Parlament Österreich

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

51. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXVI. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 22. November 2018

 


Stenographisches Protokoll

51. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVI. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 22. November 2018

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 22. November 2018: 9.05 – 19.38 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss auf­grund der Abschaffung des Zugriffs auf Vermögen bei Unterbringung von Personen in stationären Pflegeeinrichtungen erlassen wird und mit dem das Finanzausgleichs­ge­setz 2017 geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegs­opferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Heimopferrentengesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Bezügege­setz geändert werden (Pensionsanpassungsgesetz 2019 – PAG 2019)

3. Punkt: Bericht über den Antrag 442/A der Abgeordneten Tanja Graf, Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 309/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der freiwilligen Arbeitslosenversicherung

5. Punkt: Bericht über den Bericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Men­schen mit Behinderung über die Tätigkeit im Jahr 2017, vorgelegt von der Bundes­ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

6. Punkt: Bericht über den Antrag 402/A der Abgeordneten Josef A. Riemer, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­des­gesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz TSchG), BGBl. 118/2004, zuletzt geändert mit BGBl Nr. 37/2018, geändert wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 436/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Mehr Wahlfreiheiten für mehr Zufriedenheit mit dem Kassensystem – freie Kassenwahl jetzt

8. Punkt: Bericht über den Antrag 441/A(E) der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung der Dienstpläne von Ärzten

9. Punkt: Bericht über den Grünen Bericht 2018 der Bundesregierung


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 2

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesämtergesetz geändert wird

11. Punkt: Bericht über den Antrag 406/A der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten (Bundesämtergesetz) geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 437/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hagelversicherungs-Förderungsgesetz geändert wird

13. Punkt: Bericht über den Österreichischen Forschungs- und Technologie­bericht 2018, vorgelegt vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung und vom Bun­desminister für Verkehr, Innovation und Technologie

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Patentamtsgebührengesetz geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Markenschutzgesetz 1970 geändert wird

16. Punkt: Bericht über den Antrag 448/A(E) der Abgeordneten Johann Singer, Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Modernisierung, Stärkung und Absicherung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, Schritte zur Ver­länderung der WBIB

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 13

Ordnungsrufe ....................................................................................  59, 60, 94, 165, 209

Ruf zur Sache .............................................................................................................. 203

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den An­trag 459/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wahlkampfkostenbeschränkung“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 10. Dezember 2018 zu setzen ........................................................ 31

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 GOG auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ....................................................................................................................................... 132

RednerInnen:

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ......................................................................... ... 132

Karl Nehammer, MSc .............................................................................................. ... 134

Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................................. ... 136

Christian Hafenecker, MA ...................................................................................... ... 137

Dr. Irmgard Griss .................................................................................................... ... 138

Dr. Alfred J. Noll ..................................................................................................... ... 140

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .......................................................................... 141

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG                    32


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 3

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung im Zusammenhang mit einem zu TOP 2 eingebrachten Abänderungsantrag:

Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................... 47

Dr. Nikolaus Scherak, MA ........................................................................................... 47

August Wöginger ......................................................................................................... 48

Antrag der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, die Regie­rungs­vorlage 293 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Heimopferrentengesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpen­sions­gesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Bezügegesetz geändert wer­den (Pensionsanpassungsgesetz 2019 – PAG 2019) (363 d.B.), gemäß § 73 Abs. 3 GOG an den Ausschuss für Arbeit und Soziales rückzuverweisen – Ablehnung  53, 208

Verlangen des Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz auf Erteilung eines Ord­nungsrufes                        72

Antrag der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Mag. Gerald Loacker und Ing. Maurice Androsch, den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 402/A der Abgeordneten Josef A. Riemer, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz TSchG), BGBl. 118/2004, zuletzt geändert mit BGBl Nr. 37/2018, geändert wird (349 d.B.), gemäß § 73 Abs. 3 GOG an den Gesundheitsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ..............................................................................  95, 102

Wortmeldung der Abgeordneten Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann im Zusam­menhang mit dem zu TOP 6 eingebrachten Abänderungsantrag ................................................................................ 94

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl betreffend die Problematik bei zu kurzfristig eingebrachten Abänderungsanträgen .......................................................................... 205

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 48

Fragestunde (6.)

Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz ......................................... 13

August Wöginger (69/M)

Josef Muchitsch (74/M); Mag. Gerald Loacker

Dr. Dagmar Belakowitsch (66/M); Tanja Graf

Mag. Gerald Loacker (72/M); Dietmar Keck, Werner Neubauer, BA

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (77/M); Maximilian Linder

Gabriela Schwarz (70/M); Mag. Gerald Loacker, Mag. Verena Nussbaum

Birgit Silvia Sandler (75/M)

Dr. Brigitte Povysil (67/M); Martina Diesner-Wais

Dr. Irmgard Griss (73/M); Mag. Peter Weidinger

Stephanie Cox, BA (78/M)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 4

Ing. Markus Vogl (76/M); Mag. Gerhard Kaniak

Peter Wurm (68/M); Petra Wimmer

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 13

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 30

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (327 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss aufgrund der Abschaffung des Zugriffs auf Vermögen bei Unterbringung von Personen in stationären Pflegeeinrichtungen erlassen wird und mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2017 geändert wird (362 d.B.) .......................................... 32

RednerInnen:

Alois Stöger, diplômé ............................................................................................. ..... 32

Dr. Dagmar Belakowitsch ...................................................................................... ..... 33

Dr. Irmgard Griss .................................................................................................... ..... 35

Mag. Ernst Gödl ...................................................................................................... ..... 36

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ..... 37

Peter Wurm .............................................................................................................. ..... 38

Christoph Zarits ...................................................................................................... ..... 39

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ................................................... ..... 40

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 41

Annahme des Gesetzentwurfes in 362 d.B. ................................................................... 42

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (293 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­siche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialver­sicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorge­ge­setz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Heimopfer­ren­tengesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Bezügegesetz geändert werden (Pen­sions­anpassungsgesetz 2019 – PAG 2019) (363 d.B.)                       42

RednerInnen:

Josef Muchitsch ....................................................................................................  42, 66

Werner Neubauer, BA ...........................................................................................  44, 60

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 49

August Wöginger ..................................................................................................  51, 64

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ..... 52

Mag. Michael Hammer ............................................................................................ ..... 53

Dietmar Keck ................................................................................................................ 54

Christoph Zarits ........................................................................................................... 56

Claudia Gamon, MSc (WU) .......................................................................................... 57

Peter Wurm ................................................................................................................... 58

Mag. Gerald Loacker (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 59

Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................................................. 59

Ing. Markus Vogl ..................................................................................................... ..... 61

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 64

Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................................. ..... 65


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 5

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ................................................... ..... 66

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Maßnahmen zur Verbesserung der Einkommens­situation und der Alterssicherung von Frauen“ – Ablehnung  62, 209

Annahme des Gesetzentwurfes in 363 d.B. ................................................................. 207

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 442/A der Abgeordneten Tanja Graf, Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird (364 d.B.) ................................ 67

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 309/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der freiwilligen Arbeitslosenversicherung (365 d.B.) ........................................................................................................................ 67

RednerInnen:

Ing. Markus Vogl ..................................................................................................... ..... 67

Peter Wurm .............................................................................................................. ..... 68

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ..... 69

Tanja Graf ................................................................................................................ ..... 69

Wolfgang Knes ........................................................................................................ ..... 71

Hannes Amesbauer, BA .............................................................................................. 72

Annahme des Gesetzentwurfes in 364 d.B. ................................................................... 73

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 365 d.B. ........................................................ 74

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Bericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderung über die Tätigkeit im Jahr 2017, vorgelegt von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (III-197/366 d.B.)                   74

RednerInnen:

Sandra Wassermann .............................................................................................. ..... 74

Birgit Silvia Sandler ................................................................................................ ..... 75

Barbara Krenn ......................................................................................................... ..... 79

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ..... 79

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ..... 81

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ................................................... ..... 82

Mag. Verena Nussbaum ......................................................................................... ..... 83

Entschließungsantrag der Abgeordneten Birgit Silvia Sandler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Menschen mit Behinderungen“ – Ablehnung          76, 84

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „bundesweit einheitliche Regelung für den Bereich ,Per­sönliche Assistenz‘“ – Ablehnung              80, 84

Kenntnisnahme des Berichtes III-197 d.B. ..................................................................... 84

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 402/A der Ab­ge­ordneten Josef A. Riemer, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 6

(Tierschutzgesetz TSchG), BGBl. 118/2004, zuletzt geändert mit BGBl Nr. 37/2018, geändert wird (349 d.B.) ................................................................................................. 84

RednerInnen:

Ing. Maurice Androsch ........................................................................................... ..... 84

Josef A. Riemer ....................................................................................................... ..... 87

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ..... 94

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ..... 95

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ................................................... ..... 97

Dietmar Keck ........................................................................................................... ..... 97

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................ ..... 99

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ............................................................................ ... 100

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 101

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aufnahme detaillierter Haltungsbestimmungen für Wachteln in die 1. Tierhaltungsverordnung“ – Ablehnung    87, 102

Annahme des Gesetzentwurfes in 349 d.B. ................................................................. 102

7. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 436/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Mehr Wahlfreiheiten für mehr Zufriedenheit mit dem Kassensystem – freie Kassenwahl jetzt (350 d.B.) ...................................................... 103

RednerInnen:

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 103

Dr. Brigitte Povysil ................................................................................................. ... 104

Philip Kucher ........................................................................................................... ... 105

Gabriela Schwarz ................................................................................................... ... 106

Mag. Gerhard Kaniak .............................................................................................. ... 107

Dr. Dagmar Belakowitsch ...................................................................................... ... 108

Dr. Nikolaus Scherak, MA ...................................................................................... ... 109

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ................................................... ... 110

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 350 d.B. ...................................................... 111

8. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 441/A(E) der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung der Dienstpläne von Ärzten (351 d.B.) ...................................................................................................................... 111

RednerInnen:

Mag. Verena Nussbaum ......................................................................................... ... 111

Dr. Brigitte Povysil ................................................................................................. ... 112

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ... 113

Dr. Josef Smolle ...................................................................................................... ... 114

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 351 d.B. ...................................................... 115

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grü­nen Bericht 2018 der Bundesregierung (III-185/332 d.B.) .............................................................................. 115

RednerInnen:

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 115

Dipl.-Ing. Georg Strasser ....................................................................................... ... 116

Erwin Preiner .......................................................................................................... ... 118

Maximilian Linder .................................................................................................... ... 121

Michael Bernhard .................................................................................................... ... 122


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 7

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................ ... 123

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................. ... 124

Cornelia Ecker ......................................................................................................... ... 125

Josef A. Riemer ....................................................................................................... ... 126

Ing. Klaus Lindinger, BSc ...................................................................................... ... 128

Petra Wimmer .......................................................................................................... ... 129

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 130

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................ ... 131

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ................................................................................ 141

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „mehr Verteilungsgerechtigkeit und Stärkung der ländlichen Regionen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU“ – Ablehnung ...........................................................................................  119, 142

Kenntnisnahme des Berichtes III-185 d.B. ................................................................... 142

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (300 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesämtergesetz geändert wird (333 d.B.) ................ 143

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 406/A der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten (Bundesämterge­setz) geändert wird (334 d.B.) .............................................................................................................. 143

RednerInnen:

Erwin Preiner .......................................................................................................... ... 143

Dipl.-Ing. Alois Rosenberger ................................................................................. ... 144

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 145

Maximilian Linder .................................................................................................... ... 146

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................ ... 147

Mag. (FH) Maximilian Unterrainer ......................................................................... ... 147

Mag. Ernst Gödl ...................................................................................................... ... 148

Peter Gerstner ......................................................................................................... ... 149

Annahme des Gesetzentwurfes in 333 d.B. ................................................................. 150

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 334 d.B. ...................................................... 150

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 437/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hagelver­sicherungs-Förderungsgesetz geändert wird (335 d.B.) ......................... 151

RednerInnen:

Ing. Markus Vogl ..................................................................................................... ... 151

Dipl.-Ing. Georg Strasser ....................................................................................... ... 152

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ... 154

Maximilian Linder .................................................................................................... ... 155

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 156

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................ ... 156

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 157

Peter Schmiedlechner ............................................................................................ ... 158

Andreas Kühberger ................................................................................................ ... 159

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 160


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 8

Annahme des Gesetzentwurfes in 335 d.B. ................................................................. 161

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisie­rung über den Österreichischen Forschungs- und Technologiebericht 2018, vor­ge­legt vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung und vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-152/359 d.B.)              ............................................................................................................................. 161

RednerInnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 161

Klaudia Friedl .............................................................................................................. 163

Dr. Maria Theresia Niss, MBA ................................................................................... 164

Claudia Gamon, MSc (WU) ........................................................................................ 165

Stephanie Cox, BA ................................................................................................. ... 167

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ...................................................................... ... 168

Philip Kucher ........................................................................................................... ... 170

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................ ... 172

Dr. Josef Smolle ...................................................................................................... ... 173

Mag. Johanna Jachs ............................................................................................... ... 174

Mag. Martin Engelberg ........................................................................................... ... 175

Kenntnisnahme des Berichtes III-152 d.B. ................................................................... 176

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digita­lisie­rung über die Regierungsvorlage (278 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Patent­amtsgebührengesetz geändert wird (360 d.B.)                    176

RednerInnen:

Dipl.-Ing. Christian Schandor ................................................................................ ... 176

Doris Margreiter ...................................................................................................... ... 177

Mag. Peter Weidinger ............................................................................................. ... 178

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ... 179

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ...................................................................... ... 180

Annahme des Gesetzentwurfes in 360 d.B. ................................................................. 180

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digita­lisierung über die Regierungsvorlage (294 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Markenschutzgesetz 1970 geändert wird (361 d.B.)                     180

RednerInnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 181

Nurten Yılmaz .......................................................................................................... ... 181

Christoph Stark ....................................................................................................... ... 182

Dipl.-Ing. Alois Rosenberger ................................................................................. ... 183

Annahme des Gesetzentwurfes in 361 d.B. ................................................................. 184

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 448/A(E) der Abgeordneten Johann Singer, Mag. Philipp Schrangl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend die Modernisierung, Stärkung und Absicherung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, Schritte zur Verländerung der WBIB (348 d.B.)              ............................................................................................................................. 184

RednerInnen:

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 184

Johann Singer ......................................................................................................... ... 186

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 188

Dr. Markus Tschank ................................................................................................ ... 189


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 9

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 190

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ...................................................................... ... 191

Mag. Johanna Jachs ............................................................................................... ... 192

Christian Kovacevic ............................................................................................... ... 193

Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................ ... 194

MMMag. Gertraud Salzmann ................................................................................. ... 195

Petra Wimmer .......................................................................................................... ... 196

Angela Baumgartner .............................................................................................. ... 197

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................ ... 197

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ............................................................................ ... 198

Alois Stöger, diplômé ............................................................................................. ... 199

August Wöginger .................................................................................................... ... 200

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 202

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 204

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 205

Dr. Nikolaus Scherak, MA ...................................................................................... ... 206

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „unbefristete Miete“ – Ablehnung ........................................................................  186, 207

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 348 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „die Modernisierung, Stärkung und Absicherung der ge­mein­nützigen Wohnungswirtschaft, Schritte zur Verländerung der WBIB“ (E 37) ................................................................................... 207

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 348 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Verbot kurzzeitiger Vermietungen im gemeinnützigen Wohnbausektor“ (E 38) ..................... 207

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Integrations- und Neutralitätspaket (494/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Karl Nehammer, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (495/A)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz geändert wird (496/A)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umfassende Reform der Arbeitsunfall-Versicherung – eine Entpolitisierung (497/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Grenzkontrollgesetz geändert wird (498/A)

Nico Marchetti, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Wahltage der Hochschülerinnen- und Hochschüler­schafts­wahlen 2019 (499/A)

Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Peter Wittmann, Mag. Harald Stefan, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz geändert wird (500/A)

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwick­lung der standardisierten Reife- und Diplomprüfung (501/A)(E)


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Maria Großbauer, Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung von Kunst und Kultur in Österreich durch Intensivierung des Austauschs und verbesserte Abstimmung zwischen Bund und Ländern in diesem Bereich (502/A)(E)

Maria Großbauer, Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend einer für jeweils ein Jahr geltenden gemeinsamen Eintrittsmöglichkeit zu den Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek (503/A)(E)

August Wöginger, Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird (504/A)

Mag. Josef Lettenbichler, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012 (ÖSG 2012) geändert wird (505/A)

Peter Haubner, Ing. Wolfgang Klinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz 1998 geändert wird – WKG-No­velle 2018 (506/A)

Ing. Markus Vogl, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer globalen Gentechnikdatenbank (507/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufwer­tung der persönlichen Assistenz (508/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration (509/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unter­bindung unwürdiger Tiertransporte und Sicherstellung der Einhaltung der Bestimmun­gen der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport (510/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufbau einer bundesweiten aktuellen Datenbank „Pflege“ (511/A)(E)

Dr. Gudrun Kugler, Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Forcie­rung des Konzepts „Haft in der Heimat“ unter anderem durch konsequente Anwendung der bestehenden multilateralen Übereinkommen und Rechtsgrundlagen in der EU und verstärkte bilaterale Abkommen (512/A)(E)

Peter Haubner, Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabakmonopolgesetz geändert wird (513/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Flugkosten (2311/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Flugkosten (2312/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Beraterverträge und sonsti­ge externe Aufträge im ersten Halbjahr 2018 – follow-up (2313/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Evaluation und Nachfolge des NAP für Menschen mit Behinderung 2020 (2314/J)


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Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Versagen der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Migrationspakt der Vereinten Nationen (2315/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend „Institut“ für Sicherheitspolitik (2316/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltig­keit und Tourismus betreffend gebietsfremde Arten (2317/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kontaktgruppe Afghanistan (2318/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Güte­siegel für die 24-Stunden-Betreuung (2319/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend „Integrierter nationaler Energie- und Klima­plan nach der Governance-VO“ (2320/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend „Burschenschafterturm - Verwaltungsverfahren“ (2321/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend „Termine des Kulturministers“ (2322/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend das Nowotny-Gedenken am Wiener Zentralfriedhof 2018 (2323/J)

Mag. (FH) Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Änderung der Satzung der EIB – Antrag auf Einleitung des Verfahrens nach Artikel 308 (2324/J)

Mag. (FH) Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Änderung der Satzung der EIB – Antrag auf Einleitung des Verfahrens nach Artikel 308 (2325/J)

Mag. (FH) Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Standards im Bereich Bin­nen­schifffahrt (2326/J)

Mag. (FH) Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Berichtigungshaushaltsplan Nr. 6 zum Gesamthaushaltsplan (2327/J)

Mag. (FH) Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzierung des Europäischen Entwicklungsfonds (2328/J)

Mag. (FH) Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Finanzierung des Europäischen Entwicklungsfonds (2329/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Hafenauffangeinrichtungen für die Entladung von Abfällen von Schiffen (2330/J)


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Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Hafenauffangeinrichtungen für die Entladung von Abfällen von Schiffen (2331/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Haushaltplanentwurf 2019 – Aktualisierung Bedarf Agrarausgaben (2332/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzierung der Sofortmaßnahmen für Migration, Flüchtlingsstrom und Sicherheitsbedrohungen (2333/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Finanzierung der Sofortmaßnahmen für Migration, Flüchtlingsstrom und Sicher­heitsbedrohungen (2334/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Südsudan (2335/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Sexualerziehung an Schulen (2336/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Güte­siegel für die 24-Stunden-Betreuung (Fortsetzung zur Anfrage 2319J) (2337/J)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Anzeigen nach Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz (2338/J)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Anzeigen nach Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz (2339/J)

Anfragebeantwortung

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (1743/AB zu 1730/J)

 

 

 


 


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09.05.06Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritte Präsidentin Anneliese Kitzmüller.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Sie, meine Damen und Herren Abge­ordnete, sehr herzlich zur 51. Sitzung des Nationalrates begrüßen! Die Sitzung ist eröffnet. Ich darf auch die Gäste auf der Galerie und die Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehschirmen recht herzlich begrüßen und ihnen eine spannende Debatte wünschen.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Kira Grünberg, Dipl.-Kffr. (FH) Eli­sabeth Pfurtscheller, Walter Bacher, Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Mag. Roman Haider und Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer.

09.05.35Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bun­des­kanzleramt bekannt gegeben, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz durch den Bundes­minister für EU, Kunst, Kultur und Medien Mag. Gernot Blümel

und die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres Dr. Karin Kneissl durch den Bundesminister für Landesverteidigung Mario Kunasek vertreten wird.

*****

Ich darf auch bekannt geben, dass die Sitzung bis 13 Uhr von ORF 2 übertragen wird und von ORF III in voller Länge, jedoch ab 17 Uhr zeitversetzt.

Heute wird wiederum ein Fotograf unterwegs sein.

09.06.10Fragestunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den beiden Rednerpulten im Halbrund aus vorgenommen. Die Frau Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Hartinger-Klein, die ich hiermit herzlich begrüße, wird Rede und Antwort stehen.

Die Fragen sollen maximal 1 Minute dauern; für die Beantwortung der Anfragen sind jeweils 2 Minuten Redezeit vorgesehen, für die Beantwortung der Zusatzfragen jeweils 1 Minute. Ich werde wenige Sekunden vor Ende der Redezeit auf deren Ablauf auf­merksam machen.

Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur 1. Anfrage, jener des Abge­ordneten Wöginger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben derzeit eine sehr gute Situation am Arbeits-


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markt, wir haben Höchstbeschäftigung und die Arbeitslosenzahlen gehen Gott sei Dank stark zurück.

Wir haben aber auf der anderen Seite auch einen Fachkräftemangel in vielen Branchen. Es hat daher einen Jobgipfel gegeben, mit dem man gegensteuern will, damit man dem Fachkräftemangel bestmöglich entgegentreten kann.

69/M

„Welchen Beitrag leistet die Arbeitsmarktpolitik zum Ziel des Jobgipfels, den Fach­kräftebedarf der Betriebe abzudecken?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Sehr geehrter Herr Klubobmann! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bedanke mich recht herzlich für diese Frage. Die Wirtschafts­minis­terin und ich haben gemeinsam mit den Sozialpartnern einen Jobgipfel aus­gerichtet. Mir ist es ein großes Anliegen, die Ergebnisse darlegen zu können, des­wegen bedanke ich mich noch einmal für die Frage.

Was sind die Schwerpunkte? – Ein besonderer Schwerpunkt ist für uns innen vor außen; das heißt, die Arbeitslosen, die vorhanden sind – es sind leider Arbeitslose vorhan­den –, in die Vollbeschäftigung zu bringen.

Was machen wir? – Wir machen vor allem Qualifizierungsmaßnahmen im Pflege- und Gesundheitsbereich. Ich weiß, im Pflegebereich verstärkt Qualifizierungsmaßnahmen zu setzen ist auch eines deiner Anliegen. Der zweite Bereich ist der Mint-Bereich. Aber auch die Digitalisierung ist ein Thema, deswegen machen wir auch Aqua-Programme – so nennen wir das – in Implacementstiftungen, um Arbeitslose zu qualifizieren.

Eine Neuakzentuierung der Arbeitsmarktpolitik erfolgt auch bei der dualen Berufsaus­bildung. Da wird vor allem vor dem Hintergrund eines steigenden Fachkräftemangels eine verstärkte Ausrichtung auf Ausbildungen in betrieblichen Lehrstellen erfolgen. Es ist auch ein Anliegen der Wirtschaftsministerin und von mir, das Matching zwischen Betrieben, Unternehmern und AMS zu verbessern, damit die Unternehmen wirklich die Qualifizierten bekommen, die sie brauchen. – Danke.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Danke, Frau Ministerin. Sie haben auch angesprochen, dass es großteils um Qualifizierungsmaßnahmen geht. Da würde mich noch der Bereich der Pflege- und Betreuungsberufe interessieren.

Wie schätzen Sie die Chancen am Arbeitsmarkt ein, dass man im Bereich der Pflege- und Betreuungsberufe für junge Leute sozusagen etwas Neues beginnen kann?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Das ist eine Herausforderung und das ist mir auch ein ganz großes Anliegen, weil wir im Pflege- und Gesundheitsbereich Personal brauchen. Es gibt einen alten Spruch, der besagt: Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es der Pflege schlecht.  Die Pflege ist natürlich eine Herausforderung für die Menschen, sie ist ein sehr anstrengender Beruf. Das heißt, wir müssen das Image der Pflege verbes­sern; diesbezüglich werden wir Maßnahmen treffen, aber es braucht eben auch Qua­lifizierungsmaßnahmen des AMS.



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächster Fragesteller ist Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.


Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Mor­gen, Frau Bundesministerin! Frau Bundesministerin, im Regierungsübereinkommen haben Sie vereinbart, ein Arbeitslosengeld Neu zu konstruieren.

Eine Wifo-Studie hat basierend auf Daten aller LeistungsbezieherInnen aus dem Jahr 2016 Ihr Modell bewertet, und nach dieser Bewertung, nach dieser Wifo-Studie erhalten 121 000 bisherige Bezieher dann keine Notstandshilfe mehr.

Meine Frage:

74/M

„Werden Sie sicherstellen, dass Versicherte, die bisher einen Anspruch auf Arbeits­losengeld oder Notstandshilfe haben, diesen auch in Zukunft behalten und nicht zu Mindestsicherungsbeziehern ohne Pensionsversicherung werden?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Herr Abgeordneter Muchitsch, recht herzlichen Dank für die Möglichkeit, diese Frage zu beantworten.

Sie wissen: Die Mindestsicherung ist eine Sozialleistung und das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe sind Versicherungsleistungen; das muss man genau unterscheiden. Im Regierungsprogramm steht: „Harmonisierung, Neuausrichtung und Weiterent­wick­lung von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Bedarfsorientierter Mindestsicherung“, „Arbeitslosengeld NEU: Degressive Gestaltung der Leistungshöhe mit klarem zeitlichen Verlauf und Integration der Notstandshilfe“.

Die Notstandshilfe soll auch bei einer Reform der Versicherungsleistung bleiben. Bei Arbeitslosen oder Notstandshilfebeziehern wird es keinen Zugriff auf das Auto, das Vermögen oder auf das Eigentum geben. Wer arbeiten will und keinen Job bekommt oder wer lange nicht gearbeitet hat, aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, der soll geschützt werden. Wir wollen, dass die Menschen, die ein Auf­fangnetz brauchen, es auch bekommen. Ich habe es immer gesagt: Hartz IV – mit mir nicht! (Beifall bei der FPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Aus Ihrer Beantwortung, die ich vorher nicht kannte, ergibt sich spontan eine Zusatzfrage: Ist es richtig, dass Menschen aus der Notstandshilfe in die Mindestsicherung fallen werden und es dort keine Anrechnung der Pensionszeiten geben wird?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Nein, das ist nicht richtig! (Abg. Rosenkranz: ... sich wieder ein paar neue Geheimpapiere selber schreiben!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Zusatzfrage von Herrn Abge­ord­netem Loacker. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Gestern ist die EuGH-Entscheidung zur oberösterreichischen Mindestsicherung publik geworden. Inwiefern gehen Ihre Pläne, die in den Medien kolportiert wurden – eine


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Wartefrist für EU-Ausländer oder ein Anknüpfen an die Sprachkenntnisse –, mit diesem EuGH-Urteil zusammen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Herr Abgeordneter, ich darf Sie beruhigen: Sie gehen zusam­men. Die Mindestsicherung, das Grundsatzgesetz, wird verfassungskonform sein.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur nächsten Anfrage, jener von Frau Abgeordneter Belakowitsch. – Bitte.


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesminister! Die letzten Jahre waren von einer sehr hohen Arbeitslosigkeit geprägt. Über viele Jahre gab es jeden Monat immer wieder ein weiteres Plus. Dieser Trend hat sich glücklicherweise seit einem Jahr umgekehrt, auch dank der Maßnahmen der Bun­desregierung (Zwischenrufe bei der SPÖ) – natürlich nicht alleine, aber die Maß­nahmen haben das jedenfalls unterstützt, auch wenn ich da ein Raunen im Hintergrund höre. Selbstverständlich waren die Maßnahmen der Bundesregierung, den Wirtschafts­standort zu stärken, ein positives zusätzliches Ankurbelungsprogramm.

In diesem Zusammenhang lautet meine Frage an Sie, Frau Bundesminister – vermut­lich sind Sie auch keine Hellseherin –:

66/M

„Wird sich der Rückgang der Arbeitslosigkeit auch weiterhin fortsetzen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Ja, Frau Abgeordnete, das wird er. Das Wirtschafts­wachstum hat mit 3 Prozent voraussichtlich seinen Höhepunkt erreicht. Gleichzeitig ist die Zahl der beim AMS gemeldeten Arbeitslosen weiter rückläufig. Laut AMS-Quote liegen wir derzeit bei 7,3 Prozent, international bei 5 Prozent Arbeitslosigkeit. Das ist eine der geringsten Arbeitslosenquoten der letzten Jahre. Schaut man sich die Ent­wick­lung an, rechnet das Wifo 2020 sogar mit 7,2 Prozent, also laut AMS-Statistik.

Ich freue mich, dass uns das gelungen ist – dank der Wirtschaft natürlich, der Unter­nehmen, die, sage ich einmal, letztendlich die Arbeit schaffen, aber natürlich auch dank der Leistungen des AMS.

Danke für das Kompliment an die Bundesregierung, Frau Abgeordnete!


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Heute wurde den Abgeordneten vor dem Parlament – tagesaktuell – ein Brief vom gemeinsamen Betriebsrat übergeben, in dem es unter anderem heißt, dass insbesondere die Schwächsten unserer Gesell­schaft – wie Langzeitarbeitslose, ältere ArbeitnehmerInnen, Frauen, MigrantInnen und so weiter – aufgrund eines, wie es dort steht, ungewissen Arbeitsmarktbudgets, was ja nachweislich nicht richtig ist, besonders von der Bundesregierung benachteiligt wer­den.

In diesem Zusammenhang meine Frage: Profitieren eigentlich die soeben angeführten Gruppen, nämlich vor allem die älteren Arbeitnehmer und Langzeitarbeitslose, aber auch – nicht angeführt – Menschen mit Behinderungen ebenfalls vom Rückgang der Arbeitslosigkeit?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.



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Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Das kann ich auch mit einem klaren Ja beantworten. Es ist sowohl die Zahl der Langzeitarbeitslosen zurückgegangen, und es haben auch, sage ich einmal, Behinderte verstärkt die Möglichkeit, in den Ersten Arbeitsmarkt zu kom­men, was mich sehr freut. Meine arbeitsmarktpolitischen Ziele für das AMS sind be­sondere Schwerpunkte für diese beiden Gruppen, die Sie genannt haben. (Beifall bei der FPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Graf.


Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Guten Morgen, Frau Ministerin! Hinsichtlich Jugend­arbeitslosigkeit steht Österreich im Vergleich mit anderen europäischen Ländern ja gut da, dennoch sind 60 000 unter 25-Jährige – darunter knapp 10 000 Asylberechtigte – von Arbeitslosigkeit betroffen.

Was werden Sie unternehmen, um gerade die Jungen, die noch ihr gesamtes Berufs­leben vor sich haben, in Beschäftigung zu bringen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Wir waren gerade bei den Älteren, jetzt sind wir bei den Jüngeren. Jugendarbeitsmarktpolitik ist auch eines der wesentlichen Ziele, das die Re­gierung und ich haben, darunter insbesondere zwei Maßnahmen: Das eine ist die Prävention, die Vermeidung von Schul- und Lehrabbrüchen; das ist eine ganz große Herausforderung. Das Zweite ist natürlich die Vermittlung einer fundierten beruflichen Ausbildung. Das heißt: Die Stärkung der betrieblichen Ausbildung und die Reinte­gration von bildungsfernen Jugendlichen beziehungsweise die Inklusion sind ganz große Ziele, die wir auch umsetzen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur 4. Anfrage, jener des Herrn Abgeordneten Loacker. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Bundesministerin! Wieder zurück zur Gruppe der älteren Menschen: In Ihrem Budget verantworten Sie einige der größten Posten überhaupt, und wenn man viel Steuergeld ausgibt, dann muss das auch auf Zahlen, auf Fakten, auf Studien, auf Evidenz basieren.

Meine Frage lautet:

72/M

„Das Bundesbudget wird jährlich mit 7 bis 9 Mrd. Euro für Pensionszuschüsse belastet. Mit welchen Studien rechtfertigen Sie diese enormen Steuerzuschüsse in einem beitragsfinanzierten Pensionssystem?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Danke für die Frage. Das Pensionssystem ist natürlich sehr wichtig. Die Menschen wollen wissen, wie sie im Alter abgesichert sind. Da ist gerade ein umlagebasiertes, leistungsdefiniertes System vernünftig, weil allein schon aus demografischen Gründen die Summe der Beiträge nie genau der Summe der Pen­sionsaufwendungen entsprechen kann.

Zu Ihrer Frage, was die Studien betrifft – das habe ich mir genau angeschaut, ich bin selber ein evidenzorientierter Mensch, das wissen Sie –: Über die Rechtfertigung von Steuerzuschüssen sind mir keine Studien bekannt. Es handelt sich eigentlich um einen gesellschaftspolitischen Konsens zur Verhinderung von Altersarmut, und auch dabei ist


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zu berücksichtigen, dass viele Steuergeldleistungen an die Pensionsversicherung nicht der unmittelbaren Pensionsunterstützung, sondern der Armutsvermeidung – mit Aus­gleichs­zulage oder Pflegeversicherung – dienen.

Zur Nachhaltigkeit der Finanzierung, nicht zuletzt durch die Einführung einer lebens­langen Durchrechnungszeit und eines Pensionskontos, liegen eine Reihe von Studien vor. Ich möchte sie jetzt nicht im Detail vorlesen, ich bin aber gerne bereit, Ihnen das nachher zu zeigen oder Ihnen das schriftlich zukommen zu lassen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Ministerin, Sie haben auf die Demografie hingewiesen: In den letzten 20 Jahren sind die Ersatzraten um 20 Prozent zurückgegangen, und sie werden auch in den nächsten Jahren um 20 Prozent zurück­gehen, also die Menschen werden – gemessen an ihrem Aktiveinkommen – weniger Pension haben.

Welche Schritte setzen Sie, damit es nicht zu flächiger Altersarmut kommt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Sie wissen, es gibt derzeit den Grundsatz 80-45-65, der gilt. Wir wollen jetzt schauen, dass das faktische Pensionsantrittsalter an das gesetz­liche angepasst wird. Solch einen Pensionsausgleich wird es immer geben.

Wir werden dafür sorgen, dass das nicht der Fall ist, damit Sie keine Angst zu haben brauchen, wenn Sie einmal in Pension gehen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Keck.


Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesminister! Frau Bun­desminister, auf den Bundeszuschuss hat man sich ja 1955 geeinigt, indem man die Drittelfinanzierung – ein Drittel Arbeitgeber, ein Drittel Arbeitnehmer, ein Drittel Staat – vereinbart hat. Das halten wir für fair, das halten wir auch für sehr gerecht, um den Versicherten einen gesicherten Lebensabend zu garantieren.

Deshalb meine Frage an Sie: Werden Sie daran festhalten oder planen Sie, den Bun­deszuschuss zu reduzieren oder gar abzuschaffen, indem Sie etwa das Pensions­antrittsalter erhöhen, die Leistungen kürzen oder die Beiträge erhöhen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Auch da darf ich Sie beruhigen: Es ist nicht daran ge­dacht, das Pensionsalter zu erhöhen, sondern, ich habe es schon gesagt, das faktische dem gesetzlichen anzunähern.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage des Abgeordneten Neubauer. – Bitte.


Abgeordneter Werner Neubauer, BA (FPÖ): Schönen guten Morgen, Frau Bundes­minister! Wir haben heute ja einen sehr erfreulichen Tag vor uns, was die Pensionen anlangt; wir werden heute eine gute Erhöhung für die Pensionisten und Pensionis­tinnen beschließen.

Daran knüpft sich meine Frage: Wird durch diese Pensionsanpassung 2019 einerseits die Inflation voll abgegolten und darüber hinaus auch die Kaufkraft gestärkt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.



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Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Danke auch für diese Frage. Die Inflation wird abge­golten, und es wird auch die Kaufkraft gestärkt. Mehr als die Hälfte der Pensionisten erhalten eine Kaufkraftstärkung; das ist also eine enorme Leistung, die diese Regie­rung erbracht hat; das ließ die vorhergehende vermissen. – Danke.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur 5. Anfrage, jener der Abgeord­neten Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.


Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Ministerin, guten Morgen! Ich möchte gerne die Situation rund um die AUVA thematisieren. Wo stehen wir aktuell? Wie schaut es aus?

Es hat zu Beginn eine Anweisung von Ihnen gegeben, es seien Hunderte Millionen Euro einzusparen; Arbeitnehmervertreter, Belegschaft, Betriebsräte et cetera wurden in Alarmbereitschaft versetzt. Sie haben im April 2018 sogar gesagt, Sie rechnen mit der Auflösung der AUVA. Die Pflicht, die Belegschaft zu informieren, wurde dann von den Arbeitnehmervertretern wahrgenommen, und nun stehen diese Personen vor der Situation, dass AUVA-Obmann und Arbeitgebervertreter Anton Ofner gegen diese Be­triebsräte vorgehen will, die sich regierungskritisch geäußert haben und Unterschrif­tenlisten zum Erhalt der AUVA aufgelegt haben.

Meine Frage lautet deshalb:

77/M

„Welche Schritte werden Sie als Aufsichtsbehörde – angesichts der Tatsachen, dass die Führungskräfte der AUVA ersucht wurden zu eruieren, wer in Unfallkran­ken­häusern regierungskritische Unterschriftenlisten aufgelegt hat, und geplant ist, jene Mitglieder des Betriebsrates strafrechtlich zu verfolgen – zum Schutz der Mitarbeiter und Mitar­beiterinnen der AUVA setzen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, die vorliegende Frage enthält eine faktenwidrige Unterstellung oder aber eine Vermischung unterschiedlicher Themen, die ich im Folgenden aufklären möchte.

Nach den vorliegenden Informationen – was im Übrigen auch in der parlamentarischen Anfrage von Ihrem Kollegen Pilz und anderen betreffend „Spitzelsystem des AUVA-Obmannes Anton Ofner in den Krankenhäusern und Rehabzentren der AUVA“ dar­gestellt wird – wurden die Führungskräfte der Behandlungseinrichtungen und Landes­stellen der AUVA um Erhebungen im Zusammenhang mit Unterschriftenlisten des Zentralbetriebsrats ersucht. Dabei erfolgte ein Hinweis auf die Verpflichtungen nach der Dienstordnung der Sozialversicherungsbediensteten zur Wahrung der Interessen und des Ansehens des Versicherungsträgers.

Von einer allfälligen strafrechtlichen Verfügung war nie die Rede, und eine solche wäre nach den zitierten Bestimmungen der Dienstordnung auch nicht möglich. Ein möglicher strafrechtlicher Vorwurf bezieht sich allenfalls auf eine von zwei Vorstandsmitgliedern an AUVA-MitarbeiterInnen versendete E-Mail.

Ich sehe hinsichtlich der in der Frage angesprochenen internen Vorgänge der AUVA keinen aufsichtsbehördlichen Handlungsbedarf, und mir sind keine Umstände bekannt geworden, die einen Schutzbedarf der Mitarbeiterschaft der AUVA indizieren.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete?



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Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Sehr gerne.

Es drängt sich mir die Frage auf, ob dieses Vorgehen des AUVA-Obmanns Anton Ofner mit Ihnen abgesprochen worden ist, bevor er dieses Vorgehen gewählt hat. Die Zusatzfrage lautet daher: War das abgesprochen, war das nicht abgesprochen, und wird die freie Meinungsäußerung von ArbeitnehmervertreterInnen innerhalb der AUVA, die sich für deren Erhalt einsetzen, weiterhin gewährleistet sein?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Das ist allein die Entscheidung der Selbstverwaltung.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage des Abgeordneten Lindner. (Abg. Linder: Guten Morgen! Linder, bitte!) – Linder; ich habe ein N hineingeschummelt, Entschuldigung! – Bitte.


Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Frau Minister! Teil der Demokratie sind Pro­testaktionen, das ist auch gut und wichtig so. Schlimm wird es, wenn Protestaktionen missbraucht werden, Falschmeldungen verbreitet werden und mit der Angst der Men­schen und Bürger gespielt wird.

Betreffend AUVA haben Sie immer betont, es wird kein Schließen von Kranken­an­stalten geben, es werden die AUVA-Krankenhäuser erhalten bleiben, und trotzdem sind in den Krankenhäusern von den Personalvertretern, von der Gewerkschaft Plakate aufgehängt worden: Nur mehr acht Tage, dann kann niemand mehr behandelt werden!, oder: Die Gesundheitsversorgung für 5 Millionen Österreicher ist nicht mehr gewährleistet!

Was können Sie in Zukunft tun, damit die Gewerkschaft nicht mit den Ängsten der Menschen spielt und so versucht, Politik zu machen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, danke für die ausführ­liche Frage und auch für die Klarstellung vieler Dinge; ich möchte das nicht wieder­holen – recht herzlichen Dank!

Wie schon im Vorfeld, also auf die Hauptfrage von Frau Kollegin Holzinger gesagt, hat es eine Untersuchung der jeweiligen Vorgänge gegeben. Diese wurden also hin­reichend untersucht und damit Aufmerksamkeit auch innerhalb des Unternehmens AUVA geschaffen. Der Betriebsrat hat ebenfalls bekundet, dass er nach dem Beschluss der Gremien der AUVA vom 21.8. über das Maßnahmenpaket zur Zukunft der AUVA keine weiteren Maßnahmen durchführt, die sich gegen eine nunmehr nicht mehr im Raum stehende Auflösung der AUVA richten.

In diesem Sinne wird es nach der vorliegenden Information keine Maßnahmen und Falschmeldungen mehr dazu geben. (Abg. Linder: Danke!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur 6. Anfrage, jener der Frau Abgeordneten Schwarz. – Bitte.


Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Guten Morgen, Herr Präsident! Frau Minis­terin, im Zuge der Gespräche rund um das Ärztegesetz und die Strukturreform der Sozialversicherung war auch oft von drohendem Ärztemangel und von wirksamen Maßnahmen dagegen die Rede.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 21

Meine Frage an Sie lautet: Wie ist im Moment der Stand bei den FachärztInnen und bei den niedergelassenen Ärzten bezüglich der nicht nachbesetzbaren Kassenarztstellen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 70/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wie ist der Stand der seit mehr als ein halbes Jahr nicht besetzbaren Kassen­arztstellen bei Allgemeinmedizinern und Fachärztinnen?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, danke für die Frage! Wir haben gestern im Ministerrat, wie Sie wissen, das Ärztegesetz beschlossen. Ich freue mich, wenn es dann im Gesundheitsausschuss diskutiert wird. Es ist ein Funda­ment, das haben Sie in Ihrer Frage auch angesprochen, betreffend die Versorgung mit Allgemeinmedizinern und Fachärzten im ländlichen Raum.

Derzeit ist es so, dass im Juni 2018 von 8 300 Ärzteplanstellen lediglich 58 Planstellen für Allgemeinmedizin und 52 Planstellen für Fachärzte unbesetzt waren. Manche Planstellen werden – das muss man auch relativieren – bei Bedarf ausgeschrieben, die sind auch in diesen Zahlen enthalten, und manche Verfahren sind noch anhängig; also man muss selbst diese niedrigen Zahlen relativieren.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.


Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Als begeisterte Burgenländerin interessiert mich natürlich besonders die Situation im Burgenland. Welche Vorteile werden die Burgenländerinnen und Burgenländer von der Strukturreform der Sozialversicherung haben?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Auch im Burgenland sind, da kann ich Sie beruhigen, derzeit nur eine Vertragsarztstelle für Allgemeinmedizin – und diese ist aktuell ausge­schrieben – und eine Facharztstelle unbesetzt.

Was die Sozialversicherungsreform betrifft: Auch da habe ich gesagt, sie ist das Fun­dament für die Gesundheitsreform. Das heißt, da hat man die Möglichkeit, die medizinischen Leistungen zu vereinheitlichen und auch den Ärzten entsprechende Anreize zu geben. Wir werden im ländlichen Raum Prämien – das wird teilweise schon gemacht – und natürlich Anreize geben, damit wir mehr ärztliche Versorgung im ländlichen Raum haben. (Abg. Schwarz: Danke, Frau Ministerin!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage des Abgeordneten Loacker. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Bundesministerin! Die Zahl der Planstellen ist eine Seite; die andere Seite ist aber die Zahl der Kassenärzte auf 1 000 Einwohner gerechnet. Aus der Anfragebeantwortung zu 959/J geht hervor, dass es immer mehr Ärzte im Wahlarztbereich und immer weniger Ärzte im Kassenbereich gibt.

Wie lautet Ihr zahlenmäßiges Ziel für die Ärzteversorgung pro 1 000 Einwohner und mit welchen Maßnahmen erreichen Sie es?



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 22

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Jetzt ein zahlenmäßiges Ziel festzulegen, wäre, sage ich einmal, nicht seriös. Mir ist es wichtig, das im Gesamten zu sehen. Genau Sie, Herr Abgeordneter, wissen, dass es Spitäler gibt, dass es Ambulanzen gibt, dass es PHCs gibt und dann noch den niedergelassenen Bereich. Das heißt, diese Systeme sind der­zeit Schnittstellen.

Unsere Herausforderung ist es, nicht Nahtstellen zu bekommen, sondern das zu einem Gesamten zu machen. Und gerade die Strukturreform der Sozialversicherung be­deutet, dass das gesamtheitlich gesehen wird, was Sie im Ausschuss immer verlan­gen. (Heiterkeit des Abg. Loacker sowie der Bundesministerin Hartinger-Klein.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Nussbaum. – Bitte.


Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): In Zukunft werden ja diese Fragen der Besetzung von Kassenarztstellen von der Zentrale der ÖGK zu beantworten und zu managen sein. Im Zusammenhang mit dem geplanten Sozialversicherungsstruktur­umbau versprechen Sie den Versicherten ja auch immer, die Leistungen zu har­monisieren. Sie setzen aber genau das Gegenteil um, indem Sie drei Klassen von Versicherten schaffen: Beamte und Politiker, Selbstständige und Bauern und als letzte Klasse die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Wann gedenken Sie, eine echte Harmonisierung der Leistungen anzugehen, sodass Arbeiter, Beamte, Bauern und Selbstständige die gleichen Leistungen erhalten?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, das ist falsch, was Sie sagen, denn derzeit haben wir eine 15-Klassen-Medizin, wenn Sie so wollen. (Abg. Nuss­baum: Wann haben Sie vor, das anzugleichen?) – Durch die Harmonisierung jetzt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur 7. Anfrage, jener der Abge­ordneten Sandler. – Bitte.


Abgeordnete Birgit Silvia Sandler (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! 340 000 Kinder leben derzeit schon an oder unter der Armutsgrenze.

75/M

„Werden Sie an Ihrem Vorhaben zur Kürzung des letzten sozialen Netzes – der Min­destsicherung – festhalten, obwohl Berechnungen, die aufgrund Ihres Ministerrats-Vortrages zur Mindestsicherung vorgenommen wurden, ergeben haben, dass 93 Pro­zent der Kinder, die in Haushalten mit beiden Elternteilen leben, die Verlierer Ihrer Maßnahmen sein werden?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Frau Abgeordnete, auch da darf ich Sie beruhigen: Für mich zählt nicht nur das Endergebnis, das wir bald der Öffentlichkeit präsentieren werden.

Fakt ist, dass wir uns mit der maximalen Höhe der Leistung für das erste Kind am oberen Bereich der Skala der derzeitigen Mindeststandards hinsichtlich der Garantie für Kinder orientieren. Nicht zu vergessen ist natürlich auch, dass es zusätzlich noch Familienhilfe gibt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 23

Es erscheint mir als ein Gebot der Fairness gegenüber jenen, die ins System ein­zuzahlen haben, auch einen gewissen Lohnabstand zu gewährleisten. Die Sicherung der Kinder ist aber ein Anliegen der österreichischen Regierung.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.


Abgeordnete Birgit Silvia Sandler (SPÖ): Seit gestern ist ja bekannt, dass neben dem Landesverwaltungsgericht nun auch der EuGH zur Ansicht kam, dass die Neu­regelung der Mindestsicherung in Oberösterreich nicht rechtskonform ist. Eine ähnliche Regelung in Niederösterreich wurde ja schon im März vom VfGH gekippt.

Wie werden Sie sicherstellen, dass dieses EuGH-Urteil auch wirklich umgesetzt wird?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Es gab dazu, glaube ich, vorhin schon eine Frage: Die Oberösterreicher haben zwischen befristet und unbe­fristet Asylberechtigten unterschieden. Das Grundsatzgesetz wird das nicht so hand­haben.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur 8. Anfrage, jener der Abge­ord­neten Povysil. – Bitte.


Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (FPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Erfreulicher­weise wurde das Ärztegesetz beziehungsweise die Novelle zum Ärztegesetz jetzt auf den Weg gebracht. Diese Novelle beinhaltet die Möglichkeit, Ärzte bei Ärzten anzu­stellen.

Welche Auswirkungen wird diese Möglichkeit auf die zukünftige ärztliche Versorgung haben?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 67/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Vorteile bietet die Anstellung von Ärztinnen und Ärzten bei Ärztinnen und Ärzten in Hinblick auf die Sicherung der ärztlichen Versorgung in Österreich?“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, liebe Frau Primaria, recht herzlichen Dank für die Frage! Ich möchte eine Zahl in den Raum stellen: Wir hat­ten 1960 rund 11 000 Ärzte und jetzt haben wir 45 500; das ist also eine Vervierfachung.

Aufgrund der neuen Möglichkeiten gemäß Ärztegesetz wird die Anstellung von Ärzten bei Ärzten möglich, und das bringt enorme Vorteile, nicht nur für die Ärzte, vor allem für die jungen Ärzte, für die Medizinerinnen – die Medizin ist ja weiblich geworden –: Sie haben flexiblere Arbeitszeiten, mehrere Ärzte können sich einen Kassenvertrag teilen, und es gibt natürlich eine klare Zuordnung des unternehmerischen Risikos, vor dem vor allem junge Ärzte Angst haben.

Es gibt aber auch – und das ist mir auch wichtig – Vorteile für die Patienten: weniger Wartezeiten, eine Verlängerung der Öffnungszeiten, und – das habe ich auch schon auf die Frage der Frau Kollegin Schwarz gesagt – es ist dadurch eine Versorgungs­sicherheit im ländlichen Raum gewährleistet, was uns alle, glaube ich, sehr freut.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 24

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.


Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (FPÖ): Neben der Möglichkeit der Anstellung von Ärzten bei Ärzten wird in dieser Novelle auch die Vertretungstätigkeit neu geregelt. Welche Maßnahmen sind da im Bereich der Sozialversicherungen zu treffen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Bei einer Vertretungsregelung gibt es keine Pflichtver­siche­rung – und das, nehme ich an, wird Sie interessieren. (Abg. Povysil: Danke vielmals!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Diesner-Wais. – Bitte.


Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Bundesministerin! Sie haben den ländlichen Raum schon erwähnt; ich komme aus dem Waldviertel, aus dem ländlichen Raum Niederösterreichs, und da ist mir natürlich die medizinische Versorgung im ländlichen Gebiet, insbesondere die hausärztliche Versorgung, besonders wichtig.

Daher meine Frage: Was werden Sie unternehmen, um den Nachwuchs in der All­gemeinmedizin und die hausärztliche Versorgung für die Patienten in der Zukunft zu sichern?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Ich möchte das wiederholen, was ich schon gesagt habe: Aufgrund dieser Novellierung des Ärztegesetzes ist die Anstellung von Ärzten bei Ärzten möglich, und das ist vor allem für Jungmediziner ein Anreiz.

Wir werden aber noch weitere Anreize setzen, etwa Prämien oder Anreize schon im Medizinstudium. Ich habe schon Gespräche mit den Med-Unis und auch mit Professor Faßmann, dem Unterrichts- und Wissenschaftsminister, geführt. Wir setzen ein Bündel, ein Paket von Anreizen, damit mehr Ärzte Interesse haben, in den ländlichen Raum zu gehen. (Abg. Diesner-Wais: Danke!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur 9. Anfrage, jener der Abgeord­neten Griss. – Bitte.


Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Bundesministerin! Es ist ja nicht ungewöhnlich, man könnte sogar sagen, es ist üblich, dass eine neu in die Regierung gekommene Partei versucht, wichtige Positionen mit Vertrauensleuten zu besetzen. Manche kritisieren das als Postenschacher; man wird aber auch zugeben müssen, dass vielleicht ein gewisser Nachholbedarf besteht. Sichergestellt muss aber immer werden, dass die Personen, die eine bestimmte Funktion bekommen, ausreichend qualifiziert sind und dass Interessenkonflikte möglichst vermieden werden.

In diesem Zusammenhang lautet meine Frage an Sie: Halten Sie es für vereinbar, wenn die Generalsekretärin im Konsumentenschutzministerium Mitglied des Aufsichts­rats eines Versicherungskonzerns wird und aufgrund ihrer Treuepflicht zum Unter­nehmen ja unweigerlich in Interessenkonflikte geraten muss?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 73/M, lautet:

„Sind Sie der Meinung, dass die Funktion der Generalsekretärin im Konsumen­ten­schutzministerium mit der Funktion eines Aufsichtsratsmitglieds eines Versicherungs-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 25

kon­zerns vereinbar ist, nachdem Interessenkonflikte zwischen Konsumentenschutz und der Treuepflicht eines Aufsichtsratsmitglieds gegenüber dem Unternehmen offen­kundig sind?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, Sie dürfen mir glauben, dass es mein größtes Ziel ist, solche Mitarbeiter zu haben, vor allem in dieser Position, eine Generalsekretärin; ich freue mich, dass es eine Frau ist, Sie wissen, es ist die einzige Generalsekretärin. Sie kommt aus der Privatwirtschaft und hätte irgendwelchen Postenschacher sicher nicht notwendig gehabt. Sie ist nämlich Expertin für Prozess­management, und gerade das brauche ich in meinem Ministerium.

Zweitens darf ich darauf hinweisen, dass es kein eigenes Konsumenten­schutzminis­terium gibt, sondern der Konsumentenschutz nur ein Teil meines Ressorts ist.

Und jetzt noch zu Ihrer konkreten Frage: Die Generalsekretärin ist nicht direkt für die Agenden des Konsumentenschutzes, also operativ, zuständig; dafür ist eine eigene Sektion zuständig.

Zur Funktion im Versicherungsunternehmen ist anzumerken, dass die General­sekretärin dort keine Leitungsfunktion innehat, sondern nur ein Kontrollorgan ist. Die Treuepflicht eines Aufsichtsratsmitglieds gegenüber seinem Unternehmen steht dabei nicht im Widerspruch zur Beachtung des Gedankens des Konsumentenschutzes.

Zusätzlich ist anzumerken, dass die Generalsekretärin Aufsichtsrätin des Hauptaktio­närs der VIG ist, der in seiner Funktion als Hauptaktionär die VIG in kulturellen sowie sozialen Belangen unterstützt, aber auf keine wie auch immer geartete Weise im operativen Versicherungsgeschäft tätig ist. Die Funktion einer Generalsekretärin ist somit mit der Funktion eines Aufsichtsratsmitglieds vereinbar.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.


Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Das kann man auch anders sehen. Meine Zusatzfrage ist: Gibt es im Sozialministerium, zu dessen wesentlichen Bereichen auch der Konsumentenschutz gehört, Richtlinien dafür, welche Nebentätigkeiten mit einer Aufgabe im Ministerium vereinbar sind, und gibt es auch Richtlinien dafür, wie bei möglichen Interessenkonflikten vorgegangen wird?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Selbstverständlich gibt es so etwas. Nebenbeschäfti­gungen sind auch zu melden, und es gibt ganz klare Compliancerichtlinien. (Abg. Griss: Danke, Frau Ministerin!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage des Abgeordneten Weidinger. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Geschätzte Frau Bundesministerin! Ich möchte beim Bereich Konsumentenschutz bleiben, würde Sie aber um eine Anfrage­beantwortung in einem anderen Bereich bitten, im Bereich der Lebensmittelherkunft und der Auszeichnungspflicht.

Sie haben im Regierungsprogramm festgelegt, dass es zu einer Lebensmittelherkunfts­auszeichnung kommen soll. 85 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten in


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 26

Österreich wünschen sich das auch, einfach um Bescheid zu wissen, wo die Lebens­mittel herkommen – vor allem dort, wo es sich die Menschen nicht aussuchen können, was auf den Teller kommt, zum Beispiel in Kantinen, in Mensen, in Schulen, in Krankenhäusern oder auch in Kasernen. Auch dort sollte ihnen das Recht eingeräumt werden, zu wissen, wo die Lebensmittel herkommen, um natürlich vor allem regionalen Lebensmitteln den Vorzug geben zu können.

Zu meiner Frage: Gibt es bereits Maßnahmen, um eine einfache, unbürokratische Kennzeichnung zu ermöglichen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Eigentlich besteht kein Zusammenhang mit der Hauptfrage. Da aber das Thema für mich auch sehr wichtig ist: Darf ich diese Frage trotzdem beantworten, Herr Präsident?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Mit der europäischen Verordnung 2018/775, die am 29.5.2018 kundgemacht wurde, erfolgten weitere wichtige Schritte zur Harmonisierung der Herkunftskennzeichnung auf europäischer Ebene.

Noch vor der Veröffentlichung, am 19.4., wurden von meinem Ressort alle beteiligten Stakeholder zu einer Besprechung zum Thema: Herkunftszeichen, quo vadis?, eingeladen. Eine Unterarbeitsgruppe beschäftigt sich mit der Durchführungsverord­nung zur Herkunftskennzeichnung der primären Zutaten. Das zweite Arbeitsteam hat den Auftrag, sich mit Aspekten der Herkunftskennzeichnung zu beschäftigen. Es sollen Lösungsvorschläge für die im Regierungsprogramm festgelegten Punkte betreffend Verbesserung der Herkunftskennzeichnung bei Milch, Fleisch und Eiern in der Gastronomie erarbeitet werden.

Die Arbeitsteams haben am 12. Juli 2018 ihre Arbeit aufgenommen. Teilnehmer sind natürlich Vertreter des Ressorts von Frau Kollegin Köstinger, meines Ministeriums, der AMA, der Landwirtschaftskammer, der Wirtschaftskammer und der Lebensmittel­auf­sicht, Lebensmittelgutachter, der AK und der Ages.

Zu sagen ist: Ziel muss es sein, eine einfache Kennzeichnungsform zu finden, welche den Konsumenten Sicherheit über die Herkunft gewährleistet, die Belastung der Wirtschaft in Grenzen hält und vor allem kontrollierbar ist. Nur so kann Vertrauen aufgebaut werden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 10. Anfrage ist jene der Abgeordneten Cox. – Bitte.


Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Frau Ministerin! Eine Studie der Euro­päischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zur Platt­form­arbeit zeigt, dass der arbeitsrechtliche Status von Plattformarbeiterinnen und -arbeitern oft unklar ist. Das Niveau des sozialen Schutzes ist relativ niedrig.

Damit komme ich zu meiner Frage:

78/M

„Wie wird in Zukunft die betriebliche Mitbestimmung bei wachsender Individualisierung, Digitalisierung und Flexibilisierung, beispielsweise bei PlattformarbeiterInnen, aus­schauen?“



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 27

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, das ist ein ganz wich­tiges Thema, das ich auch im Rahmen der EU-Präsidentschaft im informellen Rat mit den Sozialministern diskutiert habe.

Die Digitalisierung ist eine Chance und natürlich auch eine Gefahr. Diese Gefahren, sage ich einmal, müssen wir auch abwenden. Gerade bei Plattformmitarbeitern ist es ein ganz großes Thema, die Chancen und Risken wahrzunehmen. Die sogenannte Plattformarbeit, bei der über die Onlineplattformen Angebot von und Nachfrage nach bezahlter Arbeit koordiniert werden, wächst rasant, wie Sie wissen. Da sind natürlich Maßnahmen zu treffen.

Die zunehmende Verbreitung von Plattformen wird durch die Ausbreitung von Infor­mations- und Kommunikationstechnologien sowie verbesserte Internetkonnektivität ermöglicht. Der technologische Wandel ist diesbezüglich zu berücksichtigen. Die wohl größte Herausforderung in diesem Zusammenhang ist das unklare Beschäftigungs­verhältnis. Die Herausforderung ist, hier entsprechende Rechte und Pflichten für Beschäftigte zu sichern und ihnen Zugang zu einem sozialen Schutz zu geben. Was betriebliche Mitbestimmung betrifft, muss von einer völlig neuen Ausgangslage aus­gegangen werden, die wir bis jetzt noch nicht hatten. Sie können versichert sein, das entsprechend in einem Dialog zu diskutieren und entsprechende Maßnahmen zu treffen ist auch mein Ziel.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.


Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Das leitet schon sehr gut meine Zusatzfrage ein, danke schön. Sie haben ja auch bei der informellen Tagung der Minister und Ministerinnen gesagt, dass Arbeits- und SozialministerInnen zunehmend gefordert sind, zu überlegen, wie betriebliche Mitbestimmung und Unternehmensmit­bestimmung ausschauen kann. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Sie haben jetzt auch gesagt, dass es da Maßnahmen braucht. (Bundesministerin Hartinger-Klein: Ja!)

Was sind konkrete Maßnahmen, die Sie geplant haben, wenn es diese Maßnahmen geben muss? Welche Maßnahmen haben Sie geplant?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Das wird eben jetzt – in breitem Konsens – im Dialog dis­kutiert. Danach werden dann entsprechende Maßnahmen vorgeschlagen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Anfrage Nummer 11 entfällt, weil sich Abge­ordnete Grünberg krankgemeldet hat.

Wir kommen zur 12. Anfrage, jener des Abgeordneten Vogl. – Bitte.


Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Im Vorfeld der Strukturreformen im Sozialversicherungsbereich wurde sehr viel über Einsparungs­möglichkeiten diskutiert, es wurden riesige Summen in den Raum geworfen. Bei näherer Betrachtung ist es oft nur sehr schwierig, diese Zahlen nachvollziehen zu können.

Meine Frage lautet daher:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 28

76/M

„Wie können Sie den Versicherten der künftigen Österreichischen Gesundheitskasse eine Patientenmilliarde versprechen, wenn Sie die Fusionskosten, die ja aus den Bei­trägen dieser Versicherten bezahlt werden müssen, laut Anfragebeantwortung 1679/AB, nicht abschätzen können?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Danke für die Frage.

Herr Präsident, gestatten Sie mir noch, da Frau Kira Grünberg heute krank ist, ihr gute Besserung zu wünschen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Ich würde ihr die Anfrage­beantwortung, wenn es erlaubt ist, Herr Präsident, schriftlich zustellen, damit sie eine Antwort auf die Frage, die sie gerne gestellt hätte, bekommt.

Verzeihung, Herr Abgeordneter, jetzt komme ich zu Ihrer Frage. Ja, die Patien­tenmilliarde: Sie waren selber auch im Sozialausschuss mit dabei, als dieses Exper­tenhearing stattgefunden hat. Professor Hoffmann, der ja auch Mitwirkender bei der LSE-Studie war, hat eindeutig gesagt, dass 200 bis 300 Millionen Euro pro Jahr einsparbar sind, wenn nicht mehr.

Es gibt genug Analysen. Die LSE-Studie wurde ja nicht von mir in Auftrag gegeben, sondern noch von Kollegen Stöger, wie Sie wissen – das ist also keine Auftragsstudie gewesen. Es gibt genug Studien und Berechnungen, die besagen, dass das möglich ist. Wichtig ist für mich, dass jeder Cent und Euro, der im System gespart werden kann, dem Versicherten für mehr Leistung zugutekommt. Das muss unser Ziel sein.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Eine Zusatzfrage, und zwar: Vizekanzler Strache hat ja behauptet, durch die Reform lasse sich eine Funktionärsmilliarde ein­sparen. Jetzt kostet die Selbstverwaltung 4 Millionen Euro. Wissen Sie, welche Berech­nung dieser Aussage zugrunde liegt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein (erheitert): Die „Funktionärsmilliarde“ – unter Anführungs­zeichen –, also die Funktionäre sind ein Teil. Ich werde Ihnen etwas sagen: Damit, dass die Ent­scheidungsprozesse effizienter gestaltet werden, wird auch genug Effi­zienzpotenzial gehoben.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage des Abgeordneten Kaniak. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minis­ter, Sie haben schon die Studie der London School of Economics angesprochen. Wir haben vor zwei Wochen auch ein umfangreiches Expertenhearing im Sozialaus­schuss zu diesem Thema gehabt.

Die LSE-Studie hat gezeigt, dass die von uns gewählte Variante ein Ein­sparungs­potenzial von mindestens 200 Millionen Euro pro Jahr darstellt. Auch Professor Hoffmann hat in dem Hearing gesagt, dass die hypothetischen Fusionskosten, die in keinster Weise mit den Fusionierungskosten der Pensionsversicherungsanstalt ver­gleich­bar sind, innerhalb eines Jahres durch die Einsparungseffekte abgedeckt werden können. Das Entscheidende sei – um ihn weiter zu zitieren –, dass es ein schlüssiges Integrationsmanagement gibt, für das natürlich die neuen verantwortlichen Gremien im Rahmen der Selbstverwaltung zuständig sind.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 29

Deshalb lautet meine Frage an Sie: Wie werden Sie sicherstellen, dass diese neuen Gremien der Selbstverwaltung eine entsprechend nachhaltige Geschäftspolitik im Sinne der Patienten umsetzen und so die Einsparungen im System auch tatsächlich den Patientinnen und Patienten zugutekommen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Die Selbstverwaltung ist jetzt natürlich gefordert. Wir haben die Gremien reduziert. Sie wissen, wir haben vorher für eine Sozialversiche­rungs­­entscheidung insgesamt 54 bis 57 Beschlüsse gebraucht; jetzt sind es wahr­scheinlich nicht einmal ein Zehntel davon. Alleine das schafft mehr Effizienz. Des Weiteren ist es natürlich auch notwendig, entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen bei den Funk­tionären zu treffen. Das tun wir ja auch. Ich bin überzeugt, dass die neue Selbst­verwaltung effektiv arbeitet.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 13. und letzte Anfrage wird von Abgeord­netem Wurm gestellt. – Bitte.


Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Schönen guten Morgen! Frau Minister, es hat in den letzten Jahren in der Bevölkerung, bei den Konsumenten durch den VW-Abgasskandal sehr große Unruhe gegeben. Jetzt konn­ten Sie, dank Ihres persönlichen Einsatzes und des Ministeriums, diese Sammelklage für die österreichischen Konsumenten einbringen. (Bundesministerin Hartinger-Klein: Ja!) Jetzt würde mich – und, wie ich glaube, auch die Bevölkerung – Folgendes interessieren:

68/M

„Wie ist der Status Quo bei den Sammelklagen gegen VW?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Danke, Herr Abgeordneter, für die Frage. Es war mir – wie du richtig gesagt hast – ein großes persönliches Anliegen, dass wir diese Sammel­klage machen. Es ist für mich wie David gegen Goliath.

Derzeit ist der Stand so: Der Aktion haben sich knapp 10 000 Konsumentinnen und Konsumenten angeschlossen. Nach intensiver Vorbereitungszeit wurden im Septem­ber 2018 insgesamt 9 872 Fälle bei 16 zuständigen Landesgerichten einge­bracht. Es geht da um den eingeklagten Schaden von 20 Prozent des Kauf­preises. Der Gesamt­streit­wert beträgt 60 Millionen Euro. Man hat versucht, das mit VW außerge­richtlich zu erledigen. VW hat das abgelehnt.

Derzeit ist es so, dass der VKI auch entsprechend abgeklärt hat, welche Folgeschäden die KonsumentInnen haben. Unter 27 000 KonsumentInnen hat es eine Umfrage gegeben, die sieben Punkte betraf, die ich jetzt nicht alle aufzählen möchte. Einer davon war natürlich, wie viel Kraftstoffverbrauch anfällt und ob die Leistung schlechter ist et cetera. Das ist der aktuelle Stand.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Minister, es gibt ja auf europäischer Ebene im Bereich des New Deal for Consumers Ideen und Ansätze, quasi länderübergreifend Sammelklagen zu machen.

Dazu wollte ich Sie Folgendes fragen: Wie weit sind wir Ihres Wissens im Bereich EU-Sammelklagen, wie ist da der Status quo?



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 30

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Diese Diskussion ist erst am Beginn. Wichtig ist, dass wir eine klare Abgrenzung zu amerikanischen Verhältnissen haben. Es ist wichtig, dass vor allem die innerstaatlichen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten einen gewissen Spiel­raum haben. Das wird noch ein etwas längerer Prozess sein, fürchte ich. – Danke. (Abg. Wurm: Vielen Dank!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Wimmer.


Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Wie wir wissen, ist es mittels einer Musterklage möglich, eine zentrale Rechtsfrage, welche für viele Verfahren relevant ist, höchstgerichtlich zu lösen. In der Zwischenzeit ruhen alle anhängigen Verfahren und auch die Verjährung ist gestoppt. Sammelklagen und auch Musterklagen sind für die Durchsetzung des Rechts der KonsumentInnen von wesentlicher Bedeutung.

Werden Sie sicherstellen, dass auch in Österreich endlich die Möglichkeit der Muster­klage eingeführt wird?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Wie ich schon erwähnt habe, ist das ein Diskussions­prozess. Wir werden das auf einen guten Weg bringen, davon bin ich überzeugt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke; es sind alle Anfragen zum Aufruf gelangt.

Ich darf mich bei der Frau Ministerin für ihr Kommen bedanken und die Fragestunde für beendet erklären. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Abg. Dönmez.)

09.49.50Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­ge­genstände und deren Zuweisung darf ich auf § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung und auf die im Saal verteilte Mitteilung verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2311/J bis 2339/J

2. Anfragebeantwortung: 1743/AB

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 und das Insolvenz-Entgeltsiche­rungsgesetz geändert werden (376 d.B.)

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das ÖIAG-Gesetz 2000, das Bundesimmobiliengesetz und das Finanzmarktstabilitätsgesetz geändert werden (367 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird (368 d.B.)


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Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2017 geändert wird (370 d.B.)

Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2018) (382 d.B.)

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten geändert wird (KAKuG-Novelle 2018) (374 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz und das Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (385 d.B.)

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Gewährleistung eines hohen Sicher­heits­niveaus von Netz- und Informationssystemen (Netz- und Informationssystem­sicherheitsgesetz – NISG) erlassen und das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert wird (369 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Symbole-Gesetz geändert wird (377 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird (379 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (380 d.B.)

Unterrichtsausschuss:

Pädagogikpaket 2018 (373 d.B.)

Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:

Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Maklergesetz und das Versicherungs­auf­sichtsgesetz geändert werden (Versicherungsvermittlungsnovelle 2018) (371 d.B.)

Bundesgesetz über die Entwicklung und Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes Österreich (Standort-Entwicklungsgesetz – StEntG) (372 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984, die Zivilprozessordnung und das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert werden (UWG-Novelle 2018) (375 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das E-Government-Gesetz, das IKT-Konsolidierungsgesetz, das Signatur- und Vertrauensdienstegesetz, das Unternehmensserviceportalgesetz, das Bundesgesetzblattgesetz, das Zustellgesetz, die Bundesabgabenordnung, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Meldegesetz 1991, das Passgesetz 1992 und das Personenstandsgesetz 2013 geändert werden (381 d.B.)

Wissenschaftsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (378 d.B.)

*****

09.50.03Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass die Abgeordneten Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 459/A(E) der Abge­ordneten Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wahlkampfkostenbe­schrän­kung“ eine Frist bis zum 10. Dezember 2018 zu setzen.


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Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durch­zuführen.

Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden. Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte erfolgen.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 3 und 4 sowie 10 und 11 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen der Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Es wurde eine Tagesblockzeit von 7 „Wiener Stunden“ vereinbart.

Es entfallen 130 Minuten Redezeit auf die ÖVP, je 116 Minuten auf SPÖ und FPÖ sowie je 39 Minuten auf NEOS und JETZT. Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 20 Minuten, darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Ich darf sogleich über die Redezeit abstimmen lassen.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung; in der Früh tut Bewegung gut. – Ich sehe, das ist die Einstimmigkeit.

09.51.461. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (327 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss aufgrund der Abschaffung des Zugriffs auf Vermögen bei Unterbringung von Personen in stationären Pflegeeinrichtungen erlassen wird und mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2017 geändert wird (362 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gehen sogleich in die Tagesordnung ein und gelangen zu Tagesordnungspunkt 1.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stöger, und ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte, Herr Abgeordneter.


9.52.27

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren, Zuseher und Zuseherinnen auf der Galerie! Die Abschaffung des Pflegeregresses war ein ganz großer Schritt, um Menschen die Sicherheit zu geben, dass sie die Last der Pflege­leistung nicht selber tragen müssen. Es wurde die Ungerechtigkeit abgeschafft, dass manche 100 Prozent Erbschaftssteuer zahlen mussten und manche nichts. Das war ein großer sozialpolitischer Schritt und aus meiner Sicht sehr wichtig für alle Menschen


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in Österreich, die pflegebedürftig werden und pflegebedürftig sind. Ich habe mit vielen Menschen gesprochen, die gesagt haben, ihnen ist eine große Last vom Herzen gefallen und das war für sie sehr wichtig.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Sozialdemokratie mit dem Ziel der Abschaffung des Pflegeregresses auch einen weiteren großen Schritt verlangt und auch gesetzt hat. Wir wollten nämlich für die Beschäftigten im Bereich der Pflege Maßnahmen setzen, Ausbildung ermöglichen. Wir haben gesagt: 1 Milliarde Euro für die Ausbildung jener Menschen, die in den Pflegebereich gehen. Wir haben weiters gesagt, dass 50 Prozent der gesamten Kosten für die mobile Hilfe ebenfalls aus einem Pflegefonds abgesichert werden sollen und abgesichert werden müssen. Wir haben gesagt, dass insgesamt im Bereich der Pflege auf die besonderen Bedürfnisse jener Menschen, die Behinde­run­gen, Einschränkungen haben und auch im Pflegebereich dabei sein wollen, Rücksicht genommen werden muss.

Wir haben uns sehr deutlich dafür ausgesprochen, dass es eine Valorisierung des Pflegegeldes gibt. Sie kennen das: In einer Sitzung in der letzten Legislaturperiode hat es hier eine große Auseinandersetzung gegeben. Es ist vor allem nicht gelungen, vonseiten der ÖVP die Zustimmung zu einer nachhaltigen Finanzierung der Pflege zu erreichen. Die Sozialdemokratie hat klar und deutlich gesagt: Erben ist keine Leistung. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Wir sollten das Erben dazu verwenden, in Österreich die Pflege von Menschen, die pflegebedürftig sind, durch eine zweckgebundene Erb­schafts- und Schenkungssteuer nachhaltig zu finanzieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das war mit der ÖVP nicht möglich. (Beifall der Abg. Steinacker.) Es hat daher Son­derkonstruktionen gegeben, deren Qualität natürlich problematisch ist. Das hat dazu geführt, dass man jetzt die Pflegekosten finanzieren muss. 340 Millionen Euro sind als Zweckzuschuss zu gewähren. Leider ist das Ergebnis so, dass man sich nicht an das hält, was mit den Ländern vereinbart wurde. Wir werden diesem Zweckzuschussgesetz die Zustimmung nicht geben (Zwischenruf des Abg. Gödl), und zwar weil es eine Leistung an die Länder ist, in Wirklichkeit aber die Gemeinden die Pflegeleistungen zahlen. Aus unserer Sicht wäre es wichtig, dass der Zweckzuschuss für Pflege­leis­tungen an die Gemeinden fließt.

In diesem Sinne ist es wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen: Pflege ist wichtig, Pflege muss finanziert werden. Das braucht eine Erbschafts- und Schenkungssteuer. (Beifall bei der SPÖ.)

9.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.


9.56.46

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Werte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Liebe Kollegen! Herr Kollege Stöger, es ist eine spannende Rede, die Sie hier gehalten haben. Sie haben gesagt, es war ein Meilenstein. Am 29. Juni 2017 haben wir fünf Parteien hier in diesem Haus gemeinsam den Pflegeregress abgeschafft. Da gebe ich Ihnen recht, so weit bin ich ganz bei Ihnen, das war ein Meilenstein, denn wir haben das schon jahrelang gefordert, und da ist das gelungen.

Was Sie aber dann gesagt haben, kann ich nicht mehr nachvollziehen. Sie haben gesagt: Wir haben auch ganz klar gefordert. – Sie haben damals eine Erbschaftssteuer gefordert. Da gab es keine Einigung, weil eine Erbschaftssteuer, so wie Sie sie beschreiben – eine Millionärserbschaftssteuer mit wenigen Hundert Millionen Euro im Jahr –, das Pflegesystem nie im Leben überhaupt finanzieren kann. Wenn Sie also


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eine Erbschaftssteuer einführen wollen, die sozusagen das Pflegesystem finanzieren kann, dann ist das eine Massensteuer. – Ja, dagegen sind wir. Niemand will neue Steuern und schon gar keine Massensteuer für die Bevölkerung in diesem Land. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das, Herr Kollege Stöger, mögen vielleicht Sie von der Sozialdemokratie, aber sonst will das schon gar keiner mehr.

Das Nächste ist: Das war im Juni 2017. Sie waren danach noch ein halbes Jahr im Amt. In diesem halben Jahr haben Sie überhaupt nichts gemacht, was die Finan­zierung anbelangt. Sie haben es verschlafen, Sie haben es liegen lassen. Sie haben gewusst, dass die Länder das so nicht hinnehmen. Die Aufregung in den Ländern, dass die natürlich die Kosten ersetzt haben wollten, war ja von Anfang an da. Das war Ihr Versagen.

Jetzt stellen Sie sich her und sagen, es brauche eine Pflegefinanzierung. – Ja, die braucht es, zu der bekennen wir uns auch. Wir bekennen uns auch zum steuer­finanzierten Pflegesystem. Es ist dieser Bundesregierung auch gelungen, den Ländern eine Finanzierung der Pflege aus den Bundesmitteln zur Verfügung zu stellen und eine Einigung mit den Ländern zu erzielen. Das ist etwas, was Sie nicht einmal versucht haben. Sie haben es laufen lassen, Sie haben nichts mehr gemacht. Sie waren ein halbes Jahr Minister und haben nichts gemacht. Sie stellen sich jetzt hier her und sagen, es brauche eine Erbschaftssteuer, stimmen aber der Finanzierung der Pflege gar nicht zu.

Das müssen Sie doch erst einmal erklären. Wie soll denn das funktionieren? Entweder meinen Sie es ernst, wenn Sie sagen, dass die Pflege finanziert werden muss, dann stimmen Sie bitte dieser Einigung zu, die breit getragen wird – auch von den sozial­demokratisch regierten Ländern –, oder Sie sagen ganz offen, nein, Sie wollen die Pflege eigentlich gar nicht finanzieren, lassen wir es halt wieder zum Regress kom­men. – Das ist die Konsequenz aus Ihrem Stimmverhalten, Herr Kollege Stöger. Das ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Seien wir doch froh, dass wir den Pflegeregress abgeschafft haben! Seien wir doch froh, dass wir die Finanzierung festgeschrieben haben! Ich verstehe Sie nicht, dass Sie Ihr eigenes Versagen jetzt noch einmal potenzieren.

Gehen wir jetzt aber weg von Ihnen und kommen wir zu dem, was hier heute beschlos­sen wird: Ja, im Juni 2017 ist ein Meilenstein gelungen. Ja, der zweite Meilenstein steht nun an, nämlich die Abschaffung des Regresses zu finanzieren, also sozusagen die Gegenfinanzierung für die Länder durch den Bund sicherzustellen.

Das waren harte Verhandlungen mit den Ländern, und jeder, der die Politik ein bisschen verfolgt, kann sich erinnern, wie es zu Jahresbeginn noch ausgeschaut hat, als einzelne Länder dem Bund quasi gedroht haben, falls kein Ausgleich stattfindet. Es ist der Frau Bundesminister gelungen, die Länder und den Finanzminister, alle ge­meinsam an einen Tisch zu holen, sich gemeinsam hinzusetzen und eine gemeinsame Finanzierung, ein Konzept auszuarbeiten, das tragfähig ist, das auch wirklich von allen mitgetragen wird, die in diesem System arbeiten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das ist das, was wichtig ist, weil es für die Menschen draußen wichtig ist, weil es den Menschen Sicherheit gibt, weil wir als Bundesregierung, als Abgeordnete die Men­schen in diesem Land nicht im Stich lassen. Niemand in Österreich muss Angst haben, dass für seine Pflege nicht gesorgt wird, wenn er alt wird, dass er sich seine Pflege nicht leisten kann oder dass er alles, was er sich im Leben erarbeitet hat, wieder verliert. Niemand soll diese Angst haben, und genau deshalb war es eben so wichtig, den Pflegeregress abzuschaffen und das zu finanzieren.


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Es ist ganz wichtig, und es ist dieser Bundesregierung wichtig, den Menschen diese Sicherheit zu geben. Da nützen irgendwelche Schreckgespenster nichts. Einige Zeit nach mir wird Kollege Loacker sprechen: Der wird wieder jammern, dass alles, ange­fangen von den Pensionen bis hin zur Pflege, furchtbar, alles schlecht und nichts finanziert ist.

Meine Damen und Herren, lassen Sie sich nicht verunsichern! Das Pflegesystem in Österreich ist ein gutes, es ist auf solide Beine gestellt. Wir werden daran auch weiterarbeiten. Ab dem Jahr 2020/2021 kommt es zu einer Erhöhung des Pflegegeldes ab Pflegestufe 4. Auch das ist ein großer Erfolg. Kollege Stöger hat erklärt, dass die Sozialdemokratie das ohnehin immer gewollt hat. Durchgesetzt haben Sie es aber nie. (Abg. Neubauer: Eben!) Das ist eben auch Ihr Versagen in den Verhandlungen ge­wesen. Sie haben auch in vielen anderen Bereichen eine Baustelle hinterlassen, die jetzt aufzuarbeiten ist.

Und daher, meine Damen und Herren: Machen Sie sich keine Sorgen, Ihre Pflege ist gesichert! Diese Bundesregierung wird daran arbeiten, dass die 24-Stunden-Pflege leistbar wird und dass es dabei auch Gleichberechtigung gibt, weil wir wissen, dass die Menschen in Österreich gerne zu Hause gepflegt werden. Das ist sozusagen die Ver­antwortung, der sich diese Bundesregierung verschrieben hat. Zu dieser Verantwor­tung stehen wir, und daher freue ich mich und sage Danke, dass diese Finanzierung mit dem heutigen Tag gesichert ist. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

10.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Griss. – Bitte.


10.02.38

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der ehemalige Wiener Bürgermeister hat gesagt: „Wahlkampf­zeiten sind Zeiten fokussierter Unintelligenz.“ Dem wird man zustimmen müssen, aber das ist noch nicht alles. Man wird auch sagen müssen: Wahlkampfzeiten sind Zeiten gelebter Verantwortungslosigkeit, so nach dem Motto: Hinter mir die Sintflut! (Beifall bei den NEOS.)

Die Abschaffung des Pflegeregresses ist ein krasses Beispiel. Erinnern Sie sich an die Diskussionen, die damals geführt wurden! Es war eine Idee der SPÖ, die vom Eigenregress gesprochen hat, von der hundertprozentigen Erbschaftssteuer und für eine Abschaffung und für eine Gegenfinanzierung durch eine Erbschafts- und Schen­kungssteuer eingetreten ist. Da konnte und wollte die ÖVP nicht mitgehen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die ÖVP hat dann als Gegenfinanzierungsvorschlag das Foto auf der e-card ins Spiel gebracht, um Sozialmissbrauch zu verhindern. Jeder hat aber gewusst: Wie auch im­mer das ist, wie viele Fälle es da auch immer gibt, das reicht nicht aus.

Und dann haben erstaunlicherweise die ÖVP, die FPÖ sowieso und auch die Grünen –alle – zugestimmt, dass der Pflegeregress abgeschafft wird. Es ist nicht nur ein finan­zielles Fass ohne Boden, die Abschaffung des Pflegeregresses hat auch einen Len­kungseffekt, der dem, was die Menschen wollen, diametral entgegenläuft. Die Men­schen wollen zu Hause bleiben, wenn sie alt und pflegebedürftig werden, sie wollen in ihren eigenen vier Wänden versorgt werden. Man hat von Anfang an gesehen, dass es in die andere Richtung gehen wird.

Ich war damals in einer Wiener SPÖ-Sektion bei einer Diskussion mit dem damaligen Bundesgeschäftsführer der SPÖ, und der Bundesgeschäftsführer der SPÖ hat gesagt: Jetzt können ja Frauen oft nicht berufstätig sein, weil sie zu Hause jemanden haben,


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den sie pflegen müssen, aber in Zukunft ist das anders. Wir schaffen den Pflege­regress ab oder haben ihn schon abgeschafft, und jetzt kann man den Vater oder die Mutter ins Heim geben und muss nicht fürchten, dass man das Haus oder die Woh­nung verliert. So ist es auch gekommen. Diese Entwicklung erleben wir jetzt. Men­schen müssen ins Heim gehen, auch wenn sie das nicht wollen, weil ihre Angehörigen das Vermögen, das er oder sie hat, sicherstellen wollen. Das ist ein Faktum. (Abg. Belakowitsch: Das stimmt nicht! – Abg. Gödl: Das entspricht nicht den Fakten!) Das kann man nicht schön finden, da kann man sich wünschen, dass das nicht so sein soll, aber es ist ein Faktum. (Abg. Belakowitsch: Das Gegenteil ist der Fall!) Und die Länder klagen darüber, dass die Anfragen nach Pflegeplätzen sprunghaft ansteigen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Belakowitsch: Sie sagen genau das Gegenteil von dem, was ist! Unglaublich! – Abg. Gödl: Das stimmt so einfach nicht!)

Es hat mich auch gewundert, dass Frau Abgeordnete Belakowitsch sagt: Das Pflegesystem ist sicher. (Abg. Belakowitsch: Das ist es ja auch!) Wir haben nächste Woche im Rechnungshofausschuss einen Bericht des Rechnungshofes über die 24-Stunden-Betreuung. Ich war beim Rechnungshof. Wir haben das besprochen, und dort sagen die Prüfer, die ja einen Einblick gewonnen haben: Das ist ein Kartenhaus. Das ist eine tickende Zeitbombe, wenn nicht etwas geschieht und ein umfassendes Pflege­konzept erarbeitet wird. (Beifall bei den NEOS.) Dann werden wir dastehen, und die Menschen können dann nicht darauf vertrauen, was Sie ihnen früher so vollmundig versprochen haben, nämlich dass sie wirklich die Pflege haben werden, die sie sich wünschen.

Die Regierung hat nun versprochen: Wir bekommen ein umfassendes Konzept bis Ende des Jahres. Ich hoffe das sehr, und ich hoffe auch sehr, dass es kein Brief ans Christkind ist. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

10.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gödl. – Bitte.


10.07.12

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzte Frau Bun­desminister! Geschätzte Damen und Herren! Nach den Ausführungen von Herrn Kol­legen Stöger und von Frau Kollegin Griss fühle ich mich jetzt schon dazu veranlasst, ein paar Dinge ins richtige Licht zu rücken. Ein paar Zahlen aus der Statistik zur Aufklärung: Trotz der Angebote von 24-Stunden-Betreuung und Pflegeheimen werden 85 Prozent aller Pflegegeldbezieherinnen und -bezieher nach wie vor zu Hause gepflegt. 85 Prozent! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das sind 392 000 Personen in Österreich. 6,5 Prozent davon nehmen die 24-Stunden-Betreuung in Anspruch. Das sind 30 000 Personen in Österreich. 20 Prozent, die zu Hause gepflegt werden, nehmen auch mobile Dienste in Anspruch. Auch das ist eine wichtige Ergänzung. Es gehört einmal zu allererst ein ganz großes Danke an jene pflegenden Angehörigen gerichtet, die zu Hause für die Pflege von älteren Menschen sorgen. Sie stabilisieren unser Sozialsystem. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Jetzt zu diesem Gesetzentwurf, aber vorher noch eine Zahl, Frau Dr. Griss: 12,5 Pro­zent sind in stationären Einrichtungen, das sind auf Personen umgelegt 57 000 Per­sonen in Österreich, die sich aus welchen Gründen auch immer einer stationären Pflege bedienen. Es ist aber schon etwas eigenartig, Frau Dr. Griss, wenn Sie sagen, dass die Regierung verantwortungslos ist, wenn sie bestimmt, dass nicht mehr auf Vermögen zugegriffen wird. Wenn Menschen in der Situation sind, dass sie in ein Pflegeheim müssen, macht man das nicht leichtfertig. Dann ist es nur gut und teuer, wenn wir als Sozialstaat unterstützend eingreifen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


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Herr Abgeordneter Stöger! Der Nationalrat hat, wie soeben besprochen, dieses Verbot eines Vermögenszugriffs damals beschlossen. Der Nationalrat und auch die damalige Regierung haben aber sichergestellt oder versichert, dass die Gemeinden und die Länder diese Kosten nicht tragen müssen. Diesen Beschluss haben wir hier gemein­sam gefasst. Wenn die NEOS jetzt gegen dieses Gesetz stimmen, dann ist das konsequent, denn sie waren auch gegen die Abschaffung des Pflegeregresses. Wenn Sie jedoch, obwohl Sie damals noch als Minister hier versprochen haben, die Ge­meinden und die Länder schadlos zu halten, jetzt dagegen stimmen, dann, lieber Beppo Muchitsch, musst du das im Sozialhilfeverband Leibnitz genauso erklären wie Mario Lindner im Sozialhilfeverband Liezen, dass ihr heute hier dagegen stimmen wollt, dass die Sozialhilfeverbände und damit auch die Gemeinden jene Kosten ersetzt bekommen, die durch die Abschaffung des Pflegeregresses entstanden sind. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Eines, meine Damen und Herren, brauchen wir nämlich in der Politik, und zwar Hand­schlagqualität: dass wir das, was wir mit Ländern und Gemeinden ausmachen, dann auch in Gesetze gießen und einhalten. Liebe SPÖ, ich empfehle Ihnen jetzt vor Ihrem Parteitag: Setzen Sie wieder auf Handschlagqualität, so wie wir es mit unserer Re­gierung auf jeden Fall machen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

10.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.


10.10.58

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte KollegInnen! Liebe Mitbürger! Eines vorweg, und das ist mir ganz besonders wichtig zu sagen: Ja, die Abschaffung des Pflegeregresses war wichtig, sie ist wichtig, und es ist auch wichtig, sie weiterhin entsprechend zu finan­zieren, um den Ländern und Gemeinden die Kosten zu ersetzen.

Warum ist das wichtig? – Ein gesunder Lebensstil kann das Leben um Jahre verlän­gern. Bewegung, ausgewogene Ernährung, unser hervorragendes Gesundheits­sys­tem, all das kann das Leben verlängern. Ob man am Ende seines Lebens Pflege braucht, zu einem Pflegefall wird oder nicht, ist eine reine Schicksalsfrage. Das ist einfach Glück oder nicht.

Die Debatte mit den NEOS hatten wir schon vor Abschaffung des Pflegeregresses. Die damalige Situation war in meinen Augen ungerecht. Sie hat so ausgeschaut: Wenn ich mir in meinem Leben etwas erspart, mir ein wenig Eigentum aufgebaut und für die Enkel oder wen auch immer etwas zur Seite gelegt habe und finde mich in der Situation, dass ich zu einem Pflegefall werde, muss ich das alles abgeben. Das entspricht einer 100-prozentigen Erbschaftssteuer, die dann zur Anwendung kommt.

Auf der anderen Seite – und deshalb sage ich auch, es ist ungerecht –: Wenn ich nichts spare, nichts sparen kann oder auch nicht will, mir kein Eigentum schaffe, dann ist der Staat auch bisher für meine Pflege aufgekommen. Das ist einfach ungerecht, und damit wird auch ein bestimmter Lebensstil gefördert. Ich möchte nicht, dass man Menschen ungleich behandelt, und jene, die sich etwas schaffen, auch wenn es nur ein geringfügiges Eigentum ist, zu 100 Prozent enteignet, nur weil sie das Pech haben, zu einem Pflegefall zu werden. Deshalb bin ich auch stets für die Abschaffung des Pflegeregresses gewesen.

Heute stehen wir vor der Situation, das Ganze finanzieren zu müssen. Die 100 Mil­lionen Euro, über die wir in der Vergangenheit debattiert haben, sind zu wenig, weil es bestehende Fälle gegeben hat und noch immer gibt, die ebenfalls finanziert gehören.


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Da ist vieles auf uns zugekommen, was nicht berücksichtigt worden ist, nicht im entsprechenden Ausmaß berücksichtigt worden ist.

Ja, ich bin für diesen Antrag, ich bin für diese Regelung, die gemeinsam mit den Ländern getroffen worden ist, ich bin für diese 340 Millionen Euro. Ich hoffe aber auch, dass man, wenn mehr auf uns zukommen wird, auch weiterhin mit den Ländern ge­sprächsbereit sein wird, weil es nicht sein kann, dass wir, wenn wir als Bund ein Gesetz beschließen, die Länder alleine lassen.

Vielleicht noch zur Situation der älteren Generation, wie sie Frau Dr. Griss ange­sprochen hat: Sie haben gesagt, nun schieben alle Familien ihre älteren, ihre pflege­bedürftigen Familienmitglieder ins Pflegeheim, darum steigen die Zahlen so drastisch. Ich kann es aus meinem persönlichen Umfeld schildern, und man bekommt in seinem Leben viele, viele Beispiele mit: Das Pflegeheim ist das letzte Mittel, weil ganz viele Menschen aus der älteren Generation das einfach nicht wollen. Sie wollen nicht aus der ihnen gewohnten Umgebung herausgerissen werden, sie wollen nicht auf einmal nur in einem Zimmer sitzen und wirklich ein Pflegefall sein. Sie wollen weiterhin ihren kleinen Garten, ihren kleinen Balkon haben. Das ist es, was ihrem Leben noch Sinn gibt, sie in der Idee bestärkt, dass es noch lebenswert ist. Deshalb habe ich das von Ihnen Gesagte als Unterstellung empfunden. Ich finde ich es nicht richtig und nicht unterstützenswert. Familien kümmern sich sehr wohl bestmöglich um ihre Ange­höri­gen.

An Kollegin Belakowitsch gerichtet: Sie haben sich dafür gelobt, dass das Pflegegeld ab Pflegestufe 4 erhöht wird. Warum nicht für die Pflegestufen 1 bis 3 auch? Ich ver­stehe es nicht, es geht mir nicht ein. Warum wird die Grenze subjektiv dort gezogen? – Ich vermute dahinter ganz simpel die Subventionierung von Pflegeeinrichtungen, weil man überhaupt erst ab einer bestimmten Pflegestufe in ein Pflegeheim kommt. Das ist mir vollkommen bewusst. Es ist auch richtig, dass das Pflegegeld erhöht wird, aber bitte vergessen Sie nicht die Pflegestufen 1 bis 3, denn die betreffen viele, viele Familienangehörige, die sich um die Pflegebedürftigen kümmern und daher auch Unterstützung brauchen. – Danke. (Beifall bei JETZT.)

10.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.


10.15.16

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Das ist eine etwas sonderbare Diskussion heute zum Thema Abschaffung des Pflegeregresses. Bei den NEOS wundert mich, dass der Sozialsprecher nicht ans Rednerpult kommt, weil er das zumindest fachlich versteht. Die Ausführungen von Frau Griss waren für mich sehr verwunderlich, weil Sie eigentlich komplett gegenteilig zu dem handeln, was da heute zur Diskussion steht, aber gut. Über die Sozialdemokratie wundere ich mich doppelt, weil sie 2017 in Wahlkampfzeiten bei der Abschaffung dabei war und jetzt eine ganz pragmatische Finanzierung, die auch von ihren Landeschefs befürwortet wird, nicht mittragen will. Das kann ich nicht nachvollziehen, und das muss mir irgendjemand von der Sozialdemokratie einmal erklären.

Vielleicht ganz kurz für die Zuhörer und Zuseher: Worum geht es? – Wegen des finanziellen Ausfalls im Rahmen des Pflegeregresses muss man die Gemeinden und Bundesländer entsprechend entlasten. Dafür hat man 2018 einmal vorab 100 Mil­lio­nen Euro an die Bundesländer überwiesen, und jetzt überweist man – weil es eben zu wenig war – für 2018 noch einmal 240 Millionen Euro, also sind es in Summe 340 Mil­lionen Euro, die die Bundesländer bekommen, um diesen Entfall zu kompensieren. Der


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Schlüssel zwischen den Bundesländern bezieht sich im Prinzip auf die Einwohnerzahl, aber auch darauf, das muss man dazusagen, wie viele Pflegeeinrichtungen es im jeweiligen Bundesland gibt.

2018 ist ein Sonderfall, weil noch keiner genau sagen kann, wie hoch die Ausfälle sein werden. Es wird mit diesem Gesetz auch beschlossen, dass ab 2019 das bezahlt wird, was de facto als Differenz wirklich übrig bleibt. Das ist also eine ganz pragmatische, einfache Geschichte. Das ist eine ganz wichtige Entscheidung. Wenn Sie immer noch für die Abschaffung des Pflegeregresses sind – das ist meine Frage an die Sozialdemokratie –, dann müssen Sie meiner Meinung nach heute auch zustimmen. Wenn Sie das nicht tun, zeigen Sie der Bevölkerung draußen ganz klar, dass Sie nicht für die Abschaffung des Pflegeregresses sind, und das kann ich nicht nachvollziehen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Vielleicht noch einmal: Das hat die letzten Jahre Zehntausende Familien in Österreich betroffen, und das waren wirklich auch persönliche Tragödien, die sich abgespielt haben, weil sehr, sehr viele, lange bevor sie irgendwann ein Pflegefall geworden sind, gezwungen waren, ihr ganzes Vermögen weiterzugeben, um diesen Regress zu umgehen. Das haben wir mit der Abschaffung des Pflegeregresses verhindert.

Jetzt kann man in Würde alt werden und kann das, was man sich selbst erarbeitet hat, auch vererben, wie man das will. Man ist nicht gezwungen, vorher alles zu verteilen. Das ist speziell für eine Gruppe, die uns wichtig ist, für den Mittelstand, für die normale Bevölkerung, ganz, ganz wichtig. Die Abschaffung des Pflegeregresses hilft dem Mittel­stand, hilft der österreichischen Bevölkerung, und daher noch einmal meine Aufforderung an die Sozialdemokratie, da bitte mitzugehen. Besprecht es bitte noch einmal, bevor die Abstimmung kommt. Da nicht mitzugehen ist für mich wirklich – ich sage es ganz sachte – ein Wahnsinn.

Ganz kurz noch ein paar Worte zur Pflege allgemein: Selbstverständlich ist die Pflege ein Riesenthema, ein finanzielles Thema. Das betrifft jeden von uns, entweder per­sönlich oder im Familienverband, aber wir haben jetzt im ersten Jahr der Regierung versucht, auch diese Baustelle einmal anzugehen. Es fängt mit der Ausbildung des Pflegepersonals – das teilweise fehlt – an, umfasst die 24-Stunden-Pflege, Heim­pflege­plätze, Tagesbetreuung und so weiter, ein sehr breites Feld. Ich kann Ihnen ver­sprechen: Wir werden unsere alte Bevölkerung oder die Leute, die in Österreich Pflege brauchen, nicht im Stich lassen. Ich bitte aber schon um ein wenig Geduld, und das ist zugleich auch die Antwort an Frau Holzinger. Wir können nicht die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte im Bereich Pflege innerhalb von zwölf Monaten reparieren. Ich bitte also um ein wenig Geduld. Unser Versprechen ist aber ganz klar: Diese Regierung will der Bevölkerung im Alter Sicherheit geben, und das werden wir auch umsetzen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

10.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zarits. – Bitte.


10.20.01

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Juni 2017 wurde mit einer breiten Mehrheit hier im Parlament der Pflegeregress abgeschafft. Das war meiner Meinung nach ein richtiger und auch ein sehr, sehr wichtiger Beschluss. Ich glaube nämlich, wir alle hier im Hohen Haus sind uns einig, dass die Politik die Aufgabe hat, allen Menschen, die Pflege benötigen, allen Menschen, die Hilfe benötigen, auch tatsächlich qualitätsvolle und


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zuverlässige Pflege zu garantieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir, die ÖVP, wollen hochwertige Pflege und Unterstützung von pflegebedürftigen Men­schen, und wir wollen die Pflege mittel- und langfristig natürlich auch absichern. Darum ist es heute notwendig, dafür zu sorgen, dass der Bund seiner Verpflichtung nach­kommt und den Ländern die entstehenden Mehrkosten zu fairen Bedingungen abgilt. Wir stellen heute sicher, dass die Länder bis zu 340 Millionen Euro als Ausgleich für die Mehrkosten bekommen.

Im Bereich der Pflege und der Gesundheit stehen wir immer wieder vor neuen Auf­gaben und Herausforderungen. Die Bundesregierung nimmt diese Herausforderungen sehr ernst und handelt auch dementsprechend. Das bedeutet auch, dass es immer wieder neue Anpassungen braucht, um den wachsenden Herausforderungen gerecht zu werden. Heute beschließen wir 340 Millionen Euro für die Länder, und mit dieser Erhöhung stellen wir sicher, dass diese Hilfe auch wirklich bei den Betroffenen ankommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an unseren Bundesminister Löger, der durch viel Einsatz eine Einigung zwischen Bund und Ländern erzielen konnte.

Abschließend ein großes Dankeschön an alle Menschen, die im Pflegebereich tätig sind, ein Dank an alle Menschen in ganz Österreich, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen: Sie leisten Tag für Tag einen wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft. Ein herzliches Dankeschön dafür! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesminister Hartinger-Klein ist zu Wort gemeldet. – Bitte.


10.22.27

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Jeder Mensch, der in Österreich Pflege braucht, soll das Recht darauf haben. Das ist das Ziel dieser Regierung. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wir wollen die Versäumnisse der letzten Regierungen nachholen und entsprechende Konzepte vorlegen. Dazu wird es in Kürze einen Masterplan geben, anhand dessen Sie sehen werden, dass das gesamtheitlich gelöst wird. Pflege ist umfassend zu regeln. Es ist natürlich das Ziel, die Menschen zu Hause zu pflegen, solange sie zu Hause gepflegt werden können.

Wir haben auch einen Bericht über die pflegenden Angehörigen erstellt. Dazu nur eine Zahl: Wir haben in Österreich eine Million pflegende Angehörige. Diese gilt es zu unterstützen. Es gilt entsprechende Maßnahmen zu setzen, damit sie die Möglichkeit haben, ihre Angehörigen zu pflegen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ihnen fällt nichts anderes ein als Steuern. Eine Erbschaftssteuer soll die Lösung sein? Sorry, da können wir nicht mit, das lehnen wir als Regierung ab! (Abg. Rossmann: Begründung?) – Die Begründung lautet: Weil nicht immer nur die Menschen belastet werden sollen, sondern im System gespart werden soll, um die Mittel den Anspruchsberechtigten zukommen zu lassen. Deshalb machen wir eine Sozialversicherungsreform, Herr Kollege! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Wittmann.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 41

Was die Finanzierung des Pflegeregresses betrifft, freue ich mich, dass es uns gemein­sam mit dem Finanzminister und den Ländern gelungen ist, eine haltbare, tragfähige Finanzierung im Sinne der Österreicher zu finden. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

10.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Dönmez ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


10.24.30

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehbildschirmen! Zwei­felsohne ist ein Altern in Würde unser gemeinsames Ziel; dass man, wenn man pflegebedürftig ist, auch die entsprechende Pflege und Betreuung bekommt. Das steht, glaube ich, außer Frage.

Tauchen wir aber bitte in die Realität ein. Von wem wird die Pflege großteils aus­geführt? – Von Pflegern und Pflegerinnen – primär Pflegerinnen – aus Ungarn, aus Rumänien, aus der Slowakei, aus Tschechien und aus manchen anderen osteuro­päischen Ländern. Wer aber organisiert die Pflege und wer koordiniert die Personen­betreuung meistens? – Das sind Agenturen. Wir haben in Österreich über 800 Agen­turen, die diese Menschen anwerben beziehungsweise keilen.

Wissen Sie, wie das vonstattengeht? – Diese Agenturen haben in den Ländern Keiler, die über persönliche Netzwerke oder über Inserate meist Frauen anwerben. Es gibt dann einen Sammelpunkt, von dem diese Frauen per Bus abgeholt werden. Im Bus werden ihnen Verträge in die Hand gedrückt, die sie nicht verstehen und die sie zu unterschreiben haben. Sie sind offiziell selbstständig, aber viele dieser Agenturen – fast mehr als 50 Prozent – kassieren für diese Frauen von den Personen, die sie zu betreuen haben, den Lohn, führen die Abgaben an die SVA und an das Finanzamt ab und geben den Damen für die fünf bis sechs Wochen, in denen sie durchgehend die Betreuung auszuführen haben, in etwa 1 000 Euro. Das sind pro Tag in etwa 30 Euro, was einem Stundenlohn von 1 bis 2 Euro entspricht. (Abg. Hauser: Das stimmt nicht!)

Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist moderne Sklavenarbeit, und das geschieht tagtäglich. Wir haben gestern zu Recht einen symbolträchtigen Akt gesetzt, mit dem wir gezeigt haben, dass wir gegen Gewalt an Frauen sind. Wir alle haben einen Button bekommen, sind damit herumgelaufen und haben Fotos gemacht. Wenn aber hier die Augen davor verschlossen werden, dass tagtäglich Zigtausende Arbeitnehmerinnen, die von ihren Familien getrennt sind, unter schwierigen Bedingungen Dienst an unseren alten Menschen versehen, diese Betreuung ausführen und dabei ausgebeutet werden, dann ist das für mich ein No-Go. Dagegen müssen wir gemeinsam auftreten, und das müssen wir gemeinsam thematisieren!

Es gibt Musterverträge der Wirtschaftskammer für die Inkassolösung. Diese Inkasso­lösung ist eines der größten Probleme, die wir haben. – Schade, dass die Frau Minis­terin gerade nicht hier ist. (Abg. Kitzmüller: Sie ist hier!) In Anbetracht dieses Prob­lems ist es nämlich wichtig, dass man sich das genau ansieht und dass man auch Qualitätskriterien – welche Personen mit welcher Qualifikation und unter welchen Rahmenbedingungen Personenbetreuung in Österreich durchführen dürfen und können – einführt. (Abg. Gödl: Das ist geplant!)

Es kann nicht sein, dass unsere pflegebedürftigen, betreuungsbedürftigen Menschen von Leuten gepflegt und betreut werden, die ausgebeutet werden und die nicht einmal ein Mindestmaß an Qualifikation mitbringen. Das kann und darf nicht die Zukunft Öster­reichs sein!


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 42

Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich habe einige Vorschläge zur Reform der Personen­be­treuung bekommen. Ich darf Ihnen das überreichen. Es wäre mir ein großes Anliegen, dass Sie und insbesondere Ihre Mitarbeiter sich das anschauen. Schaut euch das an! Ich bin gerne auch bereit, mich diesbezüglich mit Ihnen und meinen Experten im Hintergrund zusammenzusetzen und diese Frage zu thematisieren, denn es ist wirklich ein großes Thema. Das betrifft über 25 000 PersonenbetreuerInnen in Österreich und auch zahlreiche Agenturen, die leider Gottes meiner Meinung nach nicht die erforder­lichen Qualitätsvoraussetzungen mitbringen. Das ist ein großer Graubereich, und das gehört abgedreht! Ich glaube aber, dass das bei Ihnen in guten Händen ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Der Redner überreicht Bundesministerin Hartinger-Klein ein Schriftstück.)

10.29

10.29.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 327 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist damit auch in dritter Lesung angenommen.

10.30.142. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (293 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsge­setz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Heimopferrentengesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Bezügegesetz geändert werden (Pensionsanpassungs­gesetz 2019 – PAG 2019) (363 d.B.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu Punkt 2 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Debattenredner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Muchitsch. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte, Herr Abgeordneter.


10.30.57

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der unter der Überschrift „Kaufverlust für PensionistInnen“ folgende Rechnung betreffend das Jahr 2019 dargestellt ist: „4,4 % Teuerung – 2,6 % Anpassung = 1,8 % Kaufkraftverlust“.) Wir haben in den letzten Wochen in Medienberichten schon sehr viel zum Thema Pensionsanpassung gehört. ÖVP und FPÖ haben dieses Thema hochgejubelt. Wir haben den Menschen da reinen Wein eingeschenkt. (Abg. Neubauer: Das ist Essig!)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 43

Sie sprechen bei plus 2,6 Prozent bei den unteren Pensionen von einer ganz tollen Erhöhung. Wenn wir uns aber genau anschauen – und ich glaube, Sie kennen die Zahlen –, wie sich die Teuerung auf den wöchentlichen Einkauf auswirkt – und wie diese Zahlen gestiegen sind –, dann sehen wir, dass es sich um plus 3,9 Prozent handelt. Beim täglichen Einkauf sind die Preise um 4,4 Prozent gestiegen. – Es ist also Faktum, dass das ein massiver Kaufkraftverlust für unsere ältere Generation mit nied­rigen Pensionen ist.

Geschätzte Damen und Herren von FPÖ und ÖVP! Ich hoffe, Sie wissen, dass man mit Prozenten nicht einkaufen gehen kann. Das geht an der Kasse nicht, da geht es immer um Euro. (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der unter der Überschrift „Pensionsanpassung“ Säulendiagramme zu sehen sind, mit denen die Pensions­anpassung der Jahre 2018 und 2019 vergleichend dargestellt wird.) Wenn wir uns Ihre Pensionsanpassung auch in Euro anschauen, dann sehen wir: Bei einer Mindest­pension von 1 115 Euro brutto im Monat ist das eine Erhöhung um 29 Euro brutto und 21 Euro netto.

Jeder in diesem Land wird begreifen: Wenn die Preise beim täglichen Einkauf um 40 Euro gegenüber dem Vorjahr gestiegen sind und Sie den Menschen mit den niedrigsten Pensionen im Monat nur 21 Euro ins Geldtaschel geben, dann ist das keine Kaufkraftsteigerung, sondern ein Kaufkraftverlust, der enorm groß ist.

Sie seitens FPÖ und ÖVP werden dann hier herauskommen und sagen: Auch unter SPÖ-Verantwortung war es schon so, dass es nicht immer gelungen ist, den täglichen oder wöchentlichen Einkauf abzudecken! – Schauen wir uns daher bitte die letzten drei Jahre an: In den letzten drei Jahren unter SPÖ-Regierung haben wir zumindest immer die Inflationsrate abgedeckt. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Der Abstand zur Steigerung beim täglichen und wöchentlichen Einkauf war immer ganz minimal, teilweise lag die Erhöhung sogar einmal darüber. Das können Sie sich von 2016 bis 2018 anschauen. Sie können jetzt herkommen und etwas anderes behaupten, wenn Sie wollen, aber diese Zahlen sind Fakten, und diese Zahlen lügen nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Schauen wir uns jetzt auch noch die Kluft zwischen Ihrer Pensionserhöhung und den laufenden Gehalts- und Lohnverhandlungen und -abschlüssen an. Ich möchte jetzt nicht auf den Beamtenabschluss eingehen, denn es wäre nicht ganz okay, da in Vergleich zu treten, beziehungsweise auch nicht auf die derzeitigen Verhandlungen der Eisenbahner, die sich auch wesentlich von Ihrer Politik unterscheiden. Die Eisenbahner brechen bei 2,7 Prozent ab, Sie aber feiern 2,6 Prozent bei den Mindestpensionen als Plus! (Abg. Kassegger Das ist ja lächerlich!)

Wenn man sich das jetzt in Euro anschaut: In der untersten Lohngruppe eines Metall­arbeiters gibt es plus 4,3 Prozent, das heißt plus 80 Euro. Ein Arbeiter in der Metall­branche bekommt in der untersten Lohngruppe, ohne Ausbildung, plus 80 Euro im Monat, Sie aber geben den Menschen, die jahrzehntelang schwer gearbeitet haben und eine Mindestpension beziehen, plus 29 Euro. Das sind die Fakten. (Beifall bei der SPÖ.)

Das bringt klar zum Ausdruck: Die Pensionistinnen und Pensionisten dieser Republik sind Ihnen nicht das wert, was ihnen eigentlich gebührt. Es ist unwürdig, hier heraus­zugehen und diese Pensionserhöhung als positiv zu vermarkten und hochzujubeln. Wenn wir Hochkonjunktur haben, wenn der Finanzminister mit dem Verbuchen von zusätzlichen Steuereinnahmen gar nicht mehr nachkommt, dann wird es doch möglich sein, dass wir hier in diesem Haus für die Menschen im Land, die jahrzehntelang ge­arbeitet haben, eine wesentlich bessere und höhere Pensionsanpassung beschließen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 44

Faktum ist: Wir, die SPÖ, haben es bei den Pensionen immer besser gemacht. (Heiter­keit bei der FPÖ. – Abg. Zanger: Das ist ja lächerlich!) Das sagt sogar der Sozial­sprecher der NEOS. Ich zitiere Gerald Loacker, der im Ausschuss gesagt hat, dass es die SPÖ beim Thema Pensionen einfach besser gemacht hat. – Das war so, und das wissen auch die Menschen draußen und zu Hause. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute ist ein schwarzer Tag für die Pen­sionistinnen und Pensionisten, was ihre Pensionsanpassung in Anbetracht dieser Preissteigerungen betrifft. An diesem schwarzen Tag versprechen Sie den Leuten das Blaue vom Himmel und wollen ihnen hier vermitteln, dass sie sich mehr leisten können als bisher. Liebe Freunde, wenn Sie diese Zahlen kennen, dann wissen Sie: Das ist einfach Schwachsinn! (Abg. Neubauer: Na, na, na! Hallo!) Diese Pensionsanpassung ist unwürdig gegenüber der älteren Generation in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler des Agrar­bildungszentrums Lambach auf Einladung des Abgeordneten Lindinger recht herzlich im Hohen Haus begrüßen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.


10.36.42

Abgeordneter Werner Neubauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Gestatten Sie mir, zu Beginn meiner Ausführungen einen Abänderungsantrag zum Pensionsanpassungsgesetz 2019 einzubringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten August Wöginger, Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kolle­gen zum Pensionsanpassungsgesetz 2019

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geän­dert:

Nach der Z 4 wird folgende Z 5 angefügt:

»5. Nach § 717a wird folgender § 717b samt Überschrift angefügt:

„Vorbereitung der Neuordnung der Verwaltungskörper

§ 717b. Vorbereitungshandlungen, die im Hinblick auf erst in der Zukunft liegende Gesetzesänderungen im Bereich der Sozialversicherungsgesetze erforderlich sind, können bereits vor dem In-Kraft-Treten des jeweiligen Bundesgesetzes durchgeführt werden, wenn andernfalls eine fristgerechte Umsetzung nicht möglich wäre und der Gesetzesvorschlag bereits in parlamentarischer Behandlung steht. Insbesondere haben die Versicherungsträger auf Verlangen der Aufsichtsbehörde innerhalb einer Frist von 14 Tagen dieser die Zahl der pflichtversicherten Dienstnehmer/innen zu einem bestimmten Stichtag in der von der Aufsichtsbehörde geforderten Form zur Verfügung zu stellen.“«

Art. 9 (Änderung des Pensionsgesetzes 1965) wird wie folgt geändert:

Im § 41 Abs. 5 in der Fassung der Z 1 wird der Ausdruck „§ 718“ jeweils durch den Ausdruck „§ 717a“ ersetzt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 45

Art. 10 (Änderung des Bundestheaterpensionsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Im § 11 Abs. 6 wird der Ausdruck „§ 718“ jeweils durch den Ausdruck „§ 717a“ ersetzt.

Art. 11 (Änderung des Bundesbahn-Pensionsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Im § 37 Abs. 5 in der Fassung der Z 1 wird der Ausdruck „§ 718“ jeweils durch den Ausdruck „§ 717a“ ersetzt.

*****

Es handelt sich hierbei um eine rein technische Adaptierung, deshalb ersuche ich das Hohe Haus um Zustimmung.

Zum Thema der Pensionsanpassung selbst darf ich mich im Unterschied zu meinem Vorredner Muchitsch heute sehr erfreut zeigen. Es ist der Frau Bundesministerin ge­lungen, eine Pensionsanpassung ins Hohe Haus zu bringen, die eigentlich weit höher ist als die Inflation im Vergleichsraum von einem Jahr. Davon, Herr Kollege Muchitsch, müssen wir ausgehen, und nicht das berechnen, was in den letzten drei Monaten jeden Tag fraktionsweise da oder dort teurer geworden ist! Das ist der gesetzliche Rahmen, den wir haben, nämlich die Einjahresüberprüfung. Davon geht auch die Statistik Austria aus, und da liegt die Inflation bei 2,0 Prozent.

Die Frau Bundesministerin hat einen Gesetzentwurf, einen Vorschlag von 2,6 Prozent vorgelegt, und ich denke, wir können wirklich stolz darauf sein, dass das gelungen ist. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wir haben eine Pensionsanpassung, die sozial gestaffelt ist, und zwar in der Höhe von 2,6  bis 2 Prozent bei 1 115 Euro bis 1 500 Euro und von 2 Prozent bei 1 500 Euro bis 3 402 Euro. Da die ASVG-Höchstpension derzeit 3 402 Euro beträgt, gibt es keinen einzigen Pensionsbezieher, der weniger als die Inflationsabgeltung bekommt. Das ist einzigartig und einmalig. Deswegen können wir auf diese Vorgehensweise auch stolz sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Bei dieser Anpassung über die Wertsicherung hinaus wird auch die Kaufkraft gestärkt, was ja für die Pensionisten das Entscheidende ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wenn heute gesagt wird, dass das eine geringe Anpassung ist, dann darf ich Kollegen Muchitsch schon daran erinnern, dass die Anpassung der Pensionen im Jahr 2013/2014 weit unter der Inflationsrate erfolgt ist, und wenn man das hoch­rechnet, dann haben die Pensionisten heute noch einen Verlust von über 200 Euro. Ich danke den sozialistischen Bundesministern für diese schlechte Anpassung der Pen­sionen in der Vergangenheit! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich denke, dass man, wenn man sich um ein Umlageverfahren bemüht – wir als Frei­heitliche stehen zum Umlageverfahren –, den Mut dazu haben muss, auch die Finan­zierung zur Verfügung zu stellen. Die Finanzen müssen aber ausgewogen sein, weil wir uns sonst in den nächsten Jahren genau dieses System nicht mehr leisten können.

In den letzten zehn Jahren habe ich zwölfmal – jedes Jahr – Anträge eingebracht, um den Preisindex für Pensionistenhaushalte um nur 0,2 Prozent zu erhöhen. Zwölfmal wurde das von der Sozialdemokratie abgelehnt, sehr geehrte Damen und Herren. Das sollte die Öffentlichkeit auch wissen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die heutigen Rede­beiträge der Sozialdemokraten sind reiner Theaterdonner und sonst nichts. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Muchitsch – die zuvor bei seiner Rede auf das Rednerpult gestellte Tafel mit der Aufschrift „Kaufverlust für PensionistInnen“ in die Höhe haltend –: Jetzt, Kollege, können Sie es machen! Jetzt können Sie es machen!)


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Wenn die Metaller bei ihren Verhandlungen 3,43 bis 4,3 Prozent ausverhandelt haben und nun Herr Kostelka für die Pensionisten 4 Prozent verlangt, dann ist das unredlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, merken Sie sich das! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Muchitsch, der die Tafel mit der Aufschrift „Kaufverlust für PensionistInnen“ erneut in die Höhe hält.)

10.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten August Wöginger, Dr. Dagmar Belakowitsch

und Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 363 der Beilagen über die Regierungsvorlage 293 der Beilagen betreffend ein Pensionsanpassungsgesetz 2019

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Nach der Z 4 wird folgende Z 5 angefügt:

»5. Nach § 717a wird folgender § 717b samt Überschrift angefügt:

„Vorbereitung der Neuordnung der Verwaltungskörper

§ 717b. Vorbereitungshandlungen, die im Hinblick auf erst in der Zukunft liegende Gesetzesänderungen im Bereich der Sozialversicherungsgesetze erforderlich sind, können bereits vor dem In-Kraft-Treten des jeweiligen Bundesgesetzes durchgeführt werden, wenn andernfalls eine fristgerechte Umsetzung nicht möglich wäre und der Gesetzesvorschlag bereits in parlamentarischer Behandlung steht. Insbesondere haben die Versicherungsträger auf Verlangen der Aufsichtsbehörde innerhalb einer Frist von 14 Tagen dieser die Zahl der pflichtversicherten Dienstnehmer/innen zu einem bestimmten Stichtag in der von der Aufsichtsbehörde geforderten Form zur Ver­fügung zu stellen.“«

Art. 9 (Änderung des Pensionsgesetzes 1965) wird wie folgt geändert:

Im § 41 Abs. 5 in der Fassung der Z 1 wird der Ausdruck „§ 718“ jeweils durch den Ausdruck „§ 717a“ ersetzt.

Art. 10 (Änderung des Bundestheaterpensionsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Im § 11 Abs. 6 wird der Ausdruck „§ 718“ jeweils durch den Ausdruck „§ 717a“ ersetzt.

Art. 11 (Änderung des Bundesbahn-Pensionsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Im § 37 Abs. 5 in der Fassung der Z 1 wird der Ausdruck „§ 718“ jeweils durch den Ausdruck „§ 717a“ ersetzt.

Begründung

Zu Art. 1 (§ 717b ASVG):

Auf Grund des im Sozialversicherungs-Organisationsgesetz (SV-OG) vorgesehenen Zeitplanes hat es sich als erforderlich erwiesen, mit den Vorbereitungshandlungen zur Umsetzung des SV-OG sobald wie möglich zu beginnen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 47

Daher soll nunmehr klargestellt werden, dass die erforderlichen Umsetzungsschritte, die unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des SV-OG jedenfalls erforderlich sind, bereits vor dem In-Kraft-Treten des SV-OG gesetzt werden können.

Davon umfasst ist auch eine entsprechende Mitwirkung durch die Sozialversiche­rungs­träger, wie insbesondere die Stichtagserhebung.

Zu den Art. 9 bis 11 (§ 41 Abs. 5 PG 1965; § 11 Abs. 6 BThPG; § 37 Abs. 5 BB-PG):

Mit den vorgeschlagenen Änderungen werden Zitierungen berichtigt.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der verlesene Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Leichtfried zu Wort gemeldet. – Bitte.


10.43.14

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Das, was hier geschieht, ist in zweierlei Hinsicht ein großes Foul – ich habe mich zu diesem Thema schon einmal zu Wort gemeldet –: Wenn es nun so ist, dass in Zukunft unglaublich komplizierte Anträge immer kurzfristig eingebracht werden, dann beendet man mit dieser Vorgehensweise das, was in diesem Haus immer stattgefunden hat, nämlich den Dialog zur Zusammenarbeit. Wenn Sie wollen, dass das in Zukunft immer passiert, dann nehmen wir das zur Kenntnis. Es ist aber wirklich so, dass Sie mit den Usancen dieses Hauses umgehen, als ob es sie nie gegeben hätte. Das ist unstatthaft, was Sie hier treiben, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT.)

Ich möchte auch noch etwas zum Inhalt dieses Gesetzes ansprechen: Das ist so etwas wie ein Selbstermächtigungsgesetz. Da treten Auswirkungen ein (Zwischenruf bei der ÖVP), die legal festgelegt werden, bevor in diesem Haus überhaupt ein Gesetz beschlossen wird. Herr Präsident, das ist klar verfassungswidrig. Ich fordere Sie auf, diesen Antrag zurückzuweisen, denn das geht so nicht! (Neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP.) Ein verfassungswidriger Antrag ist von Ihnen nicht zu behandeln, Herr Präsident! – Danke schön. (Anhaltender Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT.)

10.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Kollege Scherak zu Wort gemeldet. – Bitte.


10.44.35

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte mich dem anschließen, was Kollege Leichtfried gerade gesagt hat. Wir haben diesen Antrag um 10.13 Uhr zugeschickt bekommen, nun ist es laut meiner Uhr 10.43 Uhr, und wir werden in einigen Minuten darüber abstimmen.

Ich erinnere noch einmal daran, was die gute Usance hier im Haus ist: Wir haben uns grundsätzlich darauf geeinigt, dass wir Abänderungsanträge 24 Stunden vorher ver­schicken. Wir hatten in der letzten Stehpräsidiale – ich glaube, das war in der letz­ten oder vorletzten Sitzung – eine Diskussion, in der es hieß, dass es nur mehr in Aus­nahmefällen vorkommen soll, dass man sie so spät verschickt und auch so spät einbringt. Ich empfinde es nicht mehr als Ausnahmefall, wenn etwas andauernd pas­siert, denn dann ist es nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel.


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Herr Präsident, ich erwarte mir wirklich von Ihnen, dass Sie, wenn wir uns weiterhin darauf einigen, dass wir uns an die Usancen hier im Haus halten – und das alle tun –, auch darauf schauen. Ansonsten sage ich Ihnen ganz ehrlich – von mir persönlich und höchstwahrscheinlich auch von meiner Fraktion –, dass wir uns irgendwann einmal auch nicht mehr den Usancen hier im Haus verpflichtet fühlen, weil das so keinen Sinn macht. Entweder halten wir uns alle daran oder wir lassen das Ganze. (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.)

10.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Kollege Wöginger zu Wort gemeldet. – Bitte.


10.45.53

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Erstens, Herr Kollege Scherak, gibt es anscheinend auch von den NEOS einen Antrag, der noch zu diesem Gesetz eingebracht wird und den wir auch nicht kennen. (Abg. Loacker: Der war ja schon im Ausschuss! Du warst nicht im Ausschuss!) – Ja, aber wir kennen ihn nicht! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) – Wir kennen ihn nicht und er wird ja auch erst jetzt eingebracht und an uns übermittelt. Warum ich nicht in der Ausschusssitzung war: Das war, weil ich in der Präsidial­kon­ferenz war (Zwischenrufe bei der SPÖ), Herr Kollege Loacker – das zur Klarstellung. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: Hast du keinen Stellvertreter?!)

Zum Zweiten – damit das auch die Öffentlichkeit weiß –: Wir sind als Regie­rungs­parteien regelrecht aufgefordert, zu solchen Mitteln zu greifen (Abg. Heinisch-Hosek: Warum?), weil wir dazu verpflichten müssen, dass Daten eingemeldet werden. Wissen Sie, was die Realität ist? – Derzeit ersucht das Ministerium um Einmeldung der Daten im Zusammenhang mit der Sozialversicherungsreform (Abg. Heinisch-Hosek: Ohne Gesetz keinen Einwand!) und es gibt derzeit Sozialversicherungsträger, die sich weigern, diese Daten einzumelden. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

So weit sind wir in dieser Republik gekommen. Daher müssen wir diesen Abän­derungsantrag einbringen (Abg. Meinl-Reisinger: Rechtsstaat, Herr Kollege!), damit es zur Einmeldung dieser Daten innerhalb von 14 Tagen kommt. Das ist die Wahrheit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

10.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich unterbreche die Sitzung für eine Steh­prä­sidiale.

*****

(Die Sitzung wird um 10.47 Uhr unterbrochen und um 10.54 Uhr wieder aufge­nom­men.)

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich mache von § 65 Abs. 1 der Geschäftsordnung Gebrauch und verlege die Ab­stim­mung über diesen Tagesordnungspunkt an das Ende der Tagesordnung, um noch Beratungen zu ermöglichen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 49

Ich gebe gleichzeitig bekannt, dass die Parteien übereingekommen sind, über eine grundsätzliche Vorgangsweise diesbezüglich Beratungen in der Präsidiale im Dezem­ber vorzunehmen.

Zu Wort ist nun Abgeordneter Loacker gemeldet. – Bitte.


10.55.26

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wie die Pensionen in Österreich zu erhöhen sind, steht an und für sich im ASVG, aber wieder einmal wird mit diesem Gesetz die bestehende Regelung ausgehebelt. Diese Aushebelung ist heuer besonders schlecht gemacht, wie wir auch anhand des vorherigen Tumults schon gesehen haben.

In Österreich sind 212 000 Personen Bezieher einer Ausgleichszulage. Diese bekom­men ihre Pension also auf das aufgestockt, was im Volksmund die Mindestpension ist. Das sind 212 000 Personen. In den Genuss dieser außertourlichen Erhöhung, die Sie beschließen, kommen aber 1,3 Millionen Personen.

Wer sind denn diese nicht sozial Bedürftigen, die das bekommen? – Ich gebe Ihnen ein Beispiel: 300 000 österreichische Pensionen werden in das Ausland überwiesen, der Großteil nach Deutschland, einige nach Kroatien, Serbien oder in die Türkei. Das sind Menschen, die vielleicht 15 oder 20 Jahre in Österreich gearbeitet haben, aber auch 20 oder 25 Jahre in Deutschland. Sie bekommen einen Teil ihrer Pension von uns, vielleicht 1 000 Euro, weil sie 20 Jahre in Österreich gearbeitet haben, und von der deutschen Rentenversicherung noch einmal 1 500 Euro. Diese erhalten nun 2,6 Pro­zent Erhöhung. Hätte so jemand 45 Jahre in Österreich gearbeitet, bekäme er 2,0 Pro­zent Erhöhung. (Abg. Belakowitsch: Ist ja eine Versicherungsleistung! – Abg. Wurm: Falsch!)

Das ist die Politik, die Sie machen: Den Menschen, die in Österreich arbeiten und die ihre Kinder im Ausland haben, kürzen Sie die Familienbeihilfe, aber denen, die nicht in Österreich arbeiten und österreichische Pensionen im Ausland beziehen, werfen Sie das Geld noch nach.

Noch ärger ist die fehlende Regelung zu den Luxuspensionisten. Bei der Erhö­hung 2018 war es so, dass man die Pensionen zusammengerechnet hat. Wenn jemand eine Pension von der Arbeiterkammer, von der Wirtschaftskammer oder von einem Sozial­versicherungsträger bekommen hat, hat man das mit seiner ASVG-Pension zusam­men­gezählt und einen Deckel eingezogen. Dieses Zusammenzählen gibt es heuer nicht, die Luxuspensionisten bekommen beide Pensionen erhöht. Das haben Sie ge­schafft! (Beifall bei den NEOS.)

Das betrifft auch Landesbeamte in Ruhe, die eine Beamtenpension des Bundeslandes bekommen. Die sind auch nicht erfasst, wenn sie daneben noch eine ASVG- oder eine GSVG-Pension haben. Die FPÖ dürfte nicht überrissen haben, dass die ÖVPler für ihre schwarze Beamtenschaft wieder einmal ein Kekslein auf die Seite geschafft haben.

Um das noch zu korrigieren, bringe ich folgenden Abänderungsantrag ein, der leider schon im Ausschuss keine Mehrheit erreicht hat:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 50

Der dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (293 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Impfschadenge­setz, das Verbrechensopfergesetz, das Heimopferrentengesetz, das Pensionsge­setz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Bezügegesetz geändert werden (Pensionsanpassungsgesetz 2019 – PAG 2019) (363 d.B.) angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

a) § 717a ASVG wird in Abs. 2 dem ersten Satz folgender Satz angefügt:

„Als Teil des Gesamtpensionseinkommens gelten auch alle Leistungen, die vom Sonderpensionenbegrenzungsgesetz, BGBl. I Nr. 46/2014, erfasst sind, wenn die pensionsbeziehende Person am 31. Dezember 2018 darauf Anspruch hat.“

b) § 717a ASVG wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Rechtsträger, die Leistungen nach § 717a ASVG Abs. 2 zweiter Satz auszahlen, haben die Höhe dieser Leistungen dem zuständigen Pensionsversicherungsträger mitzuteilen. Der Pensionsversicherungsträger hat sodann diesen Rechtsträgern das Gesamtpensionseinkommen nach § 717a ASVG Abs. 2 mitzuteilen.“

c) § 717a ASVG wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) (Verfassungsbestimmung) Die Anpassung für das Kalenderjahr 2019 von Leis­tungen, die vom Sonderpensionenbegrenzungsgesetz, BGBl. I Nr. 46/2014, erfasst sind, darf die Erhöhung nach § 717a ASVG Abs. 1 unter Heranziehung des Gesamt­pensionseinkommens (§ 717a ASVG Abs. 2) nicht überschreiten.“

*****

Ich musste Ihnen diesen Wortschwall vorlesen, weil das die etwas altertümliche Geschäftsordnung vorsieht. Ich entschuldige mich dafür bei den Zusehern.

Sie wissen übrigens auch, dass die Pensionserhöhung aus dem Vorjahr sehr wahr­scheinlich mittelbar diskriminierend ist und hohe Folgekosten für die Republik Öster­reich aufweisen wird. Trotzdem bauen Sie dieses Element, das ein Gericht schon als diskriminierend erkannt hat, in die neue Pensionserhöhung wieder ein und riskieren millionenschwere Folgekosten für die Republik und damit für die Steuerzahler, die aktiv im Erwerbsleben stehen – das ist hochgradig unverantwortlich. (Beifall bei den NEOS.)

11.00

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (293 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Impfschaden­ge­setz, das Verbrechensopfergesetz, das Heimopferrentengesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Bezügegesetz geändert werden (Pensionsanpassungsgesetz 2019 – PAG 2019) (363 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 51

Der dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (293 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Impfschaden­ge­setz, das Verbrechensopfergesetz, das Heimopferrentengesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Bezügegesetz geändert werden (Pensionsanpassungsgesetz 2019 – PAG 2019) (363 d.B.) angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

a) § 717a ASVG wird in Abs. 2 dem ersten Satz folgender Satz angefügt:

„Als Teil des Gesamtpensionseinkommens gelten auch alle Leistungen, die vom Son­derpensionenbegrenzungsgesetz, BGBl. I Nr. 46/2014, erfasst sind, wenn die pen­sionsbeziehende Person am 31. Dezember 2018 darauf Anspruch hat.“

b) § 717a ASVG wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Rechtsträger, die Leistungen nach § 717a ASVG Abs. 2 zweiter Satz auszahlen, haben die Höhe dieser Leistungen dem zuständigen Pensionsversicherungsträger mitzuteilen. Der Pensionsversicherungsträger hat sodann diesen Rechtsträgern das Gesamtpensionseinkommen nach § 717a ASVG Abs. 2 mitzuteilen.“

c) § 717a ASVG wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) (Verfassungsbestimmung) Die Anpassung für das Kalenderjahr 2019 von Leistungen, die vom Sonderpensionenbegrenzungsgesetz, BGBl. I Nr. 46/2014, erfasst sind, darf die Erhöhung nach § 717a ASVG Abs. 1 unter Heranziehung des Gesamt­pensionseinkommens (§ 717a ASVG Abs. 2) nicht überschreiten.“

Begründung

Bei der Berechnung des Gesamtpensionseinkommens sollen sämtliche gesetzliche Pen­sionen und Pensionen gem. Sonderpensionenbegrenzungsgesetz aufaddiert wer­den. Damit soll sichergestellt werden, dass ausschließlich tatsächlich bedürftige Pen­sionist_innen von einer erhöhten Pensionsanpassung profitieren - siehe PAG 2018.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungs­gemäß eingebracht und steht damit auch mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.


11.00.32

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Das ist nominell gesehen die am höchsten ausfallende Pensionsanpassung der letzten Jahre. (Zwischenrufe bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Rossmann.) Wir heben im unteren Bereich um 2,6 Prozent an, das ist 0,6 Prozent über der Inflation. Also ich verstehe die Aufregung nicht, und ich verstehe auch nicht, warum die Sozialdemokratie im vorigen Jahr mitgestimmt hat und das heuer nicht mehr geht, obwohl wir de facto den gleichen Wert über der Inflation beschlossen haben. Das kann wohl nur damit zusammenhängen, dass man im vorigen Jahr noch regiert hat und jetzt auf der Oppositionsbank sitzt, meine Damen und Herren; ansonsten ist das nicht erklärbar. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Muchitsch hält eine Tafel in die Höhe, auf der unter der Überschrift „Pensionsanpassung“ Säulen-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 52

diagramme zu sehen sind, mit denen die Pensionsanpassung der Jahre 2018 und 2019 vergleichend dargestellt wird.)

Es ist einfach auch unredlich, eine Pensionsanpassung von 4 Prozent zu fordern. Wo bitte war denn dann der Pensionistenverband in den letzten Jahren? Da hat es diese Forderungen nicht gegeben. Wir haben uns bemüht, gute Abschlüsse zu erzielen, aber der, den wir jetzt haben, ist sicherlich der beste der letzten Jahre. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Wir wollen, dass die Pensionistinnen und Pensionisten letzten Endes mindes­tens die Inflation abgegolten bekommen, und die Bezieher der kleineren und niedri­geren Pensionen bekommen mehr. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Das bildet dieses Gesetz ab, nämlich plus 2,6 Prozent bis 1 115 Euro, das ist die mittlere ASVG-Pension, dann gibt es bis 1 500 Euro zwischen 2,6 und 2 Prozent, dann 2 Prozent bis zur ASVG-Höchstpension von 3 400 Euro, und darüber gibt es einen Fixbetrag von 68 Euro, was genau den 2 Prozent bei 3 400 Euro entspricht. – Das ist die Pensionsanpassung, die sich unsere ältere Generation auch verdient hat, weil es jene Generation ist, die dieses wunderschöne Land aufgebaut hat und die durch harte Arbeit letzten Endes auch bewiesen hat, dass wir dieses Land gemeinsam in eine gute Zukunft führen können.

Ich bitte aber darum, da einfach bei der Sachlichkeit und auch bei der Ehrlichkeit zu bleiben – es ist eine gute Pensionsanpassung für unsere Pensionistinnen und Pensio­nisten – und keine Forderungen zu erheben, die es in der Vergangenheit nicht ge­geben hat, die auch in der Vergangenheit unter sozialdemokratischen Sozialministern nicht umgesetzt wurden. (Abg. Muchitsch hält neuerlich die Tafel mit der Aufschrift „Pensionsanpassung“ in die Höhe.) Also wenn man hier nur noch auf der populis­tischen Welle unterwegs ist, dann – sage ich ganz ehrlich dazu – hat das mit einer seriösen Politik nichts mehr zu tun. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Ich glaube, dass die Pensionistinnen und Pensionisten das wissen, dass sie das mittlerweile auch erkennen, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Eines ist klar: Diese Bundesregierung wird auch weiterhin für die Pensionistinnen und Pensionisten da sein. Der heutige Beschluss der Pensionsanpassung für das Jahr 2019 bestätigt ganz eindeutig, dass uns die ältere Generation sehr am Herzen liegt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Bravo! Gute Rede!)

11.03


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.


11.03.53

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Betreffend die Vorgehensweise im Zusammenhang mit dem Abänderungsantrag finde ich grund­sätzlich, dass der Kompromiss, die Abstimmung am Ende des Tages zu machen, auch nicht das Gelbe vom Ei ist, aber es gibt zumindest die Möglichkeit, sich diesbezüglich noch einzulesen. Eine Abstimmung im Rahmen dieses Tagesordnungspunktes wäre meiner Meinung nach einfach eine Verhöhnung des Parlamentarismus. (Abg. Hammer: Über das haben wir eh schon geredet ...! Passt eh schon ...!)

Das ist auch beim Tagesordnungspunkt zum Tierschutz ein Punkt: kurze Zeit, wir diskutieren nicht im Ausschuss, Sie bringen einfach im Nationalrat umfassendste Abänderungsanträge ein (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hammer) – also ich bitte wirklich darum, wenn wir hier gemeinsam zusammenarbeiten wollen, von derartigen Vorgehensweisen abzugehen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 53

Zum Tagesordnungspunkt selbst ist zu sagen, dass ich der Überzeugung bin, dass es nicht nur Aufgabe einer Oppositionspolitikerin ist, Vorlagen kritisch zu betrachten, son­dern auch zu sagen, wenn etwas positiv ist. Ich werde das auch tun. Ich erachte es als positiv, dass da vom gesetzlichen Automatismus abgegangen worden ist, dass man versucht, unterschiedlichen Einkommensgruppen, unterschiedlichen Pensionsgruppen sozial gestaffelt eine Unterstützung zukommen zu lassen.

Warum ist das meiner Meinung nach wichtig? Wir haben im Ausschuss bereits darüber diskutiert. Es gibt viele Menschen, besonders Frauen, die in ihrem Leben zwar umfassend gearbeitet haben, aber dann in einem gewissen Bereich Kindererziehung geleistet haben, vielleicht die Pflege von Angehörigen übernommen haben und da­durch natürlich auch weniger Pensionsjahre haben sammeln können. Aufgrund der Durchrechnungsjahre und Durchrechnungszeiten, denen sie aktuell gegenüberstehen, ist die Pension am Ende des Berufslebens aber vielleicht eine Mindestpension, und damit gibt es wirklich kein Auskommen.

Ich finde es richtig, dass man sozial staffelt, dass man diesen Pensionisten und Pen­sionistinnen (Abg. Wurm: Danke!) eine höhere Pensionsabgeltung zukommen lässt als jenen, die sich im Bereich der ASVG-Höchstpension von 3 400 Euro bewegen, denn ich glaube, dass eine prozentuelle Steigerung der Pension einer Mindestpensionistin sowie von Pensionisten oder Pensionistinnen, die eine ASVG-Höchstpension von 3 400 Euro haben, einfach nicht zu rechtfertigen wäre.

Dann ist es aber mit der positiven Einschätzung des koalitionären Kraftaktes auch schon wieder vorbei. Warum? – Wenn man sich die Vorlage nämlich nüchtern ansieht, dann muss man Folgendes sagen: Die große Gruppe jener, die sich im Mittelfeld bewegen, wird einfach unter der Inflationsgrenze abgegolten. Da brauche ich den Miniwarenkorb, den wöchentlichen Einkauf, der von vielen Pensionisten und Pensionis­tinnen zu leisten ist, der sich ja um bis zu 5 Prozent erhöht hat, bei Weitem noch nicht zu erwähnen. Nein, von dem rede ich wie gesagt nicht, aber für die Mehrheit der Pensionistinnen und Pensionisten sind leider nicht einmal die 2 Prozent Inflations­abgeltung enthalten.

Das Ziel wurde meiner Meinung nach hinsichtlich der sozial bedürftigeren Gruppe ebenfalls verfehlt. Am Ende ist es, wenn ich es mir netto – nicht die Bruttoerhöhung – ansehe, angesichts der Inflation einfach zu wenig.

Dieses Pensionsanpassungsgesetz bedeutet somit, dass viele Pensionisten und Pensionistinnen nächstes Jahr weniger Kaufkraft zur Verfügung haben als dieses Jahr, und das in Zeiten eines Wirtschaftsaufschwungs und in Zeiten von Hochkonjunktur. Das heißt, es wäre sehr wohl möglich gewesen, da eine bessere Unterstützung, eine bessere Erhöhung zu leisten. Das ist für mich auch der Grund dafür, warum ich sage, der eingangs erwähnte Abänderungsantrag und die aktuell vorliegende Gesetzes­vor­lage müssen im Ausschuss umfassend diskutiert werden.

Ich stelle daher den Antrag, die Regierungsvorlage in 293 der Beilagen an den Aus­schuss für Arbeit und Soziales rückzuverweisen, damit wir im Sinne der Leute, damit wir im Sinne der Pensionisten und Pensionistinnen gemeinsam eine bessere Regelung finden können. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

11.08


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Michael Hammer– Bitte.


11.08.08

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Es wurde von den


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 54

Vorrednern und vor allem den Rednern der Regierungsparteien schon des Öfteren an­gesprochen: Ich denke, wir können uns über dieses Pensionsanpassungs­ge­setz 2019, das eine deutliche Erhöhung der Pensionen bringt, wirklich freuen.

Eines muss man schon dazusagen, nämlich dass die Diskussion und die Beiträge der Opposition, die heute hier dargebracht werden, sehr künstlich sind, weil mit diesem Pensionsanpassungsgesetz 2019 im Wesentlichen genau all das realisiert wird, was Sie immer einfordern: dass es eine Erhöhung gibt, die über der Inflation liegt, die auch eine Teilhabe am Wohlstandsgewinn bedeutet – das ist immer eine große Forderung. Es wird die Forderung erfüllt, dass sie sozial gestaffelt ist, dass man bei den unteren Pensionen mehr anhebt, bei den höheren weniger, aber dennoch überall die Inflation abgilt, dass man wirklich ein maßvolles Anpassen durchführt, gleichzeitig aber das Sys­tem finanzierbar erhält – darum geht es nämlich. (Zwischenruf des Abg. Muchitsch.) Ich glaube, mit diesem Pensionsanpassungsgesetz 2019 erfüllen wir das in überwiegen­dem Maße.

Vor allem, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, ist es ja nicht verwunderlich, dass ihr in der Opposition nicht Tritt fasst, wie es in der Öffentlichkeit immer wieder kommuniziert wird, denn wenn einem nichts mehr einfällt, wenn die Argumente nicht mehr auf der Hand liegen, dann kommt der übliche Reflex, nach dem Motto: Ja, wenn uns sonst schon nichts mehr einfällt, darf es vielleicht ein bisserl mehr sein, 4 Prozent zum Beispiel! – Der greift aber nicht.

Ich glaube, das ist nicht redlich, weil wir auch in den letzten Jahren, in denen ihr noch in der Regierung wart, immer gesehen haben, dass es maßvolles Handeln braucht, was die Pensionsanpassung betrifft. 2019 wird das ganz gut erfüllt, und die Pen­sionistinnen und Pensionisten steigen da gut aus. (Abg. Rosenkranz: Besser als jemals bei der SPÖ – jemals!)

Ein zweiter Punkt, der mir auch wichtig ist: Ich denke, man sollte auch die arbeitende Bevölkerung im Auge behalten. Das, was Sie fordern, nämlich dass die Pensionen deutlich stärker erhöht werden sollen als die Arbeitseinkommen, ist nicht akzeptabel. Wir freuen uns gerade über einen sehr guten Abschluss, auch im öffentlichen Dienst. Ich darf allen gratulieren, die da verhandelt haben: dem Herrn Vizekanzler, dem Herrn Finanzminister, der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst – auch dort ist man maßvoll umgegangen, mit einer deutlichen Erhöhung.

Es muss einen Unterschied zwischen Pensionen und Arbeitseinkommen geben. Beides ist in der Balance, daher ist dieses Pensionsanpassungsgesetz sehr, sehr gut und ich bitte, dem auch zuzustimmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.10


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte.


11.10.37

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Als Seniorensprecher der SPÖ habe ich mir die Pensionsanpassung, die für nächstes Jahr gelten soll, natürlich ganz genau angeschaut. (Abg. Rosenkranz: Vorher nie!) Interessant waren auch die Aussagen, die die Regierungsspitzen im Vorfeld immer gemacht haben – ich zitiere –: Die Pensionistinnen und Pensionisten „sind dieser Regierung immens wichtig. Sie haben es sich verdient, ihren Lebensabend in Würde verbringen zu können.“

Dazu stehen, glaube ich, wir alle in diesem Haus. Ich stelle mir aber die Frage, was für eine Würde das ist, wenn ich mir heute die Bedeutung dieser Erhöhung für nächstes Jahr für die Pensionstinnen und Pensionisten anschaue.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 55

Meine Damen und Herren, ich werde Ihnen das jetzt mit Zahlen untermauern. Zahlen – und Kollege Neubauer hat schon Zahlen präsentiert, und etliche andere auch – und Statistiken kann man natürlich drehen, das ist mir selbstverständlich klar, aber einige Zahlen kann man nicht infrage stellen (Abg. Wurm: Zahl bleibt Zahl!), und das sind die Warenkörbe, die die Teuerung innerhalb eines Jahres veranschaulichen und auch aufzeigen, welche Erhöhungen es im Verhältnis dazu gibt. So zeigt der Miniwarenkorb immer die Teuerung des wöchentlichen und der Mikrowarenkorb die Teuerung des täglichen Wareneinkaufs im Jahresvergleich an. Der Miniwarenkorb wurde im letzten Jahr um 3,9 Prozent teurer und der Mikrowarenkorb gar um 4,4 Prozent, meine Damen und Herren.

Welche Erhöhungen werden nun von dieser Regierung beschlossen? – Es ist richtig, die Erhöhungen liegen weit unter der Teuerungsrate, sie reichen von 2 bis 2,6 Prozent bei Pensionen bis 1 115 Euro. Was bedeuten diese 0,6 Prozent Erhöhung über dem Verbraucherpreisindex von 2 Prozent? Was bedeutet das im besten Fall?

Dazu ein Rechenbeispiel: Für eine Pension von 1 115 Euro ergibt die Erhöhung um 2 Prozent brutto 22,30 Euro mehr. Erhöht man diese Pension von 1 115 Euro um 2,6 Prozent, ergibt das brutto 28,99 Euro mehr. Das ist eine Differenz von 6,69 Euro brutto mehr im Monat, die Sie den Pensionistinnen und Pensionisten mit diesen 0,6 Prozent zugestehen. Zieht man davon die Sozialversicherung, minus 5,1 Prozent, ab, bleiben im Monat netto 6,34 Euro mehr, meine Damen und Herren. Netto machen die 0,6 Prozent 6,34 Euro aus, das sind 21 Cent täglich. Diese Erhöhung um 0,6 Prozent macht täglich 21 Cent aus! (Abg. Deimek: Was willst uns sagen, dass es jetzt endlich besser ...?)

Ich möchte veranschaulichen, was 21 Cent täglich bedeuten: Das ist eine halbe Semmel am Tag. (Der Redner hält eine halbe Semmel in die Höhe.) Eine halbe Sem­mel am Tag gestehen Sie diesen Pensionistinnen und Pensionisten mit der zusätz­lichen Erhöhung von 21 Cent täglich zu. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lausch.) Wenn sich ein Pensionist die Semmel bei uns kaufen muss – ich habe das getan –, muss er zweieinhalb Tage lang diese Erhöhung zusammensparen, damit er eine halbe Semmel bekommt, meine Damen und Herren. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Lausch, Neubauer und Wurm.)

Aber noch mehr dazu: Wenn sich ein Pensionist 1 Kilo Brot um diese Erhöhung von 0,6 Prozent kaufen will – 1 Kilo Brot, meine Damen und Herren! –, muss er 15 Tage lang diese Erhöhung zusammensparen, diese 21 Cent; dann kann er 1 Kilo Brot kaufen. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Und dann stellt sich Klubobmann Wöginger heraus und sagt: Das ist die beste Erhöhung der letzten Jahre! – Meine Damen und Herren, das hat keine Verhältnismäßigkeit! (Abg. Rosenkranz: Ihr Roten habt ihnen die Semmeln doch weggenommen bei der Erhöhung! – Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.) – Ihr werdet schon nervös, das kriegt man mit bei euch! (Beifall bei der SPÖ.)

In den letzten drei Jahren mit roter Regierungsbeteiligung haben wir jedes Jahr ver­hältnismäßig einen höheren Abschluss im Vergleich zur Teuerung erzielt. Das ist diesmal nicht der Fall. (Abg. Deimek: Das ist Blödsinn, und das weißt du!) Wir als Sozialdemokraten haben zumindest in den letzten drei Jahren, meine Damen und Herren, immer mindestens die Teuerung des Miniwarenkorbs abgedeckt, und anders als bei der schwarz-blauen Regierung hat unsere Anpassung jedes Jahr die Kaufkraft der Pensionistinnen und Pensionisten erhalten. Sie machen das nicht, Sie schwächen die Kaufkraft der Pensionistinnen und Pensionisten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hammer: Das können Sie am Parteitag erzählen!)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 56

Meine Damen und Herren, wir vertreten die Interessen der Pensionistinnen und Pensionisten. (Abg. Deimek: Schon lange nicht mehr!) Sie machen das nicht, und das schon seit Jahren. Sie als Regierung vertreten sie nicht, sondern Sie stürzen die Pen­sionistinnen und Pensionisten in eine neue Altersarmut. Deshalb werden wir dem Rückverweisungsantrag von JETZT zustimmen, denn am 29. November findet wieder eine Sozialausschusssitzung statt und man kann dort noch einmal nachbessern. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hammer.)

Ich bitte Sie, stimmen Sie dem zu und bessern wir für die Pensionistinnen und Pen­sionisten noch einmal nach! (Beifall bei der SPÖ. Ruf: Da braucht man nichts mehr darauf sagen!)

11.15


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Christoph Zarits. – Bitte.


11.15.20

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Keck, jedes Mal, wenn Sie ans Rednerpult rausgehen, hat die SPÖ 1 Prozent weniger (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ – Zwischenruf des Abg. Keck), und jedes Mal, wenn der ehemalige Minister Stöger rauskommt, verliert die SPÖ ebenfalls 1 Prozent. Das heißt, heute habt ihr schon 2 Prozent verloren. Ich gratuliere ganz herzlich zu dieser Leistung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Also die SPÖ leistet sich schon einiges. Vorhin haben Sie dagegen gestimmt, dass 340 Millionen Euro zur Finanzierung des Pflegeregresses zur Verfügung gestellt werden. Gratuliere zu dieser wirklich desaströsen Leistung heute! Man ist von der SPÖ ja einiges gewohnt, aber sie überrascht uns immer wieder. Herzliche Gratulation dazu! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Wöginger: Die roten Bürgermeister kriegen kein Geld ...!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Oktober 2017 haben die Österreicherinnen und Österreicher eine Entscheidung getroffen, und sie haben sich entschieden, in welche Richtung sich unser Land entwickeln soll. Wir seitens der ÖVP und der Bundes­regierung gehen daran, die Menschen zu entlasten. Wir sorgen für mehr Sicherheit und für mehr Gerechtigkeit. Wir haben den Familienbonus eingeführt, eine steuerliche Entlastung für die Familien, wir haben ein Sicherheitspaket geschnürt, und wir haben die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen mit der Senkung des Arbeitslosen­ver­sicherungsbeitrages entlastet. Wenn ich bei mir im Wahlkreis unterwegs bin, dann spüre ich, dass die Menschen hinter uns stehen, dass die Menschen hinter unserer Politik stehen. Es zeigt sich natürlich auch in den Umfragen, dass die Bundesregierung und die neue Volkspartei auf dem richtigen Weg sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Für uns ist eines ganz klar: Wer sein Leben lang hart gearbeitet hat, muss natürlich auch im Alter finanziell abgesichert sein. Darum setzen wir heute ein klares Zeichen. Sichere und nachhaltige Pensionen sind uns wichtig. Die Pensionsanpassung 2019 wird höher ausfallen als in den vergangenen Jahren, das wurde auch schon von unserem Klubobmann angesprochen.

Das Wichtigste ist, dass vor allem die Bezieher von kleinen und mittleren Pensionen mehr bekommen und davon profitieren werden. Ab 1. Jänner 2019 wird es bei den kleinen Pensionen ein Plus von 2,6 Prozent geben, davon profitieren 1,1 Millionen Pen­sionistinnen und Pensionisten. Ich glaube, das ist der richtige Weg, und wir setzen hier


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 57

auch ein richtiges und wichtiges Zeichen für die Bezieher von kleinen und mittleren Pensionen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Die ältere Generation hat sehr, sehr viel geleistet. Die Gesellschaft, in der wir heute leben, in der meine Generation leben darf, ist das Ergebnis dessen, dass Menschen ihr Leben lang fleißig gearbeitet haben, fleißig waren und unseren heutigen Wohlstand erarbeitet haben. Mit der heutigen Pensionsanpassung zeigen wir eines ganz deutlich: Die Pensionistinnen und Pensionisten können sich auf diese Bundesregierung verlas­sen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.18


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Claudia Gamon. – Bitte, Frau Ab­ge­ordnete.


11.18.55

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Die gestaffelte Pensionsanpassung ist nur bedingt sozial treffsicher. Ich möchte auch noch darauf hinweisen und anhand eines Rechenbeispiels ein bisschen illustrieren, welche Auswirkungen es hat, wenn man sich nicht genau überlegt, wie sich zum Beispiel die Pensionen einer Familie, eines Ehepaars zusammensetzen.

Wir haben in Österreich nämlich grobe Unterschiede, je nachdem ob sich Paare die Kinderbetreuungspflichten aufgeteilt haben und somit im Alter quasi in etwa gleich viel Pension haben oder ob man nach einer traditionelleren Rollenverteilung gelebt hat, wie es in Österreich lange der Fall war und teilweise immer noch sehr stark der Fall ist, und der Mann natürlich eine sehr gute Pension bekommt und die Frau mit einer kleineren Pension auskommen muss.

Verlierer der schwarz-blauen Pensionslogik sind nämlich genau jene Paare, die sich die Kinderbetreuungspflichten aufgeteilt haben, oder auch jene Paare, die zum Beispiel ein Pensionsbeitragssplitting gemacht haben. Man müsste ja eigentlich meinen, dass so etwas vielleicht auch positiv gesehen und bei so einer Pensionsanpassung berücksichtigt wird, das ist aber leider nicht der Fall. Um diese Ungerechtigkeit zu veranschaulichen, zeige ich das anhand eines Rechenbeispiels.

Bei einem traditionellen PensionistInnenehepaar bekommt die Ehefrau, die vorwiegend die Kinderbetreuung zu Hause erledigt hat, gerade einmal 500 Euro Eigenpension und der Ehemann vielleicht 2 500 Euro. Beim Ehepaar, das sich für ein Pensions­beitrags­splitting entschieden hat, bekommen in diesem Beispiel vielleicht beide 1 500 Euro Pension. Daher würden beide Paare jeweils auf 3 000 Euro kommen. Nach der ge­staf­felten Pensionsanpassung bekommt das traditionelle Ehepaar aber jährlich mit 42 Euro mehr Pensionserhöhung als das Ehepaar, das ein Beitragssplitting gemacht hat.

Nehmen wir jetzt an, dass Sie 2020 noch einmal eine gestaffelte Pensionsanpassung vornehmen würden: Dann würde jenes Ehepaar, das so gelebt hat, dass der Mann mehr Pension bekommt, knapp 90 Euro mehr an Pension bekommen als ein Ehepaar, das Pensionsbeitragssplitting gemacht hat.

Ich verstehe einfach nicht, warum man, wenn man so ein Gesetz und so eine Anpas­sung ausarbeitet, das nicht berücksichtigen kann. (Abg. Loacker: Weil man es nicht versteht!) – Ja, Kollege Loacker hat einen guten Punkt gebracht: Vielleicht verstehen Sie es wirklich nicht. Wir machen Sie jetzt aber darauf aufmerksam (Zwischenrufe bei SPÖ und JETZT) und eventuell können Sie es ja das nächste Mal berücksichtigen.

Das heißt also, die gestaffelte Pensionsanpassung ist nicht nur nicht sozial treffsicher, sondern sie bevorzugt und fördert auch das natürlich von Ihnen bevorzugte traditionelle Familienbild.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 58

Dass wir hier immer wirklich nichts nachhaltig dazu tun, dass Frauen sich selber eine höhere Eigenpension verdienen können, haben wir auch gestern in der Debatte ge­sehen. Erst kürzlich von uns gestellte Anfragen haben übrigens auch ergeben, dass in letzter Zeit sowohl bei den erworbenen Beitragszeiten auf dem Pensionskonto als auch bei den Durchschnittspensionen bei den Pensionsneuzugängen der Gendergap ge­stiegen und noch größer geworden ist.

Wenn das nicht vollkommen alarmierend ist, dass es heutzutage immer noch der Fall ist, dass der Gendergap bei den Pensionen größer wird, dann weiß ich nicht, was Sie noch brauchen, um hier endlich tätig zu werden, um Frauen die Möglichkeit zu geben, dass sie sich eine Eigenpension verdienen und nicht im Alter von Ihren Almosen abhängig sind. (Beifall bei den NEOS.)

11.22


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.


11.22.30

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Eine abenteuer­liche Diskussion von Rot und Pink zum Thema Pensionen! Um es noch einmal festzuhalten und ganz klar zu sagen: Wir erhöhen die Pensionen um 2,6 Prozent bei geringen Pensionen. Der Grenzwert liegt hier – noch einmal zur Erinnerung – bei 1 115 Euro brutto. Das betrifft – für die Sozialdemokratie zum Mitschreiben – leider Gottes, dank Ihrer jahrzehntelangen falschen Sozialpolitik, 1,4 Millionen Pensionisten in Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)

1,4 Millionen Pensionisten müssen mit dieser Pensionshöhe auskommen. Da erhöhen wir, die neue Regierung, jetzt erstmalig um 2,6 Prozent – höher als die höheren Pen­sionen –, und Sie sind dagegen! Ich sage Ihnen, auch weil Frau Heinisch-Hosek als große Frauenpolitikerin da sitzt: Frau Heinisch-Hosek, das betrifft zu 72 Prozent Frauen (Zwischenrufe bei der SPÖ), 72 Prozent Frauen, die eine höhere Pensions­erhöhung bekommen – und die Roten stimmen dagegen! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Dass diese Entwicklung in Österreich, was die Pensionen betrifft, natürlich keine ideale ist, wissen viele. Wir haben den großen Mittelbau der normalen Arbeiter und Ange­stellten, der ASVG-Pensionisten, dann haben wir links und rechts natürlich Sonder­pen­sionsgeschichten – Stadt Wien, Arbeiterkammer, Eisenbahner, Lehrer, Beamte und sonst was –, da gibt es natürlich viele, die dieses Thema mit den 1 115 Euro nicht betrifft.

Interessant auch bei den NEOS ist, dass Frau Griss nicht rauskommt und die NEOS es nicht ganz toll erzählen: 10 000 Euro Pension für Frau Griss als Richterin! – Also Sie reden über Pensionen: Das betrifft Sie nicht, ist mir schon klar. (Zwischenrufe bei FPÖ und NEOS.)

Die NEOS beschweren sich, dass wir um 2,6 Prozent bei kleinen Pensionen er­hö­hen. – Das ist genau der richtige Weg! Wir werden die normalen Arbeiter und Angestellten in Österreich in Zukunft überproportional bevorzugen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Leider Gottes ist mein Zeitkonto fast aufgebraucht. Eine ganz wichtige Botschaft für alle, die draußen zuhören: Es gibt die fixe Zusage dieser Bundesregierung, wir werden ab 2020 – zum Mitschreiben, zum Mithören – allen Österreichern, die 40 Beitragsjahre haben, eine Mindestnettopension von 1 200 Euro garantieren! Das wird Millionen erfreuen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

11.25



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 59

Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Mag. Loacker zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.25.43

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Abgeordneter Wurm hat gesagt, dieses Pensionsanpassungsgesetz betreffe Kollegin Dr. Griss und damit die öffentlich Bediensteten nicht. Das ist nicht richtig.

Ich berichtige tatsächlich: Es geht darum (Abg. Wurm: ... 2,6 Prozent nicht!), dass die Deckelung natürlich auch im öffentlichen Dienst so nachvollzogen wird (Zwischenrufe bei der FPÖ), für alle: für die ASVG-Versicherten und für die öffentlich Bediensteten. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Belakowitsch: ... hätte sie gern! – Abg. Meinl-Reisinger: Frau Kollegin! Was heißt, das hätte sie gern?)

11.26


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek zu Wort. – Bitte.


11.26.17

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! (Abg. Meinl-Reisinger: ... unfassbar, bitte! Wir sind hier nicht im Zeltfest! – Gegenrufe bei der FPÖ.) Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie, dass ich am Beginn meines Redebeitrags meiner großen Bestürzung (Oh-Rufe bei ÖVP und FPÖ) und meiner Fassungslosigkeit darüber Ausdruck verleihe (Ruf bei der ÖVP: Man sieht Ihnen an, dass Sie bestürzt sind!), was ich gerade erfahren habe. (Ruf bei der FPÖ: ... wie Sie besorgt sind!)

Wissen Sie, wann zuletzt ein Änderungsantrag, wie Sie ihn heute eingebracht haben, ein sogenanntes Selbstermächtigungsgesetz hier in diesem Haus verhandelt wurde? – 1933! Am Beginn des Austrofaschismus! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosenkranz: Um Gottes willen!) Und da reden Sie von Redlichkeit? (Abg. Wurm: Zur Sache, bitte!) – Schämen Sie sich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosenkranz: Lernen Sie einmal aus der Geschichte, und dann die Verfassung! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Wittmann: Das ist ein faschistoider Antrag! – Ruf bei der FPÖ: ... Nie­dergang der SPÖ beschleunigen mit dieser Rede!) Das ist seit 1933 nicht mehr vor­gekommen. Merken Sie sich das! (Abg. Wittmann: Das ist ein faschistoider Antrag! – Abg. Rosenkranz: Was? Was? Moment!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Rosenkranz: Halt! Frau Präsidentin! – Abg. Belakowitsch: Was ist faschistoid? – Abg. Wittmann: Das ist ein faschistoider Antrag! – Abg. Rosenkranz: Zur Geschäftsordnung! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich möchte gerne zu den - -

11.27.50*****


Präsidentin Doris Bures: Einen Augenblick, Frau Abgeordnete.

Herr Klubobmann, zur Geschäftsordnung erteile ich Ihnen erst das Wort (Abg. Rosenkranz: Danke!), wenn die Abgeordnete ihre Rede beendet hat; ich merke Sie vor. (Ruf bei der FPÖ: ... keine Rede, das ist eine Frechheit! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

So, jetzt erteile ich dem Herrn Abgeordneten für „Das ist eine Frechheit“ einen Ordnungsruf. (Ruf bei der FPÖ: Was? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 60

Und ich erteile Herrn Abgeordnetem Wittmann für „Das ist ein faschistoider Antrag“ ebenfalls einen Ordnungsruf. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ. – Abg. Rosenkranz: Danke!)

Am Wort ist jetzt Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Frau Abgeordnete, ich werde das natürlich bei Ihrer Redezeit berücksichtigen. Bitte, Sie sind am Wort.

*****


11.28.35

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) (fortsetzend): Es darf hier an diesem Rednerpult sein, dass Abgeordnete ihre Bestürzung zum Ausdruck bringen; das wollte ich nur gesagt haben. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Ich möchte nun zu den Pensionen zurückkommen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien! Das reale, wirkliche Leben da draußen erfordert eine Pensionserhöhung von 4 Prozent (Ruf bei der FPÖ: Sie sind schon lang nicht mehr draußen!), denn Pensionistinnen und Pen­sionisten können wegen der realen Teuerung mit weniger nicht auskommen, ein Teil davon zumindest. Genau deswegen müssen wir darauf achten, dass besonders Frau­en, die öfter, viel öfter als Männer von Altersarmut betroffen sind, da Berücksich­tigung fin­den.

Ich möchte Ihnen daher hier noch einmal unser Arbeitsmarktpaket für Frauen zur Kenntnis bringen und Sie bitten, dass Sie sich diesen Anträgen anschließen. Es geht zum einen um gesetzliche Elternkarenz. Wenn Eltern sich die Karenz teilen, wollen wir, dass gesetzlich die ganze Karenzzeit angerechnet wird und nicht nur die zehn Monate. Wir wollen weiters, dass jede Teilzeitüberstunde genauso viel wert ist wie eine Vollzeitüberstunde: 50 Prozent Zuschläge.

Jetzt komme ich zu den Pensionen. Sie werden ja heute auch die 1 200 Euro für 40 Arbeitsjahre beschließen wollen. 40 Arbeitsjahre kann kaum eine Frau zusammen­bringen. (Abg. Wurm: Beitragsjahre, Frau Kollegin!) – Nein - - Ah, Beitragsjahre? (Abg. Wurm: 40 Jahre!) 40 Beitragsjahre? – Das ist mir sympathisch, okay. (Abg. Wurm: Das ist überraschend!)

Unser Antrag wäre: 40 Beitragsjahre wären wichtig, damit Frauen zu den 1 200 Euro Pension kommen. (Abg. Wurm: Um die Frauen geht es uns auch, Frau Heinisch-Hosek!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde mir wünschen, dass Sie diesem Arbeits­marktpaket aufgrund nicht nur der Lohnschere, sondern auch der Altersarmut von Frauen nähertreten können, damit wir hier ein gemeinsames gutes Zeichen dahin gehend setzen können, dass Frauen im Alter nicht von Armut betroffen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

11.30


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner in der Debatte zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Werner Neubauer. – Bitte.


11.30.47

Abgeordneter Werner Neubauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte, geschätzte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss einiges zurechtrücken.

Weil Kollege Keck vorhin gesagt hat, dass es nicht allein die Frage des Durch­rechnungszeitraums sein kann, was alljährlich zu einer Berechnung der Pensionen führt, sondern dass man vor allen Dingen (Zwischenruf des Abg. Keck) auch den


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 61

Miniwarenkorb und dann den Mikrowarenkorb zu berücksichtigen hat, der sehr hoch ist, darf ich die Zahlen des Vorjahres in Erinnerung rufen: Im Vorjahr hatten wir eine Inflation von 1,6 Prozent. 2,2 Prozent wurden ausbezahlt; der Miniwarenkorb war 2,2 Pro­zent und der Mikrowarenkorb 2,5. Bei meinem Antrag, diese 0,3 Prozent mitzunehmen, zu erhöhen, haben die Sozialdemokraten die Ohren zugemacht und haben das abgelehnt. Da ging es im Vorjahr nur um 0,3 Prozent, lieber Kollege Keck, nicht um 2 oder 3 Prozent wie heuer. Also diese Durchschaubarkeit der Oppositions­politik ist einzigartig, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Mit dieser Vorgehensweise gelingt Ihnen nur eines, und das haben Sie in ver­schie­densten Pensionistenbriefen und bei all Ihrem Vorgehen in den letzten zehn Jahren immer wieder unter Beweis gestellt: Sie haben die Pensionisten zu Bittstellern de­gradiert! Und Sie haben durch Ihre Briefe – das tun Sie auch heute wieder – die Menschen, die Pensionisten nur massiv verunsichert. Das lehnen wir ab. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wir werden natürlich weiterhin, über diese Pensionsanpassung hinaus, massiv – und das steht ja auch im Regierungsprogramm – gegen die Luxuspensionen in Österreich ankämpfen. Das sind große sozialdemokratische Bereiche, die unbedingt ausgeforstet gehören; die Oesterreichische Nationalbank, die ÖBB, da gehört tatsächlich mit den Luxuspensionen abgefahren, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn eine sozialdemokratische, sozialistische und für das Sozialressort zuständige Landesrätin der SPÖ in Oberösterreich in ihrer letzten Rede im Landtag gesagt hat (Zwischenrufe bei der SPÖ), dass eine Erhöhung der Pensionen und Gehälter, die 2,5 Prozent ausmacht, für das Budget gerade noch leistbar ist, dass jedoch die soziale Leistungspalette in Oberösterreich gefährdet ist, sollte das auch nur um 0,1 Prozent darüber sein, dann muss das aber bitte auch für den Bund gelten, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier mit der Forderung nach 4 Prozent herzukommen und das gesamte System zu gefährden, ist unredlich. Bitte stellen Sie das ein! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

11.33


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vogl. – Bitte.


11.33.56

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Da die Diskussion hier etwas emotional ist, darf ich jetzt noch einen Entschließungsantrag einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmen zur Verbesserung der Einkommenssituation und der Alterssicherung von Frauen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der

ein Ausgleichszulagenrichtsatz in der Höhe von 1.200 Euro für Personen mit 40 Ver­sicherungsjahren geschaffen wird;


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 62

die volle Anrechnung der gesetzlichen Karenzzeiten nach dem Mutterschutzgesetz auf alle Rechtsansprüche, die sich nach der Dauer der Dienstzeit richten, erfolgt und

Mehrarbeitszuschläge wie Überstundenzuschläge abgegolten werden und der derzeit geltende Durchrechnungszeitraum entfällt.“

*****

Kollege Neubauer! Die Mindestpensionistinnen und -pensionisten werden, glaube ich, selbst entscheiden können, ob diese Erhöhung, die Sie hier planen, ausreichend ist, um das Leben bestreiten zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

11.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek

und GenossInnen

betreffend Maßnahmen zur Verbesserung der Einkommenssituation und der Alters­sicherung von Frauen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (293 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Heimopferrentengesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Bezügegesetz geändert werden (Pensionsanpassungsgesetz 2019 – PAG 2019) (363 d.B.).

Ein wesentlicher Beitrag zum Schließen der Einkommensschere ist die volle gesetz­liche Anrechnung der Karenzzeiten. Nur durch eine gesetzliche Regelung kann für alle berufstätigen Elternteile eine Besserstellung erreicht werden. In vielen Kollektivver­trägen wurden bereits bei der Anrechnung von Karenzzeiten wichtige Verbesserungen erreicht. Doch auf keinen Fall darf diese Regelung auf die KV-VerhandlerInnen abge­wälzt werden, so wie es die Regierungsparteien beschlossen haben. Alle Eltern brauchen die gleichen Chancen auf Anrechnung, daher führt kein Weg an einer gesetzlichen Umsetzung vorbei.

Die volle Anrechnung der Karenzzeit nach dem Mutterschutzgesetz und Väter-Karenz­gesetz im Ausmaß von 24 Monaten hätte Auswirkungen auf die leichtere Erreichbarkeit der 6. Urlaubswoche, auf die Dauer der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, auf die Kündigungsfristen und vor allem auf Vorrückungsstichtage im Zusammenhang mit dem Einkommen.

Rund 1,3 Mio. unselbständig Beschäftigte – fast alles Frauen – werden davon profi­tieren.

Frauen, die ihr Leben lang gearbeitet haben und sich neben dem Beruf um Kinder, Haushalt oder die Pflege von Angehörigen gekümmert haben, sind im Alter aus diesen Gründen sehr häufig armutsgefährdet. Durch Teilzeitarbeit und Phasen der Nicht-Erwerbstätigkeit bekommen sie im Alter oft nur sehr niedrige Pensionen und deutlich weniger Leistungen als Männer.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 63

Der Gehaltsunterschied im Erwerbsleben „summiert“ sich in der Pension, hinzu kommen eben diese Unterbrechungen im Berufsleben. Frauen bekommen damit im Schnitt um fast 44 % weniger Pension im Alter, als Männer! Das ist noch weniger als im Erwerbsleben: hier beträgt der Lohnunterschied („Gender Pay Gap“) 2017 rund 20 Prozent.

Das Ergebnis: rund 220.000 PensionistInnen beziehen eine Ausgleichszulage (also „nur“ die Mindestpension), zwei Drittel davon sind Frauen. Sie sind damit besonders von Altersarmut betroffen: derzeit sind 203.000 Menschen über 65 von Armut betroffen, 136.000 davon sind Frauen!

Das Ziel muss sein, dass Frauen durch gerechte Löhne, eine faire Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit und ausreichend Kinderbetreuung eine ordentliche, existenzsichernde Pension erhalten und dieser „Pension Pay Gap“ geschlossen werden kann.

Jene Frauen, die jetzt schon in Pension sind oder kurz davorstehen, werden davon aber leider nicht mehr profitieren. Für sie müssen wir etwas tun. Eine ordentliche Pen­sion, von der man leben kann – das ist auch eine Frage der Wertschätzung für die Lebensleistung dieser Frauen.

Die schwarz-blaue Bundesregierung plant nun die so genannte Ausgleichszulage Plus (1.000 Euro Pension für Alleinstehende bei 30 Beitragsjahren) auf 1.200 Euro bei 40 Beitragsjahren zu erhöhen. Das Problem: Frauen mit Kindern haben davon nichts.

Frauen mit Kindern sind von der Erhöhung auf 1.200 Euro bei 40 Beitragsjahren de facto ausgeschlossen, weil sie diese 40 Arbeitsjahre nicht erreichen können. Jahre der Kindererziehung, Arbeitslosigkeit oder Krankheit werden von dieser Regierung für die neue AZ+ nicht berücksichtigt. Das ist in Zeiten einer veränderten Arbeitswelt völlig realitätsfremd und unfair. Damit werden nicht nur ganze Berufsgruppen von dieser Leistung ausgeschlossen, sondern vor allem Frauen.

Österreich belegt derzeit beim Gender Pay Gap laut Eurostat den 5.-letzten Platz innerhalb der EU. Frauen verdienen in Österreich pro Stunde ein Fünftel weniger als Männer.

83 % aller Teilzeitbeschäftigten sind weiblich, jede zweite (52 %) erwerbstätige Frau befindet sich derzeit in einem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis. Im Vergleich dazu ist nur jeder 10. Mann teilzeitbeschäftigt. In den letzten Jahren sind die Teilzeitquoten bei beiden Geschlechtern gestiegen.

Durch die Erhöhung der Mehrarbeitszuschläge auf das Niveau der Überstunden­zu­schläge in Verbindung mit dem Entfall des Durchrechnungszeitraumes kann die Ein­kom­menssituation von rund einer Million Frauen stark verbessert und damit die Einkommensschere wieder etwas verringert werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der

• ein Ausgleichszulagenrichtsatz in der Höhe von 1.200 Euro für Personen mit 40 Ver­sicherungsjahren geschaffen wird;


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 64

• die volle Anrechnung der gesetzlichen Karenzzeiten nach dem Mutterschutzgesetz auf alle Rechtsansprüche, die sich nach der Dauer der Dienstzeit richten, erfolgt und

• Mehrarbeitszuschläge wie Überstundenzuschläge abgegolten werden und der derzeit geltende Durchrechnungszeitraum entfällt.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Klubobmann Wöginger. – Bitte.


11.35.00

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstens, Herr Kollege Vogl: Wir haben da bereits im Ministerrat eine Punktation verabschiedet. Jene Menschen, die 40 Beitragsjahre nachweisen können, werden ab 2020 – wir beschließen es nächstes Jahr – 1 200 Euro Mindestpension be­kommen. Also legen Sie nicht einen Antrag vor, wenn wir schon mitten in der Abarbei­tung sind, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Warum ich mich aber ein zweites Mal zu Wort melde: Ich bin wirklich erschüttert über die Wortwahl und über völlig jenseitige historische Vergleiche, die hier von Frau Kollegin Heinisch-Hosek dargelegt wurden. Da geht jeder Maßstab und jede Sachlichkeit völlig verloren, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Wenn man hier davon spricht, dass das ein Selbstermächtigungsgesetz ist, und dann ein Vergleich zum 1933er-Jahr gezogen wird, dann ist es notwendig, noch einmal zu erklären, was wir hier überhaupt tun.

Die Ministerin bemüht sich seit Wochen, die Versicherungsdaten für die Sozialver­sicherungsreform zu bekommen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist keine Selbster­mächtigung, was wir hier machen, es ist eine gesetzliche Verpflichtung zur Datenmel­dung. Bei einigen der Versicherungsträger – nicht bei allen, man darf nicht verallge­meinern, aber bei einigen –, liegt nämlich schon der Verdacht sehr nahe, dass man das bewusst nicht machen will – aus welchen Gründen auch immer, ich will gar nicht näher darauf eingehen –, damit diese Sozialversicherungsstrukturreform nicht umge­setzt werden kann. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was wir hier machen, ist eine Ver­pflichtung, dass diese Daten innerhalb eines gewissen Zeitraums, nämlich innerhalb von 14 Tagen, auch dem Ministerium gemeldet werden müssen. Das ist alles, was wir hier einfordern. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, auch wenn Sie zwei Tage vor einem Parteitag stehen, der wahrscheinlich nicht ganz einfach für Sie sein wird, auch wenn Sie zwei Tage vor diesem Parteitag in Wels stehen: Kehren Sie zur Sachlichkeit zurück! (Abg. Heinisch-Hosek: Sie auch!) Kehren Sie zur demokratischen Auseinan­dersetzung zurück, und unterlassen Sie diese Unterstellungen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.37


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Rosenkranz. – Bitte.


11.37.59

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Frau Heinisch-Hosek, ich bin nicht bestürzt, denn ich kenne Sie lange genug, über Ihre Wortwahl. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 65

Für die Zuseherinnen und Zuseher, die das jetzt hier erlebt haben: Es hat einmal eine Zeit gegeben, da war die Sozialdemokratie tatsächlich eine große, wichtige Partei für Österreich. Es war bei einer Debatte in den Siebzigerjahren, als auch noch Außen­politik beherrscht wurde, da hat einmal ein Vorsitzender und Bundeskanzler – nicht ganz unerfolgreich, darf ich auch sagen – zu einem Journalisten gesagt: Lernen Sie Geschichte!

Ich glaube, dieser Vorsitzende würde Ihnen das auch sagen, denn heute hier herzu­gehen und dieses Gesetz, mit dem man eine rechtliche Grundlage schaffen wird, um Ihren Boykottversuchen gegen eine notwendige Reform zu begegnen – und das haben Sie ja in Ihren Zwischenrufen jetzt bewiesen: ohne rechtliche Grundlage; genau das wird geschaffen –, jetzt als Selbstermächtigungsgesetz zu bezeichnen und in eine historische Verbindung mit dem kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetz, das 1933 missbraucht wurde, zu bringen, das ist genau der Beitrag, den Sie leisten, um die Gesellschaft in Österreich zu spalten. Sie sind es! (Bravorufe und anhaltender Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Gibt es eine Entschuldigung?)

11.39


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Leichtfried. – Bitte.


11.39.51

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Herr Wöginger hat gemeint, man soll hier zur Sachlichkeit, zur Zielstrebigkeit, zur Arbeit zurückkehren und nicht alle Dinge immer in Aufruhr versetzen. – Ja, das gilt für die Einbringer dieses Antrages, Herr Wöginger, nicht für die Opposition! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass wir in einem Rechtsstaat leben, und der Rechts­staat gilt für alle! (Abg. Belakowitsch: Ja, eben! – Ruf bei der FPÖ: Das gilt auch für die Gewerkschaft, weil der Gewerkschaft das wurscht ist!) Das gilt auch für die Sozial­ministerin, und wenn die Sozialministerin derzeit anscheinend keine rechtliche Ermäch­tigung hat, an Daten von Versicherten, die den Versicherten gehören und nicht der Sozialministerin, zu kommen, dann ist das auch zur Kenntnis zu nehmen, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist dann nicht ein Gesetz einzubringen, das einzig und allein dafür da ist, diese Daten zu stehlen. – Das ist nämlich das Faktum dabei. (Beifall bei der SPÖ. – Unruhe und anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Das ist eine Schweinerei!)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Leichtfried, wir haben uns ja darauf verständigt, dass der Vorwurf strafrechtlich relevanter Delikte in diesem Raum keinen Platz hat. Ich ersuche Sie daher, das zurückzunehmen – dies auf der einen Seite.

Auf der anderen Seite habe ich eine Reihe von Zwischenrufen gehört, die natürlich einen Ordnungsruf zur Folge hätten. Ich kann sie nicht genau zuordnen, weil der Lärm­pegel zu hoch war. Es liegen derzeit noch zwei Wortmeldungen vor, und ich würde darum bitten, dass wir uns diese jetzt auch noch aufmerksam anhören. Die Abstim­mung dazu, wie Sie wissen, wurde ohnedies ans Ende der Tagesordnung verlegt.

Ich erteile Ihnen, Herr Abgeordneter Leichtfried, wieder das Wort. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (fortsetzend): Ich nehme das Wort stehlen gerne zurück und ersetze es durch rechtswidrig und verfassungswidrig aneignen,


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 66

geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das ist ein Scherz! – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Herr Klubobmann Rosenkranz, ich verstehe Ihre Aufregung nicht, ich sage Ihnen das ganz offen. Es gibt ein gutes Sprichwort: „Wer Wind sät, wird Sturm ernten“ – und das wird passieren, wenn Sie weiter Derartiges beantragen, geschätzte Damen und Herren. (Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Nehammer: SPÖ am Ende!) Das wird definitiv passieren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.43


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Josef Muchitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)


11.43.17

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Vielleicht darf ich versuchen, es für alle Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause ganz klar und sachlich darzustellen. (Ruf bei der FPÖ: Die ersten eurer Genossen sind gescheitert!) Fakt ist, Frau Sozialministerin, Sie haben die Selbstverwaltung in schriftlicher Form aufgefordert, dass sie Daten zu liefern hat – Daten für einen Sozialversicherungs­umbau –, weil Sie es nicht erwarten können, dieses Sozialversicherungssystem so rasch wie möglich an die Wand fahren zu lassen.

Fakt ist weiters – und das ist jetzt Sachlichkeit (Ruf bei der FPÖ: Ich traue der Ge­werkschaft kein bisschen, die ist nur zu meinem Schaden da!) und das müssten Sie als Vertreter der Demokratie auch akzeptieren (anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ) –, dass die Selbstverwaltungskörper, ihre Vertreter nicht Daten liefern dürfen, wenn es noch gar kein gültiges Gesetz gibt, um diese liefern zu können. Das ist die Problematik.

Jetzt herzugehen und um 10.13 Uhr einen Ermächtigungsantrag, einen Gesetzentwurf auf den Tisch zu knallen und zu sagen: Eine Stunde später stimmt ihr dann zu!, das ist nämlich nicht demokratisch. Das ist demokratiepolitisch ein Wahnsinn. Das ist in Wirk­lichkeit den Versicherten in dieser Republik nicht zuzumuten. (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

11.44


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Hartinger-Klein zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


11.45.00

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bin wirklich fast sprachlos, was Sie mir da unterstellen. Als Sozialministerin und Gesundheitsministerin geht es mir um die Versorgung in Österreich, und diese ist sicherzustellen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn Ihre Selbstverwaltungsfunktionäre das blockieren, dann sind wir gezwun­gen, das zu machen. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

11.45


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 2 verlege ich an den Schluss der Sitzung.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 67

11.45.553. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 442/A der Abgeordneten Tanja Graf, Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungs­gesetz geändert wird (364 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 309/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Re­form der freiwilligen Arbeitslosenversicherung (365 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zu den Punkten 3 und 4 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Markus Vogl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


11.46.41

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Ich glaube, der Vormittag hat schon einen tiefen Einblick in den Stil und die Verfasstheit dieser Regierung zugelassen. Wenn ich mir die Reden zur 100-Jahre-Republik-Feier ins Gedächtnis rufe und das, was beim vorhergehenden Tages­ordnungspunkt passiert ist, dann muss ich sagen, das sind zwei Dinge, die aus meiner Sicht nicht wirklich zusammenpassen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Nehammer: Dann schaut euch einmal in den Spiegel! Schau in den Spiegel! Schau dich selber an!)

Um den nächsten Tagesordnungspunkt zu verstehen, um zu verstehen, was da pas­siert, muss man, glaube ich, weiter ausholen: Es geht da um die Senkung der Arbeits­losenversicherungsbeiträge für Lehrlinge und Selbstständige. Wir haben damals dem Gesetz nicht zugestimmt, weil eines passiert ist: Man hat die Arbeitslosenver­siche­rungsbeiträge für Menschen mit niedrigem Einkommen gesenkt, gleichzeitig hat die Frau Ministerin auf 500 Millionen Euro im Arbeitsmarktbudget verzichtet. Es sind dies 500 Millionen Euro für Menschen, die darauf angewiesen sind, dass sie Unterstützung bekommen; 500 Millionen Euro für Menschen, die nicht in der Lage sind, aus eigener Kraft einen Job zu finden, und auf Maßnahmen des AMS angewiesen sind. Darum tun wir uns natürlich auch heute schwer, diesen Antrag zu unterstützen. Wir werden ihn auch ablehnen. (Abg. Belakowitsch: Na, eh klar!)

Wir werden einem anderen Antrag zustimmen, und zwar jenem, der den Bereich der Lehrlinge betrifft, weil es natürlich nicht einzusehen ist, dass sie anders behandelt werden als andere unselbstständige Erwerbstätige. Es wurde aber wieder versucht – und das ist der Stil dieser Regierung, der sich durchzieht –, klammheimlich die selbst­ständig Erwerbstätigen besserzustellen. Grundsätzlich spricht jetzt einmal nichts da­gegen, es braucht auch eine vernünftige soziale Absicherung für Menschen, die selbst­ständig erwerbstätig sind. Wir haben viele Einpersonenunternehmen. Es ist wichtig, dass man diese absichert. (Abg. Wurm: Freiwillig! Eine freiwillige Versicherung!)

Was ihr da aber macht, geht kilometerweit an einer sozial treffsicheren Lösung vorbei: Man ist in der Lage, selbst seine Beiträge für die Arbeitslosenversicherung zu bestim­men, und die Beiträge, die man dann zahlt, werden vom Staat subventioniert. (Ruf bei der FPÖ: Wer boykottiert, braucht nicht gefragt zu werden!) Das heißt, Menschen mit hohen Einkommen haben die Möglichkeit, ihren Beitrag herabsetzen zu lassen, und dieser herabgesetzte Betrag wird dann noch reduziert. Ist das sozial fair? Ist das sozial


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gerecht? – Nein, ist es nicht. (Abg. Wurm: Nein, Markus, bitte! – Abg. Belakowitsch: Und das ist falsch! – Ruf bei der FPÖ: Das ist das Übelste!) Genau das macht ihr mit eurem Antrag.

Es ist ein soziales Sicherungssystem, das von einer sozialen Verteilung lebt. Das, was ihr macht, nennt man beinharte Klientelpolitik. Sie passiert mit diesem Antrag erneut, und das ist genau das, was sich bei allem durchzieht. Eure Politik ist nicht gerecht, nicht fair, und sozial treffsicher ist das, was ihr macht, überhaupt nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

11.49


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Ruf bei der FPÖ: Es lebe der Zwischenruf!)


11.49.33

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Vielleicht zur Sache und wieder sachlicher: Herr Kollege Vogl, ich kann nicht verstehen – denn du kennst dich an sich in der Thematik sehr gut aus –, warum ihr Sozialdemokraten diesem Antrag nicht zustimmen könnt.

Vielleicht noch einmal zur Erklärung: Wir haben im Frühjahr eine Entscheidung getroffen, die 900 000 Geringverdiener entlastet hat. 900 000 Arbeitnehmer in Öster­reich haben aufgrund dieser Entscheidung der neuen Bundesregierung zumindest im Durchschnitt 30 Euro netto pro Monat mehr bekommen. Das ist also wiederum eine Maßnahme, die sozialpolitisch genau in die richtige Richtung geht, nämlich dass jene, die arbeiten gehen, auch netto mehr erhalten. Es ist eine kleine, aber eine sehr wirksame Maßnahme.

Im Zuge dieser Diskussion ist aufgetaucht, dass zwei Gruppen mehr oder weniger durch den Rost fallen. Die eine Gruppe sind die Selbstständigen – da hoffe ich, dass die NEOS dann auch mit dabei sind; es geht um Selbstständige, um Unternehmer, um Kleinunternehmer, die sich freiwillig versichern. – Freiwillig! Um auch die Dimension klarzumachen: Wir sprechen von rund 2 500 Unternehmern, die das aktuell tun. – 2 500! Noch einmal, auch an die Sozialdemokraten: Es hier so hinzustellen, als wären es irgendwelche reichen Unternehmer, die sich freiwillig niedrig versichern, das ent­spricht einfach nicht den Tatsachen. Außerdem zur Erklärung: Die 3 Prozent müssen sie immer zahlen.

Bei den Lehrlingen ist es so, dass nur gewisse Lehrlingsgruppen, vor allem im Bau­bereich oder im Baunebengewerbe, im vierten Lehrjahr in diese Gruppe fallen würden. Ich bin froh, wenn die Sozialdemokraten zumindest bei diesem Vorschlag mitgehen. Ich glaube, gerade im Bereich der Lehrlinge – das ist die Zukunft – müssen wir sowieso noch viel mehr tun, damit das duale Ausbildungssystem in Österreich noch an Fahrt gewinnt und wir die Fachkräfte der Zukunft haben. Das ist auch eine sinnvolle Geschichte.

Summa summarum, um es einfach kurz zu machen: Das ist eine kleine gesetzliche Anpassung, die sowohl betreffend Selbstständige wie auch betreffend Lehrlinge Sinn macht und die Geringverdiener aus beiden Bereichen entlastet. Warum da nicht alle im Haus mit dabei sind, erschließt sich mir nicht, aber vielleicht höre ich heute noch etwas dazu.

Eine Schlussbemerkung: Es geht dieser Bundesregierung darum, dass jene Leute, die in Österreich jeden Montag aufstehen und bis Freitag oder teilweise sogar am Wochenende arbeiten, wieder mehr Einkommen haben. Das heißt, wir wollen die Leistungsträger in diesem Land zukünftig und aktuell unterstützen. Das wird die Bun-


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desregierung Schritt um Schritt machen. Einer der ersten Schritte ist diese Ge­schichte. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.52


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Mag. Gerald Loacker gelangt als Nächs­ter zu Wort. – Bitte.


11.52.46

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Geschichte mit den Lehrlingen – und auch das war im Ausschuss schon geklärt – muss man gar nicht beschließen, weil das im Arbeits­marktpolitik-Finanzierungsgesetz schon enthalten ist. Wir beschließen also etwas, das es schon an anderer Stelle wortgleich gibt.

Zur Frage der freiwilligen Versicherung von Selbstständigen in der Arbeitslosen­ver­sicherung: Als Sie im Frühjahr die Beitragsreduktion für Arbeitnehmer durchs Parla­ment gebracht haben, haben wir schon darauf aufmerksam gemacht, dass Sie die Selbstständigen vergessen haben. Wir haben das Zahlenkorsett mittels parlamen­tarischer Anfrage bei der Frau Bundesministerin in Erfahrung gebracht. Die Frau Ministerin hat in der Anfragebeantwortung auch geschrieben, sie befürworte eine Gleich­behandlung der Selbstständigen und der Unselbstständigen. Das ist und war unser politisches Ziel.

Wir haben dann einen diesbezüglichen Antrag auf Gleichbehandlung von Selbst­stän­digen eingebracht, dass auch sie, wenn sie Geringverdiener sind, eine Beitrags­reduk­tion bekommen, so wie es sie für Arbeitnehmer, wenn sie Geringverdiener sind – und nur dann –, gibt.

In der jetzigen Regierungsvorlage steht es aber anders, nämlich dass Selbstständige eine Beitragsreduktion entsprechend der selbstgewählten Beitragsgrundlage, nicht ent­sprechend der tatsächlichen Beitragsgrundlage bekommen. Das heißt, ein gut ver­dienender Selbstständiger, der beispielsweise 60 000, 70 000 Euro im Jahr verdient, kann in eine geringe Stufe in der Arbeitslosenversicherung optieren und sich selbst den Rabatt verschaffen. So haben Sie aus der Schlechterstellung der Selbstständigen eine Besserstellung gemacht; das hätten nämlich viele Arbeitnehmer auch gern, wenn sie gut verdienen. (Abg. Wurm: Und was kriegt er heraus? Was soll er denn bekom­men?!) – Kollege Wurm, ich möchte gleiches Recht für alle haben. Es geht nicht darum, wie viel man nachher bekommt, es geht darum, wer welches Recht hat. (Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) Der Arbeitnehmer hat das Recht, sich selbst eine niedrigere Beitragsgrundlage auszusuchen, nicht. Dieses Recht hat er nicht.

Wenn Sie das Recht für alle bringen, dann sind wir sofort dabei. Für Freiwilligkeit, für Möglichkeiten für alle, wenn die Menschen Wahlmöglichkeiten haben, haben Sie NEOS immer mit im Boot – aber das schaffen Sie nicht. Sie schaffen jetzt ein Privileg für die Selbstständigen, die sich selbst einen Beitragsrabatt kaufen können, den sich ein Arbeitnehmer nicht kaufen kann. Das ist nicht gerecht. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

11.55


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte, Frau Abgeordnete.


11.55.26

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuschauer und Zuschauerin­nen! Mit dem hier vorliegenden Initiativantrag werden wir weitere Personengruppen mit niedrigem Einkommen weiter unterstützen. Es erfolgt nämlich eine Absenkung der


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Arbeitslosenversicherungsbeiträge einerseits für Selbstständige, die freiwillig in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, und andererseits für Lehrlinge.

Ich darf daran erinnern, dass bereits seit 1. Juli 2018 die Beiträge für Arbeitnehmer abgesenkt wurden, und zwar für Arbeitnehmer mit einem Einkommen bis zu 1 648 Euro brutto auf 0 Prozent, und bei Einkommen bis 1 798 Euro wurden die Beiträge von 3 auf 1 Prozent reduziert. Arbeitnehmer mit einem Einkommen bis 1 948 Euro zahlen seit 1.7.2018 nur noch 2 Prozent in die Arbeitslosenversicherung ein. – Wir haben das Versprochene gehalten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir ziehen jetzt weitere Personengruppen nach. Da bis dato Menschen in Lehr­verhältnissen mit Einkommen von 1 798 Euro bis 1 948 Euro ausgenommen waren, erfolgt nun die Anpassung, damit auch Lehrlinge, wie zum Beispiel in der Bauindustrie, im vierten Lehrjahr, aber auch Menschen, die sich im zweiten Bildungsweg entschei­den, eine Lehre zu machen, und nach dem Hilfsarbeiterlohn bezahlt werden, vom reduzierten Beitrag profitieren können.

Im zweiten Schritt möchten wir, wie es Herr Loacker schon erklärt hat, Selbstständige entlasten, welche sich in Bereich niedriger Beitragsgrundlagen bewegen und zusätzlich noch in die freiwillige Arbeitslosenversicherung einbezahlen. Diese möchten wir unter­stützen.

Den Antrag, den Sie eingebracht haben, Herr Loacker, umzusetzen ist technisch gar nicht möglich, weil wir nur die Beitragsgrundlagen als Basis haben. Wir möchten aber diese Gruppe, die derzeit einen 6-prozentigen Arbeitslosenversicherungsbeitrag be­zahlt, weil sie erstens den 3-prozentigen Arbeitgeberanteil und zweitens zusätzlich 3 Prozent in die freiwillige Arbeitslosenversicherung bezahlt, das sind gesamt 6 Pro­zent, ebenfalls unterstützen.

Wir sprechen von niedrigen Beitragsgrundlagen. Die Selbstständigen starten ja nicht immer mit einem hohen Einkommen, wie Sie behaupten. Daher ist es nur fair, wenn wir den Beitrag auf 3 Prozent reduzieren und eine Entscheidung für eine zusätzliche Ver­sicherung erleichtern, die anfangs auch ein Sicherheitsnetz für den Weg in die Selbst­ständigkeit darstellt – dies, um eben die Selbstständigen nicht in doppeltem Ausmaß zu belasten.

Ich darf vielleicht noch ergänzend dazu sagen, dass die Entscheidung für die freiwillige Einzahlung in die Arbeitslosenversicherung innerhalb von sechs Monaten erfolgen muss. Das heißt, wir sprechen nicht von langjährigen Selbstständigen, die bereits ein hohes Einkommen haben, sondern von neuen Selbstständigen, von jungen, dyna­mischen Menschen, die sich in Richtung Selbstständigkeit bewegen möchten.

Wir werden diesen Teil der Entlastung der Selbstständigen heute beschließen. Dass die NEOS im Ausschuss gesagt haben, sie gehen da nicht mit, verstehe ich persönlich überhaupt nicht. (Abg. Loacker: Aber das ist nicht verständlich ...!) Sie bezeichnen sich immer als Wirtschaftspartei, und jedes Mal, wenn es um einen Antrag für Selbst­ständige geht, finden Sie eine Ausrede, um nicht mitzugehen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich würde wirklich meinen – meine Kollegin hat es letzte Woche schon gesagt –, Sie streichen das Wort Wirtschaft aus Ihrem Sprachschatz, weil Sie sich wirklich bei jeder Ausschusssitzung unglaubwürdiger machen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Dass die SPÖ mit Kollegen Muchitsch jetzt die Lehrlinge doch unterstützt, freut mich besonders, denn gerade in Zeiten des Facharbeitermangels sollte es ein gemeinsames Interesse sein, die Lehre attraktiver zu gestalten. Daher ist die Senkung der Arbeits­losenversicherungsbeiträge ein Schritt in die richtige Richtung.


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Für uns zählen die Menschen, und wir werden auch weiterhin Schritte setzen, um sie weiter zu entlasten. Darum sollte unser Motto sein: Entlasten statt belasten. Dies wird auch weiter unsere Linie sein. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.59


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wolfgang Knes. – Bitte.


11.59.39

Abgeordneter Wolfgang Knes (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Geschätzte Besucherinnen und Besucher! Wenn ich diesen Antrag hernehme, ihn genau durchlese und sehe, worauf er abzielt – und auch, was die Sozialministerin angeht –, dann macht mich das sehr betrübt.

Die Vertreterin der ÖVP, Kollegin Graf, stellt sich heraus, bringt das hier auch zum Ausdruck und sagt, man wolle eigentlich die Menschen entlasten. – Ja, aber welche Gruppe der Menschen wollen Sie entlasten? Wenn man diesen Antrag hernimmt, Herr Wurm – und deswegen muss ich auch Herrn Loacker erstmals in Schutz nehmen (Oh-Ruf des Abg. Rädler–, dann ist klar ersichtlich, dass dieser wirklich auf eine Klientel abzielt, nämlich auf die Selbstständigen.

Ihr wollt nur eines erreichen, nämlich die Selbstständigen zu entlasten, und zwar insofern: Alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – alle! – zahlen in dieses System ein, Frau Sozialministerin. Ist das richtig? (Bundesministerin Hartinger-Klein bejaht dies.) – Na siehst, perfekt. Also bis dorthin kann sie noch mit folgen. (Abg. Kassegger: Was soll das? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Wir zahlen aber 6 Prozent dieser Beiträge. (Der Redner setzt mit lauter Stimme fort.) Wir zahlen 6 Prozent dieser Beiträge, und die Selbstständigen sollen in Zukunft 3 Prozent einzahlen! Das ist der wesentliche Unterschied! Ihr macht eine Klientelpolitik für Selbstständige! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesministerin Hartinger-Klein schüttelt den Kopf.)

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber sollen es berappen! Das ist der Unter­schied zwischen der Sozialdemokratie und einer freiheitlichen Wirtschaftspartei, die keine Ahnung hat und die die Arbeitnehmer nicht mehr vertritt, sondern in Wirklichkeit verrät! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosenkranz schüttelt den Kopf. – Abg. Kassegger: Sie reden einen Blödsinn!)

Ja, Sie beuteln den Kopf. (Zwischenruf des Abg. Zanger und Zwischenbemerkung von Bundesministerin Hartinger-Klein.) Schauen Sie sich die Frau Sozialministerin einmal an! Ich bin ja neugierig, wie lang Sie in diesem Haus überhaupt noch anwesend sein dürfen! (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesministerin Hartinger-Klein.) Ja, das sage ich wirklich mit aller Deutlichkeit! Sie gehen her, Sie stehlen dem AMS rund 700 Millionen Euro innerhalb der nächsten 24 Monate – alles abgesegnet mit Ihrem Parteiklientel! (Abg. Rosenkranz und weitere Abgeordnete der FPÖ: Stehlen?!) – Haben Sie gestohlen! Sie machen die AUVA kaputt, damit alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in das System zahlen müssen! (Abg. Rosenkranz: Zur Geschäftsord­nung!) Und last, but not least gehen Sie her und nehmen wieder den Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmern das Geld weg, um Ihre Klientelpolitik für die Selbstständigen zu finanzieren! Das werden wir nicht mittragen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.01

*****


Präsidentin Doris Bures: Es gibt eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung. – Bitte, Herr Klubobmann Rosenkranz.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 72

12.02.01

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Prä­sidentin! Sie haben gerade vorhin bei einer Rede des Herrn Kollegen Leichtfried ihn darauf hingewiesen, dass der Vorwurf einer strafbaren Handlung, insbesondere ausge­drückt durch den Begriff stehlen, ordnungsrufwürdig ist. Sie haben in Ihrer Großzügig­keit – davon ausgehend, nicht gleich strafen zu müssen – davon abgesehen, gleich­zeitig aber gemeint, dass manche darüber echauffierte Zwischenrufer sehr wohl Ordnungsrufe bekommen hätten sollen, wenn Sie diese Zwischenrufe zuordnen hätten können.

Da jetzt Herr Kollege Knes in seinen Ausführungen den Begriff stehlen in Richtung der Frau Ministerin verwendet hat, gehe ich aber schon davon aus, dass aus spezial- und generalpräventiven Gründen jetzt sehr wohl einmal mit einem Ordnungsruf vorzugehen wäre. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Lausch: Das ist unfassbar!)

12.02

*****


Präsidentin Doris Bures: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehand­lung? – Das ist nicht der Fall.

Es gibt die Möglichkeit, ein Verlangen auf Ordnungsruf zu stellen. Das haben Sie hiermit getan, Herr Klubobmann. Ich werde mir das Protokoll kommen lassen (Abg. Lausch: Das ist ja ein Wahnsinn! – Ruf bei der FPÖ: Der ganze ... hat das gehört!) und dann eine Entscheidung treffen. (Ruf bei der FPÖ – in Richtung Abg. Knes –: Du musst das nächste Mal lauter reden! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Schieder: Was ist jetzt schon wieder, ihr Keifen?)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hannes Amesbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


12.03.29

Abgeordneter Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Nach dieser mit Unwahrheiten und unfassbaren Entgleisungen des Herrn Abgeordneten Kes (Rufe bei der SPÖ: Knes!) gespickten Wutrede versuche ich, wieder zur Sachlichkeit zurückzukommen, sehr geehrte GenossInnen von der SPÖ. (Abg. Schieder: ..., und der heißt auch anders!) – Ja, ja. (Abg. Rosenkranz: Wir sind nicht beim SPÖ-Parteitag!) Genau, wir sind nicht beim SPÖ-Parteitag, wir sind hier bei einer Parlamentsdebatte, und darum würde ich auch von den Sozialisten ein bisschen Ernsthaftigkeit bei diesem Punkt einfordern. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zurück zur Sache: Dieser Bundesregierung war es ein Anliegen und ist es nach wie vor ein Anliegen, arbeitende Menschen zu entlasten. Deshalb war eine der ersten Maßnahmen dieser Bundesregierung die Ent­lastung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit niedrigem Einkommen. Somit wurde auch bereits beschlossen, dass ab 1. Juli 2018 die Beiträge für die Arbeits­losenversicherung für Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen bis 1 648 Euro entfallen, bis 1 798 Euro beträgt der von den Arbeitnehmern zu tragende Anteil am Ar­beitslosenversicherungsbeitrag 1 Prozent, bis 1 948 Euro 2 Prozent und über 1 948 Euro wieder 3 Prozent. Für Arbeitgeber ist der Beitragssatz wie bisher unverändert bei 3 Prozent geblieben.

Meine Damen und Herren! Wie bekannt ist, wurde erst nach Abschluss des Gesetz­gebungsverfahrens ein darüber hinausgehender Änderungs- und Klarstellungsbedarf festgestellt, um diverse Ungleichbehandlungen zu vermeiden. Davon betroffen ist auch


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eine kleine Gruppe im Bereich der Lehrlinge, und daher enthält der vorliegende Antrag, der heute hier beschlossen wird, auch eine gesetzliche Klarstellung zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung dieser kleinen Gruppe von Lehrlingen, deren Lehrverhältnis vor dem 1.1.2016 begonnen hat.

Grund dafür ist, dass die geltenden gesetzlichen Bestimmungen auch so verstanden werden könnten, dass diese Lehrlinge bei einem versicherungspflichtigen monatlichen Entgelt über 1 798 Euro den vollen Arbeitnehmeranteil in der Höhe von 3 Prozent statt wie beabsichtigt nur 2 Prozent zu leisten hätten. Eine derartige Auslegung nach dem Wortlaut würde diese Lehrlinge gegenüber anderen Arbeitnehmern in verfassungs­wid­riger Weise ungleich behandeln und benachteiligen.

Diese Unschärfe wurde schnell erkannt. Seitens des Bundesministeriums ist bereits in verfassungskonformer Interpretation eine klarstellende Weisung an die Sozialver­sicherungsträger ergangen, und der heutige Beschluss bezweckt auch eine eindeutige Klarstellung in den gesetzlichen Bestimmungen. Die Klarstellung ist darüber hinaus mit keinerlei Kosten verbunden, da eine Ungleichbehandlung ohnehin nie beabsichtigt und in keiner Folgenabschätzung enthalten war.

Sie sehen also, diese Regierung kümmert sich auch um die Lehrlinge. Dies ist mir persönlich ein besonderes Anliegen. Ich habe selbst eine Lehre absolviert, kann das auch nur empfehlen. Wir sind noch nicht ganz dort, wo wir hinwollen. Wir müssen die Lehre viel schmackhafter machen. Die Lehrlinge von heute sind die dringend benötigten Facharbeiter von morgen, sehr geehrte Damen und Herren.

Wenn Kollege Vogl hier von einer Klientelpolitik spricht, muss ich sagen: Im Bereich der Lehrlinge, die wir so dringend brauchen, mache ich gerne Klientelpolitik! – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.07

12.07.26


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag ge­trennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird, in 364 der Beilagen.

Hierzu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Vogl, Kollegin­nen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betrof­fenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Z 1 und Z 2 § 2a Abs. 6 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich für diesen Teil des Gesetz­ent­wurfes aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig so ange­nommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 74

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer gibt dem Gesetzentwurf in dritter Lesung die Zustimmung? Ich bitte um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 365 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für diese Kenntnisnahme aus? – Das ist mit Mehrheit so ange­nom­men.

12.09.285. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Bericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderung über die Tätigkeit im Jahr 2017, vorgelegt von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesund­heit und Konsumentenschutz (III-197/366 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen damit zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Sandra Wassermann zu Wort. – Bitte, Frau Abge­ordnete.


12.10.04

Abgeordnete Sandra Wassermann (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Sozialministerin! Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hau­ses! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Der Bericht des Anwalts für Gleichbehand­lungsfragen für Menschen mit Behinderung über die Tätigkeit im Jahr 2017 beinhaltet die Entwicklung des Behindertengleichstellungsrechts und die Tätigkeiten in der Be­hindertengleichstellung. Der Anwalt arbeitet in seiner Funktion selbstständig, unabhän­gig und auch weisungsfrei.

Das von den Regierungsparteien vorgelegte Regierungsprogramm enthält auch viele Schwerpunktsetzungen und Festlegungen, die auch für die Behindertenanwaltschaft von großer Bedeutung sind. Ich finde auch, dass dieser Bericht viel und wesentlich zu mehr Bewusstsein und mehr Öffentlichkeitsbildung beiträgt und dadurch auch Hemm­schwellen abschafft.

Aus dem breiten Spektrum der in dem Bericht dargestellten Sachverhalte gehen aus meiner Sicht drei Punkte als ganz wichtig hervor. Zum einen ist das der Bildungs­bereich, zum anderen sind es der Bereich der Arbeitswelt und auch das Wohnen. Allein 15 Prozent der Anliegen haben sich mit baulichen Barrieren und barrierefreiem Wohnen beschäftigt. Insgesamt haben sich im Jahr 2017 1 200 Menschen mit Beein­trächtigungen an die Behindertenanwaltschaft gewandt.

Seit über zehn Jahren darf ich selbst unterstützendes Mitglied im Österreichischen Zivilinvalidenverband sein und habe aus vielen persönlichen Gesprächen die Bedürf­nisse und Erfordernisse von Menschen mit Beeinträchtigungen mitbekommen, nicht nur im Betrieb und in der eigenen Familie, auch täglich in der Bevölkerung. Deshalb ist mir der große Bereich der Inklusion auch ein großes Herzensanliegen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 75

Es gibt, darauf möchte ich kurz eingehen, in Kärnten eine große Veranstaltung und Fachmesse, die nennt sich Inclusia, „Siamo fratelli e sorelle“ – wir sind Brüder und Schwestern –, bei der Menschen, Schülerinnen und Schüler aus dem Alpe-Adria-Bereich – Kärnten beziehungsweise Österreich, Italien und Slowenien – zusammen­kommen, um ihre Freundschaften zu pflegen. Das sind Menschen und Kinder mit Be­einträchtigungen und Menschen und Kinder ohne Beeinträchtigungen.

Der Bericht der Behindertenanwaltschaft beschäftigt sich zum Großteil mit Inklusion und verschafft auch Einblicke in diesen Bereich. Zum einen geht es um eine per­sönliche Assistenz für SchülerInnen mit körperlicher Behinderung, zum anderen geht es um die barrierefreie Adaptierung von Mietwohnungen und Eigentumswohnungen, es geht aber auch um Assistenzhunde. Oder: Wenn ein Mensch mit Beeinträchtigung nicht zu einem Behindertensprechtag kommen kann, dann werden diesem auch Hausbesuche angeboten, was ich sehr begrüßenswert finde.

Es gibt auch verschiedenste Initiativen wie die Behindertenvertrauenspersonen, die auch mit Zertifikaten ausgestattet werden, E-Rollstuhl-Begleitungen in Rehabilitationszen­tren, wo es zu Diskriminierungen kommt, und vieles mehr. Wie wichtig also die Ein­setzung eines Behindertenanwalts ist, wie wichtig also die Arbeit der Vorfeldorgani­sationen und auch des Österreichischen Zivilinvalidenverbandes ist, sieht man auch am Beispiel von Herrn Hofer und seinem Team, die sich unermüdlich für die Anliegen von Menschen mit Behinderung einsetzen. An dieser Stelle möchte ich daher ihm und seinem Team ein großes Dankeschön aussprechen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Abg. Muchitsch.)

Die Maßnahmen, die die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen stär­ken, sind nicht nur aus rechtlicher Sicht geboten, sie nützen auch der gesamten Gesellschaft. Umso dankbarer bin ich auch, dass wir eine Sozialministerin haben, die ein großes Herz für Menschen mit Behinderung hat – das zeichnet sie meiner Ansicht nach als Sozialministerin auch aus. Deshalb sehen wir die Vielfalt der Menschen als Bereicherung unserer Gesellschaft und als wertvollen Schatz. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.14


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Birgit Sandler. – Bitte.


12.14.26

Abgeordnete Birgit Silvia Sandler (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Mitglieder des Hohen Hauses! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Auch ich möchte mich, so wie meine Vorrednerin, beim Anwalt für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderung und seinen MitarbeiterInnen für ihr Engagement und für diesen Bericht bedanken.

Aus den diversen Anregungen des Anwalts möchte ich einige Themenbereiche auf­greifen, die in vielen Gesprächen auch an mich herangetragen worden sind.

Gerade bei jungen Menschen mit Behinderung wird oft sehr rasch nach rein medi­zinischen Kriterien die Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Die Folge davon ist, dass weder das AMS noch das Sozialministeriumservice Leistungen gewähren kann und der betroffene Mensch auf das Angebot des jeweiligen Landes beschränkt ist. Rund 24 000 Menschen mit Behinderung sind derzeit in sogenannten Tagesstrukturen tätig. Das sind keine Arbeitsverhältnisse – sie bekommen ein Taschengeld –, deshalb sind diese Menschen weder kranken- noch pensionsversichert. Damit haben sie de facto in jedem Alter den Status eines Kindes.


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Menschen mit Behinderung haben das Recht auf volle Teilhabe an allen Aspekten des Lebens und müssen dementsprechend unterstützt werden. Sie gehören in die Mitte der Gesellschaft und nicht an den Rand!

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Birgit Sandler, Kolleginnen und Kollegen „betreffend Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Menschen mit Behinderungen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regierungsvorlage zur Verbesserung der Arbeitssituation von Menschen mit Behinderungen mit folgenden Maßnahmen zu übermitteln:

·          Feststellung der Arbeitsunfähigkeit von Menschen mit Behinderungen erst nach längerer Erprobungsphase unter Berücksichtigung der vielfältigen Unterstüt­zungs­angebote von AMS und Sozialministeriumsservice und unter Beiziehung einer berufskundlichen Expertise.

·          Einbeziehung der in Tagesstrukturen (Beschäftigungstherapien) tätigen Men­schen mit Behinderungen in die gesetzliche Kranken- und Pensionsversiche­rung.

·          Einheitliche Förderung der persönlichen Assistenz aus Bundesmitteln nach öster­reichweit gleichen Kriterien und Aufbringung der Mittel über einen Inklusions­fonds, der nach dem Vorbild des Pflegefonds von Bund und Ländern gespeist wird.

·          Ein neues Anreizsystem für Unternehmen zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen, bei der alle Unternehmen einen Beitrag leisten und jene, die diese Menschen beschäftigen, einen Bonus erhalten.“

*****

Wir würden auch die Einrichtung eines eigenen Ausschusses für Menschen mit Behin­derung anregen. Da wir in diesem Bereich immer und gerne fraktionsübergreifend agieren – so war es bis jetzt auch grundsätzlich üblich –, würde ich die Behinderten­sprecherInnen der einzelnen Fraktionen im Anschluss an diese Debatte bitten, dass wir uns kurz draußen zusammenreden, damit wir uns treffen und die weitere Vorgangs­weise und einen gemeinsamen Weg besprechen können. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

12.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Birgit Sandler

und GenossInnen

betreffend Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Menschen mit Behinderungen


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 77

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Bericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderung über die Tätigkeit im Jahr 2017, vorgelegt von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (III-197/366 d.B.)

Haben MitarbeiterInnen des AMS Zweifel über die Arbeitsfähigkeit eines arbeit­suchen­den Menschen mit Behinderung, wird die PVA ersucht, ein (bindendes) Gutachten darüber zu erstellen. Bei jungen Menschen mit Behinderung, deren Wunsch dahingeht, nachhaltig am Erwerbsleben am offenen Arbeitsmarkt teilzuhaben, wird oft sehr rasch, ohne Erprobungsphase und nach rein medizinischen Kriterien originäre Arbeits­unfähigkeit festgestellt. Dies geschieht in einzelnen Fällen sogar dann, wenn davor bereits mehrjährige reguläre Berufstätigkeit vorlag. Als Folge dieser Feststellung, die kaum wirksam bekämpft werden kann, dürfen weder das AMS noch das Sozialminis­teriumservice Leistungen gewähren, da die Gesetze für die Leistungserbringung (inklusive der Vermittlung) Arbeitsfähigkeit voraussetzen. Der betroffene Mensch ist auf das Angebot der Tagesstruktur durch das jeweilige Land beschränkt.

Zur Verbesserung dieser menschenrechtlich und ökonomisch unvertretbaren Rechts­lage müssen die gesetzlichen Vorschriften im ASVG dahingehend angepasst werden, dass für die Feststellung originärer Arbeitsunfähigkeit nicht rein medizinische Kriterien angewandt werden dürfen, sondern etwa auch berufskundliche Expertise beizuziehen ist. Außerdem muss eine Erprobungsphase von mindestens einem Jahr eingezogen werden, in der die Stärken und Fähigkeiten des Menschen mit Behinderung abgeklärt und entsprechende Beschäftigungsmöglichkeiten aufgezeigt werden sollen.

Derzeit sind etwa 24.000 Menschen mit Behinderung in Einrichtungen der Tages­struktur (Beschäftigungstherapie) tätig. Nach der Judikatur sind das keine Arbeits­verhältnisse, weshalb die betroffenen Menschen nicht eigenständig kranken- und pensionsversichert sind und statt eines Lohns lediglich Taschengeld erhalten. Damit bleiben diese Menschen mit Behinderung rechtlich betrachtet auch als Erwachsene im Status von Kindern. Sie bekommen in der Regel erhöhte Familienbeihilfe, beim Tod der Eltern Waisenpension, können aber nie eine eigene Pension erwerben.

Diese Konstruktion widerspricht klar Art. 27 der UN-Behindertenrechtskonvention. Men­schenrechtlich geboten ist die Einbeziehung dieser Menschen mit Behinderung in die gesetzliche Kranken- und Pensionsversicherung (Unfallversicherung besteht seit 2011), die in einem ersten Schritt durch eine ex lege-Vorschrift im ASVG erfolgen könnte. Mittelfristig ist die Einordnung als Arbeitsverhältnis mit einer angepassten Lohn- oder Gehaltsgestaltung anzustreben.

Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz ist für Menschen mit schwerer Behinderung bundesweit einheitlich geregelt und wird über das Sozialministeriumservice den Betroffenen zur Verfügung gestellt. Im Freizeitbereich sind die Länder zuständig. Dort gibt es sehr unterschiedliche Regelungen, das Angebot reicht von relativ zufrie­denstellend bis zu praktisch nicht vorhanden.

Um in ganz Österreich nach einheitlichen Kriterien und einem gleichen Leistungs­niveau Persönliche Assistenz in Beschäftigung und Freizeit sicherzustellen und damit die vollwertige Teilhabe von Menschen mit Behinderung an unserer Gesellschaft zu ermöglichen, muss in einer bundesgesetzlichen Regelung im Wege einer Selbstbindung eine Fördermöglichkeit für alle Lebensbereiche vorgesehen werden. Für die Finanzierung wäre jedenfalls eine Vereinbarung nach Art 5a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern zweckmäßig. Die Schaffung eines Inklusionsfonds analog zum Pflegefonds für die gemeinsame Dotierung behindertenpolitischer Notwendigkeiten in Richtung Inklusion über die Grenzen der Gebietskörperschaften hinweg, ist unbedingt anzustreben.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 78

Die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderung ist – dies wurde dieser Tage auf einer Konferenz der Ombudsstellen für Menschen mit Behinderung erneut unter­mauert – zwar geringfügig besser als im EU-Durchschnitt, aber bei einer Quote von 54 % beschäftigten Menschen mit Behinderung versus 73 % beschäftigten Menschen ohne Behinderung (jeweils im erwerbfähigen Alter) ist die Situation alles andere als zufriedenstellend.

Das klassische Instrument der Beschäftigungspflicht für Unternehmen ab 25 Arbeitneh­merInnen mit der Ausgleichstaxe bei Nichterfüllung der primären Pflicht scheint an Wirksamkeit stark eingebüßt zu haben. Auf der einen Seite erfasst die Beschäftigungs­pflicht lediglich 3 % aller Unternehmen in Österreich, anderseits wird die Ausgleichs­taxe immer stärker als Strafe empfunden.

Ein neues System, das den Anreiz in den Vordergrund stellt, ist dringend geboten. Unter dem Motto „weg von der Strafe, hin zum Anreiz“ müsste allen ArbeitgeberInnen unabhängig von der Zahl der MitarbeiterInnen ein kleiner Beitrag abverlangt werden; aus den dadurch zweckgebundenen eingehenden Mitteln sollten ArbeitgeberInnen, die tatsächlich Menschen mit Behinderung beschäftigen, einen ohne hohen bürokratischen Aufwand zu lukrierenden Bonus erhalten. Die Entwicklung eines solchen Modells muss unter Einbindung jedenfalls auch der Menschen mit Behinderung und ihrer Interes­senvertretungen geschehen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regierungsvorlage zur Verbesserung der Arbeitssituation von Menschen mit Behinderungen mit folgenden Maßnahmen zu übermitteln:

•             Feststellung der Arbeitsunfähigkeit von Menschen mit Behinderungen erst nach längerer Erprobungsphase unter Berücksichtigung der vielfältigen Unterstützungs­angebote von AMS und Sozialministeriumsservice und unter Beiziehung einer berufs­kundlichen Expertise.

•             Einbeziehung der in Tagesstrukturen (Beschäftigungstherapien) tätigen Men­schen mit Behinderungen in die gesetzliche Kranken- und Pensionsversicherung.

•             Einheitliche Förderung der persönlichen Assistenz aus Bundesmitteln nach österreichweit gleichen Kriterien und Aufbringung der Mittel über einen Inklusionsfonds, der nach dem Vorbild des Pflegefonds von Bund und Ländern gespeist wird.

•             Ein neues Anreizsystem für Unternehmen zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen, bei der alle Unternehmen einen Beitrag leisten und jene, die diese Menschen beschäftigen, einen Bonus erhalten.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Barbara Krenn. – Bitte.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 79

12.17.52


Abgeordnete Barbara Krenn (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Minister! Werte Zuseher vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich meinen Vorrednerinnen anschließen und mich zualler­erst bei unserem Anwalt Dr. Hansjörg Hofer, der sich mit seiner engagierten Arbeit unermüdlich für uns Menschen mit Behinderungen einsetzt, bedanken. Er ist immer für unsere Bedürfnisse und Probleme da, und ich glaube, dafür muss man ihm und seinem Team einmal ein großes Danke sagen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

In den letzten Jahren konnte im Alltag und im Arbeitsleben vieles im Bereich der In­klusion erreicht werden. Vor einem Jahr hat der Nationalrat einstimmig ein Inklusions­paket beschlossen, und wir alle erklären uns bereit, dieses Inklusionspaket aktiv und tatkräftig zu unterstützen. Solche Dinge sind großartig! Es ist großartig, wenn solche Themen parteiübergreifend beschlossen werden. Es ist aber nicht immer leicht – da spreche ich aus eigener Erfahrung –, sich im Alltag und im Berufsleben zurechtzufin­den. Das sind oft nur Kleinigkeiten: Da ist oft eine Tischkante, wo du nicht drunter kommst, da ist irgendeine Stufe, an die keiner denkt, da gibt es in den Hotels Wasch­tische, Waschbecken, wo du nicht drunter kommst. – Ich bitte euch alle wirklich, in Zukunft ein Auge darauf zu haben!

Was auch passiert und was niemand so richtig bemerkt, ist Folgendes: Bei Veran­staltungen, bei Konzerten wirst du als Rollifahrer aus Sicherheitsgründen eigentlich immer irgendwo auf der Seite abgestellt, irgendwo in die Ecke gestellt und eigentlich von deinen Kollegen und Freunden weggedrängt. – Ich muss euch ganz ehrlich sagen, da fühlt man sich ab und zu wirklich wie das Letzte. Ich möchte euch bitten, in Zukunft vielleicht auch mit offenen Augen durchs Leben zu gehen und auf uns und unsere Bedürfnisse in der Richtung auch ein bissel mehr einzugehen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Zum Abschluss möchte ich aber auch noch danke sagen: Danke meiner Kollegin Kira Grünberg, der Sprecherin für Menschen mit Behinderung, die sich seit über einem Jahr wirklich unermüdlich für uns, für Menschen mit Behinderung einsetzt. Sie tourt durch ganz Österreich, setzt ihre ganze Kraft ein und ist mit Leib und Seele dabei. Liebe Kira, ein herzliches Danke und gute Besserung! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Zadić.)

12.21


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Mag. Gerald Loacker ist als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.21.58

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich darf mich den Dankesworten an Behindertenanwalt Hofer und sein Team anschließen. Das ist wichtige Arbeit, die da geleistet wird. Jedem, der es noch nicht getan hat, empfehle ich einen Blick in den Bericht des Behindertenanwalts.

Ich möchte ein paar Punkte herausgreifen, die mir wesentlich erscheinen: einmal die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Da kann es vorkommen, dass bei Zweifeln das AMS die Pensionsversicherung ersucht, die Arbeitsfähigkeit oder Arbeitsunfähigkeit fest­zustellen, und da wird oft bei jungen Menschen mit Behinderung ohne Erprobungs­phase schon festgestellt, dass die medizinischen Kriterien eine Arbeitsunfähigkeit ergeben. Diese Menschen haben dann keine Betreuung mehr durch das AMS, obwohl sie vielleicht gerne arbeiten würden; sie bleiben übrig. Wenn Leute gerne etwas bei­tragen möchten und wir uns nicht um sie kümmern, ist das besonders bedauerlich. Ein Vorschlag dazu wäre – und dazu gibt es auch den Antrag von sozialdemokratischer


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 80

Seite –, die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erst nach einer längeren Erprobung erfolgen zu lassen.

Weiters haben wir ungefähr 24 000 Menschen in Österreich, die in einer Tagesstruktur arbeiten, aber dort nur ein Taschengeld bekommen, welches nicht als Lohn behandelt wird. Das bedeutet, sie sind nicht selbstständig krankenversichert, sie sind nicht selbst­ständig pensionsversichert, sondern diese Menschen werden ein Leben lang als Kind behandelt. Das entspricht nicht einer Behandlung von Menschen mit Behinderung als vollwertige Mitglieder dieser Gesellschaft und gehört längst geändert.

Schließlich haben wir das Thema der persönlichen Assistenz. Wir haben bundesweit eine Regelung für die persönliche Assistenz am Arbeitsplatz, aber die persönliche Assistenz in der Freizeit ist Ländersache. Da ist das Angebot von der Postleitzahl ab­hängig, von relativ gut bis praktisch nicht vorhanden.

Da gibt es eine große Lücke, und deswegen bringe ich zur Sanierung dieses Umstan­des einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „bundesweit einheitliche Regelung für den Bereich ‚Persönliche Assistenz‘“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, unter Beteiligung von Menschen mit Behinderungen und in Zusam­men­arbeit mit den Bundesländern, ein Konzept für eine bundesweit einheitliche Regelung der Persönlichen Assistenz in allen Lebensbereichen auszuarbeiten und dem Natio­nalrat vorzulegen.“

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

12.24

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend bundesweit einheitliche Regelung für den Bereich „Persönliche Assistenz“

eingebracht im Zuge der Debatte in der 51. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Bericht des Anwalts für Gleich­be­handlungsfragen für Menschen mit Behinderung über die Tätigkeit im Jahr 2017, vorgelegt von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumen­tenschutz (III-197/366 d.B.) – TOP 5

Im Nationalen Aktionsplan Behinderung 2012-2020, der Strategie der österreichischen Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, ist im Kapitel 6.3. „Persönliche Assistenz“ folgende Maßnahme enthalten:

„Erarbeitung des Konzeptes für eine bundesweit einheitliche Regelung der Per­sönlichen Assistenz in allen Lebensbereichen unter Beteiligung von Menschen mit Be­hinderungen“


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 81

Diese Maßnahme ist leider noch nicht ausreichend umgesetzt. Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz ist bundesweit einheitlich geregelt und wird vom Bund über das Sozial­ministeriumservice den Betroffenen zur Verfügung gestellt. Im Freizeitbereich sind aber die Länder zuständig. Dort gibt es sehr unterschiedliche Regelungen. Das Angebot reicht von relativ zufriedenstellend bis praktisch nicht vorhanden. Hier besteht dringen­der Handlungsbedarf.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, unter Beteiligung von Menschen mit Behinderungen und in Zusam­men­arbeit mit den Bundesländern, ein Konzept für eine bundesweit einheitliche Regelung der Persönlichen Assistenz in allen Lebensbereichen auszuarbeiten und dem National­rat vorzulegen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.


12.24.46

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Ja, der Dank gilt besonders Bundesbehindertenanwalt Dr. Hofer, auch von meiner Seite, auch von unserer Seite. Er hat im Ausschuss eigentlich sehr aufmunternde Worte gefunden, das heißt, er sieht die Situation sehr, sehr positiv und blickt sehr positiv in die Zukunft. Was ihn am meisten positiv gestimmt hat, war, dass wir es bisher geschafft haben, besonders im Bereich der Behindertenpolitik und der Politik für Menschen mit Behinderung an einem Strang zu ziehen, das heißt, dass hier Partei­grenzen so weit außen vor gestanden sind. Das wünscht er sich auch weiterhin und davon geht er auch weiterhin aus, das hat er auch mehrmals positiv erwähnt.

Trotz allem hat er aber auch viele Punkte angesprochen, die seiner Meinung nach dringend wären, wo es wichtig und nötig wäre, noch weiter an der Umsetzung zu arbeiten. Österreich als Republik hat 2008 die UN-Behindertenrechtskonvention unter­zeichnet, wir haben sie verankert. Wir werden nächstes Jahr, 2019, von der UNO überprüft werden, inwiefern wir diese Konvention auch umgesetzt haben.

Genau vor diesem Hintergrund – dass wir wissen, wir werden nächstes Jahr überprüft werden – erachte ich die Anträge, die bereits vonseiten der SPÖ, vonseiten der NEOS eingebracht worden sind, für besonders unterstützenswert. Ich denke, wir sollten hier unbedingt an einem Strang ziehen. Auch die Wortmeldung von Kollegin Kira Grünberg im Ausschuss, dass wir unbedingt den großen Bereich der privaten Assistenz für Menschen mit Behinderung auch außerhalb der Arbeitszeit angehen müssen, war dementsprechend positiv zu werten. Es braucht bundesweit einheitliche Regelungen, nicht neun verschiedene Fleckerlteppiche, die, je nachdem, wo man wohnt, unterschiedliche Unterstützungsleistungen bieten. Das ist mehr als unverständlich, und daher sind die Anträge unterstützenswert.

Ich befürchte, dass es heute vielleicht doch nicht zur Zustimmung der Koalitions­par­teien kommen wird, deshalb werden wir auch im nächsten Ausschuss Anträge dahin


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gehend vorlegen, damit wir nächstes Jahr, 2019, wirklich vorweisen können, dass wir die Konvention umgesetzt haben und demensprechend auch leben wollen.

Ganz wichtig sind mir darüber hinaus auch noch der flächendeckende Ausbau von und ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, auf inklusive Kinderbetreuung, und unter anderem auch ein Anreizsystem, wie es Behindertenanwalt Dr. Hofer erwähnt hat: für Unternehmen ein Anreizsystem zu schaffen, um Menschen mit Behinderung einzu­stellen – anstatt dem aktuellen Modell der Bestrafung.

Ganz wichtig ist außerdem eine Forderung, die Herr Dr. Hofer ebenfalls gestellt hat, nämlich der Anspruch auf Eigenpension. Das heißt, es muss für Menschen mit Behin­derung möglich werden, eine Eigenpension erwerben zu können, anstatt ständig vom Staat abhängig zu sein, Bittsteller zu sein und demensprechend auch bis ins hohe Alter in eine sehr bittere Position gebracht zu werden.

All das sind Punkte, die wir bundesweit einheitlich regeln sollten, und ich hoffe, dass wir im Bereich der Menschen mit Behinderung auch weiterhin an einem Strang ziehen.

Ein Punkt von meiner Seite vielleicht noch am Schluss: Wir haben bei der Ver­einheit­lichung der Familienbeihilfe, bei der Reparatur der erhöhten Familienbeihilfe gesehen, wie es ausgehen kann, wenn man die Behindertenverbände nicht, zu spät oder in ungenügender Weise einbezieht. Ich würde vorschlagen, das diesmal anders zu machen und hoffe auch auf die Unterstützung der Koalitionsparteien. Wenn wir die Behindertenvereine dementsprechend von vornherein einbinden – und das sollten wir, das ist meine Anregung –, dann werden solche Fehler nicht mehr passieren und wir können wirklich die in der Konvention vorgelegten und eingebrachten Forderungen und Verbesserungen für Menschen mit Behinderung gemeinsam erreichen. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Wurm.)

12.28


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Hartinger-Klein zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


12.28.37

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Auch ich darf mich recht herzlich bei Behindertenanwalt Dr. Hofer und seinem Team für den Bericht und für seine intensive Arbeit und sein Engagement bedanken – und natürlich auch bei den Vertretern und Vertreterinnen von behinderten Menschen für ihren Einsatz und für die Unterstützung.

Mir ist es wirklich ein ganz, ganz großes Anliegen – und deswegen habe ich das gemeinsam mit Dr. Hofer im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft erstmalig initiiert –, dass sich die Behindertenvertreter der EU-Mitgliedstaaten zusammensetzen. Die Ver­anstaltung dazu fand erst Anfang voriger Woche statt, es ging um Best-practice-Bei­spiele, um Möglichkeiten im Zuge der Digitalisierung, um Devices, die Möglichkeiten schaffen, die Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu verbessern.

In den letzten Monaten wurden auch von meinem Ressort – und gestatten Sie mir, dass ich die Gelegenheit nutze, das jetzt bei diesem Thema auch anzubringen – inten­sive Gespräche mit allen Stakeholdern geführt, um diesbezüglich nachhaltige Weiter­entwicklungen zu erreichen.

Insgesamt sollen im Jahr 2019 zur Verbesserung der beruflichen Situation von Men­schen mit Behinderung bis zu 250 Millionen Euro für konkrete Maßnahmen zur Ver­fügung gestellt werden, und ergänzend dazu, auch 2019 Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderung vonseiten des AMS.


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Sie wissen, dass 2012 der Nationale Aktionsplan Behinderung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention beschlossen wurde. Dieser beinhaltet 250 Maßnahmen, 60 Prozent dieser Maßnahmen wurden bereits umgesetzt, 30 Prozent sind noch in der Umsetzung. Ich habe das auch im Ausschuss gesagt, das aktuelle Regierungspro­gramm sieht eine Evaluierung und die Weiterentwicklung dieses Nationalen Aktions­planes für den Zeitraum 2021 bis 2030 vor. Die Arbeiten hierzu sollen bereits im kom­menden Jahr begonnen und in einem breiten, partizipativen Prozess durchgeführt werden. Ich freue mich schon darauf und bitte auch um Unterstützung. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.30


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag.a Verena Nussbaum. – Bitte.


12.31.04

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Frau Ministerin! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte auch ein großes Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behindertenanwaltschaft aus­sprechen: Danke für Ihre unermüdliche Arbeit! Sie haben nämlich erfolgreich gegen die Pläne der Bundesregierung durchgesetzt, dass das Erwachsenenschutzgesetz mit 1. Juli 2018 ermöglicht worden ist. Dadurch gibt es einige Verbesserungen der Lebens­qualität von Menschen mit Behinderung in Österreich. – Danke für Ihren Einsatz! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, ich würde Ihnen empfehlen, einen Blick in diesen Bericht der Behindertenanwaltschaft zu werfen. Belassen Sie es aber nicht bei einem Blick, holen Sie sich lieber Anregungen für Ihre Politik!

Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele: Das erste Beispiel, wo Sie von den Expertinnen und Experten lernen können, betrifft den Bereich Schule und Inklusion. Die ExpertInnen der Behindertenanwaltschaft empfehlen in ihrem Bericht, inklusive Bildung zu fördern. Dieses Problem müsste angegangen werden, da müsste in Ressourcen investiert wer­den, um Kindern mit Behinderung Teilhabe zu ermöglichen. Sie aber, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, schreiben in Ihrem Regierungsprogramm, dass Sie einen Ausbau der Sonderschulen wollen. – Das ist genau das Gegenteil von Inklusion. Hören Sie bei diesem Punkt bitte auf die Expertinnen und Experten! (Beifall bei der SPÖ.)

Zweites Beispiel: Im Bundesdienst wird empfohlen, dass Menschen mit Behinderung bei gleicher Qualifikation bevorzugt werden, analog zur Regelung für Frauen. Dies sollte vielleicht für unseren Beamtenminister Strache ein Denkanstoß sein, das umzu­setzen.

Drittes Beispiel: Ebenso sinnvoll wie wichtig ist der Vorschlag der Behinderten­anwalt­schaft zur Einführung des Pflichtfaches Barrierefreiheit in einschlägigen Ausbildungen wie zum Beispiel in den Studienrichtungen Architektur, Bauingenieurwesen und ähn­lichen.

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, abschließend will ich Sie fragen: Warum soll ein Mensch mit Behinderung in Vorarlberg anders gefördert werden als ein Mensch mit Behinderung im Burgenland? (Abg. Belakowitsch: Das wissen wir auch nicht!) Sie wissen darauf keine Antwort? – Ich auch nicht, aber ich hätte eine Lösung anzubieten. Ich sage: Jeder Mensch muss gleich viel wert sein! Deshalb fordern wir als SPÖ einen Inklusionsfonds nach dem Vorbild des Pflegefonds. Ein solcher Inklusions­fonds soll von Bund und Ländern finanziert werden. Das Geld soll für die Förderung


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von Menschen mit Behinderung verwendet werden und die Vergabe soll nach gleichen, bundesweit einheitlichen Kriterien passieren! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.33

12.34.01


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, den vorliegenden Bericht III-197 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für die Kenntnisnahme dieses Berichts aus? – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Sandler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmen zur Verbes­se­rung der Arbeitsbedingungen für Menschen mit Behinderungen“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „bundesweit einheitliche Regelung für den Bereich ‚Persönliche Assistenz‘“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

12.35.106. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 402/A der Abgeordneten Josef A. Riemer, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tier­schutzgesetz TSchG) BGBl. 118/2004, zuletzt geändert mit BGBl Nr. 37/2018, geän­dert wird (349 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Maurice Androsch. – Bitte.


12.35.39

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen, Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Wir haben hier heute einen Antrag zu diskutieren, in dem es im Wesentlichen um die Haltung, Zurschaustellung und Ausstellung von Tieren, Hunden und Katzen in Zoofachgeschäften geht.

Wir haben diesen Antrag im letzten Gesundheitsausschuss intensiv behandelt, und ich habe damals einen Abänderungsantrag eingebracht, weil er mir zu wenig umfangreich war. Er war mir deswegen zu wenig umfangreich, weil mir die Titulierung, die im Grundantrag steht – dass Hunde und Katzen „zum Zwecke des Verkaufes nicht [...] ausgestellt werden“ sollen –, zu wenig weitreichend war. Daher habe ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen einen Antrag eingebracht, um einen allumfas­senden Begriff zu finden, der auch das Ausstellen, das Zurschaustellen, das Anbieten und den Verkauf von Hunden und Katzen regelt. Ich habe mit eingebracht, dass es uns letzten Endes auch wichtig ist, dass Pflegestellen, wenn sich Zoofachhandlungen


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Pflegestellen bedienen, der Bezirkshauptmannschaft, dem Magistrat, den Behörden gemeldet werden müssen, damit es da auch einen durchgehenden Vollzug betreffend die Kontrolle gibt. Das ist uns wichtig.

Wir haben diesen Antrag im Ausschuss behandelt, es ist darüber diskutiert worden, es ist dann angeregt worden, den Begriff „zum Zwecke des Verkaufes“ noch einmal zu diskutieren. Es ist von Ihnen, Frau Ministerin, in Aussicht gestellt worden, sich das noch einmal genau anzusehen. Jetzt habe ich mich gestern interessiert auf den Weg gemacht und geschaut, wo denn der Abänderungsantrag ist – weil immer wieder durch die Buschtrommel gekommen ist, es werde einen Abänderungsantrag geben –; den ganzen Tag über ist nichts gekommen. Am Abend habe ich Kollegen Riemer ersucht und gefragt, ob er mir sagen kann, ob ein Abänderungsantrag kommt, ob er mir Informationen darüber geben kann; er hat mir am Abend gesagt, er kennt ihn nicht, er weiß nichts. Ich habe dann die ÖVP gebeten, mir Informationen zu geben, und um 19.30 Uhr – siehe da! –, taucht plötzlich ein Abänderungsantrag von FPÖ und ÖVP auf, der sehr umfassend ist. (Abg. Leichtfried: Das übliche Prozedere!)

Jetzt sind wir wieder dort, beim Prozedere, über das wir heute schon diskutiert haben. Es ist ein Antrag, der weit über das hinausgeht, was wir im Gesundheitsausschuss besprochen haben, der weit über das hinausgeht, was wir diskutiert haben. Ich würde mir als Tierschutzsprecher wünschen, dass wir, wenn du, Kollege Riemer, immer wieder sagst: Der Tierschutz hat kein Mascherl und ist parteiübergreifend, da müssen wir zusammenarbeiten!, auch hier entsprechend auf Augenhöhe zusammenarbeiten, dass wir ehrlich miteinander umgehen, dass wir den Antrag diskutieren – weil ja nicht alles schlecht ist, was drinnen steht. Das kann man ja ausdiskutieren, darüber kann man reden. Da muss man sich genau anschauen, was enthalten ist, wie zum Beispiel jetzt die Betriebsstätte und dergleichen mehr, aber auch viele andere Bereiche. Da werden auch EU-Verordnungen zitiert, oder auch Themen, die die Länder betreffen – Länderverordnungen sind da enthalten –, und ich höre von den Ländern, dass sie da nicht ausreichend eingebunden worden sind. – Ich würde mir wünschen, dass man das tut!

Wir haben heute schon über Usancen im Parlament diskutiert: Jetzt sind wir wieder genau bei dem Punkt, dass man das rechtzeitig machen muss. Es ist uns wichtig, uns rechtzeitig damit beschäftigen zu können. Es geht mir ja nicht darum, aus Prinzip dagegen zu sein. Es geht mir darum, sich rechtzeitig damit zu beschäftigen, sich damit auseinanderzusetzen und hier betreffend den Tierschutz einen Konsens zu finden, über alle Parteigrenzen hinweg. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, das ist eine Frage der Nettigkeit und des Um­ganges – wie du es immer formulierst, Herr Kollege Riemer: eine Frage der Nettigkeit, wie man miteinander umgeht. Am Tag der Nettigkeit im Gesundheitsausschuss habt ihr zwei meiner Anträge abgelehnt, weil ihr so nett seid – was bei dieser Art und Weise nicht der Fall ist, das unterstreiche ich ganz klar –, damit sie im Plenum nicht zur Diskussion kommen.

Daher sage ich auch, ich werde einen Antrag unterstützen, den JETZT gemeinsam mit mir und anderen Kolleginnen und Kollegen einbringen wird, um diesen Antrag an den Gesundheitsausschuss rückzuverweisen – wir haben in Bälde wieder einen Gesundheitsausschuss –, um diesen Antrag auch vollinhaltlich diskutieren zu können, sich damit auseinandersetzen zu können, um auch einen Konsens über alle Partei­grenzen hinweg zu erzielen. Das ist mir beim Tierschutz besonders wichtig. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Holzinger-Vogtenhuber.)

Darüber hinaus muss man auch wissen, dass wir – noch zum Thema Nettigkeit – im Ausschuss einen Antrag eingebracht haben, weil das Tierschutzgesetz die Basis dafür


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bietet, dass auch Verordnungen erlassen werden, so auch die 1. Tierhaltungsverord­nung, mit der die Haltung von Nutztieren geregelt wird. Da gibt es einen besonderen Fall, und das ist das Thema der Haltungsbestimmungen für Wachteln. Die Haltung von Wachteln ist in dieser 1. Tierhaltungsverordnung geregelt – aber nicht ausreichend geregelt; deshalb habe ich im Gesundheitsausschuss auch einen Antrag eingebracht, damit man sich mit diesem Thema beschäftigt.

Herr Kollege Riemer, du hast mir damals wieder erklärt, es ist der Tag der Nettigkeit, deshalb lehnst du diesen Antrag im Ausschuss ab, damit wir ihn im Plenum diskutieren können. – Wir können ihn aber nicht diskutieren, wenn ich ihn nicht heute wieder als Entschließungsantrag einbringe. Das ist mir wichtig, weil wir betreffend dieses Thema von den Ländern und auch von Organisationen, die sich damit beschäftigen, wissen, dass in der Anlage 6 der 1. Tierhaltungsverordnung zwar Regelungen betreffend das Hausgeflügel enthalten sind, diese Regelungen aber nicht ausreichend sind, was im Wesentlichen die Japanwachteln und die Wachtelhaltung betrifft.

Mir ist es wichtig, dass wir genau dort hinsehen, weil die Vorschläge der Veterinäre und die Vorschläge des Tierschutzrates, die gefasst wurden, in dieser Art und Weise nicht umgesetzt werden; daher ist es mir wichtig, hier auch entsprechend nachzu­schärfen.

Ich darf mir also erlauben, folgenden Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auf­nahme detaillierter Haltungsbestimmungen für Wachteln in die 1. Tierhaltungsver­ordnung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, detaillierte Regelungen zur Aufzucht und Haltung von Wachteln in die 1. Tierhaltungsverordnung aufzunehmen.“

*****

Das sind zwei wichtige Punkte, aber ich sage es noch einmal ganz klar: Wenn wir wollen, dass der Tierschutz über die Parteigrenzen hinweg einen breiten Konsens findet, wenn wir wollen, dass uns dieses Thema in der Diskussion hier im Plenum nicht auseinandertreibt, und wenn wir wollen, dass wir betreffend das Thema Tierschutz erfolgreich sind, dann bitte ich darum, dass wir in Zukunft darauf achten, dass wir lange vorher darüber diskutieren – ich ersehe aus dem Antrag, dass Sie sich langfristig damit beschäftigt haben –, uns intensiv damit auseinandersetzen und dass dabei alle eingebunden sind.

Ich als Tierschutzsprecher der SPÖ stehe Ihnen gerne zur Verfügung, wenn es darum geht, sich über diese Themen auseinanderzusetzen. Was ich nicht möchte, ist, dass wir Themen wie jene, die im Abänderungsantrag zum Grundantrag von FPÖ und ÖVP enthalten sind, nicht ausreichend diskutieren können, dass wir solche Themen nicht begutachten lassen und dass wir solche Themen innerhalb einer kurzen Frist auf den Tisch gelegt bekommen und dann eine Entscheidung treffen sollen.

Ich ersuche daher gerade im Sinne des Tierschutzes, Herr Kollege Riemer – gerade im Sinne des Tierschutzes! – um mehr Konsens. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42


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Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch

Genossinnen und Genossen

betreffend Aufnahme detaillierter Haltungsbestimmungen für Wachteln in die 1. Tierhal­tungs­verordnung

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6, Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 402/A der Abgeordneten Josef A. Riemer, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz TSchG) BGBl. 118/2004, zuletzt geändert mit BGBl Nr. 37/2018, geändert wird (349 d.B.)

Auf Grundlage des Tierschutzgesetzes regelt die 1. Tierhaltungsverordnung die Min­destanforderungen für die Haltung von Nutztieren.

Mit der Novellierung der 1. Tierhaltungsverordnung im Jahr 2017 wurden Japanwach­teln unter den Begriff „Hausgeflügel“ in Anlage 6 aufgenommen, um dem wachsende Interesse an Fleisch und Eiern dieser Tiere auch aus Tierschutzperspektive gerecht zu werden.

Im Bereich des Vollzugs der 1. Tierhaltungsverordnung, der den Ländern obliegt, hat sich jedoch herausgestellt, dass die getroffene Änderung der Verordnung nicht aus­reicht, um diese Tiere unter einen entsprechenden Schutz zu stellen, da die Erwar­tungshaltung, dass ein Wachtel-Nutztierbetrieb selbstverständlich zusätzlich die Emp­fehlun­gen des Tierschutzrates zur Legewachtelhaltung, die in den Amtlichen Veterinär­nachrichten veröffentlicht wurde, berücksichtigen wird, nicht in jedem Fall eingetreten ist.

Um diesen Tieren als Nutztieren einen ausreichenden Schutz zu geben, sind daher detaillierte Regelung zu Aufzucht und Haltung in der 1. Tierhaltungsverordnung aufzu­nehmen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, detaillierte Regelungen zur Aufzucht und Haltung von Wachteln in die 1. Tierhaltungsverordnung aufzunehmen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Josef Riemer. – Bitte.


12.43.06

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Frau Präsident! Geschätzte Frau Bundes­minis­ter! Geschätzter Kollege, ja, das will auch ich, und nicht nur am Tag der Nettig-


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keiten! – Zunächst aber eine ganz kurze Replik, denn ich habe nicht so viel Redezeit. Es geht um Folgendes: Wenn wir heute den Antrag rückverweisen würden, müssten im gleichen Atemzug einige Tierschutzvereine zusperren. Ich werde dazu später kurz Stellung nehmen. Trotzdem: Zusammenarbeit über alles, Tierschutz hat keine politi­sche Farbe! – Ich stehe dazu.

Diese Regierung ist mit einer Koalitionsvereinbarung angetreten, in der etwas nieder­geschrieben wurde, das einzigartig ist: „Tiere würdevoll behandeln und ihren Schutz verbessern“. „Der naturnahe, respektvolle Umgang mit unseren Tieren muss Leitbild für eine nachhaltige Tierschutzpolitik sein.“ – Ich sage Danke, Frau Bundesminister! Das gelang nach so kurzer Zeit. Endlich gibt es wieder etwas, das wir in kürzerer Zeit auf die Reihe bekommen. Das erinnert mich fast an die besonders guten Zeiten mit Dr. Sabine Oberhauser, die auch ein großes Herz für den Tierschutz gehabt hat, über die ich auch sage: Schade, dass sie gestorben ist, denn sie hat auch wirklich sehr viel eingebracht.

Zum anderen musste man betreffend dieses Tierschutzgesetz jetzt schnell etwas machen, nämlich Reparaturen vornehmen, die unter Schwarz-Blau versaut worden sind, das muss man auch einfach sagen. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Jawohl, da hast du recht! – Abg. Rosenkranz: Schwarz-Blau?) Bitte mich ganz kurz reden zu lassen, ich komme schon darauf zu sprechen.

Ich bringe jetzt also folgenden gesamtändernden Abänderungsantrag der Abgeord­ne­ten Riemer, Eßl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere [...], zuletzt geändert mit BGBl Nr. 37/2018, geändert wird idF des Berichtes des Gesundheitsausschusses in 349 der Beilagen“ ein.

Der Nationalrat wolle beschließen, dass das „Bundesgesetz, mit dem das Bun­des­gesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz TSchG) BGBl. 118/2004, zuletzt geändert mit BGBl Nr. 37/2018, geändert wird“.

Bitte, jetzt geht es um Folgendes (Zwischenruf des Abg. Wittmann) – nur die wich­tigsten Daten –: Was hier als groß bezeichnet worden ist, ist es in Wirklichkeit nicht. Es sind rechtliche Adaptierungen, zum Beispiel betreffend Betriebsstätten. Diese wurden neu eingebracht, weil es in den Ländern immer wieder Probleme im Zusammenhang mit Tierschutzvereinen gegeben hat, die keine Genehmigung mehr bekommen haben. Bitte, was machen wir ohne unsere Tierschutzvereine?! Wir brauchen die Hilfe aller anderen draußen, aber auch die Behörden haben jetzt Rechtssicherheit. (Zwischenruf des Abg. Wittmann.)

Der zweite Punkt ist einer, der mir als Tierschützer wehtut. Es geht um eine EU-Ver­ordnung betreffend unseren Umgang mit invasiven Arten. Töten ist für mich immer eines der schlimmsten Dinge, aber da – unter besonderen Voraussetzungen, mit Ge­nehmigung der Frau Ministerin oder in Absprache mit den Landesbeauftragten – ist es notwendig, dass man, wenn invasive Tierarten überhandnehmen, einschreitet oder reduziert. Das ist die eine Geschichte dazu. Was macht man dann damit? – Damit ist zum Beispiel der amerikanische Biber gemeint. Wenn der unsere Population der - - (Die Abgeordneten Schellhorn und Scherak: Signalkrebs!) – Signalkrebs, ja, korrekt! Danke schön. Das ist auch ein Punkt für die eigene Fraktion, die sich jetzt freut, dass das auch hier drinnen ist. Das ist eine gute Geschichte. (Abg. Schellhorn: Tarantel!) Die andere Sache – ich habe das einmal gehört – sind die Grauhörnchen, die unsere Eichhörnchen verdrängen. – Also da muss eingeschritten werden, aber, bitte schön, auch wieder nur unter den Bedingungen wie vorhin erwähnt und mit Genehmigung der Frau Bundesminister. (Ruf bei den NEOS: Lama!)


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Der dritte Punkt betrifft die rituelle Schlachtung. All das sind Themen, die mir nicht besonders liegen, aber wir müssen auf jeden Fall im Sinne eines EuGH-Urteils agieren und haben das so geregelt, dass rituelle Schlachtungen nur mehr in besonders aus­gestatteten Schlachtanlagen vorgenommen werden dürfen. Jedes Zuwiderhandeln wird strengstens bestraft, aber so ist im Sinne der Religionsfreiheit genug Fleisch für die eigene, würde ich sagen, jeweilige Religionsgemeinschaft vorhanden.

Ein wichtiger Punkt sind Katzen im Zoofachhandel. Bitte schön, eines möchte ich vorausschicken: Das ist keine Kritik am Zoofachhandel – der hat Hervorragendes geleistet –, es ist nur einfach nicht mehr zeitgemäß und auch mit der Zivilbevölkerung nicht mehr zu vereinbaren. Darum, bitte: Verbot.

Der Kollege hat das heute schon zitiert, ja, die Frau Bundesminister hat damals im Ausschuss zugehört und hat das sofort veranlasst; das heißt, es steht jetzt drinnen: „zum Zwecke des Verkaufes, der Vermittlung oder sonstiger gewerblicher Tätig­keiten“. – Schön! Danke, dass ihr mitgestaltet habt, das ist sehr positiv! – Das ist ein­mal der nächste Punkt.

Der aus Zeitgründen letzte Punkt ist natürlich der betreffend die Vermittlung von Tieren. Es gibt drei Ebenen – das ist etwas ganz Wesentliches, was auch gegen schwarze Schafe bei den Vermittlern hilft (Zwischenruf des Abg. Schellhorn) –: Zum einen muss einmal die Geschichte des jeweiligen Tieres an den Konsumenten weiter­gegeben werden, damit er nicht in Wirklichkeit kranke Tiere kauft und das emotionale Leid hat; zum Zweiten ist es notwendig, dass ausländische Verkäufer – eigentlich ist es ganz egal, ob in- oder ausländische Verkäufer – eine Versicherung abschließen müs­sen, damit sie gegenüber denjenigen, die ein Tier von ihnen erwerben, einen Schaden gutmachen können; und der dritte Punkt ist – auch nicht unwesentlich, eigentlich sogar sehr wichtig –, dass es auch wieder Pflegestellen wird geben müssen. Es muss, wenn Tiere zurückgegeben werden, eine Verwahrungsmöglichkeit geboten werden, sodass Tiere nicht auf der Straße landen, dort verenden oder sonst wie schlecht gehalten werden.

Das ist – in aller Kürze, bitte – ein sehr interessantes Gesetz. Ich als Tierschützer sehe es als Anfang, als guten Anfang, und wünsche mir gerade im Hinblick auf das heran­nahende Weihnachtsfest nichts anderes, als dass die Damen und Herren nicht Tiere als Weihnachtsgeschenke verwenden. Tiere sind Persönlichkeiten.

Ein weiterer Punkt ist der, dass ich mir einen besseren Umgang mit der ganzen Beißkorb- und Leinenpflicht wünsche, dass man sachlich damit umgeht – aber nicht immer zulasten der Tiere; das kann es nämlich wirklich nicht sein. Ich wünsche mir, dass in der Rhetorik keine Kampfhunde mehr vorkommen, die Tiere können nämlich nichts dafür. Man müsste eigentlich sagen, dass man gegen Kampfmenschen vorgeht. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich wünsche mir, dass man die Hunde so sieht: als Diabeteshunde – dazu sollte es reichen –, als Wachhunde, als Spürhunde, als Rettungshunde. So nehmen wir sie alle sehr, sehr gerne zur Kenntnis. Ich wünsche mir mehr Herz für die Tiere. Besuchen Sie unsere Tierheime; diese quellen über, und wir haben auch dort süße Kätzchen und tolle Hunde! Ich habe gerade einen neun Jahre alten Hund zu mir genommen. Er soll die letzten Lebensjahre gut bei mir verbringen können. Da ist ja nichts dabei! Futter kostet pro Tag einen Euro, und ein bisschen Liebe haben wir ja alle miteinander!

In diesem Sinne: Frau Bundesminister, danke schön für Ihren Einsatz, und ich bitte Sie weiterhin um Unterstützung im Sinne des Tierschutzes. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.51

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 90

Gesamtändernder Abänderungsantrag

der Abgeordneten Riemer, Eßl,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz TSchG) BGBl. 118/2004, zuletzt geändert mit BGBl Nr. 37/2018, geändert wird idF des Berichtes des Gesundheitsausschusses in 349 der Beilagen (TOP 6)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutz­gesetz TSchG) BGBl. 118/2004, zuletzt geändert mit BGBl Nr. 37/2018, geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz-TSchG), BGBl. I Nr. 118/2004, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 37/2018, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 4 Z 14 wird der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 15 und Z 16 angefügt:

„15. Betriebsstätte: Ort, an dem die Haltung von Tieren im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit oder sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeit erfolgt, ausgenommen Pflegestellen;

16. sonstige wirtschaftliche Tätigkeit: jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten und weder ein Gewerbe noch gewerblich ist, unabhängig davon, ob die Tätigkeit gewinnorientiert oder gemein­nützig ausgeübt wird.“

2. In § 6 Abs. 4 Z 4 wird der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und folgende Z 5 angefügt:

„5. für die fachgerechte Tötung von Tieren zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 oder aufgrund landesgesetzlicher Bestimmungen nach Anordnung der zuständigen Behörde durch besonders ausgebildete Personen. Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz kann durch Verordnung nähere Vorschriften über die Art und den Nachweis der Kenntnisse und Fähigkeiten der besonders ausgebildeten Personen erlassen.“

3. Nach § 6 Abs. 4 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Die rituelle Schlachtung von Tieren außerhalb von gemäß § 32 Abs. 4 zuge­lassenen Schlachtanlagen oder ohne rechtskräftige Bewilligung gemäß § 32 Abs. 5 ist verboten.“

4. § 8a Abs. 2 wird die Wortfolge „§ 31 Abs. 1“ durch die Wortfolge „§§ 29 Abs. 1 und 31 Abs. 1“ ersetzt.

5. In § 24 Abs. 1 Z 1 wird das Wort „Lamas“ durch das Wort „Neuweltkameliden“ ersetzt.

6. § 31 Abs. 5 lautet:

„(5) Hunde und Katzen dürfen im Rahmen gewerblicher Tätigkeiten gemäß Abs. 1 in Zoofachgeschäften und anderen gewerblichen Einrichtungen, in denen Tiere ange-


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boten werden, zum Zwecke des Verkaufes, der Vermittlung oder sonstiger gewerb­licher Tätigkeiten nicht gehalten und ausgestellt werden.“

7. § 31a lautet:

„§ 31a. (1) Wer Tiere, ausgenommen in § 24 Abs. 1 Z 1 genannte Tiere, wiederholt aufnimmt oder weitergibt, ohne eine gemäß § 29 oder gemäß § 31 bewilligte Einrichtung zu sein, muss dies vor Aufnahme der Tätigkeit der Behörde melden. Wird anlässlich einer Kontrolle festgestellt, dass die Haltungsbedingungen nicht den Anforderungen dieses Gesetzes oder einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung entsprechen, hat die Behörde die Setzung entsprechender Maßnahmen innerhalb einer angemessenen Frist vorzuschreiben. Kommt der Halter dem innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist nicht nach, hat die Behörde § 23 Abs. 2 und 3 sinngemäß anzuwenden.

(2) Wer Tiere, ausgenommen jene die in § 24 Abs 1 Z 1 genannt sind, abgibt, hat

1. nachweislich und schriftlich auf deren individuelle Vorgeschichte und erkennbare Eigenschaften hinzuweisen, sofern nicht durch ein anderes Bundesgesetz oder einer Verordnung auf Grund dieses Gesetzes eine andere Kundeninformation vorgeschrieben ist und

2. sicherzustellen, dass Tiere, die im Rahmen der Gewährleistung zurückgenommen werden, in der eigenen oder einer von ihm beauftragten, gemäß § 29 oder § 31 bewilligten Einrichtung oder eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in Österreich untergebracht werden können.

(3) Wer, ohne eine Haltung in Österreich zu haben, mit Heimtieren in Österreich handelt oder solche Tiere aus dem Ausland nach Österreich vermittelt, bedarf einer Genehmigung durch die zuständige Behörde gemäß § 23. Diese Bewilligung ist zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass

1. Abs. 2 eingehalten wird,

2. beim Transport und der Verbringung der Tiere die geltenden Tierschutz- und Tierseuchenbestimmungen eingehalten werden und

3. innerhalb der Gewährleistungsfrist durch Versicherung eine allenfalls erforderliche Rückerstattung des Kaufpreises oder der Kosten für eine notwendige Behandlung der Tiere sichergestellt wird.

8. § 44 Abs. 5 Z 4 lit. c lautet:

„c) von Pferden. Pferdeartigen, Schafen, Ziegen, Neuweltkameliden und Nutzfischen jedenfalls 2020;“

9. § 44 Abs. 23 in der Fassung des 2. Materien-Datenschutz-Anpassungsgesetzes, BGBl. I Nr. 37/2018, erhält die Absatzbezeichnung „(26)“ und es werden danach folgende Abs. 27 und 28 angefügt:

„(27) § 4 Z 15, § 6 Abs. 4 und 5, § 8a Abs. 2, § 31 Abs. 5 und § 31a in der Fassung von BGBl. I Nr. xxx/2018 tritt am 1. Jänner 2019 in Kraft.

(28) Zoofachhandlungen und andere gewerbliche Einrichtungen, die am 30. September 2018 eine aufrechte Bewilligung nach den bis dahin geltenden Bestimmungen zur Haltung von Hunden und/oder Katzen zum Zwecke des Verkaufs haben, dürfen von


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dieser Bewilligung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2019 Gebrauch machen, wobei die Haltungsbestimmungen der Tierschutz-Sonderhaltungsverordnung in der Fassung von BGBl. II Nr. 139/2018 einzuhalten sind.“

Erläuterungen

Zu 1 (§ 4 Z 15 und 16):

Der Begriff der Betriebsstätte nach Tierschutzgesetz umfasst jede Haltungsanlage für Tiere, die im Rahmen einer gewerblichen oder sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeit (ausgenommen die Haltung im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft) gehalten werden, unabhängig davon, ob an diesem Ort eine sonstige geschäftliche Tätigkeit ausgeübt wird. Der Begriff ist daher nicht mit dem Begriff in der BAO deckungsgleich. Die Genehmigungspflicht nach § 31 Abs. 2 TSchG erstreckt sich daher immer aus­schließlich auf den Ort der Tierhaltung, unabhängig davon wo sich der Sitz des Unternehmens bzw. des Tierschutzvereins oder ein Verkaufslokal befindet.

Der Begriff der „sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeit“ soll jene Fälle von Unternehmen und Tierschutzvereinen betreffen, die weder ein Gewerbe im Sinne der Gewerbe­ordnung sind, noch tatsächlich gewerblich tätig sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs umfasst der Begriff des Unternehmens „jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung“. Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist „jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten“. Somit sind von dieser Definition insbesonders auch jene Tierschutzvereine erfasst, die Tiere im In- oder Ausland in ihr Eigentum übernehmen, um sie an neue Plätze weiter­zuvermitteln.

Der Unternehmenscharakter einer Einrichtung hängt daher nicht von der Rechtsform (öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich) oder ihrer wirtschaftlichen Zielsetzung (gewinnorientiert oder gemeinnützig) ab, sondern allein davon, ob die Einrichtung eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, d. h. Waren und/oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anbietet.

Zu 2 (§ 6 Abs. 4):

Sofern (jeweils) zuständige Behörden die Tötung von Tieren aufgrund geltender Rechtsgrundlagen anordnen (müssen), soll die Möglichkeit bestehen, bei dieser Maß­nahme auf geeignete, besonders ausgebildete Personen, die aber eventuell nicht Tierärzte sind, zurückzugreifen.

Beispielsweise sind mit der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 betreffend invasive gebietsfremde Arten, die Naturschutz- und Artenschutzbehörden angehalten, das Auftreten von gebietsfremden Arten zu kontrollieren und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen zum Schutze der heimischen Flora und Fauna zu ergreifen. In diesem Fall scheint es zielführend - auf Basis der Anordnung der zuständigen Behörde - bei der gegebenenfalls erforderlichen Tötung der Arten auch auf besonders ausgebildete Personen zurückgreifen zu können. Dies wurde zudem wiederholt von Seiten der Landesbehörden an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz herangetragen.

Zu 3 (§ 6 Abs. 5):

Im Rahmen der Tagung der Landestierschutzreferenten im Mai 2018 wurde gefordert, das bestehende Verbot der Durchführung von rituellen Schlachtungen außerhalb der


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dafür vorgesehenen Einrichtungen bzw. Bewilligungen klar als Straftatbestand darzustellen und das Verbot ausdrücklich zu formulieren. Dem soll mit der vorgeschlagenen Regelung Rechnung getragen werden.

Zu 4., 6. und 7. (§§ 8a, 31 Abs. 5 und 31a):

Nachdem mit den letzten beiden Novellen des Tierschutzgesetzes der Internethandel mit Tieren geregelt wurde, um einerseits den illegalen Welpenhandel zu verhindern und andererseits durch die Tierschutz-Sonderhaltungsverordnung auch Zoofachge­schäf­ten (neben der jedenfalls möglichen Haltung außerhalb des Geschäftes) die Unterbringung von Tieren in Pflegestellen ermöglicht wird, besteht keine Notwendigkeit mehr, dass Hunde und Katzen weiterhin in Verkaufs- oder Ausstellungsräumen von gewerblichen Tierhaltungen ausgestellt oder gehalten werden. Es erscheint daher möglich, zur ursprünglichen Fassung des Tierschutzgesetzes zurückzukehren.

Ausdrücklich ist festzuhalten, dass eine Mitnahme von Hunden und Katzen aus der Außenstelle (Pflegestelle) in eine Zoofachhandlung zur Übergabe an einen neuen Halter innerhalb desselben Tages, nicht als Haltung zu definieren ist.

Bei Abgabe von Tieren soll generell klargestellt werden, dass der Abgeber verpflichtet ist, die bekannte Vorgeschichte und erkennbare Eigenschaften des Tieres – die even­tuell zu Haltungsproblemen führen können – dem neuen Tierhalter mitzuteilen, sofern nicht durch Verordnungen auf Basis dieses Gesetzes (z.b. § 9 Tierschutz-Sonderhal­tungsverordnung) eine andere Art der Kundeninformation vorgesehen ist Damit wird die Informationsweitergabe, wie sie derzeit nur für Zoofachhandlungen gegolten hat, auch auf die Tätigkeiten anderer wirtschaftlicher Einrichtungen (z.b. Vereine) erstreckt.

Weiters wird klargestellt, dass Unternehmen, land- und forstwirtschaftliche Betriebe, Personen oder Vereine, beim Handel mit oder bei der Vermittlung von Heimtieren gleichermaßen sicherstellen müssen, dass diese Tiere im Falle einer Rückgabe aus gewährleistungsrechtlichen Gründen tierschutzgerecht untergebracht werden können. Dabei kann die Unterbringung innerhalb des eigenen Betriebs bzw. der eigenen Einrichtung oder durch die Verpflichtung Dritter erfolgen. Jedenfalls müssen diese Stellen gemäß § 29 oder § 31 bewilligt oder ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb sein. Die Sicherstellung ist dann gewährleistet, wenn in Summe genügend Plätze vor­handen sind, um die im Durchschnitt zu erwartenden, zurückzunehmenden Tiere aufgenommen werden können.

Wer ohne Haltung in Österreich mit Heimtieren handelt oder diese vermitteln will, bedarf einer Bewilligung. Dabei ist die Sicherstellung der bestehenden rechtlichen Bestim­mungen bei der Verbringung erforderlich und eine gesicherte (vertragliche) Möglichkeit, Tiere, die innerhalb der Gewährleistungsfrist zurückgenommen werden müssen, in einer bewilligten österreichischen Haltung unterzubringen, außerdem soll durch den zwingenden Abschluss einer Versicherung sichergestellt werden, dass allenfalls notwendige Behandlungen der Tiere finanziert werden können und im Gewährleistungsfall die Rückerstattung des Kaufpreises tatsächlich erfolgen kann.

Zu 5 und 8. (§ 24 Abs. 1 und § 44 Abs. 5 Z 4 lit. c):

Auf Wunsch des Vollzugsbeirates wäre der Begriff „Lama“ durch den Überbegriff „Neuweltkamelide“ ersetzt.

Zu 9. (§ 44):

Die Fehlnovellierung (Einführung eines zweiten Abs. 3 nach Abs. 25) durch das 2. Materien-Datenschutz-Anpassungsgesetzes, BGBl. I Nr. 37/2018, wäre zu berichtigen und eine neue Inkrafttretensbestimmung einzufügen.


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Die Übergangsbestimmung soll dem Handel ermöglichen, sich auf die neuen Gege­benheiten einzustellen.

12.51.06*****


Präsidentin Doris Bures: Meiner Information nach – (in Richtung Abg. Holzinger-Vogtenhuber, die sich auf dem Weg zum Rednerpult befindet) Frau Abgeordnete, noch nicht; ich habe noch ein paar Punkte zu erledigen – ist der gesamtändernde Abände­rungsantrag gemäß § 53 Abs. 4 GOG an die Abgeordneten verteilt worden. Wenn dem so ist, ist er auch ordnungsgemäß eingebracht.

*****

Ich habe mir das vorläufige Stenographische Protokoll der Rede des Herrn Abge­ordneten Wolfgang Knes kommen lassen, und ich erteile Herrn Abgeordnetem Knes für die Aussage in Richtung der Frau Bundesministerin, „Sie stehlen dem AMS [...] 700 Millionen Euro“, „Haben Sie gestohlen!“, einen Ordnungsruf. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

*****

Jetzt gibt es noch eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung, nämlich seitens der Frau Abgeordneten Bißmann. – Bitte.


12.51.59

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit) (zur Ge­schäftsbehandlung): Vielen Dank, Frau Präsidentin! Die Buschtrommeln haben ihn ja angekündigt, Kollege Androsch auch, jetzt wurde der gesamtändernde Abänderungs­antrag ausgeteilt.

Ich habe ihn mir kurz angeschaut: Also meines Erachtens entspricht er nicht der Geschäftsordnung, weil der Verhandlungsgegenstand des Schächtens, also einer rituellen Schlachtung, der jetzt plötzlich in dem Abänderungsantrag auftaucht, nicht im ursprünglichen Antrag 402/A enthalten war, dem Antrag, der von Kollegen Riemer und Kollegin Schwarz am 26.9. eingebracht wurde.

Ich bitte Sie, das in der Präsidiale zu untersuchen. – Danke schön.

12.52

*****


Präsidentin Doris Bures: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend den gesamtändernden Abänderungsantrag? – Das ist nicht der Fall.

Das heißt, wir werden das auch auf die schon lange Liste der Punkte für die nächste Präsidialkonferenz setzen.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.


12.53.08

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Herr Kollege Riemer – wo ist er denn? (Abg. Riemer steht hinter dem Präsidium – Ruf: Da oben!) – spricht davon, dass Tierschutz keine politische Farbe habe, er müsse das Ganze mit dem Abänderungsantrag nun schnell machen, weil es schon so pressiert.


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Im Abänderungsantrag wird aber die Tierschutzlandesreferentenkonferenz vom Mai 2018 zitiert. – Also so viel zu: Es pressiert dermaßen!

Tierschutz hat keine politische Farbe, Herr Kollege Riemer (in Richtung Abg. Riemer, der sich mittlerweile auf Höhe der Rednerin zwischen Regierungsbank und Präsidium be­findet) – und er kommt immer näher. Am 13. November hat ein Gesundheitsaus­schuss stattgefunden, und in diesem Gesundheitsausschuss haben wir einen Antrag diskutiert. Ich habe mir gedacht, ich schlucke noch einmal, es ist vollkommen in Ordnung.

Ich habe nämlich im Tierschutzausschuss – im Gesundheitsausschuss, der auch für Tierschutz zuständig ist – einen Antrag eingebracht, dass Hundewelpen und Katzen­junge nicht mehr in Zoofachhandlungen verkauft werden dürfen. Warum? – Weil das – in diesen kleinen Räumlichkeiten, in einem Geschäft – einfach keine Bedingungen sind, unter denen ein kleines Lebewesen, wie es unter anderem auch Hundewelpen und Katzenjunge sind, die ganze Zeit untergebracht werden sollte. Dieser Antrag wurde damals vertagt und im Gesundheitsausschuss am 13. November dann von den Regierungsfraktionen eingebracht – wortident eingebracht. Das alles ist vollkommen in Ordnung. Ich habe ihm auch zugestimmt, weil ich mir denke, das ist eine gute Idee gewesen; sie ist zwar von mir, aber ich werde sie unterstützen.

So, und jetzt stehen wir vor einer Situation, dass gestern am Abend dieser gesamt­ändernde Abänderungsantrag hereinkommt, der so viele Punkte beinhaltet und dementsprechend eine umfassende Diskussion erfordern würde und betreffend den ich mich zu wetten traue: Wenn Sie hier herinnen – auch bei den Regierungsfraktionen – fragen würden: Wer weiß, welche Punkte nun in diesem Antrag drinstehen?, weiß bis auf Herrn Riemer und den Tierschutzsprecher der ÖVP wahrscheinlich niemand, was da drinnen steht.

Genau deshalb, denke ich mir, wäre es dringend nötig, darüber zu debattieren, aber Sie haben einen Weg gewählt, der von der Geschäftsordnung gedeckt ist. (Ruf: Das hat aber die Frau Abgeordnete Bißmann anders gesehen!) Ja, das ist so, er ist ge­deckt, man kann einen gesamtändernden Abänderungsantrag derart spät einbrin­gen. Die Frage ist nur, ob man auch will, dass Anträge der Regierungsfraktionen immer angenommen werden und Anträge der Opposition immer automatisch abgelehnt werden. (Abg. Hammer: Das ist ausreichend beschlossen!) Wenn dies das Verständ­nis von Parlamentarismus – Ihr Verständnis von Parlamentarismus – ist, dann möge das so sein, aber, Kollege Riemer, das ist Parteipolitik pur. (Beifall bei Abgeordneten von JETZT und SPÖ.) Sparen Sie sich also bitte diesen Satz, dass Tierschutz keine politi­sche Farbe habe, denn das ist Parteipolitik pur, und das auf dem Rücken der Tiere.

Wenn Sie weiters sagen, Tiere seien Persönlichkeiten, dann, Kollege Riemer, bringen Sie bitte sofort einen Abänderungsantrag ein, dass Tiere künftig nicht mehr wie eine Sache behandelt werden. Dem stimme ich dann auch umfassend und sofort zu.

So, von meiner Seite kommt jetzt noch ein Rückverweisungsantrag in den Aus­schuss. Ich möchte über diese wichtigen Punkte gerne mit Ihnen diskutieren, weil mir der Parlamentarismus am Herzen liegt und ich dieses Drüberfahren einfach nicht mehr länger ertrage. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.56


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte.


12.56.30

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich darf im Namen des Kollegen Riemer die FPÖ-Bezirksgruppe Leibnitz recht herzlich bei uns begrüßen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


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Auch ich bin der Meinung meines Kollegen, dass Tierschutz nichts mit politischen Ansichten zu tun hat, sondern dass Tierschutz in Verantwortung gegenüber unseren Tieren passieren muss. Das ist für uns eine Verpflichtung, und die nehmen wir auch wahr. Österreich ist ein Land, das bezüglich der Tierschutzregelungen sowohl im Heimtierbereich als auch im Nutztierbereich eigentlich ein sehr hohes Niveau hat. Wir haben hohe Standards, und zwar höhere Standards als jene, die im EU-Recht festgelegt sind, aber auch höhere Standards als in den anderen EU-Mitgliedstaaten.

Lassen Sie mich aber auch speziell bei diesem Punkt noch darauf hinweisen, dass unsere Produkte hohen Tierhaltungsstandards entsprechen, dabei aber im Wettbewerb mit allen anderen stehen: mit allen anderen aus Mitgliedstaaten der EU, aber auch mit den Importen aus dem Ausland, von Drittstaaten, und das ist natürlich eine besondere Herausforderung. Darum darf ich Sie in diesem Sinne bitten, dass Sie österreichische Produkte, österreichische Qualität kaufen, denn damit leisten Sie auch einen Beitrag zum Tierschutz hier in Österreich. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Nun aber zum Thema: Wir diskutieren das Tierschutzgesetz, dieses beinhaltet das Verbot von Verkaufspräsentation und Haltung von Katzen und Hunden in Zoofach­handlungen. Dies bedeutet einen enormen Stress für die Tiere, daher wurde diese Novelle als notwendig erachtet. Kurz zur Vorgeschichte: Wir haben zwei Novellen betreffend Tierschutzgesetz behandelt: In der einen ist es um den Internetverkauf gegangen, der neu geregelt wurde, damit verhindert wird, dass Welpen illegal verkauft werden, und in der zweiten ist es darum gegangen, den zuvor verbotenen Verkauf von Hunden und Katzen in Zoofachhandlungen wieder einzuführen. Es hat sich erwiesen, dass sich das nicht bewährt hat, und gerade unsere Tierschutzorganisationen und die Ombudsstelle waren der Meinung, dass es nicht artgerecht ist, dass diese Tiere zur Schau gestellt werden, und darum auch heute diese Abänderung. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Zum Wohle der Tiere wurde aber bereits geregelt, dass die Unterbringung in Pflege­stellen erfolgen kann, dies wird es natürlich auch weiterhin geben und dies ist ein wertvoller Beitrag. Im Abänderungsantrag, der heute gleichfalls mit zur Diskussion steht, ist betreffend die Begriffsdefinition Betriebsstätte noch einmal besonders gere­gelt, dass diese Gesetzesnovellierung nicht nur für Zoofachhandlungen gilt, sondern auch für alle anderen, zum Beispiel Vereine, und dass diese die gleichen Bestim­mun­gen einhalten müssen.

Was noch drinnen steht: Die Informationsweitergabe betreffend die Vorgeschichte der Tiere betrifft ebenfalls alle, denn das ist etwas besonders Wichtiges für den Käufer, damit er die Eigenschaften des Tiers und vielleicht auch die Haltungsprobleme kennt, die auftreten können.

Dieses Gesetz tritt mit 1. Jänner 2019 in Kraft, es sind Übergangsbestimmungen bis Ende 2019 darin enthalten, damit sich die Zoofachhandlungen, die bereits eine auf­rechte Bewilligung haben, auch darauf einstellen können.

Ich denke, es steht groß im Regierungsprogramm drinnen, dass Tierschutz eine wich­tige Maßnahme für uns, für Österreich, für unsere Gesellschaft, für unsere Menschen und für unsere Tiere ist. Mit diesem Punkt wird der Tierschutz zum Wohle unserer Tiere wieder ein Stückchen weiterentwickelt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

13.00


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bun­des­ministerin Hartinger-Klein. – Bitte.



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13.00.50

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Frau Präsident! Hohes Haus! Ja, Frau Abgeordnete Holzinger-Vogtenhuber, Tiere sind keine Sache. Wer mit einem oder mehreren Tieren sein Leben teilt, weiß genau, wie schlau, sensibel und liebevoll sie sind. Durch Gestik, Mimik und Laute machen sie ihre Gefühle und Bedürfnisse deutlich. Sie bereichern unser Leben, und wir alle, die wir Tiere haben, kümmern uns gerne um sie.

Ich möchte hier Kant zitieren, der sagt, die Freiheit des Einzelnen ende dort, wo die Freiheit des anderen beginnt. – Das ist ein Satz, den auch Tierethiker – und ich habe mich mit diesem Thema sehr auseinandergesetzt – so sehen. Das, was im Verhältnis zwischen Menschen gilt, hat auch Bedeutung für die Tiere und die Mensch-Tier-Beziehung.

Da mit der letzten Novelle des Tierschutzgesetzes der Internethandel mit Tieren um­fassend geregelt wurde, ist nunmehr nach der Tierschutz-Sonderhaltungsverordnung auch den Zoofachgeschäften die Unterbringung und Haltung von Tieren außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten ermöglicht worden. Damit besteht keine Notwendigkeit mehr, dass Hunde und Katzen weiterhin in Verkaufs- und Ausstellungsräumen in gewerb­licher Tierhaltung gehalten werden. Das bloße Verbot ohne flankierende Maßnahmen ist nicht zielführend. Wichtig sind daher strenge Kontrollen einer tierschutzkonformen Haltung und Versorgung ebenso wie der Einhaltung der Verbringungsbestimmungen.

Aufgrund der Diskussion zur rituellen Schlachtung in den Sommermonaten und nach intensiven Diskussionen mit den Tierschutzreferenten der Bundesländer, meine Damen und Herren, wird nun eine Klarstellung getroffen, wie Verstöße gegen die strengen Aus­nahmeregelungen für die rituelle Schlachtung zu ahnden sind. Diese Klarstellung ist für den Vollzug von besonderer Bedeutung.

Mit den weiteren eingebrachten Themen wie der Klarstellung der Definition von Be­triebsstätten und der sonstigen gewerblichen Tierhaltung wird die Anwendbarkeit der Sonderhalteverordnung wesentlich verbessert, möglich sein und auch mehr Rechts­sicher­heit gegeben. Letztendlich konnten weitere Anforderungen für jene Vereine aufgenommen werden, die die Tiere vermitteln. Ich begrüße diese Regelun­gen, wie eine verpflichtende Versicherung beziehungsweise verpflichtende Rücknahme von Tieren innerhalb der Gewährleistungsfrist, ausdrücklich.

Die behördliche Genehmigungspflicht der Tätigkeiten von Vereinen aus dem Ausland, welche in Österreich tätig werden, ist ein wesentlicher Beitrag zur Verhinderung von Tierleid und ein großer Beitrag zur weiteren Verbesserung der Tierschutzstandards in Österreich.

Ich darf noch jemanden zitieren – Pythagoras –: „Alles, was der Mensch den Tieren antut, kommt auf den Menschen wieder zurück.“ – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.03


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Danke, Frau Minister.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Keck zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.04.02

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Ich glaube, ich bin der Einzige in diesem Haus, der aktiv beim Bundestierschutzgesetz, das wir 2005 beschlossen haben, mitgearbeitet hat und der auch bei jeder Novelle und jeder Verordnung, die den Tierschutz betroffen hat, mitgearbeitet hat. Ich kann hier in


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diesem Haus wirklich sagen, wir haben diese Gesetze immer parteiübergreifend beschlossen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es haben immer Gespräche mit den Tierschutzbeauftragten, mit den Tierschutz­sprechern der Parteien stattgefunden. Wir haben immer, sogar bevor etwas in den Ausschuss gekommen ist, mit den Tierschutzsprechern gesprochen, haben auch ihre Anregungen in unsere Anträge, die dann als Gesetzesanträge eingebracht wurden, eingearbeitet und haben 96 Prozent aller Anträge betreffend den Tierschutz, die in den letzten eineinhalb Jahrzehnten in diesem Haus eingebracht wurden, einstimmig be­schlossen. Es sind viele, viele Maßnahmen, die zum Beispiel der ehemalige Tier­schutz­sprecher der FPÖ, Herr Bernhard Vock, eingebracht hat, als Gesetzesanträge von uns weitergebracht worden. Wir haben viel getan.

Ich bin wirklich verwundert, wenn ich an die letzte Ausschusssitzung denke: Da wurde uns ein Änderungsvorschlag betreffend das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere vorgelegt, in dem es um die Zoofachhandlungen geht. Da geht es in Wirklichkeit aber eigentlich nur um § 31 Abs. 5, dass das Halten von Hunden und Katzen „zum Zwecke des Verkaufes“ in Zoofachhandlungen verboten wird.

Ich habe im Gesundheitsausschuss eingebracht, dass die Formulierung das Halten „zum Zwecke des Verkaufes“ zu wenig ist, es gehört auch die Vermittlung und so weiter mitaufgenommen, sonst würden wir dem Zoofachhandel Tür und Tor für andere Maßnahmen öffnen. Da ist gesagt worden, weitere Gespräche werden geführt werden, damit man „zum Zwecke des Verkaufes“ wegbringt, man werde sich an uns wenden. Es ist nichts passiert. Das, was passiert, ist: Wir bekommen heute einen gesamt­ändernden Abänderungsantrag, der eine massive Palette an Änderungen, eine massive Änderung des Tierschutzgesetzes vorsieht.

Ich muss jetzt sagen, Frau Bundesminister, ich weiß, dass du für den Tierschutz bist, ich spreche dir auch Lob aus. Ich weiß, dass du sehr bemüht bist, das zu tun. Wir haben viele Gespräche geführt, aber diesem gesamtändernden Abänderungsantrag können wir nicht zustimmen. Ich habe dir auch gesagt, wenn ihr uns den Antrag rechtzeitig gebt, damit wir ihn uns ansehen können, dann kann es sein, dass wir ihm auch zustimmen werden. Wenn er aber 14 Stunden vor Beginn der Plenardebatte – um 19.30 Uhr gestern Abend – kommt, dann kann man sich Dinge, die in diesem Antrag stehen, nicht mehr anschauen. Da sind so gravierende Änderungen drinnen, die man auch mit den Ländern absprechen muss, dass man dem nicht zustimmen kann.

Es sind auch gute Sachen in diesem Antrag drinnen, aber weil das in einem Ge­samtpaket drinnen ist, können wir nicht zustimmen. Nur ein Beispiel, weil Kollege Riemer gesagt hat, Vereine müssten plötzlich zusperren, wenn das heute nicht be­schlossen wird: Lieber Josef Riemer! Über Betriebsstätten und die sonstige wirt­schaftliche Tätigkeit diskutieren wir seit eineinhalb Jahren, denn das Gesetz haben wir 2017 gemacht, Übergangsfrist bis Sommer 2018, dann hätte eine Verordnung erstellt werden sollen. Mit Anfang 2018, glaube ich, ist irgendwann die Sonderhalte­verordnung gekommen. Und das Problem, das wir haben, ist, dass einzelne Amtstierärzte oder Bezirksverwaltungsbehörden die Begriffe Betriebsstätte und sonstige wirtschaftliche Tätigkeit immer falsch interpretiert haben.

Da haben wir diskutiert, Frau Minister, du weißt es, wir haben oft genug geredet. Du hast zugesagt: Selbstverständlich wird etwas kommen! Wir sind auch bereit, solche Dinge mitzutragen, aber wir können es nicht in diesem Gesamtpaket machen, weil da Dinge drinnen sind, die wir uns erst anschauen müssen, wo wir nicht wissen, was los ist. (Bundesministerin Hartinger-Klein: Das Parlament ist zuständig!)

Du sagst berechtigterweise – darum sage ich es ja, ich weiß, dass du für den Tier­schutz bist –, das Parlament ist zuständig; und da wende ich mich jetzt an den ÖVP-


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Klub und an den FPÖ-Klub. In Sachen Tierschutz hat es so etwas noch nie gegeben. Ich frage wirklich: Wieso bedienen Sie sich solch einer Handhabe, dass Sie die Op­positionsparteien nicht einbinden? Tierschutz war immer eine Materie, die hier herinnen überparteilich diskutiert wurde, die vorher überparteilich verhandelt wurde. Herr Kollege Eßl kann das als Tierschutzsprecher bestätigen, Herr Kollege Riemer kann das als Tierschutzsprecher bestätigen. Wir haben das immer so gehandhabt.

Ich kann nur sagen, aufgrund dessen können wir bei diesem Antrag nicht mitgehen. Ich bitte Sie: Unterstützen Sie den Rückverweisungsantrag an den Gesundheitsaus­schuss! Bis dahin haben wir die Möglichkeit, uns das anzuschauen, bis dahin haben wir die Möglichkeit, auch noch Gespräche zu führen, und dann besteht die Möglichkeit, einem Antrag, der wieder eingebracht wird, zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.08


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Eßl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.08.39

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, wichtig ist, dass wir ein Gesetzeswerk vorliegen haben, das den Tieren zugutekommt, und dass wir den Tierschutz hochhalten. Dieser hat in Österreich einen sehr, sehr hohen Stellenwert. Ein guter Umgang mit den Tieren ist uns natürlich wichtig und ist gut. Wenn es um Tierschutz geht, wenn es um Tierwohl geht, ist eines auf alle Fälle wichtig, nämlich Bewusstseinsbildung und Überzeugungs­arbeit. Wenn sich der Tierhalter mit dem identifiziert, wenn er weiß, dass er dem Tier etwas Gutes tut, dann wird das auch ein Erfolg.

Mein Zugang ist ein praxisorientierter, aber trotzdem ist es notwendig, dass wir auch gesetzliche Vorschriften machen, dass wir einen Rahmen dafür bilden, wie der Umgang draußen ist. Aus diesem Grund haben wir uns bereits 2004 dazu entschlos­sen, ein umfangreiches Tierschutzgesetz zu machen. In mehreren Anpassungen gab es über die Jahre kleine Änderungen. Im Jahre 2017 haben wir dann eine umfang­reiche Reform mit großen Änderungen gemacht; Kollege Keck hat das angesprochen, er war wirklich maßgeblich daran beteiligt. Ich gestehe dir durchaus zu, dass du sehr viel für den Tierschutz tun willst. Da hat es große Änderungen unter Einbindung aller Beteiligten gegeben, des Tierschutzrates, vieler Experten aus allen Bereichen. Dieses Gesetz ist europaweit durchaus herzeigbar. Nicht alles hat sich allerdings bewährt, daher haben wir im Regierungsübereinkommen eine Weiterentwicklung des Tier­schutz­gesetzes vereinbart. Mit dieser heutigen Novelle kommen wir dem auch schon in einem wesentlichen Punkt nach. Wir setzen damit eigentlich das Regierungsüber­einkommen um.

Es geht, wie meine Vorredner schon gesagt haben, um die Begriffsbestimmungen, dass die Betriebsstätte definiert wird, dass die fachgerechte Tötung laut einem Para­grafen nicht nur den Tierärzten, sondern in besonderen Fällen auch besonders dafür ausgebildeten Personen quasi in die Hand gelegt werden kann. Es geht darum, dass die rituelle Schlachtung außerhalb von gemäß § 32 Abs. 4 zugelassenen Schlacht­anlagen ohne rechtskräftige Bewilligung verboten ist. Es ist schon erwähnt worden: Hunde und Katzen dürfen „im Rahmen gewerblicher Tätigkeiten [...] zum Zwecke des Verkaufes, der Vermittlung“ nicht gehalten oder ausgestellt werden.

In anderen Punkten wird auch noch darauf eingegangen, wird klargestellt, dass der Abgeber verpflichtet ist, die bekannte Vorgeschichte und erkennbare Eigenschaften zu dokumentieren und diese bei der Abgabe von Tieren auch schriftlich an den Abnehmer weiterzugeben. Das ist aus meiner Sicht ganz, ganz besonders wichtig, denn Tier-


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haltung bedeutet auch ein hohes Maß an Verantwortung. Derjenige, der das Tier annimmt, muss über die Bedürfnisse, die das Tier hat, aufgeklärt sein, denn dann kann er auch entsprechend reagieren.

Ich darf mich abschließend auch noch Kollegen Riemer anschließen, der gesagt hat, dass Tiere keine Weihnachtsgeschenke sind. Noch einmal: Tierhaltung bedeutet ein hohes Maß an Verantwortung, diese sollte man wahrnehmen. Mit diesem Gesetz, glaube ich, kommen wir dem wesentlich näher. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der FPÖ.)

13.12


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Bißmann. – Bitte.


13.12.42

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bürgerinnen und Bürger hier im Haus! Frau Ministerin! Ich bedanke mich eingangs bei Frau Mag.a Alexandra Lehner-Piesinger, der Präsidentin des österreichischen Beagle Clubs, für die Unterstützung bei der Erstellung dieser Rede.

Wir kennen alle das erschreckende Bild von verwahrlosten Welpen, die mit illegalen Tiertransporten angeliefert werden. Sie stammen meist aus Zuchtfabriken und sind für den Weiterverkauf im Handel bestimmt. Ich bin überzeugt, wir sind uns alle darin einig, Tiere sind keine Waren, sondern Lebewesen, deshalb ist es auch gut und richtig, den Verkauf von Hunden und Katzen in Zoohandlungen zu verbieten.

Bei den im Handel vertriebenen Welpen kennt man meist deren Herkunft und Ge­sundheitszustand nicht. Es ist aber für die Welpenkäufer und -käuferinnen sehr wichtig, über die Herkunft der Welpen genau Bescheid zu wissen – aus einem ganz einfachen Grund: Wie bei den Menschen ist die Frühphase der Welpen wesentlich und aus­schlaggebend für das spätere Verhalten der Hunde, eben der erwachsenen Hunde. Eine zu frühe Trennung von der Mutter kann zu schweren Verhaltensstörungen führen. Die in den Tierhandlungen angebotenen Welpen sind aber meist zwischen acht und zwölf Wochen alt, befinden sich gerade in dieser wichtigen Prägungs- und Sozialisie­rungsphase. Diese Phase der Welpen stellt hohe Anforderungen an die jeweiligen Bezugspersonen und das Umfeld der Welpen. MitarbeiterInnen einer Tierhandlung haben einfach zu wenig Zeit und auch meist zu wenig artspezifisches Wissen, um diese vielfältige Aufgabe zu erfüllen.

Gerade in dieser Jahreszeit, wenn sich die Einkaufszentren wieder mit Menschen­massen füllen werden, ist die Unterbringung von Hunden und Katzen in Tierhandlun­gen eine Zumutung. Falls Sie sich ganz persönlich überlegen, einen Hund mit in den Familienkreis aufzunehmen, diesen als Weihnachtsgeschenk Ihren Kindern zu schen­ken, informieren Sie sich vorab über die Bedürfnisse Ihres zukünftigen Familien­mitglieds! Es gibt in Österreich ganz viele Klubs und Vereine, die sich dafür einsetzen, den zukünftigen Besitzer mit dem Thema Hund vertraut zu machen, und sich um die Bedürfnisse und Rechte des besten und treuesten Freundes des Menschen kümmern.

Viele freiwillige Helferinnen und Helfer engagieren sich Tag für Tag für das Wohl der Tiere, dafür gebührt ihnen unsere Hochachtung und größter Dank. Diese Helferinnen und Helfer werden sich bestimmt auch sehr engagiert beim Tierschutzvolksbegehren einbringen, das sich gerade in der Vorbereitung befindet. Unterstützen wir als Parlamentarier doch die Arbeit dieser unzähligen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, der Tierschützer in diesem Land, indem wir einen gesetzlichen Rahmen schaf­fen, mit dem das Leid dieser Welpen von vornherein verhindert wird!


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Der vorliegende Initiativantrag 402/A sowie auch der gerade verteilte Abänderungs­antrag schaffen diesen Rahmen. Das ist ein Antrag, mit dem der Verkauf von Hunden und Katzen in Tierhandlungen endgültig verboten werden soll. – So schön, so gut. Ich hätte ihm so gerne zugestimmt, und ich habe mich wirklich darauf gefreut, auch einem Regierungsantrag zuzustimmen. Allerdings: Leider haben Sie mir das verleidet. Ich habe meine Rede heute Morgen als Prorede angemeldet, ich musste sie dann als Kontrarede ummelden. Leider! (Abg. Hammer: Gespaltene Persönlichkeit!) – Nein, ich bin keine gespaltene Persönlichkeit, aber Ihr Parlamentarismus lässt zu wünschen übrig. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie können Sie bei einem Thema, das so sensibel ist wie das Schächten, das rituelle Schlachten von Tieren, bei so einem heiklen Thema - - (Abg. Rädler: Das ist wie mit der Frisur!) – Bitte, was hat ein Kommentar über meine Frisur hier verloren? Ent­schuldigung! – Bei so einem heiklen Thema brauchen mein Team und ich mehr als ein paar Stunden Zeit, um uns das anzuschauen und uns eine Meinung zu bilden. Es könnte sein, dass wir sogar mitgehen, es kann durchaus sein, dass ich bei diesem Antrag mitgehe, aber ein paar Stunden sind einfach zu wenig Zeit, daher kann ich leider weder dem ursprünglichen Antrag noch dem Abänderungsantrag heute zustim­men.

Bitte hören Sie auf, den Parlamentarismus und die bewährten und eingespielten Usancen hier im Hohen Haus mit Füßen zu treten! (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Es ist wirklich schade! Ich habe mich wirklich darauf gefreut, Ihnen und Ihrem Antrag heute zuzustimmen, liebe FPÖ- und ÖVP-Abgeordnete, aber Sie haben es mir verleidet – mit der Art und Weise, wie Sie den Abänderungsantrag einbringen, nicht wegen des Inhalts. Ich werde mir den Antrag jetzt in Ruhe anschauen, ich bin auch dafür, dass er an den Gesundheitsausschuss rückverwiesen wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerk­samkeit. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.17


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Herr Abgeordneter Rädler, ich glaube, Sie sind mit mir einer Meinung, dass Sie in dem Augenblick, als Sie den Kommentar über die Frisur abgegeben haben, auch schon gemerkt haben, dass er nicht passend war. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Ich ersuche Sie, das im Zwiegespräch mit Frau Abgeordneter Bißmann zu klären. (Zwischenruf des Abg. Rädler. – Abg. Noll: Das ist schlimmer als ein Ordnungsruf!)

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Höfinger zu Wort. – Bitte.


13.18.24

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst vielen herzlichen Dank für die über weite Strecken sachliche Diskussion zu diesem Thema, an dem wirklich viele aus allen Klubs – und das weiß ich auch aus den ver­gangenen Jahren – sehr ernsthaft mitarbeiten und sich Gedanken darüber machen, wie wir den Tierschutz in Österreich weiterentwickeln können.

Zum Zweiten vielen herzlichen Dank an unseren Tierschutzsprecher Franz Eßl für die Erläuterung der noch zu ändernden Teile, die jetzt miteingebracht wurden, wobei ich denke, dass das pragmatische Notwendigkeiten sind, denen man heute auch zustim­men kann; daher nochmals meine Bitte an die Oppositionsparteien, das zu überdenken und vielleicht doch mit uns diesem Antrag mitzuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle wissen, Tiere brauchen Betreuung, intensive Betreuung, vor allem auch in ihrer Jugendentwicklung. In der ursprünglichen Form des Tierschutzgesetzes war ja die Haltung von Hunden und Katzen in Zoofachhandlungen


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verboten. Seit der Novelle 2008 war sie wieder erlaubt, jetzt soll sie wieder verboten werden, aber es hat sich ja in der Zwischenzeit enorm viel verändert, vor allem im Zusammenhang mit der Entwicklung des Internethandels, der zunächst einmal grund­sätzlich ungeregelt war.

Es war eine komplett neue Plattform, die da entstanden ist, die aber mittlerweile durch zwei Novellen neu geregelt und präzisiert wurde, und ich denke, damit wurde eine sehr gute Grundlage für den Handel von Tieren geschaffen. Vor dem Hintergrund dieser Rahmenbedingungen ist es daher sinnvoll, die Haltung von Hunden und Katzen in Schauräumen, in Fachgeschäften wieder zu verbieten. Die betreute Haltung in Zoofachgeschäften beziehungsweise bei Pflegestellen wird weiterhin aufrecht bleiben.

Es soll auch die Kaufentscheidung in Zukunft viel bewusster gemacht werden. Die sogenannten Spontan- oder Mitleidskäufe, wie sie vielleicht in den letzten Jahren aufgetreten sind, sollen dadurch eingeschränkt werden. Tiere anzuschaffen, das ist eine bewusste Gewissensentscheidung. Tiere – da, glaube ich, sind wir uns alle einig – sollten keine Lockartikel in diversen Auslagen und Geschäften sein. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

13.21

13.21.00


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wird seitens des Berichterstatters ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Zunächst stimmen wir über den vorliegenden Rückverweisungsantrag der Abgeord­neten Holzinger-Vogtenhuber, Mag. Loacker, Ing. Androsch ab.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, den Gesetzentwurf in 349 der Beilagen nochmals an den Gesundheitsausschuss zu verweisen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 349 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Riemer, Eßl, Kolleginnen und Kollegen einen gesamt­ändernden Abänderungsantrag eingebracht. Ich werde sogleich über den vorliegenden Gesetzentwurf in der Fassung des gesamtändernden Abänderungsantrages abstim­men lassen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den vorliegenden Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 349 der Beilagen in der Fassung des gesamtändernden Abän­derungsantrages der Abgeordneten Riemer, Eßl, Kolleginnen und Kollegen aus­sprechen, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, somit ist der Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Ing. Androsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aufnahme detaillierter Haltungsbestimmungen für Wachteln in die 1. Tierhaltungsverordnung“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit.


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13.23.077. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 436/A(E) der Abgeord­neten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Mehr Wahl­freiheiten für mehr Zufriedenheit mit dem Kassensystem – freie Kassenwahl jetzt (350 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zum 7. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.23.35

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Von den Tieren zurück zu den Menschen. Wir haben eine viel diskutierte Struk­turveränderung in der österreichischen Krankenkassenlandschaft vor uns. Die wesent­lichen Punkte für die Versicherten, die ja von dieser Reform nichts merken, wie Klub­obmann Wöginger richtig gesagt hat, bleiben gleich, nämlich die Leistungsunter­schiede zwischen den Kassen. Entweder sind Sie im öffentlichen Dienst oder Sie sind Politiker, so wie wir, dann haben Sie eine super Versicherung, müssen vielleicht einmal 5 oder 7 Euro Selbstbehalt bei einem Arztbesuch zahlen, aber Sie bekommen immer die besseren Leistungen. Sie bekommen jetzt 17 Euro Zuschuss für die Grippeimpfung im Winter, das kriegen Sie als GKK-Versicherter nicht. Die Unterschiede bleiben.

Das ist der Anlass dafür, warum wir gesagt haben, lassen wir doch die Versicherten ent­scheiden, lassen wir doch die Bürgerinnen und Bürger selbst entscheiden, bei welcher Kasse sie versichert sein wollen, ob sie bei der Österreichischen Gesund­heitskasse sein wollen oder bei der Beamtenversicherung oder wie Kollege Hammer bei der Krankenfürsorgeeinrichtung für die Landesbediensteten in Oberösterreich. Lassen wir die Menschen aussuchen, geben wir ihnen die freie Entscheidung!

Kollegin Schwarz hat im Ausschuss gesagt: Ja, aber das ergibt dann ein poor system for the poor. – Aber das ist nicht der Fall! Andere Länder haben ja solche Wahlsysteme auch. Und was passiert dort? – Im Hintergrund findet ein Risikostrukturausgleich statt, damit die strukturellen Unterschiede zwischen den Kassen ausgeglichen werden kön­nen. Die eine hat mehr Arbeitslose, die andere hat mehr ältere Menschen, eine andere Kasse hat mehr Gutverdiener, und das wird im Hintergrund ausgeglichen, damit alle dieselbe Ausgangslage haben und es nur noch darauf ankommt, wer besser wirt­schaftet.

Diese Kassen haben in solchen Ländern einen sogenannten Kontrahierungszwang. Das heißt, ich muss mit dem Bürger, der bei mir versichert sein will, diesen Ver­siche­rungsvertrag abschließen, ich kann ihn nicht ablehnen, und so ist auch sichergestellt, dass alle Bürgerinnen und Bürger eine gute Krankenversicherung haben können und keiner übrig bleibt.

Das Entscheidende dabei im Unterschied zu Österreich: In diesen Ländern, wo es solch eine freie Kassenwahl gibt, sind die Versicherten auf einmal Kunden. Da nerven sie nicht, da werden sie nicht wie bei der Wiener Gebietskrankenkasse viermal ver­bunden, bis sie einen Ansprechpartner haben, da bekommen sie eine Antwort, weil sie Kunden sind. Und wenn sie nicht zufrieden sind, können sie woanders hingehen. Das gibt es in Österreich nicht.

Daher sagen wir: Lassen Sie die Versicherten endlich auswählen! Deutschland hat das, die Schweiz hat das, die Niederlande haben das, viele Länder mit modernen Systemen haben solch eine freie Kassenwahl, die noch einen zusätzlichen Vorteil mit


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sich brächte, nämlich: Die Menschen entscheiden nicht nur nach dem Geld – wo es billiger ist, da gehe ich hin –, nein, die Menschen schauen sich genau an, wie die Versorgungsqualität ist, die sie von dieser und von jener Kasse geboten bekommen, was das bessere Angebot ist.

Man bekommt dadurch einen Anreiz für mehr Innovation im Gesundheitssystem. Weil nicht alles automatisch daherkommt und die Menschen nicht zwangsversichert sind, sind die Anbieter aufgefordert – und werden das in einem solchen Versicherungsmarkt auch tun –, ein besseres Angebot zu schaffen, und dort profitieren dann die Ver­sicherten wirklich. Da haben die Versicherten im Unterschied zu dieser Sozialver­sicherungsstrukturveränderung tatsächlich etwas davon.

Daher der Aufruf von NEOS: Geben Sie den Menschen die Freiheit, zu entscheiden, geben Sie den Menschen die Freiheit, auszusuchen, bei welcher Kasse sie ihre Krankenversicherung haben wollen! (Beifall bei den NEOS.)

13.27


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Povysil. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.27.18

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren im Plenum, auf der Galerie, im Internet und in den sozialen Medien! Die Diskussion Versicherungspflicht versus Pflichtversicherung ist eine schon lang andauernde und eine noch nie wirklich zur Versicherungspflicht hin enden wollende.

Unser Gesundheits- und Sozialsystem beschreibt Solidarität als oberstes Prinzip. Das bedeutet, die Bürger sind nicht nur für sich selbst verantwortlich, sondern sie werden als Mitglieder einer Gemeinschaft gesehen und gewähren sich gegenseitig Unter­stützung und Hilfe. Und diese Solidarität stellt das wichtigste und zentrale Prinzip einer sozialen Sicherheit dar.

In unserem System der Pflichtversicherung erfolgt eine Zuordnung des Versicherten zu einem Versicherungsträger je nach seinem Beruf, jegliche weitere Versicherung ist dann allerdings freiwillig. Was garantiert diese Pflichtversicherung? – Sie garantiert gleiche Leistungen für alle Anspruchsberechtigten, unabhängig von Alter, Geschlecht und Vorerkrankung. Es gibt also keinen Risikoausschluss. Sie garantiert soziale Ge­rechtigkeit durch lohn-, gehalts- und pensionsabhängige Krankenversicherungs­bei­träge, und sie garantiert einen gesetzlichen Leistungsanspruch. Welche Leistungen Kran­kenkassen zu erbringen haben, ist gesetzlich geregelt, und es besteht größtenteils auch ein durchsetzbarer Rechtsanspruch.

Im Rahmen der laufenden Sozialversicherungsreform – das ist ja kein Geheimnis – versuchen wir nun, die gesamte österreichische Sozialversicherungsstruktur zu ver­schlanken, effizienter zu gestalten. Was für einen Riesenmachtverlust das für einen Teil der hier anwesenden Abgeordneten bedeutet, haben wir schon durch die vielen, vielen, auch sehr unqualifizierten Meldungen in einer der letzten Debatten vonseiten der Sozialisten gehört. Mir fällt es hier etwas schwer, das Wort Sozialdemokraten zu verwenden. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Was wollen wir mit dieser Sozialversicherungsreform erreichen? Wir wollen Leistungen modernisieren, wir wollen sie harmonisieren und wir wollen gleiche Leistungen für gleiche Beiträge in ganz Österreich haben.

Eine Abkehr von der Pflichtversicherung hin zu einer Versicherungspflicht würde nicht nur den Solidaritätsgedanken, sondern auch die soziale Sicherheit im Krankheitsfall


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infrage stellen. Das ist nicht das Ziel unserer Gesundheitspolitik. Wir stehen für eine solidarische, jeden Bürger einschließende Gesundheitsversorgung. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.29


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Kucher. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.30.28

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Loacker, wir sind ja oft bei der Sicht darauf, wo es Probleme gibt, durchaus einer Meinung, aber bei den Lösungen denke ich oft, wenn das die Lösung ist, hätte ich gern wieder mein Problem zurück, aber darüber kann man zumindest offen und ehrlich diskutieren.

Was ich persönlich aber wertschätze, ist, dass du gewisse Punkte zumindest ganz ehrlich ansprichst. Bei der ÖVP ist das ja nicht so der Fall, da nickt man zwar dazu, würde sich das aber nicht so offen zu sagen trauen. Du bist vor einigen Jahren als voller neoliberaler Idealist in dieses Haus eingezogen, hast gesagt, der Markt, der Wettbewerb regelt alles. Gerade im Gesundheitsbereich hast du dir internationale Beispiele gesucht und hast immer gesagt: Was die anderen Länder können, können wir auch! Da gibt es milliardenschwere Gesundheits- und Versicherungskonzerne, wo man ordentlich Geld verdienen kann, und was die können, können wir auch. Da gibt es ja noch viele Bereiche in Österreich, profitable Nischen, wo man ordentlich Geld verdienen könnte.

Und wie das oft passiert, bei allen leidenschaftlichen Debatten, nähert man sich ja irgendwie an. Du hast dann Debatten geführt, mit einer Sabine Oberhauser, mit einem Beppo Muchitsch, mit dem Alois Stöger, oft sehr leidenschaftlich, und irgendwie lernt man ja voneinander. Die haben dir dann immer gesagt: Gerald, ein Mensch ist doch kein Auto! Man kann eine Sozialversicherung für einen Menschen nicht mit einer klassischen Versicherung für ein Haus oder ein Auto vergleichen, da müssen doch andere Dinge zählen, da geht es ja nicht nur um Zahlen!

Dann hat es bei dir eine Entwicklung in Richtung Neoliberaler mit Herz gegeben. Du hast es heute ganz offen gesagt, du hast dir diese Gesundheitsreform angesehen und bist draufgekommen, das ist alles ein Murks. Das Schlimme, Frau Ministerin, ist – und diesen Vorwurf muss ich Ihnen machen –, dass Sie dieses kleine, zarte pinke Pflänzchen der Hoffnung, dass sich in diesem Gesundheitssystem doch etwas ver­bessert, völlig zunichte gemacht haben. Das wird Kollege Loacker aushalten, aber viel schlimmer ist, dass sich für die Menschen in Österreich, die krank sind, durch diese Pseudoreform ja überhaupt nichts ändert, gar nichts verbessert. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Schauen wir uns an, wie sich das Leben kranker Menschen wirklich verändert! Man kann ja diskutieren, ob gewisse Dinge zu lange brauchen. Da kann man durchaus unterschiedlicher Meinung sein, und die ÖVP ist da wahrscheinlich ganz anderer Meinung, der ist das gar nicht so wichtig. Ich schaue jetzt aber in Richtung FPÖ: Dass ihr nicht einmal den Mut habt, offen auszusprechen: Ja, jeder Mensch in Österreich, egal, welchen Beruf er hat, wo er lebt, verdient eine gleich gute Gesundheits­ver­sorgung!, das, finde ich, ist das Allerschlimmste. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Man kann da scheitern, man kann zu langsam vorankommen, was auch immer, aber ihr habt nicht einmal dafür gekämpft, dass sich für diese Menschen etwas verbessert!


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(Abg. Lausch: Mehr als ihr!) Für diese Menschen verbessert sich in Österreich gar nichts! (Abg. Lausch: Was habt ihr gemacht? Zehn Jahre zugeschaut!)

Und dann haben wir auf einmal Vorschläge wie den von Kollegen Loacker hier am Tisch, wo man sagt: Lösen wir das Problem rein wirtschaftlich! Wenn es irgendwo eine schlechte Gesundheitsversorgung gibt, in Tirol, in Kärnten, am Land, dann zahlen die Leute halt ein bissel weniger, dann zahlst du pro Monat 5 Euro weniger, wenn du keinen Arzt hast! – Ja, Entschuldigung, das hilft der älteren Dame, die mit einer Lun­genentzündung daheim liegt und einen Arzt braucht, der sie behandelt, gar nichts, wenn sie sich 5 Euro erspart! Es ist unser Job, dafür zu sorgen, dass die Versorgung besser wird, dass alle Menschen eine gleich gute Gesundheitsversorgung haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT. – Zwischenruf des Abg. Lausch.)

Bei all den Debatten, die wir führen: Ich kann nur alle Damen und Herren, die zusehen, bitten, jeden Politiker der FPÖ und der ÖVP zu fragen, nämlich ganz konkret zu fragen: Wird es dazu kommen, dass es für alle Menschen in Österreich eine gleich gute Gesundheitsversorgung gibt, ja oder nein? (Rufe bei ÖVP und FPÖ: Ja! Ja!)

Ich sage Ihnen, in diesem Punkt verändert sich gar nichts. Das Einzige, was passieren wird, ist, dass sich Herr Kollege Strache freuen wird, dass er ein paar SMS schreiben und sagen kann: Wir haben wieder irgendwo einen Posten geschaffen! Er kann dann jubeln und sich darüber freuen; das ist der einzige Punkt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Schimanek.)

Die Leute, die dafür kämpfen, dass das System besser wird, die sich für die Rechte der arbeitenden Bevölkerung einsetzen, kickt man raus, man färbt um und setzt dann genau die Leute rein, die sich medial damit profilieren, dass sie sagen, die ersten zwei Tage, an denen man krank ist, sollten eigentlich als Urlaub zählen, setzt die Leute rein, die privatisieren wollen und in Wahrheit das Gesundheitssystem als reinen Kosten­faktor sehen. Dem öffnet ihr Tür und Tor! Diese Pläne liegen ja längst in der Schublade der ÖVP, das wisst ihr ganz genau, und leider ist die FPÖ hier ein ganz, ganz williger Erfüllungsgehilfe dieser schwarzen Politik geworden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischen­ruf des Abg. Lausch.)

13.34


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Gabriela Schwarz. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Lausch – in Richtung Abg. Kucher –: Was habt ihr denn mit der ÖVP ausverhandelt? ...! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)


13.34.35

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ich möchte die Schülerinnen und Schüler der Tourismusschule Bad Leonfelden herzlich willkom­men heißen. Schön, dass ihr uns besucht! (Allgemeiner Beifall.)

Ich stehe heute schon zum zweiten Mal an dieser Stelle, um ein bisschen zu ver­sach­lichen. Die Diskussion geht da jetzt in unterschiedliche Richtungen. Zum Ersten möchte ich an das anschließen, was Frau Kollegin Povysil gesagt hat: Wir stehen selbstver­ständlich für ein solidarisches Gesundheitssystem. Das heißt, jeder Versicherte in Österreich muss Zugang zu der besten Gesundheitsversorgung haben, zu den besten Ärzten, Apotheken, Gesundheitsberufen. Alle sind bemüht, das wirklich für alle Patien­tinnen und Patienten in Österreich zu gewährleisten. Das ist die eine Geschichte.

Die andere Geschichte ist die: Durch die Strukturreform der Sozialversicherung, die Reduktion von 21 auf fünf Träger sorgen wir selbstverständlich innerhalb dieser Träger für eine Leistungsharmonisierung. (Abg. Plessl: Das kostet aber mehr, nicht


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weniger!) – Nein, das war bis jetzt nicht der Fall. Ich möchte nämlich nie wieder jemandem im Burgenland erklären müssen, dass er für denselben Beitrag weniger Leistung bekommt. Diese Harmonisierung schaffen wir jetzt mit diesem neuen Träger­modell. Das ist ein erster Schritt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.) Das ist das, was die Frau Ministerin immer betont hat: ein erster Schritt zur Har­monisierung aller Leistungen, das ist wirklich ein wesentlicher erster Schritt dazu.

Wenn wir jetzt sagen, wir sind für die freie Kassenwahl, dann heißt das, dass sich jeder Patient oder jede Kundin oder jeder Kunde seine oder ihre Versicherung aussuchen kann. Das heißt aber umgekehrt auch, dass nicht jede Versicherung jeden nehmen muss. Wenn das viel gelobte deutsche System - - (Zwischenruf des Abg. Loacker.) – Herr Kollege Loacker! Wenn Sie googeln und auf krankenkassen.de schauen, werden Sie feststellen, 120 verschiedene Krankenkassen stehen den Deutschen zur Ver­fügung. Sie haben dort ein Berechnungstool, Sie können sich anhand Ihres Alters, Ihres Berufs ausrechnen lassen, wer Ihnen die besten Leistungen bietet – 120!

Wollen Sie wirklich, dass es auf einmal 120 unterschiedliche Versicherungen in Öster­reich gibt und sich jeder aussuchen soll, wie viel er einzahlen möchte, dass jeder Arbeitgeber schauen muss, wie viel er wo zahlt. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das Solidaritätsprinzip ist in meinen Augen etwas ganz anderes, darunter verstehe ich nicht, dass die Versicherung sagen kann: Den nehme ich nicht, denn der ist nimmer jung genug, nimmer leistungsfähig genug! Und die Basisversorgung, die Sie ansprechen, das ist auch etwas, was meiner Meinung nicht wünschenswert ist, denn dann haben wir wirklich wieder eine Vielklassenmedizin, die wir garantiert nicht wollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Nochmals zusammengefasst: Wir verschlanken von 21 auf fünf Träger, es kommt innerhalb dieser Träger zu einer Leistungsharmonisierung, und jeder, der denselben Beitrag zahlt, bekommt dieselbe Leistung – ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Meiner Meinung nach ist die freie Kassenwahl keine Alternative. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

13.37


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Kaniak. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.37.34

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kollegen! Hohes Haus! Mehr Wahlfreiheit für mehr Zufriedenheit, Herr Kollege Loacker, haben Sie gefordert. Glauben Sie tatsächlich, dass die Wahl der Krankenkasse der entscheidende Punkt für die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten in unserem Gesundheitssystem ist? – Ich muss Sie enttäuschen: Nein, das ist es nicht! (Abg. Meinl-Reisinger: Weil Wettbewerb zu mehr Leistungen führen wird!)

Ich habe in meiner Apotheke jedes Jahr 100 000 Kundenkontakte, 100 000 Patienten, die sich darüber ärgern, dass es vom Wohnort und der Betriebsstätte des Dienstgebers abhängig ist, welche Leistung man bekommt, welche Bewilligungen und welche Zu­schüsse man für Hilfsmittel und Heilbehelfe bekommt. Wir haben in den Bundes­ländern komplett unterschiedliche Wartezeiten auf wesentliche medizinische Unter­suchungen und Therapien, wie der Rechnungshof in seinem letzten Bericht betreffend den Vergleich von Tirol und Niederösterreich nachgewiesen hat. – Das sind die The­men, die die Menschen draußen bewegen! Das sind die Ungerechtigkeiten, die wir mit dieser Reform beseitigen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)


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Wir haben das im Gesundheitsausschuss schon besprochen, und Sie haben selber in einer Sitzung gesagt, es gibt verschiedene Wege, wie wir das Gesundheitssystem reformieren können, damit es fairer und gerechter wird.

Der von Ihnen hier vorgeschlagene Weg der freien Kassenwahl, der Versicherungs­pflicht und des nachgeschalteten Risikoausgleichsfonds würde in einem perfekten Kapitalismus vermutlich funktionieren, aber hier in Österreich bekennen wir uns sowohl in der Bevölkerung als auch in der Politik und hier im Hohen Haus zu einem solidarischen Gesundheitssystem, in dem eine Versicherungsgemeinschaft die Risiken miteinander trägt. Im Vergleich zu dem bisherigen System wird die Zielstruktur, die wir mit der anstehenden Sozialversicherungsreform umsetzen, eine signifikante Verbes­serung bringen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Natürlich ist das nur der erste Schritt einer längeren Reise. Wir kommen auf fünf Versicherungsträger, nicht auf den einen großen, der alle Risiken automatisch intern abgleicht, aber immerhin: nur mehr fünf statt 15. Ich weiß, es gibt auf Landesebene mit den Krankenfürsorgeanstalten noch weitere Baustellen, die wir in diese Reform lang­fristig noch werden integrieren müssen, damit wir das Ziel der Leistungsharmoni­sierung und auch des Risikenausgleichs verwirklichen können.

Deshalb dürfen wir aber nicht den ersten Schritt schlechtreden und ihn gar nicht erst angehen, das haben wir schon in den vergangenen Jahrzehnten ausreichend gemacht. Wir haben uns zu Tode gefürchtet und das Sozialversicherungssystem als unrefor­mierbar dargestellt. Von dieser Bundesregierung wird die Sozialversicherungsreform jetzt in Angriff genommen. Wir werden zumindest in den drei großen Krankenversich­erungsträgern, besonders in der Österreichischen Gesundheitskasse, die für eine über­wältigende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung die zuständige Kranken­kasse sein wird, rasch eine vollständige Leistungsharmonisierung herbeiführen. Der Grund­satz, gleiche Leistung für gleiche Beiträge, wird dort zuallererst spürbar.

Wir werden auch in der Sozialversicherungsanstalt für Selbstständigen und bei den Beamten, Eisenbahnern und Bergbauern in den nächsten Jahren eine Leistungshar­monisierung und eine Beitragsharmonisierung, die dafür zwingend notwendig ist, her­beiführen. Vergessen wir aber bitte eines nicht: Diese Regierung schafft die gesetz­lichen Grundlagen – umsetzen und diese Beitragsangleichung und Leistungsan­gleichung auch tatsächlich leben, das müssen die Gremien der neuen Selbstverwaltung. Dies­bezüglich stehen diese Gremien in der Verantwortung sowohl gegenüber der Bun­desregierung und dem Bundesministerium als auch gegenüber ihren Versicherten.

Wir werden alles Notwendige dafür tun, um die Versorgung im Gesundheitswesen für die Patientinnen und Patienten in Zukunft zu sichern, qualitativ zu verbessern, die Mittel besser und zielgerechter einzusetzen und dadurch das Leistungsniveau zu erhöhen. Und damit auch, Herr Kollege Loacker, die Zufriedenheit mit diesem System erhöhen. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Lausch: Eine sehr gute Rede!)

13.41


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Ich begrüße ganz herzlich den 43. Stabslehr­gang 2 der Landesverteidigungsakademie. Grüß Gott! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.41.51

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehgeräten! Lieber Kollege Philip Kucher! In Österreich ist es seit vielen Jahrzehnten so: Alle Menschen bekommen die beste Gesundheits­ver-


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sorgung, Österreich liegt im Spitzenfeld der Gesundheitsversorgung – das soll auch so bleiben und das wird auch so bleiben! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Jetzt haben wir – und das ist das, was mein Vorredner gerade gesagt hat: in den letzten Jahrzehnten wurde das nicht angegangen, da wurden lieber Studien über Studien erstellt, die sozusagen beweisen sollten, dass es keine Reformmöglichkeiten gibt –, jetzt haben wir einen guten Schritt gesetzt, um eine Strukturreform durchzu­führen, um 21 Versicherungsträger auf fünf zu reduzieren. Das ist ein ganz wesent­licher, ein Meilenschritt, der bisher Jahrzehnte hindurch nicht gelungen ist. Dieser Schritt wird nicht dazu führen, dass irgendetwas privatisiert wird. Ich weiß nicht, was an Privatisierungsgedanken bei irgendwelchen anderen Parteien in irgendwelchen Laden liegt, aber was in der Schublade liegt, wird auch in der Schublade bleiben. Wir haben ein Gesetz, daran halten wir uns, das wird durchgesetzt.

Ich nehme die Kritik der NEOS ernst, dass es natürlich nach wie vor verschiedene Träger gibt, vor allem im Bereich der Beamten und der Selbstständigen. Ja, das ist richtig. Die KFAs, Herr Kollege Loacker, das wissen Sie aber ganz genau, sind nicht Teil der Sozialversicherung und können somit auch nicht Teil der Sozialver­sicherungs­reform sein. Dazu bräuchte es die Länder. Die beiden anderen Kassen, da gebe ich Ihnen recht, sind nach wie vor getrennt. Das hängt aber mit dem unterschiedlichen Rech­nungswesen zusammen, das ist schon jetzt eine legistische Herausforderung. Das alles in einem Schritt zu machen, wäre eine wirkliche Überforderung auch der Beamtenschaft. Man kann so etwas nur in Schritten und nur langsam machen.

Ich glaube, es ist gut, sinnvoll, wichtig und richtig, jetzt den ersten Schritt gemacht zu haben, nämlich den Menschen die Sicherheit zu geben und sie bitte nicht zu ver­un­sichern und zu sagen: Alles wird privatisiert. – Nein! Auch in Zukunft kann jeder in Österreich mit seiner e-card zum Arzt gehen, und er wird die beste medizinische Versorgung bekommen – eine weit bessere als in vielen anderen Ländern rund um uns herum. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.44


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Scherak. – Bitte.


13.44.07

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin! Würde man Kollegin Povysil und dem Horrorszenario, das sie da zeichnet, Glauben schenken, dann wären alle Holländer und Deutschen schon längst tot. – Die Angst, die Sie vor der freien Kassenwahl haben, ist abenteuerlich. Das sind alles Län­der, die ganz normal funktionieren – und Sie glauben, dass bei uns dann alle Men­schen sterben werden. Das ist abenteuerlich! (Beifall bei den NEOS.)

Frau Kollegin Schwarz, Sie haben gemeint, ältere Menschen und kranke Menschen würden keine Kasse mehr finden. Sie müssen den Antrag entsprechend lesen! Es steht etwas von einem Kontrahierungszwang drin, und das bedeutet, dass die Kran­kenkassen verpflichtet sind, entsprechende Verträge abzuschließen.

Was die chronisch Kranken betrifft – Kollege Kaniak hat es zumindest angesprochen –: In unserem Antrag ist auch ein Risikostrukturausgleich vorgesehen.

Im Übrigen zur Frage der Zweiklassenmedizin, die dadurch entstehen würde: Es ist jetzt schon so, dass 36 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher eine private Krankenversicherung haben. Insofern ist zu sagen, das System, das wir jetzt haben, ist das, das eine Zweiklassenmedizin fördert – sicher nicht das, das wir vorschlagen. (Beifall bei den NEOS.)


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Was ich aber so schlimm finde, ist das, was dahintersteht, und das ist die ideologische Grundhaltung, die ja da ist. Das ist das, was die – in diesem Fall – sozialistische Ein­heitsfront aus SPÖ, FPÖ und ÖVP an den Tag legt: dass sie sich vor dem freien und unabhängig entscheidenden Menschen fürchten, der sich frei aussuchen kann, bei welcher Kasse er versichert ist. (Beifall bei den NEOS.) Sie glauben, der Staat ent­scheidet, was gut für uns ist, und nicht, dass jeder selbst entscheiden kann.

Ich weiß, dass es da auch noch andere Dinge gibt, insbesondere bei der ÖVP, und das ist das Besitzstandsdenken. Das ist es natürlich, wenn man sich Ihre Krankenkassen, die schwarzen Krankenkassen, anschaut; wenn man sich das Vermögen dort ansieht, beispielsweise 1 000 Euro Vermögen pro Kopf bei der Beamtenversicherung, 885 Euro pro Kopf bei der Bauernversicherung, dann wird einem schon klar, dass Sie nicht wollen, dass man da entsprechend reingreift.

Es waren auch Sie, die es in den Verhandlungen über die Sozialversicherungsreform geschafft haben, die freie Kassenwahl zumindest für die Mehrfachversicherten wieder rauszuverhandeln. Was mich nur immer irritiert, ist, dass die Freiheitlichen da den Steigbügelhalter für die Beamten- und Bauernpartei ÖVP geben und es nicht schaffen, den Mund aufzumachen und sich entsprechend zu wehren. (Beifall bei den NEOS.)

Bei der SPÖ, ja, da war es in diesem Zusammenhang schon immer so, da muss man ganz ehrlich sein.

Fakt ist, und das ist das, was so irritierend ist: Es sind zwei Dinge, die dahinterstehen. Es ist einerseits das Besitzstandsdenken der ÖVP, bei dem die FPÖ seit Neuestem offensichtlich mitmacht, und es ist zweitens das ideologische Grundgerüst, nämlich dass Sie kein Vertrauen in den freien und unabhängig entscheidenden Menschen haben, der es sich frei aussuchen kann. Sie glauben, der Staat entscheidet, was richtig für die Menschen ist, und die Menschen dürfen nicht selbst entscheiden. (Beifall bei den NEOS.)

13.46


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundes­minis­ter. – Bitte, Frau Minister.


13.46.51

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Abgeordnete der NEOS! Also ich warne davor: Marktwirtschaft hat im Gesundheitswesen nichts verlo­ren, absolut nichts! Die freie Entscheidung kann in manchen Bereichen sinnvoll sein, aber in diesem Bereich nicht.

Pflichtversicherung ist ein Grundsatz. Vor Jahren hat sich das Parlament, haben sich alle fünf damals hier vertretenen Parteien darauf geeinigt, dass wir bei der Pflicht­versicherung bleiben und nicht zur Versicherungspflicht übergehen. Das hat viele, viele Vorteile, und ich bin auch froh, sage ich einmal, dass wir uns entschieden haben, bei der Pflichtversicherung zu bleiben.

Jetzt zur Sozialversicherungsreform: Es wurde schon gesagt: Wir haben jetzt im ASVG-Bereich mindestens eine Zehnklassenmedizin, nämlich eine Privatversicherung und neun Gebietskrankenkassen, und Sie wissen genau, welche Unterschiede es da bei den Leistungen gibt. Diese für bis zu acht Millionen Versicherte zu harmonisieren ist unser Vorhaben, das wollen wir angehen und das werden wir auch angehen.

Was wurde uns überlassen? Was wurde uns aus dem System überlassen? – Eine Mehr­klassenmedizin, unterschiedliche Leistungen in Bundesländern, Wartezeiten, keine Ab-


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stimmung zwischen stationärem und ambulantem Bereich, keine einheitlichen Öff­nungs­zeiten, keine einheitlichen medizinischen Leistungen!

Wir wollen sicherstellen, dass unsere Versicherten, dass unsere Patienten die Ver­sorgung bekommen, die sie brauchen, und das quer über alle Versicherungen, die noch da sind. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.48

13.48.29


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Somit ist die Debatte geschlossen.

Ist seitens der Frau Berichterstatterin noch ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 350 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen zur Kenntnis nehmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

13.48.568. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 441/A(E) der Abgeord­ne­ten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung der Dienstpläne von Ärzten (351 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen jetzt zum 8. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Nussbaum. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.49.27

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wissen Sie, wer die Ärztinnen und Ärzte in öffentlichen Spitälern bezahlt? – Die Antwort ist einfach: Die öffentliche Hand bezahlt die Ärztinnen und Ärzte, und die öffentliche Hand bekommt ihr Geld von den Bürgerin­nen und Bürgern.

Vor Kurzem wurde ein Fall im Wiener AKH bekannt, der aufzeigte, dass Ärztinnen und Ärzte nur allzu oft ein gutes Nebengeschäft machen, indem sie in privaten Kliniken ordinieren oder Privatpraxen haben oder an Instituten beteiligt sind – und das neben ihrem regulären Beruf im öffentlichen Spital. Wir haben es bei diesem Fall im AKH Wien hoffentlich mit einem Einzelfall zu tun, denn da kam zutage, dass sich der betroffene Chirurg für Operationen eingetragen hatte, die er nicht durchgeführt hat, weil er zur gleichen Zeit in einer Privatklinik tätig war.

Meine Damen und Herren! Das ist eindeutig Betrug, aber durch diesen Fall ist klar geworden, dieser Fall zeigt das auf: Patientinnen und Patienten haben das Recht, zu wissen, welche Nebenbeschäftigungen und Nebeneinkünfte die Ärztinnen und Ärzte haben. Das ist das Mindeste, was man erwarten kann. (Abg. Neubauer: Wem haben wir dieses System zu verdanken?)

Das Mindeste, was man von Gesundheitsministerin Hartinger-Klein erwarten kann, ist, dass sie für das beste Gesundheitssystem für alle Menschen in Österreich kämpft. Ich bezweifle das jedoch, denn die sogenannte Reform der Sozialversicherung bewirkt, dass das Geld der öffentlichen Hand, also Geld aller Menschen in Österreich, vermehrt in den Rachen von Privatsanatorien gestopft wird. (Abg. Neubauer: Geh bitte! Eine


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Verschwörungstheorie!) Diese Fördergelder steigen stufenweise bis 2026 auf 185 Mil­lionen Euro an. Das wird in den Prikraf, den sogenannten Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds, einbezahlt. Neu zu diesen Sanatorien hinzu – ich habe es schon öfter erwähnt – kommt auch die Privatklinik Währing, deren Leiter Artur Worseg ein guter Freund des Vizekanzlers ist.

Wir fordern völlige Transparenz bei den Ärztinnen und Ärzten in öffentlichen Spitälern. Ne­beneinkünfte und Nebenbeschäftigungen müssen offengelegt werden. Liebe Kollegin­nen und Kollegen, wir Abgeordnete sind auch der Öffentlichkeit verpflichtet, und wir füllen regelmäßig die Formulare zu Transparenz und Unvereinbarkeit aus. Das wäre auch den Ärztinnen und Ärzten in den öffentlichen Spitälern zumutbar und würde Klarheit für die Patientinnen und Patienten schaffen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT. – Abg. Neubauer: Der Fluch der vorge­schriebenen Rede!)

13.52


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Povysil. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.52.10

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren im Plenum, auf der Galerie, via Medien! Der Antrag der Liste Pilz (Rufe: JETZT!), der Antrag von JETZT zielt jetzt darauf ab, die Dienstpläne von Ärzten in verschiedenen Krankenhäusern, also in Krankenhäusern verschiedener Träger, offenzulegen.

Dem liegt ein Vorfall zugrunde, ein Fehlverhalten eines Arztes, der in zwei verschie­denen Spitälern im OP-Programm aufgeschienen ist. Das heißt, er hätte eigentlich zur gleichen Zeit in zwei Spitälern operieren sollen. Das ist nicht möglich, auch nicht im digitalen Zeitalter, und da das menschliche Klonen noch unmöglich ist, ist das einfach eine Fälschung, ein unmögliches Verhalten gewesen. Zuständig für dieses Fehlver­halten ist die Geschäftsführung als Aufsichtsorgan. Der Fall wurde untersucht, der Arzt ist in der Zwischenzeit entlassen worden. Der Ehrenrat der Ärztekammer prüft die Ver­trau­enswürdigkeit, und ist die Vertrauenswürdigkeit nicht gegeben, dann verliert er seine Berechtigung, als Arzt tätig zu sein. Das heißt, die zuständigen Aufsichtsorgane haben umgehend gehandelt.

Dieser Antrag ist gut gemeint, aber er ist unangemessen, denn es besteht keine ge­setzliche Handlungspflicht, sondern es haben die Aufsichtsorgane, in dem Fall die Geschäftsführung, zu handeln, und diese hat gehandelt.

Es geht um OP-Protokolle und nicht um Dienstpläne. Der Prikraf ist für die Finan­zierung der medizinischen Leistungen der privaten Krankenanstalten zuständig, aber nicht für Dienstpläne und auch nicht für die Organisation. Dienstpläne sind äußerst diffizile Organisationsinstrumente der Krankenanstalten, in denen die personelle Ver­sor­gung der Patienten durch Ärzte, durch in Gesundheitsberufen tätige Personen und durch im Krankenhaus arbeitendes Personal festgelegt wird. Diese Pläne sind elek­tronisch verfügbar, das heißt, sie werden laufend kontrolliert und zeigen sofort Ver­stöße nach dem AZG an. Ich selbst bekomme monatlich eine Übersicht darüber, ob ein Verstoß gemäß AZG befürchtet oder vorgelegen oder ob alles in Ordnung ist. Sie sind natürlich datengeschützt und haben mit dem OP-Protokoll gar nichts zu tun, das sind andere Dokumente. Für die Einhaltung dieser Dienstpläne sind der Primararzt und in der Folge die Geschäftsführung verantwortlich.

Noch einmal: Ihr Antrag ist gut gemeint, aber – ich habe es schon gesagt – er ist nicht umsetzbar und zeugt auch von einer gewissen Unkenntnis der Organisationsstrukturen in einer Krankenanstalt.


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Mein wirklich dringlicher Aufruf richtet sich aber an die Aufsichtsorgane, an die Ge­schäftsführung des AKH, die Nebenbeschäftigung ihrer Ärzte klar und transparent zu regeln und zu kontrollieren. Es ist auch zu diskutieren, ob leitende Ärzte in Univer­sitätskliniken, die normalerweise über internationale Ausschreibungen bestellt wer­den – was in diesem Fall auch nicht so war –, ihre berufliche operative Tätigkeit nicht doch auf die Universitätskliniken beschränken sollen und nicht auch noch in Privat­krankenanstalten operieren dürfen. Das ist nämlich nur noch in Wien erlaubt, in ande­ren Universitätskliniken wie Graz und Linz ist das verboten; auch in angelsächsischen Ländern ist das nicht üblich.

Wenn über Privatordinationen akquirierte Patienten nur in Privatspitälern operiert wer­den und nicht in den Universitätskliniken, dann entzieht man den Univer­sitäts­kliniken die Qualität, man entzieht ihnen finanzielle Zuwendungen, und damit ist das, was eine Universitätsklinik eigentlich ausmacht, nämlich hoch qualifiziert arbeiten zu können, mit hoch qualifiziertem Personal arbeiten zu können, nicht mehr gegeben. Daraus ergibt sich sowohl ein Qualitäts- als auch ein finanzieller Verlust für die Kliniken und damit auch für die ihr anvertrauten Patienten, und das ist in keiner Weise in unserem Sinn und sollte geändert werden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.56


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.56.43

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Der Anlass dafür, dass wir diesen Antrag im Nationalrat eingebracht beziehungsweise dem Ausschuss vorgelegt haben, ist der sogenannte OP-Skandal am Wiener AKH. Ein AKH-Chirurg wird beschuldigt, sich in Protokolle von Hunderten Operationen einge­tragen zu haben, die er nicht selbst durchgeführt hat. Zur selben Zeit wie im AKH soll er auch an einem Privatspital operiert haben. Dieser Arzt wurde von der Medizinischen Universität zunächst dienstfrei gestellt und später gekündigt. Gegen die Kündigung geht er aktuell juristisch vor – sein gutes Recht. Mit der Angelegenheit befasste sich auch der Ehrenrat der Wiener Ärztekammer, und das könnte auch dazu führen, dass er aus der Ärzteliste gestrichen wird.

Aufgrund dieser Praktik, die in Wien angewandt worden ist, spricht man im Jargon auch von der Goldenen Meile. Darüber kann man sich aufregen, und das tue ich auch, aber zudem ist es mir wichtig, dass wir etwas unternehmen, um das doppelte Ein­tragen in OP-Listen wirklich zu 100 Prozent verhindern zu können.

Unser Vorschlag, dass der Prikraf, der Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds, der die privaten Spitäler bundesweit finanziert und kontrolliert, Einsicht in die OP-Listen bekommt, wurde im Ausschuss abgelehnt, daher diskutieren wir heute hier noch ein­mal darüber. Das würde ganz einfach funktionieren. Im Ausschuss wurde scharf kritisiert, dass man dann Patientendaten veröffentlichen oder weitergeben würde. Das wäre nicht der Fall, das ist nicht unser Ansinnen gewesen. Wir wollen nur Einsicht ermöglichen. Und das würde dann so funktionieren: Sollte ein Arzt zur selben Zeit in zwei OP-Protokollen auftauchen, würde automatisch ein Fehler vorliegen, weil ein Arzt nicht automatisch auf zwei Operationslisten gleichzeitig auftauchen kann. Es wäre klar, es wurde einfach nur die Unterschrift für eine andere Operation geleistet; was dem Arzt natürlich ein paar Tausender mehr, den Patienten aber schlussendlich Intransparenz bringt. Sie können nicht mehr nachvollziehen, wer sie wirklich operiert hat.

Im Gesundheitsausschuss wurde auch noch bezweifelt, ob der Prikraf das überhaupt tun kann, ob der Prikraf überhaupt dazu befähigt oder ermächtigt ist, eine diesbezüg­liche


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Kontrolle durchzuführen. Wir haben nachgesehen. Im Bundesgesetz über die Ein­rich­tung eines Fonds zur Finanzierung privater Krankenanstalten heißt es in Punkt 3 unter „Aufgaben des PRIKRAF“:

„3. Die Festlegung von Qualitätskriterien sowie die Mitwirkung an der Umsetzung und Kontrolle der Einhaltung von Qualitätsvorgaben und die Abstimmung mit der gesamt­österreichischen Gesundheitsplanung.“

Weiters: „4. Sonstige Aufgaben, die dem PRIKRAF durch Gesetze und Verordnungen übertragen werden.“

Sie haben gehört: Kontrolle auf der einen Seite, und auf der anderen Seite können wir als Gesetzgeber dem Prikraf auch weitere Möglichkeiten, weitere Handhaben übertra­gen. Eine Kontrolle wäre somit gesetzlich sehr wohl möglich, wenn man es nur wollte.

Daher bitte ich Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn wir verhindern wollen, dass weiterhin derartige Vorfälle passieren – wie gesagt, im Ausschuss wurde bereits darüber diskutiert, dass es eigentlich nicht hätte dazu kommen können, weil es mehrfach Kontrollen gibt, aber es ist passiert, und daher auch unser Ansinnen –, für noch mehr Transparenz und dementsprechend für eine Ausweitung der Kontrolle zu sorgen. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

14.00


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.00.10

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegt ausgehend von einem Fall, der durch die Medien getragen worden ist, ein Antrag, ein Vorschlag vor, es mögen die öffentlichen Spitäler ihre OP-Protokolle und/oder Dienstpläne den Privatkrankenanstalten zur Kontrolle übergeben.

Nun schicke ich voraus, dass es ein Problem gibt. Der Antrag ist gut gemeint, aber ich möchte erläutern, warum wir ihm nicht zustimmen können. Zuallererst obliegt die Kontrolle über die Einhaltung der Dienstzeit – und das ist das Allermindeste an Dienst­pflichten – dem jeweiligen Arbeitgeber, das heißt, dem jeweiligen Spitalerhalter und Spitalbetreiber, und der ist da nicht aus der Pflicht zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Weiters sind die Nebenbeschäftigungen der Ärztinnen und Ärzte im Allgemeinen melde- und vielfach auch zustimmungspflichtig, und die Spitalerhalter in Österreich haben da schrittweise einen immer restriktiveren Weg eingeschlagen. In der Steier­mark zum Beispiel gibt es seit etlichen Jahren keine neuen Sanatoriumsbewilligungen mehr.

Ein weiterer Punkt, den man beachten muss, ist, dass das, was die Ärztinnen und Ärzte in der Freizeit machen, eine freiberufliche Tätigkeit ist, die nicht zur Dienstzeit zu addieren ist. Wir haben das seinerzeit mit Minister Hundstorfer angesichts der sehr späten Adaptierung des KA-AZG ausgiebig diskutiert, und es ist eben so, dass diese Zeiten nicht zusammenzuzählen sind. Das gilt nicht nur für die Ärztinnen und Ärzte, sondern generell für alle Berufsgruppen in Österreich.

Der dritte Punkt ist: Wir zweifeln stark daran, dass der Prikraf oder Privatkranken­an­stalten von der Struktur und der Motivationslage her wirklich ideal zur Kontrolle der Einhaltung der Dienstzeit an den öffentlichen Spitälern sind. Wie sieht das Ge­schäfts­modell der Privatsanatorien aus? – Sie leben im Wesentlichen davon, dass Ärztinnen und Ärzte, die in den öffentlichen Spitälern ausgebildet worden sind, sich dort Expertise


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und einen Ruf erarbeitet haben, in ihrer Freizeit dann freiberuflich und fallweise in den Sanatorien operieren. Das heißt, die Motivationslage, dort dann die Dienstpläne der öffentlichen Spitäler zu überwachen, ist wahrscheinlich limitiert. Schließlich ist es auch so, dass es natürlich eine Datenschutzfrage ist, Dienstpläne mit den Namen der Ärztinnen und Ärzte einer externen Kontrollinstanz zur Verfügung zu stellen.

Zusammenfassend möchte ich daher festhalten: Es ist ein gut gemeintes Anliegen, dem hier mit einem wenig gangbaren, wenig tragbaren Weg entsprochen werden soll. Aus diesem Grund wurde es von uns im Ausschuss und wird es auch heute abge­lehnt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.03

14.03.37


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens des Herrn Berichterstatters ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 351 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die den Bericht zur Kenntnis nehmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

14.04.029. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Be­richt 2018 der Bundesregierung (III-185/332 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zinggl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.04.23

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Wir kennen es aus unzähligen Dokumentationen: Es gibt ein weltweites Artensterben, Sterben von Pflanzen, von Tieren, und zwar nicht nur aufgrund der erbarmungslosen Jagd, sondern es sind vor allem Umweltbedingungen, die dazu führen: vergiftete Gewässer, Urwald, der gerodet wurde, Holzungen für Palmölplantagen, die eigentlich den Regenwald über Kilometer ersetzen. Wir kennen das alles, es ist aber weit weg, und wir haben das Gefühl, da können wir nichts dagegen tun.

Viele von uns wissen noch nicht, dass ein ähnliches Artensterben auch hierzulande vor sich geht. Unzählige Studien beweisen es in der Zwischenzeit. Bei uns sind es halt die Pestizide und die großflächige Ausbringung von Düngemitteln, die dafür sorgen, dass die Populationen von Insekten, Schmetterlingen und einzelnen Vogelarten zurück­gehen, und – und das ist das Wichtigste – die Versiegelung des Bodens. Ich frage mich immer wieder: Was machen wir dagegen? Was macht die Regierung dagegen? – Gar nichts!

Es ist nicht nur die Zivilgesellschaft, die dagegen immer wieder Maßnahmen fordert, auch nicht die Wissenschaft, sondern es ist auch der Beirat für Baukultur im Bun­deskanzleramt, der mit seinem Report seit zwölf Jahren darauf hinweist, dass diese Versiegelungen Hauptursache für das Artensterben sind. Meine Frage ist: Was sagt der Bauernbund zu diesem Thema? Der Bauernbund müsste sich ja eigentlich auch


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darum kümmern, dass die Arten nicht zurückgehen, insbesondere was die Pflanzen betrifft. (Beifall bei JETZT.)

Es liegt nicht an den Bauern, wie viele immer wieder monieren, sondern es liegt an deren Vertretungen. Die Bauern selbst – das ist ganz klar – kümmern sich um das Land, das sie bebauen, das sie bestellen; das ist ja schließlich ihre Lebensgrundlage. Wenn diese Bauern, insbesondere die Klein-, die Mittel- und die Nebenerwerbsbauern, die Landwirtschaft schonend betreiben, dann sind sie eigentlich dafür verantwortlich, dass es sich zum Positiven wendet, dass Pflanzen, Tiere und die Bodengestaltung im Sinne einer Kulturlandschaft gefördert werden.

Nein, das Problem ist, dass diese kleinen, mittleren und Nebenerwerbsbauern immer weniger werden, seit den 1970er-Jahren hat sich ihre Zahl um die Hälfte reduziert. Warum ist das so? – Die EU und Österreich stützen die großen Bauern und machen damit die Konkurrenz für die kleinen fast unmöglich. Diese geben sukzessive auf, es ist ähnlich wie das Greißlersterben gegenüber den Supermärkten. Ähnlich wie bei den Supermärkten spielt sich aber auch noch Folgendes ab: Selbst die großen Bauern in Österreich haben keine Chance gegen die Riesenunternehmen in Holland und in Deutschland. Letztendlich ist das eine Entwicklung, die für Österreich nicht gut sein kann, weil die kleinen Bauern auf Qualität und nicht auf Quantität setzen, das heißt, Klasse statt Masse. Genau dafür fehlt mir die Unterstützung seitens der Regierung.

Im Grünen Bericht findet sich dazu überhaupt nichts! Wir können darin überhaupt nicht lesen, dass diese Problematik überhaupt existiert. Darum frage ich mich, warum ich diesem Bericht zustimmen soll. Da wir normalerweise die inhaltliche Komponente nicht in Erwägung ziehen, sondern eher formale Gründe anführen, weise ich insbesondere darauf hin, dass dieser Landwirtschaftsbericht seit dem Jahr 2010 jährlich 3,6 Millionen Euro kostet. 3,6 Millionen Euro kostet jeder dieser Landwirtschaftsberichte, der Rechnungshof hat das schon im Jahr 2016 kritisiert, aber es ändert sich nichts daran.

14 000 Euro kostet jede Seite dieses Landwirtschaftsberichts, und ich frage mich, da die Hälfte davon Tabellen und Verzeichnisse sind, die ja im Ministerium ohnehin auf­liegen müssten, was daran so teuer ist und ob es da nicht Unternehmen gibt, die extern abzocken. (Beifall bei JETZT. – Abg. Rossmann: Frau Ministerin, hören Sie zu!) Wir haben deswegen eine parlamentarische Anfrage an die Ministerin gerichtet und wir werden nicht lockerlassen, um herauszufinden, wohin dieses Geld fließt. Das ist auch der Grund dafür, dass wir diesem Bericht heute nicht zustimmen werden. – Danke. (Beifall bei JETZT.)

14.08


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Strasser. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.09.06

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir reden heute über den Grünen Bericht 2018. Dieser beschreibt das Jahr 2017 und es geht um die Einkommenssituation in der Land- und Forstwirtschaft in Österreich, es werden dort wirtschaftliche und soziale Aspekte dargestellt.

Ich möchte mich bei den 2 000 Betrieben, Bäuerinnen und Bauern, bedanken, die freiwillig diesem System zuarbeiten, Buchführung machen und uns die Daten zur Verfügung stellen, damit wir heute fundiert über die Situation der Land- und Forstwirt­schaft sprechen können. Ich möchte mich bei diesen Bäuerinnen und Bauern be­danken, es ist keine Selbstverständlichkeit, dass man da mitmacht. Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 117

Kollege Zinggl hat die Kosten angesprochen. Ich darf berichten, dass die Bundes­an­stalt für Agrarwirtschaft, eine unabhängige Forschungsstelle, diese Daten analysiert. Wenn es dort Effizienzpotenziale zu heben gibt, dann wird man diese heben. (Abg. Zinggl: Das ist seit 2010!) Das wird aber alles im Zuge der Beratungen rund um Ihre Anfrage mit Sicherheit thematisiert werden. Ich möchte mich aber auch bei den Wis­senschafterinnen und Wissenschaftern bedanken, die für diesen Bericht verantwortlich sind, weil sie diesen Bericht mit Sicherheit mit großer Sorgfalt und Redlichkeit machen. Ein herzliches Dankeschön an das AWI. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt zu einigen Inhalten: 2017 – das ist eine gute Nachricht – ist das durchschnittliche bäuerliche Einkommen um 14 Prozent gestiegen, pro Betrieb sind das rund 31 200 Euro. Ich darf aber darauf hinweisen, dass wir 2016 das landwirtschaftliche Einkommens­niveau von 2008 und 2017 ein Niveau wie 2010 hatten. Das ist ein Umstand, der uns absolut nicht zufriedenstellt und aufgrund dessen wir Verbesserungen anstreben müs­sen.

Lassen Sie mich zwei Zahlen herausnehmen: Die eine Zahl betrifft die öffentlichen Gelder, diese machen 16 Prozent des Ertrags aus. Öffentliche Gelder werden von Bund, Ländern und auch von europäischen Töpfen gespeist. Ich darf den aktuellen Vorschlag zur Gemeinsamen Agrarpolitik kommentieren: Auch dort ist noch Luft nach oben, denn die Botschaft ist: mehr Leistungen und weniger Geld. Auch das kann uns nicht zufriedenstellen, weil dieses Geld ein wesentlicher Einkommensbestandteil unserer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe ist.

Die zweite Zahl ist ein Minus von 16 Prozent bei den Marktfruchtbetrieben. Das ist – und da komme ich schon zu den Aussagen von Herrn Zinggl – zum Beispiel oft im Weinviertel zu finden. Ich muss jetzt lobend erwähnen, dass Sie auch angemerkt haben, dass unsere großen Betriebe aktuell aus betriebswirtschaftlicher Sicht große Prob­leme haben. Wir brauchen nicht innerösterreichisch eine Größendiskussion, sondern in Wahrheit auf europäischer Ebene, weil wir diesbezüglich in einem gemein­samen Binnenmarkt abgebildet sind. Wir haben im Weinviertel – exemplarisch – mit den Dürreschäden zu kämpfen, wir haben mit dem Thema Pflanzenschutz zu kämpfen. Herr Zinggl, das werden wir durchaus aus einer anderen Perspektive sehen, aber wenn wir einen gewissen Selbstversorgungsgrad auch mit konventionellen Lebens­mitteln in Österreich haben wollen und wenn wir keine Lebensmittelverschwendung haben wollen, wie sie heuer aufgrund des Drahtwurms rund um die Erdäpfel im Weinviertel passiert ist, dann wird man auch rund um den Pflanzenschutz mehr Sachlichkeit in der Diskussion brauchen. Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Ackerbau- und Grünlandstrategie, die auch beinhalten soll, wie wir in den nächsten Jahrzehnten besser mit dem Klimawandel umgehen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Letztendlich muss es das Ziel sein, zukunftsfähige Betriebe kostendeckend und erfolgreich führen zu können. Ja, Pflanzen sind wichtig, ja, Insekten sind wichtig, aber, Herr Zinggl, ich muss schon sagen: Das Schicksal der österreichischen Bäuerinnen und Bauern ist auch sehr wichtig und steht in meiner Agenda ganz, ganz oben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

So gesehen ist dieser Bericht kein Grund zum Jubeln, er zeigt aber einen Schritt in die richtige Richtung. Ich möchte mich bei dir, Frau Bundesministerin, für dein Engage­ment bedanken, für deinen Einsatz für die österreichischen Bäuerinnen und Bauern und darf dir heute – es ist ein kleiner Festtag – alles Gute zu deinem runden Geburts­tag und weiterhin viel Glück und Gottes Segen wünschen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Strasser überreicht Bundesministerin Köstinger einen Blumenstrauß.)

14.14



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 118

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Sehr geehrte Frau Minister, auch ich wünsche Ihnen alles Gute zum Geburtstag.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.


14.14.28

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin, auch von mir alles Gute zum Geburtstag! Geschätzte Damen und Herren! Werte Zu­hörer auf der Galerie und vor den Fernsehapparaten! Ich möchte vorweg allen danken, die an der Erstellung des Grünen Berichtes für das Wirtschaftsjahr 2017 aktiv mitge­arbeitet haben.

Die Statistik zeigt, dass die Einkommen in der Landwirtschaft 2017 im Vergleich zu 2016 um circa 14 Prozent gestiegen sind, 2016 im Vergleich zu 2015 schon um 12 Prozent zugenommen haben. Ich kenne persönlich keine Einkommensgruppe unter den unselbstständig Tätigen, bei der innerhalb eines Vergleichszeitraums von einem Jahr solche Einkommenszuwächse vorhanden gewesen wären. (Zwischenruf des Abg. Prinz.)

Der Anteil der öffentlichen Fördergelder am landwirtschaftlichen Einkommen beträgt 61 Prozent. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Prinz.) – Frau Präsidentin, ich denke, man sollte doch den hier am Pult Stehenden aussprechen lassen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Erwin, du musst einen wunden Punkt getroffen haben, sonst würde er sich nicht so aufregen!)

Die Einkommen und die öffentlichen Gelder sind ungleich verteilt, und es sind gerade die Großagrarier und die Agrarkonzerne, die überproportional davon profitieren. Ich möchte auch erwähnen, dass die Nebenerwerbslandwirte im Vergleich zu den Haupt­erwerbsbetrieben nur 14 Prozent des Einkommens erwirtschaften, obwohl sie bereits 54 Prozent der Betriebe bewirtschaften. Weiters gibt es eine Einkommensgruppe, de­ren Einkommen 2017 überhaupt rückläufig gewesen ist, nämlich die Bergbauern der Erschwerniskategorie 4, die die steilsten Hänge bewirtschaften. Die hatten sogar einen Einkommensrückgang von 5 Prozent zu verzeichnen, das möchten die ÖVP und der Bauernbund hier aber überhaupt nicht hören. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Wir von der SPÖ fordern daher eine gerechtere Verteilung der Fördermittel in Richtung Nebenerwerbslandwirtschaft, Stärkung der Berg­bauern der Kategorie 4 und natürlich auch eine Biowende, die auch wirklich eine ist. Diesbezüglich geht das Burgenland mit gutem Beispiel voran.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „mehr Vertei­lungs­gerechtigkeit und Stärkung der ländlichen Regionen im Rahmen der Gemein­samen Agrarpolitik der EU“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich im Rahmen der Verhandlungen zur Aus­gestaltung der nächsten Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2021 dafür einzu­setzen, dass

1. der Bezug von Direktzahlungen in Säule 1 der GAP mit 25 000 € pro Betrieb gedeckelt und eine Umverteilungsprämie von 100 Euro je Hektar bis zu einer Betriebs­größe von 20 ha vorgesehen wird,


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 119

2. die Mittel des Europäischen Fonds für die ländliche Entwicklung (ELER), Säule 2 der GAP, so eingesetzt werden, dass sie allen Menschen im ländlichen Raum zugutekom­men und damit auch sektorübergreifende Maßnahmen, soziale Infrastruktur und Inves­titionen in Mobilität einschließlich digitale Infrastruktur besser gefördert werden,

3. die Förderung an ein Glyphosat-Verbot gekoppelt und eine deutliche Reduktion chemisch-synthetischer Pestizide erreicht wird,

4. die Finanzmittel dafür eingesetzt werden, um höhere Tierschutzstandards zu fördern und intensive industrielle Massentierhaltung auch im Sinne des Klimaschutzes zu reduzieren, sowie

5. eine verstärkte Möglichkeit der Mittelverschiebung von der 1. in die 2. Säule erreicht wird, die es den Mitgliedstaaten erlaubt, regionenspezifisch zu fördern.“

*****

(Abg. Berlakovich: Der liest das Parteiprogramm vor! – Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Abschließend möchte ich noch in Erinnerung rufen, dass aus der ersten Säule der GAP bei den Direktförderungen 83 Betriebe über 100 000 Euro an Fördermitteln be­kommen, davon 30 Betriebe über 270 000 Euro – das nur deshalb, weil die ÖVP weder jetzt noch in der Vergangenheit bereit gewesen ist, an diesem Fördermodus irgend­etwas zu ändern.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe auf Zustimmung zu diesem Entschließungs­antrag. (Beifall bei der SPÖ.)

14.18

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Preiner, Gabriele Heinisch-Hosek, Maurice Androsch, Genos­sinnen und Genossen

betreffend mehr Verteilungsgerechtigkeit und Stärkung der ländlichen Regionen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 9, Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2018 der Bundesregierung (III-185/332 d.B.)

Der Grüne Bericht 2018 zeigt die ungleiche Verteilung der öffentlichen Gelder bei den landwirtschaftlichen Betrieben deutlich auf.

Im Maßnahmenjahr 2017 stiegen die flächenbezogenen Zahlungen an landwirtschaft­liche Betriebe auf 1,39 Milliarden Euro (Direktzahlungen 1. Säule, ÖPUL, Aus­gleichszahlungen). Im Durchschnitt waren es 12.701 Euro je Betrieb. Während 32% der Betriebe im unteren Förderbereich (bis 5.000 Euro) im Durchschnitt nur 2.391 Euro je Betrieb erhielten und einen Förderanteil von nur 6% hatten, lukrierten 1,7% der Betriebe im oberen Förderbereich (über 50.000 Euro) 11% aller Fördermittel und im Durchschnitt 79.907 Euro je Betrieb. In den Genuss von jeweils über 100.000 Euro flächenbezogenen Direktzahlungen kamen 264 Betriebe, die zusammen 42 Mill. Euro (im Durchschnitt 161.784 Euro je Betrieb) erhielten. Zusätzlich zu den flächen­bezo­genen Zahlungen wurden 288 Millionen Euro für projektbezogene Maßnahmen im Rah­men des Programms für die ländliche Entwicklung aufgewendet, davon knapp 100 Millionen für betriebliche Investitionen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 120

Diese ungleiche Verteilung der Fördermittel darf nicht einfach hingenommen werden.

Die Fördermittel müssen auch tatsächlich der Existenzsicherung und der Entwicklung der ländlichen Regionen dienen - dort für den dringend notwendigen Aufschwung sor­gen.

Es müssen alle Anstrengungen dahingehend unternommen werden, damit in den der­zeit laufenden Verhandlungen zu den Regelungen für die nächste Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU erreicht wird, dass den Mitgliedstaaten vorge­schrieben wird, einen großen Teil der Gelder für soziale Dienstleistungen und Mobilität inklusive Breitbandausbau veranschlagen zu müssen. Dies ist notwendig, um Chancen in den Regionen vor allem auch für Frauen und junge Menschen zu erhalten und auf­zu­bauen.

Anfang Juni 2018 wurden von der EU Kommission die Pläne für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ab 2020 vorgestellt. Vor wenigen Tagen wurde dieser Entwurf vom EU Rechnungshof (EuRH) scharf kritisiert. Der Vorschlag entspricht nicht den Zielen der EU für eine umweltgerechte und leistungsorientiertere Förderung der Landwirt­schaft.

Es wird außerdem kritisiert, dass sich durch diesen Vorschlag wenig ändern würde, der Vorschlag keine Reform, sondern in vielen Punkten den aktuellen GAP-Bestimmungen ähnlich sei.

Besonders kritisiert wird vom EuRH die Absicht, weiterhin den Großteil der Förde­rungen in Form von Direktzahlungen an Landwirte auszuschütten, da dieses Instru­ment für die Lösung vieler Umweltprobleme ungeeignet und zugleich nicht der effizien­teste Weg sei, existenzsichernde Einkommen für landwirtschaftliche Betriebe zu garan­tieren.

Ein vor wenigen Tagen veröffentlichter Sonderbericht des EuRH zeigt außerdem auf, dass die Finanzmittel der GAP besser genutzt werden könnten, um höhere Tierschutz­standards zu fördern.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich im Rahmen der Verhandlungen zur Aus­gestaltung der nächsten Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2021 dafür einzu­setzen, dass

1. der Bezug von Direktzahlungen in Säule 1 der GAP mit 25 000 € pro Betrieb gedeckelt und eine Umverteilungsprämie von 100 Euro je Hektar bis zu einer Betriebsgröße von 20 ha vorgesehen wird,

2. die Mittel des Europäischen Fonds für die ländliche Entwicklung (ELER), Säule 2 der GAP, so eingesetzt werden, dass sie allen Menschen im ländlichen Raum zugute­kommen und damit auch sektorübergreifende Maßnahmen, soziale Infrastruktur und Investitionen in Mobilität einschließlich digitale Infrastruktur besser gefördert werden,

3. die Förderung an ein Glyphosat-Verbot gekoppelt und eine deutliche Reduktion chemisch-synthetischer Pestizide erreicht wird,

4. die Finanzmittel dafür eingesetzt werden, um höhere Tierschutzstandards zu fördern und intensive industrielle Massentierhaltung auch im Sinne des Klimaschutzes zu reduzieren, sowie


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5. eine verstärkte Möglichkeit der Mittelverschiebung von der 1. in die 2. Säule erreicht wird, die es den Mitgliedstaaten erlaubt, regionenspezifisch zu fördern.

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Linder. – Bitte schön.


14.18.45

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Wir haben gerade beim Grünen Bericht selbst miterlebt, dass eigentlich aus jeder Statistik jeder das herausliest, was er lesen will. Ein schlimmer Spruch sagt: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst bearbeitet hast. (Ruf bei der SPÖ: Gefälscht!)

Jene, die den Grünen Bericht positiv sehen, sehen 14 Prozent mehr Einkommen für die Landwirte, jene, die ihn negativ sehen wollen, sehen Schönfärberei und sagen: Es ist eh alles nur getürkt und gefälscht. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, behaupte, dass der Grüne Bericht eine der wichtigsten Zah­lensammlungen für uns Politiker ist, um – auf diesem Bericht aufbauend – Entschei­dungen zu treffen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Es gibt sonst nichts Vergleichbares, und damit haben wir eine Grundlage, um wichtige Entscheidungen zu treffen. Es wird nicht lange dauern, und wir werden über die Gemeinsame Agrarpolitik der Jahre 2021 bis 2027 entscheiden müssen, werden dort neben der betriebswirtschaftlichen Sicht aber auch andere Punkte entscheiden müs­sen. Wir werden entscheiden müssen, wie wichtig es uns ist, dass wir selbst gesunde Lebensmittel produzieren, dass wir bei der Lebensmittelversorgung möglichst autonom sind und dass die Landwirtschaft vor allem bei der Landschaftspflege eine riesengroße Leistung erbringt.

Wir werden bei dieser Gemeinsamen Agrarpolitik nicht darüber entscheiden, ob eine Berufssparte oder eine Bewirtschaftungssparte 3, 4, 5 Prozent mehr oder weniger hat, sondern eine der wichtigsten Entscheidungen für uns wird sein, ob die Betriebe mit einem Jahresbetriebseinkommen von 10 000, 11 000 Euro noch eine Perspektive ha­ben, dass sie weitermachen können. Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade deshalb brauchen wir den Grünen Bericht als Grundlage, um wirklich zu sagen, wohin die Landwirtschaft in Österreich gehen soll.

Für mich als Bürgermeister ist nur ein kleiner Teilbereich dieses Grünen Berichtes ganz, ganz wichtig, und zwar der Wildbach- und Lawinenschutz sowie die Schutzwas­serbauten. In Österreich haben wir rund 12 400 Wildbacheinzugsgebiete und 7 700 La­wi­nen­einzugsgebiete. Im Jahre 2017 wurden mit 158 Millionen Euro 760 schutzbau­liche Maßnahmen und flächenwirtschaftliche Projekte umgesetzt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, jeden Einzelnen von euch betrifft es, wenn in seiner Gegend, in seiner Umgebung ein Wildbachprojekt umgesetzt wurde.

Weiters ist aber auch sehr wichtig, dass in den 2 100 Gemeinden über die Wildbach- und Lawinenverbauung 1 420 Gefahrenzonenpläne erstellt und betreut werden. Jeder, der einmal als Baubehörde damit zu tun hatte, weiß, wie wichtig es ist, diese Gefahren­zonenpläne zu haben und darauf zurückzugreifen.

Es ist mir ganz wichtig, hervorzuheben, dass im Bereich der Wildbach- und Lawinen­verbauung Mitarbeiter tätig sind, die einen riesengroßen Erfahrungsschatz haben. Als


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 122

Bürgermeister einer vor zwei Jahren selbst betroffenen Gemeinde weiß ich, was es bedeutet, gute Leute zu haben, die in der Lage sind, ein Katastrophengebiet zu verbauen, die darunter liegenden Ortschaften zu schützen. Deshalb: von meiner Seite herzlichen Dank auch an die Mitarbeiter der Wildbach- und Lawinenverbauung! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.22


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bernhard. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.22.48

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe lange über den Grünen Bericht nachgedacht, auch dem Kollegen Strasser sehr genau zugehört und muss sagen: Ja, es ist positiv, dass – man sieht das, wenn man genauer schaut – im Bereich der Viehwirtschaft Einkommenszuwächse verzeichnet werden konnten, weil eben die Marktpreise für Milch und für Schweinefleisch deutlich nach oben gegangen sind. Bei genauerer Betrachtung muss man aber feststellen, dass sich die Landwirtschaft in Österreich nach wie vor in einer deutlichen Bedrohungssituation befindet, und zwar aus einem wesentlichen Grund: aufgrund der Flächenwidmung, Flächenversiegelung.

Jedes Jahr versiegeln wir 50 Quadratkilometer an Flächen – das entspricht dem Ernährungspotenzial von 20 000 Menschen in unserem Land –; es sind hauptsächlich agrarische Flächen, die versiegelt werden. Man kann sich daher ausrechnen, dass sich das nicht dauerhaft ausgehen wird, und zwar für die Einkommenssituation der Landwirte, aber auch für eine regionale Versorgung.

Das ist nicht zentraler Bestandteil des Grünen Berichts, aber die Auswirkungen der Flächenversiegelung werden sich in den künftigen Grünen Berichten widerspiegeln. Und meines Wissens ist weder im Umweltausschuss noch im Landwirtschafts­aus­schuss eine ernsthafte Debatte darüber im Gange, wie wir das Thema lösen können.

Aktuell haben wir eine Versiegelung von 15 Hektar pro Tag. Die Bundesregierung in den frühen Nullerjahren – ich glaube, es war 2004 – hat sich 2,5 Hektar pro Tag zum Ziel gesetzt. Sie sehen, wie weit wir 15 Jahre später davon entfernt sind.

Warum ist das so wichtig? – Es ist wichtig, weil jeder Boden, den wir versiegeln, dann, wenn wir ihn wieder verwenden wollen, 100 bis 200 Jahre pro Zentimeter Humus­aufbau braucht. Das heißt, wenn wir heute etwas verbauen, ist der Boden für viele Hundert Jahre landwirtschaftlich nicht mehr nutzbar.

Es ist wichtig, weil die Gefährdung der biologischen Vielfalt tatsächlich mit der Versiegelung einhergeht. Wir haben gerade gestern wieder von einer neuen Studie gehört, wonach 70 Prozent der Wirbeltiere in Österreich in den letzten 30 Jahren ver­schwunden sind. Insektensterben ist ein anderes Stichwort. Die Vielfalt hängt tat­sächlich mit der Vitalität unserer landwirtschaftlichen Betriebe zusammen. Wir müssen stärker umdenken, neben der Produktion muss es einen Schutz, eine Form der Beob­achtung, eine Form des Frühwarnsystems, was die biologische Vielfalt betrifft, bei den landwirtschaftlichen Betrieben geben.

Der dritte wesentliche Punkt, der aus heutiger Sicht bei der Flächenversiegelung ebenfalls zentral ist, ist die Frage: Was passiert durch den Klimawandel mit einem Land, das deutlich stärker als zum Beispiel Deutschland oder die Schweiz versiegelt ist? – Wir haben eine höhere Hitzewelle, wir haben ein höheres Hochwasserrisiko, wir haben viele Nachteile für die Bevölkerung und wir haben viele Möglichkeiten, wenn wir die Flächenversiegelung in der Zukunft rasch stoppen. Ich bitte diesbezüglich um


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 123

entsprechende Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Noll.)

14.25


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Köstinger. – Bitte schön.


14.26.01

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der Grüne Bericht beschäftigt sich mit dem Kalenderjahr 2017 und wird seit seinem Bestehen auf Basis des Landwirtschaftsge­setzes jetzt zum 59. Mal vorgelegt.

Der Grüne Bericht beschreibt ausführlich die wirtschaftliche und vor allem auch die soziale Situation der bäuerlichen Familien in Österreich und ist somit eine einzigartige Grundlage für alle zentralen Zahlen, Daten und Fakten über unsere bäuerlichen Fa­milienbetriebe in Österreich.

Die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft je Betrieb sind nach mehreren Jahren der Einkommensrückgänge 2017 das erste Mal wieder leicht gestiegen, durchschnitt­lich um 14 Prozent.

Herr Abgeordneter Preiner, Ihre Polemik verwundert mich immer wieder aufs Neue (Zwischenruf des Abg. Preiner), vor allem auch, dass Sie versuchen, politisches Kleingeld auf dem Rücken der bäuerlichen Familienbetriebe daraus zu schlagen. (Zwischenruf des Abg. Preiner.) Wir müssen dazusagen, dass wir noch immer hinter den Ergebnissen von 2011 und 2012 zurückliegen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Preiner.)

Zeigen Sie mir eine andere Berufsgruppe, die derartig von externen Faktoren abhängig ist! Es wird immer wieder auch die Forderung nach billigen und leistbaren Lebens­mitteln erhoben und auch als soziale Frage dargestellt. Das muss man sich immer anhören. Es verwundert mich, ehrlich gesagt, dass das von Ihrer Seite immer wieder kommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Die Landwirtschaft steht aufgrund der zahlreichen auch witterungsbedingten Rück­schläge massiv unter Druck. Speziell auch die Auswirkungen des Klimawandels sind mittlerweile extrem spürbar. Vor allem die Ackerbaubetriebe spüren diese, die von Ihnen sehr strapazierten Großbetriebe in Österreich stehen massiv unter Druck. Die Betriebe stehen auch aufgrund der billigen Importe massiv unter Druck, die vor allem auch dafür sorgen müssen, dass Lebensmittel in Österreich leistbar sind. (Abg. Preiner: Verbieten Sie die Importe!) Das ist vielleicht auch zu hinterfragen.

Auf jeden Fall ist die derzeitige Entwicklung doch auch ein kleiner Lichtblick, vor allem für unsere jungen Bäuerinnen und Bauern, die einen Betrieb gerade übernehmen oder bald übernehmen werden. Genau für diese müssen wir zielgerichtete Politik machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ausschlaggebend für das leichte Plus im Jahr 2017 waren bessere Erzeugerpreise für Milch und Getreide sowie höhere Erntemengen im Obst- und im Weinbau. Besonders erfreulich ist, dass sich diese leichte Steigerung eben nicht ausschließlich auf die Gunstlagen beschränkt, sondern vor allem in den Berggebieten erreicht wurde.

Auch hier noch einmal der Hinweis an Herrn Abgeordneten Preiner, den Grünen Be­richt wirklich zu lesen, denn in den Berggebieten liegt die Einkommenssteigerung über dem bundesweiten Durchschnitt. Dadurch kann erfreulicherweise der Einkommens­ab­stand zwischen Bergbauern und Nicht-Bergbauern doch wieder weiter verringert wer­den. (Abg. Preiner: Schauen Sie sich die Erschwerniskategorie 4 an: minus 5 Pro­zent!)


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Vom leichten Einkommensanstieg 2017 waren fast alle Betriebsformen betroffen, aus­genommen sind nur die Marktfruchtbetriebe. Der Grüne Bericht zeigt, dass insbe­son­dere Veredelungsbetriebe in erster Linie von diesen gestiegenen Erzeugerpreisen und den Produktionsausweitungen im Schweinesektor profitieren. Darüber hinaus wäre ohne Versicherungsentschädigung und nationale Sonderzahlungen aufgrund von Frost das leichte Plus bei den Dauerkulturbetrieben auch nicht möglich gewesen.

Einmal mehr zeigt sich, wie wichtig Unterstützungen auch im Rahmen von Versiche­run­gen für unsere heimischen Betriebe sind. Die Marktfruchtbetriebe mussten aufgrund der trockenen und heißen Witterung im Frühsommer 2017 und der damit verbundenen geringen Erntemengen im Ackerbau ein erhebliches Einkommensminus hinnehmen.

An dieser Stelle bedanke ich mich bei der §-7-Kommission, die an der Erstellung des Grünen Berichtes mitarbeitet, für die entsprechenden Empfehlungen.

Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle aber insbesondere allen Bäuerinnen und Bauern, die ihre Einkommensergebnisse für diesen Grünen Bericht zur Verfügung stel­len und die uns in Österreich mit hervorragenden, qualitativ hochwertigen Pro­dukten aus der heimischen Produktion versorgen. – Ein herzliches Dankeschön dafür. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.30


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Berlakovich. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.30.31

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsi­den­tin! Liebe Bundesministerin! Hohes Haus! Liebe Elli, von mir auch alles Gute zum Geburtstag! Schön, dass du mit uns hier feierst, anstatt Privates zu tun. Das spricht für die Pflichterfüllung einer Nachhaltigkeitsministerin. Ich wünsche dir wirklich viel, viel Kraft – aus eigener Erfahrung weiß ich, die kann man in dieser Funktion wirklich brauchen. Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Kollege Preiner! Sie stellen sich hier her und drücken Ihre Verwunderung darüber aus, dass man Ihren Ideen nicht folgt. (Abg. Haubner: Kann man auch nicht!) Vielleicht ist das Ihrem eigenen Verhalten geschuldet? Wenn Sie sich nämlich hier herstellen und fragen: Im Vorjahr plus 14 Prozent, im Jahr davor 12 Prozent Einkommensplus, welche andere Berufsgruppe hat das?, dann ist das die halbe Wahrheit. Und da drängt sich der Verdacht auf, dass Sie Neid schüren wollen und andere Berufsgruppen gegen die Bauern aufbringen wollen. Das ist nicht seriös und das lehnen wir ab. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Preiner.)

Es hat dieses Einkommensplus zwar gegeben, aber: minus 15 Prozent im Jahr 2015, im Jahr davor minus 8 Prozent, im Jahr davor minus 5 Prozent. Also in den Jahren davor hat es jeweils ein gewaltiges Minus gegeben und jetzt gibt es ein Plus. (Zwi­schenruf des Abg. Preiner.) Unter dem Strich bleibt noch immer ein Minus für die bäuerlichen Einkommen.

Sie müssen die ganze Wahrheit sagen, denn das ist ja die Basis von politischen Handlungen. Daher ersuche ich Sie um mehr Seriosität, weil wir sonst keine Grundlage für gemeinsame Verhandlungen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das Interessante an diesem Grünen Bericht ist, dass sich eben ein Einkommensplus und ein Einkommensminus zeigen. Es ist ein Auf und Ab über die Jahre. Das ist natürlich bedingt durch die Marktsituation. Wir befinden uns in einem globalen Wettbewerb, und die Preise spielen eine große Rolle. Sind die Preise besser, geht es


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hinauf, und wenn nicht, dann geht es hinunter. Was aber ganz gewaltig durchschlägt, ist, dass bei all der Technologisierung, die wir in der Land- und Forstwirtschaft haben, Wind und Wetter eine zentrale Bedeutung haben. Heuer haben wir das wieder einmal gesehen. Das heißt, Dürre, Überschwemmung, Hitze, Starkregenereignisse bringen es mit sich, dass man auf dem Feld alles richtig machen kann und trotzdem eine geringe Ernte oder einen Ernteausfall hat. Daher schwanken die Einkommen.

Das, was wir jahrzehntelang machen, nämlich Elementarversicherungen aufzubauen, ist richtig; Versicherungen gegen Hagel, Dürre, dass sich Bauern dagegen versichern lassen können. Daher waren die heurigen Maßnahmen wichtig, nämlich die Angleichung der Versicherungssteuer, sodass die Versicherungsprämien für die Bauern leistbar werden, und auch das, was heute noch diskutiert wird: die höhere Bezuschussung der Prämie für die Bauern, um die Versicherung für alle Bauern leistbar zu machen, denn unter dem Strich bleibt, dass das eine Katastrophenvorsorge ist. Und gerade aufgrund des Klimawandels ist das unbedingt notwendig. Daher ein Danke dafür, dass wir das gemeinsam – zumindest ein Teil des Hohen Hauses – hier beschließen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Im Lichte dessen ist auch die weitere Agrarpolitik zu sehen. Herr Kollege Preiner, Sie sagen, das Burgenland vollzieht die Biowende, alles bio. (Abg. Preiner: So ist es!) Das Burgenland ist jetzt schon Bio-Top-Meister: beim Ackerbau, beim Grünland, beim Bioweinbau. (Abg. Preiner: Außer der ÖVP goutieren das alle Parteien im Landtag!)

Österreich ist Bioweltmeister, weil wir seit Jahrzehnten auf den Aufbau dieser Land­wirtschaft setzen. Im Rahmen der letzten Agrarpolitik ist das gelungen, und auch in der neuen versuchen wird das, weil sich nicht nur die Biobauern öko verhalten sollen, sondern auch die konventionellen Bauern mit einem Umweltprogramm. Wir werden in ganz Europa dafür gelobt. Daher sind diese Zahlungen, die die Bauern bekommen, keine Sozialleistungen. Sie wollen das immer so darstellen. Das sind Leistungsanreize, sich umweltfreundlich zu verhalten. Der Bauer, der sich öko verhält, bekommt eine höhere Prämie. Ein Biobauer bekommt mehr als ein Bauer, der eben nicht diese Leistung erbringt. Das gibt einen Leistungsanreiz (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Preiner), und dafür sind wir Vorbild in Europa und dafür setzen wir uns auch in Zukunft ein.

Drehen Sie das also nicht in Richtung Sozialzahlungen, es handelt sich um Leistungs­prämien, und die Bauern sollen ihre Leistung auch im Sinne der Umwelt und im Sinne des gemeinsamen Ganzen erbringen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.34

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Ecker. – Bitte.


14.34.58

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ich bin eine erklärte Gegnerin von Pestiziden. Ich bin eine erklärte Gegnerin vor allem von einem unverhältnismäßigen Einsatz von Pestiziden in der österreichischen Landwirtschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte kurz replizieren auf meinen Vorredner Berlakovich (Ruf bei der ÖVP: Er hat recht gehabt!): Die biologische Landwirtschaft in Österreich war immer das Stiefkind der ÖVP! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin froh, dass wir heute den Grünen Bericht diskutieren, vor allem bin ich froh, dass wir dessen Erkenntnisse diskutieren, denn eine Entwicklung macht mich besonders betroffen: Wir wissen, die landwirtschaftlich bewirtschaftete Fläche in Österreich wird


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kleiner, der Bioanteil steigt, jedoch die Menge der ausgebrachten Pestizide verringert sich nicht nennenswert. Das finde ich sehr traurig, denn es lässt sich daraus ableiten, dass im konventionellen Bereich der Einsatz von Pestiziden ansteigt. Das liegt in Ihrer Verantwortung, Frau Ministerin! Der Griff zu billigen synthetischen Pflanzenschutz­mit­teln ist einfach der einfachere, und das gehört unterbunden.

Dieser Umstand verhilft auch jenem Pflanzenschutzmittel zu Absatzrekorden, welches wir schon oft hier im Hohen Haus diskutiert haben und welches durch seine erneute Zulassung durch die Europäische Union auf zahlreichen Tagesordnungen von Parla­menten und von Gerichten steht. Ich spreche hier vom wahrscheinlich krebserregen­den Totalherbizid Glyphosat, welches ganze Ökosysteme zerstört (Ruf bei der ÖVP: Grüner Bericht!) und die Artenvielfalt von Insekten und Vögeln vernichtet.

Ich weiß, ich spreche zum Grünen Bericht, das ist mir vollkommen klar. Liebe Kollegen von der ÖVP, ich werde aber keine Rede hier im Hohen Haus auslassen und Sie jedes Mal daran erinnern, dass es im Vorsorgeprinzip gilt, dieses Totalherbizid zu verbieten. (Beifall bei der SPÖ.)

Das sind wir den Menschen in unserem Land schuldig, vor allem aber sind wir das unserem Gewissen und der Artenvielfalt schuldig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Schluss kommend: Es darf nicht länger zu einem Anstieg bei der Verwendung von Pestiziden im konventionellen Bereich der Landwirtschaft kommen. Frau Ministerin, hier sind Sie gefordert, hier braucht es eine Trendwende, hier braucht es Mut, hier braucht es Engagement und es braucht Offenheit für alternative Formen! Die Politik ist gefragt, hier Akzente zu setzen für unsere Bäuerinnen und Bauern, sie bei dieser Wende zu unterstützen, denn nur so werden wir einen dauerhaften Rückgang beim Einsatz von Pestiziden erzielen. Es ist ein trauriges Bild, das der Grüne Bericht in der Frage der Pestizide aufzeigt. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.37


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Riemer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.37.56

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister, alles Gute! Heute ist ein Jubeltag, denn wir hören an und für sich sehr viel Positives über die Landwirtschaft. (Abg. Schellhorn: Von Bauern!) Auch für mich ist das ein Jubeltag, denn ich darf die freiheitliche Delegation aus Güssing hier im Hohen Haus herzlich begrüßen. Willkommen! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Grünen Bericht: Kollege Linder hat das so toll ausgedrückt und gesagt: Jeder nimmt sich aus dem Grünen Bericht das heraus, was ihm gefällt. Aber in der Summe passt das ja auch.

Der Grüne Bericht kann nie etwas dafür, denn das sind Zahlen, Fakten, Daten – bis auf die erste Seite. Ob das bei Herrn Rupprechter, bei Herrn Berlakovich war oder jetzt bei der Frau Bundesminister ist, diese Seite lese ich besonders gerne, denn das ist ja in Wirklichkeit das Herzblut jedes Ministers, jeder Ministerin.

Die Frau Bundesminister schreibt: „den ländlichen Raum zukunftsorientiert weiterzu­entwickeln“. – Das ist keine einfache Aufgabe, Abwanderung et cetera. Ohne Bauern gibt es natürlich Abwanderung. Ich denke, unsere Frage sollte gar nicht sein, was jemand für richtig hält, sondern die Frage ist: Wie bewahren wir den Bauernstand in Österreich? (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Wie leisten wir uns länger die kleinstrukturierte Landwirtschaft? Wollen wir sie uns leisten? Ein Bundesheer leisten wir uns zu Recht,


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eine Feuerwehr leisten wir uns zu Recht – bitte, das sind Sicherheitsmechanismen! –, und da, wo es um fundamentale Grundbedürfnisse geht, ums Überleben, wollen wir vielleicht knausern und vielleicht jenen, die dafür verantwortlich sind, nicht das Recht zukommen lassen, dass sie freie Bauern sind und nicht Bettler, nicht Almosen­empfän­ger? Sie sind freie Bauern, die das Wichtigste tun: Sie gewährleisten gute Nahrungs­mittel für Österreich.

Wir haben schon gehört, dass sich die Einkommenssituation gebessert hat. Ja, das freut mich, aber etwas haben wir bis jetzt noch nicht so richtig gehört, und zwar steht ein gutes Zitat im Grünen Bericht zum „Projekt Lebensqualität Bauernhof“: „Ein vitaler ländlicher Raum hängt wesentlich von den Leistungen der Bäuerinnen und Bauern ab. Grundvoraussetzung dafür ist deren gute seelische und körperliche Verfassung“. – Ja, das ist richtig.

Hat jemand einen 8-Stunden-Tag oder einen 12-Stunden-Tag und regt sich dann noch auf, was soll dann ein Bauer dazu sagen, der vielleicht einen 20-Stunden-Tag oder einen 18-Stunden-Tag hat, und das aber nicht nur über drei Wochen hinweg, sondern die ganze Zeit über, Jahr für Jahr? Da müssen wir vielleicht bei uns anfangen und uns fragen: Was machen wir als Zivilgesellschaft und wie schaffen wir es, den bäuerlichen Betrieben, den Bauern, den Frauen und Männern mehr Achtung entgegenzubringen? Wenn der Bauer stirbt, stirbt auch das Land, und wenn das Land stirbt, dann geht auch die letzte Raiffeisenbank. Das ist aber eh schon ein ganz schlimmes Zeichen. (Heiter­keit bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

Eines möchte ich trotzdem sagen, auch wenn es nicht immer so schlimm klingt: Wir haben seit dem EU-Beitritt 1995 bis heute ungefähr 77 000 Betriebe verloren. Das sind nicht wenige, tun wir etwas dagegen! Ich stelle fest, dass heute von 162 000 bäuer­lichen Betrieben 92 Prozent Familienbetriebe sind, die eine Fläche von ungefähr 60 Pro­zent bewirtschaften. Das ist für mich ein Signal, und da muss sich die Politik wirklich etwas einfallen lassen, übrigens auch die Genossen, denn die Nebenerwerbs­bauern zahlen ja auch die Arbeiterkammerumlage et cetera.

Wir haben zurzeit 55 Prozent der Bauern im Nebenerwerb und nur 36 Prozent im Haupt­erwerb; 9 Prozent der Betriebe gehören Personengemeinschaften oder juris­tischen Personen. Diesen 9 Prozent gehören mittlerweile schon 40 Prozent der Ge­samt­fläche, die sie bewirtschaften. Da fängt es bei mir zu klingeln an: Was passiert da? Schützen wir unsere Bauern? Schützen wir unsere Bauern dahin gehend, dass sie eigentlich 43 Betriebe mit 5 800 Beschäftigten im Bereich Landmaschinen versorgen? Die Pflanzenschutzmittelhersteller, das haben wir gehört, verdienen auch etwas. 2 684 Lebensmittel herstellende Betriebe mit fast 48 000 Arbeitnehmern leben von den Bauern. Das sollte man vielleicht erwähnen dürfen. Auch 80 Lagerhausgenossen­schaften mit 110 000 Mitgliedern und 12 000 Mitarbeitern leben von den Bauern.

Ich glaube, der Bauer hat es sich verdient, dass man sagt: Der Bauer ist kein Bettler, sondern ist ein aufrechter, freier Mann, den unsere Zivilgesellschaft, der Konsument zu unterstützen hat, wollen wir weiterhin gute, qualitativ hochwertige Nahrungsmittel haben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es geht um nichts anderes als um die Frage: Kann Österreich sich weiterhin ernäh­ren? – Jeder wird sagen: Ja, natürlich, wir exportieren! Aber man braucht nur zu bedenken, dass es der kleine Drahtwurm geschafft hat, die Kartoffelernte zu 40 bis 60 Prozent (Bundesministerin Köstinger: 70 Prozent!), zu 70 Prozent – danke schön – zu vernichten, und wir mit März/April keine eigenen Erdäpfel mehr haben werden.

So schaut es aus. Und da diskutieren wir herum und feilschen noch um ein paar Gro­schen?! Unterstützen wir das und schauen wir natürlich auch darauf, dass wir Bauern


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in einer intakten Natur mit mündigen Konsumenten haben! – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.44


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Herr Abgeordneter Lindinger ist zu Wort gemel­det. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.44.24

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin, auch ich darf Ihnen meine Glückwünsche aussprechen! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Der Grüne Bericht ist mitunter einer der wichtigsten jährlichen Berichte, wenn es um den Istzustand in der Land- und Forstwirtschaft geht. Diese wertvollen Erkenntnisse über die Situation im heimischen Agrarsektor sind, glaube ich, maßgebend dafür, wie wir die Zukunft der Landwirtschaft gestalten.

Kollege Berlakovich hat es bereits erwähnt: Im Schnitt haben wir im Jahr 2017 in der Land- und Forstwirtschaft ein Einkommensplus von 14 Prozent erreicht. Das ist aber noch kein Anlass zur Euphorie, denn in den vorangegangenen Jahren war diese Ent­wicklung eher prekärer. Es ist festzuhalten, dass dieser Bericht nur einen kurzfristigen Zeitraum widerspiegelt, denn sieht man sich die Einkommenssituation mittel- und lang­fristig an, so zeigen die Zahlen eine ganz, ganz geringe Steigerung.

Ein erfreulicher Trend hingegen ist im Bodenverbrauch zu erkennen. Seit 2010 konnte der Bodenverbrauch von rund 24 Hektar in etwa halbiert werden. Diese Entwicklung soll und muss auch in den nächsten Jahren fortgesetzt werden, um die Lebens­grundlage für unsere Landwirte abzusichern. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Frau Kollegin Ecker, ich muss Ihnen sagen: Bleiben Sie bei der Pflanzenschutz­diskussion bitte ehrlich! Pflanzenschutzmittel werden sowohl im Bio- als auch im konventionellen Bereich eingesetzt. (Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger.) Die Landwirte arbeiten mit Natur, Grund und Boden, und die Pflanzenschutzmittel werden auch nur dort eingesetzt, wo es unbedingt notwendig ist, wo wir die Schädlinge von unseren Äckern fernhalten müssen, damit wir die Lebensmittelproduktion für die Österreicherinnen und Österreicher sicherstellen können. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Mit Blick auf die klimabedingten Ertragseinbußen muss meiner Meinung nach die zweite Säule der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik, die ländliche Entwicklung, stärker in den Fokus gerückt werden. (Bravoruf bei der SPÖ.) Durch unser Programm, das Öpul-Programm, verpflichten sich unsere Betriebe, umweltrelevante Maßnahmen in ihren Betrieben durchzuführen. Dazu gehört zum Beispiel auch eine stärkere Unterstützung für Bewässerungsanlagen in der nächsten Förderperiode, die aufgrund der immer stärker auftretenden Ausprägungen des Klimawandels – andauernde Trockenperioden wie im heurigen Jahr – wichtiger werden.

Weiters werden die Gelder für erbrachte Leistungen ausbezahlt, die ganz im Sinne der Umwelt und des Zusammenspiels zwischen Landwirt und Natur stehen. Deshalb werden wir uns bei den Verhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik für unsere heimischen Bauern einsetzen und jeden Cent aus Brüssel abholen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Sehr positiv sehe ich das EU-Schulprogramm für Obst, Gemüse und Milch, damit die jüngste Generation von klein auf die gesunden Lebensmittel kennen- und lieben lernt.

Die Prämie für die Junglandwirte ist eine große Erleichterung für die Hofübergaben. Rund 9 200 Betriebe, geführt von den jungen Bäuerinnen und Bauern, haben dadurch eine Unterstützung erhalten. Diese Zahl spricht für sich, denn laut Eurostat sind wir,


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wenn man so will, Europameister bei der Anzahl der Junglandwirte. Mit 22 Prozent liegen wir an erster Stelle, gefolgt von Polen und der Slowakei. Mein großer Dank gilt deshalb allen Jungbäuerinnen und Jungbauern. Ich freue mich über ihren Mut und ihre Entschlossenheit und gratuliere zu dieser Berufswahl, denn aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Landwirt sein nicht nur ein Beruf, sondern vielmehr auch eine Berufung ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.48


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Frau Abgeordnete Wimmer ist zu Wort gemel­det. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.48.51

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte ZuseherInnen auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Hohes Haus! Da der Grüne Bericht die wichtigste und eine sehr umfassende Informationsgrundlage zur Landwirtschaft und der ländlichen Entwicklung ist, ist dieser Bericht grundsätzlich sehr lobenswert. Die Arbeit damit wird für uns Abgeordnete jedoch dadurch erschwert, dass die Systematik des Berichts sich offenbar jährlich ändert und somit Zahlen, Daten und Fakten kaum miteinander vergleichbar sind.

Zum Bericht selbst ist aus Sicht der SPÖ anzumerken, dass Leben und Arbeiten am Land für uns viel mehr bedeutet als Direktzahlungen an Großbauern. (Beifall bei der SPÖ.)

Es sollte eine ganzheitliche Förderung ländlicher Regionen und all der Menschen, die dort leben, im Vordergrund stehen: für die Jungen, die nicht abwandern sollen, für die Familien, die Kinderbetreuungsplätze brauchen, und für die älteren Menschen, die in anderer Form Betreuung brauchen. Die Förderung des Lebens im ländlichen Raum wäre durch die zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik leicht möglich, denn Österreich dotiert diese Säule für ländliche Entwicklung mit jährlich fast 1 Milliarde Euro. Diese Gelder aus Säule zwei müssen viel stärker als bisher zum Aufschwung der ländlichen Regionen beitragen, denn die Abwanderung hin zu den Städten hält unver­mindert an. Das muss doch eine Regierung zum Handeln veranlassen! (Beifall bei der SPÖ.)

Es müssen viel mehr als die bisher gewidmeten 3 Prozent aus dem Topf verwendet werden, um Menschen, Frauen und vor allem auch Familien mit sozialer Infrastruktur und Investitionen in die Mobilität zu versorgen. Es ist notwendig, in den Ausbau der Kinderbetreuung zu investieren, um gerade für junge Familien das Leben am Land attraktiv und lebenswert zu machen. Es ist notwendig, möglichst lange Öffnungszeiten der Kindergärten anzubieten, damit diese auch realistisch mit den Arbeitszeiten von Vätern und Müttern übereinstimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Genauso notwendig ist eine ausreichende und gute Gesundheitsversorgung. Haus­ärzte in der Nähe und genügend Pflegeeinrichtungen müssen auch den Menschen am Land zur Verfügung stehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Investitionen in eine gut ausgebaute soziale Infra­struktur sind Investitionen in die Zukunft unserer Gemeinden und tragen maßgeblich dazu bei, dass sich junge Menschen dafür entscheiden, in der Region zu bleiben und nicht abzuwandern. Dazu muss auch das Programm für ländliche Entwicklung beitra­gen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

14.51


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hauser. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.



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14.51.54

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Minister, Sie müssen heute besonders glücklich darüber sein, am Tag Ihres Geburtstags einen grundsätzlich positiven Grünen Bericht zu diskutieren. Was will man eigentlich mehr? Das ist, denke ich, eine tolle Sache, und ich darf auch persönlich alles Gute zum Geburtstag und das ent­sprechende Fingerspitzengefühl für die Landwirtschaft und für den Tourismus wünschen. Ich bin froh, dass das in deinen, in Ihren Händen liegt. Gratulation zum Geburtstag! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es ist eigentlich ein Lebensthema, über das wir heute reden, nicht nur der Grüne Bericht. Worum geht es eigentlich? – Es geht um vitale ländliche Räume. Es geht um Ernährungssicherheit. Es geht darum, unsere Kulturlandschaft zu erhalten. Es geht um Qualitätslebensmittel. Es geht um unseren Tourismus. Was würde der Tourismus ohne funktionierende Landwirtschaft, ohne ihre Qualitätsprodukte, ohne die gepflegten Wiesen und so weiter tun? – Nichts. Das ist wirklich die Grundvoraussetzung, und des­wegen ist es auch gut, dass wir heute hier in gebührender Ausführlichkeit über diesen Grünen Bericht diskutieren.

Dies auch deshalb, weil sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft permanent fortsetzt: Im Jahr 2016 hatten wir noch 162 018 land- und forstwirtschaftliche Betriebe, das bedeutet ein Minus von 6,5 Prozent im Vergleich zum Jahr 2010 und ein Minus von 3 Prozent im Vergleich zum Jahr 2013. Nach wie vor prägen die Kleinbetriebe die Struktur der Landwirtschaft, aber auch da geht der Trend zum Großbetrieb unver­mindert weiter. Nur ein Vergleich dazu: Im Jahr 1951 hatte ein Betrieb eine Gesamt­fläche von circa 18,8 Hektar, 2016 von 42,2 Hektar.

Nun zu einer für mich sehr interessanten Zahl: Wie werden die Höfe denn betrieben? – Kollege Riemer hat es zwar erwähnt, aber ich möchte das aufgrund der Wichtigkeit hier noch einmal festhalten: 36 Prozent der Höfe werden im Haupterwerb betrieben, 9 Pro­zent von Personengesellschaften und – jetzt kommt es – 55 Prozent im Nebenerwerb.

Heute wurde das von Kollegen Preiner negativ andiskutiert: 55 Prozent betreiben die Landwirtschaft nebenher. Was bedeutet das? – Das bedeutet – um ein Beispiel aus meiner Heimatgemeinde zu bringen –, um 6 Uhr in der Früh stehen die Leute auf, machen den Stall, schauen, dass sie dann um 9 Uhr bei der Schiliftgesellschaft sind, um dort ihren Dienst anzutreten. Der Dienst dauert bis 16 Uhr, 16.30 Uhr, dann geht es nach Hause. Um 17 Uhr ist man vielleicht zu Hause, und es geht wieder in den Stall. Das heißt, das ist ein absoluter 12-Stunden-Tag, aber das 365 Tage im Jahr. Und das Geld, das man im Nebenverdienst erwirtschaftet, wird in die Landwirtschaft investiert. Dafür gebührt unseren Landwirten ein riesengroßes Kompliment (Beifall bei FPÖ und ÖVP), weil sie damit die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Höfe weiter bewirtschaftet werden.

Wir müssen wirklich in die Hände spucken, damit das erhalten bleibt, denn viele fragen: Wie lange schaffe ich das noch? Wie lange spielt meine Familie bei diesem 365-Tage-Job überhaupt mit?

Ist es erklärbar und einsehbar, dass man das Geld in einem Hauptberuf erwirtschaften muss, um sich die Landwirtschaft leisten zu können? Vielfach stellt sich mittlerweile auch die Frage: Was machen wir mit den Feldern, die nicht gemäht werden? – Stich­wort Lawinen und so weiter.

Es ist ein vitales Interesse, den ländlichen Raum am Leben zu erhalten. Dieser länd­liche Raum kann nur am Leben erhalten werden, wenn wir tatsächlich die Einkommen der bäuerlichen Familien massiv unterstützen (Beifall des Abg. Schmiedlechner) und


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dafür sorgen, dass die Familien auch vom Geld aus der Landwirtschaft unmittelbar leben können. Da sind wir massiv gefordert.

Ich möchte in diesem Zusammenhang nur mehr eine Zahl bringen, denn es wurden schon viele Zahlen erwähnt: Die Einkommen der Bergbauern betragen im Schnitt 25 912 Euro. Im Schnitt betragen die Einkünfte aller land- und forstwirtschaftlichen Be­triebe 31 131 Euro. Bergbauern: 25 912 Euro. Obwohl auch bei den Bergbauern die Einkommen im Jahr 2017 um 20 Prozent angestiegen sind, gibt es im Schnitt nach wie vor einen Einkommensunterschied von im Mittel 10 600 Euro. Um 10 600 Euro verdient man bei der Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe in ungünstigen Lagen weniger!

Deswegen werden wir, die Freiheitliche Partei, alle Initiativen unterstützen, die dazu beitragen, unseren Landwirten gerade in schwierig zu bewirtschaftenden Regionen zu helfen, Einkommen zu erzielen (Zwischenruf des Abg. Plessl), damit die Höfe in diesen Regionen weiterhin gesichert sind, damit der Lebensraum gesichert bleibt und damit auch die Voraussetzungen für unseren Tourismus bestehen bleiben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.57


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Herr Abgeordneter Eßl, Sie hätten noch zwei Minuten, dann muss ich Sie unterbrechen, da die Kurzdebatte beginnt. Wollen Sie das riskieren? (Zustimmendes Nicken des zum Rednerpult gehenden Abg. Eßl.) – Bitte.


14.58.10

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine geschätzte Frau Bundesministerin, liebe Elli, herzliche Gratulation zu deinem besonderen Geburtstag!

Schaue ich jetzt in diese Richtung hinüber (in Richtung SPÖ weisend), dann ist es ein bisschen weniger erfreulich, denn die SPÖ entsetzt mich ein bisschen mit ihrem Rund­umschlag.

Frau Kollegin Ecker hat gesagt, es würde mit der Biolandwirtschaft in Österreich stief­mütterlich umgegangen. Nenn mir bitte ein Land in Europa, auf der Welt, in dem besser mit der Biolandwirtschaft umgegangen wird als in Österreich! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Jarolim.)

Zweitens: Kollege Preiner – das ist nicht Objektivität, das ist Populismus pur – sagt (Abg. Preiner: Das ist die Wahrheit!), er kennt keine einzige Berufsgruppe, die ein Einkommensplus von 17 Prozent hat. Kennst du eine Berufsgruppe, die ein Einkom­mensminus von 8 Prozent hat, wie die Bauern es im Jahr 2013 gehabt haben? (Zwi­schenruf des Abg. Vogl.) Kennst du eine Berufsgruppe, die ein Einkommensminus von 5 Prozent hat, wie die Bauern es im Jahr 2014 gehabt haben? Und kennst du eine Berufsgruppe, die ein Einkommensminus von 15 Prozent hat, wie die Bauern dies im Jahr 2015 gehabt haben?

Letztlich darf ich auch noch darauf hinweisen, dass es wichtig und notwendig ist, dass wir, auch wenn jetzt eine Einkommensverbesserung bei den Bauern zustande gekom­men ist – auch im bergbäuerlichen Bereich, das ist erfreulich, leider Gottes nicht bei der Kategorie 4 –, da in Zukunft bei Umweltprogramm und AZ Schwerpunkte setzen, damit wir da Verbesserungen erreichen.

Aber was tut die SPÖ? Die SPÖ übernimmt eine Forderung in einem Antrag der Arbeiterkammer.

Da sagt sie, die Arbeiterkammer fordert „eine entsprechende Kürzung der Budgetmittel für die agrarischen Direktzahlungen [...] und eine deutliche Erhöhung (Umschichtung) der Mittel für den ländlichen Raum“. – So weit, so gut (Präsidentin Kitzmüller gibt das


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Glockenzeichen), aber dann: „Mindestens 50 % der Mittel für den Ländlichen Raum sollen für sektorübergreifende Maßnahmen wie für Gesundheitszentren, Pflege und Kindergärten reserviert werden.“ – Das bedeutet für die Bauern: 50 Prozent minus! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Preiner.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Herr Abgeordneter, ich muss Sie jetzt leider unter­brechen.


Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (fortsetzend): Mein Schlusssatz: Das würde bedeuten, dass das für die Bergbauern letztendlich ein Monatseinkommen (Zwischen­rufe der Abgeordneten Preiner und Vogl) von 715 Euro ergeben würde. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Das ist kein zukunftsträchtiges Konzept! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scherak. – Abg. Jarolim: Das ist bestenfalls ein schlechtes Konzept!)

15.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Verhandlungen über den Tagesord­nungspunkt 9 zur Durchführung einer kurzen Debatte unterbrechen.

15.01.07Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die kurze Debatte betrifft den Antrag der Ab­geord­neten Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag der Abgeordneten Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wahlkampfkostenbeschränkung“, 459A/(E), eine Frist bis 10. De­zem­ber 2018 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich darf darauf aufmerksam machen, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung steht.

Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder der Staatssekretäre – sie sind derzeit nicht da – werden nicht eingerechnet und sollen nicht länger als 10 Minu­ten dauern. (Abg. Jarolim: Wo sind alle?)

Das Wort erhält Frau Abgeordnete Meinl-Reisinger. – Bitte. (Abg. Jarolim: Bitte ohne Zurückhaltung!)


15.02.01

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich finde es sehr bedauerlich, dass Frau Ministerin Köstinger bei dieser Debatte jetzt nicht da ist, da sie als ehemalige Generalsekretärin der ÖVP zum Thema Wahlkampfkosten durchaus einiges, glaube ich, zu sagen hätte. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Sei’s drum, offensichtlich scheut man bei dieser Frage die Diskussion und die Öffent­lichkeit. (Ruf bei der SPÖ: Mut kann man nicht kaufen!) – Mut kann man nicht kaufen, ja! Das ist das Einzige, was man nicht kaufen kann, aber sehr viele Plakate kann man offensichtlich kaufen.


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Es geht um den Entschließungsantrag meines Kollegen Nikolaus Scherak, den wir heute hier mittels Fristsetzungsantrag thematisieren und in dieser kurzen Debatte dis­kutieren wollen, weil es mir wichtig erscheint, in der öffentlichen Diskussion auch jetzt einen klaren Standpunkt einzunehmen.

Ich erinnere daran, dass vor sechs Jahren ein umfangreiches Transparenzpaket auf den Weg gebracht wurde, ein Transparenzpaket, dessen Ziel es war, Rahmen­bedin­gungen für einen fairen politischen Wettbewerb zu schaffen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei allem Verständnis für eine durchaus sachliche, aber auch immer wieder harte Auseinandersetzung sollten wir alle ein Interesse daran haben, dass der politische Wettbewerb immer fair vonstattengehen sollte.

Die bisherigen Rechenschaftsberichte der Parteien – und ich bedauere es sehr, dass es immer so lange dauert, bis sie dann vorliegen, bis also klar ist, was im Wahlkampf 2017 tatsächlich Sache war – haben aber eindeutig gezeigt, dass die in diesem Transparenzpaket getroffenen Maßnahmen offensichtlich weder zielführend noch – und das möchte ich ganz klar sagen – ausreichend waren.

Uns geht es um einen respektvollen Umgang mit Steuergeld, uns geht es vor allem auch um Transparenz, es geht uns um Fairness und darum, dass wir uns hier in die­sem Haus als Parteien an die Gesetze halten, weil wir das auch von den Bürgerinnen und Bürgern draußen erwarten. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie wissen, dass aufgrund der Rechenschaftsberichte klar geworden ist, dass es zu einer gesetzwidrigen Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze gekommen ist. Die Wahlkampfkostenobergrenze liegt ja bei 7 Millionen Euro; wenn man jetzt zusam­menrechnet, was ÖVP, SPÖ und FPÖ gemeinsam über diesen Betrag hinausgehend ausgegeben haben, dann reden wir von über 10 Millionen Euro, die zu viel ausge­geben wurden.

Die ÖVP hat quasi fast doppelt so viel ausgegeben, als gesetzlich zulässig gewesen wäre. (Abg. Rädler: Bei Ihnen muss man rechnen, was Haselsteiner ausgegeben hat!) Damit kann ich sagen: Die obersten Gesetzesbrecher dieser Republik sitzen hier im Haus; es sind diese Parteien. (Beifall bei den NEOS.)

Was mich besonders empört hat, und das möchte ich an dieser Stelle wirklich sagen, war die Frage des Umgangs mit diesem klaren Gesetzesbruch vonseiten der ÖVP, vonseiten der FPÖ.

Ich beginne einmal mit der FPÖ. Herr Minister Kickl hat gemeint: Was soll denn die ganze Aufregung? Damit wurde ja nur die Wirtschaft belebt! (Beifall bei den NEOS.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eine dermaßen große Frechheit, dass ich gar keine Worte finde! Was würden Sie denn sagen, wenn ein Bankräuber sagt: Entschuldigen Sie, ich habe das Geld genommen, ich habe Schmuck gekauft, ich habe die Wirtschaft belebt! – Verzeihen Sie, aber was soll denn das? (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schellhorn.)

Die ÖVP hat gesagt: Es war wenigstens ein transparenter Gesetzesbruch! – Also auch da muss ich sagen: Sie hatten auch schon einmal bessere Rechtfertigungen oder Ausreden.

Eine Anmerkung zu den intransparenten Konstruktionen, Vereinen und so weiter (Abg. Rädler: Haselsteiner!): völlig richtig, das darf nicht sein; aber wir haben uns das genau angeschaut. Ich meine, ich bin sicher, dass es da auch noch einige Vereine in Ihrem Umfeld gibt, aber der jetzige Minister Blümel hat einen Verein zur Förderung bür­gerlicher Politik, der seine Webseite betrieben hat. War das auch Teil dieser offiziellen


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Wahlkampfkosten? Ist das mit eingerechnet worden, oder ist das auch eine intrans­parente Art der Finanzierung, die Sie sozusagen den anderen vorwerfen, aber betref­fend sich selber sagen: Na, bei uns ist ja alles okay, es war ja ein transparenter Ge­setzesbruch!? (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Es ist wirklich beschämend, wie Sie mit Gesetzen umgehen! Wir legen hier in diesem Antrag Vorschläge auf den Tisch, Vorschläge, die ein für alle Mal dafür sorgen, dass man sich an die Gesetze halten muss. Wenn es zu Gesetzesbrüchen kommt, dann muss es auch Sanktionen geben, die Ihnen aber wehtun. Sie können doch nicht sagen: Ja, wir haben diese Wahlkampfkostenobergrenze halt fast um das Doppelte über­schrit­ten, das hat überhaupt nichts mehr mit fairem Wettbewerb zu tun, das hat überhaupt nichts mit Transparenz zu tun, aber quasi aus der Portokasse – Steuergeld – zahlen wir die Strafe ja ganz locker! (Beifall bei den NEOS.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, so stelle ich mir verantwortungsvolle Politik nicht vor! Das ist nicht glaubwürdig, und vor allem ist es eine wirklich beschämende Darstellung gegenüber den Menschen hier in diesem Land.

Was mich aber – und jetzt möchte ich schon noch etwas sagen – besonders empört hat, war, dass die Reaktion dann war: Na ja, das ist ja kein fairer Wettbewerb, denn – sinngemäß – wir sind ja schon so groß, und außerdem haben sich ja die Preise so geändert; also diese Wahlkampfkostenobergrenze, die werden wir aufweichen! – Da sage ich Ihnen ganz klar: nicht mit uns! (Abg. Hafenecker: Wir werden Sie nicht brauchen dazu!)

Wir haben die weltweit höchste Parteienförderung. Sie stecken quasi in die Bundes­parteien, in die Landesparteien, in die Vorfeldorganisationen Geld en masse, Sie genießen umfangreiche Steuerprivilegien für Parteispenden und andere Dinge; ich weiß, es gibt Ausnahmen betreffend Registrierkasse. Womit bitte, frage ich Sie, recht­fer­tigen Sie diese sozusagen satte Position, in der Sie auf den Geldsäcken sitzen, gegenüber den Menschen da draußen, wenn die Parteien sich alles Geld zusammen­raffen, das sie irgendwie kriegen können, und sagen: An die Gesetze halten wir uns auch nicht, und jetzt sind wir draufgekommen, es ist schwierig, jetzt setzen wir die Grenze auch noch nach oben! – Das ist nicht glaubwürdig, das ist nicht verantwor­tungsvoll! (Beifall bei den NEOS.)

Ich sage Ihnen, das ist eine rote Linie, bei der wir ganz klar sagen werden: Nicht mit uns, denn wir stehen auf der Seite eines fairen Wettbewerbs, einer größtmöglichen Transparenz und auf der Seite der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler!

Ein Letztes noch: Transparenz heißt nicht, einen Rechenschaftsbericht viele, viele Monate nach dem Wahlkampf abzugeben. Transparenz heißt, alle Einnahmen und Ausgaben offenzulegen, und zwar 24 Stunden, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr – so wie wir das machen. Das erwarte ich mir, das ist moderne Politik, das ist verantwortungsvolle Politik, das ist glaubwürdige Politik, und diesen Schritt sollten wir gemeinsam gehen. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

15.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Nehammer ist zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Jarolim: Ich glaube, es ist nicht leicht, das zu kontern!)


15.08.52

Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehgeräten! Es stimmt, wir haben die Wahlkampfkostengrenze überschritten. Der Wahlkampf 2017 war tatsächlich ein außergewöhnlicher, auch für uns als Volkspartei. (Abg. Zinggl: Das ist


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aber jeder! – Abg. Meinl-Reisinger: Ach so! Ach so! – Weitere Zwischenrufe bei den NEOS.)

Die Kolleginnen und Kollegen, gerade auch aus dem Klub der Volkspartei, wissen, wie enorm die Bewegung in diesem Wahlkampf zugenommen hat. Wir haben über 250 000 Menschen dazugewinnen können. (Zwischenruf der Abg. Gamon.) Wir haben Aktivitäten ungeahnten Ausmaßes in den Bundesländern und Landesorganisationen gehabt (Abg. Meinl-Reisinger: Wir arbeiten ja mit Ehrenamtlichen! – weitere Zwi­schen­rufe bei den NEOS), und wir müssen auch die Verantwortung dafür übernehmen, das ist richtig. (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.)

Es tut uns sehr leid, dass wir die Wahlkampfkostengrenze überschritten haben, aber wir sind gleichzeitig auch so klar in unseren Aussagen, dass wir sagen: Wir haben sie überschritten, wir legen dar, in welcher Höhe wir sie überschritten haben, und wir sind bereit, selbstverständlich auch die Strafe und die Konsequenzen zu tragen. (Abg. Meinl-Reisinger: Dazu sind Sie verpflichtet, vom Gesetz her!) Das ist unser Zugang zum Thema Transparenz. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit großem Erstaunen habe ich aber festgestellt, dass die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ bei den NEOS mitklatschen, wenn es um das Thema Wahlkampf­kosten­finanzierung und Wahlkampf geht. (Ruf bei der FPÖ: Sehr lustig, ja! – Rufe bei den NEOS: Nicht ablenken!) Ich habe selten so einen Zynismus erlebt wie im Bericht der SPÖ über das Thema Wahlkampfkosten. (Ruf bei der SPÖ: Ablenkung!)

Sehr geehrte Damen und Herren gerade auch zu Hause vor den Fernsehgeräten! Wissen Sie, was die SPÖ angibt? – Die SPÖ gibt an, dass sie nur 57 000 Euro mehr ausgegeben hat als 2013. (Abg. Duzdar: Und Sie 6 Millionen! – Abg. Gamon: Bitte nicht ablenken!) Das geht sich nicht einmal aus, wenn man die Inflation mit einrechnet. Medienanalysen zeigen, dass Sie im Wert von über 6,5 Millionen Euro Inserate geschaltet und Werbemaßnahmen getroffen haben – da ist noch keine Veranstaltung dabei. (Zwischenrufe der Abgeordneten Jarolim und Plessl.)

Wo sind die Plakate? Wo ist die Transparenz der SPÖ, wenn es um die Vereine geht? Da gibt es ein paar spannende Vereine (Zwischenruf der Abg. Duzdar): Weil’s um was geht, den Verein Idee (Widerspruch bei der SPÖ – Abg. Meinl-Reisinger: Sie haben auch spannende Vereine!), den Verein Team A – sind die alle in die 7,3 Millionen Euro mit eingerechnet, die Sie als vermeintliche Summe angeben? – Das ist der wahre unfaire Wettbewerb! (Abg. Meinl-Reisinger: Ist .... mit eingerechnet?)

Es ist falsch (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ), ich stehe dazu, es ist falsch, die Wahlkampfkostenobergrenze zu überschreiten, aber es ist feig, wenn man es macht und dann nicht dazu steht – so wie die SPÖ. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich schätze das sehr, Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie den Kopf schütteln: Wo sind die 500 000 Euro für Tal Silberstein? Er hat übrigens auch die NEOS in Wien beraten, Kollegin Meinl-Reisinger (Ah-Rufe bei der ÖVP), aber angeblich kostenlos. Oder es war eine Fördermaßnahme eines Dirty Campaigners? (Abg. Meinl-Reisinger: Ist auch so! Oder wollen Sie mir etwas unterstellen?!) – Man sieht gerade, wie Sie schreien und sich dann wieder aufregen (Abg. Meinl-Reisinger: Na kommen Sie raus ...!); Inszenierung ist das Thema! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn wir über faire Wahlkampfkosten reden, reden wir über Transparenz, reden wir darüber, dass wir zu den Konsequenzen stehen! (Abg. Rädler: Herr Haselsteiner zahlt!) Aber das ist Fingerzeigpolitik (Ruf bei der SPÖ: Na, wer macht denn so etwas? Sie! Wer macht denn das? – Zwischenruf der Abg. Duzdar), Sie zeigen auf uns, als seien wir die Bösen, weil wir ehrlich darüber Rechenschaft ablegen, ehrlich, Frau


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Meinl-Reisinger, ehrlich (Abg. Scherak: Was ist denn jetzt eigentlich mit dir?!) jeden Cent transparent machen (Abg. Scherak: Wir auch! Schau mal auf die Homepage, du ...!), und Niki Scherak brüllt heraus, in Kenntnis dessen (Abg. Scherak: Das ist ja unglaublich! – Abg. Meinl-Reisinger: Was ist mit ... und was ist mit ...?!), dass er der SPÖ durch so einen Antrag hilft, die Verschleierung der Wahlkampfkosten zu legiti­mieren. Das ist der eigentliche Skandal! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Bevor wir über ein neues Gesetz reden, hätte ich mir von euch die Aufforderung an die SPÖ erwartet, transparent mit ihren Wahlkampfkosten umzugehen. (Abg. Meinl-Reisinger: Das habe ich ja gemacht! Haben Sie zugehört? Haben Sie zugehört?) Das hätte ich mir erwartet und nicht, dass gesagt wird: Ihr meldet 7,3 Millionen Euro ein und das war’s dann. – Nein, ihr zählt es irgendwie zusammen und nehmt den Applaus von den Kolleginnen und Kollegen der SPÖ zur Kenntnis! (Abg. Meinl-Reisinger: Man kann sich seine Freunde nicht aussuchen! – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Es ist aber nicht nur die SPÖ, es sind nicht nur die NEOS, die sich halt rühmen, einen alleinigen Gönner wie Herrn Haselsteiner zu haben – da kann man dann auch die Frage stellen: Ist die Politik dann nur von einem Gönner abhängig? –, nein, wir haben auch noch die Liste Pilz, die JETZT heißt, der Kollege Noll, den ich sehr schätze, ein vermögender, erfolgreicher Professor und Anwalt, 100 000 Euro zur Verfügung stellt und jetzt auch hier im Nationalrat sitzt. (Abg. Loacker: Können wir wieder die Land­wirte reden lassen? Das war besser!)

Ich sage: Nehmen wir uns alle gleichermaßen zusammen! Versuchen wir, das Gesetz einzuhalten, und wenn wir es überschreiten, dann stehen wir auch dazu (Zwischenrufe bei der SPÖ) und verstecken wir uns nicht feig hinter irgendwelchen angeblichen Kosten, so wie die SPÖ! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Jarolim: Herr Präsident, Niveau war noch nie seine Stärke!)

15.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Leichtfried. – Bitte.


15.14.13

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es hat so ruhig angefangen, aber dann ist es doch wieder ein bisschen ausgeartet – aber es ist nicht meines, das zu kommentieren. Es war nur faszinierend, die­se ÖVP-Nebelwand hier wabern zu sehen. (Abg. Steger: Jetzt kommt die Silberstein...!)

Nebelwand kann man sagen, man kann Sandkiste sagen – na, ich war es eh nicht, die anderen sind schuld und so (Abg. Nehammer: Tal Silberstein, Facebook, 500 000 Euro – das ist Nebel!) –, aber eines ist klar, und darüber kommt keiner hinweg: Eine Woche vor der Nationalratswahl hat die jetzt leider gegangene Ex-Wahlkampfmanagerin der ÖVP gemeint, es ist alles unter Kontrolle, alles im grünen Bereich, es wird nichts überschritten; und jetzt stellt sich heraus, dass es 6 Millionen Euro waren, und bei 6 Millionen Euro kann man nur von Vorsatz sprechen, geschätzte Damen und Herren – 6 Millionen Euro vorsätzlich überzogen! (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie der Ab­geordneten Zadić und Zinggl.)

Wenn man das jetzt bedenkt, wie die Diskussion hier gelaufen ist und wie sich die ÖVP hier so darstellt, dann wundert mich auch die Diskussion über den Rechtsstaat, die wir am Vormittag geführt haben, nicht wirklich. Eines muss klar sein: Gesetze gelten für alle (Abg. Nehammer: So ist es! Auch für euch! 7,3 Millionen! Hört auf, zu lügen!), und an Gesetze hat man sich nicht nur zu halten, wenn man es möchte, sondern man hat


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sich immer daran zu halten, geschätzte Damen und Herren – das gilt insbesondere für die ÖVP! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Ich denke, insgesamt ist eine Regelung, die die Wahlkampfausgaben beschränkt, sinnvoll. Sie schafft Chancengleichheit, sie schafft Fairness und sie schafft auch eine gewisse Grenze gegen das Ausarten dieser Entwicklung. Nur ist es anscheinend so, dass die Gesetze, die es jetzt gibt, nicht ausgereicht haben, und deshalb haben auch wir einen Antrag eingebracht, der ein bisschen auf diese unterschiedliche Situation, die es auch bei den Überschreitungen gibt, eingeht – wobei ich zugebe, auch wir haben überschritten, ja, auch wir werden die Strafe selbstverständlich genauso ableisten (Abg. Nehammer: Das sind falsche Zahlen, die ihr liefert! Steh doch zu deinen Zahlen!), wie es vorgesehen ist, aber diese Situation ist doch etwas anders.

Es gibt politische Bewegungen, die überschreiten maßlos. Es gibt manche, die (Ruf bei der FPÖ: Lügen!) tun es nicht (Abg. Nehammer: Manche täuschen auch und geben nicht die Wahrheit an! – Abg. Hafenecker: Falsche Zahlen!), es gibt manche, die tun es ein wenig, und deshalb geht unser Antrag in die Richtung, dass es in Zukunft so etwas wie leichte Fahrlässigkeit, grobe Fahrlässigkeit und vorsätzlichen Gesetzesbruch à la ÖVP gibt (Abg. Nehammer: Vorsätzliche Täuschung so wie bei der SPÖ!), ge­schätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Ich würde mir eine offene, ehrliche, transparente Debatte im Ausschuss dazu wün­schen, vielleicht kann man auch ein vernünftiges Hearing dazu machen (Abg. Nehammer: Das würde ich mir auch wünschen!) und auf jeden Fall dafür sorgen, dass eine neue, bessere Regelung bereits bei der Wahl zum Europäischen Parlament zur Anwendung kommt, damit so etwas nicht noch einmal geschieht, geschätzte Damen und Herren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der NEOS sowie der Abg. Zadić.)

15.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Kollege Hafenecker. – Bitte.


15.17.36

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ja, es gibt nichts zu beschönigen, wir stehen dazu, wir haben diese selbst auferlegte Wahl­kampfkostengrenze um 3,7 Millionen Euro überschritten, aber wir haben auch erkannt – und so fair muss man in diesem Hohen Haus sein –, dass dieses Gesetz offensichtlich nicht ganz den Anforderungen entspricht, die man hat, vor allem als Partei, die eine gewisse Größe erreicht hat. (Abg. Gamon: Was?!)

Es gibt Landesorganisationen, es gibt Bezirksorganisationen (Ah-Ruf der Abg. Meinl-Reisinger) – ja, Frau Kollegin Meinl-Reisinger, Sie haben die Erfahrungen mit Landes- und Ortsparteiorganisationen vielleicht noch nicht in dieser Form machen können (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ja nur der Bundeswahlkampf! Da war ja gar nicht die Rede von den ganzen landesgesetzlichen Regelungen! Es ist falsch, was Sie sagen! Völlig falsch!) –, und tatsächlich ist dieses Gesetz in dieser Form nicht praktikabel und sollte wirklich noch einmal neu überdacht werden.

Kollege Leichtfried, ich glaube, ich weiß, warum Sie sehr, sehr ruhig zu diesem Thema gesprochen haben: weil Sie selbst wissen, dass die Zahlen, die Sie geliefert haben, nicht stimmen und dass Sie nie im Leben nur wenige Zehntausend Euro mehr ver­braucht haben als im Jahr 2013. Sie wissen ganz genau, dass Sie geschönt haben, dass Sie wesentlich mehr geschaltet haben, und Sie wissen auch, wie die Preisbasis in diesem Wahlkampf war. Gerade im Bereich der Printwerbung lagen wir über 30 Pro-


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zent höher als beim letzten Mal, das erklärt zum Beispiel auch unsere Wahlkampf­kosten im letzten Wahlkampf. (Zwischenrufe der Abgeordneten Loacker und Scherak.)

Es gibt keine Valorisierung bei diesem Gesetz; also auch darüber, ob diese Preisbasis immer so sein muss, sollte man nachdenken. Die Frage, wie man das in Zukunft gestaltet, wäre wirklich einen entsprechenden Diskurs wert, und dazu möchte ich auch einladen.

Vielleicht noch ein Satz zu den NEOS, es ist vorhin schon von Kollegen Nehammer erwähnt worden: Wenn sich eine Partei wie die NEOS für ihr Budget – und ich darf schon einmal ein paar Zahlen bringen – allein beim letzten Wahlkampf 200 000 Euro und über die Periode hinweg 1,5 Millionen Euro von Herrn Haselsteiner hat zustecken lassen, dann kann man ja ganz klar daraus ableiten, dass Sie es sind, meine sehr geehrten Damen und Herren von NEOS, die in Wirklichkeit nach der Pfeife eines Finanzmagnaten tanzen, und das spiegelt auch die Politik, die Sie hier machen, wider. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich denke, Sie sollten darüber nachdenken, woher Sie Ihre Gelder beziehen und wie Sie politisch damit umgehen. Wie ich vorhin gesagt habe: Es ist nicht schön, wenn wir dieses Gesetz sozusagen übertreten haben, und es ist nicht schön, wenn man auch die Strafe bezahlt – die im Übrigen, bei aller Traurigkeit des Ereignisses, dazu führt, dass zumindest ein Teil der Parteienförderung wieder zum Staat respektive Steuer­zahler rückgeführt wird –, aber trotzdem ist es mir lieber, es passiert das, als dass ich nicht weiß, wofür Herr Haselsteiner Ihnen und Ihrer Partei Geld gibt.

Noch etwas zur Liste Pilz, die sich ja jetzt nennt, die sich ja sehr ruhig verhält; auch da: Ich meine, JETZT macht eine Anzeige bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Überziehung der Wahlkampfkosten, vergisst aber, sich selbst anzuzeigen. Ich möchte schon daran erinnern, wie die Liste Pilz damals eine lustige Sesselrückerei in Gang gesetzt hat, damit der Listengründer wieder unter den Schutz der Immunität gelangen kann. Ich möchte Sie nur an die Geschichte mit Frau Stern und so weiter erinnern und daran, warum Frau Bißmann heute da drüben sitzt. Denken Sie also bitte über sich selbst nach und zeigen Sie sich im besten Fall selbst an! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wenn Sie einen ehrlichen Diskurs über dieses Gesetz führen wollen (Zwischenruf des Abg. Rossmann), dann stehen wir dafür zur Verfügung. Ich glaube, wenn wir es schaffen, am Ende des Tages ein Gesetz zu machen, das die SPÖ dazu anhält, ehrliche Zahlen abzuliefern und nicht zu schwindeln, wenn wir es schaffen, dass die NEOS sich nicht mehr durch einen Finanzmagnaten politisch steuern lassen (Abg. Meinl-Reisinger: Was haben Sie denn vor? Private Spenden verbieten?!), dann sind wir am richtigen Weg. Was JETZT betrifft: Das wird der Wähler regeln. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Griss. – Bitte.


15.21.24

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja wirklich eine paradoxe Situation: Das Parlament beschließt ein Gesetz, mit dem die Wahlkampfkosten beschränkt werden, und die Parteien, die dieses Gesetz beschlossen haben, nehmen es überhaupt nicht ernst. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von JETZT.)

Das zeigen ganz deutlich die Rechtfertigungen, die vorgebracht wurden, unmittelbar nachdem bekannt wurde, wie sehr die Wahlkampfkostengrenze überschritten wurde,


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und auch jetzt vorgebracht werden. Die ÖVP sagt – das hat der Herr Bundeskanzler gesagt und auch Herr Nehammer jetzt –: Na ja, wir sind ja die Braven, denn wir haben das ja bekannt gegeben, anders als die SPÖ, die hat sicher einen Teil verschwiegen. – Ja, aber das Bekanntgeben ist ja nichts, was Lob verdient. (Abg. Nehammer: Eh nicht!) Dazu sind Sie verpflichtet. (Abg. Nehammer: Ja!) Wenn Sie die Grenze über­schreiten und es dann nicht bekannt geben, begehen Sie einen doppelten Gesetzes­bruch. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Zadić– Abg. Rädler: SPÖ!)

Und zur Rechtfertigung: Na, wir sind ja eh bereit, die Strafe zu zahlen! – Na ja, na net? (Heiterkeit bei den NEOS.) Also dass Sie die Strafe zahlen, ist ja wohl selbstver­ständlich! (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Zadić.) Das ist eine lächerlich geringe Strafe, daher auch der Antrag, das zu erhöhen. (Abg. Nehammer: ... dem Haselsteiner!)

Die FPÖ, das ist schon gesagt worden, kommt mit dem Argument: Na, wir haben ja die Wirtschaft angekurbelt! – Man kann damit wirklich alles rechtfertigen. Vielleicht macht das Beispiel Schule und Leute sagen dann – Kollegin Meinl-Reisinger hat es schon gesagt –: Ich habe zwar eingebrochen, etwas gestohlen, aber ich habe das Geld dann ausgegeben (Ruf bei der ÖVP: Na, na, na! – Zwischenruf des Abg. Rädler), ich horte das Geld nicht und daher ist das eigentlich ein Dienst an der Wirtschaft! (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Zadić. – Abg. Belakowitsch: ... ist ja kein gestohlenes Geld! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ihr Argument, Herr Hafenecker, hat mich auch erstaunt: Je größer die Partei, desto mehr Geld braucht sie. – Das Gegenteil sollte der Fall sein! Sie sind ja schon ein­geführt, Sie sind eine große Partei geworden, und daher brauchen Sie eigentlich weniger Geld, denn Sie haben ja schon so viele Anhänger. (Abg. Hafenecker: Das stimmt so nicht! Das ist eine Milchmädchenrechnung!) Eine kleine Partei braucht mehr Geld, denn sie muss erst Leute gewinnen. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wöginger. – Abg. Hafenecker: Wenn man sich in der Politik nicht auskennt ...! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Ihr Argument geht also genau in die verkehrte Richtung.

Es zeigt sich daher, dass dringender Reformbedarf besteht, dass es notwendig ist, den Rechnungshof mit einer Prüfkompetenz auszustatten. Jetzt kann der Rechnungshof das nach dem Motto: Friss, Vogel, oder stirb!, nur einfach hinnehmen. Wenn jemand, wenn eine Partei keinen Rechenschaftsbericht abgibt – auch gut, der Rechnungshof kann nichts machen. Was notwendig ist – und das schildert dieser Antrag –, ist volle Prüfkompetenz für den Rechnungshof.

Auch Ausgaben parteinaher Vereine und sonstiger Vereinigungen, die damit verbun­den sind, müssen bekannt gegeben werden, alles muss offengelegt werden, und zwar nicht erst Monate oder Jahre nach der Wahl (Abg. Nehammer: So wie es im Gesetz steht!), sondern unmittelbar, gleichlaufend.

Machen Sie eine Website! Im Präsidentschaftswahlkampf haben wir alles offengelegt, jeden Euro, den wir bekommen haben. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Zadić.) Wenn das Geld gekommen ist, haben wir das offengelegt. Immer wieder haben mir Leute damals gesagt: Na, wissen Sie, ich würde ja gerne etwas für Sie spenden, aber ich bekomme Aufträge von der Stadt Wien oder vom Land sowieso oder von wem immer, das kann ich mir nicht leisten, denn Sie machen ja alles öffentlich!

Diese Transparenz wäre für die politische Hygiene in unserem Land lebensnotwendig. Sie wäre auch notwendig für die Akzeptanz der Parteiendemokratie. Wir haben eine Parteiendemokratie, aber so müssen sich die Leute denken: Na, die richten es sich, die sind gleicher als gleich! Warum soll ich mich an etwas halten?


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Daher: Stimmen Sie diesem Antrag zu! Machen wir ein neues Gesetz! Schaffen wir wirksame Überprüfungsmöglichkeiten und Sanktionen, die spürbar sind, denn anders geht es nicht! – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Zadić.)

15.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Noll. – Bitte.


15.26.00

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich wollte mich eigentlich Kollegen Nehammer widmen, aber sein überströmender Charme in Verbindung mit der offensichtlichen Ausrederei, die da zum Besten gegeben wird, lässt mich Kollegen Hafenecker ein bisschen Augenmerk geben.

Kollege Hafenecker, Ihr Argument schießt wirklich den Vogel ab. Wer nach dem Weih­nachtspunsch besoffen heimfährt und sich dann vor dem Richter folgendermaßen rechtfertigt: Die Promillegrenze ist einfach nicht praktikabel, tut mir echt leid!, hat wirk­lich einen Vogel. (Beifall bei JETZT, SPÖ und NEOS. – Abg. Steger: Ordnungsruf! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Noll! (Abg. Noll: „Wer das tut“ ist ein hypothetisches Beispiel, und das ist auch zulässig! – Abg. Steger: Nein, also er hat konkret vorher ...! – Abg. Lausch: Entzug des Wortes! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Nehmen Sie das zurück! Das ist ganz klar; bitte nehmen Sie das zurück!


Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (fortsetzend): Ich nehme das zurück (Ruf bei der FPÖ: Ja, nehmen Sie es zurück!) und ersetze es durch: hat nicht alle Tassen im Schrank. (Ruf bei der FPÖ: Das ist jetzt zu viel!)

Diese Parteienförderung ist über Jahre von den Parteien ÖVP und FPÖ und auch von der SPÖ zu einem Selbstbedienungsladen geworden. Man kann nicht eine Grenze in einem Gesetz einführen und dann ganz nonchalant sagen: Wir halten uns zwar nicht daran, aber wir sind eh bereit, den Tarif dafür zu zahlen!

Das erinnert mich an das erste Strafrechtsseminar, in dem der Strafrechtler gesagt hat: Nirgends im StGB steht drinnen, dass man etwas nicht tun darf; es steht nur drinnen, was man kriegt, wenn man irgendwie erwischt wird!

Kollege Nehammer wirft der SPÖ vor, sie wäre feig. – Darüber mag man diskutieren. Es ist aber nicht weniger unmoralisch, sehenden Auges ein Gesetz nur mit dem Hin­weis darauf, dass es eh ach so billig ist, was dann daraus folgt, nicht einzuhalten.

Wir sind insgesamt dafür, dass man die Parteienförderung halbiert. Wir haben das mehrfach gefordert. Wir sind auch der Meinung, dass sowohl die 7 Millionen Euro – oder jetzt die indexierten 7,4 Millionen Euro – als auch das, was die NEOS vor­schlagen, nämlich gut 6,4 Millionen Euro, zu hoch sind. Wir brauchen nicht mehr Luft­ballons, Kugelschreiber und Grinseplakate in diesem Land. (Beifall bei JETZT.) Wir brauchen Leute, die mit den Menschen reden, und dazu braucht man nicht vorrangig Geld, sondern die Bereitschaft, das auch zu tun. (Abg. Hafenecker: ... Parteichefs, die den Frauen näherkommen! – Zwischenruf der Abg. Steger.)

Kollege Hafenecker sagt: Reden wir über das Parteiengesetz und die Wahlkampf­kostenobergrenze! – Ich glaube, dass wir wirklich darüber reden sollten. Ich glaube auch, dass die von den NEOS in Aussicht genommene Sanktionierung zu stark und zu heftig ist. Es kann nicht sein, dass man ein ganzes Jahr lang dann gar kein Geld be­kommt, aber der Betrag, um den die Grenze überschritten wurde, sollte im darauffol­genden Jahr von der allgemeinen Parteienförderung einbehalten werden. Das wäre ein adäquates, proportionales Mittel, darauf zu reagieren, es hätte keinen darüber hinaus-


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gehenden pönalisierenden Effekt; dann reduziert sich das wirklich auf eine Kostenrech­nung und jeder kann es sich aussuchen.

Jedenfalls ist das, was gemacht wurde, nämlich die Grenze, die man selber ins Gesetz geschrieben hat, sehenden Auges um Millionen zu überschreiten, nicht nur rechts­widrig – das ist ja eklatant –, sondern auch schuldhaft. Jede Partei weiß an jedem Tag im Wahlkampf, was gerade ausgegeben wird, und keiner kann mir hier etwas anderes erzählen.

Darum: Reden wir darüber und reduzieren wir das Ganze! (Beifall bei JETZT.)

15.29


15.29.33Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag der Abgeordneten Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wahlkampf­kosten­beschränkung“, 459A/(E), eine Frist bis 10. Dezember 2018 zu setzen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

15.30.08Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich nehme die Verhandlungen über Tagesord­nungs­punkt 9 wieder auf und erteile Frau Abgeordneter Bißmann das Wort. – Bitte sehr.


15.30.36

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsi­dent! Die Frau Bundesministerin ist gerade leider nicht hier. Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger! Die Europäische Union hat seit dem Beitritt für Österreich eine positive Handelsbilanz gebracht, dennoch haben aber seit dem EU-Beitritt Österreichs über 25 Prozent unserer landwirtschaftlichen Betriebe den Betrieb eingestellt. In Zahlen sind das über 70 000 Wirtschaftsbetriebe.

Die Ursachen sind zahlreich: Eine davon ist der Verfall von Milch- und Fleischpreisen. Unsere Produkte sind nichts mehr wert, wir leben nur noch von EU-Subventionen, hören wir unsere leidgeprüften Landwirte und Landwirtinnen klagen. Erfreulicherweise haben sich die Milch- und Fleischpreise aber in den letzten Jahren, wie dem Grünen Bericht zu entnehmen ist, wieder erholt. Nach vielen Jahren der Durststrecke dürfen sich unsere Bauern, die wahrlich unseren allergrößten Respekt verdienen (Ruf bei der ÖVP: Danke!), endlich wieder über Verdienstzuwächse freuen, und wir freuen uns mit ihnen.

Doch während die einen Grund zum Jubeln haben, verlieren andere ganze Ernte­erträge. Wir haben von der katastrophalen Kartoffelernte in diesem Jahr gehört, und bis zu 25 Prozent der Rübenernte wurde durch den Rübenrüsselkäfer vernichtet. Bei den Biorüben sind es sogar bis zu 90 Prozent Ernteausfall. Auch da ist der Klima­wandel als Ursache auszumachen, durch den viel zu warmen Winter sind zu wenige Schädlinge abgefroren, und im Frühling vermehren sie sich wie wild. Fazit: Die von Ernteschäden betroffene Fläche vergrößerte sich in Österreich in einem einzigen Jahr von 700 auf unglaubliche 12 000 Hektar. Um diesen Schaden zu kompensieren, grei­fen viele Landwirte reflexartig zur chemischen Keule.


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Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass es in Nordamerika bereits Landstriche, die größer als Österreich sind und mit chemieresistentem Unkraut bewachsen sind, gibt. Da hilft dann gar nichts mehr. Es kann nicht sein, dass der Griff zur chemischen Keule unsere einzige Option darstellt.

Ein weiterer Aspekt ist die Monokultur. Wir wissen, dass die Herausbildung von Plagen biblischen Ausmaßes von Monokulturen gefördert wird. Wir sehen das etwa bei Fich­tenmonokulturen, die sind ein wahres Eldorado für den Buchdruckerschädling. Ganze Wälder werden dadurch gerodet, auch die Schutzwälder, die unsere Straßen vor Hangrutschen und Muren schützen. Der volkswirtschaftliche Schaden beschränkt sich nicht nur auf die Bauern. Wer erinnert sich noch an Galtür?

Geschätzte Damen und Herren, wir brauchen endlich ein Gegenmittel, und da kann die Technik Abhilfe schaffen. Die Technik muss und wird Abhilfe schaffen: Hightech auch in der Landwirtschaft. Biologische Landwirtschaft ist wichtig, reicht aber im Kampf gegen die Schädlinge einfach nicht aus.

Laut Grünem Bericht stieg das Forschungsvolumen und mit ihm die technische Inno­vation in diesem Bereich in den letzten Jahren erfreulicherweise an. Genau so, wie die Regierung goldrichtig in den Ausbau des Breitbandnetzwerks und in die Digitalisie­rung investiert und Vorzeigeforschungsprojekte in der Landwirtschaft wie den digitalen Bauernhof aus der Taufe hebt, müssen wir endlich auch in greifbare Alternativen zur Chemie investieren. Der Einsatz von Pestiziden soll dann nur mehr in Akutsituationen als Notlösung betrieben werden und nicht mehr als Dauerlösung, weil unsere Böden dadurch einfach kaputtgehen.

Großbetriebe wie Monsanto – heute Bayer – rotten mit Giften wichtige Insekten aus, wie zum Beispiel unsere Bienen. Anstatt diese Gifte zu verwenden, eilen wir doch unseren Landwirten zu Hilfe, indem wir an einer Agrarforschungsmilliarde arbeiten! Das ist eine ganz neue Idee, die ich hier erstmalig ventiliere. Eine Agrarforschungs­milliarde könnte dazu beitragen, eine sinnvolle Alternative zur chemischen Keule zu finden und eine Transformation zu einer nachhaltigen, ökologischen und klimafreund­lichen Landwirtschaft zu vollziehen. Ich hoffe, diese Idee stößt bei Ihnen auf Interesse, ich werde diesbezüglich Einzelgespräche führen. Ich hoffe, es kommt auch zu einer entsprechenden Ausschussbehandlung. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Abg. Bißmann reicht Bundesministerin Köstinger die Hand.)

15.35

15.35.19Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forst­wirtschaft, den vorliegenden Bericht III-185/332 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich, ein Zeichen der Zustimmung zu geben. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Preiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „mehr Verteilungsgerechtigkeit und Stär­kung der ländlichen Regionen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.


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15.36.1510. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungs­vor­lage (300 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesämtergesetz geändert wird (333 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 406/A der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten (Bundesämtergesetz) geändert wird (334 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Preiner. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte.


15.36.58

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehap­pa­raten! Wir hier im Saal sind – teils freiwillig oder eben nicht – nun Teilnehmer an einem Begräbnis. (Zwischenruf des Abg. Lopatka.) Die Bundesanstalt für Bergbauernfragen wird zu Grabe getragen (eine Tafel, auf der innerhalb einer schwarzen Umrandung ein großes schwarzes Kreuz sowie der Text „Bundesanstalt für Bergbauernfragen, 1979–2018“ abgebildet sind, in die Höhe haltend): geboren 1979, gestorben 2018. (Abg. Neubauer: Ich trauere mit!)

Es hat den Anschein, dass kritische Forschung und neutrale Analyse, was den alpinen Raum im Allgemeinen betrifft, was die Bergbauern betrifft, speziell auch in der Erschwer­niskategorie 4, aber auch was das Wohnen, Leben und Arbeiten in strukturschwäche­ren ländlichen Regionen in Österreich betrifft, nicht mehr gewünscht werden. Das Bergbauerninstitut, wie die Bundesanstalt für Bergbauernfragen auch genannt wird, wird filetiert und zerschlagen.

Immer wieder hat es auch schon in der Vergangenheit seitens der ÖVP-Agrarminister dieses Ansinnen gegeben, jetzt wird es aber ernst damit. (Abg. Plessl: Die FPÖ stimmt mit, deswegen!) Die Regierung legte nun einen Gesetzentwurf vor, mit dem besagtes Institut in das Agrarwirtschaftliche Institut eingegliedert werden soll. Kolleginnen und Kollegen, wir, die SPÖ, lehnen diese Vorgangsweise striktest ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Es gab diesbezüglich 36 Stellungnahmen, über 30 davon waren negativ. (Abg. Neubauer: Von wem waren die? Von wem waren diese Stellungnahmen?) Daher habe ich einen Antrag gestellt, um das Bergbauerninstitut weiter als eigenständige Bundesanstalt für Bergbauernfragen am Leben zu erhalten.

Kolleginnen und Kollegen, ich zitiere hier nur eine Stellungnahme: Die von Bruno Kreisky ins Leben gerufene wissenschaftliche Anstalt hat sich über Jahrzehnte als hochqualifizierte Einrichtung mit ihrer kritischen Forschung zu den Berggebieten und strukturschwächeren ländlichen Regionen bewährt. – Zitatende.

Das Bergbauerinstitut war und ist die Stelle, die für die kleinbäuerlichen Familien­betriebe, für die Bergbauernbetriebe, auch für jene der Erschwerniskategorie 4, und allgemein für den ländlichen Raum wissenschaftliche Expertisen erarbeitet. Das Institut


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hat auch immer wieder gute Grundlagen dafür gelegt, dass es entsprechende Schwer­punkte im Programm für ländliche Entwicklung gegeben hat. Es liefert auch Grund­lagen für die weitere Entwicklung der alpinen Regionen, auch was die wirtschaftliche Absicherung bäuerlicher Familienbetriebe betrifft.

Ich denke aber, dass gerade jetzt die ÖVP, der Bauernbund keine kritische Forschung und kritische Auseinandersetzung mit den alpinen Regionen und auch mit den anderen strukturschwächeren, ländlichen Regionen möchte und daher jetzt diese Regierungs­vorlage eingebracht wurde, was meiner Meinung nach schade ist. Ich hätte nicht gedacht, dass die FPÖ da unterstützend dabei ist.

Sehr geehrte Frau Ministerin Köstinger, Sie haben im Ausschuss gesagt, das Ein­sparungspotenzial beträgt 145 000 Euro. Sie haben auch gesagt – und Herr Kollege Riemer hat das in seinem Redebeitrag aus dem Vorwort des Grünen Berichts zitiert, ich gebe das inhaltlich wieder –, der ländliche Raum soll zukunftsorientiert weiterent­wickelt werden.

Diese Bundesanstalt für Bergbauernfragen hat in den vergangenen Jahrzehnten fast 40 Jahre hindurch diesbezüglich gute Grundlagenarbeit geleistet und wäre auch bereit, das zukünftig zu tun. Ich denke, durch diese Initiative wird der falsche Weg einge­schlagen. Ich frage Sie: Ist es das wert  145 000 Euro? – Man hätte auch andere Kooperationen, Frau Ministerin, umsetzen können, sodass dieses Institut auch weiter­hin eigenständig hätte agieren können, zum Wohle aller Menschen im ländlichen Raum.

Ich nehme nun kurz auf meinen Antrag Bezug: Das Bergbauerninstitut soll weiterfor­schen, und zwar in puncto Klimawandel und dessen Auswirkungen in den ländlichen Regionen, und die internationale Kooperation soll weiterbetrieben und weiterhin forciert werden.

Daher: Wir brauchen eine unabhängige, weiterhin sehr aktive, wissenschaftlich fundiert arbeitende Bundesanstalt für Bergbauernfragen. Ich denke, dieses Bild (erneut  die Tafel in die Höhe haltend) ist der unrühmliche Abschluss (Ruf bei der ÖVP: Deiner Rede!) von vier erfolgreichen Jahrzehnten! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich hoffe auf Unterstützung meines Antrags, auch seitens der Regierungsfraktionen. (Abg. Neubauer: Haha, der war gut!) – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Das ist eine schwache Rede gewesen! – Ruf bei der ÖVP: Wie immer!)

15.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Rosenberger ist zu Wort ge­mel­det. – Bitte.


15.42.13

Abgeordneter Dipl.-Ing. Alois Rosenberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damen und Herren auf der Besuchergalerie! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Übertragungs­geräten! Lieber Herr Kollege Preiner, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozial­demokratie! Dieser Änderung des Bundesämtergesetzes nicht zuzustimmen, ist abso­lut nicht nachvollziehbar, beinahe schon grotesk.

Ich darf die Situation schildern: Wir haben zwei Bundesanstalten, nachgeordnete Dienststellen des Nachhaltigkeitsministeriums, im selben Haus untergebracht, einmal mit 14 und einmal mit zehn Wissenschafterinnen und Wissenschaftern. Beide forschen im agrarökonomischen Bereich, also nicht in der Agrartechnik und in der Agraröko­nomie, sondern zweimal in der Agrarökonomie. Es gibt zwei Verwaltungen, zwei EDV-


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Systeme, und wenn ich das jemandem aus der Bevölkerung erklären würde, würde ich sagen: Stellen Sie sich vor, ein Eigentümer, ein Haus, zu ebener Erde ein Reisebüro mit fünf Personen, wenn ich das größenordnungsmäßig übertrage, und im ersten Stock ein Reisebüro mit zwei Personen, die einen organisieren Reisen ins Berggebiet und die anderen ins Flachland. Die Antwort wäre wahrscheinlich: Und da ist bis jetzt nichts passiert?

Wir reden seit Jahren über Verwaltungsreform, über einen schlankeren Staat, über Aufgabenkritik, und auch der Rechnungshof hat eine Empfehlung abgegeben, nicht die eine Anstalt in die andere zu integrieren, sondern sie zusammenzuführen. (Abg. Riemer: Da geht es um Parteipolitik!)

Ich weise darauf hin: Noch vor einem Jahr waren die Gazetten voll mit dem Thema Reformstau. Das ist ein explizites Beispiel dafür, was die Ursache dieses Reformstaus war. Damit ist es jetzt vorbei, und das ist auch gut so. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Zwischenruf des Abg. Preiner.)

Im internationalen Kontext ist eine Forschungsanstalt mit 24 Wissenschafterinnen und Wissenschaftern noch sehr klein. Herr Kollege Preiner, in dem Antrag wird angeregt, dass internationale Forschungskooperationen eingegangen werden sollen. Ein Institut, das forschungsmäßig nur sehr schmal aufgestellt ist, wird wenig andocken können. Die Materien und die Themen sind sehr eng und müssen auch entsprechend vernetzt werden. Die Möglichkeit, Forschungskooperationen einzugehen, so wie Sie das angeregt haben, ist bei einer größeren Einheit viel besser gegeben als bei einer Anstalt mit nur zehn Personen. (Abg. Preiner: Größe hat mit Qualität nichts zu tun!)

Im neuen Gesetzesvorschlag sind die Forschungsaufgaben so formuliert, dass die jetzigen Forschungsaufgaben der Bergbauernanstalt weitergeführt werden. Ich weiß nicht, was Sie unter kritischer Forschung verstehen. Forschung und Wissenschaft sind objektiv, neutral und wissenschaftsbasiert (Abg. Preiner: Sollten es sein!), also da wird sich, denke ich, nichts ändern, wenn das auch bis jetzt so in Ordnung war.

In diesem Sinne ist es auch vom Beamtendienstrecht und von der Freiheit der Wis­senschaft her kein Problem, sodass das, was jetzt bearbeitet wurde, auch weiterhin in der Forschung bearbeitet werden kann. Ich denke, dass es in dieser Zeit eine Selbst­verständlichkeit sein muss, diesem Gesetz zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Zinggl ist zu Wort gemeldet. – Bitte.


15.46.08

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Herr Präsident! Frau Ministerin! Eine beliebte Methode, parteipolitisch einzufärben, besteht darin, Ämter oder Einrich­tun­gen zu teilen oder zusammenzulegen. (Abg. Rädler: Bei der Liste Pilz! Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) In diesem Fall haben wir es damit zu tun, dass Ämter zusammengelegt werden, um auch ein bisschen Kontrolle über ganz bestimmte Institute zu erhalten. In diesem Fall geht es um das Zusammenlegen zweier Bundesan­stalten, nämlich der Bundesanstalt für Bergbauernfragen und der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft.

Wenn Kollege Rosenberger sagt, beide hätten die Agrarökonomie zur Aufgabe, dann kann ich dazu nur sagen: Agrarökonomie ist Agrarwirtschaft; das ist dasselbe, und damit ist eh schon alles gesagt, denn wenn beide in Zukunft nur mehr das machen, was eines dieser Institute gemacht hat, dann hat das andere offensichtlich die Möglichkeiten verloren, und das ist auch tatsächlich so. Wenn alles weitergeführt wer-


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den soll, wie das Kollege Rosenberger angeführt hat, aber gleichzeitig das eine Institut dem anderen untergeordnet ist, allein schon durch eine Direktion, die aus der Agrar­wirtschaft kommt, dann haben wir es natürlich auch inhaltlich, unabhängig vom Partei­politischen, mit einer Unterordnung der Ideen, der Forschungsinteressen im Zusam­menhang mit Bergbauerfragen unter jene der Ökonomie, der Agrarwirtschaft zu tun.

Das hat nichts mit Berg und Land und Ebene zu tun, sondern das hat damit zu tun, dass die einen natürlich kurzfristige ökonomische Interessen haben und die anderen bisher – und das haben sie auch bewiesen – Interessen im Zusammenhang mit Land­schaftspflege, spezifische Interessen der Bergbauern im Zusammenhang mit Klima­wandel und so weiter. (Abg. Gödl: Und das kann nicht unter einer Führung sein? Da geht es ja um die Führung!)

Das geht genau in dieselbe Richtung wie beim letzten Tagesordnungspunkt, beim Grünen Bericht: Machen wir das weiter so, dass wir uns gegenseitig kurzfristige Ge­winne als wissenschaftliche Notwendigkeit beweisen und belegen oder denken wir auch gelegentlich in eine andere Richtung? Dieses Argument, dass das 40 000 Euro Ersparnis bringt, geht auch wiederum, genau wie beim Grünen Bericht, in eine fast zynische Richtung, denn wenn man auf der einen Seite für den Grünen Bericht 3,6 Millionen Euro ausgibt, also für jede Seite 16 000 Euro zahlt, und dann ein Institut mehr oder weniger einem anderen unterordnet, um damit 40 000 Euro zu sparen – nämlich zwei Seiten des Grünen Berichts –, dann ist das nichts anderes als zynisch. – Danke. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Linder. – Bitte.


15.48.52

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrte Frau Minister! Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen, vor allem Kollege Zinggl! Alleine Ihre Aussage, man versuche, einzufärben oder umzufärben: Genau das ist ja schon das Schlimme, dass wir zwei Organisationen nebeneinander haben, und man sagt, na ja, diese ist dieser Partei zugehörig und die andere ist jener Partei zugehörig! Wo sind wir denn?! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP)

Wir sind Gott sei Dank auf dem Weg dahin, dass diese Zeiten vorbei sind. (Abg. Leichtfried: Das sieht man bei der Nationalbank!) Das ist ja wirklich unverständlich für mich! Vielleicht noch ein paar Worte zu den 40 000 Euro beziehungsweise 140 000 Euro: Wenn wir schon bei der Landwirtschaft sind: Kleinvieh macht auch Mist! Ich glaube, es zahlt sich durchaus aus, für 140 000 Euro etwas einzusparen.

Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, die Aufgabe von uns in der Agrarpolitik, die Aufgabe des Ministeriums für Landwirtschaft (Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Bun­desministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus!) mit allen Sektionen, mit allen Ab­teilungen, die Aufgabe der Landwirtschaftskammern ist auf alle Fälle: Wir haben der Landwirtschaft zu dienen. Wir haben nicht dem System zu dienen, und wir haben das System nicht mit Gewalt aufrechtzuerhalten. Ich glaube, das sollten wir uns immer wieder vor Augen halten.

Vor allem ist es ganz wichtig, dass wir entscheiden, dass die Systeme so effizient, aber auch so schlank und klein wie möglich sind. Genau mit diesem Schritt erfolgt das jetzt: Wir sagen, es ist nicht notwendig, dass wir parallel zwei Forschungsorganisationen aufrechterhalten, wenn im Prinzip beide nahezu dieselben Aufgaben haben und eben nur, wie wir von Kollegen Zinggl gehört haben, die einen den Schwarzen und die an­deren den Roten zugeordnet werden. Deshalb ist es wirklich an der Zeit, diese beiden


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Organisationen zusammenzulegen. Kein Bergbauer wird von dieser Fusion irgend­etwas merken, wir haben dadurch jedoch wieder einen Schritt zur Umsetzung unseres Regierungsprogramms getan, in dem wir uns vorgenommen haben, im System zu sparen und effizient zu arbeiten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Minister. – Bitte.


15.51.12

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mit dem Beschluss dieses Gesetzes finalisieren wir vor allem auch die Reorganisation meines Hauses. Es kommt dadurch wirklich zusammen, was auch zusammengehört. Derzeit gibt es zwei Bundesanstalten mit ähnlichen, einander teils überschneidenden Themen- und Aufgabenbereichen, daher haben wir uns auch für diese Zusammenlegung entschieden. Vor allem aber – und es ist sehr wichtig, das dazuzusagen – auf Basis einer fast jahrzehntelangen Empfehlung des Rechnungshofes wird jetzt die Bundesanstalt für Agrarwirtschaft mit der Bun­desanstalt für Bergbauernfragen zusammengelegt. Deshalb haben wir in Zukunft ein Institut, nämlich die Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen.

Dadurch wird vor allem eine breite fachliche Basis geschaffen. Es wurde heute schon das internationale Forschungsnetzwerk angesprochen: Da ergibt diese Synergie natür­lich auch um einiges mehr an Kraft; die Forschung wird dadurch nämlich keinesfalls behindert oder eingeschränkt, sondern ganz im Gegenteil gefördert.

Wir wissen, dass die Forschung in Bergregionen wirklich auch ein Erfolgsmodell ist, und ich glaube, dass speziell eben auch die Bundesanstalt für Agrarwirtschaft im ursprüng­lichsten Sinne massiv davon profitieren kann. (Ruf: Das müssen wir uns dann anschauen!)

Durch die Nutzung von Synergien in der Verwaltung bleibt natürlich auch mehr Budget für Forschung übrig. (Abg. Preiner: Für welche Forschung? Grundlagenforschung?) Wichtig dazuzusagen ist auch, dass die Dienstnehmerrechte unverändert bleiben und bis zur Personalvertretungswahl im Jahr 2019 auch die Personalvertretungsorgane unverändert bleiben. Bei der Wahl 2019 werden dann in einheitlichen Dienststellen einheitliche Dienststellenausschüsse eingerichtet.

Darüber hinaus wird innerhalb dieses Gesetzes eine weitere Maßnahme der Verein­fachung umgesetzt. Es werden auch die Betriebsräte der Bundesgärten mit jenen der Gartenbauschule Schönbrunn aufgrund der Zusammenlegung in einen einheitlichen Dienststellenausschuss zusammengeführt. (Ruf bei der ÖVP: Super!)

All diese nachhaltigen Änderungen zur Strukturstraffung und Effizienzsteigerung gehen kon­form mit dem Bundes-Personalvertretungsgesetz und dem Arbeitsverfassungs­ge­setz.

Ich freue mich über eine breite Zustimmung zu diesen Vereinfachungen im System. Ziel ist ein Strukturwandel durch eine maximale Nutzung von Synergien. Vielen herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Unter­rainer. – Bitte.


15.53.39

Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Ga-


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lerie und vor den Bildschirmen! 1979 gegründet und mit heutigem Beschluss abge­schafft – eine unabhängige Forschungseinrichtung, eine Denkfabrik, eine Themenset­zerin: Das ist die Bundesanstalt für Bergbauernfragen. Damit wird eigentlich der Umbau der Republik fortgesetzt, der eingeleitet wurde, und wieder wird damit einer kritischen Stim­me ihre Stimme genommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist nämlich das, was diese türkis-blaue Regierung nicht duldet: kritische Stimmen. Vor allem, was die Bergbauern betrifft, braucht es aber kritische Stimmen, die belegen, dass die Bauern und Bäuerinnen der Klein- und Kleinstbetriebe in einem schwierigen, oft hochalpinen Gelände Flächen bewirtschaften und pflegen – und das unter er­schwerten Bedingungen –, die neben der bäuerlichen Nutzung auch dem Schutz von uns allen dienen. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Als Tourismussprecher ist mir das deshalb ein großes Anliegen, weil es diese Men­schen sind, die die Landschaft in Österreich mit großem Einsatz prägen, hegen und pflegen, weil sie ihnen ganz einfach am Herzen liegt, und wir profitieren ja alle davon.

Ich möchte noch auf das zurückkommen, was Kollege Preiner schon gesagt hat: Unter Bruno Kreisky ist dieser Arbeit schon Respekt gezollt worden (Ruf bei der SPÖ: Hoffentlich auch in Zukunft), und zwar mit einer detailliert aufgeschlüsselten Berg­bau­ern­förderung in Abhängigkeit von den Bewirtschaftungserschwernissen. Dieser Zugang ist ursprünglich auf die intensive Mitarbeit der BABF  zurückzuführen – und trotzdem, trotz all dieser Dinge sind die Bergbauern, was die Direktzahlungen betrifft, im Ver­hältnis nach wie vor wesentlich schlechter gestellt als die flächenmäßig großen Be­triebe, die in den Tälern um ein Vielfaches einfacher bewirtschaften können.

Das Institut für Bergbauernfragen hat diese Unverhältnismäßigkeiten belegt und auch Vorschläge für eine bessere Umverteilung erarbeitet. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese kritische Stimme wird es jetzt unter Türkis-Blau so nicht mehr geben, weil die Unabhängigkeit – und das ist das zentrale Element – dieser Institution mit dem heuti­gen Beschluss der Regierungsparteien einfach vom Tisch ist, weg ist.

In den 40 Jahren der Existenz der BABF hat die Bundesanstalt für Bergbauernfragen mit dem Wissen und der wissenschaftlichen Ausarbeitung von Themen rund um Berg­gebiete, um den ländlichen Raum immer schon eine Vorreiterrolle eingenommen, be­treffend die Vorbereitung des EU-Beitritts, betreffend internationale Forschungskoope­rationen zur ländlichen Entwicklung, betreffend Themen wie ländliche Armut, Migration, Frauen, Geschlechterfragen und, nicht zu vergessen, die Entwicklung im Biolandbau, in der Gentechnik, in bäuerlichen alternativen Bewirtschaftungsformen und in der res­sourcenschonenden lokalen Ökonomie. Wir in Österreich – und das ist nicht zu vergessen – leben zu einem Großteil von einer intakten Umwelt, und davon profitiert nicht nur der Alpintourismus.

Meine Damen und Herren, es ist heute wirklich kein guter Tag, denn es wird wieder eine kritische Stimme verstummen. Ich möchte Sie daher bitten, dem Antrag des Kolle­gen Preiner zuzustimmen, denn es geht wirklich um eine kritische Stimme im Agrar­bereich. Ich appelliere an Sie, dem Antrag zuzustimmen – für uns, für unsere Bergbau­ern, für die Umwelt und für eine intakte Natur! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gödl. – Bitte.


15.56.48

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Diese Diskussion über


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die Änderung des Bundesämtergesetzes zeigt einmal mehr exemplarisch, wie kon­servativ die SPÖ in diesem Haus geworden ist. Sie sind eine extrem strukturkonser­vative, eine erzstrukturkonservative Partei geworden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass wir die Herausforderungen des 21. Jahrhun­derts mit den Strukturen des 20. Jahrhunderts bewältigen können. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Knes.)

Ob bei der Reform der Sozialversicherung – wir haben es heute schon teilweise dis­kutiert und werden es ja in nächster Zeit noch sehr viel genauer erörtern (Zwischenruf der Abg. Margreiter) – oder jetzt hier bei dieser an und für sich kleinen Maßnahme: Ja, wir müssen Strukturen verändern, denn es hat sich auch die Welt ein bisserl verändert! Es ist ja eine Offenbarung, wenn Sie herkommen und sagen: Ja, vor 40 Jahren haben wir das gegründet und da darf und soll sich nichts ändern! – Nein, wir müssen uns weiterentwickeln. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich würde Ihnen raten: Schauen Sie einmal in die Steiermark – einige Abgeordnete sind ja da –, denn in der Steiermark haben wir in den vergangenen Jahren einiges an Strukturveränderungen und -verbesserungen vorgenommen (Zwischenruf des Abg. Preiner), nämlich im Gleichschritt mit den Sozialdemokraten! Wir haben Bezirke zu­sammengelegt, wir haben Gemeinden zusammengelegt, und wir werden jetzt Spitäler verändern, weil wir wissen, die Herausforderungen dieses neuen Jahrhunderts sind einfach anders zu lösen, als es im 20. Jahrhundert vorgegeben war.

Daher, meine Damen und Herren, kann das doch nicht wirklich euer Ernst sein, dass ihr immer und überall, wo es um neue, schlankere, engere, effizientere Strukturen geht, ein großes Nein postuliert. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wissen Sie was? – Ich würde Ihnen eine Aussage von Albert Einstein ans Herz legen. Der hat einmal gesagt: „Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muss sich vorwärts be­wegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.“

So ist es auch mit unserem Staat. Nur wenn wir uns vorwärts bewegen, können wir das Gleichgewicht halten, und zwar in dem Sinn, dass wir diesen hochentwickelten Sozialstaat (Zwischenruf des Abg. Lindner), Wohlfahrtsstaat absichern können.

Vielleicht könnten Sie dieses Motto für den kommenden Samstag, für das kommende Wochenende beherzigen. Auch eine Partei ist wie ein Fahrrad: Nur wer sich fort­bewegt, wird das Gleichgewicht halten – und das wünsche ich Ihnen für das kom­mende Wochenende. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. Ruf bei der SPÖ: Das hat sich der Einstein nicht verdient!)

15.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Gerstner ist der nächste Redner. – Bitte.


15.59.36

Abgeordneter Peter Gerstner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoch geschätzte Frau Minister! Werte Kollegen! Hohes Haus! Sehr geehrte Besucher, sehr geehrte Zuschauer vor den Fernsehschirmen! (Zwischenrufe der Abgeordneten Knes und Vogl.– Kommt schon, kommt schon, lasst euch nur Zeit! (Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Knes und Vogl.)

Nachdem gerade die Regierungsvorlage zur Zusammenführung der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und der Bundesanstalt für Bergbauernfragen zur Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen vorgestellt und auch beschlossen wurde (Zwi­schenruf des Abg. Unterrainer), ist es doch völlig abwegig, da weiterhin eine Eigen-


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ständigkeit und auch eine Erweiterung des Wirkungsbereiches der Bundesanstalt für Bergbauernfragen zu fordern. (Abg. Unterrainer: Wer hat das geschrieben?)

Es wurde doch ausführlich dargelegt, dass diese Zusammenführung der beiden Bun­desanstalten von Nutzen sein wird und auch beispielsweise diverse Überschneidungen in Aufgabenbereichen und Fragestellungen ausgeschlossen sind. Doch dass die SPÖ immer alles anders möchte, ist ja bei Gott nichts Neues. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Unterrainer.) Die Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und die Bundesanstalt für Bergbauernfragen ergänzen einander exzellent. Unter diesem neuen Namen Bundes­anstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen wird auch eine größere Organi­sa­tions­einheit mit breiterem fachlichem Wissen und einer breiten fachlichen Basis ge­schaffen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Preiner.)

Es wäre schön, wenn auch die SPÖ das verstehen könnte und hier nicht unnötig Anträge einbrächte, die nicht nur äußerst dürftig sind, sondern anscheinend eigens dafür gestellt werden, um einfach alles andere zu fordern als das, was die Regierung beschließt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Heiterkeit bei der SPÖ.) Die SPÖ liebt es anscheinend, sich immer gegen den Fortschritt zu stellen und alles zu blockieren, was von der neuen FPÖ-und-ÖVP-Regierung kommt. (Heiterkeit der Abg. Heinisch-Hosek. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Alles, was die SPÖ selbst nicht zustande gebracht hat, als sie in der Regierung war, wird ignoriert, und es wird auf Stillstand gepocht (Zwischenruf des Abg. Unterrainer), und das alles aus dem einfachen Grund, dass die SPÖ nicht zugeben will, dass die neue Regierung bereits nach einem Jahr so vieles auf den Weg gebracht hat, was die SPÖ in all ihren Regierungsjahren nicht zusammengebracht hat. – Schade, ein bisschen mehr Willen zum Fortschritt hätten wir den Roten schon zugetraut. Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

16.02

16.03.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da dazu niemand mehr zu Wort gemeldet ist, ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall. (Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Wir kommen zur Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 10 und 11, die ich getrennt vornehme.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesämtergesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 300 der Beilagen. Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist mehrstimmig angenommen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Darf ich um Ruhe während der Abstimmung bitten? Das würde zur Wahrung der Übersicht beitragen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Ausschus­ses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 334 zur Kenntnis zu nehmen.

Wer den Bericht zur Kenntnis nimmt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrstimmig angenommen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 151

16.04.0912. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 437/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hagelversicherungs-Förde­rungsgesetz geändert wird (335 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 12.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich darf Abgeordnetem Vogl das Wort erteilen. – Bitte.


16.04.38

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Es ist ja faszinierend, wie man hier immer versucht, sich die Fakten schönzureden. Auf der einen Seite spricht man beim Bergbauerninstitut davon, dass wir sparen, Synergien nutzen, ins neue Jahrtausend kommen müssen. Ich habe im Sommer dieses Jahres gefragt: Ist für die Gesundheitsagentur ein zweiter Geschäfts­führer geplant? – Die Antwort der Frau Ministerin war am 15. August: Nein. Inzwischen wurde er jedoch mit 9. November beschlossen – so viel zum Thema wir sparen, wir müssen verschlanken, wir brauchen moderne Strukturen.

Es ist wahrscheinlich auch der moderne Stil, dass man, wenn man im Parlament eine Frage stellt, grundsätzlich einmal keine ordentliche Antwort darauf bekommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme aber nun zum Thema. Dieser Antrag ist ein Initiativantrag, dieser Antrag geht also vom Parlament aus. Das heißt, die Abgeordneten dieses Hauses haben be­schlossen und haben gesagt, es wäre aufgrund der Dürre in diesem Jahr, aufgrund der Umweltkatastrophen, die wir erleben, sinnvoll und richtig, einen besseren Versiche­rungsschutz in der Landwirtschaft zu erreichen. Ich glaube, dieses Grundziel, nämlich ein besserer Versicherungsschutz und damit weniger Unterstützung der öffentlichen Hand bei Katastrophen, ist etwas, was wir alle gemeinsam unterstützen können.

Wir haben in diesem Jahr schon erlebt, dass diese Regierung eine Maßnahme in die­sem Bereich gesetzt hat: Die Versicherungssteuer für alle Versicherungen der Land­wirtschaft wurde von 11 Prozent auf 0,2 Prozent gesenkt – Kostenpunkt: 5 Millionen Euro. Jetzt kann man natürlich darüber diskutieren – Kollege Schellhorn hat es auch gesagt –: Was ist mit dem Tourismus? Auch wir kämpfen mit Herausforderungen. Warum senkt man die Versicherungssteuer für uns nicht? Oder: Wie schaut es mit den Häuslbauern aus? Auch die hätten wahrscheinlich berechtigte Anliegen.

Das heißt aber, da hat man eine Maßnahme gesetzt – Kostenpunkt: 5 Millionen Euro. Jetzt kommt dieser neue Antrag ins Parlament, der besagt, man möchte den Zuschuss zu diesen Versicherungen von aktuell 50 Prozent auf 55 Prozent erhöhen, gültig ab 1. Jänner 2019. Den ganzen Bereich der Tierversicherung, für den es das bisher nicht gab, möchte man auch mit dieser Förderung bedenken. Na ja, das ist vielleicht gar keine so schlechte Idee. Das Problem ist aber folgendes: Da das ja ein Initiativantrag ist, der von Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses ausgeht, gibt es keine Kosten­abschätzung für das Ganze, wir müssen uns daher auf die Kosten verlassen, die die Kolleginnen und Kollegen selbst angegeben haben.

Sie sagen, das kostet den Bund allein im landwirtschaftlichen Bereich 6 Millionen Euro und im tierischen Bereich 5,5 Millionen Euro und – und das ist ja die Chuzpe bei dem Ganzen – der gleiche Betrag von 11,5 Millionen Euro ist auch von den Ländern zu bezahlen, und zwar ab 1. Jänner 2019. (Abg. Leichtfried: ... nicht vorhanden!) Das


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betrifft Landesbudgets, die jetzt schon beschlossen worden sind, von denen jeder weiß, dass jeder Euro verplant ist – für Daseinsvorsorge, für Kindergärten, für Absiche­rung. All das muss aufgeschnürt werden, weil 11,5 Millionen Euro von den Ländern zur Verfügung zu stellen sind. Jetzt kommt natürlich dann sofort das Argument – eh klar –, wenn man etwas dagegen sagt, dann ist man ein Klassenkämpfer. Der Kollege Lindner von der FPÖ sagt immer, wir sind widerliche Klassenkämpfer. (Abg. Neubauer: Linder bitte!) – Linder, Entschuldigung, Linder. Er sagt, wir sind widerliche Klassenkämpfer. Ist es wirklich Klassenkampf, wenn man berechtigte Kritik äußert?

Was macht ihr jetzt mit dem ganzen Geld? 11 Millionen Euro, in Summe 22 Millionen Euro gehen an die Landwirtschaft. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Wisst ihr, was das heißt? – Das heißt 128 Euro im Durchschnitt pro Betrieb. (Abg. Deimek: Hoffen wir, die Zahlen des Kollegen sind mindestens so gut wie die bei Stöger und dem Pflege­regress! Oder hatte Stöger falsche Zahlen?) Ihr stellt euch immer heraus und sagt, ihr wollt die kleinen Betriebe fördern, es geht um die kleinen bäuerlichen, landwirtschaft­lichen Betriebe. Wisst ihr wirklich, wen ihr fördert? Glaubt ihr, dass ihr mit 128 Euro einem kleinen bäuerlichen, landwirtschaftlichen Betrieb das Überleben sichert? (Beifall bei der SPÖ.) Oder wer profitiert denn davon? (Abg. Linder: Ihr seid so was von negativ!)

Warum, glaubt ihr, machen wir bei Metaller-KV-Verhandlungen gestufte Abschlüsse? Ganz einfach: 5 Prozent von viel ist viel und 5 Prozent von nix ist nix. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Wenn man 5 Prozent mehr Förderung für Versicherungen gibt, dann profitieren die Großen – und die Kleinen lasst ihr wieder im Regen stehen! Das ist die Politik, die ihr betreibt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Was dem Ganzen aus meiner Sicht dann die Krone aufsetzt, ist Folgendes: Abgeord­nete dieses Hauses sagen am 25. Oktober, das ist eine voll lässige Idee. Zufällig schaut die Versicherungswirtschaft wahrscheinlich gerade fern und sagt: Ah geh leck, da kommt jetzt was für uns! Am 6. November gibt die Hagelversicherung einen Prospekt (ein Exemplar in die Höhe haltend) heraus, in dem die neue Rechtslage mit 1. Jänner bereits drinnen steht, als beschlossen! (Abg. Leichtfried: Unerhört!) Wir beschließen heute ein Gesetz, das noch durch den Bundesrat muss. Die Hagelver­sicherung geht aber bereits mit Plakaten raus. Was ist denn das für ein Stil von Politik? Was macht denn ihr da? (Beifall bei SPÖ und JETZT.) Wie ernst nehmt denn ihr unser Haus, bitte? (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Zum Schluss möchte ich noch etwas sagen, damit man sich ungefähr ausmalen kann, was ÖVP-Landwirtschaftspolitik bewirkt. (Abg. Deimek: Das Problem ist ...!) Die Versicherung für einen Landwirt bei mir in der Region, der Eierbauer ist, bedeutet, damit das ordentlich versichert ist, eine Belastung von 0,07 Cent pro Ei. Nicht einmal das bringt er mehr beim Produktpreis durch. – Das ist der Erfolg von jahrzehntelanger ÖVP-Landwirtschaftspolitik! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Noll. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

16.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Strasser ist zu Wort gemel­det. – Bitte. (Abg. Lausch – in Richtung SPÖ : Der Strasser sagt euch jetzt, wie das ist!)

16.10.00


Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Geschätzte Frau Bundesministerin! Lieber Kollege Vogl! Wir kennen uns relativ gut aus der Nachbarschaft im Wahlkreis. Ich pflege immer den Zugang der Partnerschaft. Wir können einen Deal machen: Ich freue mich über die Lohnabschlüsse der Metaller – und ich freue mich wirklich, weil ich


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auch Nebenerwerbslandwirte und Kollegen und Kolleginnen im Mostviertel und im Waldviertel habe, die davon profitieren –, und ich würde mir wünschen, dass auch ihr euch über einige Happen für uns, die du bereits angeführt hast, gemeinsam mit uns freut. Diese Lohnabschlüsse würden meine Kolleginnen und Kollegen, Bäuerinnen und Bauern gerne einmal haben. – Das möchte ich schon einmal sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Vogl: Es geht ja darum, dass ...!)

Zweiter Bereich: Die Agrarpolitik der ÖVP anzuprangern, ist durchaus ein gängiges Argument. Ich frage mich aber, wie die Sozialdemokratie auf der einen Seite – in der Arbeiterkammer abgebildet – sagt: höchste Qualität, Bio, gemma, gemma, gemma!, und auf der anderen Seite permanent irgendwelche Preisvergleiche mit Deutschland, Berlin und international zitiert. Das ist unredlich. (Abg. Vogl: ... Sozialdemokratie!) Das sind diese beiden Seiten der Sozialdemokratie: Auf der einen Seite ist man sozusagen für Öko und eine diesbezügliche Prämie und alles Mögliche, und auf der anderen Seite husst man uns permanent in irgendwelche Preisvergleiche hinein. Das halte ich für unredlich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich komme jetzt zum sachlichen Teil: Es geht um das Hagelversicherungs-För­de­rungsgesetz. Das Jahr 2018 hat gezeigt, dass der Klimawandel angekommen ist – nicht nur allgemein in ganz Österreich, sondern auch auf den Bauernhöfen bei uns Bäuerinnen und Bauern. Ich darf feststellen: Wir in der österreichischen Landwirtschaft sind ein kleiner Mitverursacher. 10 Prozent der österreichischen Klimabilanz wird von uns mitverursacht. Können wir besser werden? – Ja. Die Möglichkeiten halten sich aber in Grenzen, und wir haben einen kleinen Anteil. Wir sind aber jene, die von diesem Klimawandel in unseren Produktionsgrundlagen am meisten gefährdet sind. Darum braucht es Forschung. (Abg. Bißmann: ... Förderungen!) – Ja, Frau Bißmann, da können wir reden, aber nicht nur ideologisch in eine Richtung, sondern breit aufgestellt.

Wir brauchen Beratung, wir brauchen Erfahrungsaustausch, und wir brauchen die Suche nach praxistauglichen Lösungen bei uns daheim, und zwar für Bäuerinnen und Bauern in allen Regionen, in den Bergregionen – dort zwickt es, ja, das wissen wir –, aber auch in den Gunstlagen – es zwickt auch im Weinviertel. Wir brauchen das, damit die österreichischen Bäuerinnen und Bauern auch in Zukunft beste Lebensmittel, schönste Landschaft und saubere Energie liefern können und damit wir unsere Leistungen auch in unserem Einkommen abgebildet sehen. Dazu brauchen wir auch die Unterstützung der Sozialdemokratie, weil wir die Politik brauchen. Wir brauchen auch die Konsumentinnen und Konsumenten, die froh sind, wenn sie bei uns österreichische Ware kaufen und konsumieren können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich komme nun zu den Dürrepaketen. Es gab ja zwei Dürrepakete, eines im Frühjahr, eines im Herbst. Es wurden Maßnahmen rund um die Liquidität, rund um den Forst, rund um steuerliche Aspekte und auch Direktzahlungen angeboten. Heute geht es um das Vorsorgeprinzip. Auch die Versicherungen werden mit neuem, frischem Geld ausgestattet, um diese Dürreversicherungsangebote letztendlich auch weiterzuent­wickeln. Versicherungsangebote bleiben nicht stehen, sondern müssen auch immer wieder weiterentwickelt werden. Was neu ist, sind die Tierausfallsversicherungen, weil die Afrikanische Schweinepest die europäische Schweineproduktion bedroht oder – aus dem Osten kommend – die Lumpy Skin Disease unsere Rinderbestände bedroht. Falls es da einmal zu einem Totalausfall kommen sollte, sind diese Versicherungs­angebote da, um Abhilfe zu schaffen.

Ich möchte mich bei den Bundesländern bedanken. Herzlichen Dank für die Bereit­schaft, da mitzufinanzieren, herzlichen Dank auch an die Bundesregierung für die Bereitschaft, da Hilfe zu leisten, und noch einmal danke, Frau Bundesministerin, für


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deinen Einsatz für uns österreichische Bäuerinnen und Bauern! Ich sage Ihnen das: Wir haben uns das verdient. – Danke schön und alles Gute! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.


16.14.52

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Auch von meiner Seite: Alles Gute zum Geburtstag! Ich hoffe, Sie haben heute ein bisschen Zeit, auch in Ihrem engen Kreis darauf anstoßen zu können. Das muss auch sein. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

Worauf ich eigentlich hinarbeiten will, ist Folgendes: Ich bin wirklich erstaunt, ich habe mir das von Kollegen Vogl noch einmal geholt: Diese Broschüre wurde wirklich am 6. November herausgegeben, mit der Ankündigung, dass dieses Gesetz mit 1.1.2019 schon in Kraft tritt.

Es ist auch nicht lange her – das war, glaube ich, im Mai 2016 –, da hat die damalige Bundesregierung – Ihr Vorgänger, Frau Ministerin! – die Änderung im Katastrophen­schutz und im Hagelversicherungs-Förderungsgesetz beschlossen. Ich zitiere: Das be­schlossene „Gesetzespaket bietet den Bäuerinnen und Bauern im Rahmen einer umfassenden Ernteversicherung über die bisher schon geförderten Hagel- und Frostversicherungen hinaus gemeinsame Prämienzuschüsse von Bund und Ländern an, wobei der Bundesanteil an der Förderung des erweiterten Versicherungsschutzes vom Katstrophenfonds finanziert werden soll“.

Das wurde uns damals auch so ganz gut verkauft. Es gab auch völlige Über­ein­stimmung. Ich glaube, das Wie ist der Unterschied. Die NEOS waren damals die einzige Fraktion, die dagegengestimmt hat, weil sie den Braten schon gerochen hat. (Abg. Prinz: ... stolz?) – Ja, darauf sind wir stolz, weil wir Haltung allen Bürgern gegenüber haben und weil wir allen Bürgern Transparenz bieten wollen; deswegen bin ich auch stolz. Jakob Auer sprach im Zusammenhang mit den Frostschäden von einem „Super-GAU“, der die „Solidarität und rasches Handeln der Politik“ erfordert. Es sei wichtig, dass es „knapp nach der Katastrophe eine Reaktion des Parlaments“ und damit ein klares Signal der Hilfe an die betroffenen Landwirte gibt, bekräftigt sein Fraktionskollege, der Vorgänger von Kollegen Strasser, Hermann Schultes. Fritz Grillitsch hat noch gemeint, dass „rasche Hilfe die wichtigste Hilfe ist“.

Jetzt haben wir ein neues Problem. Jetzt haben wir das Problem, dass wir nach den damaligen 50 Millionen noch einmal wahrscheinlich 20 Millionen dazuschießen müs­sen. Das damalige Gesetz wurde von allen anderen Fraktionen – von Grünen, Team Stronach, SPÖ, FPÖ und ÖVP – beschlossen. Wir haben damals nicht zugestimmt, weil wir gesagt haben, dieses Gesetz ist wieder nicht tragfähig. In absehbarer Zeit werden wieder Situationen eintreten, die zusätzliche Budgetmittel brauchen werden. Das Gesetz ist unzureichend.

Eben, damals war es der Frost, jetzt ist es die Dürre. Das Einzige, was uns jetzt noch fehlt, ist, dass es vielleicht bewölkt ist, oder vielleicht brauchen wir auch in absehbarer Zeit ein neues Katastrophenschutzgesetz, das Brexit für die Landwirtschaft heißt. In dieser Hinsicht fehlt uns ja fast gar nichts. Worauf ich hinauswill, ist, dass wir hier einfach mehr Gerechtigkeit jenen gegenüber brauchen, die Steuern zahlen, den Bür­gerinnen und Bürgern in anderen Branchen gegenüber, die auch in gewisse Notlagen kommen. Für diese gibt es keine Versicherung, im Rahmen derer der Bund 55 Prozent zuschießt; das ist nicht vorhanden, und das ist das Kernproblem.


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Das Landwirtschaftsressort oder wir in der Politik, wir reagieren nur, wir sollten aber agieren. Wir sollten hier vor allem ein vernünftiges Gesetz auf Schiene bringen, das in Schadensfällen wirkt und das langfristig wirkt; das meine ich mit dieser Politik. Diese Regierung hat wiederum nur eines im Sinne: reine Symbolpolitik. Sie möchte jetzt wieder kurz und schnell helfen und sagen: Das war eh das letzte Mal!

Wir brauchen Reformen und keine reine Symbolpolitik ohne Reformen. Ich glaube, das ist der wichtige Ansatz. Darum werden wir auch dieses Mal nicht mitstimmen. – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Noll.)

16.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Linder. – Bitte.


16.19.25

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Kollege Vogl! Ja, Ihrer Berechnung nach sind es 100 Euro pro Betrieb. Aus meiner Sicht machen genau diese 100 Euro oft die Entscheidung aus, dass man sagt: Ja, das ist der Anreiz, selbst zu versichern. Leider sind wir in der Landwirtschaft heute so weit, dass es auf 100, 200, 300 Euro ankommt.

Kollege Strasser hat schon gesagt, wir hätten gerne die 5 Prozent, die die Metaller haben. Lieber Kollege Schellhorn, Sie haben das Thema angeschnitten, dass die Landwirtschaft etwas bekommt und andere Bereiche nicht. Wir als Landwirtschaft bringen aber immens hohe Leistungen für die Allgemeinheit. (Abg. Scherak: Die anderen nicht?) Die Gäste Ihres Hotels gehen auf die Almen, die von Bauern betreut werden, gehen auf Waldwegen spazieren, die von Bauern betreut werden, aber kein normaler Bürger geht einfach in Ihrem Hotel oder Hotelgarten spazieren.

Die Landwirtschaft ist mittlerweile in einer Situation, in der permanent Betriebe auf­hören oder zusammengelegt werden. Nachkommen sagen: Danke, nein, ich gehe in einen anderen Beruf! Das rechtfertigt, dass wir gerade jetzt helfen, wenn die Land­wirtschaft Schwierigkeiten und Probleme mit der Dürre hat. Da geht es zum einen um Soforthilfe, zum anderen um Anreize. Man hat gesehen, dass die 50 Prozent zu wenig waren, nicht ausgereicht haben, um eine höhere Versicherungsrate zu schaffen. Wir haben derzeit leider erst eine Versicherungsrate von 15 Prozent gegen Dürre im Grünland. Deshalb gibt es den Anreiz, dass die Förderung auf 55 Prozent erhöht wird. Das geschieht in der Hoffnung, dass mehr Landwirte von dieser Versicherung Ge­brauch machen und dort einsteigen.

Tierseuchen sind ein weiteres Problem. Ich habe mit Landwirten gesprochen, die ganze Stallungen keulen mussten und hinterher größte Probleme gehabt haben, die Kosten teilweise vom Tierseuchenfonds abgedeckt zu bekommen. Deshalb ist es wich­tig, heute dazu zu stehen und zu sagen: Liebe Landwirte, wir bieten euch ein Paket, versichert euch selbst!, und hoffen wir, dass keine große Tierseuche kommt, speziell nicht die Afrikanische Schweinepest, sodass womöglich Tausende Schweine gekeult werden müssen und dann der Staat wird helfen müssen.

Ich hoffe, dass viele von der Versicherung Gebrauch machen werden. Mit diesem Angebot gehen wir wieder einen Schritt in Richtung möglichst große Eigenverant­wortung und Eigenvorsorge der Landwirte, aber wir helfen ihnen auch dabei. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

16.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Zinggl. – Bitte.



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16.22.37

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Ministerin! Die parlamentarische Vorgangsweise hat ja Kollege Vogl schon aus­führlich kritisiert. Dem ist nichts hinzuzufügen. Schauen wir uns einmal die Inhalte an!

Woher kommt denn dieser höhere Bedarf an Versicherungen? Was ist der Grund dafür, dass zusätzliche Leistungen angeboten werden müssen? – Es ist schon erwähnt worden: Es sind die Klimaveränderungen, es sind die Wetterkapriolen, die Trockenheit, die sehr lange anhält, und die sturzartigen Regenfälle, die Gletscherschmelze und viele dieser Phänomene, die uns allen sowieso schon längst klar sind. Sie sind jetzt also offensichtlich auch der ÖVP klar geworden. Aber was kommt jetzt? – Es kommt keineswegs die Ursachenbekämpfung, es kommen keineswegs Maßnahmen, um das in Zukunft hintanzuhalten, sondern es wird eine Symptombehandlung vorgeschlagen.

Fachleute brüllen uns ja schon förmlich ins Ohr, dass wir gegen die Klimaver­ände­rungen, gegen die Wetterkapriolen etwas unternehmen sollten, was ursächlicher Natur ist. Dazu gehört an erster Stelle natürlich eine ökosoziale Steuerreform, dazu gehört vor allen Dingen auch, etwas gegen die ständigen Bodenversiegelungen zu unter­nehmen. Diese werden jedoch nicht reduziert, sondern sie werden gefördert. Wenn nicht bald etwas in diese Richtung geschieht, darf man sich nicht wundern, wenn das ewig so weitergeht und immer ärger wird.

Dieses Thema, das mir schon seit zehn Jahren ein Anliegen ist, habe ich auch in dieser Legislaturperiode an Kollegin Schramböck von der Wirtschaft herangetragen. Die hat auf Minister Moser verwiesen. Der wiederum hat mich auf meine Anfrage hin, was da geschieht, an Minister Blümel verwiesen, und der wiederum hat uns ver­sprochen, dass wir im Herbst – im vergangenen Herbst – eine Enquete zu diesem Thema haben werden. Mit einer Enquete werden wir nicht viel reißen, das sage ich Ihnen gleich, aber nicht einmal die ist gekommen, und die Vorschläge, die der Bau­kulturreport uns diesbezüglich schon lange gemacht hat, werden völlig ignoriert. – So.

Was macht die Bundesregierung, was macht die ÖVP, was macht die FPÖ in diesem Zusammenhang? – Sie erhöht die Dosis an Tranquilizern. Das ist eine reine Symptom­behandlung, mehr Pflaster werden verklebt. Der Kollege vor mir hat gesagt: Versichert euch, die Versicherungen werden euch dann mehr zahlen, und was die Versiche­rungen mehr an Geld brauchen, wird der Steuerzahler einbringen. Ich sage Ihnen: Die Versicherungen werden noch sehr, sehr viel mehr zahlen, und zwar in naher Zukunft, und die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen werden das ersetzen müssen. Es ist nur eine völlig verkehrte Politik, das so zu behandeln. – Danke. (Beifall bei JETZT.)

16.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesminister Köstinger ist zu Wort ge­mel­det. – Bitte.


16.25.40

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der Kampf gegen den Klimawandel hat für uns, speziell in meinem Ministerium, höchste Priorität. Wir haben dazu gemeinsam mit Bundesminister Hofer und seinem Haus die integrierte Klima- und Energiestrategie auf den Weg gebracht, mit der wir vor allem Österreichs Beitrag zur CO2-Reduktion fest­geschrieben und einen sehr ambitionierten Weg eingeschlagen haben, vor allem auch, was die Transformation unseres Energiesystems betrifft, was Gebäude betrifft, was die Hauptemittenten und somit eben auch Verstärker des Klimawandels betrifft.


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Wir sehen, dass die Auswirkungen des Klimawandels mittlerweile überall spürbar sind und wirklich überall wahrgenommen werden können. Wir haben lang anhaltende Perio­den der Trockenheit und auch der Hitze. Es gibt immer wieder auch zu sehr unge­wöhnlichen Zeitpunkten Frostschäden; das wurde auch bereits erwähnt. Speziell dieses Jahr 2018 hat für die Landwirtschaft Schäden in Millionenhöhe mit sich ge­bracht. Wir müssen daher vor allem jene unterstützen, die unter freiem Himmel in der Natur arbeiten und wirtschaften und deren Lebensgrundlage dieses Miteinander mit der Natur ist.

Im Ackerbau beispielsweise liegen die Ausfälle heuer bei 10 bis 15 Prozent. Ganz massiv und auch erstmals in diesem Ausmaß ist speziell das Grünland betroffen. Regional gibt es einen Ausfall von bis zu 40 Prozent der Ernte. Das bedeutet, und auch das wurde heute bereits ausgeführt, zum Teil wirklich eine Existenzbedrohung für die Betriebe.

Wir verstärken Anreize, damit sich Bäuerinnen und Bauern in Österreich zu leistbaren Bedingungen selbst versichern und somit Risikovorsorge betreiben und so Hilfe zur Selbsthilfe nutzen können. Dieser Initiativantrag beinhaltet die Erhöhung der Förderung der Versicherung gegen alle Elementarrisiken von 50 auf 55 Prozent und die Aus­weitung der Versicherungsprämienförderung auf Tierversicherungen. Dafür kommt die Finanzierung zur Hälfte vom Bund, aus dem Katastrophenfonds, und die anderen Mittel kommen von den Bundesländern. Das bedeutet jährlich rund 23 Millionen Euro zusätzliche Fördermittel zur Unterstützung der Risikovorsorge, damit die Bäuerinnen und Bauern sich in Zukunft stärker selbst schützen können.

Ich freue mich sehr über Ihre Zustimmung zu diesem Initiativantrag, weil das wirklich auch den bäuerlichen Familienbetrieben zugutekommen wird und wir die Anwendung der geänderten Förderbedingungen so bereits ab 2019 starten können. – Vielen herz­lichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Höfinger. – Bitte.


16.28.34

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ja, wir wissen es seit geraumer Zeit: Es vergeht kein Jahr, in dem nicht Rekordmeldungen durchgegeben werden, was unser Klima betrifft. Leider sind es oftmals negative Rekorde, die uns beschäftigen.

Bäuerinnen und Bauern haben den Großteil ihrer Arbeitsstätte und damit ihre Ein­kommensgrundlage in der freien Natur und sind als erste von diesen negativen Rekor­den betroffen. Es sind die Felder, Wiesen und Wälder, die zunehmend unter diesen extremen Witterungsereignissen leiden, denen sie ausgesetzt sind. Hagel, Stürme, Trockenperioden, Dauerregenperioden und Überschwemmungen häufen sich. Wir erleben das in allen Teilen des Bundesgebietes in den letzten Jahren auch bei uns massiv und damit Schäden an den verschiedensten Kulturen, auf den Wiesen, an den Bäumen, in den Wäldern, den Verlust der Futtergrundlage für die Tierhaltung und damit einhergehend direkte Ertrags- und Einkommensverluste. Die Auswirkungen des Klimawandels sind von niemandem mehr zu leugnen oder zu übersehen.

Unsere Tierhaltungsbetriebe sind immer wieder auch von Seuchen oder Krankheiten betroffen, die eine ständige Bedrohung darstellen. Sowohl in der Flächenbewirt­schaf­tung als auch in der Tierhaltung geht es, wenn einen Betrieb so etwas trifft, um enorme


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Summen, die innerbetrieblich nicht aufgebracht werden können. Aus diesem Grund mussten in den letzten Jahren auch viele Betriebe zusperren.

Wir haben vor wenigen Minuten den Grünen Bericht diskutiert, und Sie kennen die Zahlen aus den vergangenen zehn Jahren, in denen es in vielen Bereichen ständig ein Einkommensminus gegeben hat. Stellen Sie sich vor, es trifft einen einzelnen Betrieb dann auch noch eine Katastrophe dieser Art! Das ist dann nicht finanzierbar. Daher gibt es die Unterstützung in der Form, wie wir sie heute beschließen werden. Es ist Hilfe zur Selbsthilfe, denn der Betrieb selbst muss einen Teil der Versicherungskosten aufbringen, muss seinen Beitrag leisten und die Prämie abführen. Den Rest bringen wir in Form dieser Leistung ein.

Und nochmals all jenen von SPÖ, NEOS und JETZT, die hier vorne gestanden sind: Es ist traurige Symbolpolitik, was ihr sehr oft gemacht habt. Ihr stellt euch hierher ans Rednerpult, zerdrückt eine Träne für die Landwirtschaft, aber dann, wenn es – so wie jetzt bei diesem Beschluss – drauf ankommt, seid ihr nicht dabei.

So muss ich euch nochmals die Gesamtleistungen der Landwirtschaft in Erinnerung rufen: Es sind die Lebensmittel, die in Österreich in bester Qualität erzeugt werden, die unsere Lebensgrundlage schaffen, und ihr seid es, die immer wieder danach rufen, dass sie billiger sein müssen. Der Kulturraum wird von unseren Bäuerinnen und Bauern gestaltet, und der wiederum bildet die Grundlage für den Tourismus, von dem wiederum ein großer Teil der Wirtschaft lebt. Es sind die Flächen mit Schutzfunktionen, die von unseren Bäuerinnen und Bauern gepflegt werden, egal ob es den Wasser­haushalt betrifft, Murenabgänge von Bergen und vieles, vieles mehr. Es ist insgesamt eine gewaltige Wirtschaftsleistung, die bäuerliche Betriebe in diesem Land erbringen, und sie sind auch der Arbeitsplatzgarant für den ländlichen Raum.

In diesem Sinne kann ich nur an Sie appellieren: Unterstützen auch Sie diesen Beitrag! Die Bäuerinnen und Bauern in diesem Land haben es verdient. (Beifall bei ÖVP und FPÖ

16.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schmiedlechner. – Bitte.


16.32.08

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Ge­schätzter Herr Minister! Geschätzte Zuhörer! Dürre und Trockenheit, Hagel, Sturm­schäden und massive Schäden durch Schädlinge wie Borkenkäfer, Rüsselkäfer, Erdfloh und Co haben heuer in der Landwirtschaft für massive Ernteverluste gesorgt. Insgesamt entstand dabei ein Schaden von 270 Millionen Euro; allein durch die Dürre kam ein Schaden von 230 Millionen Euro zustande. Leider sind derartige Wetter­extre­me keine Ausreißer und keine Jahrhundertereignisse mehr. Im Gegenteil: Schwere­grad und Intensität solcher Naturkatastrophen nehmen zu. Daher wird eine umfassen­de Risikovorsorge zur Absicherung der Betriebe immer wichtiger.

Mit diesem Gesetz verbessern wir die Existenzgrundlage unserer Bauern. Ab 2019 werden neben Grünland, Mais, Zuckerrübe, Winterweizen auch Soja und Roggen mitversichert. Und ganz wichtig: Beim Grünland wird es höhere Entschädigungen in jenen Gebieten geben, in denen der langjährige Niederschlag in der Kurzperiode unter 100 mm liegt. Dies betraf heuer vor allen und besonders Niederösterreich und Oberösterreich. Besonderer Dank gilt der Oberösterreichischen Landesregierung, die die Dürrehilfe für besondere Härtefälle aufgestockt hat. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)


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Es bleibt zu hoffen, dass die Niederösterreichische Landesregierung nachzieht und diese Härtefälle ebenfalls durch Sonderfinanzierungen abfedert. Auch die Hilfestellung infolge Frostschäden besonders bei Obst findet in diesem Gesetz ihren Niederschlag.

Das anhaltende Bauernsterben gefährdet unsere Ernährungssouveränität, und deshalb ist jede Unterstützung wichtig. Die Pflege unserer Natur sichert nicht nur unseren täglichen Nahrungsbedarf, nein, sie garantiert auch einen lebendigen Tourismus. Eine gesicherte Landwirtschaft gewährleistet also unseren Wohlstand.

Im Gegensatz zur SPÖ, die ja die Förderungen der Bauern kürzen möchte, übernimmt die Regierung Verantwortung und unterstützt die Bauern. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Plessl: Das stimmt ja nicht! Gerechter aufteilen wollen wir sie!)

Abschließend möchte ich feststellen: Worunter leiden die Bauern im Jahr 2018? – Unter Dürre, Schädlingen und der SPÖ. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

16.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Kühberger ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


16.35.17

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Geschätzter Herr Kollege Schellhorn! Die Bundesregierung zeigt Verantwortung und macht keine Symbolpolitik, und diese Verantwortung, die möchte ich auch von Ihnen sehen. Den Klimawandel kann man nicht mit Wolken vergleichen. Die Folgen des Klimawandels zeigen sich zum Beispiel in Kalifornien, wo Gegenden brennen und zahlreiche Menschen auf dramatische Weise ihr Leben verloren haben. Diese Klimaveränderungen sind jetzt auch bei uns spürbar. Im Sommer 2018 haben sie vor allem im Grünland große Auswirkungen gehabt. Wegen unseres Grünlandes – Sie sind ja auch Touristiker und haben zu Hause einen Gastronomiebetrieb – kommen Tausende Menschen zu uns auf Urlaub, und die Landwirte gestalten es. Grünland – nur zur Erklärung – sind Wiesen und Weiden, und diese Wiesen und Weiden werden von den bäuerlichen Betrieben abgeerntet und genutzt. Ihre Tiere verwandeln diese Wiesen und Weiden als Grundfutter in edle Produkte wie Fleisch, Milch und vieles andere. Um von solchen Wiesen ernten zu können, braucht es einen Niederschlag von mindestens 800 mm.

Um jetzt noch einmal auf den Klimawandel zurückzukommen: Im Linzer Becken haben wir Niederschlagsmengen von 137 mm gehabt. Das ist um 50 Prozent weniger als im langjährigen Durchschnitt, und da kann man nicht sagen, dass das nichts ist, denn hinter diesen Zahlen, Herr Vogl, Herr Zinggl, Herr Schellhorn, stehen Familienbetriebe, da geht es um die Existenz von landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Fa­milienbetrieben in Österreich. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Darum begrüße ich auch das Maßnahmenpaket der Bundesregierung, das in der Situation zu unterstützen versucht. Es ist eine nachhaltige Unterstützung zur Selbst­hilfe. Wir haben gehört, dass die Förderung von 50 auf 55 Prozent erhöht wird. Das hat erstens einmal unmittelbar eine Absicherung zur Folge und auch eine höhere Durch­versicherungsrate, weil es dann natürlich für mehr Landwirte interessant wird, sich zu versichern. Wenn wieder solche Schäden auftreten – Sie können ruhig lachen, Herr Schellhorn, aber den Bäuerinnen und Bauern in Österreich ist nicht zum Lachen ‑, ist diese höhere Durchversicherungsrate wichtig, damit wir gerüstet sind, wenn es nächs­tes Jahr so weitergehen sollte. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 160

Die Tierausfallsversicherung, die auch zu 55 Prozent von der öffentlichen Hand ge­stützt wird, ist ganz, ganz wichtig. Sicherlich müssen wir uns noch zusammenreißen und den Versicherungsschutz noch weiter ausbauen, vor allem hinsichtlich der Treff­sicher­heit. Da hat es auch Kritik gegeben. Wir werden in nächster Zeit natürlich schau­en, dass wir da weiterkommen.

Mit diesen Millionen werden nicht 100 Prozent ausgeglichen, es wird nur ein ganz kleiner Bruchteil abgegolten. Die Bäuerinnen und Bauern brauchen dieses Geld dringend, damit sie ihre Tiere im Winter mit dem Grundfutter füttern können.

Geschätzte Frau Bundesministerin, ich möchte dir für diese Maßnahmen danken. Es ist das zweite Dürrepaket in diesem Jahr, das die Klimaschäden abfedern und vor allem unsere landwirtschaftlichen Familienbetriebe in Österreich für die Zukunft fit machen und vor allem erhalten soll. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte.


16.39.09

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Lieber Minister Hofer! Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt darf ich diese Debatte noch einmal zusammenfassen. Auf dieser Seite (auf den entsprechenden Sektor deutend) die Nein-Sager: SPÖ, NEOS, Liste Pilz. Ihr sagt immer, ihr steht zum ländlichen Raum, ihr steht zur Landwirtschaft. All jene, die heute diese Debatte verfolgt haben, sehen: heiße Luft, leere Worte, nichts dahinter! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Diese Seite (auf den entsprechenden Sektor deutend) – FPÖ, ÖVP –, wir stehen zu unserer Landwirtschaft, wir stehen zum ländlichen Raum, wir stehen zu unseren Bauern, wir stehen zur Ernährungssicherheit. Ich bitte auch, das zukünftig im Wahl­verhalten zu berücksichtigen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nun zu dieser Broschüre (eine Broschüre in die Höhe haltend): Es kommt immer darauf an, wie man die Broschüre liest. Die linke Seite – SPÖ, NEOS und Liste Pilz (Ruf bei JETZT: JETZT!) – stößt sich am Datum des Erscheinens. (Zwischenrufe der Abgeordneten Plessl und Schellhorn.) Wir sagen, wir sind froh, dass diese Förderung nun aufgelegt wird.

Ich verweise auf einen Sachverhalt (Zwischenruf des Abg. Schellhorn), den Sie an­scheinend alle überlesen, der für euch nicht wichtig ist, weil ihr immer versucht, das ins Gegenteil zu verdrehen. Wenn ihr diese Broschüre korrekt lesen würdet, hättet ihr auch diesen Absatz gelesen – ich zitiere –: Dürre, Überschwemmung, Hagel, Sturm und Fraßschäden durch den Rüsselkäfer verursachten 2018 schwere Einbußen in der Landwirtschaft. Insgesamt entstand dabei ein Schaden von 270 Millionen Euro. Alleine die Dürre hinterließ 230 Millionen Euro Schaden. – Zitatende.

Das habt ihr überlesen: 230 Millionen Euro Schaden! (Zwischenruf des Abg. Vogl.) – Nun kommen wir mit einem Initiativantrag und sagen, wir müssen die Voraussetzungen schaffen, damit unsere Bauern nicht auf der Strecke bleiben (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Vogl), und nehmen vom Bund 6 Millionen Euro in die Hand und die Länder noch einmal 6 Millionen Euro, das sind 12 Millionen Euro, um Schäden in Höhe von 230 Millionen Euro abzufedern. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Jedes Kleinkind, das rechnen kann, wird daraus die Schlussfolgerung ziehen (Zwi­schenruf des Abg. Schellhorn), dass diese 12 Millionen Euro perfekt investiert sind,


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weil wir mit dieser Investition das Überleben unserer Berglandwirtschaft, unserer Land­wirtschaft und damit des ländlichen Raumes sicherstellen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ihr sagt, ihr werdet überfahren: Ihr müsst immer alles lesen. Im Regierungsprogramm auf Seite 160 steht – wir haben das angekündigt, also was wollt ihr überhaupt? –: „Ausweitung des Versicherungsschutzes in der Land- und Forstwirtschaft, um Klima­wandel, Seuchen und Wetterextreme besser abzudecken“. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Dieser Zuschuss wird aus dem Katastrophenfonds abgedeckt. Das steht alles drinnen. Wenn ihr das Regierungsprogramm lesen würdet, wärt ihr vorbereitet, dann müsstet ihr nicht immer hier heraußen polemisieren. (Zwischenrufe bei SPÖ und NEOS.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, heute hat sich, um landwirtschaftlich zu sprechen (Abg. Vogl: Versicherungswirtschaftlich!), die Spreu vom Weizen getrennt – hier (in Richtung Oppositionsparteien deutend) die Vernaderer und da (in Richtung Regierungsparteien deutend) all jene, denen die Landwirtschaft, der Tourismus und der ländliche Raum wichtig sind. – Ich danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischen­rufe bei SPÖ und NEOS. – Abg. Schellhorn: Da brauchen wir eh nicht dasitzen!)

16.43

16.43.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da dazu niemand mehr zu Wort gemeldet ist, ist die Debatte geschlossen. (Rufe bei SPÖ, NEOS und JETZT: Vernaderer! Der hat uns als Vernaderer bezeichnet! Das Protokoll ansehen! – Abg. Krainer: Nicht im Parla­ment, nur vor Gericht!)

Ich komme zur Abstimmung über das Gesetz, nachdem der Berichterstatter - - (He-Rufe bei der SPÖ.) – Ja, Moment! Ich lasse mir das Protokoll kommen und werde dann entscheiden! (Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und NEOS.)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 335 der Beilagen.

Ich darf die Damen und Herren, die dem eine Zustimmung erteilen, um ein Zeichen bitten. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

16.44.2013. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über den Österreichischen Forschungs- und Technologiebericht 2018, vorgelegt vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung und vom Bundes­minister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-152/359 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster ist Herr Abgeordneter Deimek zu Wort gemeldet. – Bitte.


16.44.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren auf den Zuschauerrängen und vor den Bildschirmen! Der vorliegende Bericht ist ein erstes


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Zeichen, ein erstes merkbares Zeichen der neuen Bundesregierung in Richtung Verän­derung. Wir hatten in den letzten Jahren immer wieder vom Rat, von den Mitgliedern und auch aus den puren Zahlen heraus die Botschaft: Wir sind bei Forschung und Entwicklung in Europa nicht mehr vorne dabei. Alle diese F&E-Indikatoren haben gezeigt, dass Österreich ein Follower ist.

Nun ist – mit diesem Bericht – das erste Mal ein kleines Zeichen sichtbar, dass wir langsam, aber sicher in den Bereich der Innovation Leaders kommen. Wir sind noch zu weit weg, um wirklich Leader zu sein, aber das Zeichen ist bereits da. Woher kommt es? – Es kommt schlicht und ergreifend zunächst einmal aus einem zusätzlichen Volumen. Für 2018 wurde gesagt, dass wir einen Zuwachs von 4,3 Prozent haben – wir kennen ja da die bekannten Limits von circa 3 Prozent.

Was bedeutet das in echtem Geld? – 4,2 Milliarden Euro. An dieser Stelle muss man sowohl den Unternehmen danken, die zusätzliches Volumen in ihre eigene Forschung und ihre eigene Produktentwicklung gesteckt haben, als auch dem Staat, das heißt dem Ministerium und allen dazugehörigen Stellen, die für die Verteilung dieser Mittel verantwortlich sind.

Was sind die großen Punkte, die der Herr Minister, die das Ministerium und die die verantwortlichen Stellen vorhaben? – Beispielsweise die Digitalisierung: Digitalisierung heißt zusätzliche Mittel. Wir haben zuletzt – das ist ja allen hier im Haus bekannt – die TKG, die Telekommunikationsgesetz-Novelle, über die Bühne gebracht. Das ist ein wichtiger Meilenstein, um wirklich Breitband und Mobilfunk draußen bei den Betrieben und auch in der Fläche zu haben.

Ein wichtiger Punkt ist auch, Innovation bei der Beschaffung zu berücksichtigen. Wenn wir heute immer wieder nur hergehen und das reine Billigstprinzip nehmen, dann werden wir nicht dorthin kommen, innovative Betriebe auch insofern zu fördern, als dass wir Produkte, die neu sind, die die ganze gewohnte Umgebung erneuern können, dann auch wirklich bei der Beschaffung des Bundes oder der Bundesländer kaufen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die IP-Strategie. Wir haben heute noch einen kleinen Teil aus dem Markenrecht auf der Tagesordnung. Grundsätzlich ist es so – ich bin recht froh, dass sich das Patentamt da sehr, sehr aktiv einschaltet –, dass wir schauen, dass wir unsere eigenen österreichischen Patente in einer ordentlichen Anzahl haben und dass mit diesem Wissen neue Produkte geschaffen werden.

Ich möchte aber die Situation auch nutzen, um einen kurzen Artikel aus dem „Kurier“ nicht zu zitieren, aber anzusprechen. Woher kommt denn all dieser Wohlstand, den die Firmen haben und den der Herr Minister versucht in geordnete Bahnen zu bringen? – Das kommt ja nicht – das mögen mir jetzt die Touristiker verzeihen – aus dem Tourismus, das kommt nicht von den Lipizzanern und nicht von den Bergbauern. (Ruf bei der SPÖ: Sisi!) Das kommt von den Betrieben, die neue und innovative Produkte erstellen, die neue Produkte entwickeln und auch ins Ausland verkaufen. (Abg. Vogl: Jetzt hast du dir ein paar Feinde gemacht!)

Veränderung heißt innovare, innovare heißt Veränderung, und der Mensch ist immer ein bisschen gegen diese Veränderung eingestellt. Genau aber diese Innovation ist es, die uns nach vorne bringt. Wir sind nun einmal ein rohstoffarmes Hochlohnland, und wenn wir diesen Wohlstand bewahren wollen, dann brauchen wir eine ordentliche Technologiepolitik, dann brauchen wir aber auch die Techniker, die Naturwissen­schaf­ter und so weiter, die das Ganze für uns machen.

Herr Bundesminister Hofer, von dieser Stelle aus ein Danke für Ihre Maßnahmen! Ich hoffe, dass wir in Österreich noch viele gute Techniker und Naturwissenschafter her-


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vorbringen, die das auch entsprechend umsetzen können. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

16.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist Frau Abgeordnete Friedl gemeldet. – Bitte.


16.49.48

Abgeordnete Klaudia Friedl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Hohes Haus! Der Forschungs- und Technologiebericht 2018 liefert gute Ergebnisse. Wir haben mit 3,19 Prozent beim Forschungsinput den guten zweiten Platz hinter Schweden mit 3,25 Prozent belegt. Zur Information: Im Jahr 2016 lag die durch­schnittliche Forschungsquote bei 2,03 Prozent. Wir haben also ein Ergebnis, auf das wir wirklich stolz sein können. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir stehen aber vor der verantwortungsvollen Aufgabe, Antworten auf große Fragen unserer Zeit zu finden, die sich eigentlich die ganze Welt stellt. Es geht um Digita­lisierung, Klimaveränderung und demografischen Wandel, aber auch um politische Entwicklungen, die unsere Demokratien schwächen könnten. Mit der Forschung schaffen wir aber die Voraussetzungen dafür, diesen rasanten Entwicklungen mit Evidenz und Innovation, aber auch mit Perspektiven zu begegnen.

Wir können auch sichtlich stolz darauf sein, dass bei uns die Zusammenarbeit zwi­schen Wirtschaft und Wissenschaft besonders gut funktioniert. Wir sind da international ganz weit vorne. Die Kooperation der Universitäten mit unseren Unternehmen funk­tioniert tadellos, da sind wir in der EU spitze. Wir haben uns 2011 mit der FTI-Strategie vorgenommen beziehungsweise zum Ziel gesetzt, dass wir 2020 in die Spitzengruppe der innovativsten Forschungsländer Europas vorpreschen wollen. Ich muss allerdings feststellen beziehungsweise glaube ich aus heutiger Sicht, aus der des Jahres 2018, feststellen zu können, dass uns das leider nicht gelingen wird.

Wenn wir aber im internationalen Wettbewerb ganz vorne mitspielen wollen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, müssen wir die direkte Forschungsförderung, vor allem aber auch die Grundlagenforschung finanziell massiv stärken und dürfen wir sie nicht aushungern. Fakt ist, dass wir die Mittel für die Forschungsprämien in den vergangenen Jahren fast um das Fünffache erhöht haben, aber die Mittel für den Wissenschaftsfonds nur verdoppelt haben. Im gleichen Zeitraum haben Nachbarländer wie die Schweiz oder Deutschland ein Vielfaches investiert.

Wir haben zum Beispiel im Vergleich zu den Schweizern nur ein Fünftel der Ausgaben in diesem Bereich. (Abg. Deimek: Da muss man aber die Länderspezifika sehen! Die Schweiz hat Pharmaindustrie!) – Investitionen in die Grundlagenforschung, Herr Kol­lege, sind das Um und Auf – das wissen wir und das wissen Sie genauso. Damit investieren wir letztendlich in die gesamte wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes und damit auch in unsere Zukunft. Wir schaffen damit Wirtschaft, wir schaffen damit Arbeit und erhalten den Wohlstand, den wir uns schwer erarbeitet haben.

Österreich hat das Potenzial, europaweit mitzuarbeiten und zu den attraktivsten Ländern für Forschung, Ausbildung und Innovation zu werden. Beginnen müssen wir aber an der Basis, im Kindergarten und in der Volksschule. Fördern wir individuell nach den Talenten, gleichen wir die Schwächen unserer Kinder aus, gehen wir bei der Benotung nach vorn und nicht zurück in die Steinzeit! Digitalisieren wir endlich die Klassenzimmer! Setzen wir vermehrt auf Fremdsprachen und verabschieden wir uns bitte von dem unsäglichen Wiederholen von Schulstufen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)


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Dann werden wir mit Leichtigkeit die obersten Sprossen dieser Leiter erklimmen und Forscherinnen und Forscher haben, die unser Land an den internationalen For­schungszenit führen können. Erfolg hat bekanntlich drei Buchstaben: Tun. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

16.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist Frau Abgeordnete Niss gemeldet. – Bitte.


16.53.43

Abgeordnete Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! So mancher möchte sich fragen, wie wir es schaffen, in Zeiten der Digitalisierung und der Globalisierung unseren Wohlstand zu erhalten. Die Wirtschaft hat diesbezüglich schon einen Konsens gefunden, und der heißt Innovation.

Das haben auch die vergangenen Regierungen schon aufgefasst. So können wir im Regierungsprogramm des Jahres 2008 lesen: „Österreich soll von der Gruppe der ‚Followers‘ zur Gruppe der ‚Innovation Leader‘ aufsteigen“. In jenem des Jahres 2013 steht, man wolle „durch Orientierung an der FTI-Strategie [...] in die Spitzengruppe der innovativsten Forschungsländer Europas aufsteigen“. Da aller guten Dinge halt nun mal drei sind, findet man das auch in unserem Regierungsprogramm. Dieses Mal aber wurde das Regierungsprogramm von einer Regierung geschrieben, die auch umsetzt, was sie versprochen hat. Ich glaube, das hat sie im letzten Jahr auch schon gezeigt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Der Forschungs- und Technologiebericht zeichnet ein sehr vielfältiges und positives Bild der österreichischen Forschungs- und Technologieaktivitäten. Hervorzuheben ist dabei natürlich unsere positive Forschungsquote von 3,19 Prozent. Wir sind noch nicht ganz bei den avisierten 3,76 Prozent, aber immerhin haben wir die zweithöchste Quote in Europa.

Wir wissen natürlich auch alle, dass Input nicht gleich Output ist. Um tatsächlich ein Topinnovationsland zu werden, müssen wir unseren Output noch steigern. Um das zu erreichen, müssen wir das gesamte System stärken, von der Grundlagenforschung bis zur angewandten Forschung. Ich verwahre mir in dieser Hinsicht, die Grundlagen­for­schung immer gegen die angewandte Forschung auszuspielen, denn Sie wissen, wir brauchen beides, um auch erfolgreich zu sein. Im Gegenteil: Wir brauchen eine noch bessere Zusammenarbeit, mehr Wissenstransfer, also eine bessere Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft – Science to Business, wie das heute auf Neudeutsch heißt.

Nur so werden wir es schaffen, unseren Wohlstand auch in einem globalen Umfeld – in dem befinden wir uns – wirklich zu sichern, denn eines ist klar: Unsere Wettbewerbs­fähigkeit hängt nicht nur von uns selbst ab, sondern auch von den Stärken und Schwächen der anderen Länder. Wenn man nach Osten, beispielsweise nach China, oder nach Westen in die USA schaut, muss man schon sagen, dass da einiges getan wird.

Was wir in der Forschung brauchen, ist Topqualität. Ich gebe Ihnen recht, natürlich brauchen wir eine Stärkung des FWF. Wir brauchen eine Stärkung der Grundlagen­forschung im kompetitiven Bereich, im Wettbewerbsbereich. Ich möchte aber auch sagen, dass wir Äpfel nicht mit Birnen vergleichen dürfen, wir müssen bei der Grund­lagenforschung den gesamten Bereich sehen, und dazu zählt auch die Universitäts­forschung.


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Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass die Wirtschaft auch einer Technologie­offen­sive bedarf. Auch wenn es die SPÖ nicht verstehen mag, holt uns die Forschungs­prämie halt forschungsintensive Investitionen nach Österreich; und diese schaffen halt nun mal Arbeitsplätze. Ich glaube, wir sind uns alle einig (Zwischenruf des Abg. Stöger), dass wir diese Arbeitsplätze auch brauchen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zum Vergleich mit der Schweiz im Bereich der Grundlagenforschung: Dort gibt es natürlich eine Pharmaindustrie, deswegen bringen die verstärkten Investitionen in die kompetitive Grundlagenforschung noch um ein Vielfaches mehr.

Was wir aber auch brauchen, um erfolgreich zu sein – ich glaube, das wollen wir alle –, ist ein Innovationsnachwuchs. Alle Unternehmen und Experten sagen uns, dass der größte Hemmschuh unseres Wirtschaftswachstums der wäre, dass wir es nicht schaf­fen, genügend Fachkräfte zu haben. Es können heute schon acht von zehn Unterneh­men keine Fachkräfte in den Bereichen der Technik und der Informatik finden.

Wir brauchen also eine umfassende Strategie, wie wir es schaffen, durch Aus- und Weiterbildung, durch Umschulung und qualifizierte Zuwanderung Expertise im Land aufzubauen beziehungsweise ins Land zu holen. Mein Dank gilt an dieser Stelle der Regierung, die das Problem ja schon erkannt hat und beispielsweise mit dem Ausbau der Fachhochschulen, der Investition in die Universitäten oder mit einer geplanten Neuregelung der Rot-Weiß-Rot-Karte die ersten Schritte setzt, um das auch zu lösen. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass es ganz wichtig sein wird, die Freude, die Neugierde und die Begeisterung an der Technik bei kleinen Kindern zu wecken und zu vermitteln, und zwar vom Kindergarten an, denn dort sind unsere Fachkräfte von morgen. Wenn wir das schaffen – da bin ich mir bei unserer Regierung sicher –, steht einem innovativen und erfolgreichen Österreich nichts im Wege. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.58

16.58.28*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe mir das Protokoll kommen lassen: Für das Wort „Vernaderer“ in der Aussage „hier die Vernaderer“ erteile ich Herrn Abgeordnetem Hauser, auch wenn er gerade nicht im Saal ist, einen Ordnungsruf. (Beifall bei der SPÖ.) – Ich brauche dafür keinen Applaus!

*****

Zu Wort ist Frau Abgeordnete Gamon gemeldet. – Bitte.


16.58.50

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Forschungsgemeinschaft in Österreich! Wenn man den Forschungs- und Technologiebericht liest, wird einem vor allem eine Leistungsschau präsentiert. Man könnte fast meinen, dass wir bezüglich technologi­scher Leistungsfähigkeit eigentlich bereits an der Weltspitze sind.

Der gleichzeitig in der Ausschusssitzung besprochene Bericht des Rates zeigt jedoch ziemlich en détail auf, warum dem eben nicht so ist. In der Ausschusssitzung waren sich auch Minister Faßmann und der Vorsitzende des Rates, Hannes Androsch, einig, dass Input und Output in Österreich sehr weit auseinanderklaffen. Wir nehmen viel Geld in die Hand, aber es kommt im Vergleich zu anderen Ländern relativ wenig dabei


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heraus. Die beiden waren sich aber sehr uneinig darüber, wie dramatisch die Situation eigentlich ist.

Seit wann sind wir denn überhaupt damit zufrieden und brüsten uns damit, dass wir vielleicht irgendwo im Mittelfeld liegen, eventuell, wenn wir es ein bisschen besser machen? Ich glaube nicht, dass das etwas ist, womit man sich schmücken sollte. Die Anlage zum FTI-Bericht, der Bericht zur Leistungsfähigkeit 2018, findet da übrigens klare Worte: „Die [...] durchgeführte Analyse der Input-Output-Relation [...] weist ein­deutig darauf hin, dass Österreich sich in keinem Bereich des FTI-Systems unter den effizienten Ländern befindet“ und dass „die Innovationseffizienz Österreichs deutlich unter dem durchschnittlichen Niveau der Innovation Leaders“ liegt. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Von dem, was vorhin erzählt worden ist – ein bissl mehr, ein bissl mehr, dann schaffen wir es zu den Leadern! –, sind wir also noch meilenweit entfernt. Auch da möchte ich Hannes Androsch zitieren, der gesagt hat: Ja, es blühen ab und an Edelweiß und Enzian, aber Edelweiß und Enzian alleine ergeben noch keinen Blumenstrauß. – Und das ist das Problem diesbezüglich. Er hat auch gesagt: Wir müssen mit der Gießkanne nicht kleckern, sondern klotzen, was Forschungsinvestitionen betrifft. (Beifall bei den NEOS.)

Im europäischen Vergleich gibt es einige Länder, etwa Deutschland und Dänemark, die das wesentlich besser machen, die wesentlich effizienter darin sind, die Mittel einzu­setzen, und wir sind eben im Mittelfeld. Das heißt, es gibt noch enormes Potenzial, die Innovationseffizienz hinaufzuschrauben.

Wenn wir das wirklich machen wollen, müssen wir aber einmal über unsere politische Prioritätensetzung reden. Wie kann es sein, dass wir jedes Jahr immer wieder beim Budget darüber streiten müssen, dass der FWF ordentlich ausgestattet wird? Wie kann es sein, dass wir um jeden Euro für die Grundlagenforschung kämpfen müssen? (Bei­fall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da vorhin von Kollegin Niss gesagt worden ist, dass das in der Schweiz besser funktioniert, weil es dort eine Pharmaindustrie gibt: Das ist natürlich nicht richtig. Die geben einfach wesentlich mehr Geld, mehr öffentliche Mittel für die Grundlagen­for­schung aus. Das ist eine Geldfrage. Gerade die Schweiz, wo nicht der Sozialismus ausgebrochen ist, sondern die von den Kollegen von der SPÖ allerhöchstens vielleicht als neoliberaler Staat beschimpft werden kann, gibt wesentlich mehr staatliche Gelder für ihre Grundlagenforschung, für ihre öffentlichen Universitäten, für das ganze System aus, als Österreich es tut. Da hat man nichts, worauf man stolz sein kann, und schon gar nichts, worauf man sich rausreden kann.

Die einzige Konstante dabei ist natürlich, dass der Rat immer wieder dieselben Empfehlungen bringt. Man kann sich da wirklich den Mund fusselig reden, denn es wird auch im nächsten Bericht wahrscheinlich wieder genau dasselbe sein: die Erhöhung der Mittel für die Grundlagenforschung – dem FWF fehlen nämlich 80 Millionen Euro; da schließen wir immer noch nicht an jene Länder an, die es am besten machen, und das ist das, was schon längst notwendig wäre, um überhaupt zu einer ordentlichen Dotierung zu kommen –, der stärkere Ausbau der FH-Plätze und auch eine Effizienz­erhöhung im sehr stark, vollkommen unnötigerweise, zersplitterten F&E-Förderwesen.

Wie kann es sein, dass wir da in ganz Österreich, über die Bundesländer verteilt, Dutzende unterschiedliche Förderstellen im Forschungs- und Entwicklungsbereich haben? Wenn es um jeden Euro geht, hat man keinen Euro, den man daran ver­schwenden kann, dass er irgendwo in der Verwaltung liegen bleibt. Das ist Geldver­schwendung. Das ist Geld, das dringend in diesem Bereich benötigt wird, damit wir


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überhaupt irgendwann einmal dem nahekommen können, Innovation Leader zu wer­den. Wir sind noch meilenweit davon entfernt. (Beifall bei den NEOS.)

17.03


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Stephanie Cox. – Bitte.


17.03.17

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist gerade eine Studie mit einer Headline herausgekommen, die besagt, dass der Ausbau der Telekommunikation in der heimischen Wirtschaft bereits höher bewertet wird als jener der Straßen und Schienen.

Es ist sehr interessant, dass wir jetzt an dem Punkt angelangt sind, an dem Telekom­munikation nicht nur diskutiert wird, sondern an dem man sich wirklich anschauen muss, wo investiert gehört, wo umgesetzt gehört.

Im Bericht steht, dass „die Verbreitung von digitalen Produktionstechnologien und IoT-Lösungen durch verschiedene Aktivitäten“ gefördert werden sollte und dass „die inner- und überbetriebliche Vernetzung von Produktionsschritten eine leistungsfähige Infra­struktur“ erfordert.

Da sprechen wir von Breitband, da sprechen wir von Glasfaserausbau, da sprechen wir von 5G. Worüber sprechen wir aber genau? Gestern haben wir auch den Rech­nungshofbericht diskutiert. Sehr stark wurde darüber diskutiert, wie viel bei der Breit­bandmilliarde bereits vergeben wurde, und nicht nur vergeben wurde, sondern auch bereits umgesetzt wurde. Die aktuellen Daten, die mir da zugespielt wurden, besagen, dass im Moment 461,8 Millionen Euro zugesagt wurden. Es ist aber noch immer ein Unterschied: etwas zuzusagen oder etwas wirklich umzusetzen. Diese Frage sollte man sich natürlich stellen, weil man ja bis 2020 den Breitbandausbau, die Breitband­milliarde umgesetzt haben möchte.

Jener Bericht und der Bericht, der jetzt diskutiert wird, hängen sehr eng zusammen, und wenn wir die aktuellen Innovationen und die Innovationen der Zukunft haben wollen, dann muss natürlich auch die passende Infrastruktur vorhanden sein. Diesbe­züglich ist herausgekommen, dass einfach die geringe Nachfrage nach Anschluss mit höherer Bandbreite da ist. Die Frage, die ich mir da immer stelle, ist: Welche Rolle haben wir jetzt in der Politik inne, damit die Gemeinden verstehen, damit die Menschen in den Gemeinden verstehen, dass sie jetzt noch genug Breitband haben, dass sie jetzt noch eine Schnelligkeit des Internets haben, aber dass das, wenn wir unser Ge­sundheitssystem in fünf, zehn Jahren anschauen, ein Hockeystick ist? Dann ist der Datenverbrauch, den wir haben, die Schnelligkeit, die wir benötigen, eine ganz eine andere, und da können wir nicht erst in fünf oder zehn Jahren ansetzen, da müssen wir jetzt ansetzen. Wir müssen jetzt die Infrastruktur zur Verfügung stellen.

Ich glaube, die Frage, die wir uns hier stellen müssen, ist – denn es ist unsere Aufgabe in der Politik, auf politischer Ebene, die Infrastruktur bereitzustellen –: Wie können wir es den Gemeinden, wie können wir es den Menschen vermitteln, quasi als Dolmet­scher der vierten industriellen Revolution, damit sie verstehen, dass wir jetzt aufgraben müssen, dass wir jetzt da ansetzen müssen, damit sie die Mobilität, den Wissens­zugang, die Bildung, den Gesundheitszugang haben, den sie sich wünschen und den wir ihnen wünschen? (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Kucher.)

Es wird ja auch immer wieder an der Breitbandstrategie für 2030 gebastelt, und ich glaube, da ist es eine wichtige, wichtige Sache, die jetzt natürlich auch vom Techno­logiebericht inspiriert wurde, aber die für mich wichtig ist, ihnen und auch uns die


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Message mitzugeben: Wir müssen diesbezüglich wirklich ÜbersetzerInnenarbeit leis­ten, damit die Menschen auch verstehen, warum wir Breitband, warum wir 5G brauchen.

Da geht es nicht nur darum, dass wir dann mit Autos fahren, die wir nicht mehr lenken müssen; wir wollen ja trotzdem das Handy im Auto verwenden. Die Situation können wir uns teilweise noch gar nicht vorstellen, vor allem gibt es viele Jobs noch gar nicht. Das heißt, die Zukunft ist einfach etwas, womit wir uns bereits jetzt auseinandersetzen müssen. Dazu wünsche ich mir eine bessere Kommunikation, damit wir auch im länd­lichen Bereich die Menschen und vor allem auch die älteren Generationen mitnehmen.

Das bedeutet jetzt, dass wir uns, wenn wir Breitband diskutieren, wenn wir 5G diskutieren, nicht an Zahlen, nicht an Versprechungen aufhängen dürfen, die gemacht werden, bei denen man sagt: Okay, das könnte kommen. Ich glaube, wir müssen uns wirklich damit auseinandersetzen: Kommt dann das, was wir uns wünschen, das, was wir wollen – gerade wenn es um Breitband geht –, wirklich bei den Leuten an? Kommt es wirklich in den Gemeinden an? Gehen die Telcos, die Telekommuni­kationsunter­nehmen, dann wirklich in die Bereiche, in die Regionen, wo dieses Internet auch gebraucht wird, was vielleicht jetzt noch nicht verstanden wird?

Ich sehe da unsere Verantwortung darin, DolmetscherInnen zu sein, anzupacken und klarzumachen: Es geht um Innovationen, die wir im Land haben wollen, es geht um eine Lebensqualität, die wir haben wollen, und es geht um Gesundheit, es geht um Bildung. Da braucht es mehr Transparenz, Zusammenarbeit und eine bessere Kom­munikation, damit wir schon jetzt eine bessere Zukunft gestalten. (Beifall bei JETZT.)

17.08


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster hat sich Herr Bundesminister Norbert Hofer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


17.08.51

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Dieser Bericht zeigt in seinen Zahlen, dass Österreich bei wichtigen FTI-Indikatoren den Weg in Richtung Innovation Leader weiter fortgesetzt hat.

Ich glaube, auch die Tatsache, dass Firmen wie Infineon große Beträge in Österreich investieren, im konkreten Fall einen Milliardenbetrag, beweist, dass wir ein sehr innovations- und forschungsfreundliches Umfeld haben. Wenn Firmen wie Frequentis oder FACC von Österreich aus so erfolgreich sind, dann können wir sehr, sehr stolz auf diese Unternehmen sein, aber auch auf das Umfeld, das da angeboten wird.

Auch die Patentanmeldungen beweisen uns, dass wir in Österreich eine gute Basis geschaffen haben, auf der Ideen auch gedeihen können. Ich möchte auch sagen, dass das Patentamt – wir kommen heute noch zu diesem Punkt – mit seinen Mit­arbeite­rinnen und Mitarbeitern, mit der Präsidentin an der Spitze eine ganz, ganz hervor­ragende Arbeit leistet. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Auch beim Projekt Horizon 2020 zeigt sich, dass der Anteil der Projekte mit heimischer Beteiligung mit 2,8 Prozent ausgesprochen groß ist, wenn man vergleicht, wie viele Einwohner Österreich im Verhältnis zur gesamten Europäischen Union hat.

Wir haben heute Vormittag einen Bericht, ein White Paper, des Rates für Robotik und künstliche Intelligenz präsentiert. Robotik, KI all das wird sehr, sehr viel verändern. Das, was wir heute in diesem Bereich tun, ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was auf uns zukommen wird.

Dieser Rat ist deswegen so wichtig, weil auch viele ethische Fragen und auch gesell­schaftliche Fragen zu klären sind. Welche Arbeitsplätze wird es denn in Zukunft noch


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geben, und welche Arbeitsplätze werden vielleicht in Zukunft nicht mehr da sein? – Denken Sie einfach nur an das autonome Fahren. Das autonome Fahren kommt. Anfang der 2030er-Jahre wird das vollautonome Fahren in Österreich möglich sein. Sie brauchen dann kein Lenkrad mehr im Fahrzeug. Was bedeutet das aber zum Beispiel für Fahrschulen? Wie viele Menschen machen dann noch den Führerschein? Werden es weniger sein als bisher? Wahrscheinlich ja. Was heißt das für die Infrastruktur? Brauche ich beim autonomen Fahren noch unbedingt die geregelte Ampel oder wird man den Weg über die Kreuzung auf eine andere Art und Weise zurücklegen können?

Viele Dinge, die uns heute noch nicht beschäftigen, werden in der Zukunft drängende Fragen sein, die zwingender Antworten bedürfen. Wir werden uns auch die Frage stellen müssen, in welchem Ausmaß Roboter in der Pflege eingesetzt werden können. Da müssen wir besonders vorsichtig sein, da ein Roboter die menschliche Empathie, den sozialen Kontakt niemals ersetzen kann. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Trotzdem entsteht, das wissen wir, oftmals eine gewisse Beziehung zwischen Mensch und Maschine, wie Rainhard Fendrich einmal so treffend – ich glaube, „Zweier­beziehung“ hieß dieses Lied – gesungen hat. Manche Männer haben eine sehr inten­sive Beziehung zu ihrem Fahrzeug aufgebaut. Wenn in Zukunft Roboter menschen­ähnliche Gesichtszüge, eine menschenähnliche Mimik bekommen, wie reagiert dann der Mensch auf diesen Roboter? All diese Fragen versucht der Rat für Robotik und künstliche Intelligenz zu klären.

Wie sieht es mit der Datensicherheit aus? Wenn wir heute unsere Alexa zu Hause verwenden – und man weiß, es kann da alles mitgehört werden –, wie sicher sind dann unsere Daten, was wird mit diesen Daten gemacht? Da muss die Europäische Union, da muss Österreich einen besonders strengen Weg gehen.

In China ist man sehr stolz darauf, dass man kein Zugticket mehr mitführen muss, weil mit einer Gesichtserkennung klar ist, wer ein Ticket gelöst hat und wer nicht. Man sagt dort aber auch, dass gleichzeitig mit dieser Gesichtserkennung auf den Bahnhöfen und den Bahnsteigen auch Verbrecher erkannt und gefunden werden können. – Das ist genau das, wo wir eine Grenze setzen.

China sagt auch, dass es eine Überwachung der Verkehrswege durchführt, aber da geht es nicht nur darum, die Verkehrsströme zu messen, wie das bei uns der Fall ist, sondern darum, dass auch gleich das einzelne Fahrzeug so herausgefiltert wird, dass man einen Strafzettel bekommt, weil man in der Stadt falsch parkt. – Da setzen wir eben unsere Grenze: Daten verwenden – ja, aber anonymisiert; Verkehrsströme mes­sen – ja, aber mit diesen Daten nicht gleich auch den Falschparker erwischen.

Es ist schon erwähnt worden: Wir brauchen natürlich die Infrastruktur dazu, wir brauchen 5G, wir brauchen Breitband.

Die Förderungen betreffend, die zugesagt worden sind, und jene, die ausbezahlt wor­den sind: Die Projekte werden erst nach Abwicklung ausbezahlt, das ist der Grund, warum es da eine gewisse Diskrepanz gibt, aber das kommt ins Laufen. Wir brauchen die neue Breitbandstrategie, weil auch 5G wiederum alles verändert und wir in der Strategie nachziehen müssen.

Sie kennen die 5G-Ziele, die wir uns gesetzt haben: 2020 alle Landeshauptstädte ver­sorgt zu haben, 2023 die Hauptverkehrswege und 2025 dann in Österreich 5G anbie­ten zu können. Das ist keine leichte Aufgabe, das ist ein sehr, sehr hochgestecktes Ziel, damit wir auch wirklich vorne mit dabei sind. Eine der wichtigsten Maßnahmen war dabei, dass wir die öffentliche Hand verpflichten, zu erlauben, dass 5G-Antennen, die wesentlich kleiner als jene Antennen, die Sie im 4G-Bereich kennen, sind, auch


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wirklich auf öffentlichem Grund errichtet werden können – das bedeutet Gemeinde­grund, das bedeutet Eigentum des Landes, das bedeutet Bundesforste, das bedeutet Bun­desimmobiliengesellschaft, das bedeutet ÖBB, das bedeutet Asfinag und so weiter und so fort. Warum spielen ÖBB und Asfinag eine so große Rolle? Weil wir die Hauptverkehrswege rasch abdecken wollen, und dafür brauche ich unbedingt auch die Grundstücke dieser beiden großen Unternehmen.

Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, aber wir sind noch lange nicht dort, wo wir uns gerne sehen würden.

Eines möchte ich auch sagen, weil Hannes Androsch heute erwähnt worden ist: Han­nes Androsch ist ein sehr kritischer Geist, und er kann es sich erlauben, weil er sich in einer Lebensphase befindet, in der er von niemandem etwas braucht. Ich bin sehr dankbar, dass er sich auch einsetzt, um uns zu beraten, denn wenn man sich mit Jasagern umgibt, dann ist das die erste Stufe in Richtung Cäsarenwahn, und das kann niemandem weiterhelfen. Man muss sehr dankbar sein, wenn es Menschen gibt, die einem klipp und klar, ehrlich, auch manches Mal ein bisschen übertrieben, das muss man schon auch sagen, die Probleme vor Augen halten, die man auf einem sehr, sehr schwierigen Weg zu bewältigen hat.

Ich bin Optimist. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir unsere Ziele erreichen, aber man darf das Ohr nicht vor Problemen verschließen, die auf uns zukommen könnten. Ich sage nur, dass wir insgesamt – die Forschungscommunity, die Wirtschaft, die öffentliche Hand – auf einem ausgezeichneten Weg sind und diese Ziele, so sehe ich es, unbedingt erreichen werden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte.


17.17.12

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte jetzt in einigen Beispielen im Bereich der Forschung, Technologie und Innovation die Arbeit der Regierung loben, aber Sie haben gerade das Beispiel der Jasager gebracht. Deswegen gestatten Sie mir, dass ich ein eher kritisches Feedback gebe. Da muss ich meine Rede etwas abändern und andere Schwerpunkte setzen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Was wir alle sagen könnten, das haben wir auch mehrfach diskutiert: Wir haben im Bereich der Ausgaben für Forschung und Entwicklung europaweit ordentlich zugelegt, wir sind inzwischen die Nummer zwei. Es hat sich sehr, sehr viel getan, es hat spannende Projekte gegeben, aber wir brauchen uns nicht anzulügen, es ist wirklich noch jede Menge zu tun.

Ein zentraler Satz ist heute von Kollegin Niss gekommen, bei dem ich ihr zu 100 000 Pro­zent zustimme: Wir brauchen eine ganzheitliche Strategie – vor dem Hintergrund der Digitalisierung, die die Art und Weise, wie wir leben, wie wir arbeiten, dramatisch ver­ändern wird. Da werden wir dann alle wieder hören – auch in öffentlichen Debatten –, dass es große Chancen, aber auch große Gefahren gibt. Wir können das, glaube ich, zuspitzen: Wenn wir in Österreich etwas tun, wenn wir ordentlich Gas geben und den richtigen Weg beschreiten, dann wird es für Österreich gut ausgehen, und wenn wir das nicht machen, dann wird nichts weitergehen.

Wenn wir es jetzt miteinander durchgehen, quer durch alle Bereiche – das macht es ja so spannend –, sehen wir, dass sich die Frage stellt, wie denn diese ganzheitliche Strategie ausschaut, wenn wir sozusagen glauben, dass wir im Bereich Innovation Weltmeister werden, dass wir alle in einem schnellen Boot unterwegs sind? – In der


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Regierung weiß ich nicht ganz genau, wer da navigiert, aber Herr Minister Hofer rudert einmal kräftig im Bereich der angewandten Forschungsförderung, da tut sich einiges, da werden viele positive Programme auch fortgesetzt, dieser Weg ist durchaus in Ordnung. Es gibt aber auch noch andere Kolleginnen und Kollegen, bei denen man sagen muss, Digitalisierung ist eben ein ganzheitliches Thema.

Gehen wir die Bereiche jetzt durch. Wir wissen alle, dass es Menschen und Berufs­gruppen geben wird, die von der Digitalisierung ganz hart getroffen werden, die unter Umständen keine Tätigkeit mehr haben oder deren Arbeitsplätze in Zukunft wegfallen werden. Die Frage ist: Was machen wir denn mit diesen Menschen? Sagen wir der 57-jährigen Frau: Schau, was aus dir wird, kümmere dich um dein eigenes Leben, schau, was du in Zukunft weiter machst!, oder gibt es eben Maßnahmen wie die Aktion 20 000? – Die ist aber gerade abgeschafft worden; ist das dann eine Antwort auf ältere Men­schen?

Jetzt wissen wir alle, der Bereich der Weiterbildung wird wichtiger werden. Diese 57-jährige Dame, die vielleicht im Verkauf gearbeitet hat, wird nicht innerhalb von drei Jahren auf einmal eine IT-Expertin werden. Wo ist denn der Bereich der Weiter­bildung?

Das sind doch alles zentrale Punkte. Das betrifft den Bildungsbereich, den Sozial­bereich, den Gesundheitsbereich, die gesamte Wirtschaftspolitik. Man merkt, dass da einiges zusammenspielen muss. Ich habe mich gefreut, das war der positive Punkt, dass wir in Österreich, zumindest auf dem Papier, eine Digitalisierungsministerin haben. Das Schlimme ist nur, sie macht Stückwerk, sie redet ein bisschen von Inter­netkursen, die ihr superwichtig sind, sie macht weiterhin ein bisschen die Wirt­schafts­förderung, aber die gesamte ganzheitliche Strategie fehlt bei Kollegin Schramböck vollständig. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Gamon und Griss.)

Kollegin Schramböck war diejenige, die im Rahmen ihres Budgets, sozusagen bei den Kriterien, die sie sich vorgenommen hat, zum Beispiel gesagt hat: Wir haben eigentlich schon zu viele Start-ups, wir müssen eher schauen, dass wir uns stabilisieren; da streichen wir weg, dass wir mehr haben wollen. Der Bereich der angewandten Forschungsförderung, vor allem für die KMUs, ist gerade gesunken, da geben wir weniger aus. – Das heißt, die großen Unternehmen, die es ohnehin können, unter­stützen wir, bei den kleinen machen wir gar nichts mehr. Das sind alles Dinge, die nicht zusammenpassen.

Der wichtigste Punkt ist – wir kennen alle diese politischen Sonntagsreden –: Wir haben in Österreich kein Erdöl, wir haben keine Diamanten, sondern das Alleraller­wichtigste sind die Talente von jungen Menschen. Was passiert aber in diesem Bereich? – Die allerwichtigste Frage im Bereich der Bildungspolitik ist die Frage, ob wir Ziffernnoten in der Volksschule kriegen oder nicht. Da sind wir doch meilenweit von der Realität, von einer Schule, in der die Eltern, die Lehrer, die Schülerinnen und Schüler alle eine Freude haben, von einer Schule, in der es keine Nachhilfe gibt, entfernt! Das sind doch die Herausforderungen, die wir haben!

Oder dass man auf der Uni zum Beispiel Studienplätze streicht, dass auf einmal Studienplätze an den Universitäten wegfallen; dass sich im Bereich Ausbau der Fachhochschulen gar nichts tut; dass man junge, fleißige Menschen, die arbeiten müs­sen, damit sie sich ihr Studium überhaupt leisten können, mit zusätzlichen Studien­gebühren bestraft, das ist doch leistungsfeindlich; dass man junge Talente dann abhält, dass auf einmal die Geldbörse entscheidet und nicht mehr das, was man sozusagen im Kopf hat und persönlich bewegen möchte (Beifall bei der SPÖ) – das sind doch die Punkte, bei denen sich zeigt: Digitalisierung und Innovation sind eben deutlich, deutlich mehr!


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Diese Bereiche könnte man, glaube ich, auch deutlich fortsetzen. Es gibt dann Be­reiche wie die Grundlagenforschung, in denen wir wirklich mehr machen müssen. Jetzt können wir alle, sozusagen quer durch die Ausschüsse, diskutieren: Das ist eine zentrale Säule, da geht es um junge Forscherinnen und Forscher, die in Österreich die besten Chancen haben sollten. Was in anderen Bereichen in Österreich funktioniert, das muss doch auch da möglich sein! Kickl bekommt seine Polizeipferde, weil sie ihm so wichtig sind. Da muss es doch wohl möglich sein, dass die jungen Menschen, die forschen wollen, in Österreich auch die entsprechenden Rahmenbedingungen haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist also eine Frage des politischen Willens und der Machbarkeit. Es ist jetzt eine Zeit der Hochkonjunktur: Wenn man es jetzt nicht macht, dann will man es nicht machen! Es ist, glaube ich, dringend notwendig, dass wir ordentlich Gas geben und diese Bereiche auch geregelt kriegen. Ganzheitliche Strategie heißt eben, dass Digi­talisierung deutlich mehr ist als die klassische angewandte Forschungsförderung und dass alle Regierungsmitglieder ihre Arbeit machen müssten. Davon sind wir leider noch deutlich entfernt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.22


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.


17.22.21

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich verstehe Ihre Opposition, Herr Kollege Kucher. (Zwischenruf des Abg. Kucher.) Ich finde es aber immer wieder faszinierend, dass man vergessen kann – und so lange ist es ja doch noch nicht her –, dass für viele Dinge, die wir heute besprechen, die sich da im Technologie- und Forschungsbericht abbilden, auch die SPÖ vor Kurzem noch in der Regierung zuständig war. Vier Minister, glaube ich, habe ich in meiner kurzen Amtszeit im BMVIT erlebt: Präsidentin Bures, Herrn Stöger, Herrn Klug, Herrn Leichtfried – fast im Jahrestakt haben sie gewechselt. Auch das Bildungsministerium war ein Bereich, den die SPÖ innehatte.

Die Themen, die da nicht aufgenommen worden sind, versuchen wir jetzt in dieser Regierung aufzuarbeiten, beispielsweise das Thema Digitalisierung in der Schule. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kucher.)

Ich weiß, wir haben diesbezüglich auch einmal gemeinsam einen Antrag an die damalige Bundesministerin gestellt; geschehen ist relativ wenig auf diesem Weg.

Jetzt setzt Bildungsminister Faßmann gemeinsam mit den Regierungskollegen in die­sem Bereich um, dass wir zum einen die Infrastruktur in der Schule haben, dass aber vor allem der Unterricht auch mit Digitalisierung verknüpft wird und dass auch Grund­kompetenzen in der Schule gelernt werden.

Wir nützen auch unsere Position in der Bundesregierung dazu, gerade auch den Themenbereich Forschung und Entwicklung weiterzuführen. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie heute auch das Thema künstliche Intelligenz präsentiert haben. Erst gestern hat Kollegin Cox auch im Zuge des Rechnungshofberichts angesprochen, was für ein wichtiges Thema das doch ist. Ich muss aber auch dazusagen, es ist nichts Neues. Ich glaube, die ersten Papiere im Ministerium gab es diesbezüglich schon 2012.

Wir müssen da aber auch Schritt halten, denn es tut sich in dieser Entwicklung so immens viel, und wir müssen es ganzheitlich betrachten. Das heißt sicherlich zum einen: Wie können wir die Entwicklung fördern, die Forscherinnen und Forscher, die Anwenderinnen und Anwender beziehungsweise die Unternehmen, die es zum Einsatz bringen, unterstützen? Wie können wir all das aber trotzdem gleichzeitig auch kritisch


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beäugen? Was hat das für Auswirkungen auf unsere Gesellschaft? Was hat das für Auswirkungen auf Entscheidungsprozesse et cetera? – Ich glaube, das müssen wir ganzheitlich betrachten, und ich glaube, da sind wir mit dieser Strategie auch auf einem wichtigen Weg.

Ich wollte eigentlich ein ganz anderes Thema anschneiden, weil heute auch schon das Thema Unternehmensforschung angesprochen worden ist: Das Thema Industrie und große Unternehmen und der Beitrag, welchen sie für den Wirtschaftsstandort, für Arbeitsplätze leisten, wurde schon erwähnt. Ich möchte aber vor allem auch die Klein- und Mittelbetriebe vor den Vorhang holen, die allein in ihrer Garage, in ihrem Büro arbeiten, die vielleicht mit Partnerunternehmen oder mit ihren Kunden Dienstleistungen und Produkte entwickeln oder auch mit universitären oder außeruniversitären For­schungseinrichtungen weiter bestrebt sind, da etwas zu tun, innovativ zu sein.

Ich glaube, wir haben in den letzten Jahren da einen massiven Sprung gesehen. Es sind viele Initiativen von der Politik in den Bereichen der Start-up-Förderung, der Grün­dungsförderung, in der Vernetzung dieser Stakeholder gesetzt worden. Wir kennen Pilotfabriken, Hubs, wo man sich ausprobieren kann, austesten kann. Ich glaube, dass da wirklich eine positive Stimmung entstanden ist, wenn es um Gründung geht und wenn es um Forschung und Entwicklung geht.

Auf dem Weg brauchen wir aber dennoch – und das ist aus dem Forschungs- und Technologiebericht hervorgegangen – das Thema Fachkräfte, qualifizierte Personen, die da mitwirken können, die sich im Unternehmen wie auch in den Universitäten, in den Forschungseinrichtungen einbringen können, die mitentwickeln. Das wird die große Zielsetzung sein.

Da darf ich auch zu dem, was Kollege Kucher vorhin gesagt hat, ergänzen: Auch da setzen wir Maßnahmen, erst vor Kurzem auch die Ankündigung, wir wollen über tausend Plätze schaffen, wenn es um die Ausbildung im Mint-Bereich geht. Das beginnt bei der Lehre und geht über die berufsbildenden höheren Schulen bis hin zu Universitäten und Fachhochschulen. Wir müssen das ganzheitlich auch in diesem Bereich betrachten, denn jede Qualifikation, jeder Bildungsabschluss ist da ein sehr wesentlicher und relevanter.

Ich kann hier durchaus auch mit einem positiven Blick enden: Ich bin selbst in eine HTL gegangen, und die HTLs sind da sicherlich auch ein Vorzeigebeispiel. Über meine ehemalige Schule, die HTL Hollabrunn, wurde gestern in einer Tageszeitung berichtet, weil gerade drei von ihren Schülern dort nicht nur Wissen erwerben, sondern sich im Rahmen ihrer Diplomarbeit auch innovativ in die Schule einbringen. Sie haben ein Atemschutzgerät entwickelt, das im Sichtfenster wichtige Daten anzeigt, wenn es um den Einsatzort der Kolleginnen und Kollegen geht, wenn es um Temperaturanzeige oder eben andere Bereiche geht, wie zum Beispiel die Sauerstoffreserve.

Das ist gelebte Innovation bereits im Schulsystem, und ich glaube, das müssen wir auch weiterhin fördern. Wenn ich das sehe, dann ist mir sicherlich nicht bang um unsere Zukunft. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Smolle. – Bitte.


17.27.55

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben schon gehört, wir haben eine Forschungsquote von 3,19 Pro­zent und liegen damit an zweiter Stelle in Europa. Das ist wirklich ein schöner Erfolg. Als Steirer darf ich da noch ergänzen, dass wir von unserem Bundesland da wirklich


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signifikant etwas beitragen. Wir haben nämlich eine F&E-Quote von 5,14 Prozent und liegen damit europaweit unter den verschiedenen Regionen im Spitzenfeld.

Interessant ist, wie sich diese Finanzen zusammensetzen, und zwar kommt etwa ein Drittel von der öffentlichen Hand, und im Wesentlichen kommen zwei Drittel aus der Wirtschaft, aus der Industrie, aber auch aus den Klein- und Mittelbetrieben. Ein beson­derer Erfolgsfaktor ist das intensive Zusammenwirken der öffentlichen Bildungsein­richtungen mit der Wirtschaft. Das ist auch etwas, wo Österreich sehr, sehr gut dasteht.

Es gibt einen Punkt in der Finanzierung, bei dem wir massiven Aufholbedarf haben. Das ist das Geld, das von privaten Spenden, quasi aus dem privaten Mäzenatentum, kommt. Da gibt es erst sehr, sehr wenig, und da ist es notwendig, die Bedeutung der Wissenschaft im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern und das auch mit einem positiven Ausblick zu verbinden.

Ein weiterer Aspekt – er wurde schon angesprochen – ist die Grundlagenforschung. Österreich ist ein Land, das eine kräftige Grundlagenforschung braucht. Da die kompe­titiven Mittel zu steigern, ist sicher eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre.

Betrachten wir nun auch den Transfer des Wissens aus der Akademie in die Ge­sellschaft, dann erkennen wir ein ganz zentrales Problem, das es jetzt auch zu lösen gilt: Das ist die Open-Access-Strategie. Derzeit ist es so: Die öffentliche Hand finan­ziert die Forschung, diese stellt den Verlagen ihre Manuskripte gratis zur Verfügung, und die öffentliche Hand darf dann wieder bei den Verlagen einkaufen, damit wir auch lesen dürfen, was wir selber produziert haben. Da in Richtung Open Access zu gehen ist ganz wichtig!

Schauen wir uns an, wo Österreich im internationalen Vergleich liegt! – Laut European Innovation Scoreboard oder vergleichbaren Dingen liegen wir bei den Strong Innovators weit vorne. Wir haben die Innovation Leaders noch nicht erreicht; einmal ist der Abstand geringer, einmal ist er ein bisschen größer. Unterm Strich: Wir machen sehr viel, aber der Rest der Welt schläft natürlich auch nicht.

Zwei wirklich positive Aspekte aus dem letzten Jahr: „Nature“, die wissenschaftlich höchstrangige Zeitschrift, hat in ihrem „Nature“-Index Österreich mit fünf anderen Ländern als Rising Star qualifiziert. Und es gibt ein Ranking der 30 erfolgreichsten jüngeren Forschungseinrichtungen weltweit; darunter finden sich zwei österreichische, nämlich das IST Austria an Position 8 und – jetzt muss ich lächeln – die Medizinische Universität Graz an Position 25. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Dank gilt all den Wissenschafterinnen und Wissenschaftern für ihre tägliche Arbeit, sowohl im öffentlichen Sektor wie in der Wirtschaft. Sie haben es verdient, dass wir mit einem realistischen, begründeten Optimismus in die Zukunft gehen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.31


Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Mag. Jachs. – Bitte.


17.31.58

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher! Was verbindet eigentlich Christian Doppler, Paul Fürst, Josef Madersperger, Lise Meitner und Hedy Lamarr? (Ruf bei der SPÖ: Alles Steirer!) – Darüber hinaus, dass sie alle Steirer sind? Was verbindet den Dopplereffekt, die Mozartkugel, die Nähmaschine, die Kernspaltung und das Frequenzsprungverfahren?


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Liebe Kollegen, Sie haben es schon gesagt: Sie sind Steirer, aber: Sie sind Öster­reicherinnen und Österreicher! Die Liste der österreichischen Erfinderinnen und Erfin­der würde sich noch lange fortsetzen lassen, aber ich glaube, es ist wichtiger, dass wir jetzt einmal einen Blick auf die Gegenwart und auf die Zukunft werfen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Österreich gehört zu den innovativsten Forschungsländern Europas – das haben wir heute schon gehört –, und der Forschungs- und Technologiebericht beweist das. 2018 werden wir voraussichtlich 12,3 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung inves­tieren, das ergibt eine Forschungsquote von 3,19 Prozent. Damit liegen wir in der EU auf dem zweiten Platz. Um ein bisschen Auflockerung in die Sache zu bringen, würde ich es gerne im Skisportjargon ausdrücken, weil jetzt bald die Skiopenings anstehen und Österreich eine Skination ist: Wir liegen im Europacup der F & E auf dem zweiten Stockerlplatz hinter Schweden – im Skisport war das in den vergangenen Jahren Gott sei Dank anders. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) 

Ihre Kritik, liebe SPÖ, kann ich aber nicht ganz nachvollziehen. Ich meine, wir haben zwar acht Millionen Skitrainer, aber ich möchte schon noch dazusagen: Die letzten Trainer in der F&E-Disziplin waren unter anderem auch von Ihrer Fraktion.

Wenn wir uns den Vergleich über Europa hinaus anschauen, sehen wir, dass Öster­reich die siebthöchste F&E-Quote der Welt hat. Das Fazit des Berichtes ist also, dass Österreich auf dem richtigen Weg ist, aber noch einen langen Atem braucht. Unsere Bundesregierung wird die richtigen Anreize setzen, damit wir unser Ergebnis noch verbessern. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Österreich ist auch ein Exportland, darum rentiert sich jeder Euro, den wir in F & E stecken, doppelt. Unsere innovativen Unternehmen fördern das: Zwei Drittel der Aus­gaben werden von Privaten investiert. Ich möchte eines dieser innovativen Unterneh­men herauspicken, das kommt nämlich von dort, wo ich zu Hause bin, aus dem Bezirk Freistadt. Die Firma ASA entwickelt wirklich hochwertige Teleskope und hat es ge­schafft, vom beschaulichen Mühlviertel aus den Weltraum zu erobern, denn sie koope­riert mittlerweile mit der Nasa und liefert ihre Teleskope nach China, Russland und so weiter. Daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das ist unser Beitrag für mehr internationale Wettbewerbsfähigkeit. Wissen ist das Wichtigste, das wir in unserem Land haben, der wichtigste Produktionsfaktor. Weil wir, wie wir schon gehört haben, keine großen Bodenschätze haben, sind die Menschen in unserem Land das Wichtigste! Sie sind es, die unser Land nach vorne bringen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.35


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Engelberg. – Bitte.


17.35.40

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wurde ja zu dem vorlie­genden Forschungs- und Technologiebericht schon relativ viel gesagt. Ich kann mich dem, was meine VorrednerInnen gesagt haben, natürlich nur anschließen.

Eine einzige Sache, die ich für sehr gelungen halte, will ich aber einfach auch noch ein­brin­gen. Ich durfte ja vor dem Sommer den Bundeskanzler und auch Bundesminister Faßmann auf eine Reise nach Israel begleiten. Dort wurde ein Forschungsüber­ein­kommen unterzeichnet, das, wie ich meine, wegweisend sein wird. Israel ist eine führende Nation im Bereich der Innovation und investiert sehr stark in diesen Bereich.


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Ich denke, dies ist ein guter Punkt, um Folgendes zu sagen: Zusätzliches Geld ist nicht immer alles; eine intensive Kooperation, zum Beispiel mit Ländern wie Israel, ist sehr wichtig! Mit dem seit dem Jahr 2000 ausgesetzten und nun wieder neu aufgenom­me­nen Forschungsabkommen setzen wir auch im internationalen Forschungskontext ein starkes Zeichen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

All diese Initiativen sollen die Zukunftsoffensive für Forschung, Technologie und Inno­vation vorantreiben. Das sind nationale Strategien, aber auch internationale Koope­rationen wie eben die mit dem Innovationsvorreiter Israel sind eine solide Basis für das Forschungsland Österreich.

Ich danke den Experten für ihren fachlichen Input, meinen Kolleginnen und Kollegen hier im Haus und den zuständigen Ministern und Ministerinnen für ihr Engagement. Ich bin sicher, dass wir auf dem richtigen Weg in die Zukunft sind. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.37

17.37.39


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung, den vorliegenden Bericht III-152 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

17.38.1614. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungsvorlage (278 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Patentamtsgebüh­ren­gesetz geändert wird (360 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor. – Bitte.


17.38.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher auf der Galerie und zu Hause! Die Fähigkeit zur Innovation entscheidet über unsere Zukunft. Die Regie­rungsvorlage zielt auf eine Gebührenentlastung ab und soll der Stärkung des Inno­vationsstandortes Österreich dienen.

Ziel ist es, bürokratische Hürden abzubauen sowie eine Gebührenerleichterung für die Antragsteller herbeizuführen. Beabsichtigt ist dies, indem der Onlinebonus auf weitere Verfahren mit elektronischer Einreichung ausgeweitet wird, zum Beispiel auf die Patentanmeldungen, auf internationale Markenanmeldungen, Designanmeldungen, Übersetzungsvorlagen sowie auf Anträge, Recherchen und Gutachten zum jeweiligen Stand der Technik.

Die Patentamtsgebührenverordnung soll ersatzlos entfallen. Dadurch werden die An­melder von der doppelten Gebührenlast für schriftliche Ausfertigungen befreit. Das bedeutet aber, dass uns für den Haushalt rund 240 000 Euro fehlen. Internationale


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Erfahrungen zeigen aber, dass gerade in den ersten beiden Jahren mit einem Anstieg von bis zu 3 Prozent jährlich zu rechnen ist.

Wenn man die Zahlen betrachtet, so kann man mit Stolz sagen, wir haben in Österreich 149 781 nationale Patente und Gebrauchsmuster, die geschützt sind. Im letzten Jahr wurden 45 000 Kundenkontakte abgearbeitet, rund 10 300 österreichische Innovationen gingen durch die Hände der 246 Mitarbeiter des Patentamts. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei den Mitarbeitern des Patentamts dafür bedan­ken. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

1 450 Erfindungsanmeldungen konnten den strengen Prüfungen standhalten. Zu den Top-3-Branchen zählen die Bereiche Maschinenbau, Elektrotechnik sowie sonstige Technologiefelder.

Zur Motivation für zukünftige Erfinder unter den Österreicherinnen und Österreichern möchte ich abschließend Albert Einstein zitieren, der Folgendes gesagt hat: „Wenn eine Idee nicht zuerst absurd erscheint, dann taugt sie zu nichts.“ – Ich danke Ihnen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.41


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Doris Margreiter. – Bitte.


17.41.50

Abgeordnete Doris Margreiter (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mich meinem Vorredner anschließen und dem Patentamt – der Leitung, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – ganz herzlich für die hervorragende Arbeit danken. Wir waren uns im Ausschuss einig – und auch Sie, Herr Minister, stimmten zu –, dass dort wirklich großartige Arbeit geleistet wird. – Vielen herzlichen Dank an dieser Stelle. (Beifall bei der SPÖ.)

Klarerweise begrüßen wir die Gebührenentlastung bei den Patenten. Diese resultiert ja unter anderem daraus, dass Einsparungen im Verwaltungsbereich – insbesondere durch Onlineanmeldungen – durchgeführt wurden. Diese sind im Zeitalter der Digitali­sie­rung eine wirklich sehr begrüßenswerte Maßnahme. Das möchten wir natürlich auch unterstützen, und zwar nicht nur deshalb, weil es aus sozialdemokratischer Sicht schon lange eine Forderung ist, sondern auch, weil eine große Anzahl an Patenten den Erfinderreichtum eines Staates widerspiegelt. Wir haben es schon gehört: Es gibt zahlreiche Erfindungen – ich denke da zum Beispiel an die Kaplanturbine und viele, viele andere mehr.

Es gibt aber für Start-ups und JungunternehmerInnen weitere Hürden, die abgebaut werden müssen. Diese Änderung des Patentamtsgebührengesetzes ist ein erster wich­tiger Schritt; wie gesagt, ein erster, denn langfristig sollen Patente ja noch mehr geför­dert und unterstützt werden. Aus meiner Sicht müssen Patentanmeldungen noch wesentlich niederschwelliger zugänglich sein, besonders für junge Kreative, für For­schende und eben Start-ups, zudem auch deshalb, weil die schwarz-blaue Bundes­regierung einige Förderungen für Start-ups und KMUs eingestellt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich denke da zum Beispiel an den Beschäftigungsbonus oder den Handwerkerbonus. Das waren wirklich sehr erfolgreiche Maßnahmen, die unter sozialdemokratischer Regierungsführung eingeführt wurden und vielleicht auch gerade deshalb weichen mussten, was ich natürlich sehr bedaure. Wichtig ist aus meiner Sicht auch mehr Aufklärung, sodass noch sehr viel mehr Start-ups, junge und auch kleine und mittel­ständische Betriebe Patente anmelden, und wichtig sind auch mehr Erleichterungen: Ich denke mir, dass es zum Beispiel ähnlich dem Neugründungs-Förderungsgesetz für


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erstmalige Gründungen auch möglich wäre, das allererste Patent gratis zu machen oder auch eine spezielle Förderung von Patenten, die soziales Engagement beweisen, zu vergeben.

In diesem Zusammenhang darf ich Ihnen Beispiele nennen. Kürzlich wurde ein Patent für ein Taschenlesegerät, welches es Sehbehinderten ermöglicht, auch unterwegs ganz schnell Nachrichten zum Beispiel am Smartphone lesen zu können, mit einem Staatspreis ausgezeichnet. Ein weiteres erwähnenswertes Projekt ist das von LibertydotHome. Da geht es darum, dass winzige Wohneinheiten für Obdachlose ge­staltet werden, die ein Schlafwohnzimmer, Küche und Bad haben und in einer Parklücke Platz finden; vielleicht haben Sie es in den Medien gesehen.

Gerade solchen Erfindergeist für die Gemeinschaft brauchen wir. Zu einem Gutteil hat dieser Erfindergeist Österreich erfolgreich gemacht. Wir von der Sozialdemokratie haben das immer unterstützt und werden das natürlich auch weiterhin unterstützen. Darum werden wir diesem Antrag zustimmen – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.44


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Mag. Peter Weidinger ist der nächste Redner. – Bitte.


17.45.10

Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Liebe Österreicherinnen, liebe Öster­reicher! „Wenn einer der Köche ein neues köstliches Gericht erfinden würde, so sollte es keinem anderen vor Ablauf eines Jahres gestattet sein, von dieser Erfindung Gebrauch zu machen, sondern nur dem Erfinder selbst. Während dieser Zeit sollte er den geschäftlichen Gewinn daraus haben, damit die anderen sich anstrengten und wetteifernd sich in solchen Erfindungen zu übertreffen suchten.“ – Meine Damen und Herren, dieses Zitat stammt von Athenäus dem Älteren, einem griechischen Historiker aus der Alt- und Frühantike, der als der Erste gilt, der festgehalten hat, dass man geistiges Eigentum zu schützen hat.

Genau in diesem Geiste, meine Damen und Herren, haben wir in der europäischen Tradition die Geschichte der Patentämter begründet und Patente hervorgebracht, die einen wesentlichen Pfeiler und eine wesentliche Säule darstellen, um unsere sozialen Marktwirtschaften wettbewerbsfähig zu halten und den Wohlstand zu mehren, sodass sie dem Wohle der gesamten Bevölkerung dienen.

Geschätzte Damen und Herren, es ist von besonderer Bedeutung und von ent­scheidender Wichtigkeit für uns, Gesetze zu schaffen – wie wir es mit diesem Gesetz tun –, die von dem oben erwähnten Geist, nämlich der Kultur der Freiheit, durchtränkt sind – einer Freiheit, bei der die Würde des Menschen, die Selbstbestimmung und das Individuum im Mittelpunkt stehen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Was tun wir? – Wir deregulieren, wir vereinfachen. Wir schaffen mehr Transparenz.

Ich möchte auch auf einen Vorredner eingehen, nämlich auf Abgeordneten Philip Kucher, der hier folgenden Punkt angesprochen hat: Jeder sage diesen bekannten Spruch: In Österreich gibt es keine großen Rohstoffe außer dem Wissen, der Bildung und der Entfaltung der Persönlichkeit. – Ich möchte eine klare Antwort darauf geben, weil diese Bundesregierung sie gibt, geschätzter Herr Abgeordneter.

Wenn wir uns die Welt anschauen, so sehen wir, dass die Begehrlichkeit nach dem American Dream of Life nicht mehr besonders groß ist. Auf der anderen Seite ist auch die chinesische Antwort in vielen Bereichen für unsere Gesellschaft nicht tragbar und nicht akzeptabel. Was wir brauchen, ist ein European Dream of Life, in welchem wir


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unsere Freiheit auf Grundlage unserer Kultur, unserer Tradition und unserer Brauch­tümer in den Mittelpunkt stellen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das schaffen wir mit einer Politik, die eine Gesellschaft befördert und unterstützt, in der Innovation und Kreativität im Vordergrund stehen und in der man nicht über Blockaden und alte, vergangene Systeme, deren Zeiten abgelaufen sind, spricht, sondern in der wir uns neu orientieren, einen Weg nach vorne nehmen und die Segel Richtung Zukunft setzen.

Geschätzte Damen und Herren, wenn man hier schon zu Recht einige bekannte Forscherinnen und Forscher sowie Entdeckerinnen und Entdecker zitiert hat, dann möchte ich auch noch Josef Ressel nennen, dem wir die Erfindung der Schiffs­schraube verdanken, oder auch Hedy Lamarr, wie es heute schon angeklungen ist. Es sind große EntdeckerInnen, große Forscherinnen und Forscher, die einen Beitrag geleistet haben, um Österreich zukunftsfit zu machen und den Weg aufzubereiten, damit die Digitalisierung zu einem Erfolg für uns alle wird, denn, geschätzte Damen und Herren, moderne, gute Gesetze zielen darauf ab, dass sie den Menschen dienen und ihnen auch Möglichkeiten bieten.

Jetzt komme ich noch auf Villach zurück, weil Herr Bundesminister Hofer es dankens­werterweise angesprochen hat. Wir dürfen uns glücklich schätzen, dass heuer die in Europa größte private Investition in der Höhe von 1,6 Milliarden Euro nach Österreich, nach Kärnten, nach Villach gelangt. Das ist eine gewaltige Möglichkeit für uns als Standort. Unsere Aufgabe muss es sein, dass diese private Entscheidung eines Kon­zerns zu einem großen Erfolg wird, nicht für die wenigen, sondern für alle, für die gesamte Republik und für die gesamte Bevölkerung. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich kann Ihnen eines garantieren: Dieses Gesetz, meine Damen und Herren, ist erst der Beginn. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.49


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte.


17.49.39

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben es schon gehört: Österreich ist ein Land mit vielen innovativen Leuten, mit vielen innovativen Betrieben. Das macht uns in der ganzen Welt bekannt, und wir können stolz darauf sein. Das zeichnet sich auch in den Patenten ab. Die Patente sind jenes Gut, das die Welt einfach bereichert. Sie lassen unser Leben besser werden und die Wirtschaft laufen.

Sie sind natürlich – mein Vorredner hat es angesprochen – auch geistiges Eigentum. Eigentum gilt es in jeder Form zu schützen, so auch das geistige. Das ist essenziell. Es stärkt natürlich auch die Innovationskraft unseres Landes, unseres Österreichs.

Mit der vorliegenden Gesetzesnovelle schaffen wir Vereinfachungen, damit der Schutz der Innovationen und Erfindungen, der kreativen Leistungen und der anderen Formen des geistigen Eigentums einfacher wird.

Wir haben bereits eine Erleichterung durch die elektronische Einbringung, die diese günstiger macht. Was daraus an Einsparung übrig bleibt, soll beim Anwender ankom­men. Ich möchte natürlich auch noch hervorheben, dass gerade die Mitarbeiter und Mit­arbeiterinnen im Patentamt sehr gute Arbeit leisten, damit das auch vonstat­ten­gehen kann.

Nun noch zu den Details: Wir haben bereits derzeit bei elektronischer Einbringung von Markenanmeldungen einen Onlinebonus. Dieser soll jetzt auf alle anderen Bereiche, so


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 180

auch auf Patentanmeldungen und verschiedene internationale Markenanmeldungen, ausgeweitet werden. Bis jetzt sind bei gleichlautenden Anträgen auf Namensänderun­gen Mehrfachgebühren zu zahlen; künftig wird nur mehr eine Gebühr fällig. Es wird die Patentamtsgebührenverordnung ersatzlos gestrichen. Das befreit die Menschen von einer doppelten Gebührenlast für schriftliche Ausfertigungen.

Ich denke, all das sind Maßnahmen, die uns auch im Bereich des E-Government und beim Abbau von Bürokratie und Hürden in diesem Bereich weiterbringen. Gleichzeitig haben wir einfach mehr Transparenz, und Österreich wird als Innovationsland attrak­tiver. Ich denke, es ist ein gutes Gesetz, das wir heute hier verabschieden. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.52


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich der Herr Bundesminister zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


17.52.42

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte diese Debatte nutzen, um mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Patentamtes sehr herzlich zu bedanken. Es ist nämlich keine einfache Aufgabe, mit Menschen zu tun zu haben, wenn man vorher nicht weiß, ob es das Patent, das angemeldet werden soll, tatsächlich wert ist, näher betrachtet zu werden, oder auch nicht.

Man hat es mit einer breiten Palette von Menschen zu tun: einerseits mit pfiffigen Erfinderinnen und Erfindern, hie und da auch einmal mit Genies, mit geschäfts­tüch­tigen Menschen, aber manchmal auch mit Menschen, die von einer Idee, die einfach nicht umsetzbar ist, beseelt sind, denen man erklären muss, dass ein Perpetuum mobile in Österreich nicht patentierbar ist. Das wird dann oft auch nicht zur Kenntnis genommen.

Man braucht also viel Einfühlungsvermögen, Fachwissen, Empathie, Menschen­kennt­nis und auch sehr viel Geduld; dafür ein großes Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Patentamtes! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.53

17.53.57


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 278 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

17.54.3715. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungsvorlage (294 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Marken­schutz­gesetz 1970 geändert wird (361 d.B.)



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 181

Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek.


17.55.05

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf ist der zweite und wichtige Schritt einiger wesentlicher Änderungen im Markenschutz. Es ist so, dass wir es – das konnte man bereits in der Vergangenheit beim ersten dieser Schritte sehen – mit neuen Markenformen zu tun haben. Marken müssen nicht mehr grafisch dargestellt werden. Das heißt, alles, was wir an neuen digitalen Verfahren haben – und zwar diese ganzen Multimediamarken und Multimediatechniken – können wir nun im Markenrecht berücksichtigen.

Ein weiterer wichtiger Punkt dieser Novelle ist der Ausbau des Rechtsschutzsystems. Es findet eine wirklich genaue Prüfung statt, bevor die Marke eingetragen wird. Es gibt eine Erweiterung bei den Einspruchsgründen und in der Folge natürlich auch bei den Löschungsgründen. Das heißt, wir haben eine wesentlich sicherere Ausgangslage bei der Anmeldung von Marken beziehungsweise bei der Gewährung von Markenrechten, als es bisher der Fall war.

Ein weiterer und gar nicht unwichtiger Punkt ist – und das ist die Konsequenz der ganzen Markenrechte – der Beitrag im Kampf gegen die Produktpiraterie: Waren, die rechtsverletzend sind; wir kennen die Kopien von wichtigen, modernen, schönen, gut designten Produkten. Es betrifft aber natürlich nicht nur solche Produkte, sondern auch Produkte im Multimediasinn. Sie können bereits bei ihrer Durchfuhr im Transitverfahren von den Zollbehörden aufgehalten werden, um sie nicht dann bei uns oder in einem Drittland in den Verkehr zu bringen. Das ist ein zusätzlicher Punkt.

Last, but not least, auch ein wichtiger Punkt: die bessere Information über die Daten im Zusammenhang mit den Lizenz- und Pfandrechten.

In Summe ist es ein sehr guter, sehr ausgewogener und sehr wichtiger Schritt nach dem ersten Schritt, den wir schon hinter uns gebracht haben, um dieses neue Mar­kenrecht modern zu gestalten. – Herr Bundesminister, herzlichen Dank dafür! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte.


17.57.51

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Deimek hat das neue Marken­schutzgesetz eigentlich perfekt beschrieben – ein Spezialist für technische Angele­genheiten und Gesetzeserklärungen. Es war wirklich sehr gut. Dieses Gesetz ist es wert, unterstützt zu werden, und meine Fraktion wird es natürlich befürworten.

Werte Kolleginnen und Kollegen, Markenschutz und Patentschutz sind Indikatoren für die Innovationskraft eines Landes und dessen hellen Köpfe, sie können aber schwer ohne den Forschungs- und Technologiebericht, den wir vorhin besprochen haben, dis­kutiert werden, denn sie hängen miteinander zusammen, sind kommunizierende Gefäße. Deswegen würde ich gerne ein paar Sätze zum bereits beschlossenen und angenommenen Bericht verlieren.


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Wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier sind ein Kontrollorgan. Es ist uns natürlich sehr wichtig – und nicht nur wichtig, sondern es ist auch unsere Aufgabe –, dass Forschungsgelder zielorientiert verwendet werden, um das Wirtschaftswachstum zu erhöhen, sodass infolgedessen auch Arbeitsplätze geschaffen werden.

Herr Bundesminister, die Rahmenbedingungen stimmen, Geld ist vorhanden. Die Konzepte für einen höheren Output kann man im Bericht des Rates für Forschung und Technologieentwicklung im Detail nachlesen. Leider hat dieser Bericht den Weg ins Plenum nicht gefunden.

Jetzt aber liegt es an Ihnen, Herr Bundesminister, die guten Ratschläge von den her­vorragenden Experten umzusetzen. (Abg. Stefan: ExpertInnen!) Jetzt muss man es irgendwann angehen. (Abg. Stefan: Ich habe gedacht, Sie wollen gendern? – Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.) – Sie wollten es gendern? – Tun Sie es!

Frau Kollegin Himmelbauer! Wir haben gemeinsam die Digitalisierung des Klassen­zim­mers beschlossen, auch organisiert – die Frau Ministerin hat es organisiert –, auch Geld war schon beschlossen. Ich weiß nicht, warum die Tablets nicht bis September in die Klassenzimmer gefunden haben. Sie haben genau ein Jahr Zeit gehabt. Ich dachte, es ist abgesagt – jetzt vernehme ich, es soll wieder kommen. Also an uns ist es nicht gelegen, dass es noch immer nicht passiert ist. – Danke. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

18.00


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Christoph Stark zu Wort. – Bitte.

18.00.55


Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolle­ginnen und liebe Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Bevor ich auf die Segnun­gen des Markenschutzes eingehe, lassen Sie mich bitte auf zwei Dinge replizieren, die mir persönlich wichtig sind.

Zum einen nehme ich Bezug auf die Debatte über den Bericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderung, und zwar auf die Aussagen von Kollegin Nussbaum zum Thema Abschaffung der Allgemeinen Sonderschulen. Liebe Frau Kollegin Nussbaum! Ich rate Ihnen: Besuchen Sie einmal eine funktio­nierende Sonderschule wie zum Beispiel die in Gleisdorf, meiner Heimatstadt, wo mehr als 30 mehrfachbehinderte, schwerstbehinderte Kinder deswegen betreut werden, weil sich Eltern davor alle integrativen und inklusiven Angebote angesehen haben und dann zu dem Schluss gekommen sind, dass dies die beste Institution ist, in der ihre Kinder bestmöglich betreut werden! Ich bitte Sie daher, bei allem Verständnis für Inklusion und Integration: Lassen wir bestehende Einrichtungen wie die Allgemeinen Sonderschulen in diesem Fall unangetastet! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zum Zweiten: Es ist nicht lange her, da hat ein dieses Haus sehr prägender politischer Kopf einmal gemeint, im Parlament sollte man einen Ort der Achtsamkeit einrichten – ein Satz, der mir gut in Erinnerung geblieben ist, weil es dabei um den wechselseitigen Respekt geht. Diese Aussage stammt von niemandem Geringeren als vom Begründer der NEOS, Dr. Matthias Strolz.

In der vorletzten Sitzung des Hohen Hauses stand an derselben Stelle der Abgeord­nete Kollege Mag. Gerald Loacker, auch von den NEOS, und meinte, die 33 neuen ÖVP-Abgeordneten seien da, weil sie – Zitat – „auf Basti Kurz’ Gnaden ein Ticket bekommen haben und jetzt hier sitzen dürfen [...], die sind brav und folgsam“.

Herr Mag. Loacker! Was ermächtigt beziehungsweise befähigt Sie zu solch einer Aus­sage? Ist es die politische Kleinheit, so quasi: Egal, dem politisch Größeren kann man


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gern einmal gegen das Schienbein treten!? Ist es Eitelkeit? Überheblichkeit? – Dumm­heit ist es sicher nicht, denn ich schätze Sie als sehr intelligenten Menschen.

Ich halte aber fest: Erstens, kaum ist Ihr Parteigründer weg, sind auch seine Worte verhallt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zum Zweiten - -


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Stark, wir sind beim Marken­schutz­gesetz. – Kann sein, dass Sie diese Brücke schaffen. Ich wollte Sie nur darauf auf­merk­sam machen. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und NEOS.)


Abgeordneter Christoph Stark (fortsetzend): In Kürze! – Ich schätze, Sie sind mit Bundeskanzler Kurz weder verwandt, noch haben Sie mit ihm die Schul- oder Wirtshausbank gedrückt. Darum frage ich mich: Woher kommt der despektierliche Ton? Haben Sie, wenn Sie von den Kanzlervorgängern sprachen, auch vom Chrissi und vom Werni gesprochen? – Ich glaube nicht, und ich halte fest: Sebastian Kurz ist der Bundeskanzler der Republik Österreich, der unser Land nach innen und nach außen hervorragend vertritt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Frau Präsidentin, aber nun zum eigentlichen Thema. Ein kluger Mensch hat einmal gesagt: „Innovation ist keine Garantie gegen das Scheitern, aber ohne Innovation ist das Scheitern garantiert.“ – Als Staat, meine Damen und Herren, können wir nicht garantieren, dass Menschen mit ihren Ideen nicht scheitern. Der Erfolg ist immer auf den Menschen, auf der Erfinderin, dem Erfinder, dem Unternehmer, der Unterneh­merin, gegründet, und diesen sind wir sehr, sehr dankbar, dass sie unser Land voranbringen. Innovation ist immer noch der beste Beschäftigungsmotor in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Wurm und Schimanek.)

Ich möchte daher nochmals den bereits behandelten Forschungs- und Technologie­bericht erwähnen, der die hervorragenden Leistungen Österreichs im globalen Umfeld widerspiegelt, und ich möchte ihn nicht kleinreden: Auch wenn wir dort und da Luft nach oben haben, liegen wir als kleines, kleines Land auf diesem Globus weltweit im Spitzenfeld, und das soll hervorgestrichen werden.

Wir tragen aber auch Verantwortung, und deshalb möchte ich den Markenschutz be­son­­ders hervorstreichen, insbesondere die Harmonisierung des neuen Markenschutz­rechts, das in eine sehr richtige Richtung geht. Es soll nämlich einen modernen und nachhaltigeren Start für Betriebe und Erfinderinnen und Erfinder bringen. Ich bin daher sehr froh und stolz, dass wir diesbezüglich im Ausschuss zu einer einstimmigen Emp­fehlung gekommen sind, für die ich auch hier im Plenum um Unterstützung ersuche und werbe. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.05


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Alois Rosenberger. – Bitte.


18.05.58

Abgeordneter Dipl.-Ing. Alois Rosenberger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damen und Herren Zuseher auch an den Übertra­gungsgeräten! Das Markenschutzgesetz dürfte eine staubtrockene, sehr pragmatische Materie sein, weil es im Ausschuss problemlos im Konsens beschlossen wurde. Da heute schon sehr viel über Landwirtschaft und auch über Lebensmittel diskutiert wurde, möchte ich ganz grundsätzlich die Bedeutung einer Marke in Erinnerung rufen. Diese hat eigentlich den Zweck, den Anbieter von Waren und Dienstleistungen zu schützen – nämlich vor unlauterem Wettbewerb, vor denjenigen, die unter falscher Flagge segeln – und auf der anderen Seite Konsumentinnen und Konsumenten zu schützen, indem sie


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ihnen ermöglicht, ein Produkt zu wählen, das sie einem Anbieter zuordnen können, von dem sie eine Vorstellung haben und das diesen Vorstellungen auch entspricht, also diese Erwartungen auch erfüllt.

Wir haben jedoch in der Lebensmittelwirtschaft die Situation, dass Marken bei Weitem nicht ausreichen, um diese Funktionen zu erfüllen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: 2004 wurde hier im Parlament vollkommen zu Recht – das ist zu begrüßen und zu unter­stützen – die Käfighaltung bei Legehennen verboten. Wir haben jetzt aber die Situ­ation, dass in Österreich pro Jahr 110 Millionen Käfigeier verbraucht werden. 110 Mil­lio­nen, das ist nicht wenig! Diese bringen die österreichischen Landwirte unter Druck, und die Konsumentinnen und Konsumenten können nicht erkennen, dass das Käfigeier sind, weil sie verarbeitet sind, weil sie in Großküchen, Kantinen, in der Gemeinschafts­verpflegung oder in der Gastronomie angeboten werden.

In diesen Bereichen reicht also die Marke nicht. In diesen Bereichen brauchen wir eine Herkunftskennzeichnung, durch die nachvollziehbar ist, woher diese Produkte kommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich bitte all diejenigen, die sich einer betont liberalen Wirtschaftsordnung oder einer betont ökologischen Wirtschaftsordnung verschrieben haben, über diese Situation nach­zudenken und sämtliche Initiativen hinsichtlich Lebensmittelkennzeichnung zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

18.08

18.08.26


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 294 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Dies ist ein­stimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Da­mit ist der Gesetzentwurf in dritter Lesung einstimmig angenommen.

18.09.0716. Punkt

Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 448/A(E) der Abgeordneten Johann Singer, Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Modernisierung, Stärkung und Absicherung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, Schritte zur Verländerung der WBIB (348 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Wolfgang Zinggl. – Bitte.


18.09.44

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Frau Präsidentin! Herr Minister! Mit dem Antrag, den wir da jetzt verhandeln und zur Abstimmung bringen, zur Reform des gemeinnützigen Wohnsektors fordern die ÖVP und die FPÖ die Bundesregierung auf, das Regierungsprogramm zu erfüllen. Die Reform der Gemeinnützigkeit im Wohn­bereich ist Teil des Regierungsprogramms. Jetzt kann man sich fragen: Warum wollen


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die beiden Fraktionen die Regierung genau auf diesen Teil des Regierungsprogramms aufmerksam machen?

Die erste Möglichkeit ist: weil die Regierung vielleicht gar nicht die Absicht hat, das zu reformieren. Die zweite Möglichkeit: weil es ihnen zu langsam geht und weil sie das ein bisschen beschleunigen wollen.

Nun weiß ich aus langjähriger Erfahrung, dass ähnliche Anträge, wenn sie von den Oppositionsparteien kommen – also wenn Oppositionsparteien einen Antrag stellen, es möge etwas, was im Regierungsprogramm steht, endlich verwirklicht werden –, dann immer, immer, ohne einen Unterschied, vertagt werden, und zwar mit der Begründung, die Regierung arbeite ja ohnehin gerade an diesem Programm. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Loacker.)

Es wäre daher völlig folgerichtig, dass auch entsprechende Anträge der Regierungs­fraktionen mit der gleichen Begründung vertagt werden. Dem ist aber nicht so. Es wird daher jetzt verhandelt und dann abgestimmt. Jetzt kann man sich fragen: Was ist da der genauere Sinn? Was steckt da dahinter?

Die eine Möglichkeit ist: Wir wollen beschäftigt werden – also die Regierungsparteien brauchen irgendwelche Anträge, die auch unabhängig von den Regierungsvorlagen zur Abstimmung gelangen. Das ist dann eine Show, der können wir einfach nicht zustimmen. Deswegen glaube ich, dass dieses Spiel von uns nicht unterstützt werden muss, und daher werden wir diesem Antrag nicht zustimmen.

Wir stellen demgegenüber aber einen ganz anderen Antrag, und der betrifft tatsächlich die Situation von sehr vielen Mietern und Mieterinnen. Wir wissen, dass die Mietpreise enorm steigen und die Bundesregierung nichts, aber gar nichts, dagegen unternimmt. Ich glaube, dass es aber dringend notwendig wäre, hier einiges zu tun; und nur um einen möglichen Beitrag zu leisten, stellen wir den Antrag, die befristeten Mietverträge zu beenden, weil die der Katalysator für diese steigenden Mietpreise sind. (Beifall bei JETZT.)

Deswegen bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „un­befristete Miete“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, ein Bundesgesetz auszuarbeiten, das befristete Mietverträge nur mehr in begründeten Ausnahmefällen zulässt.“

*****

Wir wissen, dass in Deutschland diese Möglichkeit besteht, dass die befristeten Miet­verträge dort nicht mehr existieren, nur mehr in Ausnahmefällen – etwa bei Eigenbedarf oder wenn ein Haus abgerissen werden muss.

Ich glaube, was in Deutschland geht, geht bei uns auch. Deswegen bitte ich um Unter­stützung dieses wichtigen Antrages – im Unterschied zu dem anderen Antrag, dem wir nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei JETZT.)

18.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Entschließungsantrag

des Abgeordneten Wolfgang Zinggl, Freundinnen und Freunde

betreffend unbefristete Miete

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 16: Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 448/A(E) der Abgeordneten Johann Singer; Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Modernisierung, Stärkung und Absicherung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, Schritte zur Verländerung der WBIB (348 d.B.)

Begründung

Leistbarer Wohnraum ist eines der wesentlichsten Bedürfnisse der Bevölkerung. Rund 45 Prozent aller österreichischen Haushalte befanden sich im Jahr 2016 in Mietver­hältnissen, in Wien sind es sogar fast 80 Prozent. Fast die Hälfte aller privaten Miet­verhältnisse sind befristet abgeschlossen und die Zahl steigt konstant. Das führt zu fehlender langfristiger Sicherheit der MieterInnen und zu erheblichen Zinserhöhungen nach Ablauf der befristeten Verträge.

Wohnraum soll primär wieder nach den Bedürfnissen der BewohnerInnen und nicht nach den Wünschen der KapitalanlegerInnen geschaffen und erhalten werden.

Dazu gehört unter anderem, die Befristung von Mietverhältnissen nur mehr in begrün­deten Ausnahmefällen zuzulassen.

In anderen Ländern wie Deutschland darf es befristete Mietverträge nur dann geben, wenn der Vermieter die Wohnung für sich oder seine Angehörigen nach Ablauf der Befristung nutzen oder das Haus abreißen bzw. grundlegend umbauen lassen will. Das führt zu langfristig gesicherten Wohnsituationen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, ein Bundesgesetz auszuarbeiten, das befristete Mietverträge nur mehr in begründeten Ausnahmefällen zulässt.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Johann Singer. – Bitte.


18.13.30

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Wir behandeln heute einen Antrag der Regierungs­frak­tionen – Kollege Zinggl hat das schon angesprochen –, der im Ausschuss auch die Zustimmung der SPÖ gefunden hat. Ein herzliches Danke dafür!

Danke auch an die NEOS und an JETZT, dass es uns gelungen ist, ergänzend einen gemeinsamen Antrag im Ausschuss zu formulieren, in dem es um die sogenannte


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Kurzzeitvermietung für touristische Zwecke geht. Wir sind uns offenbar alle einig, dass es nicht sein darf, dass gemeinnütziger Wohnraum touristisch genutzt wird. Der soziale Wohnbau ist dazu da, dass insbesondere auch Menschen mit einem niedrigen Ein­kommen hochwertiger und dennoch günstiger Wohnraum zur Verfügung gestellt wird. Wir werden es daher nicht zulassen, dass Sozialwohnungen von Einzelnen zweckent­fremdet werden, die darin ein lukratives Geschäftsmodell entdeckt haben.

Zurück zum Hauptantrag. Ich möchte vorausschicken, dass es in diesem Antrag rein um Angelegenheiten der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft geht. Ein paar allge­meine Bemerkungen dazu: Die Wohnungsgemeinnützigkeit ist eine wesentliche Säule der österreichischen Wohnungswirtschaft. Sie hat einen bedeutenden Anteil daran, dass man in so einem wohlhabenden Land wie Österreich vergleichsweise günstig wohnen kann, wie uns das auch internationale Studien belegen. Die Wohnungs­ge­mein­nützigkeit ist aber auch mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert. Es gab und gibt immer wieder Versuche gewinnorientierter Unternehmungen, mit gemein­nützigem Vermögen Geschäfte zu machen, und das gilt es zu unterbinden.

Bereits im Frühjahr dieses Jahres haben wir ein Gesetz beschlossen, mit dem soge­nannte Umgehungsgeschäfte wirksam verhindert werden. Es hat sich dabei aber auch gezeigt, dass das bestehende Instrumentarium der Aufsichtsbehörden, die Derartiges verhindern sollen, nicht ausreichend ist. Wir müssen daher die Aufsicht stärken – das ist auch eines der Ziele, die wir mit dem vorliegenden Antrag erreichen wollen.

Eine weitere zentrale Herausforderung sind die Kosten für die Sanierung des Be­standes, insbesondere auch im Hinblick auf notwendige Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes, sowie für Investitionen in die Modernisierung der Gebäude. Das Wesen des gemeinnützigen Wohnbaus ist das Kostendeckungsprinzip. Kurz gesagt: Alle Aus­gaben, die von gemeinnützigen Bauträgern getätigt werden, werden von den Hausbe­wohnern in Form der monatlichen Mieten zurückbezahlt. Wir wollen sicherstellen, dass diese Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt werden können, ohne dabei die Bewohnerinnen und Bewohner zusätzlich zu belasten.

Weiters bezieht sich der Antrag auch auf die Wohnbauinvestitionsbank, kurz WBIB genannt. Die Sinnhaftigkeit der WBIB ist, glaube ich, unumstritten. Gemeinnützige Bau­vorhaben finanzieren sich langfristig, und genau das ist auch das Ziel der WBIB, nämlich die Bauträger mit langfristigen, zinsgünstigen Krediten zu bedienen. Wir haben im Frühjahr eine Art Verländerung der WBIB begonnen. Nun wollen wir ausloten, ob nicht auch der Eigentümerkreis der WBIB erweitert werden kann, um die Bank entsprechend neu aufzustellen.

Ich möchte abschließend noch einen Punkt ansprechen, der mir beziehungsweise der ÖVP besonders wichtig ist, nämlich die Frage Miete versus Eigentum. Richtigerweise müsste es heißen: Miete und Eigentum. Österreich braucht beides: Miete und Eigen­tum. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Gerade weil es in den letzten Jahren zu teils deutlichen Preissteigerungen gekommen ist, braucht es Gegenmaßnahmen, um Miete und Eigentum zu ermöglichen. Das gilt auch für den Bereich der Gemeinnützigkeit. Wir treten für beides ein, sowohl für einen dauerhaft sozial gebundenen Mietwohnungsbau als auch für die Möglichkeit zur Eigentumsbildung in Form der Stärkung des Mietkaufmodells. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

18.18


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Mag.a Ruth Becher spricht als Nächste. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 188

18.18.18

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Wer mit Wohnungssuchenden spricht, kann nur zu dem Schluss kommen, dass es hoch an der Zeit ist, dass die Regierung initiativ wird. Die Art der Umsetzung – mein Kollege hat das schon zu Beginn angesprochen – ist dennoch sehr verblüffend, nämlich dass die Regierungsparteien im eigenen Haus die Regierung auffordern, einen Gesetzesantrag vorzulegen, der eigentlich bereits im Koalitionsüber­ein­kommen und im Regierungsprogramm angekündigt worden ist.

Die Misere ist besonders am privaten Wohnungsmarkt sehr schlimm. Wenn Sie ins Internet geschaut haben, konnten Sie heute in der Früh einer Einschaltung entnehmen, dass auch eine mittelgroße Wohnung am nördlichen Stadtrand von Wien bereits 1 000 Euro kostet. Die Preise sind also wirklich ganz hoch. Die Regierung hat eine große Wohnrechtsreform angekündigt, sie ist aber im Vorhaben stecken geblieben; dem Vernehmen nach sollen die Verhandlungen stocken. Es ist nicht einmal die ange­kündigte Enquete umgesetzt worden.

Ich denke, dass die Regierungsparteien nicht mit den Fachleuten sprechen wollen, denn die einen werden natürlich sagen: Mieten runter!, und die Großspender in dieser Republik werden sagen: Finger weg! Der Rubel rollt, alles ist okay. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Gerichte und die Bundesländer überholen zum Teil schon die Regierung – so gab es ein wirklich richtungsweisendes Erkenntnis des OGH zum Thema Lagezuschlag –, aber eine Reform des Mietrechtes ersetzt das natürlich nicht.

Es gibt 1,6 Millionen Hauptmieter, davon 700 000 im privaten Bereich, 600 000 im ge­meinnützigen Bereich und 300 000 in Gemeindewohnungen. Die hohe Zahl der miet­begrenzten Wohnungen ist auch der Grund, warum der Wohnungsmarkt im Vergleich zu anderen europäischen Städten gut funktioniert: Das ist die Arbeit der gemein­nützigen Wohnungswirtschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Sektor funktioniert im Großen und Ganzen sehr gut, und ausschließlich diesem Sektor widmet sich auch der Antrag. Leider enthält dieser Antrag aber nur sehr globale Feststellungen. Eine echte Beurteilung ist nicht wirklich möglich, denn der Teufel steckt immer im Detail, und da warten wir noch auf eine konkrete Vorlage.

Kollege Singer hat es angesprochen: Der letzte Bautenausschuss war geprägt von einer sehr sachlichen Diskussion, und es war daher auch möglich – dafür möchte ich mich auch bedanken –, dass auf unsere Initiative ein Fünfparteienantrag beschlossen werden konnte, der jetzt eingeflossen ist und der eine Kurzzeitvermietung aus­schließen kann.

Zu den Absichtserklärungen im Regierungsantrag lässt sich Folgendes sagen: Prä­zisie­rung bei Anteilsübertragungen, um Missbrauch zu verhindern: volle Unterstützung unsererseits; Einsetzung eines Regierungskommissärs, um Abfluss gemeinnützigen Vermögens zu verhindern: prinzipielle Zustimmung, man muss sich die Ausformu­lie­rung dann noch anschauen; Geschäftskreisabgrenzung, um eine legale Finanzie­rungsverrechnung durchzuführen: auch da Unterstützung; und Sie wollen – das ist besonders interessant – die bestehende Deckelung, die Bezügeregelung ändern, nämlich analog zu den staatsnahen Betrieben. Wie Sie diese Forderung der FPÖ bei den Gemeinnützigen in der Praxis umsetzen werden, darauf werden wir gespannt sein.

Die Eigenmittelverzinsung soll geändert werden: Das ist natürlich ein Punkt, bei dem die Formulierung ausschlaggebend sein wird, und ich denke, Sie werden zusagen können, dass es hier zu keiner Mieterhöhung oder keiner Mehrbelastung der Mieter kommen wird, wenn das kommt.


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All diesen Punkten steht nicht ein einziger Punkt gegenüber, durch den es zu einer Verbesserung im gemeinnützigen Bereich, zu Mietensenkungen kommen kann. Alles in allem geht es bei diesem Reformvorhaben um Detailfragen, um Reaktionen auf konkrete Missstände, die von einzelnen Spekulanten verursacht worden sind. Bei den Mieterinnen und Mietern kommt nichts Spürbares an, und sie warten auch vergebens auf Mietsenkungen.

Rechnen Sie also natürlich mit unserer Zustimmung für all diese No-na-net-Vorhaben, aber erwarten Sie keinen großen Applaus für die Antriebslosigkeit bei diesem Antrag! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

18.23


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Markus Tschank gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.


18.23.35

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Eingangs nur ein kurzer Kommentar zu Herrn Klubobmann Zinggl, der meint, mit der Abschaffung von befristeten Mietverträgen eine Mietzinsreduktion einleiten zu wollen. – Ich weiß nicht, ob Sie das wissen, Herr Kollege, aber im MRG ist das ziemlich eindeutig geregelt, dass Sie, wenn Sie einen befristeten Mietvertrag abschließen, einen Abschlag von minus 25 Prozent auf den Nettomietzins bekommen. Das ist gesetzlich bereits geregelt. Es ist also durchaus auch ein Vorteil, einen befristeten Mietvertrag abzuschließen, weil das eine entsprechende Reduktion bringt. (Zwischenruf der Abg. Becher.)

Nun zum vorliegenden Antrag: Auch ich sehe einen dringenden Bedarf zur Reform des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes. Seien wir einmal ehrlich: Junge Menschen können sich heutzutage kaum noch ein Heim in Eigentum oder in Miete leisten, vor allem nicht in Ballungszentren. Der Hauptpreistreiber beispielsweise im März 2018 war einmal mehr die Ausgabengruppe Wohnen, Wasser, Energie mit durchschnittlich 2 Prozent Preisanstieg, wobei die Mieterhöhungen um 4,1 Prozent hauptverantwortlich waren.

Diesbezüglich existieren vor allen Dingen Probleme in den Ballungszentren, und wenn man sich anschaut, wie und von wem diese Ballungszentren regiert werden, dann kommen wir hier schnell zu den politischen Verantwortungsträgern. Wer regiert in Wien? Wer regiert in St. Pölten, wer in Linz und wer in Innsbruck? – Also richtig, Sie sehen schon: Es ist entweder die SPÖ oder es ist sind die Grünen – oder bei­spielsweise beide gemeinsam. (Abg. Stöger: Und wer in Graz? – Abg. Plessl: Haben Sie Graz auch gesagt?) – Graz ist die goldene Ausnahme, würde ich sagen. (Ah-Rufe bei der SPÖ.)

Schauen wir einmal nach Wien, denn in Wien haben wir eine rot-grüne Stadtregierung, die es eigentlich bis heute nicht geschafft hat, bei Mieten und bei Eigentums­woh­nungen eine entsprechende Preisstabilisierung einzuleiten. Die Preise steigen Jahr für Jahr, und die Gründe dafür, sehr geehrte Damen und Herren aus der Sozialdemo­kratie, sind eigentlich offensichtlich. Rot-Grün hat in Wien massiv für Zuwanderung gesorgt (Abg. Yılmaz: Geh bitte!), die FPÖ hat stets davor gewarnt. Rot-Grün hat viel zu wenig Wohnungsangebot in Wien geschaffen; die FPÖ hat stets darauf hinge­wie­sen. Rot-Grün hat in Wien die Gebühren massiv erhöht, insbesondere Wasserge­büh­ren, Abfallgebühren; die FPÖ fordert seit Jahren eine entsprechende Gebühren­senkung, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)


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Darüber hinaus gibt es noch den einen oder anderen Fall eines privaten Investors, der sich indirekt über Holdingkonstruktionen ganz gerne entsprechende Sozialwohnungen unter den Nagel reißen will. Der Fall WBV-GÖD beziehungsweise WBV-GFW – das wird Ihnen sicher etwas sagen – zeigt auf, dass die Wiener SPÖ die Verteidigung des sozialen Wohnbaus in Wien schlicht und einfach nicht ganz im Griff hat, sagen wir es einmal vorsichtig so.

Sie haben einmal am Anfang gesagt, die Gesetzeslage ist nicht eindeutig, dann gab es ein zögerliches Hin und Her in der Landesregierung. Letzten Endes ist Ihnen dann im März die Bundesregierung zu Hilfe gekommen und hat eine entsprechende Ge­setzes­verschärfung verabschiedet, die es überhaupt erst möglich gemacht hat, dass man solche Tendenzen, nämlich den Verkauf von Sozialwohnungen an private Investoren, letztlich entsprechend unterbinden kann. Danke an diese Bundesregierung, dass sie da so schnell und so gut reagiert hat! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

In Wien gibt es das Motto: Verwalten statt gestalten!, im Bund ist es sozusagen genau umgekehrt: Die Bundesregierung gestaltet, statt zu verwalten! – Wo gibt es jetzt in dieser Gesetzesinitiative konkreten Reformbedarf? – Es gehört eine genaue Kaufpreis­definition bei Anteilsübertragungen von gemeinnützigen Bauvereinigungen aufgenom­men, es sollen gesellschaftsrechtliche Umgehungskonstruktionen hintangestellt und vermieden werden, die Eigentumsbildung gehört forciert. Ich habe es schon ange­sprochen: Junge Menschen können sich heutzutage de facto kein Eigentum mehr leis­ten. Sie haben nicht mehr das Eigenkapital dazu, und wir müssen diesen Gordi­schen Knoten auflösen und hier eine Erleichterung bei der Begründung von Woh­nungs­eigentum einführen. Eine neue Wohnbauinvestitionsbank soll entstehen, damit auch für den sozialen Wohnbau mittel- bis langfristige Kreditlinien sichergestellt werden können.

Auf diese Rahmenbedingungen müssen wir achten, und das werden wir auch. Wir wer­den die Kontrollen im sozialen Wohnbau erhöhen, wir werden verhindern, dass Sozial­wohnungen am Altar gieriger Spekulanten geopfert werden, und wir werden auch unser Möglichstes tun, damit es zu einer Gebührensenkung kommt. Das erwarten sich die Österreicherinnen und Österreicher, und in diesem Sinne werden wir auch daran arbeiten. – Danke sehr. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.29


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gerald Loacker zu Wort. – Bitte.


18.29.13

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kurz ein Satz zum Kollegen Stark (Ruf bei der ÖVP: Mehrere!): Die Ihrer Fraktion nicht Angehörigen wünschen sich einen selbstbewussten Parlamentsklub der ÖVP, und ich erinnere an die Vorperiode und an beispielsweise die Abgeordneten Töchterle, Rasinger, Fekter, die nicht bereit waren, kommentarlos alles zu übernehmen, was ihnen von der Regierungsseite vorgesetzt wurde. – Wenn Sie mir das auch beweisen, nehme ich gerne alles zurück, was ich gesagt habe. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schellhorn.)

Zum vorliegenden Entschließungsantrag, der, wie schon richtig ausgeführt wurde, eine Aufforderung der Mehrheitsfraktionen an sich selbst ist, Gesetze zu beschließen, ist Folgendes zu sagen: Also es sind ja nette Dinge, die da drinstehen, aber wesentliche Elemente, die auch sehr einfach zu klären wären, fehlen, beispielsweise eine Zweck­bin­dung der Wohnbauförderungsmittel.


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Das wäre keine große Hexerei gewesen – aber ich weiß schon, da sind natürlich die Bundesländer vor, und man darf einem Landeshauptmann ja nicht ins Gehege kom­men.

Zu Recht kritisiert auch der Rechnungshof immer wieder die Bezüge und die Com­pliance in den gemeinnützigen Wohnbauträgern, und wenn die Mehrheit da einen Vor­schlag vorlegt, wie wir das gut unter Kontrolle bekommen, dann soll mir das mehr als recht sein, aber ich wage eine Prognose, und die lautet: EWNP – es wird nichts pas­sieren. Ich gehe jede Wette ein, dass wir in zwölf Monaten, wenn wir wieder hier sind, zu diesem Materienbereich, auf den sich dieser Entschließungsantrag bezieht, genau 0,0 Gesetzesvorlagen gesehen haben werden. Das ist das Bedauerliche.

Diese Regierung ist gut im Ankündigen, sie ist sogar sensationell gut im Ankündigen, und sie ist großartig im Vermarkten der Ankündigungen – beim Umsetzen hapert es noch massiv. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Gödl.)

18.31


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Bundesminister Hofer zu Wort. – Bitte.


18.31.17

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Bundesregie­rung bekennt sich zum Modell der Wohnungsgemeinnützigkeit und zur Verwirklichung des Ziels leistbares Wohnen, und der vorliegende Entschließungsantrag leistet einen sehr wesentlichen Beitrag dazu, die nähere Ausgestaltung auf diesem Weg zum Ziel sicherzustellen.

Es gibt mit der Umsetzung des Programms im WGG für uns sehr viel zu tun: Die Aufsichtsbehörden müssen gestärkt werden, um Malversationen mit gemeinnützig erwirt­schaftetem Vermögen zu verhindern, bestehende Sanktionsmöglichkeiten müs­sen gestärkt werden, und gleichzeitig benötigt leistbares Wohnen natürlich auch mehr Kapital.

In genau diese Kerbe schlägt der vorliegende Antrag, der auch bereits Lösungsansätze vorzeichnet. Ich möchte folgende Punkte herausgreifen: Zuerst nenne ich die Moder­nisierung der aufsichtsbehördlichen Instrumente durch die Schaffung der Funktion eines Regierungskommissärs. Dieser Vorschlag, analog zu Möglichkeiten der Finanz­marktaufsicht, verstärkt die aufsichtsbehördlichen Möglichkeiten der Länder einerseits, führt andererseits auch zum Schutz des im WGG verankerten Generationenausgleichs und ist von großer Bedeutung.

Ein zweiter Punkt erscheint mir wichtig: Der Revisionsverband der gemeinnützigen Bau­vereinigungen hatte in aufsichtsbehördlichen Verfahren bisher nur ein Anhörungs­recht. Durch die Stärkung des Revisionsverbandes mittels einer definierten Parteien­stellung im Verfahren kann die Aufsicht auch bürokratieschonend durchgeführt werden.

Drittens ist es uns ein großes Anliegen, dass die Länder in ihren Möglichkeiten, Wohn­bauförderung zu betreiben, gestärkt werden, das heißt, durch eine Novelle des Wohn­bauinvestitionsbankgesetzes und die Ausweitung des möglichen Eigentümerkreises einer Wohnbauinvestitionsbank sollen die Länder in Zukunft zielgerichtet und bedarfs­gerecht auch mithilfe europäischer Gelder Wohnbau betreiben.

Letzter Punkt: Grundsätzlich gilt: einmal WGG, immer WGG – das heißt, es ist abzu­lehnen, dass im gemeinnützigen Wohnbau überbordender gewerblicher Profit gemacht wird. Deswegen darf die Kurzzeitvermietung zum Beispiel zu touristischen Zwecken


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nur nach den Regeln des WGG erfolgen. Die Regeln für den selbst nutzenden Käufer von Wohnungen bleiben davon natürlich unberührt.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist jedem von uns vollkommen klar, dass es, wenn wir die Preise beobachten – die Mietpreise oder auch die Preise für das Schaffen von Eigentum –, für junge Menschen immer schwieriger wird, einerseits die Mittel auf­zubringen, um sich eine Miete leisten zu können – vielleicht auch, wenn bereits Kinder vorhanden sind, für eine etwas größere Wohnung –, es aber auch immer schwieriger wird, sich im ländlichen Raum ein kleines Haus zu bauen, wenn nicht Eltern oder Großeltern vorhanden sind, die ein Grundstück vererben, weil die Grundstückspreise immer weiter steigen.

Vor all dem und vor all den Problemen und auch vor den großen Herausforderungen dürfen und werden wir nicht die Augen verschließen, und die heutige Debatte zeigt, dass Regierung und Opposition bei der Lösung dieser wichtigen Probleme und auf dem Weg in Richtung Verwirklichung der Ziele, die wir uns gesetzt haben, an einem Strang ziehen – und dafür bedanke ich mich sehr herzlich. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.34


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Mag.a Johanna Jachs ist die nächste Red­nerin. – Bitte.


18.35.07

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Frau Präsidentin! Geehrter Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir alle sind uns einig, dass Wohnen ein Grundbedürfnis ist, und gerade für junge Menschen, die zum allerersten Mal aus dem Hotel Mama ausziehen und einen selbstständigen Haushalt führen wollen, ist es eine wichtige und folgenreiche Entscheidung, wo und wie sie sich niederlassen.

Die Traumimmobilie der Österreicherinnen und Österreicher ist ein Haus am Land oder am Stadtrand, und auch wir von den Regierungsparteien glauben, dass die günstigste Form des Wohnens langfristig das Eigentum ist. (Zwischenruf des Abg. Plessl.) Wir müssen dazu aber vermehrt Anreize setzen, zum Beispiel – es ist schon angesprochen worden – die Ausweitung des Mietkaufmodells.

Österreich ist ein Land der Mieter. Es gibt in Österreich in etwa 1,6 Millionen Haupt­mietverhältnisse, und von diesen 1,6 Millionen sind in etwa 630 000 im gemeinnützigen Wohnbau. Im Regierungsprogramm finden sich auch Punkte, dass wir den gemein­nützigen Wohnbau weiter ausbauen wollen und dass dieser leistbar bleiben soll. Auch vor dem Hintergrund, dass Mieten in den letzten Jahren überproportional teurer gewor­den sind, ist es besonders für Jungmieter von großer Bedeutung, dass der gemein­nützige Wohnbau leistbar bleibt, denn er ist ein Schritt in die Selbstständigkeit, weil viele junge Menschen in geförderten Wohnungen ihre ersten eigenen vier Wände finden.

Aus diesen Gründen kann ich den Antrag der Kollegen Singer und Schrangl nur unterstützen, denn erstens sprechen wir uns damit klar gegen die Spekulation mit Vermögen von gemeinnützigen Bauvereinigungen aus – das braucht es ohne zu viel Bürokratie –, zweitens braucht es auch im gemeinnützigen Wohnbau Managerinnen und Manager, die fähig sind, deren Bezugsobergrenzen aber auch modern geregelt werden.

Darüber hinaus, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir ein Schlupfloch stopfen, denn es gibt momentan einen Graubereich, der es ermöglicht, dass geförderte Woh­nun­gen kurzfristig vermietet werden, und dem müssen wir einen Riegel vorschieben.


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Airbnb fördert zwar den Wettbewerb, hat aber im geförderten Wohnbereich nichts verloren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich danke daher im Namen der Jugend und der jungen Familien für jedes Engagement im gemeinnützigen Wohnbau und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.37


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Christian Kovacevic zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.37.55

Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Minis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde gleich zum Thema kommen, muss aber zunächst ganz kurz auf Kollegen Tschank eingehen – ich sehe ihn gerade nicht –, weil er die Stadt Innsbruck als Beispiel erwähnt hat und den Bürgermeister dort für die hohen Preise verantwortlich machen wollte. – Ich möchte daran erinnern, dass der Bürgermeister seit ungefähr einem halben Jahr im Amt ist, die Preise in Innsbruck aber seit Jahrzehnten sehr hoch sind. Dass man das ihm ankreiden kann, stelle ich infrage. Die Preise in Tirol sind generell sehr, sehr, sehr hoch, und ich glaube, seit dem Zweiten Weltkrieg war dort nur die ÖVP in der Regierung – also vielleicht sollten Sie darüber einmal nachdenken. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn ich versuche, mir zu erklären, wie man jetzt darauf kommt, in der Debatte über den eigenen Antrag die anderen Parteien anzupatzen, kann ich mir das nur so erklä­ren: weil man vielleicht von den fehlenden konkreten Inhalten dieses Antrags ablenken will. Wenn ich mir zum Beispiel überlege, was jetzt konkret in dieser Entschließung enthalten ist, fällt mir da nicht viel ein. Es gibt nur wenig Aussagekräftiges.

Ich meine, wir werden dem Gesetz natürlich zustimmen, weil eben wenig Aussage­kräftiges darin enthalten ist; es gibt jetzt nichts, bei dem man sagen kann: Nein, da sind wir nicht dabei!, aber es ist auch nichts Konkretes enthalten. Es ist voll von Absichts­erklärungen, aber es steht nicht drinnen, wie Sie das machen wollen. Ich zitiere: „Forcierung der Eigentumsbildung bei gleichzeitiger Absicherung eines breiten, dauer­haft sozial gebundenen Mietwohnungsbestandes in Ballungsräumen“. – Wie, konkret? Das ist ein Vorhaben, das wollte man sicher schon seit Längerem umsetzen, aber wie konkret Sie das tun wollen, ist hier nicht enthalten.

Auch beim Thema Eigentum, auch Eigentum für junge Menschen, gibt es vielleicht noch ein bisschen Überlegungsbedarf, denn wenn Sie zum Beispiel fordern, dass die Einkommen von Mietern regelmäßig überprüft werden sollten, dann müssen wir uns schon überlegen, ob man das dann nicht beim Kaufmodell oder bei Eigentums­wohnun­gen auch in Betracht ziehen sollte.

Wie wollen wir rechtfertigen, dass junge Menschen günstig zu einer Eigentums­woh­nung kommen, die natürlich auch mit Steuergeldern gestützt ist? Wie ist es, wenn das Einkommen dann mit den Jahren steigt? Will man das dann auch überprüfen, oder sagt man, dann hat man die Wohnung halt schon erworben? Was ist, wenn vielleicht jemand etwas erbt? Ein junges Paar kann mit 30 Jahren eine Mietkaufwohnung günstig erwerben, wie gesagt, mit Steuergeldern gestützt (Abg. Neubauer: Ihr verlangt die Erbschaftssteuer!), und später, wenn das Einkommen massiv höher ist: Was machen wir dann damit? Die hätten die Möglichkeit, die Wohnung mit einer Superrendite, mit Supergewinnen zu verkaufen, wenn sie vorher günstig erworben wurde. Oder sie verkaufen sie halt zu horrend hohen Preisen. (Abg. Hauser: Kollege! Kollege!)

Deshalb sage ich: Wenn mit Steuergeld geförderte Objekte in Eigentum übergehen, dann müssen auch die Mietpreise geregelt werden, denn sonst fördern wir Spekula­ti-


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ons­geschäfte mit Immobilien. Und das wollen wir nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf der Abg. Schimanek.)

Generell: Die WGG-Novellierung wurde von der Frau Ministerin beziehungsweise im Regierungsprogramm ja bereits für 2018 angekündigt; und jetzt wurde sie, laut der Ministerin, auf 2019 verschoben. Also ich denke, wir wissen alle, wie hoch die Miet­preise sind – und da, bitte, mehr Tempo! Wir haben genau bei diesem Thema absolut keine Zeit zu verlieren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schimanek: Ent­schuldigung, was ...?)

18.41


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl ist der nächste Redner. – Bitte.


18.41.29

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Kollege! Wenn der Innsbrucker Bürgermeister nichts dafürkann, dann, nehme ich im Umkehrschluss an, kann die Wiener Landesregierung besonders viel dafür. (Abg. Becher: Das Mietrecht ist schuld!) – Ja, ich glaube, dass der Zuzug schuld ist; das hat Herr Kollege Tschank schon ausgeführt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der gemeinnützige Wohnbau bildet gemein­sam mit der Wohnbauförderung das wirksamste Instrument der Politik, um die Wohn­kosten nachhaltig zu senken und leistbar zu halten. Unsere deutschen Nachbarn haben den Wert dieses Systems Gott sei Dank auch schon erkannt – leider erst nach deren Abschaffung. Deswegen freut es mich, dass wir mit so einer breiten Mehrheit hier im Haus zu diesem auch sozialpolitisch wichtigen Thema des gemeinnützigen Wohnbaus eine übereinstimmende Meinung haben. Dieser ist mit seinen 700 000 Woh­nungen, die im Durchschnitt 20 Prozent weniger kosten als die frei finanzierten Woh­nun­gen, der bedeutendste Faktor, Wohnen leistbar zu halten.

Wenn man jetzt zum Beispiel nach Deutschland schaut, sieht man, Österreich ist Gott sei Dank noch weit unter den Durchschnittspreisen. Wenn ich zum Beispiel nach München schaue, wo eine Wohnung im Durchschnitt pro Quadratmeter unglaubliche 18,95 Euro kostet und im Neubau sogar 20,94 Euro, dann bin ich wirklich froh über die 7,20 Euro pro Quadratmeter bei einem gemeinnützigen Wohnbauträger in Österreich. Das bedeutet zum Beispiel für eine 60-Quadratmeter-Wohnung, dass man in München heute schon über 1 232 Euro kalt zahlt, aber in Österreich 468 Euro. Ich glaube, daran hat wirklich der gemeinnützige Wohnbau den größten Anteil. – Herzlichen Dank dafür. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Leider hat dieser besondere Wert, insbesondere in Wien, Investoren mit spekulativen Interessen und fragwürdigen Methoden auf den Plan gerufen. Die bereits privatisierte frühere Beamtengenossenschaft WBV-GÖD sollte von einem Investor übernommen werden. Im Zuge dieses Übernahmeversuchs, der übrigens, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch lange nicht ausgestanden ist, wurde gegen wesentliche ge­setzliche Bestimmungen verstoßen. Die circa 3 000 leistbaren Wohnungen des Unter­nehmens waren und sind wahrscheinlich immer noch in akuter Gefahr. Gleichzeitig kommt es in Wiener Sozialwohnungsanlagen und leider auch in meiner Heimatstadt Linz zu systematischen Airbnb-Vermietungen – bisher leider ohne Konsequenzen.

Politisch verantwortlich für diese problematischen Situationen ist auch nicht die Sozial­demokratie hier im Hohen Haus – die hat es verstanden, die ist beim Antrag dieser Bundesregierung, von ÖVP und FPÖ, dabei –, aber leider die Sozialdemokratie, auch in Wien. Während man auf Gemeindebauromantik setzt, wurde das rote Wien in Wirk-


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lichkeit zum Einfallstor für Spekulationen mit sozialem Wohnbau. Die Bundesregierung hat es sich aber zum Ziel gesetzt, den Wohnungsbestand und die Unternehmen abzu­sichern. Wir werden jedweder Form von Spekulation eine klare Absage erteilen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Der Gesetzgeber hier im Hohen Haus wird nicht länger findigen Advokaten hinterher­laufen. Die Zeiten von Schönwettergesetzen sind ebenso vorbei wie die Ära der großen Koalition. So sichern wir leistbares Wohnen für viele Menschen. Damit ist es uns auch gelungen, den über Jahrzehnte andauernden historischen Grabenkampf zwischen Eigentum und Miete zu überwinden. Ganz im Gegenteil! Es ist eben kein Gegensatz: Leistbares Eigentum und günstige Mieten müssen kein Gegensatz sein. Sie decken vielmehr dasselbe Grundbedürfnis.

Ein funktionierendes Volkswohnungswesen muss beide Segmente abbilden, und darauf haben wir uns geeinigt. Das hat auch Herr Kollege Singer vorhin so wunderschön gesagt. Dafür hat er von mir einen großen Applaus bekommen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Insbesondere im ländlichen Raum wird die Eigentumsbildung gestärkt werden. In Bal­lungsräumen aber sorgen wir für ein dauerhaft leistbares Mietwohnungssegment. Es freut uns, dass auch in diesem Bereich die Wohnbauinvestitionsbank, indem wir sie verländern, Schritte in die richtige Richtung setzt, denn auch wenn wir das Geld vielleicht jetzt noch günstig bekommen, die Wohnbauinvestitionsbank sichert ab, dass wir in 20 Jahren noch zum gleichen günstigen Zinssatz Geld bekommen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.46


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete Mag.a Gertraud Salzmann. – Bitte.


18.46.42

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen daheim! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Plenarsaal! Wohnen ist ein Grund­bedürfnis der Menschen. In vielen Orten und in vielen Regionen ist Wohnen mittler­weile für die Menschen einfach nicht mehr leistbar oder nur noch schwer leistbar. Egal, ob es sich um junge Familien handelt oder um junge Paare, die gerade ein Kind bekommen und deshalb wohnungssuchend sind, oder ob es sich um Einzelpersonen oder um Singlehaushalte handelt: Es ist immer relativ schwierig, halbwegs günstige Woh­nungen zu finden.

Die monatlichen Ausgaben für Wohnen und Leben betragen in Österreich mittlerweile zwischen 30 und 45 Prozent des monatlichen Einkommens. Dabei gibt es aber auch ein kräftiges Stadt-Land-Gefälle. In diesem Marktsegment bieten die gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen für die Menschen in unserem Land ein wirklich wichtiges Angebot, denn bei den Gemeinnützigen stehen die Interessen von Mitgliedern, Wohnungssuchenden und Bewohnern im Mittelpunkt der Dienstleistung. Die Bewohner der gemeinnützigen Wohnungen zahlen um durchschnittlich 20 Prozent weniger Miete im Monat – und das, denke ich, ist ein ganz wichtiger und fairer Preis, den es wirklich zu unterstützen gilt.

Um dieses bewährte Modell der Wohnungsgemeinnützigkeit zu erhalten, ist eine Modernisierung und eine Anpassung an die zeitgemäßen Ansprüche notwendig. Ich darf Ihnen dies anhand von zwei Beispielen erläutern: Einen wesentlichen Anteil daran, dass leistbares Wohnen auch für künftige Generationen gesichert bleibt, hat das von den Gemeinnützigen eingesetzte Kapital, das im Unternehmen bleiben sollte. Gerade


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in diesem Bereich sollen die aufsichtsbehördlichen Möglichkeiten gestärkt und moder­nisiert werden, indem man in Analogie zum Bankwesen einen Regierungskommissär einsetzt. Diese Maßnahme stärkt die aufsichtsbehördliche Möglichkeit der Länder und schützt den Generationenausgleich, indem zur Sanierung verstärkt Eigenmittel verwen­det werden.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Novellierung des § 26 WGG, in dem es um die Bezüge geht, und zwar sind diese Bezüge derzeit noch an die Dienstklasse 9 des Beamtenbesoldungsrechts gebunden, das ja ausläuft. Alleine von daher liegt es auf der Hand, dass es da eine Aktualisierung braucht.

Die Bezüge sollen eine Obergrenze erhalten, indem nämlich Jahresprämien, Über­stundenpauschalierungen und Mehrfachtätigkeiten auch mit einer Obergrenze belegt werden. Zudem wird die Anwendung eines Corporate-Governance-Kodex mehr Trans­parenz und mehr Vergleichbarkeit schaffen.

Meine Damen und Herren, etwa 180 gemeinnützige Bauvereinigungen leisten hier in Österreich einen wertvollen Beitrag für die Menschen. Wir wollen mit der Novellierung richtungsweisend mithelfen, dass die gemeinnützigen Bauvereinigungen stark und fit in die Zukunft gehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

18.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete Petra Wimmer. – Bitte.


18.50.21

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Die Regierungsfraktionen fordern in ihrem Antrag die Modernisierung, Stärkung und Absicherung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft und die neu zu schaffende Verländerung der Wohnbauinvestitionsbank, das heißt, in Zukunft werden die Länder haften.

Wir freuen uns über ein klares Bekenntnis zur Wohnungsgemeinnützigkeit und zur dadurch bezahlbaren Mietwohnung, denn ein nicht gefördertes Reihenhaus oder eine Eigentumswohnung um rund 400 000 Euro ist für viele Menschen ein teurer Wunsch­traum und illusorisch.

Wir wissen, dass gerade die Wohnkosten ganz wesentlich dafür verantwortlich sind, dass sich junge Familien das Wohnen nicht mehr oder nur noch sehr schwer leisten können. Gerade für junge Menschen, die auf der Suche nach der ersten Wohnung sind, noch in Ausbildung sind oder vielleicht studieren und kaum über die notwendigen Eigenmittel verfügen, ist eine gemeinnützige Mietwohnung die einzig mögliche Wohnform – es sei denn, man betrachtet die Verhältnisse beispielsweise in Italien, wo Kinder nicht selten bis über 30 Jahre bei ihren Eltern in beengten Verhältnissen in deren Wohnung wohnen müssen.

Dass der Bedarf an Wohnungen bei Weitem nicht gedeckt ist, zeigt die hohe Zahl an Wohnungssuchenden. Laut „Oberösterreichische Nachrichten“ von gestern sind allein im Ballungsraum Linz, Wels und Steyr rund 20 000 Menschen auf der Suche nach einer Wohnung. „Der Standard“ hat erhoben, dass eine neu auf den Markt kommende Mietwohnung in Wels im Durchschnitt pro Quadratmeter 12,43 Euro kostet, also in Wels kostet eine 60-Quadratmeter-Wohnung auf dem freien Markt auch schon 750 Euro. Das ist für viele einfach nicht leistbar.

Wir sehen, die Miethöhe ist wesentlich, denn Mieten, die die Hälfte bis zwei Drittel des Haushaltseinkommens auffressen, sind keine Seltenheit; für viele Menschen geht sich das finanziell einfach nicht mehr aus. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich frage mich und Sie, werte Abgeordnete von den Regierungsparteien: Worin liegt der Sinn, wenn bei den aktuellen Mietpreisanstiegen von 4 bis 5 Prozent auf dem freien Markt nach fünf Jahren ÖVP/FPÖ-Regierung ein paar Hunderttausend Men­schen mehr in Armut sind? Wem nützt das? – Dem sozialen Frieden sicher nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Neubauer. – Abg Deimek: ... um 8 Prozent!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Für die SPÖ ist Wohnen ein Grundbedürfnis und sollte allen Menschen, je nach Leistbarkeit, zur Verfügung stehen. Unser Antrag für ein gerechtes und transparentes Universalmietrecht wurde von den Regierungsparteien abgelehnt. Schade für die jungen Leute in unserem Land. Nach dem Bekenntnis zur Gemeinnützigkeit brauchen wir nun rasch eine Reform des Mietrechts, denn wir brauchen leistbare Wohnungen und Transparenz. (Beifall bei der SPÖ.)

18.53


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete Angela Baumgartner. – Bitte.


18.53.48

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben im Ausschuss für Bauten und Wohnen diesen Antrag eingebracht, der darlegen soll, welche Anforderungen an die Novelle des Wohnungsgemein­nützigkeits­gesetzes gestellt werden. Er bildet die Basis, um hier die notwendigen Rahmen­bedin­gungen zu schaffen, die erforderlichen Klarstellungen und Modernisierungen im Gesetz vorzunehmen.

Wie wir heute schon mehrmals gehört haben, ist Wohnen ein Grundbedürfnis, und leistbares Wohnen ist in der heutigen Zeit wichtiger als je zuvor. Das ist auch im Regierungsprogramm verankert. Ich bin mir sicher, dass wir langfristig gute Regelun­gen und Lösungen finden werden; mit diesem Antrag starten wir in die Umsetzung. Es muss leistbares Wohnen sichergestellt werden, und es müssen Rah­menbedingungen geschaffen werden, damit Menschen auch die Möglichkeit haben, Eigentum zu erwerben.

Die gemeinnützigen Wohnbauträger haben eine hohe Verantwortung. Klar muss daher Folgendes sein: Eine Bezugsobergrenze für Manager und Vorstände im gemein­nützi­gen Wohnbau muss gegeben sein, denn die Bezüge sind teilweise abenteuerlich. Transparenz und Aufsicht müssen gestärkt werden, denn Spekulationen sind Aus­wüchse, die sicherlich nicht sein können. Im Rahmen der Wohnbauinvestitionsbank soll der Eigentümerkreis erweitert werden, damit die Bundesländer ein gutes Instru­ment haben, um leistbaren Wohnraum zu schaffen.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Es ist jetzt an der Zeit, die vielen Grauzonen zu beseitigen. Die Aufsicht und Kontrolle zu stärken ist wirklich notwendig, damit das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz auch weiterhin seinen Sinn und Zweck erfüllen kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

18.55


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag.a Selma Yildirim. – Bitte.


18.55.58

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Was kostet das Wohnen in Österreich? – Statistisch erwiesen ist, dass die Menschen in Österreich durch­schnittlich 35 Prozent ihres Einkommens für das Wohnen aufwenden.


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35 Prozent, eine statistische Zahl – was heißt das aber tatsächlich? – Tatsächlich gibt es in Österreich, insbesondere in Ballungsräumen – man denke nur an Innsbruck, Salzburg, aber auch Wien – Mietpreise von bis zu 18 Euro pro Quadratmeter monat­lich; nicht etwa für Luxuswohnungen, nein, für ganz normale Wohnungen. Das Grund­bedürfnis Wohnen zu befriedigen wird immer mehr zum finanziellen Problem. Die oftmals einzige Lösung sind Zuschüsse der öffentlichen Hand.

Es ist deshalb ganz klar, dass wir hier gegenzusteuern haben. Eine Möglichkeit, gegenzusteuern, ist der gemeinnützige Wohnbau. Gemeinnütziger Wohnbau soll leistbares Wohnen ermöglichen, nun fällt aber auf, dass auch Kurzzeitvermietungen gemeinnütziger Wohnungen über Internetplattformen erfolgen. Kurzzeitvermietungen über Internetplattformen wie Airbnb stehen dem Grundgedanken von gemeinnützigem Wohnraum diametral entgegen. Wir haben daher im Ausschuss den Zusatzantrag eingebracht, dass geprüft werden soll, wie eine derartig nicht gerechtfertigte – ja ich würde sogar sagen: missbräuchliche – Nutzung gemeinnützig errichteten Wohnraumes zu verhindern ist. Dieser Antrag – das ist in diesem Rahmen wirklich sehr positiv anzumerken – wurde über die Fraktionsgrenzen hinweg von allen Parteien unterstützt.

Dass es im Zusammenhang mit Kurzzeitvermietungen Schlupflöcher im Wohnungsge­meinnützigkeitsgesetz gibt, kritisiert sogar der Österreichische Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen. Ein kleines Beispiel aus Innsbruck sei mir gestattet: Die Bundes­forste, sehr geehrte Damen und Herren, schließen einen Baurechtsvertrag mit einem Privaten betreffend ein Objekt in Innsbruck ab. Obwohl ursprünglich aus­schließlich die Errichtung von Wohnungen gestattet war, soll jetzt ein Billighotel errich­tet werden. Die Bundesforste haben als Eigentümerin des Gebäudes das Baurecht offensichtlich im Sinne der Gewinnmaximierung an Private vergeben, obwohl auch die Stadt Inns­bruck das Baurecht erwerben wollte. Also da stehen sich das Grundbe­dürfnis auf Wohnen und die Gewinnmaximierung durch einige wenige gegenüber.

Wir haben lange darüber diskutiert, dass Privatisierungen nicht immer Sinn machen. Ich glaube, auch im geschilderten Fall wäre der Errichtung von leistbarem Wohnraum der Vorzug zu geben gewesen. Lassen Sie uns bitte gemeinsam überlegen, wie wir sicherstellen können, dass im Eigentum der Österreicherinnen und Österreicher stehender Grund und Boden vor dessen Privatisierung jedenfalls anderen Gebiets­körperschaften anzubieten ist!

In diesem Sinne bedanke ich mich für die konstruktive Haltung auch im Ausschuss. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.59


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dipl.-Ing.in Bißmann. – Bitte.


18.59.26

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bürgerinnen und Bürger, die noch hier sind! Geschätzter Herr Minister! Man kann es hier nicht oft genug sagen: Der soziale Wohnbau zählt zu den wichtigsten Errungenschaften unseres Sozialstaates. Menschen mit geringerem Einkommen wird leistbarer und komfortabler Wohnraum zur Verfügung gestellt.

Eine Wortmeldung aus Tirol – Philip Kossel, Familienvater aus Innsbruck meint dazu: Existenzbedürfnisse sind nach Dringlichkeit betrachtet zuallererst Nahrung und Was­ser – versteht sich von selbst –, aber auch Wohnraum. Wohnen ist Grundrecht, sogar in der Entwicklungshilfe so definiert, da wird man ja wohl in einem der reichsten Länder der Welt würdiges Wohnen für alle erwarten können. Wir leben in der fünftgrößten


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Stadt Österreichs mit den zweithöchsten Mieten landesweit. In 15 Jahren ist der Mietzins für guten Wohnraum hier von 8,6 Euro auf 12,2 Euro pro Quadratmeter gestiegen, um circa die Hälfte. Die Durchschnittsgehälter nur um ein Viertel. – Zitat­ende.

An diesem Beispiel kann man die Problematik gut veranschaulichen: Die Gehälter steigen nur langsam, die Mieten hingegen explodieren. Mit ein Grund ist die kurzfristige Vermietung von Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen, Stichwort Airbnb. Das nimmt nicht nur bedürftigen Familien die Chance auf leistbare Mieten, es steht dabei sogar ein Missbrauch von Steuergeldern im Raum.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Missbrauch von Sozialwohnungen betrifft genau jene, die sie am meisten brauchen; daher freue ich mich wie meine VorrednerIn­nen auch sehr darüber, dass in der letzten Sitzung des Ausschusses für Bauten und Wohnen ein Fünfparteienentschließungsantrag abgestimmt wurde, der eben diese Kurzzeitvermietungen von Sozialwohnungen zukünftig verbietet.

Abschließend erlauben Sie mir, hier noch einen weiteren Aspekt einzubringen, wenn wir über Kosten sprechen: die laufenden Betriebs- und Heizkosten; Stichwort Sanie­rung. Am Beispiel von Fenstern: Vergleicht man jene aus den Siebzigerjahren mit Fenstern heutigen Standards, erkennt man, wir können heute 37 Prozent der Raum­wärme, die über die Fenster verloren geht, einsparen. Das sind bei den aktuellen Energiepreisen und branchenüblichen Annahmen Einsparungen von umgerechnet 300 Euro pro Jahr, die den Wohnungsmietern zugutekommen.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Bereich der thermischen Sanierung liegt immen­ses Einsparpotenzial, und jede Kilowattstunde Energie, die wir nicht verbrauchen, hilft uns im Kampf gegen den Klimawandel. Herr Minister, Sie sehen, beim Thema Klima­wandel gibt es eine Querschnittsrelevanz wie sonst bei keinem anderen Thema: Wir kommen immer wieder darauf zurück. Ich möchte noch weiter gehen und lade Sie ein, gemeinsam den Begriff soziales Wohnen in unser aller Interesse weiterzuentwickeln. Wir müssen im Hinblick auf den Klimawandel und die steigenden Kosten für Wohnen im 21. Jahrhundert den ökosozialen Wohnbau in Österreich schützen, fördern und weiterentwickeln. – Vielen Dank.

19.02


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte.


19.02.58

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Leistbares Wohnen braucht Gemeinnützigkeit, dafür hat sich die Sozialdemokratie immer eingesetzt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist mir ein Anliegen, heute eine wichtige Warnpflicht zu erfüllen. Ich bin derjenige aktive Politiker, der die längste Erfahrung in einer Bundesregierung hat, und daher möchte ich warnen. Die wichtigsten Voraus­setzungen für einen demokratischen Politiker sind Respekt vor der Verfassung, Respekt vor dem Parlament und Respekt vor der Gewaltenteilung. (Beifall bei der SPÖ.)

Artikel 18 der österreichischen Bundesverfassung lautet: „Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, heute ist diesem Parlament ein Abän­derungsantrag zugegangen, der genau dies nicht macht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rädler: Zur Sache! Zum Thema!) Hier wird ein vorsätzlicher Verfassungsbruch


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 200

gemacht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scherak. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, kennen Sie Professor Dr. Felix Ermacora? (Abg. Mölzer: Lassen Sie den Ermacora in Ruhe!) Felix Ermacora war von 1971 bis 1990 ÖVP-Nationalratsabgeordneter. (Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Er hat in einem Reclam-Heft über die Bundesverfassung – da bin ich als junger Mensch drübergefallen – Folgendes geschrieben: Die Prinzipien der Bundesverfassung heißen: das demokratische Prinzip, das bundesstaatliche Prinzip, das rechtsstaatliche Prinzip und das Gleichheitsprinzip. Für die Änderung dieser Grundlagen braucht es nicht nur eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, sondern sogar eine Volksabstimmung. (Ruf bei der ÖVP: Zur Sache!)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Stöger! Wir können schon von der Bundesverfassung zur Wohnungswirtschaft kommen. Wir sind bei der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, und ich bitte Sie, zur Sache zu sprechen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (fortsetzend): Ich komme auch noch zur Woh­nungswirtschaft, Frau Präsidentin.

Das bräuchte auch eine Volksabstimmung. (Zwischenruf des Abg. Hauser.) Solche Schritte, die Sie da setzen, haben zur Auflösung des Parlaments geführt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Nehammer – auf das Abgeordnetenpult schlagend –: Geh bitte, hör auf! Das ist ein Skandal! Das ist unglaublich! – Weitere heftige Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Herr Bundesminister Hofer hat heute - - (Abg. Nehammer – in Richtung SPÖ –: Hört ihr überhaupt zu?! Hört ihr zu?! Ist euch eigentlich bewusst, wozu ihr da applaudiert?!)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Stöger, ich erteile - - (Abg. Hafenecker: Niemand kann etwas dafür, dass Sie Parteitag am Wochenende haben! – Ruf: Das ist ein ehemaliger Minister! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP, SPÖ und FPÖ. – Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben, glaube ich, noch ein, zwei Wort­mel­dungen, und ich würde Sie wirklich darum bitten, dass wir diese auch entsprechend abwickeln.

Herr Abgeordneter Stöger, Sie kennen den Tagesordnungspunkt, bei dem wir sind, und ich ersuche Sie, das auch zu berücksichtigen, ansonsten erteile ich Ihnen den Ruf zur Sache. Wir sind beim Antrag betreffend gemeinnützige Wohnungswirtschaft. – Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (fortsetzend): Frau Präsidentin, ich möchte in einem Österreich wohnen, das demokratisch ist. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Das wird ein Parteitag! Peinlich!)

19.07


Präsidentin Doris Bures: Es hat sich Herr Klubobmann Wöginger zu Wort gemel­det. – Bitte.


19.08.12

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will und kann das nicht so stehen lassen. Frau Präsidentin, ich hoffe, Sie gestatten es mir, dazu Stellung zu nehmen. Ich erwähne auch außer­ordent­lich Ihre objektive Vorsitzführung auch gegenüber dem Kollegen Stöger, das möchte ich betonen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Aber so kann das nicht sein!


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Wir haben heute den ganzen Tag schon die Debatte am Laufen, und wir werden jetzt noch über die Pensionsanpassung 2019 abstimmen, damit verbunden ein Abände­rungs­antrag, mit dem wir die Sozialversicherung auffordern, dass die Anzahl der Versicherten einzumelden ist. (Abg. Leichtfried: Und die Verfassung bricht!) Und warum? Weil wir diese Daten nicht bekommen! Und das geschieht erstmals in dieser Republik – erstmals in dieser Republik! –, wenn ein Sozialminister die Sozialver­sicherungsträger ersucht, Zahlen einzumelden, dass diese bewusst nicht eingemeldet werden. (Abg. Nehammer: Roter Machtmissbrauch! Rotes Demokratieverständnis!) Das hat es unter sozialdemokratischen Ministern nie gegeben! Und, meine Damen und Herren, das ist einfach nicht in Ordnung! Wir werden regelrecht gezwungen, zu dieser Maßnahme zu greifen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann Wöginger, ich habe Ihnen das Wort erteilt, habe natürlich auch keinen Zusammenhang zum Tagesordnungspunkt ge­sehen, und Sie haben ja auch gesagt, dass Sie jetzt darauf antworten wollen.

Wir haben uns diese Geschäftsordnung selbst gegeben. Wir haben uns darauf ver­ständigt, dass, wenn wir uns eine Tagesordnung vornehmen, die Debatte auch zur Sache geführt werden muss; deshalb sieht die Geschäftsordnung auch den Ruf zur Sache vor.

Herr Abgeordneter Wöginger, ich würde Sie deshalb bitten, entweder zum Schluss Ihrer Ausführungen oder zum Thema zu kommen, weil das unsere Geschäftsordnung, die wir gemeinsam in dem Haus beschlossen haben, so vorsieht. (Abg. Martin Graf: Das kann doch nicht unwidersprochen bleiben! Der muss ja reagieren können!)

Ich gebe Ihnen jetzt noch das Wort und würde Sie bitten, das zu beachten. Das gilt auch für alle weiteren Wortmeldungen. Ansonsten würde ich die Sitzung unterbrechen und die Klubvorsitzenden kurz zu einer Geschäftsordnungsbesprechung zu mir holen.

Herr Klubobmann, Sie sind jetzt wieder am Wort, und, wie gesagt, ich würde das dann auch bei den weiteren Wortmeldungen so handhaben. – Bitte.


Abgeordneter August Wöginger (fortsetzend): Frau Präsidentin, danke, Sie handeln natürlich korrekt.

Ich betone für die Österreichische Volkspartei und auch für diese Bundesregierung, dass uns das leistbare Wohnen insbesondere am Herzen liegt. Und vor allem wollen wir auch die Eigentumsbildung stärken. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Wir brauchen den gemeinnützigen Wohnbau, aber wir brauchen auch die Eigentumsbildung in diesem Bereich. Es muss einer Arbeitnehmerfamilie wieder möglich sein, Eigentum zu erwer­ben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Wir haben nichts davon, wenn 400 000 Euro aufge­nommen werden müssen, um sie bis in die Pensionsjahre hinein zurückzuzahlen. Das ist unser Anliegen, und dafür werden wir eintreten.

Abschließend: Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen insbesondere von der Sozialdemokratie! (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ich schau euch schon an! Ich habe euch früher nicht gefürchtet und ich fürchte euch heute auch nicht, und ich halte das auch für überflüssig, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich halte das für überflüssig. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Aber das eine sage ich euch schon: Wenn das so weitergeht, dass wir nur noch mit der Zwischenkriegszeit verglichen werden, was völlig überzogen und übertrieben ist, weil ihr euch in eure Oppositionsrolle nicht einklinken könnt - - Das ist doch die Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Und das ist das Anliegen, das ich hier einfordere: dass man als Demokratin, als Demo­krat auch andere Mehrheiten akzeptiert und dass man nicht das gesamte System in dieser Republik so weit treibt, dass wir nicht einmal mehr Zahlen von der Sozialver­sicherung kriegen. Darum geht es und um nichts anderes! Ich appelliere an euch: Geht in euch und kehrt zur Demokratie zurück! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bravorufe bei der ÖVP.)

19.12


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde jetzt darum bitten, dass wir zum Tagesordnungspunkt zurückkehren. Ich gehe auch davon aus und erteile dem Herrn Abgeordneten - - (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Schimanek: Das bringt der nicht zusammen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Am Wort ist Herr Abgeordneter Dr. Peter Wittmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.13.30

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Eine Replik ist immer erlaubt, und ich werde dann kurz darauf zurückkommen. Ich werde nicht zu viel Zeit dafür aufwenden.

Ich erinnere mich nur - - (Abg. Hafenecker: Reden wir lieber darüber, wieso die SPÖ Wiener Neustadt keine Miete für das Parteilokal gezahlt hat!) – Ich bin froh, dass Sie schon wissen, was ich sagen werde. Sie sind ein Hellseher, oder was? Machen Sie jetzt auf Hellseher auch schon? (Ruf: Weil Sie immer dasselbe sagen!)

Also an den Kollegen Tschank und an den Kollegen Schrangl gerichtet: Erstens: Die einzige Siedlungsgenossenschaft, die jemals in Konkurs gegangen ist, war die freiheitliche Siedlungsgenossenschaft Freies Wohnen mit ihrem Chef Rosenstingl. Das zu Ihrem Erfolg als gemeinnütziger Wohnbauträger. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hafenecker: Bank Burgenland, Bawag, Krankenhaus Nord!) Das war Ihre Erfolgsstory im sozialen Wohnbau. Die sind dann alle strafrechtlich verurteilt worden. Das war Ihr sozialer Wohnbau. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zum Kollegen Tschank noch: Natürlich ist es nach dem Mietrechtsgesetz möglich, einen Abschlag zu machen. Aber was ist mit den nicht dem Mietrechtsgesetz unter­liegenden Wohnungen? Da gibt es keinen Abschlag bei den befristeten Verträgen. Das ist doch ein Absurdum, was Sie da machen! Genau diese nicht regulierten und nicht der Gemeinnützigkeit unterliegenden Wohnungen sind ja die Preistreiber in dieser Republik. Das sind ja die Spekulationsobjekte, das sind ja diese Sachen, die perma­nent missbraucht werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie können nicht eine Landesregierung dafür verantwortlich machen, wenn die Gesetze nicht passen. Dann muss man eben hier arbeiten, und deswegen gibt es auch einen Fünfparteienantrag. Aber dass sich eine Regierung selber einen Initiativantrag oder einen Entschließungsantrag stellt, in den sie hineinschreibt, was sie gerne machen würde - - Hallo? Warum macht ihr es nicht? (Abg. Stefan: Sind wir die Regierung?) Warum macht ihr es nicht? (Beifall bei der SPÖ.) Sie schicken sich selbst eine Aufforderung, dass Sie gerne etwas machen täten! Das ist ja an Absurdität nicht mehr überbietbar, was hier abläuft! Das ist ja nur mehr Inszenierung. (Abg. Stefan: Herr Kollege Verfassungssprecher, sind wir die Regierung?)

Ein Wort darf ich auch als Replik zum Klubobmann Wöginger sagen, ein Wort nur: Das, was Sie sagen, steht nicht da drinnen! Das steht nicht drinnen! – Und ich bin wirklich erschüttert, dass sich die Verfassungssprecher Stefan und Gerstl über so ein Gesetz nicht aufregen. Da steht Folgendes drinnen: Wenn Sie eine Trägerrakete in einen Ausschuss legen, können Sie jedes Gesetz beliebig lang vertagen und räumen


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dem zuständigen Minister eine Möglichkeit zu Handlungen ein, ohne dass er dafür ein Gesetz hat.

Jetzt gestehe ich Ihnen zu, dass Sie das hehre Ziel haben, Daten zu kriegen, das verstehe ich, aber es steht nicht im Gesetz drin! Der Minister könnte - -


Präsidentin Doris Bures: Jetzt fordere ich Sie auf, wieder zur Sache zu kommen, Herr Abgeordneter! (Abg. Kassegger: Das ist ein langes Wort! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (fortsetzend): Der Minister könnte auch im Wohn­bau - - (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Heiterkeit bei der FPÖ.) Genau, machen wir das beim Minister, der für Wohnbau zuständig ist. Ja, das ist lächerlich, aber Sie wissen nicht, was in dem Gesetz drinsteht. Wir geben ein Wohnungsgemein­nützig­keitsgesetz in einen Ausschuss, und dann geben wir dem Minister die Ermächtigung, die da drinnen steht. (Abg. Hafenecker: Das ist ärger als in „Willkommen Österreich“!) Dann ist es eine parlamentarische Behandlung dieses Gesetzes. Und dann geben wir ihm die Möglichkeit - - Ich will euch ja nur zeigen, was möglich wäre. Ich glaube, dass das nicht beabsichtigt ist, denn wenn es beabsichtigt ist, dann gute Nacht. Dann muss man ja wirklich sagen, dann ist es Vorsatz.

Also: Wir haben im Ausschuss das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, und dann macht der zuständige Minister als Vorbereitungshandlungen all jenes, was wir nicht in ein Gesetz hineinbringen, weil wir keine Mehrheit zusammenbringen. (Abg. Lausch: Peter, setz dich nieder!) Er kann ja dann die Handlungen setzen, und das ist nicht eingeschränkt auf das eine, es ist auch da nicht eingeschränkt, es - - (Abg. Wöginger: „Insbesondere“!) – Nein! (Abg. Scherak: „Insbesondere“ ist ja nicht eingeschränkt!) „Insbesondere“ ist keine taxative Aufzählung, sondern macht den Weg auf für alles andere. Der Minister könnte dann als eigenmächtige Handlungen Mieten festlegen, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz außer Kraft setzen. Der könnte, weil er nicht an ein Gesetz gebunden ist, selbstständig, willkürlich handeln! Sind Sie sich bewusst, was da passiert? (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT.)

Die einzige Voraussetzung, die er dafür braucht, ist, dass er einen Antrag im Aus­schuss liegen hat, der permanent vertagt wird. Das könnte man mit jedem Gesetz machen. Mit jedem Gesetz! Und das bedeutet den wirklichen Ausschluss des Parlaments von der Gesetzgebung und würde durch reine Handlungen der Minister ersetzt werden. (Abg. Nehammer: Das ist unfassbar! ...!)

Und jetzt überlegen Sie sich das Ganze im Innenministerium, und dann - - (Abg. Nehammer: Das ist ja verheerend! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP, FPÖ und NEOS.)

19.19.19

*****


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen jetzt den Ruf zur Sache. (Abg. Wittmann – in Richtung Präsidentin Bures – : Ich habe ja jetzt über das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz gesprochen!) – Nein, wir sind gerade beim Innenministerium.

*****


19.19.32

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (fortsetzend): Überlegen Sie sich das beim Innenministerium, weil dann gute Nacht! Dann kann er Vollzugshandlungen setzen, ohne dass er dafür ein Gesetz braucht. Dann gute Nacht! (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT.)


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Ich gehe davon aus, dass das nicht beabsichtigt war, denn wenn Vorsatz dahintersteht, dann hebeln Sie die Demokratie aus. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jetzt zurück zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz. Das ist ein harmloses Gesetz, aber das könnte man mit jedem Gesetz machen: Man legt eine Trägerrakete in den Ausschuss, vertagt die Materie für die Dauer der gesamten Legislaturperiode, und der Minister handelt ohne gesetzlichen Auftrag selbstständig und willkürlich – dann gute Nacht, Demokratie! (Anhaltender Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT. – Bravorufe bei der SPÖ.)

19.20


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Peter Pilz. – Bitte. (Abg. Martin Graf: Jetzt musst uns noch verraten, wer der Minister für Wohnbau ist! Ich hab’ gar nicht gewusst, dass es so etwas gibt!)


19.21.06

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Neubauer: Sie sind kein Kollege!) Ich halte es für völlig unangebracht, rund um das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz jetzt über das Jahr 1934 zu diskutieren. Ich halte es für sehr sinnvoll, jetzt über das Jahr 2018 zu diskutieren, und da möchte ich auch beim Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz bleiben.

Stellen Sie sich einmal vor, im Zusammenhang mit dem Wohnungsgemein­nützigkeits­gesetz (Abg. Martin Graf: Was zahlst du im Gemeindebau?) würde eine Partei vor­schlagen: „Vorbereitungshandlungen, die im Hinblick auf erst in der Zukunft liegende Gesetzesänderungen im Bereich“ – in dem Fall jetzt – des Wohnungsgemeinnützig­keits­gesetzes „erforderlich sind, können bereits vor dem In-Kraft-Treten des jeweiligen Bundesgesetzes durchgeführt werden“!

Ich glaube, aus allen Fraktionen würden nicht nur Verfassungsexperten und -exper­tinnen aufstehen und sagen: Entschuldigung, das geht sich nicht aus mit dem Art. 18 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes, der ganz klar normiert: „Die gesamte staat­liche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.“ – Da gibt es keine Ausnahme. Es gibt keine einzige Ausnahme, und Sie haben sich beim Wohnungs­gemeinnützigkeitsgesetz völlig zu Recht daran gehalten.

Stellen wir uns einmal vor, Sie hätten sich nicht daran gehalten! Dann wären diejeni­gen, die das beschließen, nicht einfache Verfassungsbrecher, sondern der Verstoß wäre wesentlich gravierender. Ein Verstoß gegen dieses Prinzip ist nicht ein einfacher Verfassungsbruch, sondern der Versuch, eine Gesamtänderung der Bundesverfassung mit einfacher Mehrheit zu beschließen. Etwas Derartiges hat es im österreichischen Parlament meines Wissens in der Zweiten Republik kein einziges Mal gegeben – kein einziges Mal! (Beifall bei JETZT und SPÖ. – Präsidentin Bures gibt das Glocken­zeichen.)

Eine Gesamtänderung der Bundesverfassung - -


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen einen Schlusssatz for­mulieren, weil die Redezeit Ihrer Fraktion ausgeschöpft ist. (Abg. Hafenecker: Machen Sie jetzt Schluss!)


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Mein Schlusssatz ist: Ich appelliere an Sie als Abgeordnete, die Sie der Verfassung dieser Republik verpflichtet sind und auf sie einen Eid abgelegt haben: Beachten Sie bitte bei allen Abstimmungen, die wir heute


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noch vor uns haben, die Verfassung der Republik Österreich! (Beifall bei JETZT und SPÖ.)

19.23

*****

Präsidentin Doris Bures: Es gibt eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung. – Bitte, Herr Klubobmann Zinggl.


19.24.11

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Ich schätze und bewundere Ihre Vorsitzführung sehr, Sie machen das sehr objektiv. (Beifall bei JETZT, SPÖ und NEOS.) Ich verstehe auch Ihre Sorge, wenn wir gelegentlich nicht beim Thema bleiben, aber verstehen Sie bitte umgekehrt auch unsere Sorge: Wann hätten wir diesen Gesetzestext denn diskutieren können und wollen?

Das Problem war ja, dass der Abänderungsantrag sehr kurzfristig vorgelegt worden ist. Niemand konnte ihn sich genau durchlesen, und jetzt soll er beschlossen werden. Wenn darüber keine Diskussionsmöglichkeit eingeräumt wird, dann kann es passieren, dass bei irgendwelchen anderen Tagesordnungspunkten auch ein wenig davon abge­gangen wird, was uns allen am Herzen liegt, nämlich: die demokratische Gepflogenheit des Parlaments einzuhalten.

Unabhängig von dem Gesetz, das da jetzt diskutiert wird, ist die Vorgangsweise, wie das gemacht wurde, eine, die uns überhaupt nicht behagt. – Ich danke. (Beifall bei JETZT, SPÖ und NEOS.)

19.25


Präsidentin Doris Bures: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehand­lung? – Nein.

Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, Herr Klubobmann, ist vereinbart worden, dass wir in der nächsten Präsidialkonferenz darüber reden. Ich werde dann auch darum bitten, über den Verlauf der jetzigen Debatte gemeinsam zu beraten.

*****

Ich habe noch weitere Wortmeldungen vorliegen.

Der Nächste ist Herr Klubobmann Dr. Walter Rosenkranz. – Bitte.


19.25.49

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Wittmann hat hier unter Einsatz der gesamten Körpersprache, die ihm zur Verfügung steht, schon eine Rede gehalten, die er wahrscheinlich als Partei­tagsrede halten wird. Das wird wahrscheinlich rasende Beifallsstürme der verständigen SPÖ-Delegierten bringen. Alles Gute!

Er hat nicht nur abschließend, sondern mehrfach gesagt: „Dann gute Nacht!“ Er hat es nicht gesagt, er hat es eher geschrien, obwohl wir an sich relativ gute Ohren haben. – Ich kann auch eines sagen: Gute Nacht, Sozialdemokratie!

Wenn Sie davon sprechen, dass hinsichtlich dieses Gesetzes, hinsichtlich der Refor­men, die hier beschlossen werden sollen, die Gewaltenteilung nicht eingehalten wird, dann muss ich Ihnen sagen, Sie sind sich in Ihrer Fraktion nicht ganz einig. Einerseits


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sagen Sie, die Regierung beschließt sich hier etwas, und fordern ein selbstbewusstes Parlament ein. Jetzt gibt es etwas, wozu die Abgeordneten – zugegebenermaßen der Regierungsparteien, und das ist gut so – auch etwas einbringen, und das passt Ihnen auch nicht. Sie deuten es falsch.

Es gibt noch etwas: Beim Wohnbau speziell kann man, wenn man nicht aufpasst, über sehr viel Baugerät und Baumaterial stolpern, genauso wie zum Beispiel Herr Kollege Stöger über ein Reclamheft über die österreichische Verfassung von Felix Ermacora gestolpert ist; wie auch viele seiner Studenten über seine Vorlesungen gestolpert sind, vor allem wenn sie nur sein Reclamheft darüber gelesen haben. Heute bei dieser Gesetzesänderung einen Bogen hin zu Verfassungsbruch oder Ähnlichem zu spannen, das ist eigentlich unerhört!

Und wenn Kollege Pilz sagt, seines Wissens ist nichts passiert, ist nichts Derartiges passiert, so lässt das vielleicht auch auf sein Wissen schließen, das ist aber auch nicht unsere Sache. (Abg. Wittmann: Haben Sie kein Gewissen, wie Sie mit der Demokratie umgehen?) – Wir gehen mit der Demokratie sorgfältig um, wir gehen mit der Verfas­sung sorgfältig um, wir haben ein Gewissen, Kollege Wittmann, auch wie man mit Demokratie und Verfassung umgeht! (Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Wittmann.)

Sie als Lobbyist der Wohnbaugenossenschaften mit Ihrer ganzen Sozialdemokratie in Wiener Neustadt sollten vielleicht nachschärfen, und das ist jetzt nicht der Vorwurf an eine Partei insgesamt, Frau Präsidentin, nur dass wir das auch entsprechend fürs Protokoll haben: Eine Abgeordnete der SPÖ aus Wiener Neustadt sitzt derzeit auf der Anklagebank. Da geht es auch darum, dass beim Wohnen, insbesondere bei den Mieten und Betriebskosten, etwas nicht nach Recht und Gesetz abgelaufen ist, obwohl auch diese Bundesrätin eigentlich gelobt hat, es einzuhalten. – Soll alles sein.

Zu Ihrem Auftritt jetzt noch zum Schluss zu diesem Tagesordnungspunkt: Wir be­grüßen außerordentlich, dass das jetzt auch kommt und dass auch ein selbstbewuss­tes Parlament, auch die Regierungsparteien nicht entmündigt sind, sondern selbst­stän­dig Anträge einbringen können. Das haben Sie schon erlebt. – Hat es Ihnen nicht gepasst?

Es passt Ihnen grundsätzlich gar nichts, was diese Regierung macht und was diese Regierungsparteien machen, aber das ist Ihr Problem mit der Demokratie. Sie versuchen ja, den Wähler auszutauschen, damit es Ihnen besser geht. Es wird Ihnen nicht gelingen, es darf Ihnen nicht gelingen, nein. Österreicherinnen und Österreicher, schaut einfach zu, was diese abgewählte und für ihr Fehlverhalten der letzten Jahr­zehnte abgestrafte SPÖ macht! – Freundschaft, Genossen, und gute Nacht! (Anhalten­der Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.29


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, Sie kommen jetzt zu Wort. – Bitte.


19.29.33

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Es fällt mir eigentlich einigermaßen leicht, hier zur Sache zu reden. Dieser Entschließungsantrag über den gemeinnützigen Wohnbau hat den Weg gefunden, der parlamentarisch so vorgesehen ist, nämlich: ein Antrag von zwei Abgeordneten, der in einen Ausschuss geht, der dann dort mit einer Mehrheit beschlossen wird, der hierher ins Plenum kommt und hier wahrscheinlich auch mit einer Mehrheit beschlossen wird.

Dementsprechend ist das, was Sie hier vorhaben, nämlich mit der anderen Debatte, die wir geführt haben, natürlich auch ein Punkt, der zur Sache relevant ist. Hier haben Sie einen ganz normalen Gesetzgebungsprozess durchgeführt, bei dem, was Sie in


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Zukunft vorhaben, Herr Kollege Wöginger, da reden Sie über andere Dinge. Sie wollen „Vorbereitungshandlungen, die im Hinblick auf erst in der Zukunft liegende Gesetzes­änderungen im Bereich der Sozialversicherungsgesetze erforderlich sind [...]“, „vor dem In-Kraft-Treten des jeweiligen Bundesgesetzes“ durchführen können. (Abg. Jarolim: Das ist unfassbar!)

Das entspricht einer Selbstaufgabe dieses Parlaments, was Sie hier machen, das würden Sie sonst nie machen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.)

Sie können hier nicht vor Beschlussfassung eines Gesetzes – genauso wenig, wie man vor Beschlussfassung eines Entschließungsantrages etwas machen kann – die demo­kratischen Grundprinzipien der Republik Österreich außer Kraft setzen. Das ist ein direkter Angriff auf die Demokratie, das ist ein direkter Angriff auf das Parlament!

Und ich sage Ihnen noch etwas dazu, wie Sie immer mit der SPÖ reden: Klären Sie Ihre Dinge untereinander! Diese lächerlichen Austausche, die es da gibt, wer beleidigt ist oder nicht, das alles ist mir vollkommen egal. Mir ist wichtig, dass wir unsere Verfassung ernst nehmen. Das machen wir, wenn wir die gesetzgeberischen Kom­peten­zen so beibehalten, wie sie sind. Das heißt, dass ein Entschließungsantrag zum gemeinnützigen Wohnbau durch einen Ausschuss gehen muss und dann ins Plenum kommt. Das heißt auch, dass alle anderen Gesetze den gleichen Weg durchlaufen müssen und dass Minister nicht einfach tun können, nicht irgendwelche Vorbereitungs­handlungen setzen und auf unsere Verfassung pfeifen können, weil Sie Ihnen die Möglichkeit geben, das zu machen. Das ist eine Zumutung und ein massiver Angriff auf unsere Demokratie! (Anhaltender Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.)

19.31

19.31.50


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich die Debatte.

Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er ein Schlusswort wünscht. – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 348 der Beilagen ange­schlossene Entschließung betreffend „die Modernisierung, Stärkung und Absicherung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, Schritte zur Verländerung der WBIB“, und ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen. (E 37)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 348 der Beila­gen angeschlossene Entschließung betreffend „Verbot kurzzeitiger Vermietungen im gemeinnützigen Wohnbausektor“.

Wer gibt hierfür seine Zustimmung? – Auch das ist mit Mehrheit so angenommen. (E 38)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „unbefristete Miete“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

19.33.12Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2


Präsidentin Doris Bures: Jetzt kommen wir zur verlegten Abstimmung über Tages­ord­nungspunkt 2.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 208

Zunächst ist über den vorliegenden Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Holzinger-Vogtenhuber abzustimmen.

Ich lasse sogleich darüber abstimmen, den Gesetzentwurf nochmals an den Aus­schuss für Arbeit und Soziales zu verweisen.

Ich ersuche jene, die diesem Rückverweisungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 363 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen vor.

Weiters liegt ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Wöginger, Dr. Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz­ beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 4 eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Teil in der Fassung des Ausschussberichtes zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen. (Abg. Jarolim: Willkommen im Ständestaat!)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über - - (Abg. Jarolim: Willkommen im Stände­staat! – Abg. Rädler: Das ist aber eine Frechheit sondergleichen!) – Wir sind jetzt im Abstimmungsvorgang, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Hauser: Das kann aber wirklich nicht so stehen bleiben! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen SPÖ und FPÖ. – Abg. Rosenkranz: Wir sind jetzt in der Abstimmung!)

Die Abgeordneten Wöginger, Dr. Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Einfügung einer Z 5 in Artikel 1 sowie Änderungen in den Artikeln 9, 10 und 11 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen - - (Rufe bei JETZT: ... Verfassungsbruch!) – Ich würde bitten, dass wir jetzt die Abstimmungen durchführen, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn die Debatte habe ich schon ge­schlossen!

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen damit zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf zustimmen, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 209

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmen zur Ver­bes­serung der Einkommenssituation und der Alterssicherung von Frauen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

19.37.04 *****


Präsidentin Doris Bures: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Jarolim für seine im Zwischenruf getätigte Aussage „Ständestaat“ einen Ordnungsruf.

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19.37.20Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selb­ständigen Anträge 494/A(E) bis 513/A eingebracht worden sind.

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Präsidentin Doris Bures: Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsord­nungs­mäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 19.38 Uhr, das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

19.37.48Schluss der Sitzung: 19.37 Uhr

 

 

 

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