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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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70. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 17. Juni 2010

 

 


Stenographisches Protokoll

70. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode              Donnerstag, 17. Juni 2010

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 17. Juni 2010: 9.05 – 19.30 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das KommAustria-Gesetz, das Telekommunikationsgesetz 2003, das Verwertungsgesellschaftenge­setz 2006, das ORF-Gesetz, das Privatfernsehgesetz, das Privatradiogesetz und das Fernseh-Exklusivrechtegesetz geändert werden, und Bericht über den

Antrag 585/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend barrierefreien ORF

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem
das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das Presseförderungsgesetz 2004 geändert werden

3. Punkt: Bericht über den Antrag 546/A(E) der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verfahrensbeschleunigung und Verbesserung des Rechtsschutzes durch einen ständig tagenden Verfassungsgerichtshof, durch eine Ver­kürzung der Verfahrensdauer auf generell längstens sechs Monate und durch eine Auf­stockung der dafür erforderlichen Planstellen für die ständigen Referenten, weiters die Möglichkeit einer Absetzbarkeit des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert wird

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert wird

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 geändert wird

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bildungsdokumentationsgesetz geändert

11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Befugnisse bei Auslandseinsätzen (Auslandseinsatzbefugnisgesetz – AEBG) geschaf­fen wird (1057/A)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 2

12. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 25. Juli 1962 über das Privatschulwesen (Privatschulgesetz) geändert wird (1040/A)

13. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ewald Stadler

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 11

Ordnungsruf ................................................................................................................... 86

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Aus­schussberichtes 786 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung ...................................................................................... 36

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 36

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 123

Fragestunde (11.)

Unterricht, Kunst und Kultur ...................................................................................... 11

Elmar Mayer (71/M); Anna Franz, Dr. Wolfgang Spadiut, Dr. Harald Walser, DDr. Werner Königshofer

Werner Amon, MBA (73/M); Gerhard Huber, Dr. Harald Walser, Anneliese Kitz­müller, Franz Riepl

Dr. Walter Rosenkranz (77/M); Mag. Rosa Lohfeyer, Mag. Katharina Cortolezis-Schlager, Mag. Rainer Widmann, Dr. Harald Walser

Dr. Harald Walser (76/M); Edith Mühlberghuber, Mag. Josef Auer, Nikolaus Prinz, Martina Schenk

Ursula Haubner (75/M); Dr. Harald Walser, Dr. Gerhard Kurzmann, Christian Faul, Hermann Gahr

Sonja Ablinger (72/M); Mag. Gertrude Aubauer, Gerhard Huber, Mag. Dr. Wolf­gang Zinggl, Dr. Andreas Karlsböck, Josef Jury

Mag. Silvia Fuhrmann (74/M); Gerald Grosz, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Mag. Hei­demarie Unterreiner, Ewald Sacher

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 11

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................  33, 196, 200


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 3

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Sicherstellung der ver­tragskonformen Umsetzung der Koralmbahn bis 2018 (1180/A)(E) ................................................................................................................... 123

Begründung: Gerald Grosz ......................................................................................... 126

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................. 131

Debatte:

Stefan Petzner ...................................................................................................  135, 174

Wilhelm Haberzettl (tatsächliche Berichtigung) ......................................................... 138

Anton Heinzl ............................................................................................................... 138

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................... 139

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................. 141

Dr. Gerhard Kurzmann .............................................................................................. 143

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 144

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 147

Wilhelm Haberzettl ..................................................................................................... 149

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 151

Harald Jannach ........................................................................................................... 152

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 153

Martina Schenk ........................................................................................................... 159

Peter Stauber .............................................................................................................. 159

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 161

Wolfgang Zanger ........................................................................................................ 162

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 163

Kurt List ....................................................................................................................... 165

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 166

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 167

Dr. Martin Strutz ......................................................................................................... 169

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 170

DDr. Werner Königshofer ......................................................................................... 171

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 173

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 173

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend umgehende Verkehrswende: Qualität im Bahnverkehr statt unnötiger Autobahn- und Schnellstraßenprojekte – Ablehnung ............................................................................................................  155, 174

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 1180/A(E) ............................. 174

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (611 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das KommAustria-Gesetz, das Telekommunikationsgesetz 2003, das Verwertungsge­sellschaftengesetz 2006, das ORF-Gesetz, das Privatfernsehgesetz, das Privat­radiogesetz und das Fernseh-Exklusivrechtegesetz geändert werden, und über den

Antrag 585/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend barrierefreien ORF (761 d.B.) ............................................................................................................... 37

2. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das Presseförderungsgesetz 2004 geändert werden (762 d.B.)         ............................................................................................................................... 37


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 4

Redner/Rednerinnen:

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 37

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 40

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ..... 42

Dieter Brosz ............................................................................................................ ..... 44

Stefan Petzner ......................................................................................................... ..... 47

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ........................................................................ 50

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ..... 53

Mag. Wilhelm Molterer ............................................................................................ ..... 63

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ..... 64

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ..... 66

Gerald Grosz ........................................................................................................... ..... 67

Angela Lueger ......................................................................................................... ..... 69

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................. ..... 70

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................ ..... 72

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................ ..... 73

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ..... 74

Stefan Prähauser .................................................................................................... ..... 76

Dr. Franz-Joseph Huainigg ................................................................................... ..... 77

Hermann Krist ......................................................................................................... ..... 78

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ..... 79

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ..... 80

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ..... 81

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ..... 82

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 84

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 761 und 762 d.B. ........................................... 86

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 546/A(E) der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verfah­rensbeschleunigung und Verbesserung des Rechtsschutzes durch einen ständig tagenden Verfassungsgerichtshof, durch eine Verkürzung der Verfahrensdauer auf generell längstens sechs Monate und durch eine Aufstockung der dafür erforderlichen Planstellen für die ständigen Referenten, weiters die Möglichkeit einer Absetzbarkeit des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes (749 d.B.) ............................................................................. 88

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ..... 88

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ..... 89

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ..... 90

Johann Höfinger ..................................................................................................... ..... 91

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................ ..... 91

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 93

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ..... 94

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 749 d.B. ........................................................ 94

4. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (714 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (763 d.B.) .................................................... 94

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 94

Elmar Mayer ............................................................................................................. ..... 96

Anneliese Kitzmüller .............................................................................................. ..... 97

Werner Amon, MBA ................................................................................................ ..... 98

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 100

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 101


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 5

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 103

Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................ ... 105

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .................................................................... ... 106

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................ ... 108

Christian Faul .......................................................................................................... ... 108

Anna Franz .............................................................................................................. ... 109

Dr. Franz-Joseph Huainigg ................................................................................... ... 110

Hermann Gahr ......................................................................................................... ... 112

Dieter Brosz ............................................................................................................ ... 113

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Elmar Mayer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Absicherung der Qualität der teilzentralen Elemente der Reifeprüfung – Annahme (E 106)    106, 115

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Elmar Mayer, Kolleginnen und Kollegen betreffend barrierefreie Schulbücher und Unter­richtsmittel – Annahme (E 107)               111, 115

Annahme des Gesetzentwurfes in 763 d.B. ................................................................. 114

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (654 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige geändert wird (764 d.B.) ........................ 115

6. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (713 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird (765 d.B.) .............................................. 115

7. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (712 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert wird (766 d.B.) ............................................ 115

8. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (715 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert wird (767 d.B.) .......................................... 116

9. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (676 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 geändert wird (768 d.B.) .................................................. 116

10. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (655 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wird (769 d.B.) ............................. 116

Redner/Rednerinnen:

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 116

Elmar Mayer ............................................................................................................. ... 119

Martina Schenk ........................................................................................................... 175

Mag. Silvia Fuhrmann ................................................................................................ 175

Dieter Brosz ................................................................................................................ 176

Dr. Walter Rosenkranz .............................................................................................. 178

Ursula Haubner .......................................................................................................... 179

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 181

Franz Riepl .................................................................................................................. 182

Gerhard Huber ............................................................................................................ 183

Nikolaus Prinz ............................................................................................................ 184


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 6

Dr. Gerhard Kurzmann .............................................................................................. 185

Mag. Josef Auer .......................................................................................................... 185

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 187

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 188

Peter Stauber .............................................................................................................. 188

Ewald Sacher .............................................................................................................. 189

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 190

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderungen im Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige – Ab­lehnung ...............  118, 191

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Einführung eines bereichsspezifischen Personenkennzeichens für die Bildungsdokumentation – Ablehnung              177, 192

Annahme der sechs Gesetzentwürfe in 764, 765, 766, 767, 768 und 769 d.B. .......... 191

11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Befugnisse bei Auslandseinsätzen (Auslandseinsatzbefugnisgesetz – AEBG) geschaffen wird (1057/A) ......................... 192

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Fichtenbauer .............................................................................................. 193

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 193

Peter Haubner ............................................................................................................. 194

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 194

Kurt List ....................................................................................................................... 196

Zuweisung des Antrages 1057/A an den Landesverteidigungsausschuss .................. 196

12. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 25. Juli 1962 über das Privatschulwesen (Privatschulgesetz) geändert wird (1040/A) ................................................................................................. 197

Redner/Rednerinnen:

Ursula Haubner .......................................................................................................... 197

Elmar Mayer ................................................................................................................ 197

Anna Franz .................................................................................................................. 198

Dr. Walter Rosenkranz .............................................................................................. 198

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 199

Zuweisung des Antrages 1040/A an den Unterrichtsausschuss .................................. 200

13. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsan­waltschaft Wien (GZ 501 St 44/10k) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ewald Stadler (786 d.B.) ......................................................................................................... 200

Annahme des Ausschussantrages ............................................................................... 200

Eingebracht wurden

Berichte ......................................................................................................................... 35

III-159: Bericht gemäß § 23 Immissionsschutzgesetz-Luft, BGBl. I Nr. 115/1997 i.d.g.F. (IG-L-Bericht 2006–2008); BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 7

III-160: Bericht gemäß § 12 Abs. 1 Ozongesetz, BGBl. Nr. 210/1992 i.d.g.F. (Ozonbericht 2006–2008); BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft

Anträge der Abgeordneten

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der vertragskonfor­men Umsetzung der Koralmbahn bis 2018 (1180/A)(E)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konzerthalle im Augarten (1181/A)(E)

Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Öffnung des Bundes-Personal­vertretungsrechts für Milizsoldaten (1182/A)(E)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Verfallsregel im Tiertransportgesetz 2007 (1183/A)(E)

Dr. Peter Fichtenbauer, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung der Miliz (1184/A)(E)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erstellung einer Stu­die über die Situation muslimischer Frauen und Mädchen in Österreich (1185/A)(E)

Karlheinz Kopf, Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesver­fassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Be­zügen öffentlicher Funktionäre geändert wird, sowie ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz und das Bezügegesetz geändert werden (1186/A)

Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Rechnungshofge­setz 1948, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und das Verwaltungsgerichtshofge­setz 1985 geändert werden (1187/A)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Euratom-Ausstieg Öster­reichs (1188/A)(E)

Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Koralmbahn (1189/A)(E)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Sicherstellung der vertragskon­formen Umsetzung der Koralmbahn (1190/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend generelle AuftraggeberIn­nenhaftung für Sozialversicherungsbeiträge im Baubereich (1191/A)(E)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verschleppung von Verfahren betreffend die Bewertung von Arbeitsplätzen im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung (1192/A)(E)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfrieren der Politikergehälter und Senkung der Politikerpensionen alter Art um zumindest 10 Prozent (1193/A)(E)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage des Berichtes über den Zustand des österreichischen Bundesheeres an den Nationalrat (1194/A)(E)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Haftungsübernahme für die Ausstellung „Michelangelo. Zeichnungen eines Genies“ (1195/A)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verord­nung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Sep­tember 2009 über Ratingagenturen (ABl. Nr. L 302 vom 17.11.2009, S. 1) (Ratingagen­turenvollzugsgesetz – RAVG) erlassen wird sowie das Finanzmarktaufsichtsbehörden­gesetz geändert wird (1196/A)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 8

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt des Weltkultur­erbes Wachau [(1176/A)(E)] [(Zu 1176/A)(E)]

Anfragen der Abgeordneten

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Umgang mit Bewerbungsunterlagen (5780/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Flugreisepraxis (5781/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen den Finanzlandesreferen­ten des Landes Kärnten (5782/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Wahlwerbung durch Lehrer (5783/J)

Gabriele Tamandl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz betreffend Arbeitnehmerschutz (5784/J)

Hermann Lipitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend drohendes Chaos im Zusam­menhang mit der E-Mobilität (5785/J)

Hermann Lipitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend drohendes Chaos im Zusammenhang mit der E-Mobi­lität (5786/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Umgang mit Bewerbungsunterlagen (5787/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Umgang mit Bewerbungsunterlagen (5788/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Leistungsbeurteilung der Unterrichtsarbeit an Wiener Schulen (5789/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Notengebung im Gesamtschul-Versuch „Neue Mittel­schule“ (5790/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend die perpetuierte Lebensdauer von Schul-Versuchen (5791/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend im Dienst verletzte Exekutivbeamte (5792/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend die nicht immer ganz freiwillige Optierung von Schu­len zum Gesamtschul-Versuch „Neue Mittelschule“ (5793/J)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Mindestpreis, Mindesthandelsspanne und Tabakmonopolverwaltung (5794/J)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Transparenzdatenbank sowie Solidaritäts- und Strukturfonds für Trafikanten (5795/J)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Nebentätigkeiten, Nebenbeschäftigungen, Dienstzeit, Stellenbesetzungsge­setz und Vertragsschablone (5796/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 9

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Einmotten von Panzern und Panzerhaubitzen (5797/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Reisewarnung für ausländische Tourismusdestinationen (5798/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Reisewarnung für ausländische Tourismusdestinationen (5799/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerrückstände in der Gastronomie (5800/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Transparenzdatenbank“ und Forschungs-, In­novations- und Technologieförderung (5801/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Transparenzdatenbank“ und Wirtschaftsförderung (5802/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Kriminalität erstes Halbjahr 2010 (5803/J)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Bundesheer unterstützt Kunst am Berg (5804/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Personalsituation bei den Bundesforsten (5805/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Kriminalität erstes Quartal 2010 (5806/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend die Anpassung der Höhe der ins Ausland über­wiesenen Familienbeihilfe an die jeweiligen Lebenserhaltungskostenindices (5807/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Ersatzteilmangel (5808/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Vorführungen von Asylwerbern zum Bundesasylamt (5809/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Einsatzpläne für die Krise (5810/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend den Rechnungshofbericht Bund 2010/01 (5811/J)

Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Reisewarnungen (5812/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend: Wer fürchtet sich vor dem bösen Rechnungshof? (5813/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Förderung des Vereins „Kulturkontakt“ (Bildungsko­operation) (5814/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Förderung des Vereins „Kulturkontakt“ (Bildungsko­operation) (5815/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Krankenstand: Entgeltfortzahlung oder Krankengeldbezug“ (5816/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 10

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Vermögensrechtliche Anordnungen – Abschöpfung – Einziehung von Erträ­gen, Tatwerkzeugen und Vermögensgegenständen aus Straftaten – Fakten und Zahlen“ (5817/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Arbeitsunfälle und Justiz“ (5818/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Weinkontrollen in Österreich im Jahr 2009“ (5819/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend „Impfschadensgesetz – Fälle 2009“ (5820/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend aktuelle Entwicklung bei den Lehrabschlussprüfungen (5821/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anschläge Kärntner Slowenen in Österreich (5822/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4996/AB zu 5062/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (4997/AB zu 5099/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (4998/AB zu 5098/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Ger­hard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (4999/AB zu 5072/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (5000/AB zu 5073/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Ger­hard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (5001/AB zu 5068/J)


 


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09.05.16Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 70. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Gessl-Ranftl, Jakob Auer, Dr. Belako­witsch-Jenewein, Donabauer, Ing. Hofer, Kapeller, Kunasek, Strache und Markowitz.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem ande­ren Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Herr Bundeskanzler Werner Faymann wird durch den Herrn Staatssekretär im Bun­deskanzleramt Dr. Josef Ostermayer vertreten.

*****

Ich gebe bekannt, dass die Fragestunde sowie die anschließende Debatte zur Novel­lierung des ORF-Gesetzes in der Zeit von 9.05 Uhr, also von jetzt an, bis 13 Uhr vom ORF live übertragen wird.

09.06.01Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden wie üblich von den beiden Rednerpulten im Halbrund vorgenommen, die Beantwortung durch die Frau Bundesministerin vom Rednerpult der Abgeordneten aus.

Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen. Die Beantwortung der Hauptfrage durch die Frau Bundesministerin soll 2 Minuten und jene der Zusatzfragen jeweils 1 Minute betragen.

Ich werde, so wie üblich, kurz vor Ende der Redezeit mit einem kurzen Klingelzeichen darauf aufmerksam machen.

Ich beginne jetzt – um 09.06 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 1. Anfrage, 71/M, des Herrn Abgeordneten Mayer an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin, Sie ha­ben in den dreieinhalb Jahren ihrer bisherigen Amtszeit sehr vieles, was die Schul- und die Bildungspolitik betrifft, auf den Weg gebracht, sehr engagiert für die „neue Schule“ gekämpft und sind nach wie vor am Kämpfen. Einige Beispiele dafür: kleinere Klassen,


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Neue Mittelschule, Einführung von Bildungsstandards, neue Matura für AHS, und jetzt kommt sie für die BHS dazu. Also sehr viel ist von Ihnen auf die Reihe gebracht wor­den. Auch heute Nachmittag werden wir, wenn es um das Bildungspaket 2010 geht, wieder einiges in diese Richtung auf die Schiene stellen.

Wichtig wäre es – auch für die Zuseher zu Hause und bei uns im Hause –, Folgendes zu wissen:

71/M

„Was sind die Eckpunkte des bildungspolitischen Gesamtkonzepts?“

Ich weiß, es ist schwierig, in zwei Minuten das alles darzustellen, aber ich glaube, es wäre wichtig, dass wir in Ihr Gesamtkonzept mit den Meilensteinen, die Sie gesetzt ha­ben, einen Einblick bekämen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Das Ziel ist klar: Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg! Die Beantwortung in zwei Minuten ist in der Tat ein ambitioniertes Unterfangen, aber ich werde versuchen, ein paar Eckpunkte dar­zustellen.

Zentral muss es sein, dass das öffentliche Bildungssystem auf Qualität und Leistung setzt. Das ist der zentrale Ansatzpunkt!

Gerade wenn wir uns die Situation in den großen Städten unseres Landes anschauen, sehen wir, dass Bildung auch einen wichtigen Beitrag zur Integration leisten muss. Menschen mit Zuwanderungsgeschichte müssen besonders im Fokus der Bildungs­politik stehen, zumal das meistens Bevölkerungsgruppen sind, die sozial benachteiligt sind. Das möchte ich vorwegschicken.

Der Wohlstand Österreichs wird im Klassenzimmer entschieden. Ich fokussiere daher auf dem Bereich Schule und möchte drei Eckpunkte skizzieren.

Eckpunkt eins: Qualität und Leistung, all die Maßnahmen wie kleinere Klassen, neue Matura, Bildungsstandards, Neue Mittelschule.

Zweiter ganz zentraler, wichtiger Bereich: Lehrerinnen und Lehrer. Wir brauchen eine neue Ausbildung und Fortbildung für die Lehrerinnen und Lehrer. Diesbezüglich wer­den wir Ende des Jahres entscheidungsreif sein. Die Konzepte werden da sein. Selbst­verständlich brauchen wir auch ein neues Dienst- und Besoldungsrecht. Erst gestern haben wir wieder sehr konstruktive Gespräche mit den Vertreterinnen und Vertretern der Lehrergewerkschaft geführt.

Und der dritte große Themenblock – Frau Abgeordnete Haubner wird ihn auch anspre­chen – ist die Schulverwaltung. Da gilt es, die Behördenwege zu straffen. Und mein großes Ziel ist die selbstverantwortliche Schule, die selbständige Schule. Das heißt mehr Eigenverantwortung am Standort, aber auch Luft und Freiraum zum Atmen für die Schulen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mayer.

 


Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Frau Ministerin! Nicht nur, aber auch aufgrund gesellschaftspolitischer Entwicklungen haben Sie eine Umfrage in Auftrag gegeben, im Rahmen derer bei den Eltern der derzeit in der Schule befindlichen Kinder erhoben werden soll, wie der Bedarf nach ganztägigen Betreuungsformen ausschaut. Auch die Stadt Wien hat eine entsprechende Erhebung gemacht. Daraus ist klar erkennbar,


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dass mehr ganztägige Betreuungsformen gewünscht werden. Es handelt sich da um eine gesellschaftspolitische und auch bildungspolitische Herausforderung.

Meine Frage daher: Was sehen Ihre Ausbaupläne für ganztägige Schulformen vor?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich ar­beite gerade mit dem Städtebund, dem Gemeindebund und den Vertretern der Landes­schulräte an einem umfassenden Plan. Vier Punkte in aller Kürze:

Erster Punkt: Tagesbetreuung neu aufsetzen. Stichwort: Qualitätsgütesiegel. Wir ha­ben mit 81 Schulen gestartet, und im September 2010 werden es schon 200 Schulen sein.

Zweiter Punkt: Wir brauchen flexiblere Öffnungszeiten für die Eltern; das ist ein sehr großer Wunsch.

Dritter Punkt – vor allem im ländlichen Bereich wesentlich –: Kooperation mit den Ver­einen, mit den Sportvereinen, mit den Musikschulen. Und das Ziel muss es sein, dass es in jedem Bezirk in Österreich ein ganztägiges Angebot gibt. Die Betonung liegt auf dem Wort „Angebot“. Das heißt, die Eltern sollen eine Wahlmöglichkeit haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Franz, bitte.

 


Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Frau Ministerin, wir haben gehört, dass der Bedarf an ganztägigen Schulformen steigend ist. Wir haben diesen Punkt auch in unserem Regierungsübereinkommen enthalten. Es wird ein pädagogisch hochwertiges Angebot sein müssen, orientiert an den Bedürfnissen der Kinder und deren Eltern. Es werden auch mitunter örtliche Vereine mit einbezogen werden und auch Musikschulen. Die Ge­meinden werden zusätzlich Raum zur Verfügung stellen müssen.

Meine Frage: Wie weit sind die Gespräche gediehen mit den Ländern, den Gemein­den, den Vereinen und den Schulpartnern in Bezug auf ganztägige Schulformen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Die dafür eingesetzte Arbeitsgruppe ist sehr intensiv bei der Arbeit. Ich werde im Herbst die kon­kreten Pläne vorlegen können. Wir haben jetzt schon Best-Practice-Modelle, Beispiele aus der Praxis, weil es in der Tat auch schon erfolgt; es gibt Kooperationen mit Ver­einen.

Klar ist: Das ist in erster Linie ein Pflichtschulthema. Die Entwicklung muss in Koopera­tion mit den Schulerhaltern erfolgen. Und das wird natürlich auch ein Ausbaupro­gramm. Das heißt, das wird Investitionen mit sich bringen. Da die Gemeinden das nicht zusätzlich machen können, muss natürlich auch eine finanzielle Basis dafür geschaffen werden – das ist auch dem Herrn Finanzminister bewusst.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Spadiut, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Minister! Laut dem unlängst prä­sentierten österreichischen Expertenbericht zur Internationalen Volksschulbildungs-Vergleichsstudie TIMSS gehört Österreich zur Gruppe jener Länder, in denen die Zu­gewanderten signifikant schlechter abschneiden als die Einheimischen. Damit wird zum wiederholten Male festgestellt, dass vor allem die schulische Integration von Ös­terreicherinnen und Österreichern mit Migrationshintergrund nicht funktioniert.

Frau Minister, welche konkreten Konsequenzen ergeben sich daraus für Ihr bildungs­politisches Gesamtkonzept?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



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Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Der Be­fund ist nur teilweise korrekt. Ich möchte betonen, dass es da ja nicht nur um die Zu­wanderungsgeschichte geht. Das, was die Situation in Österreich so brisant gestaltet, ist der Umstand, dass die Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in den meisten Fäl­len aus sozial schwachen Schichten kommen. Das möchte ich betonen. Das heißt, wir müssen früh mit der Ausbildung beginnen. Daher soll der Kindergarten auch als Bil­dungseinrichtung fungieren. Ich bin froh darüber, dass dieser jetzt ab dem 5. Lebens­jahr verpflichtend ist, wo Sprachförderung eine große Rolle spielt.

Ich kann nur immer wieder betonen: Die deutsche Sprache ist der Schlüssel zum Bil­dungserfolg in Österreich! Daher werden wir heute Nachmittag im Parlament auch Deutschförderung an den Pflichtschulen und an den AHS-Unterstufen beschließen. Da müssen wir dranbleiben, daran führt kein Weg vorbei.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Walser, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin! Es geht in dieser Frage­stellung um die Eckpunkte einer künftigen Schulreform, und da erinnere ich daran, dass eigentlich alle Fachleute in Österreich davon sprechen, dass die Trennung der Kinder in der Schule mit neuneinhalb Jahren zu früh ist. Inzwischen gibt es auch in der ÖVP eine sehr breite Diskussion darüber und sehr erfreuliche Meldungen dazu.

Meine Frage zielt in die Richtung, ob es von Ihrer Seite mit der ÖVP schon Verhand­lungen dahin gehend gibt, dass wir nicht das Modell der Neuen Mittelschule, das Sie ja präferieren und das wir von den Grünen aus verschiedenen Gründen sehr kritisch se­hen, weil es, wie Christoph Leitl gesagt hat, nicht einmal ein Schrittchen in die richtige Richtung ist, einführen, sondern das Modell einer wirklich gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen umsetzen, und ob der Finanzminister diesbezüglich auch Vorkehrun­gen trifft.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Für Ver­handlungen dazu ist es noch zu früh, da ich erst die Position der ÖVP erwarte. Was die Neue Mittelschule betrifft, vertreten wir unterschiedliche Meinungen. Es ist ganz wich­tig, die 320 Standorte, die wir ab September in Österreich realisieren werden, jetzt nicht mehr als Schulversuch zu betrachten, sondern als eine Bildungsbewegung. 320 Standorte, 35 000 Schülerinnen und Schüler, 3 500 motivierte Lehrerinnen und Lehrer: Das sind die überzeugenden Argumente! Ich freue mich auf die ersten Eva­luierungsergebnisse. Und dann gehen wir Schritt für Schritt voran. Ich bin da sehr zu­versichtlich – weniger in Bezug darauf, welche Ideologie sich da durchsetzt, denn ich denke, die Eltern werden hier die Entscheidung treffen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Kö­nigshofer.

 


Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Frau Bundesminister! Nachdem das österreichische Bildungssystem in den letzten Jahren sukzessive nach unten nivelliert worden ist, habe ich heute eine Frage bezüglich der Hochbegabten an Sie.

Hochbegabte hat es in allen Völkern zu jeder Zeit gegeben, und sie wurden von den Kulturen auch verschieden behandelt und gefördert. Ich darf zwei Beispiele dafür ge­ben: den deutschen Mathematiker Carl Friedrich Gauß, der mit 21 Jahren seine bahn­brechende mathematische Arbeit „Disquisitiones Arithmeticae“ geschrieben hat, oder Justus Liebig, der mit 21 Jahren schon Universitätsprofessor in Gießen wurde. Daran kann man sehen, dass Hochbegabte in Kulturen eine wichtige Rolle spielen.


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Nun zu Österreich: Welche Förderungen gibt es im heutigen Bildungssystem für hoch­begabte Schülerinnen und Schüler beziehungsweise hochbegabte Studentinnen und Studenten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Einlei­tend möchte ich dazu bemerken, dass Spitzenleistungen eine breite Basis brauchen. Ich bekenne mich klar zur Exzellenz. Wir brauchen Schulen der Exzellenz auf Basis der Begabungen und Interessen der Kinder. Und ich vertrete von meinem Menschen­bild her die Ansicht, dass in jedem von uns ganz bestimmte Begabungen und Talente stecken, und es gilt – in Ableitung von Antoine de Saint-Exupéry –, diese Interessen freizulegen. Dafür braucht es ein Stück mehr Zeit, dafür braucht es eine andere Kultur an unseren Schulen, Zuwendung zu den Kindern, Wertschätzung, Zuversicht, Motiva­tion, und ab 14 Jahren Schulen der Exzellenz in den speziellen Interessengebieten. Das ist mein Bild dazu.

Natürlich haben wir für den Begabtenbereich auch Sonderförderungen. Es gibt ein eigenes Institut, dass da entsprechende Hilfestellung für die Eltern gibt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 73/M des Herrn Abgeordneten Amon. – Bitte.

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Einen schönen guten Morgen, Frau Bun­desministerin! Wir haben vor zirka einem Jahr die ersten Rahmenbedingungen zur Ein­führung der teilzentralen Elemente für die neue Reifeprüfung im Bereich der allgemein­bildenden höheren Schulen beschlossen. Es war damals einer der wesentlichen Punk­te, das eigentlich für alle maturaführenden Schulformen zu entwickeln. So werden wir heute im Laufe des Tages auch für den Bereich der berufsbildenden höheren Schulen entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen.

Die Einführung der neuen Reifeprüfung ist zweifelsohne eine sehr umfangreiche Auf­gabe, die auch eine Fülle von Vorbereitungsaufgaben nach sich zieht.

Dazu meine Frage:

73/M

„Wann werden – unabhängig von den laufenden Versuchen zur neuen Reifeprüfung – die erforderlichen Vorarbeiten für den Regelbetrieb der zentralen Reifeprüfung an den AHS, wie etwa Leistungsprüfungsverordnung, Lehrplanverordnung, überarbeitete Schul­bücher et cetera, abgeschlossen sein?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: In der Tat ist das Projekt „Neue Matura“ ein Großprojekt. Die Gesetzesbeschlüsse sind das eine, die Umsetzung im Klassenzimmer ist das andere. Im Jahr 2015 werden 45 000 Schü­lerinnen und Schüler und 4 500 Lehrerinnen und Lehrer an 660 Schulstandorten davon betroffen sein. Daher sind Kommunikation und Information das Um und Auf.

Ich freue mich, für den AHS-Bereich sagen zu dürfen, dass von 330 Schulen 280 in die Erprobungsphase integriert sind. Was die Leistungsbeurteilungsverordnung betrifft, so warten wir jetzt die Ergebnisse der Versuche im Bereich Fremdsprachen, was die Kom­petenzniveaus betrifft, ab.

Die Lehrpläne sind auf Kompetenzorientierung umgestellt, und ich möchte betonen: An den Inhalten der Lehrpläne ändert sich nichts! Der Zugang wird neu im Sinne der Kom­


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petenzorientierung. Ähnliches gilt auch für die Schulbücher. – Wir werden das ja, wie ich hoffe, am Nachmittag einstimmig beschließen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Amon.

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sie selbst, Frau Ministerin, haben die Er­probungsphase angesprochen. Natürlich gibt es da unterschiedliche Rückmeldungen. Ich denke, es ist üblich, wenn man neue Modelle aufsetzt, dass es sowohl positive als auch negative Rückmeldungen gibt.

Es wurde von Ihnen angekündigt, dass es einen Evaluierungsbericht über diese Erpro­bungsphase geben wird. Bis wann wird dieser in etwa vorliegen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Betref­fend den AHS-Bereich, wo jetzt Versuche laufen, wird es, wie schon im Unterrichtsaus­schuss kurz angekündigt wurde, im Herbst einen Evaluierungsbericht geben, und ich freue mich, wenn wir diesen im Unterrichtsausschuss diskutieren und bewerten werden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Huber.

 


Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Das Wiener AMS, das Arbeitsmarktservice, wartet mit alarmierenden Daten betreffend das Pflichtschulniveau österreichischer Jugendlicher mit Migrationshinter­grund auf. Neben fehlenden Abschlüssen beklagen die AMS-Berater und -Beraterinnen vor allem ein sinkendes Schulniveau. So macht das AMS darauf aufmerksam, dass bei einigen Jugendlichen, die einen positiven Schulabschluss erreicht haben, die tatsächli­chen Kenntnisse nicht mit den Schulnoten übereinstimmen. Die Schülerinnen und Schüler werden beispielsweise in Deutsch positiv beurteilt, obwohl das Niveau nicht den Noten entspricht.

Meine Frage: Gibt es vonseiten Ihres Ressorts Überlegungen, auch im Pflichtschulbe­reich eine Standardisierung in der Leistungsfeststellung einzuführen, um die Vergleich­barkeit von Pflichtschulabschlüssen zu gewährleisten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Der we­sentliche Punkt sind die Bildungsstandards an der vierten und achten Schulstufe. Die gesetzliche Grundlage ist da. Wir werden damit erstmals österreichweit und flächende­ckend für jeden Schulstandort ein Feedback-System, also ein Rückmeldesystem, haben.

Ich hoffe sehr, dass es uns auch gelingt, zu einer wertschätzenden Feedback-Kultur an den Standorten zu kommen, also weg von dem Spiel „Wer hat Schuld?“ und hin zu der Frage „Was können wir tun, um Qualität zu sichern und um besser zu werden?“. – Das muss auch im Bereich der Lehrerfortbildung begleitet werden.

Ich erwarte mir hier betreffend Qualität einen Quantensprung durch die Bildungsstan­dards. Dann werden wir nicht mehr in großen Abständen auf PISA warten, sondern kön­nen für die Qualitätssicherung selbst sorgen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Walser.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Diese Standardisierung und die teilzentrale Matura sind Schritte in die richtige Richtung, die wir sehr begrüßen. Sie bieten darüber hinaus eine Chance, das Rollenbild von Lehr­kräften zu verändern, und zwar dann, wenn wir einen nächsten, weiteren Schritt ma­chen, nämlich die Rolle der Lehrkräfte von der Rolle der Prüfer zu trennen. Das heißt, dass Lehrkräfte dann zu Verbündeten ihrer SchülerInnen werden und dass extern ge­prüft wird.


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Im Zusammenhang mit der neuen Reifeprüfung nun meine Frage: Gibt es in Ihrem Ministerium Überlegungen beziehungsweise Pläne, die eine Entwicklung in diese Rich­tung vorsehen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Nein. Ich meine, dass die Lehrer und Lehrerinnen in beiden Funktionen aktiv sein sollen. Ich hal­te nichts davon, dass nach dem Muster der Rating-Agenturen externe Prüfer auf den einzelnen Schulstandort zukommen. Ich denke, dass vielmehr Qualität, Leistung und faire Leistungsbeurteilung Teil des Systems sein müssen.

Daher bin ich sehr froh, dass es in Gesprächen auch mit den Vertretern und Vertrete­rinnen der Lehrergewerkschaft gelungen ist, dass wir zum Beispiel den Bereich Bil­dungsstandards in ganz enger Zusammenarbeit mit den Lehrern und Lehrerinnen vor­bereiten, aber dann auch durchführen. Das muss einfach fixer Bestandteil der Schul­kultur sein.

Wie gesagt: Ich halte nichts von Externen, die dann Angst und Schrecken verbreiten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Kitz­müller.

 


Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Frau Minister, die Matura ist die Voraus­setzung, um ein Studium überhaupt beginnen zu können.

Aus freiheitlicher Sicht sollten daher die Lehrenden, die an diesen Zielbildungseinrich­tungen unterrichten, auch die Gestaltung des Maturaniveaus mit bestimmen können. Für uns ist auch denkbar, dass die Oberstufe teilweise modular organisiert wird und dass die Zielbildungseinrichtungen für die Zulassung auch den Besuch gewisser Fach­gruppen oder Prüfungen in Fachgegenständen verlangen können.

Aus diesem Grund halten wir auch die Mitwirkung bei der Gestaltung der künftigen Oberstufenorganisation durch jene Personen für sehr zielführend, die dann mit die­sem – unter Anführungszeichen – „Maturaprodukt“ arbeiten müssen.

Meine Frage lautet daher: Ist Ihrerseits auch daran gedacht, Wünsche und Anforderun­gen der Universitäten durch die Beteiligung von Hochschullehrern an der Gestaltung von Leistungsprüfungen, Lehrplanverordnungen und überarbeiteten Schulbüchern ein­fließen zu lassen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Die neue Reifeprüfung soll zur Qualitätssicherung beitragen, soll ein Gütesiegel für den Absol­venten sein und soll auch die Studierfähigkeit ermöglichen. Daher sind die Universitä­ten schon jetzt, und zwar schon vorher, in die Entwicklung der Bildungsstandards mit eingebunden, aber selbstverständlich auch in die Festlegung der Kompetenzniveaus für die neue Reifeprüfung in den Kernfächern, die ja nur im schriftlichen Bereich – Eng­lisch, Deutsch, lebende Fremdsprache – extern vorgegeben werden.

Wir werden am Nachmittag noch darüber diskutieren. Es gibt genug Freiraum und Spiel­raum für schulspezifische Schwerpunkte in der schriftlichen Arbeit und bei der mündli­chen Prüfung.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Riepl.

 


Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Frau Bundesmi­nisterin! Die Bildungsreform hat begonnen. Der Zug fährt. Immer mehr wollen aufstei­gen und in diesen Zug einsteigen. Als sozialdemokratischer Abgeordneter meine ich, dass das eine wunderbare Sache ist. Wir haben allerdings noch viele Schritte vor uns.


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Ich gratuliere zu der neuen Broschüre, die Sie über die Bildungsreform aufgelegt ha­ben. In dieser kann man nachlesen, in welchem Bundesland welche Schule welches Angebot hat. Ich glaube, diese Unterlage ist für alle, die sich für Bildung interessieren, ganz wichtig.

Berufsbildende Schulen sind wichtig. Daher frage ich Sie: Wie sieht eigentlich die neue Reifeprüfung für die berufsbildenden höheren Schulen aus? Wie sieht für diese der Plan aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Wir haben bei den BHS, in Analogie zum Bereich der AHS, auf dem Drei-Säulen-Modell aufgesetzt.

Das heißt, es gibt eine schriftliche Diplomarbeit. Das ist ganz wichtig zur Vorbereitung auf das wissenschaftliche Arbeiten und für die Hochschulreife. Diese Diplomarbeit wird dann auch präsentiert, es gibt Fragen und Antworten dazu, eine Diskussion.

Die zweite Säule ist der schriftlich standardisierte Bereich: Deutsch, lebende Fremd­sprache, Mathematik, außerdem sind individuelle Zusatzfächer möglich.

Der dritte Teil ist die mündliche Prüfung auf objektivierter Basis. Das heißt, die Schüler und Schülerinnen ziehen einen Themenbereich aus einem Topf, und der jeweilige Prü­fer formuliert dazu die Fragestellung.

Damit haben wir Objektivierungselemente verankert. Ich hoffe sehr, dass wir heute Nachmittag breite Zustimmung zu der Gesetzesvorlage hier im Parlament erreichen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 77/M des Herrn Abgeordneten Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Schönen guten Morgen! Frau Präsiden­tin! Frau Bundesministerin! Beim Schulversuch, bei der – wie Sie ihn auch genannt ha­ben – Bildungsbewegung Neue Mittelschule mit 3 500 motivierten Lehrern – auch das wäre vielleicht noch speziell zu hinterfragen – gibt es an den verschiedenen Schulen im Klassenzimmer zusätzliche Lehrkräfte. Statt eines Lehrers sind dort jetzt oftmals zwei bis drei Lehrer anwesend.

Daher meine Frage:

77/M

„Verfügen Sie bereits über Kostenschätzungen, welche zusätzlichen Personalkosten durch die flächendeckende Überleitung des Schulversuches ‚Neue Mittelschule‘ in das Regelschulwesen entstehen würden?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Eine Kosten- und Ausgabenschätzung wäre sehr leicht anzustellen. Man multipliziert die Klassen der Sekundarstufe 1 mit den sechs zusätzlichen Stunden, das sind 19 250 €, und man hätte dann quasi die Gesamtkosten, wenn man die Neue Mittelschule ein­führt. Aber das ist nicht das Konzept.

Die Neue Mittelschule ist ein Modell auf dem Weg zur gemeinsamen Schule. In einem Masterplan, der dann erstellt wird, wenn die Regierung dazu grünes Licht gibt, müssen wir die Kosten dem Nutzen gegenüberstellen. Das heißt: Was bedeutet das seitens der Schulerhaltung, wenn wir die Sekundarstufe 1 vereinfachen? Aber das Ganze macht natürlich nur dann Sinn, wenn sich auch der Erfolg zeigt. Das heißt, es ist keine Nach­


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hilfe notwendig, Sitzenbleiben fällt weg, es gibt geringere Drop-Out-Zahlen in der Se­kundarstufe 2, weil die Bildungsweg- und Berufsentscheidung besser gelingt.

Das heißt, wir brauchen dann eine gesamthafte Kosten-Nutzen-Überlegung, und ich bin sehr zuversichtlich, dass das ein sehr gutes Projekt ist, zu dem wir dann auch ge­meinsam Ja sagen. Jetzt ist es aber noch zu früh, hier Zahlen vorzulegen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Ro­senkranz.

 


Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Sind Ihnen Studien aus der Bundesre­publik Deutschland, nämlich aus Bundesländern, wo es Gesamtschulmodelle und pa­rallel dazu Gymnasien gibt, bekannt, wonach das Gesamtschulmodell teurer, aber we­niger effizient ist, und zwar insbesondere im Hinblick auf die diversen Studien, wie PISA, PEARLS und Ähnliches?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Sie ha­ben die Studien im Unterrichtsausschuss angesprochen; ich habe diese noch nicht im Detail gelesen.

Ich sage immer: Was in einzelnen Ländern gilt, muss nicht auch für Österreich gelten. Wir haben jetzt 320 Standorte in Österreich, die laufend begleitend evaluiert werden. Wir werden die Ergebnisse sehen, und ich werde im Juli erstmals auch die Befragung der Eltern der Schüler und Schülerinnen der Neuen Mittelschule präsentieren können. Dann wird es erste Indizien und Aussagen geben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer.

 


Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! In diesem Schuljahr gibt es schon an über 230 Standorten den Schulversuch „Neue Mittelschule“.

Welche Erfahrungswerte gibt es darüber, wie die Neue Mittelschule von den Schulpart­nern aufgenommen wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich kann dazu nur sagen: Sie wird sehr gut aufgenommen!

Ich drücke das jetzt in der Wirtschaftssprache nach den Kategorien von Angebot und Nachfrage aus: Die Nachfrage nach der Neuen Mittelschule ist viel, viel höher als das Angebot. Wir haben nun 320 Standorte ab September und können aufgrund der ge­setzlichen 10-Prozent-Regelung nicht mehr genehmigen. Wir haben aber Anfragen für in Summe über 600 Standorte. Man muss auch mit berücksichtigen, dass wir in der Se­kundarstufe 1 insgesamt 1 800 Standorte haben. Das ist also kein kleiner Schulver­such mehr, sondern das ist österreichweit eine große Innovation mit sehr signifikanten Ergebnissen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager.

 


Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Frau Bundesministerin! Kinder und Jugendliche haben ein sehr unterschiedliches Interesse an einzelnen Fach­gebieten, unterschiedliche Begabungen und ein unterschiedliches Lerntempo. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dieser Unterschiedlichkeit zu begegnen. Eine dieser Mög­lichkeiten ist ein differenziertes Schulsystem. Die Erprobung der anderen Möglichkeit


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findet derzeit mit der Neuen Mittelschule statt. Hier werden aber die Leistungsgruppen derzeit gerade aufgelöst.

Wie sind die bisherigen wissenschaftlichen Ergebnisse in der neuen Schulform im Ver­gleich zu unserem herkömmlichen Schulsystem? Welche wissenschaftlichen Ergebnis­se liegen derzeit vor?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Die wis­senschaftlichen Ergebnisse werden wir erst bekommen. Wir sind jetzt im zweiten Jahr­gang beziehungsweise in der zweiten Generation der Neuen Mittelschule.

Ein Punkt ist wichtig: Die Differenzierung muss stattfinden. Es muss jetzt aber die Fra­ge geklärt werden, wie das genau aussehen wird. Bei der Neuen Mittelschule geht es um die innere Differenzierung. Das heißt, es gibt sehr wohl immer wieder auch Leis­tungsgruppen, aber keine, auf die Person bezogenen, starren Leistungsgruppen, son­dern fächerbezogene Leistungsgruppen, die im Unterricht entsprechend strukturiert sind.

Ganz wichtig ist das miteinander und voneinander Lernen. Die Schüler und Schülerin­nen werden auch gefordert, sich gegenüber ihren Mitschülern auszudrücken und Wis­sen weiterzugeben. Auf diese Weise übt und trainiert man viele Kompetenzen, die wir oft erst später lernen mussten; ich denke jetzt etwa an Interventionstechniken oder Rhe­torik.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Widmann.

 


Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Die Neue Mittelschule ist als gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen konzipiert und wird auch nach genehmigten Modellen geführt.

Haben Sie bereits erste Zahlen vom Verhältnis zwischen Hauptschulen und Gymna­sien, die sich daran beteiligen? Gibt es insbesondere auch signifikante Unterschiede zwi­schen dem urbanen und dem ländlichen Bereich?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich wer­de Ihnen dann auch Detailstatistiken je Bundesland geben.

Faktum ist, dass die Pflichtschulen größere Bereitschaft gezeigt haben, sich auf den Weg zu machen. Der Schlüssel zum Erfolg ist in jedem einzelnen Bundesland und an jedem einzelnen Standort, dass die Betroffenen am Standort entschieden haben, dass sie sich tatsächlich auf den Weg machen wollen.

Das ist ja das Besondere an diesem Projekt: Es ist nicht von oben verordnet und nicht vorgegeben, sondern wird von den einzelnen Schulstandorten entwickelt. Das bestärkt mich auch in der Grundhaltung, dass wir alles dazu tun müssen, den Schulen mehr Selbstverantwortung zu geben und die Schuldirektoren besser auszustatten. Sie brau­chen ein Aufgabenprofil nach dem Motto „Dorthin muss der Weg gehen!“

Ich meine, wir können von dem Projekt „Neue Mittelschule“ auch sehr viel auf andere Projekte übertragen. Es darf nicht so viel Verordnungs- und Erlasskultur geben, son­dern es soll mehr nach dem Prinzip der Selbstverantwortung vorgegangen werden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Walser.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin! In diesen Tagen zittern wiederum sehr viele Schülerinnen und Schüler, weil sie eventuell „Nicht genügend“ be­kommen werden. Jahr für Jahr erreichen in etwa 40 000 Schüler das Klassenziel nicht,


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und das ist mit ungeheurem Leid für die Schülerinnen und Schüler, für die Eltern und für alle Angehörigen verbunden. Die meisten ErziehungswissenschaftlerInnen sagen, dass das Wiederholen völlig sinnlos ist und pädagogisch schlicht und einfach nichts bringt.

Meine Frage an Sie: Es hat einige Initiativen vonseiten Ihres Ministeriums gegeben, die schon unter Ihrer Vorgängerin offensichtlich nichts fruchteten. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die seit Jahren leider stabilen Zahlen an SchulabbrecherIn­nen künftig zu senken?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Die An­satzpunkte müssen mehrfach sein.

Für mich ist die Abschaffung des Sitzenbleibens kein Ziel. Es ist zu überlegen, ob das eine Maßnahme ist, es ist aber kein Ziel. Ziel sind Leistung und Qualität der österrei­chischen Schulen. Ich kann jetzt wieder mit der Aufzählung beginnen: Kindergarten als Bildungsgarten, kleinere Klassen, individuelle Förderung. Das muss sich durchziehen. Wir müssen die Leistung verbessern. Das Sitzenbleiben ist, wie Sie bei einem Blick auf die Statistik sehen, insbesondere ein Thema der Oberstufen. Das heißt, wir müssen uns etwa die Fragen stellen: Gelingt die Bildungswegentscheidung richtig? Ist derjeni­ge, der die Handelsakademie besucht, wirklich wirtschaftlich interessiert? Wäre er nicht in einem anderen Berufsfeld besser aufgehoben? – Das sind die entscheidenden Fragen.

Die Abschaffung des Sitzenbleibens ist für mich, wie gesagt, kein Ziel. Wir müssen uns überlegen, in Richtung Kurssystem zu gehen, wie wir es am Nachmittag, wie ich hoffe, für die Abendschulen beschließen werden. Das könnte ein Weg sein, daran wird gear­beitet.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 76/M des Herrn Abgeordneten Dr. Walser. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Die Frage bezieht sich auf die Schulabbre­cherInnen. Wir haben in Österreich eine enorm hohe Quote an SchulabbrecherInnen und dadurch auch eine enorm hohe volkswirtschaftliche Belastung. Das kostet den Staat sehr viel Geld. Was gedenken Sie zu tun, um diese Drop-Out-Quote an unseren Schulen zu senken?

Ich schließe jetzt an das an, was ich vorher gesagt habe, und stelle folgende konkrete Frage:

76/M

„Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die seit Jahren stabil hohe Zahl an SchulabbrecherInnen endlich signifikant zu senken?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Schauen wir uns zunächst die Zahlen an. Ich nehme dafür die EU-Berechnung und stelle fest, dass im Jahr 2009 die Quote bei 10,1 Prozent lag, und im Jahr 2010 sind es 8,7 Pro­zent. Das ist eine Verbesserung, was aber nicht bedeutet, dass wir uns jetzt zurück­lehnen.

Es gelten diesbezüglich all die Maßnahmen, die ich aufgelistet habe. Betonen möchte ich noch einmal: Deutsch ist, so wie Sie das auch im Unterrichtsausschuss formuliert haben, der Schlüssel zum Bildungserfolg. Daher gilt der Kindergarten als Bildungsein­richtung und gibt es eine Förderung an der Volkschule. Alles, was wir früh verabsäu­men, können wir später, wenn überhaupt, nur kostenintensiv aufholen. Daher meine


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ich, dass die Maßnahmen, die wir gemeinsam gesetzt haben, richtig sind, und in diesem Punkt dürfen wir nicht nachlassen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Walser.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Eine Möglichkeit wäre natürlich auch, die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Schulsystemen zu erleichtern. Sie haben heute bereits die Modularisierung angesprochen.

Gibt es auch Überlegungen, diese Modularisierung so weit zu treiben, dass sie auch zwischen den verschiedenen berufsbildenden Schulen, die wir in Österreich haben, möglich ist und angewendet werden kann?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Wir ha­ben derzeit das Modell der modularen Oberstufe im Schulversuch in Betrieb. Die ers­ten Rückmeldungen sind, dass es zwar von den Schülern und Schülerinnen sehr gerne angenommen wird, dass es aber organisatorisch und ausgabenmäßig eine sehr, sehr hohe Belastung darstellt. Wir müssen das noch endgültig bewerten und überprüfen.

Mein erster Ansatzpunkt ist aber die Berufsberatung, die Beratung über die Bildungs­wege. Ich bin sehr, sehr froh darüber, dass es uns gemeinsam mit den Sozialpartnern, mit den Schulen, mit den Schulpartnern gelungen ist, für die siebente und achte Schul­stufe verbindliche Maßnahmen zu vereinbaren, damit die Information der Schüler und Schülerinnen besser gelingt und die Bildungswegentscheidung bewusster und – hof­fentlich in allen Fällen – entsprechend den Interessen getroffen wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mühlberg­huber, bitte.

 


Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister, die auf der Homepage Ihres Ministeriums veröffentlichte IHS-Studie beleuchtet die Ab­bruchquote der verschiedenen Schulformen. Klar zeigt sich eine hohe Zahl an Abbre­chern in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen. AHS: 22,5 Prozent, bei der Lehre: 30,3 Prozent.

Laut Autoren der IHS-Studie ist im internationalen Vergleich kein Zusammenhang zwi­schen Gesamt- und differenziertem Schulsystem zu sehen. Jugendliche in den Städten haben ein doppelt so hohes Risiko, frühzeitig aus dem Bildungssystem auszuscheiden, als Jugendliche auf dem Land.

Meiner Ansicht nach ist der Hintergrund für den Schulabbruch eindeutig in der man­gelnden Zuwendung und Betreuung der Kinder durch ihre Eltern zu sehen. Eltern ver­gessen darauf und sind vielfach nicht in der Lage, den Kindern vor Augen zu halten, dass es Pflichten gibt und die Notwendigkeit, diese Pflichten zu erfüllen.

Meine Frage lautet daher: Was werden Sie unternehmen, um den Eltern ihre Verant­wortung für die Zukunft ihrer Kinder bewusst zu machen und die Unterstützung der Kin­der durch die Eltern insbesondere hinsichtlich des Schulbesuchs zu verbessern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Sie spre­chen einen sehr zentralen Punkt an, der vor allem die großen Städte bewegt. In Wien haben – nur, um Ihnen eine Zahl zu nennen – 50 Prozent der Kinder in den Volksschu­len Deutsch als Zweitsprache. Das heißt, es wird in den Familien eine andere Spra­che als Deutsch gesprochen. Daher betone ich ja immer wieder die Deutschförderung als wichtiges Element, und es muss uns gelingen, die Eltern zu erreichen. Die Eltern


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sind wichtige Bildungspartner und haben einen hohen Anteil am Bildungserfolg ihrer Kinder.

Wir starten jetzt im Herbst eine österreichweite Initiative unter dem Titel „Treffpunkt Schule“, für die wir vom Mitteilungsheft bis zur Notenkonferenz, die einzelnen Schular­ten, Lehrpläne, eine gut verständliche Information für die Eltern in vier verschiedenen Sprachen aufbereitet haben. Wir werden das im Herbst österreichweit, auch bundes­länderbezogen, präsentieren und auch den Communities nahebringen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Auer.

 


Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Guten Morgen, Frau Minister! Um in unserer leistungsorientierten Wissensgesellschaft Fuß fassen zu können und um auch einen guten beruflichen Weg gehen zu können, ist die Sprache – das wurde heute schon mehrfach angesprochen – sehr, sehr wichtig; egal, ob das ein Mensch mit oder ohne Migrationshintergrund ist.

Mir ist es sehr wichtig, darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass die Sprache ja ein Grundbestandteil für unser Bewusstsein ist. Ohne Sprache haben wir kein Bewusst­sein, weil wir ja nur in unserer Sprache denken können. Das heißt also, dass die Spra­che für die Entwicklung unserer Persönlichkeit enorm wichtig ist.

Bezugnehmend auf die Antworten, die Sie, Frau Minister, bereits gegeben haben, die innerhalb dieser kurzen Zeit jedoch nicht vollständig sein können, setze ich nach und frage Sie: Welche Maßnahmen zum Ausbau der Sprachförderung haben Sie bisher sonst noch getroffen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Der wichtigste Punkt ist für mich das verpflichtende Kindergartenjahr ab fünf Jahren, ver­bunden mit einem Bildungsplan für alle Kindergärten in Österreich. Dieser Bildungs­plan, der auch die Sprachförderung beinhaltet, für alle Kinder – Sie haben vollkommen recht, das ist nicht nur ein Thema für Kinder mit Zuwanderungsgeschichte –, wird zur­zeit pilotiert. Wir schauen, ob die darin vorgeschlagenen und vorgesehenen Maßnah­men passen. Er wird mit Herbst verpflichtend für alle in Kraft treten. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist die Ausweitung der Sprachförderung Deutsch. Ein Jahr ist zu kurz, wir müssen das auf zwei Jahre verlängern und für Seiteneinsteiger auch die Möglich­keit an den AHS-Unterstufen schaffen.

Wir dürfen bei all den Maßnahmen auch den Bereich der berufsbildenden Schulen nicht vergessen. Daher auch da gezielte Förderung mit direkter Bedarfszuweisung aus dem Bundesbudget. So können wir sicherstellen, dass es auch im Klassenzimmer an­kommt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Prinz.

 


Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Die Zahl der Schulabbrecher ist seit Jahren stabil, allerdings auf sehr hohem Niveau. Welche Maß­nahmen werden Sie setzen, um die Zahl der SchulabbrecherInnen in Zukunft signifi­kant zu senken?

Die Hauptschulen im ländlichen Raum bilden die Schülerinnen und Schüler in hervor­ragender Qualität aus. Ein wesentliches Merkmal dabei ist die Leistungsdifferenzie­rung. Diese Hauptschulen können sich jederzeit mit der AHS-Unterstufe vergleichen und messen.


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Verfügen Sie über aktuelles Zahlenmaterial, wie viele Maturanten aus dem ländlichen Raum von Hauptschulen zur Matura gelangen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Die Sta­tistik habe ich jetzt nicht auswendig parat, kann ich Ihnen aber mit Sicherheit zur Verfü­gung stellen.

Faktum ist, und da haben Sie recht: Wir müssen bei unseren bildungspolitischen Maß­nahmen noch viel mehr differenzieren zwischen Bildungsanforderungen im ländlichen Bereich und Notwendigkeiten im städtischen Bereich. Wenn wir von Individualisierung im Unterricht sprechen, vom Zugehen auf jedes einzelne Kind, dann bedeutet das gleichzeitig auch Differenzierung der bildungspolitischen Maßnahmen.

Ich bin jetzt in sehr intensiven Gesprächen mit den Vertretern und Vertreterinnen der Lehrergewerkschaft. Es geht darum, vor allem das Thema Brennpunkt-Schulen, wo sehr, sehr viele Kinder mit Zuwanderungsgeschichte lernen, besonders im Auge zu ha­ben, denn alle Kinder, die bei uns leben, werden in 15, 20 Jahren die Geschicke unse­res Landes bestimmen. Daher müssen wir uns um alle Kinder kümmern und auf Leis­tung achten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schenk.

 


Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Der Prozent­satz der regelmäßig Nachhilfe zahlenden Eltern steigt sukzessive mit der Schulbildung. In der Volksschule sind es noch rund 8 Prozent, in der Hauptschule bereits 17 Prozent der Eltern, die Nachhilfe zahlen müssen, bei der AHS-Unterstufe zahlt bereits ein Viertel der Eltern private Nachhilfe. Insgesamt belaufen sich die Kosten für diese priva­te Nachhilfe auf rund 160 Millionen €.

Die Lehrer haben ja als einzige Berufsgruppe mit Vollzeitbeschäftigung rund 70 Tage Urlaub im Jahr, das sind 30 Tage mehr, als alle anderen Dienstnehmer zur Verfügung haben.

Meine konkrete Frage ist nun: Können Sie sich vorstellen, zur finanziellen Entlastung der Eltern und der Familien die Lehrerschaft zur Gratis-Nachhilfe in den Ferien zu ver­pflichten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Die The­matik, die Sie ansprechen, betrifft das Dienst- und Besoldungsrecht, insbesondere auch den öffentlichen Dienst insgesamt. Es erscheint mir nicht so wichtig, zu überle­gen, wie Nachhilfe finanziert werden kann, sondern es ist viel wichtiger, schon früher anzusetzen. Was ist zu tun, damit es gar nicht so weit kommt? – Das heißt, den Lern­erfolg in der Schule zu erhöhen und zu steigern, das muss das Thema sein.

Ich kann nur immer wieder wiederholen: Individualisierung, Bildungsstandards, Rück­meldekultur und vor allem auch Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer, das halte ich für sehr zentral, verbunden mit den richtigen Bildungswegentscheidungen, sodass die Kinder gerne und mit Interesse lernen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 75/M der Frau Abgeordneten Haubner. – Bitte.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin, ich schätze Ihr bildungspolitisches Engagement, es ist nur leider so, dass eine einheitliche Linie der Regierung in manchen Bereichen nicht erkennbar ist. Ich denke dabei an die gemeinsame Schule, an die Neue Mittelschule oder Inhalte der Verwaltungsreform.


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Das trägt natürlich auch dazu bei, dass notwendige Reformen immer wieder hinausge­schoben werden.

Gemeinsam mit Ihrer Regierungskollegin, Frau Wissenschaftsministerin Karl, haben Sie unlängst sieben Vorschläge, sieben Punkte zur Verbesserung der Schulverwaltung vorgestellt. Einer davon betrifft die Landes- und Bezirksschulräte.

Meine Frage daher:

75/M

„Wann werden Sie mit der Abschaffung der verpolitisierten Schulverwaltung wie etwa der Landes- und Bezirksschulräte dafür sorgen, dass mehr Geld für besseren Unter­richt zugunsten der Schülerinnen und Schüler zur Verfügung steht?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Ab­geordnete Haubner, wenn ich das nur allein zu Wege bringen könnte! – Es sind das sehr umfassende Materien bis hin ins Verfassungsrecht. Wir sind mitten im Bauplan der Republik, Stichwort Föderalismus. Daher gibt es für mich da zwei Bereiche: Der eine Bereich umfasst das Wünschbare, wo ich zu 100 Prozent – ich habe das schon im Unterrichtsausschuss gesagt – Ihrer Meinung bin – das ist auch die Meinung der Re­gierung –, und der andere Bereich das Machbare, das wirklich Durchsetzbare. Da sehe ich noch nicht ganz die Anknüpfungspunkte – der Finanzausgleich ist bis 2013 ver­handelt –, wie man da wirklich eine machtvolle Position des Bundes aufbauen soll. Aber drei Punkte erscheinen mir realistisch, an diesen arbeite ich und die nehme ich mir auch vor.

Erster Punkt: Schulstandorte stärken, selbständige Schule, mehr Verantwortung den Direktoren.

Zweiter Punkt: Eine Verwaltungsebene von vier Ebenen komplett streichen, nämlich die Ebene der Bezirksschulräte, das ist im Regierungsprogramm verankert – machen, tun.

Und dritter Punkt: Schulaufsicht weiterentwickeln in Richtung Qualitätsmanagement. Das ist eine der wenigen Materien, die zu 100 Prozent in meinem Kompetenzbereich liegen, was die Verwaltungsreform betrifft. Daran arbeiten wir schon. Das haben wir ja auch zuletzt im Rechnungshofausschuss diskutiert.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Haubner.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Ich wünsche Ihnen, Frau Bundesministerin, dass das Machbare bald umsetzbar ist, vor allem im Sinne unserer Jugend und unse­rer Kinder.

Meine Zusatzfrage: Wissen Sie in etwa, um wie viel mehr Geld zur Verfügung stehen würde, wenn man die Ebenen Bezirksschulräte und Landesschulräte abschaffen bezie­hungsweise erneuern oder weiterentwickeln würde?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Abschaf­fen kann man die Ebene der Bezirksschulräte. Der Rechnungshof hat da eine Zahl ge­nannt: Das sind 5 Millionen € pro Jahr.

Wir brauchen eine Ebene im Bereich der Regionen. Ob das jetzt Landesschulrat oder Bildungsdirektion heißt, ist egal, das ist nur das Türschild. Bei 5 795 Schulstandorten können wir nicht alles vom Minoritenplatz aus steuern. Das heißt, diese Ebene wird es in jedem Fall brauchen. Über die Ausgestaltung muss man reden.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 26

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Walser.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin, dass Sie nicht alles vom Minoritenplatz aus steuern können, haben Sie ja selbst in den letzten Jahren erfahren müssen. Es hat massive Widerstände gegeben. Wir haben im Verfassungsausschuss aber ein sehr interessantes Papier zur Schulreform gesehen, und da haben alle fünf Parteien zugestimmt.

Sie haben jetzt gesagt: „machen, tun“, etwa, was die Abschaffung der Bezirksschulräte anlangt. Allein ich höre, es gibt noch nicht einmal Verhandlungen mit den Landesver­antwortlichen. Wie schaut da der Zeitplan aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Die Arbeit an diesen drei Punkten, die ich erwähnt ha­be, startet, wie auch schon im Rechnungshofausschuss bekannt gegeben wurde, im Herbst. Ich bin sehr, sehr zuversichtlich, denn das Abschaffen der Bezirksschulräte ha­ben wir ja sogar auch im Regierungsprogramm festgehalten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann.

 


Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Frau Bundesminister, ich bin ein Abge­ordneter aus der Steiermark und damit natürlich ein glühender Anhänger des Födera­lismus und des föderalen Gedankens. Ich habe Verständnis für Ihre Position, aber es ist ja nicht nur die Frage der Abschaffung sozusagen der Landesschulräte und der Be­zirksschulräte, sondern es ist auch eine Frage der Überlastung der Lehrer mit Verwal­tungstätigkeit, die auch vom Rechnungshof immer wieder moniert wird.

Deshalb stelle ich an Sie folgende Frage: Sind Sie bereit, Frau Bundesminister, neben der notwendigen Reform der Schulverwaltung auch den Verwaltungsaufwand, dem die Lehrer heute ausgesetzt sind, zu vereinfachen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ja! (Bei­fall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Faul.

 


Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin, ich glaube, ich kann es Ihnen auch so leicht machen.

Ich habe 40 Jahre meiner beruflichen Tätigkeit in diesem Bereich verbracht und die Jahre der Kollegin Haubner und der Frau Kollegin Gehrer miterlebt. Wir haben immer Anläufe zur Verwaltungsvereinfachung und auch zur Schulreform genommen. (Zwi­schenruf des Abg. Grosz.) Ihr hättet es wirklich in der Hand gehabt. Ihr seid leider auch selbst daran gescheitert.

Für mich als praktizierenden Lehrer war es so: Immer wenn wir von Verwaltungsver­einfachung gesprochen haben, Herr Kollege Amon, sind die Stricke immer dichter ge­worden, die einem die Luft genommen haben, und die Administration umfangreicher. (Abg. Amon: Sehr billig!)

Frau Bundesministerin, ich setze auf Sie und auf Ihre Initiative. Und meine Frage dazu: Wird man den Schulleitungen personelle Entscheidungen zumuten können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: In mei­nem Verständnis und in dem, was ich bisher auch bei meinen einzelnen Schulbesu­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 27

chen wahrgenommen habe, geht es wirklich darum, dass wir an den Schulstandorten ansetzen und beginnen. Das heißt ein klares Profil für die Schulleiter, Qualifizierung der Schulleiter und Schulleiterinnen. Der beste Lehrer/die beste Lehrerin muss nicht unbedingt der beste Schulleiter/die beste Schulleiterin sein. Die Schulleiter brauchen Mitsprache bei der Auswahl des Lehrpersonals. Und es ist ganz entscheidend, dass wir dann an der Schule – das hängt eng mit den Bildungsstandards zusammen – auch zu einer Schulentwicklung kommen. Es muss regelmäßig Zeit geben für Teambe­sprechung, Schulentwicklung, Rückmeldesysteme. Nur so kann die Schule als Ort des Lernens zu einem lernenden System werden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Gahr.

 


Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Bundesminister! Im Bildungsbereich geht es darum, Strukturen zu optimieren, neu zu ordnen und gezielt zu nutzen. Gerade die Schulverwaltung bedarf struktureller Reformen, aber es geht auch um das Geld.

Daher meine Frage: Im Zusammenhang mit der Schulverwaltungsreform wird immer wieder behauptet, dass eine Abschaffung der Landesschulräte und Bezirksschulräte Hunderte Millionen € bringen würde. Auf welche Höhe belaufen sich die tatsächlichen Gesamtkosten für Landesschulräte und Bezirksschulräte, und planen Sie da Eingriffe in die Strukturen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich bin Ihnen sehr dankbar für diese Frage, und ich bitte Sie wirklich, jeden, der Ihnen erzählt, dass da Hunderte Millionen bis zu Milliarden im Verwaltungsbereich einzusparen wä­ren, zu mir zu schicken, er soll mir das bitte vorrechnen, denn diese Beträge sehe ich nicht! (Abg. Neugebauer: Da würde ich auch gerne zuhören!)

Selbst wenn ich morgen den Minoritenplatz zusperren und die Bundesbediensteten im Landesschulrat kündigen würde, brächte das nur einen Betrag von 110 Millionen € bei einem Gesamtbudget von 7,4 Milliarden €. Zeigen Sie mir einen internationalen Kon­zern, der eine derartige Relation von Verwaltung und Produktivbereich hat! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn wir hier von Reformen reden, dann geht es um Effektivität, dann geht es um den Ressourceneinsatz am Standort, dann bewegen wir uns in ganz anderen Materien – ich sage, Dienst- und Besoldungsrecht, Schulstruktur in Österreich. Das sind die zwei Punkte, aber im Verwaltungsbereich im engeren Sinn sehe ich es nicht. Aber jeder, der da Vorschläge hat, soll sie mir vorlegen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 72/M der Frau Abge­ordneten Ablinger. – Bitte.

 


Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Frau Bundesministerin! Ein Punkt im Regie­rungsübereinkommen ist ja das klar festgelegte Ziel, möglichst vielen Menschen die Teilhabe an der Wissens-Informationsgesellschaft im 21. Jahrhundert zu gewährleis­ten, zu ermöglichen, zu garantieren. Dabei spielen öffentliche Büchereien eine zentrale Rolle, da gerade sie entscheidend sind, wenn es darum geht, freien Zugang zu Wis­sen, zu Information, zu Lernen, zu Forschen, zu Literatur, aber auch zu neuen Medien zu gewährleisten.

Meine Frage:

72/M

„Welche Maßnahmen zur Stärkung der öffentlichen Büchereien sind geplant?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 28

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich möchte mit meinem Ministerium einen Beitrag dafür leisten, dass sich die 1 500 Büche­reien in Österreich gut entwickeln können. Wir haben daher einen Drei-Punkte-Plan ausgearbeitet. Ich möchte betonen, dass wir das gemeinsam mit dem Büchereiverband Österreichs, dem Österreichischen Bibliothekswerk und dem Büchereiservice des ÖGB ausgearbeitet haben. Das sind erstens: Qualitätskriterien, Qualitätsziele – Stichwörter Ausstattung, Gebäude, Öffnungszeiten. Das ist zweitens eine gänzlich neue Bücherei­förderung auf Basis eines Kofinanzierungsmodells, also Bund, Länder, Gemeinden, wenn diese Ziele erreicht werden. Wir haben die Förderung auch von 160 000 € auf 500 000 € aufgestockt, und ich bin sehr froh darüber, dass der Büchereiverband Öster­reichs jetzt eine Service- und Koordinationsfunktion übernommen hat.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Ab­linger.

 


Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Ich finde diese Maßnahmen, vor allem weil sie gemeinsam entwickelt worden sind, sehr, sehr gut. Aber gibt es vielleicht auch schon Erkenntnisse, wie diese Maßnahmen, dieses Konzept von den Büchereien angenom­men werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Das signifikanteste Zeichen ist da für mich die Antragstellung, da die Antragstellung ja jetzt auch den neuen Kriterien folgen muss.

Wir haben die Ausschreibung im April gemacht, das ist also noch nicht so lange her, und haben heute bereits rund 250 Anträge auf Büchereiförderung. Das ist sicher nur deshalb so gut gelungen, weil alle Betroffenen, Beteiligten schon in die Entwicklung eingebunden waren und die Kommunikation sehr gut funktioniert.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Aubauer.

 


Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Ministerin Schmied, schön, dass die öffentlichen Büchereien eine solch große Rolle in unserer Gesellschaft spielen und auch künftig spielen werden.

Wie werden sich die öffentlichen Büchereien auf eine älter werdende Gesellschaft ein­stellen? Planen Sie da spezielle Maßnahmen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Das ist mit Teil auch des Kommunikationsplanes, den wir jetzt gemeinsam ausarbeiten. Es geht vor allem auch darum, wie wir die Menschen erreichen, welches Angebot wir ih­nen machen. Gerade bei den Büchereien im ländlichen Raum – der große Vorteil ist ja die Nähe zu den Menschen – geht es vor allem auch darum, ein entsprechendes An­gebot zu machen, ich denke zum Beispiel an Lesungen, an Autorengespräche, an Nach­mittage, an denen man sich zusammenfindet, also passend für die Zielgruppe, auch was das zeitliche Angebot betrifft.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Huber.

 


Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Es hat immer geheißen, dass die Gratiseintritte der Jugendlichen bei den Bun­desmuseen durch die Erhöhung der Basissubvention finanziert werden sollen. Parallel dazu erhalten die Bundesmuseen pro Besucher aus Ihrem Ministerium eine Abschlags­zahlung von 4 €. Im Fall des Kunsthistorischen Museums wird das zirka 920 000 € aus­machen. Das bedeutet eine starke Wettbewerbsverzerrung gegenüber den anderen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 29

Museen. Zusätzlich haben die Bundesmuseen, wie das Kunsthistorische oder das Na­turhistorische Museum, ihre Eintrittspreise massiv erhöht.

Wie werden Sie nun dieser Wettbewerbsverzerrung gegenüber den anderen Museen jenseits von Wien entgegenwirken?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter! Das ist eigentlich keine Zu­satzfrage, stelle ich nur fest, aber die Frau Bundesministerin wird wahrscheinlich so freundlich sein, die Frage zu beantworten.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Entschei­dend ist, dass die Maßnahme Gratiseintritt in die Bundesmuseen eine kulturpolitische Maßnahme ist, sehr stark unter dem Aspekt Bildung, Kunst- und Kulturvermittlung. Die­ses Jahr ist als Pilotjahr gedacht, auch was die Entwicklung der Besucherzahlen, die Refundierungen betrifft.

Die Rückmeldungen, die ich aus allen Bundesmuseen habe, sind sehr, sehr positiv. Es werden auch die Vermittlungsprogramme gut angenommen. In diesem Sinn, sage ich, sind wir hoffentlich Anreiz für die anderen Museen, es den Bundesmuseen gleichzutun und Jugendlichen auch einen Gratiseintritt zu gewähren. Das ist einfach wichtig. Die Museen werden immer mehr zu Bildungsinstitutionen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Zinggl.

 


Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Bundesministerin, kommen wir zurück zu den Bibliotheken. Worauf führen Sie es zurück, dass es in Kärnten, ins­besondere in Klagenfurt und in Villach, als einzigem Bundesland keine öffentlichen Bibliotheken gibt? Hat das vielleicht damit zu tun, dass die Kärntner Landesregierung der Meinung ist, dass in Kärnten bereits genug gelesen wurde, oder wissen die viel­leicht gar nichts von diesen Möglichkeiten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Ab­geordneter Zinggl! Ich möchte jetzt hier keine Mutmaßungen anstellen und dies auch nicht deuten. Fragen Sie bitte bei der Kärntner Landesregierung nach!

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck.

 


Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Mi­nisterin! Lesen ist zweifellos eine sehr spannende Freizeitbeschäftigung, und da spie­len die Bibliotheken natürlich eine große Rolle. Aber abseits der Frage, wie man jetzt Erwachsene über verschiedene Initiativen zum Buch bringt, muss man sich vor allem Gedanken über die Leseförderung im Schulunterricht machen. Und wenn man hört, dass es – und es handelt sich dabei leider nicht nur um Einzelfälle – in Österreichs Schulen Bibliotheksstunden gibt, in denen Lehrer mit Schülern lieber Filme ansehen, wenn bekannt ist, dass Lesen von Büchern bei der Beurteilung von Schülern nur eine nebengeordnete Rolle spielt, dann darf man Sie fragen, Frau Minister: Was tun Sie konkret, was haben Sie konkret geplant, um im Schulunterricht den Grundstein dafür zu legen, dass Bildung auch über das Buch funktioniert?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Zum einen möchte ich das unterstreichen, was Sie gesagt haben, was die Bedeutung des Lesens betrifft, was die Literatur betrifft. Ich erwarte mir hier zusätzliche Impulse durch das Projekt „Kunst macht Schule“, dass bei den Kindern Begeisterung geweckt wird, durch Autorenlesungen an der Schule, spezielle Veranstaltungen, wie zum Beispiel


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auch Kinder- und Jugendbuch. Wir müssen also immer wieder auch mit attraktiven, gu­ten Beispielen vorangehen.

Jede österreichische Schule ist mit einer Schulbibliothek ausgestattet. Aber wie immer liegt es auch an den Lehrerinnen und Lehrern, dieses Thema aufzugreifen. Daher sind auch die Lehrer und Lehrerinnen für mich eine ganz wichtige Zielgruppe, die ich auch speziell mit Lesefestwochen, mit Veranstaltungen, auch bei mir im Haus, anspreche. Ich sehe da eine ideale Verbindung von Bildung, Kunst und Kultur in einem Ressort.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Jury.

 


Abgeordneter Josef Jury (ohne Klubzugehörigkeit): Guten Morgen, Frau Minister! Frau Minister, Sie bereisen Ende Juli die Kultur- und Künstlerstadt Gmünd und können sich somit auf diesem Wege davon überzeugen, dass gerade die Künstlerstadt in Zu­sammenarbeit mit Schule und Gemeinde auch eine tolle Bibliothek betreibt.

Kulturinitiativen und Kunstvermittlungsprogramme, vor allem im ländlichen Raum, sind in einer Zeit knapper Budgets immer wieder gefährdet. Frau Minister, was werden Sie dafür tun, dass diese tollen Initiativen trotzdem ausreichend unterstützt werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Mir sind die regionalen Kulturinitiativen ein großes Anliegen. Kulturinitiativen, Kunstschaffende sind ganz wichtige Partner auch in einem anderen wichtigen Projekt von mir: „Kunst macht Schule“, ich habe es schon erwähnt. Ich habe da auch ein konkretes Ziel for­muliert. Ich möchte, dass bis zum Jahr 2013 jede Schule in ganz Österreich eine Kunst- und Kulturpartnerschaft eingeht. Da sind natürlich die Regionen, die regionalen Kulturinitiativen besonders angesprochen.

Ich freue mich, dass Sie mir mit Ihrer Frage die Gelegenheit geben, zu betonen, wie wichtig mir Heimat ist, wie wichtig mir die regionalen Kulturen sind und dass ich diesen höchste Wertschätzung entgegenbringe. Ich freue mich immer, wenn ich sie auch be­suchen darf. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 74/M der Frau Abge­ordneten Mag. Fuhrmann. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Bundesminister, Sie wissen um die prekäre Situation des Völkerkunde- und des Volkskundemuseums. Es gibt ein Kon­zept, das die Zusammenlegung dieser beiden Museen vorsieht.

Meine Frage lautet:

74/M

„Wie ist Ihre Position zum Konzept der Zusammenlegung des Völkerkunde- und Volks­kundemuseums in inhaltlicher, organisatorischer, personalrechtlicher und zeitlicher Hin­sicht?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Das neue Konzept gefällt mir vom Zugang her sehr gut. Wenn ich hier einen Satz zitieren darf: Wir sollen uns nicht von anderen Kulturen abgrenzen, sondern selbstbewusst un­sere Art der Kultur mit jener der anderen Länder und Kontinente vergleichen, das Fremde und das Eigene treten in einen positiven Dialog. – Diese Grundhaltung, dieser Grundtenor, der sich durch das Konzept durchzieht, gefällt mir sehr gut.

Was die Umsetzung betrifft, muss ich Ihnen ganz offen sagen, dass ich derzeit keine entscheidungsreifen Pläne habe. Mir ist es wichtig, dieses Projekt innerhalb des Kunst­


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historischen Museums umzusetzen. Es haben daher die Projektverantwortlichen auch mit der Leitung des KHM, mit dem Kuratoriumsvorsitzenden des KHM jetzt den „Auf­trag“, wenn Sie so wollen, unter Anführungszeichen, ein entscheidungsreifes Konzept vorzulegen. Ich hoffe sehr, dass ich dieses bald in Händen haben werde als Grundlage für die weiteren Entscheidungen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann.

 


Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Würden Sie in Erwägung ziehen, dass eine mögliche Zusammenlegung der beiden Museen zu einem eigenständigen Mu­seum führt und somit unmittelbar auch zu einer Novellierung des Bundesmuseen-Ge­setzes?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich habe gebeten, genau diese Punkte in Szenarien auch darzulegen, welche Varianten es gibt: Ausgliederung, Zusammenlegung. Entscheidend ist für mich aber auch, dass auf Sy­nergieeffekte geachtet wird. Es klappt jetzt zum Beispiel mit dem Theatermuseum her­vorragend im Komplex des Kunsthistorischen Museums, worüber ich sehr froh bin.

Also: Da bin ich noch offen. Ich brauche die Fakten, um entscheiden zu können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Grosz.

 


Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Werte Frau Bundesministerin! Das wehrhafte und stolze Steirerherz schlägt, wenn es um das Freilichtmuseum Stübing geht, das größte Freilichtmuseum Österreichs, das zehntgrößte Europas, UNESCO-Auszeichnung, ein Stück Heimat, ein Zeichen unserer Volkskultur, unserer Identität.

Sie kennen den Entschließungsantrag von meinem Kollegen Dr. Spadiut und mir zum Erhalt des Freilichtmuseums Stübing, die finanziellen Probleme: 300 000 €, auch unter der Koordinierungskompetenz Ihres Ressorts. Ich weiß, dass Sie die letzten Jahre mit finanziert haben. Ich weiß, dass Sie sich auch bereit erklärt haben, diesmal wieder mit zu finanzieren, eine relativ kleine Summe für ein solch großes Museum. Aber es ist auch nicht mehr notwendig.

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass unter Ihrer Koordinierung auch das Finanzmi­nisterium und das Wirtschaftsministerium endlich ihrer Verpflichtung nachkommen und einen Finanzierungsbeitrag zum Erhalt des Freilichtmuseums Stübing leisten? Und sind Sie bereit, auch die Pflichtschüler zu verpflichten, in Zukunft im Rahmen ihrer Schulausflüge das Freilichtmuseum zu besuchen und es damit zu unterstützen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich halte generell relativ wenig von Pflichtbesuchen (Beifall bei SPÖ und Grünen), aber ich gehe davon aus, dass die Schülerinnen und Schüler das Freilichtmuseum Stübing gerne be­suchen, weil es ein attraktiver, schöner und interessanter Ort ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben richtigerweise gesagt, mein Ressort war bislang ein stabiler finanzieller Part­ner. Es geht darum, alle wieder ins Boot zu holen, Finanzministerium, Wirtschaftsminis­terium haben Sie angesprochen, das Wissenschaftsministerium wäre noch zu ergän­zen. Ich übernehme gerne einmal den Versuch der Koordinierung, hier alle wieder ins Boot zu holen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Zinggl.

 


Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Das BZÖ stellt immer Fragen, die nichts mit dem Thema zu tun haben. (Abg. Scheibner: Das haben Sie nicht zu beur­


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teilen!) Kommen wir zurück zum Völkerkundemuseum. Das Völkerkundemuseum in Wien ist eines der größten ethnologischen Museen weltweit, und dennoch ist es „nur“ – unter Anführungszeichen – Teil des Kunsthistorischen Museums. Wie begründen Sie das? Mit der gleichen Intention könnte man ja auch das Museum Moderner Kunst als Teil des Kunsthistorischen Museums sehen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Die Be­gründung ist relativ einfach: Ich habe diese Sachlage vorgefunden, so hat also die Aus­gliederung der Bundesmuseen stattgefunden. Ich habe schon auf die Frage der Frau Abgeordneten Fuhrmann gesagt, ich erwarte jetzt die unterschiedlichen Szenarien, um hier eine Bewertung vornehmen und eine Entscheidung treffen zu können. Da geht es um Kosten, Nutzen, Freiraum, Autonomie der Museen in ihrer Gestaltung. Das müssen wir uns gesamthaft anschauen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner.

 


Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin! Das „Museum NEU“ will ja zwei für Österreich sehr wichtige, aber völlig unter­schiedliche Museen zusammenlegen und verschmelzen, wie es im Konzept ausdrück­lich heißt. Das Volkskundemuseum im Palais Schönborn in der Josefstadt ist aufgrund seiner umfassenden Sammlungen das größte Volkskundemuseum Europas. Es wid­met sich natürlich unserer eigenen Volkskunst und ist deswegen sehr bedeutend für unser Kulturerbe und für unsere Identität. Das Völkerkundemuseum beschäftigt sich natürlich mit den Kulturen anderer Völker. Der Plan einer Verschmelzung beider Mu­seen hieße nun, eine Multikulti-Museumsmaschine zu schaffen, wo unser österreichi­sches Kulturerbe Gefahr läuft unterzugehen.

Deswegen frage ich Sie, Frau Bundesministerin: Gibt es einen Alternativplan, der vor­sieht, dass man sehr wohl die Eigenständigkeit der beiden Museen beibehält und dass man auch die Kosten erhebt und darauf achtet, dass in Zukunft die Eigenständigkeit zweier Bundesmuseen gewährleistet ist?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Die At­traktivität des Konzeptes ist ja gerade die Verbindung der beiden Häuser, das wurde auch von Vertretern und Vertreterinnen beider Häuser erarbeitet. Aber entscheidend ist ja: Es geht nicht um Verschmelzung, es geht um das Eigene und das Fremde. Und sich mit dem auseinanderzusetzen heißt ja nicht, die eigene Identität aufzugeben, son­dern ganz im Gegenteil, erst aus der Ich-Stärke, aus einer starken Identität erfolgt die Auseinandersetzung mit dem anderen. Und dafür erwarte ich mir Impulse. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Sacher.

 


Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Zu diesem Konzept „Museum NEU“ möchte ich auch eine Zusatzfra­ge stellen. Es haben in Ihrer Amtszeit als Ministerin ja vor allem die museumspädago­gischen Aspekte sehr an Stellenwert gewonnen, und so soll es auch bei diesem Kon­zept „Museum NEU“ sein. Im Zentrum soll die Vermittlung stehen.

Meine Frage: Was soll damit erreicht werden? Und wie werden bereits bestehende Vermittlungsaktivitäten der Bundesmuseen dadurch ergänzt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Für mich ist Vermittlung ein zentraler Punkt, den die Bundesmuseen leisten müssen. Wir haben


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deshalb gerade auch in der Museumsordnung den Vermittlungsaspekt an allererster Stelle formuliert. Es ist weltweit so, dass Museen immer mehr zu Bildungsinstitutionen werden. Daher sind Museen Partner der Schulen. Ich freue mich sehr über die Ent­wicklung. Allein in den ersten Monaten haben 37 Prozent mehr junge Menschen die Bundesmuseen besucht als im Vorjahr. Ich glaube, das sind eindrucksvolle Zahlen. Das in Kombination mit Vermittlung ist der Weg zum Erfolg. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vielen Dank, meine Damen und Herren. Es wurden alle Fragen aufgerufen. Ich bedanke mich bei der Frau Bundesministerin, ich bedanke mich auch bei den Abgeordneten für ihre Disziplin. Ich beende somit die Fra­gestunde.

10.16.15Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 4996/AB bis 5001/AB;

2. Initiativanträge:

Zurückziehung: 1176/A(E).

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehinderten­gesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (770 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert wird (774 d.B.),

Sozialrechts-Änderungsgesetz 2010 – SRÄG 2010 (785 d.B.),

Antrag 1168/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung von Taubblindheit als eigenständige Art der Behinderung,

Antrag 1169/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Paket gegen prekäre Beschäftigung, Lohn- und Sozialdumping sowie Steuer­hinterziehung;

Budgetausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2010 geändert wird (752 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz, das Bundeshaushaltsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz 2013 geändert werden (775 d.B.);

Familienausschuss:

Antrag 1166/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend interministerielle Koordinationsstelle für Kinder- und Jugendpolitik,

Antrag 1167/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Jugendwohlfahrtsbeauftragte/n;


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Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden (754 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der Fi­nanzierung der Kreditvergabe des Internationalen Währungsfonds an die ärmsten Ent­wicklungsländer erlassen und das Bundesgesetz über die Leistung eines österrei­chischen Beitrages an den HIPC Trust Fund zur Entschuldung Liberias geändert wird (776 d.B.),

Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationalen Wäh­rungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank (777 d.B.),

Bundesgesetz über die Vermeidung einer Doppelbesteuerung im Verhältnis zu Gebie­ten ohne Völkerrechtssubjektivität (Doppelbesteuerungsgesetz – DBG) (778 d.B.),

Antrag 1178/A(E) der Abgeordneten Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Einleitung rechtlicher Schritte durch die Republik Österreich gegenüber der Bay­ernLB hinsichtlich deren Verantwortlichkeit im Fall Hypo Group Alpe Adria;

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird (751 d.B.),

Bundesgesetz über die Einfuhr und das Verbringen von Arzneiwaren, Blutprodukten und Produkten natürlicher Heilvorkommen (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 – AWEG 2010) (773 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 (14. Ärztegesetz-Novelle), das Zahnärz­tegesetz, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (72. Novelle zum ASVG), das Gewerbliche Sozialversiche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Un­fallversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebam­mengesetz, das MTD-Gesetz und das MTF-SHD-Gesetz geändert werden (Bundesge­setz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung) (779 d.B.);

Gleichbehandlungsausschuss:

Antrag 1165/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend gesetzlichen Änderungsbedarf betreffend Sexarbeit,

Antrag 1179/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Anschlag auf die Mutterschaft;

Justizausschuss:

Insolvenzrechtsänderungs-Begleitgesetz – IRÄ-BG (771 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Bewäh­rungshilfegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozial­versicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Arbeitslo­senversicherungsgesetz 1977 geändert werden (772 d.B.),

Antrag 1175/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Sicherheitsausrüstung der Justizwache;

Ausschuss für Konsumentenschutz:

Antrag 1164/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Thermotransferpapier,


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Antrag 1170/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Kostenkontrolle bei Servicehotlines;

Landesverteidigungsausschuss:

Antrag 1174/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend gefechtsbereite Fülltruppe für Milizübungen;

Umweltausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft und das Bundesluftreinhalte­gesetz geändert werden und das Bundesgesetz über ein Verbot des Verbrennens bio­gener Materialien außerhalb von Anlagen aufgehoben wird (782 d.B.),

Antrag 1163/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend: Raus aus Öl!;

Verfassungsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird (750 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Richter- und Staatsanwalt­schaftsdienstgesetz geändert werden (781 d.B.),

Antrag 1171/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bezüge und Pensionen der Obers­ten Organe des Bundes und sonstiger Funktionäre (Bezügegesetz) geändert wird,

Antrag 1177/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Beseitigung des Kammerstaates und Reform des Sozialsystems;

Verkehrsausschuss:

Antrag 1172/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend handyfreie Zonen („Ruhezonen“) in Zügen,

Antrag 1173/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Erhalt des Postamtes im Einkaufszentrum Muldenstraße;

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (780 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Umweltausschuss:

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft gemäß § 23 Immissionsschutzgesetz-Luft, BGBl. I Nr. 115/1997 i.d.g.F., (IG-L-Bericht 2006-2008) (III-159 d.B.),

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gemäß § 12 Abs. 1 Ozongesetz, BGBl. Nr. 210/1992 i.d.g.F., (Ozonbericht 2006-2008) (III-160 d.B.).

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Abgeordneten Grosz, Kolleginnen und Kol­legen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum glei­


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chen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 1180/A(E) der Abgeordneten Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der vertragskonformen Umsetzung der Koralmbahn bis 2018 dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt werden.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Um den Punkt 13 der Tagesordnung in Ver­handlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erfor­derlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzu­sehen.

Dabei handelt es sich um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abge­ordneten zum Nationalrat Mag. Ewald Stadler (786 der Beilagen).

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für die­sen Ausschussbericht ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. –Das ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2 sowie 5 bis 10 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen damit in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 6 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 84 Minuten, Freiheitliche 75 Minuten, Grüne 66 Minuten sowie BZÖ 63 Minuten.

Ich schlage weiters gemäß § 57 Abs. 7 vor, die Redezeit jedes Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Für die Dauer der Fernsehübertragung durch den ORF im Anschluss an die Frage­stunde bis 13 Uhr wurde folgende Redeordnung vereinbart: eine RednerInnenrunde mit je 10 Minuten, anschließend ein Regierungsmitglied SPÖ 15 Minuten, eine Redne­rInnenrunde mit je 6 Minuten, weitere zwei oder drei RednerInnen in einem Gesamt­ausmaß von 11 Minuten je Fraktion. Hier gibt es auch zwischen den Fraktionen eine Absprache bezüglich der Reihenfolge des Aufrufes der Wortmeldungen. Und ich ma­che darauf aufmerksam, dass dadurch kein durchgehendes Kontra- und Pro-Schema bei den Reden möglich ist.

Der vorsitzführende Präsident verteilt jeweils spätestens vor Beginn der letzten Runde nach Rücksprache mit den Klubvorsitzenden die verbleibende Redezeit auf die fünf Fraktionen in der Weise, dass noch alle Fraktionen in der Fernsehzeit gleichmäßig zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen, dass tatsächliche Berichtigungen erst nach der Fern­sehübertragung aufgerufen werden.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.19.381. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (611 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das KommAustria-Ge­setz, das Telekommunikationsgesetz 2003, das Verwertungsgesellschaftenge­setz 2006, das ORF-Gesetz, das Privatfernsehgesetz, das Privatradiogesetz und das Fernseh-Exklusivrechtegesetz geändert werden, und über den

Antrag 585/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend barrierefreien ORF (761 d.B.)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das Presseför­derungsgesetz 2004 geändert werden (762 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.20.30

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich begrüße die neue Vorsitzende des ORF-Stiftungsrates, Brigitte Kulovits-Rupp, recht herzlich, die heute gemeinsam mit Generaldirektor Alexander Wrabetz an dieser Diskussion teil­nimmt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein langer Weg findet heute, so hoffe ich, in der Abstimmung nach der dritten Lesung ein gutes Ende. Es hat sich gezeigt, dass es im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise, die natürlich auch Auswirkungen auf den ORF hatte, Schritte zu setzen gilt, um Rege­lungen zu finden, die es ermöglichen, dass der ORF die nötigen Reformen und Struk­turveränderungen durchführen kann, damit er seine Wettbewerbsfähigkeit unterstrei­chen und auch seine Aufgabe als Leitmedium in der österreichischen Medienland­schaft erfüllen kann.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch meinen Respekt und meine Anerkennung ge­genüber den vielen, vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Technikern, Journalistin­nen und Journalisten des ORF zum Ausdruck bringen, die eine harte Zeit hinter sich haben. Es hat wirklich viele schmerzhafte Einsparungen gegeben, all das war aber ge­tragen von dem Bemühen, dass trotz dieser Einsparungen die Qualität des Program­mes des ORF weitergeführt werden kann – noch einmal wirklich allen Respekt für die Beschäftigten und auch ein Danke dafür, dass es möglich war, diesen Weg zu gehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch feststellen, dass die Situation des ORF heute natürlich eine ganz andere ist als zu Zeiten, als es noch Generalintendanten im ORF gegeben hat. Der eine oder andere hat sich ja in der öffentlichen Diskussion in den letzten Monaten zu Wort gemeldet. Nur hatte der ORF damals ein Empfangs- und Sendemonopol, ganz andere Produktions- und Empfangsbedingungen. Das hat sich geändert.


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Heute ist es so, dass die Haushalte großteils verkabelt sind oder schon Antennen ha­ben. Der ORF muss sich auf dem gesamten deutschsprachigen Sendermarkt bewäh­ren, der in Österreich ausstrahlt.

Wir wissen, dass im Zusammenhang mit neuen Werbefenstern österreichischer Töch­ter zahlreicher deutscher Medienkonzerne rund 280 Millionen € an Werbeerlösen allein an diese Betreiber gehen. Damit ist am Werbemarkt natürlich eine andere Situation entstanden.

Auch was unmittelbar den Konsumenten betrifft, gibt es natürlich eine andere Situa­tion – die Auswahl ist eine größere geworden. Ich habe eine Antenne. Ich kann zwi­schen über 2 000 Kanälen auswählen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Keine Sorge, ich habe nicht die Zeit, um auch nur einen Bruchteil davon auszunützen.

Aber entsteht nicht manchmal auch bei Ihnen der Wunsch, sich an irgendetwas Öster­reichischem anhalten zu wollen, wenn man diese vielen Kanäle über Kabel oder Anten­ne hat und diese vielen deutschsprachigen Sender aus Deutschland hier in Österreich empfangen kann? Man braucht doch einen Kanal, der österreichische Kultursignale aussendet, der österreichische Kulturidentität zum Ausdruck bringt. Das muss es doch wert sein, dass man sich darum bemüht, dass der ORF auch in Zukunft hand­lungsfähig, programmfähig, produktionsfähig bleibt. Das war die Aufgabe.

Das war die Aufgabe des ORF, der in einem handlungsfähigen Stiftungsrat mit großen Mehrheiten Sparprogramme und Strukturreformprogramme beschlossen hat. Aber zu­gleich ist das auch die Aufgabe der Politik, die sich hingesetzt hat und in Fünf-Parteien-Gesprächen, die sehr gut, sehr konstruktiv gelaufen sind, versucht hat, eine Lösung zu finden. Sie hat auch im Verfassungsausschuss einen Fünf-Parteien-, sprich: einstim­migen, Abänderungsantrag beschlossen, wodurch die Struktur geschaffen wurde, die darüber wacht, was mit den Geldern geschieht, die der ORF zusätzlich zur Unterstüt­zung seines Sparprogrammes und Strukturreformprogrammes bekommen soll.

Und es wird ja oft kritisiert – manchmal sogar zu Recht – dass sich die Politik zu viel um diesen öffentlich-rechtlichen ORF kümmert. Zugleich ist es aber die Aufgabe der Politik, im gesamten Medienbereich eine ordnungspolitische Funktion zu erfüllen.

Deswegen hat es einen Dialog gegeben, in dem natürlich auch die Zeitungsherausge­ber mit einbezogen waren – das erklärt auch, warum der Generalsekretär des Ver­bands Österreichischer Zeitungen, kurz: VÖZ, Grünberger, den ich herzlich begrüße, heute anwesend ist. Dieser Dialog findet statt zwischen ORF, VÖZ, Politik und all den­jenigen – weil wir uns eben zum dualen System bekennen –, die im privaten Bereich, im privaten elektronischen Printbereich, tätig sind und die diese Tätigkeit auch entfalten können sollen. Deswegen haben wir ja auch immer erklärt, dass es die Medienförde­rung geben soll und dass sie auch für diese Privaten erhöht werden soll.

Nun, wir haben dazu sehr wichtige und konstruktive Gespräche und Verhandlungen geführt, die von dem Wunsch getragen waren, dass das hier eine breite Mehrheit be­kommt. Im Moment habe ich den Eindruck, dass es drei Parteien sind, aber es ist ja noch Zeit bis zur Abstimmung. Ich hoffe, dass die Zweidrittelmehrheit, die wir brau­chen, gesichert ist, vor allem deshalb, weil es um die Einsetzung einer weisungsunab­hängigen Medienbehörde geht.

Für die Zuschauerinnen und Zuschauer sei gesagt: Ein Teil des Geldes, das dem ORF seit 1999 durch eine Gebührenbefreiung einzelner Teilnehmer aus sozialen Gründen per Gesetzgeber genommen wird, wird ihm per Gesetzgeber für vier Jahre – zweimal 50 Millionen, zweimal 30 Millionen – gegeben, um das Struktur- und Sparkonzept wei­terführen zu können, und dadurch seine Leitmedienfunktion noch erfolgreicher erfüllen zu können.


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Die unabhängig gestellte Medienbehörde hat die Aufgabe, am Ende des Tages zu be­werten und dann das Geld frei zu machen. Das heißt, wir geben ein zusätzliches Sig­nal, dass mit Geldern, die wir per Gesetz zur Verfügung stellen, verantwortungsbe­wusst umgegangen wird. Das ist ein ganz zentraler Punkt. Es geht nicht darum, dass irgendetwas hergeschenkt werden soll.

Man hört oft von dem einen oder anderen: Na ja, er hat doch jetzt Gebühreneinnahmen und Werbeinnahmen. – Ja, ja. Aber das ist ja auch das österreichische Leitmedium, das sich in dem großen Meer der deutschsprachigen Fernseh- und Radiosender zu be­weisen hat. Da wollen wir Österreich sein, da wollen wir Österreich in Kooperationen mit vielen anderen Medienanstalten weitergeben. Wir wollen Österreich auf 3sat und auf ORF2 EUROPE weitergeben.

Ich meine, das lohnt sich, gerade in einer Zeit, in der zunehmend kulturelle Unter­scheidbarkeit gefordert wird, in der wir zwar in Europa zusammenrücken, aber zugleich auch Heimat sein wollen. Heimat gilt es natürlich auch über diesen öffentlich-rechtli­chen ORF darzustellen. Das ist wichtig. Dabei ist es auch entscheidend, die Qualität des Programmes, die Effizienz des Unternehmens und die Effizienz des Einsatzes der Mittel zu berücksichtigen. Das wird, glaube ich, mit diesem Beschluss möglich sein.

Dazu kommt noch, dass der ORF föderal organisiert ist, das heißt, wir haben neun Landesstudios. Mit Recht gibt es neun Landesstudios, weil es wichtig ist, dass man nah an den regionalen Identitäten und an den Bürgern ist.

Trotz aller schmerzhaften Kompromisse, trotz aller Einschränkungen, die gemacht wer­den mussten, damit es zu dieser Einigung, zu diesem Konsens kommt, wird in Summe betrachtet am Ende des Tages der Zuseher/die Zuseherin, der Zuhörer/die Zuhörerin der Gewinner sein, und der ORF wird im europäischen Vergleich im Fernsehen und Radio quotenmäßig weiterhin an der Spitze sein.

Ein zweiter, ganz wesentlicher Punkt ist, dass zugleich die Arbeitsbedingungen der Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter im ORF verbessert werden und dass dieses Unterneh­men Zukunft hat. Diese Zukunftsfähigkeit ist auch deshalb wichtig, weil dieses Unter­nehmen im Endeffekt ein Stück Österreich ist – ein Stück Österreich, um das es zu kämpfen und zu ringen gilt. Dafür sollten wir heute versuchen in der dritten Lesung die­se Mehrheit zu entwickeln.

Ich sage noch dazu: Die Filmschaffenden, die Filmindustrie und andere – ob das das Radio-Symphonieorchester oder der Sport ist – leben davon, dass es diesen funktio­nierenden ORF gibt, der ein Multiplikator ist, der auch unterstützt, fördert, kommuniziert und weitergibt.

Ich glaube, es hat sich gelohnt, diese Arbeit getan zu haben, die in einem wirklich konstruktiven Klima erfolgte. Dank an alle, die daran mitgewirkt und mitgearbeitet ha­ben. Dank an die Experten, Dank an die Mitarbeiter aus dem Ressort des Staatssekre­tärs, der auch selbst ganz entscheidend mitgewirkt hat. Dank an alle, die diesen Weg gegangen sind. Er ist noch nicht zu Ende, aber wir werden schauen, dass es auch in Zukunft diese Kooperation und Zusammenarbeit gibt, dass wir die Basis schaffen, die materielle Basis für einen objektiven, für einen unabhängigen Rundfunk, der dafür sorgt, dass wirklich den Ansprüchen der Zuschauerinnen und Zuschauer, der Hörerin­nen und Hörer auch effektiv entsprochen wird.

Das ist unser Bemühen, das versprechen wir, und daher werbe ich auch für eine doch noch größtmögliche Zustimmung bei der dritten Lesung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Kopf gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 40

10.30.46

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Geschätzte Involvierte und auch Mitverhandelnde auf der Galerie! Geschätzte Damen und Herren auch vor den Fernsehschirmen! Ja, der ORF ist zweifellos das Leitmedium in Österreich, und mit diesem Gesetz mussten wir die nicht ganz einfache Aufgabe bewerkstelligen, einerseits diesem Leitmedium auch für die nächsten Jahre, um nicht zu sagen Jahrzehnte eine gute Zukunft sicherstellen zu können, auf der anderen Seite aber auch den Anspruch erfüllen, die Medienvielfalt, die von uns gewünschte Vielfalt in der Medienlandschaft zu ermöglichen, zu forcieren und auch weiterentwickeln zu können, und zu guter Letzt natürlich Rahmenbedin­gungen am Markt zu schaffen, die eine weitgehende Fairness zwischen den einzelnen Marktteilnehmern ermöglichen, also sowohl für den ehemaligen Monopolisten ORF wie auch für private Rundfunkanstalten und wie auch nicht zuletzt für die privaten Printme­dien, also Zeitungen, Zeitschriften, Magazine und so weiter.

Ich denke, dass uns das mit diesem Gesetz gut gelungen ist. Ich denke, dass mit die­sem Gesetz alle in diesem Markt sich Bewegenden auch weiterhin gute Möglichkeiten haben, ihr Geschäftsfeld auszuüben, wenngleich es natürlich von allen Beteiligten dazu Kompromisse erfordert hat.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen, die am Zustandekommen dieses Gesetzes beteiligt waren, sowohl bei Ihnen, Herr Staatssekretär, wie auch bei den Medienspre­chern der fünf Parlamentsparteien, wie auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber eben auch bei den Beteiligten am Markt für das große Verständnis und für das Mitwirken an diesem Kompromiss. Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

Dem ORF als sogenanntem öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen kommt natürlich auch eine besondere Verpflichtung zu. Der ORF hat auf der einen Seite das Privileg, als Einziger Gebühren einheben zu dürfen von den Seherinnen und Sehern, auf der anderen Seite erlegt das dem ORF auch ganz besondere Verpflichtungen auf, was die Inhalte anlangt, und gewisse Beschränkungen natürlich auch, was Werbemöglichkeiten und anderes anlangt. Ich meine, es war richtig, aber leider zu spät, in Österreich den Medienmarkt auch für Private zu öffnen, insbesondere auch im elektronischen Bereich. Ich denke, es hat der Medienlandschaft gut getan. Es herrscht mehr Wettbewerb, es herrscht mehr Vielfalt, und Vielfalt ist allemal gut, insbesondere für die Demokratie eines Landes. (Beifall bei der ÖVP.)

Dieses ORF-Gesetz ist deswegen auch nicht nur ein ORF-Gesetz, wie wir es nennen und wie es auch heißt, sondern es ist ein Mediengesetz, von dem alle tangiert sind, die Printmedien genauso wie die privaten Rundfunkveranstalter wie natürlich auch der ORF. Ich habe schon gesagt, es ist ein Gesetz, mit dem versucht wird, faire Wettbe­werbsbedingungen, faire Rahmenbedingungen für alle Marktteilnehmer zu schaffen.

Ich denke, dass es gelungen ist, bei den Beschränkungen für den ORF, was die Wer­bung anlangt, ein Maß zu finden, das für das Unternehmen erträglich ist, allemal eine Herausforderung, keine Frage, aber machbar. Ich denke, dass auch die Auflagen für den ORF, was die Inhalte betrifft, eine Herausforderung darstellen, aber eine, die wir als Politiker wollen und wollen sollten, nämlich eine besondere Konzentration auf un­verwechselbares österreichisches, heimisches Programm, sowohl in der Information wie auch in der Unterhaltung.

Ich denke, dass mit diesem Gesetz auch dafür ein guter Boden gelegt ist und ein guter Rahmen geschaffen wurde. Aber es ist natürlich diese Beschränkung, nicht alles zu dürfen, was Private dürfen, auch eine Herausforderung, doch ich denke, wir bräuchten kein öffentlich-rechtliches Fernsehen und Radio, wenn es nicht gelingen könnte, damit


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den Menschen in Österreich eben etwas Besonderes zu bieten, nämlich viel Öster­reich. Das ist die Zielsetzung dabei.

Noch zu ein paar konkreten Punkten in diesem Gesetz: Der ORF erhält über dieses Gesetz 160 Millionen € aus Steuergeldern, verteilt über vier Jahre, in vier Tranchen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Natürlich kann man es begründen mit dem Ausfall durch die Gebührenbefreiungen; ich begründe es mit einer zweiten Tatsache, und zwar damit, dass der ORF, kommend aus dem Monopol, jetzt in eine Wettbewerbssituation mit Kostenstrukturen aus dieser Monopolsituation gekommen ist, die nicht fortschreib­bar sind in die Zukunft.

Das ist eine Herausforderung für die Geschäftsführung und für die Organe des Unter­nehmens – keine Frage –, und wir wollen ihnen mit diesem Überbrückungsgeld auch helfen, die notwendigen Strukturreformen im Unternehmen voranzutreiben und diese fi­nanzieren zu können. Aber es muss auch klar sein, dass diese degressiv gestalteten Zuzahlungen in vier Jahren zu Ende sein werden. Die besondere Herausforderung für das Unternehmen und seine Führung lautet, dieses Geld zu nutzen, um das Unterneh­men so fit zu machen, dass es in vier Jahren auch ohne diese staatlichen Zuschüsse ausgeglichen bilanzieren kann und damit wirtschaftlich lebensfähig ist. Das ist eine be­sondere Herausforderung und eine besondere Verpflichtung. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben dem Ganzen auch eine strenge Kontrolle mitgegeben. Das mag manchen im Unternehmen nicht gefallen, aber ich denke, dass es im Sinne eines sorgsamen Umgangs mit Steuergeld zwingend notwendig und inzwischen auch von allen akzep­tiert ist. Wir schaffen es mit diesem Gesetz, eine Medienbehörde zu installieren, die künftig weisungsfrei, unabhängig einerseits über den öffentlich-rechtlichen Auftrag des Unternehmens wachen kann und im speziellen Fall natürlich auch über die sorgsame Verwendung der Steuergelder.

Zwei besondere Punkte möchte ich noch herausgreifen, die auch in den letzten Tagen noch heiß umstritten waren: Der ORF hat zweifellos auch ein hervorragendes Angebot im Online-Bereich, aber es ist natürlich keine Selbstverständlichkeit, dass ein öffent­lich-rechtliches Medienunternehmen mit Gebührenfinanzierung sich so stark, wie es der ORF getan hat, qualitativ gut getan hat, auch abseits der Programmbegleitung be­wegen darf. Wenn hier Einschränkungen notwendig sind, nicht zuletzt auch aufgrund europarechtlicher Vorschriften, dann, meine ich, müssen die Verantwortlichen im Un­ternehmen das auch ein Stück weit akzeptieren können. Nicht weil es europarechtliche Vorgaben sind, sondern weil es natürlich auch wieder im Wettbewerb mit Privaten, die sich ausschließlich privat finanzieren müssen, nicht mehr als fair und recht und billig ist, sich im Wesentlichen – es geschieht ja ohnehin nicht so streng – darauf zu konzen­trieren, programmbegleitende, nämlich fernseh- und radioprogrammbegleitende Inhalte online zu transportieren und nicht beliebig alles und jedes zu dürfen, was Private auch dürfen. Ich weiß schon, da fehlt manchen noch das Verständnis dafür, dass das schlicht und einfach in der Balance zwischen privat und öffentlich-rechtlich notwendig ist, aber es ist notwendig.

Ein Wort noch zu den Landesstudios: Jawohl, auch wir bekennen uns uneinge­schränkt zur Existenz der Landesstudios. Sie haben ein wichtige regionalpolitische Funktion, eine wichtige kulturpolitische Funktion, eine wichtige demokratiepolitische Funktion, deswegen ist es auch wichtig, ihre Finanzierung zu erhalten. Ich bin auch sehr dankbar, dass es zwischen dem VÖZ, also dem Verband Österreichischer Zeitun­gen, und dem ORF gelungen ist, auch was die Werbemöglichkeiten in diesem Bereich anlangt, gemeinsam eine faire Lösung zu finden. Ich glaube, es war nur recht und bil­lig, dass wir diese Regelung auch ins Gesetz übernommen haben.

Abschließend: Wir schaffen es mit diesem Gesetz auch, die Filmförderung nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern sogar noch aufzustocken, gemeinsam mit dem ORF, aber


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auch aus Steuergeldern. Wir schaffen es auch, die privaten Rundfunkveranstalter mit einer Förderung zu bedenken beziehungsweise die Förderung, die wir letztes Jahr ein­geführt haben, sogar noch zu erhöhen. Auch das soll mit erwähnt sein. Auch das ist ein Beitrag, damit die Dualität in dieser Medienlandschaft erhalten werden kann.

Zu guter Letzt, meine Damen und Herren – es gäbe viele Details zu erwähnen –: Die­ses Gesetz ist für den ORF, meine ich, gleichermaßen Chance wie Herausforderung. Ich möchte an alle innerhalb des Unternehmens, in den Gremien, in der Geschäfts­führung, auch an all die vielen hervorragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses appellieren: Sehen Sie die Chance in diesem Gesetz! Nehmen Sie die Heraus­forderung an! Wir hier herinnen tun alles und, ich denke, mit diesem Gesetz sehr vie­les, damit der ORF eine gute Zukunft hat und im Sinne des Landes, im Sinne der Me­dienvielfalt, im Sinne der vielfältigen Information, der objektiven Information, aber auch der guten Unterhaltung für die Menschen in diesem Land wirken kann. Ich denke, dass wir mit diesem Gesetz einen sehr guten Beitrag zu einer gesicherten Zukunft des ORF leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fich­tenbauer. – Bitte.

 


10.41.25

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Fernsehzuschauer! Es wäre eine wahrlich unrichtige Darstellung der Dinge, dass es so gewesen wäre, dass sich die Freiheitliche Partei die Abwägung, ob zugestimmt werden soll oder nicht, leicht ge­macht hätte. Die Freiheitliche Partei hat historisch gewiss wenig Gründe, eine Freund­schaftsbeziehung mit dem ORF als gelebte Realität zu erachten (Zwischenruf des Abg. Petzner), und es ist keineswegs so, dass die Zufriedenheit jetzt im Wege dieses Gesetzes Eingang finden würde als Vorausbetrachtung der neuen Dinge. (Abg. Scheibner: Reden Sie so, dass die Leute Sie verstehen!)

Es gibt gar keinen Zweifel über Folgendes – ungeachtet der extrem intelligenten Zwi­schenbemerkungen, die seitens Orange hier beigesteuert werden, die zur Sache aber nichts beitragen (Beifall bei der FPÖ) –: Die Tatsache des Kernstücks, das ist die Zah­lung des Betrages von 160 Millionen € in Ratenform, ist natürlich ein wesentlicher In­halt, der die Sache pro oder kontra erscheinen lässt. Warum wir aber erstens kons­truktiv mitgestaltet haben und warum wir uns schließlich und endlich bei Abwägung al­ler Pro- und Kontra-Argumente für die Zustimmung entscheiden wollen, liegt darin be­gründet, dass wir den ORF und sein Schicksal nicht zum Privathaushalt der regie­renden Klasse machen wollen und dass wir uns der Mitwirkung im Rahmen der Gestal­tung des mächtigsten Medienunternehmens nicht entziehen wollen.

Damit ist aber eine Verantwortungsdimension verknüpft, die nicht als bloße Subvention abgewertet werden kann, sondern im Herzen eine Mittelbindung zum Ausdruck bringt, an der uns viel gelegen ist. Es gebührt nämlich die Abgeltung der dem ORF durch die­se Zahlung auszugleichenden Gebührenentfallbeträge nur dann, wenn – ich spreche von den Jahren 2011 bis 2013 – im Jahr davor folgende allgemeine Voraussetzungen erfüllt wurden: Fortbestand des Film- und Fernsehabkommens und Erfüllung der da­raus resultierenden Verpflichtungen durch den Österreichischen Rundfunk, Fortbe­stand des Radio-Symphonieorchesters und kontinuierlicher Ausbau des Anteils der ös­terreichischen Fernsehfilme, Serien und Dokumentationen sowie der Kindersendungen in Form von Eigen-, Co- und Auftragsproduktionen des Österreichischen Rundfunks im Gesamtprogramm und Erhöhung des Anteils barrierefrei zugänglicher Sendungen.

Nun ist es nicht so gewesen, dass wir uns bezüglich bestimmter Forderungen an den ORF und seine Rechtsgestaltung enthalten hätten. Wir haben sehr lang und sehr inten­


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siv die Ausgestaltung des barrierefreien Zuganges gefordert, Antrag Hofer; Fortbe­stand des Radio-Symphonieorchesters, Antrag Unterreiner; Fortbestand des Film- und Fernsehabkommens, Antrag Unterreiner; Erstellung eines Informations- und Kultur­spartenprogramms, eine Forderung von Unterreiner und anderen Abgeordneten.

Es ist natürlich so, dass ich mich über kulturelle Belange, die als zentraler Tatbestand, so wie wir es sehen, vom ORF zu tragen und zu finanzieren sind, erhaben dünken kann, mich auch lächerlich machen kann – man kann verschiedene Zugänge zur Kultur haben –, aber den Zugang, den das BZÖ hat, den kann man sicher nicht haben (Beifall bei der FPÖ – Abg. Scheibner: Das ist unglaublich!), sondern es ist ab und zu das his­torische Erfordernis gegeben, eigene und subjektiv empfundene Interessenbestände zurückzureihen und dem allgemein Besten den Vorzug zu geben. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Und der Wiener Gemeindebau jubelt!)

Ja, „der Wiener Gemeindebau jubelt“, vor allem, wenn der Westenthaler herumgeht und dort 0,01 Promille der Stimmen abkassiert. Der Wiener Gemeindebau wird von der sozialen Heimatpartei unter Führung von H.-C. Strache bestens betreut. (Beifall bei der FPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe beim BZÖ.)

Wenn ich daran erinnere, dass Ihr kümmerlicher Wähleranteil von 0,8 Prozent hochge­rechnet im Verhältnis von 17 bis 22 Prozent der Freiheitlichen Partei nach derzeitiger Einschätzung steht, dann führe ich diese Diskussion mit Ihnen locker. (Beifall bei der FPÖ. – Lebhafte Zwischenrufe beim BZÖ.)

Sie stellen nichts anderes dar als das von Jörg Haider eroberte Wählerpotenzial. Da­von leben Sie! Ihre Sitze sind Haider-Sitze. Gehen Sie nach Hause! Das wäre das Al­lerfairste. Lösen Sie sich auf! Sie haben in der Republik keinen Wählerauftrag mehr. (Abg. Scheibner: Mehrheitsbeschaffer! Umfaller!) Sie haben einen Sesselkleberauf­trag, den Sie sich selbst erfüllen. Sie sind von einer Nulldimension. (Anhaltende lebhaf­te Zwischenrufe beim BZÖ.)

Ihre einzige Dimension ist es, wenn Sie hier ins Mikrofon grölen dürfen. Zum allgemei­nen Besten der Republik kommt von Ihnen nichts, gar nichts. Die Wähler haben es Ih­nen bisher gezeigt, und sie werden es Ihnen weiter zeigen. Es ist nicht wert, sich mit Ihren Argumenten auseinanderzusetzen. Der einzige Grund, warum Sie hier nicht zu­stimmen, ist: Sie wollten sich das Federl der Regionalförderung für das Kärntner Landesstudio sichern, aber den anderen Anteil am Kuchen, den wollten Sie in Form der heißen Kartoffel anderen überlassen. (Weitere Zwischenrufe beim BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Mehrheitsbeschaffer! Umfaller!) Wir bekennen uns zu einer ge­samthaften, alle Aspekte, auch wenn sie politisch belastend sein mögen, umfassenden Gesetzesprozedur.

Es gibt ein Land, wo Sie besser aufgehoben wären, das ist dort in Tibet, wo man Om Mani Padme Hum beim Schwingen einer Gebetstrommel ruft. Da weiß man nicht, was es bedeutet, aber es wird das, was gesagt werden soll, in die Luft geblasen. (Anhalten­de Zwischenrufe beim BZÖ.) Genauso wie Sie Om Mani Padme Hum rufen und Ihr Gerede jetzt in die Luft blasen, würde das zumindest mit einer spirituellen Unterstüt­zung in Tibet Wohlgefallen auslösen. Hier ist es völlig uninteressant, was Sie zum Aus­druck bringen. (Abg. Scheibner: Aber bei den Wählern nicht!) Die Wähler lassen Sie unsere Sorge sein. Ihre Wähler sind Ihre Sorge, unsere Wähler sind unsere Sorge. Un­sere Sorge werden wir selber bewirtschaften. (Abg. Ing. Westenthaler: Mit 160 Millio­nen €!) Da brauchen wir Ihre Gedankengänge nicht; sie sind schädlich. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Die FPÖ ist umgefallen!)

Abschließend und um das zu unterstreichen: Das ganze Gesetzesprodukt ist auch ein Verhandlungsergebnis ... (Weitere lebhafte Zwischenrufe beim BZÖ.)

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass die Fernsehzuschauerinnen und ‑zuschauer es verdient haben, dem Redner folgen zu können, und sich die Zwischenrufe doch auf ein Min­destmaß reduzieren lassen könnten. (Neuerliche Zwischenrufe beim BZÖ.)

Bitte, Herr Abgeordneter Fichtenbauer.

 


Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (fortsetzend): Das ganze Gesetzesprodukt ist auch ein Verhandlungsergebnis zwischen dem Verband Österreichischer Zeitungen und dem ORF, welches die Online-Gestaltungsfreiheit neu strukturiert und mit wel­chem – und das hätten sich die BZÖler alleine in Richtung auf Kärnten gerne heraus­gepickt – eine klare rechtliche Regelung erfolgt, dass die Regionalwerbung ebenfalls klar neu disponiert ist und von den Landesstudios durchgeführt werden kann. Das war bisher im rechtsfreien Raum – manche sagen auch: im illegalen Raum –, und es ist auch gelungen, das im Wege einer Paketlösung zu lösen.

Abschließend noch einmal – ich kann mich da den Vorrednern, insbesondere Kollegem Kopf, anschließen –: Es ist eine Neuregelung, der zuzustimmen uns nicht leichtgefallen ist, der ein Abwägungsprozess vorausgegangen ist, und es ist eine Chance und eine Herausforderung, die der ORF zu bewältigen hat. – Danke vielmals. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Für’s Protokoll vermerkt: Großkoalitionärer Applaus für die FPÖ! – Abg. Mag. Stadler: Für’s Protokoll: Entsetzliche Sicht der Partei FPÖ!)

10.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Brosz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.50.37

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Nach die­sen „qualitätvollen“ Äußerungen zum ORF-Gesetz zwischen FPÖ und BZÖ verdient es das Thema, glaube ich, auf es selbst zurückzukommen und zu schauen auf das, was heute beschlossen werden soll.

Es hat sehr intensive Verhandlungen gegeben, und es gibt aus meiner Sicht nach sol­chen Verhandlungen, die über weite Strecken auch zu gemeinsamen Ergebnissen ge­führt haben – darauf komme ich noch zurück, Herr Kollege Westenthaler –, auch kei­nen Grund, jetzt so zu tun, als hätte es hier eine massivste Auseinandersetzung zwi­schen den Parteien gegeben und als hätten wir uns dabei halb die Köpfe einge­schlagen. Das war nicht der Fall.

Es hat seriöse Verhandlungen gegeben, es hat Grundvoraussetzungen für dieses Ge­setz gegeben, die im Prinzip gelautet haben: Es gab einerseits ein EU-Verfahren, das nicht nur gegen Österreich im Sinn des ORF geführt worden ist, sondern das sich auf EU-Ebene generell mit der Rolle öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten beschäftigt hat und die Frage klären wollte, was öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten mit öffent­lichen Geldern alles tun dürfen. Das ist abzuwägen mit der Frage: Wie schaut es mit den Privaten daneben aus, wie schaut es mit den Möglichkeiten eines dualen Rund­funks aus, wie schaut es auch mit der Presseförderung und den Möglichkeiten der Presse generell aus?

Dass es in dieser Verhandlung Kompromisse geben muss, ist für alle klar, und über weite Strecken haben wir diese auch mitgetragen. Wir werden daher heute in zweiter Lesung all die Punkte, die wir gemeinsam im Verfassungsausschuss als Abänderung getroffen haben, und im Prinzip auch das Kerngesetz mitbeschließen, wir werden aber in dritter Lesung – und somit gesetzlich wirksam – dem Gesetz nicht zustimmen. Da­rauf komme ich dann noch zurück.


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Wenn man jetzt die Zwischenrufe vonseiten des BZÖ wahrnimmt und bei den Verhand­lungen dabei war, bei denen heute in der Früh Kollege Petzner noch so getan hat, als wäre die Zustimmung des BZÖ fast schon gegeben gewesen (Ruf beim BZÖ: „Fast“!), dann kann man sich nur wundern. Vielleicht, Herr Kollege Westenthaler und Herr Kolle­ge Scheibner, schauen Sie sich einmal den Abänderungsantrag an, wenn es um die 160 Millionen € geht. Dort geht es nämlich genau um die Rolle der Behörde in diesem Zusammenhang. Das heißt, Teile dieser 160 Millionen € sind im gemeinsamen Abän­derungsantrag enthalten, den Sie, Herr Kollege Petzner, noch mitgetragen haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Petzner und Scheibner.)

Diese Form von Populismus, jetzt herzugehen und zu schreien, die Gebührenzahler sind da betroffen, das ist ja wirklich absurd. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Faktum ist, dass es für den ORF zusätzliches Geld geben wird. Dazu haben wir uns auch bekannt. Diese 160 Millionen € sind der Ersatz für Gebührenbefreiungen für So­zialfälle, für weniger begüterte Menschen. Das halten wir für richtig. Faktum ist auch, dass dieses Gesetz mit sich bringt, dass es eine Förderung der Privaten in wesentlich höherem Ausmaß geben wird, nämlich eine Verdreifachung der Förderung, was für uns auch eine Grundvoraussetzung war, diese Dualität und diese Basis aufrechtzuerhalten.

Es gibt im Gesetz Fortschritte – ich glaube, das ist unbestritten –, an denen die Grünen auch wesentlich mitverhandelt haben. Ich nenne sie nur kurz – es wird nachher noch mehrere Reden von Abgeordneten der Grünen dazu geben –: die Barrierefreiheit mit der Sicherstellung, dass Sendungen im ORF mittelfristig vollständig untertitelt werden sollen – eine langjährige Forderung, die schon unsere ehemalige Behindertenspre­cherin Theresia Haidlmayr erhoben hat und die Helene Jarmer jetzt massiv betrieben hat; sie wird dazu auch nachher sprechen. Ich sehe die Frauenförderungsmaßnahmen und die Verpflichtung – das sei hier auch einmal gesagt –, dass die Regierung zukünf­tig in den Gremien paritätisch besetzt, als einen deutlichen Fortschritt. Auch das ist et­was, was im Gesetz zu würdigen ist.

Es ist meiner Meinung nach auch ein Fortschritt, dass manche praxisbezogenen Din­ge, die einfach nicht zulässig waren, eingeschränkt werden. Ich nenne jetzt bewusst folgendes Beispiel: Die Form, wie der ORF in ORF SPORT PLUS agiert und dort Sen­dungen davon abhängig macht, dass Produktionskostenbeiträge bezahlt werden, weil die Sendung sonst nicht gebracht wird, halte ich für einen öffentlich-rechtlichen Sender für unerträglich. Ich halte das im Kulturbereich genauso für unerträglich. Es wird auch sichergestellt, dass diese Forderung von Produktionskostenbeiträgen nicht mehr erho­ben werden darf. (Beifall bei den Grünen.)

All diese Punkte haben aus unserer Sicht dazu geführt, dass wir eigentlich relativ weit waren. Und jetzt komme ich auf den Punkt zurück, warum wir diesem Gesetz letztlich doch nicht zustimmen. Das ist auch eine demokratiepolitische Frage, wo man sagen kann: Ja, gut, in Österreich heißt Politik in der Regel Interessenpolitik. – Wir haben das gestern gehabt: Wenn man sich anschaut, welche Grundzüge das Glücksspielgesetz hat, dann wird niemand abstreiten können, dass die Interessen der Glücksspielindus­trie und der Glücksspielunternehmen dort massiv eingeflossen sind.

Wir machen heute ein ORF-Gesetz, zu dem ein wesentlicher Abänderungsantrag kommt. Die Grundlage dafür ist eine Verhandlung zwischen dem ORF und dem Ver­band Österreichischer Zeitungen, dem VÖZ, wo wir die Problematik hatten, dass diese ihre Interessen einbringen können – etwas, was ich auch durchaus zugestehe, es geht ja auch um Mediengesetze. Was ich aber nicht akzeptiere, ist, dass wir im Parlament Fünf-Parteien-Verhandlungen haben, wobei parallel in anderen Räumen VÖZ und ORF verhandeln und wortwörtlich nichts verändert werden darf, was dort vorgelegt wird. 1 : 1 muss die Bestimmung, die zwischen VÖZ und ORF ausgemacht ist, umgesetzt


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werden, sonst ziehen sie ihre Zustimmung zurück. Und auf dieses Spiel haben sich die ÖVP und die SPÖ eingelassen: Wenn es keine Zustimmung von VÖZ und ORF gibt, gibt es auch kein Gesetz.

Ich frage mich schon, ob das ein Prozess ist, der den Parlamentariern in diesem Haus einfach so zukommt. Jetzt weiß ich schon, die anderen werden sich jetzt ducken, und es ist nicht ganz einfach, sich mit dem ORF und den Zeitungsherausgebern zu be­schäftigen. Ich kann nur sagen: Wenn man Parteienverhandlungen führen will, dann sollten auch alle Parteien mit eingebunden sein. (Beifall bei den Grünen.)

Ich würde auch für die Zukunft empfehlen, dass wir das nicht so machen, dass es eine Regierung gibt und dann gibt es Oppositionsparteien, und die werden am Schluss schon zustimmen. Sie sehen, es stimmen nicht alle zu. Sie haben eine Oppositionspar­tei gefunden, die jetzt zustimmt. Wobei ich auch zugestehe: Wir waren relativ weit. Ich möchte also jetzt nicht den Vorwurf machen, dass hier eine Partei völlig ausschert. Aber die wichtigen Punkte, die noch herauszuverhandeln gewesen wären, sind jetzt nicht gekommen.

Was passiert jetzt? – Kollege Cap hat gesagt, die Gewinner sind die Zuseherinnen und Zuseher. Das ist eine Einschätzung, die ich hier nicht wirklich teilen kann, vor allem wenn es um den Online-Bereich geht. Kollege Kopf hat angesprochen, dass ein Teil des EU-Verfahrens heißt: Online-Maßnahmen, Online-Auftritte des ORF haben einen gewissen Rahmen. Hier gibt es Einschränkungen. – Das ist Teil des Grundgesetzes, dem stimmen wir auch zu.

Was dann passiert ist, waren Verhandlungen zwischen den Zeitungsherausgebern und dem ORF, die diese Einschränkungen weit über das Ausmaß fortgezogen und erhöht haben. Der ORF wird seinen Online-Auftritt massiv einschränken müssen. Es wird Ein­schränkungen geben bei den Diskussionen in den Foren, es wird weniger Möglichkei­ten für BürgerInnen geben, hier auch sozusagen mitzudiskutieren. – Absurde Vorschlä­ge wie dass man Gebührenzahler sein muss, dass man mit dem Namen genannt sein muss, um überhaupt diskutieren zu können, haben wir noch herausverhandelt, und ich bin froh, dass das auch im Gesetz drinnen geblieben ist, dass das jetzt nicht kommen wird. Wir haben uns da aktiv beteiligt.

Ein ganz zentraler Punkt ist für uns, dass es auch die Forderung gibt, Angebote einzu­stellen, die den Kernauftrag des Österreichischen Rundfunks betreffen. Ich habe das hier mitgebracht (der Redner platziert auf dem Rednerpult eine Tafel mit der Aufschrift „futurezone.ORF.at“), das zeigt, worum es auch geht: die Futurezone des ORF. Ich lade Sie ein, auch die ZuseherInnen zu Hause: Schauen Sie sich dieses Medium ein­mal an, gehen Sie hinein! Wenn man sich anschaut, welche Überschriften dort auf­scheinen, dann sieht man heute – ich nehme drei willkürlich heraus –: „Alte Handys als wertvoller Rohstoffspeicher“, „Sicherheitslücke bei tele.ring“, „Island: Parlament schützt digitale Medien“.

Ich zitiere Ihnen aus der heutigen „ZEIT ONLINE“-Ausgabe die Einschätzung über die Einstellung, die nämlich im Gesetz jetzt vorgesehen ist, weil es die Zeitungsherausge­ber gefordert haben. Und das war unsere Grundbedingung, dem Gesetz zuzustimmen: dass dieses Verbot der Futurezone rauskommt. Ich zitiere also „zeit.de“ – nicht ganz unwesentlich für die, die sich im Online-Bereich auskennen –:

„Für Kritik sorgt vor allem, dass im Rahmen der Änderungen die Qualität beschnitten wird und deswegen explizit auch ,Futurezone‘ sterben soll, eine Nachrichtenseite, die sich mit Netzpolitik, Datenschutz und Bürgerrechten beschäftigt. Sie gilt im deutsch­sprachigen Raum als Institution und als das im Netz attraktivste und beste Angebot des ORF.“


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Sie beschließen heute ein Gesetz, womit genau dieses Angebot, das international ge­würdigt wird – es kommt ja nicht so oft vor, dass deutsche Medien davon sprechen, dass Österreich eine Vorreiterrolle hat –, beseitigt wird. Ab 1. Oktober ist die „Future­zone“ Geschichte. Es wird sie nicht mehr geben, sie wird abgedreht. Wir haben ver­sucht – und es ist auch noch gelungen, das in die Begründungen hineinzuschreiben –, zumindest klarzumachen, dass auch mit diesem Gesetz Inhalte erhalten werden kön­nen. Aber dieses Portal wird eingestellt – und das ist der Unterschied zu dem, was in der ursprünglichen Vereinbarung mit der EU enthalten war: Die EU hat gesagt, zu­künftig darf es solche Angebote, die nichts mit den Sendungen zu tun haben oder al­lein stehen, nicht mehr geben, aber die bestehenden Angebote dürfen erhalten blei­ben. Was jetzt passiert, ist, dass da eines der qualitätvollsten Angebote eingestellt wird, weil es eine ökonomische Vereinbarung zwischen ORF-Spitze und VÖZ-Spitze gibt, diese Plattform einzustellen.

Ich sage: Ich glaube, dass das ein Irrtum ist. Und ich richte mich jetzt auch sehr be­wusst an die Kolleginnen und Kollegen des VÖZ: Wenn Sie glauben, dass es damit, dass man Online-Berichterstattung und Meinungsfreiheit einschränkt, gelingt, dass der Traffic – also wo die Leute sind – von einer hoch anerkannten Seite automatisch auf andere Medien übergeht, dann werden Sie sich wundern. Das wird nicht stattfinden. Ich befürchte – oder besser gesagt, ich nehme das an –, dass es da noch eine massi­ve Diskussion geben wird. Wir kennen die Diskussion in Deutschland, wo 70 000 Do­kumente aufgrund der Vereinbarungen für das deutsche Rundfunkgesetz rausgenom­men worden sind, wo es massive Debatten über Meinungsfreiheit und über die Ein­schränkung von öffentlich-rechtlichen Inhalten gegeben hat. Diese Debatte machen Sie in Österreich auf.

Ich halte es für Qualitätsmedien in Österreich für kein besonders gutes Zeichen, darauf Wert zu legen, dass Qualität, wirkliche Qualität nicht weiterbestehen darf in einem Be­reich, wo es momentan sehr wenig Berichterstattung gibt – die im Übrigen nicht kom­merziell führbar sein wird, wenn es um diese Fragen geht, wie Datenschutz oder Si­cherheitslücken bei tele.ring. Es wird niemanden interessieren, dass es bei tele.ring Si­cherheitslücken gibt. Dort gibt es keine ökonomischen Interessen dafür, dass das ge­fördert wird.

Wir wissen, dass wir jetzt auch ein Match aufmachen. Das ist uns bewusst. Wir hätten es uns leichter machen und sagen können: Okay, der VÖZ ist mächtig, der ORF ist mächtig, wir stimmen dem auch in dritter Lesung zu. – Wir haben uns bewusst dafür entschieden, diese Debatte auch öffentlich zu führen. Wir glauben, dass es darum geht, Qualität, Medienqualität in Österreich zu sichern, und es tut uns leid, dass es im letzten Moment nicht gelungen ist, mit einem Abänderungsantrag dieses Verbot he­rauszubekommen. Dann hätten Sie unsere Stimmen gehabt. So bleibt uns leider nur die Ablehnung in dritter Lesung. (Beifall bei den Grünen.)

11.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Petz­ner zu Wort. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


11.01.06

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Aber vor allem liebe Damen und Herren zu Hause an den Bildschirmen, die Sie heute zuschauen! Sie begrüße ich ganz besonders, denn um Sie geht es heute eigent­lich auch, und für Sie hat das BZÖ in den Verhandlungen bis zum Schluss gekämpft und auch zahlreiche Erfolge erzielen können. (Beifall beim BZÖ. – Ruf: Jetzt weiß ich, warum Sie so rot im Gesicht sind: weil Sie so viel lügen!)

Herr Kollege Fichtenbauer, schauen Sie, die Sache ist relativ einfach: Wir als BZÖ sehen uns mit Josef Bucher als Anwalt der Gebührenzahler, der Steuerzahler (Beifall


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beim BZÖ), der Hörer und Seher, der privaten Betreiber, der kleinen und mittelständi­schen Unternehmen und können es als solcher nicht zulassen, dass in Zeiten der Wirt­schaftskrise, wo alle sparen müssen, der ORF 160 Millionen € taxfrei mit der Zustim­mung der FPÖ bekommt. Da gehen wir nicht mit! Wir sind der Anwalt der Steuerzahler, und wir bleiben der Anwalt der Steuerzahler! (Neuerlicher Beifall beim BZÖ.)

Daher gibt es auch seitens des BZÖ im Sinne der Gebührenzahler keine Zustimmung zu dieser Zweidrittelmaterie. Sie plakatieren: „Unser Geld für unsere Leute!“ – In Wahr­heit haben Sie sich kaufen lassen und erhoffen sich durch Ihre Zustimmung eine positi­vere Berichterstattung für die Wiener Landtagswahl. (Beifall beim BZÖ.) – Das ist die Wahrheit! Das wird Ihnen aber nichts nützen, weil die Menschen dieses Spiel sehr wohl durchschauen werden. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Inhaltlich zum Gesetz, meine Damen und Herren – damit auch Sie zu Hause wissen, was bei diesem Gesetz ursprünglich geplant war und was wir vom BZÖ sicherstellen konnten –: Geplant war, dass über die Medienbehörde der Stiftungsrat als unabhängi­ges Aufsichtsorgan des ORF ausgeschaltet wird und über die Medienbehörde ein To­talzugriff der Regierung, der Regierungsparteien auf den ORF stattfindet und damit die Unabhängigkeit und die Objektivität in der Berichterstattung massiv gefährdet gewesen wären.

Wir vom BZÖ haben diese Ausschaltung des Stiftungsrates verhindern können. (Zwi­schenruf des Abg. Kickl.) Wir haben sichergestellt, dass auch in Zukunft Unabhän­gigkeit, Objektivität und neutrale Berichterstattung im ORF ein Qualitätskriterium blei­ben. (Beifall beim BZÖ. – Ironische Heiterkeit des Abg. Kickl sowie Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Nächster Bereich: Wir haben – im Sinne der privaten Sender, für die wir uns sehr ein­gesetzt haben – eine nähere Definition des öffentlich-rechtlichen Kernauftrages errei­chen können, weil wir sagen: Wenn es einen öffentlich-rechtlichen Sender gibt, der ge­bührenfinanziert besteht, dann muss es auch einen klaren Programmauftrag geben. (Abg. Neubauer: Aus welcher Bar kommst du?) Er kann nicht Steuergelder kassieren und zugleich Berichterstattung betreiben, als wäre er ein Privatsender. (Beifall beim BZÖ.) Auch hier haben wir vom BZÖ im Sinne der Hörer, der Seher und der Gebühren­zahler zahlreiche Verbesserungen durchsetzen können.

Und wir haben auch – ganz entscheidend! – bei diesen 160 Millionen €, die FPÖ, SPÖ und ÖVP dem ORF taxfrei auf vier Jahre schenken wollten, zumindest sicherstellen können, dass diese 160 Millionen € mit Auflagen und Pflichten für den öffentlich-rechtli­chen Rundfunk versehen sind (ironische Heiterkeit des Abg. Kopf) und dass auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Zukunft Prinzipien wie Sparsamkeit und Wirt­schaftlichkeit gelten und der ORF verpflichtet ist, in Zukunft auch ausgeglichen zu bi­lanzieren, damit er langfristig Bestand hat. Auch diesen Erfolg haben wir durchsetzen können. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Kopf: Ist dir das nicht peinlich?)

Hauptpunkt – und das ist unsere wesentlichste Errungenschaft, meine Damen und Herren, auch das müssen Sie sich zu Hause vor Augen führen –: Einerseits will man dem ORF 160 Millionen € schenken, auf der anderen Seite hat man versucht, die Lan­desstudios, die das Herz des ORF bilden, vom Landesstudio Vorarlberg bis ins Lan­desstudio Burgenland, und die eine wichtige Komponente in der regionalen Berichter­stattung für die Bevölkerung darstellen, in den wirtschaftlichen Abgrund zu reißen und dafür zu sorgen, dass der wirtschaftliche Betrieb der Landesstudios in Zukunft massiv gefährdet wäre. Das haben wir verhindert: im Sinne der Bundesländer, aber auch im Sinne der Landeshauptleute.

Es ist ja interessant, dass Teile der SPÖ und der ÖVP gegen die eigenen Landes­hauptleute gearbeitet haben. (Abg. Kopf: Nein, es ist um faire Bedingungen für alle ge­


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gangen!) Wir haben im Sinne der Zuseher, im Sinne der Landesstudios erreichen kön­nen, dass die wirtschaftliche Existenz und der Betrieb der Landesstudios für die Zu­kunft abgesichert sind, durch eine Einigung zwischen VÖZ und ORF, die wir durch un­seren Druck erzwungen haben. (Abg. Dr. Wittmann: Es ist ja nett, dass Sie „unseren“ sagen und nicht „des BZÖ“!) Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei beiden Par­teien, beim VÖZ und beim ORF, herzlich dafür bedanken, dass es diese Einigung im Bereich der regionalen Werbung gibt, weil sie einerseits auch für den VÖZ Vorteile be­inhaltet, andererseits dadurch die Landesstudios, die regionalen Programme, diese vielen Initiativen, die die regionalen Sender in den Landesstudios im Bereich des ORF machen, auch für die Zukunft sichergestellt, garantiert und gerettet sind. – Ein ganz, ganz wesentlicher Meilenstein, den wir vom BZÖ durchsetzen konnten. (Ironische Hei­terkeit des Abg. Kickl.)

Wie wir ebenso durchsetzen konnten: für den Behindertenbereich den sukzessiven Ausbau des barrierefreien ORF. (Abg. Kickl: Das ist ja unglaublich! – Abg. Dr. Witt­mann: ... das BZÖ einen freiheitlichen Antrag durchsetzen?! Können Sie das erklä­ren?) Wie wir ebenso durchsetzen konnten: ausgewogene und vernünftige Regelungen im Online-Bereich, die sicherstellen, dass auch in Zukunft im Online-Bereich einerseits ein qualitativ hochwertiges Angebot für die Gebührenzahler vorhanden ist, andererseits auch die privaten Anbieter mit dieser Lösung einverstanden sind. Das heißt, auch hier konnten wir im Sinne der Gebührenzahler einen Erfolg erringen.

Daher werden wir vom BZÖ auch unseren Erfolgen, vor allem für die Landesstudios, für den Online-Bereich, unseren Erfolgen für den Stiftungsrat, unseren Erfolgen für die Gebührenzahler, für die Hörer und Seher, diesen unseren Erfolgen selbstverständlich zustimmen. Aber wir stimmen als Anwalt der Gebührenzahler nicht zu, dass 160 Millio­nen € – und das sage ich hier noch einmal – taxfrei dem ORF zur Verfügung gestellt werden. (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, damit Sie es zu Hause wissen: Diese 160-Millionen-€-Rech­nung schickt Ihnen die FPÖ mit freundlichen Grüßen. Sie können an der Wahlurne ent­sprechend antworten und an der Wahlurne mit Ihrer Stimme die Rechnung der FPÖ – Adresse: Heinz-Christian Strache, Bundesparteizentrale Wien – zurückschicken. Dazu darf ich auch die Gebührenzahler auffordern. (Beifall beim BZÖ.)

Eine wichtige Botschaft möchte ich auch noch loswerden, eine Botschaft für die Kärnt­nerinnen und Kärntner, die heute zuschauen und die auch wissen sollen, dass die FPK – ich nenne sie mittlerweile schon die politische Vuvuzela der Innenpolitik, denn sie nervt ungefähr genauso wie die Vuvuzelas in den WM-Stadien – jetzt natürlich versucht, die Verhandlungserfolge des BZÖ sich auf ihre Fahnen zu heften. (Lebhafte ironische Hei­terkeit des Abg. Kickl.)

Sie müssen wissen, meine Damen und Herren, liebe Kärntnerinnen und Kärntner: Die FPK ist bei den ORF-Verhandlungen zu keiner Minute und zu keiner Sekunde am Ver­handlungstisch gesessen. (Abg. Dr. Wittmann: Die Verhandlungen für Kärnten hat der Scheuch geführt und nicht das BZÖ!) Da sind drei Hinterbänkler in der letzten Reihe, die nichts für Kärnten erreichen können, nichts bewegen können, auch für das Landes­studio nichts bewegen konnten, weil sie sich aus dem parlamentarischen Prozess aus­geschaltet, ausgeklinkt haben, trotzdem ihre Gagen kassieren und außen vor waren. – Wir vom BZÖ haben die Landesstudios gerettet. Wir vom BZÖ sind am Verhandlungs­tisch gesessen, Kärnten war vertreten, und wir haben für Kärnten, für das Kärntner Landesstudio, für die Kärntnerinnen und Kärntner einen Verhandlungserfolg erzielen können (Beifall beim BZÖ), der auch uns zusteht und den sich jetzt die FPK und die politischen Vuvuzelas am Sternhof im Mölltal nicht auf ihren Hut stecken sollen. – Das sollte noch gesagt sein.


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Insgesamt noch einmal: Wir haben bis zum Schluss gekämpft, wir haben alles gege­ben, wir haben viele Verbesserungen erreicht, aber wir können als rechtsliberale Wir­tschaftspartei für den Mittelstand einem 160-Millionen-€-Geschenk nicht die Zustim­mung erteilen. (Beifall beim BZÖ.)

11.09


Präsident Fritz Neugebauer: Ich erteile nun Herrn Staatssekretär Dr. Ostermayer das Wort. – Bitte.

 


11.09.12

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! (Abg. Ing. Westenthaler: Steuergeldverschleu­derer!) Sehr geehrte Gäste, Schülerinnen und Schüler auf der Galerie! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehschirmen zu Hause! Man könnte glauben, man ist in einem falschen Film, wenn man die letzten Wochen und die Gespräche mit­erlebt hat. Diese sind nämlich Anlass dafür, dass ich allen Klubs für die konstruktive Zusammenarbeit danken will. Es hat wirklich sehr konstruktive, sehr intensive Gesprä­che gegeben, die letztendlich dazu geführt haben, dass wir zu der umfangreichsten Re­form der Mediengesetze der letzten neun Jahre kommen.

Dieses Gesetzespaket umfasst nicht nur das ORF-Gesetz, obwohl es immer im Vor­dergrund gestanden ist, sondern es umfasst in Summe acht Gesetze, unter anderem ein Bundesverfassungsgesetz. Dieses Bundesverfassungsgesetz ist der Anlass, wa­rum jetzt sozusagen die Diskussion über die Zweidrittelmehrheiten entbrannt ist, weil damit nämlich erstmals eine verfassungsrechtlich unabhängig gestellte Medienbehörde geschaffen werden soll.

Ich möchte die Gelegenheit aber auch zum Anlass nehmen, den Mitarbeitern und Mit­arbeiterinnen, den Verantwortlichen des ORF zu danken, ein Teil davon ist ja hier: die Stiftungsratsvorsitzende, Mitglieder des Stiftungsrates, der Generaldirektor, der Kauf­männische Direktor und weitere Mitglieder der Geschäftsführung. Ich möchte auch den Vertretern des Zeitungsverbandes, dem Generalsekretär danken. Mir ist schon be­wusst, dass das ein sehr intensiver und komplizierter Vorgang war, bis wir zu diesem Gesetz kommen, aber gerade bei solch einem demokratiepolitisch wichtigen Bereich wie dem Medienbereich war es natürlich unser Ziel, eine möglichst breite Zustimmung zu erreichen, zu einem tragfähigen Ganzen zu kommen.

Es ist mir natürlich klar, dass am Ende eines solchen Prozesses nie alle zufrieden sein können oder nie alle mit allem zufrieden sein können – das Thema futurezone wurde von Herrn Abgeordnetem Brosz angesprochen –, ich glaube aber, dass wir es insge­samt geschafft haben, dass ein möglichst großer Bereich möglichst zufrieden ist und wir damit gemeinsam ein Maximum erreichen konnten.

Wenn dieses Gesetz beschlossen wird – und darauf hoffe ich ganz intensiv (Abg. Grosz: Die Hoffnung ...!) –, dann ist ein sehr großer Beitrag für eine rotweißrote Zu­kunft des ORF geleistet worden. Ich erinnere nur daran, dass wir vor eineinhalb Jahren sehr intensive Diskussionen hatten, als man den ORF und die Zukunft des ORF nicht in dem Ausmaß positiv sehen konnte, wie wir es jetzt tun. Da gilt es auch den Be­legschaftsvertretern und der Geschäftsführung im ORF zu danken, die auch einiges dazu beigetragen haben.

Wir tragen aber nicht nur zur Sicherung der rotweißroten Zukunft des ORF bei – den anderen Teil muss natürlich das Unternehmen selbst beitragen –, sondern wir haben dabei auch die Interessen der anderen Medienunternehmen mit berücksichtigt. Dass das Novellenpaket jetzt sehr umfangreich geworden ist, hat auch damit zu tun, dass wir die Einigung, die mit der Europäischen Kommission im Herbst letzten Jahres erreicht wurde, umsetzen und dass wir eine Richtlinie der Europäischen Union umsetzen. Es


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gibt aber – neben vielem, was sozusagen unter „Technisches“ einzuordnen ist – einige Kernpunkte, die ganz intensiv die Interessen der SeherInnen, der HörerInnen, der Le­serinnen und natürlich Leser, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ORF betreffen. Ich gehe nicht auf alle Punkte ein, sondern ich gehe auf einige wenige ein – und einen Punkt, der ganz besonders auch die Interessen der anderen Medien und Medienunter­nehmen berührt, werde ich klarerweise auch noch erwähnen.

Es wurde schon diskutiert über die Frage der Rückerstattung von Gebühren – 160 Mil­lionen € Steuergeld, wurde vorhin in den Raum gerufen. Was ist der Hintergrund? – Der Hintergrund ist, dass Hörer und Seher aus sozialen Gründen unter bestimmten Umständen davon befreit werden, die Programmentgelte bezahlen zu müssen. Analo­ges gibt es auch im Telefoniebereich: Dort war es immer klar, dass die Telefonunter­nehmen diese entfallenen Beiträge rückerstattet bekommen. Im ORF war das nicht der Fall, und das wird jetzt zumindest teilweise nachvollzogen. Aber wir haben diese soge­nannte Gebührenrefundierung an verschiedene Punkte geknüpft, die insbesondere für die Zuseherinnen, Zuseher, Hörer und Seher sehr wichtig sind.

Ein wesentlicher Punkt dabei ist, dass nicht nur die bestehenden Leistungen weiter er­bracht werden müssen, also die Fernsehkanäle, die Radiokanäle, die Landesstudios, die Online-Plattform weiter betrieben werden müssen. Ausnahme ist der Kompromiss betreffend die futurezone, die ein wichtiger Bereich ist, größenordnungsmäßig unge­fähr 1 Prozent des Traffics im Online-Bereich des ORF ausmacht; das soll sie nicht kleinreden, das soll nur die Dimension erklären, die all dem anderen gegenüberge­standen ist, und darauf komme ich dann auch noch zurück. Also es sind nicht nur die jetzigen Leistungen aufrechtzuerhalten, sondern es sind zusätzliche Leistungen zu er­bringen, die dann dieser Gebührenrefundierung als Gegenleistung des ORF gegen­überstehen.

Ein Punkt ist zum Beispiel, dass ein neuer Info- und Kulturkanal geschaffen werden soll. Wir haben das im Regierungsprogramm ausverhandelt, wir haben das sozusagen jetzt auch im Gesetz fixiert. Es ist auch genau der Zeitpunkt beschrieben, wann dieser geschaffen werden soll.

Ein zweiter Punkt ist, dass der Sportkanal aufrechtzuerhalten ist. Es ist, weil es da im­mer wieder Diskussionen mit Sportorganisationen gab, zusätzlich fixiert worden, dass auch und insbesondere aktuelle Sportberichterstattung auf diesem Sportkanal stattfin­den soll und dass die Berichterstattung nicht davon abhängig gemacht werden oder an die Bedingung geknüpft werden darf, dass dafür ein Produktionskostenzuschuss be­zahlt wird.

Wir haben festgelegt, dass mehr österreichisches Programm, also mehr österreichi­sche Produktionen zu senden sind. Das hat natürlich nicht nur Auswirkungen auf das Programm für die Zuseherinnen und Zuseher, sondern das hat auch ganz wesentliche Auswirkungen auf die in diesem Bereich arbeitenden Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben festgelegt, dass der barrierefreie Zugang auszubauen ist, und zwar ganz, ganz wesentlich auszubauen ist! Auch das ist daran geknüpft, dass das Geld bezahlt wird.

Wir haben, und das ist ein ganz wichtiger Punkt, gerade im kulturellen Bereich, auch sozusagen als Exportartikel Österreichs, festgelegt, dass das Film-/Fernsehabkommen fortzuführen ist. Es ist eine Vereinbarung getroffen worden mit den Filmschaffenden, dass es fortgeführt und sogar ausgebaut wird. Da geht es nicht nur darum, dass jetzt
5 oder 8 Millionen € vom ORF für Kinoproduktionen zur Verfügung gestellt werden, sondern wenn das vom ORF nicht erfolgen würde – private Sponsoren, die das ma­chen, gibt es relativ wenige in Österreich –, würde die Filmförderung insgesamt zusam­menbrechen, und das zu einem Zeitpunkt, zu dem wir in Hollywood Oscar-Verleihun­


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gen und Oscar-Teilnahmen haben, wo „Das weiße Band“ eine Unzahl an Preisen be­kommen hat. All das würde gefährdet werden, wenn dieser Gesetzesbeschluss nicht zustande kommt.

Wir haben festgelegt, dass das RSO, das Radio-Symphonieorchester, fortzuführen ist, eines der international sehr angesehenen, ganz großen österreichischen Orchester ne­ben den Philharmonikern und den Symphonikern.

Wir haben festgelegt, dass „Rat auf Draht“, sozusagen die Helpline, fortgeführt werden muss, und wir haben unter anderem festgelegt, dass eine Frauenquote von 45 Prozent verankert wird, das heißt, dass es Gleichbehandlung gibt und bei gleichwertiger Qualifi­kation die Frauen bei Jobbewerbungen im ORF zu bevorzugen sind.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist noch – Klubobmann Kopf hat ihn auch erwähnt –: Wir tragen damit dazu bei und unterstützen, dass sich der ORF auch strukturell an die technischen Veränderungen und an die zukünftigen Herausforderungen anpasst.

Das Ganze haben wir auch noch, ich habe es schon eingangs kurz erwähnt, EU-kon­form machen müssen: Wir mussten eine Richtlinie umsetzen und vor allem auch den Kompromiss im Beihilfeverfahren einarbeiten – da gab es ein fünf Jahre dauerndes Verfahren mit der Europäischen Kommission, in dem der ORF sozusagen angeklagt war. Wir konnten im letzten Jahr einen Kompromiss herbeiführen und hatten ihn umzu­setzen.

Wir sorgen für mehr Transparenz nicht nur durch die Medienbehörde, sondern auch, und das ist auch wichtig für die anderen Medienteilnehmer am österreichischen Me­dienmarkt, indem bei zukünftigen neuen Projekten, neuen Angeboten des ORF ein so­genannter Public-value-Test durchzuführen ist, also schon davor der Mehrwert für die Bevölkerung einerseits, die Auswirkungen auf den Medienmarkt andererseits geprüft werden und zu berücksichtigen sind, der von der Medienbehörde, die dann neu zu schaffen ist, wenn das Gesetz beschlossen wird, umgesetzt wird.

Wir haben vorgesehen, dass die Generaldirektion ab der nächsten Periode verkleinert wird – das ist ein weiterer Punkt, der sehr intensiv in Diskussion war –, und viele, viele andere kleine Punkte im ORF-Gesetz, die Auswirkungen haben.

Und es wurde auch etwas festgelegt, was die sogenannte duale Rundfunklandschaft fixieren soll, nämlich dass private, einerseits kommerzielle, aber auch nicht-kommer­zielle Rundfunkunternehmer, Radioanbieter, Fernsehanbieter auch eine Unterstützung bekommen sollen. Wir haben letztes Jahr erstmals eine Medienförderung für diesen Bereich geschaffen, damals mit 5 Millionen € für die Kommerziellen und 1 Million € für die Nicht-Kommerziellen, und wir sehen in diesem Gesetz vor, dass das bis 2013 je­weils verdreifacht wird, also von 5 auf 15 und von 1 Million € auf 3 Millionen € ausge­baut werden soll. – Das ist ein ganz wichtiger Punkt, der für die österreichische Me­dienlandschaft ebenfalls sehr wesentlich ist.

Ich gebe zu, das ist sehr viel auf einmal. Wir haben jetzt rund eineinhalb Jahre an dem Ganzen gearbeitet, es ist aber letztendlich etwas herausgekommen, was ganz wesent­lich und wichtig ist. Gut Ding braucht Weile, könnte man sagen.

Ich möchte jetzt aber noch zwei Anmerkungen zur grünen Fraktion und zum BZÖ ma­chen: Im Ausschuss habe ich mich dafür bedankt, dass es diese konstruktiven Ge­spräche gegeben hat, die konstruktiven Verhandlungen gegeben hat, und es hat dann sogar einen Fünf-Parteien-Abänderungsantrag gegeben, der auch mit den Stimmen al­ler Fraktionen beschlossen wurde.

Ich möchte nur in Erinnerung rufen und Sie darauf aufmerksam machen, dass wir Fol­gendes berücksichtigen sollten: Wenn dieses Gesetz nicht zustande käme, also wenn keine Zweidrittelmehrheit geschafft werden kann, dann würde all das, was ich vorher gesagt habe, gefährdet werden:


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Es würde die Verpflichtung, diese EU-Vorgaben umzusetzen, nicht erfüllt werden können.

Es würde ein ganz wichtiges identitätsstiftendes österreichisches Unternehmen – es wurde vorher schon als Leitmedium Österreichs bezeichnet –, der ORF, gefährdet wer­den. Wir wissen, wie die Situation vor eineinhalb Jahren war; wir wissen auch, warum wir diese Gebührenrefundierung beschließen.

Und Sie würden all jenen, die durch dieses Gesetz Vorteile haben – den Frauen, den Jungen, den Älteren, jenen, die angewiesen sind, dass der barrierefreie Zugang ausge­baut wird, den Filmschaffenden, den Regisseuren/Regisseurinnen, den Schauspie­lern/Schauspielerinnen, den Produzenten/Produzentinnen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ORF, den Musikschaffenden, weil nämlich auch eine Vereinbarung mit den Musikschaffenden abgeschlossen worden ist, den Mitgliedern des Radio-Sympho­nieorchesters, den Hörern, den Sehern, den Lesern –, Sie würden all jenen die Chan­cen nehmen, die durch dieses Gesetz und durch die Auflagen, die der Gebührenre­fundierung gegenüberstehen, eingeräumt werden. Ich bitte Sie, das zu berücksichtigen!

Trotz allem abschließend: Ich möchte mich noch einmal bei allen Klubs bedanken – ich hoffe auch auf Einsicht. Ich würde mich besonders freuen, wenn wir dieses kompli­zierte, demokratiepolitisch wichtige Gesetz einstimmig beschließen könnten!

Ich möchte mich auch bei den Mitarbeitern der Klubs, die sehr viel Arbeit da hineinge­steckt haben, bedanken.

Ich möchte mich insbesondere bei den Mitarbeitern im Verfassungsdienst des Bundes­kanzleramts bedanken, die unzählige Entwürfe geschrieben haben – nicht nur die rund 100 Seiten samt Erläuterungen, die jetzt zur Beschlussfassung vorliegen – und die auch noch die allerletzten Tage ständig stand-by waren und den Entwurf mitgetragen haben.

Ich möchte mich auch bei den Vertretern des Zeitungsverbandes, beim ORF und bei den Verhandlungsführern, die jetzt diesen Kompromiss herbeigeführt haben, bedanken.

Und ich möchte mich – ich bitte, diese persönliche Anmerkung zu gestatten – auch bei meinem Kollegen Niko Gretzmacher bedanken, der – obwohl er nebenbei Vater wur­de – extrem viel Zeit in dieses Projekt hineingesteckt hat. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und BZÖ.)

Und ich bitte noch einmal um möglichst breite Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


11.24.34

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Zunächst einmal muss man erwähnen, dass mit diesem ORF-Gesetz ein Schlussstrich unter diese Debatte auf europäischer Ebene gezogen werden konnte, da Österreich auch die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste vollständig umsetzt und damit dieses Verfahren, das seit 2004 angedauert hat, been­det werden kann.

Wir haben nunmehr auch in der Aufsicht einen Quantensprung erreicht, weil wir – und das ist mir als Obmann des Verfassungsausschusses wichtig – eine unabhängige Me­dienbehörde geschaffen haben und diese unabhängige Medienbehörde weisungsfrei und unabhängig die Aufsicht über die Medien – nicht nur über den ORF, sondern auch über alle anderen Medienbetreiber – hat. Und ich glaube, dass auch die Vorgangs­weise des Vorschlags, nämlich Vorschlag der Bundesregierung und dann Bestätigung im Hauptausschuss, eine objektive Auswahl gewährleistet.


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Es gibt auch eine Cooling-off-Phase für Mitarbeiter, die aus Medienunternehmen kom­men, sodass kein unmittelbarer Einfluss auf die Medienbehörde einwirkt, sollte jemand – ein Fachmann – schon einmal bei einem Medienunternehmen gearbeitet haben.

Mir ist es auch sehr wichtig gewesen, dass dieses gesetzliche Unding einer Prüfkom­mission, die dem Unternehmen einen wirtschaftlichen Auftrag geben kann, den dieses dann umzusetzen hat und für den letztendlich aber der Aufsichtsrat die Haftung zu tra­gen hätte, nicht kommt – das hätte ich für ein rechtliches Unding gehalten, und ich bin froh, dass das in den Verhandlungen einvernehmlich geändert wurde –, sondern diese Prüfkommission ein Strukturkonzept vorgelegt bekommt und eine Stellungnahme dazu abzugeben hat, aber letztendlich immer noch der Stiftungsrat die alleinige Verantwor­tung hat und nicht einen Auftrag einer Behörde zu erfüllen und dann die Verantwortung dafür zu übernehmen hat.

In finanzieller Hinsicht ist Folgendes zu sagen: Einem Unternehmen, das sich zu einem Drittel aus Werbung, zu einem Drittel aus Gebühren und zu einem Drittel am Finanz­markt finanzieren muss und durch die Öffnung der Werbefenster 280 Millionen € am Werbemarkt verliert, kann man nicht zumuten, dass es Sozialhilfe betreibt, die der Staat zu betreiben hat. Herr Petzner, da geht es nicht darum, dass der ORF 160 Mil­lionen € Zuschuss bekommt, sondern der ORF gewährt armen Leuten Gebührenbe­freiungen, weil eigentlich der Staat will, dass sie am ORF teilhaben können, und diese Sozialhilfe wird vom Staat refundiert. Man würde keinem Unternehmen der Welt die Leistung von Sozialhilfe aufbürden! (Beifall bei der SPÖ.) Diese 160 Millionen € sind die Refundierung dieser Gebührenbefreiung!

Was ich vollkommen unverständlich finde, ist Folgendes: Sie stimmen diesem Abände­rungsantrag, in dem die 160 Millionen € als Zuschuss an den ORF beschlossen wer­den, im Ausschuss zu – da gibt es einen Fünf-Parteien-Antrag! –, und dann stellen Sie sich hierher und tun so, als wären Sie nicht dabei gewesen. Ich empfehle Ihnen einen Griff in das Archiv des ORF und sich einen Film auszuborgen, nämlich „... denn sie wissen nicht, was sie tun“. Der würde zu Ihnen passen (Beifall bei SPÖ und FPÖ), wo­bei ich Sie nicht mit James Dean vergleichen würde. Da fiele mir als Vergleich nur der Dünne von „Dick und Doof“ ein.

Aber in Wirklichkeit, glaube ich, ist das ein Akt von politischer Verantwortungslosigkeit, wenn ich zuerst mitstimme, auch überzeugt davon bin, dass es richtig ist, und dann aus Jux und Tollerei hier Nein sage, aber die Erfolge dieses Gesetzes aufzähle. – Das ist nicht fair und nicht richtig.

Es ist schade, dass die Grünen nicht zustimmen. Ich verstehe ihren Beweggrund, weil auch ich es schade finde, dass futurezone bei dieser Einigung herausgefallen ist. Das finde ich wirklich schade, aber uns ist das Gesetz insgesamt, der neue große Wurf die­ses Gesetzes, etwas wichtiger als diese Einzelbestimmung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Zinggl.) Ich glaube, dass es das rechtfertigt, dass man das Gesamte sieht und nicht diese Einzelsache. Und ich glaube, an sich ist es ein gutes Gesetz geworden.

Ganz wichtig für mich als Sportverantwortlichen ist auch, dass der Sportkanal weiter existieren kann, dass der Sportkanal im Gesetz verankert ist, dass die 160 Millionen € auch dafür aufgewendet werden müssen und dass letztendlich – Kollege Brosz hat es schon gesagt – nicht mehr Produktionsbeiträge verlangt werden können, um Sportsen­dungen zu tragen.

Zum Schluss möchte ich noch einen Abänderungsantrag einbringen.

Ich bringe den Abänderungsantrag zu TOP 1 ein, der bereits an alle Abgeordneten verteilt worden ist.

Die Kernpunkte dieses Antrages sind die folgenden:


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150 Sekunden pro Tag pro Landesstudio Veranstaltungshinweise für Sport, Kunst und Kultur und Volkskultur;

die Beschränkung von 2 Prozent Online-Werbung, die noch in der Regierungsvorlage vor­handen war, wird durch diesen Abänderungsantrag gelockert: 3 Prozent 2010 bis 2012, 4 Prozent 2013 bis 2015 und 5 Prozent ab 2016;

gleichzeitig aber auch Einschränkungen des ORF-Online-Angebots dahin gehend, dass keine Spiele, keine Routenplaner, keine Ratgeberportale und so weiter erlaubt sind;

darüber hinaus Transparenz bei der Online-Werbung, die Regulierungsbehörde muss über alle Preise in Kenntnis gesetzt werden.

*****

Dieser Antrag liegt allen Abgeordneten vor. (Beifall bei der SPÖ.)

11.30


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage 611 der Beila­gen: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das KommAustria-Ge­setz, das Telekommunikationsgesetz 2003, das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006, das ORF-Gesetz, das Privatfernsehgesetz, das Privatradiogesetz und das Fernseh-Exklusivrechtegesetz geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (761 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

1. Art. 5 (Änderung des ORF-Gesetzes) wird wie folgt geändert:

a) In Z 20 lautet § 4e Abs. 2:

„(2) Die Überblicksberichterstattung (Abs. 1 Z 2) besteht aus Text und Bild und kann einzelne ergänzende Audio-, audiovisuelle und interaktive Elemente sowie Podcasts (Audio und Video) umfassen. Sie bezieht sich auf die wichtigsten tagesaktuellen Ge­schehnisse aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Chronik, Wetter, Kultur, Wissen­schaft, Sport, Volksgruppen und Religion auf internationaler, europäischer, und bun­desweiter Ebene. Die einzelnen Elemente der Berichterstattung sind nur für die Dauer ihrer Aktualität, längstens jedoch sieben Tage ab Bereitstellung zum Abruf über die Plattform des Österreichischen Rundfunks bereitzustellen. Die Bereitstellung älterer Elemente der Berichterstattung, die in unmittelbarem Zusammenhang zur aktuellen Be­richterstattung stehen, ist für die Dauer der Veröffentlichung der aktuellen Berichte zu­lässig. Die Berichterstattung darf nicht vertiefend und in ihrer Gesamtaufmachung und
-gestaltung nicht mit dem Online-Angebot von Tages- oder Wochenzeitungen oder Mo­natszeitschriften vergleichbar sein und kein Nachrichtenarchiv umfassen. Gesonderte Überblicksberichterstattung auf Bundesländerebene ist zulässig, jedoch auf bis zu 80 Tagesmeldungen pro Bundesland pro Kalenderwoche zu beschränken. Aktualisie­rungen von Tagesmeldungen im Tagesverlauf gelten nicht als neue Tagesmeldungen. Lokalberichterstattung ist nur im Rahmen der Bundes- und Länderberichterstattung zu­lässig und nur soweit lokale Ereignisse von bundesweitem oder im Falle der Länderbe­


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richterstattung von landesweitem Interesse sind. Eine umfassende lokale Berichterstat­tung ist unzulässig.“

b) In Z 20 lautet in § 4e Abs. 3 im Schlussteil des Absatzes der zweite Satz:

„Sendungsbegleitende Angebote dürfen kein eigenständiges, von der konkreten Hör­funk oder Fernsehsendung losgelöstes Angebot darstellen und nicht nach Gesamtge­staltung und -inhalt dem Online-Angebot von Zeitungen und Zeitschriften entsprechen; insbesondere darf kein von der Begleitung der konkreten Hörfunk- oder Fernsehsen­dungen losgelöstes, vertiefendes Angebot in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Chronik, Kultur und Wissenschaft (einschließlich Technologie), Sport, Mode- und Gesellschafts­berichterstattung bereitgestellt werden.“

c) In Z 20 lautet in § 4f Abs. 2 Z 8:

„8. Telekommunikationsdienstleistungen (einschließlich Access Providing),“

d) In Z 20 lautet in § 4f Abs. 2 Z 13:

„13. Routenplaner, ausgenommen im Zusammenhang mit Verkehrsinformation,“

e) In Z 20 lautet in § 4f Abs. 2 Z 15:

„15. Spiele und Unterhaltungsangebote, sofern sie nicht einen über § 4 Abs. 1 Z 8 ORF-G hinausgehenden Bezug zum öffentlich-rechtlichen Kernauftrag und haben; je­denfalls unzulässig sind Spiele und Unterhaltungsangebote, die keinen Sendungs- oder Angebotsbezug haben,

f) In Z 20 lautet in § 4f Abs. 2 Z 23:

„23. Foren, Chats und sonstige Angebote zur Veröffentlichung von Inhalten durch Nut­zer; zulässig sind jedoch redaktionell begleitete, nicht-ständige Angebote zur Übermitt­lung oder Veröffentlichung von Inhalten durch Nutzer in inhaltlichem Zusammenhang mit österreichweit gesendeten Fernseh- oder Hörfunkprogrammen. Voraussetzung für die Veröffentlichung von Nutzerinhalten in solchen Angeboten sind die Registrierung des Nutzers unter Angabe von Vor- und Nachname und der Wohnadresse. Die Re­gistrierung ist nur zulässig, wenn der Nutzer ohne Zwang und in Kenntnis der Sachlage für den konkreten Fall in die Verwendung seiner Daten ausdrücklich eingewilligt hat. Der Österreichische Rundfunk hat Nutzer bei begründetem Verdacht auf unrichtige Re­gistrierungsangaben zum Nachweis der Richtigkeit der Angaben binnen angemessener Frist bei sonstiger Löschung des Registrierungsprofils aufzufordern und Nutzer mit of­fenkundig unrichtigen Angaben von vornherein von der Registrierung auszuschließen. Die bei der Registrierung übermittelten Daten dürfen zu keinem über die Registrierung hinausgehenden Zweck verwendet werden. Auf Verlangen des Nutzers sind sämtliche Daten, einschließlich des Registrierungsprofils, zu löschen;“

g) In Z 20 lautet in § 4f Abs. 2 Z 24:

„24. Verlinkungen, die nicht der Ergänzung, Vertiefung oder Erläuterung eines Eigenin­halts (auch von Beteiligungsunternehmen) dienen; diese dürfen nicht unmittelbar zu Kaufaufforderungen führen;

h) In Z 20 werden in § 4f Abs. 2 folgende Z 25 bis 28 angefügt:

25. soziale Netzwerke sowie Verlinkungen zu und sonstige Kooperationen mit diesen, ausgenommen im Zusammenhang mit der eigenen tagesaktuellen Online-Überblicks­berichterstattung;

26. Fach- und Zielgruppenangebote, die in Form und Inhalt über ein nicht-speziali­siertes Angebot von allgemeinem Interesse hinausgehen, soweit es sich nicht um sen­


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dungsbegleitende Angebote handelt; zulässig sind jedenfalls Angebote zu wohltätigen Zwecken;

27. Ratgeberportale ohne Sendungsbezug;

28. eigens für mobile Endgeräte gestaltete Angebote.“

i) In Z 54 lautet § 14 Abs. 5:

„(5) In Fernsehprogrammen ist Werbung nur österreichweit zulässig. Österreichweite Fernsehwerbung darf im Jahresdurchschnitt die Dauer von 42 Minuten pro Tag pro Programm nicht überschreiten, wobei Abweichungen von höchstens 20 vH pro Tag zulässig sind. Nicht in die nach dem vorstehenden Satz oder nach § 4b Abs. 2 vierter Satz und § 4c Abs. 2 fünfter Satz höchstzulässige Werbezeit einzurechnen ist Werbung für vom Österreichischen Rundfunk finanzierte oder mitfinanzierte Kinofilme. Innerhalb einer vollen Stunde darf der Anteil der Fernsehwerbung 20 vH nicht über­schreiten. Unter Stunden sind die 24 gleichen Teile eines Kalendertages zu verstehen.“

j) In Z 54 werden in § 14 folgende Abs. 5a und 5b eingefügt:

„(5a) Ausgenommen von Abs. 5 erster und zweiter Satz ist auf je ein Bundesland be­schränkte Werbung für Veranstaltungen und Kampagnen in den Bereichen Sport, Kunst und Kultur, soweit diesen in der österreichischen Medienberichterstattung üblicherwei­se kein breiter Raum zukommt, sowie in den Bereichen Volkskultur und Brauchtum und darüber hinaus Werbung für gemeinwirtschaftliche Gesundheitsdienstleistungen, Ver­kehrssicherheit und Konsumentenschutz. Die Dauer dieser Werbung ist mit je höchs­tens 150 Sekunden täglich pro Bundesland beschränkt. Abs. 5 vorletzter und letzter Satz bleiben unberührt. Die Werbung darf nur von folgenden Rechtsträgern in Auftrag gegeben werden:

1. Länder und Gemeinden;

2. sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie landesweit tätig sind;

3. gemeinnützige Rechtsträger (§§ 34 ff Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961);

4. Unternehmen, die ausschließlich gemeinwirtschaftliche Aufgaben in den im ersten Satz genannten Bereichen wahrnehmen und an denen ein Land allein oder mit ande­ren der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund, oder Eigenkapitals beteiligt ist, oder die ein Land allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt.

Die Werbung darf darüber hinaus vom Österreichischen Rundfunk nur dann ausge­strahlt werden, wenn der Auftraggeber nachweist, dass er für den Gegenstand der Werbung auch kommerzielle Kommunikation im zumindest gleichen Ausmaß bei ande­ren, zu Rundfunk komplementären Medienunternehmen in Auftrag gegeben hat oder geben wird.

(5b) Der Österreichische Rundfunk hat die Regulierungsbehörde über sämtliche Ver­einbarungen zur Ausstrahlung von Werbung unter Angabe von Art und Umfang der Leistung und unter Angabe des Entgelts nach Abs. 5a, einschließlich der Koopera­tionen nach dem letzten Satz, quartalsweise zu unterrichten.“

k) In Z 54 wird in § 16 Abs. 4 folgender Satz angefügt:

„Produktplatzierung ist weiters in regional ausgestrahlten Fernsehsendungen unzuläs­sig, ebenso kostenlose Bereitstellungen nach § 1a Z 10 letzter Satz.“

l) Z 55 lautet:

»55. § 18 samt Überschrift lautet:


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„Anforderungen an Teletext und Online-Angebote

§ 18. (1) Auf die Veranstaltung und die Bereitstellung von Online-Angeboten im öffent­lich-rechtlichen Auftrag finden die Regelungen dieses Bundesgesetzes uneinge­schränkt Anwendung. Die Einnahmen des Österreichischen Rundfunks aus kommer­zieller Kommunikation in seinen Online-Angeboten im öffentlich-rechtlichen Auftrag dürfen in jedem Geschäftsjahr die Höhe von 3 vH, ab 1. Jänner 2013 4 vH und ab 1. Jänner 2016 5 vH der Einnahmen des im vorangegangenen Kalenderjahr im Weg von § 31 Abs. 1 eingehobenen Programmentgelts nicht übersteigen.

(2) Auf die Veranstaltung von Teletext und die Bereitstellung von Online-Angeboten im Rahmen der kommerziellen Tätigkeiten (§ 8a) finden in inhaltlicher Hinsicht §§ 10 und 13 bis 17 Anwendung, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Der Anteil kommer­zieller Kommunikation in diesen Angeboten wird durch Beschluss des Stiftungsrates festgelegt.

(3) Die in § 4f Abs. 2 Z 1 bis 7, 9, 11, 13, 14, 16, 20, 21 und 23 bis 28 genannten An­gebote dürfen im Rahmen der kommerziellen Tätigkeiten nicht bereitgestellt werden.

(4) Kommerzielle Kommunikation in Teletext- und Online-Angeboten ist nur in standar­disierten Formen und Formaten zulässig. Unzulässig sind Formen, bei denen eine leis­tungsbezogene Abrechnung dergestalt erfolgt, dass Marketinginstrumente mit dem Ziel eingesetzt werden, eine messbare Reaktion oder Transaktion mit dem Nutzer zu er­reichen (Performance Marketing), sowie jene Formen, bei denen auf Basis der Spei­cherung von Nutzerverhaltensdaten eine Individualisierung erfolgt. Die Preisgestaltung der kommerziellen Kommunikation in Online-Angeboten hat in Form eines bestimmten Geldbetrages pro Sichtkontakt zu erfolgen. Die Gewährung von Rabatten beim Vertrieb von kommerzieller Kommunikation in Online-Angeboten ist ausschließlich aufgrund von Mengenstaffeln in derselben Mediengattung zulässig. Die Gewährung von Rabatten in der Form, dass kommerzielle Kommunikation in größerem Umfang bereitgestellt wird als nach standardisierten Preisen erworben wurde (Naturalrabatte), ist unzulässig. Sämtliche Formen, Leistungen, Preise, Rabatte und Skonti sind im Tarifwerk für kom­merzielle Kommunikation festzulegen und zu veröffentlichen.

(5) Kommerzielle Kommunikation in Online-Angeboten, einschließlich der Bundeslän­derseiten, ist nur bundesweit zulässig.“«

m) In Z 76 wird in § 31 Abs. 4 der Verweis „Abs. 1“ durch den Verweis „Abs. 3“ ersetzt.

n) In Z 76 wird in § 31 Abs. 13 im Schlussteil des Absatzes vor dem vorletzten Satz fol­gender Satz eingefügt:

„Gibt die Prüfungskommission innerhalb der Frist keine Stellungnahme ab, ist davon auszugehen, dass aus ihrer Sicht keine Einwände bestehen.“

o) In Z 76 lautet § 31 Abs. 19:

„(19) Tarifwerke zur kommerziellen Kommunikation sind auf der Website des Österrei­chischen Rundfunks leicht, unmittelbar und ständig zugänglich zu machen. Die Tarif­werke haben Bestimmungen über Preis, Leistung, Form, Skonti und Rabatte für die kommerzielle Kommunikation zu enthalten. Die Vergabe anderer als der im Tarifwerk geregelten kommerziellen Kommunikation ist unzulässig. Entgeltliche oder tauschähn­liche Gegengeschäfte sind nur unter genauen Bedingungen zulässig und gesondert auszuweisen. Die Tarifwerke sind der Regulierungsbehörde anzuzeigen. Die Höhe der Programmentgelte ist im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung” sowie auf der Website des Ös­terreichischen Rundfunks bekannt zu machen.“

p) In Z 91 entfällt in § 38b Abs. 1 die Wortfolge „dritter Satz“.

q) In Z 101 wird in § 50 Abs. 3 Z 1 folgender Satz angefügt:


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„Abweichend von den vorstehenden Sätzen sind die Angebote Futurezone.ORF.at und oe3.orf.at/instyle mit 1. Oktober 2010 einzustellen.“

2. Art. 6 (Änderung des Privatfernsehgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) In Z 77 wird in § 56 Abs. 1 Z 3 und 4 sowie in § 56 Abs. 2 und 3 das Wort „Gemein­schaften“ jeweils durch das Wort „Union“ ersetzt.

b) In Z 80 wird in § 61 Abs. 1 Z 6 das Wort „Gemeinschaften“ durch das Wort „Union“ ersetzt.

c) In Z 85 wird in § 63 Abs. 4 Z 2 das Wort „Rundfunkveranstalter“ jeweils durch das Wort „Mediendiensteanbieter“ ersetzt.

d) In Z 91 entfällt in § 67 Abs. 8 im letzten Satz die Wortfolge „nach § 28“.

Begründung:

Zu Z 1 lit. a (§ 4e Abs. 2 ORF-G):

Die Einschränkung der Lokalberichterstattung betrifft Ereignisse, die nicht von bundes­weitem landesweitem Interesse sind. zulässig wäre daher z. B. eine Berichterstattung über lokale oder regionale Naturkatastrophen etc. Die gesonderte Überblicksberichter­stattung auf Bundesländerebene ist auf maximal 80 Tagesmeldungen pro Kalender­woche (Montag bis Sonntag) pro Bundesland zu beschränken. Bloße Aktualisierungen von Tagesmeldungen, beispielsweise während der Berichterstattung über Wahlergeb­nisse nach Vorliegen der Ergebnisse weiterer Wahlsprengel, gelten nicht als neue Ta­gesmeldungen. Die Bezugnahme auf ein Wochenlimit soll bezwecken, dass Schwan­kungen pro Tag, etwa aufgrund von aktuellen Meldungen, zulässig sind.

Zu Z 1 lit. b (§ 4e Abs. 3 ORF-G):

Sendungsbegleitende Angebote dienen der unterstützenden Erläuterung und Vertie­fung von konkreten Sendungsinhalten. Nicht umfasst wären hingegen unter dem Titel der Sendungsbegleitung erbrachte ständige Special-Interest Online-Angebote zu den Bereichen Politik, Wirtschaft, Chronik, Kultur und Wissenschaft (einschließlich Techno­logie), Sport, Mode- und Gesellschaftsberichterstattung und auch sonst keine nach Ge­samtgestaltung und -inhalt dem Online-Angebot von Zeitungen und Zeitschriften ent­sprechenden Angebote. Die Reduktion der Wissenschaftsberichterstattung auf Über­blicksberichterstattung im dargelegten Sinn nach § 4e im direkten Auftrag schließt eine Bereitstellung von umfassenden Angeboten wie etwa der „Futurezone“ aus; die Zuläs­sigkeit solcher Portale bemisst sich nach § 4f Abs. 1 und 2.

Zu Z 1 lit. c bis h (§ 4f Abs. 2 ORF-G):

Mit den Ergänzungen wird die Liste ausgeschlossener Online-Aktivitäten erweitert.

Online-Spiele (Z 15) können ausnahmsweise Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Auf­trages sein, wenn sie zusätzlich zu einem Sendungsbezug auch ein edukatives Ele­ment in Bezug auf die Ziele des öffentlich-rechtlichen Kernauftrages jenseits der blo­ßen Unterhaltung haben.

Für Online-Medien verlegerischer Herkunft, und hier insbesondere für die „Online-Aus­gaben“ in Österreich verbreiteter Tageszeitungen, spielen Posting-Foren eine maßgeb­liche Rolle für die Finanzierung des Online-Angebotes, da der auf den von ihnen bereit­gestellten Seiten generierte Traffic – und somit die kommerzielle Nutzbarkeit durch Verkauf von Werbegelegenheiten – durch das Angebot von Posting-Foren nachhaltig beeinflusst wird. Vom Verbot der Z 23 ausgenommen sind vor allem Angebote, welche als „Rückkanal“ zu Fernseh- oder Hörfunksendungen dienen. Die Nutzerregistrierung beruht auf der ausdrücklichen und freiwilligen Zustimmung des Betroffenen. Eine aus­


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drückliche Zustimmung ist deshalb vorgesehen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass Inhalte mit sensiblen Daten veröffentlicht werden. Die Anordnung, dass der Nut­zer in Kenntnis der Sachlage zu sein hat, richtet sich nach den Vorgaben des § 4 Z 14 DSG 2000; insbesondere ist auf die möglichen Folgen der Datenverwendung hinzu­weisen. Es steht jedem Nutzer frei, vom ORF zu jedem Zeitpunkt die Löschung des Accounts sowie sämtlicher damit verknüpfter Daten zu verlangen. Weiters ist ein Ver­bot der Verwendung von Daten für andere Zwecke vorgesehen.

Die Einschränkung der Verlinkung (Z 24) bedingt, dass die Links von der Redaktion ausgewählt werden und zu prüfen ist, ob sie tatsächlich der Ergänzung, Vertiefung oder Erläuterung dienen. Links im Rahmen der kommerziellen Kommunikation bleiben unberührt.

Die Einschränkung betreffend soziale Netzwerke soll ausschließen, dass der ORF eigene „Social Networks“ gründet, mit solchen kooperiert oder zu solchen verlinkt, so­weit eine Verlinkung nicht im Zusammenhang mit der tagesaktuellen Überblicksbe­richterstattung erforderlich ist. Erforderlich ist eine solche Verlinkung zum Beispiel, wenn im Rahmen der tagesaktuellen Überblicksberichterstattung ein Bericht inhaltlich einen Bezug zu einem Social Network hat (vgl. auch Z 24) und dabei auf in einem Social Network veröffentlichte Information Bezug genommen wird (z.B. Bericht über Vorfälle in einem Social Network).

Unter die nach Z 26 unzulässigen Angebote fallen spezialisierte Fach- und Zielgrup­penmedien, die Fachmagazinen im Printbereich entsprechen würden. Die Abgrenzung zu den nicht-spezialisierten Angeboten von allgemeinem Interesse kann als Pendant zu der aus dem Fernsehen bekannten Unterscheidung zwischen Voll- und Sparten­programmen gesehen werden. Zulässig sind sendungsbegleitende Angebote (§ 4e Abs. 1 Z 3) sowie Angebote zu wohltätigen Zwecken. Auch die Überblicksberichter­stattung nach § 4e bleibt unberührt. Nach der Bestimmung unzulässig wären daher
z. B. Finanz- oder Wirtschaftsportale, ein Golf- oder Pferdesportportal, ein Mode- oder Societyportal, ein eigenes PC-, IT- oder Handy-Portal, soweit es sich nicht um sen­dungsbegleitende Angebote handelt oder diese Angebote wohltätigen Zwecken dienen.

Die in Z 27 ausgeschlossenen Ratgeberportale betreffen nicht Notruf- und Hilfsange­bote wie etwa Rataufdraht.orf.at.

Online-Angebote des ORF sind zwar über mobile Endgeräte empfangbar, eigens für solche Geräte gestaltete Angebote, wie sie bereits von einigen Verlegern klassischer periodischer Printmedien erbracht werden, sollen vom ORF jedoch nicht geschaffen werden. Davon unberührt sind technische Optimierungen, wie z. B. Formatanpassun­gen, die kein inhaltliches Mehrangebot darstellen, oder Abrufdienste wie z. B. die ORF TV-Thek. Diese bleiben auf mobilen Endgeräten zulässig. Z 28 ermöglicht daher die technologieneutrale Nutzung bestehender Online-Angebote des ORF auf mobilen End­geräten, untersagt jedoch die Schaffung eigens für mobile Endgeräte bestimmter An­gebote.

Zu Z 5 lit. i und j (§ 14 Abs. 5 und 5a ORF-G):

Die Änderung in Abs. 5 stellt die Bezugnahme auf bundesweite Fernsehwerbung sicher.

Mit der Ergänzung in Abs. 5a wird für den ORF die zeitlich und inhaltlich beschränkte Möglichkeit eingeräumt, „Regionalwerbung“ zu betreiben. Zum einen wird die tägliche Dauer auf zweieinhalb Minuten beschränkt und zum anderen inhaltlich dahingehend näher determiniert, als es sich beim Beworbenen um öffentlich zugängliche Veranstal­tungen oder Kampagnen (Aktionen) in den in der Bestimmung genannten Bereichen handeln muss. Dazu zählen etwa Sportveranstaltungen in Randsportarten (siehe auch § 4b), Kunst- und Kulturveranstaltungen abseits von Großveranstaltungen, weiters Volkskultur- und Brauchtumsveranstaltungen. Vom Veranstaltungsbegriff umfasst sein


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werden sowohl Veranstaltungen im Sinne der Veranstaltungsgesetze der Länder, aber auch Eröffnungen von Museen, Ausstellungen, Messen, Vorträge etc.

Weitere Voraussetzung ist, dass die Werbung von bestimmten Rechtsträgern in Auf­trag gegeben werde. Unter die in Z 2 genannten sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts fallen vor allem die Kammern, die Sozialversicherungsträger, sowie Anstalten und Fonds. Das Vorliegen der Gemeinnützigkeit im Sinne der Z 3 bemisst sich nach den maßgeblichen Bestimmungen der BAO; erfasst sein können sowohl pri­vate als auch öffentliche Rechtsträger.

Die Einschränkung sowohl inhaltlicher Art als auch im Hinblick auf die Auftraggeber dient im Sinne der Judikatur der Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 16.911/2003) dazu, die Marktchancen privater Betreiber angemessen zu wahren, zugleich aber bedeuten­den und einem „öffentlichen Interesse“ dienenden Veranstaltungen eine Präsentation im ORF zu ermöglichen.

Unberührt bleiben die Regelungen des § 14 Abs. 9 über die Beiträge im Dienste der Öffentlichkeit: Verkehrssicherheitskampagnen, Gesundheitsvorsorgeaktionen sowie Konsumentenschutzinformationen o.Ä. fallen (auch schon nach geltender Rechtslage) als Beiträge im Dienste der Öffentlichkeit aufgrund ihres gemeinnützigen Charakters nicht unter die Werbezeitbegrenzung und können daher sowohl regional als auch bun­desweit zeitlich unbeschränkt ausgestrahlt werden. Unverändert gilt auch für regionale Werbung die schon gemeinschaftsrechtlich vorgegebene Maximaldauer pro Stunde von 12 Minuten (Abs. 5 vorletzter Satz). Die Jahresdurchrechnungs- samt Abwei­chungsmöglichkeit kommt für die regionalen Werbemöglichkeiten nicht zur Anwen­dung. Weiters uneingeschränkt zu beachten sind die Trennungs- und Erkennbar­keitsvorschriften für Werbung. Die Möglichkeit unentgeltlicher Hinweise des ORF auf derartige oder auch andere Veranstaltungen und Initiativen bleibt ohnedies unberührt.

Die Einschränkung im Schlussteil des Absatzes, wonach der Auftraggeber gegenüber dem ORF für die Zulässigkeit nachweisen muss, dass kommerzielle Kommunikation für die den Gegenstand der geplanten Bewerbung im ORF bildende Veranstaltung oder Dienstleistung im gleichen Ausmaß (bezogen auf das Auftragsvolumen) auch bei pri­vaten, zu Rundfunk komplementären Medienunternehmen in Auftrag gegeben wird oder wurde, dient der Wahrung der Marktchancen privater Anbieter.

Zu Z 5 lit. k (§ 16 Abs. 4 ORF-G):

Mit der Ergänzung wird festgelegt, dass Produktplatzierung in regional ausgestrahlten Fernsehsendungen verboten ist.

Zu Z 1 lit. l (§ 18 ORF-G):

Zu Abs. 1:

Die für den ORF zulässigen Werbeeinnahmen aus seinem öffentlich-rechtlichen Online-Angebot werden gesetzlich begrenzt. Die Deckelung enthält einen Maßstab, der sich auf die Programmentgelteinnahmen bezieht.

Zu Abs. 3:

Für klassische Printmedien (Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Magazine) ist der Online-Bereich von stetig wachsender Bedeutung. Die kommerzielle Erbringung der in der Ne­gativliste genannten Online-Angeboten, welche direkt (z. B. kostenpflichtige Annoncen) oder indirekt (durch Reichweitensteigerung) der Erlösgenerierung für die Online-Por­tale klassischer Printmedien dienen, soll daher nicht ohne Zusammenhang mit dem öf­fentlich-rechtlichen Auftrag vom ORF erbracht werden können.

Zu Abs. 4:

Durch die Anpassung wird sichergestellt, dass kommerzielle Kommunikation in Online-Angeboten nur in vorab festgelegten Formen und zu vorab festgelegten Preisen, Ra­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 62

batten und Skonti angeboten und vertrieben werden darf und insoweit eine Standardi­sierung vorliegt. Nicht erlaubt ist das sogenannte „Performance Marketing“, worunter der Einsatz der verschiedenen Werbemöglichkeiten mit dem Ziel, erfolgt, messbare Reaktionen und/oder Transaktionen mit dem Nutzer zu erzielen. Darunter fallen er­folgsbasierte Online-Marketing-Abrechnungsmodelle wie Pay-per-Click, Pay-per-Lead oder Pay-per-Sale. Zulässig und für die Abrechnung heranzuziehen ist hingegen Pay-per-View (Zählung der Häufigkeit der Aufrufe). Weiters ausgeschlossen ist die Indivi­dualisierung der Werbung auf Basis der Speicherung des Nutzerverhaltens. Determi­nante für die zulässigen Werbeformen ist das vom Stiftungsrat (§ 21 Abs. 1 Z 7) beschlossene und öffentlich zugängliche Tarifwerk der kommerziellen Kommunikation (§ 31 Abs. 19). Spezifische Einschränkungen gelten bei der Rabattierung: Unzulässig sind intransparente Rabatte, etwa bei Cross-Media-Packages. Zugleich ist ausge­schlossen, dass Online-Werbung als Beigabe zu TV- und Hörfunkwerbung gratis oder zu vergünstigten Konditionen vertrieben wird, wodurch die für den ORF festgelegte Grenze für Einnahmen aus Online-Werbung, die zugunsten privater Online-Medienan­bieter auch eine quantitative Begrenzung der vertriebenen kommerziellen Kommunika­tion bieten soll, ihre praktische Bedeutung verlieren würde. Durch die Einschränkungen wird daher auch die Marktkonformität sichergestellt, die in jeder Mediengattung vorlie­gen muss.

Zu Abs. 5:

Durch die Bestimmung des § 18 Abs. 5 soll sichergestellt werden, dass regionale kom­merzielle Kommunikation auf den Bundesländerseiten unterbleiben muss. Folglich darf etwa in Online-Angeboten des ORF national ausgelieferte kommerzielle Kommunika­tion nicht z. B. durch Geotargeting o.Ä. regionalisiert werden. Durchgeschaltete bun­desweite kommerzielle Kommunikation auf den Bundesländerseiten ist zulässig.

Zu Z 1 lit. m bis o (§ 31 ORF-G):

In Abs. 4 wird ein Verweis richtiggestellt. Die Einfügung in Abs. 13 stellt klar, dass eine Verschweigung der Prüfungskommission so zu beurteilen ist, wie wenn sie eine posi­tive Stellungnahme abgegeben hätte.

Die Ergänzung in Abs. 19 stellt einerseits klar, dass auch die Formen der kommerziel­len Kommunikation (v. a. im Online-Bereich) im Tarifwerk konkret festzulegen sind. Weiters wird normiert, dass die Vergabe von nicht im Tarifwerk geregelter kommerziel­ler Kommunikation oder die Gewährung von Sonderrabatten o.Ä. unzulässig ist (vgl. auch § 18 Abs. 4). Die Anzeigepflicht an die Regulierungsbehörde steht u. a. im Zu­sammenhang mit der Einhaltung der Vorgaben betreffend die Marktkonformität (§ 31c).

Zu Z 1 lit. p (§ 38b ORF-G):

Die Änderung stellt einen Verweis richtig.

Zu Z 1 lit. q (§ 50 ORF-G):

Mit der Änderung wird angeordnet, dass die Angebote Futurezone.ORF.at und Oe3.ORF.at/instyle mit 1. Oktober 2010 einzustellen sind. Dies schließt nicht aus, dass die auf diesen Seiten angebotenen Inhalte aus einzelnen Bereichen im Rahmen der Überblicksberichterstattung (§ 4e Abs. 2) oder der Sendungsbegleitung (§ 4e Abs. 3) zu Hörfunk- und Fernsehsendungen mit diesen Themenschwerpunkten bereitgestellt werden. Verboten (vgl. auch § 4f Abs. 2 Z 26) ist jedoch die Wiedereinführung eines umfassenden Special-Interest-Portals.

Zu Z 2 lit. a bis d (§§ 56, 61, 63 und 67 AMD-G):

Die Änderungen passen Verweisungen bzw. die Terminologie an.

*****

 



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Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Molterer. – Bitte.

 


11.30.41

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Es ist ja nicht die erste ORF-Gesetz-Novelle, die wir hier im Parlament diskutieren, die verhandelt wurde. Aber diese ORF-Gesetz-Novelle steht in zweifacher Weise unter einem besonderen Stern: Auf der einen Seite haben wir das Beihilfeverfahren gegen die Republik Österreich, das in Wirklichkeit als, würde ich sagen, Menetekel über die­sem Unternehmen und über dem Medienstandort Österreich gestanden ist, weil mit diesem Beihilfeverfahren und dem Ergebnis klargestellt ist, dass es zwar selbstver­ständlich öffentlich-rechtlichen Rundfunk, gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Europa geben kann, aber genauso selbstverständlich ist, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk Auflagen einhalten muss, damit die Gebühren auch tatsächlich gerechtfertigt sind.

Auflagen heißt in diesem Fall, dass ein öffentlich-rechtliches Unternehmen Dinge tun muss, die ein Privater nicht tun muss, und es auf der anderen Seite Einschränkungen hat, die ein Privater nicht hat. Das ist öffentlich-rechtlicher Auftrag.

Aber das zweite Menetekel ist doch in Wirklichkeit die wirtschaftliche Situation, die dra­matische wirtschaftliche Situation, in der das Unternehmen ORF steht – nicht gestan­den ist, sondern nach wie vor steht.

Ich sage das durchaus auch mit einer gewissen kritischen Haltung, dass beide Fragen, sowohl das Beihilfeverfahren als auch die wirtschaftliche Situation des ORF, durch die Handhabung der Geschäftspolitik und der Politik der jetzigen Geschäftsführung verur­sacht worden sind. Warum? – Weil die Geschäftsführung meiner Meinung nach kein offensives Zugehen auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag hat, sondern den öffentlich-rechtlichen Auftrag als Last sieht und nicht als Chance und weil zweitens notwendige Strukturmaßnahmen zu spät oder zu langsam eingeleitet oder umgesetzt wurden. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Das sollte man auch als Gesetzgeber hier sagen, weil die Mitverantwortung, die wir ha­ben, letztendlich auch dieses Recht auf diese notwendige kritische Beleuchtung bedeu­tet. (Abg. Dr. Cap: Das ist falsch!) – In dieser Diskussion – Herr Kollege Cap, und ge­nau jetzt habe ich den Zwischenruf von Ihnen erwartet –, in dieser medienpolitischen Diskussion gibt es bei Ihnen und bei anderen offensichtlich nicht nur den „Kro­nen Zeitung“-Reflex, sondern auch den ORF-Gesetz-Reflex. Wenn wir das ORF-Ge­setz diskutieren, Herr Kollege Cap, dann diskutieren wir Medienpolitik und nicht aus­schließlich Interessenvertretung für den ORF. Das ist mir ganz wichtig, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.) Es ist Medienpolitik, die hier gefordert wird, zu der wir verpflichtet sind.

Ich begrüße genau aus diesem Grund der medienpolitischen Dimension dieses Ge­setz, weil es erstens klarstellt, dass wir nicht nur das Beihilfeverfahren mit der Kommis­sion beenden, sondern auch die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste umsetzen. Es bedeutet aber auch – und das muss allen Beteiligten klar sein –: Mit der gesetzli­chen Umsetzung ist ein Schritt getan, aber das reale Verhalten wird seitens der EU-Kommission genau bewertet werden, und zwar ob tatsächlich auch in der Praxis die Bedingungen, die vereinbart sind, die zu diesem Kompromiss geführt haben, gelten. Augenzwinkern gilt nicht!

Zweitens, meine Damen und Herren, begrüße ich das Gesetz, weil der öffentlich-recht­liche Auftrag aus meiner Sicht noch präziser formuliert ist. Es sind Qualitätskriterien, es ist die Frage der Vorabprüfung von neuen Angeboten enthalten. Das bedeutet, dass


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der ORF und alle, die beteiligt sind, sich dieser Verpflichtung des Gesetzgebers für den öffentlich-rechtlichen Auftrag sehr klar bewusst sein müssen.

Und drittens – Kollege Wittmann hat gerade darauf hingewiesen –: Mit der unabhängi­gen Medienbehörde ist ein wirklich medienpolitischer Durchbruch gelungen, den wir seit vielen Jahren verhandelt haben. Insofern begrüße ich auch die Zustimmung der FPÖ. Ich verstehe aber nicht ganz, dass dieser Durchbruch nicht von allen Beteiligten, vor allem den Grünen, mit ihrer Zustimmung unterstützt wird.

Natürlich gibt es die kritische Diskussion über das Steuergeld, diese 160 Millionen €. Dieser Diskussion müssen wir uns auch stellen. Ich sehe das als Vorleistung – als Vor­leistung, dass der ORF die notwendigen Strukturänderungen durchführen kann. Und ich sehe das auch als Vorleistung für die Ermöglichung des Einhaltens des öffentlich-rechtlichen Auftrags, vor allem im Bereich Kultur, aber auch darüber hinaus. Das ist eine Vorleistung, und die Tranchen, in denen das Geld bezahlt wird, werden ja davon abhängig gemacht, ob diese Bedingungen auch tatsächlich erfüllt werden.

Meine Damen und Herren! Es kommt in dieser Diskussion dann sehr häufig das Argu­ment, der ORF sei im Wettbewerb. Dann sage ich ja – und das ist gut so. Dualer Me­dienstandard bedeutet eben Wettbewerb, und es kommt darauf an, wie man damit um­geht. Es gibt zwei mögliche Reaktionen. Ein Unternehmen im Wettbewerb produziert billiger das Gleiche wie der Wettbewerber und wird damit nicht Erfolg haben, oder er differenziert sich, er produziert etwas anderes. Ich denke, dass der öffentlich-rechtliche Auftrag genau diese Chance für einen starken rot-weiß-roten ORF ist, im Wettbewerb zu bestehen.

Wir als Gesetzgeber müssen schon sagen, meine Damen und Herren, das Gesetz ist das eine, die Handhabung des Gesetzes ist das andere. Die Konsumenten, die Kun­den, die Zuseher erwarten sich vom ORF mehr rot-weiß-rotes Angebot und keinen Ab­spielkanal, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Die große Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ORF will den öffentlich-rechtlichen Auftrag. Und ich erwarte daher, dass auch die Geschäftsführung den öf­fentlich-rechtlichen Auftrag als Chance für die Zukunft des Unternehmens sieht – ge­nauso wie sich die Geschäftsführung klar sein muss, dass die effiziente Führung des Unternehmens auch auf der Kostenseite sichergestellt werden muss und nicht nur auf der Einnahmenseite.

Die kritische Begleitung ist daher sichergestellt – nicht nur durch die Zuschauer, nicht nur durch die Medienbehörde, meine Damen und Herren, nicht nur selbstverständlich durch die EU-Kommission, sondern auch durch uns, weil wir das Steuergeld ja zu ver­antworten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

11.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


11.37.18

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Als ich heute als ersten Red­ner Herrn Klubobmann Cap gehört habe, als er von „österreichischer Identität“, „Hei­mat“, „ein Stück Österreich“ gesprochen hat, war ich vollkommen überzeugt und habe gewusst, das ist ein Gesetz, dem ich zustimmen muss. Dann habe ich mir das Pro­gramm von ORF 1 angeschaut. Da habe ich von Österreich nichts gefunden – da wir auch an der Fußball-WM nicht teilnehmen, also nirgendwo war Österreich zu finden. Offenbar ist doch nicht alles so eitel Wonne.

Auch unsere Kritik am ORF ist durchaus bekannt. Zuletzt haben wir lange darüber dis­kutiert, wie berichtet wird, wie Berichte produziert werden, wie Nachrichten produziert


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 65

werden. Ich denke an diese Sendung „Am Schauplatz“, wo es dazu gekommen ist, dass sogar Statisten bezahlt wurden, damit sie entsprechend agieren und damit man dann die FPÖ schlecht darstellen kann. Das sind natürlich unhaltbare Zustände (Beifall bei der FPÖ), die aber dennoch nichts darüber aussagen, dass wir erstens einmal für das duale Mediensystem in Österreich auftreten. (Abg. Dr. Jarolim: Absurde Darstellung!)

Herr Kollege, was ist absurd? Sagen Sie es mir ganz kurz, damit ich verstehe, was absurd ist! (Abg. Dr. Jarolim: Die Darstellung ist völlig absurd!) Ach, die Darstellung ist „absurd“?! Ach so! Sie kennen den Sachverhalt nicht. Sie kennen die Zeugenaussagen nicht. Macht nichts, Herr Kollege Jarolim. Aber das werden Sie ja dann noch früh ge­nug erfahren. (Abg. Vock: Da hat er geschlafen! Er hat nicht aufgepasst!) – Ja, wahr­scheinlich haben Sie das nicht mitbekommen. Aber ich erzähle es Ihnen dann in Ruhe, wie der ORF da agiert hat. (Abg. Dr. Graf: Der ist mit der AUA beschäftigt!)

Tatsache ist jedenfalls, dass wir für das duale Mediensystem sind und daher auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehr wohl erhalten wollen. Allerdings ist genau das das Entscheidende: Was macht es aus, dass der ORF Gebühren bekommen darf? Dass er eben den öffentlich-rechtlichen Auftrag auch erfüllt. Das ist ja sein Vorteil auch am Markt. Darüber haben wir gesprochen, und das ist der entscheidende Punkt. Wenn es da Verbesserungen gibt, dann sind wir dabei. Und das ist genau der Grund, warum wir heute hier stehen und auch zustimmen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Petzner, ich habe bis jetzt immer gedacht, dass Sie so eine gute Farbe haben, weil Sie sehr viel auf der Sonnenbank sind, aber offenbar ist es deshalb so, weil Sie so – nein, das Wort kann ich nicht direkt aussprechen – weit von der Wahrheit entfernt sind mit Ihren Aussagen. Denn Sie haben sich ja hier hergestellt, als hätten Sie nie etwas von diesem Beschluss gehört und wären entsetzt, dass man eine Ge­bührenrefundierung von 160 Millionen € beantragen oder beschließen kann. (Abg. Grosz: Der Witz ...! Witz, ich krieg’ dich!)

Es gibt ja da diesen Fünf-Parteien-Antrag, wo wirklich Stefan Petzner draufsteht, also nicht nur ... (Zwischenrufe beim BZÖ.) Und in § 31 wird der Beschluss über 160 Millio­nen € gefasst, definitiv gefasst. (Abg. Grosz: Sagen Sie das dem Steuerzahler, dem Gebührenzahler!) Ganz genau, einstimmiger Beschluss im Verfassungsausschuss und das BZÖ dabei.

Es ist natürlich Ihr gutes Recht, nicht mitzustimmen, vollkommen richtig, aber Sie brau­chen sich nicht hier herzustellen und die Unwahrheit zu sagen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Das zahlt sich nicht aus, das ist nicht redlich, und damit kommen Sie nicht weiter. Aber das richtet sich ohnehin von selbst. (Beifall bei der FPÖ. – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

Ja, es ist tatsächlich ein Wert, ein öffentlich-rechtliches Medium zu haben. Es ist tat­sächlich ein Wert, dass sich alle Parteien in der Berichterstattung wiederfinden, dass Bildung, Wissenschaft und Kultur dort einen Platz haben. Wir Freiheitliche haben uns daher auch in diese Diskussionen eingebracht und haben sehr wesentliche Ergebnisse erzielen können. Das ist auch der Grund, warum wir hier zustimmen. (Abg. Grosz: Sie wissen nicht, wie man das erklären soll!) – Ja, wir können das sehr wohl erklären. Ich weiß nur nicht, wie man erklären kann, dass man die Unwahrheit sagt. Das kann man nicht erklären, Herr Kollege. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Grosz: Erklären Sie uns 160 Mil­lionen €!)

Wir haben jedenfalls Wesentliches eingebracht, wir haben die Barrierefreiheit mit ein­gebracht. Wir haben die Rettung des Radio-Symphonieorchesters mit hineinverhan­delt. Wir haben die Informations- und Kulturspartenprogramme mit hineinverhandelt. Wir haben wesentlich dazu beigetragen, dass diese neue Medienbehörde unabhängig ist und dass auch die Zusammensetzung so ist, dass möglichst eine sinnvolle Rege­lung stattfindet.


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In Summe also ein Gesetz, das in die richtige Richtung weist. Es ist daher durchaus sinnvoll. Das ist der Grund, warum wir hier zustimmen, dass es ... (Abg. Mag. Stadler: Moschitz finanziert ...!) – Ja, es ist vollkommen richtig, es gibt so viele Mitarbeiter im ORF, die hier mit in die Pflicht genommen werden durch Leute wie den Herrn Moschitz, die wir tatsächlich nicht angreifen wollen. Und wenn das in der Emotion passiert, dann ist es unrichtig. Es gibt so viele Techniker, auf deren Rücken das letztlich ausgetragen wird, nur weil die ORF-Führung die Justiz behindert (Beifall bei der FPÖ) und weil sie versucht, Reformen zu verhindern – und sich auf dem Rücken der Mitarbeiter, vor al­lem der unteren Mitarbeiter, abputzt. (Abg. Grosz: ... ganze Kulissen und Spielfilme ...!)

Die wollen wir nicht treffen, sondern die sollen sehr wohl den öffentlich-rechtlichen Auf­trag erfüllen können. Daher stimmen wir von der FPÖ zu, dass dieses wesentlichste ös­terreichische Medienunternehmen weiter bestehen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

11.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


11.42.58

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Meine Damen und Herren! Der ORF genießt Vergünstigungen, Privilegien, Vor­teile gegenüber den Privaten – das wissen wir –, insbesondere was die Finanzierung über die Gebühren betrifft. Aber damit verbunden sind natürlich auch Verpflichtungen und Auflagen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Auftrag. Beides wird von der Öffentlichkeit ständig beobachtet, kritisiert und kontrolliert – kann man fast sagen. Das äußert sich darin, dass alle paar Jahre, alle fünf bis sechs Jahre, auch im Parlament eine Gesetzesnovellierung notwendig wird.

Im letzten Jahr haben wir erlebt, dass wir einen ORF hatten, dem es wirtschaftlich sehr schlecht gegangen ist. Es ist daher eine Art finanzieller Zuschuss, ein deutlicher finan­zieller Zuschuss notwendig geworden. Dieser wurde natürlich an ganz bestimmte Schärfungen der Verpflichtungen gekoppelt, die ganz dringend notwendig geworden sind. Kollege Brosz hat ja viele erwähnt, aber eine möchte ich noch einmal betonen, nämlich es war möglich, dass Information nur dann ausgestrahlt wird, wenn sie auch von außen bezahlt wird, zum Beispiel im Sport oder in der Kultur.

Ich kann ein Beispiel aus der Kultur bringen. Wenn in Innsbruck ein Umzug übertragen hätte werden sollen, dann hat der ORF gesagt, das machen wir nur, wenn das Land und die Wirtschaftskammer einen Großteil davon finanzieren. Und das, meine Damen und Herren, ist natürlich ein großes Problem, denn was sich als tolle Geschäftsidee darstellt, ist in Wirklichkeit eine Art Schritt in Richtung ununterscheidbares Profil gegen­über den Privaten. Also in dem Augenblick, in dem ich meiner Verpflichtung, entweder zu übertragen, weil es dem öffentlichen Interesse entspricht, nachgehe, oder ich ver­lange Geld dafür, dann ist das genau der Unterschied zwischen Öffentlichen und Priva­ten, der damit zum Verschwinden gekommen wäre und ist. Das wird jetzt geändert. Da sind die Grünen, so glaube ich, maßgeblich daran beteiligt, dass das hineinreklamiert und hineinverhandelt wurde. (Beifall bei den Grünen.)

Überhaupt haben diese Verhandlungen zwischen den fünf Parteien meiner Meinung nach sehr viele Verbesserungen gebracht. Ich darf insbesondere auch die Verpflich­tung zur zusätzlichen Finanzierung des österreichischen Films erwähnen, denn Öster­reich hat sich mit der österreichischen Filmwirtschaft ein Renommee aufgebaut, das, wenn es gepflegt wird, wahrscheinlich noch weit über das der Staatsoper und der Phil­harmoniker und der Sängerknaben hinausgeht. Allerdings muss es auch finanziert wer­den, und der ORF trägt dazu bei. Ich bin sehr froh darüber, dass das passiert.

Dennoch können wir diesem Gesetz jetzt in dritter Lesung nicht zustimmen. Und das hat einen Grund, der eher demokratiepolitisch ist. Es ist nämlich ganz Unvorstellbares


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 67

im letzten Verhandlungszug passiert. Das ist schon richtig, im Ausschuss haben wir zu­gestimmt, allerdings war ein kleines Feld noch offen, nämlich der ganze Online-Be­reich. Und da ist etwas passiert, mit dem wir überhaupt nicht einverstanden sind. Die Regierungsparteien haben gesagt, die Verhandlungen soll der Verband Österreichi­scher Zeitungen mit dem ORF führen, und das Ergebnis ist dann sozusagen für die Po­litik verbindlich. – Und das kann so nicht sein, denn es kann ja nicht sein, dass, wenn sich der Zeitungsverband und der ORF einigen, das schon allein im öffentlichen Inter­esse ist, meine Damen und Herren! So geht das nicht!

Es kann durchaus sein, dass der Zeitungsverband private Interessen hat, dass der ORF auch wirtschaftliche Interessen vor einer Nachhaltigkeit in Richtung des öffentli­chen Auftrags sieht und dann auf Kosten der Öffentlichkeit etwas passiert, was jetzt passiert ist, nämlich dass die Pflege des Online-Bereichs vernachlässigt wurde. Dass jetzt die „Futurezone“ abgedreht wird, ist der helle Wahnsinn, kann ich nur sagen. Das ist eine große Niederlage der Politik, aber auch des ORF, der da an den Verhandlun­gen mit beteiligt war. (Beifall bei den Grünen.)

Was heißt denn eigentlich „Futurezone“? „Futurezone“ heißt eigentlich nichts anderes als „Feld der Zukunft“. Der ORF beziehungsweise die Politik geben ihr eigenes Zu­kunftsfeld auf, nämlich das Feld, in das sich auch der öffentliche Auftrag der Informa­tion hinverlagert, sukzessive hinverlagert. Es ist ja gar keine Frage, dass wir immer mehr online, immer mehr im Netz Informationen erhalten. Und der ORF war einer der ersten und einer der stärksten Sender europaweit, aber auch verglichen mit den ande­ren Medien, der dieses Feld erkannt und gepflegt und zu einer Höchstleistung hochge­zogen hat. Also da gebührt ihm alle Ehre.

Allerdings jetzt wird das abgedreht. Und warum wird das abgedreht? – Nicht weil viel­leicht die ÖVP das will. Wir hören ja: Schade, dass die „Futurezone“ abgedreht wird! Und wir hören von der SPÖ, von Wittmann: Um Gottes willen, die „Futurezone“ wird ab­gedreht!

Der ORF, meine Damen und Herren, wird auch kein großes Interesse daran haben, et­was abzudrehen, was er selbst gegründet und gepflegt und zur Höchstleistung hochge­zogen hat. Also wer hat Interesse daran? – Natürlich der Verband Österreichischer Zei­tungen. Meine Damen und Herren, nicht das Parlament bestimmt über den öffentli­chen Auftrag, sondern der Verband Österreichischer Zeitungen. Und das ist der helle demokratische Wahnsinn, dem wir uns hier unterwerfen! (Beifall bei den Grünen.)

Genau deswegen können wir dem nicht zustimmen, sosehr viele Punkte – wir werden ja in der zweiten Lesung auch zustimmen – verwirklicht wurden, aber es kann nicht sein, dass die Gegner des ORF unterstützt werden, nämlich in ihrer Strategie: Auf der einen Seite soll die öffentliche Hand ruhig weiterzahlen, soll meinetwegen 160 Millio­nen € zuschießen, ist uns ganz egal, aber gleichzeitig soll der öffentliche Auftrag redu­ziert werden.

Das ist ganz eindeutig sukzessive der Tod des ORF. Wenn nämlich der Auftrag weg­genommen wird, für den der ORF öffentliches Geld bekommt, dann gibt es irgendwann einmal die Frage seitens einer Öffentlichkeit, warum da überhaupt noch Geld investiert wird. Und das führt zum Kollaps, meine Damen und Herren, den wir jedenfalls weiter­hin verhindern wollen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


11.49.22

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Besucherinnen und Besucher der Nationalratssitzung – vor allem seien unter Ihnen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 68

die BZÖ-Arbeitnehmer aus Kärnten und aus Oberösterreich herzlich willkommen! Aber vor allem sehr geehrte Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler! Sehr geehrte Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler, die jetzt gerade auf ORF 2 oder auf Livestream die heu­tige Parlamentsdebatte mitverfolgen!

Sehr geehrte gepeinigte Steuerzahler, die monatlich 23,71 € Zwangsgebühren – umge­rechnet 317 Schilling – für den ORF zahlen und heute völlig fassungslos miterleben, dass eine Bundesregierung mit ihrem Steigbügelhalter, den Blauen, dem ORF ein weiteres Finanzierungspaket in der Höhe von 160 Millionen € auf Kosten der Steuerzahler in den Rachen wirft. (Abg. Neubauer: Petzner-Antrag! Pfui-Rufe beim BZÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren ORF-Gebührenzahler! Sehr geehrte Wählerinnen und Wähler der FPÖ, die Sie sich an die Aktion des Herrn Vilimsky erinnern können, der eine Online-Petition zur Abschaffung der Gebühren gestartet hat! Sehr geehrte ent­setzte Österreicherinnen und Österreicher, die heute mitverfolgen, dass dieser ORF nicht saniert wird, dass dieser ORF keinen neuen öffentlich-rechtlichen Auftrag be­kommt (Abg. Mag. Stadler: Nur neues Geld!), dass in diesem Land kein freier Wettbe­werb und keine Marktwirtschaft stattfindet! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie heute vor den Fernsehbildschirmen sitzen und miterleben müssen, dass mit dem „Billi­gen Jakob“, der blauen Fraktion als Handäffchen der Regierungsparteien der ORF mit 160 Millionen € Steuergeld weiterhin finanziert wird – und das auch von einer Partei, die plakatiert: Unser Geld für unsere Leute! (Abg. Dr. Rosenkranz: Also der Herr Grosz ...!)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie miterleben müssen, dass die Gebühren am höchsten Stand in der Geschichte des ORF und der Zweiten Republik sind (Abg. Lue­ger: Falsch!), in einer Situation, in der wir hier im Parlament seit Tagen, Wochen und Monaten darüber diskutieren, dass leider Gottes 1 Million Menschen in diesem Land in der Armutsfalle sind und 400 000 Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen sind, die nicht wissen, wie sie ihr tägliches Leben finanzieren sollen, und die auch nicht wissen, wie sie die 317 Schilling im Monat für ORF-Gebühren heute noch bezahlen sollen!

Sehr geehrte Damen und Herren, wir vertreten da eine ganz andere Linie. Wir haben von Anfang an gesagt, wir machen bei der Prolongierung einer medienpolitischen Kon­kursverschleppung nicht mit. Unser Mediensprecher, Abgeordneter Stefan Petzner, hat redlich und gut verhandelt, im Interesse der Gebührenzahlerinnen und Gebührenzah­ler, im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler (Beifall beim BZÖ) und auch im Interesse der Landesstudios, im Interesse jener ORF-Einheiten, die aus unserer Sicht dem öffentlich-rechtlichen Auftrag nachkommen. (Abg. Neubauer: Der Herr Petz­ner war schweigsam ... im Ausschuss!)

Es sind erfolgreiche Landesstudios, die allein mit „Bundesland heute“, aber auch mit anderen Sendungen Rekordquoten erreichen, ohne dass sie das Steuergeld der Ge­bührenzahlerinnen und Gebührenzahler verbrauchen, Landesstudios, die exzellente Sendungen machen wie „Klingendes Österreich“, das „Alpen-Adria-Magazin“, die „Star­nacht am Wörthersee“ oder „Wenn die Musi spielt“ – Quotenbringer des ORF, was der Wasserkopf- und Zentralisten-ORF in Wien schon längst nicht mehr zustande bringt, der nur mehr auf Kosten der Steuer- und Gebührenzahler seine Sendungen macht, von „Mitten im Achten“, das gescheitert ist, bis hin zu Sendungen, die solche Quoten ha­ben, dass sie de facto unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. (Ruf bei der ÖVP: Schloss am Wörthersee!)

Wir waren und sind auf der Seite der Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler. Wir sind kein Systembestandteil. (Ruf bei der FPÖ: Wer sind „wir“?) Wir stehen an der Sei­te der Steuerzahler und der Gebührenzahler und sind nicht der Mehrheitsbeschaffer, sehr geehrte Damen und Herren von den Blauen (Beifall beim BZÖ), die heute den Menschen 160 Millionen € aus den Taschen ziehen, um dieses medienpolitische Chaos die nächsten Jahre zu verlängern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 69

Ja, ist denn das verantwortungsvoll, was Sie machen? Ist denn das verantwortungs­voll, dass Sie sich in Verhandlungen nicht einmal einbringen, eine Null-Nummer liefern und heute für nichts und wieder nichts wie das Handäffchen die Hand heben und sa­gen: Na selbstverständlich, wir stimmen zu!? (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Eine Null-Num­mer ... schon lange!)

Die Monchhichis der Regierungsparteien sind Sie geworden! Das kleine Handäffchen wird ein wenig gestreichelt, der Herr Cap grüßt Sie ein wenig, sagt: Freundschaft, Ge­nossen von der FPÖ!, und dann stimmt ihr gleich mit. (Beifall beim BZÖ.)

All eure Grundsätze habt ihr heute über Bord geworfen! Da machen wir nicht mit. Wir sind der Meinung, das heutige Gesetz wäre der Anlass gewesen, den ORF wirklich neu aufzustellen, mit einem öffentlich-rechtlichen Auftrag, mit einem Auftrag im Inter­esse der Bürgerinnen und Bürger, auch zum Schutz der Landesstudios, für die wir uns einsetzen, die wirklich tadellose Arbeit leisten.

Das bedeutet aber, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk sich nicht privatwirtschaft­licher Instrumente bedient. Die andere Richtung dieses Scheideweges wäre gewesen, er wird privatwirtschaftlich; dann kann er sich auch dieser Instrumente bedienen, aber dann bekommt er auch kein Steuergeld und kein Gebührengeld mehr. Das war unser Weg. Das war unser Vorschlag.

Das, was Sie heute beschließen, ist eine unerträgliche Mischform. Jetzt bekommt der ORF von allen Seiten Geld. Privatanbieter, Privatsender, Privatradios werden nach wie vor benachteiligt. Die Landesstudios konnten wir Gott sei Dank im letzten Moment ret­ten, aber im Großen und Ganzen ist dieses ganze ORF-Gesetz ein Pfusch.

Wir werden daher die Abänderungsanträge, die unser Stefan Petzner ausverhandelt hat – auch gegen Ihren Willen –, die wir auch einbringen werden, unterstützen und ih­nen heute zustimmen – aber diesem Gesetz nicht! Wir sind nicht die Steigbügelhalter der Regierungsparteien, wir sind nicht der „Billige Jakob“, sondern wir stehen Schulter an Schulter an der Seite der Gebührenzahler, so wie wir es seit der Gründung des BZÖ tun. (Beifall beim BZÖ.)

Daher haben wir auch den Anspruch, diese Politik hier im Parlament zu vertreten. Herr Fichtenbauer – wo auch immer Sie nach Ihrer „Kreislaufattacke“ nach Ihrem Auftritt hingegangen sind –, wir stehen hier und werden weiterhin die Gebührenzahler vertre­ten, aber auch für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk kämpfen, der den Auftrag der Staatsbürgerinnen und Staatsbürger hat, aber nicht für ein wirtschaftliches Geschäft, das einigen wenigen am Wasserkopf den Job rettet, aber schlussendlich den ORF in den Untergang führt, und das alles auf Kosten der Gebührenzahler. Dort, wo Sie, die FPÖ-ler, gemeinsame Sache mit den Caps und Kopfs, mit den Roten und Schwarzen machen, dort ist nicht unser Weg. – Ich danke Ihnen. (Anhaltender Beifall beim BZÖ.)

11.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


11.55.34

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekre­tär! Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Werte Besucherinnen und Be­sucher auf der Galerie! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Fernsehschir­men! Die erste Vorlage zum ORF-Gesetz bedurfte einer Enquete, vieler intensiver Ge­spräche, Diskussionen, Hearings und einiger Abänderungsanträge, die von allen fünf Parteien getragen wurden. Wir sind nämlich einerseits gezwungen, die EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste umzusetzen, und andererseits, einen Schlussstrich un­ter das bereits genannte Beihilfeverfahren der Europäischen Kommission zu ziehen.

Im Gesetz sind zu tätigende Spar- und Strukturmaßnahmen gestanden, die einen gro­ßen Kritik- und Streitpunkt dargestellt haben. Umso erfreulicher war es, dass in einem


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 70

Fünf-Parteien-Abänderungsantrag diese Regelungen so weit neu formuliert werden konnten, dass sie von einer breiten Basis getragen werden. Ich bin zuversichtlich, dass diese Spar- und Strukturmaßnahmen effizient, aber immer im Sinne der Qualität der Sendungen und auch im Sinne der Qualität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ausgezeichnete Arbeit leisten, zu treffen sind.

Mir sind aber noch drei Punkte wichtig, auf die ich speziell eingehen möchte. Das ist einerseits der Ausbau der Barrierefreiheit. Der Generaldirektor hat sich in einigen Round-Table-Gesprächen mit den Behinderten- und Seniorenverbänden sowohl für hörbehinderte Menschen als auch für sehbehinderte Menschen sehr ambitionierte Zie­le gesteckt. (Beifall bei der SPÖ.)

Bei den hörbehinderten Menschen, für die derzeit nur 33 Prozent des Programms un­tertitelt werden, ist die Zielsetzung, bis 2011 55 Prozent zu erreichen. – Auch die heuti­ge Übertragung aus dem Plenarsaal wird untertitelt.

Für sehbehinderte Menschen gibt es insofern eine Verbesserung, als es im Augenblick nur fünf Spielfilme gibt, die audiokommentiert werden, jedoch ein sehr hohes Ziel ge­steckt wurde, nämlich 50 Serienfolgen und zwölf Eigenproduktionen von Spielfilmen in Hörfilmfassung herzustellen.

Die Audiokommentierung funktioniert jetzt auch bei Sportereignissen. So wie man vori­ges Jahr im Herbst begonnen hat, das erste Fußballmatch zu übertragen, werden auch bei der gerade stattfindenden Fußball-WM in Südafrika alle 64 Spiele audiokommentiert.

Dieses Service und dessen Ausbau sind ein wesentlicher Schritt zur Barrierefreiheit und ermöglichen 318 000 blinden und sehbehinderten Menschen, an großen sportli­chen Ereignissen unmittelbar teilzuhaben. Der Ausbau der Barrierefreiheit kann nur über die Teilrefundierung erfolgen. Wenn Herr Petzner heute hier behauptet, er habe sich für Barrierefreiheit und so weiter eingesetzt, und im Gegenzug nicht bereit ist, auch das Geld dafür zur Verfügung zu stellen, dann ist das eine Sache, bei der sich die Zuseherinnen und Zuseher selbst ein Bild machen können, was das jetzt eigentlich be­deutet. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Franz.)

Gleichzeitig möchte ich Sie, Herr Petzner, nur ganz kurz erinnern: Sie haben gestern eine Presseaussendung gemacht, in der Sie von einer Zustimmung zum ORF-Gesetz in großen Teilen sprechen, wenn es zu einer Einigung zwischen VÖZ und ORF kommt. – Die Einigung ist da. Wo ist Ihre Zustimmung?

Zwei andere wichtige Punkte sind die österreichische Musikcharta, wo es zu einer Ver­einbarung gekommen ist, um die österreichischen Interpreten mehr teilhaben zu las­sen, und „Rat auf Draht“, das stabilisiert wurde und auch ausgebaut wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Da sollten Sie einmal anrufen, bei „Rat auf Draht“! Rufen Sie bei „Rat auf Draht“ an!)

Man kann also nicht sagen, dass sich der ORF nicht selbst ambitionierte Ziele gesetzt hat. Wir als Sozialdemokratische Partei stehen zu einem öffentlich-rechtlichen, rot-weiß-roten Fernsehen, und daher werden wir dieses Gesetz unterstützen. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Grosz: Bei den Sozialdemokraten steht gar nichts mehr!)

12.00


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhr­mann. – Bitte.

 


12.00.37

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin sehr froh, dass heute auch schon oft über die Erwartungen und Rechte der Gebührenzahler gesprochen wurde.


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Die sind es nämlich, die sehr wesentlich zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rund­funks beitragen. Es gibt einige Themen in der Politik, bei denen sehr viele Menschen mitreden können. Medienpolitik im Allgemeinen und der ORF im Speziellen sind solche Themen. In diesem Fall bin ich auch sehr froh darüber, denn den Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahlern ist es offensichtlich nicht egal, was mit dem ORF passiert und wie es in Zukunft weitergeht.

Faktum ist, dass der ORF heute vor einer wirtschaftlich schwierigen Situation steht, und das, obwohl aus dem Titel der Rundfunkgebühren immerhin 530 Millionen € zur Verfügung stehen – in Anbetracht der wirtschaftlichen Lage und im Vergleich zu priva­ten Medien fast eine Bestandsgarantie.

Auf der anderen Seite genießt der ORF auch großzügige Werbebestimmungen. Im europäischen Vergleich sieht man, dass das nicht überall der Fall ist, denn es gibt durchaus Länder, in denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk vom Werbemarkt ausge­nommen ist.

Der Konsument – und da sind wir auch bei einem wichtigen Entscheidungsträger, was die Zukunft des ORF betrifft – nimmt zur Kenntnis, dass die öffentlich-rechtliche Pro­grammleistung aufgrund dieser wirtschaftlich schwierigen Situation ausgedünnt wird und US-amerikanische Kaufware zunimmt.

Deshalb bekennen wir uns heute alle dazu – und ich glaube, das leugnet ja keine der Parteien, unabhängig von ihrer Zustimmung –, dass es Restrukturierungsmaßnahmen braucht.

Der ORF braucht einen Neustart, und wir von der ÖVP haben uns zu diesem Neustart bekannt. Wir haben ein umfassendes Restrukturierungspaket geschnürt, das auch eine Finanzspritze von 160 Millionen € für die nächsten vier Jahre beinhaltet.

Ich möchte an dieser Stelle aber ganz bewusst auch festhalten und betonen, dass ich keinen Zusammenhang zwischen diesen 160 Millionen € auf der einen Seite und der Erfüllung des klassischen öffentlich-rechtlichen Auftrags auf der anderen Seite sehe.

Das Radio-Symphonieorchester, das Film/Fernseh-Abkommen oder auch die österrei­chische Musikwirtschaft dürfen nicht am Gängelband von zusätzlichen finanziellen För­derungen hängen, sondern es muss Voraussetzung sein, auch in Anbetracht des Pro­grammauftrages, gerade in der Kulturnation Österreich, derer wir uns ja rühmen.

Insofern möchte ich, auch wenn wir heute vor einer positiven Beschlussfassung ste­hen, schon erwähnen, dass ich es vom ORF, sagen wir, unanständig, um nicht zu sa­gen, frivol gefunden habe, dass Drohungen im Sinne von Programmkürzung ausge­sprochen worden sind, in denen es darum geht, die Kernkompetenzen wie bei einem Sommerschlussverkauf zu verschleudern. – Dafür sind und waren wir nicht zu haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der richtige Weg muss heißen: Das öffent­lich-rechtliche Angebot ausbauen und auch den Empfehlungen des Stiftungsrates fol­gen. Das sind die Investitionen ins Programm, das ist die Ausbildung junger Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter, und das ist vor allem der Ausbau der Kundenzufriedenheit.

Immerhin sichert diese Kundenzufriedenheit auch den Bestand des ORF, denn wenn die Akzeptanz der Gebührenzahler nicht mehr gegeben ist, dann stellt sich nicht die Frage von Gebührenrefundierung, sondern dann stellt sich die Frage nach der Gebüh­renlegitimation – und ich würde es bedauern, wenn wir diese Frage stellen müssten.

Ich glaube, dass es im europäischen Kontext einen starken ORF braucht. Die Grundla­ge dafür ist die Rundfunkfinanzierung. Mit dem heutigen Gesetz kommen wir auch den Forderungen der Europäischen Kommission nach, die eine Wettbewerbsverzerrung zwi­schen privaten Medien und dem ORF gesehen hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 72

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Kultursprecherin ist mir natürlich die Erfül­lung des öffentlich-rechtlichen Auftrages am wichtigsten. Hier besteht schon Hand­lungsbedarf – ich möchte Sie nicht mit Zahlen behelligen –, denn es ist beschämend, wie niedrig der Anteil österreichischer Filme oder österreichischer Musik im Programm ist.

Insofern ist die in Aussicht genommene Erhöhung des Produktionsvolumens für öster­reichischen Film oder auch die Erhöhung der österreichischen Musikquote sowie der Umbau von TW1 zu begrüßen.

Mein Appell an die ORF-Geschäftsführung ist: Machen Sie so weiter, denn ich glaube, das ist der einzige Weg, wie man den ORF wirklich stärkt! (Beifall bei der ÖVP.)

12.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Unterrei­ner. – Bitte.

 


12.05.57

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr General...! (Die Rednerin dreht sich zu Staatssekretär Dr. Oster­mayer um.) – Entschuldigung, jetzt wollte ich schon „Generalintendant“ sagen! Das ist es nicht. (Heiterkeit der Rednerin. Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Staatssekretär, nicht General! Staatssekretär!) – Ist schon klar. (Abg. Ing. Westenthaler: Ein Busserl auf die Wange!)

Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Im Programmauftrag des ORF gibt es eine Fülle von Zielsetzungen, die eine Vermittlung und Förderung von Kunst, Kultur und Wissen­schaft vorsehen. (Abg. Grosz: Wir wollen das Busserl sehen!)

Dieser im ORF-Gesetz festgeschriebene Kulturauftrag wurde in den letzten Jahren schmählichst vernachlässigt, ja fast über Bord geworfen. Kultursendungen sind quasi verschwunden. Sie sind vom Hauptabendprogramm in die späten Nachtstunden ver­bannt worden, und im Nachrichtenteil sind sie überhaupt gestrichen worden.

Übertragungen aus den Theatern und aus den Opernhäusern sind kaum wahrnehmbar gewesen, und mit dem Plan, das Radio-Symphonieorchester aufzulösen, war der Tiefstand der Kulturlosigkeit erreicht, dabei – und das ist ja das Wichtigste – versteht sich Österreich doch als Kulturland. Kultur ist aber kein Ornament, Kultur ist keine Ver­zierung, Kultur ist kein Sahnehäubchen, und sie darf natürlich auch kein Luxusgut sein. (Abg. Mag. Stadler: General ... salutiert ...!) Ich glaube, Herr Kollege Stadler, da sind Sie meiner Meinung. Kultur darf kein Luxusgut sein, sie darf nicht nur für einige Privi­legierte da sein, sondern Kultur muss für alle da sein, denn Kultur ist das Fundament, auf dem unsere Gesellschaft steht und auf das sie baut. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher ist es die Aufgabe der Politik, dieses Fundament zu sichern und zu stärken. Des­halb muss man natürlich als Kulturpolitikerin darauf achten und muss beim ORF einfor­dern, dass sich in dieser Hinsicht etwas ändert.

Der ORF ist Kulturvermittler ersten Ranges, daher hat er in dieser Hinsicht auch eine Verantwortung zu tragen, und deswegen (Abg. Grosz: Deswegen kriegt er jetzt 160 Mil­lionen €!) habe ich als Kultursprecherin der FPÖ (Abg. Grosz: Freudigen Herzens zu­gestimmt!) in den letzten Jahren eine Fülle von Aktivitäten gesetzt, damit die Menschen die Möglichkeit haben, überhaupt Anteil an dem Kulturgeschehen in unserem Kultur­land zu nehmen.

Sie sollen die Möglichkeit haben, unseren kulturellen Reichtum kennenzulernen, sie sollen sich auch informieren können, und sie sollen unsere Kultur als gemeinsames Gut erfahren können. Deswegen erfüllt es mich natürlich mit großem Stolz, mit großer Freude und auch mit Genugtuung, dass meine Initiative, das Radio-Symphonieorches­ter zu retten, nach eineinhalb Jahren endlich erfolgreich war. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 73

Ich freue mich wirklich, weil ich die Erste war, die vor eineinhalb Jahren einen Antrag gestellt hat. Die anderen Parteien sind dann aufgewacht und auch aktiv geworden. Ich freue mich wirklich, dass wir Freiheitlichen uns da durchgesetzt haben. Genauso er­freulich ist es, dass das Film/Fernseh-Abkommen – so wie das Radio-Symphonieor­chester – fortgesetzt wird und nun eine gesetzliche Verankerung hat.

Es soll Pläne geben, Filme, Serien und Dokumentationen zu gestalten, die unsere kul­turelle Eigenart in Zukunft mehr hervorbringen sollen. Auch das ist uns sehr wichtig. Sie wissen ja, wie es zurzeit ausschaut: Wir haben amerikanische Serien rauf und run­ter. Jetzt soll es aber endlich einmal wieder Serien geben, in denen Österreich vorkommt.

Was meine anderen Anträge angeht – Umsetzung des Kulturauftrages und die Förde­rung des heimischen Musikschaffens –, bin ich noch etwas skeptisch. Es soll jetzt ein Spartenprogramm ein Kulturspartenprogramm – errichtet werden. Mir ging es ja eigentlich darum, dass man in den beiden Hauptsendezeiten auch Gelegenheit hat, Kultur zu sehen. – Ob das jetzt wirklich umgesetzt ist, wissen wir noch nicht.

Ich hoffe, dass jetzt die Generaldirektion und der Stiftungsrat oder Publikumsrat diesen Kulturauftrag wirklich umsetzen, sodass die Österreicher die Möglichkeit haben, sich zu informieren, und auch eine Chance sehen, dass wir uns vom Privatfernsehen absetzen, und dass auch die Programmgestaltung so vorgenommen wird, dass ein neues Profil, was die Kultursendungen angeht, angestrebt wird.

Die heutige Novellierung wird zwar von uns mitgetragen, aber das heißt noch nicht, dass ich mich jetzt als Kulturpolitikerin zufrieden zurücklehne. Im Gegenteil: Ich finde, man muss die Entwicklung im ORF verfolgen, und ich werde immer wieder an meine Forderungen erinnern.

Ja, es bleibt noch einmal zu sagen: Österreich ist ein Kulturland und muss sich als sol­ches im ORF präsentieren. Die Novelle scheint ein richtiger Weg dorthin zu sein. (Bei­fall bei der FPÖ.)

12.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. – Bitte.

 


12.11.03

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Liebe KollegInnen und liebe ZuseherInnen! Liebe hörbehinderte und sehbehinderte Freunde! Zum Thema Barrierefreiheit und ORF-Gesetz: Ich möchte ger­ne erinnern, der Ist-Stand, den wir in Bezug auf dieses ORF-Gesetz derzeit haben, geht auf eine Novellierung aus dem Jahr 2001 zurück. Ich möchte gerne darauf zurück­kommen, was man damals festgehalten hat. Damals hat man festgehalten: Nach wirt­schaftlicher Durchführbarkeit und nach technischer Durchführbarkeit kann man Unterti­tel einblenden. – Das heißt, es gab in keinster Weise bisher eine Verpflichtung. Und darauf möchte ich Sie wirklich aufmerksam machen und daran erinnern.

Dann gab es eine Steigerung: Die Befreiung von den GIS-Gebühren für hörbehinderte und sehbehinderte Menschen wurde abgeschafft. Das bedeutete im Klartext nun zum damaligen Zeitpunkt Folgendes: Stellen Sie sich einmal vor, Sie gehen zum Beispiel in eine Bäckerei und kaufen zehn Semmeln, legen das Geld für zehn Semmeln hin und bekommen tatsächlich aber nur den Gegenwert einer einzigen Semmel. Schön lang­sam haben wir dann eine Steigerung verfolgen können, und momentan kann man un­gefähr davon ausgehen, dass man für den Wert zirka dreieinhalb Semmeln bekommt.

Im ORF-Bericht von 2009 steht festgehalten, dass in etwa 35 Prozent des Sendean­gebots untertitelt wird. Für blinde und sehbehinderte Menschen wird festgehalten, dass es


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eine Audiodeskription gibt. Vielleicht für Sie zur Erklärung: Wird ein Filmdialog gespro­chen, dann gibt es in den Pausen zwischen den Dialogen eine stimmliche Beschrei­bung der Situation, der Menschen, die sich dort aufhalten. Das heißt, Audiodeskription wird nur ganz, ganz wenig umgesetzt. In diesem Fall gibt es in keinster Weise eine hun­dertprozentige Information.

Die Zielgruppe, von der wir jetzt sprechen, ist keine kleine Zielgruppe. Das heißt, bar­rierefreies Angebot brauchen Menschen mit Sehbehinderungen, aber auch mit Hörbe­hinderungen. Wir sprechen da jetzt von einer Gruppe von einer halben Million Menschen.

Man könnte jetzt zum Beispiel sagen, Österreich ist europaweit, auch im Vergleich zu den Oststaaten, was das barrierefreie Angebot anbelangt, derzeit fast Schlusslicht. Mit diesem Gesetz können wir aber die Situation massiv verändern, sodass Österreich sich plötzlich im ersten Drittel befinden wird. Das heißt, wenn dieser Teil des Gesetzes jetzt wirklich beschlossen wird, dann sind mittelfristig – und das steht im Gesetz festge­schrieben – 100 Prozent Untertitelung geplant.

Insofern möchte ich mich ganz besonders bei meinem Kollegen Dieter Brosz bedan­ken. Herzliche Gratulation und ein Dankeschön auch an die anderen Kollegen, dass wir in dieser Hinsicht wirklich gute Verhandlungen geführt haben, um solche Ergebnis­se erzielen zu können. Ein Bravo! (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt aber noch ein paar weitere Punkte: Ich möchte auch gerne einen Appell an Sie alle richten. Sie wissen, es gibt jetzt Gebärdenspracheinblendungen. Das gibt es in Form einer Online-Plattform beziehungsweise digital. Zum Beispiel die Dolmetschung, die wir heute hier mitverfolgen können, ist über einen Digitalreceiver empfangbar, sprich ver­steckt. Das ist ein verstecktes Angebot. Ich denke, der ORF als öffentlich-rechtlicher Rundfunksender hat doch den Auftrag, wirklich Bewusstseinsbildung herbeizuführen, das heißt, Menschen mit Behinderungen auch öffentlich zu zeigen. Da denke ich zum Beispiel an ModeratorInnen mit einer Behinderung. Das ist eine Möglichkeit, die Ge­sellschaft zu verändern, das tägliche Leben zu verändern und die Menschen wirklich in Form einer Selbstverständlichkeit an der Gesellschaft teilhaben zu lassen. – Ich danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

12.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


12.16.26

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir diskutieren das ORF-Gesetz mit der Zielsetzung – ich nehme Anleihe an Klubobmann Cap –, einen starken österreichischen ORF zu bekommen. Ich kann das nur unterstreichen: Ein starker, freier – mit Betonung auf: unabhängiger – ORF, ein rot-weiß-roter – und kein rot-schwarz-roter – ORF, der auch den öffentlich-rechtlichen Auf­trag entsprechend erfüllt, das wäre an sich das Ziel.

Das zweite Ziel müsste eigentlich sein, auch die Privatrundfunksender entsprechend zu stärken, um das Medienmonopol des ORF, das nach wie vor besteht – das sagen auch die Analysen –, aufzuweichen und für mehr Wettbewerb zu sorgen und damit letztlich auch den demokratiepolitischen Auftrag, für mehr Pluralität in diesem Land zu sorgen, umzusetzen. (Beifall beim BZÖ.)

Es gibt aufgrund des Engagements von Kollegem Stefan Petzner sehr viele gute An­sätze, die in dieses Gesetz hineingepackt wurden. Aber – das sage ich auch dazu – dazu braucht man kein Gesetz. Dazu braucht man im Prinzip eine gute ORF-Führung, diese kann das auch ohne Gesetz umsetzen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 75

Ich darf beispielsweise einige herausgreifen, etwa den Verhaltenskodex für Journalis­ten. Das ist eine gute Sache, die jetzt umgesetzt wird. Oder das Sparprogramm des ORF, das dazu führen soll, dass dieser Betrieb wirtschaftlich geführt wird, der letztlich auch auf Weisung des Stiftungsrates entsprechende Sparprogramme umsetzen kann. Da bin ich auch beim Kollegen Molterer, dass der ORF wie ein Wirtschaftsbetrieb, wie ein privates Unternehmen geführt werden muss. Oder die Präzisierung des öffentlich-rechtlichen Auftrages, wo es auch darum geht, die Barrierefreiheit, die Kollegin Jarmer gerade angesprochen hat, weiter auszubauen; oder wenn es darum geht, gerade auch den österreichischen Film zu unterstützen und ihm die entsprechende Bühne im ORF zu geben. Es geht auch darum, dass wir die Kontrolle beim ORF ausbauen, und letzt­lich auch darum, dass Frauen mehr Chancen erhalten – nicht nur in Quoten, sondern echte Chancen –, in Positionen bis in die Führungsspitze des ORF zu kommen.

Was auch gelungen ist – das hat auch die FPÖ angesprochen –, ist der Fortbestand des Radio-Symphonieorchesters. Das ist eine positive, sehr gute Sache.

Es ist auch gut, dass, solange der öffentliche Auftrag besteht, gewisse kommerzielle Dinge untersagt sind, etwa Anzeigenportale zu öffnen, Tausch- und Kontaktbörsen zu führen oder Wetten und Glücksspielangebote am ORF zu platzieren. Da bin ich sehr froh darüber, dass das jetzt noch nicht stattfindet.

Die Qualität soll auch gesteigert werden: vom Programm, vom Inhalt, etwa im Sportbe­reich, im Kulturbereich, im Unterhaltungsbereich, aber auch im Informationsbereich.

Das sind die positiven Punkte, die ich einmal dahinstelle. Die Frage wird sein: Ist die­ses Gesetz ausreichend, um das gut Gemeinte auch entsprechend gut umzusetzen? Das wird die Frage sein. Da wurden wir bisher – das sage ich auch ganz deutlich – in manchen Bereichen doch sehr tief enttäuscht.

Was komplett fehlt, ist die Gleichstellung, die Besserbehandlung der privaten Medien­anbieter, der Privatsender. Wenn im selben Zeitraum in den nächsten vier Jahren die Privatsender von 5 auf 15 Millionen € erhöhte Förderungen erhalten, dann ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich bitte Sie, die Relation zu beachten! 160 Millio­nen € Steuergeld zusätzlich über Steuererhöhungen für den ORF und 15 Millionen € für die Privatsender. Das Verhältnis ist fast 1 : 4. Das ist ein Verhältnis, das so nicht gerechtfertigt ist. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Staatssekretär Ostermayer, die generelle Kritik, die ich auch an Ihnen und an der Regierung übe, ist: Sie haben kein strategisches Medienkonzept für dieses Land. Sie stellen nicht fest, wie sich die Medien in diesem Land entwickeln sollen. Das Einzige, worum es hier geht, sind Macht, Posten und letztlich auch Privilegien.

Da wundert es mich umso mehr, dass man auf der einen Seite dem ORF eine Chance gibt – das mag ja gut und richtig sein! –, aber auf der anderen Seite die privaten Sen­der weiter benachteiligt.

Warum stimmt dann die FPÖ hier mit? Das verstehe ich nicht. (Abg. Neubauer: Du verstehst viel nicht!) Sie geben den billigen blauen Jakob für 160 Millionen €, die Sie dem Steuerzahler aus der Tasche ziehen, um dieses Proporzsystem am Leben zu er­halten! Liebe Kollegen von der FPÖ, welche Posten bekommen Sie im ORF? Sagen Sie es! Welche Privilegien bekommen Sie? Welche Sendezeiten bekommen Sie? Wel­che Auftritte bekommen Sie für diese Zusage? (Beifall beim BZÖ.)

Denn – und das ist der Punkt –: Kollege Vilimsky hat noch vor einiger Zeit – das muss man ja wissen! – eifrig Unterschriften für die Abschaffung der ORF-Gebühren gesam­melt. Wo ist Kollege Vilimsky jetzt? Will er sich entschuldigen bei all jenen, die diese Unterstützung damals geleistet haben?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 76

Sie wissen auch ganz gut, dass der ORF in den letzten Jahrzehnten immer eine par­teipolitische Spielwiese für Postenwirtschaft, für Parteieinfluss war. Ich bin gespannt, ob sich das ändern wird. Wir werden das bei den anstehenden Besetzungen der Direk­toren erleben. Wir werden das bei der Besetzung der unabhängigen Aufsichtsbehörde erleben, die im Gesetz gut formuliert ist, wenn es darum geht, wie sie dann letztendlich mit Leben erfüllt wird. Wir werden auch erleben, ob der Einfluss mancher Landeshaupt­leute, die manche Landesintendanten des Studios am kurzen Gängelband halten, zu­rückgedrängt wird. Es ist auch wichtig, dass diese ihren regionalen Auftrag entsprechend erfüllen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, betrachten Sie bitte als Indikator auch die Sendezeiten der Regierung in den wichtigsten Nachrichtensendungen: „ZIB“, „ZIB 2“, „ZIB 3“, „ZIB-Flash“ oder auch bei Diskussionen wie bei „Thema“, bei „im Zentrum“, in der „Pressestunde“! Wie oft kommen dort Oppositionsparteien vor? Der „ZIB 1“-An­teil der Opposition liegt generell bei 5 bis 10 Prozent. Ich gratuliere! Ist das der öffent­lich-rechtliche Auftrag, den der ORF vorgibt, zu erfüllen?

Sehr geehrter Herr Ostermayer, da haben Sie viel zu tun. Ich bin gespannt, wie sich das Ganze entwickeln wird.

Das heißt, dieses Gesetz ist eine große Chance für den ORF, sich weiterzuentwickeln. Es ist die Frage, in welche Richtung er geht: Bleibt er ein rot-schwarzer Regierungs­funk, oder wird er ein rot-weiß-roter Österreichfunk? Macht er echte Strukturreformen mit Sparprogrammen, oder bleibt er ein staatlicher Betrieb, der letztlich mit Steuer­mitteln durchgefüttert werden muss? Ist er ein Versorgungsapparat für parteipolitische Günstlinge, oder haben dort wirklich kreative, junge, engagierte Journalisten die Chan­ce, sich entsprechend zu entfalten, deren es ja auch schon viele dort gibt? Es wird inte­ressant sein, das weiter mitzubeobachten.

Wenn sich diese Entwicklung negativ fortsetzt, dann werden wir in ein, zwei Jahren eine breite Evaluierung von diesem ORF-Gesetz vornehmen müssen. (Präsident Neu­gebauer gibt das Glockenzeichen.) – Ich komme zum Schlusssatz. – Und wenn es kei­ne Änderungen gibt, dann werden wir über die Teilprivatisierung bis hin zur Privatisie­rung reden müssen und letztlich auch über die Abschaffung der Gebühren für den ORF. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

12.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


12.23.19

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich bekenne mich zu diesen 160 Millionen €, und zwar warum? Wenn die Politik glaubt, in Betriebe eingreifen zu müssen, ihnen das, was ihnen zusteht, vorzuenthalten, wenngleich auch die Beweggründe der Politik, jenen Menschen die Möglichkeit des Zu­gangs zu den Medien zu schaffen, nachvollziehbar und notwendig sind, so hat das doch auf der anderen Seite ein Unternehmen dann zu tragen, dass man auch zu überprüfen hat, wie es wirtschaftlich zurande kommt. Auf der einen Seite Aufgaben zu stellen und auf der anderen Seite Mittel zu entziehen, das kann man nicht mittragen. Und aus die­sen Gründen von einem Geschenk zu sprechen, würde ich auf keinen Fall tun, denn diese 160 Millionen € stehen jenen Menschen zur Verfügung, die sie brauchen und sich selber nicht in der Lage sehen, dafür zu sorgen, sich an den Medien so anzuknüp­fen, dass sie entsprechend informiert sind. Es ist unsere Aufgabe, das zu tun.

Aus den Taschen, meine Damen und Herren, wird es auch nicht gezogen, denn wir wissen, dass der Gebührenzahler eine Grundgebühr zahlt, aber nicht alles dem ORF zugutekommt, sondern auch der öffentlichen Hand für andere Maßnahmen zur Verfü­gung steht. Hier wird man auch daran gehen müssen, mit den Ressourcen entspre­chend umzugehen und einen Teil dazu beizutragen.


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Ich halte es aber diesbezüglich mit Klubobmann Kopf, dass diese 160 Millionen € unter dem Gesichtspunkt zu sehen sind, dass mit den gegebenen Umständen dem ORF die Möglichkeit geboten wird, sich mit den Gegebenheiten abzufinden und nach den Mög­lichkeiten in Zukunft die Geschäfte so zu führen, dass weitere Zuschüsse nicht möglich sind.

Meine Damen und Herren, wir haben heute schon mehrmals vom dualen Rundfunk ge­hört. Außer den Worthülsen ist sonst noch nichts gekommen. Wir haben auch gehört, dass die Privaten auch entsprechend Presseförderungen oder Medienförderungen er­halten werden. Kollege Widmann, es ist nicht so, dass das ein Viertel von dem ist, was der ORF bekommt, sondern nur maximal 10 Prozent. Aber Rechnen muss ja nicht die Stärke einer Oppositionspartei sein.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass es unsere Aufgabe hier sein sollte, die Me­dienvielfalt insofern weiter zu stützen, dass wir auch allen Beteiligten eine Chance ge­ben, zu überleben. Meine Damen und Herren, ich würde vorschlagen, dass das Parla­ment eine Arbeitsgruppe einrichtet. Da jetzt der ORF die wirtschaftliche Grundlage hat, die Zukunft zu gestalten, sollten wir daran gehen, das zweite Bein des dualen Rund­funks auch auf gesunde Beine zu stellen, sollten wir gemeinsam nachdenken, was die Politik tun kann, um den Privaten ihre Arbeit nicht nur zu erschweren. Denn aus­schließlich damit, dass es möglich ist, zu senden, ist es ja nicht getan, wenn man gleichzeitig immer wieder dafür sorgt, dass wir dort Konkurrenz schaffen, wo eigentlich die Bestehenden schon die größten Probleme haben, zu überleben. Da haben wir auch eine Verantwortung. Wenn wir erwarten, dass der duale Rundfunk etwas Positives bringt, haben wir hier mitzuwirken, dass das auch möglich ist.

Herr Staatssekretär, danke, die Unterstützung durch die Medienförderung wird dazu ausreichen, dass sie wieder in der Lage sein werden, die nächsten Jahre zu überbrü­cken. Ich würde trotzdem bitten, gemeinsam nachzudenken, wie die Existenz auch der Privaten so erhalten werden kann, dass wir einen dualen Rundfunk auch in Zukunft haben werden, der natürlich auf eine Art und Weise zur Medienvielfalt beiträgt, die zur Zufriedenheit der Bevölkerung führt. Das sieht man auch daran, dass sehr, sehr viele Hörerinnen und Hörer bereits auf die Privaten zurückgreifen. Das sollte uns auch ein positives Motivationszeichen sein.

Was ich aber besonders wichtig im Gesamten finde, ist, dass nicht daran gedacht ist – und es ist ja auch nicht so einfach möglich –, die Programmentgelte zu erhöhen. Auch die Werbezeit ist nicht in der Form ausgeweitet worden, dass sie für Private ein echtes Problem darstellt. Klar ist natürlich, dass wir die Grundlage der Privaten ausschließlich bei der Werbung sehen, die des Öffentlich-Rechtlichen bei den Beiträgen und die der sogenannten Freien bei Subventionen. Da ist eine Schieflage, über die es nachzuden­ken gilt, zu sehen und abzustellen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

12.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 


12.27.47

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Der ORF bekommt 160 Millionen € aus Steuergeldern von den Ge­bühren refundiert. Das ist sehr viel Geld, sehr viel Steuergeld. Damit sind natürlich auch Auflagen verbunden. Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, die Barrierefreiheit im ORF-Gesetz zu fixieren, dass der ORF klar verpflichtet ist, die Barrierefreiheit für seine ZuseherInnen zu sichern, wenn sie blind oder gehörlos sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Dr. Moser.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 78

Dazu muss ein Etappenplan erstellt werden. Mittelfristig sind alle Fernsehsendungen zu untertiteln, aber auch Audiodeskriptionshilfen für blinde Menschen sind vorzusehen und die wichtige Informationsplattform ORF-Online ist barrierefrei zu gestalten.

Meine Kollegin Helene Jarmer hat das schon ausgeführt, und sie hofft, dass das Ge­setz beschlossen wird. Der beste Gesetzestext gilt nur dann, wenn er beschlossen wird, und so hoffe ich doch, dass die Grünen hier auch mitstimmen.

Ich möchte auf einen zweiten Gesetzespassus im Text aufmerksam machen. Es geht darum, dass der ORF vorgeschrieben bekommt, speziell bewusstseinsbildende Maß­nahmen zur Integration behinderter Menschen in die Gesellschaft und in den Ar­beitsmarkt zu setzen. Das ist auch wichtig, und ich möchte Ihnen dazu eine Parabel bringen: Die Bürger von Schilda haben ein Gemeindehaus gebaut und dabei verges­sen, Fenster einzubauen, und so blieb es in dem Haus sehr dunkel. Sie wollten Licht ins Dunkel bringen und hatten eine glorreiche Idee: Sie gingen hinaus, füllten das Son­nenlicht in Fässer und schütteten es im Haus aus, aber es blieb trotzdem finster.

Ähnlich macht es der ORF mit seiner Aktion „Licht ins Dunkel“. Er versucht jetzt seit über 30 Jahren Licht ins Dunkel zu bringen, macht eine Sendung für behinderte Men­schen, aber ohne behinderte Menschen. Das kann nicht gehen, das ist ein ORF-Schildbürgerstreich. Deshalb sieht das Gesetz diese bewusstseinsbildenden Maßnah­men vor, und ich hoffe auf eine Reform, denn: Warum soll es nicht möglich sein, behin­derte Menschen in die Organisationsstruktur von „Licht ins Dunkel“ einzubauen? Wa­rum soll es nicht möglich sein, dass es einen behinderten Moderator gibt? Warum soll es nicht möglich sein, dass man, statt immer nur Geld zu spenden, auch einmal ap­pelliert, Arbeitsplätze zu schaffen, dass man versucht, ein Bewusstsein dafür zu schaf­fen? Denn es bringt viel mehr und es ist nachhaltiger, anstatt einer kleinen Spende einem behinderten Menschen einen Job anzubieten. Und das wäre auch die primäre Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, das zu vermitteln und dafür Bewusstsein zu schaffen. Es geht also darum, Licht ins Dunkel der Köpfe zu bringen, auch Barriere­freiheit in die Köpfe zu bringen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

12.33


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


12.33.35

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Abgesehen davon, dass mir grundsätzlich Monchhichis lieber sind als Krokodile, finde ich es sehr erfreulich, dass der Kanal ORF SPORT PLUS in das neue Gesetz hineinverhandelt wurde; das war ja ursprünglich so nicht vorgesehen. Ich be­grüße auch die die Abgeltung der Kosten für die gebührenbefreiten Haushalte in der Höhe von 160 Millionen €. Damit sind natürlich auch Auflagen verbunden, insbesonde­re der „besondere Auftrag für ein Sport-Spartenprogramm“, der im § 4b nachzulesen ist.

Da steht drinnen: „nach Maßgabe der wirtschaftlichen Tragbarkeit“. Da steht drinnen: „insbesondere aktuelle Berichterstattung“. Da steht drinnen: Übertragung von Sportbe­werben, denen üblicherweise kein breiter Raum zukommt. Da steht drinnen, es soll über Sportbewerbe berichtet werden, „die auch aus dem Blickwinkel des Breitensports von Interesse sind“. Da steht drinnen, „gesundheitsbezogene Aspekte des Sports und die Gefahren des Dopings“ sollen in der Berichterstattung auch vorkommen. „Es ist überwiegend über Sportarten und -bewerbe zu berichten, die in Österreich ausgeübt werden ...“

Das sind alles Dinge, die wunderbar auf dem Papier, im Gesetz stehen, das muss aber mit Leben erfüllt und umgesetzt werden. Bis jetzt sind aber auf dem Sportkanal sehr oft Konserven aus der Sporthistorie gesendet worden. Manchmal glaubte ich fast schon, „als


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 79

die Bilder laufen lernten“ zu sehen, so alte Berichte wurden da gezeigt. Ich hoffe doch, dass in Zukunft auf diesem Kanal eine modernere, aktuellere und bessere Berichter­stattung erfolgt.

Ich gebe auch gerne zu, dass die Sportfamilie Sorge hat über die Formulierung: „nach Maßgabe der wirtschaftlichen Tragbarkeit“. Aus Erfahrungen in der Vergangenheit weiß ich, so etwas kann immer sehr eigenartig ausgelegt werden. Ich erinnere nur daran – einige meiner Vorredner haben es heute schon gesagt –, es hat die Praxis ge­geben, dass bei Sportveranstaltungen Vereine fast schon betteln gehen mussten, um eine Übertragung zu bekommen, und wenn, dann war immer irgendeine Geldzahlung notwendig, wie zum Beispiel beim Tischtennis-Champions-League-Viertelfinalspiel, wo vom Veranstalter 10 000 € verlangt wurden, nach Interventionen 4 000 € verlangt wur­den, schlussendlich dann, glaube ich, gar nichts mehr. Diese Basarmentalität, hoffe ich, gehört ab nun der Vergangenheit an.

Meine Damen und Herren! Tischtennis, Volleyball, Handball, Radsport, Ringen, Rugby, Curling, nur um einige wenige zu nennen, brauchen einfach die mediale Präsenz, um teilweise überhaupt international tätig sein zu dürfen. Sie brauchen aber auch diese Präsenz, um Sponsoren auftreiben zu können, um das Interesse der Öffentlichkeit zu erregen und um sportlich und vor allem wirtschaftlich überleben zu können. Daher hof­fe ich inständig, dass wir künftig im Sportkanal aktuelle, interessante Berichterstattung über die Sportaktivitäten in Österreich, aber auch über neue, noch nicht so bekannte, aufstrebende Sportarten geboten bekommen.

Ich bedanke mich abschließend bei allen Verhandlern aller Parteien für die konstruktive Arbeit, und ich fände es sehr schade, wenn sich alle herausstellen, das Gesetz eigent­lich loben und sagen, wir haben so viel dazu beigetragen, und dann kommt es nicht zu einem einstimmigen Beschluss. Ich rufe alle auf, die sich noch nicht entschieden haben zuzustimmen, das doch noch zu tun. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


12.37.12

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ge­schätzte Zuhörer und Zuschauer! Wir haben in den letzten drei Stunden schon viel über neue Strukturen, über Behörden, über juristische Spitzfindigkeiten gehört. Die Fern­sehzuschauer interessiert aber wohl am meisten: Wie schaut das Programm aus? Wird es hier Verbesserungen geben?

Die Chancen dazu stehen gut. Es wird mehr heimische Kulturangebote geben, es wird die Barrierefreiheit ausgebaut, das haben wir schon gehört, und, was uns wichtig ist, es wird ein neuer Spartensender für Information und Kultur aufgebaut. – Schön. Das alles muss jetzt mit Leben erfüllt werden. Eine große Chance.

Uns Senioren liegt dabei besonders am Herzen, wir wollen ein rot-weiß-rotes Qualitäts­fernsehen, wir erwarten ein Programm, das auch die Ansprüche eines reifen Publikums erfüllt; immerhin sind ja die meisten Fernsehzuschauer über 50.

Als ehemalige begeisterte ORF-Mitarbeiterin macht mir aber ein Dilemma große Sor­gen. Das sind auf der einen Seite die älteren Zuschauer, die treuen ORF-Zuschauer, und das sind auf der anderen Seite? – Wo sind die Jungen? Daher: Es muss dem ORF gelingen, junge Menschen mit Qualitätssendungen anzusprechen, junge Menschen mit Qualität zu begeistern. Qualität und trotzdem cool – das wird eine große Herausforde­rung für den ORF sein. (Beifall bei der ÖVP.)


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Unterm Strich: Was kann das neue ORF-Gesetz bringen? Mehr Qualität, ein besseres Programm für Ältere und für Junge, das wünschen wir uns, das werden wir aber auch einfordern. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


12.39.20

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Kollegen! Liebe Vorredner! Eines sollte uns klar sein: Zu jubeln gibt es heute bei dem Beschluss über dieses Gesetz nichts. Also Töne, die da meinen, es ist ganz toll, was wir jetzt machen, und ganz wichtig, dass wir das tun, sind sicherlich verfehlt, denn was wir jetzt tun, ist das Beheben eines Übelstandes, eines Missstandes, der nicht nur den ORF, sondern auch andere Sparten der österreichischen Wirtschaft durchzieht. Hier klingen mir die Worte Austrian Airlines oder Skylink, Flughafen Wien durchaus in den Ohren.

Der ORF ist ein klassisches Beispiel, wie ein verpolitisierter, proporzmäßig geführter, wider die Vernunft betriebener und ideologisch gesteuerter Betrieb in den Ruin geführt wird.

Dass wir das heute reparieren müssen, ist wahrlich kein Grund zum Jubeln, sondern ist eigentlich ein Grund, über sich selbst, über das Parlament, über den Zustand unserer Republik und vor allem über den Zustand der staatlich und politisch kontrollierten Zwei­ge unserer Wirtschaft nachzudenken. (Beifall bei der FPÖ.)

Da darf ich einiges richtigstellen, was hier an Beschwichtigungen oder an Rechtferti­gungsversuchen von verschiedenen Kollegen vorgebracht wurde.

Es ist gesagt worden, der ORF hätte ja einen Nachteil im Wettbewerb durch den öffent­lich-rechtlichen Auftrag, der ausgeglichen werden müsste. – Diesen Nachteil hätte ich auch gerne. Der „Hauptnachteil“ besteht nämlich darin, dass er – das sind die Zahlen für 2010 laut Finanzdirektor Grasl – 530 Millionen € an Gebühren bekommt. 530 Mil­lionen, das ist ein Betrag, der dem durchschnittlichen Gesamtbudget vergleichbarer öf­fentlich-rechtlicher Stationen entspricht. Das ist natürlich nicht BBC oder ZDF, aber das sind der finnische, norwegische, dänische oder belgische Rundfunk. Das ist deren Ge­samtbudget.

Diese 530 Millionen € sind keinesfalls, wie der Kollege von der SPÖ, Wittmann, glaube ich, war das, gesagt hat, eine Drittel-Drittel-Drittel-Geschichte, sondern diese 530 Mil­lionen sind von 900 Millionen € – das ist knapp der gesamte Ausgabenbereich des ORF – über 60 Prozent. Das heißt, dieser „Wettbewerbsnachteil“ – unter Anführungszeichen – besteht darin, dass ich 60 Prozent meiner Kosten vom Steuerzahler geschenkt bekom­me. Diese Gebühren sind ja kein Programmentgelt. Das ist eine Abgabe, die zwangs­weise für das rechtmäßige Teilnehmen am Fernsehempfang zu entrichten ist.

Nehmen wir etwa die Marktöffnung für die Privatanbieter! Die gibt es, keine Frage. Es gibt die Werbefenster, es gibt das Hereinstrahlen der deutschsprachigen Programme in einer Hundertschaft. Ja, aber das ist ja keine neue Entwicklung. Das weiß man seit zehn Jahren, das ist in allen Plänen drinnen, das ist in allen Budgetvorschauen ver­wirklicht. Nur hat man das einfach im Vertrauen darauf, dass man öffentlich-rechtlich ist und daher nicht fallengelassen wird, ignoriert und Horrordefizite produziert.

Ich kann mich erinnern, als ich selbst im Stiftungsrat war, im November 2007 ist die Budgetvorschau 2008 gegeben worden. Da ist bereits mit einem Abgang für dieses Jahr in der Höhe von 90 Millionen € gerechnet worden. 90 Millionen €, 10 Prozent des ge­


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samten Umfanges. Es hat damals schon Überlegungen gegeben, da wird man einmal et­was machen müssen. Es hat dann das Budget 2008 gegeben, da war es sogar ein biss­chen weniger, ich habe es mir aufgeschrieben: Der Abgang war damals 79 Millionen €. 2009 ist es sogar noch ein bisschen weniger geworden: 65,8 Millionen €.

Ausgegangen ist man Ende 2007 von Reserven, von verfügbaren Polstern im Ausmaß von 290 Millionen €. Das sind nämlich die Rücklagen und das Stiftungskapital gewe­sen. 290 Millionen € – und damit schafft man es nicht, sich an gegebene Marktände­rungen, an einen größeren Anteil von Privatmedien am Werbekuchen anzupassen?! Da fährt man einfach das ganze Ding so weiter und geht dann halt zum Parlament.

Ja, was soll man dazu sagen? Jetzt stehen wir nun hier und haben verhandelt, ich per­sönlich nicht, Kollege Fichtenbauer für uns. Die anderen haben mitverhandelt, und es hat auch ein Ergebnis gegeben, wo wir dann schweren Herzens gesagt haben: Das ganze Ding ist an die Wand gefahren – was sollen wir jetzt tun? Es wird notwendig sein, noch einmal Geld zuzuschießen, wie wir es auch bei der AUA und bei verschie­denen anderen staatlichen Bereichen gemacht haben.

Mir genügt das, was in dem Gesetz an Caveats eingebaut worden ist, bei Weitem nicht. Ich halte das für höchst problematisch, aber es gibt keinen anderen Konsens, es war kein anderer zu erzielen, und so viel staatspolitische Verantwortung müssen wir jetzt haben, dass wir das auch mittragen, was gerade noch durchsetzbar ist. Und dass diejenigen, die das mitverhandelt und im Ausschuss mitbeschlossen haben, dann sa­gen, ich heiße Hase und weiß von nichts, da werde nur Steuergeld verschleudert, das ist mir nicht verständlich, liebe Kollegen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwent­ner. – Bitte.

 


12.44.35

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollegin Aubauer hat die Frage gestellt: Was bringt das ORF-Gesetz uns allen? Ich würde die Frage gerne einschränken: Was bringt das neue ORF-Gesetz den Frauen? – Zum einen bringt es sehr vieles. Es gibt sehr viel Begrü­ßenswertes im neuen Gesetz, vor allem den Frauenförderplan. Es gibt zukünftig die verpflichtende paritätische Besetzung von Gremien, es wird analog zum Bundesdienst die 45-Prozent-Quote eingeführt. Viele Dinge, mit denen wir sehr zufrieden sein kön­nen, die auch die Grünen gut mitverhandelt haben, worauf wir auch stolz sein können.

Es ist uns auch nicht verborgen geblieben, dass Frauen bislang in höherwertigen Funk­tionen und Verwendungen im ORF massiv unterrepräsentiert sind. Dass dem zukünftig mit entsprechenden Instrumentarien gegengearbeitet, gegengesteuert wird, ist sehr gut und sehr begrüßenswert.

Es steht zwar jetzt im Gesetz, dass auf eine ausgewogene Vertretung Bedacht zu neh­men ist, aber man wird das noch genau beobachten müssen, inwieweit das dann tat­sächlich auch durchgeführt wird und ob nicht schon im Vorfeld, vor Umsetzung des Gesetzes entsprechende Neubesetzungen zu Gunsten der Männer und zu Lasten der Frauen passieren. Da werden wir noch genau hinschauen müssen.

Positiv ist auch – und das hätte ich mir zum Beispiel bei dem Modell zur Einkommens­transparenz gewünscht –, dass der Stiftungsrat künftig eine statistische Auswertung der Personalstruktur machen muss, in Bezug auf die Verwendungsgruppen, Teilzeit­beschäftigungen viel genauer auflisten muss, als es zum Beispiel das neue Modell zur Einkommenstransparenz vorsieht. Das ist im Sinne der Frauen, der Beschäftigten im ORF und absolut positiv.


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Aber es gibt mehr als die Quote und noch viele andere Dinge, die neben der Quote eine Rolle spielen und für Frauen und Männer, eben was die Sendungsinhalte betrifft und das, wie der ORF in Erscheinung tritt, wichtig sind. Da möchte ich ein Beispiel bringen: Es gab letztes Jahr eine große Enquete hier im Plenarsaal zum Thema „Frauen in der Po­litik“. Diese Enquete war medial sehr gut repräsentiert, es wurde viel in den Medien da­rüber berichtet – außer im ORF. Dem ORF war das eine kurze Nachricht wert. Viel­leicht gab es noch ein bisschen etwas darüber auf Ö1, aber es gab keine Diskussions­sendung zu dem Thema, kein „im ZENTRUM“, keinen „Club 2“. Ein Thema, das ge­nügend Diskussionsstoff, nämlich auch genügend Stoff für eine Enquete, hergegeben hat, war dem ORF keine Sendung wert. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kopf: Das ist ja live übertragen worden!)

Das zeigt, dass die Sendungsverantwortlichen offensichtlich noch nicht genügend sen­sibilisiert sind, dass es da Nachholbedarf gibt und es noch immer eine sehr männlich dominierte Sendungsverantwortung gibt.

Man sieht es auch jeden Sonntag in der Sendung „im ZENTRUM“: Bestenfalls sieht man eine Quotenfrau dort sitzen, neben vier, fünf Männern und einer Moderatorin. Dann kommt es auch darauf an, welche Rolle dieser Frau zugeschrieben wird, wie viel diese Frau reden darf. Da ist also von einem entsprechenden Geschlechterverhältnis noch kei­ne Rede.

Ich möchte auf noch etwas hinweisen. 10 Prozent der Menschen, die in Österreich le­ben, haben einen Migrationshintergrund. Diesen Menschen wird sehr oft vorgeworfen, dass sie fremdsprachige Sender sehen und nicht genügend deutsche oder österreichi­sche Programme schauen. Das ist nicht weiter verwunderlich, werden doch die Pro­gramme, die vor allem für sie gemacht sind, zu Sendezeiten gezeigt, zu denen man einfach nicht fernsehen kann, wenn man ein arbeitender Mensch ist, der etwas zu tun hat und nicht nur fernsehen kann. Das heißt, es muss noch viel im Sinne von Diversität getan werden, um diesen Menschen, nämlich 10 Prozent, die ORF-Gebühren zahlen, zu entsprechen.

Da möchte ich noch auf eines hinweisen, wo der ORF schon wieder frisch-fröhlich da­bei ist, wie ein Privater zu agieren. Es gibt eine neue Casting-Show, die heißt „Helden von heute“. In dieser Casting-Show bewerben sich junge Menschen, die motiviert sind, die Lust haben, ihr musikalisches Talent auf die Probe zu stellen. Wenn sie da mit­machen und eine Art Knebelvertrag unterschreiben, verkaufen sie alle ihre Rechte an den ORF, sogar die Rechte, ihre eigene Musik auf ihrer Homepage oder sonst wo zu publizieren. Das ist nicht einzusehen, und das ist völlig irreführend, auch wie es in der Ausschreibung formuliert ist. Ich möchte ganz dringend darauf hinweisen, dass der ORF da wieder von seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag abrückt und dass da gegengesteu­ert werden sollte. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


12.50.05

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Eine halbe Mil­liarde € kostet uns der ORF über die Zwangsbeiträge jedes Jahr, und jetzt sollen noch einmal 160 Millionen € dazukommen. Im Vergleich dazu kann man sagen, die privaten Sender kosten uns praktisch nichts. Wenn man sich überlegt, dass diese halbe Mil­liarde einzig und allein dafür da sein soll – was man hier so hört –, den öffentlichen Auftrag zu erfüllen, dann müssen wir uns doch endlich einmal diesen öffentlichen Auf­trag etwas genauer ansehen; ich habe mir das angesehen.

Da steht zum Beispiel unter Punkt 2, dass der ORF Informationsleistungen erbringen muss, die auch dem Bildungsangebot Rechnung tragen, die Orientierungshilfe in prakti­


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schen Dingen sein sollen, die wissenschaftliche Erkenntnisse vermitteln sollen, und so weiter. – All das können andere besser.

Es gibt einen weiteren Punkt, unter dem Dinge angeführt sind wie: Es sollen Einsichten vermittelt werden, es soll Orientierungshilfe gegeben werden, es soll eine Sinnstiftung stattfinden. – Auch dafür brauchen wir den ORF nicht. Wir brauchen den ORF für seine Kernaufgabe, und diese Kernaufgabe heißt: Information, möglichst ohne Meinungsbil­dung, das heißt, möglichst Fakten transportieren, möglichst breite Meinungsvielfalt, und wir brauchen ihn für Kunst, Kultur und die anderen Dinge, die im öffentlichen Inter­esse liegen. (Beifall beim BZÖ.) Dafür brauchen wir ihn, das muss der ORF leisten.

Jetzt stellt sich die Frage: Ist es gerechtfertigt, dass wir dafür jedes Jahr eine halbe Mil­liarde € aufwenden, oder können das andere nicht besser? Das ist die zentrale Frage. Deshalb ist es aus meiner Sicht heute notwendig, dem ORF ins Stammbuch zu schrei­ben, dass wir für unser Geld mehr haben wollen. Wenn wir für unser Geld nicht das be­kommen, was wir haben wollen, dann sollten wir uns überlegen, ob wir diese Aufgabe nicht den Privaten überantworten; auch das ist möglich. Ich weiß, das ist ein radikaler Ansatz, aber es wäre möglich, dass wir für Kunst- und Kultursendungen, für Informa­tionssendungen auch Private bezahlen, um das Entsprechende geliefert zu bekom­men, wenn das im öffentlichen Interesse liegt. Ich bin zu 100 Prozent davon überzeugt, dass das funktionieren kann.

Man sieht überhaupt nicht ein, warum der ORF, was die Informationspolitik betrifft, nicht wirklich objektiv, zumindest nicht immer objektiv ist, denn es sollte ja so sein, dass der ORF über Fakten berichtet und die Meinung im Kopf des Zuhörers entsteht und nicht auf der Zunge des Redakteurs. Das ist der Unterschied. Das heißt, ein gutes Medium bringt Fakten, lässt breite Meinungen zu und wartet darauf, dass die Meinung im Kopf des Zuhörers entsteht und nicht der Redakteur als Meinungsmacher agiert. Das wurde leider in der Vergangenheit sehr oft gemacht.

Deshalb brauchen wir einen ORF, der sich wieder auf seine Kernaufgaben besinnt, auf eben diesen öffentlichen Auftrag. Wir brauchen eine Entpolitisierung. Und wenn das nicht funktioniert, dann sollten wir wirklich darüber nachdenken, dem ORF die Zwangs­beiträge zu entziehen, denn dann muss er selbst wie ein Privater agieren. Der Staat könnte die Inhalte, die er haben will, von denen er glaubt, dass der Bürger sie braucht, auch auf dem privaten Markt nachfragen und dafür bezahlen. Das muss uns etwas wert sein. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn ich mir das ORF-Programm so ansehe, dann, muss ich sagen, ist es wirklich so, dass der ORF es sich auf dem Kopfpolster der Zwangsbeiträge gemütlich macht, priva­te Formate schlecht kopiert, seinem öffentlichen Auftrag nur sehr begrenzt nachkommt und letztlich vom Steuerzahler eine Zwangssteuer einhebt, um sich die Pfründe und die Einflussbereiche zu sichern, und – und das ist auch ein wichtiger Punkt – dass sich die Regierung einen Staatsfunk hält, den sie einmal mehr und einmal weniger für ihre Zwe­cke einsetzen kann. Dafür muss und sollte uns der ORF zu schade sein.

Deshalb: Der ORF muss sich reformieren, er muss ein ORF neu werden, er muss sich auf seine Kernaufgaben reduzieren, anderenfalls werden wir die Privaten in diesem Land stärken. Ich bin sicher, dass wir, wenn wir diese Inhalte bei den Privaten nachfra­gen, die wir vom Österreichischen Rundfunk nicht bekommen, keine halbe Milliarde da­für bezahlen werden, sondern dass wir sie viel günstiger und wahrscheinlich auch noch in besserer Qualität bekommen werden. (Beifall beim BZÖ.)

12.55


Präsident Fritz Neugebauer: Es liegt hiezu noch eine weitere Wortmeldung vor: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

Ich weise darauf hin, dass der ORF in eineinhalb Minuten die Live-Übertragung beendet.

 



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12.55.29

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich rede nicht für den ORF, sondern für das Parlament und für die Bürgerinnen und Bür­ger. (Beifall beim BZÖ. – Oh-Rufe bei der FPÖ.)

Am 23. Jänner vergangenen Jahres ist ein voll munitionierter Generalsekretär der FPÖ, Vilimsky, mit Kohorten bei Frau Präsidentin Prammer eingeritten (Zwischenruf des Abg. Weinzinger) und hat zu dem Titel „Weg mit den ORF-Zwangsgebühren“ 162 287 Un­terschriften überreicht. Wer es nicht glaubt, meine Damen und Herren, hier (der Red­ner hält ein Schriftstück in die Höhe), so schaut die Petition aus.

„Weg mit den ORF-Zwangsgebühren“: „Betreff: Abschaffung der ORF-Zwangsgebühren“.

„Nichts desto trotz“ – steht da – „werden vom Zuschauer/Zuhörer Gebühren zwangs­weise eingehoben, und zwar die höchsten von ganz Europa!

Noch schlimmer: Mit Umstellung auf digitales Fernsehen werden die Zuseher gezwun­gen, auf eigene Kosten technisch umzurüsten. Nehmen sie diese Mehrkosten nicht auf sich, so müssen sie trotzdem die ORF-Gebühren weiter bezahlen. Dies stellt einen un­fassbaren Missstand dar, den wir nicht länger bereit sind hinzunehmen.“

Vilimsky ist daher dafür, „die schnellstmögliche Einstellung der Rundfunkgebühren und des Fernsehentgelts“ zu verlangen.

„Initiator und Verantwortlicher

NAbg. GS Harald Vilimsky“.

Ich musste zwei Mal hinschauen: Harald Vilimsky. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Dei­mek.) Meine Damen und Herren vom ORF, vielleicht können Sie mit der Kamera hin­schwenken, das dort ist jener Herr, der heute zustimmen wird, dass der ORF nicht nur jährlich eine halbe Milliarde bekommt, sondern weitere 160 Millionen € vom Steuerzah­ler (Oh-Rufe beim BZÖ); blöderweise auch von jenen 162 287, deren Unterschriften bei Ihnen gelandet sind, Frau Präsidentin. Was tun Sie jetzt damit? Diese Leute, das hat man jetzt gesehen, sind von der FPÖ an der Nase herumgeführt worden. (Beifall beim BZÖ.)

Diese Leute, diese armen Menschen werden heute erleben müssen, dass ihre Unter­schriften, die sie Herrn Vilimsky, Initiator und Verantwortlichem Generalsekretär Vilims­ky – das hat Gewicht –, gegeben haben (Abg. Neubauer: Das ist ja nicht wahr! Das ist eine Lüge!), das Papier nicht wert sind, das man bei Ihnen eingereicht hat, Frau Präsi­dentin! Ist das nicht ein sehr erbärmlicher Vorgang? Würden Sie das nicht auch so be­zeichnen? (Abg. Neubauer: Die Rede ist erbärmlich! Die Lesung ist erbärmlich! – Wei­tere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Es waren gar nicht so viele Unterschriften? Son­dern? Beim Vilimsky stimmt gar nichts, da haben Sie recht. (Beifall beim BZÖ.)

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich kenne keine Partei hier in diesem Plenum, keine einzige Partei hier herinnen – und wir haben das wirklich recherchiert; keine ein­zige Partei –, die den ORF so massiv beschimpft hat in den vergangenen Jahrzehnten, würde ich einmal sagen (Abg. Dr. Graf: Kritisiert!) – „kritisiert“, sagt er dazu –, die den ORF so massiv beschimpft hat wie die FPÖ. Ich möchte nur aus der jüngsten Vergan­genheit ein paar Beispiele bringen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja natürlich, aber ich stimme ja auch nicht zu. Sie haben das schon intellektuell erfasst? Ja? – Wunderbar, willkommen an Bord! (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren! 7. April 2010, Kickl, wieder ein Generalsekretär der FPÖ: „ORF entwickelt sich immer mehr zu ,Quiquita-TV‘“ (Abg. Ing. Westenthaler: Ah!), also nicht ein öffentlich-rechtlicher Sender, sondern der Sender einer Bananenrepublik. – 160 Millionen bekommt das „Quiquita-TV“ heute von der FPÖ. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) – Du kannst jetzt aufstehen – man sieht dich, wenn du aufstehst – und erklären, wieso du 160 Millionen für „Quiquita-TV“ hergibst. (Beifall beim BZÖ.) Würdest du das viel­


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leicht den 162 000 Unterzeichnern der Vilimsky-Petition erklären!? Das kann man näm­lich nicht so ohne Weiteres erklären, das erklärt sich nicht von selbst. Manches erklärt sich bei euch wirklich von selbst, aber das nicht, leider.

Weitere Beispiele: „linkslinke Medien-Mafia“ ORF, „ORF tief im Politsumpf“. – Kickl, Generalsekretär der FPÖ. Heute stimmt er dafür: weitere 160 Millionen Steuergeld als Gebührengeld für diesen ORF.

„Rotfunk“, „Intrigantenstadl“ – all das fixes Repertoire bei jedem Strache-Auftritt. Schau­en Sie sich einmal einen Strache-Auftritt an! ORF-Beschimpfungen sind fixes Reper­toire bei jedem Auftritt. Heute bekommt dieser so viel gescholtene ORF – auch von der FPÖ, anders wäre es nicht möglich; nur damit man das weiß: ohne Zustimmung der FPÖ wäre das nicht möglich! – weitere 160 Millionen € in den Rachen gesteckt. Das ist die Leistung dieser freiheitlichen Fraktion, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei FPÖ und SPÖ.)

Ich habe noch die Beschimpfungen des Kollegen Vilimsky gegenüber dem ORF in Zu­sammenhang mit der Rosenkranz-Berichterstattung in Erinnerung. Haben Sie noch in Erinnerung, was er alles über den ORF gesagt hat? – Das kann man hier gar nicht wie­dergeben, ohne Ordnungsrufe in Serie vom Herrn Präsidenten zu bekommen.

Oder: Herr Ed Moschitz hat die Skinheads auftreten lassen „Am Schauplatz“. Das ist eine der köstlichsten Geschichten überhaupt. 80 € beziehungsweise 100 € Taggeld, hat es geheißen, haben diese Skinheads dafür bekommen, dass sie „Sieg Heil!“ geru­fen haben, als Strache gekommen ist. Stellen Sie sich einmal vor, wie viele Skinheads man jetzt finanzieren kann mit 160 Millionen zusätzlichen Euro, meine Damen und Her­ren! (Beifall beim BZÖ.)

Ed Moschitz wird seine Gaudi haben. Bitte, ziehen Sie doch Ihre Klagen gegen Herrn Ed Moschitz zurück! Führen Sie doch keine Beschwerden mehr beim ORF-Publikums­rat, wenn Sie gleichzeitig jenen, über die Sie sich beschweren, 160 Millionen € in den Rachen stecken! Das ist doch für niemanden mehr nachvollziehbar.

Wenn jemand so etwas macht – Kollege Graf, du weißt das ja ganz genau –, wenn zum Beispiel jemand vor Gericht solch einen Unsinn macht, dann bestellt man einen Sachwalter. Ich wüsste nicht, wer den Sachwalter für die FPÖ übernehmen sollte, mei­ne Damen und Herren! Das wird ein echtes Problem, denn eine Partei, die sich selbst massiv vom ORF vorführen lässt, den ORF dafür massiv beschimpft und den ORF dann mit 160 Millionen € dafür belohnt, nur weil sich das Herr Peter Fichtenbauer so hat ab­ringen lassen, eine solche Partei ist, gelinde gesagt, nicht mehr bei Trost. Nicht mehr bei Trost, meine Damen und Herren!

Diese Geschichten ließen sich fortsetzen. Die Auseinandersetzungen zwischen FPÖ, Strache, Kickl, Vilimsky und ORF würden eine ganze Plenardebatte füllen. Und das be­lohnt die FPÖ – ich kann es nicht oft genug sagen – mit zusätzlich 160 Millionen € Ge­bühreneinnahmen für diesen so viel gescholtenen ORF.

Die meisten von euch kenne ich ja, und ich weiß, eigentlich würdet ihr am liebsten hi­nauslaufen, aber das hat euch euer Fieberthermometer-belasteter Parteivorsitzender verboten, denn er hofft ja, dass er deswegen im Wiener Wahlkampf beim ORF ein bisschen besser wegkommt. Früher haben Sie noch irgendeinen Posten für Herrn Se­ledec ausverhandelt. Das habe ich auch noch verstanden, Herr Seledec ist wichtig, das ist zweifelsfrei so. Dafür ist die FPÖ schon einmal umgefallen. Aber dass sie jetzt, nach den Moschitz-Erfahrungen, nach dem Rosenkranz-Wahlkampf, immer noch bereit ist, den ORF-Konkurs zu verschleppen – das kommt nämlich dazu, und das ist wirklich das Groteske ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.) – Aber natürlich!

Wer jetzt dem ORF 160 Millionen € Einnahmen ermöglicht – das will ich euch zugeste­hen und euch auch, denn eure Leute sitzen dort, aber denen gestehe ich es nicht zu –, wer


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so etwas tut, der verschleppt diesen Konkursfall um vier weitere Jahre – um vier weite­re Jahre, meine Damen und Herren! –, der verhindert, dass der ORF sich sanieren muss, der verhindert, dass der ORF sich umstrukturieren muss, und der verhindert auch, dass der ORF sich endlich am Gebührenzahler orientieren muss und nicht an den Parteise­kretariaten. Das, meine Damen und Herren, ist die Problematik, die dahintersteckt! (Bei­fall beim BZÖ.)

Da nutzt es gar nichts, Herr Kollege Hübner, hier am Rednerpult einen verbalen Eier­tanz zu veranstalten. Weißt du, da war deine Kollegin Unterreiner ehrlicher. Sie wahr ehrlicher, sie hat einen Hofknicks gemacht vor dem Herrn Staatssekretär, hat ihn Ge­neral genannt. Ich weiß gar nicht, warum er jetzt auf einmal das Kommando in der FPÖ übernommen hat; sie hat schon zwei Generalsekretäre, jetzt hat sie noch einen General ohne Sekretär. Ich habe mir gedacht, im nächsten Moment springt sie über die Bank und fällt ihm um den Hals – für 160 Millionen €, die sie dafür dem ORF schenken darf, meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass das ganz groß berichtet wird, Frau Kol­legin Unterreiner.

Den eigentlichen Grund für die Zustimmung seitens der FPÖ haben wir erst von Kolle­gin Unterreiner erfahren, nämlich: die Rettung des Radio-Symphonieorchesters. (Abg. Dr. Rosenkranz: Bravo! Super!) Jetzt wissen wir es, meine Damen und Herren: das Radio-Symphonieorchester. – Das wird aber bei den Stammtischen im Innviertel, in den Gemeindebauten und bei dem kleinen Mann in Wien vor der nächsten Wiener Land­tagswahl Begeisterung hervorrufen.

Meine Damen und Herren, ich bin Ihnen für Ihre Zustimmung heute dankbar, weil Sie damit zeigen, was Sie mit Wählervertrauen und mit Unterschriften der Petenten auffüh­ren. Sie fallen sofort um, wenn es bei Ihnen nur ein bisschen um einen kleinen Vorteil im ORF geht. Sofort machen Sie die Beine breit, wenn es darum geht, dass Ihnen zwei Koalitionsparteien ein frivoles Angebot machen (He-Rufe bei SPÖ und FPÖ), dann sind Sie bereit, 160 Millionen € einem ORF, den Sie gescholten haben, in den Rachen zu stecken. (Anhaltender Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Herr Präsident, ich beantrage einen Ordnungsruf!)

13.05

13.05.25

 


Präsident Fritz Neugebauer: Meine Damen und Herren vom BZÖ-Klub! Der Schluss­satz und das Bild des Herrn Kollegen Stadler werden deswegen nicht besser, aber für diese Ungebührlichkeit erteile ich ihm einen Ordnungsruf. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen.)

*****

13.05.54 Abstimmung

Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht mehr vor.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das KommAustria-Gesetz, das Telekommunika­tionsgesetz 2003 sowie weitere Gesetze geändert werden, in 761 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Cap, Kopf, Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kol­legen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen auf ge­trennte Abstimmung vor.

Ich lasse zunächst über die von diesem Abänderungsantrag und dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile des Gesetzentwurfes und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen.


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Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes so­wie Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfas­sungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Dr. Cap, Kopf, Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 5 Z 20 und Z 54 des Gesetzent­wurfes bezieht.

Wer sich für diesen Abänderungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Cap, Kopf, Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kol­legen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 5 Z 55 des Gesetzent­wurfes bezieht. Dazu wurde getrennte Abstimmung hinsichtlich der Änderung des § 18 Abs. 1 verlangt.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diese Bestimmung aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich komme sogleich zur Abstimmung über die restlichen Teile von Z 55 des Abände­rungsantrages der Abgeordneten Dr. Cap, Kopf, Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Cap, Kopf, Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kol­legen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 5 Z 76, Z 91 und Z 101 sowie auf Art. 6 des Gesetzentwurfes bezieht.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit an­genommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes. Ich weise darauf hin, dass diese Teile Verfassungsbestimmungen beinhalten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen somit gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit an­genommen.

Ich stelle wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das Presseförderungsgesetz 2004 geändert wer­den, samt Titel und Eingang in 762 der Beilagen.

Wenn Sie diesen Entwurf unterstützen, bitte ich um Ihr Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wenn Sie den Entwurf auch in dritter Lesung unterstützen, bitte ich um Ihr Zeichen. – Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.


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13.10.203. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 546/A(E) der Abgeordne­ten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verfahrensbe­schleunigung und Verbesserung des Rechtsschutzes durch einen ständig tagen­den Verfassungsgerichtshof, durch eine Verkürzung der Verfahrensdauer auf ge­nerell längstens sechs Monate und durch eine Aufstockung der dafür erfor­derlichen Planstellen für die ständigen Referenten, weiters die Möglichkeit einer Absetzbarkeit des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes (749 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


13.11.03

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist der, glaube ich, un­günstigste Zeitpunkt, direkt nach der Fernsehzeit und nach der Abstimmung zu sprechen.

Dennoch ist es ein wichtiges Thema. Der Verfassungsgerichtshof ist ja für alle in dieser Republik wichtig, und wir haben festgestellt, dass einerseits die Zahl der Verfahren zu­genommen hat – und andererseits damit auch die Verfahrensdauer –, und wir haben uns damit auseinandergesetzt, wie man eine Verbesserung im Sinne einer kürzeren Ver­fahrensdauer erreichen könnte. Das ist der Inhalt unseres Antrages. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben festgestellt, dass es eine höhere Anzahl von Mitarbeitern, von Referenten geben soll, weil diese ganz wesentlich für die Vorbereitung der Entscheidungen sind. Und wir haben festgestellt, dass es unserer Meinung nach sinnvoller wäre, statt des sogenannten Sessionssystems, dass sich also der Verfassungsgerichtshof mehrmals pro Jahr für drei Wochen zusammensetzt, das ständige Tagen des Verfassungsge­richtshofes einzuführen. Das würde gewährleisten, dass die Verfahren schneller durch­geführt werden könnten. Wir haben ja im Verwaltungsrecht eine Verfahrensdauer von maximal sechs Monaten, und es wäre daher anzustreben, auch in diesem Bereich eine derartige Verfahrensdauer einzuführen oder zu gewährleisten.

Aber es soll kein Zwang sein. Wir haben nicht verlangt, dass, wie im Verwaltungsrecht, hier die sechs Monate zwingend eingeführt werden, aber es wäre naheliegend und sinnvoll, dass auch der Verfassungsgerichtshof im Schnitt innerhalb von sechs Mona­ten entscheidet, oder nach Möglichkeit höchstens innerhalb von sechs Monaten. Dafür wäre die ständige Tagung des Verfassungsgerichtshofes ein sinnvoller Beitrag.

Es wurde hier eingewendet, dass damit gewisse Berufe ausgeschlossen würden, weil es jetzt auch zum Beispiel Verfassungsrichter gibt, die aus den freien Berufen stam­men. Das ist meines Erachtens nicht richtig. Erstens ist nicht gesagt, dass die Verfas­sungsrichter auch immer auf Lebenszeit bestellt werden müssen, und zweitens könnte sich auch durchaus jemand aus einem freien Beruf oder auch aus der Professoren­schaft dazu entscheiden, Verfassungsrichter zu werden, auch unter diesen Voraussetzun­gen, was natürlich tatsächlich sinnvoll wäre. Also auch dieses Argument geht ins Leere.

Unser Ziel sind, wie gesagt, schnellere Verfahren, und daher dieser Antrag. Ich hoffe, dass Sie dem beitreten. (Beifall bei der FPÖ.)

13.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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13.13.47

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir haben im Ausschuss diesen An­trag abgelehnt und werden heute unser Stimmverhalten im Sinne der Ausschussfest­stellung wiederholen.

Herr Kollege, nur ganz kurz. Der Verfassungsgerichtshof ist ein hochfunktionelles Staats­organ, das in acht Monaten durchschnittlicher Entscheidungszeit seine Entscheidun­gen trifft, auf Basis höchster Qualität, und es gibt in diesem Zusammenhang überhaupt keinen Bedarf einer Änderung.

Das, was nicht ganz verständlich war, war seinerzeit die Erklärung des Herrn Präsiden­ten Korinek, der dargelegt hat, dass der Verfassungsgerichtshof noch viel mehr Cau­sen – das war die Frage Asyl, Fremdenrecht – übernehmen könnte, was jetzt einge­treten ist und wo es in der Tat Engpässe gibt. Aber die können sicherlich anders auch behoben werden. Nicht zuletzt auch durch die gesamte Gesetzgebung, durch den Asylgerichtshof, findet hier sicherlich eine erhebliche Verbesserung statt.

Wichtig ist auch die Repräsentanz im Verfassungsgerichtshof, nämlich dass auch die freien Berufe, die Rechtsanwälte vertreten sein sollten. Das steht völlig außer Streit. Diesbezüglich kenne ich eigentlich bis dato keinen einzigen Vorschlag, der diesbezüg­lich eine Änderung vorsieht, außer Ihren jetzt. Faktisch ist es nämlich, wenn Sie hier eine Permanenzerklärung durchführen, für jeden Freiberufler völlig unmöglich, im Ver­fassungsgerichtshof tätig zu sein. Und das heißt, dass Sie diesen Berufsstand, diese Be­rufsart ausschließen.

Der Gerichtshof ist natürlich ein politisch besetztes Organ, das so besetzt wird, dass al­le relevanten Größen und unterschiedlichen Gruppierungen im Staat repräsentiert wer­den sollen, und daher auch das Vorschlagsrecht der Bundesregierung, das Vorschlags­recht des Nationalrates und auch des Bundesrates zu einer Besetzung.

Ich glaube also, die Abberufung des Präsidenten, weil es, wie Sie hier schreiben, nicht notwendig sei, dass er zu politischen Entwicklungen Stellung nimmt, geht in zweierlei Hinsicht am Punkt vorbei. Einerseits ist es natürlich so, dass der Verfassungsgerichts­hof politische Entwicklungen zu kommentieren, zu entscheiden hat, und daher ist voll­kommen klar, dass jede Äußerung, jede Entscheidung eine politische Relevanz hat.

Herr Kollege, ich weiß nicht, ob Sie da jetzt die Ortstafelentscheidungen vor Augen ha­ben oder was auch immer – das wird ja im Antrag nicht ausgeführt –, aber Tatsache ist jedenfalls, dass es völlig unerquicklich ist und absolut sinnlos, von einer zusätzlichen Abberufung durch die Politik zu reden. Es gibt an sich eine Bestimmung, und zwar ist das der § 10 Verfassungsgerichtshofgesetz, wo das Organ, der Verfassungsgerichts­hof selbst, den Präsidenten abberufen kann, wenn sich herausstellt, dass für diesen einerseits die Erfordernisse nicht mehr vorliegen, oder er sich in einer Art und Weise verhält, wie sie dem Wesen des Verfassungsgerichtshofes nicht entspricht. Wenn Sie das jetzt herausnehmen und in die Politik setzen wollen, ist das eigentlich nicht ganz nach­vollziehbar.

Ich habe draußen in den Couloirs ein ganz interessantes Gespräch gehört, wonach es hier eigentlich eher darum geht, dass sich die Gruppe Strache, Kickl und Stefan auf diese Art und Weise – und insofern, finde ich, ist das wieder eine relativ humoristische Untermalung des Ganzen; wir hatten das ja im Ausschuss auch schon besprochen – eigentlich gegen den Präsidenten Graf richtet und über Umwege über den Verfas­sungsgerichtshof die Diskussion Nationalratspräsident: Abberufung ja oder nein? meint.

Ich habe schon Verständnis für Ihre internen Auseinandersetzungen, aber ich würde mei­nen, dass wir hier einen Tagesordnungspunkt haben, bei dem es mehr oder weniger da­rum geht, Sie zu beraten. Etwas anderes ist es ja nicht, wie der Herr Kollege Pendl auch schon festgestellt hat. (Abg. Mag. Stefan: Also Sie sind dagegen?)


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Dafür ist dieses Thema, glaube ich, doch etwas zu schade. Insofern ist es meiner Mei­nung nach eine nicht uninteressante Diskussion, eine innerparteipolitische Diskussion der FPÖ, aber wir von der SPÖ werden jedenfalls nicht mitmachen. Ich wünsche Ihnen aber für Ihre internen Auseinandersetzungen zukünftig alles Gute. – Danke schön. (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stefan: Danke für die Unterstützung!)

13.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.18.06

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Frau Bundesminister! Herr Staatsse­kretär! Kollege Jarolim, was Ihnen an Lieblichkeiten zu der Thematik einfallen mag, um Vermutungen, Diskurse, Auseinandersetzungen innerhalb der FPÖ zu unterstellen, ist zwar ein Zeugnis für Ihre lebhafte Phantasie, aber kein Zeugnis für die Realität. Wir stehen geschlossen hinter Martin Graf! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist gefährlich, solche Aussagen!)

Dieser Antrag, auch wenn es vielen nicht gefallen mag, hat mit dem nichts zu tun. Kol­lege Scheibner, das ist auch keine Grundlage, anderes zu vermuten. Historisch, Kolle­ge Scheibner, warst du in vielfältigster Weise, weitaus mehr als ich in meinem Leben, in politische Mehrheitsbildungen, Diskurse, Dinge involviert als ich. Die Spitze der Le­gitimität wohnt nicht auf deiner Zunge, möchte ich in diesem Zusammenhang sagen. (Abg. Scheibner: ... Erfahrungen mit solchen Bekenntnissen!)

Die Weisheit des Alters ist noch nicht auf deiner Seite, mehr auf der meinen. (Abg. Scheibner: Aber die Erfahrung!) – Erfahrung ist etwas, was lebensbereichernd und weisheitsbereichernd wirken kann. Aber eigentlich läge mir daran, über den Verfas­sungsgerichtshof oder ein bisschen auch über den Verwaltungsgerichtshof zu sprechen.

Wahr ist, dass wir erstens natürlich nicht erwartet haben, dass der negative Ausschuss­bericht heute ins Gegenteil verkehrt würde. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Wichtig ist es aber, dass man dann und wann über interessante The­men spricht, und dass nicht Grabesruhe zum Beispiel über die höchsten Organe der Re­publik herrschen soll.

Wahr ist ferner – und das als kleine Erinnerung zur Zeitgeschichte –, dass Österreich auch stolz sein kann, denn Österreich ist das erste Land, das einen Verfassungsge­richtshof eingeführt hat. Das heißt, die österreichische rechtsgeschichtliche Tradition ist hier einwandfrei, und es ist auch lagerübergreifend immer gelungen, die Qualität der höchstgerichtlichen, verfassungsrechtlichen Rechtsprechung zu sichern.

Aber wahr ist auch, dass wir, in unterschiedlicher Dimension, eben lange Verfahrens­dauern haben, und dieser Diskussionsbeitrag dient dazu, über mögliche Beschleuni­gungsmodelle zu reflektieren.

Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, daran zu erinnern – und hoffentlich mit posi­tivem Reflex, denn das ist völlig farbenunabhängig –, dass wir einen Antrag einge­bracht haben, der im Verfassungsausschuss ist, die Änderung des § 83 Verwaltungs­gerichtshofgesetz vorzunehmen. Bekanntermaßen hat nämlich der Verwaltungsge­richtshof rein kassatorische Funktionen, und es gibt zahllose Fälle, wo der Sachverhalt völlig abgeklärt ist und der Verwaltungsgerichtshof mit demselben Verfahrensaufwand unter einem, so wie es der Oberste Gerichtshof macht: aufheben oder ändern, den Spruch ändern könnte.

Durch den jetzigen Rechtszustand ist der Verwaltungsgerichtshof gezwungen, einfach zu kassieren, wenn er aufheben möchte, und die Sache wieder an die unteren Instan­zen zu verweisen, was selbstverständlich einen Mehraufwand im Verfahren bedeutet.


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Ich ersuche, den geneigten Blick auf diese Materie zu richten. Das ist, ich wiederhole mich, völlig farbenunabhängig und ein nicht unwesentlicher Beitrag zur Verwaltungs­reform. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfinger. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


13.22.06

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Titel dieser Entschlie­ßung, Verfahrensbeschleunigung und Verkürzung der Verfahren, klingt ja vielleicht fürs Erste ganz nett und gut gemeint, und Kollege Fichtenbauer hat ja auch gesagt, wir soll­ten unseren Blick auf dieses Thema fokussieren.

Die wahren Hintergründe erkennt man aber erst bei näherem Hinsehen, denn da geht es nicht nur um die Verkürzung der Verfahrensdauer, sondern da geht es in Wirklich­keit um die Absetzung des Präsidenten durch politisch motivierte Organe, und ich den­ke, das kann nicht wirklich in unserem Sinn sein.

Es soll hier nicht der Rechtsschutz gestärkt werden, erkennt man, wenn man es sich genauer anschaut, sondern Sie von der FPÖ wollen viel mehr an parteipolitischem Zu­griff auf die Tätigkeiten der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs als Richter. Und aus den unabhängigen Hütern der Verfassung soll eben dann auf Zuruf ein funktionie­rendes Parteiorgan werden. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Weinzinger: Wir wol­len diesen Unsinn abschaffen, dass das parteipolitisch besetzt wird! Sie stehen zu die­sem Unsinn und werfen das uns vor! Das ist ja unglaublich!)

Ich bin, wie schon gesagt, der Meinung, das sollte nicht in einem Zug mit der Verfah­rensdauer diskutiert werden. Es steht dezidiert drinnen, und daher verstehe ich nicht, dass Sie da jetzt eine gekünstelte Aufgeregtheit vorspielen. Es ist ein Antrag, der hier vorliegt, und daher kann ich nicht sagen, fokussieren wir den Blick auf das eine und vergessen wir dabei das andere. Das sind Kernelemente dieses Antrags, daher sind sie auch von uns im Gesamten zu sehen und zu behandeln:

Und was die durchschnittliche Erledigungsdauer von acht Monaten betrifft, so ist das im internationalen Vergleich eine sehr positive Bewertung, und man muss auch dazu sagen, jede fixe Beschränkung auf sechs Monate würde die Rechte und Möglichkeiten auf Parteiengehör enorm einschränken und damit die objektive Arbeit gefährden.

Zusammenfassend kann man sagen: Passt der FPÖ eine Entscheidung des Verfas­sungsgerichtshofs nicht, dann gibt es eben großen Widerstand und will man den Präsi­denten absetzen. Man braucht ja nur die APA-Aussendung von gestern zu lesen, was den Vertrag von Lissabon betrifft. Diese Aussendung spricht Bände, ist mehr als plaka­tiv, und daher ist die Vordergründigkeit dieses Antrags leicht zu erkennen und ist dieser Antrag von unserer Seite klar abzulehnen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Rosenkranz: Parteiengehör beim Höchstgerichtshof?!)

13.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Musiol. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


13.24.39

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir ha­ben diesen Antrag abgelehnt und werden ihn auch heute ablehnen, wiewohl wir einen Teil des Antrags oder einen Teil der Analyse ja teilen, aber nicht nur wir, sondern wahr­scheinlich alle. Wir beraten im Ausschuss regelmäßig darüber, dass die Höchstgerich­


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te, der Verfassungsgerichtshof, der Verwaltungsgerichtshof, vor schwierigen Aufgaben stehen, dass sie eine Unmenge an Fällen zu bearbeiten haben, dass sie mit einer Un­menge an Fällen hintennach sind, und dass – und das steht ja auch alle Jahre wieder in den Berichten des Verfassungsgerichtshofes, aber auch des Verwaltungsgerichtsho­fes – diese Aufgabe so nicht weiter bewältigbar ist.

Ursache, und das wissen wir auch alle, ist die Tatsache, dass Asylgerichtshoffälle jetzt nur mehr zum Verfassungsgerichtshof weitergehen können und nicht mehr zum Ver­waltungsgerichtshof. Das führt dazu, dass beim Verfassungsgerichtshof 63 Prozent al­ler Fälle Asylrechtsverfahren sind.

Hier ist sicher dringender Handlungsbedarf, und eine große Hoffnung in diesem Zu­sammenhang legen nicht nur wir, sondern auch die Präsidenten der Gerichtshöfe in die Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform. Sie fordern eine zweistufige Verwaltungsgerichts­barkeit, die dann auch wieder den Weg sowohl zum Verfassungsgerichtshof als auch zum Verwaltungsgerichtshof eröffnen würde.

Da gibt es ja auch schon einen Entwurf, der hierauf leider noch keine befriedigende Antwort gibt. Der Asylgerichtshof soll nach diesem Entwurf weiter bestehen, aber es ist abzuwarten, was mit diesem Entwurf weiter passiert, denn seit Ende der Begutach­tungsfrist wurde hier nichts mehr öffentlich oder auch nichtöffentlich vernommen, und es ist zu befürchten, dass sich auch dieser Entwurf und diese Reform irgendwo in den Mühlen des Föderalismus verkeilen und dort enden wird.

Vor diesem Hintergrund hoffe ich, dass der Herr Staatssekretär, der hierfür zuständig ist, auch tatsächlich diese Sache weiterhin ernsthaft betreibt. (Abg. Pendl: Der Herr Staats­sekretär wird’s schon machen!)

Aber lassen Sie mich auch noch zu dem skurrilen, ja fast absurd anmutenden Vor­schlag in dem Entschließungsantrag Stellung nehmen, der sich auf die Absetzbarkeit des Verfassungsgerichtshofpräsidenten bezieht, nämlich dann, wenn er sich politisch äußert. Skurril, ja fast absurd deshalb, weil ich mich an die Diskussion im letzten Ple­num erinnere, also nicht gestern, sondern letzten Monat, wo wir den Antrag rund um die Absetzbarkeit der Nationalratspräsidenten, konkreter Anlassfall: der Dritte National­ratspräsident Martin Graf, beraten haben. Diese Beratung ist damals zum einen ja nicht wirklich sachlich-inhaltlich geführt worden, sondern wir mussten uns damals mit irgend­welchen Fußballspielen des FC Parlament und irgendwelchen Gekränktheiten von Menschen (Zwischenrufe des Abg. Kickl), die dort aufgerufen oder nicht aufgerufen wurden, gewonnen haben, ein Tor geschossen haben und vieles mehr, mitten in der Nacht beschäftigen. Aber lassen wir das.

Tatsache ist, dass die FPÖ, die sich die ganze Zeit über gegen die Absetzbarkeit des Dritten Präsidenten, der eine parlamentarische Funktion hat, der ein wichtiges öffentli­ches Amt in diesem Land innehat, vehement gewehrt hat, gleichzeitig einen Verfas­sungsgerichtshofpräsidenten – und der Nächste ist dann vielleicht der Verwaltungsge­richtshofpräsident – absetzen können möchte, wenn dieser sich politisch äußert.

Und da frage ich schon: Wo ist denn die Grenze der politischen Äußerung? Kollege Ja­rolim hat schon gesagt, der Verfassungsgerichtshof beschäftigt sich mit hochbrisanten politischen Fragen – das sehen wir auch wieder in der aktuellen Session –, und die Frage ist schon: Wo ist da auch Ihr verfassungsrechtliches Verständnis und Ihr Demo­kratieverständnis? Es gibt in diesem Land nun einmal die freie Meinungsäußerung! (Abg. Dr. Rosenkranz: Sie möchten das aber nie! Sie treten gegen Versammlungsfreiheit ein, gegen Meinungsfreiheit, wenn es Ihnen nicht passt!) Diese ist verfassungsrechtlich ga­rantiert, und das würde bedeuten, dass man einzelne Personen davon ausgrenzt.

Es gibt in diesem Land den Grundsatz der Gewaltenteilung, und es gibt diesen Gerichts­hof, der unter anderem auch die Politik zu kontrollieren hat. Und es ist absolut absurd, hier


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eine Regelung schaffen zu wollen, wo die Politik die Person, die sie kontrolliert, abset­zen kann, wenn diese sich politisch äußert. Niemand kann uns erklären, was diese po­litische Äußerung denn tatsächlich dann sein soll. (Abg. Dr. Rosenkranz: Sie beschnei­den die Grundrechte!)

In diesem Sinne werden wir diesen Antrag ablehnen, und lassen Sie mich das auch noch einmal zum Anlass nehmen, um zu sagen: Ein Dritter Nationalratspräsident Martin Graf ist für dieses Land unerträglich! (Beifall bei den Grünen.)

13.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.29.21

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen meiner Vorrednerin haben gezeigt, dass man bei der Beurteilung oberster Organe des Staates hier sehr unterschiedlich argumentiert. Allerdings muss ich Ihnen denselben Vorwurf auch bezüglich dieses Antrages der FPÖ machen, denn, Frau Kollegin Musiol, Sie begründen Ihre Ablehnung des FPÖ-Begehrens damit, dass es skurril sei, dass man ein hohes Staatsorgan – in diesem Fall der Rechtsprechung, den obersten Verfassungsrichter – nicht aus politischen Gründen abwählen können soll.

Im selben Moment sagen Sie aber, dass eines der höchsten Staatsorgane, noch über dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs, nämlich ein Präsident des Nationalra­tes sehr wohl aus politischen beziehungsweise parteipolitischen Gründen abgewählt können werden soll. Das ist doch wirklich ein Widerspruch in sich!

Sie müssen sich wieder einmal den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie Demokratie aus Ihrer grünen ideologischen Brille heraus sehen. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit dürfen sich aber nicht nach der Ideologie orientieren, sondern haben einen objektiven Standard, einen objektiven Maßstab anzusetzen. Sonst ist es nicht Demokratie, son­dern Diktatur, Frau Kollegin Musiol. Da können wir Ihnen sicherlich nicht zustimmen.

Wir lehnen diesen Antrag aus genau diesem Grund ab. Wir sind gegen eine Abwahl eines Höchstrichters aus politischen Gründen, genauso wie wir gegen die Abwahl eines Parlamentspräsidenten aus politischen Gründen sind, ganz konsequent! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Mag. Stefan.) Deshalb können wir diesem Antrag auch nicht die Zustimmung geben.

Vielleicht war das jetzt eine Ankündigung für ein anderes Abstimmungsverhalten, eine Veränderung des Antrags hatten wir ja im Ausschuss auch schon überlegt. Eine Be­schleunigung der Verfahren vor dem VfGH wäre sicherlich sinnvoll, wird aber wahr­scheinlich nicht so gehen, wie es im Antrag steht. Im Redebeitrag haben Sie das ja re­lativiert, aber im Antrag steht es: Höchstens sechs Monate sollen die Verfahren dauern dürfen. Das wird schwierig sein. Wir kennen ja die Statistiken.

Wir sollten aber versuchen, die missbräuchliche Anrufung des Verfassungsgerichtshofs zumindest zu reduzieren. Auch die Verfassungsrichter klagen uns ihr Leid darüber, dass gerade bei Asylrechtssachen auch in offensichtlich aussichtslosen Fällen von der gestern schon diskutierten Gruppe, von gut verdienenden Anwälten, Beratern und Betreuern alles unternommen wird, um die Verfahren trotzdem zu verlängern und die­se Fälle noch vor den VfGH zu bringen. Damit werden Verfahren jener Bürger und Ins­titutionen, die wirklich eine Verfassungsfrage geklärt haben wollen, auf die lange Bank geschoben.

Da ist sicherlich Überlegungsbedarf gegeben. Aber apodiktisch zu sagen, es darf nicht länger als sechs Monate dauern, ist schwierig. Deshalb werden wir diesem Antrag der Freiheitlichen unsere Zustimmung nicht geben können. (Beifall beim BZÖ.)

13.32



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 94

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühl­bacher. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.32.52

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Wir lehnen den Antrag eben­falls ab. Die Forderung, dass der VfGH ständig tagen soll ... – Ich weiß nicht, ob Sie viel­leicht daran Anstoß nehmen, dass Notare in diesem System nicht enthalten sind.

Aber gerade Berufsgruppen wie Rechtsanwälte und Uniprofessoren, die das System des Verfassungsgerichtshofs und dessen Expertise ergänzen, würden Sie mit einem ständig tagenden VfGH ausschließen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.) – Na, doch! Genau das macht die Systematik und die Kompetenz des VfGH aus, Herr Kol­lege. (Abg. Dr. Rosenkranz: Unsinn!)

Das Sessionensystem hat sich ja jahrzehntelang erprobt und bewährt. Erinnern Sie sich an den Verfassungsausschuss, Herr Kollege Rosenkranz! (Abg. Dr. Rosenkranz: Na bitte?!) Vielleicht haben Sie da nicht so genau zugehört, aber der Herr Präsident des Verfassungsgerichtshofs hat die Arbeitsweise des VfGH erklärt. Anscheinend ist das bei Ihnen noch nicht ganz angekommen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Doch!)

Zur vorzeitigen Abberufung des Präsidenten ist zu sagen: Ich denke, wir sollten diese Diskussion sicher an anderer Stelle besser führen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Nur weil Sie das nicht verstehen, muss das nicht schlecht sein!) Auf jeden Fall festzuhalten ist, dass nach dem Bericht, der vorgelegt wurde, der VfGH 2 500 bis 2 800 Rechtssachen mit einer durchschnittlichen Dauer von achteinhalb Monaten erledigt, was im interna­tionalen Vergleich durchaus gut ist.

Es kann auch sein, dass Sie sich über die Arbeitsweise deswegen mokieren, weil Sie jetzt mit Ihrem Antrag, den Vertrag von Lissabon als verfassungswidrig aufzuheben, abgeblitzt sind. Das könnte natürlich auch sein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.34

13.34.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 749 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

13.35.184. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (714 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (763 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.35.45

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Schon zu Beginn der heutigen Nationalratssitzung konnten wir über die Bildungspolitik im Rahmen der Fragestunde diskutieren. Nun stehen mehrere Punkte auf der Tages­ordnung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 95

In diesem ersten Punkt geht es um die Fortführung der teilzentralen Matura, auch für die berufsbildenden höheren Schulen. Wir haben dem nicht zugestimmt, weil wir ge­nauso wie bei der AHS in einem besonderen Punkt glauben, dass das nicht zielführend ist. Es geht in erster Linie um die Frage der mündlichen Ablegung der Reifeprüfung.

Hier soll dieses neue System schon wie bei der AHS sein. Es gibt zwei Gebiete, aus denen man je eine Frage ziehen kann. Unserer Ansicht nach hat das – ich möchte es vielleicht ein bisschen überspitzt formulieren – eher den Charakter einer Lotterie. Wir glauben, dass die schriftliche Prüfung als zentrales Element einen gewissen Standard haben und das Niveau natürlich heben soll. Das ist unsere Intention.

Dass die Gefahr besteht, die wir auch sehen, dass nämlich das Niveau nach unten geht, zeigen bereits die ersten Reaktionen mancher Lehrer, die diese teilzentrale Matu­ra auch im Bereich der AHS im Schulversuch durchgeführt haben. Diese Angst besteht aber auch bei den Regierungsparteien. Sonst könnte man sich nicht den Entschlie­ßungsantrag erklären, den die Regierungsparteien hier einbringen werden, den wir auch unterstützen werden, um das Niveau zu halten.

Wir glauben, dass speziell die mündliche Prüfung als Gutachten des Klassenlehrers, der einen Schüler oft durch mehrere Jahre geführt hat, besser ist. Wir glauben, dass die bisherige Art der Fragestellung besser ist – wo man nämlich drei Fragen aus dem Gebiet bekommen kann. So kann ein erfahrener und guter Lehrer seine Schüler zu einer höheren und besseren Leistung hinführen.

So ein Lehrer weiß genau, ob der Schüler nichts gelernt hat oder nur gerade ein „Black­out“ hat, das muss einem Pädagogen nach wie vor überlassen bleiben. Wir wollen daher nicht, dass das so erfolgt.

Weil Kritik gekommen ist: Wir bringen folgenden Abänderungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

„Der § 34 (3) lautet:

„(3) Die Hauptprüfung besteht aus

einer abschließenden Arbeit (einschließlich deren Präsentation und Diskussion), die selbständig und außerhalb der Unterrichtszeit zu erstellen ist (in höheren Schulen auf vorwissenschaftlichem Niveau mit Abschlusscharakter, an BHS Diplomarbeiten),

einer Klausurprüfung, die schriftliche, grafische und/oder praktische Klausurarbeiten und allfällige mündliche Kompensationsprüfungen umfasst, und

einer mündlichen Prüfung, die mündliche Teilprüfungen umfasst.““

*****

Ich ersuche um Zustimmung für diesen Abänderungsantrag. Diese Anregung ist ge­kommen von Fachleuten aus den HTLs und ähnlichen anderen berufsbildenden höhe­ren Schulen, damit das auch eine gewisse internationale Vergleichbarkeit hat. Es ist dieselbe Intention, die an sich der Entschließungsantrag der Regierungsparteien be­trifft, um die Qualität des Abschlusses unserer guten berufsbildenden höheren Schu­len, um die uns wirklich die Welt beneidet, zu erhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

13.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 96

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Dr. Rosenkranz und weiterer Abgeordneter zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

eingebracht in der 70. Sitzung des Nationalrates im Zuge der Debatte über 763 d.B. Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (714 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

Gewichtige Stimmen aus dem Bereich der Berufsbildenden Höheren Schulen weisen darauf hin, dass die Bezeichnung "Diplomarbeiten" für die BHS Abschlussarbeiten un­verzichtbar ist. Dem soll mit der vorgeschlagenen Änderung Rechnung getragen werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Antrag

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (714 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz mit dem das Schulun­terrichtsgesetz geändert wird, wird wie folgt geändert:

Der § 34 (3) lautet:

„(3) Die Hauptprüfung besteht aus einer abschließenden Arbeit (einschließlich deren Präsentation und Diskussion), die selbständig und außerhalb der Unterrichtszeit zu er­stellen ist (in höheren Schulen auf vorwissenschaftlichem Niveau mit Abschluss­charakter, an BHS Diplomarbeiten), einer Klausurprüfung, die schriftliche, grafische und/oder praktische Klausurarbeiten und allfällige mündliche Kompensationsprüfungen umfasst, und einer mündlichen Prüfung, die mündliche Teilprüfungen umfasst.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.39.16

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute schon viel über die in den vergangenen Jahren erfolgten Aktivitäten in der Bildungspolitik gesprochen worden.

Wir haben gesehen – wobei das auch die Redebeiträge und auch die Art der Be­schlussfassung der heute vorliegenden Gesetze bestätigen –, dass eigentlich breite Einstimmigkeit über die Richtigkeit des Weges herrscht, der eingeschlagen wurde, um unser Bildungssystem, unsere Schulen voranzubringen, international besser vergleich­bar und wettbewerbsfähiger zu machen.

Ein wichtiger Bereich dabei ist jener, der hier heute behandelt wird: die Fortsetzung des von Anbeginn ganz zielstrebig verfolgten Weges der Ministerin in Richtung Ver­lässlichkeit der Schule, in Richtung Vergleichbarkeit der Schulen mit den Bildungsstan­dards und dann eben auch mit der neuen teilzentralen Matura. Diese soll jetzt auf die BHS ausgeweitet werden. Ich meine, das ist richtig und gut so.

Das wird nicht nur weiter das Niveau heben und damit auch zusätzliche Sicherheit für alle Beteiligten, sowohl für die betroffenen Schüler als auch für Lehrer und Schulen bringen. Es ist auch ein wichtiger Meilenstein, wenn wir davon reden – und eigentlich haben sich alle dazu bekannt –, den Schulen mehr Verantwortung, sprich mehr Auto­nomie zu geben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 97

Wenn wir wollen, dass Schulen vor Ort selbständiger werden und mehr entscheiden, eigene Schwerpunkte entwickeln können, dann ist es auch wichtig, vergleichbare Stan­dards abprüfen und abfragen zu können.

Genau darum geht es. Wir müssen wissen: Auf der einen Seite ist Autonomie möglich, aber durch Bildungsstandards, durch zentrale Vorgaben, durch Bildungs-Controlling ist es möglich, auch die Leistung über einzelne Schulstandorte hinweg, über das ganze Bundesgebiet verteilt, tatsächlich vergleichbar zu machen.

Das ist aber auch – auch das ist mir ein großes Anliegen – ein wichtiger Beitrag zur Objektivierung. Jeder von uns ist in die Schule gegangen und war mit den einzelnen Beurteilungen beziehungsweise Benotungen mehr oder weniger zufrieden.

Wenn man weiß, dass beispielsweise ein und derselbe Schüleraufsatz von derselben Lehrergruppe im Rahmen eines Seminars mit „Sehr gut“ und gleichzeitig auch mit „Nicht genügend“ beurteilt wird – es ist auch fast dieselbe Prozentanzahl, die größte Prozentanzahl entschied sich allerdings für „Befriedigend“ –, dann möchte man sagen: Gut, im Fach Deutsch gibt es sehr viele subjektive Einflüsse.

Aber dasselbe, meine Damen und Herren, geschieht auch, wenn man Untersuchungen im Fach Mathematik anschaut. Selbst dort kommt es vor, dass bei Beurteilungen von Mathematik-Schularbeiten – wobei man eigentlich glauben würde, dass da die objekti­ve Beurteilung sehr leicht und nachvollziehbar ist – derselbe Prozentsatz an „Sehr gut“-Beurteilungen herauskommt wie an „Nicht Genügend“-Beurteilungen; und auch da lau­ten die meisten Beurteilungen „Befriedigend“.

Wenn man dann weiß, wie entscheidend für die jungen Menschen gerade solche Matu­raarbeiten sind, dann sieht man, dass es auch hier wichtig ist, wirklich vergleichbare objektivierbare Verhältnisse zu schaffen. Ich denke, das gelingt mit diesen vorgeschla­genen Maßnahmen sehr gut. Wir unterstützen das natürlich sehr gerne und mit aller Kraft.

Eines möchte ich hier noch sagen: Die Türe zu einer modernen neuen Schule ist ja tatsächlich weit offen, besonders dank der engagierten Wissenschaftsministerin Karl, die hier einen Weg aufgemacht hat.

Machen Sie sich bitte einmal die Mühe, schauen Sie nicht immer nur nach Finnland oder nach den nordischen Staaten, fahren Sie einmal über den Brenner und schauen Sie sich das Schulsystem in Südtirol an! Schauen Sie sich an, was die Südtiroler vor zehn Jahren geschafft haben und wie sie international, bei PISA-Studien dastehen!

Die Südtiroler brauchen bis zur achten Schulstufe keine Noten, und schneiden bei PISA-Vergleichen, wo testmäßig abgefragt wird, trotzdem besser ab als andere Schulen.

Daher: Bei der Weiterentwicklung unserer Schule, wenn wir uns gemeinsam überle­gen, was das Beste für die Schule sei, wie man sie verwaltungsmäßig effizient und gleichzeitig effektiv gestalten könne, würde ich wirklich empfehlen: Schauen Sie sich – auch was die Schulautonomie betrifft – das Südtiroler Modell an! Das wird uns auch den gemeinsamen Weg für die zukünftige Arbeit in der Bildungsarbeit sehr stark er­leichtern. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kitzmüller. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


13.44.28

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Frau Minister! Bei dem Modell, um das es sich hier handelt, für die BHS schaut es nicht so aus, als würde es eine Verbesserung geben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 98

Der Verdacht liegt sehr nahe, dass es zu einer Nivellierung nach unten kommt. Zum einen soll, wie schon gesagt, eine vorwissenschaftliche Arbeit wohl eher etwas sein, wo­mit sich Universitäten beschäftigen. Wissenschaftliche Arbeit soll dort gemacht werden, wo sie hingehört.

Was mir aber viel dramatischer erscheint und daher unbedingt zu beleuchten ist, ist die­ser mündliche Teil der Matura. Er verliert nämlich, so wie es jetzt ausschaut, an Bedeu­tung. Bisher wurden aus drei Fachgebieten drei Fragen gestellt. Jetzt gibt es pro Fach­gebiet nur noch eine Frage. Und diese eine Frage legt doch den Vergleich mit einem Lotteriespiel nahe!

Wie können wir bitte mit einer einzigen Frage das umfassende Wissen in einem Sach­gebiet feststellen? Es ist dann eher Glückssache, ob der eine Teil, nach dem gefragt wir, beherrscht wird oder nicht!

Ich glaube, der Überblick, den man sich darüber verschaffen kann, ob ein Schüler, ein Maturant etwas gelernt hat – das ist in späterer Folge sowieso ganz logisch, da muss er dann ohnehin hingebracht werden –, aber vorerst glaube ich, dass doch das umfas­sende Wissen in den Fachgebieten eher abzufragen ist, indem man weiterhin mehr Fra­gen stellt.

Außerdem wissen wir, dass nicht jeder Tag gleich gut ist, es kommt auch auf die tägli­che Verfassung an. Soll tatsächlich eine Frage über Sein oder Nichtsein, über die Ma­tura, Glück oder nicht, entscheiden? Ich glaube nicht, dass das im Sinne des Erfinders der neuen Matura sein kann. (Abg. Dr. Walser: Wollen Sie die Matura abschaffen?!) Dann ist es eben eine Stichprobenmatura, die da abgelegt wird, und keine Matura über ein gesamtes Wissen.

Unser Verdacht ist durch die Ausschussfeststellung in 714 der Beilagen sehr hart un­termauert worden. Das wurde von den Regierungsparteien eingebracht, um eine Si­cherstellung von Qualität und nicht von minderer Qualität zu gewährleisten. Das ist sehr eindeutig ersichtlich.

Wir können uns daher mit diesem Modell, wie es hier vorgeschlagen wird, nicht einver­standen erklären. (Beifall bei der FPÖ.)

13.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Amon. 5 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


13.47.13

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Die Sorgen, die die Frau Abgeordnete Kitz­müller angesprochen hat, soll man durchaus ernst nehmen. Trotzdem haben wir gro­ßes Interesse an der neuen Form der Reifeprüfung, die wir heute in einem weiteren Punkt beschließen.

Wir haben vor einem Jahr die Eckpfeiler für die neue Reifeprüfung im Bereich der all­gemeinbildenden höheren Schulen eingeschlagen. Heute tun wir das für den Bereich der berufsbildenden höheren Schulen. Wir sind uns an sich einig darüber, dass es nicht darum gehen kann, einer Nivellierung, einer Abwertung das Wort zu reden. Im Gegenteil: Es macht schon Sinn, zu sagen, man will im Bildungssystem Validität sowie Vergleichbarkeit herstellen.

Kollege Mayer hat die unterschiedlichen Beurteilungen dargelegt. Zwar wird es bei der Beurteilung von Personen immer subjektive Elemente geben, doch geht es natürlich um Fairness und Gerechtigkeit.

Ich glaube, dass wir durch teilzentrale Elemente in der Reifeprüfung ein Stück mehr Gerechtigkeit und Fairness schaffen können, davon bin ich überzeugt, aber wir müssen


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alles tun, damit das Niveau nicht sinkt. Das ist uns ganz, ganz wichtig. Da sind wir auch eines Sinnes und dokumentieren das auch mehrfach. Wir haben eine Ausschussfest­stellung gemacht, in der wir sagen, dass bei den Abschlüssen die Internationalität sicher­gestellt werden soll.

Wir wollen bei dieser neuen Reifeprüfung die Qualität sicherstellen. Wir wollen die schulautonomen Schwerpunkte, die uns wichtig sind, erhalten. Wir wollen auf diesen Weg alle mitnehmen. Deshalb auch die neu eingeführte Bundesreifeprüfungskommis­sion, in der die betroffenen Gruppen eingebunden beziehungsweise an diesem Pro­zess beteiligt sind.

Ich denke, wir haben auch eine ausreichende Vorlaufzeit beziehungsweise Erpro­bungszeit sichergestellt, die einer permanenten Evaluierung unterzogen ist. Wir haben uns auch ausdrücklich darauf verständigt, dass auch im Hinblick auf die Gesetzge­bung, auf uns, eine erhöhte Flexibilität erhalten sein muss.

Denn: Wenn wir aus den Evaluierungen sehen, dass wir in dem einen oder anderen Punkt vielleicht legistisch nachgreifen müssen, dann wollen wir uns diese Flexibilität auch erhalten. Das ist ein großes Projekt. Nicht alles wird von Anfang an perfekt funk­tionieren, aber es ist ein richtiger Schritt, den wir hier gemeinsam gesetzt haben. Ich glaube, dass das ein guter und richtiger Schritt ist, meine Damen und Herren.

Beim Hochschulgesetz tragen wir eigentlich dem Bereich Rechnung, in dem es darum geht, eine verstärkte Durchlässigkeit im Bildungssystem sicherzustellen. Auch das ist, so glaube ich, mittlerweile Common Sense hier im Haus. Wir verstärken die Anrechen­barkeiten, wir verstärken die Durchlässigkeit hin zum universitären Bereich.

Bei den Abendschulen – auch das ist meiner Ansicht nach aus bildungspolitischer Sicht eine sehr interessante Sache – erproben wir ein modulares System. (Abg. Dr. Wal-
ser:
... nächster Tagesordnungspunkt!)
Das ist gut, das kommt insbesondere Perso­nen – und ich weiß in besonderer Weise, wovon ich spreche –, die im Berufsleben ste­hen und im zweiten Bildungsweg Ausbildungen machen wollen, sehr entgegen. Das ist ein moderner Zugang, und ich glaube, das ist auf alle Fälle eine sinnvolle Vorgangsweise.

Kollege Mayer hat versucht, ein bisschen auch die aktuelle bildungspolitische Debatte im Hinblick auf die alte Diskussion „Gemeinsame Schule oder nicht“ in die heutige De­batte einzubringen. Ich würde mir eigentlich wünschen, dass wir in der Debatte ins­gesamt – da sind durchaus alle gemeint – ein wenig mehr Gelassenheit an den Tag le­gen. Vielleicht gelingt uns das miteinander, das sage ich durchaus auch in Richtung meiner eigenen Fraktion: Mehr Gelassenheit in der Diskussion, aber auch ein bisschen mehr Zentrierung auf das, was ein Bildungssystem für die Schülerinnen und Schüler leisten soll, aber auch für alle anderen Beteiligten im Bildungssystem! (Ruf bei der SPÖ: ... überhaupt nicht sehr gelassen!) – Meine schon. (Abg. Heinzl: Ja, Ihre vielleicht ...!)

Darum glaube ich, hier kann ich das durchaus einfordern. Ich denke, Ziel muss es sein, eine bestmögliche Schule aufzusetzen, fernab von rein ideologischen Zugängen. Wenn uns allein dieser Schritt miteinander gelingt, dann sind wir einen Schritt weiter.

Es gibt heute einen sehr interessanten Artikel in der „Zeit“ über die Frage: Welche Schule ist die beste? – Ich gehe da nicht auf die Details ein, weil das in Summe kein sehr gesamtschulfreundlicher Artikel ist. Aber einen Punkt möchte ich ansprechen, und der scheint mir schon wesentlich zu sein. Da sagt nämlich der Redakteur Thomas Kerstan, dass, wenn es gelingen kann, in einem Land eine Art Konsens für eine besse­re Schule herzustellen, eigentlich der wesentlichste Schritt schon geleistet ist.

Frau Bundesministerin! Daran sollten wir gemeinsam weiterarbeiten. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

13.52



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 100

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.52.53

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin! Hohes Haus! Selten, Herr Kollege Amon, dass ich Ihnen in so vielen Punkten zustimmen konnte! Weswegen? – Der Appell nach mehr Gelassenheit, vor allem auch an die Kolleginnen und Kollegen in Ihrer Fraktion, ist hoffentlich auf fruchtbaren Boden gefallen oder fällt zumindest in Zukunft da­rauf, denn die Tonalität Ihrer parteiinternen Auseinandersetzung war in den letzten Wo­chen etwas ungewohnt. Ansonsten sind wir es ja in Bildungsfragen durchaus gewohnt, dass wir sehr sachlich, sehr konstruktiv miteinander umgehen.

Ich nehme auch zur Kenntnis, dass Sie inzwischen zum Vorreiter der Bildungsreform geworden sind. Jedenfalls sind Sie Ihrer Zeit vielfach voraus: Sie haben hier beispiels­weise zu Tagesordnungspunkten gesprochen, die erst kommen; das ist Ihnen auch im Ausschuss schon einmal passiert. Das ist auch durchaus ein Zeichen dafür, dass Sie nach vorne blicken, und das sehe ich sehr, sehr positiv. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte auf einen Aspekt eingehen, der von der Freiheitlichen Partei sehr stark in den Vordergrund gestellt worden ist und der ja auch in der Lehrerschaft zu einiger Be­sorgnis geführt hat. Es ist dies die Sorge um die Nivellierung nach unten. Kollege Ro­senkranz, Kollegin Kitzmüller, Sie beide haben das vorgebracht.

Wir sollten uns damit wirklich ernsthaft auseinandersetzen, nur möchte ich auf eines hinweisen, und das sage ich Ihnen jetzt als Direktor einer Schule, die von vornherein bei der Erprobung dieser Standards, dieser standardisierten Matura mit dabei war. Ich kenne das also wirklich von der Pike auf, von der Erstellung dieser Fragestellungen an und so weiter. Diese Ängste waren auch bei uns vorhanden. Nur: Erklären Sie mir und erklären Sie den Leuten den Widerspruch!

Das, was Sie als Nivellierung befürchten, kann ja nur eintreten, wenn wir österreichweit bei der Matura nur noch „Sehr gut“ hätten. Wenn wir in der schriftlichen Reifeprüfung Fragestellungen haben, die nach wie vor das gesamte Notenspektrum ausmachen, dann ist es ja offensichtlich so, dass diese Aufgabenstellung nicht eine Nivellierung nach unten bedeutet.

Wenn wir aber dann Schulen haben – und darum geht es in diesem Zusammenhang –, die signifikant sehr gute Leistungen erbringen, dann wissen wir: Okay, das sind Schu­len, an denen wir uns orientieren können! Und wenn wir auf der anderen Seite Schulen haben, die signifikant schlechte Leistungen erbringen, dann können wir gerade auf­grund dieser standardisierten Matura den Hebel genau dort ansetzen, wo er angesetzt werden soll.

Diese Gefahr sehe ich also dann, oder davon kann man dann reden, wenn wir wirklich österreichweit zu gute Ergebnisse hätten. Davon sind wir, glaube ich, derzeit weit ent­fernt. Ich erinnere auch daran, dass hier die Fachleute vom BIFIE sehr wohl in der La­ge waren, sich an internationalen Standards zu orientieren; beispielsweise das Cam­bridge Certificate und auch andere haben durchaus sehr viele Ähnlichkeiten mit dem, was wir da machen. Diese Gefahr sehe ich also nicht.

Ich sehe sie auch bei der mündlichen Matura nicht, denn wenn ich Ihrer Logik folge, dann müssen wir den Schülern vor der Prüfung die Fragen geben, damit wir sicher sein können, dass sie diese beantworten. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es liegt doch im Wesen einer Prüfung, dass man eben nicht weiß, welche der Fragen kommt. So wie das jetzt organisiert ist – da kann ich nur zustimmen –, ist es so, dass wir schulintern einen Fragen-Pool erstellen und anschließend Schüler aus diesem Pool


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 101

ihre Fragen ziehen. Damit ist gewährleistet, dass wir hier doch zumindest ansatzweise eine Kooperation unter den Lehrkräften haben.

Wir können hier mit vielem von dem, was gesagt worden ist, mitgehen, wenn auch nicht mit allem. Kollegin Jarmer wird anschließend noch einen Abänderungsantrag ein­bringen, weil es aus unserer Sicht leider nicht gelungen ist, die Ausnahmeregelungen für Schüler/innen mit Behinderungen in der gebührenden Form in diese Vorlage mit ein­zubringen.

Vielleicht abschließend folgender Hinweis: Worum es uns gehen muss, ist, einen ge­wissen Wildwuchs zu beseitigen, der leider vorhanden ist, auch was etwa die Schulbü­cher anlangt. Daher bin ich sehr froh darüber, dass wir hier endlich auch eine Rege­lung treffen, dass wir Schulbücher entsprechend der Vorgabe umstellen und dass wir Schulbücher künftig auch im Hinblick darauf überprüfen, ob sie in Richtung Kompe­tenzorientierung gehen oder nicht.

Insgesamt ist es ein richtiges Schrittchen in die richtige Richtung – es bringt uns voran, ich möchte das gar nicht geringschätzen –, dass wir jetzt diese Vorlage beschließen. Aber die großen Aufgaben stehen noch vor uns. Frau Ministerin, dafür wünsche ich Ih­nen viel Kraft! Unsere Unterstützung haben Sie. (Beifall bei den Grünen.)

13.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.58.46

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Wir haben, glaube ich, vor rund einem Jahr mit der Beschlussfassung der sogenannten Zentralmatura für AHS einen ersten Schritt in die Richtung vergleichbarer Qualität unabhängig von den Standorten der Schulen geschafft. Ich denke, es ist ein Weg, der sicher auch sehr vieles an Risiken in sich birgt. Aber die Schule muss sich, wenn sie auch in Zukunft das bieten soll, was unsere Jugend, unsere Kinder brauchen, weiterentwickeln, und man muss auch, gerade was die Qualitätsstandards anbelangt, hier die richtigen Schritte setzen.

Das berufsbildende Schulwesen – dort soll jetzt diese teilzentrale Reifeprüfung auch umgesetzt werden – hat bei uns in Österreich eine sehr gute Tradition, und die Qualität des berufsbildenden Schulwesens hat sich immer weiterentwickelt. Ich denke noch, weil ich selbst als Lehrerin aus diesem Schulwesen komme, zurück an die Zeit, in der es noch eine Distanz zwischen Schule und Wirtschaft gab. Das ist heute etwas, was überhaupt keine Diskussion mehr ist, sondern auch die Wirtschaft hat erkannt, dass Absolventinnen und Absolventen dieses Schulwesens vor allem auch durch die regio­nalen Schwerpunkte wichtige, gute Mitarbeiter sein können.

Wir vom BZÖ wollen, dass auch dieses Schulwesen weiter wettbewerbsfähig ist und weiter Attraktivität hat, daher muss man sich weiterentwickeln. Was uns vom BZÖ ebenfalls ganz wichtig ist, ist, am Leistungsprinzip festzuhalten. Am Leistungsprinzip ist festzuhalten, und ich denke, mit dieser neuen Art der Reifeprüfung ist das möglich. Es ist vor allem deshalb möglich, weil jetzt verschiedene Grundlagen klar geregelt sind, weil auch – Kollege Walser hat es schon gesagt – die Approbation der Schulbücher und der Unterrichtsmittel adaptiert wird und auf ihre Kompetenz, vor allem auch auf ih­re fächerübergreifende Kompetenz hin überprüft wird. Das begrüßen wir sehr. Das stammt immerhin aus dem Jahr 1974, und da liegen Welten dazwischen.

Was wir kritisieren, ist, dass die Lehrpläne nachhinken, dass sie noch nicht adaptiert und überarbeitet sind, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Aber ich hoffe, es wird dementsprechend zeitgerecht passieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 102

Was wir auch kritisieren – das habe ich schon im Ausschuss gesagt –, ist, dass der Dialog und der Informationsfluss in der Vorbereitung mit jenen, die mit diesen neuen Mo­dellen der Matura arbeiten sollen und arbeiten müssen, eher zurückhaltend und aus un­serer Sicht unzureichend gewesen sind.

Eine dritte Kritik möchte ich noch anbringen; sie betrifft die Schulen des humanbe­ruflichen Schulwesens. Hier sind vor allem die Fachvorstände und Fachvorständinnen, die Abteilungsleiter des fachpraktischen Unterrichtes ganz wichtige, kompetente Be­treuer für Schülerinnen und Schüler, wenn es darum geht, Berufsberechtigungen zu er­werben. Bisher war es so, dass diese Fachvorstände und Fachvorständinnen auto­matisch Mitglied der Prüfungskommission gewesen sind, weil sie natürlich ihre fachli­che Argumentation einbringen und weil ihre Stimme auch wichtig ist.

In der neuen Zusammensetzung der Prüfungskommission können jetzt Fachvorstände zwar Vorsitzende der Prüfungskommission bei der Vorprüfung sein, aber sie sind nicht mehr automatisch in der Prüfungskommission drinnen. Ich glaube, es wäre besser für das Gesamte, wenn sie automatisch in der Prüfungskommission drinnen wären. Es geht nicht darum, ob Vorsitz: ja oder nein?, das ist eigentlich zweitrangig. Sie sollen ihr Wort erheben können, wenn es darum geht, ihr fachliches Urteil auch bei den einzelnen Prüfungen abzugeben.

Wir bringen daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen zum Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird, Regierungsvorlage 714 der Beilagen

„Der Nationalrat wolle beschließen:

In Ziffer 7. § 35 Abs. 2 lautet Ziffer 4:

„der Fachvorstand/die Fachvorständin oder der/die Werkstättenleiter/in in berufbilden­den mittleren und höheren Schulen bei Klausurprüfungen mit praktischen Anteilen bei der Vorprüfung und der Hauptprüfung“

Ziffer 4 wird zur neuen Ziffer 5, und Ziffer 5 wird zu Ziffer 6.

*****

Wir werden bei der Abstimmung heute dahin gehend getrennte Abstimmung ver­langen.

Zusammenfassend: Die Richtung stimmt! Die Richtung stimmt vor allem, wenn das Ni­veau in Zukunft nicht sinkt, wenn es keinen Qualitätsverlust gibt, denn wir müssen letztendlich, auch was die Prüfungen anbelangt, auf den Strukturwandel in der Arbeits- und Berufswelt Rücksicht nehmen. Da kommt es zwar sehr darauf an, hervorragendes Fachwissen zu haben, theoretisches und praktisches Fachwissen, aber es sind auch Dinge wie Eigeninitiative, Flexibilität und Kompetenz in vielen Bereichen gefragt. Wenn das mit integriert ist, dann ist es, denke ich, ein guter Weg. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

14.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 103

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen zum Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird, Regierungsvorlage (714 d. B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

In Ziffer 7. §35 Abs.2 lautet Ziffer 4:

„der Fachvorstand/die Fachvorständin oder der/die Werkstättenleiter/in in berufsbilden­den mittleren und höheren Schulen bei Klausurprüfungen mit praktischen Anteilen bei der Vorprüfung und der Hauptprüfung“

Ziffer 4 wird zur neuen Ziffer 5 und Ziffer 5 wird zu Ziffer 6.

Begründung

Den Fachvorständinnen/Fachvorständen obliegt die Betreuung einer Gruppe fachlicher Unterrichtsgegenstände. Durch diese Gegenstände werden Berufsberechtigungen für drei Berufsfelder erworben. Daher muss den Fachvorständinnen/Fachvorständen im Zusammenhang mit den abschließenden Prüfungen (Vorprüfung/Abschlussprüfung) auf jeden Fall die Möglichkeit zur fachlichen Argumentation und eine Stimme zuge­standen werden. Was mit deren zwingender Einbindung in die Prüfungskommission si­chergestellt wird.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesmi­nisterin Dr. Schmied zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.04.43

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Bevor ich noch zu eini­gen Punkten der neuen Matura im BHS-Bereich Stellung nehme, möchte ich einen Punkt der Novelle des Schulunterrichtsgesetzes herausgreifen, der bisher nicht er­wähnt wurde, der mir aber ganz besonders wichtig ist. Es sind dies die Mitwirkung der Schulleitung und die Mitwirkung der Lehrerinnen und Lehrer bei der Überprüfung der Bildungsstandards.

Herr Abgeordneter Walser, ich weiß, in diesem Punkt sind wir ein bisschen unter­schiedlicher Meinung, aber ich halte es für ganz zentral und wichtig, dass die Lehre­rinnen und Lehrer in die Überprüfung der Bildungsstandards eingebunden sind. Ich ha­be selbst einige Jahre in Banken verbracht – der Einmarsch der Rating-Agenturen oder externer Prüfer, das ist nicht mein Bild für eine Schule der Zukunft, sondern Überprü­fung, Feedback, Bewertung sollen einfach selbstverständlicher Bestandteil der Schul­kultur sein. Daher ist die Einbindung der Lehrerinnen und Lehrer sehr, sehr wichtig.

Ich war zu diesem Punkt in den letzten Wochen in sehr intensiven und konstruktiven Gesprächen auch mit den Vertretern und Vertreterinnen der Lehrergewerkschaft – was nicht immer so der Fall ist, aber ich möchte das betonen. Es werden ab dem Jahr 2012 doch 9 000 Lehrerinnen und Lehrer als Test-Administratoren im Einsatz sein. Ich den­ke, es ist wichtig, diese gesetzliche Regelung und Basis auch zu haben.

Nun zur neuen Matura für die berufsbildenden höheren Schulen: Es ist dies ein Projekt ungeheurer Dimension, also sicher kein „Schrittchen“, sondern ein Meilenstein, ein großer Schritt, was ich allein schon dann sagen muss, wenn ich an die Betroffenheit denke. Im Schuljahr 2014/2015 werden an über 660 Schulen 45 000 Schüler und Schü­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 104

lerinnen, 4 500 Lehrer und Lehrerinnen diese standardisierte Matura durchführen. Ich kann nur noch einmal betonen: Es ist dies ein Meilenstein in der österreichischen Schulent­wicklung – in Verbindung mit der AHS-Matura; diese war hier natürlich mit eingebunden.

Damit – und auch das möchte ich betonen – findet Österreich den Anschluss an inter­nationale Standards und Entwicklungen. Es ist damit eines von 22 EU-Ländern, die standardisierte schriftliche Elemente in der Matura verankert haben. Das habe ich einer EU-EURYDICE-Studie entnommen.

Faktum ist – und ich erlebe das bei nahezu jeder EU-Ministerratssitzung –: Das berufs­bildende höhere Schulwesen in Österreich genießt nicht nur in Österreich, sondern in­ternational höchste Reputation! Wir können auf diese Schulen besonders stolz sein; das möchte ich betonen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Abgeordneten Dr. Ro­senkranz und Mag. Stadler.)

Das Qualitätssicherungssystem, das wir an den berufsbildenden höheren Schulen ein­geführt haben – und ich betone an dieser Stelle: Das sind Bundesschulen, jetzt auch im Kontext der Schulverwaltungsreform –, wurde erst kürzlich auch vom Rechnungshof ganz besonders lobend hervorgehoben.

Daher muss eines unser Ziel sein – und ich nehme Ihre Befürchtungen und Ihre Sor­gen, Herr Abgeordneter Rosenkranz und Frau Abgeordnete Kitzmüller, sehr, sehr ernst, was Leistungsverlässlichkeit betrifft, was Qualitätssicherung betrifft und was Einbin­dung der Lehrer und Lehrerinnen in den Prozess, in die Umsetzung betrifft –, nämlich Kommunikation, denn – wir haben darüber auch im Ausschuss schon gesprochen – Kommunikation ist ein Schlüsselfaktor für den Erfolg dieses Projektes!

Ich werde in regelmäßigen Abständen auch im Unterrichtsausschuss berichten, wie der Fortschritt dieses Projektes gegeben ist. Mit der heutigen Abstimmung ist ein wichtiger gesetzlicher Schritt getan, und es ist das ein zentrales Signal für alle, die an diesem Pro­jekt mitarbeiten, aber es liegt noch sehr, sehr viel Detailarbeit vor uns.

Mit den Bildungsstandards und mit der neuen Matura – das möchte ich nur festhalten – ändern sich nicht die Inhalte der Lehrpläne, aber der Zugang, die Kompetenzorientie­rung, das kommt dazu. Das heißt, es kann auf Basis der bestehenden Lehrpläne gear­beitet werden. Aber wir werden innerhalb der nächsten zwei Jahre – Frau Abgeordnete Haubner, Sie haben das angesprochen – die Lehrpläne in diese Richtung umstellen.

Was die Reifeprüfungsverordnung betrifft, so haben wir ja zu diesem Themenbereich auch im Unterrichtsausschuss diskutiert. Ich nehme an, Frau Abgeordnete Jarmer wird diesen Punkt auch einbringen. Es ist mir wichtig, dass wir selbstverständlich auch in Zukunft auf die Schüler und Schülerinnen mit Körperbehinderung Rücksicht nehmen und auch auf die besonderen Bedürfnisse eingehen.

Ich möchte mich in Zusammenhang mit diesem Großprojekt, das sehr, sehr umfassen­de Vorbereitungsarbeiten erfordert hat, bei allen sehr herzlich bedanken, die bisher schon mitgearbeitet haben, bei den Schulpartnern, den Praktikern, vor allem auch den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des BIFIE und beim Regierungspartner für das sehr, sehr konstruktive Vorgehen.

Im AHS-Bereich ist es gelungen, bereits 248 von etwa 350 Standorten in die Pilotpha­se einzubeziehen. Ähnlichen Ehrgeiz haben wir auch bei den berufsbildenden höheren Schulen, aber ich mache mir da keine Sorgen und verweise auch auf das QIBB-System, auf das Qualitätssicherungssystem, das ja schon bestens läuft. Wir werden noch im Herbst mindestens drei Informationsveranstaltungen in jedem Bundesland ma­chen, mit der Schulaufsicht, mit Lehrerinnen und Lehrern, Schüler und Schülerinnen. Es wird eine eigene Plattform eingerichtet „bildung.at“, wo wir laufend informieren werden.

Ich möchte mit einem Zitat aus dem Unterrichtsausschuss schließen: Die neue Matura ist ein wesentlicher Schritt nach vorne in der Schulentwicklung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 105

Diesen Satz – er stammt von Ihnen, Herr Abgeordneter Walser – kann ich nur unter­streichen. Vielen, vielen Dank für die gute Zusammenarbeit bei diesem großen Projekt. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von BZÖ und Grünen.)

14.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lohfeyer. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.11.44

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Mit der standardisierten Matura an den BHS, die wir heute beschließen, werden ab dem Schul­jahr 2014/15 für alle Maturanten und Maturantinnen einheitlich hohe Qualitätsstan­dards gesetzt. Damit wird konsequent der Weg fortgesetzt, der mit den Bildungsstan­dards begonnen wurde.

Die Anpassung der Unterrichtsmittel und Schulbücher erfolgt ebenfalls, und neue An­forderungen stellen sich auch hinsichtlich der pädagogischen Kompetenzen. Sämtliche Reifeprüfungen sowie Diplomprüfungen entsprechen einem Drei-Säulen-Modell mit einer abschließenden vorwissenschaftlichen Arbeit mit Präsentation und Diskussion, einer schriftlichen Klausurprüfung und einer mündlichen Prüfung.

Die Prüfungstermine werden bezüglich der standardisierten Prüfungsgebiete zentral vor­gegeben, Gestaltungsmöglichkeiten am Standort bleiben jedoch natürlich erhalten. Vor­gezogene Teilprüfungen und schulautonome Projekte sind möglich. Damit wird den un­terschiedlichen Lehrplanstrukturen und Anforderungen einzelner Schularten im BHS-Be­reich Rechnung getragen.

Wichtig für die Implementierung der neuen Reifeprüfung – die Ministerin hat das auch schon betont – sind zweifelsohne zahlreiche begleitende Maßnahmen, die eine ausrei­chende Information über Konzept und Entwicklungsschritte für diese Reife- und Diplom­prüfung sicherstellen.

Diese Novelle wertet die berufsbildenden höheren Schulen auf, indem ab 2014 öster­reichweit eben auch in den AHS vergleichbare Prüfungen und Abschlüsse absolviert werden. Ich sehe diese neue Form der Matura als einen wichtigen Schritt in Richtung Objektivität, Chancengleichheit und Qualitätssicherung. Mit diesem Bildungspaket, das wir heute beschließen werden, setzt die Bundesministerin konsequent und ambitioniert ihre nächsten Reformschritte für mehr Qualität und Chancengerechtigkeit.

Ich möchte abschließend noch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Amon MBA, Elmar Mayer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Absicherung der Qualität der teilzentralen Elemente der Reifeprüfung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht, im Zuge der Ein­führung der Reifeprüfung mit teilzentralen Elementen ab dem Schuljahr 2013/2014 an den AHS und ein Jahr danach folgend an den BHS sicherzustellen, dass die hohe Qua­lität der Reifeprüfung sowie die der selbständig zu verfassenden abschließenden Ar­beiten weiterhin gewährleistet bleibt und es auch im Bereich der europäischen sowie internationalen Anerkennung der Abschlüsse zu keinen Verschlechterungen für die Ab­solventinnen und Absolventen kommt“.

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

14.14



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 106

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Amon MBA, Elmar Mayer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Absicherung der Qualität der teilzentralen Elemente der Reifeprüfung eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 4, Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (714 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Schulun­terrichtsgesetz geändert wird (763 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP)

Die Österreichische Reifeprüfung stellt für österreichische Schülerinnen und Schüler in vielerlei Hinsicht einen wichtigen, international anerkannten Qualifikationsnachweis dar. Vor allem die erworbenen Berufsberechtigungen der Absolventinnen und Absolventen erfahren international eine hohe Anerkennung und sind für die weitere Laufbahn der Absolventinnen und Absolventen entscheidend.

Durch die Einführung der Reifeprüfung mit teilzentralen Elementen im Schuljahr 2013/2014 an den AHS und folgend im Schuljahr 2014/2015 an den BHS werden alle Schülerinnen und Schüler eine selbständige, außerhalb der Unterrichtszeit zu erstel­lende abschließende Arbeit verfassen. Diese stellt eine Neuerung dar, da bisher die Fachbereichsarbeit an den AHS nicht verpflichtend war, während an den BHS die „Pro­jekt- bzw. Diplomarbeiten“ die Schnittstellen zwischen Wirtschaft und Schule bilden, bereits bisher verpflichtend praxisnahes und selbständiges Arbeiten der Schülerinnen und Schüler erforderte.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht, im Zuge der Ein­führung der Reifeprüfung mit teilzentralen Elementen ab dem Schuljahr 2013/2014 an den AHS und ein Jahr danach folgend an den BHS sicherzustellen, dass die hohe Qualität der Reifeprüfung sowie die der selbständig zu verfassenden abschließenden Arbeiten weiterhin gewährleistet bleibt und es auch im Bereich der europäischen sowie internationalen Anerkennung der Abschlüsse zu keinen Verschlechterungen für die Ab­solventinnen und Absolventen kommt“.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Corto­lezis-Schlager. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.15.01

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die neue Reifeprüfung an den AHS soll mehr Qualität und Vergleichbarkeit bringen. Heute haben wir in der Gesetzesvorla­ge auch die Erweiterung auf die Diplom- und Reifeprüfung der berufsbildenden höhe­ren Schulen. Drei Schlüsselwörter sind mir und uns besonders wichtig in diesem Zusam­menhang: kompetenzorientiert, teilzentral und Reifeprüfung zur Feststellung der Hoch­schulreife.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 107

Kompetenzorientiert bedeutet, dass die Aufgabenstellungen österreichweit festge­legt werden, aber die Schülerinnen und Schüler ihrer Schulart entsprechend gefordert werden, das heißt, dass die Handelsschülerinnen und Handelsschüler sowie die Han­delsakademikerinnen und Handelsakademiker ihrer Ausbildung entsprechend genauso in ihrem Ausbildungszweig gefordert sind wie die HTL-Schülerinnen und -schüler und alle anderen in der Berufsbildung.

Teilzentral steht für mich für das politische Bekenntnis zu einem gemeinsamen Aus­bau der Schulautonomie und für ein differenziertes Bildungsangebot in der Sekundar­stufe II. Es steht für die Anerkennung und Wertschätzung von standortspezifischen Schul­profilen und für die vielfältigen Schularten in einem differenzierten Berufsbildungsangebot.

Mit der neuen Reifeprüfung sollen die Schulen ermuntert werden, diese Schwerpunk­te weiter auszubauen und auch zum Gegenstand der abschließenden Prüfungen zu machen. Die individuellen Leistungen sollen miteinander vergleichbar werden – daher keine Nivellierung nach unten, sondern ein Fördern und Fordern von Leistungen. Das sind die Merkmale der neuen Reifeprüfung!

Es wird wichtig sein, künftig auch die Berufsreifeprüfung in adäquater Form in dieses System zu integrieren. Damit hätten dann alle drei Säulen – die AHS, die BHS und die Lehre mit der Berufsreifeprüfung, also der Lehrabschluss mit Matura – trotz unter­schiedlicher Zugänge gleichwertige Abschlussprüfungen.

Der dritte Punkt bezieht sich auf die Hochschulreife. Bei der Hochschulreife wird es ganz, ganz wichtig werden, dass die Universitäten und Hochschulen hinter diesem Mo­dell stehen. Sie müssen daher jetzt schon in die Erprobung der Aufgabenstellungen einbezogen werden und müssen zu den Aufgabenstellungen Ja sagen, denn es soll ja damit auch der Zugang zur Hochschule ermöglicht werden. Daher ist die Evaluierung unter Einbeziehung der Hochschulen ein besonders wichtiger Punkt.

Die beste Vorbereitung auf die Hochschule sind die vorwissenschaftlichen Arbeiten, die Diplomarbeiten und die Fachbereichsarbeiten. Diese stellen heute schon ein wesentli­ches Merkmal der Berufsbildung dar. Es ist mir besonders wichtig, dass wir den Antrag zu diesem Punkt gemeinsam konzipiert haben und nun auch gemeinsam, so hoffe ich, beschließen werden. Damit soll sichergestellt werden, dass alle Formen der vorwissen­schaftlichen Arbeit auf den vielen Erfahrungen der letzten zehn Jahre aufbauen und weiterentwickelt werden, denn die letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass die BHS mit der Reife- und Diplomprüfung einen wichtigen Schritt bei den abschließenden Arbeiten gegangen ist. Der Nachweis der berufsbezogenen Kompetenzen ist in Kooperation mit der Wirtschaft erfolgt.

Viele dieser Schülerarbeiten haben schon bisher zu Innovationen in den Klein- und Mit­telbetrieben und in der Industrie geführt. Wir sprechen dabei von Schülerpatenten – die rechtlichen Schritte sind noch einzuleiten –, denn viele unserer Absolventinnen und Ab­solventen haben echte, patentreife Innovationen entwickelt. Ich erwähne ganz kurz den elektronischen Blindenstock als ein Beispiel, eine patentreife Schülerarbeit. Forschung beginnt schon in sehr jungen Jahren, daher brauchen wir auch ein entsprechendes Ni­veau. Das sage gerade ich als Wissenschaftssprecherin.

Ich bin froh darüber, dass wir zu dieser gemeinsamen Ausschuss- und Plenumsfest­stellung kommen werden.

Die Wirtschaft profitiert von diesen gemeinsamen Abschlüssen, und daher ist mir auch künftig die Einbeziehung der regionalen Wirtschaft in die Abschlussprüfungen auf re­gionaler Ebene besonders wichtig.

In diesem Sinne ist das ein erster Schritt in die richtige Richtung. Jetzt geht es darum, gemeinsam die Umsetzung in ihrer Qualität zu sichern. (Beifall bei der ÖVP.)

14.19



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 108

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.19.33

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Lie­be KollegInnen! Das Thema, wir wissen es: Die Oppositionsparteien haben gemeinsam einen Antrag gestellt, und zwar geht es um ein Schulgesetz.

Es gibt noch einen weiteren Entschließungsantrag in dieser Causa, in dem es um bar­rierefreie Unterrichtsmaterialien geht, die natürlich grundsätzlich sehr begrüßenswert sind, aber der gemeinsame Antrag, den wir Oppositionsparteien eingebracht haben, beinhaltet bei Weitem mehr. Es geht darum, dass wir sehen, was die speziellen Be­dürfnisse der verschiedensten SchülerInnen sind, und auf diese gehen wir ein. Wir kon­zentrieren uns nicht nur auf eine ganz spezifische Form.

Jetzt stellen Sie sich einmal vor: Zu meiner Schulzeit gab es sehr viele Schulfilme. Ich bin zwei Stunden im Unterricht gesessen, habe dann immer wieder Ermahnungen be­kommen, weil ich zu unaufmerksam war, aber damals gab es keine Untertitelungen.

Der zweite Punkt: Ich gehe jetzt wieder auf unseren Entschließungsantrag ein, und zwar geht es dabei um die Adaptierung von Prüfungen, denn der Entschließungsantrag der Regierungsparteien beinhaltet einzig und allein eine Adaptierung für schwer kör­perbehinderte Menschen. Mich wundert dieser Antrag ein wenig, denn es gibt ja bereits eine Reifeprüfungsverordnung, in deren Sonderbestimmungen festgehalten wird, dass man auf schwer körperbehinderte Menschen besonders Rücksicht nehmen muss. Das heißt, es gibt sehr wohl schon eine Verordnung, und jetzt wird dazu ein separater An­trag eingebracht. Ich kann nicht ganz nachvollziehen, wozu das notwendig ist.

Was wirklich von Bedeutung ist, ist, dass wir für alle Behinderungsgruppen ein speziel­les Angebot haben: für blinde Menschen ein Prüfungsangebot in Brailleschrift, für schwer hörende Menschen zum Beispiel als Ersatz für eine Ausspracheübung schriftliche Texte.

Der Grund: Es gibt in der Praxis viele Beispiele von Problemen. Ein schwer hörendes Mädchen hat sich an mich gewandt. Sie ist bei der Matura durchgefallen, obwohl sie ih­re gesamte Schullaufbahn gut absolvieren konnte. Sie ist daran gescheitert, dass sie die Hörübung nicht geschafft hat! Das heißt, wenn wir jetzt darauf warten sollen, bis wir die Bestimmungen, bis wir die nötigen Gesetze haben, dann muss ich klar sagen: Die Menschen stehen knapp vor ihrer Reifeprüfung, und wir können da nicht mehr länger warten! Also, vielleicht hilft es, dass Sie endlich beginnen, in diesem Punkt umzuden­ken. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der SPÖ sowie der Abg. Ursula Haubner.)

14.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Darf ich nachfragen, wer den gemeinsamen Antrag einbringen wird? Wir sind nämlich davon ausgegangen, dass dieser gemeinsame An­trag jetzt von Kollegin Jarmer eingebracht wird.

Ich bitte darum, dass sich die Antragsteller koordinieren und vielleicht dann dafür noch einen Redner stellen.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Faul. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.23.28

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich heute in den Schlagzeilen der Gazetten lese, dass Wien beziehungsweise explizit die Wiener Kinder die meisten Fünfer haben, dann ist das für mich ein Zeichen einer veralteten Betrachtungsweise.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 109

Kollege Walser – er ist leider nicht mehr da. Diese Betrachtungsweise kennzeichnet auch viele Schuldirektoren, die zwar auf der einen Seite innovationsbereit sind, aber auf der anderen Seite von ihren Paradigmen nicht heruntersteigen wollen. Letztendlich ist ihnen abprüfbares Wissen wichtig, das beurteilt werden muss.

Für diesen Zustand kann man natürlich viele Gründe angeben. Die einen werden sa­gen, das System wurde von unserer Seite her schlecht begonnen, das heißt, die Ge­samtschule ist schlecht. Oder die differenzierte Schule ist schlecht. Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! In Wirklichkeit wirken Industrie und Wirtschaft immer schon beziehungsweise schon sehr lange in diese Richtung. Das zeigte sich auch in den Ver­handlungen unserer Frau Bundesministerin mit den betreffenden Institutionen. Erst jetzt jedoch sind durch die Aussage der Wissenschaftsministerin die Dämme gebro­chen, und jetzt ist gekommen, was wirklich wichtig ist.

Frau Bundesministerin, wenn wir heute die Berufsreifeprüfung in dieser Form beschlie­ßen, dann wird zum ersten Mal die Berufsreifeprüfung mit der Reifeprüfung einer hu­manistischen Schule mit Allgemeinbildung in Wettbewerb treten. Industrie, Gewerbe und europäische Unternehmungen sind einfach an Schlüsselfunktionen, an Schlüsselkennt­nissen interessiert. Die interessieren keine Einzelkenntnisse, die abprüfbar sind, die man beurteilen kann. Wichtig ist, was die Leute können. Ich denke, da sind wir auf einem sehr, sehr richtigen Weg.

Schon vor 20 Jahren habe ich mit Präsident Schilcher die Realschule erprobt, und wir haben das auch bis zum heutigen Tag durchgehalten. Er ist leider ein bisschen früher ausgeschieden. Wir haben gesehen, dass es wirklich darum geht, dass wir nicht 20 Pro­zent der Schülerinnen und Schüler zurücklassen, die über nahezu keine Schlüsselqua­lifikationen verfügen, was auch die Wirtschaft befürchtet, weil die dann einfach in der Wirtschaft überhaupt nicht brauchbar sind. Durch Fehlen der Grundvoraussetzungen können sie sich einfach kein zusätzliches Wissen holen, weil ihnen von Grund auf alles fehlt. Da sollte man ansetzen.

Ein Letztes noch, ein bisschen etwas zu Frau Bundesministerin Karl. Ich möchte ganz kurz eine kleine Anekdote erzählen. Lieber Fritz, du bist, glaube ich, der Einzige, oder vielleicht auch noch der Kollege aus Kärnten, der das Karlbad kennt. Ich bin wirklich gerade im Karlsbad gelegen, als ich über Kopfhörer die Nachricht über die Presse­konferenz der Wissenschaftsministerin Karl gehört habe. – Für die, die das nicht ken­nen: Wo ist das Karlbad? – Es ist in den Nockbergen, ganz in der Höhe, ein hohler Baumstumpf, gut ausgehöhlt, mit saukaltem Wasser, Eiswasser vom Gebirgsbach. Da kommen dann die vorgeglühten Steine der Erkenntnis hinein. Die machen das Wasser wohlig warm, man legt sich dort hinein und kommt zu ganz, ganz neuen Erkennt­nissen. – Das wäre so ein kleiner Aufruf an euch, liebe Freunde: Haut euch hinein ins Karlbad, und schwimmen, paddeln oder segeln wir im wohlig vorgewärmten Wasser mit unserer Frau Bundesministerin in eine gute Zukunft für die österreichischen Schu­len. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Ich glaube, wir können die Spitze erreichen. Dazu sind wir fähig, und die kleinen Dinge, die uns die Wellen entgegenbringen, die räumen wir gemeinsam weg. – Alles Gute! Danke, Frau Bundesministerin. (Beifall bei der SPÖ.)

14.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.27.14

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Im vor­liegenden Schulunterrichtsgesetz geht es im Wesentlichen um die Weiterentwicklung der Bildungsstandards und um die teilzentrale Matura nun auch für die berufsbildenden hö­heren Schulen. Gleichzeitig wird auch die Approbation von Unterrichtsmitteln, insbeson­dere der Schulbücher, neu geregelt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 110

Worum geht es bei dieser neuen Matura? – Es geht einerseits um die bessere Ver­gleichbarkeit, denn wir müssen internationalen Standards gerecht werden, andererseits geht es um eine Qualitätsverbesserung, denn es darf keinesfalls zu einem Niveauver­lust kommen.

Bisher war es ja so, dass man bei Bewerbungen gefragt wurde: Welche Noten hast du? Und man hat gleichzeitig auch gefragt: In welche Schule bist du denn gegangen? Der Grund dafür ist, dass die Schulen eben nicht vergleichbar sind. Nun soll das der Ver­gangenheit angehören, denn es soll überall das gleiche Niveau geben. In einer von Wissen und nahezu überbordender Information geprägten Gesellschaft wird Bildung immer wichtiger. Um international erfolgreich zu sein, brauchen wir ein hohes Bildungs­niveau mit ausgewiesenen Bildungsstandards.

Die nun vorliegende Gesetzesänderung ist ein wichtiger Schritt in Richtung Qualitäts­entwicklung und Qualitätssicherung der Bildung in Österreich. Die neue Matura dient der besseren Vergleichbarkeit. Sie soll nachhaltig die Qualität an Österreichs Schulen si­chern und darf auf keinen Fall zu einem Niveauverlust führen. Deshalb freue ich mich, dass wir dieses Gesetz heute beschließen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.30.01

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Es ist uns, den Regierungsparteien, sehr wichtig, dass alle behinderten SchülerInnen die Reifeprüfung entsprechend ablegen können, dass es auch barriere­freie Hilfsmittel gibt, und dass die Unterrichtsmaterialien barrierefrei gestaltet werden. Dem Abänderungsantrag der Grünen, der Oppositionsparteien, können wir nicht zu­stimmen, weil das Gesetzformulierungen sind, die so nicht übernommen werden kön­nen. Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag des Kollegem Mayer und mir betreffend Barrierefreiheit der Unterrichtsmaterialien ein.

An dieser Stelle müsste der Antrag normalerweise von mir vorgelesen werden. Da ich aber nicht lesen kann – das passt sehr gut zum Unterrichtsausschuss, ein Abgeordne­ter, der nicht lesen kann, aber ich kann nicht lesen, weil ich so stark sehbehindert bin –, möchte ich vorzeigen, wie das mit einem Hilfsmittel funktioniert. Mein Computer hat ein Sprachprogramm, und er wird Ihnen jetzt den Entschließungsantrag vortragen.

(Abg. Dr. Huainigg bringt nachstehenden Antrag durch das Abspielen eines Audiofiles auf seinem Laptop ein.)

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Elmar Mayer, Kolleginnen und Kollegen betreffend barrierefreie Schulbücher und Unterrichtsmittel

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Bundesminister werden ersucht, Maßnahmen zu prüfen, inwieweit im Rahmen der Finanzierung der Unterrichtsmittel in Zukunft die Barrierefreiheit dieser bes­ser gewährleistet werden kann.

Weiters wird die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur ersucht, auch in Zu­kunft in den entsprechenden Reifeprüfungsverordnungen das Ablegen der Matura für Schülerinnen und Schüler mit schweren Körperbehinderungen sicherzustellen.“

*****

(Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 111

Im Bildungsbereich wird der Stein der Weisen gesucht. Man reist in verschiedene Län­der – Südtirol, Finnland, wohin auch immer –, es werden Bildungskonzepte verglichen. Ich wage zu behaupten, dass wir den Stein der Weisen gefunden haben, und dass er in Österreich liegt, nämlich in Form der schulischen Integration von behinderten Kindern.

Wenn ein Kind mit Down-Syndrom in einer Klasse sitzt, dann funktioniert kein Frontal­unterricht. Da braucht es einfach bestimmte Rahmenbedingungen: Das ist der offene Unterricht, das sind zwei Lehrer, das ist eine geringe Schülerzahl, das sind andere, an­schauliche Lehrmaterialien.

In den letzten 20 Jahren haben wir ein tolles Modell entwickelt, das vorsieht, dass je­des Kind seinen Fähigkeiten entsprechend gefordert und gefördert wird – auch das hochbegabte Kind, auch das behinderte Kind. Auf jedes Kind wird speziell eingegan­gen. Und wenn jetzt individueller Unterricht, individuelle Lehrpläne gefordert werden, dann ist eben dieses Modell der Integration auch auf das Regelschulwesen umzulegen und hier weiter zu entwickeln.

Deshalb braucht es jene Weiterentwicklung, das heißt, eine weiterführende schulische Integration nach der achten Schulstufe. Ich glaube nämlich, Schule beginnt bei den Lehrern, es kommt auf die Lehrer an, und deshalb ist es vor allem wichtig, dass behin­derte Menschen Lehrer werden können.

Wir haben im Zuge des Behinderten-Gleichstellungsgesetzes die körperliche Eignung als Aufnahmekriterium an den Pädagogischen Hochschulen gestrichen. Allerdings gibt es eine Verordnung des Unterrichtsministeriums, welche die körperliche Eignung wie­der einführt. Ich glaube, es braucht hier mehr Offenheit. Integration beginnt vor allem bei den Lehrern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und BZÖ.)

14.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der von Herrn Abgeordnetem Huainigg eingebrachte Entschließungsantrag wurde inzwischen gemäß § 53 Abs. 4 Geschäftsordnungsgesetz an die Abgeordneten verteilt und ist ausreichend unterstützt.

Die Idee war sehr innovativ, nur denke ich, dass das durch die Geschäftsordnung nicht gedeckt ist – vielleicht irre ich mich, aber wir sind ohnehin bei der Novellierung der Ge­schäftsordnung, und wir werden uns sicher genauer ansehen, wie man künftighin mit solchen Spezialfällen umgeht, damit das in der Rechtsordnung auch entsprechend ge­deckt ist.

Jedenfalls ist der Antrag durch die Verteilung ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Elmar Mayer, Kolleginnen und Kollegen betreffend barrierefreie Schulbücher und Unterrichtsmittel

eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 4, Bericht des Unterrichts­ausschusses über die Regierungsvorlage (714 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (763 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP)

Im Rahmen der Schulbuchaktion werden spezifische Schulbücher und Unterrichtsmittel für behinderte Kinder kostenlos zur Verfügung gestellt. Dieses Angebot ist weiter zu verbessern. Ein Beispiel sind etwa Untertitel für gehörbehinderte Kinder bei Begleit-DVD von Schulbüchern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 112

Derzeit gibt es für körperbehinderte SchülerInnen die Möglichkeit, die Reifeprüfung ent­sprechend ihrer besonderen Bedürfnisse abzulegen. Damit SchülerInnen mit Behinde­rungen auch in Zukunft gleichwertige Reifeprüfungen ablegen können, muss dies in der jeweiligen Reifeprüfungsverordnung verankert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht Maßnahmen zu prü­fen, inwieweit im Rahmen der Finanzierung der Unterrichtsmittel in Zukunft die Bar­rierefreiheit dieser besser gewährleistet werden kann.

Weiters wird die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur ersucht, auch in Zu­kunft in den entsprechenden Reifeprüfungsverordnungen das Ablegen der Matura für Schülerinnen und Schüler mit schweren Körperbehinderungen sicherzustellen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.35.53

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Seit dem Beschluss der standardisierten Matura im Jahr 2009 hat sich die Stimmung und Akzeptanz gegenüber diesem großen Projekt po­sitiv entwickelt. Wir sollten aber dennoch nicht in Euphorie verfallen. Ich glaube, es geht jetzt darum, dass wir gerade in der Umsetzung unsere Grundsätze und unsere Ziele nicht verlieren und sie entscheidend einfordern.

Es geht einfach darum: Standardisierung, wenn möglich und sinnvoll, Optimierung, Wei­terentwicklung und Modernisierung, wenn möglich, und Spielraum, Freiraum und auch Differenzierung. Gerade den heutigen Beschluss die BHS, die berufsbildenden höhe­ren Schulen, betreffend wurde mir von einigen aus diesem Bereich mitgegeben, dass wir sehr sensibel vorgehen sollten, weil gerade die BHS sehr oft durch Spezialisierung tolle Leistungen und Bildung erbracht und damit auch viele tolle Berufschancen er­öffnet haben, national und international. Ich glaube, es ist einfach wichtig, dass wir sehr ausgewogen alle drei Teile dieser Matura berücksichtigen.

Abschließend: Es ist wichtig, dass wir diese positive Stimmung mitnehmen, dass wir – es wurde heute schon gesagt – weniger Ideologie zeigen und alle offen sind für Neues und Zukünftiges. Es geht darum, dass wir die Ausrichtung und Gewichtung ordnen, dass es – wie heute schon öfter erwähnt – messbare Qualitätskriterien gibt, um Ver­gleiche zu ermöglichen, dass wir aber da und dort auch ein bisschen Autonomie zulas­sen. Wichtig ist auch die Evaluierung, um Stärken und Schwächen klar herauszuarbei­ten, damit wir wieder politische Zukunftsentscheidungen treffen können.

In diesem Sinne bitte ich, dass wir alle Beteiligten – die Lehrerinnen und Lehrer, die Schü­ler, die Schulbehörden, aber auch die Politik – einbinden. Es geht um ein großes Projekt für die Zukunft, das startet und das uns in unserem Land weiterbringen soll. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster und vorläufig letzter Redner hierzu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 113

14.38.23

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Ich möchte jetzt noch folgenden Abänderungsantrag der Kollegen Jarmer, Haubner, Rosenkranz formal einbringen.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„1. In Z 1 wird im § 14 Abs. 2 folgender zweiter Satz hinzugefügt: ‚Die Unterrichtsmittel müssen auch in barrierefreier Form vorliegen beziehungsweise durch barrierefreie Materialien ergänzt werden, um den Bildungszugang für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten.‘

2. In Z 7 wird nach § 37 Abs. 3 folgender neuer Abs. 4 eingefügt: ‚4. Der zuständige Bundesminister hat durch Verordnung für SchülerInnen mit Behinderungen besondere Prüfungsvoraussetzungen zu erlassen, die eine vollwertige Reifeprüfung entsprechend den individuellen Lernvoraussetzungen ermöglichen.‘ Die bisherigen Absätze 4 und 5 erhalten die Bezeichnungen 5 und 6.“

*****

Danke.

14.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Jarmer, Haubner, Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

eingebracht im Zuge der Debatte über 763 d.B. Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (714 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichts­gesetz geändert wird

ad 1) Unterrichtsmittel sind nach wie vor nicht ausreichend in barrierefreier Form ver­fügbar. Es fehlen etwa Untertitel für Gehörlose und Schwerhörige auf DVD sowie er­gänzende Hörtexte für Menschen mit Sehbehinderungen.

ad 2) Derzeit gibt es für SchülerInnen mit Behinderungen nur unzureichende Möglich­keiten die Reifeprüfung entsprechend ihrer besonderen Bedürfnisse abzulegen. Damit SchülerInnen mit Behinderungen in Zukunft gleichwertige Reifeprüfungen ablegen kön­nen müssen entsprechende Leistungskataloge und Hilfsmittel definiert werden. Dies betrifft insbesondere Alternativaufgaben für SchülerInnen mit Hörbeeinträchtigungen in den mündlichen Prüfungsteilen und bei Hörverständnisübungen, die Bereitstellung von GebärdendolmetscherInnen bei den Prüfungen, die Zulassung der österreichischen Gebärdensprache als Prüfungssprache, die Verwendung der amerikanischen Gebär­densprache in Prüfungen auf Englisch, die Bereitstellung von Computern für die grafi­schen Aufgaben für SchülerInnen mit Sehbehinderungen, zusätzliche Arbeitszeit für SchülerInnen mit feinmotorischen Einschränkungen, die Möglichkeit der Nutzung von Computern für die Erstellung schriftlicher Aufgaben usw.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Abänderungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (714 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz mit dem das Schulun­terrichtsgesetz geändert wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 114

1. In Z 1 wird im §14 Abs. 2 folgender zweiter Satz hinzugefügt: „Die Unterrichtsmittel müssen auch in barrierefreier Form vorliegen bzw. durch barrierefreie Materialien er­gänzt werden, um den Bildungszugang für Menschen mit Behinderungen zu gewähr­leisten.“

2. In Z 7 wird nach § 37 Absatz 3 folgender neuer Absatz 4 eingefügt:

„(4) Der zuständige Bundesminister hat durch Verordnung für SchülerInnen mit Behin­derungen besondere Prüfungsvoraussetzungen zu erlassen, die eine vollwertige Reife­prüfung entsprechend den individuellen Lernvoraussetzungen ermöglichen.“

Die bisherigen Absätze (4) und (5) erhalten die Bezeichnungen (5) und (6)

*****

14.39.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 714 der Beilagen.

Hierzu liegen folgende Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträge vor:

Zusatzantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen,

Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Jarmer, Ursula Haubner, Dr. Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen sowie

Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsanträgen sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Jar­mer, Ursula Haubner, Dr. Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf Z 1 be­zieht.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage. Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag eingebracht, der sich auf Z 7 § 34 Abs. 3 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Antrag unterstützen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Die Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzan­trag eingebracht, der in Z 7 § 35 Abs. 2 die Einfügung einer neuen Z 4 und die sich da­raus ergebenden Änderungen der Ziffernbezeichnung zum Inhalt hat.

Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Min­derheit und somit abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 115

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Jarmer, Ursula Haubner, Dr. Rosenkranz, Kol­leginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht, der in Z 7 nach § 37 Abs. 3 die Einfügung eines neuen Abs. 4 und die sich daraus ergebenden Änderungen der Zif­fernbezeichnung zum Inhalt hat.

Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Min­derheit und somit abgelehnt.

Wir gelangen somit zur getrennten Abstimmung über Z 7 des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hierfür aussprechen, um ein bejahendes Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Amon und Mayer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Absicherung der Qua­lität der teilzentralen Elemente der Reifeprüfung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 106.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dr. Huainigg und Mayer, Kolleginnen und Kollegen betreffend barrierefreie Schul­bücher und Unterrichtsmittel.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig angenommen. (E 107.)

14.44.045. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (654 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige geändert wird (764 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (713 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird (765 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (712 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert wird (766 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 116

8. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (715 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert wird (767 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (676 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 geändert wird (768 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (655 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wird (769 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 bis 10 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Walser. Eingestellte Redezeit: 6 Mi­nuten. – Bitte.

 


14.45.27

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin! Hohes Haus! Kollege Gahr hat zu Recht eingefordert, dass wir eine möglichst ideologiefreie, sachbezogene De­batte führen sollen – wir sind alle sehr dafür. Ich bin auch sehr froh, dass uns das im Unterrichtsausschuss größtenteils gelungen ist und wir doch zu sehr guten und zu­kunftsweisenden Lösungen gekommen sind.

Kollege Gahr – ich sehe ihn jetzt gerade nicht, aber ich nehme an, man wird ihn dann vielleicht noch darum bitten, das in seine Überlegungen mit aufzunehmen –, Sie wis­sen, dass Ihre Partei besonders davon betroffen ist, wiewohl es sehr positive Zeichen gegeben hat. Ich habe heute Vormittag schon einmal kurz darauf hingewiesen. Ich darf etwa erinnern an Peter Haubner – den ich im Moment allerdings auch nicht sehe, leider Gottes –, der sehr deutliche Worte gefunden hat in der „Presse“ beziehungsweise auf der Homepage des Wirtschaftsbundes, und der dort auch bemängelt hat – jedenfalls wenn es von ihm stammt, was auf der Homepage des Wirtschaftsbundes steht –, be­zogen auf den Vorschlag eines Gymnasiums für alle von Ministerin Beatrix Karl – ich zitiere –:

„Von Pröll soll sie für diesen Alleingang einen Rüffel bekommen haben. Für Peter Haubner ist die Führungsrolle Karls trotz der ÖVP-internen Kalamitäten bei der Bildungs­debatte ‚überhaupt nicht anzuzweifeln‘. Der Dialog müsse ‚offen geführt werden‘.“

Führen wir diesen Dialog! 700 Manager wurden vom Wirtschaftsbund befragt, 700 Ma­nager –jedenfalls die überwiegende Mehrheit – haben eindeutig gesagt: Ja, wir müs­sen in Richtung gemeinsame Schule marschieren, in Richtung einer modernen gemein­samen Schule.

Es ist ja durchaus möglich, seine Meinung zu ändern. Ich erinnere daran, dass wir in Vorarlberg insbesondere diese Diskussion seit Jahren sehr heftig geführt haben – un­ter großer Anteilnahme der Medien, unter großer Anteilnahme der beteiligten Lehrkräf­te, Direktoren, Eltern, und so weiter –, und dass es im Zuge dieser Diskussion gelun­gen ist, sogar die Freiheitliche Partei zu überzeugen, dass das der richtige Weg ist, dass das ein nach vorne führender Weg ist. Ich hoffe, dass sich auch im Freiheitlichen Parlamentsklub künftig weniger die Ideologen durchsetzen werden, sondern mehr die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 117

Sachpolitiker. In Vorarlberg jedenfalls ist es so, dass man zu vernünftigen Lösungen kommt, wenn Lehrkräfte mitbestimmen, mitdiskutieren in der Freiheitlichen Partei.

Wir sehen also: Weniger Ideologie tut der Diskussion gut. Weniger Ideologie führt zu überraschenden vorwärtsführenden Lösungen, und in diese Richtung sollten wir jetzt alle unterwegs sein.

Frau Ministerin! Der Einmarsch von Ratingagenturen in die Schulen ist sicherlich kein begrüßenswerter Schritt. Das ist nicht das, was ich gemeint habe.

Was ich gemeint habe in meinem vorangegangenen Redebeitrag, wäre eine Diskus­sion über die Rolle der Lehrkräfte in der Schule – eine Diskussion mit der Tendenz, dass Lehrer vom Prüfen, vom Beurteilen größtenteils befreit werden, mit dem Ziel, dass wir zu objektiveren Ergebnissen kommen.

Ich gehe nicht so weit, dass wir Lehrkräfte vollständig von der Beurteilung befreien können, denn das wäre natürlich nicht möglich. Das würde ja bedeuten, dass wir alle paar Wochen oder Monate externe Prüfer an der Schule hätten, und das in allen Schul­stufen.

Größtenteils begrüßen wir alle diese vorgeschlagenen Gesetzänderungen. Auf eine, der wir nicht zustimmen können, wird Kollege Brosz noch genauer eingehen.

Ich möchte nun einen Entschließungs- und einen Abänderungsantrag einbringen.

Im Entschließungsantrag zum Tagesordnungspunkt 5 geht es um das Modulsystem an den Schulen für Berufstätige. Hier haben Sie ja erfreulicherweise sehr viele Diskus­sionspunkte aufnehmen können – leider nicht alle!

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderungen im Schul­unterrichtsgesetz für Berufstätige

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, die Wünsche der Arbeitsgemeinschaft Abendschulen im Bezug auf die Novellierung des Schulunter­richtsgesetzes für Berufstätige zu berücksichtigen und insbesondere die dienst- und besoldungsrechtliche Gleichstellung der StudienkoordinatorInnen mit den ehemaligen Klassenvorständen und die Senkung der Klassenzahl von 23 auf 19 vorzunehmen.“

*****

Jetzt bringe ich einen Abänderungsantrag zum Tagesordnungspunkt 6 ein. Darin geht es um die Befristung für Sprachförderkurse. Das ist auch ein Gesetz, das wir prinzipiell befürworten. Es weist zwar in die richtige Richtung, aber die Befristung ist aus unserer Sicht zu streichen.

Daher stellen wir folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 118

In Z 4 lautet der § 8e Abs. 1 erster Satz:

„Es können Sprachförderkurse eingerichtet werden, die die Aufgabe haben, Schülern und Schülerinnen von Volksschulen, Hauptschulen, Polytechnischen Schulen sowie der Un­terstufe der Allgemeinbildenden höheren Schulen, die gemäß § 4 Abs. 2 lit. a des Schul­unterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986, wegen mangelnder Kenntnis der Unterrichts­sprache als außerordentliche Schüler bzw. Schülerinnen aufgenommen wurden, jene Sprachkenntnisse zu vermitteln, die sie befähigen, dem Unterricht der betreffenden Schul­stufe zu folgen.“

*****

Ich glaube, damit wären wir auf dem richtigen Weg. Wir haben ja auch im Unterrichts­ausschuss darauf hingewiesen, dass die Förderung der Sprachkompetenz der zentrale Schritt in Richtung Chancengleichheit gerade für Schüler aus bildungsfernen Schichten und für Schülerinnen und Schüler mit migrantischem Hintergrund wäre. – Danke. (Bei­fall bei den Grünen.)

14.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag so­wie der eingebrachte Abänderungsantrag sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Walser, Freundinnen und Freunde betreffend Änderungen im Schul­unterrichtsgesetz für Berufstätige

eingebracht im Zuge der Debatte über 764 d.B. Bericht des Unterrichtausschusses über die Regierungsvorlage (654 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichts­gesetz für Berufstätige geändert wird

Die Novelle des Schulunterrichtsgesetzes für Berufstätige hat die Einführung den Mo­dulsystems für Schulen für Berufstätige zum Inhalt. Die neuen Regelungen ermögli­chen flexible Studienzeiten für Studierende an Schulen für Berufstätige, eine bessere Anrechenbarkeit von bereits erbrachten Leistungen, die Ablegung von Prüfungen über Fachgebiete ohne das vorbereitende Modul besuchen zu müssen und den Besuch von Lehrveranstaltungen an andere Schulen für Berufstätige als außerordentliche Studie­rende. Die Studierende benötigen umfangreiche Beratung und Betreuung um diese Möglichkeiten auch tatsächlich nutzen zu können. Diese Beratung und Betreuung er­folgt durch die StudienkoordinatorInnen, welche an die Stelle der Klassenvorstände tre­ten. Ihnen gebührt daher auch die entsprechende Anerkennung ihrer Tätigkeit und die damit verbundenen dienst- und besoldungsrechtlichen Vorteile, welche den Klassen­vorständen bisher gewährt wurden.

Auf Grund der Modularisierung werden keine Jahrgangsklassen mehr geführt, durch die Möglichkeit, Module an anderen Standorten als der Stammschule zu absolvieren, bzw. nur Prüfungen üb der Module abzulegen ohne die Kurse zu besuchen, kommt es zu durchschnittlich niedrigeren Teilnehmerzahlen in den einzelnen Modulen. Um die benötigten Lehrkräfte für die Module bereitstellen zu können, muss die Klassenzahl für die Berechnung der Werteinheiten von derzeit 23 auf künftig 19 Studierende gesenkt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 119

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, die Wünsche der Arbeitsgemeinschaft Abendschulen in Bezug auf die Novellierung des Schulunter­richtsgesetzes für Berufstätige zu berücksichtigen und insbesondere die dienst- und besoldungsrechtliche Gleichstellung der StudienkoordinatorInnen mit den ehemaligen Klassenvorständen und die Senkung der Klassenzahl von 23 auf 19 vorzunehmen.

*****

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Walser, Freundinnen und Freunde betreffend Aufhebung der Befris­tung für Sprachförderkurse an Schulen

eingebracht im Zuge der Debatte über 765 d.B. Bericht des Unterrichtsausschusses über eine Regierungsvorlage (713 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisations­gesetz geändert wird

Dem Bericht des Unterrichtsausschusses ist zu entnehmen: „§8e SchOG sieht die Füh­rung von Sprachförderkursen letztmalig im Schuljahr 2009/2010 vor. Gemäß dem Eva­luierungsbericht des Instituts für Höhere Studien (IHS) haben sich die mittlerweile über vier Schuljahre geführten Sprachförderkurse bewährt und sollen daher unter Auswei­tung auf zwei Unterrichtsjahre pro Schüler und Schülerin sowie unter Einbeziehung der AHS-Unterstufe auf weitere zwei Schuljahre (2010/11 und 2011/12) fortgeführt wer­den.“ Nachdem sich die Kurse bewährt haben und die Regelung bereits zum zweiten Mal verlängert wird, sollten sie nicht mehr auf jeweils zwei Jahre befristet, sondern un­befristet eingeführt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Abänderungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

In Z 4 lautet der §8e Abs. 1 erster Satz:

„Es können Sprachförderkurse eingerichtet werden, die die Aufgabe haben, Schülern und Schülerinnen von Volksschulen, Hauptschulen, Polytechnischen Schulen sowie der Unterstufe der Allgemeinbildenden höheren Schulen, die gemäß § 4 Abs. 2 lit. a des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986, wegen mangelnder Kenntnis der Unter­richtssprache als außerordentliche Schüler bzw. Schülerinnen aufgenommen wurden, jene Sprachkenntnisse zu vermitteln, die sie befähigen, dem Unterricht der betreffen­den Schulstufe zu folgen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Elmar Mayer. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


14.52.42

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf gleich dort anschließen, wo der Kollege Walser auf­gehört hat und ebenfalls einen Abänderungsantrag einbringen. Der Kollege Amon hat


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 120

bereits in seiner Wortmeldung darauf verwiesen, dass es auch im Bereich des Hoch­schulgesetzes zu bestimmten Veränderungen kommt.

Wir wollen mit einem Abänderungsantrag noch genauer definieren, wie auch bereits im Dienst befindliche Lehrer durch Zusatzqualifikationen einen „Bachelor of Education“ er­werben können und stellen daher folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mayer, Amon MBA, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Un­terrichtsausschusses über ein Bundesgesetz (676 d.B), mit dem das Hochschulge­setz 2005 geändert wird (768 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Die Regierungsvorlage (676 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hoch­schulgesetz 2005 geändert wird, wird wie folgt geändert:

1. In Z 32 der Regierungsvorlage hat der letzte Satz des § 65a Abs. 1 zu lauten:

„Das zuständige Regierungsmitglied hat durch Verordnung die näheren Regelungen über die Gestaltung des berufsbegleitenden Ergänzungsstudiums zu erlassen. Dabei können Qualifikationen, die erlangt wurden, zur Gänze oder zum Teil nach den Anfor­derungen des Rahmencurriculums anerkannt werden. Diesbezüglich kommen bei­spielsweise einschlägige Ausbildungen wie ein erfolgreich abgeschlossenes Universi­täts- oder Fachhochschulstudium, ein weiteres Lehramtsstudium (sofern dieses nicht Zugangsvoraussetzung gemäß § 65a Abs. 1 Z 2 ist), berufsbegleitende Fort- und Wei­terbildungen wie Universitäts- oder Hochschullehrgänge, auf Lehramtsstudien aufbau­ende Studien zur Erlangung zusätzlicher Lehrbefähigungen, Zusatzausbildungen für Sonderschullehrerinnen und -lehrer oder weitere inhaltlich und anforderungsmäßig ent­sprechende Zusatzqualifikationen, Projektbetreuungen, Führungstätigkeiten im Schul­bereich, einschlägige Veröffentlichungen sowie sonstige für den Lehrberuf relevante Qualifikationen in Betracht. Diese sind in einem Kompetenzportfolio zu dokumentieren.“

2. In Z 39 hat in Z 1 die Wortfolge „§ 65a samt Überschrift,“ zu entfallen und es ist fol­gende Z 3 anzufügen.

„3. § 65a samt Überschrift am 1. Jänner 2011.“

*****

Nun zum Inhaltlichen: Kollege Amon hat zu Recht gesagt, man solle Muße und Geduld haben in der Debatte, die jetzt in Richtung „Gemeinsame Schule“ aufgebrochen ist. Wir haben immer gehört, vor allem Finnland und Schweden und andere nordische Länder sind es, an denen man sich ein Beispiel nehmen soll, wenn man Schule neu denken beziehungsweise neu gestalten will. Ich habe in diesem Zusammenhang auch auf Süd­tirol hingewiesen. Auch das hat bereits Anklang gefunden, und das freut mich sehr.

Aber ich möchte in diesem Zusammenhang noch jemanden anführen. Es werden ihn vermutlich nicht nur die oberösterreichischen Kolleginnen und Kollegen kennen, son­dern alle, die in der Bildungspolitik tätig sind, einen im Schulbereich Tätigen, den man eigentlich nicht wegdenken sollte, wenn man über Schule in Österreich spricht, nämlich Rupert Vierlinger.

Rupert Vierlinger war jahrelang Direktor der Pädagogischen Akademie der Diözese Linz. Er ist auch immer wieder Berater des oberösterreichischen Landeshauptmannes,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 121

vielleicht auch in der Zwischenzeit des Landesschulratspräsidenten Enzenhofer. Wie auch immer. Er ist einer, von dem man nicht sagen kann, dass er ein in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat ist, aber er ist ein überzeugter Pädagoge und einer, der all die Dinge, die in der Zwischenzeit durch die Wissenschaft längst erkannt wurden, seit Jahren predigt, was übrigens jetzt auch Industrielle und Wirtschafter erkannt haben, nämlich, dass es wichtig wäre, dass man Kinder zu einer gemeinsamen Ausbildung bringt.

Rupert Vierlinger hat insgesamt neun Gebote aufgestellt, und eines dieser neun Gebo­te, nämlich das neunte, möchte ich hier kurz zitieren, weil es sehr wichtig ist, auch für unsere Vorgangsweise. Und zwar sagt er: Du sollst dich dafür einsetzen, dass per Ge­setz allen SchülerInnen die Chancengleichheit garantiert wird.

Also weg, liebe Kolleginnen und Kollegen, von allen Ideologien! Weg von irgendwel­chen kleinkarierten Gedankenspielen, wo man meint, bestimmte Berufsgruppen vertre­ten zu müssen, hin zu einer klaren Überlegung: Was wollen wir für die zukünftigen Ge­nerationen tun?!

Es ist tatsächlich so, wie es Kollege Huainigg schon gesagt hat: Der Stein der Weisen liegt in der „Gemeinsamen Schule“. Ich habe schon im Ausschuss auf Folgendes hin­gewiesen – und das ist meiner Meinung nach ganz wichtig für jene, die immer noch glauben, dass wir eine äußere Differenzierung brauchen, damit die Leistungsstärkeren und Begabteren besser vorwärtskommen –: Eines der Erkenntnisse, wo es keine Zwei­fel gibt, ist, dass gerade die Leistungsstarken und Begabten am meisten davon haben, wenn sie gemeinsam weiterunterrichtet werden, denn sie erhalten nicht nur durch das Einbringen ihrer Qualifikationen im Unterricht selber Vorteile, sondern sie werden auch noch zusätzlich mit Sozialkompetenz ausgestattet, die sich ein junger Mensch in der Wirtschaft und im zukünftigen Leben nur wünschen kann. Es ist ganz wichtig, dass man auch diesen Bereich mit andiskutiert, wenn man darüber redet: Was wollen wir tun, wenn wir Begabte und Leistungsstarke fördern wollen?

Ich bin schon gespannt darauf, ob der Kollege Rosenkranz heute wieder irgendwelche Studien zitieren wird. Ich würde mich freuen, wenn er sie mir auch einmal geben wür­de. Ich habe gelesen, dass laut einer Untersuchung des Max-Planck-Instituts die La­borschule Bielefeld, eine Gemeinsame Schule mit Randbedingungen, wie wir sie nicht einmal in einem kritischen Wiener Bezirk haben, hervorragende PISA-Ergebnisse ge­bracht hat, beste schulische Leistungen vorweisen konnte.

Meiner Meinung nach ist es einfach abstrus, wenn man jetzt noch, im Jahre 2010, Theorien vertritt, wo man sagt: Wir wollen weiterhin das bisherige Schulsystem mit vier Schularten, nämlich Sonderschule, Hauptschule, Neue Mittelschule und AHS-Unterstu­fe, das wollen wir parallel laufen lassen!

Und das will man mit all dem Verwaltungskram, der da anfällt! Das ist sowas von ver­staubt und alt, dass ich wirklich bitten muss: Überdenken Sie Ihre Denkweise! Gehen Sie im Schulbereich einen neuen, modernen Weg mit! Dazu möchte ich Sie einladen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mayer, Amon MBA, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Unterrichtsausschusses über ein Bundesgesetz (676 d.B.), mit dem das Hochschulge­setz 2005 geändert wird (768 d.B.)


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Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Die Regierungsvorlage (676 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hoch­schulgesetz 2005 geändert wird, wird wie folgt geändert:

1. In Z 32 der Regierungsvorlage hat der letzte Satz des § 65a Abs. 1 zu lauten:

„Das zuständige Regierungsmitglied hat durch Verordnung die näheren Regelungen über die Gestaltung des berufsbegleitenden Ergänzungsstudiums zu erlassen. Dabei können Qualifikationen, die erlangt wurden, zur Gänze oder zum Teil nach den Anfor­derungen des Rahmencurriculums anerkannt werden. Diesbezüglich kommen bei­spielsweise einschlägige Ausbildungen wie ein erfolgreich abgeschlossenes Univer­sitäts- oder Fachhochschulstudium, ein weiteres Lehramtsstudium (sofern dieses nicht Zugangsvoraussetzung gemäß § 65a Abs. 1 Z 2 ist), berufsbegleitende Fort- und Wei­terbildungen wie Universitäts- oder Hochschullehrgänge, auf Lehramtsstudien aufbau­ende Studien zur Erlangung zusätzlicher Lehrbefähigungen, Zusatzausbildungen für Sonderschullehrerinnen und –lehrer oder weitere inhaltlich und anforderungsmäßig entsprechende Zusatzqualifikationen, Projektbetreuungen, Führungstätigkeiten im Schulbereich, einschlägige Veröffentlichungen sowie sonstige für den Lehrberuf rele­vante Qualifikationen in Betracht. Diese sind in einem Kompetenzportfolio zu dokumen­tieren.“

2. In Z 39 hat in Z 1 die Wortfolge „§ 65a samt Überschrift,“ zu entfallen und es ist fol­gende Z 3 anzufügen:

„3. § 65a samt Überschrift am 1. Jänner 2011.“

Begründung

Zu Z 1 und 2 (§ 65a Abs. 1 und § 80 Abs. 5):

§ 65a sieht vor, dass Absolventinnen und Absolventen früherer Lehramtsstudien einen berufsbegleitenden Lehrgang im Umfang von 39 ECTS besuchen können, der in Kom­bination mit dem bereits absolvierten Studium zur Qualifikation eines Bachelor of Education führt. Die nähere Ausgestaltung des Lehrgangs erfolgt in Form einer Ver­ordnung, die eine Darstellung der zu erlangenden Kompetenzen beinhalten wird. Diese Verordnung wird in enger Abstimmung mit den Pädagogischen Hochschulen und Ver­tretern der Lehrerinnen und Lehrer erarbeitet.

Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass Lehrende im Rahmen ihrer Berufsbiographien oft eine Vielfalt von Qualifikationen erworben haben, sei es durch den Besuch von Aus- und Fortbildungen, durch die Betreuung von Projekten im Schulbereich, durch die Be­kleidung von Führungspositionen oder durch einschlägige Publikationen.

Zur Darlegung der Kompetenzen eignet sich das Instrument des Kompetenzportfolios. Darin werden die einzelnen Nachweise, die in Summe zur Erlangung des Bachelor of Education notwendig sind, gesammelt. Durch die Öffnung der Anrechenbarkeit dahin­gehend, dass nicht nur Ausbildungen sondern auch andere Qualifizierungen berück­sichtigt werden können, wird es eine große Vielfalt an persönlichen Kompetenzport­folios geben. Um den Aufwand der Prüfung der Anrechenbarkeit möglichst gering zu halten, werden die Pädagogischen Hochschulen systematische Hilfestellungen in Form von Anrechnungstypisierungen erhalten.

§ 65a soll aufgrund der für die Verordnung notwendigen Abklärungen und Vorlaufzei­ten am 1. Jänner 2011 in Kraft treten.

*****

 



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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Es gibt zwar noch Redner zu den Punkten 5 bis 10 der Tagesordnung, aber da ich um 15 Uhr den Dringlichen Antrag aufrufen werde, un­terbreche ich jetzt für kurze Zeit die Sitzung.

Die Sitzung ist bis 15 Uhr unterbrochen.

*****

14.59.01 (Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 5 bis 10 der Tagesord­nung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Ge­schäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.19Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Sicherstellung der ver­tragskonformen Umsetzung der Koralmbahn bis 2018 (1180/A)(E)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 1180/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Die Diskussionen der letzten Wochen und Monate über das Koralmprojekt haben dazu geführt, dass über die vertragliche Realisierung der Eisenbahnstrecke Graz – Klagen­furt („Koralmbahn“) immer größere Zweifel bestehen.

Im Jahr 2004 wurde der Baltisch-Adriatische Korridor zwischen Danzig und Wien/Bra­tislava als vorrangige Schienenachse (TEN-Projekt 23) festgelegt. Im Oktober 2006 be­schlossen die EU-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei, Italien und Österreich eine Verlängerung der TEN-Achse. In einem „Letter of Intent“ unterzeichneten sie das ge­meinsame internationale Bekenntnis, eine qualitativ hochleistungsfähige Schieneninfra­struktur im gesamten Verlauf der Baltisch-Adriatischen Achse herzustellen.

Die Koralmbahn ist eines der zentralen Projekte und Teil des internationalen Schienen­verkehrskorridors der Baltisch-Adriatischen Achse. Diese Verkehrsachse verläuft als internationaler Korridor von Bologna-Venedig-Udine-Tarvis-Villach-Klagenfurt-St. An­drä-Deutschlandsberg über Graz-Semmering-Wien-Warschau bis nach Danzig und wird Österreich optimal an europäische Verkehrsknoten anbinden.

Mit der Koralmbahn entsteht auf rund 130 Kilometern eine zweigleisige, elektrifizierte neue Hochleistungsstrecke, die die Städte Graz und Klagenfurt zukünftig direkt miteinander verbindet und eine Fahrzeitverkürzung von derzeit drei auf rund eine Stunde ermög­licht. Sie weicht der bestehenden Südbahn-Bergstrecke über den so genannten „Neu­markter Sattel“ großräumig aus und integriert zugleich Graz in den Baltischen-Adriati­schen Korridor. Darüber hinaus verbessert die Koralmbahn die Erreichbarkeit Süd-Ös­terreichs und bindet die Weststeiermark und den Kärntner Raum optimal an die Lan­deshauptstädte Graz und Klagenfurt an.


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Zudem werden hervorragende Voraussetzungen für einen leistungsfähigen und zu­kunftsträchtigen Personen- und Güterverkehr auf der umweltfreundlichen Bahn ge­schaffen, wovon die Pendler und die regionale Wirtschaft profitieren, da massive Fahr­zeitverkürzungen und attraktivere Taktfahrpläne dadurch ermöglicht werden.

Laut einer Studie des Instituts für höhere Studien (IHS) aus dem Jahr 2002 kann mit dem Gesamtinvestitionsvolumen der Koralmbahn über das Achtfache an volkswirt­schaftlichen Effekten erzielt werden. Das entspricht bis zu 45.000 Arbeitsplätzen über die gesamte Projektdauer.

Bereits seit dem Jahr 2001 laufen die Arbeiten an der Koralmbahn auf Hochtouren. Seit Ende 2008 wird am ersten Abschnitt des knapp 33 km langen Koralmtunnels, dem Herzstück der Koralmbahn, gebaut. Das Gesamtinvestitionsvolumen für diese Neubau­strecke beträgt rund 5,2 Mrd. Euro. Rund ein Fünftel der Investitionen, nämlich 1,1 Mrd. Euro, sind bereits investiert. Mehr als die Hälfte der 130 km langen Neubaustrecke ist in Bau bzw. sogar schon fertig gestellt.

Die Realisierungsvoraussetzungen für die Koralmbahn wurden am 15. Dezember 2004 in einem Vertrag zwischen der Republik Österreich, den Bundesländern Kärnten und Steiermark und den Österreichischen Bundesbahnen detailliert festgelegt. In dieser Vereinbarung verpflichten sich die Österreichischen Bundesbahnen und der Bund, die verkehrswirksame Durchbindung der Koralmbahn im vertragsgegenständlichen Um­fang bis 2018 sicherzustellen.

Gemäß abgeschlossenen Koralmbahn-Vertrag leisten die beiden Bundesländer Steier­mark und Kärnten im Sinne des § 44 des Bundesbahngesetzes in den Jahren 2008
bis 2025 jeweils einen pauschalierten Kostenbeitrag in der Höhe von 140 Mio. Euro in achtzehn gleich bleibenden Jahresraten in der Höhe von jeweils 7,78 Mio. Euro ab dem Jahr 2008, die jeweils zum 1. Juli von den ÖBB fällig gestellt werden und binnen acht Wo­chen nach Fälligkeit zu begleichen sind.

Von den Beitragsleistungen der Länder werden die Kosten für den nahverkehrsgerech­ten Ausbau der Bahnanlagen und die Kosten für die vorzeitige Errichtung des Haupt­stückes der Koralmbahn, nämlich des Koralmtunnels, erfasst. Damit wird die vorzeitige Fertigstellung der gesamten Koralmbahn durch die Beiträge der Länder ermöglicht.

Bereits am Planungsbeginn der Koralmbahn wurde von den Bundesländern Steiermark und Kärnten ein pauschaler Kostenbeitrag zu den generellen Planungen in der Höhe von jeweils ATS 5 Mio. geleistet.

2006 wurde vom Ministerrat der Beschluss zum vorgezogenen Bau des neuen Koralm­tunnels zwischen Graz und Klagenfurt nochmals bekräftigt. Verkehrsminister Gorbach hob dabei die Bedeutung des Koralmprojekts aus regionaler- und volkswirtschaftlicher Sicht und als internationaler Verkehrsweg hervor.

Weiters wurde am 5. Juli 2007 in der 28. Sitzung des Nationalrates ein von vier Partei­en unterstützter Antrag betreffend Errichtung der Koralmbahn mehrheitlich beschlos­sen: „Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen sowie der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie werden ersucht, ebenso wie die anderen Vertragsparteien, auf Basis des Ministerratsvortrages vom 5. 12. 2006, alle notwendigen Schritte zu setzen und Voraussetzungen zu schaffen, um eine ver­tragskonforme Umsetzung des Projektes sicher zu stellen.“

2008 stellte auch Verkehrsminister Faymann in einer Pressemeldung (OTS v. 31. Ju-
li 2008) fest: „Die Finanzierung des Koralmtunnels ist wie bisher gesichert und unter­liegt auch keiner Änderung.“

Doch Anfang 2009 wurde im Zuge der Wirtschaftkrise und der Finanzsituation der ÖBB zunehmend in Medien berichtet, dass das Jahrhundert-Projekt Koralmbahn verscho­


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ben werden könnte, was von der ÖBB und Verkehrsministerin Bures heftig dementiert wurde.

In einer Pressekonferenz am 13. Juli 2009 betonte noch die Ministerin: „Die Koralm­bahn ist das derzeit größte in Bau befindliche Eisenbahninfrastrukturprojekt in Öster­reich. Mein Vorgänger, der jetzige Bundeskanzler Werner Faymann, sowie die gesam­te Bundesregierung haben sich in den letzten zweieinhalb Jahren ganz massiv für die­ses Projekt engagiert und haben auch die Finanzierung sichergestellt. Auch ich beken­ne mich zum Ausbau der gesamten Südbahn und stehe selbstverständlich voll hinter dem Projekt Koralmbahn.“

Weiters erklärte die Ministerin: „Ich halte mich an den Vertrag. Es muss bei so einem großen Projekt Kontinuität und Sicherheit für die Menschen in der Region geben.“

Doch in einem Interview mit der „Kärntner Woche“ vom 26. August 2009 erklärte Bun­desministerin Bures, dass es zu Verschiebungen bei der Finanzierung der Koralmbahn innerhalb der gesamten Bauphase kommen wird. Sie bestätigte, dass der Rahmenplan zur Finanzierung der Koralmbahn abgeändert wurde und dadurch im Rahmenplan für die Finanzierung der Koralmbahn bis zum Jahr 2014 insgesamt 592 Mio. Euro weniger Finanzmittel vorgesehen sind.

Obwohl im Vertrag über die Realisierung und Finanzierung der Koralmbahn ein Inves­titionsplan festgelegt wurde, der jährlich festgelegte Investitionswerte beinhaltet, wur­den drastischen Kürzungen von rund 592 Mio. Euro in der Rahmenplanperiode 2009 bis 2014 durchgeführt. Dadurch wird es zu mehrjährigen Verzögerungen bei der Fertig­stellung der Koralmbahn kommen und die Inbetriebnahme der Bahnstrecke bis 2016 und Fertigstellung bis 2018 kaum mehr möglich sein.

Im Oktober 2009 gaben dann die ÖBB-Verantwortlichen den neuen Fahrplan für das Großprojekt bekannt. Demnach soll die Koralmbahn nicht, wie im Vertrag 2004 verein­bart, 2016 oder gar 2018 befahrbar sein, sondern erst 2020.

In einer Anfragebeantwortung im Dezember 2009 bestätigte auch Verkehrsministerin Bures die Verzögerungen und erklärte, dass bei der Unterfertigung des Koralmbahn­vertrages im Jahr 2004 wichtige Parameter für den Bauzeitplan noch nicht bekannt waren: „Jetzt, nach umfangreichen geologischen Erkundungen für die Ausschreibung des Koralmtunnels, nach den behördlichen Genehmigungsverfahren sowie nach Kennt­nis der Auflagen aus dem UVP-Verfahren kann erstmals ein realistischer Gesamtzeit­plan für das Vorhaben aufgestellt werden. Demzufolge wird der Rohbau des Koralm­tunnels Ende 2017/ Anfang 2018 fertiggestellt, danach erfolgt der Innenausbau, wel­cher bis 2020 vorgesehen ist.“

Doch dies würde eine Vertragsverletzung gegenüber den Bundesländern Kärnten und Steiermark bedeuten.

Da die Ergebnisse der Evaluierung der Infrastrukturprojekte erst im Oktober 2010 be­kannt gegeben werden, wird zusätzlich befürchtet, dass auch die Vergabe des größten Bauloses KAT 2 verzögert wird.

In einem einstimmigen Beschluss hat daher der steirische Landtag die Vergabe des größten Tunnelbauloses KAT 2 noch vor der Landtagswahl am 26. September 2010 ge­fordert.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Dringlichen Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und die Bundes­ministerin für Verkehr, Innovation und Technologie werden ersucht, alle notwendigen Schritte zu setzen, damit eine korrekte Umsetzung des Vertrages vom 15. Dezember 2004 über die Realisierung und Finanzierung der Eisenbahnstrecke Graz – Klagenfurt („Koralmbahn“) erfolgt, mit der eine Inbetriebnahme der Koralmbahn zum ehestmögli­chen Zeitpunkt angestrebt und die verkehrswirksame Durchbindung der Koralmbahn zwischen Graz und Klagenfurt über den Koralmtunnel bis zum Jahr 2016 und der Ab­schluss der vertragsgegenständlichen Maßnahmen bis zum Jahr 2018 fertig gestellt werden. Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie und der Bun­desminister für Finanzen werden weiters ersucht, jährlich dem Nationalrat über die Ein­haltung der vom Bund übernommenen Verpflichtungen zu berichten.“

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantrag­steller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile als Erstem Herrn Abgeordnetem Grosz als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort.

Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht über­schreiten. – Bitte.

 


15.00.50

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Besucherga­lerie! Ich möchte, da wir heute hier im Hohen Haus auch eine Mediendebatte geführt haben, zu Beginn dieser Debatte zum Dringlichen Antrag auch etwas zu dem sagen, was uns traurig macht. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es ist heute eine prägende Persönlichkeit gestorben, eine Legende der österreichi­schen Zeitungslandschaft, ein Pionier, ein Gründer, der das Ohr am Menschen hatte, ein Mensch, der eine starke Stimme auch für die Leisen in der Gesellschaft war, der den Leisen der Gesellschaft mit seiner Zeitung eine starke Stimme gegeben hat, näm­lich Hans Dichand. Ich möchte es nicht verabsäumen, auch hier vom Rednerpult aus seiner Familie, aber auch der großen Familie der Leserinnen und Leser der „Kronen Zeitung“ unsere Anteilnahme auszudrücken. Ich verbeuge mich vor dem Lebenswerk eines großen Steirers und auch vor einer prägenden Persönlichkeit der Zweiten Repu­blik. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn wir davon sprechen, dass es auch in der Politik darum geht, das Ohr am Menschen zu haben, dann ist es sicherlich so, dass wir auch darüber diskutieren sollten – wie es jetzt Gott sei Dank der Fall ist –, wie die Zukunft des Koralmprojektes, eines Jahrhundertprojektes, eines wirtschaftlichen „Strohhalms“ Süd­österreichs, aussehen soll. (Abg. Amon: „Strohhalm“?)

Das, was wir jetzt seit Wochen und Monaten erleben, in den Zeitungen lesen können und von der Politik serviert bekommen, sind Kaffeekränzchen zwischen dem Bundes­kanzler und dem Landeshauptmann der Steiermark, großflächige PR-Inserate in den steirischen und österreichischen Zeitungen, Sonntagsreden bei Tunnelbesichtigungen, Baustellenheimsuchungen von Regierungspolitikern, Tunnelpatenschaften – es gibt nicht einmal so viele Tunnels, wie offenbar Patenschaften vergeben werden –, und am Frei­tag, den 26. Juni, blüht uns an der Baustelle des Tunnels des Koralmprojektes im Be­zirk Deutschlandsberg eine nächste sogenannte Heimsuchung, denn da werden der Herr Bundeskanzler und die Frau Verkehrsministerin die Gummistiefel anziehen und die Tun­nelröhre besichtigen.


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Aber wir sagen hier und heute klar: Diese Aktionen, diese Sonntagsreden sichern nicht dieses Projekt und sichern auch nicht die wirtschaftliche und soziale Zukunft Südöster­reichs, für die wir kämpfen! (Beifall beim BZÖ.) Es ist genug der hohlen Sonntagsreden gehalten, genug inseriert und genug der Tunnelbesichtigungen durchgeführt – wir wol­len endlich konkrete Taten sehen!

Das, was wir wollen, auch mit diesem unseren Dringlichen Antrag hier und heute, ist, endlich Rechtssicherheit für dieses Jahrhundertprojekt der wirtschaftlichen Entwicklung zu schaffen.

Wir wollen nicht viel, Frau Bundesministerin! Wir wollen nur, dass Sie endlich zu Ihrem Wort und zu den Verträgen der Bundesregierung gegenüber den Ländern Kärnten und Steiermark stehen. Wir wollen Sie nicht zu etwas Neuem zwingen. Wir wollen Ihnen nichts aufbürden. Wir wollen Sie nur an Ihre Handschlagqualität erinnern und an das, was Sie selbst über die Koralmbahn, über das Koralmprojekt gesagt haben.

Ich möchte jetzt endlich mit einer Mär aufräumen, die offenbar gerne durch andere Bundesländer geistert: Diese Koralmbahn, dieses Koralmprojekt ist kein Prestigeob­jekt, diese Koralmbahn bedeutet nicht nur wirtschaftlichen Nutzen für die Steiermark und für Kärnten, und dieses Koralmprojekt war auch nicht nur die Vision von Landes­hauptmann Jörg Haider und Landeshauptfrau Waltraud Klasnic, sondern dieses Kor­almprojekt ist viel mehr!

Dieses Koralmprojekt – und da erinnere ich Sie, Frau Bundesministerin, an Ihre eige­nen Worte aus dem Jahr 2009, an Ihre eigenen APA-Aussendungen – schafft eine Wertschöpfung von 2,1 € für jeden Euro, den wir hineininvestieren. 2,1€ bekommen wir für jeden Euro zurück – eine Wertschöpfung, die nicht etwa laut BZÖ, Jörg Haider und jenen, die in einer Allianz der Vernunft für dieses Projekt kämpfen, sondern die laut IHS und Wifo eine Wertschöpfung beziehungsweise einen Gewinn von 40 000 Arbeits­plätzen in der Bauphase und von 48 000 Arbeitsplätzen in der Betriebsphase bedeutet. Dieses Gesamtinvestitionsprojekt von 5,4 Milliarden € stellt eine nachhaltige Belebung des Arbeitsmarktes im Ausmaß von 100 000 Arbeitsplätzen dar, die wir damit in Süd­österreich und somit in Österreich sichern. (Beifall beim BZÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen, die Sie in der Grazer Stadtregierung durch eine erfolglose Vizebürgermeisterin vertreten sind oder im Steirischen Landtag einstimmig Resolutionen für den Koralmtunnel mit beschließen, ich erinnere Sie da-
ran, was mit dem Güterterminal Werndorf passiert, wenn dieses Projekt nicht kommt: 15 000 Arbeitsplätze weniger, und die bereits erfolgte Betriebsansiedelung wird dem Erdboden gleichgemacht. Einen Güterterminal Werndorf, einen Industriestandort im Großraum Graz, einen Wirtschaftsstandort Kärnten – Lavanttal, Südkärnten – werden Sie mit einem Federstrich opfern, nur weil Sie in der Politik nicht bereit sind, das gegebene Wort im Rahmen eines Vertrages auch in Zukunft einzuhalten. (Beifall beim BZÖ.)

Wir wollen von der Bundesregierung, dass in diesem Land, in Österreich, das gilt, was unterschrieben worden ist. Darauf drängen wir auch heute in diesem Dringlichen An­trag!

Dieses Koralmprojekt dient nicht nur der wirtschaftlichen Belebung Österreichs, sorgt nicht nur für eine Arbeitsplatzbelebung am Höhepunkt einer Wirtschaftskrise, am Höhe­punkt der Arbeitslosigkeit mit den höchsten Arbeitslosenzahlen in der Geschichte der Zweiten Republik beziehungsweise seit der Aufzeichnung der Arbeitslosenzahlen in diesem Land, nein, sehr geehrte Damen und Herren und Genossen von der SPÖ, die Sie einen Schlangenkurs zwischen Franz Voves und Ihrem „Wiener Klub“ fahren, dieses Pro­jekt ist auch ein europäisches Projekt, das uns im Rahmen des Baltisch-Adriatischen Korridors international an die Verkehrsnetze anbindet. (Beifall beim BZÖ.)


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Das sollten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben: dass wir nicht hinter dem Wald am Semmering leben und auch nicht auf der Pack unser Brennnesselsüppchen kochen, sondern dass wir auch eine Verpflichtung haben, unsere Heimat, unser Österreich, un­sere Steiermark und unser Kärnten endlich arbeitsmarkttechnisch und wirtschaftlich an­zubinden! Auch das sind wir nämlich der Bevölkerung schuldig.

Wir brauchen diesen Korridor, diese wirtschaftliche Schneise, diese Verkehrsschneise, die wir zwischen Bologna und Danzig ziehen und von der Südösterreich – und Öster­reich im Gesamten – mit profitiert. Und weil das viel Geld kostet, weil das Investitionen von 5,4 Milliarden € erforderlich macht, brauchen wir starke Bundesländer und eine starke Bundesregierung, die das mit aufrechter Haltung gegenüber Brüssel vertritt, da­mit wir die Europäische Kommission, die Europäische Union dazu zwingen, sich finan­ziell an diesem europäischen Projekt zu beteiligen.

Da brauchen wir keine Bundesregierung, die Gummistiefel anzieht und in den Tunnel fährt und dann meint, damit sei die Sache getan. Da brauchen wir nicht zwei Landes­hauptleute wie Dörfler und Voves, die sich darüber unterhalten, wer die bessere Brenn­nesselsuppe kocht oder wer die bessere Parteistiftung einrichtet. (Beifall beim BZÖ.)

Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ und vom FPK da in der hintersten Reihe, da brauchen wir Landeshauptleute und eine Bundesregierung, die in­tellektuell auch in der Lage sind, den Zug oder den Flug nach Brüssel zu finden, dort­hin zu fahren oder zu fliegen, sich auf die Hinterfüße zu stellen und endlich einmal auch für die Interessen unserer Heimat zu kämpfen, damit der wirtschaftliche Standort Süd­österreich gesichert bleibt, und damit auch die soziale Entwicklung unseres Landes.

Sehr geehrte Damen und Herren, das, was uns in dieser ganzen Diskussion so er­schüttert, ist der Umstand, dass dieses Projekt, das eigentlich von Vernünftigen außer Streit gestellt worden ist, ständig – im Monatstakt! – infrage gestellt wird, beginnend mit Ihrer Genossin Schaunig aus Kärnten, die sozusagen den ersten Torpedo auf den Kor­almtunnel abschossen hat, indem sie gesagt hat: Dieser Tunnel ist zum Krenreiben, den sollen sich die anderen in die Haare schmieren! – Das ist kein verantwortungsvol­ler Umgang mit der Wirtschaft!

Das geht weiter mit Herrn Kräuter, dem Abgeordneten in der dritten Reihe des SPÖ-Sektors, der als Verbandsobmann der Fischzüchter in Österreich keine Gelegenheit aus­gelassen hat, dieses verkehrstechnisch sinnvolle Tunnelprojekt infrage zu stellen. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Kräuter.)

Herr Abgeordneter Kräuter hat als Bundesgeschäftsführer der SPÖ in den letzten vier, fünf Jahren in jeder Aussendung, in jeder Pressekonferenz – er hat keine ausgelas­sen – die Sinnhaftigkeit des Koralmtunnels infrage gestellt.

Herr Abgeordneter Maier – in der letzten Reihe der Österreichischen Volkspartei – hat uns die Fertigstellung des Tunnels für in einem halben Jahrhundert – also in zirka 50 Jah­ren – in Aussicht gestellt. (Abg. Ing. Westenthaler: Wer war das?)

Ich hoffe, dass es mittlerweile eine klubinterne Einigung gibt und sich Herr Abgeord­neter Maier auch wieder in die Allianz der Vernünftigen und Fähigen eingefügt hat und in Zukunft auch hinter diesem Projekt der wirtschaftlichen Entwicklung steht, denn es ist verantwortungslos – auch als Signal an die Investoren, auch als Signal an jene, die sich ansiedeln wollen, an die Klein- und Mittelbetriebe, aber auch an jene Firmen, die dort Aufträge erhalten haben, die Investitionen in die Bauwirtschaft getätigt haben –, dieses Projekt ständig infrage zu stellen und damit Arbeitsplätze und schlussendlich das soziale Gefüge zu gefährden.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Bures, Sie sitzen heute hier und könnten diesem Spuk, der seit Wochen und Monaten durch die Medien geistert, ein Ende setzen, indem


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Sie sich einfach auf das besinnen, was Sie am 13. Juli 2009 bei einer Pressekonferenz selbst gesagt haben, nämlich:

„Die Koralmbahn ist das derzeit größte in Bau befindliche Eisenbahninfrastrukturprojekt in Österreich. Mein Vorgänger, der jetzige Bundeskanzler Werner Faymann, sowie die gesamte Bundesregierung haben sich in den letzten zweieinhalb Jahren [...] für dieses Projekt engagiert und haben auch die Finanzierung sichergestellt.“ Doris Bures, ich glaube, richtig zitiert, 13. Juli 2009.

Oder die Ministerin am 13. Juli 2009: „Ich halte mich an den Vertag. Es muss bei so einem großen Projekt Kontinuität und Sicherheit für die Menschen in der Region geben“.

Heureka!, siehe da, am 26. August 2009 beginnen bereits die ersten Rückruderversu­che. Die Frau Bundesministerin erklärte in der „Kärntner Woche“, dass sie die Rah­menfinanzierung des Paktes, der hier im Vertrag sichergestellt worden ist, in der Höhe von 592 Millionen € auf den sogenannten Sankt-Nimmerleins-Tag in den Jahren 2018 bis 2020 verschiebt.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, wir haben Sie überführt, dass Sie diesen Vertrag das erste Mal bereits im Jahr 2009 einseitig gebrochen haben! Wir haben Ihnen den Vertrag beigefügt, damit Sie ihn nachlesen können und ihn nicht vergessen. Der Ver­trag ist von der österreichischen Bundesregierung, vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, vom Finanzministerium, weiters von den Landeshauptleu­ten Klasnic und Haider unterschrieben. Ein rechtsverbindlicher Vertrag, an den sich in der Republik jeder zu halten hat, den aber Sie das erste Mal infrage gestellt haben, indem Sie die Rahmenfinanzierung einseitig gebrochen haben (Abg. Dr. Moser: Dieser Vertrag war niemals ...!), indem Sie 592 Millionen € auf den Sankt-Nimmerleins-Tag im Jahr 2018 verschoben und damit eine Verzögerung des Projektes – Inbetriebnahme und Start 2016, 2018 – insgesamt auf das Jahr 2020 beziehungsweise 2022 – ich hof­fe, ich lebe dann noch! – verursacht haben.

Sie haben den Vertrag einseitig gebrochen, einen Vertrag, der außer Streit gestanden ist, und das war der erste Schlag gegen die Wirtschaftsentwicklung, ins Gesicht dieses Projekts, für das wir so kämpfen.

Ein neuerlicher Tiefpunkt dieser Debatte und der Doppelzüngigkeit, dass man sich nicht an das hält, was vereinbart ist, sind Ihre reihenweisen Ankündigungen, die in den letzten Tagen und Wochen über uns hereinbrechen, in denen Sie ständig erklären, dass das Projekt erst evaluiert werden muss, dass man bis Herbst erst schauen muss, ob man es überhaupt baut. Damit kündigen Sie ja nichts anderes an, als dass Sie diesem Jahrhundertprojekt ein Begräbnis der ersten Klasse sichern wollen! Und das wollen wir im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht haben! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Haberzettl.) – Ich komme schon noch zu den ÖBB, denn mit euren Pensionen und mit euren Spekulationsverlusten können wir 14 Koralmtunnel bauen – diese Rechnung stellen wir schon noch auf! –, Herr ÖBB-„Generaldirektor“ in der vierten Reihe der Sozialdemokratie! (Zwischenruf des Abg. Haberzettl.)

Am 24. Mai 2010 in der Tageszeitung „Die Presse“:

„ÖBB: Bures will drei Milliarden Euro einsparen. Infrastrukturministerin Doris Bures kündigte Umreihungen von diversen Bahn-Projekten an.“

Am 25. Mai 2010:

„Das derzeitige ÖBB-Bauprogramm ist laut Verkehrsministerium ,nicht finanzierbar‘, es muss abgespeckt werden.“

Und am 1. Juni 2010 berichtet dann „Die Presse“ über die Frau Verkehrsministerin wei­ter: „Ein Weiterbauen“ des Koralmtunnels „wie bisher sei ,verantwortungslos‘“.


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Sehr geehrte Frau Bundesministerin, was wenn nicht ein Begräbnis der ersten Klasse ist denn das? Was sagt denn Herr Abgeordneter Muchitsch aus der Steiermark, der als oberster Gewerkschafter – wo (in Richtung SPÖ) ist er denn? – so für den Koralmtun­nel gekämpft hat? (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Muchitsch spricht, in den Reihen der ÖVP stehend, mit Abg. Dr. Bartenstein.) Da ist er! Verzeihung, dass ich dich übersehen habe!

Was also sagt Kollege Muchitsch, der im Nationalratswahlkampf noch inseriert hat, der Koralmtunnel werde kommen? Sein Parteivorsitzender in der Steiermark inseriert tag­täglich Folgendes: Bei aller Bescheidenheit: Außer uns wäre es bestimmt nieman-
dem gelungen, den Koralmtunnel abzusichern. Gut so. Weiter so. Franz Voves. (Abg. Mag. Kogler: Die haben zu viel Geld für Inserate!)

„Bei aller Bescheidenheit“, ohne mich, Franz Voves, wäre es nicht gesichert! – Und was erleben wir jetzt von dieser Bundesregierung? – Nichts ist gesichert, eine Legion der Wortbrüchigkeit fällt über uns her, und das, was so wesentlich war, auf das sich die Wirtschaft, die Klein- und Mittelbetriebe verlassen konnten, gerade im südösterreichi­schen Raum, wird durch Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokra­tie, dem Erdboden gleichgemacht. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Kogler: Das wäre gut, dann bräuchten wir keinen Tunnel mehr, wenn alles dem Erdboden gleich wäre!)

Aber nicht nur dem Erdboden gleichgemacht, sondern auch noch mit einem widerli­chen Parteienstreit garniert, einem Sonderlandtag in der Steiermark, der niemandem et­was gebracht hat, einer politischen Diskussion mitten im Wahlkampf, obwohl dieses Pro­jekt zu wichtig ist, um in die Mühlen und unter die Räder eines Wahlkampfes zu kom­men. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.)

Sehr geehrte Damen und Herren von den ÖBB und von der Sozialdemokratie, wenn Ihre Frau Verkehrsministerin davon spricht, dass die Finanzierung des Koralmtunnels nicht gesichert sein soll, dann rufe ich Ihnen, Herr Kollege Haberzettl, gerne in Erinne­rung, dass 48 000 ÖBB-Privilegienpensionisten 40 000 Aktiven in diesem System gegen­überstehen, dass der österreichische Steuerzahler pro Jahr Milliarden Euro – 2,054 Mil­liarden €! – allein als Bundesbeitrag für Ihre sozialdemokratischen Privilegienpensio­nen abliefern muss, damit Sie durch Ihre Betriebsratsmitglieder und Gewerkschafter sicherstellen, dass Sie einen Dienstwagen und einen Chauffeur haben und dass der Herr Gewerkschaftsboss auch weiterhin fröhliche Urständ feiern kann. Dafür sind mir 2,054 Milliarden € zu wertvoll, dass wir damit nur Ihre finanzielle Zukunft und Ihr Da­sein garantieren! (Beifall beim BZÖ.)

Ich kämpfe für die Daseinsvorsorge der Steirerinnen und Steirer – und nicht für Ihre ÖBB-Privilegienpensionen!

Nehmen Sie einmal Ihren Spekulationssumpf im ÖBB-Bereich, Ihre Pensionen her. Frau Bundesministerin, da gäbe es genug einzusparen. Damit könnten Sie noch zehn­mal den Koralmtunnel in den nächsten zehn Jahren quer durch Österreich bauen. Sie könnten mit dem Geld, das Sie bei den ÖBB versenken, ganz Österreich untertunneln! Sie könnten jeden noch so kleinen Schmauswaberl-Friedhof in diesem Land mit 14 Ka­rat Gold überziehen und Diamantkrönchen draufsetzen mit dem Geld, das die ÖBB verspekuliert haben, und mit dem Geld, das in diesem Schuldensumpf allein in Pensio­nen fließt.

Frau Bundesministerin, wir erinnern Sie mit diesem Antrag noch einmal an Ihre Verant­wortung und an Ihr Wort. Wir alle, wir Steirerinnen und Steirer, können nichts dafür, dass es atmosphärische Störungen zwischen Ihrem Stiftungs-Franz und dem schönen Wer­ner auf der Regierungsbank gibt. Dafür können wir nichts! Wir kämpfen um dieses Pro­jekt. Wir können nichts dafür, dass die Bundesregierung gerade jetzt im steirischen Wahl­kampf dieses Projekt infrage stellt. Wir wollen dieses Projekt aus dem Wahlkampf he­


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raushalten. Wir wollen mit dem heutigen Antrag die Zusicherung haben, dass dieses Pro­jekt – wie geplant – bis zum Jahr 2018 gebaut wird. (Beifall beim BZÖ.)

Wir wollen diese Finanzierung sicherstellen, und wir wollen, dass in diesem Land die Un­terschrift von Regierungsmitgliedern und Verantwortungsträgern Gültigkeit hat und nicht de facto für die Rundablage ist.

Daran, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, wollen wir Sie erin­nern. Wir wollen vor allem die steirischen Abgeordneten an ihr Rückgrat erinnern. Was ist Ihnen wichtiger, das Hemd oder der Rock? Der Rock der Funktion in Wien oder das Hemd der eigenen Steiermark?

Ich erinnere auch die Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei daran, zu Ihrem Bundesland zu stehen und nicht zum Klubzwang. Ich denke, es ist möglich, dass wir heute hier – alle, die guten Willens sind, alle, die an eine positive wirtschaftli­che Entwicklung glauben – eine Allianz der Vernünftigen bilden und einen einheitlichen Beschluss fassen, mit dem wir diese Bundesregierung auffordern und auch daran bin­den, in Zukunft zu dem gegebenen Wort gegenüber den Steirerinnen und Steirern, den Kärntnerinnen und Kärntnern, ja gegenüber Österreich und den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zu stehen, auch gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die von diesem Koralmprojekt profitieren.

Es geht nicht darum, dass der Herr Grosz oder wer auch immer in 30 Minuten mit der Bahn von Graz in Klagenfurt ist. Nein, es geht um ein wirtschaftliches Jahrhundertpro­jekt, das uns die Anbindung an internationale Verkehrswege und damit auch die Stär­kung der Klein- und Mittelbetriebe und unserer Industrie sichert. Und das sollten Sie mit Ihrem sozialdemokratischen Gewissen immer vereinbaren können. Hier geht es um Arbeitsplätze, die Sie durch solche Aktionen Ihrer Verkehrsministerin, durch dieses In­fragestellen vorsätzlich vernichten.

Ich wünsche Ihnen sehr viel Spaß, wenn Sie das auch in Zukunft machen, denn da­runter wird nicht nur Ihre Glaubwürdigkeit leiden, sondern darunter werden auch Ihre politischen Mandate und damit auch Ihr Lebensstandard, um den Sie sich am meisten kümmern, leiden, denn dann wird eben nur noch ein Drittel von Ihnen hier sitzen, in der Steiermark habt ihr dann keinen SPÖ-Landeshauptmann mehr, und dann wird euch auch die Gage ausgehen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich weiß nicht, ob das für euch so gut ist.

Wir kämpfen für den Lebensstandard der Menschen und nicht für unseren eigenen. Wenn ihr hin und wieder einmal ein wenig ehrlicher seid und zu dem steht, was hier verein­bart worden ist, dann tun wir uns alle leichter und können an der wirtschaftlichen Ent­wicklung unserer Bundesländer arbeiten, auch in einer Situation, in der es ohnedies schwierig genug ist. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ich ersuche Sie daher um Zustimmung zum Dringlichen Antrag und zur Sicherstellung des Koralmprojektes Steiermark und Kärnten. – Ich danke. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das war keine Rede, sondern eine Verhaltensstörung!)

15.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Bures zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


15.21.35

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Grosz, Sie haben interessan­terweise einmal in einer Aussendung gesagt, dass Sie das Gefühl haben, der einzige Steirer zu sein, der auch ab und zu das Hirn einschaltet. – Ich glaube, Sie haben Ihre Re­


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de wirklich ernsthaft mit diesem Vorsatz begonnen, aber zum Schluss haben Sie das nicht mehr durchgezogen, denn Ihre Aussagen sind wieder menschenverachtend ge­worden. Sie wollen Menschen, die ihr ganzes Leben lang in einem Unternehmen wie den ÖBB schwer gearbeitet haben, von einem Tag auf den anderen die Pension strittig machen.

Sie hatten es sich vielleicht anders vorgenommen, aber Sie waren nicht in der Lage, das mit dem Hirneinschalten auch durchzuziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin sehr froh darüber, dass wir hier im Ho­hen Haus die Gelegenheit haben, über sehr wichtige Infrastrukturprojekte in Österreich zu diskutieren, weil wir natürlich aufgrund der wirtschaftlichen Situation vor ganz neuen zentralen Herausforderungen stehen – nicht nur die Wirtschaft und die Betriebe in Ös­terreich, sondern auch wir, was unseren Bundeshaushalt betrifft. Anders wäre es ja auch nicht zu erklären, dass dieses Hohe Haus einen Budgetrahmenplan beschlossen hat, in dem klar definiert ist, dass wir im öffentlichen Bereich einen Konsolidierungs­bedarf haben, und in dem sich Regierung und Nationalrat auch dazu bekennen; auch ich bekenne mich dazu und stehe dazu.

Bei langfristigen Infrastrukturprojekten ist es notwendig – ich glaube, das müssen wir in Zukunft noch stärker im Auge behalten –, dass wir weit über solche Finanzrahmenplä­ne hinausdenken, über Jahresbudgets ohnedies, aber selbst Fünf-Jahres-Pläne sind bei Investitionen, bei denen es darum geht, dass sie 30 oder 50 Jahre zu refinanzieren sind, natürlich viel zu kurz gegriffen. Daher glaube ich, dass es wichtig ist, bei den Fi­nanzierungen längerfristige Garantien sicherzustellen, denn Infrastruktur- und Zukunfts­investitionen brauchen diese Verlässlichkeit.

Das ist auch der Grund, warum ich mich dazu entschlossen habe – auch aufgrund der Rahmenbedingungen –, dass wir alle Bauprojekte in Österreich evaluieren. Wir schau­en uns alle Projekte noch einmal an, und zwar dahin gehend, wo man über Zeitpläne, über andere Trassenführungen, über technische Maßnahmen noch Rationalisierungs- und Ein­sparungsmaßnahmen setzen kann.

Sie werden jedoch bemerkt haben – ich denke, Sie können das auch sehen, wenn Sie heute zurück in Ihre Heimatbundesländer fahren –, dass es keine einzige Baustelle gibt, auf der nicht gearbeitet wird. Es wird auf allen Baustellen gearbeitet. Kein Bagger wurde abgezogen, keine Tunnelmaschine wurde zum Stehen gebracht – es gibt in Ös­terreich also keinen Baustopp bei den Infrastrukturprojekten, sondern es wird Tag und Nacht auf Hochdruck gearbeitet! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe auch immer klar gesagt: Es gibt keinen Baustopp in Österreich! Und ich habe auch klar gesagt, dass es trotz der Notwendigkeit, alle Infrastrukturinvestitionen zu eva­luieren – und dazu stehe ich –, bei allen Baumaßnahmen, die auf Basis des damals beschlossenen Rahmenplans – also vor dem Konsolidierungsbeschluss – ausgeschrie­ben und angegangen wurden, selbstverständlich ein Recht auf Vergabe nach dieser Ausschreibung gibt. Auch daran habe ich nie einen Zweifel gelassen.

Aber das, was mir in diesem Zusammenhang wichtig ist und was ich vorweg hier noch einmal deutlich sagen möchte, ist: Unabhängig davon, dass es Ansprüche bei Verga­ben gibt, zu denen ich stehe, werde ich bei der Prüfung von Ausschreibungen – im Be­reich der Ausschreibung des Koralmprojekts geht es um das größte Baulos der Zwei­ten Republik; da geht es um ein Investitionsvolumen von einer halben Milliarde €, 500 Mil­lionen €! – nicht auf Zuruf von einzelnen Politikern, auch nicht auf Zuruf von politischen Parteien in irgendeiner Form solch ein Verfahren abkürzen! Das wird so rasch wie mög­lich überprüft – aber in der notwendigen Zeit –, und das sehr gewissenhaft, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)


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Abgesehen davon, dass ich das niemals tun würde, möchte ich darauf hinweisen, dass es rechtswidrig wäre, wenn man in diesem Bereich auf Zuruf Einfluss nähme und – was ich nie tun würde – einer Aufforderung zu einer Verkürzung einer Prüfung nachkäme. Das ist ein Strafrechtstatbestand. Das ist Anstiftung zum Amtsmissbrauch, und daher wird das in dieser Form keinesfalls stattfinden. Prüfen solange wie notwendig und so rasch wie möglich – das ist die Devise, und das wird das Unternehmen auch umsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir investieren heuer 2,3 Milliarden € in die In­frastruktur. Wir investieren damit zweieinhalb Mal so viel wie in den Jahren 2000 bis 2006. Wir müssen deshalb so viel investieren, weil in den Jahren 2000 bis 2006 viel zu wenig in die Infrastruktur, vor allem in die Infrastruktur Schiene investiert wurde. Trotz Konso­lidierungsbedarf bekennen wir uns auch in Zukunft zu diesen Investitionen.

Wir werden auch in den Folgejahren 2 Milliarden € investieren – das ist doppelt so viel wie in der Zeit, Herr Grosz, in der Sie Mitverantwortung in der Regierung getragen ha­ben. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Heute, selbst in dieser Krisenzeit, investieren wir in eine moderne Infrastruktur doppelt so viel wie damals – für die Arbeitsplätze, für die Beschäftigten. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist eine Erfolgsgeschichte, wie wir mit diesen Investitionen die Krise bewältigt ha­ben. Wir haben es von IHS und Wifo schwarz auf weiß: Wir haben mit den Konjunk­turpaketen, die Sie dankenswerterweise beschlossen haben, mit dem Ausbau der Bahn­höfe, mit der Sicherung von Eisenbahnkreuzungen 50 000 Arbeitsplätze in Österreich gesichert. Wir haben in Österreich die zweitniedrigste Arbeitslosigkeit; im Unterschied zu uns haben andere europäische Länder einen zweistelligen Anstieg der Arbeitslosig­keit zu verzeichnen. Wir konnten das durch die Investitionen in die Infrastruktur, die notwendig waren und die wir getätigt haben, erreichen. Heute zeigt sich, dass wir mit der Krise besser umgegangen sind, weil wir nicht die Hände in den Schoß gelegt, son­dern hart dafür gearbeitet haben, dass die Menschen in diesem Land Arbeit haben. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Wir modernisieren und bringen endlich die Schieneninfrastruktur wieder auf Vorder­mann, was viele Jahre nicht geschehen ist. Wir machen das deshalb, weil das für den Wirtschaftsstandort, für die Mobilität und verkehrspolitisch wichtig ist und weil das auch die Antwort auf den Klimawandel schlechthin darstellt.

Für diese österreichische Verkehrspolitik, in deren Mittelpunkt steht, dass wir die Verla­gerung von der Straße auf die Schiene wollen, dass wir die Lkws von den Straßen weg­bekommen und auf die Schiene bekommen wollen, dass wir weniger Pkws auf den Straßen haben wollen und die Begeisterung der Menschen für öffentliche Verkehrsmit­tel wecken wollen, brauchen wir allerdings europäische Rahmenbedingungen.

Da hat es in den letzten eineinhalb Jahren eine negative Entwicklung in Europa gege­ben. Ende letzten Jahres im Rahmen der schwedischen Präsidentschaft hat Öster­reich – vertreten durch mich als Ministerin – als einziges Land dagegen gestimmt, dass ein Dokument verabschiedet wird, in dem der Güterverkehr ohne Beschränkungen fest­geschrieben hätte werden sollen.

Zustimmung hätte bedeutet, dass das sektorale Fahrverbot weg ist. Das hätte für Ös­terreich bedeuten können, dass das Nachtfahrverbot weg ist. Das heißt, wir müssen auch in Europa darauf drängen, dass die europäische Verkehrspolitik in Richtung Ver­lagerung von der Straße auf die Schiene geht. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Es wird im Herbst ein Weißbuch EU-Verkehrspolitik erscheinen, in dem dieses Prinzip der Verkehrsverlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsträger auch wirklich verankert sein muss.


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Noch ein Beispiel, an dem man leider eine gegensätzliche Entwicklung in der EU-Ver­kehrspolitik sieht: Unser deutscher Nachbar testet in einem Pilotprojekt Gigaliner. 60-Ton­nen-Lkws auf Österreichs Straßen: Ich glaube, wir brauchen gar nicht darüber zu re­den, was das für die Brücken, für die Kreisverkehre, für die Verkehrssicherheit bedeu­tet. Vor allem bedeutet dies aber, dass die natürlich nicht auf die rollende Landstraße kommen. Kein Zug kann diese Monster-Lkws befördern. Dies würde weiters eine Ver­lagerung von der Schiene auf die Straße bedeuten, weil damit der Transport auf der Straße günstiger wird. Das heißt, wir müssen diese unsere Verkehrspolitik, im Rahmen derer es auch einen Beschluss im Hohen Haus gegen diese Gigaliner gibt, als Be­standteil der europäischen Verkehrspolitik verankern. Das wird in Zukunft unsere Auf­gabe sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit wir unsere österreichische Verkehrs­politik auch in Europa stärken und verankern können, ist es ganz wichtig, dass wir mit einer gemeinsamen Stimme sprechen – also keine gespaltenen Zungen, das wäre das Gegenteil davon. Wir müssen in dieser Frage tatsächlich mit einer Zunge sprechen. Ich glaube, dass es daher wichtig ist, dass wir zu diesen Infrastrukturinvestitionen auch wirklich stehen.

Es geht jetzt nicht nur um Regierung und Opposition, sondern es ist so, dass eine Par­tei im Land etwas anderes sagt als im Bund. Es wurde erwähnt, dass der Verkehrs­sprecher der ÖVP dezidiert sagt, es sei höchst problematisch, Investitionen für den Koralmtunnel und auch andere Projekte zu tätigen. Er sagt dann weiter, der Koralmtun­nel werde jetzt nicht gebraucht. Man solle das Projekt um 40 Jahre verschieben. – Das ist nicht hilfreich, wenn wir eine gemeinsame österreichische Verkehrspolitik mit hohen Investitionen in die Infrastruktur brauchen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Weinzinger: Böse ÖVP!)

Ich freue mich ja, dass ich Verbündete habe, wenn es darum geht, in die Schienenin­frastruktur zu investieren, denn es ist tatsächlich so. Ich habe nie Zweifel daran gelas­sen, dass ich die Südbahn für eines der ganz wichtigen Schieneninfrastrukturprojekte halte, dass ich meine, dass wir in Europa einen Korridor über die Südbahn schaffen könnten – von Danzig bis Bologna, und dazwischen liegen der Semmering und die Koralm. Das war der Grund, warum ich vorige Woche auch beim EU-Verkehrskom­missar, auch im Rahmen der Koordination der TEN-Strecken, gesagt habe, die Euro­päische Union könne nicht nur sagen, sie wolle den Schienenausbau, sondern sie müsse sich auch finanziell beteiligen. Daher habe ich gefordert, dass der baltisch-adriatische Korridor mit Koralm und mit Semmering als prioritäres Projekt auch in die Förderung der Europäischen Union aufgenommen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wenn wir bei Infrastrukturinvestitionen gemeinsam jubeln und gemeinsam fordern, dass wir die Schiene in Österreich moder­nisieren und tatsächlich ausbauen, muss ich doch sagen, wichtig ist, dass man, wenn man A sagt, auch B sagt, was beim Jubeln bei Infrastrukturinvestitionen bedeutet, man muss sich dazu bekennen, dass wir ein Unternehmen beauftragen, sogenannte Schul­den aufzunehmen, um überhaupt bauen zu können. Bauen und nicht zahlen, das geht nicht. So funktioniert das im Leben nicht. Man kann sich auch nicht ein Haus bauen und es dann nicht bezahlen. (Zwischenruf des Abg. Petzner.)

Daher würde ich all jene, die da jetzt für Projekte kämpfen, darum ersuchen, dass man das nicht nur am Rednerpult, am Schreibtisch macht, sondern man muss auch sagen, die sogenannten Schulden der ÖBB, das sind die Investitionen in eine moderne Infra­struktur, und das ist nicht auseinanderzudividieren.

Herr Abgeordneter Grosz: Bauen ja, zahlen nein – das geht nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Man muss sich also dieser Konsequenzen bewusst sein. Wenn wir von Investitionen spre­chen, dann müssen wir eine langfristige Finanzierung sicherstellen. Dann brauchen wir


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auch die verkehrlichen Rahmenbedingungen, damit wir nicht nur Gleise bau­en, son­dern dann auch darauf gefahren wird. Weiters ist es notwendig, dass wir auch dem Un­ternehmen bei diesen Investitionen sozusagen den Rücken stärken und der Bund nicht alle fünf, sechs Jahre überlegt, ob er jetzt die Investitionen refinanziert oder nicht. Da muss es Verlässlichkeit geben. Da braucht es eine solide und langfristige Finanzierung. Das werde ich mit dem Finanzminister besprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch aufgrund der Diskussion in den letzten Wochen und Monaten möchte ich Folgendes sagen: Wir haben so viel erlebt. Wir hat­ten rot-weiß-rote Unternehmen, auf die wir sehr stolz waren. Es hat Entwicklungen da­hin gehend geben, dass diese zuerst zerstört, dann in Misskredit gebracht und hierauf verkauft, verscherbelt, zersplittert wurden. Ich will jetzt gar nicht das Thema BUWOG, Sozialwohnungen, nennen, denn das wird man sich überhaupt noch anschauen müssen.

Wir haben ein Unternehmen, die Österreichischen Bundesbahnen. Da arbeiten 40 000 Menschen Tag und Nacht, samstags, sonntags. In den Tunnels wird sieben Ta­ge die Woche 24 Stunden am Tag von Mineuren, von Arbeitern daran gearbeitet, diese moderne Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. (Abg. Weinzinger: Alle anderen arbei­ten auch!) Jeden Tag fahren 1,2 Millionen Menschen mit diesem öffentlichen Verkehrs­mittel: in die Schule, zu ihrem Arbeitsplatz und im Sommer hoffentlich mit der Eisen­bahn irgendwann auch auf Urlaub. Was ich nur möchte, ist, dass wir dieses wichtige und für den Wirtschaftsstandort und für die Menschen so bedeutende österreichische Unternehmen reformieren, wettbewerbsfähig machen, auf solide Beine stellen und nicht immer einem politischen Kleinkrieg opfern. Das wünsche ich mir von der heutigen Debatte. – Danke. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)

15.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub kommt eine Gesamtrede­zeit von 25 Minuten zu.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Petzner. Ich stelle die Uhr auf 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Haberzettl – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Petz­ner –: Schon mit dem Zug gefahren?)

 


15.37.35

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister Bures! Ich darf Sie als Ministerin zunächst um etwas Sachlichkeit ersuchen. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Wenn Sie einem Abgeordneten dieses Hauses, der sich gemeinsam mit ande­ren Abgeordneten parteiübergreifend und bundeslandübergreifend für seine Heimat, für seine Landsleute einsetzt, aufgrund seines Engagements, wozu er gesetzlich ver­pflichtet ist – er ist auf die Verfassung vereidigt –, sagen, er möge sein Hirn einschal­ten, dann ist das für eine Ministerin skandalös und unzulässig! Entschuldigen Sie sich für diese verbale Entgleisung! Das kann wirklich nicht sein. Das möchte ich eingangs gesagt haben, denn so kann das nicht gehen! (Beifall beim BZÖ.)

Wir sind gewählte Volksvertreter. Es ist unsere Aufgabe, dass Gerald Grosz als Ab­geordneter der Steiermark und ich als Abgeordneter von Kärnten für unser Heimat­bundesland und für unsere steirische und Kärntner Heimat kämpfen. Das werden wir jetzt tun und das werden wir auch in Zukunft tun und uns auch durch Beleidigungen von Ih­rer Seite nicht unterkriegen lassen.

Weitere Anmerkung: Es ist ja ganz besonders interessant, dass genau jene Personen, die sich medial breit zum Koralmtunnel äußern, wie Herr Kollege Maier, heute in der letzten Reihe verschwinden, wahrscheinlich deswegen, weil er erst jetzt verstanden hat,


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dass vom Bau des Koralmtunnels auch wesentlich Bauunternehmen profitieren, die zu jener Gruppe gehören, die dieser besagte Herr Maier auch in der Privatwirtschaft ver­tritt. Es freut uns, dass er jetzt doch noch in den Plenarsaal gefunden hat und uns viel­leicht erklären kann, warum er entgegen der Meinung des ehemaligen Ministers Bar­tenstein, der auch damals wesentlich mitgeholfen und dazu beigetragen hat, dass die­ses Projekt kommt, warum er entgegen der Meinung seiner steirischen Parteifreunde sagt, das Koralmprojekt müsse um 40 Jahre verschoben werden.

Herr Maier, haben Sie den Mut, stellen Sie sich hier heraus und erklären Sie Ihrem eigenen Parteifreund Ihre Haltung, die niemand mehr verstehen kann!

Frau Bundesminister, zu Ihnen zurück. Sie haben jetzt wortreich beteuert, dass Sie die Umsetzung garantieren, dass Sie den Bau garantieren, dass die SPÖ hier geschlossen wie ein Fels in der Brandung für diesen Koralmtunnel einsteht und kämpft und für des­sen Umsetzung sorgt. Da darf ich Sie nur fragen – vielleicht kann das auch noch je­mand beantworten, vielleicht Herr Muchitsch, oder Herr Kräuter als Bundesgeschäfts­führer und Steirer wäre eigentlich die ideale Person –, warum Sie sagen, die SPÖ und Sie als Ministerin stehen hinter dem Projekt, parallel aber die Salzburger SPÖ bei die­sem berühmten „Sauna-Parteitag“ vor einigen Tagen, den Sie in Vösendorf abgehalten haben, laut mehreren Medienberichten einen Antrag vorgelegt hat, wo Folgendes drin­nen gestanden ist:

In diesem Antrag wurde der Koralmtunnel als nutzlose Geldvernichtung mit gerin­gem verkehrspolitischem Nutzen bezeichnet. Weiters wurde in diesem Antrag der Salzburger SPÖ am Bundesparteitag der SPÖ der sofortige Baustopp für den Koralm­tunnel verlangt.

Klären Sie das auf! Ist das richtig oder falsch? Angeblich soll Landeshauptmann Franz Voves aufgeregt und in Panik angesichts eines drohenden Wahldesasters in der Stei­ermark verhindert haben, dass dieser Antrag auf die Tagesordnung kommt. Aber Tat­sache ist, dass es diesen Antrag schwarz auf weiß seitens der Salzburger SPÖ gibt und Sie damit enttarnt wurden als eine Partei, die Zehntausende Arbeitsplätze aufs Spiel setzt und den gesamten Südraum Österreichs kläglich im Stich lässt. Das ist die Wahrheit zur Sozialdemokratie in Österreich. (Beifall beim BZÖ.)

Für manche, die es nicht verstehen, vor allem für die Freunde der SPÖ und ÖVP aus Wien und aus dem Osten Österreichs, möchte ich auch noch gesagt haben, das ist nicht irgendein Loch, das man gräbt zwischen Kärnten und der Steiermark, damit man schneller von Klagenfurt nach Graz kommt. Nein, der Koralmtunnel ist ein TEN-Projekt, das heißt eine vorrangige Schienenstrecke ... (Abg. Dr. Moser: Das stimmt ja nicht! Er­zählen Sie nicht so einen Stuss! Das ist die Unwahrheit!)

Frau Moser, dass ausgerechnet Sie gegen den Koralmtunnel sind, ist sowieso das Beste. Sie fordern auf der einen Seite Autobahnstopp, es darf nicht mehr gebaut wer­den, Sie fordern die Citymaut, auf der anderen Seite wollen Sie verhindern, dass Tau­sende Pendler durch den Bau des Koralmtunnels ebenfalls profitieren. Sollen die alle zu Fuß gehen oder mit dem Radl fahren, wie Sie das machen? Also ich kenne mich nicht mehr ganz aus, welche Linie die Grünen eigentlich vertreten. (Beifall beim BZÖ.)

Sie sind eine Verbotspartei, deswegen sinken auch Ihre Umfragewerte. Sie sind gegen die Schiene, Sie sind gegen die Bahn, Sie sind gegen den Autobahnbau und gegen den Stadtverkehr. Also, bitte, schweigen Sie! Das ist mir lieber, anstatt dass Sie sich hier nicht ordnungsgemäß mit einem Zwischenruf zu Wort melden.

Es ist ein vorrangiges Schienennetzprojekt, das eine europäische, also internationale Dimension hat und damit für den ganzen südlichen, auch für den südosteuropäischen Raum von fundamentaler Bedeutung in wirtschaftlicher und sozialpolitischer Hinsicht ist. Ich darf euch wirklich bitten. Es handelt sich – damit das auch die Menschen in den an­


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deren Bundesländern im Osten und Westen verstehen – um ein Jahrhundertprojekt von internationaler Dimension, das jetzt gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise keinesfalls leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden darf durch die zögerliche Haltung einer Bundesre­gierung und von zwei Landeshauptleuten, die weder willens noch fähig sind, ausge­machte, paktierte Verträge einzuhalten und dafür zu sorgen, dass die Bundesregierung nicht nur worttreu, sondern auch pakttreu ist.

Wir als BZÖ haben daher eine Offensive gestartet und kämpfen für die Einhaltung des Vertrages gemäß dem Satz „Pacta sunt servanda“!

Ich darf auch Sie, Frau Bundesminister, daran erinnern, dass Sie selbst zugestanden haben: Ich halte den Vertrag! – Wir bitten Sie, das wirklich auch zu tun und nicht nur zu sagen. Es sind nur die Landeshauptleute, der Herr Eishockeyspieler Voves und der Herr Bierführer Dörfler, noch nicht draufgekommen, dass es da einen bestehenden Vertrag gibt, der fixe Zusicherungen und Unterschriften beinhaltet. (Der Redner zeigt ein Blatt mit Unterschriften.)

Ich sage Ihnen eines ganz klar: Wenn Sie diesen Vertrag nicht einhalten, dann werden Gerald Grosz in der Steiermark und wir in Kärnten so einen Druck machen, dass die bei­den Bundesländer gemeinsam eine Schadenersatzklage gegen die Republik einleiten, weil Sie vertragsbrüchig geworden sind. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist notwendig, das werden wir tun, wenn Sie zu Ihrem Wort nicht stehen. Das darf ich Ihnen, Frau Minister, bereits heute hier ankündigen.

Faktum ist auch, dass das Geld natürlich vorhanden ist, Kollege Grosz hat es schon eindringlich gesagt. Wenn man endlich bereit wäre, die ÖBB nach innen zu reformie­ren, Strukturreformen zu machen, die auch Staatssekretär Lopatka zu Recht einfordert, wenn man das umsetzte, wäre der Koralmtunnel mit Leichtigkeit finanziert.

Wenn man die Luxuspensionen abschaffte, die Pensionsprivilegien abschaffte, dafür sorgte, dass auch dort die Prinzipien der Wirtschaftlichkeit, der Sparsamkeit und der Effizienz gelten, dann wäre nicht nur den Kärntnern, den Steirern und den Mitarbeitern, sondern auch den Pendlern und den Tausenden Kunden der Bahn in Österreich insge­samt geholfen. Das wäre das Ziel, das wäre im Sinne aller Beteiligten und wäre klug. Dafür treten wir als BZÖ, als rechtsliberale Wirtschaftspartei mit Josef Bucher an der Spitze auch ein, der als Kärntner und Bündnisobmann ebenfalls für dieses Projekt kämpft. (Abg. Mag. Gaßner: Glauben Sie, was Sie da daherreden?)

Abschließend darf ich Sie, Frau Minister, schon fragen, warum Sie in Ihren Ausführun­gen sagen, es stimmt nicht, dass Sie etwas verschoben haben. Ich habe hier mit, ak­tuell, die Homepage der Österreichischen Bundesbahnen Infrastruktur Gesellschaft, Aus­zug von heute, wo es betreffend Koralmtunnel heißt: Baubeginn K2, also dieses zwei­ten Teils, 2. September 2010.

Baubeginn: 2. September 2010. Sie sagen, es wurde nicht verschoben, erklären aber zugleich, dass erst im Oktober 2010 die Vergabe beginnen soll und dass Sie dem Wunsch des steirischen Landtages, den Baubeginn des zweiten Teiles vor die Land­tagswahl vorzuverlegen, vor 26. September nicht nachkommen können, während auf der Homepage der ÖBB selbst der Baubeginn mit 2. September 2010 schwarz auf weiß drinnen steht. Damit sind auch Sie der Unwahrheit überführt, damit ist bewiesen, dass sowohl auf Dörfler als auch auf Voves kein Verlass ist.

Kärnten und die Steiermark, der Südostraum Österreichs, können sich aber auf das BZÖ verlassen – das im Gegensatz zu Ihnen. Wir werden weiter für die Arbeitsplätze, für die Infrastruktur, für den Ausbau, für die Menschen vor Ort kämpfen, unseren Beitrag leisten und unserem Auftrag als gewählte Volksvertreter nachkommen. – Danke schön. (Bei­fall beim BZÖ.)

15.46



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Haberzettl zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die GO-Bestimmungen. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Haberzettl berichtigt Voves!)

 


15.46.24

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Ab­geordneter Grosz hat behauptet, es setzen die Funktionäre, Betriebsräte und Gewerk­schaftsfunktionäre bei den ÖBB alles daran, dass sie ihre Dienstwägen und Chauffeure beibehalten können.

Ich stelle richtig: Richtig ist, es gibt überhaupt keinen persönlichen Dienstwagen und keine persönlichen Chauffeure bei den ÖBB. Das ist sogar mittels Betriebsvereinba­rung dezidiert ausgeschlossen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die zweite Berichtigung, Frau Präsidentin – es gibt schon wieder eine Berichtigung –: Herr Abgeordneter Petzner hat behauptet, der Koralmtunnel gehöre dem TEN, nämlich dem Transeuropäischen Netz, an. – Das ist nicht wahr!

Der Koralmtunnel gehört dezidiert nicht dem Transeuropäischen Netz und somit auch nicht dem hochrangigen europäischen Eisenbahnnetz an. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

15.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

 


15.47.00

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Grosz hat an unsere sozialdemokratische Frak­tion die Frage gestellt, was uns näher ist: der Rock oder das Hemd. (Abg. Ing. Westen­thaler: Die rote Laterne!) – Herr Abgeordneter Grosz, uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist noch immer das Hirn das Wichtigste, das darf ich Ihnen sagen.

Weil wir gerade beim Thema sind: Herr Grosz mit dem kleinen Erinnerungsvermögen! (Abg. Ing. Westenthaler: Steht das so auf dem Zettel?) Ich glaube, Sie haben verges­sen, und ich möchte Ihnen da ein bisschen nachhelfen in Ihren Erinnerungen, was Ihre Parteifreundin und –freunde als Verkehrsminister so alles angestellt haben in Öster­reich oder was ihre Leistungsbilanz ist.

Da hat es einmal Ihren Parteifreund aus der Steiermark, den Herrn Minister Schmid, gegeben, wenn Sie den noch kennen. Der war Kurzzeitminister. Er hat dann sein Amt zurückgelegt, weil er ja als Minister so wenig verdient hat und seine Alimente nicht mehr begleichen konnte. Das ist eine private Sache. (Abg. Ing. Westenthaler: Die Fleisch gewordene rote Laterne!) Aber was uns als Niederösterreicher besonders getroffen hat: Herr Minister Schmid hat auch die schon im Bau befindliche Güterzugumfahrung St. Pölten von heute auf morgen eingestellt und damit Hunderte Millionen Euro in den sprichwörtlichen Traisensand bei St. Pölten gesetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, das zu Ihrem kleinen, wirklich kleinen, eingeschränk­ten – ich sage nicht: beschränkten – Erinnerungsvermögen, Herr Grosz.

Ihre Parteifreundin, Frau Forstinger, wenn Sie sich noch erinnern, hat in ihrer Minister­zeit als einzige Leistungsbilanz überhaupt nur gehabt, dass sie festgelegt hat, wie hoch die Stöckelschuhe sein dürfen und ob diese im Ministerium auch getragen werden dür­fen. (Zwischenruf des Abg. Petzner.)

Da gäbe es noch andere Minister, etwa Herrn Verkehrsminister Gorbach, Ihren Partei­freund. Da erinnern wir uns: Das Einzige, was er wollte, war, mit 160 Stundenkilome­tern auf Kärntens Autobahnen hin- und herbrausen. Das war seine einzige Leistungs­bilanz.


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All diese Ministerinnen und Minister haben es zu verantworten, dass in ihrer Zeit bei den Österreichischen Bundesbahnen von ihren Managerinnen und Managern 300 Mil­lionen € verspekuliert worden sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Und da ist natürlich jetzt ganz schnell klar, wer die bessere Politik für dieses Land macht, nämlich unsere Bundesministerin Doris Bures.

Frau Bundesministerin Bures muss jetzt – leider!, muss ich sagen – zahlreiche Fehler dieser wirklich unverantwortlichen Politik, Herr Grosz, Ihrer Parteifreundin und Ihrer Parteifreunde wieder ausbügeln, zum Beispiel aus den zerschlagenen ÖBB wiederum ein leistungsfähiges Unternehmen machen und viele andere Dinge.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der ÖBB-Strukturreform ist es uns gelungen, eine schlanke und flexible Struktur zu schaffen (Abg. Weinzinger: Das merkt man!), die dem Unternehmen die Möglichkeit gibt, effizient und sparsam zu arbeiten. (Abg. Wein­zinger: Das merkt man!) Das ist eine vernünftige Politik, sehr geehrter Herr Petzner und Herr Grosz, das ist wirklich vernünftig. Unvernünftig, verwerflich, würde ich sogar sagen, ist es, tagtäglich 40 000 ehrliche Eisenbahnerinnen und Eisenbahner zu diskre­ditieren, madig zu machen. Das ist Ihre Politik, aber Sie überraschen uns ja nicht im Be­sonderen damit.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bau leistungsfähiger internationaler Verbindun­gen ist für uns auch wichtig. Die neue Südbahn, inklusive – aufgepasst! – des Semme­ring-Basistunnels und des Koralmtunnels, ist Teil der baltisch-adriatischen Achse und als Verbindung zwischen der Ostsee und der Adria von großer Bedeutung. Sowohl der Semmering-Basistunnel als auch der Koralmtunnel sind Teil dieses Projektes und nicht davon zu trennen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hoffe – ich hoffe das wirklich –, dass Herr Bun­desfinanzminister Pröll auch die budgetären Möglichkeiten schafft, damit dieses ver­kehrspolitisch wirklich sehr bedeutende Projekt von unserer Verkehrsministerin auch umgesetzt werden kann. Also: inklusive Semmering-Basistunnel und Koralmbahn! Wir hoffen, dass der Bau ehestmöglich beginnt und dass diese wichtige Strecke auch fer­tiggestellt wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Mäßiger Applaus in den Reihen der Sozialdemokraten!)

15.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein kommt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 7 Minuten und darf um etwas mehr Ruhe im Saal bitten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.52.11

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es steht ja völlig außer Streit, dass die Kor­almtrasse, der Koralmtunnel gemeinsam mit dem Semmering, der Südbahn ein Teil eines äußerst wichtigen europäischen Bahnprojektes ist – TEN hin oder her –, dass das im Bau befindlich ist und verwirklicht werden soll. Da orte ich einmal keine Diffe­renzen zwischen uns hier im Hohen Haus. Das muss vorangehen.

Tatsache ist aber auch, dass – und, Frau Ministerin, das kann ich Ihnen nicht erspa­ren – durch Ihre Aussage vor kurzer Zeit, jetzt dieses Projekt neu zu bewerten – denn nichts anderes heißt „evaluieren“ übersetzt –, Unruhe in die Diskussion gekommen ist und dass manche die Frage stellen: Wie geht es denn jetzt mit dem Koralmtunnel und der Koralmtrasse weiter?

Bei dieser Koralmtrasse geht es wirklich nicht darum, Graz und Klagenfurt schneller zu verbinden, aber immerhin 130 Kilometer sind es, der Tunnel macht 33 Kilometer aus.


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Und, was wenige im Hohen Haus wissen – ich komme aus dieser Region –: Da ist schon viel verbaut! Nicht nur mehr als 1 Milliarde €, sondern: Die Koralmtrasse, die gibt es! Da fahren bald Züge darauf (Abg. Ing. Westenthaler: Das weiß der Heinzl nicht, weil der kommt aus St. Pölten!), jedenfalls zwischen Graz und Deutschlandsberg im Nahverkehr.

Sie haben gesagt, sehr verehrte Frau Ministerin: Wer A sagt, der muss auch B sagen; wer Ausschreibung sagt, muss auch Bau sagen. Das geht aus dem Vergaberecht klar hervor. Aber ich möchte da schon anknüpfen an eine Diskussion, die vor etwas mehr als einer Woche im steirischen Landtag stattgefunden hat: 2. Juni, einstimmiger Be­schluss und ein Landeshauptmann Voves, der sich hier sehr, sehr stark exponiert hat. Das war nicht meine Fraktion, das war Ihr Herr Landeshauptmann, der nicht nur gesagt hat: Der Koralmtunnel wird gebaut!, sondern: Er verspricht als Landeshauptmann im Landtag (Abg. Grosz: Sonst tritt er zurück!), dass es zur Vergabe des großen Tun­nelbauloses KAT 2 – „KAT“ für „Koralmtunnel“ –, 17,2 Kilometer, also mehr als die Hälfte des Tunnels, noch vor dem 26. September dieses Jahres kommen soll und kommen würde. (Abg. Grosz: Sonst tritt er zurück!) – 26. September, für diejenigen, die es nicht wissen: Termin der steirischen Landtagswahlen.

Er verspricht das nicht nur, sondern er habe dafür eine Zusage des Herrn Bundeskanz­lers, hat er dann in der Presse – nicht im Landtag – gesagt, und wenn das nicht halte, dann würde er gehen. – Das ist die politische Dimension dessen. Und die politische Di­mension, die beunruhigt uns schon etwas. Da möchten wir im Interesse der Region, im Interesse des Projektes etwas mehr an Sicherheit haben.

Und was mich jetzt noch ein Stückchen mehr beunruhigt, ist, geschätzte Damen und Herren der Sozialdemokratie, dass es so schwierig und bis jetzt leider Gottes nicht möglich ist, Sie dazu zu motivieren – auch Sie, sehr verehrte Frau Bundesministerin –, diese Beschlussfassung des Steiermärkischen Landtages hier nachzuvollziehen – nichts einfacher als das! –, festzustellen, dass auch die zuständige Ministerin einer Entschlie­ßung des Parlaments folgen würde und folgen solle, dass es zu einer umgehenden Vergabe dieses Bauloses KAT 2 kommt, und zwar um auch politische Sicherheit zu ge­ben – das ist hier kein Gerichtshof, das ist hier keine Rechtsanwaltskanzlei, sondern das ist das Hohe Haus –, um hier politisch sicherzustellen, dass auch schon vor den Wah­len klar ist, dass dieses Schlüsselbaulos KAT 2 vergeben wird.

Und da appellieren wir an Sie, mit uns mitzugehen. Wir bemühen uns sehr, und nicht erst seit gestern, Herr Klubobmann und geschätzte – vor allem steirische – Kollegen und Kolleginnen der sozialdemokratischen Fraktion.

In Richtung des BZÖ sage ich noch: Das, was Sie hier einfordern – abgesehen von viel Polemik (Abg. Grosz: Na geh!) und letztlich auch einem Stück Informationsdefiziten, die sich hier auftun –, was Sie hier fordern, bleibt zurück hinter dem, was wir wollen. Denn: Dass das Projekt steht, dass da gebaut werden muss, dass das voranschreitet, das hat auch die Frau Ministerin klargestellt. Aber wir sagen konkret: Dieses Tunnelbaulos KAT 2, dieses Schlüssel-Tunnelbaulos KAT 2, das sollte noch – nachdem es, mit Verlaub, im vo­rigen Jahr, und zwar konkret am 26. Dezember, ausgeschrieben wurde; bis zum 15. Ap­ril waren die Angebote abzugeben; also schön langsam könnte das ja auch tatsächlich vergeben werden – vor den Wahlen vergeben werden, damit es danach nicht liegen bleibt.

Sie vom BZÖ bleiben hinter dem zurück, und das möchte ich hier schon feststellen.

Frau Ministerin Bures, damit bin ich schon durch. Ich bin der Erste, der versteht, dass man kein Geld ausgeben kann, das man nicht hat. Aber eines bei allem Bekenntnis zu den Leistungen von ÖBB-Mitarbeitern, sehr geehrter Herr Haberzettl – nicht umsonst und sicherlich auch nicht vergeblich sitzen Sie heute in der ersten Reihe –, die ja nicht in Streit gestellt werden sollen: Aber klar ist schon, dass der Steuerzahler für die ÖBB oh­


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ne Haftungen 4,5 Milliarden € pro Jahr ausgibt, und wenn man die Haftungen dazu­rechnet, sogar 6,5 Milliarden € pro Jahr. Pro Jahr! Wissen Sie, Frau Ministerin und Herr Kollege Haberzettl, was das Investitionsprojekt, das Jahrhundert-Investitionsprojekt Kor­almtrasse – nicht Koralmtunnel – kostet? – 5 Milliarden €. Aber nicht im Jahr, sondern ein­mal in zehn Jahren.

Also geben Sie Ihrem Herzen einen Ruck! Das, was das BZÖ hier vorträgt, ist zu wenig weitreichend (ironische Heiterkeit des Abg. Grosz) und nicht wirklich sachlich begründ­bar. (Abg. Grosz: Das war gut!) Aber geben Sie Ihrem Herzen einen Ruck! Sagen Sie nicht nur, wir sind für den Koralmtunnel, sondern sagen Sie ganz einfach das, was Herr Landeshauptmann Voves, was der Steiermärkische Landtag einstimmig vor Kurzem gesagt hat, nämlich: Sehr verehrte Frau Ministerin! Bitte schön, tragen Sie dazu bei, dass dieses Tunnelbaulos KAT 2, dieses Schlüssel-Tunnelbaulos, noch vor den steirischen Landtagswahlen, vor dem 26. September vergeben wird! – Und ich sage Ihnen: Wenn Sie sich dazu durchringen, dann sind wir an Ihrer Seite! (Beifall bei der ÖVP.)

15.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich noch einmal Frau Bundesministerin Bures zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


15.58.35

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Bartenstein, bei meinem großen Herzen wäre das mit dem Ruck-Geben gar nicht so schwierig. Und es liegt nicht daran, dass mein Herz tat­sächlich für diese Infrastrukturinvestitionen schlägt, und ich habe, glaube ich, ohnedies ausgeführt, dass es viele gute Gründe gibt, warum wir gerade jetzt in ein ökologisches öffentliches Verkehrsmittel investieren

Aber erlauben Sie mir nur, vielleicht ein bisschen Ruhe in die Beunruhigung hineinzu­bringen, was mir sehr wichtig ist – obwohl ich Ihnen gestehen muss: Ich weiß nicht, ob Sie nicht auch beunruhigt waren, als der ÖVP-Verkehrssprecher gesagt hat, es ist über­haupt kein Problem, den Koralmtunnel erst in 40 Jahren zu bauen, also erst 2050. Herr Grosz, ich hoffe, Sie leben noch im Jahr 2022, weil Sie das so in den Raum gestellt ha­ben, aber das ist schon ein ordentlicher Zeitraum. Im Übrigen: Wenn man beginnt, ein Haus zu bauen, und dann kein Dach draufsetzt und sagt, das mache ich in 50 Jahren, dann ist das bis dahin natürlich eine Ruine.

Ich muss Ihnen also gestehen, bei mir hat es schon zur Beunruhigung geführt, dass nicht irgendwer, sondern der Verkehrssprecher des Koalitionspartners – wo wir das doch auch als gemeinsames Schienenprojekt hatten! – gesagt hat, darauf können wir 40 Jahre lang pfeifen, wir brauchen dieses Projekt nicht. Und es beunruhigt mich auch, wenn es offensichtlich bezüglich der Frage der Finanzierung dieses Unternehmens immer ein bisschen Verwirrungen gibt – und ich glaube, das geschieht ein bisschen mit Absicht.

Also: Das Unternehmen ÖBB ist ein ausgegliedertes Unternehmen. Es ist im Übrigen unter Schwarz-Blau, Schwarz-Orange ausgegliedert worden, mit den damaligen Schul­den – im Unterschied zur Deutschen Bahn: Die wurde zwar auch ausgegliedert, aber vorher entschuldet. – Ist in Ordnung, diese Vereinbarung hat es in der damaligen Bun­desregierung gegeben. Das war auch die Devise Grasser, was Verschiebung und Aus­gliederungen aus dem Bundeshaushalt betrifft, und ich hoffe – und ich glaube es auch –, dass das auch Maastricht-konform erfolgt ist.

Das heißt – und so will das auch die Europäische Union, denn sonst hätten wir ja sofort die Wettbewerbsbehörde und Klagen am Hals, das wissen Sie natürlich genau, Herr Bartenstein, wenn dem so wäre, dass es da Finanzflüsse gibt und man das Geld ein­mal dahin und einmal dorthin schiebt –, es gibt klare Finanzierungen und klare Finan­


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zierungsschienen, wo der Bund in Raten, wie bei einem Kredit, Annuitäten inklusive der Haftungen, die Investitionen an das Unternehmen wieder finanziert.

Und die anderen Bereiche sind die, wo der Bund und die Politik sagen, da stützen wir Tarife – und da gibt es keinen Unterschied zwischen ÖBB und Privatbahnen; wir haben zig Privatbahnen in Österreich, und da gibt es natürlich eine Gleichbehandlung, denn sonst wäre es natürlich auch wettbewerbsverzerrend –, wo wir sagen, wir wollen einen Seniorentarif, wir haben Behinderten-Vorteilskarten, wir haben Familienkarten, wir haben im Unterschied zur Schweizer Bahn eine Lehrlingsfreifahrt, eine Schülerfreifahrt. Und das wird mit rund 500 Millionen € im Jahr gestützt – und das wird auch hier immer beschlossen, auch diese Tarifstützungen –, weil sich die Menschen nämlich sonst das Bahnfahren nicht leisten könnten. Auch das wäre ein Schildbürgerstreich.

Es gibt zwei Schildbürgerstreiche. Der eine wäre: Wir bauen Netze, aber dann fährt der Güterverkehr nicht darauf, weil die Straße so billig ist. Und der zweite wäre: Die Men­schen fahren nicht darauf, weil die Tarife zu teuer sind, sodass niemand es sich leisten kann. – Das werden wir natürlich nicht tun, und daher gibt es diese Tarifstützungen.

Wir fördern beim Güterverkehr Transporte, die wir zu Recht nicht auf der Straße haben wollen, nämlich von gefährlichen Gütern. Wir wollen nicht, dass hoch explosive Güter über unsere Autobahnen fahren. Und wir haben Tunnelunfälle in Österreich – viele werden sich an den Tauerntunnel-Unfall erinnern können – gehabt, und wir fördern da­her noch einmal mit 100 Millionen € verkehrspolitisch, sicherheitspolitisch richtig die Ver­lagerungen.

Das sind die Finanzierungen. Und wenn wir uns heute hinstellen und sagen, da wird Geld, da werden Haftungen, da werden Milliarden hingeschoben, dann werden wir mit der EU ein Problem bekommen, denn das würde nämlich bedeuten, dass das keine Maas­tricht-konforme Ausgliederung mit transparenten, unterschiedlichen Finanzkreisläufen ist. – Es war mir wichtig, Ihnen das auch noch zu sagen.

Und was die Frage der Ausschreibung betrifft, weil das irgendwie eine zentrale Frage geworden ist: Das ist meiner Ansicht nach ein bisschen hochstilisiert, um Ihnen das ganz offen zu sagen. Ich sage Ihnen, wie es ist: Wir haben auf Basis eines Rahmen­plans und mit der finanziellen Bedeckung das größte Baulos, dieses berühmte KAT 2, das Sie angesprochen haben, im Jahr 2009, im Herbst 2009 ausgeschrieben. Das größ­te Baulos! Das bedeutet – ich habe es vorher gesagt – eine halbe Milliarde €. Das ist sechs Monate lang eine internationale Ausschreibung. (Abg. Dr. Bartenstein: Sagen Sie das dem Herrn Voves! Sagen Sie das nicht mir!) – Sie wollen das in Ihren Antrag hineinschreiben, habe ich gehört. – Das heißt, eine halbe Milliarde €, eine Ausschrei­bung, an der sich alle internationalen Konzerne beteiligt haben. Es waren viele, die sich an dieser Ausschreibung auch tatsächlich beteiligt haben. Und diese Firmen haben sechs Monate Zeit gehabt, an dieser großen Ausschreibung mit dem größten Volumen der Zweiten Republik teilzunehmen. Und das ist, wie Sie richtigerweise gesagt haben, ... – Wenn Sie mir (in Richtung ÖVP und BZÖ) ganz kurz zuhören! Schenken Sie mir eine Sekunde lang Ihr Ohr!

Also, sechs Monate lang konnten die Firmen sich auf diese Ausschreibung vorbereiten und sich daran beteiligen. Und dann hat das Unternehmen gesagt: Da das so eine um­fangreiche Prüfung ist, nehmen wir uns sechs Monate Zeit, das auch zu prüfen, damit wir nämlich für den Steuerzahler und die Steuerzahlerin das beste Angebot nehmen! – Diese sechs Monate Prüfungszeit sind im Übrigen weniger, als Sie als Gesetzgeber vorsehen, denn das Bundesvergabegesetz sagt, sieben Monate kann man prüfen. Und das Unternehmen hat gesagt: Wir wollen schauen, dass wir diese Investitionen rasch umsetzen!, und hat das gekürzt gegenüber der Dauer laut gesetzlicher Vorgabe im Bun­desvergabegesetz.


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Ich finde – und dazu stehe ich –, dass es richtig ist, dass das Unternehmen im Inter­esse des Steuerzahlers und der Steuerzahlerin, im Interesse dann auch Ihrer Kontrolle und jener des Rechnungshofes, diese Prüfung auch tatsächlich ganz gewissenhaft vor­nimmt – und dass nicht die Politik kommt und sagt: Macht das husch-pfusch! Vergebt da ein bisschen schneller!

Ich sage das jetzt noch einmal: Das hat etwas mit den sechs Monaten zu tun – die nicht jetzt festgelegt worden sind, damit es erst im Oktober ist, sondern diese Festle­gung hat mit der Ausschreibung im Jahr 2009 stattgefunden, zu einem Zeitpunkt, wo wir noch keinen Konsolidierungsbeschluss hatten, und steht daher in keinem Zusam­menhang damit.

Daher sage ich klar, was mir auch das Unternehmen gesagt hat, nämlich dass sie so verfahren, wie sie das immer tun: Nicht nur, dass sie gewissenhaft, genau prüfen – dass da nicht geflunkert wird, wenn es um so viel Geld geht –, sondern dass sie versu­chen werden, diese Prüfung auch tatsächlich so rasch wie möglich vorzunehmen, so rasch wie möglich zur Vergabe zu kommen, auf die es nach der Ausschreibung einen Anspruch gibt, aber sich so lange wie nötig Zeit nehmen, damit da nicht mit Steuergeld schludrig herumgepfuscht wird. – Danke vielmals. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

16.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Kurz­mann. – Bitte.

 


16.06.00

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Steiermark braucht den Koralmtunnel! Ich glau­be, da gibt es überhaupt nichts herumzudeuteln und herumzureden. In dieser Frage, meine Damen und Herren, sind sich alle steirischen Parteien einig. Die Zukunft der Steiermark, die Zukunft des steirischen Wirtschaftsraumes hängt ganz wesentlich von der Erreichbarkeit und vor allem von den Verkehrsverbindungen auf der Schiene durch den Semmering- und den Koralmtunnel ab.

Ich sage das ganz bewusst als Vertreter eines Bundeslandes, das mit mehr als 50 000 Ar­beitslosen im vergangenen Jahr eine Rekordarbeitslosigkeit erlebt hat. Wir müssen da­her alles tun, um die Wirtschaft und die Beschäftigung im Grazer Raum, aber auch im steirischen Raum insgesamt zu stärken.

Sie alle wissen, dass die Steiermark jahrzehntelang unter der geographischen Randla­ge zum ehemaligen kommunistischen Jugoslawien, aber auch zum ehemaligen kom­munistischen Ungarn sehr gelitten hat. Wir haben deshalb im Süden Österreichs einen enormen Nachholbedarf. Wir brauchen aus der Steiermark die Verbindung in den Nord­osten unseres Landes, nämlich in den Wiener Raum hinein, aber auch in den Südwes­ten, vor allem nach Kärnten und nach Italien.

Die Regierungsparteien haben zumindest verbal bisher immer den Vorrang der Schie­ne vor der Straße betont, und wir fragen uns jetzt – und nicht nur wir, sondern auch die gesamte steirische Bevölkerung –: Warum soll das jetzt anders sein?

Die steirische Bevölkerung hat überhaupt kein Verständnis dafür, dass die Verkehrsmi­nisterin bereits Anfang Juni zum Entsetzen ihrer wahlkämpfenden Parteifreunde in der Sozialdemokratie in der Steiermark im ORF erklärt hat, der Bau des Koralmtunnels sei nicht gesichert. Und sie hat das ja auch jetzt wieder bestätigt. Es seien, hat sie damals gesagt, vor allem finanzielle Gründe, warum sie keine fixe Zusage für den Koralmtun­nel geben könne, und wörtlich hat sie gemeint – ich zitiere –:

Da ich keinen Grundsatzbeschluss habe über die Finanzierung der Schieneninfrastruk­tur, kann das Projekt nicht gesichert sein. Das wäre verantwortungslos. – Zitatende.


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Frau Bundesminister, Sie haben damals auch angekündigt, Sie bräuchten eben für die Evaluierung – und wir haben heute gehört, was gemeint ist, nämlich wohl eine Neube­wertung des gesamten Projektes – eine Frist bis Mitte Oktober.

Meine Damen und Herren, jeder, der sich auch nur am Rande mit Politik befasst, weiß, was das bedeutet: Am 26. September finden in der Steiermark Landtagswahlen statt. Mitte Oktober, meine Damen und Herren, wird dann die Frau Bundesminister auch kei­ne Rücksicht mehr nehmen müssen auf Franz Voves und die steirischen Sozialdemo­kraten, die jetzt natürlich sehr vehement mit uns gemeinsam auf die Vollendung dieses wichtigen Infrastrukturprojektes drängen. Der Koralmtunnel wird dann – so ist zu be­fürchten – zu Grabe getragen, obwohl derzeit schon – und das hat Bartenstein völlig richtig angemerkt – 1,3 Milliarden € in die Koralmbahn investiert worden sind.

Frau Bundesminister Bures, Sie haben heute von Verlässlichkeit gesprochen. Ihre Ausführungen waren aber für mich so, dass ich mich nicht darauf verlassen würde, dass wir Steirer uns darauf verlassen können, dass dieser Tunnel wirklich realisiert wird. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Haberzettl: Da muss man aber schlecht hören! Wenn man schlecht hört, kann man sich nicht verlassen, das stimmt!)

Meine Damen und Herren! Es ist aber nicht nur so, dass aus unserer Sicht die Sozial­demokratie hier ein Doppelspiel spielt: Auch wenn er kein Minister ist – und das ist heute ebenfalls schon angemerkt worden –, hat der Verkehrssprecher der Österreichi­schen Volkspartei, Herr Maier, den Tunnel vor nicht allzu langer Zeit ebenfalls in Frage gestellt. – Daraufhin hat die Ministerin völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass er uns Steirern offensichtlich ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk gemacht hat, als er nämlich Mitte Dezember von Wien aus erklärt hat, der Koralmtunnel soll erst in 40 Jahren ge­baut werden.

Das ist unverantwortlich, meine Damen und Herren! Wir Steirer und wir steirischen Ab­geordneten sagen ja auch nicht: Weil wir jetzt die Wirtschaftskrise haben, wollen wir, dass andere Projekte, wie zum Beispiel der Umbau des Wiener Südbahnhofes, sofort ausgesetzt werden. – Also, hier kann man nicht aufrechnen, sondern wir sagen ganz klar und deutlich: Wir brauchen dieses wichtige Infrastrukturprojekt so rasch wie mög­lich! Und wir gehen davon aus, dass das alte Wort gilt: Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten! (Beifall bei der FPÖ.)

16.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. – Bitte.

 


16.11.21

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! In einer Erkenntnis ist den Antragstellern dieses Dringlichen Antrages und dem Vorredner möglicherweise zuzustimmen: Es gibt eine besondere Auffälligkeit der Ent­scheidungsunlust in diesem Land, die sich so äußert, dass alles bis Mitte Oktober eva­luiert werden soll. Auch Budgetverhandlungen werden bis dorthin eingefroren und so wei­ter und so fort.

Jetzt ganz im Ernst: Ob das wirklich auf die Dauer tragfähig ist für unsere, jetzt wäre ich fast geneigt gewesen zu sagen: Branche, denn wir werden auch dafür bezahlt, dass wir entscheiden oder zumindest beraten oder hier ein Mandat wahrnehmen?! – Man hat schon den Eindruck, dass hier relativ viele Schaukämpfe ablaufen. Ich wende mich als Erstes der ÖVP zu, Klubobmann Kopf und Herrn Abgeordneten Bartenstein. Schauen wir einmal, dass wir ein bisschen in die Gänge kommen.

Ich sage Ihnen einmal meine Position – weil die Vorredner sich dauernd auf die Steier­mark bezogen haben –: Für mein Selbstbewusstsein als Steirer brauche ich den Kor­almtunnel primär nicht. (Abg. Großruck: Das haben wir gestern schon gehört!) Zwei­


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tens: Der Tunnel ist nur unter bestimmten Nebenbedingungen – ich will nicht sagen: Voraussetzungen, aber zumindest Nebenbedingungen – sinnvoll, dann und nur dann. Und drittens! Wenn wir keine verkehrspolitische Wende einleiten, die aber ein Pro­gramm vorsieht, zu dem Sie sich einmal hinbewegen müssen, läuft dieser Tunnel Ge­fahr, eine gigantische Fehlinvestition zu werden. Das muss man einmal vorausschicken. (Beifall bei den Grünen.)

Spielen wir einmal diese Rollen der ÖVP, der SPÖ, aber auch der BZÖ- und FPÖ-Ge­schichte durch:

Ich habe immer den Eindruck gehabt – zumindest bei den „Österreich-Gesprächen“ und bei sonstigen Anlässen und vor den Medien ja ohnehin –, dass Pröll und Lopatka, also die Vertreter des Finanzministeriums vonseiten der ÖVP, ständig auf Effizienz, Spa­ren, kaum neue Steuern und so weiter, alles, was da noch positiv besetzt ist in Ihrer Liga, drängen. Eigentlich war der Kampf ein Jahr lang: Null neue Steuern!, dann hat man das als Notlüge umdefiniert, weil es sich nicht ganz ausgeht – dank Ihres maroden Koalitionspartners sozusagen, der diese Einsicht nicht teilen will.

Ja, wenn das alles so ist, dann sind Sie besonders eingeladen und herausgefordert, auf Effizienz und Sparsamkeit zu schauen! Wenn Sie mit Ihrer verkehrspolitischen Phi­losophie so weitertun, wird dieser Tunnel eine Fehlinvestition, das ist aus meiner Sicht völlig unbestritten. Wenn es nicht gelingt, den Transitverkehr massiv zu beschränken, und zwar überall und mit allen Maßnahmen, die zur Verfügung stehen, möglicherweise, indem man – die Frau Bundesministerin hat da Dinge durchaus positiv angesprochen, aber so, wie ich das bisher erlebt habe – mit einer viel selbstbewussteren Haltung in­nerhalb der EU auftritt, dann wird das Ganze zu nicht viel führen, weil ja der Lkw-Transit zunehmen und überall sein wird, aber sich sicher nicht ausgerechnet durch den Koralmtunnel schleusen lassen wird, wenn jetzt nicht dort, wo es noch irgendwie geht, die Mauten für die Lkws erhöht werden, diese zweitens flächendeckend eingeführt wer-den und so weiter und so fort.

Die andere Sache ist auch klar: Selbst im Personenverkehr werden Sie die Leute dort nicht hineinbringen, wenn nicht endlich einmal eine ökologische Verkehrspolitik ge­macht wird, inklusive ökologisch-sozialer Steuerreform, bei der Sie oft die Ersten sind – jetzt wird ein bisschen anders geredet –, aber dann wieder Sie vonseiten der SPÖ die Ersten sind, die dagegen aufstehen, wenn es darum geht, dass die Mineralölsteuer auch nur um eine Spur erhöht wird, um im Übrigen an anderer Stelle die Abgaben zu senken. Alles nicht vorhanden, alles nicht da!

Was glauben Sie, wer durch dieses Milliardenloch fahren wird, wenn es denn einmal gebaut ist? – So wird das nicht funktionieren, also wird man alles Mögliche an Rah­menbedingungen schaffen müssen, damit man das überhaupt noch vertreten kann. Ich kann es vertreten, weil ich für diese Rahmenbedingungen bin!

Was ist denn jetzt angesagt in der Verkehrspolitik? – Ich glaube, da darf ich mich an al­le Parteien, auch an die SPÖ, das BZÖ und die FPÖ wenden: Sie sind doch ständig dabei, alle Projekte zu verteidigen, die es gibt, nämlich selbst die auf genau der glei­chen Achse, auch im hochrangigen Straßenbau! Es gibt schon die Süd Autobahn, die mit dem Packabschnitt jetzt durchgehend vierspurig wird, wir bauen aber gleichzeitig – jedenfalls ist das Ihr Wille – eine zweite, vergleichbare hochwertige Autobahn als Schnellstraßentrasse von Wien nach Klagenfurt, die ein bisschen versetzt im Norden geht – Semmering, Obersteiermark und dann hinunter über St. Veit nach Klagenfurt –, wenn das so kommt, wie Sie wollen, mit der S 36 und der S 37. Dafür sind Sie auch!

Ja, wer soll denn um Gottes Willen da durch den Tunnel fahren, wenn Sie alles gleich­zeitig – im Übrigen natürlich mit Steuergeldern – finanzieren? Das kann sich nicht aus­gehen, das wird sich nicht ausgehen, und Sie zahlen das Ganze mit Geld, das Sie noch


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nicht einmal haben. Ich stimme dem Befund ja zu, aber damit das überhaupt einiger­maßen in eine gesamtwirtschaftliche Vertretbarkeit – ich will ja nicht einmal sagen: Renta­bilität – kommt, werden Sie diese Restriktionen brauchen. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Sie werden sich einmal dazu bekennen müssen und nicht Milliarden in den Autobahn­ausbau geben können und gleichzeitig die Schieneninfrastruktur ausbauen wollen – was da wirklich dahintersteckt, ist eine andere Frage – und so tun, als ob das überhaupt keine Alternativen-Entscheidung wäre. Das geht auf keinen Fall (Beifall bei den Grü­nen), in dem Punkt würde ich Pröll und Lopatka zustimmen. – Dann muss man auch die Konsequenzen tragen! Das kann sich, das ist mit freiem Auge erkennbar, nicht aus­gehen.

Dabei wäre es ja sinnvoll und notwendig, massiv einzuschreiten! Ich wohne an der Süd Autobahn, nicht einmal einen Kilometer davon entfernt. Was sich da abgespielt hat, seit der Lückenschluss zwischen dem Wechsel und dem Stück Gleisdorf passiert ist, ist schon beachtlich: Der Pkw-Verkehr hat sich in 20, 25 Jahren verdreifacht und der Lkw-Verkehr hat sich darüber hinaus in nur 20 Jahren vervier-, verfünffacht. Wo soll denn das alles hinführen?! – Es könnte schon eine Welt geben, in der diese Projekte am Schluss vielleicht gebraucht werden, aber das setzt zunächst einmal den Mut vo­raus, dass Sie einschreiten – das tun Sie aber nicht!

Je nach Tageszeit und Saison haben sie auf der Süd Autobahn überhaupt ein Pro­blem, voranzukommen. Und probieren Sie einmal, als Alternative mit der Eisenbahn zu fahren: Wenn Sie weiter fahren wollen, werden Sie merken, dass das Angebot immer schlechter statt besser wird.

Das ist die Systematik Ihrer Verkehrspolitik! Es wird eigentlich gar nicht so wenig Geld ausgegeben, es wird relativ viel angekündigt, wo investiert werden soll, es ist aber kein Gesamtverkehrsplan erkennbar, der irgendetwas bündelt, damit wenigstens eine die­ser behaupteten Investitionen – noch sind sie nur behauptet – sinnvoll wird. Sie be­haupten, alles geht relativ gleichzeitig, finanziert mit Geld, das Sie nicht haben, und sollten Sie es gleichzeitig finanzieren, ist es am Schluss unsinnig. Also viel schlimmer kann es sich nicht mehr ausgehen!

Machen wir es doch wie die Schweiz – Gesamtverkehrsplan –: Welche Ziele werden definiert? Welche Mobilitätsziele gibt es überhaupt? Von wo nach wo muss denn mit welchen Aufwand gefahren werden? – Wenn es uns nicht gelingt, diese Geschichte so hinzukriegen, dann müsste man gleichzeitig dafür eintreten, dass wir Graz und Klagen­furt wochenweise wechselseitig evakuieren, damit sich das Ganze überhaupt ausgeht, so fährt ja sonst keiner. Wer soll denn dort hin und her fahren? Kollege Petzner, tun Sie nicht so!

Ich bin ja sehr dafür, aber schauen Sie sich an, was die Verkehrspolitik momentan auf der Achse Wien – Venedig anrichtet! Wenn die Verkehrspolitik gleich bleibt, brauchen wir den Tunnel gar nicht anzufangen, es wären die ganzen Verschlechterungen, die jetzt eintreten, überhaupt nicht notwendig. Aber das Ganze kommt nur daher, dass letztlich auch die Sozialdemokraten, trotz anderslautender Programmatik, vor sämtlichen Auto­fahrerklubs sozusagen im ständigen Kotau flach vor sich hinrobben. Das geht eben nicht! Sie müssen sich nun einmal entscheiden, für welches System Sie eintreten, und das betrifft natürlich vor allem den Mut, dazuzusagen: Wir schichten einmal die Mittel um!

Wir können nicht behaupten, dass wir die nächsten paar Jahre noch hier 10, 15 Milliar­den € in den Autobahnausbau, dort 10, 15 Milliarden € in den Eisenbahnausbau gleich­zeitig hineinstecken und diese sich gegenseitig niederkonkurrenzieren lassen können. Das ist nicht sinnvoll, und so werden wir im Übrigen auch auf EU-Ebene nichts errei­chen, wenn es um die Anerkennung der Aufstockung in der Wertigkeit dieser Trassie­rungen geht. Das wird alles nicht funktionieren!


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Sie wollen alles gleichzeitig, und am Schluss wird nichts erreicht. Wenn überall ein bisschen gebaut wird, machen wir Schulden dafür, dass am Schluss kein verkehrspoli­tischer Effekt entsteht.

Deshalb: Gesamtverkehrsplan, Finanzierungen dort sicherstellen, wo die Dinge tat­sächlich gebraucht werden. Dann kann man sich hinstellen und sagen: Okay, das Pro­jekt ist das erste, das ist das zweite und das ist das dritte! – Das würden wir erwarten! Das wird ja mittlerweile selbst in der Bundesrepublik Deutschland probiert – das ist ja auch nicht das verkehrspolitische Vorzeigeland. So könnte es gehen, so sollte es gehen!

Und zuallerletzt: Aus meiner Sicht würde schon einiges für den Ausbau der Schienen­infrastruktur sprechen, auch für Großprojekte. Vor dem Hintergrund der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko, der schlimmsten Umweltkatastrophe überhaupt, wie es scheint, muss doch vollkommen klar sein, dass: Raus aus Öl! mehr als ein Schlagwort ist.

Jede Investition in weitere Autobahnkilometer ist eine Investition in ein völlig verfehltes Verkehrssystem, zumindest dann, wenn man die Antriebstechnologien im Automobil­sektor nicht ändert. Das zeichnet sich alles viel zu langsam oder gar nicht ab.

Die Schiene wäre schon die richtige Alternative, keine Frage, da sind Sie bei den Grü­nen an der richtigen Adresse – weil Sie es heute angesprochen haben –, aber da muss man die Rahmenbedingungen so machen, dass die Schiene wirklich das leisten kann, wozu sie imstande ist, sonst ist auch das eine Fehlinvestition. (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen) Und in der Zeit des knappen Geldes muss diese Frage erlaubt sein – in Bezug auf den Tunnel, aber noch mehr in Bezug auf entsprechende grüne Verkehrswände. Ansonsten ist das alles Stückwerk und leider ein ziemlich simp­ler Wahlkampf. (Beifall bei den Grünen.)

16.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort. – Bitte.

 


16.21.50

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Kogler, ich hatte jetzt schon Angst und war in Sorge, dass die Grünen gegen jedes Eisenbahnprojekt sind, gegen den Ausbau der Infrastruktur, aber schlussendlich hat mir der Schlusssatz eines bewie­sen: Selbstverständlich, gefährliche Güter gehören auf die Schiene – aber dann muss man auch dafür sein, dass man solche Dinge wie den Koralmtunnel auch ausbaut. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Kogler: Na eh!)

Es ist ein Wunschdenken, dass wir den Transitverkehr einschränken werden. Meiner Meinung nach wird er in Zukunft noch zunehmen, daher sollten wir gemeinsam versu­chen, vermehrt dahingehend Rahmenbedingungen zu schaffen, dass der Güterverkehr vor allem von gefährlichen Gütern verstärkt weg von der Straße und hin zur Schiene kommt. Und das wäre ja mit dieser Trasse zu bewerkstelligen, vor allem, weil es eine Nord-Süd-Verbindung von den baltischen Staaten bis hinunter nach Italien ist.

Aber, geschätzte Damen und Herren, wenn ich mir jetzt so die einzelnen Wortmeldun­gen – es hat jede Fraktion ihre Wortmeldung dazu abgegeben – in Erinnerung rufe, muss ich schon eines sagen: Kollege Heinzl hat sozusagen beklagt, dass man die Frau Bundesminister Bures jetzt in dieser Sache madig macht. (Abg. Heinzl: Richtig!) Es war nie die Absicht von uns, dass wir irgendjemanden madig machen, sondern ganz einfach, dass wir darauf drängen, dass man dieses Projekt nicht zu stark verzögert, sondern dass es schnell ausgebaut wird. (Beifall beim BZÖ.)

Und nebenbei gehst du dann her, Herr Kollege Heinzl, und machst mit deinen Aussa­gen alle Verkehrs- und Infrastrukturminister der Vergangenheit madig. Du sagst, die ÖBB


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müssen ein leistungsfähiges Unternehmen werden, das wollen wir auch schaffen! – Ich wünsche dir alles Gute dabei, aber zuerst schaff einmal die Spekulationen bei den Ös­terreichischen Bundesbahnen ab (Abg. Heinzl: Herr Kollege, unter welchem Minister war die Spekulation?), die Verluste von 578 Millionen €! Weiters zahlen wir einem Mar­tin Huber noch eine Abfertigung, dass er diese Verluste auf 295 Millionen € reduziert hat, dann bekommt er eine Abfertigung von 1,29 Millionen €, davon eine Erfolgsprämie von 357 000 €. (Weitere Zwischenrufe des Abg. Heinzl.) Friert das einmal ein und dann schafft eure Frühpensionen bei den ÖBB ab, dann ist es ein ordentliches Unter­nehmen! – Das einmal dazu. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Kollege Bartenstein spricht sich zwar für dieses Projekt aus, aber er sagt, unser Dringlichkeitsantrag ist sozusagen zu wenig weitreichend. – Ich erinnere Herrn Kolle­gen Bartenstein daran, dass seinerzeit, als die Realisierungsvoraussetzungen für die­sen Vertrag gegeben waren und dieser am 15. Dezember 2004 unter anderem zwi­schen der Republik Österreich, dem Land Steiermark, dem Land Kärnten und den Ös­terreichischen Bundesbahnen unterschrieben wurde, er im Ministerrat gesessen ist (Zwischenruf des Abg. Grosz), weil er österreichischer Wirtschaftsminister war und das dann dort auch mitunterzeichnet hat. Außerdem hat das Frau Waltraud Klasnic als Lan­deshauptfrau unterzeichnet, hat das der Kärntner Landeshauptmann Haider unter­zeichnet, hat das die österreichische Bundesregierung unterzeichnet. Und – nochmals – auch die Österreichischen Bundesbahnen haben das unterzeichnet.

Wenn man jetzt sagt, das sei zu wenig weitreichend, dann muss ich sagen: Dann war der Rahmenvertrag auch zu wenig weitreichend. Weiß man, was man will, oder weiß man nicht, was man will? (Beifall beim BZÖ.) – Das sind einmal die Tatsachen dazu. (Abg. Grosz: ... der Ministerrat zu wenig weitreichend!)

Ich sage jetzt einmal eines: Frau Bundesminister, wenn Sie sagen, der Budgetrahmen­plan und langfristige Infrastrukturmaßnahmen brauchen Verlässlichkeit, dann gebe ich Ihnen zu 100 Prozent recht. Sie brauchen Verlässlichkeit. – Und genau diese Verläss­lichkeit fordern wir ja auch!

Wenn Sie sagen: Wir wollen überprüfen, wo Einsparungen über neue Trassenführun­gen möglich sind!, dann muss ich Sie, Frau Bundesminister, fragen: Wo wollen Sie denn dort noch eine neue Trassenführung machen? – Dort sind schon so viele Bau­maßnahmen getätigt worden, dass das kaum noch möglich ist. Das können Sie einfach nicht!

Nur – ich weiß das schon – wenn man von Evaluierung und von Überprüfungen und so fort redet, dann ist das alles eine Bauverzögerung, weil man sich irgendwie hinausret­ten will. Das ist das eine.

Die Diskussionen der letzten Wochen und Monate über dieses Koralmtunnel-Projekt haben dazu geführt, dass betreffend die vertragliche Realisierung der Eisenbahnstre­cke Graz – Klagenfurt, also die Koralmbahn, immer größere Zweifel bestehen. Genau das ist die Gefahr dabei! Da sind natürlich auch die Italiener dahinter, es sind die Po­len, es sind die baltischen Staaten dahinter.

Es ist nicht so, wie das Kollege Kogler gesagt hat, dass man nur zwischen Klagenfurt und Graz hin und her pendeln wird. Es verkürzt zwar die Fahrstrecke auf eine Stunde, aber dort werden auch die anderen fahren, und die Wirtschaftsstandorte Klagenfurt und Graz werden damit aufgewertet. Und das ist der Sinn und Zweck des Ganzen! (Beifall beim BZÖ.) Das ist ein zentrales Projekt, dieses Koralmtunnel-Projekt! (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Moser.)

Herr Kollege Stauber, der Bürgermeister von St. Andrä, weiß, was in seiner Region schon an Baumaßnahmen passiert ist. Und das sichert natürlich auch Arbeitsplätze – und es muss uns selbstverständlich ein Anliegen in der heutigen Zeit sein, wie wir jetzt


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beisammen sind, solche Sachen nicht zurückzustellen, sondern zu forcieren, dass sie weitergebaut werden. Das sichert Arbeitsplätze, es passiert etwas! Es ist eine auf­strebende Region bei dir da unten, das muss ich wirklich sagen! Aber wer siedelt sich dort an? Das geschieht nur dann, wenn die Infrastruktur passt. Ohne Infrastruktur ist der Wirtschaftsstandort gefährdet. Darauf müssen wir setzen und darauf müssen wir schauen!

Ich bin dir auch dankbar für deine Anfrage an die Frau Bundesminister Bures, die du gestellt hast. Und da geht ja auch einiges hervor. Und Frau Bundesminister, genau das ist jenes, was ich Ihnen sage.

Sie haben in einem Interview mit der „Kärntner Woche“ vom 26. August 2009 erklärt, dass es zu Verschiebungen bei der Finanzierung der Koralmbahn innerhalb der ge­samten Bauphase kommen wird – genau das ist das, was die Leute dann verunsi­chert – und dass man eben bis zum Jahr 2014 insgesamt 592 Millionen € weniger Fi­nanzmittel vorgesehen hat. – Das ist das Problem und das, wodurch man die Leute verunsichert: Wie weit wird das hinausgeschoben? – Keiner weiß das! Wird das um zwei Jahre, um mehr oder was weiß ich wie lange hinausgeschoben? Die Leute wollen eine Umsetzung! Sie wollen, dass irgendetwas weitergeht, und das ist wichtig.

Der Koralmtunnel, geschätzte Damen und Herren, ist kein Prestigeobjekt, sondern das ist eine visionäre Zielsetzung, wie man Österreich optimal verkehrstechnisch an die in­ternationalen Handelsnetze zwischen Norden und Süden anbindet. Ohne das Koralm­tunnel-Projekt gibt es sozusagen keine baltisch-adriatische Achse. Und der zweitwich­tigste Wirtschaftspartner im europäischen Raum neben Deutschland ist sicherlich Ita­lien, oder? – Das wollen wir auch nicht missen. Das ist schon wichtig!

Herr Kollege Haberzettl, es wäre mir auch wichtig, wenn du dich bei den ÖBB ebenfalls dafür einsetzen würdest, dass dieses Koralmtunnel-Projekt nicht auf die lange Bank ge­schoben wird, sondern dass wir das vorantreiben und dass man das auch zeitgerecht fertigstellt.

Und Ihnen, Frau Bundesminister, wünsche ich auch, dass Sie dort Erfolg haben. Ich wünsche Ihnen Erfolg dabei, dass es möglichst schnell fertiggestellt wird. – Wir werden Sie dabei unterstützen. (Beifall beim BZÖ.)

16.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haber­zettl. – Bitte.

 


16.29.05

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Verehrte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Koralmtunnel wird in der Zwischenzeit zum Dauerbrenner, und man muss sich ja fürchten, wie viele Landtags­wahlen es im Süden von Österreich noch gibt, bevor dieser Tunnel fertig ist. Aber es passieren im Zuge dieser Diskussionen schon Dinge und es werden Behauptungen in den Raum gestellt, die, so glaube ich, doch näher betrachtet werden müssen.

Vorweg einmal zu Kollegem Grosz und zur Frage der Pensionskosten für die Eisen­bahner: Es dürfte Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit entgangen sein, dass bereits im Jahre 1995 bei den ÖBB eine Pensionsreform durchgeführt wurde und alle seit diesem Jahr Aufgenommenen in das Allgemeine Sozialversicherungssystem einzahlen. Das heißt, das alte Umlagesystem, kann ich Ihnen voraussagen, wird bis zum Jahr 2050 noch viel mehr kosten, weil es keine Beitragszugänge in dieses System mehr gibt.

Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen. Ihr Klubobmann hat zwar die Information, aber vielleicht hat er es nicht wirklich begriffen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Barten­stein.– Herr Bartenstein, darf ich Sie vielleicht ersuchen? – Die Infrastrukturfinanzierung,


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das müssten Sie wissen, ist eindeutig – eindeutig! – festgelegt auf europäischer Ebe­ne, ist Staatsangelegenheit. Das sollten auch Sie wissen. Und der Bundeszuschuss, Herr Bartenstein, hören Sie mir zu; auch Ihre Rechenkünste muss ich bewundern, weil im Bundeszuschuss nämlich in Wirklichkeit auch Ihre gemeinwirtschaftliche Bestellung drinnen ist, auch die in Staatsverantwortung liegenden Finanzierungen der Infrastruk­tur. Im Endeffekt bleiben letztlich 2 Milliarden € von Ihren 6,5 Milliarden € über. (Abg. Dr. Schüssel: ...! Das wäre gescheit!) – Herr Schüssel, da können Sie Purzelbäume schlagen! Es wird sich nicht ändern. (Abg. Dr. Schüssel: Ich bleibe sitzen!)

Zur Strecke selbst: vom Baltikum in den Adria-Raum. Es ist in Wirklichkeit so, dass der Koralmtunnel nur ein kleines Element dieser Linie ist, die, glaube ich, unumstritten wirt­schaftlich sehr wichtig werden wird. Diesem trägt Rechnung, dass seit dem Jahr 2001 bis zum Jahr 2003 notwendige Erkundungsbauten, Erkundungsbohrungen und letzt­endlich Zulaufstrecken errichtet wurden. Es wurde heute schon genannt, 1,2 Milliar­den € wurden bereits verbaut. 15 Brücken, acht Straßentunnel, zwei Eisenbahntunnel und zwei Bahnhöfe wurden bereits errichtet oder sind beinahe fertig.

2008 war der Baubeginn für das Baulos KAT 1. Somit sind die ersten 2,3 Kilometer des Tunnels in der offenen Bauweise und drei Brückenobjekte aus dem Baulos 1 fertigge­stellt. Ich erwähne das deswegen, weil es beinahe lächerlich erscheint, jetzt von einem Baustopp zu sprechen. Also, ich glaube, diese Variante scheidet aus.

2009 wurde die Ausschreibung für das Baulos KAT 2 vorgenommen. Die Angebotser­öffnung erfolgte am 30. April 2010. Und in dieser Ausschreibung ist eine verbindliche Zuschlagsfrist vereinbart, die sechs Monate beträgt. Das heißt, wenn Sie am 30. April die Ausschreibungsfrist beenden, haben Sie letztendlich am 30. Oktober die Been­digung der Zuschlagsfrist. Dieser Prozess wird durch Externe begleitet und so wird bis 30. Oktober die Entscheidung fallen.

Was würde es bedeuten, wenn Sie diese Frist verkürzen? – Genau die Vertreter der Wirtschaft treten im Augenblick dafür ein, diese Frist zu verkürzen. Das ist einer der wichtigsten Gründe, dass Sie eine Beeinspruchung der Ausschreibung erleben werden und wir den 30. Oktober auch in Frage in stellen, weil eine Befristung, ein Einspruch der Ausschreibung letztendlich eine aufschiebende Wirkung hat. Ich halte Ihren Zu­gang, Ihre Überlegungen eigentlich für ein Spiel mit dem Feuer.

Es handelt sich bei diesem Projekt um das größte Tunnelbauprojekt der Zwei­ten Republik. Ich glaube, wir sollten in dieser Frage sehr, sehr verantwortungsbewusst um­gehen. Ich glaube auch, dass den Ländern bewusst sein sollte, Ihr Vertrag wurde von einer Ausgangsbasis von 3,8 Millionen € zur Fixkostenbeteiligung von 140 Millio­nen € beschlossen. (Abg. Dr. Bartenstein: Milliarden, Herr Kollege!) In der Zwischen­zeit sind wir bei 5,2 Milliarden € gelandet und die Beiträge der Länder haben sich bis­her noch nicht geändert.

Ich glaube, es ist verantwortungsvoll, verantwortungsbewusst, hier eine Evaluierung durchzuführen. Wir haben auch bei anderen Projekten durch Senkung des Standards, Hochgeschwindigkeits- oder Nicht-Hochgeschwindigkeitsstrecke, sehr viel einsparen können (Abg. Mag. Hakl: Es gibt keine Hochgeschwindigkeitsstrecken, nur Hochleis­tungsstrecken!) und die Frau Bundesminister beweist mit ihrer Handlungsweise auch diese Verantwortung. Wir sollten diesen Weg vorgeben. Und die Frau Bundesminister hat eindeutig erklärt, sie denke nicht daran, Infrastrukturprojekte abzusagen. Das soll­ten wir auch vertrauenswürdig zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Amon gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 151

16.34.04

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Haberzettl, bei aller Unter­schiedlichkeit in der Position: Ich glaube, beleidigende Äußerungen sollte man hintan­halten. Das war SPÖ-Parteitags-Niveau und nicht Parlaments-Niveau. – Das möchte ich Ihnen sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich war – ich muss das gestehen, Frau Bundesministerin – heute einigermaßen über­rascht über die Deutlichkeit in Ihren Aussagen. Sie haben in Bezug auf die vorzeitige Vergabe des Bauloses KAT 2 gemeint, dass Sie da nicht auf Zurufe reagieren – nie­mandes und auch nicht von Parteien. Jetzt unterstelle ich einmal, den Ferry Maier wer­den Sie nicht gemeint haben – er hat ja nicht für eine Vorverlegung plädiert –, sondern es war niemand Geringerer als der steirische Landeshauptmann Franz Voves, der in der Landtagssitzung am 2. Juni dieses Jahres darauf bestanden hat, dass dieses Baulos vor der steirischen Landtagswahl, also vor dem 26. September dieses Jahres zu verge­ben wäre.

Und nicht nur das. Es gibt auch eine einstimmige Beschlussfassung des Steiermärki­schen Landtages, in der diese Position unterstützt wird. Das ist insofern bemerkens­wert, als Sie das sehr, sehr heftig zurückgewiesen haben. Sie haben gesagt, Sie wür­den damit eine strafrechtlich relevante Tat begehen und jemand, der Sie dazu auffor­dert, wäre gleichsam jemand, der Sie zum Amtsmissbrauch anstiftet. – Das lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Das möchte ich sagen. Das nehmen wir auch klar zur Kenntnis. Es ist aber insofern bemerkenswert, als der derzeit amtierende steiri­sche Landeshauptmann sein persönliches und politisches Schicksal mit dieser Frage verbunden hat. Das heißt, Sie haben ihn eigentlich indirekt schon zum Rücktritt aufge­fordert, Frau Bundesministerin. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Deshalb lässt das an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Ich habe aufgrund dieser Deutlichkeit – oder lassen Sie es mich so formulieren –, ich hätte aufgrund dieser Deut­lichkeit auch keinen Zweifel an Ihren Ausführungen, hätte da nicht vorgestern wieder eine Landtagssitzung in der Steiermark stattgefunden, bei welcher der derzeit amtie­rende Landeshauptmann vom Rednerpult aus wieder durchblicken hat lassen, dass es da offenbar eine Geheimvereinbarung gibt – mit Ihnen und mit dem Bundeskanzler –, dass es doch zu einer vorzeitigen Vergabe kommt. Er hat wörtlich gesagt: Am 25. Juni – da sind Sie bei einer Baubegehung, glaube ich (Abg. Grosz: Nein, am 26.!)  oder am 26. Juni werden alle schauen, denn da würde eine große Überraschung folgen.

Frau Bundesministerin, da bleibt sozusagen ein Restzweifel offen. Ich hätte Sie schon gerne gefragt, ob es entgegen dem Wissensstand der gesamten Steiermärkischen Landesregierung, entgegen dem Wissensstand des Steiermärkischen Landtages und entgegen dem Wissensstand des heutigen Nationalrates – denn es ist schon eigenar­tig, dass wir uns jetzt seit zwei Tagen um eine gemeinsame Entschließung bemühen, die sich an die Beschlussfassung des Steiermärkischen Landtages anlehnt, und dass es keine Zustimmung vonseiten Ihrer Fraktion gibt – irgendeine Form von Geheimver­einbarung geben soll – denn ein wenig gewinnt man den Eindruck –, die doch dem ent­gegensteht, was Sie heute einleitend gesagt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich würde Sie daher wirklich um Klarheit ersuchen, denn entweder erfahren wir hier nicht alles, was es an Absprachen gibt, oder der steirische Landeshauptmann hat ein gehöriges Problem. Das steht fest. Darum würde ich, um hier auch Sicherheit zu ha­ben, wirklich noch einmal die Kollegen von der SPÖ-Regierungsfraktion darum ersu­chen, einem Entschließungsantrag zuzustimmen, in dem das Projekt des Koralmtun­nels außer Frage gestellt wird, und zwar unzweifelhaft. Ich möchte an Ihren Ausfüh­rungen nicht zweifeln. Sie waren deutlich, Frau Bundesministerin. Für diese Deutlich­keit auch meinen herzlichen Dank. Aber aus dem Antrag soll auch klar hervorgehen, dass


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diese Vergabe, wenn es denn Absprachen gibt, vor dem 26. September passiert, denn das war das Versprechen des steirischen Landeshauptmannes, und dieses Verspre­chen steht auf dem Prüfstand.

Ein langjähriger Parlamentarier, Andreas Khol, hat gerne das Zitat gebracht: „The proof of the pudding is in the eating.“ – Also, ob einem der Pudding schmeckt, das merkt man erst dann, wenn man ihn isst. Und das ist heute tatsächlich die Nagelprobe.

Wir wollen wissen, ob es hier geheime Absprachen gibt, ob dem Landtag, ob der Lan­desregierung, ob dem Parlament die Wahrheit gesagt wird oder nicht. (Abg. Grosz: Stimmt gleich zu!) Wenn das der Fall ist, dann können wir ohne Weiteres gemeinsam diese Entschließung fassen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Stimmt nur unserem Antrag zu!)

16.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Jannach gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.39.45

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Aber ihr seid schon noch in einer Koalition, oder? Die SPÖ und die ÖVP machen schon noch eine Koalition? – Ich habe den Verdacht, bevor ihr diesen gemeinsamen Ent­schließungsantrag zusammenbringt, werdet ihr eher einen gemeinsamen Neuwahlan­trag einbringen. So stellt sich das heute für mich dar.

Wir haben ein Projekt Koralmtunnel, zu dem es einen gültigen Vertrag gibt, einen Ver­trag des Bundes mit der Eisenbahn, mit dem Land Steiermark und dem Land Kärnten. Und heute wird hier diskutiert, ob der Koralmtunnel quasi noch gebaut wird, wann er gebaut wird und wenn er gebaut wird, wie er gebaut wird.

Frau Ministerin! Sie haben doch einen Hintergedanken. Sie zetteln doch nicht eine Dis­kussion an wegen einer Evaluierung eines Projekts, wenn Sie nicht jetzt schon wissen, dass Sie dieses Projekt verzögern wollen. Das machen Sie und wir wollen das nicht. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

Sie haben einen Vertrag geschlossen und alle hier herinnen haben schon erwähnt, das Koralmprojekt ist eines der wichtigsten Projekte für die Bundesländer Steiermark und Kärnten, aber auch bundesweit. Ich weiß nicht genau, was Sie evaluieren wollen. Sie kennen die Kosten dieses Projekts. Das ist eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte. Die Planungen für die Bauarbeiten laufen seit 2001. Was wollen Sie evaluieren und was soll die Evaluierung dann bringen? Wer macht denn übrigens die Evaluierung? – Wenn sie der Finanzminister macht, dann wissen wir, dass das Projekt erst 2050 um­gesetzt werden wird. Wir wollen nichts anderes, als dass Sie den gültigen Vertrag ein­halten. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben auch davon gesprochen, dass Sie kein Haus bauen werden, ohne die Fi­nanzierung sicherzustellen, aber genau mit der Diskussion, die Sie begonnen haben, stellen Sie im Grunde die Finanzierung sicher. Sie haben einen Vertrag abgeschlossen und jetzt wissen Sie nicht, wie Sie ihn finanzieren wollen. Ich bin auch beim Abgeord­neten Kogler, der jetzt schon den Saal verlassen hat: Sie müssen uns (Abg. Mag. Kog­ler: Nein!) – er ist noch da – ein Konzept betreffend Koralmbahn und S 36/S 37 vorle­gen. Und da ich aus Kärnten bin, bin ich ja betroffen. Es wird genau das eintreten, wenn Sie die S 36/S 37 und die Koralmbahn ausbauen, dann wird nämlich wieder alles über die Straße und nicht über die Schiene laufen.

Wir bekennen uns dazu – so wie Sie es zwar immer sagen, aber nicht tun –: von der Straße auf die Schiene, den ganzen Verkehr oder den Großteil des Verkehrs dort hin. Aber bitte mit einem klaren Bekenntnis auch heute von Ihnen! Und hier noch einmal ein


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klares Bekenntnis zum Koralmtunnel und zu diesem wichtigen Projekt, das Kärnten und die Steiermark und Österreich benötigt.

Führen Sie diese Bundesländer nicht mit dieser Diskussion über die Evaluierung dau­ernd an der Nase herum! (Beifall bei der FPÖ.)

16.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort. – Bitte.

 


16.43.01

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Stellen Sie sich vor, es ist Landtagswahl in der Steiermark! (Rufe bei der FPÖ: Geh! Wann?!) – So. Wir diskutieren den Koralmtunnel. Jetzt stellen Sie sich vor, es ist Landtagswahl in Niederösterreich. Vielleicht diskutieren wir den Sem­meringtunnel. Dann war Landtagswahl im Burgenland. – So. Wir brauchen dringend eine Schiene, die Südostspange. Wir gehen nach Niederösterreich. Auch dort gibt es Landtagswahlen.

Herr Kollege Heinzl, die Güterzugumfahrung St. Pölten, der viergleisige Ausbau der West­bahnstrecke, der Wienerwaldtunnel et cetera. Oder vielleicht noch zusätzlich eine Infra­strukturmaßnahme. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Bleiben wir in Wien! Landtagswahl in Wien. Es wäre doch wirklich günstig, wenn end­lich der Westbahnhof und der Südbahnhof unterirdisch durch einen Bahntunnel ver­bunden würden, der praktisch quer unter den Bezirken – ich sage es jetzt aus dem Kopf – fünf, vier und – ein bisschen vielleicht – drei verliefe. Vielleicht wäre das auch ein sinnvolles Landtagswahlprojekt.

Dann machen wir die Runde weiter. Wir gehen nach Oberösterreich. Ja, was brauchen wir? (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Westring!) – Wir brauchen dringend eine Achse, die den Zentralraum von Linz mit dem Zentralraum von München verbindet. Wir müssen Salz­burg umfahren. Wir brauchen eine Schienenachse quer über Ried und Braunau, die 30 Kilometer kürzer ist. Diese würde nämlich sogar den Weg Paris-Budapest, nein, Paris-Kiew, nein, wirklich nur Paris-Moskau um sage und schreibe 30 Kilometer verkür­zen und beschleunigen.

Dann gehen wir weiter in der Landtagswahl. Wir kommen nach Salzburg. Die Salzbur­ger sehen überhaupt nicht ein, dass seit der Zeit Kaiser Franz Josephs – langer weißer Bart, ein würdiger Herr –, dass seit dieser Zeit die Verbindung Salzburg-Bischofshofen-Gastein-Tauern, eine wichtige Nord-Süd-Transitroute, diese Transversale im Salzach­tal ständig durch Murenabgänge, durch Lawinen gesperrt ist.

Die Salzburger verlangen dringend eine Tunnellösung für diese Strecke – ich sage jetzt einmal – von Kuchl über Golling bis nach Bischofshofen. – So. Das waren die Land­tagswahlen in der Steiermark. (Abg. Rädler: Salzburg!) – Entschuldigung, das waren die Landtagswahlen in Salzburg! Korrektur.

Wir haben die Runde quer durch die Bundesländer und ihre verkehrspolitischen Infra­strukturwünsche noch gar nicht beendet. Wir gehen jetzt nach Tirol. In Tirol gibt es Landtagswahlen. Die Tiroler haben bereits eine Unterinntaltrasse, diese führt zum größten Teil durch einen Tunnel. Die Tiroler haben ja geschickt vorausverhandelt, sie haben sich schon fast 2 Milliarden € – eine Verdoppelung der Kosten war das natür­lich – herausverhandelt.

Die Tiroler brauchen – wir lesen es ja täglich in der „Kronen Zeitung“ – den Brenner-Basistunnel. Jetzt gibt es ProgTrans-Studien und diese besagen: Liebe Tiroler, euch nützt der Brenner-Basistunnel überhaupt nichts, denn wenn es auf der Straße so billig ist,


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wird kein Transportgut die Schiene (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl) – da kommen wir dann eh schön langsam hin – und den Tunnel nützen.

Außerdem sagt ProgTrans: Die Schweizer Bahn zahlt der Deutschen Bahn eine Stre­cke von München nach Lindau, damit die Güterverkehre auf der Schiene endlich die Schweizer Tunnels erreichen, den Gotthardtunnel, der sündteuer war, und den Lötsch­bergtunnel. Wir haben aber Landtagswahlen in Tirol. Jetzt müssen wir halt den Tirolern Milliarden geben und versprechen und bauen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Hakl und Gahr.)

Ich weiß nicht, wer mitgerechnet hat. Ich war noch nicht in Vorarlberg. Ich möchte Ih­nen nur zeigen, wie sich das Infrastrukturinvestitionsprogramm quer durch alle Bundes­länder aufrollen lässt. (Abg. Mag. Hakl: Fehlinformation! Der Lötschbergtunnel ist schon in Betrieb! Und über den Brenner ...!) Und was jeweils an Milliarden dahinter steht, das erzähle ich Ihnen nachher. Ich will es Ihnen ja beispielhaft zeigen, weil: gleiches Recht für alle. Wir sind eine föderale Republik: gleiches Recht für alle.

Wir haben Vorarlberger Landtagswahlen. Auch hier sind vielleicht Tunnelprojekte wich­tig, um Bregenz zu entlasten. – Ja, gerne. So. (Abg. Petzner: Frau Kollegin Moser! Bei der Koralmbahn gibt es ja Verträge!) Jetzt haben alle Bundesländer Landtagswahlen gehabt, jetzt ist überall versprochen worden, überall brauchen wir Geld. Und jetzt gehen wir zum Herrn Finanzminister. Und der Herr Finanzminister sagt: Schauen Sie, ich habe eine Republik mit einem Staatshaushaltsvolumen von ungefähr 65 bis 70 Mil­liarden €. Ich habe einen Verschuldungsgrad von so ungefähr – meine Güte, ja, haben wir halt 100 Milliarden €. Ich habe eine Gesamtverschuldung in Österreich, die unge­fähr so groß ist wie das Bruttoinlandsprodukt. Und jetzt soll ich da noch Investitions­volumina auf die Beine bringen, die einen erklecklichen Prozentsatz ausmachen?!

Dann muss ich zu den internationalen Rating-Agenturen gehen, denn es müssen ja Anleihen aufgelegt werden. Das Geld kommt ja nicht vom Himmel, weder vom steiri­schen, Salzburger, Vorarlberger, Tiroler, niederösterreichischen, Wiener oder oberös­terreichischen Himmel. Es kommt ja nicht vom Himmel, oder?

Jetzt muss ich auf den internationalen Kapitalmarkt gehen und anleihen. Dann fragen die natürlich: Rentieren sich diese Investitionen? Wo gibt es denn volkswirtschaftliche Rechnungen? Und dann wird es etwas eng, denn dann bekommen wir nämlich das Geld nicht „AAA“, sondern vielleicht nur „AA“ oder nur „A“. Und das ist halt alles ein Problem.

Diese ganze Problemgeschichte hat eine einzige Lösungsnennermöglichkeit, nämlich die, dass man es so macht wie in der Schweiz, ganz einfach: In der Schweiz hat man gefragt: Was will ich? Welche verkehrspolitischen Ziele habe ich? – Die Schweizer wis­sen nämlich, wie man Geld verwendet, wie man mit Geld umgeht und wie man es sinn­voll investiert. Ich will Ihnen ja nur aus diesem Dilemma der Bundesländerlandtags­wahlkampfwünsche den Schweizer Lösungsweg zeigen.

Der Schweizer Lösungsweg heißt: Ich habe ein Ziel, Modal Split, dazu brauche ich die EU. Die EU muss Rahmenbedingungen gewährleisten, in der Schweiz brauche ich sie nicht, in Österreich brauche ich sie. Und dann kann ich je nach meinem verkehrspoliti­schen Ziel eine Gesamtprioritätenreihung in meinen Infrastrukturinvestitionen vorneh­men, die auch einen Kosten-Nutzen-Effekt als Element beinhalten.

Das ist der goldene Weg der Schweiz und einen besseren auf dieser Welt gibt es ver­kehrspolitisch nicht. Aber leider beschreiten wir diesen Schweizer Weg nicht, der ös­terreichische Weg unter Ministerin Forstinger (Abg. Neubauer: Sie hat als Erste einen Generalverkehrsplan entwickelt!), damals war das ja unter Blau-Schwarz, hat halt ge­lautet: Liebe Bundesländer! Schickt mir eure Christkindbriefe, ich stecke sie dann in ein Gesamtkuvert und schreibe Gesamtverkehrsplan drauf.


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Ja, das war das Problem der Forstinger, das kann jeder Historiker/jede Historikerin nach­lesen. (Abg. Neubauer: Da habt ihr noch nicht einmal gewusst, was das ist!)

Vor diesem Hintergrund bringe ich jetzt unseren Entschließungsantrag ein, der den Schweizer Weg vorschlägt. Dann sind wir nämlich jenseits der Diskussionen um Land­tagswahlkampfprojektwünsche.

Die Bundesregierung, insbesondere das Bundesministerium für Verkehr und Innova­tion, soll ein Gesamtverkehrskonzept vorlegen, das wirklich Schwerpunkte setzt: Einer­seits soll bei der Straße zurückgefahren werden, andererseits in die Schiene investiert werden, der Lkw-Verkehr soll endlich kostenwahr gestaltet werden und insgesamt soll eine entsprechende Schienenfernverkehrs-Systematik entwickelt werden.

*****

Der Antrag wird im Saal verteilt werden, und man kann dann im Detail noch gerne da­rüber diskutieren.

Wesentlich ist zum Schluss noch folgendes Faktum:

Frau Ministerin, eine einzige Frage, weil wir über die Gesamtverkehrspolitik reden: Wie können Sie es rechtfertigen, dass bei der S36/S37, einem Autobahnprojekt, das ein anderes Autobahnprojekt kannibalisiert, das Verkehr von der Pack abzieht, jetzt schon eine Bauentscheidung getroffen wird, jetzt im Sommer schon gearbeitet werden soll, wo doch Ihr Evaluierungsprozess erst im Gang ist? (Abg. Grillitsch: Frau Kollegin, nein!)

Wie können Sie es zulassen, dass die ASFINAG frisch und froh von sich aus baut und investiert, wo Sie noch evaluieren? Das möchte ich wirklich wissen, wo das noch dazu die Konkurrenz zur Pack ist, und – ich komme zum Schlusssatz – wo dieses Straßen­projekt völlig unsinnigerweise die Sinnhaftigkeit der Koralmbahn drei Mal untergräbt, über­fährt und drüberbetoniert.

Frau Ministerin, diese Antwort hätte ich gerne gehört. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Frau Abgeordneter Dr. Moser einge­brachte Entschließungsantrag ist in den Kernpunkten erläutert worden. Ich lasse ihn aufgrund des Umfangs gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung zur Verteilung brin­gen. Er ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kogler, Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend umgehende Verkehrswende: Qualität im Bahnverkehr statt unnötiger Autobahn- und Schnellstra­ßenprojekte

eingebracht im Zuge der Debatte über den Dringlichen Antrag der Abg. Grosz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung der vertragskonformen Umsetzung der Koralmbahn bis 2018“

Auch von Mitgliedern dieser Bundesregierung wird die Schweiz immer wieder als ver­kehrs- und infrastrukturpolitisches Vorbild genannt. Die Schweiz verdankt ihren großen Vorsprung bei Angebotsqualität und Nutzung der Öffis und besonders der Bahn einer klaren verkehrspolitischen Linie:


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ZUERST werden klare Ziele - Verlagerungsziele, Modal-Split-Anteile der Bahn, dichter Taktverkehr, garantierte Mindestversorgung mit Öffis bis ins hinterste Tal, usw., - sowie die Geldquellen (insbesondere der LKW-Verkehr nach dem Prinzip der Kostenwahr­heit) gesetzlich festgelegt.

Und DANACH werden die sachlich nötigen und finanziell möglichen Bau- und Logistik­projekte sowie Anschaffungen in der zielführenden Reihenfolge auf den Weg gebracht, wobei der umweltschonende Verkehrsträger Schiene klare Priorität nicht nur in Sonn­tagsreden, sondern auch im politischen Alltag von der Regierung bis zu den Gemein­den genießt.

In der Praxis zeigt sich, dass die Schweiz solcherart regelmäßig mit derzeit und künftig wesentlich geringerem finanziellen Aufwand wesentlich mehr - zB Fahrgastzuwachs oder Verlagerungseffekt - erreicht als Österreich. Da für die Finanzierung des Schie­nenausbaus unter anderem eine flächendeckende LKW-Maut mit deutlich höheren Mautsätzen als in Österreich eingehoben wird, gelingt der Schweiz dies noch dazu, oh­ne ihre Bahnunternehmen unter Existenz gefährdenden Multi-Milliarden-Schuldenber­gen zu begraben wie es derzeit bei den ÖBB der Fall ist.

Selbst Deutschland verfügt über eine gesetzlich verankerte Gesamtverkehrsplanung, Projekte finden nur nach einer methodisch einheitlichen Bewertung und in einer sach­lich zu begründenden Prioritätenreihung Aufnahme. Die Umsetzung von Schienen-
und Wasserstraßenprojekten wird durch die Verwendung von LKW-Mauteinnahmen er­leichtert.

Auch in Österreich verlangen die knapper werdenden Mittel mehr Sorgfalt und echte Prioritäten beim Einsatz von Steuergeld. Spätestens jetzt müssen daher auch in Öster­reich mit einer echten "Verkehrswende" die Weichen gestellt werden, um die Schweiz als Vorbild einzuholen oder abzulösen.

Im Rahmen eines Gesamtverkehrskonzepts, das seinen Namen verdient, muss

der Bau zusätzlicher Autobahnen und Schnellstraßen gestoppt,

die Kostenwahrheit insbesondere im LKW- und Flugverkehr massiv verbessert,

damit die Verlagerung auf die Schiene und die Eindämmung des LKW-Transitverkehrs von der Sonntagsrede zur Praxis werden,

der beschäftigungspolitische Effekt der Infrastrukturinvestitionen optimiert werden.

Nur so kann die Bahn aus dem Schuldenturm zurück auf die Gewinnerstraße kommen und werden Großprojekte wie Koralmbahn oder Semmeringtunnel, erst recht ein Bren­ner-Basistunnel, langfristig hoffentlich die ihnen zugerechnete verkehrliche, volks- und regionalwirtschaftliche Wirkung entfalten können.

Bisher krankt Österreichs Infrastrukturpolitik hingegen an einer konzeptlosen, räumlich und zeitlich weitgehend unkoordinierten Hau-Ruck-Mentalität. Diese kommt unterm Strich nachweislich sehr teuer und ist wenig wirksam - das belegen zB wiederholte Fahrzeit­verlängerungen selbst auf teuer modernisierten Schienenstrecken wie Wien-Salzburg oder die Stilllegung von Regionalbahnen, an denen zuvor noch kräftig investiert wurde. Auch widersprüchliche, einander "kannibalisierende" Projekte wie eine zweite Auto­bahn/Schnellstraße Wien-Klagenfurt (S36/37) parallel zur Koralmbahn, der damit Nut­zungspotenzial vorsätzlich entzogen würde, werden politisch betrieben.

Immer noch dominieren in Österreich somit die Wünsche der Bau- und Finanzierungs­branche, die an möglichst vielen, großen und teuren Projekten interessiert sind, für die möglichst viele mit Haftung der Steuerzahler abgesicherte Schulden zu machen und dann jahrzehntelang möglichst viele Zinsen zu kassieren sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 157

Ergebnis ist ein teures Stückwerk von Aus- und Neubauprojekten, das bestenfalls lang­fristig auch Vorteile für die Nutzer und nicht nur für Baukonzerne und Großbanken brin­gen kann. Zugleich ist der Beschäftigungseffekt dieser auf Straßenbau und isolierte Großprojekte fixierten "Strategie" grob suboptimal, weil damit pro investiertem Euro deutlich weniger Arbeitsplätze geschaffen bzw. gesichert werden als es im Rahmen eines sinnvollen Gesamtverkehrskonzepts möglich wäre.

Ein solches Gesamtverkehrskonzept, das tatsächlich den Gesamtverkehr und den Nut­zen für Mensch und Wirtschaft und nicht nur Beton-Maximierung im Blick hätten und daher diesen Namen verdient, existiert hingegen in Österreich bis heute nicht, ge­schweige denn in rechtlich verbindlicher Form. Der längst überholte und rechtlich so­wieso irrelevante österreichische Generalverkehrsplan ist im Vergleich zu Schweiz und Deutschland eine Karikatur, listet er doch nur alle Wunschkonzerte von Ländern und Infrastrukturunternehmen auf, ohne nachvollziehbare sachliche Grundlage, ohne Pri­oritätensetzung und ohne seriöse Finanzierungsvorstellung. Leider hat sich daran auch mit den "Prioritätenreihungen", Rahmenplänen und Bauprogrammen der letzten Jahre nichts Substanzielles geändert.

Anno 2010 muss aber die finanzielle Krise bei BürgerInnen, Unternehmen und Öffent­licher Hand und der absehbare Anstieg der Ölpreise endlich den Ausstieg aus der steinzeitlichen Verkehrs- und Infrastrukturpolitik der letzten Jahrzehnte bringen. Gera­de für die Steiermark braucht es neue Prioritäten. Leistbare, umwelt- und klimafreund­liche Mobilität für Mensch und Wirtschaft und der Nutzen/Erfolg von Infrastruktur-Groß­projekten wie der Koralmbahn müssen - wann, wenn nicht jetzt! - durch ein schlüssiges Gesamtverkehrskonzept mit gezielten verkehrspolitischen Vorgaben und neuen Priori­täten gesichert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, dem Nationalrat bis spätestens 15.9.2010 einen Entwurf für ein rechtlich verbindlich zu verankerndes Gesamtverkehrskonzept für Ös­terreich vorzulegen, das - nicht zuletzt als notwendige Voraussetzung für die Nutzung und damit die langfristige verkehrliche, volks- und regionalwirtschaftliche Sinnhaftigkeit von Großprojekten wie Koralmtunnel und Semmeringbasistunnel - jedenfalls folgende verkehrspolitische Vorgaben und neue Prioritäten beinhalten muss:

Stopp dem Bau folgender unwirtschaftlicher und umweltzerstörender Autobahnen und Schnellstraßen, die Schienen-Großinvestitionen konkurrenzieren, und Umlenken der dafür vorgesehenen ASFINAG-Gelder in die Lösung lokaler Verkehrsprobleme durch mehr und besseres Angebot im Öffentlichen Verkehr und kosteneffiziente lokale Orts­umfahrungen:

Projekt

Verlauf

A26/S

Linzer Westring Süd incl Donauquerung

S1

Schwechat-Süßenbrunn (Lobauautobahn)

A26/N

Linzer Westring Teil Urfahr


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 158

A23

Hirschstetten-Raasdorf

A23

ASt Landstraße

A12

Tschirganttunnel

A22

Kaisermühlen-Kaiserebersdorf

A9

Bosrucktunnel 2. Röhre

S33

Donaubrücke Traismauer

S10/S

Unterweitersdorf-Freistadt

S7/W

Riegersdorf/Stmk – Dobersdorf-N/Bgld

S8

Marchfeldschnellstraße

S3

Weinviertler Schnellstraße

S34

Traisental-Schnellstraße

S36

Judenburg-St. Georgen ob J.

S36

St. Georgen ob J.-Scheifling

S37

Scheifling-Friesach

S7/O

Dobersdorf-Heiligenkreuz

S31/S

Oberpullendorf-Grenze

Rasch deutlich mehr Kostenwahrheit beim LKW-Verkehr durch eine höhere und flä­chendeckend ausgeweitete LKW-Maut nach dem Vorbild der Schweiz, voller Einsatz für mehr LKW-Kostenwahrheit auf EU-Ebene.

Rasch deutlich mehr Kostenwahrheit beim bisher steuerfreien Flugverkehr, um den Schienen-Fernverkehr finanziell wieder konkurrenzfähig zu machen.

Ausbau und bundesseitig langfristige finanzielle Absicherung des Schienen-Nah- und Regionalverkehrs in Österreich, damit zB in der Steiermark der Nahverkehr im Bal­lungsraum Graz, im Obersteirischer Zentralraum Kapfenberg-Bruck-Leoben und in der Fläche gesichert und konkurrenzfähig verbessert werden kann.

Der Schienen-Fernverkehr zwischen der Steiermark und anderen österreichischen (Linz, Salzburg, Innsbruck, Wien) und benachbarten (Kroatien, Slowenien, Ungarn) Ballungsräumen muss abgesichert und rasch ausgebaut werden; Absichten für den weiteren Rückbau oder die weitere Verlagerung von Schienen-Fernverkehr auf die Straße ist eine sofortige Absage zu erteilen.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 159

16.52.15

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich ist es lobenswert, wenn Projekte auf ihre Sinnhaftig­keit überprüft werden. Grundsätzlich ist es lobenswert, wenn evaluiert wird und man sich ein Bild über den Fortschritt macht. Aber was jetzt beim Koralmtunnel passiert, meine Damen und Herren, hat mit einer Evaluierung nichts mehr zu tun. Da wird näm­lich mit gezinkten Karten gespielt. „Zufällig“ werden die Ergebnisse nämlich erst nach der steirischen Landtagswahl öffentlich gemacht. Das hat nichts mit der Sechs-Monate-Frist zu tun, die Herr Kollege Haberzettl vorhin angesprochen hat, sondern das hat schlicht und einfach damit zu tun, dass Sie Angst haben, hier die Wahrheit zu sagen und Ihren steirischen Parteikollegen für die Wahl keine gute Unterlage mitzugeben.

Dieses politische Hick-Hack, dieses Versteckspiel, diese Unglaubwürdigkeit ist sehr leicht zu durchschauen. Diese Hintertürchen kennen die Österreicher zur Genüge, und sie ha­ben es auch satt. Sie kennen diese Spielchen, und sie werden dadurch auch immer po­litikverdrossener und gehen nicht mehr so oft zur Wahl – weil sie eben diese unglaub­würdige Politik, die hier teilweise stattfindet, satt haben, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Ich habe zu Beginn von gezinkten Karten gesprochen und möchte Ihnen nun eine der wichtigsten Regeln beim Schnapsen nennen, die da lautet: Was liegt, das pickt. – Aber diese Regel gilt für Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungs­parteien, anscheinend nicht, denn mit dieser Haltung werden Sie in der Steiermark bei der Landtagswahl im Herbst sicher keinen Stich machen. (Abg. Riepl: Ein billiger Ver­gleich!)

Wir vom BZÖ werden im Gegensatz zu Ihnen auch weiterhin klar Farbe bekennen. Orange Politik steht für Ehrlichkeit, für Handschlagqualität, für Zuverlässigkeit. Wir ste­hen zu dem Projekt Koralmtunnel aber nicht nur deshalb, weil es ein wichtiges Projekt für Kärnten und für die Steiermark ist, sondern weil es ein wichtiges Zukunftsprojekt für ganz Österreich ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Man darf dabei nicht vergessen, dass der Bau des Koralmtunnels nicht nur Geld kos­tet, sondern ganz im Gegenteil auch Geld in die Staatskassen zurückspülen wird. Der Tunnel würde über steuerliche Rückflüsse über drei Viertel der Baukosten selbst wie­der einspielen, meine sehr geehrten Damen und Herren – nachzulesen in der „Kleinen Zeitung“ vom 8. Juni dieses Jahres.

Ich darf abschließend an die Abgeordneten der Regierungsparteien appellieren, dass sie nicht vergessen, aus welchem Bundesland sie kommen, dass sie zum Beispiel bei der Abstimmung nicht vergessen und berücksichtigen, dass sie aus der Steiermark kommen. Der Koralmtunnel ist eine wichtige und sinnvolle Investition in eine positive Zukunft, und wir vom BZÖ werden diese positive Zukunft unterstützen und mitgestal­ten. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

16.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Stauber. – Bitte.

 


16.55.31

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wieder einmal ein Blick aus einer Kärntner Perspektive auf diese nicht enden wollende Diskussion um den Koralmtunnel. Dass dieses Projekt für uns Kärntnerinnen und Kärntner eines der wichtigsten Jahrhundert­projekte ist, wurde, glaube ich, heute schon oft betont und steht auch außer Zweifel. Ich denke auch, dass in Kärnten alle einheitlich zu diesem Projekt stehen. Alle Parteien stehen zu diesem Projekt, und ich glaube, es gibt niemanden, der das infrage stellt. (Abg. Grosz: Dann stimmt zu!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 160

Aber, Kollege Grosz, weil Sie sich heute in solch herzzerreißender Art und Weise darü­ber ausgelassen haben, wie wichtig das ist: Wir stehen dazu. Ich kann Ihnen sagen, auch unsere Frau Bundesministerin und der Herr Bundeskanzler bekennen sich zu die­sem Projekt und haben niemals in den Mund genommen, dass das Projekt gestoppt wird. Das hat es nie gegeben. (Abg. Grosz: Nein, nein!)

Evaluieren heißt auch nicht stoppen oder streichen, sondern heißt überprüfen. (Abg. Neu­bauer: Warum sagt man dann nicht „überprüfen“?) Diese Überprüfung werden wir auch noch überstehen, geschätzter Herr Kollege Grosz, und dann werden wir weiter­bauen.

Folgendes ist heute auch schon mehrmals zum Ausdruck gekommen: Alle Baulose, die momentan in Bau sind, werden weiterverfolgt, werden weitergebaut. Die Arbeitsplätze sind trotzdem gesichert. Es hat noch keinen Stopp bei irgendeiner Baustelle gegeben.

Ich glaube, es ist auch schon einige Male betont worden, wie viel an finanziellen Mitteln schon verbaut worden ist, sowohl auf steirischer als auch auf Kärntner Seite. Es ist heute schon von Kollegem Dolinschek erwähnt worden, dass natürlich auf Kärntner Seite schon viel an finanziellen Mitteln eingesetzt worden ist, um einen 9 Kilometer lan­gen Sondierstollen zu bauen, um den Bahnhof Lavanttal zu bauen, um die Neben­strecken Richtung Wolfsberg zu bauen, auch die Strecke von Klagenfurt Richtung Gra­fenstein herunter wurde schon gebaut, und so weiter. Es wurde also weit über 1 Milliar­de € bereits verbaut – und da einen Baustopp zu verfügen, wäre wirklich Verschwen­dung von Steuergeldern, die unsere Bürgerinnen und Bürger eingesetzt haben.

Daher gibt es auch von der Seite der Frau Ministerin keinen Stopp für dieses Projekt, sondern wir werden gemeinsam versuchen, das Ganze weiterzutreiben.

Wenn man sich aber so ein bisschen die Kommentare aus den verschiedenen Richtun­gen anschaut, dann muss ich sicherlich auch wieder einmal Kritik an unserem Koali­tionspartner ÖVP anbringen, wobei man wirklich nicht weiß, ob es da einen internen Boxkampf zwischen Wien und der Steiermark gibt, denn wie gesagt, der Herr Ver­kehrssprecher Maier, der dieses Projekt immer wieder torpediert und immer wieder Pfeile in diese Richtung abschießt, ist komplett anderer Meinung als eben der Kollege Bartenstein mit euch Freunden aus der Steiermark. (Abg. Grillitsch: Was sagst du zum Voves?) Daher glaube ich, dass es hier sinnlos ist. Man sollte sich gemeinsam zu diesem Projekt bekennen, das gemeinsam durchziehen – das wäre, glaube ich, das vernünftigste. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Linder.)

Ganz kurz noch zu unseren Kollegen von FPÖ, BZÖ, FPK, in Kärnten FIK – so genau weiß man das ja nicht (Abg. Zanger: Dann muss man sich informieren!), aber trotzdem möchte ich sagen: Wir als Sozialdemokraten in Kärnten haben uns für dieses Projekt schon eingesetzt, da hat das damalige BZÖ noch vehement dagegengesprochen, da­mals unter einem Verkehrslandesrat KHG – Karl-Heinz Grasser – in Kärnten. Der hat das vehement schlechtgeredet und wollte das verhindern. Das wollte damals zuerst auch noch der nachfolgende Herr Landeshauptmann Haider, der erst auf intensives Drängen der Sozialdemokraten in Kärnten umgeschwenkt ist und sich dann immerhin auf dieses Projekt draufgesetzt hat.

Wir sind auch all die Jahre hindurch immer wieder hinter diesem Projekt gestanden. Wir stehen auch heute voll und ganz dazu, und die Frau Ministerin lacht schon oft von Weitem, wenn ich komme, denn dann habe ich wieder ein Anliegen bezüglich der Kor­almbahn an sie. Bei jeder Gelegenheit wende ich mich mit diesem Projekt an sie. (Prä­sident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Geschätzter Herr Kollege Kogler, Sie haben gemeint, man sollte jetzt noch einmal die Sinnhaftigkeit dieses Projektes überdenken. – Das hat man sich ja wohl vorher über­legt, glaube ich. Jetzt ist es wirklich zu spät, nachdem schon 1,3 Milliarden € verbaut sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 161

Wenn das ganze Projekt eigentlich von allen Seiten positiv beurteilt wird, dann sollte man auch dazu stehen, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Kogler: Nicht „überlegen“, Rahmenbedingungen erstellen! Es muss ja auch wer durch den Tunnel fahren!)

In diesem Sinne hoffe ich wirklich, dass wir dieses Projekt auch weiterbringen und auch nach dieser Evaluierungsphase weiterbauen können. Unsere Frau Ministerin und der Herr Bundeskanzler werden dafür sorgen, dass es auch so passieren wird. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.00


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.

 


17.00.36

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Stauber! Wie die ÖVP zum Koralmtunnel steht, haben die Vorredner unserer Fraktion, Herr Abgeordneter Bartenstein und Herr Abgeordneter Amon, ganz klar ausgeführt, glaube ich.

Nachdem ich jetzt die Diskussionsbeiträge aller fünf Fraktionen gehört habe, muss ich in Summe einfach sagen: Es stehen alle fünf Fraktionen hinter der Realisierung des Koralmtunnels – natürlich da oder dort mit ein bisschen unterschiedlichen Meinungen.

Ich möchte jetzt nicht Zahlen und Verträge wiederholen, die heute hier sowieso schon das x-te Mal genannt wurden, sondern nur aus Kärntner Sicht sagen: Für uns Kärntner ist dieser Koralmtunnel natürlich ganz, ganz besonders wichtig – als wirtschaftlicher An­schluss, aber auch für die Tourismuswirtschaft.

Wenn heute ein Wiener Gast mit den ÖBB nach Kärnten fahren möchte, dann ist er zirka viereinhalb bis fünfeinhalb Stunden unterwegs. Mit dem Tunnel würde sich das um zweieinhalb oder zumindest gute zwei Stunden verkürzen. Da bin ich bei Ihnen, Frau Kollegin Moser: Auch da soll man an die Zukunft denken und daran, wie man diese Sache regeln kann, auch als baltisch-adriatische Achse, denn die Aufschließung von Polen, Tschechien und Ungarn wäre auch für den touristischen Bereich unheimlich wichtig.

Über die Finanzierung wurde heute schon gesprochen. Ich möchte noch einmal kon­kret auf das Thema Finanzierung eingehen, auf den Vertrag vom 15. Dezember 2004, der ja heute schon erwähnt wurde.

Damals haben sich das Land Steiermark und das Land Kärnten dazu verpflichtet, je 140 Millionen € – und zwar bis zum Jahr 2025 jährlich 7,8 Millionen € – zu bezahlen. Momentan ist diese Summe ausgesetzt. Es tragen also auch die Länder finanziell ihren Teil dazu bei. Es hat mich, als ich vor gut zwei Stunden in die APA-Aussendung hinein­geschaut habe, eigentlich schon ein bisschen verwundert, dass ich persönlich von mei­nen Kollegen in Kärnten, vom FPK sozusagen als Heimatverräter beschimpft wurde, bevor diese Debatte begonnen hatte, weil ich gegen diesen Koralmtunnel sei. (Abg. Grosz: Da musst du dir einmal eine Brille aufsetzen, dass du sie überhaupt siehst! Ganz hinten! Kleine Monchhichis! Der FPK-Boulevard of Broken Dreams in der letzten Reihe!)

Okay, es muss jeder wissen, was er spricht, was er schreibt, und auf welchem Niveau. Etwas muss ich dazu schon sagen: Meine lieben Kollegen vom FPK aus Kärnten, wir in Kärnten müssen alle Kraft zusammennehmen, damit wir auch finanziell in der Lage sind, diesen Anteil, der auch vertraglich abgesichert ist, für den Koralmtunnel zu leis­ten, und zwar aus folgendem Grund: Diese 140 Millionen €, die dafür aus dem Zu­kunftsfonds zur Verfügung gestellt wurden, sind inzwischen für die Hypo-Bank aufge­wendet worden, und wir müssen schauen, dass wir diese 140 Millionen € auf anderer Sei­


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te wieder dafür herkriegen – nicht, dass es dann wieder an uns Kärntnern liegt, wenn eventuell gewisse finanzielle Mittel nicht laufen.

Bitte überlegt ein bisschen, was ihr mit euren Worten anrichtet, und schauen wir bei solchen großen Projekten, dass man mit einer Stimme spricht und sich nicht gegensei­tig beflegelt, wenn man über die Grenzen Kärntens hinausfährt. (Beifall bei der ÖVP.)

17.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte. (Abg. Grosz in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Zanger : Wolf­gang, es geht nicht um Autobahnen, es geht um Eisenbahnen! Ruf bei der FPÖ: Sag ihnen, wie’s wirklich ist!)

 


17.04.43

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Kollege Grosz, Sie haben heute davon gesprochen, man möge sozusagen ein Gre­mium der Vernunft einrichten und walten lassen, um das Projekt Koralmbahn und Kor­almtunnel sicherzustellen.

Erlauben Sie mir die Frage, warum Sie ein Gremium einrichten wollen, aus dem Sie sich selbst hinausreklamieren, mangels Erfüllung der Voraussetzungen! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Grosz: Uh, der war jetzt intellektuell! Da hat er sich jetzt angestrengt! Das war jetzt die intellektuelle Meisterleistung!)

Wer nämlich derart über die aktiven Eisenbahner drüberfährt wie Sie und sie pauschal als Privilegienritter, als Faulenzer und welche anderen Worte Sie noch gewählt haben aburteilt, der erfüllt diese Voraussetzungen nicht. – Ich komme aus einer Eisenbah­nerstadt, aus Knittelfeld, und dort sind fleißige Leute bei der Eisenbahn, Herr Kollege Grosz, wirklich fleißige! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es freut mich bei dieser Gelegenheit, Herrn Kollegem Haberzettl ausrichten zu können: Sie sind bei mir in guten Händen, deine ÖBB-Kollegen in Knittelfeld, gell? (Abg. Grosz: Ihr macht es gemeinsam, der eine Eisenbahn und der andere Autobahn! Er ist der Eisenbahnspezialist, vor allem für die, die vor 1945 gebaut wurden!) So ist es.

Frau Bundesminister, am 16. Juni haben Sie – und das ist in den Medien nachlesbar – in einem Interview gesagt, die Finanzierung der Koralmbahn sei nicht gesichert – das ist Faktum, das ist schwarz auf weiß belegt –, und heute stellen Sie sich her und sa­gen: Ist sowieso alles in Butter!

Das kann es ja nicht sein, Frau Bundesminister, wenn man das schwarz auf weiß nachlesen kann, was Sie da von sich gegeben haben. Aber begeben wir uns einmal auf eine andere Ebene und schauen wir uns einmal die Auswirkungen des Ganzen an!

Was bringt dieses Projekt? Wir haben schon darüber gesprochen: 5,2 Milliarden € Ge­samtinvestitionen bedeuten rund 45 000 Arbeitsplätze über den Bauzeitraum und be­deuten in Folge tausende, zigtausende Arbeitsplätze aufgrund von Betriebsansiede­lungen, von Wirtschaftsstärkungen.

Was Sie jetzt machen, Frau Minister, ist, Unsicherheit bei den Menschen in einer Re­gion hervorzurufen, der es ohnehin nicht gut geht. Die Südwest-Steiermark hat einen der höchsten Anteile an Auspendlern in der ganzen Steiermark überhaupt.

Was glauben Sie, was sich die Menschen dort jetzt denken? Wahrscheinlich: Wie wird meine Zukunft laufen? Was wird aus den Kindern, die vielleicht dort sind und jetzt Hoffnung haben, in nicht allzu weiter Ferne von ihrer Heimat Arbeit zu finden? Was be­deutet das für die Gedankenwelt dieser Bürger? Haben Sie sich diese Frage schon ge­stellt? Noch dazu, wo von diesen 5,5 Milliarden €, die dieses Projekt kostet, rund die Hälfte oder vielleicht sogar ein bisschen mehr wieder zurück in den Bundeshaushalt fließt.


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Also in Wirklichkeit kann man sagen, dass uns das 2,5 Milliarden € kostet. Das ist die Wahrheit, und das sage nicht ich, das habe ich mir auch nicht aus den Fingern geso­gen, sondern das sagen Sie selbst, Frau Bundesminister, in der Präsentation einer Studie am 24. Februar gemeinsam mit Vertretern von IHS, Wifo und JOANNEUM RESEARCH.

Ja, was ist denn dann die Wahrheit? Warum stellen Sie sich dann her und sagen: Die Finanzierung ist nicht gesichert!, wenn eine Studie belegt, welch vernünftige wirt­schaftliche Auswirkungen ein solches Projekt auf die Wirtschaftsleistung eines Landes hat?

Und bei dieser Gelegenheit, Frau Minister: Wir geben 2,3 Milliarden € nach Griechen­land hinunter. Und die Steiermark ist uns das über diesen Zeitraum mit diesen vielen Menschen nicht wert?! – Über eine Million Menschen leben in diesem Land! Ja, es sind Wahlen in der Steiermark, das haben wir heute schon ein paar Mal gehört, und Sie werden die Rechnung dafür schon präsentiert bekommen, dafür werden wir sorgen! (Abg. Grosz: Der war auch gut! Das war der zweite gute Witz!)

Noch ein Thema, weil es auch Ihr Ressort betrifft, Frau Minister: Seit einem Jahr liegt ein Antrag in diesem Haus, mittlerweile im Verkehrsausschuss, in dem es darum geht, in einer anderen Region der Steiermark, nämlich im Bereich Aichfeld-Murboden – das ist westliche Obersteiermark – ein Kompetenzzentrum für Luftfahrttechnik zu installie­ren. Das ist ein Projekt, das von regionalen Politikern aller Couleurs besprochen wur­de, ins Leben gerufen wurde, und zu dem es auch einen einstimmigen Beschluss des Steirischen Landtages gibt.

Ausgerechnet jene Fraktion, von der man meinen müsste, dass sie in einer Industriere­gion stark ist und sich um die Menschen sorgt, blockiert diesen Antrag, zu dem weitge­hend Übereinstimmung herrscht, hier im Hohen Haus, im Parlament. Kollege Spindel­berger, der hier anfangs ein Verhandlungsmandat hatte, von dem ich jetzt aber nie mehr etwas gehört habe, sagt kein Wort dazu. Offensichtlich moniert er für seine Re­gion, für die Kapfenberger Gegend irgendetwas anderes. Ich weiß es nicht.

Faktum ist, dass die Steiermark – nicht nur die Steiermark, aber vor allem die Steier­mark – im Bereich der Luftfahrttechnik ein Vorzeigeland ist, das mit verschiedenen Un­ternehmen in der Industrie zertifizierte Betriebe hat, die für die Luftfahrttechnik produ­zieren können, und dass es große Chancen gäbe, gerade zum aktuellen Zeitpunkt mit einem ausländischen Investor voranzukommen. Das weiß ich. Es gibt eine Projektent­wicklungsgesellschaft in der Steiermark, die dafür eine sehr kompetente Stelle ist.

Es gibt in der Steiermark weitgehend Übereinstimmung  und hier im Hohen Haus blo­ckiert die SPÖ für eine Region, in der effektiv Abwanderung herrscht, weil die Jugend nicht mehr weiß, wo sie arbeiten soll, wo alle nach Graz in den Speckgürtel ziehen, für eine aussterbende Region ein derart hochtechnologisiertes Projekt, das Chancen schaf­fen und unserer Jugend wirklich eine Zukunft geben würde!

Wir werden diesen Antrag demnächst im Ausschuss behandeln. Frau Minister, ich wür­de Sie bitten, sprechen Sie mit den Vertretern der Steiermark in Ihrer Fraktion hier im Parlament und überlegen Sie sich, ob es nicht wirklich möglich wäre, dieses Projekt umzusetzen! – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


17.12.07

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Frau Verkehrsminis­terin! Hohes Haus! Die Diskussion um einzelne Projekte ist typisch für die österreichi­


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sche Verkehrsplanung. Es werden einzelne Projekte diskutiert, aber nie ein Ganzes. So kann es nicht wirklich funktionieren, denn davon, ob das Ganze zusammenpasst oder nicht, hängt ja letztlich auch die Wirkung einzelner Projekte ab.

Ich denke, ein Tunnel, ein Schienentunnel kann unter bestimmten Rahmenbedingun­gen, unter anderen Rahmenbedingungen sinnvoll sein, aber eben auch nicht. Diese Rahmenbedingungen gilt es durch konsequente ganzheitliche Verkehrsplanung zu schaffen. Er kann sinnvoll sein, wenn nicht nur linienförmig investiert wird, sondern eben auch flächenhaft ausgebaut wird, wenn wirklich auch die Erreichbarkeit verbes­sert wird und vor allem wenn echte Verlagerungseffekte von der Straße auf die Schie­ne stattfinden.

So wie das jetzt passiert, wird es das nicht geben, denn der jetzige Verkehrsplan ist, wie gesagt, kein Plan, sondern – wie es meine Kollegin Gabi Moser aufgezählt hat – ein Wunschprogramm der Bundesländer und kein wirklich zielgerichteter Plan. Nicht nur, dass jedes Bundesland seine eigenen Projekte hat, nicht nur, dass die Straße im­mer noch billiger als die Schiene ist und deswegen keine Verlagerungen stattfinden, es wird ja parallel auch in Straßenprojekte investiert, eben genau bei der S 36. Ich meine, wie soll der Koralmtunnel eine Entlastung bringen, eine Verlagerung bringen, wenn die S 36, die S 37 fertig ist, bevor dort überhaupt etwas in Betrieb gehen kann?

Ich kann auch ein Beispiel aus dem Burgenland nennen: die Steirische Ostbahn von Graz nach Budapest, eine bestehende Schieneninfrastruktur, die nur attraktiviert wer­den müsste, um echte Verlagerungseffekte zu bringen. Wie soll das aber funktionie­ren? Wie soll sie auch Entlastung bringen, wenn gleichzeitig ein riesengroßes Straßen­projekt gebaut oder geplant wird, nämlich die S 7, und diese Straßenprojekte immer mehr Priorität haben als die Schienenprojekte, die parallel dazu verlaufen sollen. Noch dazu gibt es sowohl bei der S 36, der S 37, der S 7 und auch bei anderen Straßenbau­projekten massiven Widerstand in der Bevölkerung, massive Befürchtungen, massive Bedenken, was Umwelt und Naturschutz angeht. Vor allem sind das Riesenprojekte, die oft der regionalen Wirtschaft leider gar nichts bringen.

Ich denke, wir sollten uns schon bewusst werden, worum es in der Verkehrsplanung wirklich gehen sollte, nämlich darum, die Mobilität der Menschen in Österreich zu ge­währleisten und die Mobilität der regionalen Betriebe zu gewährleisten und nicht die Bedürfnisse der Bauindustrie zu befriedigen, sondern sich wirklich anzuschauen, was die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen in Österreich sind.

Ich glaube, langfristig können wir die Bedürfnisse nur befriedigen, wenn es ein generel­les Umdenken in der Verkehrspolitik gibt. 79 Prozent des Öls, das wir in Österreich im­portieren, fließt in den Verkehr. Wir erleben leider und hören immer dramatischere Mel­dungen aus dem Golf von Mexiko. Wenn wir an solchen Katastrophen nicht mit schuld sein wollen – und ich will das sicher nicht, wir Grünen wollen das sicher nicht –, dann müssen wir aus diesem Ölgeschäft aussteigen. Da hat die Verkehrspolitik eine wesent­liche Aufgabe, trägt wesentliche Verantwortung. 79 Prozent des Öls, das nach Öster­reich kommt, geht in den Verkehr. Das heißt, die Devise kann nur sein: Wir müssen umstellen, wir müssen umdenken und uns von dieser Ölabhängigkeit lösen.

Frau Ministerin, wenn Sie jetzt eine Evaluierung machen, dann finde ich das sehr posi­tiv. Ich finde, dass das Straßenbauprogramm, dieses Wunschprogramm dringend ernsthaft auf seine Sinnhaftigkeit evaluiert werden sollte. Da ersuche ich Sie schon, nicht nur Kosten für Ihr Ministerium zu berücksichtigen – das auch, wir müssen ja auch sparen –, nicht nur Wählerstimmen und Landtagswahlen zu berücksichtigen, sondern tatsächlich einen Generalverkehrsplan, ein Gesamtverkehrskonzept an den Bedürfnis­sen der Bevölkerung auszurichten, an der Verbesserung der Qualität im öffentlichen Ver­kehr, an den Klimaanforderungen und an der Ölabhängigkeit auszurichten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 165

Mein Wunsch wäre es, dass Sie dann eben nicht nur Prioritäten so setzen, dass gewis­se Projekte einfach immer aufgeschoben, aufgeschoben, aufgeschoben werden und letztlich alles beim Alten bleibt, sondern dass wir endlich mutige Entscheidungen tref­fen, sinnlosen Straßenprojekten eine Absage erteilen und diese tatsächlich herausneh­men – ich habe schon S 36, S 37, A 3 genannt – und dafür sinnvolle Projekte, sinnvolle Verkehrsplanung konzentriert angehen.

Und im Übrigen bin ich der Meinung, Österreich braucht ein starkes, unabhängiges und engagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Weinzinger: Ceterum censeo!)

17.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. – Bitte.

 


17.17.30

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Verkehrsministerin! Rasch zurück zur steirischen Landespolitik. Die Chronologie in aller Kürze: Geschätzte Damen und Herren, SPÖ und ÖVP feierten mit großem Medienrummel und viel Aktio­nismus vor wenigen Tagen den Spatenstich beim Koralmtunnel – und das, obwohl be­reits bekannt war, dass die Verkehrsministerin aufgrund der Sparpläne viele Infra­strukturprojekte evaluieren will. – „Evaluieren“ – das ist das Zauberwort! Bures bereitet bereits den Rückzug aus dem Tunnelprojekt vor. Das Projekt soll abgedreht werden.

Geschätzte Damen und Herren, dementsprechend heftig war auch der Schlagabtausch um das gefährdete Koralmprojekt im Steiermärkischen Landtag in Graz. Beim Sonder­landtag lagen die Nerven blank. ÖVP und SPÖ lieferten sich Schreiduelle. Man merkt auch heute hier in diesem Hohen Haus, dass noch viele Irritationen zwischen den bei­den Regierungsparteien bestehen. (Abg. Grosz – in Richtung ÖVP und SPÖ –: Sie brauchen einen Mediator!) Betonkübel wurden geschüttet, und man versuchte, vor der Landtagswahl vielleicht noch den einen oder anderen Punkt zu erhaschen. Die ÖVP behauptet vom Rednerpult aus, mit der Evaluierung werde das Bauvorhaben zu Grabe getragen.

Beim Koralmtunnel wird der angeschlagene rote Landeshauptmann Voves von seiner roten Verkehrsministerin buchstäblich im Regen stehen gelassen. Bures lässt auch ausrichten, dass der Koralmbeschluss des Landtages wirkungslos ist. – Du (in Rich­tung ÖVP) hast bereits gesagt, der einstimmige Beschluss sei wirkungslos. Damit war dieser Sonderlandtag nur eine Wahlkampfshow.

Meine Damen und Herren, diese politischen Gefechte haben gezeigt, dass die Steier­mark keine intakte, handlungsfähige Landesregierung mehr besitzt. Schuld ist der Pro­porz. Der gehört abgeschafft. Der Proporz gehört in der steiermärkischen Landesregie­rung abgeschafft. SPÖ und ÖVP sollten so vernünftig sein, die steirischen Gezänke jetzt zu beenden. Sie sollten mit den Verantwortlichen aus Kärnten eine Fahrgemein­schaft bilden, nach Wien aufbrechen und geschlossen die Einhaltung der Verträge ein­fordern, so wie es Gerald Grosz heute bereits gemacht hat. (Beifall beim BZÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, das wäre eine verantwortungsvolle Politik, wenn man so handelt und nicht ständig Wahlkampf macht.

Im Verkehrsressort sind im Zuge des Sparpaketes Einsparungen von rund 554 Millio­nen € bis zum Jahr 2014 geplant. Mit dem Scheinargument der „Evaluierung“ – das ha­be ich bereits erwähnt – werden plötzlich die Koralmbahn und auch andere wichtige Ver­kehrsprojekte in Frage gestellt. Den Versuch, das Thema Koralmbahn bis nach die bei­den Landtagswahlen zu verschleppen, werden die Wähler sicherlich quittieren.

Frau Bundesministerin, wir stellen heute fest, diese Evaluierung ist überflüssig! Sie ma­chen eine Verkehrspolitik ohne Visionen. Ihre Verzögerungstaktik schadet dem Projekt


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Koralmbahn. Für die Koralmbahn besteht eine verkehrspolitische Notwendigkeit, das ist sicher. Die Beschäftigungseffekte sind unbestritten vorhanden. Der Spardruck bei In­frastrukturprojekten bringt Tausende von Jobs in Gefahr.

Wenn sich aber Schulden überhaupt noch irgendwo rechtfertigen lassen, dann ist das exakt bei den großen Infrastrukturprojekten der Fall. Nur dort ist es möglich. Diese gro­ßen Projekte können künftigen Generationen zugutekommen. Daher kann man die Last ihrer Finanzierung jetzt auf die Dauer ihrer Nutzung ausdehnen. Arbeitsplätze ent­stehen dort, wo Infrastruktur geschaffen wird beziehungsweise vorhanden ist.

Auch Deutschland hat das längst erkannt. Unser Nachbar muss ebenfalls sparen. Dort aber, geschätzte Damen und Herren, bleiben die Finanzmäntel für die Bereiche Ver­kehr und Bauen unverändert, weil diese die Wirtschaft ankurbeln. Diesbezüglich könn­ten Sie von der ÖVP ohne Weiteres bei Angela Merkel eine Nachhilfestunde nehmen oder diese Sache hinterfragen. Das ist eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik in der Krise, die auch für Österreich Sinn machen würde.

Sinn macht auch die heutige Debatte über den Dringlichen Antrag zum Koralmprojekt. Sie, Frau Bundesministerin, haben gesagt, dass Sie das Schicksal des Landeshaupt­mannes und jenes der Koralmbahn nicht unbedingt miteinander verbinden wollen. Über das Schicksal der Koralmbahn werden Sie im Herbst entscheiden. So steht es wörtlich in den Gazetten. Das wollen wir nicht! Wir wollen und verlangen hier und heute einen Schulterschluss im Nationalrat, der das Projekt Koralmbahn langfristig garantiert. (Bei­fall beim BZÖ.)

17.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


17.22.19

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Der Landtagswahlkampf in der Steiermark ist voll ausgebro­chen – und das sieht man. Grundsätzlich gibt es ein klares Bekenntnis von allen Par­teien in unterschiedlicher Stärke, was den Koralmtunnel, was die Koralmbahn betrifft. Leider ist es ein politisches Match, ein Match darum, ob es der ÖVP gelingt, Landes­hauptmann Voves anzupatzen beziehungsweise anzuschütten, oder ob es Voves ge­lingt, noch einen Coup vor der Landtagswahl zu landen. Dabei werden leider die Fak­ten vergessen. Wer die Fakten kennt, wer sich das vor Ort angeschaut hat, der weiß: Es wird gebaut. Es wird nicht gestoppt, es wird gebaut.

Das Baulos KAT1 ist im Jahr 2008 vergeben worden, es ist fast umgesetzt. Im Dezem­ber 2010 – also noch im heurigen Jahr – wird der erste Zug von Wettmannstätten Rich­tung Graz fahren.

Das Baulos KAT2 ist ausgeschrieben, die Vergabe wird nach den gesetzlichen Grund­lagen geprüft. Bahnhöfe wurden entlang der Strecke gebaut. Private Unternehmen ha­ben Grundstücke angekauft. Es werden sich entlang der Strecke Firmen ansiedeln. 300 bis 500 Arbeitnehmer arbeiten direkt vor Ort auf der Baustelle, je nach Auftrags­vergaben.

Das Baulos KAT3 wird, was die Ausschreibungsunterlagen betrifft, gerade vorbereitet.

1,3 Milliarden € sind vergeben worden, davon sind 1,1 Milliarden € bereits verbaut. Ein Baustopp ist somit fahrlässig und wird auch nicht erfolgen.

Die Menschen in der Weststeiermark bereiten sich auf dieses Projekt vor. Die Men­schen in der Steiermark brauchen diese Investitionen, weil gerade der Bezirk Deutsch­landsberg im Zuge der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 aufgrund der vielen Industriebe­triebe eine sehr hohe Arbeitslosigkeit zu verzeichnen hatte. Dennoch sind die Menschen


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optimistisch, und zwar deshalb, weil es klare Bekenntnisse unseres Bundeskanzlers, un­serer Bundesministerin und unseres Landeshauptmannes zur Umsetzung der Koralm­bahn gibt. Eine ehestbaldige Vergabe des KAT2 steht außer Streit, aber sie muss auch unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften wie etwa des Bundesvergabegesetzes er­folgen.

Diese öffentliche Diskussion, die wir hier jetzt führen, ist für dieses Projekt nicht positiv, sondern sie schadet diesem Projekt, und zwar deshalb, weil politische Parteien einan­der ständig überbietende Anträge einbringen, die nicht den Gesetzen entsprechen und dem Projekt nicht förderlich sind. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Ich sage Ihnen jetzt ganz ehrlich: Mit populistischen Anträgen – auch hier im National­rat, mein Freund Grillitsch! – gefährden wir dieses Projekt! (Abg. Grillitsch: Hast du ver­gessen, was Voves sagt?)

Lassen wir die Verantwortlichen die Vergabe zum KAT2 ordnungsgemäß prüfen, und zwar so prüfen, dass keine Verfahrensfehler entstehen! Wir dürfen den Mitbewerbern keinen Elfmeter auflegen, sodass das Projekt dann durch Einsprüche verzögert wird.

Kollege Grosz hat gefragt, was uns näher ist, Hemd oder Rock. Uns sind die Men­schen näher (Beifall bei der SPÖ), weil wir sehr wohl die verschiedensten Informa­tionsveranstaltungen, Diskussionsabende der Gemeinden bei der Projektentwicklung und auch die Baustellen besucht haben. Kollege Grosz war bei keiner dieser Veranstaltun­gen. (Abg. Grosz: Bei was für Veranstaltungen?) Das unterscheidet uns. (Abg. Grosz: Verzeihung! Ich war nicht beim Eröffnungsbuffet!)

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, danke für die Außerstreitstellung dieses Projek­tes, danke auch für die Investitionen in die Südbahn, für die Bahnhofsneubauten ent­lang der Südbahn von Leibnitz über Graz und Bruck bis nach Schladming! Die Men­schen im Süden und die Menschen in der Region wissen das zu schätzen. – Danke schön. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

17.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


17.26.59

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­ter! Hohes Haus! Werte Damen und Herren auf der Besuchergalerie! Wir behandeln heute einen Entschließungsantrag und einen Dringlichen Antrag zu einem Projekt, das an und für sich abgeschlossen und vertraglich fixiert ist. Jetzt könnte man annehmen: Wenn das alles vertraglich fixiert ist, wozu das ganze Theater hier? Aber man darf eines nicht vergessen: Im Herbst sind Landtagswahlen in der Steiermark, und der oberste Proponent einer Kleinpartei, die immer kleiner wird und bald verschwinden wird, führt diesen Landtagswahlkampf natürlich „ex Nationalrat“. Das ist nicht unbedingt positiv, aber er glaubt halt, dass das unbedingt notwendig ist.

Wir führen diesen Landtagswahlkampf offensichtlich mit einem Projekt, das wichtig ist und zu dem sich alle Parteien hier bekennen. Wichtig ist jedoch nicht, wie es vielleicht in der Begründung dieses Antrages heute hier zu lesen ist, dass es eine große euro­päische Route ist, denn – inzwischen wurde das, lieber Kollege Grosz, ohnehin korri­giert – die große europäische Route führt ja im Süden vorbei. Warum dieses Projekt in­teressant ist, ist eine rein österreichische Angelegenheit – das wissen wir alle –: Steier­mark, Kärnten.

Warum die Frau Bundesminister Bures gesagt hat, sie muss dieses und andere Pro­jekte prüfen – sie hat, so glaube ich, „evaluieren“ gesagt –, ist mir klar. Es gibt zwei Gründe. Erstens: Am Ende des Geldes gibt es noch viele Projekte und viele Jahre. Sie


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kommt einfach mit dem Geld, das ihr der Herr Finanzminister zugestanden hat, nicht aus. Gut, dann muss man sich eben einmal anschauen, welche Projekte sinnvoll sind, wo es ordentliche vertragliche Zusagen, wo es Finanzierungszusagen gibt.

Frau Bundesminister (Bundesministerin Bures spricht mit der an der Regierungsbank stehenden Abg. Dr. Lichtenecker) – auch wenn gerade wichtige Gespräche laufen –, schauen Sie sich den Brenner-Basistunnel an! Dort gibt es keine europäischen Finan­zierungszusagen. Solange das alles nicht unter Dach und Fach ist, sollte man dort kei­nen Finger rühren und ruhig, wie es geplant ist, am Koralmtunnel und an den Bauab­schnitten weiterarbeiten.

Warum ist es noch wichtig, immer regelmäßig zu prüfen und zu evaluieren, ganz unab­hängig davon, wie weit die Projekte sind? Schauen Sie sich den Skylink an! Dort sehen Sie ganz genau: Ein unordentlicher Projektleiter kann mit einigen Fehlentscheidungen zehn Vorstände und auch einen Minister wegbringen, wenn es sein muss, wenn diese genügend Blödsinn machen.

Ich bin daher durchaus Ihrer Meinung. Prüfen und evaluieren Sie die Projekte regelmä­ßig! Dieses Projekt gehört aber durchgezogen. Offensichtlich haben sich jetzt ohnehin endgültig alle fünf Parteien dazu bekannt.

Ich komme jetzt zum zweiten Entschließungsantrag, der hiezu vorgelegt wurde, näm­lich jenem der Grünen. Frau Kollegin Moser, wenn Sie wirklich ein Verkehrskonzept fordern, sind wir dabei, aber bei einem Verkehrskonzept, das vorsieht, dass der Linzer Westring Süd nicht gebaut werden soll, dass die zweite Röhre im Bosrucktunnel nicht gebaut werden soll, werden wir ganz sicher nicht mitgehen. Für ein Projekt wie den südlichen Teil des Linzer Westrings, für das sich 80 Prozent der Umlandgemeinden aussprechen – ich kann als Traunviertler sagen, dieses Pro kann man ruhig bis hinun­ter nach Windischgarsten, bis in den südlichen Teil des Traunviertels ausdehnen –, für so ein Projekt werden wir uns einsetzen; da gehen wir mit den Bürgern und sicher nicht gegen die Bürger. Dasselbe gilt für den Bosruck-Tunnel. Also dieser Antrag ist nicht sehr sinnvoll. (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir zurück zum steirischen Landtagswahlkampf. Wenn Herr Kollege Grosz gestern aufgepasst hätte – anwesend war er ja, man hat ihn ja ein paar Mal laut genug gehört –, dann hätte er gehört, was im freiheitlichen Entschließungsantrag steht. Ich le­se es ihm jetzt vor, damit er es weiß (Abg. Petzner: Den kennen wir, weil dem haben wir zugestimmt!):

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz und die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die bereits begonnenen Arbeiten zum Projekt Koralmtunnel fortgesetzt werden. – Und so weiter und so fort.

Das ist dieser Antrag. Der einzige Unterschied ist, bei euch ist noch ein kleiner Bericht dabei, wobei nicht einmal klar hervorgeht, ob der schriftlich, mündlich oder sonst wie zu erstatten ist. Das Bekenntnis gibt es also, und wir sollten damit aufhören, hier herinnen Wahlkampf zu führen und zwei Stunden für nichts und wieder nichts zu vergeuden (Rufe bei der FPÖ: Drei!), für klare Bekenntnisse, die an und für sich vorhanden sind.

Also wenn der Kollege sich die 20 Minuten hyperventilierendes Argumentieren hier am Rednerpult für selbstverständliche Sachen sparen würde, dann wäre das toll.

Zusatz: Wenn jetzt im Hintergrund bei den Regierungsfraktionen auch noch taktiert wird und man selbstverständliche Projektbekenntnisse noch mit irgendwelchen Termi­nen junktimieren will, wo man nicht klar sieht, sind das Projekterfordernisse oder sind das wahltaktische Erfordernisse, dann kann ich Ihnen nur sagen, dem werden wir uns nicht


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anschließen. Wir sind für die Bürger der Steiermark, wir sind für die Bürger von Kärnten, und wir bekennen uns zu diesem Projekt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte.

 


17.32.49

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir werden den Dringlichen An­trag des BZÖ unterstützen, denn es handelt sich bei der Koralmbahn sicherlich um das wichtigste wirtschaftspolitische und arbeitsmarktpolitische Projekt, und Tausende Ar­beitsplätze, Tausende Familien in Kärnten und in der Steiermark hängen daran.

Wir möchten auch gerne den Antrag der ÖVP unterstützen, nur, Herr Kollege Amon, Sie haben hier großspurig einen Entschließungsantrag angekündigt, ihn auch ... (Zwi­schenruf des Abg. Amon.) – Na selbstverständlich! Sie sind hier am Rednerpult ge­standen und haben gesagt, das wird auch eine Nagelprobe für die Sozialdemokratie sein, Sie wollen Klarheit von der Frau Bundesminister haben, und Sie haben einen Ent­schließungsantrag hier im Parlament angekündigt.

Ich hätte diesem Antrag gerne zugestimmt, weil er ja laut Ihrer Aussage auch eine um­gehende Vergabe des Bauloses – Ihre Worte! –, nämlich vor dem 26. September, vor­gesehen hätte. – Herr Kollege Amon, wo ist dieser Antrag, den Sie angekündigt ha­ben? Wo ist er? Offensichtlich gibt es da Unstimmigkeiten in der Koalition.

Das ist ja Ihre Methode: Die Öffentlichkeit, die Parlamentarier für dumm zu verkaufen, als steirische Abgeordnete so zu tun, als würden Sie sich für dieses wichtige Projekt einsetzen, Scheinanträge im Steirischen Landtag einzubringen, in denen Sie die Si­cherstellung des Schulterschlusses zur Koralmbahn verlangen – und hier im Hohen Haus, hier, wo wir Beschlüsse fassen können, die die Bundesregierung, die die Frau Bundesminister auch tatsächlich binden, kündigen Sie etwas an, was dann nicht einge­bracht wird. Das ist Augenauswischerei, da sind wir nicht dabei! (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb gebe ich auch dem Kollegen Obernosterer recht, wenn er davon spricht, man sollte dieses Projekt über die Parteigrenzen hinweg tatsächlich unterstützen.

Es waren sehr entlarvende Äußerungen des SPÖ-Abgeordneten Muchitsch, der davon gesprochen hat, dass es im Vorfeld der steirischen Landtagswahlen zu strategischen Überlegungen gekommen ist: Gelingt es der ÖVP, den amtierenden Landeshauptmann anzupatzen oder gelingt Voves vor der Landtagswahl noch ein Coup? Das war für mich schon sehr entlarvend, wenn ein SPÖ-Abgeordneter hier sagt, man wird schauen, ob der SPÖ-Landeshauptmann noch fristgerecht einen Coup landen wird.

Da gibt es zwei Möglichkeiten in Bezug auf Herrn Voves. Die eine ist: Die steirische SPÖ hat eine geniale Strategie gefunden: Die Frau Bundesminister stellt den Koralm­tunnel infrage, und fristgerecht vor den steirischen Landtagswahlen kommt Voves und stellt die Fertigstellung sicher – ein großer Erfolg, und die Wahl wird positiv ausgehen.

Oder, zweite Möglichkeit: Es ist ein Schuss, der ins eigene Knie geht, weil der Herr Landeshauptmann sein Schicksal in der Steiermark mit der Fertigstellung und der frist­gerechten Auftragsvergabe des Bauloses KAT2 verbunden hat. Wir wissen ja, dass der Herr Landeshauptmann Voves ein sehr unangenehmer Genosse ist, der ja oft auch die Bundespartei kritisiert, und vielleicht ist es doch so, dass die Frau Bundesminister als getreue Weggefährtin des Herrn Bundeskanzlers und Parteivorsitzenden den Herrn Voves jetzt anlaufen lässt, um ihn zu entsorgen und so einen lästigen Genossen loszu­werden.

Egal, wie die Strategie läuft, wir sind in Wirklichkeit mitten im Bau der Koralmbahn. Es gibt konkrete Verträge, Frau Bundesminister, die auch Sie unterschrieben haben und die


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einzuhalten sind. Ich glaube, mit der Diskussion, die Sie losgetreten haben, gefähr­den Sie in Wirklichkeit ein Projekt, das Österreich wirtschaftspolitisch und verkehrspolitisch viel bringen würde, mit dem aber auch eine große finanzielle Unterstützung vonseiten der EU verbunden wäre. Die EU fördert nämlich diese prioritären Achsen mit bis zu 20 Prozent der Gesamtkosten, und diese Chance, Frau Bundesminister, sollten wir sicherlich nicht leichtfertig verschenken. (Beifall des Abg. Kickl.)

Ich glaube, dass es fatale Folgen hätte, wenn es hier wenn auch nicht zu einem Bau­stopp, so doch zu einer Bauverzögerung kommen würde. Um die Konjunktur und den Arbeitsmarkt in Südösterreich ist es ohnehin nicht zum Besten bestellt. Das Wifo hat errechnet, dass allein der Beschäftigungseffekt durch die Investitionen, die hier getätigt werden, rund 6 100 zusätzliche Arbeitsplätze in den nächsten Jahren ausmachen wür­de. Mit dieser Diskussion, die Sie, Frau Bundesminister, hier losgetreten haben, ge­fährden Sie diese Arbeitsplätze, gefährden Sie den Wirtschaftsstandort, gefährden Sie finanzielle Mittel, die von der EU kommen, und das darf nicht sein!

Wir wollen Klarheit, wir wollen Rechtssicherheit, wir wollen, dass die Verträge eingehal­ten werden, und deshalb ersuche ich über die Parteigrenzen hinweg, einen Schulter­schluss der steirischen und auch der Kärntner Abgeordneten vorzunehmen. Wir wer­den den Antrag des BZÖ unterstützen, so wie es die Orangen gestern bei der Initiative der Freiheitlichen getan haben.

Ich würde auch gerne die Initiative der ÖVP unterstützen. Seien Sie nicht so verlogen und so falsch, dass Sie hier herausgehen und einen Antrag ankündigen ...! (Hallo-Rufe bei SPÖ und ÖVP.) – Es ist einfach die Unwahrheit! Wie würden Sie es denn beschrei­ben, wenn ein Abgeordneter hier herauskommt, einen Antrag großspurig ankündigt und ihn dann nicht einbringt? – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Linder und Jury.)

17.39


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Dr. Strutz, Sie wissen ganz genau, dass wir gewisse Formulierungen hier nicht verwenden. Ich gehe davon aus, dass Sie sich hiefür entschuldigen wollen. (Abg. Dr. Strutz: Ich entschuldige mich!)

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

 


17.40.01

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Vorredner irgendwelche Bemerkungen zu machen ist müßig, aller­dings: Die steirische SPÖ hat tatsächlich eine Strategie, und zwar eine geniale; jeden­falls ist sie so genial wie einfach, Kollege Grosz (Zwischenrufe beim BZÖ): Wir setzen uns seit vielen Jahren entschlossen und konsequent für die Verbesserung der Ver­kehrsinfrastruktur sowie für den Ausbau der Südbahn ein. Die Bevölkerung anerkennt das, und seit es eine sozialdemokratische Ministerin im Verkehrsressort gibt, geht auch entscheidend etwas weiter. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Kollege Grosz, es ist an sich ein kühnes Unterfangen des BZÖ, hier dringlich zu Ver­kehrsthemen diskutieren zu wollen. Das grenzt ja schon an Unverfrorenheit, denn so kurz, wie Sie glauben, ist das Gedächtnis von niemandem. Sie, Kollege Grosz, sollten einmal Asche auf Ihr Haupt streuen, denn die Erinnerung ist noch sehr wach, was in den Jahren zwischen 2000 und 2006 von Ihren Leuten angerichtet wurde. Beginnen wir einmal mit Ihrem Minister Schmid. Was hat dieser geleistet? – Da muss man lange nachdenken, aber es fällt einem dazu letztendlich nur ein, dass er ohne Gurt Auto ge­fahren ist. Das bleibt in Erinnerung von einem Verkehrsminister der FPÖ.

Bei Frau Forstinger tut man sich ein bisschen leichter, ich erinnere in diesem Zusam­menhang nur an den „Stöckelschuh-Erlass“, der von ihr übrig blieb.


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Mathias Reichhold hat es zustande gebracht, eine Fortzahlung seines Ministergehaltes zu bekommen, wobei der Zeitraum der Fortzahlung zeitlich ungefähr mit seiner Amts­zeit korrespondiert.

Und Ihr Minister Gorbach – eine ganz besondere orange Ausgabe – war in Shanghai, hat dort den Transrapid gesehen, und wie ein kleiner Bub hat er gesagt: Mag auch ha­ben! Das das machen wir zwischen Wien und Innsbruck auch!

Man könnte ja schmunzeln oder auch lachen über diese Dinge, allerdings hat das alles einen ernsten Hintergrund, denn im Windschatten der Versager von Orange ist es zu einer Zerschlagung eines für Österreich enorm wichtigen Unternehmens gekommen: Misswirtschaft, Skandale – auch der ÖVP-Mann Martin Huber hat das Seine dazu bei­getragen – und Spekulationen! Das ist letztlich die Bilanz von Schwarz, Blau und Orange, Herr Grosz! (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Eines haben Sie aber zugegebenermaßen seinerzeit nicht gemacht – was aber jetzt geschieht –, dass nämlich ein Staatssekretär der Regierung systematisch die Beschäf­tigten des Unternehmens ÖBB herabwürdigt und das Image dieses Unternehmens schädigt, das Image eines Staatsunternehmens, das in Wirklichkeit eine große und wichtige Rolle spielt, was die Konjunkturbelebung betrifft. Das ist wirklich verantwor­tungslos – und das sei an dieser Stelle auch gesagt!

Ebenso zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang der Verkehrssprecher unseres Re­gierungspartners Österreichische Volkspartei, der den Koralmtunnel und Leitprojekte grundsätzlich in Frage stellt.

Unter diesem Licht ist zu betrachten, wie heute hier die Diskussion verläuft und wie die Position der ÖVP letztlich zu verstehen ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Tut mir leid, aber es ist wirklich nicht glaubwürdig, wenn man einen Staatssekretär hat, der so agiert, und ebenso einen Verkehrssprecher, der auf diese Art und Weise wichtigste Pro­jekte infrage stellt.

Was wir wollen, meine Damen und Herren – wir von der SPÖ stehen zu den Großpro­jekten, wir stehen zum Semmering-Basistunnel, zum Koralmtunnel und zum Brenner-Basistunnel –: Es muss doch möglich sein, zu einer vernünftigen Politik zurückzukeh­ren, die all diese Projekte national außer Streit stellt. Der Weg ist da ganz klar: Es braucht die politische Überzeugung für die Zukunft der Schiene – und ich bin Frau Bundesmi­nisterin Bures sehr, sehr dankbar dafür, dass sie diesbezüglich heute keinen Zweifel hat aufkommen lassen. Es braucht auch Respekt und Fairness dem Unternehmen und dessen Beschäftigten gegenüber, und Schritt für Schritt werden wir die Umsetzung schaffen, wie das gesetzlich vorgesehen ist. In einer Zeit der Wirtschafts- und Fi­nanzkrise gibt es selbstverständlich auch eine Evaluierung und Optimierung von wichti­gen Unternehmungen und Projekten.

Frau Bundesministerin, die sozialdemokratische Fraktion ist sehr, sehr dankbar für die klaren Worte, die Sie heute hier zum Projekt Koralmtunnel zum Ausdruck gebracht ha­ben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Königshofer. 5 Minuten Restredezeit Ihrer Fraktion. – Bitte.

 


17.44.00

Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Als Tiroler Abgeordneter möchte ich im Rahmen der Diskussion über den Koralmtunnel diese Gelegenheit auch dazu nützen, ein weiteres Tunnelprojekt, das immer im gleichen Atemzug genannt wird, anzuspre­chen, nämlich den Brenner-Basistunnel.


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Auch da, Frau Bundesministerin Bures, haben Sie eine Evaluierungsdiskussion einge­leitet, die alle, die an diesen Tunnel glauben, so zum Beispiel Herrn Kollegen Gahr, da­zu bewogen hat, mit einer Gruppe von Bürgermeistern nach Wien zu fahren und für die Umsetzung dieses Projektes zu demonstrieren. Was ist passiert? – Der Berliner würde sagen: „Nachtigall, ick hör’ dir trapsen!“ Es ist nämlich Folgendes passiert: dass jetzt die Wahrheit ans Tageslicht kommt, dass die Gelder für die Finanzierung dieser Pro­jekte nicht mehr vorhanden sind!

Wer an den Brenner-Basistunnel glaubt, ist ein Narr! – Meine Damen und Herren, das ist kein Zitat von mir, sondern das wurde im Jahre 1997 vom damaligen britischen EU-Verkehrskommissar Neil Kinnock gesagt – und Neil Kinnock ist ein Sozialdemokrat.

Meine Damen und Herren, so langsam bestätigt sich nun das, was der damalige EU-Verkehrskommissar gesagt hat, und wir sehen auch (Zwischenrufe des Abg. Gahr), dass die EU nicht mehr bereit ist, Gelder in Milliardenhöhe für solche Projekte auszu­geben, sondern dass diese Projekte über die EU-Finanzierungen bereits in der Ägäis versunken sind. (Beifall bei der FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gahr.) – Lie­ber Hermann Gahr, liebe Kollegen von der ÖVP, ich gebe euch dann schon noch eine Erklärung dazu.

Frau Bundesministerin, Sie wissen auch, was der Rechnungshofpräsident in einer Sit­zung des Rechnungshofausschusses gesagt hat. Herr Dr. Moser sagte, der Bau des Brenner-Basistunnels darf nicht begonnen werden, solange die Finanzierung nicht si­chergestellt ist, und zwar auch die Finanzierung der Finanzierungskosten; insgesamt geht es da in etwa um 12 Milliarden €. Ebenso darf mit dem Bau nicht begonnen wer­den, solange keine Verlagerungsgarantie von der Straße auf die Schiene gegeben ist.

Aber unser Tiroler Landeshauptmann Günther Platter ist anderer Meinung, denn er zäumt das Pferd von hinten auf und sagt: Zuerst werden wir bauen – und dann werden wir ir­gendwann die Verlagerung schaffen! – Dazu kann ich nur sagen: Das ist der völlig ver­kehrte Weg; das wissen Sie doch ganz genau.

Der Ärmelkanal-Tunnel war mit 5 Milliarden Pfund Sterling präliminiert; letztendlich aber hat er 10 Milliarden Pfund gekostet – und diese Gesellschaft ist heute mehr als pleite und kann nur durch Hilfe des englischen und französischen Staates überleben.

Meine Damen und Herren, es gibt aber Alternativen – und jetzt bitte zuzuhören, liebe Freunde von der ÖVP Tirol! Es gibt in Tirol auch gescheite Köpfe, so zum Beispiel den Architekten Michael Prachensky (Zwischenruf des Abg. Gahr), der anstatt der Basis­tunnel-Lösung eine Scheiteltunnel-Lösung vorschlägt. Statt 55 Kilometer Loch boh­ren nur 12 bis 14 Kilometer am Scheitel. (Abg. Gahr: Der größte Versager ...!) – Her­mann, jetzt beschimpf nicht einen Architekten hier im Schutze der Immunität! – Archi­tekt Prachensky schlägt vor: Drei Jahre Planung, drei Jahre Bau; in sechs Jahren kön­nen die Züge über den Brenner durch den Scheiteltunnel fahren, und das mit wesent­lich niedrigeren Kosten.

In der „Tiroler Tageszeitung“ von heute steht, dass das Ganze ein Wunschdenken sei, denn bei einem Start der Arbeiten für die Haupttrasse im Jahre 2015 werde der Tunnel frühestens 2027 befahrbar sein!

Meine Damen und Herren, damit wurde alles demaskiert: Der Brenner-Basistunnel ist eine Utopie, die nicht umsetzbar ist!

Ich fordere Sie daher auf – auch Sie, Frau Ministerin –, zu realistischen Überlegungen und Planungen zu kommen, um die Verkehrsprobleme in Österreich bewältigen zu können. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 173

17.48.49

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedaure es zutiefst, dass wir es in der Koalition nicht geschafft haben, einen gemeinsamen Entschließungsantrag für dieses wichtige Infra­strukturprojekt für die Steiermark und Kärnten zustande zu bringen. (Abg. Grosz: Jetzt ist die Koalition gebrochen!) Das ist sehr schade, weil wir an und für sich alle daran in­teressiert sein müssten, dass auch die Menschen in diesen Bundesländern, in diesen Regionen am Wohlstand teilhaben können, in dieser Region Arbeit und Einkommen haben und dass wir dort Wertschöpfung hinbringen. Deswegen wäre das ein ganz, ganz wichtiges Projekt.

Ich sage Ihnen ganz offen, diese Diskussion heute war für mich sehr interessant, teil­weise amüsant, aber natürlich auch sehr hinterfragenswürdig. (Abg. Mag. Kogler: Bringt ihr jetzt einen Antrag ein oder nicht? Haltet nicht das ganze Parlament am Schmäh!) Sehr hinterfragenswürdig sogar, weil ich mich nicht verlasse auf Bekenntnisse eines Bundeskanzlers Faymann, einer Frau Verkehrsministerin Bures und vor allem eines Landeshauptmannes Voves, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich verlasse mich nicht auf diese Bekenntnisse, daher frage ich Sie jetzt, Frau Bundes­ministerin: Welchen Coup haben Sie mit Landeshauptmann Voves ausgemacht, wel­cher Coup ist das, von dem Josef Muchitsch hier gesprochen hat? Sagen Sie es uns, wir Parlamentarier verdienen es, die Wahrheit zu erfahren, und zwar heute, hier und jetzt, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei ÖVP und BZÖ. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Vor allem die Menschen in den betreffenden Bundesländern verdienen es, zu wissen: Gibt es die Sicherheit für dieses wichtige Infrastrukturprojekt, oder ist das nur wieder ein politischer Pflanz, den Sie hier betreiben?

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich mache es kurz: Frau Minister, wir warten auf Ihre Antwort, aber unabhängig davon – wenn auch unüblich, wir wollten das nicht, aber eine Einigung war nicht möglich – bringen wir einen Selbständigen Entschlie­ßungsantrag ein, damit sichergestellt wird, dass die Vergabe des Bauloses KAT 2 vor dem 26. September 2010 erfolgt. (Beifall und Bravorufe bei ÖVP, FPÖ und BZÖ. – Abg. Mag. Kogler: Als letzter Redner!)

17.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


17.51.26

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich verstehe diese künstliche Dramatik nicht, die mein Vorredner jetzt einzubringen versucht hat. Wir ha­ben den ganzen Nachmittag damit verbracht, uns gegenseitig zu versichern, dass wir für dieses Koralmtunnel-Projekt sind. Die Frau Ministerin hat sich, und das wurde von den Rednern der ÖVP anerkannt, eindeutig dazu geäußert. Was wollen Sie noch? – Soll ich persönlich mit einer Bohrmaschine hinkommen? Was hätten Sie noch für einen Vorschlag? (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Seien Sie mir bitte nicht böse, aber das war ein etwas misslungener Versuch, den Landtagswahlkampf aus der Steiermark hierherzubringen!

Wir sind fest entschlossen. Wir werden daher auch einen Selbständigen Antrag hinter­legen, damit in dem zuständigen Ausschuss zwei Selbständige Anträge aufliegen, die aber inhaltlich vollkommen gleich sind.

Ich möchte nur zum Datum eine kleine Anmerkung machen, und das hat auch die Frau Ministerin vorhin gesagt: Sie wird kein rechtswidriges Verhalten an den Tag legen, und wir erwarten selbstverständlich, dass das hier auch niemand wirklich wollen kann. An­locken zu Amtsmissbrauch – das kann ja wohl nicht in Frage kommen! Die Frau Minis­


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terin verhält sich vollkommen korrekt und präzise und genießt meiner Meinung nach of­fen das Vertrauen seitens unserer Fraktion und insgeheim auch von denjenigen hier, die zustimmend lächeln und nicken und der Meinung sind, dass dieser Wahlkampf nicht hier in diesem Hohen Haus geführt werden soll, weil das nur Zeitverlust bedeutet.

Wir bekennen uns zu diesem Projekt, wir stehen zu diesem Projekt, wir unterstützen die­ses Projekt, und wir glauben, dass Landeshauptmann Voves auch wirklich derjenige ist, der mit dafür sorgt, dass es zustande kommt – um auch einen Wahlkampfbeitrag ge­leistet zu haben, bitte schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


17.53.28

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Wir haben genau das bestätigt bekommen, was wir vom BZÖ befürchtet haben, dass nämlich weder auf Ministerin Bures noch auf Landeshauptmann Voves, noch auf Landeshauptmann-Stellvertreter Schützenhöfer, noch auf die SPÖ und auch nicht auf die ÖVP in der Frage des Koralmtunnels für die Steirerinnen und Steirer Ver­lass ist. Das ist das Ergebnis des heutigen Dringlichen Antrages des BZÖ. (Beifall beim BZÖ.) Somit haben die Steirer und Kärntner Gewissheit und werden sich daraus auch ein entsprechendes Urteil bilden.

Wir vonseiten des BZÖ können nur vor allem auch die ÖVP einladen – da es sich um einen Selbständigen Antrag handelt, den Sie hier vorgelegt haben –, Mut zu zeigen. Zei­gen Sie Mut, Herr Grillitsch, zeigen Sie Mut, Herr Bartenstein! Wir haben einen fixferti­gen Antrag vorgelegt, der weiter geht als Ihr Antrag. Wir verlangen nämlich nicht nur die Vorziehung des Bauloses, sondern nach dem Motto „Pacta sunt servanda“ auch die zeitgerechte Umsetzung des Baus des Koralmtunnels bis 2018 beziehungsweise 2020, wie vertraglich vereinbart. Ihre Forderung ist ein Wahlgag, und nach der Wahl kommt dann die böse Überraschung, wenn das Projekt doch gestoppt wird. Das wollen wir als seriöse wirtschafts- und rechtsliberale Partei verhindern.

Noch einmal: Sie sind eingeladen, Mut und Anstand zu zeigen. Stehen Sie auf für die Steirer, für die Kärntner und stimmen Sie dem Antrag des BZÖ auf Bau des Koralmtun­nels zu! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.55

17.54.57 Abstimmung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen hiezu nicht vor. Die De­batte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 1180/A(E) der Abgeord­neten Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der vertragskonfor­men Umsetzung der Koralmbahn bis 2018.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist somit abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend umgehende Verkehrswende: Qualität im Bahnverkehr statt unnötiger Autobahn- und Schnellstraßenprojekte.

Wenn Sie für diesen Entschließungsantrag sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

17.56.12Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir nehmen die Verhandlungen über die Punkte 5 bis 10 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte, Frau Kollegin.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 175

17.56.18

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich widme mich in meinem Redebeitrag Punkt 7 der Tagesordnung, nämlich der Änderung des Berufsreifeprüfungsgesetzes.

Die Berufsreifeprüfung ist ein wichtiger Schritt in die Richtung einer tatsächlichen Um­setzung des Schlagwortes „lebenslanges Lernen“. Angesichts eines Arbeitsmarktes, der sich immer schneller ändert und neue Anforderungen an Arbeitnehmer und Arbeit­nehmerinnen stellt, muss die Möglichkeit geschaffen werden, sich jederzeit beruflich neu orientieren zu können, und dafür ist eine fundierte Ausbildung unerlässlich.

Eine Änderung, über die wir heute sprechen, betrifft die Erweiterung des Kreises von Personen, die im Rahmen der Vorbereitung zur Berufsreifeprüfung unterrichten dürfen. Zu dieser Gruppe zählen unter anderem auch die E 2b-Beamten wie etwa Polizisten. Jene Polizisten, die nun unter gewissen Umständen unterrichten dürfen, werden in der geltenden Regelung zur Berufsreifeprüfung jedoch aus unverständlichen Gründen in einem wichtigen Bereich deutlich schlechter gestellt als andere Berufsgruppen wie et­wa Krankenschwestern, Keramiker, Pflasterer oder Orgelbauer. Während diese Berufs­gruppen die schriftliche beziehungsweise mündliche Fachbereichsprüfung aus ihrem Berufsfeld nicht ablegen müssen, sondern aufgrund ihrer bisherigen Ausbildung ange­rechnet bekommen, ist das bei Polizisten nicht der Fall.

Das Innenministerium hat sich im Mai 2009 an das Unterrichtsministerium gewandt und um die Anrechnung dieses Fachbereiches ersucht. Am 1. April 2010, also ein Jahr spä­ter, kam von der Frau Ministerin die Antwort. Sie sagt, dass das nicht geht, weil die Ausbildungsinhalte nicht ausreichend sind, um als Fachbereich anerkannt zu werden. – Es fragen sich nicht nur die österreichischen Polizisten, ob das ernst gemeint sein kann, das hieße dann nämlich, die Ausbildung unserer Polizisten ist nicht so gut wie die eines Keramikers, eines Orgelbauers oder eines Pflasterers. Das kann es wohl nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man sollte meines Erachtens im Unterrichtsministerium noch einmal darüber nachdenken, ob man nicht doch auch den Fachbereich hier anrechnen und so den Polizisten die Fachbereichsprüfung, den vier­ten Teil dieser Berufsreifeprüfung, ersparen kann.

An dieser Stelle darf ich noch daran erinnern, dass die Frau Ministerin ganz einfach, nämlich per Verordnung, diese Ungerechtigkeit gegenüber Polizisten abstellen kann. Ich bitte Sie, Frau Bundesminister, dies auch zu tun! – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

17.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann. – Bitte.

 


17.59.14

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ich möchte auf ein paar weitere Bestandteile dieses – man kann es durchaus so nennen – Bildungspaketes eingehen. Da Herr Kollege Walser zu Beginn der Debatte gesagt hat, man möge Bildungsdebatten in Zukunft ideologiefrei führen, er hingegen ausschließlich ein Plädoyer für die Neue Mittelschule gehalten hat, möchte ich umso mehr betonen, dass dieses Bildungspaket durch die vielen Maßnahmen, die wir ergreifen, zeigt, dass in der Bildungspolitik sehr wohl sehr viel weitergehen kann und sehr viele gute Dinge umgesetzt werden, abseits der Neuen Mittelschule, und das möchte ich hier auch in den Vordergrund rücken.

So zum Beispiel die Modularisierung der Abendschulen. Es geht vor allem für Berufstä­tige darum, eine Flexibilität für die Ausbildung und vor allem auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf möglich zu machen. Das beinhaltet ein paar Änderungen, so zum Beispiel das Aufheben von Klassenverbänden, die Neuordnung der Organisationsstruk­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 176

tur, es gibt keine Klassenvorstände mehr, sondern Studienkoordinatoren, und das be­darf natürlich auch einer Umstellung des EDV-Systems. Letztendlich wird es an 33 Abend­schulen, die sich bereits jetzt gemeldet haben, ein Jahr vor Einführung in das Regel­schulwesen möglich sein, das auszuprobieren. Es muss eine neue Software entwickelt werden, es muss die Beratung für Studierende meiner Meinung nach sichergestellt werden – all das wird vom Ministerium derzeit in Angriff genommen und, wie ich glau­be, auch zeitgerecht zur Verfügung stehen. Es soll gewährleistet sein, dass 80 Schul­standorte bis zur Einführung in das Regelschulwesen auch einen ordentlichen Betrieb anbieten können.

Ein zweiter Punkt, der vor allem uns von der ÖVP sehr wichtig war, ist die Fortführung von Sprachförderkursen. Eine Studie hat gezeigt, dass sich diese Sprachförderkurse bewährt haben. Wir haben sie eingeführt in den Pflichtschulen und wollen sie jetzt auch ausweiten auf die AHS; berufsbildende mittlere Schulen waren ja bisher schon mit ein­bezogen, ebenso Berufsschulen. Wir verlängern das Angebot nun auf weitere zwei Jahre, dehnen es aus. Ich denke, dass es hierbei nicht nur um den Erwerb von sprach­lichen Kompetenzen geht, was sehr wichtig ist, sondern dies stellt auch eine Maßnah­me zur sozialen Integration dar. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein drittes Paket, das durchaus sehr wichtig ist, worauf ich eingehen möchte, sind die Pädagogischen Hochschulen beziehungsweise die Notwendigkeit, hier auch eine An­passung möglich zu machen, was den Bologna-Prozess betrifft. Wie Sie wissen, schließen Studien jetzt mit Bachelor, Master und PhD ab. Wir haben eine Novelle zum Hochschulgesetz vorgelegt, damit Studierende, die an der Pädagogischen Hochschule weiterstudieren wollen, auch die Möglichkeit dazu haben. Es ist gewährleistet, dass man sich von der Pädagogischen Akademie aus upgraden kann auf einen Bachelor. – Eine gute Maßnahme, denke ich, die auch im Sinne des Bologna-Prozesses ist, der wiederum ein eigenes Kapitel für sich ist, neu zu besprechen beziehungsweise weiter fortzuführen und zu verbessern ist, was wir ja auch tun.

In diesem Zusammenhang darf ich auf die Einführung eines Datenverbundes für Päda­gogische Hochschulen verweisen. Auch das ist ein Teil dieses Bildungspaketes.

Es gibt noch einige Punkte, die ich jetzt anführen könnte, aber das werden die nachfol­genden Rednerinnen und Redner noch tun. Um es auf den Punkt zu bringen: Im Bil­dungsbereich ist heute viel zu besprechen, viel zu beschließen, und das zeigt, dass wir auf einem richtigen Weg sind. (Beifall bei der ÖVP.)

18.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


18.03.49

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ein weiteres Ka­pitel in der Geschichte des Bildungsdokumentationsgesetzes wird heute geschrieben, und es soll nicht unerwähnt bleiben, dass hier datenschutzrechtliche Maßnahmen ge­setzt werden, die wir seit Jahren kritisiert haben und die eigentlich keine Verbesserungen bringen.

Ich erinnere daran, dass eigentlich seit Beginn dieser Maßnahme, bei der es darum geht, Bildungsdaten zu erheben – wogegen wir grundsätzlich nichts haben, auch um Längsvergleiche machen zu können –, immer wieder die Idee aufgetaucht ist und um­gesetzt wurde, das doch sinnvollerweise gleich mit der Sozialversicherungsnummer zu machen, weil es einfach ist, wenn man auf eine Datengrundlage alle möglichen Daten speichern kann, die zwar nichts mit der Sozialversicherung zu tun haben, sondern in diesem Fall eben mit Bildungsdaten. Durch Datenverknüpfungen können dann aber ent­sprechende Probleme auftauchen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 177

Am Anfang war es noch so, dass die Eltern verpflichtet worden sind, die Nummer be­kannt zu geben. Wenn sie das nicht getan haben, sollte eigentlich ein Verfahren einge­leitet werden, damit die Nummer bekannt gegeben wird. Mittlerweile sind wir so weit, dass wir das ausgeschaltet haben und die Träger auch gleich direkt auf die Daten zu­greifen können und sozusagen auch die Eltern ausgeschaltet werden, wenn man ein­mal einen Bescheid möchte, um zu klären, ob das rechtlich überhaupt zulässig ist.

Es gibt einen Gegenvorschlag, der auch seit Jahren auf dem Tisch liegt, nämlich ein klares eigenes Kennzeichen für Bildungsdaten, ein Personenkennzeichen, das eben nicht die Sozialversicherungsnummer darstellt und auf dem man einfach Bildungsdaten erheben kann.

Originellerweise geht es bei dem Gesetzesantrag jetzt darum, dass das auch die Unis betreffen soll. Dort macht man jetzt beides, wenn man die Anlagen anschaut. Dort hat man jetzt ein eigenes Kennzeichen und die Sozialversicherungsnummer. Wir finden, dass endlich auch der Empfehlung des Datenschutzrates Rechnung getragen werden sollte, der nämlich gemeint hat, dass es bedauerlich ist, dass weiter die Sozialversiche­rungsnummer verwendet wird. Aus der Sicht des Datenschutzrates – ich zitiere – wäre die Verwendung von bereichsspezifischen Personenkennzeichen anstelle der Sozial­versicherung zu bevorzugen. Das ignoriert das Ministerium nach wie vor, die Sozialver­sicherungsnummer bleibt dabei.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines bereichsspezifischen Personenkennzeichens für die Bildungsdokumentation

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, dem National­rat einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der die Einführung einer bereichsspezifischen Personenkennzahl für die Bildungsdokumentation im Sinne der „Untersuchung von Alter­nativen zur Sozialversicherungsnummer in der Bildungsdokumentation“ vorsieht. Gleich­zeitig soll auf die Verwendung der Sozialversicherungsnummer als Personenkennzei­chen verzichtet werden.

*****

Das wäre ein Schritt, den Datenschutz in Österreich endlich ernster zu nehmen, um die Verknüpfung von Daten zu verhindern und um zu verhindern, dass Bildungsdaten über sehr lange Zeiträume gespeichert werden und bei all den Datenmissbräuchen, von denen wir in letzter Zeit erfahren haben, möglicherweise auch in die falschen Hände kommen.

Frau Ministerin, setzen Sie ein Zeichen und legen Sie diesen Gesetzesvorschlag dem Nationalrat vor! (Beifall bei den Grünen.)

18.06


Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Antrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Brosz, Walser, Freundinnen und Freunde betreffend Einführung eines bereichsspezifischen Personenkennzeichens für die Bildungsdokumentation


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 178

eingebracht im Zuge der Debatte über 769 d.B.: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (655 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bildungsdokumen­tationsgesetz geändert wird.

Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur hat eine „Untersuchung zu Al­ternativen zur Sozialversicherungsnummer in der Bildungsdokumentation“ in Auftrag gegeben und dem Nationalrat zur Kenntnisnahme übermittelt. Darin wird von Dr. Ni­kolaus Forgó ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es aus datenschutzrechtlicher Sicht am besten wäre, eine bereichsspezifische Personenkennzahl, also eine Schüle­rInnenmatrikelnummer, für die Bildungsdokumentation einzuführen und im Gegenzug auf die Verwendung der Sozialversicherungsnummer als Personenkennzeichen zu ver­zichten.

In seiner Stellungnahme zur Novelle des Bildungsdokumentationsgesetzes hielt der Datenschutzrat fest: „Dies (die Beibehaltung der Sozialversicherungsnummer als Per­sonenkennzeichen) ist bedauerlich, da aus der Sicht des Datenschutzes (und des
E-Government) die Verwendung von bereichsspezifischen Personenkennzeichen an­stelle der Sozialversicherung zu bevorzugen wäre.“ Im Februar 2010 wederholte der Datenschutzrat seine Kritik: „Die Verwendung der Sozialversicherungsnummer für Be­reiche, die nicht in der Ingerenz der Sozialversicherung liegen, ist aus datenschutz­rechtlicher Sicht abzulehnen und den E-Government-Lösungen des Bundes der Vor­zug zu geben.

Dennoch besteht das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Bei­behaltung der Sozialversicherungsnummer als Personenkennzeichen und argumentiert mit hohen Umstellungskosten. Diese können jedoch nicht genau beziffert werden. Gleichzeitig werden die weiterhin aufrechten datenschutzrechtlichen Bedenken und die Probleme bei der Zuordnung mehrfach vergebener Sozialversicherungsnummern eben­so ignoriert, wie der Umstand, dass nach wie vor nicht alle SchülerInnen über eine So­zialversicherungsnummer verfügen, und daher eine Vergleichstabelle mit Ersatzkenn­zeichen und personenbezogenen Daten geführt werden muss.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, dem National­rat einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der die Einführung einer bereichsspezifischen Personenkennzahl für die Bildungsdokumentation im Sinne der „Untersuchung von Al­ternativen zur Sozialversicherungsnummer in der Bildungsdokumentation“ vorsieht. Gleichzeitig soll auf die Verwendung der Sozialversicherungsnummer als Personen­kennzeichen verzichtet werden.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


18.06.48

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich möchte ebenfalls anknüpfen an das, was hier bereits gesagt wurde.

Beim Tagesordnungspunkt 4 haben wir den Abänderungsantrag von Frau Kollegin Haub­ner, der als Zusatzantrag gewertet wurde, abgelehnt, und zwar deswegen, weil gerade


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 179

dieser Antrag zeigt, dass die eigentlich von allen, auch vom BZÖ gewünschte Schul­autonomie dadurch konterkariert wird. Die Möglichkeit, dass Fachvorstände prüfen, gibt es ja. Im Wege der Schulautonomie steht es dem Leiter frei, das auch umzuset­zen. Das jetzt wieder zu erzwingen ist eigentlich kontraproduktiv in Richtung Schulauto­nomie.

Herr Kollege Walser hat gemeint, in der Schule sollte man auch bei der Beurteilung, bei den Noten auslagern. Nicht nur der Lehrer sollte die Beurteilung vornehmen, damit der Lehrer auf der Seite des Schülers stehen kann. Unserer Ansicht nach steht der gu­te Lehrer immer auf der Seite der Schüler, egal ob er ihn benotet oder nicht. Das ist an sich eine wesentliche Voraussetzung.

Es wurde auch gemeint, dass der Schulbereich ideologiefrei zu diskutieren sei. – Nun, es ist richtig, und ich begrüße das, dass im Unterrichtsausschuss, aber auch im Unter­ausschuss des Unterrichtsausschusses eine sehr sachliche Ebene herrscht, aber in der Medienpolitik, in der Kulturpolitik und in der Bildungspolitik, in diesen drei Berei­chen gibt es und wird es weiterhin Ideologie geben. Die Ideologie bleibt auch dann nicht draußen, wenn der Lehrerstand durch manche Dinge sehr stark verparteipoliti­siert ist. Das ist sicher ein Bereich mit der stärksten Dichte. Es steht natürlich jedem Menschen frei, sich in Österreich auch politisch zu betätigen. Das wollen wir keinesfalls einschränken, auch nicht bei einem Lehrer, aber was zu viel ist, ist zu viel, meine Da­men und Herren!

Ich darf Ihnen ein kleines Beispiel aufzeigen. Es gibt einen Brief, der folgendermaßen adressiert ist: Lieber HTBL-Schüler! Liebe HTBL-Schülerin! Als Lehrer der HTBL Pin­kafeld, zurzeit in Karenz, darf ich dich am 30. Mai 2010 zur Landtagswahl einladen.

Es geht noch weiter in dem Absatz, und zum Schluss heißt es: Ich persönlich bitte dich bei dieser Wahl um eine Vorzugsstimme: 5. Platz auf der Bezirksliste. – Zitatende.

Ein Lehrer einer Schule schreibt für die SPÖ, mit SPÖ-Logo, die Schüler an: Bitte wählt mich! (Abg. Kickl: Sauerei!)

Also wenn das keine disziplinären Konsequenzen hat, dann weiß ich nicht mehr, was in der Schule sonst noch Platz findet. Es ist unerträglich, wenn hier so offen parteipoli­tisch agiert wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Oder ein Beispiel aus meiner Heimatstadt in Krems: Eine Schule gestaltet einen Ad­ventkalender, wo man die Fenster für Bilder und Ähnliches mieten kann. Und was pas­siert, natürlich vollkommen ideologiefrei? – Die SPÖ und die Grünen, das sind nämlich die Einzigen, die angeschrieben werden von dieser Schule, dürfen ein Fenster mieten. Somit prangt während der ganzen Adventzeit das SPÖ-Logo und das Grünen-Logo an der Fassade eines Schulgebäudes!

Das ist unerträglich, und da sprechen Sie davon, dass die Schuldebatte ideologiefern geführt werden soll! Ideologiefern ist es nur dann, wenn es Ihnen passt. Das ist die grü­ne Meinungstoleranz: Ihre Meinung ist zulässig, die der anderen nicht. Aber Sie sind ja für die Meinungs-, Versammlungs- und ähnliche Freiheiten. – Das ist einfach nicht rich­tig, denn Sie sind die „Verengtesten“, wenn es um Meinungs- und Gesinnungsfreiheit in Österreich geht. (Beifall bei der FPÖ.)

18.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


18.10.45

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Anschließend an das, was Kollege Rosenkranz gesagt hat über die Parteipolitik in den Schulen: Ich denke, das ist etwas, was wir gera­de in unseren Reformvorschlägen viel intensiver aufgreifen sollten, denn ob Rot oder


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Schwarz: Das Bildungssystem, das Schulsystem ist eines der Systeme, in denen am meisten Parteipolitik betrieben wird – egal, ob auf Ebene eines Landesschulrates oder auf Ebene eines Bezirksschulrates. Hier werden wir vom BZÖ uns stark einbringen, denn Schule muss Zukunft sein für unsere Schüler, und ein Lehrer, ganz gleich, wel­che parteipolitische Anschauung er vertritt, hat die Schüler nicht zu instrumentalisieren und sie parteipolitisch einzubinden.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auf zwei Dinge eingehen. Wir behandeln hier ein paar Novellen, die zum Schulunterrichtsgesetz gemacht werden, und zwar zum Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, die sich in einer zusätzlichen Ausbildung, in der sogenannten Abendschule, weiterbilden beziehungsweise qualifizieren.

Seitens des BZÖ begrüßen wir diese Umstellung auf ein modulares System, denn die­ses ermöglicht individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, mehr Flexibilität und vor allem auch eine bessere Anpassung an die Situation der Berufstätigen. Wir müssen gerade seitens der Politik jene fördern und unterstützen, die neben ihrer beruflichen Arbeit, ne­ben der Familie noch eine Ausbildung machen. (Beifall beim BZÖ.)

Wer in seinem Bekanntenkreis oder Familienumfeld jemanden hat, der eine solche Ausbildung macht, sei es jetzt an einer Fachhochschule, sei es, dass er die Matura nachmacht oder was auch immer, der weiß, auf wie viel diese Menschen verzichten müssen und welchen Einsatzes und persönlichen Willens es bedarf, das zu machen, aber auch welches Organisationstalent notwendig ist, ganz besonders dann, wenn es Frauen sind, die Kinder haben und die Beruf und Familie vereinbaren müssen.

Es muss daher jeder, der sich weiter qualifizieren will, der sich weiter beruflich verbes­sern will, im Rahmen seiner Bildung die besten Rahmenbedingungen vorfinden, und wir können diese Rahmenbedingungen, die wir heute beschließen, nur begrüßen.

Eines möchte ich besonders herausgreifen: Bereits erworbene Kenntnisse und Fertig­keiten werden bei entsprechendem Nachweis angerechnet. Ich finde das richtig, ich finde es sehr, sehr gut, dass Berufserfahrung und Bildung aus einer früheren Periode, wenn es zur beruflichen Ausbildung passt, auch angerechnet werden.

Seitens des BZÖ haben wir zum Beispiel einen Antrag zum Freiwilligen Sozialen Jahr im Sozialausschuss eingebracht, einen Antrag mit dem Inhalt, dass junge Menschen, die im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres soziale Fertigkeiten und Fähigkeiten und Wissen erringen, das bei einer späteren Ausbildung auch angerechnet bekommen sollen. Wir werden darin bestätigt, wenn wir hier im Rahmen der Berufstätigen-Abend­schulen ein ähnliches Konzept haben.

Positiv sehen wir als BZÖ auch die Verlängerung der Ausbildung in der Sprache. Heu­te in der Fragestunde haben Sie, Frau Bundesministerin, ja gesagt, dass es Probleme gibt. Ich glaube, das wissen wir alle. Hier kann man nicht genug tun in der sprachlichen Ausbildung, in der Ausbildung in der deutschen Sprache, damit die jungen Menschen sich ausdrücken können, kommunizieren können, auch um entsprechende berufliche Qualifikationen erwerben zu können. Ich glaube, das verpflichtende Kindergartenjahr ist in diesem Zusammenhang etwas sehr Gutes, etwas sehr Wichtiges. Wir vom BZÖ haben uns immer dafür eingesetzt, aber wir sehen, dass auch in der weiterführenden Ausbildung noch ein sehr, sehr großer Handlungsbedarf gegeben ist.

Keine Zustimmung wird es seitens des BZÖ zum novellierten Bildungsdokumenta­tionsgesetz geben, das im Zuge der Umstellung auf Modulsysteme angepasst werden muss. Wir nehmen die Einwände des Datenschutzrates sehr, sehr ernst, dass die So­zialversicherungsnummern kein sicherer Schlüssel sind, da einfach zu viele Zugriffe in diesem Zusammenhang möglich sind, dass eine Vielzahl von Personen hier einen le­galen Zugriff auf Daten hat. Wir verlieren schön langsam die Übersicht, wer wo überall auf persönliche Daten zugreifen kann, und daher nehmen wir diese Bedenken auch ernst


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und ersuchen Sie, Frau Bundesministerin – es hat ja auch eine Studie dazu gegeben betreffend Alternativen zur Sozialversicherungsnummer –, das noch einmal zu über­denken und darauf zu achten, dass hier wirklich auch in die richtige Richtung gegangen wird.

Im Übrigen stimmen wir den Novellen zu und ... – ja. Danke. (Heiterkeit. – Beifall beim BZÖ.)

18.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte.

 


18.16.28

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich freue mich sehr, dass wir nach eingehenden Diskussionen im Unterrichtsausschuss bei fünf Gesetzes­materien heute voraussichtlich – ich sage „voraussichtlich“, ich möchte ja hier nichts verschreien – einstimmige Beschlüsse erwarten dürfen, füge aber gleich auch hinzu – und da schließe ich mich durchaus Ihrer Meinung an, Herr Abgeordneter Rosenkranz –, dass Bildungspolitik, dass Bildung wohl immer ein Feld der politischen Auseinanderset­zung sein wird, weil es um Menschenbilder geht, weil es um Haltungen, weil es um Ein­stellungen geht. Ich verwahre mich aber eindeutig gegen parteipolitische Maßnahmen und Agitationen in der Schule, das möchte ich auch ganz klar zum Ausdruck bringen.

Ich möchte mich an dieser Stelle besonders bei Ihnen als Vorsitzendem des Unter­richtsausschusses, bei allen Mitgliedern des Unterrichtsausschusses bedanken, be­danken für die konstruktive Zusammenarbeit, vor allem aber auch für den immer res­pektvollen Umgang, gerade auch dann, wenn kontroversiell diskutiert wird. Das schät­ze ich als Wert; ich finde das sehr, sehr wichtig.

Kernstücke des heutigen Gesetzespaketes sind für mich vor allem zwei Materien – sie wurden schon angesprochen –: die Modularisierung der Abendschulen und die Sprach­förderung.

Vielleicht ein paar Worte zur Modularisierung der Abendschulen, aber Frau Abgeordne­te Fuhrmann hat die Details schon genannt. Wichtig ist das Ziel, nämlich das Nachho­len von Bildungsabschlüssen zu ermöglichen, so zu ermöglichen, dass Berufstätige das auch mit Familie und Beruf vereinbaren können. Und ich freue mich sehr, dass wir im Herbst 2011 dann alle Abendschulen, das sind 80 in ganz Österreich, auf die Modulari­sierung umgestellt haben werden.

Vielleicht ein paar Worte zur Modularisierung, weil das in der Öffentlichkeit oft mit Sit­zenbleiben-Abschaffen gleichgesetzt wird, was so nicht zulässig ist. Modularisierung heißt, dass wir ein fachbezogenes Kurssystem einrichten. Damit wird den Studieren­den mehr Flexibilität geboten und wird, was wesentlich ist, der Studiengang personen­bezogen und nicht klassenzentriert gesteuert. Das ist ein wesentliches Qualitätsele­ment, und selbstverständlich muss in diesem Zusammenhang die Beratung für die Stu­dierenden intensiviert werden.

Das Gleiche gilt im Übrigen ja auch beim wichtigen Projekt Lehre mit Matura, wo Coaching, Begleitung der Lehrlinge erfolgsrelevant ist.

Ein paar Worte auch zur Sprachförderung. Besonders in den großen Städten unseres Landes leben sehr, sehr viele Kinder mit Zuwanderungsgeschichte. Um ein Beispiel zu bringen: 50 Prozent der Volksschulkinder in Wien haben Zuwanderungsgeschichte, das heißt, die Familiensprache zuhause ist eine andere Sprache als Deutsch. 50 Pro­zent! In 20 Jahren bestimmen alle Kinder, und gerade und besonders auch diese Kinder, in hohem Maße den Wohlstand unseres Landes, und es muss uns daher wich­


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tig sein, aus sozialen Gründen und aus ökonomischen Gründen, dass alle Kinder eine gute Ausbildung haben. Genau deshalb ist der Beschluss der Sprachförderung heute wichtig, weil es um eine Ausweitung geht, eine Intensivierung und eine Verlängerung der Sprachförderung.

Es ist für uns auch zentral – ich bin mir dessen bewusst, dass wir hier noch sehr, sehr viele Maßnahmen setzen müssen – und sehr wichtig, dass wir die Eltern viel stärker wieder als Bildungspartner, als Bildungsverantwortliche gewinnen, und zwar alle Eltern, und gerade auch die Eltern jener Kinder, die Migrationshintergrund haben.

Ich möchte, und das ist mir ein großes Anliegen, auch noch ein paar Sätze zum Bache­lor of Education sagen, weil es da und dort in der Lehrerschaft auch schon Diskussio­nen zu dieser Gesetzesnovelle gibt. Der Bachelor of Education, so wie er in der No­velle zum Hochschulgesetz vorgesehen ist, ist ein Angebot, ein Angebot an alle, die vor Gründung der Pädagogischen Hochschulen im Oktober 2007 ihre Ausbildung zum Pflichtschullehrer, Berufsschullehrer und Fachlehrer absolviert haben. Er stellt also die Grundlage für ein Masterstudium, für weitere Studiengänge dar.

Wichtig ist – Frau Abgeordnete Haubner hat darauf hingewiesen –, dass wir Fortbildun­gen und erworbene Kompetenzen anrechnen. Damit das gut gelingt, müssen Pädago­gische Hochschulen, aber auch die Vertreter der Pflichtschullehrergewerkschaft und mein Haus sehr, sehr eng zusammenarbeiten, damit wir die entsprechenden Studien­gänge berufsbegleitend entwickeln. Vor allem aber ist es auch wichtig, dass wir vom Neusiedlersee bis zum Bodensee Klarheit herstellen, was denn jetzt alles an Fortbil­dung und an Kompetenzen angerechnet wird, und dass hier auch österreichweit ein­heitlich vorgegangen wird und nicht je nach Pädagogischer Hochschule unterschiedli­che Kriterien herrschen. Sonst entsteht hier ein Tourismus, was die Graduierung be­trifft.

Was ich damit zum Ausdruck bringen möchte, ist, dass die Novelle eine wichtige Grundlage darstellt, dass wir aber jetzt gemeinsam mit den Pädagogischen Hochschu­len, mit den Lehrern in die Detailarbeit, was die Verordnung betrifft, gehen müssen. Ich will, dass das ein Win-Win-Projekt für alle wird, und ich möchte, dass das auch aus Qualifizierungsinstrument zum Einsatz kommt.

Abschließend ein paar Sätze zum Bildungsdokumentationsgesetz. Herr Abgeordne­ter Brosz hat es ja bereits angesprochen. Ich möchte hier noch einmal betonen – ich habe es im Unterrichtsausschuss bereits gesagt –, dass wir mittelfristig die Empfeh­lungen des Datenschutzrates auf Verwendung eines bereichsspezifischen Personen­kennzeichens positiv sehen, bei 3 000 Schulerhaltern die Materie aber eine entspre­chende Komplexität hat. Daher müssen wir sie auch umfassend vorbereiten und auch unter Kostenaspekten bewerten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

18.23


Präsident Fritz Neugebauer: Danke, Frau Bundesministerin.

Nächster Redner: Herr Kollege Riepl. – Bitte.

 


18.23.36

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin, es muss doch eigentlich schön sein, jetzt Unterrichtsministerin zu sein! Vom Koalitionspartner bekommen wir Lob: Wir sind auf dem richtigen Weg, hat Frau Abgeordnete Fuhrmann gesagt. Kollegin Haubner ist auch dafür, dass wir die Schritte setzen, die wir heute setzen. Alle anderen oder fast alle anderen sind bei fast allen Bereichen auch dabei. – Ich denke, wir sind auf einem guten Weg.

Lernen ist aber mit dem Erwachsenwerden nicht beendet, sondern wir verabschieden heute – wir haben es jetzt gerade gehört – auch eine Vorlage, in der es um die Berufstä­


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tigen geht und die gerade in der beruflichen Bildung neue Chancen für jene eröffnet, die schon berufstätig sind, aber Bildungsabschlüsse nachholen wollen oder einfach weiter lernen wollen.

Das Problem dabei ist – auch das ist schon ausgeführt worden – die Verbindung von Familie, Beruf und Schule, und am Abend kommt dann oft die Lernzeit dazu. Das alles in Einklang zu bringen ist das Problem, das wir mit dieser Vorlage, glaube ich, etwas ent­schärfen.

Die Einführung eines Kurs- und Modulsystems in diesem Bereich führt aber auch bei­spielsweise zum Entfall der Wiederholung von ganzen Schulstufen. Es ist eine indivi­duellere Studienplanung möglich, die sich, wie schon gesagt, an den Bedürfnissen der Einzelnen orientiert. Die Vereinbarkeit mit Beruf und Familie wird erleichtert, und es gibt auch einen flexibleren Unterricht und eine bessere Betreuung dabei.

Ich glaube, wir alle kennen junge Menschen, die die Schule abgebrochen haben, viel­leicht mit einer Lehre fortgesetzt haben und dann zwei, drei Jahre später meinen: Eigentlich war das gerade nicht das Gescheiteste, ich hätte mich doch durchbeißen sollen in der HTL oder wo immer. – Mit diesem heutigen Beschluss gibt es da jetzt doch gewisse Erleichterungen und neue Angebote.

Dieses neue System bedeutet aber natürlich auch neue Herausforderungen an die Schulorganisation. Ich bin aber der Meinung, dass das wahrscheinlich sehr einfach und problemlos erledigt werden kann. Die Schulgemeinschaft wird damit wahrscheinlich auch gestärkt, und es ist eine rasche Umsetzung des Ganzen zu erwarten.

Ich schließe daher in der Hoffnung, dass wir auch in anderen noch offenen Fragen der Bildungsreform eine ähnlich breite Zustimmung hier im Haus realisieren können. (Bei­fall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


18.26.34

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Kolleginnen und Kollegen! Stärken stärken und Schwächen schwächen. – Zirka 50 000 Schülerinnen und Schüler schaffen jedes Jahr den Schulabschluss nicht; sie schließen mit einem „Nicht genügend“ ab. Laut einer Studie der Arbeiterkammer geben die Eltern pro Jahr derzeit zirka 160 Millionen € für die Nachhilfe aus. Dieses Sitzen­bleiben kostet uns 500 bis 600 Millionen € jährlich.

Stärken stärken, Schwächen schwächen. – Ich glaube, da müssen wir vermehrt die Lehrerinnen und Lehrer einbauen. Zigtausende sind wirklich sehr aktiv, sind sehr kons­truktiv. Aber ohne Polemik: Es muss uns in Zukunft auch gelingen, den Lehrerinnen und den Lehrern einen angemessenen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Es kann nicht sein, dass der Lehrer und die Lehrerin heute nicht einmal einen Computer oder einen Schreibtisch oder einen sonstigen Arbeitsbehelf haben.

Ich glaube auch, dass die Lehrerinnen und Lehrer im Gegenzug sehr wohl dazu bereit wären, einen großen Teil der Nachhilfe, die sicher erforderlich ist, auch kostenlos für die Schülerinnen und Schüler zu erbringen. Ein solches Modell würde den Familien eine ungeheure Kaufkraft bringen und wäre gerade in Zeiten einer Wirtschaftskrise, ja ich möchte sagen einer Bildungskrise, in zweierlei Hinsicht eine konjunkturstärkende Maßnahme.

Das haben sich unsere Familien verdient, und da werden wir als BZÖ auch dahinter sein, bis das alles umgesetzt ist. Das sind wichtige Dinge, die erledigt werden müssen. (Beifall eines Abgeordneten des BZÖ sowie demonstrativer Beifall eines Abgeordneten der SPÖ.) – Danke schön! (Abg. Riepl: Wir haben geglaubt, es ist schon aus!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 184

Wir brauchen in weiterer Hinsicht nicht nur eine gute Ausbildung, sondern wir brauchen die beste Ausbildung. Wir müssen Talente fördern, und für die Schwachstellen, wo jah­relang viel Geld und Zeit und enorme Energie aufgewendet werden, nur damit die Schüler durchkommen, braucht es intelligente Lösungen. Wir brauchen eine Politik, die es ermöglicht, dass die Schülerinnen und Schüler in ihren Talenten gefördert werden und dass in ihre Talente auch investiert wird. So geben wir den Jugendlichen die Chan­cen, die sie wirklich brauchen. Da ist eine vernünftige Sachpolitik notwendig.

Schule-neu muss heißen, das Gute beibehalten und das, was nicht gut ist, ändern, und das sofort!

Ein wichtiger Aspekt in dem Zusammenhang ist auch die Informations- und Kommuni­kationstechnologie. Bildung und Ausbildung unter Nutzung der neuen Medien müssen in der künftigen Bildungspolitik gewährleistet sein. Das Bildungssystem muss junge Men­schen auf den Umgang mit der sich stetig beschleunigenden Informationsgesellschaft vorbereiten. Daher ist es auch Aufgabe der Bildungspolitik, die erforderlichen Rahmen­bedingungen zu nutzen und den Einsatz der neuen Informations- und Kommunika­tionstechnologie in sämtlichen Ausbildungsstätten und Schulen zu ermöglichen.

Ich hoffe, dass, wenn man das ständig weiterentwickelt, unsere Jugend, unsere Schü­ler in eine gute, positive Zukunft gehen können. (Beifall beim BZÖ.)

18.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


18.30.12

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Nur wer die Unterrichtssprache Deutsch versteht, kann auch dem Unterricht folgen. Mit der Ausweitung und Verlängerung der Sprachförderkurse in der Novellierung des Schulorganisationsgesetzes setzen wir ein Zeichen für mehr Qualität in den Bereichen Unterricht und soziale Integration.

Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen gibt es nicht nur im Kindergarten, sondern auch in den Pflichtschulen – und leider auch darüber hinaus. Ich begrüße es daher sehr, dass mit der Verlängerung um weitere zwei Jahre auch die AHS-Unter­stufen eingebunden werden, damit noch mehr Kinder die Möglichkeit haben, innerhalb von höchstens elf Wochenstunden und für die Dauer von nunmehr zwei Jahren in der Unterrichtssprache Deutsch entsprechend gefördert zu werden und diese Sprache zu festigen.

Gezielte und individuelle Sprachförderung ist gelebte Integration, verbessert die Qua­lität des Unterrichts und damit auch den sozialen Zusammenhalt.

Gerade in der Bildungspolitik sind Qualitätsmanagement und Individualisierung wich­tige Parameter für hohe Schul- und Ausbildungsqualität. Mit dem heutigen Bildungspa­ket beschließen wir auch einen entsprechenden Rahmen dazu. Individualisierung für Berufstätige bedeutet, mehr Möglichkeiten in der Ausbildung zu finden sowie Organisa­tionsformen, die sich den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Menschen anpassen.

Die Vereinbarkeit von Studium, Beruf und zum Teil auch Familie erfordert ein hohes Maß an Flexibilität. Dieses Maß an Flexibilität brauchen wir auch bei der Organisation von Ausbildungsmodulen. Aufgabe der Politik ist es hier, bestmöglich zu unterstützen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die sich an der Lebensrealität und Lebenssitua­tion dieser Menschen orientieren.

Alles in allem sind diese Gesetzesänderungen im Rahmen des Bildungspaketes Ga­rant für noch mehr Qualität und Individualisierung in der Ausbildung. Dafür wird sich meine Fraktion auch in Zukunft gerne einsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.32



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 185

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. – Bitte.

 


18.32.19

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor genau einer Woche war „Die Presse“ mit dem Ti­tel aufgemacht: „Migranten scheitern am Schulsystem.“

Und der Untertitel begann mit: „Schon in der Volksschule sind mehr als die Hälfte aller Zuwandererkinder lernschwach.“

Dieser Bericht stützt sich auf eine wissenschaftliche Studie des Bundesinstituts für Bil­dungsforschung und überrascht niemanden, der sich mit der Entwicklung in unseren Schulen in den letzten Jahren ernsthaft auseinandergesetzt hat.

Meine Heimatstadt ist Graz, wo sehr viele Schulabbrecher leben, die aus türkischen Familien stammen. Sie haben eine besonders schlechte Zukunftsperspektive, denn oh­ne Schulabschluss, ohne abgeschlossene Lehre bleibt in einigen Jahren bestenfalls die Beschäftigung als Hilfsarbeiter.

Das ist eine der Folgen einer falschen Zuwanderungspolitik, die in den letzten 15 bis 20 Jahren von dieser Republik betrieben worden ist, nämlich von den zuständigen Re­gierungen. (Abg. Öllinger: Von der FPÖ!)

Wir Freiheitlichen, meine Damen und Herren, teilen die Meinung der Frau Bundesmi­nister, dass eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine wirkliche Integration in un­serem Land der Erwerb der deutschen Sprache ist.

Im Gegensatz zu Ihnen, Frau Bundesminister, vertreten wir aber die Meinung, dass In­tegration auch eine Bringschuld ist. Das heißt, wir erwarten, dass auch die ausländi­schen Jugendlichen bereit sind, unsere Sprache zu erlernen, und dafür auch selbsttätig einen Beitrag leisten. Denn: Es ist ja wirklich nicht einzusehen, dass der österreichi­sche Steuerzahler für alles aufkommen muss. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir waren im Unterrichtsausschuss nicht überrascht, als unser Antrag, den wir dort ge­stellt haben und der wie folgt gelautet hat, nicht angenommen wurde. In unserem An­trag hieß es:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die die Familienbeihilfe und das Kindergeld an den Besuch und das positive Absolvieren von Deutschkursen für alle Kinder nicht deutscher Muttersprache vorsieht.“

Wir wissen in der Zwischenzeit, dass sozusagen diese Integration nicht überall freiwillig stattfindet. Wir glauben, dass auch Sie, Frau Bundesminister, vor allem als Bildungspo­litikerin ähnlich lernfähig sind wie der Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky, SPD, der gemeint hat, man muss schon sanften Druck anwenden und die Familienbei­hilfe in Frage stellen.

Buschkowsky hat wörtlich gesagt: „Wenn ein Vater merkt, dass ihm 300 Euro fehlen, wenn Ayse und Murat nicht zur Schule gehen, haben die das letzte Mal geschwänzt.“

Wir hoffen, dass Sie auch in diese Richtung lernfähig sind und dieses Modell auch in Österreich einführen, weil wir dann mehr für die Integration gerade von ausländischen Jugendlichen beitragen können als auf den bisherigen Wegen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. – Bitte.

 


18.35.39

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Ich möchte daran anknüpfen, was Frau Kollegin Haubner gesagt hat. Es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 186

ist richtig, wir müssen all jene unterstützen, die bereit sind, den Begriff „lebenslanges Ler­nen“ auch wirklich in die Tat umzusetzen.

Erst durch diese modularen Unterrichtsformen ist eine berufsbegleitende Ausbildung auch umsetzbar. Dass die Frau Minister auf einem richtigen Weg ist, haben wir heute schon mehrmals gehört. Wer im Unterrichtsausschuss war, weiß das auch. Ich möchte Ihnen dazu, Frau Minister, sehr herzlich gratulieren.

Aber es gibt natürlich auch eine Kehrseite der Medaille. Lebenslanges Lernen ist nur dann bis zu einem gewissen Grad möglich, wenn auch die Pflichtschulausbildung in der Lage ist, möglichst viele auf ein sehr hohes oder zumindest auf ein Mindestniveau zu führen. Und da haben wir große Defizite. Diese Basis wird ausschließlich von einer Schulform garantiert, und das ist – Sie werden wissen, was ich meine – die gemeinsa­me Schule aller Sechs- bis 14-Jährigen.

Nur so ist eine echte Chancengleichheit wirklich umsetzbar. Nur so kann es wirklich mehr Gerechtigkeit im Schulsystem geben. Ich bin froh, dass Sie jetzt da sind, Herr Dr. Rosenkranz. (Abg. Dr. Rosenkranz: Ich bin immer da!) Dass das derzeitige Schul­system in Sachen Gerechtigkeit kein Hammer ist, kann man wohl nicht bestreiten.

Tatsache ist, dass Kinder von sozial Schlechtergestellten in Summe einen viel niedri­geren Bildungsgrad erlangen als Kinder von Eltern mit höherem Bildungsgrad. Das ist natürlich nicht nur bei uns so, das ist in allen Staaten der Welt so. Aber in Deutschland und in Österreich sind wir diesbezüglich leider absolute Spitze.

Wenn wir immer das tun, was wir immer getan haben, werden wir immer dort bleiben, wo wir immer gewesen sind. – Nach diesem Motto wird dieser Ist-Zustand sozusagen einbetoniert. Dazu werden auch immer wieder, leider auch von Ihnen, Herr Dr. Rosen­kranz, falsche Aussagen gemacht – in Richtung der Bevölkerung und natürlich auch in den Gremien.

Zum Beispiel wird immer wieder der Begriff Durchlässigkeit hergenommen, aber die Zahlen beweisen eindeutig das Gegenteil. Es wird vom „Einheitsbrei“ gesprochen. Dass es in der gemeinsamen Schule eine innere Differenzierung gibt, wird wohlweislich ver­schwiegen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das Prinzip „Freiheit“ vor dem Prinzip „Gleichheit“!)

Herr Abgeordneter Dr. Huainigg hat heute Wasser auf unsere Mühle gegeben. Er hat nämlich gesagt: Der Stein der Weisen ist eigentlich schon gefunden, nämlich dadurch, dass es in den Schulen die Integration gibt. Schlechtere Schüler lernen von den besse­ren, bessere Schüler lernen von den schlechteren. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Es wird auch Etikettenschwindel betrieben, Herr Dr. Rosenkranz: Sie beziehen sich immer auf die Gesamtschule in Deutschland, wissen aber genau, dass die Gesamt­schule in Deutschland keine Gesamtschule ist. Eine Gesamtschule liegt nur dann vor, wenn alle Schülerinnen und Schüler die gleiche Schulform besuchen.

Gehen Sie einmal nach Südtirol! Das haben Sie gar nicht gewusst: Seit 1962 gibt es dort die gemeinsame Schule. Gerade Sie von der Freiheitlichen Partei bemühen immer wieder, wenn es um Nationalismus geht, das gute Beispiel in Südtirol. (Abg. Weinzin­ger: Wenn es um was geht, Herr Kollege?!)

So gibt es eine Reihe von Positionen, die unsere Anliegen wirklich untermauern. Frau Minister! Ich und wir alle von unserer Fraktion werden Sie auf diesem Weg begleiten und unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rosenkranz: Frei­heit vor Gleichheit!)

18.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 187

18.39.44

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Heute haben wir sozusagen pädagogischen Groß­kampftag hier im Parlament: in der Früh die Fragestunde, jetzt zwei, glaube ich, wichti­ge Punkte mit Gott sei Dank doch vielen gemeinsamen Entscheidungen.

Ich glaube, wir sollten die ganze Bildungspolitik in der Sache selbst und in der Ziel­setzung außer Streit stellen, nämlich dass wir die beste Ausbildung für unsere Jugend­lichen wollen. Ich glaube, dafür sind wir alle. Die Wege dorthin kann man vielleicht ver­schieden sehen.

Frau Bundesministerin, was mich besonders freut: Ich war vor 14 Tagen in einer Schu­le, nämlich in der HTL bei uns in Grieskirchen. Dabei haben mir die Professoren, die hervorragende Arbeit leisten, ihre Sorgen über die mögliche neue Matura vorgebracht. Ich glaube, dass mit den Entschließungsanträgen, mit den Feststellungen im Aus­schuss diese Sorge weg ist, denn es bleibt weiterhin die individuelle Gestaltungsmög­lichkeit, ein Modulsystem, die Eigenverantwortlichkeit. Es wird auch zu keinerlei Ein­schränkung der internationalen Anerkennung kommen.

Was ich gerne wissen möchte – das ist zwar eine kleine Facette –: Wird dieses System auch auf die internationalen österreichischen Schulen umgelegt? Ich glaube, wir haben im Ausland fünf solche Schulen. Zwei davon möchte ich erwähnen. Erstens: das St. Georgs-Kolleg, zweitens: die EDV-HTL in Shkodra in Albanien. Nächste Woche werde ich die Freude haben, diese HTL zu besuchen.

Es ist eine HTL, die nach österreichischem Lehrplan und mit österreichischen Lehrern geführt wird, wobei die Matura auch in Österreich anerkannt wird. Ich konnte mich schon überzeugen, dass dort die Schülerinnen und Schüler alle enorm motiviert und richtig wissensgierig sind. Frau Ministerin! Kommt diese Regelung – ich weiß nicht, ob das geplant oder machbar ist – auch für diese unsere internationalen Schulen?

Meine Damen und Herren! Organisatorische Rahmenbedingungen sind wichtig, aber noch wichtiger ist, dass sich das Schulsystem, ich habe es schon erwähnt, an den Schülern, an den Jugendlichen orientiert. Da hat heute unser Landeshauptmann von Oberöster­reich, Dr. Josef Pühringer, eine ganz hervorragende Stellungnahme abgegeben:

„Die Reduzierung auf die Frage ‚Gesamtschule ja oder nein‘ geht an den wesentlichen Fragen der Bildung vorbei. Nicht Organisationsformen oder Schulverwaltung sind die zentralen Fragen, es geht vielmehr um einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel, es geht um die Frage: Wie können wir von einer Defizit-orientierten Schule zu einer Schu­le der Talentförderung kommen? Zu einer Schule, die die Talente und Fähigkeiten der Kinder in den Mittelpunkt stellt und stärkt und nicht auf den Defiziten herumreitet.“

Ich denke, das sollte die Ausrichtung und die Orientierung sein. Dann wird auch so man­che Debatte, die um des Kaisers Bart geführt wird, relativiert werden.

Frau Bundesministerin! Zielsetzung muss sein, das beste Schulsystem zu haben, um vielleicht bei künftigen PISA-Studien besser abzuschneiden. Zum Schluss darf ich Ih­nen noch einen zweifachen Vierzeiler widmen. Ich habe mir über die PISA-Studie so meine Gedanken gemacht. Das ist natürlich humorvoll zu sehen:

Ein Lehrer außer Rand und Band

Gibt PISA-Ergebnisse bekannt:

40 Prozent können ’s Lesen ned

Und 60 sind zum Rechnen z’ bled!

Worauf ihn der Primus unterbricht:

Herr Lehrer, so viele sind wir nicht!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 188

Ja, man löst so allerhand

Mit einem g’sunden Hausverstand!

(Beifall bei der ÖVP.)

18.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte.

 


18.43.37

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind erfreut, dass die Sprachförderkurse wegen mangelnder Kenntnisse der Unterrichtssprache für Kinder und Jugendliche, die eine Volksschule, Hauptschule oder den Polytechnischen Lehrgang besuchen, ausgeweitet werden sollen. Wir haben heute schon gehört: Das wird um zwei Jahre verlängert und zusätzlich noch für Kinder in der AHS-Unterstufe angeboten.

Im Unterrichtsausschuss sind jede Menge von Anträgen – diesmal nicht vertagt, son­dern – dem Unterausschuss zugewiesen worden. Auch der Entschließungsantrag mei­nes Kollegen Walter Rosenkranz betreffend Sicherung von Klein- und Kleinstschulen ist im Unterausschuss gelandet.

Bei diesem Antrag geht es um den drastischen Rückgang der Schülerzahlen im ländli­chen Raum. Es wäre sinnvoll, zukünftig mehrere kleine Schulen von einer einzigen Direktion leiten zu lassen. Das bringt den Vorteil, dass für die einzelnen Kleinstschu­len kein eigener Direktor benötigt wird und so der Verwaltungsapparat effizienter und sparsamer gestaltet werden kann.

Dadurch können auch die Standorte kleiner und kleinster Landschulen für die Zukunft sichergestellt werden. Es gibt ein Beispiel dafür, das ist Südtirol. Da werden sogar alle Schulen eines Schulsprengels von einer Direktion geleitet. Ein Beispiel aus meiner Gemeinde Haidershofen: Wir haben zwei Volksschulen, die von einem Direktor geleitet werden.

In so einer glücklichen Lage ist die Volksschule Eggendorf im Thale in der Stadtge­meinde Hollabrunn nicht. Da soll jetzt eine Volksschule geschlossen werden. Da wer­den sechsjährige Taferlklassler frühmorgens über eine Strecke von 16 Kilometern in die nächstgelegene Volksschule nach Hollabrunn geschickt.

Herr Donnerbauer ist leider nicht im Saal. Vielleicht könnte er dazu Gespräche aufneh­men, vielleicht könnten wir darüber noch einmal diskutieren. Vielleicht könnte man das noch rückgängig machen, damit die Taferlklassler im Herbst nicht so einen weiten Weg in die Schule haben.

Meine Damen und Herren! Die bisherige Regelung ist zu unflexibel, was die Vertreter der Bundesländer in der Sitzung des Unterausschusses des Verfassungsausschusses zur Schulverwaltungsreform am 20. Oktober 2009 bestätigten. (Beifall bei der FPÖ.)

18.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Stauber. – Bitte.

 


18.46.49

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Dass die Schule reformbedürftig ist, ist, glaube ich, jedem klar. Ich kann dir, Frau Ministerin, nur herzlich dazu gratulieren, dass du vie­le brennende Punkte angreifst und auch weiterbringst. Es ist sehr erfreulich, dass wir hier heute viele Themen beschließen werden, die auch schon einer Reform bedurft haben.

Es wäre vielleicht wichtig, zu sagen, dass es in Zukunft auch wichtig sein wird, Alther­gebrachtes manchmal eben über Bord zu werfen, um Neuem Platz zu machen. Ich mei­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 189

ne natürlich die Lehrpläne. Es kommen immer wieder neue Dinge dazu, auf der ande­ren Seite werden althergebrachte Dinge weitergeführt.

In diesem Gesetz positiv zu vermerken wäre die Anpassung des Schülerbeihilfengeset­zes für Berufstätige. Sehr positiv ist auch, dass wir es mit diesen Gesetzen nun ermög­lichen, dass auch an Pädagogischen Hochschulen ausgebildete Lehrer für Berufsschu­len beziehungsweise für fachtheoretischen Unterricht für berufsbildende mittlere und höhere Schulen als Vortragende in Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Berufsreife­prüfung unterrichten dürfen.

Im Pädagogischen Hochschulbereich ist es weiters notwendig, einige organisatorische und vor allem inhaltliche Modernisierungen durchzuführen. In organisatorischer Hin­sicht werden an den Pädagogischen Hochschulen nun neue Studienausweise, soge­nannte PH-Cards eingeführt, welche abgesehen von der Ausweisfunktion auch weitere Funktionalitäten aufweisen.

Sehr wichtig erscheint mir und unserer Sozialdemokratie auch die Frage der Durchläs­sigkeit von Studien etwa in Form von Anrechnungen. Diese höhere Durchlässigkeit wird jetzt durch eine Ausweitung der Anrechnungsbestimmungen erreicht.

Sehr positiv – und von dir, Frau Bundesministerin, auch erwähnt – ist die Bestimmung zur Verleihung des Bachelor of Education als wichtige Maßnahme der Nachgraduie­rung. Das wird dahin gehend ergänzt, dass der Erwerb dieses akademischen Titels für Absolventinnen und Absolventen von Lehramtsstudien vor Inkrafttreten des Hochschul­gesetzes 2005 nun ermöglicht wird.

Diese Möglichkeit zum Erwerb eines Bachelor of Education soll fortbildungs- und wei­terbildungswillige Lehrpersonen für ihre freiwillige Bereitschaft und ihren Einsatz beloh­nen und den Zugang zu einem eventuellen Masterstudium ermöglichen. Ich glaube, das werden viele Lehrerinnen und Lehrer sehr positiv aufnehmen und in Anspruch nehmen.

Für Studierende relevant ist auch die nunmehrige Verankerung von Ergänzungsprü­fungen für österreichspezifische Studieninhalte des Lehramtsstudiums zur Erlangung einer Nostrifizierung. Dies wurde deshalb notwendig, weil österreichspezifische Stu­dieninhalte nicht Bestandteil ausländischer Lehramtsstudien sind und deshalb eine Nostrifizierung ausländischer Abschlüsse wegen der mangelnden Gleichwertigkeit un­möglich wäre. Auch dies wird nun geregelt, und ich glaube, das ist auch sehr positiv für alle Lehrenden. (Beifall bei der SPÖ.)

18.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sacher. – Bitte.

 


18.50.25

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Einer der Vorredner – ich glaube, es war Kollege Großruck – hat ge­sagt, es ist Bildungs-Großkampftag. Ja, es ist manchmal wirklich ein Kampf, dass man in der Bildungsreform etwas weiterbringt. Heute ist ein freudiger Tag, weil es, wie wir schon gehört haben, auch ein Tag des Konsenses war, als wir im Unterrichtsaus­schuss von sieben Tagesordnungspunkten fünf einstimmig beschließen konnten. Ich hoffe, dass das auch heute so ist, so wie auch die Frau Bundesministerin diese Hoff­nung hat.

Wir machen heute wirklich weitere Schritte in Richtung eines zukunftsorientierten Bil­dungswesens, und ich darf der Frau Bundesministerin, die ja der Motor dieser Entwick­lung ist, dazu herzlichst gratulieren. Ich möchte mich aber auch bei den übrigen Frak­tionen für den Konsens bedanken, und als Kremser Kollege darf ich sagen, dass natür­lich auch der Vorsitzende des Unterrichtsausschusses, mein Kollege Rosenkranz, hier sicherlich sehr konstruktiv mitarbeitet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 190

In einer Sache möchte ich dich aber korrigieren, Kollege Rosenkranz: Selbstverständ­lich hat Parteipolitik in der Schule nichts verloren! Du wirst es mir abnehmen, da ich viele Jahre lang sozusagen die einzige rote Stecknadel in einem großen schwarzen Bildungs-Heuhaufen gewesen bin. Aber zu der von dir zitierten Schule: Es handelt sich dort um eine humanitäre Aktion zugunsten des Sonderpädagogischen Zentrums, wo jeder eingeladen ist, einen Beitrag von 250 € für ein Adventfenster zu spenden. Ich werde mich dafür einsetzen, dass du beim nächsten Advent auch ein Fenster spenden wirst. (Abg. Dr. Rosenkranz: Als Person! Nicht die Partei!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Durch Überzeugungsarbeit gelingt es unserer Frau Bundesministerin auch, die übrigen Fraktionen ins Boot der Bildungsreform zu holen. Ich habe den Dank dafür schon ausgesprochen.

Ideologie in der Schule ist okay, in der Schulpolitik haben wir alle unsere Ideologie, wir sollten nur nicht unsere parteipolitischen Scheuklappen haben! Wir sollten in der Bil­dungspolitik vor allem nicht nach dem Mikadoprinzip agieren: Wer sich bewegt, ver­liert. – Sehr geehrte Damen und Herren, nein, bewegen wir uns in der Schulpolitik, dann gewinnen unsere Schülerinnen und Schüler! Das haben wir auch am heutigen Tag erreicht.

Ich möchte noch besonders betonen, dass es gerade bei der Sprachförderung ein wichtiger Schritt ist, dass wir die Sprachförderung ausweiten und auch verlängern. Ge­rade die Sprachförderung ist ein ganz wichtiges Moment dafür, die soziale Integration in und außerhalb der Schule zu fördern und vor allem die Kinder zu befähigen, dem Unterricht gewinnbringend zu folgen und damit ihre Lebenschancen, ihre Bildungs­chancen zu erhöhen.

Das gilt nicht nur für die Kinder mit Zuwanderer-Hintergrund, sondern – leider, muss ich sagen – angesichts zunehmender Sprachdefizite immer mehr auch für Kinder mit deutscher Muttersprache. Umso wichtiger ist diese Sprachförderung! Ich bin froh darü­ber, dass das jetzt nicht nur an Volks- und Hauptschulen sowie an Polytechnischen Schulen möglich wird, sondern auch an höheren Schulen und ganz besonders an be­rufsbildenden Schulen und an den Berufsschulen, weil dort der Integrationsbedarf viel­fach ganz besonders groß ist.

In diesem Sinne: Herzlichen Dank für diesen Konsens! (Beifall bei der SPÖ.)

18.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


18.54.04

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf dieses Kurs- oder Mo­dulsystem zurückkommen, das jetzt bei den Abendschulen eingeführt wird. Ich würde mir wünschen, dass wir das in Zukunft vielleicht auch bei den Oberstufen einführen können. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen.) Warum das ein guter Vorschlag wä­re, möchte ich anhand eines Beispiels aus meinem Bezirk erklären.

Ich komme aus dem Bezirk Liezen, einer sehr ländlichen Region. Wir haben in Bad Aussee ein Bundesschulzentrum mit drei Schulen: einer Handelsakademie, einer HLW und einem Oberstufengymnasium. Alle drei Schulen kämpfen jedes Jahr darum, Schü­lerinnen und Schüler zu bekommen. Ich glaube, mit einem Modulsystem könnten wir erreichen, dass die Schulen erstens nicht geschlossen werden und dass zweitens auch die Schülerinnen und Schüler in den ländlichen Gegenden eine große Vielfalt an Mög­lichkeiten haben, sich auf verschiedenste Weise ausbilden zu lassen und ihre Schwer­punkte zu suchen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 191

In diesem Sinne, denke ich mir, können wir auch in Zukunft die Qualität des Schulsys­tems kontinuierlich verbessern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Dr. Pilz.)

18.55

18.55.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir stimmen über jeden Ausschussantrag getrennt ab.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige geändert wird, samt Titel und Eingang in 654 der Beilagen.

Wenn Sie für diesen Entwurf sind, bitte ich Sie um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung für den Entwurf sind, bitte ich um ein Zeichen Ihrer Zu­stimmung. – Das ist ebenso einstimmig angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderungen im Schulunterrichtsge­setz für Berufstätige.

Wer diesen Entschließungsantrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der An­trag findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.

Nunmehr erfolgt die Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird, in 713 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag gestellt.

Ich werde zunächst über die von diesem Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes abstim­men lassen.

Die Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag eingebracht, der sich auf die Z 4 des Entwurfes bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.

Ich komme daher zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fas­sung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche die Kolleginnen und Kollegen, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wenn Sie dem Ihre Zustimmung geben, bitte ich Sie um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Entwurf sind, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist in dritter Lesung einstimmig ange­nommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 192

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 712 der Beilagen.

Wenn Sie hiefür sind, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung zustimmen, bitte ich Sie um Ihr Votum. – Auch das ist einstimmig, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Es erfolgt nun die Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schülerbeihilfengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 715 der Beilagen.

Wenn Sie für diesen Gesetzentwurf sind, bitte ich Sie um ein Zeichen Ihrer Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung zustimmen, bitte ich Sie um ein entsprechendes Zei­chen. – Dieses erfolgt einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Hochschulgesetz in 676 der Beilagen geändert wird.

Hiezu haben die Abgeordneten Elmar Mayer, Amon, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die ZZ 32 und 39 des Entwurfes bezieht.

Da nur dieser eine Antrag gestellt wurde, lasse ich sogleich über den Entwurf in der Fassung der Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des zuvor erwähnten Abände­rungsantrages abstimmen.

Jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur dritten Lesung.

Im Fall Ihrer Zustimmung zu diesem Entwurf bitte ich Sie um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. Der Entwurf ist somit auch in dritter Le­sung beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 769 der Bei­lagen.

Im Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung dem Entwurf Ihre Zustimmung erteilen, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung beschlossen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Brosz, Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines be­reichsspezifischen Personenkennzeichens für die Bildungsdokumentation.

Wer diesem Entschließungsantrag beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.

18.59.3011. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Be­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 193

fugnisse bei Auslandseinsätzen (Auslandseinsatzbefugnisgesetz – AEBG) ge­schaffen wird (1057/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nunmehr kommen wir zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.00.30

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Im Zuge der Beratungen der Bundesheer-Evaluierungskommission, an welchen seitens des Parlaments die Verteidigungssprecher Prähauser, Kapeller und ich teilge­nommen haben, hat sich herausgestellt, dass es an einem Bundesheer-Entsendungs­gesetz oder Auslandsentsendungs-Befugnisgesetz mangelt. (Präsident Dr. Graf über­nimmt den Vorsitz.)

Das war übereinstimmende Erkenntnis und steht auch im Einklang mit den Feststellun­gen des Rechnungshofes, der das Fehlen einer derartigen gesetzlichen Materie aus­drücklich feststellt. Das finden Sie in meinem Antrag in der Begründung wiedergege­ben. Schließlich und endlich hat auch das Regierungsprogramm der XXIII. Gesetzge­bungsperiode unter dem Kapitel Landesverteidigung die Umsetzung einer derartigen gesetzlichen Maßnahme vorgesehen.

Allerdings ist es so, dass diesbezüglich nichts geschehen ist, jedoch diese Rechtslücke von der Truppe unzweideutig als drückend empfunden wird. Im Lichte dieser Tatsache verweise ich also auf den Antrag, der nach meiner Auffassung den Bedürfnissen im Rahmen eines geordneten Rechtsstrukturelementes gerecht wird.

Ungefähr gleichzeitig, nachdem unser Antrag vorlag, kam es seitens des Ministeriums zu einem Ministerialentwurf, in welchem der Änderung des Auslandseinsatzgeset­zes 2001 unter Einfügung eines § 6a Rechnung getragen werden soll. Das ist immer­hin etwas, wenngleich ich nicht verhehlen möchte, dass ich die legistische Lösung in diesem Entwurf nicht für geglückt halte.

Erstens bin ich gegen Katalogaufzählungen verschiedener Punkte einer Ermächtigung, weil dann in der Realität statt des achten Punktes der neunte kommt, und dann ist die Rechtslücke erst wieder drückend. Ferner wird auf eine Verordnungsermächtigung des Ministers verwiesen, die mit dem Hauptausschuss abzuklären und zu erlassen wäre, sodass vor Entsendung ins Ausland die Rechtssicherheit, die es herbeizuführen gilt, erst recht wieder nicht besteht.

Ich bitte daher, den Entwurf in diesem Sinne zu betrachten. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähauser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.03.29

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist richtig, was Kollege Fichtenbauer gesagt hat: Kollege Kapeller, ich und seine Wenigkeit haben sich darüber unterhalten, hier Abhilfe zu schaffen und ein Auslandseinsatzbefugnisge­setz auf die Reihe zu bringen.

Es stimmt allerdings nicht ganz – Herr Kollege Fichtenbauer, du weißt das auch –, dass gar nichts geschehen ist, sonst würdest du ja heute hier nicht deine Sorgen aus­drücken. Es ist bereits eine Vorlage in Begutachtung gegangen. An uns wird es auch lie­


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gen, eine gemeinsame Diskussion so weit zu führen, dass wir eine möglichst breite Ba­sis an Unterstützung für dieses Gesetz erreichen.

Es ist wichtig, dass Soldatinnen und Soldaten, wenn wir sie ins Ausland schicken, auch wissen, welche Befugnisse sie haben und welche Verantwortung sie zu tragen haben. Unsere Aufgabe wird es sein, sie damit auszustatten und sie nicht im Unklaren darüber zu lassen.

Ich glaube, dass wir, auch wenn es der Rechnungshof bereits anmerkt – er kennt ja nur die ausgesandte Begutachtung und begrüßt das als richtigen Weg –, in der nächs­ten Zeit natürlich noch gefordert sein werden, um den Feinschliff herbeizuführen. Aber es sollte unser gemeinsames Ziel sein, hier eine breite, gemeinsame Arbeit vorzule­gen, die wir auch im Hohen Hause, wenn es geht, nicht nur mehrheitlich, sondern ge­meinsam beschließen, denn dann wissen unsere Soldatinnen und Soldaten im Aus­land, dass wir hinter ihnen stehen, und sie wissen auch, was wir von ihnen erwarten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.05.07

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren! Kollege Fichtenbauer hat es ja schon ausgeführt: Es geht um die Rechtssicherheit für unsere Soldaten. Seit Jahren entsendet die Republik Einheiten und Einzelpersonen zu Auslandseinsätzen in alle Welt, und wir haben uns dadurch auch höchste Anerkennung in der Staatenwelt erworben. Gerade jetzt fand dies seinen medialen Niederschlag: Seit 1960 haben wir 90 000 Soldaten in zahlreiche Kriegsre­gionen entsendet, und derzeit befinden sich in Summe etwa 1 000 Soldaten im Koso­vo, am Golan, in Bosnien-Herzegowina sowie im Tschad.

Damit wir diesen Soldaten auch Rechtssicherheit geben können, müssen wir jetzt die­se Maßnahmen treffen. Es ist ja – das ist schon besprochen worden – eine Vorlage in Diskussion, und diese Vorlage werden wir auch ausreichend diskutieren. Sie befindet sich in Begutachtung, und wir sind noch nicht gänzlich damit zufrieden. Im Zuge der weiteren Debatten werden wir sicherlich zu einer Lösung im Sinne des österreichi­schen Bundesheeres, der internationalen Friedenssicherung und vor allem der Rechts­sicherheit für unsere Soldaten kommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

19.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.06.31

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Fichtenbauer hat sich lobenswerterweise Mühe gemacht, hat an einem Text gearbeitet und diesen auch vorgelegt – warum, weiß ich nicht. Wahrscheinlich kennt er dieses Haus und die Bräuche dieses Hauses nicht, dass er sich derart viel an Arbeit antut.

Herr Abgeordneter Prähauser hat erklärt, an uns, also an uns Abgeordneten, wird es liegen, gemeinsame Diskussionsarbeit zu leisten. – Das ist doch Unsinn! An uns wird es überhaupt nicht liegen. Im Landesverteidigungsausschuss ist noch kein einziges Mal an einem Gesetz gearbeitet worden. Im Landesverteidigungsausschuss kommt oben eine Regierungsvorlage hinein, vorn oben, und unten hinten kommt sie unverändert wie­


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der heraus. Der Landesverteidigungsausschuss ist ein seltsamer parlamentarischer Ver­dauungsapparat, in dem sich das zu verdauende Gut schlicht und einfach nicht ändert.

Das ist parlamentarische Arbeit. Wenn Sie das als Arbeit bezeichnen, Herr Kollege Prä­hauser – ich bezeichne das als etwas anderes: als die Verweigerung parlamentari­scher Arbeit, als die Verweigerung der Tätigkeit, für die Sie bezahlt werden!

Sie sind ja in der Art und Weise, wie Sie im Landesverteidigungsausschuss arbeiten, nicht Abgeordnete so, wie es die Verfassung vorsieht, sondern Regierungsfunktionäre, die Befehle ihrer Minister vollziehen und die Rechte des Nationalrates nicht wahrneh­men. Deswegen bewundere ich Abgeordneten Fichtenbauer, wenn er sich das immer noch antut, obwohl er gerade den Landesverteidigungsausschuss kennen müsste.

Jetzt ist aber Kollege Prähauser mit Sicherheit kein böswilliger oder kein unangeneh­mer Kollege, sondern – im Gegenteil – ein durchaus liebenswürdiger und umgänglicher Kollege. Ich glaube nicht, dass er freiwillig so handelt. Hätte er die Möglichkeit und wür­de sein Parteivorstand ihm sagen: Prähauser, geh, verhandle!, dann würde er viel lie­ber verhandeln, als das einfach durchzuwinken.

Was haben wir denn an den letzten beiden Tagen getan? Reden wir einmal darüber: Was haben wir an den letzten beiden Tagen getan? – Gestern ein Glücksspielgesetz, zu dem uns fast alle Regierungsabgeordneten signalisiert haben: Ein schreckliches Gesetz, eigentlich wollen wir das nicht, aber wir müssen!

Heute sind fast alle Regierungsabgeordnete der Reihe nach zu uns gekommen und haben beim ORF-Gesetz gesagt: „Futurezone“, nein, wir wollen das nicht abdrehen, wir halten das Gesetz ohnehin für falsch, aber wir müssen! – Ja warum müssen Sie immer? Was sind Sie für Abgeordnete, dass Sie ständig müssen? Warum dürfen Sie nicht arbeiten und müssen Sie überall zustimmen? (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Schauen Sie einmal her: Als ich in der Früh ins Plenum gegangen bin – ich habe mir das in der Früh angeschaut –, da habe ich gewusst, ich bin heute Nummer 96, Num­mer 96 hier am Rednerpult; wir werden es heute bis zur Nummer 102 schaffen. Ich habe mir das ausgerechnet und bin um 10 Minuten danebengelegen mit der Schät­zung, dass Abgeordneter Kurzmann von der Freiheitlichen Partei um 18.30 Uhr spre­chen wird.

Eines habe ich aber gewusst. Der Kollege wird vor einem leeren Plenarsaal sprechen, in dem maximal noch ein Viertel der Abgeordneten sitzt, die Hälfte davon liest Zeitung und die andere Hälfte hat vergessen, sich eine Zeitung mitzunehmen. So schaut es aus in diesem Haus! (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Bitte ins Protokoll aufzunehmen: Abgeordnete von SPÖ und ÖVP sind aufgewacht. Sie sind, nachdem ich bereits mehr als fünf Minuten lang über ihre Arbeitsverweigerung im Parlament rede, aufgewacht. So schaut es aus! (Abg. Grosz: Schauen wir uns einmal die Reihen der Grünen an! – Neuerliche Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Wir haben endlich muntere Abgeordnete! Endlich schreien Sie wenigstens, endlich tun sie etwas dafür, dass sie bezahlt werden. Gratuliere! (Präsident Dr. Graf gibt das Glo­ckenzeichen.) Willkommen in einem aufgewachten Parlament! (Abg. Grosz: Abgeord­neter Pilz holt sich im Parlament auch nur den Gehaltszettel ab! Er fehlt den ganzen Tag und schaut dann einmal kurz vorbei!)

Ich habe mir die Bildungsdebatte angehört. Vier Abgeordnete hintereinander haben vom Blatt gelesen, obwohl das die Geschäftsordnung nicht einmal vorsieht. Vom Blatt gelesen! (Abg. Grosz: Verglichen mit Pilz ist ein Siebenschläfer ein Energiebündel!) Ein Abgeordneter davon hat fehlerfrei vom Blatt gelesen. Gratuliere! Großartig! Tolles


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Parlament, wirklich tolles Parlament! (Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Und dann kommen Sie und jammern über Ihre Arbeitsbelastung.

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Dr. Pilz, darf ich Sie bitten, hin und wieder auch zur Sache zu sprechen! (Abg. Grosz: Pilz holt sich nur den Gehalts­zettel im Parlament ab! Seit Jahren casht er nur ab!)

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Selbstverständlich, Herr Dr. Graf! Ich finde, dass die Angehörigen unseres Bundesheeres bei der Ausübung ihrer Tätigkeit wesent­lich verantwortungsbewusster vorgehen als eine Mehrheit der Regierungsabgeordne­ten zum österreichischen Nationalrat. Damit habe ich, so glaube ich, wieder einen Be­zug zum Verhandlungsgegenstand hergestellt und setze fort.

Wie soll das weitergehen mit diesem Parlament? Warum machen Sie alle mit bei der Entwertung des Parlaments gegenüber der Bundesregierung?

Ich schließe mit etwas Positivem: Gestern hat es einen kleinen Hoffnungsschimmer ge­geben bei der Diskussion über das Glücksspielgesetz, als es auch durch die Initiative des Obmanns des Finanzausschusses zu so etwas sehr Seltenem und deswegen so besonders Wertvollem wie einer parlamentarischen Initiative gekommen ist. Wir sollten uns an diesen seltenen parlamentarischen Moment erinnern.

Ich wünsche Kollegem Fichtenbauer noch einmal, dass vielleicht ein erstes Mal auf­grund seiner Vorlage eine Idee, eine Überlegung eines Oppositionsabgeordneten im Landesverteidigungsausschuss ernsthaft diskutiert wird. Ich wünsche Ihnen das Aller­beste! (Beifall bei den Grünen.)

19.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter List. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.13.17

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Wie­der zur Sache zurückkehrend: Das BZÖ unterstützt inhaltlich den Vorstoß der Freiheit­lichen. Es ist nämlich äußerst wichtig, dass für die entsandten Soldaten im Ausland künftig Rechtssicherheit gewährleistet werden kann. Wir bezweifeln aber, dass dafür ein eigenes Gesetz notwendig ist.

Ausreichend und rechtssystematisch wesentlich sinnvoller wäre es nämlich, das be­reits bestehende Auslandseinsatzgesetz entsprechend zu novellieren. Das Auslands­einsatzgesetz wurde unter Federführung des damaligen Verteidigungsministers Her­bert Scheibner im Jahr 2001 beschlossen, und es ist ein gutes Gesetz. Das Auslands­einsatzgesetz war immer eine optimale Gesetzesgrundlage für alle bisherigen Einsätze des österreichischen Bundesheeres, und es hat immer funktioniert.

Das BZÖ ist also davon überzeugt, dass eine Novelle ausreichende Rechtssicherheit schaffen würde. Wir sind aber trotzdem verhandlungsbereit, geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus, weil das österreichische Bundesheer heuer 50 Jahre Aus­landseinsätze feiert und die militärische Führung den Bedarf anmeldet. Unter diesen Umständen sind wir auch dazu bereit, dass ein eigenes Auslandseinsatzbefugnisge­setz geschaffen werden kann. (Beifall beim BZÖ.)

19.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Ich weise den Antrag 1057/A dem Landesverteidigungsausschuss zu.


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19.15.0912. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 25. Juli 1962 über das Privatschulwesen (Privatschulgesetz) geändert wird (1040/A)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Haubner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.15.43

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! In unserem An­trag geht es um die Situation der Privatschulen. Wir haben in Österreich im Rahmen eines vielfältigen Angebots, in der Vielfalt der Schullandschaft sogenannte nicht-kon­fessionelle Schulen in freier Trägerschaft und wir haben konfessionelle Privatschulen. Das sind Angebote für die Eltern, für die Kinder, die wichtig sind, die aber auch so aus­gebaut sein müssen, dass jeder, der will, die Möglichkeit hat, so eine Schule zu besuchen.

Das Problem ist die Finanzierung, die sehr unterschiedlich gestaltet ist bei konfessio­nellen Privatschulen und nicht-konfessionellen Schulen. Konfessionelle Privatschulen bekommen automatisch den Ersatz der Lehrergehälter, nicht-konfessionelle Schulen in freier Trägerschaft bekommen Subventionen und Unterstützungen, und auch dabei gibt es wieder Unterschiede. Jene, die Mitglied der EFFE-Österreich sind, das sind vier Verbände, bekommen relativ viel, nämlich 4,2 Millionen € im vergangenen Jahr. Es gibt 13 österreichische Waldorf-Schulen, die bekommen 2,7 Millionen €, dann gibt es 42 Netz­werkschulen, die bekommen 1,2 Millionen € und dann gibt es fünf Montessori-Schulen, die bekommen mittlerweile rund 231 000 € vom Bund. – Sie sehen also, es wird viel Geld investiert, aber trotzdem ist es nicht befriedigend, weil es letztendlich im Ermes­sen des jeweiligen Ministers, der jeweiligen Ministerin liegt.

Zweitens entsteht ein besonderes Anforderungsprofil für Inspektoren, Inspektorinnen, die diese Schulen und die jeweilige pädagogische Arbeit inspizieren. Auch da besteht absoluter Nachholbedarf.

Das sind zwei wichtige Themen, die wir sehr intensiv und auch mit Expertinnen und Experten diskutieren sollten, um eine Besserstellung und größtmögliche Transparenz zu erreichen.

Wir haben in der nächsten Woche einen Unterausschuss, in dem das Privatschulge­setz und die Problematik der Privatschulen insgesamt diskutiert werden können. Dort wird vielleicht das eine oder andere Licht ins Dunkel kommen. Ich freue mich schon auf die Diskussion, vor allem aber auch darauf, dass wir in diesem Zusammenhang etwas weiterbringen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

19.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.18.40

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Haubner hat bereits darauf hingewiesen, dass wir uns im Unter­ausschuss des Unterrichtsausschusses eigens dieses Problems angenommen haben, weil wir wissen, dass es eines ist, das man behandeln muss, weil es nach außen hin so scheint, als ob es eine Ungleichbehandlung gibt zwischen konfessionellen Schulen und Schulen in freier Trägerschaft, nicht-konfessionellen Schulen.


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Allerdings muss man auch gleich die Illusion wegnehmen: Es wird nicht möglich sein, dass man alle nicht-öffentlichen Schulen genauso fördert wie die öffentlichen, sondern man muss einen Mittelweg finden. Man soll die Initiativen nicht abwürgen. Die Minis­terin hat schon einiges getan in den letzten zwei, drei Jahren. Wir haben die Gelder da­für ja verdoppelt. Das ist nicht nichts, aber man soll weiter darüber reden.

In diesem Zusammenhang steht vor allen auch die Herausforderung, das öffentliche Schulsystem so zu gestalten, so offen, so frei zu machen, dass das Bedürfnis gar nicht so stark wird, sich vom öffentlichen Schulwesen abzuwenden und sich private Nischen zu suchen. Daher sind wir gut beraten, wenn wir diese Initiativen zwar fair behandeln, mit ihnen diskutieren, den Diskurs suchen, aber gleichzeitig alle Anstrengungen unter­nehmen, um das öffentliche Schulwesen so attraktiv zu machen, wie wir es eigentlich machen wollen, damit sich das Problem auch von dieser Seite her gar nicht stellt.

Ich bin wie Kollegin Haubner der Meinung, dass wir im Unterausschuss dann breit die Möglichkeit haben, auch mit den einzelnen Fraktionsexperten die Dinge etwas auszu­leuchten, und dann vielleicht besser wissen werden, was die konkreten nächsten Schritte sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.20.26

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Das Thema Gesamtschule oder Gemeinsame Schule beherrscht derzeit unsere Bildungsdiskus­sion, und durch diese Diskussion rücken natürlich auch die Privatschulen ins Rampen­licht. Viele Eltern, ganz besonders in Wien, sehen in der Privatschule die einzige Mög­lichkeit, ihr Kind erstklassig auszubilden. Deshalb ist es dringend notwendig, in allen öf­fentlichen Schulen ein hohes Niveau des Unterrichts einzufordern und auch zu gewähr­leisten, um den heutigen bildungspolitischen Anforderungen gerecht zu werden.

Die Privatschulen sehe ich natürlich auch als eine wertvolle Ergänzung der Vielfältig­keit unseres österreichischen Schulsystems. Schulen in freier Trägerschaft fördern die Individualität und entwickeln neue pädagogische Ansätze, die für die Bildungspolitik in unserem Land sehr große Vorteile bringen.

Das derzeitige Privatschulgesetz sieht eine möglichst vergleichbare Förderung von frei­en und konfessionellen Privatschulen vor, dies allerdings natürlich insgesamt im Rah­men der finanziellen Möglichkeiten. So haben wir bereits gehört, dass die Privatschu­len im Jahr 2009 sehr stark gefördert wurden. 2010 waren es 4 490 000 €. Darüber hi­naus sollte es jedoch einen fairen Ausgleich zwischen Waldorf-Schulen, Netzwerkschu­len und Montessori-Schulen geben.

Um gute bildungspolitische Lösungen zu finden, haben wir im Unterrichtsausschuss einen Unterausschuss eingerichtet, und wir haben schon gehört, am 1. Juli soll dieser tagen. Da stehen auch die Privatschulen auf dem Programm. Ich freue mich auf eine konstruktive Diskussion zu diesem Thema. (Beifall bei der ÖVP.)

19.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosen­kranz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.22.29

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Es wurde bereits der Unterausschuss am 1. Juli angesprochen, wo mit Betroffenen, mit Experten einmal


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auch offen diskutiert werden kann. Ich möchte dem nicht in irgendeiner Form vorgrei­fen, sondern das erst auf mich einwirken lassen.

Seitens unserer Fraktion ist jedenfalls eines ganz klar: Wenn eine Privatschule Geld aus einem Fördertopf bekommt, dann muss ein Akkreditierungsverfahren ähnlich wie bei den Privatuniversitäten stattfinden. Es muss eine ganz klare Akkreditierungsrichtli­nie geben.

Die Problematik ist ernst, weil diese Schulen in freier Trägerschaft eines brauchen, und das ist sicher unbestritten, nämlich Rechtssicherheit. Es kann nicht sein, dass man von einem Jahr auf das andere einmal mehr und dann wieder weniger Geld hat, sodass man, wenn Kinder eine Schullaufbahn beginnen, von einem Jahr auf das nächste nicht weiß, wie gut oder wie schlecht die Schule materiell abgesichert ist. Das heißt, es muss hier klare vertragliche Regelungen geben. (Beifall bei der FPÖ.)

Es darf nicht nur den Zwang geben, einem Dachverband beizutreten, um über den dann mit der Gießkanne irgendwie bedient zu werden. Das ist eine ganz klare Sache.

Das ist vor allem auch deswegen notwendig, weil ich Ihnen eines prophezeien kann: Bei den schulpolitischen Vorgaben, an denen wir offensichtlich als Einzige erkennen, wo die Reise hingeht – die Diskussion ist ja noch nicht vorbei –, befürchten wir, dass das Privatschulwesen weiterhin zunehmen wird, wenn dann die Gesamtschule kommt. Nur so ist zu verstehen, dass Herr Enzenhofer aus Oberösterreich gemeint hat: Gesamt­schule ja, aber dann müssen gleichzeitig die Privatschulen verboten werden. – Er sieht ganz genau: Sobald die Gesamtschule Realität wird, wird es einen – unter Anführungs­zeichen – „Run“ auf die Privatschulen geben.

Und das ist eigentlich der Bankrott linker Bildungspolitik: wenn die, die Gleichheit auf ihre Fahne schreiben, alle in die teuren Privatschulen treiben. Sogar Arbeitereltern in Wien wird es nicht erspart bleiben, von ihrem kleinen Einkommen wirklich etwas abzu­sparen, vielleicht sogar noch Kredite aufzunehmen, nur um ihren Kindern eine gute Schulbildung mitzugeben. Das ist der eigentliche Bankrott der Sozialdemokratie! (Bei­fall bei der FPÖ.)

19.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.24.56

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Hohes Haus! Ich möchte anknüpfen an die zuletzt genannten Argumente. Es ist in der Tat eine große Gefahr, dass das Privat­schulwesen das öffentliche Schulwesen verdrängt, dass es attraktiver wird, dass es zu attraktiv wird. Wir alle wollen, wie das ja Elmar Mayer zu Recht betont hat, ein öffentli­ches Schulwesen, das vorbildlich ist, das keine Fluchtmechanismen Richtung Privat­schulen auslöst. Das ist derzeit größtenteils auch noch nicht der Fall. Beispiele aus an­deren Ländern zeigen aber, dass diese Gefahr besteht. Also arbeiten wir daran, dass wir das österreichische Schulwesen attraktiver machen! Führen wir die notwendigen Reformen durch, dann wird uns dieses Schicksal erspart bleiben.

Hier geht es – deshalb unterstützen wir die Forderungen, diesen Antrag des BZÖ – konkret darum, und auch diese Argumente sind ja schon erwähnt worden, dass es Rechtssicherheit gibt. Das ist derzeit nicht der Fall. Es ist erst vor wenigen Wochen wieder einer Schule in Wien das Öffentlichkeitsrecht entzogen worden mit katastropha­len Auswirkungen für die betroffenen Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern. Diese Schüler haben das Schuljahr begonnen in der Annahme – und eben nicht in der Ge­wissheit –, dass sie sich in einer Schule mit Öffentlichkeitsrecht befinden, dass sie Zeugnisse bekommen. Und die werden jetzt, wenige Wochen vor Schulschluss, vor die Tatsache gestellt, dass sie praktisch nur häuslichen Unterricht erhalten haben.


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So darf das nicht sein! Wir müssen den Eltern, die diese große finanzielle Last auf sich nehmen, zumindest diese Rechtssicherheit gewähren. Das scheint mir ein ganz zen­traler Punkt dieses Antrags zu sein. Von daher ersuchen wir auch, nicht allzu lange zu­zuwarten, denn was im Unterausschuss derzeit passiert, ist natürlich offenkundig: Die Regierungsparteien decken uns mit Tagesordnungspunkten zu, die wir, wenn wir ehr­lich sind, nie und nimmer in der Lage sein werden in den nächsten Monaten auch wirk­lich abzuhandeln.

Stärken wir also das öffentliche Schulwesen, indem wir dem privaten Schulwesen Rechtssicherheit geben! Nützen wir das, was wir dort vorbildlich haben, nämlich inno­vative Methoden, reformpädagogische Ansätze, die es im öffentlichen Schulwesen teil­weise nicht gibt, die wir aber ins öffentliche Schulwesen übernehmen können! Das ist der große Vorteil, das ist das, was uns die nicht-konfessionellen Privatschulen derzeit bieten, und deshalb verdienen sie entsprechende Unterstützung. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debat­te ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 1040/A dem Unterrichtsausschuss zu.

19.28.1213. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (GZ 501 St 44/10k) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abge­ordneten zum Nationalrat Mag. Ewald Stadler (786 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Es ist niemand zu Wort gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 786 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Wien, GZ 501 St 44/10k, um Zu­stimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ewald Stadler wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ewald Stadler besteht.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

19.30.04Einlauf

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1180/A(E) bis 1196/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 5780/J bis 5822/J eingelangt.

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 201

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 19.30 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

19.30.20Schluss der Sitzung: 19.30 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien