Wenn es dann aber um Vorwürfe geht, die nicht stimmen und unhaltbar sind, dann kann es nicht sein, dass im Sinne einer politischen Vorverurteilung, im Sinne eines politischen Gerichtshofes oder auch, wenn Sie wollen, eines Mediengerichtshofes hier alle hergehen, die politisch mit Martin Graf noch nie gekonnt und gewollt haben – weil sie ihn vielleicht nicht sympathisch finden; das sei jedem freigestellt –, und sagen: So schaffen wir uns einen politisch missliebigen Menschen vom Leib! – In einem Rechtsstaat hat es keinen Polit- oder Mediengerichtshof zu geben! (Beifall bei der FPÖ.)
Wir leben in einem Rechtsstaat, und Sie als Juristin sollten wissen, dass Exekutive und Legislative sehr wohl voneinander getrennt sind, was auch gut ist.
Vor wenigen Tagen oder einer Woche wurde dann der zweite Vorwurf in den Raum gestellt, nämlich dass Dr. Martin Graf falsche Angaben gemacht haben soll: Die hat er nie gemacht! Er hat immer richtige Angaben gemacht! Das ist dokumentiert! (Zwischenruf des Abg. Brosz.) In all seinen Lebensläufen, auf Facebook, Parlamentshomepage, bei all seinem Melden als Kandidat, bei den Kandidatenformularen, überall hat er „Mag. Dr. Martin Graf“, der er ist, er ist ein Akademiker, er ist Jurist, „Rechtsanwaltsanwärter“ angegeben. Das hat er immer korrekt angegeben.
Ja, dann hat es einen Fehler gegeben, für den er nichts kann – mea culpa, ja, dieser Fehler ist in unserer Landesgeschäftsstelle passiert –, es ist das falsch an den Magistrat und die Wahlbehörde weitergeleitet worden. (Abg. Dr. Kräuter: Ein guter Mann!) So, wie im Übrigen auch bei anderen:
Die Frau Präsidentin, die Berufsverbot hat, ist bei der letzten Wahl als Soziologin angetreten, obwohl sie Nationalratspräsidentin ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Der Herr titulierte Universitätsprofessor Heinz Fischer vergisst, den titulierten Titel wegzulassen.
Oder auch bei Frau Tamandl, die hier sitzt, dürfte ein Fehler unterlaufen sein: Sie ist nämlich keine Steuerberaterin, sondern Kanzleigehilfin in diesem Bereich und steht als Steuerberaterin auf der letzten Wahlliste.
Ja, Fehler passieren, aber Sie sollten so korrekt und ehrlich sein, zu schauen, wo der Fehler passiert ist. Und Dr. Martin Graf hat immer die korrekten und richtigen Angaben gemacht, was belegbar und beweisbar ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir haben das seit über einer Woche der Öffentlichkeit gezeigt und mitgeteilt, aber nirgendwo wurde darüber berichtet. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)
Und da muss man schon sagen: Nicht Sie, Frau Glawischnig (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Beruhigen Sie sich ein bisschen! – Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber), oder sonst jemand hat darüber zu entscheiden, was rechtens und was nicht rechtens ist, sondern ordentliche Gerichte beschäftigen sich damit. Und ich hoffe, Sie werden sich in der Folge bei entsprechenden Ergebnissen der Gerichte genauso entschuldigen, wie Sie das heute von anderen eingefordert haben. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Kräuter: Danke für die Wähler, Herr Strache!)
15.27
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Strache! Ich lasse zwei Begriffe und zwei Vorwürfe in diesem Haus nicht ungeahndet, nämlich den Vorwurf des Rechts-, aber auch des Linksextremismus, und deswegen erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Rufe bei der FPÖ: Walser! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
*****
Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger, der im Übrigen genau in dieser Frage von mir schon öfter – unter umgekehrtem Vorzeichen – einen Ordnungsruf erhalten hat. – Bitte.
15.27
Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat, haben Sie gesagt, Herr Klubobmann Strache. (Abg. Ing. Höbart: Sie nicht, Herr Öllinger!) Im demokratischen Rechtsstaat Österreich war es bis vor 50 Jahren oder seit 50 Jahren, richtiger gesagt, unvorstellbar, dass ein Nationalratspräsident einen Zensurversuch gegenüber einem demokratischen Medium versucht. Unvorstellbar! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ich war damals noch ein kleiner Junge, aber ich kann mich noch an die „Krone“/Olah/Broda-Affäre erinnern, als ein Minister versucht hat – und es ist ihm damals ja auch tatsächlich gelungen –, sich gegen die „Kronen Zeitung“ mittels Beschlagnahme der „Kronen Zeitung“ zur Wehr zu setzen. Ich spreche nicht über das Motiv, aber klar war seit den sechziger Jahren: So etwas macht ein Politiker nicht, dass er gegenüber einem Medium – egal, ob es ein Printmedium, ein elektronisches Medium oder das Fernsehen, das öffentlich-rechtliche Fernsehen mit einer Sendung ist – mit einer einstweiligen Verfügung vorzugehen versucht. (Abg. Strache: Darf man sich nicht wehren?)
Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf hat es versucht, und der Versuch läuft ja noch. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.) Es war der Antrag auf Untersagung betreffend den Beitrag im „Report“, von Ihnen gestellt. (Abg. Strache: Darf man sich bei Verleumdungen nicht wehren?)
Und das ist jetzt der Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, wo es auch für all jene, die Dr. Martin Graf aus einer Usance heraus die Stimme gegeben haben,
interessant wird. Ich sage Ihnen noch einmal, wie er in seiner Aktivlegitimation gegenüber dem Gericht begründet hat, warum er klagt. Es heißt:
„Der Kläger ist Dritter Präsident des Österreichischen Nationalrats, ein unbescholtener Staatsbürger und war von 1994 bis 2002 Abgeordneter zum österreichischen Nationalrat und wurde 2006 erneut als Abgeordneter angelobt. Er wurde vier Mal in seiner Tätigkeit als Abgeordneter in der XX., XXI., XXIII. und XXIV. Gesetzgebungsperiode auf die Republik Österreich unter Ablegung eines Gelöbnisses auf der Formel ,Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten‘ vereidigt.“ (Die Abgeordneten der FPÖ halten Tafeln mit der Aufschrift „Kein Platz für Menschenhatz“ in die Höhe. – Abg. Strache: Herr Öllinger, das sollten Sie einmal beherzigen!)
Und jetzt kommt die entscheidende Passage:
„Am 28.10.2008 wurde er von 109 Abgeordneten des österreichischen Nationalrates () zum dritten Präsidenten des österreichischen Nationalrates gewählt.“ (Abg. Dr. Graf: Das ist doch eine Tatsache!) „Die überwiegende Mehrheit der Abgeordneten des österreichischen Nationalrates ist der Überzeugung, dass er für diese Funktion gem. Art 30 B-VG aufgrund seines untadeligen Rufes geeignet ist.“
Das ist der Punkt! – Halten Sie die Tafeln ruhig nach oben.
Das ist genau der Punkt: Diese 109 Abgeordneten, die ihn aufgrund einer Usance gewählt haben, nimmt Herr Martin Graf bei einer einstweiligen Verfügung gegen den ORF, mit der er eine Sendung zu verbieten versucht, in Geiselhaft (Ruf bei der FPÖ: Sie machen sich lächerlich!) und sagt: Die haben mich aufgrund meines untadeligen Rufes gewählt, die stehen hinter mir! Auch in diesem Begehren gegen den ORF!
Das ist doch das Unerhörte: erstens, dass ein Präsident des Parlaments überhaupt daran denkt, gegen ein Medium so vorzugehen, und zweitens, dass er die 109 Abgeordneten in Geiselhaft nimmt! (Beifall bei den Grünen.)
Deshalb sind Sie, Herr Graf, ein furchtbarer und entsetzlicher Präsident! Sie sind es natürlich auch im Zusammenhang mit der Frage der Frau Meschar, und das haben Sie, Herr Strache, gerade demonstriert. – Ich hoffe, es werden Ihnen von der FPÖ die Arme nicht schwer, aber es geht schon noch eine Zeit lang. (Abg. Strache: Der Spiegel ist vorgehalten!)
Das, was Frau Meschar gemacht hat, war nichts anderes, als die Öffentlichkeit zu suchen, weil sie sich von Herrn Graf übertölpelt gesehen hat. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das hat sie auch erklärt, ganz klar und deutlich erklärt: Ihre einzige Chance, zu ihrem Recht zu kommen, lag darin, die Öffentlichkeit zu suchen. – Und was macht Herr Graf? – Er versucht, diese Öffentlichkeit zu verhindern. Was machen Sie? – Sie sagen, es sei bereits kriminell, wenn jemand an die Öffentlichkeit geht. So habe ich das verstanden, Herr Strache. (Abg. Strache: Dann verstehen Sie immer bewusst Dinge falsch!)
Verstecken Sie sich nicht hinter diesem komischen Blatt, Herr Strache! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Zeigen Sie nur Ihr Gesicht! (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ist eine alte Frau übertölpelt worden. Jeder Mensch, jeder Experte, aber auch jeder Laie in Österreich weiß, dass man mit 75 000 €, und das war der ursprüngliche Betrag für die Stiftung, keine Stiftung machen kann, auch nicht mit einer Million. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.) Und Sie, Herr Martin Graf, auch die anderen Stiftungsvorstände, versuchen, diese alte Frau nach
Strich und Faden auszunehmen, und dafür gehören Sie in die Wüste geschickt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
15.33
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1993/A der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird, eine Frist bis 3. Juli 2012 zu setzen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Dieser Antrag findet keine Mehrheit (Oh-Rufe bei der FPÖ – Ruf: Das ist aber nicht viel!) und ist damit abgelehnt.
Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2011/4 (III-230/1798 d.B.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nunmehr zum 3. Punkt der Tagesordnung.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lapp. – Bitte.
15.34
Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Unter diesem Punkt der Tagesordnung wird der Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2011/4 behandelt. Wir haben uns im Rechnungshofausschuss am 14. März und am 6. Juni mit den verschiedenen Themen beschäftigt. Der Bericht umfasst beispielsweise: Klima- und Energiefonds, Bundespressedienst, ELAK, Follow-Up-Überprüfungen, militärische Vertretungen im Ausland, Immobiliengebarung ÖBB.
Im Rechnungshofausschuss ist es so, dass vonseiten der Oppositionsfraktionen die verschiedenen Kapitel vorgeschlagen werden, die behandelt werden, und wir haben uns in den beiden Rechnungshofausschusssitzungen mit dem Klima- und Energiefonds und den militärischen Vertretungen im Ausland beschäftigt.
Zu den militärischen Vertretungen im Ausland: Es wurden aufgrund der Prüfung des Rechnungshofes und aufgrund auch von Strukturierungsmaßnahmen im Landesverteidigungsressort acht Liegenschaften eingespart, was den Betrag von 5,5 Millionen € ausgemacht hat, andererseits wurden die strukturellen Beziehungen zu 60 Nationen erweitert, damit Österreich an krisensicheren Netzwerken teilhaben und in Krisenregionen tätig werden kann. Büros in Nordafrika haben Hilfs- und Evakuierungsmaßnahmen für Österreicherinnen und Österreicher vor Ort getroffen.
An diesem Beispiel sehen Sie das Zusammenwirken zwischen der Kontrollinstitution des Parlaments und dem Ressort Landesverteidigung, was zu einer Effektivitätssteigerung und qualitätssteigernden Verbesserungen geführt hat – eine Erfolgsgeschichte! (Beifall bei der SPÖ.)
15.36
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Gahr zu Wort. – Bitte.
15.36
Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Lapp hat schon ausgeführt, welche Kapitel untersucht wurden. Aus meiner Sicht ist ein sehr wichtiges Kapitel, das auch zum Sparen in diesem Land beiträgt, die militärische Vertretung im Ausland.
Es hat eine Überprüfung der Militärattachés gegeben, und zwar in verschiedenen Bereichen: erstens im Personalwesen, zweitens im Bereich der Liegenschaftsverwaltung und drittens im Bereich der Zuständigkeiten und Kompetenzen zwischen den Ministerien.
Dieser Rechnungshofbericht zeigt klar auf, dass es keine systematische und nachvollziehbare Gesamtanalyse der Leistungen gegeben hat.
Im Bereich Personal war geplant, 35 Bedienstete einzusparen – bisher ist es lediglich gelungen, 19 Dienststellen einzusparen. Der Rechnungshof hat auch aufgezeigt, dass dadurch 2,3 Millionen € an zusätzlichen Aufwendungen entstanden sind.
Das Ziel, die Zahl der Verteidigungsattachés in EU-Staaten um sechs zu reduzieren, wurde bisher nur zur Hälfte umgesetzt, es wurden lediglich drei Büros eingespart.
Empfohlen hat der Rechnungshof weiters, verstärkt Reiseattachés einzurichten, damit man von Wien aus, von der Heimat aus diese Staaten betreuen kann.
Kritisch hinterfragt hat der Rechnungshof weiters die militärische Vertretung in Brüssel. Es geht dabei darum, dass wir 24 Bedienstete im Bereich der Europäischen Verteidigungsagentur eingesetzt haben und 26 Personen in internationalen Funktionen.
Der Bereich der Liegenschaftsverwaltung: Wir haben derzeit 24 Residenzen, neun stehen im Eigentum der Republik und 15 Immobilien wurden angemietet. Es hat hierbei, hat der Rechnungshof kritisch aufgezeigt, keine Wirtschaftlichkeitsvergleiche zwischen Kauf, Miete und Wohnkostenzuschuss gegeben. Das sollte aber künftig – und das hat der Herr Bundesminister im Ausschuss zugesagt – bei allen Liegenschaften und bei allen Residenzen eingeführt werden.
Der Rechnungshof hat weiters klar aufgezeigt, dass Immobilien teilweise nicht genutzt wurden, zum Beispiel ist die Immobilie in Ankara drei Jahre leer gestanden, und auch die Residenzgröße wurde da und dort – bei einer Vorgabe von zirka 300 Quadratmetern – maßgeblich überschritten.
Die Zuständigkeiten: Da gibt es durchaus Einsparungspotenzial und Synergieeffekte zwischen dem Bundesministerium für Landesverteidigung und dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten. Es hat da, glaube ich, keine klaren Abgrenzungen gegeben im Bereich des Weisungsrechts, bei der Dienst- und Fachaufsicht. Und es wurde natürlich auch kritisch aufgezeigt, dass die Personalverwaltung auf sieben Organisationseinheiten aufgeteilt war.
Insgesamt gibt es 20 Empfehlungen des Rechnungshofes bei den Militärattachés, 14 davon wurden umgesetzt, sechs befinden sich laut Bundesminister Darabos in Umsetzung.
Kollegin Lapp hat ja schon eingangs erwähnt, dass acht Liegenschaftsverkäufe stattgefunden haben, mit 5,5 Millionen € Ertrag.
Ich glaube, wichtig ist, dass dieser Rechnungshofbericht dazu beiträgt, zukünftig die militärischen Anforderungen und Aufgaben zu bündeln, dass wir hier sparsam aufgestellt sind und im Sinne der Verwaltungsreform agieren, Synergien nutzen, und ganz, ganz wichtig, glaube ich, ist auch die Einführung eines Qualitätsmanagements. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
15.40
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Zanger gelangt nun zu Wort. – Bitte.
15.40
Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Es ist schon gesagt worden, ein Bericht, der sehr viele Follow-up-Prüfungen enthält, und es ist immer interessant, sich diese ein bisschen näher anzuschauen, nämlich dahin gehend: Wie viele Empfehlungen wurden ausgesprochen, wie viele wurden umgesetzt, teilweise umgesetzt, nicht umgesetzt? Und es ist schon ein sehr schönes Zeugnis für den Rechnungshof, wenn – ich habe es zusammengerechnet aus vier Follow-up-Prüfungen – von insgesamt 47 Empfehlungen 31 umgesetzt wurden, 13 teilweise und nur drei nicht umgesetzt wurden.
Eine Empfehlung, die nicht umgesetzt wurde, fällt besonders auf, nämlich im Bereich der Finanzmarktaufsicht. Hier hat der Rechnungshof gemeint, es wäre eine Zusammenlegung der bankaufsichtlichen Bereiche der FMA auf der einen Seite und der Nationalbank auf der anderen Seite erstrebenswert und sinnvoll, und auch die Gegenäußerungen, sowohl der FMA als auch der Nationalbank, haben dasselbe gezeigt, nur ist auf politischer Ebene hier noch nichts passiert.
Das ist interessant, weil drei Beteiligte, und zwar unmittelbar Beteiligte, sagen: Sinnvoll!, aber die Politik will es nicht. Wir werden hier einen entsprechenden Antrag einbringen.
Auf eines möchte ich noch eingehen. Der Rechnungshof hat vor Kurzem die Finanzgebarung einiger Länder überprüft, unter anderem auch Niederösterreichs, mit einem für das Land desaströsen Ergebnis. Innerhalb von fünf Jahren hat sich die finanzielle Lage signifikant verschlechtert, haben sich die Finanzschulden mehr als verdoppelt. Wenn man die gute Arbeit des Rechnungshofes kennt und sagt: Ich nutze die Erkenntnisse des Rechnungshofes, um etwas besser zu machen – was es ja sein sollte –, dann hätte das Ganze noch einen vernünftigen Anstrich. Hier ist aber eines passiert: Der ÖVP-Finanzlandesrat Sobotka hat dem Rechnungshof falsche Zahlen, veraltete Zahlen unterstellt und wörtlich gesagt: Es riecht nach Manipulation.
Das ist eine Anschuldigung gegenüber einem unabhängigen Prüforgan des Nationalrates! Das ist unhaltbar, unerträglich und kommt natürlich, wie fast immer wieder in solchen Situationen, von der ÖVP. Das verstehe ich nicht! Eine selbsternannte Wirtschaftspartei, die mit Zahlen umgehen können sollte, die wissen sollte, was man mit solchen Erkenntnissen machen kann, kann doch nicht solche Anschuldigungen aussprechen. Das ist eine – „Sauerei“ will ich jetzt nicht sagen, habe ich auch nicht gesagt, aber so ähnlich denke ich es mir. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)
Das ist eine Beflegelung des Rechnungshofes, die man so nicht stehen lassen kann, und ich denke, Herr Präsident, auch Sie werden das aufs Schärfste zurückweisen. Danke für Ihre Arbeit. (Beifall bei der FPÖ.)
15.43
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.
15.43
Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes, vielen Dank für Ihren Bericht, und ich bedanke mich auch ausdrücklich dafür, dass Sie auch Umweltthemen in Ihrem Bericht aufgreifen, denn wir haben hier im Hohen Haus nicht sehr oft die Gelegenheit, auch Umweltthemen zu diskutieren, weil das meiste, wie auch im letzten Umweltausschuss, vertagt wird.
Wir wissen, dass wir eigentlich sehr viel Bedarf hätten, Umweltschutzthemen zu diskutieren, weil wir beim Klimaschutz Schlusslicht sind. Dazu ein relevanter Beitrag auch in der Prüfung des Rechnungshofes: die Prüfung des Klima- und Energiefonds, der Effektivität des Klima- und Energiefonds, der seine Ziele, was CO2-Einsparung angeht, auch nicht ganz erreicht hat, aber eigentlich doch ein sehr gutes Instrument ist, wo sich auch Bürgerinnen und Bürger Mittel für erneuerbare Energie herausholen können.
Ich finde das Vorgehen der Bundesregierung und insbesondere des zuständigen Umweltministers schon ein bisschen eigenartig, wenn man einerseits die Mittel im Budget aufstockt, um CO2-Zertifikate zu kaufen, andererseits im Klima- und Energiefonds aber die Mittel nicht erhöht, aber sehr wohl eine Inseratenkampagne zur Eigenwerbung in der Höhe von 565 000 €, Umwelt- und Verkehrsministerium gemeinsam, vorsieht.
Und besonders tragisch daran finde ich Folgendes: Es ist in dieser Inseratenkampagne darum gegangen, die Photovoltaik-Förderung des Klima- und Energiefonds zu bewerben und 565 000 € dafür zu verwenden, aber 82 Prozent aller Anträge, die an diesen Fonds gestellt werden, werden abgelehnt! Das ist schon sehr eigenartig.
Wir haben uns das ausgerechnet: Wenn man den Fördersatz pro Anlage heranzieht und den durchschnittlichen Energieverbrauch eines Haushalts hier unterlegt, könnten sich mit diesem Geld, wenn Bundesminister Berlakovich auf die Inseratenkampagne verzichtet hätte, bereits seit drei Jahren 120 Haushalte selbst mit Strom durch Photovoltaik versorgen.
Wenn er dann im Ausschuss sagt, er wollte die Leute ja mit seiner Inseratenkampagne nur motivieren, und dann werden sie abgelehnt – wie motiviert man da jemanden? Die Leute bewerben sich und ihr Antrag wird jedes Mal abgelehnt, anstatt dass der Minister ihnen das Geld zur Verfügung stellen und auf seine Eigenwerbung verzichten würde.
Ein Kritikpunkt, der auch gekommen ist, und das haben wir auch immer kritisiert: Wir haben sehr viele Strategien, wir haben eine Energiestrategie, wir haben eine Klimastrategie. Nur erreichen wir unsere Ziele trotzdem nicht. Die Maßnahmen werden nicht umgesetzt, sie sind nicht ausreichend definiert. Das wurde vom Rechnungshof kritisiert, und wir stimmen dieser Kritik absolut zu.
Ich erwarte mir jetzt von der Bundesregierung und insbesondere vom zuständigen Minister Berlakovich, nicht nur Energieautarkie, Green Jobs zu predigen, sondern endlich diese Strategien, die eigenen Strategien, auch ernst zu nehmen, sie wirklich umzusetzen und auch Maßnahmen hier in dieses Hohe Haus zu bringen.
Im letzten Umweltausschuss hatten wir bis auf eine Aussprache, die auch wir von der Opposition verlangt haben, und Anträge vonseiten der Opposition keine einzige Regierungsinitiative, und da darf man sich nicht wundern, wenn die Strategien dann auch nicht umgesetzt werden.
In diesem Sinne: Aufhören zu reden und endlich auch Taten setzen, damit wir unsere Ziele erreichen können! Und deswegen bin ich der Meinung, Österreich braucht dazu ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. (Beifall bei den Grünen.)
15.47
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Schönpass ist als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte.
15.47
Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Präsident Moser! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der uns heute vorliegende
Rechnungshofbericht wurde ausführlich im Rechnungshofausschuss diskutiert. Meine Ausführungen beziehen sich auf den Teilbereich der militärischen Vertretungen im Ausland. Dieser Prüfbericht wurde im Beisein von Bundesminister Darabos und Rechnungshofpräsidenten Moser am 14. März behandelt. Unter Bundesminister Darabos hat die größte Reform des bilateralen Vertretungsnetzes seit Bestehen des österreichischen Bundesheeres stattgefunden. Auch Rechnungshofpräsident Moser hat in der Sitzung vom 14. März positiv hervorgehoben, dass die Prüfung auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Die Effektivität wurde erhöht, und allein der Verkauf von acht ausländischen Liegenschaften brachte 5,5 Millionen € ein.
Geschätzte Damen und Herren, wir dürfen eines nicht übersehen: Die österreichischen Vertretungen im Ausland haben sehr wichtige Funktionen. Gerade in den letzten Jahren haben die österreichischen Vertretungen unter anderem rund um die Unruhen im sogenannten Arabischen Frühling hervorragende Arbeit geleistet und Hunderten Österreicherinnen und Österreichern vor Ort geholfen.
Wir SozialdemokratInnen nehmen den Bericht dankend zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)
15.49
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.
15.49
Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Bezug nehmen auf den Klima- und Energiefonds. Der Klima- und Energiefonds ist eine Einrichtung, die klare Ziele hat, nämlich die Steigerung der Energieeffizienz beziehungsweise die langfristige positive Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energie und die Reduktion der Treibhausgase in diesem Zusammenhang.
Es gibt hier klare Programmlinien: zum einen Forschung und Entwicklung, zum anderen die Forcierung von Projekten im Regional- und Personenverkehr.
Der Klima- und Energiefonds wird zu 100 Prozent aus Bundesmitteln bestückt, zur einen Hälfte aus dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, zur anderen Hälfte vom BMVIT.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hat eine Prüfung des Klima- und Energiefonds durch den Rechnungshof gegeben, die die Jahre 2007 bis 2009 betraf. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass dieser Prüfbericht ein sehr positiver ist, weil er in den Grundfesten, die die Prüfung betraf, nämlich in Bezug auf die Finanzgebarung, eine positive Bewertung fand und auch festgestellt wurde, dass die Zielerreichung grundsätzlich eine positive ist.
Es hat auch Anregungen gegeben, und diese wurden durch Veränderungen mittlerweile berücksichtigt. So hat es Veränderungen dahin gehend gegeben, dass man verschiedene Gesetze geändert hat, nämlich das Klimafondsgesetz, dass das Präsidium kleiner geworden ist und Ähnliches. Es gibt auch noch offene Aufgabenstellungen, und zwar in Bereichen der Verwaltung. Da sind Optimierungen zweifellos möglich, und diese Anregungen sind zu berücksichtigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich betrachte diese Prüfung in hohem Maße als sinnvoll, weil es für uns alle darum gehen muss, unsere Kyoto-Ziele so weit wie nur irgendwie möglich aus eigener Kraft im eigenen Land zu erreichen, um damit Signalwirkung für unsere Technologien im Ausland zu haben, aber auch selbst daraus einen Nutzen zu ziehen.
Daher ist alles, was an Effizienzvorschlägen seitens des Rechnungshofes kommt, positiv. Ich betrachte es auch in hohem Maße als positiv, dass es 85 Klima- und Modellregionen gibt, in denen genau diese Grundprinzipien den 884 teilnehmenden Gemeinden präsentiert werden und auch intensiviert werden, um die Zielerreichung zu ermöglichen.
Wir müssen, und das sei hier an einem Beispiel der Photovoltaik erklärt, aber sehr genau überlegen, wo wir unsere Fördermittel in diesem Zusammenhang einsetzen. Ich betrachte Photovoltaik grundsätzlich als eine sehr positive und effiziente Technologie. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es auch andere Technologien gibt, wie etwa die Solarthermie, die mit denselben Finanzmitteln wesentlich höhere und positivere Ergebnisse erzielt.
Faktum ist, dass es keinen Sinn macht, wenn man mit Photovoltaik Strom im Haus A weiterleitet und im Haus B banale Dinge macht, nämlich Wasser erwärmt. Das ist eine in hohem Maße unlogische Vorgangsweise.
Es ist aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch nicht akzeptabel, dass es manche Gruppierungen in diesem Haus gibt, die massive Kritik üben, dass bei Photovoltaik viel zu wenig Geld eingesetzt wird, während der ihrer Partei zugehörige Landesrat ein negatives Beispiel par excellence setzt und überhaupt keine Photovoltaikförderung durch das Land erfolgt. Da ist man in höchstem Maße unglaubwürdig, und ich würde einmal bei Herrn Anschober nachfragen, ob er vielleicht die geniale Idee Niederösterreichs aufgreifen könnte, um die Photovoltaik-Förderung, die seitens des Landes in hohem Maße forciert wird, nachzuvollziehen.
Ich danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)
15.53
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Ing. Hackl gelangt nun zu Wort. – Bitte.
15.53
Abgeordneter Ing. Heinz-Peter Hackl (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Der Bundespressedienst als relativ kleine Verwaltungseinheit mit durchschnittlich 55 Mitarbeitern hat es auf stolze 18 Empfehlungen des Rechnungshofes gebracht. Sehr interessant ist zum Beispiel, dass die Abteilung, für Beschaffung und Budget zuständig, selbst über keine Kennzahlen verfügt. Der Rechnungshof kritisiert weiters, dass der Bundespressedienst nicht die Wirkung von Inseraten, Medienkooperationen und redaktionellen Beiträgen evaluiert hat. Dazu kommt, dass der Bundespressedienst Projekte in der Höhe von 605 000 €, die nicht in seinem Aufgabenbereich lagen, förderte und die Förderungen im Werte von 140 000 € nicht den Rahmenrichtlinien entsprachen. – Ich frage mich, ob man da vielleicht irgendwas verstecken will.
Ein weiterer Kritikpunkt des Rechnungshofes ist, dass die Planung von Projekten nicht funktioniert. Bei den durchgeführten Organisationsänderungen wurden zum Beispiel keine Zielvorgaben gemacht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass, wenn ich etwas umorganisiere und keine Ziele habe, das etwas Gescheites wird.
Der Rechnungshof fordert weiters, ressortübergreifende Koordinationsaufgaben zu verstärken.
Vom Bundespressedienst wurden außerdem Leistungen in der Höhe von 550 000 € erbracht, die weder im Bundesministeriengesetz noch in der Geschäftseinteilung des Bundeskanzleramtes gedeckt waren.
Abschließend stellte der Rechnungshof fest, dass der Bundespressedienst überwiegend für das Bundeskanzleramt eingesetzt wurde, obwohl das Bundesministeriengesetz vorsieht, dass der Bundespressedienst für die Information der Bevölkerung, was die gesamte Regierung angeht, eingesetzt werden soll. Daher meine Bitte an den Bundeskanzler, den Bundespressedienst zu straffen, auch wenn er seinem Staatssekretär ein geliebtes Spielzeug wegnimmt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
15.56
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Dr. Moser gelangt nun zu Wort. – Bitte.
15.56
Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zwei Schwerpunkte meinerseits: einerseits die Überprüfung durch den Rechnungshof, was die Klima-/Energieeffizienz anlangt, was diesen Fonds anlangt, die Umsetzung der Klimastrategie, und der zweite Schwerpunkt ist die Immobiliengebarung der Österreichischen Bundesbahn Holding. Das ist eine Follow-up-Prüfung.
Fangen wir mit dem Letztgenannten an. Der Rechnungshof hat ja vor einigen Jahren eine sehr profunde Überprüfung der Immobiliengebarung der Österreichischen Bundesbahnen vorgenommen, mit sehr massiven Kritikpunkten. Wir hatten ausgehend von diesem Rechnungshofbericht sogar Hearings, beziehungsweise wir mussten sogar Auskunftspersonen laden, weil die Sachlage, der Umgang mit den Immobilien seitens der damaligen ÖBB-Führung, mehr als kritikwürdig war.
Wir konnten auch erfahren, dass der Rechnungshof damals seine Unterlagen auch der Staatsanwaltschaft zur Verfügung stellte, gerade in einem Projekt Wien-Erdberg. Leider ist mein jetziger Wissensstand, dass in diesem Bereich bis heute noch keine Konsequenzen gezogen worden sind; formulieren wir es ganz allgemein.
Nur ganz kurz noch eine Zahl, denn die Zeit ist knapp. Es ging ja bei den Überprüfungen der ÖBB-Immobilien um ein relativ großes Vermögenskonvolut, Vermögensportfolio, das einen Einmalerlös brachte und wo dann jenseits von Ausschreibungen, jenseits von Bieterwettbewerben, praktisch so halb unter der Hand, ÖBB-Immobilien verkauft worden sind, die uns zum Teil heute auch abgehen. Und der Clou war ja damals, dass eine Immobilie in Erdberg verkauft wurde und dann sehr wohl seitens der ÖBB wieder eine Einmietung stattfand. Interessant war, dass mehr Quadratmeter gemietet wurden, als damals verkauft wurden. – Also wirklich ein Glanzstück der ÖBB-Immobilienpolitik, und ich bin dankbar, dass der Herr Präsident noch einen Follow-up-Bericht zu dieser damaligen sehr, sehr harschen Rechnungshofkritik dem Parlament zur Verfügung stellt.
Es ist aber wieder die Frage: Welche Konsequenzen hat das? Was wird jetzt endlich unternommen, um die Empfehlungen des Rechnungshofes auch umzusetzen? Da sind wir nach wie vor säumig.
Genauso säumig sind wir beim ersten Punkt, den ich heute schon genannt habe, bei dieser Frage Klima- und Energiefonds beziehungsweise Umsetzung der Klimastrategie. Ich will Ihnen aus Zeitgründen nur noch kurz eine große Diskrepanz zur Kenntnis bringen.
Der Klima- und Energiefonds musste ja werben. Über 500 000 € wurden ausgegeben für Werbemaßnahmen, die gar nicht notwendig waren, weil die Photovoltaikanlagen völlig überzeichnet waren, was Förderungen anlangt. Nur 18 Prozent der Antragsteller sind überhaupt in den Genuss dieser Förderung gekommen. Aber man hat trotzdem, obwohl dann 82 Prozent derjenigen, die die Förderung unbedingt wollten, durch die
Finger schauten, eine Riesenkampagne platziert mit einem großen Ziel, und das wurde dann doch erreicht: Das Foto Berlakovich wurde fast über alle Weltteile verstreut.
Das ist ein absoluter Missbrauch von öffentlichen Geldern, noch dazu von Klimafondsgeldern, von Geldern, die wir dringend brauchen, um die Energieeffizienz voranzutreiben. (Beifall bei den Grünen.)
Und dass das dringend notwendig ist, zeigen uns ja täglich unsere Rechnungen – sei es beim Tanken, sei es beim Bahnfahren, sei es beim Zahlen für das Heizmaterial.
Ich bin – abschließend – dem Rechnungshof sehr dankbar dafür, dass er immer wieder auch in Form von Follow-up-Überprüfungen den Finger auf die einzelnen Bereiche, die zu überprüfen sind, legt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
16.00
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.
16.00
Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Ergebnis der Prüfung durch den Rechnungshof kommen die Prüfer des KLI.EN – da möchte ich an die Ausführungen der Frau Kollegin Moser anschließen – zu dem Schluss, dass das wichtigste Ziel, nämlich einen Beitrag zu einer nachhaltigen Energieversorgung, zur Reduktion der Treibhausgasemissionen zu leisten, nicht erreicht wurde.
Der Rechnungshof schlägt auch vor, neue Förderprogramme zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu entwickeln und andere Programme wie zum Beispiel den KMU-Energieeffizienz-Scheck wegen Doppelförderungen einzustellen.
Der Rechnungshof sieht auch die Situation des Aufsichtsorgans des KLI.EN sehr kritisch, das aus je einem Vertreter des Umwelt- und des Verkehrsministeriums besteht, die auch in die operativen Geschäfte eingreifen. Ich möchte dazu auch festhalten, dass das Verkehrsministerium im Gegensatz zum Umweltministerium in diesem Zusammenhang in keiner Weise in Kritik steht.
Das wesentliche Problem des KLI.EN, der eine sehr sinnvolle Einrichtung ist, liegt in der Schwerpunktsetzung, denn der KLI.EN geht davon aus, dass die Gebäude zentraler Verursacher von Treibhausgasen sind und das globale Ziel, die CO2-Emissionen bis 2050 um 80 bis 90 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken, nur dann erreicht werden kann, wenn der Gebäudesektor radikal verbessert wird. Da ist selbstverständlich auch im Bereich Raumwärme auf Energieeffizienz zu achten, sind Einsparungen zu fördern, aber ich möchte auch sagen, dass beachtet werden muss, dass die Raumwärme beim Wohnen lediglich 10 Prozent der gesamten CO2-Emissionen ausmacht, insgesamt jedoch Gewerbe und Industrie 29 Prozent und der Verkehr 15 Prozent verursachen. Daher sollte der KLI.EN künftig stärker innovative Energie, energetische Einsparungsmaßnahmen im Bereich Verkehr sowie Energieaufbringung in Industrie und Gewerbe forcieren und adäquat fördern. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
16.03
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.
16.03
Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich beschäftige mich mit dem Klima- und Energiefonds und da speziell
mit den Klima- und Energiemodellregionen, die aus meiner Sicht ein Highlight in der Arbeit des Klimafonds sind.
Wichtig ist bei solchen Modellen und solchen Projekten, dass es zu einer hohen und stetig steigenden Beteiligung von Institutionen, Privatpersonen, Gemeinden, Unternehmen und der Wissenschaft kommt. Und das ist meiner Meinung nach bei diesem Projekt gelungen.
Es ist schon angesprochen worden: Insgesamt gibt es 85 solcher Regionen in Österreich mit über 880 Gemeinden, die sich daran beteiligen. Das sind Regionen, die das Ziel haben, langfristige Steigerungen der Energieunabhängigkeit sowie die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energieträger und die Reduktion des Energieverbrauchs und der Treibhausgase zu erreichen.
Auch meine Gemeinde ist Mitglied einer Klima- und Energiemodellregion, nämlich der Region Traunviertler Alpenvorland mit insgesamt 19 Gemeinden. Ich habe festgestellt, dass wir in diesen Regionen einen hohen Multiplikationseffekt erzielen. Mit diesem Konstrukt werden nämlich die Möglichkeiten, die Zielsetzungen direkt den Menschen nahezubringen, bestens genutzt.
Viele Menschen sind entsprechend eingebunden und haben die Möglichkeit, mitzuarbeiten und unmittelbar an den Entscheidungen in den Regionen teilzunehmen. Ich kann feststellen, dass die Bürgerinnen und Bürger dies auch nutzen. Auf diesem Wege sind bereits viele Menschen direkt und indirekt in diese Thematik eingebunden.
Die Wirkung eines solchen Projekts – das hat der Rechnungshof natürlich auch festgestellt – ist nicht sofort spürbar, aber aus persönlicher Erfahrung und aufgrund der Mitwirkung bei solch einem Modell bin ich davon überzeugt, dass es langfristig enorme Wirkungen hat.
Sehr geehrte Damen und Herren! Der Rechnungshof empfiehlt in seinem Bericht die Abwicklung von Bund- und Länderprogrammen über eine Stelle. Bei den Klima- und Energiemodellregionen gibt es beispielsweise eine Koordinationsplattform auch mit Vertretern der Länder, um die Agenden des Programms abzustimmen und zu diskutieren. Aus meiner Sicht wurde im Ansatz den Empfehlungen des Rechnungshofes bereits nähergetreten.
Abschließend: Ich bin davon überzeugt, dass bei einer späteren Prüfung der Klima- und Energiemodellregionen der Rechnungshof von einer positiven Umsetzung der Zielsetzungen berichten können wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
16.06
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Einwallner. – Bitte. (Die BZÖ-Fraktion kehrt in den Saal zurück. – Abg. Rädler: Die Jausenzeit ist vorbei!)
16.06
Abgeordneter Thomas Einwallner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Rechnungshofpräsident! Hohes Haus! Wie meine Vorredner schon berichteten, war der Bericht des Rechnungshofes über den Klima- und Energiefonds ausgesprochen positiv. Die Bereiche Klima und Energie gehören wohl zu den bedeutendsten Themen überhaupt, schon jetzt und natürlich auch in Zukunft. Das Klima zu retten und gleichzeitig den immer größer werdenden Energiebedarf zu decken, das sind die großen Herausforderungen unserer Zeit, und sie werden es auch in Zukunft sein.
Beispiel Handys. Jeder von uns hat schon ein, zwei Handys. Einerseits sollen sie auf Stand-by und immer geladen sein, andererseits müsste man aber den Energiebedarf senken. Das ist ja diese Schere, die es zu schließen gilt.
Grundsätzlich sage ich zu dem Bericht: Investitionen in den Bereich Klima und Energie schaffen natürlich Arbeitsplätze, Green Jobs und somit auch Lehrstellen, was mir sehr wichtig ist – Lehrstellen für Jobs mit Zukunft. Das spiegelt sich auch in den drei Bereichen, Forschung und Entwicklung, nachhaltige Energietechnologien und Klimaforschung, öffentlicher Personennah- und Regionalverkehr, umweltfreundlicher Güterverkehr sowie Mobilitätsmanagement und Marktdurchdringung von klimarelevanten und nachhaltigen Energietechnologien, in denen die Ziele angestrebt wurden, wider. – Also grundsätzlich freut mich das.
Abschließend sei gesagt: Unsere Fraktion kann hier auf einen durchwegs positiven Bericht blicken.
Das ist jetzt zwar nicht ganz zur Sache, aber ich möchte noch sagen: Bis jetzt war hier im Hohen Haus so ein gutes Klima, eine gute Stimmung und eine sachliche Debatte, den ganzen Tag über. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich hoffe, das wird in den nächsten Stunden auch so bleiben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
16.08
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist geschlossen.
Ein Schlusswort des Berichterstatters wird nicht gewünscht.
Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-230 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (1986/A)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Das Wort erhält als Erster einer der Antragsteller, und zwar Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Ich bin mir sicher, er hat den Antrag nicht mal gelesen! Er weiß nicht mal, was drinsteht! – Abg. Riepl: Sommerurlaub ist vorbei?!)
16.09
Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich verstehe die Aufregung, die hier heute künstlich erzeugt wurde, in keiner Form. Es ist ein ganz normaler Vorgang, dass man Geschäftsordnungsgesetze mehrmals hier im Parlament behandeln muss. Dass man ein Geschäftsordnungsgesetz rechtzeitig mit einem Antrag zur ersten Lesung bringen muss, um die dreimalige Behandlung im Plenum sicherzustellen, ist ein ganz normaler und demokratischer
Vorgang, weil eben die Geschäftsordnung ein besonders heikles Gut ist, in der wir uns die eigenen Regeln geben.
Aber das, was wir hier zu diskutieren haben, besteht aus zwei wesentlichen Komponenten. Die erste wesentliche Komponente ist die verfassungsrechtliche Komponente. Die verfassungsrechtliche Komponente bedeutet nichts anderes als Folgendes: Der ESM-Vertrag ist eine Sonderform eines völkerrechtlichen Vertrages, bei dem durch einen völkerrechtlichen Vertrag eine neue Institution auf europäischer Ebene geschaffen wird, die aber keine europäische Institution im herkömmlichen Sinn ist. Daher wäre sie nicht von unseren europarechtlichen Vorgangsweisen und Behandlungen hier im Parlament umfasst. Daher muss man eine Extrabehandlung dieses ESM sicherstellen.
Es ist genau das Gegenteil dessen, was Sie behauptet haben, nämlich die Sicherstellung der Behandlung des ESM im Parlament. Das muss gewährleistet sein, weil es eine Sonderform völkerrechtlicher Art ist und daher nicht von unseren verfassungsrechtlichen Mechanismen umfasst wäre.
Es ist daher ein Mehr an Kontrolle für dieses Parlament – und Sie sind dagegen! Es ist überhaupt nicht verständlich, was da abgelaufen ist. Sie wollen den ESM nicht kontrollieren, ich schon (Abg. Bucher: Wir wollen den ESM nicht!), weil ich ganz einfach weiß, dass es sich hier um eine Sonderform völkerrechtlicher Art handelt. Das müssen wir in unsere Verfassung einbauen, und wir müssen die Mitwirkungsrechte sicherstellen. Wir müssen die Informationspflicht sicherstellen, wir müssen sicherstellen, dass bestimmte schwierige Entscheidungen, die über den ESM zu treffen sind, auch einen Ermächtigungsvorbehalt durch den Nationalrat erfahren, weil hier viel Geld ausgegeben werden kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Dieser Ermächtigungsvorbehalt, der in der Verfassung festgeschrieben werden soll, betrifft im Wesentlichen vier Bereiche. Der erste Bereich ist die grundsätzliche Gewährung von Finanzhilfen, der zweite Bereich ist die Erhöhung des Kapitals. Alles, was Sie angreifen, würde dann nicht hier behandelt werden. Ich verstehe Ihre Aufregung ganz einfach nicht. (Abg. Scheibner: So ein Unsinn!) Und die Änderung der Liste der Finanzhilfe-Instrumente sowie die Kapitalabrufe und ein Stellungnahmerecht des Nationalrates sind ebenfalls geregelt.
Das heißt, im Wesentlichen kann der Minister oder sein Vertreter/die Ministerin oder ihre Vertreterin im Gouverneursrat nicht selbständig bei diesen vier hier genannten Regelungsmaterien entscheiden. Wir können als Nationalrat Aufträge mitgeben, wie mit unserem Geld umzugehen ist. Das ist doch besser, als wir können das nicht. Ich verstehe Sie nicht. (Abg. Ing. Westenthaler: Den Antrag hast du nicht gelesen!) Sie sollten sich vielleicht wirklich einmal die Anträge durchlesen und diese auch verstehen lernen, dann würden Sie draufkommen, dass es heute ein Schuss ins eigene Knie war, hier nicht zuzustimmen, und dass es wichtig ist, dass wir hier eine breite Diskussion darüber abführen.
Es handelt sich hiebei um eine erste Lesung, der Antrag muss auch noch in den Ausschuss, in den Verfassungsausschuss wird er kommen. Dort wird er noch einmal behandelt werden, und dann kommt es im Plenum zu einer Plenardebatte darüber. Wir haben das dann dreimal hier im Parlament. Wenn Sie sich da aufregen, dann halte ich das schlichtweg für ein Kasperltheater. Und das halte ich für eine Unnötigkeit der Sonderklasse. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Riepl: Kasperltheater mit Pezi ..!)
Die Abwicklung dieser ganzen Angelegenheit soll dann in zwei Unterausschüssen geschehen. Ich erkläre Ihnen, warum es zwei sind: einer, der die allgemeinen Angelegenheiten behandeln soll, und einer, der für die Sekundärmarktangelegenheiten zuständig ist. Sekundärmarktangelegenheiten heißt, dass es manchmal vorkommen
kann, dass Staatsobligationen durch den ESM gekauft werden müssen, um dieses Instrument zu ermöglichen. Würde das hier im Plenum verhandelt werden, dann könnten Sie es gleich aufhängen oder in der „New York Times“ für die Spekulanten eine Einladung veröffentlichen, Geheimnisse dazu zu verwenden, um Spekulationsgewinne zu erzielen. (Abg. Scheibner: Das macht eh die Frau Finanzminister! – Abg. Petzner: Das macht eh die Fekter! Die plaudert eh alles aus!) Daher muss man gewisse Dinge in einem kleinen Gremium behandeln, um Spekulationsgewinne nicht zu ermöglichen. Das ist der einzige Grund, da gibt es keine Geheimnisse.
Ich sage Ihnen eines: Ich bin froh darüber, dass wir das ausverhandelt haben, dass das Parlament hier eingebunden ist, denn die Alternative wäre, das Parlament ist nicht eingebunden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
16.14
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.
16.15
Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich muss zu Beginn meines Redebeitrages eine tatsächliche Berichtigung vornehmen. Als Kollege Wittmann hier gesprochen hat, gab es Zwischenrufe vonseiten des BZÖ-Sektors, nämlich: Du hast ja den Antrag gar nicht gelesen!
Wahr ist vielmehr, dass Peter Wittmann mit mir und Alexander Van der Bellen in den letzten Wochen wiederholt diesen Antrag verhandelt hat (Abg. Ing. Westenthaler: Du bist das! – Aha-Rufe beim BZÖ), dass das einer jener wenigen Anträge ist, die wirklich im Parlament erarbeitet wurden. Ich bedanke mich ausdrücklich auch beim Legislativdienst, der uns enorm geholfen hat, also ein Antrag, der wirklich im Parlament entstanden ist, um die Rechte des Parlaments beim ESM zu wahren. Nur darum geht es!
Ihr seid euch offenbar gar nicht klar darüber, was der ESM ist. Der ESM ist ein europäischer Währungsfonds. Und was besagt der berühmte Artikel 136 Abs. 3 im Entwurf? – Die Mitglieder der Eurozone können einen solchen ESM ins Leben rufen, der dann zu aktivieren ist, wenn das für die Stabilität des Euro unabdingbar notwendig ist. (Ruf bei der FPÖ: Also heute!)
Wer ist dagegen? Was ist der Euro? – Der Euro sind unsere Löhne und Gehälter, sind unsere Pensionen, sind unsere Spareinlagen. Also wer dagegen ist, der ist eigentlich ein politischer Selbstmörder. Das werden Sie doch nicht sein wollen, Herr Kollege Klubobmann Bucher! (Abg. Bucher: Die Gesichter werden wir hier veröffentlichen!) Sie werden doch nicht dagegen sein, dass unsere Löhne und Gehälter, die Spareinlagen und die Pensionen ihren Wert erhalten. Dagegen kann man doch wirklich nicht sein?! Oder sind Sie es wirklich? Das müssen Sie uns erst erklären. Ich halte Sie nicht für einen politischen Selbstmörder, aber Sie haben die Sache offenbar nicht verstanden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Das eine ist der ESM als Europäischer Währungsfonds, das Zweite ist jetzt die Mitwirkung des Parlaments. Da geht es wirklich um weitreichende Entscheidungen, um viele Milliarden Euro. Da wollten wir, Rot, Grün und Schwarz, dass das Parlament entsprechende Mitwirkungsrechte hat. Peter Wittmann hat es schon gesagt, es gibt vier Punkte: Da kann unser Vertreter im Gouverneursrat ohne „grünes Licht“ des Parlaments gar nicht agieren. Das ist erstens bei der Frage: Bekommt ein Mitgliedsland eine Finanzhilfe? Da kann die Finanzministerin im Gouverneursrat gar nicht agieren, wenn sie nicht die Ermächtigung des Parlaments hat.
Der zweite Punkt ist die Änderung des Stammkapitals. Der dritte Punkt ist, wenn es darum geht, die Finanzhilfe-Instrumente zu verändern. Und der vierte Punkt ist, wenn es zur Abrufung von Kapital kommt. Also: In all diesen Dingen ist das Parlament enorm gestärkt. Das Parlament muss „grünes Licht“ geben, sonst kann die Finanzministerin im Gouverneursrat gar nicht agieren. (Abg. Scheibner: Wer ist das Parlament?)
Wer sich dagegen ausspricht – das ist mir völlig unverständlich –, der ist für die Abwertung des Parlaments. Wir sind für die Aufwertung des Parlaments, meine Damen und Herren vom BZÖ. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich bin neugierig, was Ihre zehn Redner zu diesen zwei Fragen sagen werden: erstens: Stabilität unserer Löhne und Gehälter, der Spareinlagen und der Pensionen, zweitens: Mitwirkung des Parlaments bei diesen ganz wichtigen Entscheidungen. (Abg. Bucher: Das hat man heute am Vormittag gesehen! – Abg. Ing. Westenthaler: Geheimausschuss!)
Ich gebe schon zu, die Arbeit war nicht einfach (Abg. Ing. Westenthaler: Das glaube ich, dass das nicht einfach ist! Menschen hinters Licht zu führen ist nicht einfach!), denn wenn wir hier eine internationale Finanzinstitution haben, einen europäischen Währungsfonds haben – da haben wir die berechtigten Wünsche des Parlaments. De facto ist das Ganze ein Balanceakt dahin gehend, einerseits die Mitwirkungsrechte des Parlaments hier sicherzustellen, andererseits aber die Funktionsfähigkeit eines europäischen Währungsfonds nicht in Frage zu stellen. Das ist zweifellos ein Balanceakt. Ich glaube, wir haben da eine gute Balance gefunden.
Ich bedanke mich nochmals bei allen Experten, vor allem beim Legislativdienst und sage noch einmal: Ich bin schon lange im Parlament, aber es gibt ganz selten Gesetze, die wirklich von Beginn an bis zum Ende im Parlament erarbeitet werden. (Abg. Scheibner: Wer ist das Parlament? Sind Sie das Parlament?) Das war eine tolle Leistung aller Experten, und ich bedanke mich dafür. Herr Van der Bellen hat auch sehr konstruktiv mitgearbeitet. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Ich bedanke mich auch bei Peter Wittmann, bei Herrn Professor Van der Bellen und bedauere übrigens sehr, dass ich heute gelesen habe, dass Sie uns verlassen werden. (Abg. Ing. Westenthaler: Fallt euch in die Arme! Wollt ihr euch nicht abbusseln? Er kommt eh wieder!) Das ist ein Verlust für das Parlament, gar keine Frage, aber wahrscheinlich ein Gewinn für den Gemeinderat. Aber es tut mir leid um Ihr Fachwissen, Ihr Know-how und Ihre konstruktive Art, die Sie im Finanzausschuss auch immer einbringen.
Ich bedanke mich bei diesen Herren, denn es war wirklich nicht einfach. Es geht nicht darum, dass wir hier sozusagen einer internationalen Finanzinstitution Fesseln anlegen können, wir mussten diese Balance finden: einerseits Mitwirkungsrechte, Mitbestimmungsrechte, Informationsrechte des Parlaments, andererseits muss die Funktionsfähigkeit gewahrt werden. Daher auch diese zwei Unterausschüsse, ein kleinerer mit höchster Vertraulichkeit (Abg. Ing. Westenthaler: Geheimausschuss!), und ich kündige gleich an, wir werden hier darauf drängen, dass Strafbestimmungen eingeführt werden für den Fall, dass sich jemand nicht an die Geheimhaltung bei Sekundärmarktangelegenheiten hält, die überaus heikel sind. Gar keine Frage. Das ist ein ganz heikler Punkt, das werden wir auch noch im Verfassungsausschuss entsprechend diskutieren. (Abg. Ing. Westenthaler: Gefängnisstrafen!)
Meine Damen und Herren vom BZÖ, kommen Sie heraus und erklären Sie, dass Sie gegen Stabilität sind, erklären Sie, dass Sie gegen die Mitsprache des Parlaments sind! – Das schaue ich mir an! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
16.19
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer gelangt nun zu Wort. – Bitte.
16.20
Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die Empörung war schon gerechtfertigt, weil es nicht anständig ist, wenn man Geheimverhandlungen führt über ein Thema, das das Wesen und die Bestandsfähigkeit der Republik betrifft, und dann so tut, als ob das gestern abends vom Himmel herabgeschneit wäre. Am 13. Juni 2012 mit Vorlage des Antrages und heute in der Früh mit der Abänderung zu kommen, ist ein Stil, der unanständig ist, ohne jede Debatte. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)
Das berührt ja überhaupt nicht die Frage, auf welcher materiellen Ebene man sich findet oder nicht findet. Mehrheit ist Mehrheit und Stil ist Stil. Im Hause gibt es die Praxis – das haben wir jetzt schon tausend Mal gehört, aber ich wiederhole es zum 1001. Mal –, dass in der Präsidiale die Tagesordnung der Plenarsitzung festgelegt wird. (Zwischenruf beim BZÖ.) Überfallsartig, um nicht zu sagen partisanenmäßig aus dem Hinterhalt mit einer so umfangreichen Materie zu kommen, 34 Seiten umfassend, die man in zehn Minuten in der Früh durchschauen soll, weil das Erfordernis besteht, dass man dem Tagesordnungspunkt zustimmen soll, ist nicht redlich – ist nicht redlich! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)
Zweiter Punkt: Trotz der Behauptung – und die Mitteilung des Kollegen, der vor mir sprach, ist für mich im Prinzip jedenfalls untadelig –, dass der Legislativdienst des Hauses sich so wesentlich eingebracht hat, riecht das ganz eindeutig nach einer Auftragsarbeit im Zusammenwirken mit dem Finanzministerium, die genau das ausziseliert hat, was es braucht, um die Sache als Startrampe für die Zustimmungsbedürfnisse herzurichten, parlamentarisch herzurichten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lopatka.)
Es ist also nach meinem Dafürhalten das in einen Anschein der parlamentarischen Sauberkeit gekleidete Goggomobil (Abg. Mag. Schickhofer: Was?) – ja, das war ein kleines Auto, das beim Fahren furchtbaren Lärm gemacht hat –, um die Wünsche in Richtung ungestörtes Ausleben der EFSM-Dinge verwirklichen zu können. Ich orte in diesem Entwurf eine Verfassungswidrigkeit wie folgt: Es handelt sich in § 32c Abs. 2 darum, dass der Ständige Unterausschuss, der eine Tagesordnung haben müsste, einen Tagesordnungspunkt aufnehmen muss, wenn dies der zuständige Bundesminister oder 20 Mitglieder des Nationalrates verlangen, wobei die Nationalratsabgeordneten nur einmal pro Jahr ein solches Verlangen abgeben können. (Abg. Ing. Westenthaler: So ist es!) Also gibt es ein Kommandoverhältnis vom Minister in Richtung Parlament. Wem das nicht sauer aufstößt, der hat die österreichische Verfassung noch nie in die Hand genommen! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)
Wir haben ein striktes Auseinanderhalten der Gewalten. Wir haben die Gewaltentrennung. Und es ist ein relativ spektakulärer Vorgang, wenngleich sehr versteckt, dass ein Verlangen eines Ministers das Parlament zu binden hat. Kann schon sein, dass das praktisch ist, wahrscheinlich ist es den praktischen Bedürfnissen entsprechend, aber es ist ein verfassungswidriges Unterfangen. Dieses Argument ist nicht widerlegbar. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)
In § 74d Abs. 1 kann der Nationalrat aufgrund einer Vorlage der Bundesregierung den österreichischen Vertreter im Europäischen Stabilitätsmechanismus gemäß Art. 50b B-VG ermächtigen, erstens einem Vorschlag für einen Beschluss, einem Mitgliedstaat grundsätzlich Finanzhilfe zu gewähren, zuzustimmen und zweitens Änderungen der Finanzinstrumente zuzustimmen oder sich bei der Beschlussfassung zu enthalten. Wir haben also ein Ermächtigungsgesetz. Da steckt eine gewaltige unkontrollierbare Bombe zulasten der Republik Österreich drinnen.
Ohne Ermächtigung des Nationalrates muss der österreichische Vertreter den Beschlussvorschlag ablehnen. Das ist eine sehr dürftige, einschränkende Bemerkung,
wenn man Folgendes im Auge hat: Es kommt nämlich – und das ist die weitere Giftwurzen in der Sache – zu einer Verschmelzung zwischen ESM und EFSF. ESM hat 500 Milliarden Feuerkraft und der zweite 440 Milliarden. Wir kommen also auf 990, davon sind für Spanien schon 220 ausgegeben. Das heißt, der Verschuldungsgrad, der sich anscheinend nur in einem Raum von 500 Milliarden € bewegen soll, bei dem man mitmachen soll, ist in Wahrheit bereits auf das Doppelte angestiegen.
Es wäre sehr schön gewesen, wenn wir am Beginn des heutigen Tages diese Finanzmechanismen auch genannt bekommen hätten. Natürlich ist es so, dass es sich um eine erste Lesung handelt. Und natürlich ist es so, dass es dem Verfassungsausschuss zugewiesen wird. Aber die böse Absicht, die hinter der gewählten Methode steckt, ist eindeutig erkennbar und nicht widerlegbar. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)
16.26
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Ruf: Die Grünen sind abgetreten bei der Demokratie!)
16.26
Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Ich möchte auch mit einem Dank beginnen, vor allem an die eigenen Referenten, die von SPÖ und ÖVP, aber vor allem auch an die Kolleginnen und Kollegen vom Legislativdienst des Parlaments, denn ohne deren Know-how, ohne deren Einsatz, ohne deren Sachwissen, glaube ich, hätten wir es jedenfalls nicht in dieser Zeit, wenn überhaupt, geschafft, eine derart komplexe Materie zu formulieren. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)
Vielleicht zum Hintergrund und zur Erinnerung ein paar Bemerkungen. Wir haben ja schon einen Vorläufer des ESM, wie wir alle wissen, nämlich die EFSF, die European Financial Stability Facility. Was sind die parlamentarischen Mitwirkungsrechte, Kontrollrechte im Rahmen der EFSF? – Praktisch null. Die EFSF, was die parlamentarische Behandlung betrifft, war im Grunde genommen eine einzige Ziffer, sofern ich mich recht erinnere, nämlich die Benennung des Haftungsrahmens im sogenannten Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz – sonst nichts! (Ruf bei der FPÖ: Was habt’s denn gekriegt dafür?) Da gibt es keinerlei Vorbehalte, keinerlei Ausschussverpflichtungen, et cetera. Vor diesem Hintergrund müssen Sie diese GO-Novelle sehen, nämlich, dass der Nachfolger der EFSF, der ESM, unter völlig anderen parlamentarischen Voraussetzungen arbeiten wird.
Wir haben uns in diesen Gesprächen relativ rasch darauf geeinigt, dass wir das deutsche Vorbild verwenden wollen, nämlich das deutsche Vorbild, was die Bundestagsmitwirkungsrechte im Rahmen der EFSF betrifft. Meines Wissens sind die deutschen Abgeordneten die einzigen, die sich schon im Rahmen der EFSF solche Mitwirkungsrechte ausbedungen haben. Das spricht für ein selbstbewusstes Parlament. Das spricht für das Selbstbewusstsein der Abgeordneten im deutschen Bundestag, dass sie schon damals darauf bestanden haben, sich diese Rechte vorzubehalten.
Es war dann für mich nicht uninteressant, zu sehen – ursprünglich ging ich etwas naiv von der Voraussetzung aus, dass da drei Fraktionen verhandeln, nämlich die SPÖ-Fraktion, die ÖVP-Fraktion und die Grünen –, dass vielmehr wahr ist, möchte man sagen, dass es vier Fraktionen waren. Die vierte Fraktion war nämlich das Bundesministerium für Finanzen, das durchaus eigene Vorstellungen davon hatte, was notwendig ist, was heikel ist, was sehr sensibel ist, Vorbehalte, die zum Teil überspitzt, zum Teil berechtigt waren, und wo sie berechtigt waren, sind wir, glaube ich, auch immer darauf eingegangen.
Da gibt es in der Tat Dinge, die man bedenken muss, was den möglichen Zeitdruck einer Entscheidung betrifft, was die mögliche Vertraulichkeit einer Information oder
Entscheidung betrifft. Das muss man sehr sensibel angehen. Und wir haben ja jetzt ein paar Wochen Zeit, darüber zu diskutieren, ob das, was wir hier in der Form des Antrages Wittmann, Stummvoll und Van der Bellen vorlegen, noch Lücken hat, ob das gut ist oder nicht. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)
Nur eines, verehrte Kollegen von FPÖ und BZÖ, verstehe ich nun wirklich auch nicht: Sie können ja gegen den ESM sein, darüber kann man ja geteilter Meinung sein, ob das das richtige Instrument in dieser Situation ist oder nicht. Aber wie kann man gegen parlamentarische Mitwirkungs- und Mitgestaltungsrechte sein? (Abg. Ing. Westenthaler: Was sind denn die? – Zwischenruf des Abg. Strache.) – Ja dann lesen Sie es doch durch! Was der Kollege Fichtenbauer hier als „Ermächtigungsgesetz“ bezeichnet, ist doch eine Irreführung ersten Ranges. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Dass die Regierung Minister !)
Zeigen Sie mir andere Gesetze, wo das Parlament sich einen Genehmigungsvorbehalt vorbehält, einen Genehmigungsvorbehalt ex ante! Die Ministerin Fekter darf in Brüssel, oder wo immer der Rat tagt, einem Beschluss nicht nur nicht zustimmen, sondern sie muss sogar dagegen stimmen, wenn sie nicht die Ermächtigung entweder des Nationalrates, je nach Materie, also des Plenums, oder des zuständigen Ausschusses hat. (Abg. Ing. Hofer: Sie haben sich für 200 000 € kaufen lassen!) Zeigen Sie mir ein anderes Gesetz, wo die Rechte des Parlaments derart ausgeprägt sind!
Sie wollen Parlamentarier sein? – Dann zeigen Sie mir die Verschärfungen dieses Gesetzes, die Sie sich vorstellen! Abgesehen davon, dass Sie den ganzen ESM nicht wollen. (Abg. Neubauer: Ihnen ist nichts mehr grün!) Ja, okay, dann wollen Sie den halt nicht. Aber auf die Rechte des Parlaments in diesem Zusammenhang zu verzichten, das ist echt stark. Machen Sie Vorschläge, wo diese Rechte noch zu verbessern sind! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Ich hoffe, Sie können noch ruhig schlafen!)
Zur Erinnerung: Das ist ja nicht das Einzige, was hier kommt. Heute Abend haben wir die erste Lesung der GO-Novelle. Aber es sind insgesamt vier Materien, die zu behandeln sein werden. Das ist erstens die Ratifikation des ESM-Vertrages. Das ist zweitens eine B-VG-Novelle, die die Mitwirkung des Nationalrates an diesen Akten der Vollziehung, die es ja im Grunde sind, im Artikel 50 B-VG festschreibt, sofern ich mich richtig erinnere. Das ist drittens die Geschäftsordnungsnovellierung, die diese Rechte im Detail beschreibt und festlegt, und es ist, last but not least, viertens der Artikel 136 EU-Vertrag.
Drei dieser vier Materien sind Zweidrittelmaterien. (Zwischenruf des Abg. Ing. Hofer.) Nur der erste, der ESM-Vertrag, kann theoretisch oder faktisch mit der Mehrheit von ÖVP und SPÖ durch das Parlament gebracht werden, die anderen drei Materien nicht. Wir haben jetzt noch einige Wochen Zeit, um uns darüber zu unterhalten (Abg. Scheibner: Von welchen Wochen reden Sie? – Abg. Strache: Von den zwei Wochen! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) – Entschuldigung, Sie sind in zwei Wochen nicht imstande, 33 Seiten, die Sie vorhin zitiert haben, zu lesen? Das B-VG hat drei Seiten. Was machen Sie den ganzen Tag? Das ist doch lächerlich! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP. – Abg. Strache: Das nennen Sie bitte ?!)
Wir haben schon viel komplexere Materien in viel kürzerer Zeit behandelt. Da wird das ja wohl reichen. Wenn Sie in diesen drei Wochen die Zeit nicht finden, dann lassen Sie es bleiben, dann stimmen Sie halt dagegen! Das reicht mir jetzt langsam! (Abg. Scheibner: Sie sind gekauft worden! – Abg. Ing. Westenthaler: Haben sich kaufen lassen!)
Wir sind ja hier nicht im Kindergarten. Soll ich Sie überzeugen, auf Knien bitten, eine GO-Novelle zu lesen? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Was war
Ihre Leistung?) Soll ich Sie auf Knien bitten, eine B-VG-Novelle zu lesen? Herr Westenthaler, wenn Sie keine Lust haben, dann lassen Sie es bleiben! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP. – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)
16.33
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Bucher gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen BZÖ und SPÖ.)
16.33
Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Den Gefallen tun wir Ihnen sicher nicht, wir werden die aktive Stimme des Volkes sein, meine lieben Freunde der SPÖ (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter – Abg. Riepl: Wo waren Sie die letzten fünf Stunden aktiv?), denn die Gesichter, die mir heute entgegenblicken, die schaue ich dann an, wenn all diese Milliardenhaftungen und Zahlungen, die ihr alle jetzt beschließt, Rot, Schwarz und die Grünen, schlagend werden. Dann schaue ich in diese betroffenen Gesichter gerne einmal hinein. Das Vergnügen leiste ich mir dann, denn das ist der kollektive Verrat unseres Landes, der heute hier betrieben wird. Das ist doch der schwärzeste Tag des österreichischen Parlamentarismus! (Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Abg. Mag. Kogler: Das ist ja ein Blödsinn! Lesen Sie den Antrag!)
Meine sehr geehrten Damen von Rot, Schwarz und Grün, wo hat es denn so etwas jemals gegeben in diesem Haus? Wo hat es das gegeben, über eine „Bypass-Konstruktion“, über einen Schummelweg sozusagen den EMS hier hereinzubringen und beschließen zu lassen und nicht einmal den Mut aufzubringen, das heute am Vormittag in der Fernsehzeit zu diskutieren? (Abg. Mag. Kogler: Der liegt schon seit drei Monaten im Haus! – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Strache und Mag. Muttonen.)
Sie haben ja nicht einmal den Mut, mit uns zu einer prominenten Tageszeit darüber eine Debatte abzuhalten. Sie haben sich dagegen verschlossen. Ja warum haben Sie sich einer Debatte darüber verschlossen? – Weil Sie zu Recht wissen, dass Sie auf der Strecke bleiben, weil die Argumente nicht ausreichen, um das zu befürworten, was Sie hier an Tricksereien vorgenommen haben. Das war ein glatter Bruch der Geschäftsordnung, der Usancen. Das muss man einmal auch so aussprechen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)
Dieses Teufelswerk soll jetzt in letzter Minute noch beschlossen werden, weil ja Ende Juni alles unter Dach und Fach gebracht werden muss, weil ab 1. Juli dieser ESM in Geltung gebracht werden muss. Ich bin ja überzeugt davon, dass die Mehrzahl von roten und schwarzen Abgeordneten gar nicht wissen, was da dahinter steckt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.) Sie wissen gar nicht, was da Ihre Parteivordersten alles ausverhandelt haben, was da alles an Verpflichtungen drinnen steckt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.) Ich glaube, Sie sind sich gar nicht der Dimension bewusst, von der wir heute sprechen. (Abg. Mag. Gaßner: Da brauchen wir Sie dazu!)
In diesem Haus haben wir über Eurofighter fünf, sechs, sieben Jahre diskutiert. Da ist es um läppische, sage ich einmal, 2 Milliarden € gegangen, läppische 2 Milliarden €! (Abg. Strache: Jetzt geht es um 200 Milliarden €, wo Hoheiten Transparenz und Entscheidungsgewalt abgeben!) Jetzt sprechen wir von über 40 Milliarden €, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das nach nur zwei Wochen Behandlungszeit hier im Hohen Haus. Das ist ein ausgemachter Skandal! So muss man das auch bezeichnen, meine lieben Freunde! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)
Das ist ein Skandal und ein Hochverrat an der Demokratie, an denen sich auch die Grünen beteiligen. Nehmen Sie das Wort „Transparenz“, nehmen Sie das Wort „Demokratie“ nie mehr in den Mund! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es ist unwürdig, dass Sie diese beiden Bezeichnungen in den Mund nehmen, denn Sie haben dieses Teu-
felswerk mit Ihrer Zustimmung zustande gebracht. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)
Das ist ja völlig durchschaubar, wir haben das heute in der Früh aufgezeigt: Heute hereinschummeln über eine erste Lesung, am 26. in den Verfassungsausschuss – eine Geschäftsordnungsdiskussion im Verfassungsausschuss haben wir auch noch nie gehabt –, dann gibt es am 27. die Plenarsitzung, sogenannte Sondersitzung, wo man frevelhafterweise mit dem Transparenzpaket diesen ESM mit beschließen will. (Abg. Mag. Kogler: Wer sagt denn das?) Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun, denn dieser ESM und diese Geschäftsordnungsänderung sind alles andere als transparent, meine lieben Freunde. Das ist Hochverrat an unserem Parlamentarismus! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)
Am 28. – auch zufällig – ist Bundesrat, und dann, wenn sich der Herr Bundespräsident nicht verliest oder es in der Zeit nicht schafft, ist es ab 1. Juli in Kraft. Das ist der Zeitraum und der Zeitrahmen, von dem wir sprechen, und das ist ja schon von langer Hand geplant. (Abg. Strache: Das ist der Plan!) Wir haben das heute aufgedeckt.
Herr Van der Bellen, wenn Sie wirklich glauben, dass das eine Mitbestimmung unseres Parlaments betrifft, dann schauen Sie sich einmal an, ob Sie alles wissen. Ja, Sie haben zwar mit verhandelt, aber vielleicht hat man Sie da auch, so wie das oftmals in der Vergangenheit schon geschehen ist, vonseiten des Ministeriums ein wenig über den Tisch gezogen, denn der Minister beruft diesen Ausschuss ein. Das heißt, der Minister, wenn er lustig ist, die Frau Finanzministerin, beruft diesen Unterausschuss ein. Es soll ja in Zukunft nur ein Unterausschuss sein.
Der Unterausschuss ESM ist nicht öffentlich. Die Unterlagen sind vertraulich, aber keine Originaldokumente. Das kann irgendetwas sein, was aus dem Finanzministerium dem Unterausschuss zugestellt wird. Die Ergebnisse wiederum sind nicht öffentlich, und die Transferzahlungen an diese Pleiteländer, die da drinnen abgesegnet werden sollen, können in unbeschränkter Höhe erfolgen. (Abg. Ing. Westenthaler: Nach oben offen!) Ich glaube, das wissen die Abgeordneten von Rot und Schwarz gar nicht, worum es da geht. In unbeschränkter, nach oben offener Höhe können die da drinnen beschlossen werden. Und jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen, mit einfacher Mehrheit. – Na gratuliere! Super verhandelt! Da können die Roten und die Schwarzen drinnen entscheiden, wie viel und wohin die ganzen Milliarden in Zukunft fließen. Da brauchen Sie die Grünen überhaupt nicht. Ihr seid benutzt worden, nur damit man diese Konstruktion schafft, nur damit Ihr die Zweidrittelmehrheit hergebt, damit dieser EU-Reformvertrag geändert werden kann, nur damit es die Legalität für Rot und Schwarz gibt, diese Milliarden endlich auszuhändigen, die zulasten der österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gehen.
Das – gratuliere! – ist euer Erfolg von den Grünen! Das ist aber auch die Ausschaltung des Parlaments. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Kogler: ... anderen Parlamenten gibt es überhaupt nichts!)
Ich hätte mir erwartet – das wäre ein offener Dialog gewesen in einer Demokratie, wo man sich gegenseitig respektiert –, dass die Bundesregierung hergeht und selbstbewusst sagt: Wir stehen zu diesem ESM! Wir wollen das für Österreich! Wir wollen das zur Rettung der Europäischen Union, des Euro et cetera! Wir bringen dieses Gesetz selbstbewusst ein und diskutieren darüber! Wir von der Bundesregierung machen eine Informationsoffensive, sodass die Bürger wissen, was dieser ESM ist und welche Folgen er hat!
Nein, keine einzige Insertion, keine einzige Regierungserklärung, keine einzige Aufklärungsaktivität der Bundesregierung! – Ja warum verschließen Sie sich dieser Diskussion hier herinnen mit den Bürgern?!
Inserate über die Wirkung von Kürbissen vom Gesundheitsminister lesen wir jedes Jahr im Herbst. Das ist ihm wichtig. (Ruf bei der FPÖ: Vor allem für die Steiermark!) Wichtig ist der Kürbis vor allem für Männer, „irrsinnig“ wichtig. Aber wenn es um 40 Milliarden € geht, wenn es um 40 Milliarden € an Steuergeldern geht, dann wird das Parlament ausgeschaltet! Da ist es nicht notwendig, uns in die Debatten und in die Diskussionen mit einzubeziehen, da ist es nicht wichtig, was wir davon halten und welche Alternativen es zu dem „Teufelswerk“, das hier auf europäischer Ebene geschmiedet wurde, gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren! – Kein Ansatz zur Diskussion und zur Mitbestimmung!
Sie wissen ganz genau, was da eigentlich dahintersteckt. Und wenn Sie das nicht wissen – die Verhandler, nehme ich an, wissen das, aber viele andere von Rot und Schwarz wissen es nicht –, dann sage ich Ihnen jetzt einmal, um wie viel Geld es da tatsächlich geht.
Beim Rettungsschirm EFSF geht es um ein von uns Steuerzahlern eingezahltes Kapital in der Höhe von 2,3 Milliarden €, plus Haftungen in der Höhe von 21,7 Milliarden €. Das sind also Zahlungsverpflichtungen in der Höhe von 28 Milliarden €. – Darum geht es beim EFSF!
Parallel dazu soll jetzt der zweite Rettungsschirm ESM eingerichtet werden. Jetzt würde ich einmal vorschlagen, dass Sie die Ohren wirklich aufmachen: eingezahltes Grundkapital 2,2 Milliarden €, plus abrufbares Grundkapital in der Höhe von 17,3 Milliarden €! Das heißt, jederzeit können dann von diesem Gremium, wo Rot und Schwarz dann im Unterausschuss drinnen sitzen und die Mehrheit haben, diese insgesamt 19 Milliarden € abgerufen werden, ohne dass wir hier herinnen überhaupt damit befasst werden. (Abg. Ing. Westenthaler: Und wenn du darüber redest, wirst du eingesperrt!)
Na, gratuliere, das ist Ihr Verhandlungserfolg! – Das ist die Ausschaltung des Parlaments! Das ist genau das, was die Bevölkerung nicht will! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)
Ich glaube, dass Sie das gar nicht mitbekommen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und wenn Sie diese beiden Fonds zusammenrechnen, kommen Sie auf insgesamt 48 Milliarden €! – Geld, das wir nicht haben, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die Finanzministerin berichtet uns jedes Jahr von Schulden, die wir machen, von Defiziten, die wir in unserem Land haben. – Und jetzt diese 48 Milliarden € Zahlungsverpflichtungen, die wir eingehen, Geld, das wir nicht haben, das wir auf dem internationalen Kapitalmarkt aufnehmen müssen, für das wir Zinsen zahlen müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die nächsten Generationen, die jetzt noch gar nicht auf der Welt sind, müssen das dann zurückzahlen, was Sie hier unter Beihilfe der Grünen beschließen, die das hier auch mit verantworten müssen. – Das ist der Skandal, um den es hier geht! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mittlerweile bin ich auch schon der Auffassung, dass es die Zweiteilung des Euro gar nicht mehr bringen wird, denn wenn wir uns jetzt all die Reaktionen vergegenwärtigen, vom IWF-Chef und von den US-Ökonomen Stiglitz und Krugman – na ja, da habe ich gehört, das seien gar keine wichtigen Persönlichkeiten, obwohl sie Nobelpreisträger sind – bis hin zu vielen anderen Stimmen auf europäischer Ebene, dann wird uns bewusst, dass eigentlich alle sagen: Im Grunde genommen ist nichts mehr zu machen!
Wir sollten uns eher schon darauf vorbereiten, aus dieser Eurozone selbst auszutreten – das sage ich hier ganz offen – und in eine eigene Währung zu gehen, vielleicht gemeinsam mit den Deutschen. Ich bin überzeugt davon, dass die Deutschen schon
einen Plan B haben, dass sie sich auf diesen Exit schon vorbereiten und vielleicht schon an einer eigenen Währung arbeiten. Das könnte die Chance sein, gemeinsam mit den Deutschen und den Holländern dieser Eurokalypse zu entkommen und unseren Wohlstand zu sichern und für unsere nächsten Generationen zumindest noch eine Perspektive aufrechtzuhalten. (Beifall beim BZÖ.)
16.44
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter
16.45
Abgeordneter Mag. Michael Schickhofer (SPÖ): Ich glaube, von Anfang an hat es nur zwei grundsätzliche Wege gegeben, wie man mit dieser Krise der Staaten umgeht. Der eine ist, dass man einfach zulässt, dass es eine Pleite von Staaten und von großen Banken gibt. Das ist ein möglicher Weg, der eben von BZÖ und FPÖ vertreten wird. Den kann man gehen. Und der zweite Weg, nämlich jener, den die österreichische Bundesregierung mit den Grünen, aber insgesamt auch die Europäische Union geht, ist der, dass man versucht, mittels einer konzertierten Aktion aller Länder solche Pleiten von Banken und ganzen Ländern zu vermeiden. Und dann muss man auf die zwei Szenarien einfach ganz sachlich eingehen. (Abg. Linder: So wie die Griechenland-Pleite! Geld schicken und trotzdem pleitegehen!)
Was heißt es, wenn man die Pleite einer Großbank zulässt, neben dem, dass die Sparguthaben und die verschiedenen Gläubiger natürlich ihre Einlagen verlieren? – Dann hast du Folgen wie bei Lehman Brothers, dass du die Folgewirkungen nicht mehr kontrollieren kannst – und es war ja gerade so eine Bankenpleite, die diese ganze Weltwirtschaftskrise und vor allem für Europa diese Finanzkrise mit ausgelöst hat. Und das war eine amerikanische Bank. Na, wie wäre das, wenn das mit einer spanischen, europäischen oder deutschen Bank passieren würde?! – Ich glaube, der Weg in die Pleite ist für eine Großbank der absolut falsche, und man braucht Instrumentarien, um das zu vermeiden.
Und was heißt die Pleite eines Landes in der Konsequenz? – Ich habe kein Geld mehr, ich kann nichts auszahlen, ich kann die Bevölkerung nicht mit Medikamenten versorgen. (Abg. Strache: Das passiert ja jetzt schon!)
Das merkt man ja jetzt schon bei den Vorboten in Griechenland, wo es immer dramatischer wird, wenn man diese Pleite nicht vermeiden kann. Nämlich: Ich kann keine Medikamente für die Bevölkerung kaufen (Abg. Strache: In Griechenland ist das der Fall!), die Energieversorgung bricht im ganzen Land zusammen. Wenn ich kein Benzin, keinen Diesel mehr kaufen kann, dann kann ich auch die entsprechenden Rettungsautos, Feuerwehrautos nicht betreiben. Also es bricht das gesamte System zusammen. Die Sparguthaben der Bevölkerung sind weg, und Massenarbeitslosigkeit ist die Folge. – Und da habe ich sozusagen eine massive Ansteckungsgefahr für andere Länder in Europa. (Abg. Vilimsky: Dank EU! Dank Euro! – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Dank SPÖ!)
Ich glaube, eines muss Ihnen bei Ihrem Pleiten-Szenario jedenfalls auch klar sein, wenn Sie diesen Weg gehen wollen: Sie können ihn erstens nicht kontrollieren, und zweitens kostet er uns jedenfalls auch Milliarden, um den sozialen Frieden in Europa aufrechterhalten zu können.
Ich kann mir nicht einmal bei einer FPÖ oder einem BZÖ vorstellen, dass ihnen die Versorgung mit Medikamenten in Griechenland egal ist. (Abg. Strache: Die funktioniert ja gar nicht mehr! Die Leute werden dort nicht mehr behandelt, die bekommen ja gar keine Medikamente mehr!) Ich glaube, da ist es selbstverständlich, dass wir alles
daransetzen müssen, dass die Lebensgrundlagen für Menschen in der Europäischen Union gewährleistet werden. Und diese Pleite wäre ein Weg in diese Richtung!
Daher glaube ich, dass es der absolut richtige Weg ist, dass wir ein Maßnahmenpaket gegen die Krise beschlossen haben. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Man kann jetzt in jedem Land lange darüber diskutieren, was besser und was schlechter wäre. Aber es gibt jetzt nun einmal Dokumente beziehungsweise einen Weg, der akkordiert ist, und ich glaube, das ist der richtige.
Er muss sehr rasch mit neuen Einnahmen über die Finanztransaktionssteuer ergänzt werden. Ich hoffe, dass es da bis zum Jahresende Lösungen gibt. Wir brauchen ergänzend dazu Maßnahmen für Wachstum und Beschäftigung. Und wir brauchen den Fiskalpakt, denn es kann natürlich auch nicht sein, dass man ohne klare Regelungen, die einzuhalten sind, irgendwohin Gelder gibt. Und wir brauchen entsprechende Mechanismen und auch diesen ESM, um klar zu regeln: Wann fördern wir unter welchen Bedingungen?
Ich denke, da liegt ein zentrales Element, und zwar: Es ist eine große Verbesserung beim ESM möglich, weil wir damit erstmals regeln können, dass, wenn es zu Problemen kommt, eben auch gerade private Gläubiger in einem strukturierten Verfahren zur Finanzierung mit herangezogen werden können. Das ist ja die qualitative Verbesserung, die Strache zu Recht einfordert, dass man sagt: Gut, wenn die privaten Gläubiger da investieren, dann müssen sie auch das Risiko entsprechend tragen! – Ich glaube, diese systematische Einbindung ist absolut zentral.
Bei den Mitwirkungsrechten ist es klar: Da kann man auch nur dafür sein, dass es nicht so sein kann, dass automatisch Finanzmittel gegeben werden, dass es da die Zustimmung des Nationalrates braucht, auch wenn das ESM-Kapital aufgestockt wird. Ich bin froh, dass das eine Selbstverständlichkeit ist. Da sollten eigentlich alle Fraktionen zustimmen.
Ich hoffe, dass wir alle im Sinne des sozialen Friedens in Europa den zweiten Weg gehen, nämlich alles daranzusetzen, die Finanzmärkte zu stabilisieren und für Wachstum und Beschäftigung in Europa zu kämpfen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
16.49
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Strache gelangt nun zu Wort. – Bitte.
16.50
Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute hat sich bei diesem leider Gottes erlebten demokratischen Tiefpunkt, der sich heute hier abgespielt hat, eines gezeigt: wie wichtig es wäre, dass endlich die direkte Demokratie in Österreich auch in der Verfassung verankert wird (demonstrativer Beifall bei der FPÖ), denn dann wären genau solche Mechanismen in Zukunft unmöglich. Dann könnte man eben nicht, wie Sie das vorhatten und still und leise seit Wochen vorbereitet haben, so tun, als wäre man gestern da irgendwie übereingekommen, einen über 30 Seiten gestochen formulierten Gesetzestext zustande zu bringen, als wäre man nicht rechtzeitig damit fertig geworden und müsste deshalb heute überraschenderweise darangehen, die Tagesordnung zu ändern. Dann müsste man selbstverständlich hier ordnungsgemäß vorgehen.
Aber das haben Sie nicht getan, weil Ihr Ziel ein ganz anderes war, weil Sie gewusst haben, dass die Freiheitliche Partei und auch das BZÖ als Opposition nicht bereit sind, mitzuspielen, wenn es darum geht, Verfassungsrechte, Grundrechte der Österreicher, parlamentarische Rechtsgegebenheiten einfach so über Bord zu werfen. Und genau
das ist am Ende der Fall bei Ihrem Prozess! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)
Da schlafen Sie ein, Herr Kollege! Aber glauben Sie mir, die Österreicher werden Sie schlecht schlafen lassen, das kann ich Ihnen versprechen, denn was Sie hier anrichten, betrifft genau den entscheidenden Punkt, nämlich: Dem Volk sein Recht! Sie wollen nämlich das Volk entrechten. Das ist die Realität, die sich hier abspielt! (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.) Und deshalb wird die Bevölkerung bei diesem durchsichtigen Prozess, den Sie hier leben, natürlich zu Recht empört sein.
Sie müssen wirklich schlecht schlafen oder ein schlechtes Gewissen haben bei dem, was Sie hier anrichten. Und ich sage ganz bewusst: Das ist der Beginn eines geplanten Staatsstreiches! Anders kann man das nicht bezeichnen. (Abg. Dr. Bartenstein: Unsinn!) Anders kann man das nicht bezeichnen! (Abg. Dr. Bartenstein: Unfassbarer Unsinn!) Denn: Sie treten letztlich unsere Verfassungsgrundlagen der Zweiten Republik mit Füßen. Und Sie wollen die parlamentarische Souveränität und auch unser Budgethoheitsrecht abtreten.
Das ist in Wirklichkeit der Fall, darum geht es! Aber dann sagen Sie doch die Wahrheit, dann stehen Sie doch dazu, dann sagen Sie doch, dass Sie das wollen und damit letztlich die Zweite Republik abschaffen wollen! – Darum geht es letztendlich! Das ist die Konsequenz daraus.
Der Herr Van der Bellen hat sich gestern hier herausgestellt und hat im Zusammenhang mit der gestrigen Aussage der Frau Finanzminister Fekter rezitiert und einen Vortrag gehalten, dass man in diesen Fragen nicht ehrlich sein darf (Abg. Dr. Van der Bellen: In welchen Fragen?), dass man quasi unehrlich sein muss, wenn es um die Finanz- und Währungskrise geht, dass man nicht die Wahrheit sagen darf, weil sonst die Bevölkerung verunsichert sein könnte.
Nein, Herr Van der Bellen, ich sage: Das ist vielleicht Ihr Zugang zu diesem Thema. – Ich lebe und wir leben die Wahrheit! Wir sagen der Bevölkerung ganz klar und deutlich die Wahrheit (demonstrativer Beifall bei der FPÖ), auch wenn Sie uns vielleicht dafür bekämpfen oder andere und auch wenn dann immer wieder Diffamierungen stattfinden. Aber die Wahrheit ist nicht nur zumutbar, sie ist unsere „verdammte“ Verpflichtung, die wir als politische Verantwortungsträger in diesem Hohen Haus haben.
Sie glauben doch nicht, dass das, was heute hier geschehen ist, wie Sie heute hier vorgegangen sind, wo die Grünen als drittes Anhängsel dieser Regierung ihr wahres Gesicht gezeigt haben, unbemerkt geblieben ist. Nicht nur in den diversen Internetforen, sondern sogar im „Leib-und-Magen-Blatt“ der Grünen, dem „Standard“, wird diese Vorgangsweise heftigst und kritisch dokumentiert und wird von den Usern geschrieben, dass sie sich empören ob Ihres Verhaltens.
Da wird jetzt sichtbar, dass das eine logische Fortsetzung des Verhaltens der Grünen in diesen Fragen ist, denn das haben wir schon erlebt bei der Europäischen Unions-Verfassung, beim Euratom-Vertrag und in vielen anderen Bereichen. Und auch bei der Ablehnung der direkten Demokratie hat sich das abgespielt bei den vielen Anträgen, die es hier dazu gab. Es ist also so gesehen nur konsequent, was Sie heute hier gemacht haben. Aber Sie haben jetzt endlich die Maske von Ihrem Gesicht gerissen. Und das können Sie den Bürgern nicht mehr erklären. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)
Genau darum geht es bei dieser Geschäftsordnungs-Novelle! Der Herr Klubobmann Bucher hat das sehr, sehr gut beschrieben mit dem Zeitplan: eine wochenlange Diskussion, aber heute bringt man es auf die Tagesordnung. Der Prozess wurde ja wundervoll beschrieben mit dem Plan, am 26. Juni den Ausschuss zu machen, am
27. Juni eine Sondersitzung, wo das durchgepeitscht werden soll. Und dann kommt das in den Bundesrat, und Anfang Juli wird der Bundespräsident das unterfertigt haben.
Das ist von Ihnen von vornherein von langer Hand genau geplant worden – na klar, weil Sie vor einer breiten Debatte Angst haben und weil Sie eine verbindliche Volksabstimmung bei diesem Thema wieder einmal verhindern wollen.
Ich frage Sie: Wo ist der Rechtsanspruch der österreichischen Bevölkerung in dieser Frage?
Da muss man nicht nur an den Rechtsanspruch erinnern, sondern auch an das Versprechen des Herrn Bundeskanzlers Werner Faymann, der von einer grundlegenden Änderung der Verfassung sprach. Aber das ist nicht nur eine Änderung der österreichischen Verfassung, sondern das ist auch eine Änderung der Europäischen Verfassung, die grundsätzlich ausgeschlossen hat, eine Transferunion werden zu wollen.
Das entbindet Sie nicht Ihrer Verantwortung, auch wenn Sie hier mit Zweidrittelmehrheit einen Beschluss fassen sollten. Das bleibt letztlich etwas, was Sie der Bevölkerung nicht werden erklären können, wenn Sie nicht bereit sind, da auch eine Volksabstimmung durchzuführen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ESM-Diktat – anders kann man es nicht bezeichnen – ist ein ESM-Zwangsenteignungspaket. Das muss man zum Abschluss schon herausarbeiten. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)
Bis dato war der Europäische Rettungsschirm, der EFSF, aufgrund der parlamentarischen Budgethoheit in diesem Haus „freiwillig“ – unter Anführungszeichen –, wenn eine entsprechende Verfassungsmehrheit gefunden werden konnte. Die wurde gefunden: Beim ersten Rettungsschirm des EFSF-Pakets haben SPÖ, ÖVP und die Grünen beschlossen, dass wir für Bankenspekulanten und für europäische Pleitestaaten unser österreichisches Steuergeld zur Verfügung stellen und damit haften – gegen unsere Stimmen!
Und jetzt gehen Sie den nächsten Schritt, und zwar in Richtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus, der diesem Parlament und dem Hohen Haus die Beschlussgewalt nimmt. Das soll nämlich in Zukunft mit einfacher Mehrheit in einem Ausschuss durchgewunken werden, damit man dem Diktat und dem Wunsch der Europäischen Union und dem Verlangen des Gouverneursrates entspricht. Genau das ist ja in den Richtlinien des Gouverneursrats sehr, sehr klar angeführt.
Das hat mit Demokratie nichts zu tun! Sie sollten sich wirklich schämen. (Demonstrativer Beifall bei FPÖ und BZÖ.) Ja, Sie sollten sich wirklich schämen!
Das hat doch nichts mit Demokratie oder mit dem Ausbau der Demokratie zu tun! Das sind ja Mechanismen, wo jeder aufrechte Demokrat aufschreien muss, ganz gleich, ob er links, rechts, vorne, hinten oder wo auch immer in der ideologischen Debatte steht. Das zeigt, dass Sie völlig weg sind vom demokratischen Grundverständnis.
Und genau das ist das Ungeheuerliche an dieser Entwicklung, da letztlich die Bevölkerung eine Zwangsenteignung befürchten muss, weil man unseren Haftungsrahmen unbeschränkt anheben kann und viele Experten heute davon reden, dass, nachdem Irland, Portugal und Griechenland sozusagen auf der „Rettungsschirm-Dacke“ gestanden sind, jetzt Spanien dazukommt, wie wir wissen, und in der Folge Italien und dann vielleicht auch Frankreich. Keiner weiß, wo haltgemacht wird, wahrscheinlich nirgendwo, sodass wir alle in das Schlamassel hineingerissen werden.
Wir haben von Beginn an aufgezeigt, dass die „Firewall“, von der Sie immer gesprochen haben, genau das Gegenteil ist: Der Rettungsschirm war doch der Beginn dieser Kettenreaktion! Schon damals haben Sie die Unwahrheit gesagt. Und diese Kettenreaktion erleben wir heute (demonstrativer Beifall bei der FPÖ), denn der einzige Mechanismus, der geeignet gewesen wäre, das aufzuhalten, wäre gewesen, die Fehler einzugestehen und zu sagen: Wir haben einen Irrweg beschritten mit einer Euro-Zwangswährung bei unterschiedlichen Volkswirtschaften, dieser Weg ist gescheitert, wir müssen das jetzt eingestehen, weil wir uns nicht einmal an die eigenen Kriterien gehalten haben! Wir sind daher jetzt bereit, endlich diesen Fehler einzugestehen und die Europäische Währungszone zu teilen in starke und schwache Volkswirtschaften! Ob das dann „Nord-Euro“ oder „Süd-Euro“ heißt oder wie auch immer, ist doch gleichgültig.
Wichtig ist doch, jetzt die richtigen Lehren daraus zu ziehen! – Sie tun das nicht. Ökonomen reden heute bereits davon, dass der Schaden dadurch größer und größer und größer werden wird und am Ende dann bis über 3 000 Milliarden € durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus aufzuwenden sein werden.
Ja wer soll denn das bezahlen?! – Das kann sich doch kein Bürger mehr vorstellen, wenn es um 3 000 Milliarden € geht! Und es wird dann durch den ESM, wobei wir Österreicher heute schon mit den Target-Forderungen 62 Milliarden € an Haftungen zu tragen haben, die schlagend werden können, in Zukunft die Haftungssumme vielleicht auf 100, auf 150 oder sogar auf 200 Milliarden € angehoben werden.
Ja wo soll das enden? – Das ist unverantwortlich! Sie verspielen damit die Zukunft ganzer zukünftiger Generationen. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.) Das ist ein unglaublich unverantwortlicher Prozess, wo man endlich die Notbremse ziehen muss!
Ich finde es ungeheuerlich, wenn man dann auch bei unterschiedlichsten Zugängen zu diesem Thema – das muss man natürlich jedem zugestehen, jeder kann einen anderen Zugang haben – in einer so sensiblen Frage, in der es um grundsatzpolitische Entscheidungen geht, wo unsere verfassungsrechtlichen Säulen im Wesentlichen berührt sind, so flapsig agiert, wie Sie es heute hier gemacht haben.
Das ist wirklich eine Verhöhnung der Demokratie! Und ich sage: Das ist eine Schande für dieses Haus und für die Zweite Republik! Sie haben damit einen großen Schaden angerichtet. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)
16.59
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.
17.00
Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Es ist schon sehr interessant, was hier heute an diesem Rednerpult gesagt wird. Herr Kollege Schickhofer von der Sozialdemokratie – und ich sage bewusst: von der Sozialdemokratie –, wenn Sie uns fragen, ob wir denn wollen, dass die Menschen etwa in Griechenland keine Medikamente mehr bekommen, dann ist die Antwort: Nein, das wollen wir nicht! – Aber ich frage Sie als Sozialdemokraten: Wie lange wollen Sie noch zuschauen, wenn Hunderte Milliarden Euro – allein nach Griechenland 380 Milliarden € – gezahlt werden von unser aller Geld, von den Werktätigen in Europa, und die Griechen trotzdem selbst für die Medikamente zahlen müssen, sie den Gips mitnehmen müssen, wenn sie sich den Fuß brechen, damit sie behandelt werden können, weil dieses Geld nicht den Werktätigen in den Ländern zukommt, sondern den Banken und Spekulanten? Und Sie machen die Mauer für dieses Konzept! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)
Und weil wir gestern schon über die 100 Milliarden € für Spanien diskutiert haben: Wissen Sie, wie die Reaktion der Märkte ist? – Die letzte Meldung lautet: Für Spanien-Bonds 7 Prozent Zinsen. 7 Prozent Zinsen! Das ist eine Pleite, meine Damen und Herren. Das ist eine Pleite! Und Sie können noch 100 Milliarden € dort hineinpumpen und noch einmal 100 Milliarden €, Sie werden es nicht schaffen, Länder auf einem Level zu halten, wo sie nicht hingehören, wofür sie die Wirtschaftskraft nicht haben, wo die Strukturen nicht funktionieren! Sie machen damit nur den Banken und Spekulanten die Mauer und schädigen in all diesen Ländern die Bevölkerung, die nichts dafür kann. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)
In Griechenland hätten wir jedem Griechen 30 000 € in die Hand geben können, damit er sich ein kleines Unternehmen aufbauen kann, damit er sich seine Familie ordentlich organisieren kann. Mit diesem Geld, das Sie alle den Banken in den Rachen geworfen haben, in Frankreich und in Spanien, hätten Sie der griechischen Bevölkerung sehr viel Gutes tun können. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schickhofer.)
Und das rechtfertigen Sie hier noch? Und da fragen Sie noch: Ja, wollen Sie nicht? – Ja, wir wollen! Wir wollen, dass die Bevölkerung in den Genuss all dieser Subventionen kommt, damit sie eine Zukunft hat, aber wir wollen nicht mit unserem Steuergeld weiterhin die Spekulanten füttern, und das sollten doch eigentlich auch Sie unterstützen. (Beifall beim BZÖ.)
Und genau das ist ja auch unsere Kritik – und da sage ich, man kann jetzt dafür oder dagegen sein, das so weiterzuführen und nach dem ESFS jetzt noch den ESM zu machen; aber das ist ja auch so typisch EU –, und Sie wissen ganz genau, ich habe das hier schon oft gesagt, dass ich ein überzeugter Europäer bin, aber ich ärgere mich so darüber, dass dieses Ideal eines gemeinsamen Europa von diesen Bürokraten, von diesen Spekulanten so in den Schmutz gezogen wird. Und all denen machen Sie die Mauer!
Mit Verklausulierungen, mit Begriffen, die keiner versteht, mit Milliardenbeträgen, die keiner mehr greifen kann, wird hier herumjongliert und damit die Bevölkerung verwirrt und hinters Licht geführt. Damit wird der Bevölkerung aber auch die Zukunft verbaut, denn, meine Damen und Herren, da geht es ja wirklich darum, jetzt wieder 20 Milliarden neu zu beschließen – 20 Milliarden haben wir schon als Haftungen beschlossen –, also um 40 Milliarden €, die schlagend werden können für den österreichischen Steuerzahler. 40 Milliarden €!
Was diskutieren wir hier oft um wesentlich kleinere Beträge! Da gibt es Unterausschüsse, da gibt es Kommissionen, da gibt es Arbeitskreise. Und diese 40 Milliarden € wollen Sie jetzt in einer Husch-Pfusch-Aktion versteckt am Bürger und an der medialen Öffentlichkeit vorbei beschließen?
Herr Kollege Van der Bellen, ich weiß nicht: Sind Sie jetzt wirklich schon so abgefärbt und abgedriftet in die Wiener Politikmentalität? Sie fragen: Was wollt ihr denn eigentlich? Wir beschließen das einfach, und ihr werdet doch in zwei Wochen 33 Seiten lesen können! Herr Kollege Van der Bellen, Sie als Mitglied der grünen Fraktion, der Sie uns das immer wieder erklären und gemeinsam mit uns hier auch immer wieder für mehr direkte Demokratie arbeiten, für mehr Parlamentarismus, für Minderheitsrechte, wie haben Sie sich denn heute gefühlt? (Abg. Strache: Weil es ein Schmäh ist! Das war ein Schmäh!) Wie haben Sie sich heute gefühlt?
Ich war, ehrlich gesagt – und Sie wissen, ich meine das ernst –, fassungslos heute Vormittag, als es nicht um Beschlüsse gegangen ist – jetzt nicht, ob man für oder gegen irgendwelche Inhalte ist –, als es nur darum gegangen ist, dass wir eine Debatte abführen, dass wir hier diskutieren – „parlare“; Parlament –, dass wir also eine Debatte abführen, ob wir über den Geschäftsordnungstrick, den Sie angewendet haben – der
ist nicht geschäftsordnungswidrig, aber Sie haben heute mit dieser überfallsartigen Änderung der Tagesordnung einen Trick angewendet –, diskutieren können – diskutieren, nur darüber diskutieren! –, und wenn wir schon nicht darüber diskutieren können, dass wir die Gesamtredezeit heute verlängern. (Abg. Strache: Und in der Fernsehzeit und nicht als letzter Punkt!) Sie waren beim Diskutieren dagegen und Sie waren bei der Verlängerung der Redezeit dagegen.
Meine Damen und Herren, ich verstehe das nicht. Sie sind abgetreten. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Sie sind heute als Parlamentarier abgetreten, als Demokraten und als Verfechter von Minderheitsrechten. Sie haben uns heute gezeigt, was das Diktat einer Mehrheit ausmacht, wenn es darum geht, dass eine Minderheit hier reden kann – hier reden kann, Herr Kollege Van der Bellen! Das ist bestürzend und beschämend.
Ich sage Ihnen, das werden Sie so rasch nicht mehr wegbekommen. Jetzt brauchen Sie nichts mehr in all den Arbeitskreisen und Komitees zu reden. Sie haben heute hier Ihr wahres Gesicht gezeigt: Wenn Sie in einem Boot mit SPÖ und ÖVP sitzen, dann ist Ihnen alles andere völlig egal. Rechte sind immer nur das, was Sie gerade brauchen und was Sie wollen, und wenn es um Rechte anderer geht, dann ist Ihnen das völlig egal und jedes Mittel recht, das auch zu rechtfertigen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)
Meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, fühlen Sie sich wirklich wohl in Ihrer Haut, wenn auch Sie jetzt diese Vorgangsweise mittragen? Ich glaube nämlich, dass Sie alle miteinander nicht genau wissen, was da auch hinter Ihrem Rücken ausgehandelt worden ist. Heute in der Früh, als wir hier doch überrascht gewesen sind und uns auch, wie ich meine, zu Recht aufgeregt haben über diese Vorgangsweise, haben mir nämlich einige Kollegen gesagt: Ja was ist denn? Wir haben ja eh genug Zeit zum Diskutieren! – Da habe ich gesagt: Bitte? Das soll doch alles am 27. Juni beschlossen werden. – Darauf kam die Antwort: Nein, das stimmt nicht! Wo haben Sie denn das her? Das ist doch völlig falsch!
Meine Damen und Herren, ja, das glaube ich schon, dass Sie das nicht wissen, denn es ist auf keiner Tagesordnung drauf, es ist auf keinem Plan drauf (Abg. Strache: Die EU hat es vorgegeben! – Zwischenruf des Abg. Bucher), aber es ist der Plan Ihrer Verhandler von Rot, Grün und Schwarz, meine Damen und Herren, dass dieses 40-Milliarden-Paket, das für die Zukunft wirklich einen Persilschein zum Abruf von Milliarden an Steuergeldern mit sich bringt, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion umgesetzt werden soll.
Und wir haben es ja gehört: Wochenlang ist verhandelt worden, meine Damen und Herren. Wenn Sie sich wirklich zufällig nach wochenlangen Verhandlungen – zufällig! – gestern geeinigt haben sollten – zufällig! – und Sie den Parlamentarismus ernst nehmen, dann hätten Sie gesagt: Moment, jetzt holen wir die anderen Fraktionen herein und machen eine Präsidiale. – Wegen jedem Schmarrn wird eine Sonderpräsidiale gemacht, weil irgendwem irgendetwas nicht passt, aber in dieser wichtigen Frage nicht? Die Geschäftsordnung, sagt man immer, sollte man möglichst im Konsens organisieren, man sollte das also möglichst mit allen Fraktionen vereinbaren, und auch für die Grünen war immer ganz wichtig, dass die Geschäftsordnung eine Konsensmaterie ist.
Sie hätten eine Präsidiale machen und sagen können: Freunde, wir sind jetzt fertig, wir wollen das eigentlich gleich einbringen, zuweisen und morgen dann eine erste Lesung machen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Hätten Sie eine Präsidiale gemacht, hätte uns das trotzdem nicht gefallen, aber das wäre korrekt gewesen. Dann hätten wir hier eine Geschäftsordnungsdebatte oder Einwendungsdebatte geführt, so wie das immer der Fall ist, und das wäre ganz normal gewesen. Das wollten Sie nicht.