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Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

97. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Mittwoch, 21. April 2021

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

97. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode                      Mittwoch, 21. April 2021

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 21. April 2021: 9.05 – 21.50 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung des neuen Bundes­ministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

2. Punkt: Bericht über den Antrag 1468/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1440/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Aussetzen von COVID19-Impfungen mit AstraZeneca-Impf­stoff

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1465/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das All­gemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversiche­rungsgesetz geändert werden

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1391/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenersatz für Covid-19 Tests

6. Punkt: Bericht über den Antrag 1433/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematik­gesetz 2012 geändert wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1458/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flächendeckende Antikörpertests

8. Punkt: Bericht über den Antrag 1487/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kollegin­nen und Kollegen betreffend gesundheitsgefährdendes Ethylenoxid in Corona-Teststäb­chen, Mund-Nasenschutz-Masken und Desinfektionsmitteln

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein neues Tierärztegesetz erlassen und das Tierärz­tekammergesetz geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 1435/A(E) der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Frauenspe­zifische Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Krise“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 2

11. Punkt: Bericht über den Antrag 1450/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Ho­sek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berufszentren für Mädchen und junge Frauen

12. Punkt: Bericht über den Antrag 232/A(E) der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme von Karenzen und Karenzdauern in den Gleichbehandlungsbericht des Bundes

13. Punkt: Bericht über den Antrag 1471/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Harald Troch, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend EU-Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention

14. Punkt: Bericht über den Antrag 1472/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Harald Troch, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Situation der Uiguren

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1474/A(E) der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schuld durch Assoziation darf nicht normalisiert werden

16. Punkt: Bericht über den Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Er­richtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für März bis Dezember 2020 sowie Jänner 2021

17. Punkt: Bericht über den Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Er­richtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Februar 2021

18. Punkt: Bericht über den Antrag 1299/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regelungen für Tätowierfarben

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ...................... 31

Angelobung der Abgeordneten Melanie Erasim, MSc ............................................... 31

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 31

Ordnungsrufe ................................................................................................  66, 200, 200

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 5296/AB gemäß § 92 Abs. 1 GOG .................................................................................................................... 53

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 GOG ................................. 172

RednerInnen:

Mag. Hannes Amesbauer, BA ................................................................................... 172

Bundesminister Karl Nehammer, MSc ..................................................................... 175

Karl Mahrer ................................................................................................................. 178

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................... 179

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................... 181

Mag. Georg Bürstmayr .............................................................................................. 182

Dr. Stephanie Krisper ................................................................................................ 183


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 3

Antrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Erwin Angerer, Dipl.-Ing. Ka­rin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 421/A der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Herbert Kickl, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Ge­schäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 18. Mai 2021 zu setzen – Ablehnung ...............................................................................................  53, 251

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2GOG               ............................................................................................................................... 53

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried betreffend Anwesenheit des Bundeskanzlers Sebastian Kurz zu Beginn der Debatte über den Dringlichen Antrag ......................... 136

Ersuchen des Abgeordneten Karl Mahrer um Prüfung der Aussagen der Abge­ordneten Dr. Dagmar Belakowitsch in der Debatte über den Dringlichen Antrag                                                      184

Aktuelle Stunde (20.)

Thema: „Mit Klimaschutz aus der Krise“ .................................................................. 32

RednerInnen:

Sigrid Maurer, BA ......................................................................................................... 32

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ............................................................... 34

Johannes Schmuckenschlager .................................................................................. 38

Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................... 39

MMMag. Dr. Axel Kassegger ....................................................................................... 40

Lukas Hammer .............................................................................................................. 42

Michael Bernhard ......................................................................................................... 43

Claudia Plakolm ............................................................................................................ 45

Julia Elisabeth Herr ...................................................................................................... 46

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ........................................................................................... 48

Dr. Astrid Rössler ......................................................................................................... 49

Mag. Yannick Shetty .................................................................................................... 51

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Sebastian Kurz betreffend Amtsenthebung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Ru­dolf Anschober bei gleichzeitiger Ernennung von Dr. Wolfgang Mückstein zum Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ....................................................................................................... 31

Rechnungshof

Verlangen gemäß § 99 Abs. 2 GOG im Zusammenhang mit dem Antrag 1509/A betreffend Gebarungsüberprüfung ................................................................................................ 251

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 52

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Retten Sie 8.000 Arbeitsplätze in Steyr. Lassen Sie die Menschen nicht im Stich, Herr Bundeskanzler!“ (1493/A)(E) ....................................................................................................................................... 133


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 4

Begründung: Alois Stöger, diplômé .......................................................................... 136

Bundeskanzler Sebastian Kurz ................................................................................ 141

Debatte:

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ................................................................................ 143

Peter Haubner ............................................................................................................. 145

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 147

Mag. Markus Koza ...................................................................................................... 148

Josef Schellhorn ........................................................................................................ 150

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck ....................................................... 151

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher ................................................................. 153

Rainer Wimmer ........................................................................................................... 154

Johann Singer ............................................................................................................ 156

Peter Wurm ................................................................................................................. 157

Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................... 159

Mag. Felix Eypeltauer ................................................................................................ 160

Julia Elisabeth Herr .................................................................................................... 162

Andreas Ottenschläger ....................................................................................  163, 171

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................... 164

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ..................................................................................... 165

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................... 167

Ralph Schallmeiner .................................................................................................... 169

Dietmar Keck .............................................................................................................. 170

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 171

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages (1493/A)(E) ......................... 172

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung des neuen Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz                                                                                  54

Bundeskanzler Sebastian Kurz .................................................................................. 54

Vizekanzler Mag. Werner Kogler ................................................................................ 56

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 GOG ......................... 54

RednerInnen:

August Wöginger ......................................................................................................... 60

Mag. Jörg Leichtfried (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 62

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc .................................................................................. 63

Herbert Kickl ................................................................................................................. 65

Sigrid Maurer, BA ......................................................................................................... 69

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES .............................................................................. 70

Bundesminister Dr. Wolfgang Mückstein ................................................................. 74

Dr. Josef Smolle ........................................................................................................... 76

Philip Kucher ................................................................................................................ 78

Mag. Gerhard Kaniak ................................................................................................... 81

Ralph Schallmeiner ...................................................................................................... 84

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 85

August Wöginger (tatsächliche Berichtigung) ............................................................. 87

Tanja Graf ...................................................................................................................... 87

Josef Muchitsch ........................................................................................................... 88

Michael Schnedlitz ....................................................................................................... 89

Mag. Martina Künsberg Sarre ..................................................................................... 91


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 5

Alexander Melchior ...................................................................................................... 93

Mag. Yannick Shetty .................................................................................................... 95

Dipl.-Ing. Georg Strasser ............................................................................................. 97

Mag. Markus Koza ........................................................................................................ 98

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ................................................................................................ 99

Mag. Dr. Rudolf Taschner ............................................................................................ 99

Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „konkrete Impftermine, Antigen-Tests zur Eigenanwendung als Zu­trittstests und Long-Covid-Strategie“ – Ablehnung .............................................................................................................  80, 102

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Ausbau psychologischer Studierendenberatung“ – Ablehnung ..........  92, 102

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Niederschwellige Angebote zur psychischen Entlastung von Schüler_innen“ – Ablehnung          96, 102

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Si­bylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung einer zielge­richteten Betreuung bzw. Beratung zur Abfederung der psychischen Belastung der Schülerinnen und Schüler durch die Covid 19 Pandemie.“ – Annahme (165/E)                                                                                                                          100, 102

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1468/A der Ab­geordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geän­dert wird (800 d.B.) ....................................... 102

3. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1440/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aussetzen von COVID19-Impfungen mit AstraZeneca-Impfstoff (801 d.B.) ....................................................................................................... 102

4. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1465/A der Ab­geordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsge­setz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (802 d.B.) ...................................................................................................................... 103

5. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1391/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kosten­ersatz für Covid-19 Tests (803 d.B.) ....................................................................................................................................... 103

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1433/A der Ab­geordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird (804 d.B.)                                                      103

7. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1458/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flä­chendeckende Antikörpertests (805 d.B.) ....................................................................................................................................... 103

8. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1487/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesundheitsge­fährdendes Ethylenoxid in Corona-Teststäbchen, Mund-Nasenschutz-Masken und Desinfektionsmitteln (806 d.B.) ...... 103

RednerInnen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 6

Eva Maria Holzleitner, BSc ........................................................................................ 103

Ralph Schallmeiner .................................................................................................... 106

Mag. Gerhard Kaniak ................................................................................................. 107

Dr. Josef Smolle ......................................................................................................... 109

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 110

Mag. Markus Koza ...................................................................................................... 111

Philip Kucher .............................................................................................................. 112

Angela Baumgartner .................................................................................................. 113

Peter Wurm ................................................................................................................. 114

Bedrana Ribo, MA ...................................................................................................... 115

Michel Reimon, MBA (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 116

Rudolf Silvan .............................................................................................................. 116

Dr. Werner Saxinger, MSc ......................................................................................... 117

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 118

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................... 120

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 121

Andreas Minnich ........................................................................................................ 122

Rebecca Kirchbaumer ............................................................................................... 123

Mag. Gerhard Kaniak (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 124

Martina Diesner-Wais ................................................................................................. 124

Entschließungsantrag der Abgeordneten Eva-Maria Holzleitner, BSc, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Rettungsschirm für Kinder und Jugendliche SOFORT“ – Ablehnung .  105, 129

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 800 und 802 d.B. ........................................ 129

Kenntnisnahme der fünf Ausschussberichte 801, 803, 804, 805 und 806 d.B. .......... 129

9. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (732 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein neues Tierärztegesetz erlassen und das Tierärztekam­mergesetz geändert wird (807 d.B.)        ............................................................................................................................. 125

RednerInnen:

Alois Stöger, diplômé ................................................................................................ 125

Dipl.-Ing. Olga Voglauer ............................................................................................ 126

Mag. Gerhard Kaniak ................................................................................................. 127

Franz Leonhard Eßl .................................................................................................... 127

Annahme des Gesetzentwurfes in 807 d.B. ................................................................ 130

10. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1435/A(E) der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Frauenspezifische Maßnahmen im Kampf ge­gen die Corona-Krise“ (797 d.B.) ....... 130

RednerInnen:

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................... 130

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab .......................................................... 131

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 185

Rosa Ecker, MBA ........................................................................................................ 187

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................... 189

Henrike Brandstötter ................................................................................................. 191

Mag. Romana Deckenbacher .................................................................................... 191

Sabine Schatz ............................................................................................................. 192

Petra Steger ................................................................................................................ 194

Heike Grebien ............................................................................................................. 196

Norbert Sieber ............................................................................................................ 197


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 7

Mag. Dr. Petra Oberrauner ........................................................................................ 198

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Frauen am Arbeitsmarkt – Maßnahmenpaket zur Kri­senbewältigung“ – Ablehnung  186, 212

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Psychotherapie – 30 Stunden ohne Selbstkosten“ – Ableh­nung .....................  188, 213

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Akut-Maßnahmen für Gewaltschutz“ – Ablehnung ............................  193, 213

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unterhaltsgarantie sofort umsetzen!“ – Ablehnung                                  199, 213

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 797 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Frauenspezifische Maßnahmen im Kampf gegen die Coro­na-Krise“ (166/E) ........... 212

11. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1450/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berufszentren für Mädchen und junge Frauen (798 d.B.) ......................................................................................................... 200

RednerInnen:

Eva Maria Holzleitner, BSc ........................................................................................ 200

Mag. Romana Deckenbacher .................................................................................... 201

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 202

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................... 203

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 798 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 1450/A(E)      ............................................................................................................................. 213

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 798 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Arbeitsmarktförderung für Mädchen und junge Frauen“ (167/E) ............................... 213

12. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 232/A(E) der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme von Karenzen und Karenzdauern in den Gleichbehandlungsbericht des Bundes (799 d.B.) ........................................... 204

RednerInnen:

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 204

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................... 208

Rosa Ecker, MBA ........................................................................................................ 209

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................... 210

Henrike Brandstötter ................................................................................................. 211

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic .............................................................................................. 211

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Nationaler Aktionsplan gegen Diskriminierung von LGBTIQ-Per­sonen“ – Ablehnung  206, 213

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 799 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 232/A(E)         ............................................................................................................................. 213


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 8

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 799 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „der Aufnahme neuer Daten in den Gleichbehandlungs­bericht des Bundes“ (168/E) ....... 213

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1471/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Harald Troch, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend EU-Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention (779 d.B.)     ............................................................................................................................. 213

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1472/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Harald Troch, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Situation der Uiguren (780 d.B.) ..................................... 214

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1474/A(E) der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schuld durch Assoziation darf nicht normalisiert werden (781 d.B.) ......................................................................................................... 214

RednerInnen:

Dr. Susanne Fürst ...................................................................................................... 214

Dr. Gudrun Kugler ...................................................................................................... 215

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 216

Dr. Harald Troch ......................................................................................................... 218

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic .............................................................................................. 219

Dr. Helmut Brandstätter ............................................................................................. 221

Mag. Martin Engelberg ............................................................................................... 223

Sabine Schatz ............................................................................................................. 224

Mag. Hannes Amesbauer, BA ................................................................................... 224

Peter Weidinger .......................................................................................................... 225

Maximilian Köllner, MA .............................................................................................. 226

Ing. Johann Weber ..................................................................................................... 229

Pia Philippa Strache ................................................................................................... 230

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Völkerverständigung auf Augenhöhe“ – Ableh­nung ........................  217, 232

Entschließungsantrag der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Menschenrechtsverletzungen in Katar“ – Ablehnung ......................  228, 233

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 779 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „EU-Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention“ (169/E) .................................. 232

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 780 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „die Situation der Uiguren“ (170/E) ..................................................................................... 232

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 781 d.B. ..................................................... 232

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für März bis Dezember 2020 sowie Jänner 2021, vorgelegt von der Bundesminis­terin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
(III-262/782 d.B.) .......................................................................................................... 233


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 9

17. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Februar 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Ener­gie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-279/783 d.B.) ................................................................................................................ 233

RednerInnen:

Ing. Martin Litschauer ................................................................................................ 233

Cornelia Ecker ............................................................................................................ 234

Walter Rauch .............................................................................................................. 235

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ 236

Dr. Johannes Margreiter ............................................................................................ 237

Hermann Weratschnig, MBA MSc ............................................................................ 238

Klaus Köchl ................................................................................................................. 239

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ............................................................. 240

Peter Schmiedlechner ............................................................................................... 242

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................................................ 242

Mag. Yannick Shetty .................................................................................................. 243

Alois Schroll ............................................................................................................... 244

Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA ............................................................................. 245

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 246

Joachim Schnabel ...................................................................................................... 247

Franz Hörl .................................................................................................................... 247

Kenntnisnahme der beiden Berichte III-262 und III-279 d.B. ...................................... 250

18. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1299/A(E) der Abge­ordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regelungen für Tätowierfarben (784 d.B.) ....................................................................................................................................... 248

RednerInnen:

Mag. Christian Drobits ............................................................................................... 249

Carina Reiter ............................................................................................................... 250

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 784 d.B. ..................................................... 251

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage ....................................................................................................... 52

796: Düngemittelgesetz 2021 – DMG 2021

Berichte ......................................................................................................................... 52

III-292: Bericht betreffend Klimaschutz in Österreich – Maßnahmen und Zielerrei­chung 2020 – Reihe BUND 2021/16; Rechnungshof

III­295: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für März 2021; BM f. Inneres

Anträge der Abgeordneten

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Retten Sie 8.000 Ar­beitsplätze in Steyr. Lassen Sie die Menschen nicht im Stich, Herr Bundeskanzler!“ (1493/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 10

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rettungsschirm für Kinder und Jugendliche SOFORT (1494/A)(E)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rettungsschirm für Kinder und Jugendliche SOFORT (1495/A)(E)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Absicherung von qualitätsvol­ler sexueller Bildung und Umsetzung des angekündigten Akkreditierungsverfahrens (1496/A)(E)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Absicherung von qualitätsvol­ler sexueller Bildung und Umsetzung des angekündigten Akkreditierungsverfahrens (1497/A)(E)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unversehrtheit des ukrainischen Territoriums nach Aufgabe der Atomwaffen (1498/A)(E)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinfachung von Visa­erneuerungen ohne Einbindung ausländischer Behörden (1499/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung des Presse­rates (1500/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fertigstellung der Eiweißstrategie (1501/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verwaltung von Seeuferflächen durch die ÖBf: Öffentlichen Zugang sicherstellen! (1502/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mittel für Digita­lisierungsmaßnahmen an Hochschulen (1503/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau des Sti­pendienwesens (1504/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau psycholo­gischer Studierendenberatung (1505/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der aktiven Arbeits­marktpolitik und Umsetzung der OECD Empfehlungen „Going for Growth“ (1506/A)(E)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend entschlossener Kampf gegen die Plastikflut (1507/A)(E)

Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einhaltung der ArbeitnehmerIn­nenrechte muss Bedingung für den Bezug von Agrarfördermitteln sein, da es um öf­fentliche Steuermittel geht! (1508/A)(E)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung des Bundes­ministeriums für Gesundheit, Soziales, Pflege und Konsumentenschutz, des Bundesmi­nisteriums für Finanzen und des Bundeskanzleramtes hinsichtlich der Beschaffung und Finanzierung von Impfstoffen im Zuge der COVID-19-Pandemie (1509/A und Zu 1509/A)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Runder Tisch zur „Ehe ab 18“ (1510/A)(E)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauen am Arbeits­markt – Maßnahmenpaket zur Krisenbewältigung (1511/A)(E)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Akut-Maßnahmen für Gewaltschutz (1512/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 11

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend freier Zugang zu alternativen Ge­schlechtseinträgen (1513/A)(E)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend freier Zugang zu alternativen Ge­schlechtseinträgen (1514/A)(E)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung der Gen­der Statistik (1515/A)(E)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt der Wiener Zeitung als Tageszeitung (1516/A)(E)

Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ausreichend langes Begutach­tungsverfahren bei Umsetzung der EU-Verordnungen der nächsten Periode der Ge­meinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU (1517/A)(E)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesundheit durch Sport und Be­wegung (1518/A)(E)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einstufung der Fitnessstudios als gesundheitsrelevante Einrichtungen (1519/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Daten zur Hilfe vor Ort (1520/A)(E)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend End-to-End Verschlüs­selung von privaten Nachrichten sicherstellen (1521/A)(E)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend End-to-End Verschlüs­selung von privaten Nachrichten sicherstellen (1522/A)(E)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch 1974 geändert wird (1523/A)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Anerkennung der häuslichen Pflege (1524/A)(E)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Anerkennung der häuslichen Pflege (1525/A)(E)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Anerkennung der häuslichen Pflege (1526/A)(E)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung und Ausbau der Mobilitätsförderung für Menschen mit Behinderungen (1527/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aussetzen von COVID19-Impfungen mit AstraZeneca-Impfstoff (1528/A)(E)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende statistische Erfassung von Schwangerschaftsabbrüchen (1529/A)(E)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend kein Neubau der Luegbrücke gegen den Willen der Bevölkerung (1530/A)(E)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend pauschalen monatlichen 35 prozentigen Ersatz für Fixkosten und Gewinnentgang seit Beginn der Pandemie für gewerbliche und sonstige touristische Vermieter mit Einkünften gemäß § 28 EstG sofort sicherstellen (1531/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 12

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesundheitsgefährdendes Ethy­lenoxid in Corona-Teststäbchen, Mund-Nasenschutz-Masken und Desinfektionsmitteln (1532/A)(E)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beendigung der Finanzierung von Golf- und Jachtklubmitgliedschaften mit Kammerbeiträgen der Zwangsmitglieder (1533/A)(E)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erweiterung der Berechnungs­grundlage des Umsatzersatzes für indirekt vom Lockdown betroffene Unternehmen um jene Umsätze, die den Unternehmen durch das Ausübungsverbot von Vereinsaktivitäten entgehen (1534/A)(E)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einstufung der Fitnessstu­dios als gesundheitsrelevante Einrichtungen (1535/A)(E)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von mautvermeidendem LKW-Schwerverkehr (1536/A)(E)

Dietmar Keck, Peter Schmiedlechner, Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend klare Vorgaben für den Vollzug, um das im Tierschutzgesetz vorgegebene Verbot der Qualzucht zu erreichen (1537/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Missstände in der Cofag (6180/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend das Nowotny-Gedenken am Wiener Zentralfriedhof 2020 (6181/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend EDV-technische Ausstattung des Ministerbüros (6182/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend ArbeitnehmerInnen mit Covid-19-Risiko-Attest (6183/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend den entwicklungspolitischen Beirat (6184/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend In­terventionen bei Medien (6185/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Amtshaftungsklagen am Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien in Sachen Schadenersatz für Behördenfehler in Ischgl (6186/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend COVID-19-FondsG Bericht – Vermei­dung der Insolvenz der ÖMBG (6187/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Wahl von Ma­thias Cormann zum OECD-Generalsekretär (6188/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 13

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit be­treffend Maßnahmen der Regierung zu Herausforderungen des Strukturwandels und Be­kämpfung einer drohenden Massenarbeitslosigkeit (6189/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Wahl von Mathias Cormann zum OECD-Generalsekretär (6190/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Gefängnisse als Hort der Gewalt“ (6191/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Antikörpernachweise für SARS-CoV-2-Immunität (6192/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Forschung mit Methoden der Neuen Gentechnik in Österreich sowie Risikoforschung und Nachweisforschung zu den Methoden der Neuen Gentechnik (6193/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Importe von Schutzmasken aus Drittstaaten – Importe der Hygiene Austria (6194/J)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen im Zusammenhang mit Produktrückrufen von Verhütungsspiralen der Fa. EUROGINE (6195/J)

Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kosten­explosion bei der Sozialversicherungsreform (6196/J)

Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kostenexplosion bei der Sozialver­sicherungsreform (6197/J)

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Covid-Impfung für Mit­glieder der Feuerwehren (6198/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleichstellung (6199/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidi­gung betreffend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleichstellung (6200/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleich­stellung (6201/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleichstellung (6202/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleichstellung (6203/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 14

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleichstellung (6204/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleichstellung (6205/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleichstellung (6206/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleichstellung (6207/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öf­fentlichen Dienst und Sport betreffend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleichstellung (6208/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfas­sung betreffend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleichstellung (6209/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleichstellung (6210/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleichstellung (6211/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung betreffend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleichstellung (6212/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend konkrete Maßnah­men zur LGBTIQ-Gleichstellung (6213/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Kurzarbeit in Krankenanstalten (6214/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend gesundheitsgefährdendes Ethylenoxid in Corona-Teststäbchen, Mund-Nasenschutz-Masken und Desinfektionsmitteln (6215/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Zweite Folgeanfrage zur Anfrage „welche Studien und Dienstleistungen Ministerien in Auftrag geben“ (3720/J) (6216/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Lehrlingsausbildung im BMJ (6217/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Lehrlingsausbildung im BMI (6218/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Lehrlingsausbildung im BMF (6219/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Lehrlingsausbildung im BMEIA (6220/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 15

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Lehrlingsausbildung im BMDW (6221/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung betreffend Lehrlingsausbildung im BMBWF (6222/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Lehrlingsausbildung im BMA (6223/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Lehrlings­ausbildung im BKA (6224/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinde­rung im BMSGPK (6225/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMLV (6226/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMLRT (6227/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Beschäftigung von Men­schen mit Behinderung im BMKUEMIT (6228/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öf­fentlichen Dienst und Sport betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMKÖS (6229/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMJ (6230/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMI (6231/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMF (6232/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und in­ternationale Angelegenheiten betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMEIA (6233/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMDW (6234/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMBWF (6235/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMA (6236/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BKA (6237/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 16

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend EMA-Entscheidung für AstraZeneca und Impfschadengesetz (6238/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wien gurgelt (6239/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lehrlingsausbildung im BMSGPK (6240/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Lehrlingsausbildung im BMLV (6241/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Re­gionen und Tourismus betreffend Lehrlingsausbildung im BMLRT (6242/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Lehrlingsausbildung im BMKUEMIT (6243/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öf­fentlichen Dienst und Sport betreffend Lehrlingsausbildung im BMKÖS (6244/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Errichtung von Impfzentren in Niederösterreich (6245/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Errichtung von Impfzentren in Niederöster­reich (6246/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Fristlose Entlassung von Spitalspersonal in Klinik Hietzing (6247/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fristlose Entlassung von Spitalspersonal in Klinik Hietzing (6248/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Corona-Quarantäne trotz negativem Tester­gebnis (6249/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Asylwerber erhalten Covid-19 Impfung laut Impfplan vor österreichischen Einsatzkräften (6250/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Freie Kassenstellen für Allgemeinmediziner in Niederösterreich (6251/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung betreffend Freie Kassenstellen für Allgemeinmediziner in Nieder­österreich (6252/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Re­gionen und Tourismus betreffend Freie Kassenstellen für Allgemeinmediziner in Nieder­österreich (6253/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 17

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pflegeskandal in Pflegeheim im Bezirk Tulln (6254/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Pflegeskandal in Pflegeheim im Bezirk Tulln (6255/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Pflegeskandal in Pflegeheim im Bezirk Tulln (6256/J)

Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Rechnungshofes betreffend Kostenexplosion bei der Sozialversicherungsreform (6257/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Polizeiliches Lagebild Quarantäne-Überprüfung Bundesland Wien (6258/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Globale Umverteilung wegen Coro­na (6259/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Ermittlungen gegen Kärntner Landesgesellschaft (6260/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kurzarbeit in Krankenanstalten (6261/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fällige Mieten, Delogierungen und So­zialpolitik in der Covid-19-Krise (6262/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Nichtbeantwortung von parlamentari­schen Anfragen durch den grünen Gesundheitsminister Rudolf Anschober Fall Nummer Eins (5158/J) idF (5137/AB) (6263/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Nichtbeantwortung von parlamentarischen Anfragen durch den grünen Gesundheitsminister Rudolf Anschober Fall Nummer Zwei (5075/J) idF (5001/AB) (6264/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kinderpsyche verträgt keine Kontingente (6265/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Corona-Schutz-Maßnahmenverord­nung und die Novellierungen (6266/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend WHO-Bericht zur „La­borthese“ (6267/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öf­fentlichen Dienst und Sport betreffend Hilferuf eines ÖVP-Bürgermeisters aus dem Pinzgau (6268/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Aktivisten blockieren A4 Richtung Flughafen Wien Schwechat (6269/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 18

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Protestaktion gegen zwangsweise Außerlandesbringung auf A 4 Ostautobahn (6270/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit be­treffend Arbeitsbedingungen und Qualität der Hygiene Austria-Masken (6271/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Arbeitsbedingungen und Quali­tät der Hygiene Austria-Masken (6272/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend fehlende Therapie in der Corona-Krise – schwer behinderter Steirer diskriminiert (6273/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend den Aufbau der eigenen Arbeitgebermarke „Justiz“ (6274/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Einführung eines Bundesreparaturbo­nus (6275/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend uneinbringliche Schul­den ausländischer Krankenkassen gegenüber österreichischen Krankenkassen, Sozial­versicherung und anderen Krankenanstaltenträgern (6276/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Hilferuf eines ÖVP-Bürgermeisters aus dem Pinzgau (6277/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kostenlose Antikörpertests (6278/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Deutsche Gesellschaft für Kranken­haushygiene e.V. (DGKH) zur „FFP2-Maskenpflicht“ (6279/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Soziale Dimension des Rekorddefi­zits 2020 (6280/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sputnik V: EMA überprüft Qua­lität russischer Studien (6281/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Unvereinbarkeiten für Mitglieder des Nationalen Impfgremiums im Zusammenhang mit Forschungsaufträgen für die Pharmaindustrie (6282/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Haftung für Entscheidungen des Natio­nalen Impfgremiums im Zusammenhang mit dem Impfstoff von AstraZeneca (6283/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Fest der Freiheit am 6.3.2021 (6284/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend AK-Arbeitsklimaindex: CoV drückt auf Psyche (6285/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 19

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend AK-Arbeitsklimaindex: CoV drückt auf Psyche (6286/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Caritas: Drei-Punkte-Plan für Hospiz- und Palliativ-Bereich (6287/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Astrazeneca benennt Impfstoff in Vaxzevria um (6288/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fehlen von Allgemeinmedizi­nern in Österreich (6289/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend 65 Prozent der FFP2-Masken defekt? (6290/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Forschung mit Methoden der Neuen Gentechnik in Österreich sowie Risikoforschung und Nachweisforschung zu den Metho­den der Neuen Gentechnik (6291/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Forschung mit Methoden der Neuen Gentechnik in Österreich sowie Risikoforschung und Nach­weisforschung zu den Methoden der Neuen Gentechnik (6292/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Forschung mit Methoden der Neuen Gentech­nik in Österreich sowie Risikoforschung und Nachweisforschung zu den Methoden der Neuen Gentechnik (6293/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digi­talisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Forschung mit Methoden der Neuen Gen­technik in Österreich sowie Risikoforschung und Nachweisforschung zu den Methoden der Neuen Gentechnik (6294/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend faire Asylverfahren für LGBTIQ-Geflüchtete (6295/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend faire Asylverfahren für LGBTIQ-Geflüchtete (6296/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Diskriminierung von Schwulen und Bisexuellen bei der Blutspende (6297/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Diskriminierung von Transpersonen bei der Blutspende (6298/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa (6299/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 20

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Ver­fassung betreffend Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa (6300/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa (6301/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Causa Arbeitsministerium und Hygiene Austria (6302/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Zweite Folgeanfrage zur Anfrage „Terroranschlag in Wien“ (3988/J) (6303/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Versorgung mit verlässlichen Verhütungsmit­teln in Zeiten der Pandemie (6304/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend voller Diskriminierungsschutz für LGBTIQ-Personen (6305/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend voller Diskriminierungsschutz für LGBTIQ-Personen (6306/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Personalleasing im Gesund­heitsministerium (6307/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit be­treffend Personalleasing im Gesundheitsministerium (6308/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Umsetzung der Rechnungshof­empfehlungen zur Bundessportförderung (6309/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Statistische Erfassung von Hassverbrechen an LGBTIQ-Personen (6310/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Abschaffung steuerrechtlicher Privilegien für Spielbankbetreiber (6311/J)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bedenkliche Ergebnisse im Le­bensmittelsicherheitsbericht (6312/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend flächendeckende und nachhaltige Breitbandinfra­struktur für den Bezirk Perg (6313/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Menschenrechte und Teilnahme an Sportgroßveranstaltungen (6314/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend freier Zugang zu alternativen Geschlechtseinträgen (6315/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend freier Zugang zu alternativen Geschlechtseinträgen (6316/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 21

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend COVID-Impfeffekte (6317/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Bespitzelung von Umweltorganisationen durch OMV (6318/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Bespitzelung von Umweltorganisationen durch OMV (6319/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Be­spitzelung von Umweltorganisationen durch OMV (6320/J)

Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Untätigkeit der Bundesregierung bei der Erhaltung des MAN-Werks in Steyr mit 2.300 Arbeitsplätzen (6321/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kul­tur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Evidenz im Sport – Cluster im Jugendsport? (6322/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Evidenz im Sport – Cluster im Jugendsport? (6323/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Covid-19 Behandlungsmetho­den (6324/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung betreffend qualitätsvolle sexuelle Bildung in Schulen (6325/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Echte Rettung und Hilfe für in griechischen Insellagern angehaltene Men­schen (6326/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Echte Rettung und Hilfe für in grie­chischen Insellagern angehaltene Menschen (6327/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Investitionsprämie (6328/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend seit fast zwei Jahren wird die Ermöglichung der Schwerarbeiterregelung für Justizwachebeamte hinausgeschoben (6329/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend seit fast zwei Jahren wird die Ermöglichung der Schwerarbeiterregelung für Justiz­wachebeamte hinausgeschoben (6330/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Wiedereröffnung der extremistischen Tewhid-Moschee (6331/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fa­milie, Jugend und Integration betreffend dem EU-Vorhaben in den Bereichen Familie und Jugend (6332/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 22

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend milderer Strafen für Vergewaltigung im Rahmen der Ausweitung von Bewährungs­strafen (6333/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Abschlussbericht der Arbeitsgruppe „Strafvollzugspaket – NEU / Sichere Wege aus der Kriminalität“ (6334/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Kapazitäten österreichischer Haftanstalten (6335/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Behördenversagen bei Coronapoli­tik (6336/J)

Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend unklare österreichische Position zu drei bienenge­fährlichen Pestiziden in der Wiederzulassung (6337/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend wirkungsorientierte Folgenabschätzung 1241/A (6338/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend legistische Vorhaben des Jahres 2021 (6339/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Schickt der Finanzminister das „Finanzamt Österreich“ wegen der ÖVP auf Wanderschaft? (6340/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Überwachung der Klimabewegung durch die OMV (6341/J)

Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Handlungsunfähigkeit der E-Control auf Grund unterlassener Organbestellungen durch die Bundesregierung (6342/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Weiterverrechnung von Kosten für Beratungsdienstleistungen der Bundesbeschaffung GmbH (6343/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (5297/AB zu 5309/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (5298/AB zu 5306/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen (5299/AB zu 5296/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (5300/AB zu 5304/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (5301/AB zu 5305/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 23

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (5302/AB zu 5284/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5303/AB zu 5337/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (5304/AB zu 5320/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (5305/AB zu 5348/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5306/AB zu 5327/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Sche­rak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5307/AB zu 5351/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5308/AB zu 5332/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (5309/AB zu 5349/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5310/AB zu 5330/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Maximilian Köll­ner, MA, Kolleginnen und Kollegen (5311/AB zu 5319/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Kris­per, Kolleginnen und Kollegen (5312/AB zu 5325/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (5313/AB zu 5342/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Sche­rak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5314/AB zu 5328/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (5315/AB zu 5347/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (5316/AB zu 5341/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (5317/AB zu 5344/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (5318/AB zu 5345/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ni­kolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5319/AB zu 5333/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 24

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5320/AB zu 5334/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (5321/AB zu 5321/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfra­ge der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5322/AB zu 5339/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Sche­rak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5323/AB zu 5326/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzler­amt auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (5324/AB zu 5324/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5325/AB zu 5335/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kol­leginnen und Kollegen (5326/AB zu 5336/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5327/AB zu 5338/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin­nen und Kollegen (5328/AB zu 5350/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5329/AB zu 5329/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Marg­reiter, Kolleginnen und Kollegen (5330/AB zu 5322/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5331/AB zu 5331/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (5332/AB zu 5340/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (5333/AB zu 5479/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (5334/AB zu 5364/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (5335/AB zu 5377/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Ab­geordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (5336/AB zu 5383/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 25

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Sel­ma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (5337/AB zu 5359/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yan­nick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (5338/AB zu 5372/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (5339/AB zu 5362/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen (5340/AB zu 5406/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (5341/AB zu 5379/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (5342/AB zu 5367/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (5343/AB zu 5366/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (5344/AB zu 5420/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (5345/AB zu 5419/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildi­rim, Kolleginnen und Kollegen (5346/AB zu 5365/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildi­rim, Kolleginnen und Kollegen (5347/AB zu 5355/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (5348/AB zu 5380/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (5349/AB zu 5457/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (5350/AB zu 5356/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (5351/AB zu 5455/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (5352/AB zu 5421/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (5353/AB zu 5389/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 26

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (5354/AB zu 5431/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (5355/AB zu 5368/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (5356/AB zu 5376/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (5357/AB zu 5371/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (5358/AB zu 5374/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (5359/AB zu 5375/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Marg­reiter, Kolleginnen und Kollegen (5360/AB zu 5370/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (5361/AB zu 5373/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (5362/AB zu 5357/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kolle­gen (5363/AB zu 5396/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (5364/AB zu 5394/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (5365/AB zu 5385/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kollegin­nen und Kollegen (5366/AB zu 5354/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (5367/AB zu 5361/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzler­amt auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (5368/AB zu 5363/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (5369/AB zu 5381/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (5370/AB zu 5382/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (5371/AB zu 5358/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 27

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (5372/AB zu 5433/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen (5373/AB zu 5405/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kollegin­nen und Kollegen (5374/AB zu 5378/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (5375/AB zu 5425/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (5376/AB zu 5480/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (5377/AB zu 5481/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfra­ge der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (5378/AB zu 5401/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfra­ge der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (5379/AB zu 5451/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (5380/AB zu 5459/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (5381/AB zu 5424/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Ab­geordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (5382/AB zu 5400/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafen­ecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (5383/AB zu 5413/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (5384/AB zu 5411/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Rag­ger, Kolleginnen und Kollegen (5385/AB zu 5416/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafen­ecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (5386/AB zu 5435/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen (5387/AB zu 5463/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (5388/AB zu 5464/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (5389/AB zu 5471/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 28

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (5390/AB zu 5353/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (5391/AB zu 6173/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (5392/AB zu 5430/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Maximilian Köll­ner, MA, Kolleginnen und Kollegen (5393/AB zu 5391/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen (5394/AB zu 5387/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen (5395/AB zu 5462/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (5396/AB zu 5388/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (5397/AB zu 5468/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (5398/AB zu 5369/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (5399/AB zu 5469/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (5400/AB zu 5429/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (5401/AB zu 5392/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (5402/AB zu 5423/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen (5403/AB zu 5465/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen (5404/AB zu 5467/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (5405/AB zu 5403/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (5406/AB zu 5404/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (5407/AB zu 5409/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (5408/AB zu 5386/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 29

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen (5409/AB zu 5415/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (5410/AB zu 5426/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (5411/AB zu 5436/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolle­ginnen und Kollegen (5412/AB zu 5432/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Bela­kowitsch, Kolleginnen und Kollegen (5413/AB zu 5417/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (5414/AB zu 5440/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Bela­kowitsch, Kolleginnen und Kollegen (5415/AB zu 5452/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (5416/AB zu 5438/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (5417/AB zu 5427/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (5418/AB zu 5395/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen (5419/AB zu 5390/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen (5420/AB zu 5466/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen (5421/AB zu 5398/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (5422/AB zu 5441/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (5423/AB zu 5456/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Ames­bauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (5424/AB zu 5470/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen (5425/AB zu 5472/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 30

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafen­ecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (5426/AB zu 5461/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafen­ecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (5427/AB zu 5460/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (5428/AB zu 5458/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (5429/AB zu 5453/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (5430/AB zu 5558/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (5431/AB zu 5437/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafen­ecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (5432/AB zu 5414/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen (5433/AB zu 5408/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Gahr, Kol­leginnen und Kollegen (5434/AB zu 5407/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (5435/AB zu 5393/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (5436/AB zu 5399/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (5437/AB zu 5410/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (5438/AB zu 5412/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (5439/AB zu 5428/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzler­amt auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (5440/AB zu 5434/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzler­amt auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (5441/AB zu 5439/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzler­amt auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (5442/AB zu 5454/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Michaela Stein­acker, Kolleginnen und Kollegen (5443/AB zu 5397/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (5444/AB zu 5478/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (5445/AB zu 5482/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen (5446/AB zu 5442/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (5447/AB zu 5418/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (5448/AB zu 5476/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kolle­gen (5449/AB zu 5515/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (5450/AB zu 5839/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (5451/AB zu 5473/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (5452/AB zu 5475/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolle­ginnen und Kollegen (5453/AB zu 5474/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolle­ginnen und Kollegen (5454/AB zu 5477/J)


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 31

09.05.19Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.05.20*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordnete, ich darf die 97. Sitzung des Nationalrates eröffnen und Sie recht herzlich will­kommen heißen. Herzlich willkommen auch Frau Bundesminister! Herzlich willkommen die Damen und Herren der Journalistik und auch jene Damen und Herren, die die Sitzung zu Hause vor dem Bildschirm mitverfolgen!

Ich darf Sie bitten, auch weiterhin die Hausordnung, die das Tragen von Masken ver­pflichtend vorsieht, einzuhalten. (Abg. Kickl: Stimmt ja nicht, falsch!)

Die Amtlichen Protokolle der 95. und der 96. Sitzung vom 9. April 2021 sind in der Par­lamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Ing. Josef Hechenberger, Eva-Ma­ria Himmelbauer, BSc, Dr. Reinhold Lopatka, Gabriela Schwarz, Petra Bayr, MA MLS, Kai Jan Krainer, Maximilian Lercher, MMag. DDr. Hubert Fuchs und Christian Lausch.

09.06.14Mandatsverzicht und Angelobung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid auf ihr Mandat verzich­tet hat und an ihrer Stelle Frau Melanie Erasim, MSc in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und die Genannte im Hause anwesend ist, darf ich sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach der Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die neue Abgeord­nete ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich darf nun die Schriftführerin um die Verlesung der Gelöbnisformel bitten.


Schriftführerin Cornelia Ecker: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Repu­blik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

(Abg. Melanie Erasim, MSc leistet die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.)

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete, ich darf Sie recht herzlich be­grüßen. (Allgemeiner Beifall.) Sie kennen die sogenannten Usancen des Hauses und das Haus sehr gut. Wir freuen uns, dass Sie wieder in unserer Mitte sind.

09.07.25Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vom Bundeskanzler ist folgendes Schreiben ein­gelangt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 32

„Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 19. April 2021 gemäß Artikel 74 Absatz 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes Herrn Bun­desminister Rudolf Anschober seinem Wunsch entsprechend vom Amt enthoben hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident gemäß Artikel 70 Absatz 1 des Bundes-Ver­fassungsgesetzes Dr. Wolfgang Mückstein zum Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz ernannt.“

*****

Ich darf bekannt geben, dass ORF 2 diese Sitzung wie üblich bis 13 Uhr überträgt, dann ORF III bis 19.15 Uhr, und anschließend wird die Sitzung in der TVthek kommentiert übertragen.

09.08.09Aktuelle Stunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Mit Klimaschutz aus der Krise“

Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Maurer. – Bitte.


9.08.25

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Minis­terin! Sehr geehrter Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Der Klimaschutz ist eine Verpflichtung für uns alle: eine Verpflichtung gegenüber unseren Kindern und Enkelkindern, eine Ver­pflichtung gegenüber zukünftigen Generationen – jenen, die noch gar nicht geboren sind –, eine Verpflichtung gegenüber jenen Menschen, die in Teilen dieser Welt leben, die aufgrund des Klimawandels unbewohnbar werden, aber auch eine Verpflichtung ge­genüber dem Planeten an sich, gegenüber seiner Flora und Fauna. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Klimaschutz bedeutet nicht nur, unsere Welt lebenswert zu erhalten, Klimaschutz bedeu­tet auch den Schutz unserer Arbeitsplätze und Investitionen in eine gesunde Wirtschaft. Wir haben ein sehr herausforderndes Jahr hinter uns, auf allen Ebenen – in der Wirt­schaft, am Arbeitsmarkt und auch betreffend die psychische Belastung unserer Bevölke­rung.

Wir werden die Gesundheitskrise hoffentlich bald überstanden haben. Für die Wirt­schaftskrise haben wir eine klare Antwort. Hinter dem Comebackplan, der diese Woche zentrales Thema bei der Regierungsklausur war, steht ein sehr großer Ansatz. Wir schaf­fen damit eine Win-win-Situation. Wir gehen damit die Wirtschafts-, die Beschäftigungs- und die Klimakrise gleichzeitig an. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir schützen damit nicht nur unser Klima, sondern wir machen auch unsere Wirtschaft fit für die Zukunft, denn in Zukunft wird sich der Wettbewerb in Europa, aber auch in­ternational nicht mehr daran orientieren, was das günstigste, sondern was das grünste Produkt ist.

Die Ergebnisse der Regierungsklausur, der Comebackplan und die Projekte im europäi­schen Wiederaufbauplan, RRF, sprechen eine deutliche Sprache. Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass der Anteil von 46 Prozent an klimarelevanten Projekten, die wir eingebracht haben, bis jetzt der höchste Wert ist, also bis jetzt gibt es kein anderes Land,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 33

dass das von der EU-Kommission vorgegebene Ziel so weit übertrifft. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Die von uns an Brüssel gemeldeten 600 Seiten sind ein recht technisches Dokument, dahinter stehen aber ganz konkrete Maßnahmen, die für den Klimaschutz absolute Mei­lensteine sind.

Ich möchte ein paar Beispiele erwähnen. Wir hätten zum Beispiel den Biodiversitäts­fonds: Der Klimawandel, die konventionelle Landwirtschaft gefährden Tausende Tier- und Insektenarten. Der Fonds, der dazu dient, Vielfalt zu gewährleisten, Pilotprojekte, beispielsweise die Versiegelung betreffend, zu schaffen und Schutzgebiete zu errichten, wird zusätzlich zu den bereits bestehenden nationalen Mitteln um 50 Millionen Euro aufgestockt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir investieren 100 Millionen Euro in die klimafreundliche Transformation der Industrie – ein Schlüsselfaktor. Wir kümmern uns mit 50 Millionen Euro um die Ortskerne. Je attrak­tiver und kühler die Ortskerne sind, umso mehr Leben gibt es dort und umso mehr halten sich die Menschen dort auch auf. Das ist die beste Vorbeugung gegen weitere Boden­versiegelung und absolut hässliche Fachmarktzentren außerhalb der Ortskerne. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mit 280 Millionen Euro fördern wir die Umstellung auf emissionsfreie Busse. Wir haben das größte Bahnausbauprojektpaket aller Zeiten  das haben wir bereits auf Schiene gebracht , aber mit den emissionsfreien Bussen schaffen wir die Umstellung auf eine klimaneutrale Mobilität auch an jenen Orten in Österreich, die nicht an das Bahnnetz angeschlossen sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir werden die Klimakrise nur bewältigen können, wenn wir den Ausstieg aus Öl und Gas schaffen. Kohle- und Gasheizungen wird es nur mehr bis 2035 geben. Erdgas wird in 20 Jahren Geschichte sein. Dabei schauen wir, dass wir niemanden zurücklassen. Die Verbindung von ökologischen und sozialen Maßnahmen ist uns Grünen ein ganz zentrales Anliegen und deshalb haben wir in der nächsten Stufe der Sanierungsoffensive zusätzlich 100 Millionen Euro vorgesehen, um speziell einkommensschwache Haushal­te zu fördern, die ihre Heizungssysteme austauschen möchten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch da haben wir ein Win-win-Situation: Gerade einkommensschwache Haushalte ha­ben wegen der oft veralteten Heizsysteme hohe Energiekosten und hohe Ausgaben, und diese konnten sich den Umstieg auf einen neuen, effizienten und umweltfreundlichen Heizkessel oft nicht leisten. Dafür gibt es jetzt diese Förderung von 100 Millionen Euro. Das ist ökosoziale Politik im besten Sinne: die Verbindung von ökologischen und sozia­len Maßnahmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

All diese von mir genannten Projekte – es gibt noch viele mehr, ich habe jetzt nur ein paar genannt – kurbeln die Wirtschaft an. Letzte Woche hat der Rechnungshof seinen Bericht zu den Klimaschutzmaßnahmen bis 2019 vorgestellt. Dieser zeigt uns vor allem eines, nämlich dass vor 2019, vor der grünen Regierungsbeteiligung, viel zu wenig wei­tergegangen ist. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Während der Treibhausgasaus­stoß im EU-Schnitt zwischen 1990 und 2017 um ein Viertel gesunken ist, ist er in Ös­terreich um 5 Prozent gestiegen. Wir befinden uns hier also in einer Aufholjagd.

An dieser Stelle: Ich erwarte schon den Einspruch der Sozialdemokratie und eine voll­mundige Verkündung von Julia Herr, es sei alles zu wenig, et cetera. – Ich möchte schon darauf hinweisen, wer in all diesen Jahren – auch im Verkehrsressort – in Regierungs­verantwortung war (Ruf bei der SPÖ: Ah!), nämlich die Sozialdemokratie. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

An dieser Stelle möchte ich auch erwähnen, was in der Stadt Wien – die Stadt ist na­türlich ein ganz zentraler Punkt für die Bekämpfung des Klimawandels – passiert, wo wir


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Grüne in den vergangenen zehn Jahren ganz viele umwelt- und klimarelevante Projekte umgesetzt haben: All das wird jetzt, kaum sind die NEOS mit der SPÖ in der Regierung, wieder rückgängig gemacht. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Da wird mit einer Stadtautobahn Retropolitik betrieben, wo Ulli Sima sagt: Keine einzige Autospur darf gestrichen werden, Radspuren machen wir nur dort, wo sie zufällig gerade Platz haben, wir bauen eine weitere Stadtautobahn! – Eine Autobahn, das ist Siebziger­jahrepolitik, absolut retro! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei NEOS und SPÖ.) Oder: Am Naschmarktparkplatz wird eine Markthalle gebaut, die dort niemand will. 80 Prozent der AnrainerInnen sind dagegen – eine weitere Hitzeinsel statt grün, statt Park, statt klimafit und Umweltschutz! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Liebe Julia, ich würde dich bitten, werde vielleicht einmal beim Wiener Bürgermeister und bei Kollegin Sima mit deinen Beschwerden vorstellig! Ich glaube, dort wären sie angebracht, denn das, was du den Fridays for Future erzählst, wird von deiner Partei leider nicht umgesetzt – im absoluten Gegenteil. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir Grüne sind unter dem Motto: Saubere Umwelt, saubere Politik! (Ruf bei der SPÖ: Ja, ja! – Zwischenruf bei den Grünen), in diese Regierung gegangen, und wir haben eine Klimaministerin, die einem Superressort vorsteht, einem Superressort aufgrund der Grö­ße, aber auch einem Superressort, weil es mit diesem Ressort möglich ist, dass wir das Ruder herumreißen, was die Klimakrise betrifft. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich möchte auch noch Folgendes sagen: Wir haben seit unserem Eintritt in die Regierung vieles auf den Weg gebracht, beispielsweise das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, die Ökologisierung der NoVA, statt der Waldviertelautobahn gibt es den Bahnausbau, es gibt große Elektroautoförderungen, natürlich die Sanierungsoffensive und vieles mehr.

Wir haben in diesem Jahr aber natürlich noch richtig große Brocken auf der Agenda, beispielsweise die ökosoziale Steuerreform, das Klimaticket, die Erhöhung der Plastik­sammelquote – es bleibt viel zu tun, es ist eine Aufholjagd.

Wir stellen jetzt die Weichen auf oberster Ebene, wir bauen den Rahmen, damit die Menschen in unserem Land sich klimafreundlich verhalten und klimafreundlich handeln können, damit die Städte und Gemeinden zukunftsgerichtet ihre Emissionen reduzieren können – all das, damit Österreich nicht nur die Klimakrise, sondern auch die Wirt­schaftskrise gut bewältigen kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Ja, ja!)

Saubere Umwelt, saubere Politik – das ist das Motto und das setzen wir um. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

9.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminister Ge­wessler. – Bitte.


09.18.32

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Da­men und Herren im Hohen Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, die diese Sitzung heute zu Hause vor den Bildschir­men verfolgen! Wir haben heute in der Aktuellen Stunde tatsächlich ein Thema, das nicht aktueller sein könnte: „Mit Klimaschutz aus der Krise“. Das ist ein guter Titel für eine der großen, und zwar wirklich großen, Herausforderungen, die im Moment vor uns stehen.


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Es ist uns allen klar: Die Pandemie ist noch nicht vorbei, wir haben noch einiges vor uns. Sie bestimmt noch unser Leben, sie fordert uns noch im Alltag, aber wir halten zusam­men, wir kommen da durch – mit Durchhalten und Durchimpfen. Aber – auch das ist allen hier im Raum sehr bewusst – die Pandemie hat zu globalen wirtschaftlichen Aus­wirkungen, zu einem großen wirtschaftlichen Einbruch – den größten seit Jahrzehnten – geführt.

Viele Menschen, auch in Österreich, sind verständlicherweise um ihren Arbeitsplatz, um ihre Zukunft und um ihre wirtschaftliche Situation besorgt. Wir sind mitten in einer Wirt­schafts- und Arbeitsmarktkrise, es liegen enorme Aufgaben vor uns. Wir wissen, mit dem Fortschreiten der Impfungen wird es wieder bergauf gehen, wir wissen aber auch, dass sich das nicht von allein tut – das Bergaufgehen tut sich nicht von allein.

Es liegt an uns, den Weg aus dieser Krise zu gestalten. Es liegt an uns, diesen Weg aktiv zu planen. Es liegt an uns, werte Damen und Herren, an uns allen hier in diesem Raum, den Menschen in unserem Land Perspektive zu geben, Mut zu machen und auch selbst Mut am Weg aus dieser Krise zu beweisen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Auf dem Weg aus dieser Krise werden wir klug investieren und dadurch für sichere Ar­beitsplätze sorgen, für eine stabile Wirtschaft sorgen, aber auch für eine gute Zukunft auf unserem Planeten und in unserem Land. Wir stellen jetzt Weichen für die Zukunft, eine Zukunft nach der Pandemie, aber eine Zukunft, die Österreich auch verändern wird, die Österreich zu einem noch schöneren Land, zu einem noch klimafreundlicheren Land machen wird; eine grüne, eine lebenswerte Zukunft, ein Comeback für Österreich, das uns vor allem mit mehr Klimaschutz gelingt. Klimaschutz ist das beste Konjunkturpaket. Klimaschutz schafft heute die Arbeitsplätze von morgen. Klimaschutz ist ein Weg der Veränderung zu einem besseren Land, der Weg der Veränderung, der uns Sicherheit geben wird, der uns Halt geben wird. Klimaschutz ist der Weg in die Zukunft. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Auch ich möchte kurz auf einige wichtige Punkte eingehen: Die europäische Aufbau- und Resilienzfazilität, RRF im Vollen, der Wiederaufbaufonds, ist tatsächlich ein zentra­ler Baustein für das grüne Comeback in Europa, aber auch in Österreich. Wir als Bundes­regierung haben deswegen in den vergangenen Monaten sehr viel Zeit investiert, auch in intensiven Gesprächen mit der Kommission, damit uns die Umsetzung in Österreich gut und erfolgreich gelingt. Wir haben diesbezüglich ein wirklich gutes Paket vorgelegt, denn wir übertreffen die Ziele der EU im Bereich Klimaschutz deutlich, auch im Bereich der Digitalisierung. Mit 46 Prozent der Mittel, die in den Klimaschutz gehen – 100 Pro­zent der Mittel, die dem Do-no-significant-Harm-Prinzip folgen –, geht in Österreich ein gewichtiger Schub an Finanzmitteln in den Klimaschutz. Darauf können wir stolz sein, auch im europaweiten Vergleich. Das Ziel aber ist das eine, das Schöne sind die wirklich ganz konkreten Projekte, an denen wir Klimaschutz in unserem Land sehen und spüren werden. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Was sind das für Projekte? – In der RRF investieren wir in saubere Busse in unserem Land. Wir haben derzeit noch 5 400 Dieselbusse in Österreich herumfahren. Diese wer­den wir sukzessive auf saubere, emissionsfreie Busse, auch im Sinne der Clean-Ve­hicles-Directive, der CVD-Richtlinie, umstellen. Das sind über 250 Millionen Euro, die in einen sauberen, in einen umweltfreundlichen öffentlichen Verkehr gehen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir führen einen Reparaturbonus für ganz Österreich ein. Das ist ein Projekt, das auch im Hohen Haus, im Umweltausschuss, schon mehrfach diskutiert wurde – jetzt kommt es. Ein sparsamer Umgang mit unseren Ressourcen ist gerade für den Erhalt unserer Umwelt, für eine intakte Natur, für den Schutz unseres Klimas von enormer Bedeutung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Die Grundidee ist ganz einfach:


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Wer künftig in Österreich repariert anstatt wegzuwerfen, wird auch finanziell profitieren. 130 Millionen Euro gehen in diese Maßnahme. Mit einem Reparaturbonus für bis zu 50 Prozent der Reparaturkosten von bis zu 200 Euro machen wir es möglich, in diese Kreislaufwirtschaft, in diese Reparaturwirtschaft, auch ganz konkret in lokale Reparatur­betriebe zu investieren. Einige Bundesländer haben schon vorgezeigt, wie das geht, wir setzen das jetzt bundesweit um. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir werden den Biodiversitätsfonds für mehr Artenvielfalt in Österreich um 50 Millionen Euro aufstocken. Das ist ein Thema, das mir persönlich sehr am Herzen liegt, denn der Erhalt unserer Artenvielfalt ist unsere Lebensgrundlage. Eine intakte Natur ist unsere Lebensversicherung, die Basis, die wir brauchen, damit wir gesund leben können. Ge­sundes Wirtschaften, gesundes Leben ist nur auf einem gesunden Planeten möglich. Mit diesem zusätzlichen Geld investieren wir in den Schutz von Flächen, in die zusätzliche Außernutzungstellung. Wir werden Pilotprojekte zur Entsiegelung umsetzen, ein bun­desweites Biodiversitätsmonitoring einführen – ein Thema, das gerade in der Zivilgesell­schaft enorm wichtig ist –, in Gemeinden konkrete Projekte fördern, unsere Artenvielfalt fördern, Österreich, vielleicht ganz wörtlich, auch wieder zum Blühen bringen.

Wir sorgen mit 100 Millionen Euro ganz gezielt dafür, dass unsere Industrie klimafreund­licher wird. Der Umstieg auf klimafreundliche Produktionsweisen in der Industrie ist tat­sächlich eines der Kernthemen. Ein Budget für die industrielle Transformation war auch im Parlament immer wieder Thema und wurde mehrfach gefordert. Wir setzen auch das jetzt um, denn es braucht ganz konkret Geld, um ganz konkrete Projekte mit Demonstra­tionscharakter zu fördern. Das betrifft insbesondere den Umstieg von Erdgas oder Kohle auf den Einsatz von grünem Wasserstoff oder Strom. Das sind Projekte in österreichi­schen Vorzeigebetrieben, an denen wir alle sehen werden können, wie Industrie der Zukunft ganz konkret ausschaut. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir bauen klimafitte Ortskerne: Auch das finde ich ein ganz wunderschönes Projekt, weil gerade die Gemeinden in der Coronapandemie enorm gefordert sind und waren. Gerade die Gemeinden sind aber zentrale Hebel, zentrale Mutmacher und Umsetzerinnen im Klimaschutz. Mit 50 Millionen Euro gehen wir in das Themenfeld klimafitte Ortskerne, zum Beispiel mit einem Bonus bei den thermischen Sanierungen im Ortskern, der dazu dienen soll, die Ansiedelung von Betrieben auch in kommunalen Zentren zu fördern, das heißt, die Ortskerne zu stärken und damit auch den Flächenfraß, die Zersiedelung ein­zudämmen.

Wir haben auch – gerade das ist für die Gemeinden wichtig – in den Nah- und Fernwär­mebetrieben einen großen Digitalisierungsschub vor. Wir fördern auch Klimawandelan­passungsprojekte in den Ortskernen, denn gerade die Ortskerne sind im Sommer immer stärker von der Hitze betroffen. Da geht es auch um Entsiegelungen, genauso wie um Fassadenbegrünungen. In ganz Österreich wird man klimafitte, grüne und vor allem le­bendige Ortskerne sehen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir investieren in die Forschung: Auch das ist ein ganz wichtiger Schwerpunkt, For­schung und Entwicklung sind enorm wichtig, damit uns umfassender Klimaschutz ge­lingt. Deswegen fördern wir die beiden Ipcei-Projekte, europäische Projekte zum Thema Wasserstoff und Mikroelektronik, damit wir auch hier in Österreich wirklich aktiv an den Zukunftstechnologien forschen und uns an europäischen Projekten beteiligen.

Das waren jetzt die Projekte  meine Highlights  aus der RRF, wir haben aber Klima­schutz als Jobmotor, Klimaschutz als Weg aus der Krise natürlich in ganz vielen Pro­jekten, die wir gemeinsam auch im letzten Jahr schon auf den Weg gebracht haben: Ausbau der Bahn und des klimafreundlichen öffentlichen Verkehrs; wir haben 17,5 Mil­liarden Euro im ÖBB-Rahmenplan für den Ausbau der Bahn, noch einmal eine halbe Milliarde Euro in der RRF. Wir bauen Fahrradwege, wir treiben den Umstieg auf E-Mo­bilität voran und wir gehen da mit vielen Arbeitsplätzen in genau diesen Branchen, im


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 37

Bau zukunftsfitter Infrastruktur und einer zukunftsfitten Zulieferindustrie voran. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Die Sanierungsoffensive wurde schon genannt: Sanieren ist eine der vernünftigsten Maßnahmen, sowohl wirtschaftlich als auch von der Arbeitsplatzdynamik her, oft disku­tiert, auch mit den Gewerkschaften. Die Rechnung ist aber ganz einfach: In gut isolierten Gebäuden lebt es sich besser. In unsanierten Gebäuden verschwenden wir wertvolle Energie. Das ist nicht nur teuer für den Einzelnen, das ist auch schlecht fürs Klima. Durch Sanierungen, durch den Tausch fossiler Heizsysteme in erneuerbare, saubere Heizsys­teme lösen wir nicht nur über 4,5 Milliarden Euro an Investitionen aus, sondern wir schaffen damit auch 64 000 – 64 000! – krisensichere, krisenfeste, klimafreundliche, re­gionale Arbeitsplätze. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, EAG – in Verhandlung im Parlament –, bedeutet nicht nur ein großes Investitionsprogramm mit rund 1 Milliarde Euro für den Ausbau der Erneuerbaren, sondern in den kommenden zehn Jahren auch umgerechnet 30 Milliar­den Euro an Gesamtinvestitionen. Wir schaffen und sichern mit dem EAG aber auch 70 000 Arbeitsplätze. Es ist also ein Eckpfeiler, und zwar nicht nur für den Klimaschutz, für die Energiewende, sondern auch für zukunftsfitte, klimafreundliche Arbeitsplätze. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Klimaschutz bedeutet aber nicht nur klug investieren – auch das ist hier im Hohen Haus vielfach diskutiert –, sondern vor allem auch reformieren, Reformen anstoßen. Genau das fordert ja auch die Europäische Kommission von uns, damit wir die Mittel aus der RRF bekommen. Wir haben da einiges an Reformprojekten eingemeldet.

Für den Weg aus der Krise mit dem Klimaschutz ist die ökosoziale Steuerreform einer der zentralsten Punkte in diesem Plan, denn Klimaschutz braucht auch immer gute Rah­menbedingungen, ein passendes Steuersystem, das für den Klimaschutz wirkt, sodass sich Klimaschutz für alle lohnt. Mit der ökosozialen Steuerreform – sie tritt mit dem 1. Quartal 2022 in Kraft – tun wir in diesem Jahr genau das. Wir machen damit – und nicht weniger ist die Aufgabenstellung – den Klimaschutz zu einem relevanten Faktor in unserem Steuersystem und sorgen dafür, dass klimafreundliches Verhalten günstiger ist und klimaschädliches Verhalten einen gerechten Preis bekommt. Und dafür ist die öko­soziale Steuerreform ein Kernprojekt, ein Kernreformprojekt aus der RRF. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ja, die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind unbestritten groß – am Arbeits­markt und in der Wirtschaft genauso wie beim Schutz unseres Planeten. Genau des­wegen brauchen wir aber den Mut, den ich am Anfang angesprochen habe. Genau des­wegen müssen wir gemeinsam dafür sorgen, dass wir den Menschen in Österreich eine Perspektive auf sichere Arbeitsplätze, auf eine stabile Wirtschaft und vor allem auf eine klimafreundliche, auf eine lebenswerte Zukunft bieten.

Wir als Bundesregierung haben mit der RRF den Weg beschritten, vorgezeigt, demons­triert: Ja, wir wollen da Vorreiter sein, indem wir die EU-Ziele noch einmal deutlich über­treffen, indem wir 46 Prozent der Mittel in den Klimaschutz investieren. Genau das ist nämlich jetzt vernünftig, denn klug investieren bedeutet genau das und macht es mög­lich, dass wir diese beiden Krisen gemeinsam angehen  und gemeinsam können wir sie am besten lösen. Mit mehr Klimaschutz gibt es mehr sichere Arbeitsplätze. Das ge­hört zusammen, und genau das ist jetzt die Devise. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir haben ein Jahr der Weichenstellungen, wir sind in einer Zeit der Weichenstellungen. Wir stehen vor vielleicht historisch großen Aufgaben. Mein Ziel ist aber, dass wir in ei­nigen Jahren alle gemeinsam auf diese schwierige Zeit zurückblicken und dann auch mit Stolz sagen können: Wir haben sie gut bewältigt.


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Wir haben die Gesundheitskrise gut bewältigt, wir haben die Arbeitsmarkt- und Wirt­schaftskrise gut bewältigt und wir haben am Weg in die Zukunft die richtigen Entschei­dungen getroffen.

Ich weiß, dass uns das gelingen kann. Ich weiß das, weil gerade an diesem Tag – ganz aktuell –, heute Nacht die Einigung auf ein neues europäisches Klimaziel gelungen ist, ein Klimaziel von mindestens 55 Prozent Emissionsreduktion, das viele von uns vor ei­nem Jahr für unmöglich, für undenkbar gehalten hätten. Ich weiß, dass es uns gelingen kann, wenn wir alle an einem Strang ziehen, wenn wir den Klimaschutz ins Zentrum stellen, wenn wir den Mut beweisen, den jetzige und zukünftige Generationen von uns fordern. Dafür, genau dafür gilt es jetzt zu arbeiten und genau dafür werde auch ich weiterarbeiten. Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

9.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schmucken­schlager. Die Redezeit, das ist bekannt, beträgt nun 5 Minuten. – Bitte sehr.


9.34.10

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Klima­wohlstand: Das wird wohl der Begriff sein, den wir in den nächsten Jahren auch mit Daten befüllen müssen – der sozialökologische Umbau des Energiesystems und nicht der Gesellschaftsumbau, da Technologie auch als Schlüssel zu nützen.

Morgen und übermorgen wird US-Präsident Joe Biden über 40 Staaten – darunter auch Russland und China sowie Vertreter der Europäischen Union – zu einem Gipfel einladen, um die Klimaneutralität bis 2050 global festzuschreiben. Das wird auch, da wir in einem globalen Wirtschaftssystem leben, ein wichtiger Schlüssel sein, dass wir diese Ziele, die wir hinsichtlich Energie brauchen, global festschreiben und diesen Weg gehen. Es wurde schon gesagt, dass es gestern diese Einigung im Rahmen der Europäischen Union gab, mit dem Ziel, 55 Prozent bis 2030 zu reduzieren, und bis Juni sollen dazu auch Vor­schläge kommen, wie wir für diese 55 Prozent Einsparung fit werden. Ich halte das für sehr, sehr wesentlich.

Damit komme ich zur Frage: Schaffen wir das Fernziel der Klimaneutralität 2050? – Die österreichische Bundesregierung hat sich ein noch ambitionierteres Ziel gesetzt, nämlich die Klimaneutralität bis 2040. Dafür braucht es nicht nur Bundesinitiativen, da brauchen wir auch die Länder bis hinunter zu den Gemeinden, und da geschieht sehr viel, gerade die Länder sind da sehr erfolgreich.

Ich darf als Beispiel das Burgenland mit Landeshauptmann Doskozil nennen – ich weiß nicht, ob Sie (in Richtung SPÖ) ihn noch anrufen dürfen –, er hat eine Weiterdenkerplatt­form, Bürgerbeteiligungsplattform gestartet; Weiterdenker, das heißt: weiter als die Aus­fahrt Simmering zum Beispiel. Da geht es aber darum, dass wir das auf Landes- und Gemeindeebene entsprechend umsetzen, dass wir die Bürger in diesem System mitbe­teiligen, und auch die Einigung zwischen Bund und Ländern bei: Raus aus Öl und Kohle und Gas!, ist ein ganz wesentlicher Effekt, wie auch Wirtschafts- und Steuerpolitik als Regelung zu nehmen und in der Zukunft die Energie als Währung zu sehen. Energiegeld wird sozusagen eine Zukunftswährung sein, aber da brauchen wir auch eine steigende Energieeffizienz, um das entsprechend zustande zu bekommen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir brauchen nicht nur die Anreize zur CO2-Einsparung, sondern es muss letztendlich auch das Potenzial der CO2-Senke eingerechnet werden, und Österreich hat ein großes Potenzial. Wenn wir alleine den Wald betrachten: Eine nachhaltige Forstwirtschaft kann mit Nettozielen zur Einsparung von CO2 sehr viele Anreize schaffen. Dazu braucht es aber auch wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Wenn wir diesen Markt momentan be­trachten, wo wir sehr geringe Rohstoffkosten haben, unsere Verfügung von Holz im Bau


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und so weiter wahrscheinlich ab Sommer eine große Delle kriegt, wir im Export aber enorme Gewinnmargen haben, dann muss man auch im gesamten Bereich des freien Handels CO2 mit einpreisen.

Umso wichtiger ist es, dass wir das ins Steuersystem mit einbauen, mit der ökosozialen Steuerreform im nächsten Jahr und vor allem auch jetzt mit dem Turboschub der 5 Mil­liarden Euro durch die Bundesregierung und den EU-Recoveryfund. Wir schaffen es, da wirklich einiges auf dem Weg zu bringen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir haben enormes Potenzial: Wir haben Windkraft, wir haben Biomasse, wir haben Fotovoltaik, und durch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, das von der Bundesregierung und auch mit der starken Kompetenz von Staatssekretär Brunner ausgearbeitet wurde, schaffen wir es, da entsprechend agieren zu können. Zum Vergleich: Polen produziert 70 Prozent des Stroms aus Kohle – Braunkohle und Steinkohle. Das heißt, unser Poten­zial, von dem wir ausgehen können, ist ein ganz anderes, und wir müssen die Bürger ermächtigen, um da auch weiterzugehen.

Und wir dürfen uns nichts vormachen: Der Energiehunger wird zunehmen. Das heißt, wir müssen Energieeffizienz leben und das mit Technologie und Innovation. Die Digita­lisierung bietet uns da viele Möglichkeiten. Ich glaube, das ist der Weg; nicht nur Ein­schränkung, sondern vor allem zu sehen: Wo haben wir Potenziale? Was können wir nützen? Wie schaffen wir es, den Bürger an dieser Wende des Energiesystems zu betei­ligen? Es braucht keine gesellschaftliche Transformation, sondern eine technologische, um unser Klima letztendlich zu retten dann sind wir am richtigen Weg zum Klimawohl­stand. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Leichtfried. – Bitte sehr. (Abg. Kassegger: Schau, eine schwarze Maske! Was ist denn jetzt los? Ah, Sturm, das geht!)


9.38.55

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Als ich erstmals den Titel der heutigen Aktuellen Stunde und die Worte „aus der Krise“ gelesen habe, habe ich mir gedacht, das ist jetzt schon eine sehr umfangreiche Diskussion, denn: Wel­che Krise ist eigentlich gemeint? Ist es die Gesundheitskrise, die Impfkrise, die ÖVP-Krise, die Regierungskrise, die soziale Krise, die Krise des Rechtsstaats (Rufe bei der ÖVP: ... SPÖ! Zwischenrufe bei der SPÖ), die Krise der parlamentarischen Demokra­tie? Eigentlich ganz schön mutig, das Thema, habe ich mir gedacht, geschätzte Damen und Herren! Konzentrieren wir uns aber auf den Klimaschutz, hätte ich gesagt! (Zwi­schenruf des Abg. Hanger.) Das macht in dieser Zeit mehr Sinn, als über all die anderen Baustellen dieser Regierung zu sprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir über Klimaschutz und raus aus der Klimakrise reden, hat ja diese Legislatur­periode - - (Abg. Hanger: Herr Leichtfried, ...!) – Der Herr Hanger (Heiterkeit des Red­ners), er schreit schon wieder heraus  eine Serie. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir waren am Anfang etwas verwundert, als wir in diese Legislaturperiode gegangen sind, uns klar zum Klimaschutz bekannt haben (Abg. Hanger: ... für die Sachen, die Sie sagen!), eine Klimamilliarde eingefordert haben und die Reaktion, die Antwort des grü­nen Vizekanzlers, war: Das tun wir nicht, denn das Geld wächst ja nicht auf den Bäu­men! – Das war für den Anfang etwas verblüffend, ich muss Ihnen aber offen sagen und zugestehen, dass die Programme, die jetzt entwickelt wurden und die sicherlich gegen den Willen der ÖVP so entwickelt wurden, schon einiges Positive an sich haben, insbe­sondere die Förderungsprogramme.


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Ich möchte vielleicht nur eine Anregung weitergeben, weil Sie auch die Elektromobilität erwähnt haben, die sicherlich eine gute Möglichkeit darstellt, den CO2-Ausstoß zu verrin­gern (Abg. Hanger: Herr Leichtfried, ... das war ...!): Man sollte sowohl bei Förderungen als auch bei möglichen negativen Anreizen, die ja vielleicht auch notwendig sein mögen, zum Prinzip der Technologieneutralität übergehen. Ich glaube, die Ziele sind es, die wir fördern sollten, und die Ziele sind es, die wir im Hinblick auf die Senkung des Ausstoßes erreichen sollten. (Abg. Hanger: ... warum Sie das nicht zusammengebracht haben?!) Die Technologie festzulegen trägt immer das Risiko in sich, dass möglicherweise andere Technologien, die genauso effizient sein mögen, ins Hintertreffen geraten.

Mir ist jetzt aber ein Punkt ganz wichtig, der nicht angesprochen wurde – weder in Ihrer Rede (in Richtung Bundesministerin Gewessler) noch in der Rede von Kollegin Maurer ‑, denn wenn es um Maßnahmen geht, so wie der Klimaschutz eine ist, die von einer breiten Mehrheit getragen werden müssen, damit sie auch umgesetzt werden können, damit sie durchgesetzt werden können, geht es am Ende auch immer um die Menschen, nämlich die Menschen, die es betrifft.

Diese erleben das halt unterschiedlich. Jemand, der beispielsweise gerade eine Kfz-Mechanikerlehre absolviert, wird sich andere Gedanken darüber machen als andere Menschen. Eine Ingenieurin bei der OMV in der Raffinerie wird auch andere Vorstellun­gen haben, wie sich die Dinge entwickeln könnten. Bei Menschen, die im Frachtgewerbe beschäftigt sind, wird es ähnlich sein. Das heißt, man muss sich auch um diese Men­schen kümmern, man muss sich um ihre Ängste und ihre Sorgen kümmern. Man muss bei jeder Art von Politik – und so auch bei der Klimapolitik – dafür sorgen, dass es Men­schen nachher besser und nicht schlechter geht, und das insgesamt. Ich glaube, das ist ein ganz, ganz wichtiger Ansatz. (Beifall bei der SPÖ.)

Man muss halt – und das ist ein Vorwurf, den ich jetzt nicht nur Ihnen, sondern der ge­samten Bundesregierung mache –, wenn es ums Konkrete geht, dann auch konkrete, glaubwürdige Maßnahmen setzen. Damit komme ich zur Problematik der Firma MAN. Frau Maurer und Sie haben die Elektrobusse, die Elektro-Lkws erwähnt.

Wir haben mit MAN in Steyr wahrscheinlich den europäischen Spitzenreiter in der Elek­tro-Lkw-Produktion. Die sind ziemlich die Besten in ganz Europa; sie sind nicht nur die Besten in ganz Europa in der Produktion, sondern es gibt dort gleichzeitig eine unglaubli­che Krise, weil der VW-Konzern dieses Werk schließen möchte. Bis zu 8 000 Arbeitsplät­ze sind gefährdet. Da geht es also um österreichische Schlüsseltechnologie und da geht es um österreichische Arbeitsplätze. Niemand von der Bundesregierung hat es für wert befunden, sich um diese Menschen zu kümmern und sich um diese Technologie zu kümmern. (Abg. Zarits: Das stimmt nicht!) Das ist etwas, das meines Erachtens absolut inakzeptabel ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist wieder ein gutes Beispiel – bitte, Frau Ministerin, lassen Sie sich davon nicht anstecken; Sie sind nicht so, ich kenne Sie ja! – für die ÖVP-Politik: nur Show und keine Substanz dahinter, die den Menschen nützt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: ... Betriebsrat!)

9.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kassegger. Das Wort steht bei ihm. – Bitte sehr.


09.44.01

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­ter! Herr Staatssekretär! „Mit Klimaschutz aus der Krise“ lautet das Thema. Gemeint da­mit ist, mit Klimaschutzmaßnahmen aus der Wirtschaftskrise zu kommen. Das halten wir für etwas überzogen, weil die Klimaschutzziele grundsätzlich einmal Verpflichtungen darstellen – Verpflichtungen, die die Europäer selbst eingehen. CO2-Emissionen sollen gesenkt werden, wir sollen da als leuchtendes Beispiel vorangehen.


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Nur einmal zur Quantifizierung – ich versuche jetzt, auch ein bisschen die Fakten ins Spiel zu bringen –: Wir reden da von 8 Prozent Anteil an den gesamten globalen Emis­sionen, die Europa emittiert. So, das wollen wir jetzt halbieren oder was auch immer: minus 55 Prozent, minus 60, was auch immer. Es waren minus 40 Prozent, wir lizitieren uns da hoch. Uns muss klar sein: Das sind Selbstbeschränkungen, Verpflichtungen, die auch einen Preis haben, die ganz konkret etwas kosten, damit diese Ziele erreicht wer­den, und zwar belasten sie grundsätzlich einmal jeden Einzelnen von uns – jeden einzel­nen Haushalt, jedes einzelne Unternehmen, ob klein oder groß, und zwar unmittelbar und spürbar. Das sind die Fakten. Schauen Sie auf Ihre Stromrechnung, dann sehen Sie, was das kostet!

Wir waren vorhin gerade beim EAG. Da wird ja verhandelt, da gibt es einen Kostende­ckel, den wir auch einfordern. Wir wollen nicht, dass die Haushalte und die Unternehmen über Gebühr belastet werden. Ich hoffe, diejenigen, die das auch so sehen, setzen sich durch – ich weiß es noch nicht. Da geht es um bis zu 100 Euro Zusatzkosten pro Haus­halt. Frau Ministerin, Sie können natürlich weitere Millionen, Milliarden in die Hand neh­men und dieses und jenes machen und Ortskerne klimafit machen – zu den Ortskernen komme ich dann noch –, da ist jedoch immer die Frage: Mit wessen Geld? – Ja, natürlich mit diesem Geld. Das muss irgendjemand bezahlen. Das ist unmittelbar spürbar. Wir Freiheitliche sind in ernster Sorge, dass die Kosten durch überschießende Ziele durch die Decke gehen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann gibt es die zweite – unter Anführungszeichen – „super Sache“ der Europäischen Union: Next Generation EU von Frau von der Leyen; 750 Milliarden Euro an Schulden werden da aufgenommen! Das sind Schulden, also das sind Kosten, die wir jetzt noch nicht unmittelbar spüren, die wir aber spüren werden. Wenn wir schon bei der Verant­wortung gegenüber unseren Kindern und Kindeskindern sind, dann sage ich Ihnen, das werden unsere Kinder und Kindeskinder spätestens dann spüren, wenn das zurückzu­zahlen ist, denn im Plan steht: Das ist von 2028 bis 2056 rückzahlbar.

Wir nehmen jetzt also einmal 750 Milliarden Euro auf. Das sind im Übrigen gemeinsame Schulden, das ist eine Vergemeinschaftung der Schulden der Europäischen Union, für die wir Österreicher dann auch geradestehen müssen. – Das ist ein Punkt, der immer ausgeschlossen war. Es hat geheißen, die Europäische Union sei keine Schuldenunion, jetzt aber haben wir die Schuldenunion. (Beifall bei der FPÖ.) Na, wie werden unsere Kinder das zurückzahlen? – Ich nehme einmal an, mit neuen EU-Steuern.

Jetzt sind wir bei den Green Jobs, von denen Sie dauernd reden: 70 000, 100 000. Also ich sehe nur in China Green Jobs – jenem China, das im Übrigen 28 Prozent der Treib­hausgasemissionen fabriziert und nicht 8 Prozent, Tendenz stark steigend. Die fahren uns wirtschaftlich um die Ohren, und wir schauen zu und reduzieren von 8 Prozent auf 4 Prozent. Nichts für ungut, aber das merkt die Erde so, als ob sich eine Mücke auf einen Elefanten draufsetzt. (Beifall bei der FPÖ.) Schauen wir doch, dass wir da China in die Pflicht nehmen! Dort sind die Green Jobs: 70 Prozent aller Windräder, 70 Prozent aller Solarpaneele, 70 Prozent aller Batterien werden in China hergestellt. Die machen ein super Geschäft, also die haben einmal Green Jobs.

Sie blenden auch völlig die Menschenrechte aus – die Menschenrechtspartei Grüne –, wenn es darum geht, wo die Rohstoffe herkommen. Wo kommt das Kobalt her? – Die deutsche Grüne hat „Kobold“ gesagt. Das ist nicht der Kobold, sondern das Kobalt.  Wo kommt das Lithium her? – Da wird in der Atacamawüste das Grundwasser trocken­gelegt, 21 Millionen Liter verdampfen jeden Tag. Betreffend Kobaltabbau wissen Sie: Demokratische Republik Kongo. Das wird alles ausgeblendet. Die Entsorgung wird aus­geblendet, alles wird ausgeblendet. – Das rote Licht leuchtet. Ich habe noch 50 Se­kunden.


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Kollege Leichtfried hat es schon angesprochen: Ausgeblendet werden auch die Arbeits­plätze. Für uns haben die Arbeitsplätze einmal Priorität eins. Ich möchte nicht, dass eine Schwerindustrie wie die Voest zum Beispiel aufgrund überzogener Selbstverpflichtun­gen, die wir uns hier auferlegen, um die Welt zu retten, dann abwandert, so wie es die ATB in Spielberg gemacht hat. (Beifall bei der FPÖ.) Die wandern ab, chinesische Eigen­tümer sperren das Werk zu. Erklären Sie das den 400 Arbeitslosen in der Obersteier­mark, das ist eh eine strukturschwache Region! Das Werk wird jetzt in Polen wiederauf­gebaut – jenem Polen, das nach wie vor Hunderte Kohlekraftwerke hat, jenem Polen, das im Effort-Sharing-System nicht um 36 Prozent reduziert, sondern nur um 7 Prozent, jenem Polen, das Milliarden von der EU an Förderungen kriegt, die wir finanzieren. Also das ist doch keine vernünftige Wirtschafts- und Standortpolitik im Interesse der Öster­reicherinnen und Österreicher!

Meine Redezeit ist jetzt leider vorbei. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

9.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hammer. – Bitte.


9.49.24

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme zur Kenntnis, dass der Freiheitlichen Partei der Schutz der Profitinteressen von russischen Oligarchen und Ölscheichs lieber ist, als das Klima zu schützen. (Zwischenruf des Abg. Hauser.) Das war bis jetzt immer so. Ich habe es noch nie verstanden, warum Sie sich so vehement gegen Klimaschutz stemmen (Zwischenruf des Abg. Kassegger), bei dem es ja darum geht, die Wertschöpfung im Inland zu lassen, anstatt einfach 10 Milliarden Euro jährlich beim Fenster rauszuschmeißen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wurde schon sehr viel über die wirtschaftliche Di­mension und darüber, warum wir das machen, gesprochen, ich möchte aber noch einmal daran erinnern: Die Art und Weise, wie wir in den letzten Jahrzehnten beziehungsweise den letzten 200 Jahren gewirtschaftet haben, hat unseren Planeten an den Rand des Kollapses gebracht. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Wir stehen kurz davor, dass die Erderhitzung komplett außer Kontrolle gerät. Ich möchte das noch einmal betonen, weil ich glaube, dass die Kenntnisse darüber, wo wir in der Klimakrise gerade stehen, dass wir wirklich ganz kurz vor einer Entwicklung stehen, die wir nicht mehr aufhalten können, bei der es wirklich um unsere Lebensgrundlagen geht, hier im Hohen Haus noch nicht begriffen werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es geht nicht darum, ein System, das uns dahin geführt hat, wo wir jetzt sind, wieder­aufzubauen, sondern es geht um einen radikalen Wandel. Es geht darum, jetzt dringen­de und notwendige Veränderungen anzustoßen, und genau das haben wir uns in unse­rem Regierungsprogramm auch vorgenommen.

Wir haben in unserem Regierungsprogramm verankert, dass wir bis 2040 aus der Ver­brennung von Erdöl, Erdgas und Kohle vollständig aussteigen werden. Dann wird es keine Ölheizung und auch kein Dieselauto mehr geben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Dafür beenden wir, wie gesagt, die Abhängigkeit von teuren Energieimporten, verlagern die Wertschöpfung zurück ins Inland. Wir werden bessere Luft haben, in der das Atmen nicht mehr krank macht. Wir werden billige und bessere Zugverbindungen schaffen. Wir werden mehr Platz in den Städten haben, und wir be­kommen neue Arbeitsplätze – diese sind genau das, was wir gerade in dieser Krise brau­chen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben für dieses Jahr bereits ein Rekordbudget für den Klimaschutz beschlossen. Noch einmal zur Erinnerung: Es gibt ein Rekordbudget


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von 17,5 Milliarden Euro für den Ausbau des Bahnnetzes. Wir fördern neue Nachtzug­verbindungen, wir fördern erneuerbare Energien, den Kauf von E-Autos, den Bau von Radwegen – da haben wir das Budget verzehnfacht. Das 1-2-3-Ticket ist ausfinanziert und auch den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen werden wir fördern. Und zu diesem Rekordklimabudget kommen jetzt zusätzlich noch die neuen EU-Mittel, wobei wir fast die Hälfte der 3,5 Milliarden Euro, die wir aus Brüssel bekommen, für den Klimaschutz einsetzen. Das ist eine sehr deutliche und sehr erfreuliche grüne Handschrift. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Mittel werden sowohl zur Verstärkung bisheriger Maßnahmen als auch für gänz­lich neue Maßnahmen eingesetzt – die Klubobfrau und die Frau Ministerin haben schon erwähnt, wohin das geht. Für mich ist einer der wesentlichen neuen Punkte, dass wir die österreichische Industrie auf ihrem Weg zu Klimaneutralität massiv unterstützen. Ich bin mir sicher, dass wir mit diesem Paket und mit zusätzlichen weiteren Maßnahmen in 20 Jahren die wettbewerbsfähigste Industrie der Welt haben werden, weil sie ohne fos­sile Brennstoffe auskommt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Förderungen sind wichtig, die direkten Investitionen sind wichtig, was aber bei dieser Debatte immer ein bisschen zu kurz kommt und was auch Teil des Recoveryplans ist, ist, dass es auch um grundlegende Reformen geht. Deswegen werden wir in diesem Jahr ein Klimaschutzgesetz beschließen – die Eckpunkte haben wir bereits bei der Um­setzung des Klimavolksbegehrens beschlossen –, und es wird auch noch weitere ge­setzliche Änderungen geben. Was es auf jeden Fall braucht, ist der politische Wille zu Veränderung, zu radikaler Veränderung auf allen Ebenen: auf EU-Ebene, auf Bundes­ebene, auf Ebene der Länder, aber auch auf Ebene der Gemeinden.

Ich komme gerade mit dem Rad aus dem 2. Bezirk, wo ich wohne. Da muss ich mich jeden Tag mit einem sehr schmalen Radweg herumschlagen, der 1,40 Meter breit ist. Es gab ein fixfertiges Projekt, um diesen Radweg zu verbreitern, die gesamte Praterstra­ße zu erneuern – das ist, wie alle anderen Radwegprojekte im 2. Bezirk, nach dem poli­tischen Wechsel von einer grünen Bezirksvorsteherin zu einem roten Bezirksvorsteher gekübelt worden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Lukas Hammer (fortsetzend): Liebe Kolleginnen und Kollegen, das zeigt mir: Wir werden für die radikalen Veränderungen, die wir brauchen, den politischen Wil­len auf allen Ebenen brauchen und nicht nur schöne Worte, wenn man einmal in Opposi­tion ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bernhard. – Bitte sehr.


09.55.05

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zusehe­rinnen und Zuseher! Ich habe all meinen Vorrednerinnen und Vorrednern zugehört und wirklich aufmerksam verfolgt, was gesagt worden ist. Wenn man solch einer Debatte vor dem Fernsehgerät zuhört, muss man wohl den Eindruck bekommen, dass Österreich ganz vorne mit dabei ist: Wir sind Umweltmusterland, Klimamusterland, und seit die Grü­nen in der Regierung sind, geht es in die richtige Richtung. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) – Nein, nein, der Applaus ist ein bisschen zu früh, liebe Grüne!

Wenn man dann nämlich im Detail schaut, was denn passiert ist, wo Österreich heute steht, dann stellt man fest: Bis jetzt ist gar nichts passiert. (Ruf bei der ÖVP: Herr Kollege! Das ist ja nicht wahr!) Ich habe einmal geschaut, was die letzten Gesetzesmaßnahmen


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gewesen sind, die von den Grünen gekommen sind und wirklich eine Veränderung bei den Emissionen und im Umweltschutz gebracht haben. (Zwischenruf des Abg. Brand­weiner.) Abgesehen vom Budget habt ihr jedes einzelne Gesetz, das ihr angekündigt habt, bis jetzt nicht auf den Boden gebracht. (Beifall bei den NEOS. – Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Brandweiner.)

Das Klimaschutzgesetz war für Juli 2020 – nicht 2021! – angekündigt; das EAG war für das Jahr 2020 angekündigt, wir sind jetzt im Jahr 2021. (Abg. Kassegger: Das war 2019 schon fertig!) All die wesentlichen Schritte, die angekündigt waren, finden auf der glei­chen Kommunikationsebene wie bei Sebastian Kurz statt: Es gibt Pressekonferenz um Pressekonferenz und Ziel um Ziel, die Realität aber lässt sich davon nicht beeindrucken. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Herr.)

Frau Ministerin, wenn ich mir anschaue, was Sie an Projekten bei der Europäischen Union eingebracht haben, dann fehlt mir in der Tonalität schon eines; es geht immer darum: Wir geben jetzt mehr Geld aus, es wird alles billiger. – Es muss doch das Ziel der Politik sein – es ist im Grundverständnis doch egal, welchen ideologischen Hinter­grund man hat , dass wir die großen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausfor­derungen begleiten und diese Transformationen auch in die richtige Richtung anstupsen. Umsetzen müssen es dann aber die Menschen in unserem Land und die Wirtschaft in unserem Land. Wovon Sie reden, ist nur, wohinein Sie Geld investieren, aber noch nicht von einer Perspektive, wie sich das danach auch selbst refinanzieren kann.

Da möchte ich jetzt zu einem ganz wesentlichen Punkt kommen, Frau Ministerin Ge­wessler. Einzelne Punkte, die Sie nach Brüssel gemeldet haben, unterstützen wir zur Gänze, das ist nicht das Thema, das wissen Sie. Vieles davon haben wir NEOS auch gefordert. Es ist aber so – so lese ich die Maßnahmen der Grünen –: Die Benchmark, die Sie sich geben, sind nicht Länder, die im Klimaschutz weit vorne sind, wie Großbri­tannien, Dänemark und Schweden, im Übrigen auch die Niederlande, sondern die Benchmark ist immer der ÖVP-Bauernbund. Mit so einer Benchmark kommt man einfach nicht weit.

Wir wissen – da komme ich jetzt zu dem ganz konkreten Punkt, bei dem wir auch wirklich aus der Krise herauswachsen können, bei dem wir Arbeitsplätze schaffen können –, dass in manchen Bereichen, beispielsweise bei Investitionen in erneuerbare Energien, je 1 Euro, den wir an Fördermitteln bei der Investition abgeben, 1,6 Euro in den Bundes­haushalt zurückfließen. (Abg. Kassegger: ... Atomkraftwerke!) Das bedeutet, da haben wir tatsächlich den Effekt, dass wir im nächsten oder übernächsten Jahr vielleicht we­niger hohe Lohnnebenkosten und weniger hohe Steuern auf Arbeit einfordern müssen. Das wäre der Effekt, würden wir da keinen Deckel drauflegen, sondern wirklich in eine Zukunft gehen, in der viele Unternehmen und viele Haushalte zu Energieproduzenten und nicht nur zu Konsumenten werden, in der wir dieses Elend mit den Landesenergie­versorgern auf Landesebene auflösen, in der wir Monopole, die faktisch noch immer bestehen, zerstören und wirklich einen dezentralen Markt schaffen, in dem alle verdie­nen, konsumieren und produzieren können. Dazu bräuchte es wesentlich mehr Geld, wir würden dann aber nicht ein paar Tausend Jobs, sondern 200 000 Jobs schaffen – öster­reichweit, regional und langfristig. (Beifall bei den NEOS.)

Der zweite Punkt ist die klimaschonende Mobilität. Sie sprechen da – das ist ein Missver­ständnis, das man wirklich aufklären muss – immer davon, dass wir Milliarden investie­ren müssen, dass es billig sein muss. Es gibt unendlich viele Studien, die sagen: Es muss nicht billiger sein, sondern es muss bequem und leicht erreichbar sein. Der Mensch steigt dann auf den öffentlichen Verkehr um, wenn er angenehm reisen kann. Wenn nur alles billiger wird und wir das durch Steuern subventionieren, wird es aus der Perspektive der Bevölkerung nicht besser. (Beifall bei den NEOS.)


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Auch im Bereich Bauen und Sanieren, einem zweiten großen Bereich, in dem wirklich viele Arbeitsplätze drinnenstecken, ist die Benchmark wiederum nicht international, son­dern wieder die ÖVP. Vielleicht ist es dann nicht der Bauernbund, sondern der Arbeit­nehmerbund oder sonst jemand, im Wesentlichen aber ist es so: Würden wir da nicht deckeln, sondern wirklich überall dort, wo die Bausubstanz saniert werden muss, sanie­ren, und das Schritt für Schritt, dann würden 120 000 neue Jobs entstehen.

Damit kommen wir jetzt zum größten Punkt: Wir reden eigentlich immer nur von den Jobs, die quasi unmittelbar in der Arbeit entstehen, wir reden nicht von den Buchhaltun­gen, von den Rechtsabteilungen, von den vielen anderen Jobs, die dann indirekt ent­stehen. Dafür braucht es ein großes Element, nämlich massive Investitionen in die Bil­dung. Wir reden jetzt von Jobs, die wir schaffen – 350 000, 400 000 Jobs, Green Jobs –, aber die Menschen, die diese Ausbildung haben, gibt es gar nicht. Wenn wir diese Jobs schaffen, müssen wir auch die Ausbildungen dafür schaffen, damit Österreich sich über­haupt in diese Richtung entwickeln kann!

Genau da ist aus meiner Sicht aber noch viel zu wenig passiert. Noch sind Sie Ankün­digungskaiserin, Frau Ministerin Gewessler, noch unterscheiden Sie sich nicht von den Covid-Pressekonferenzen. Wenn Sie Effekte einführen wollen, dann nehmen Sie als Benchmark nicht den Bauernbund, nicht die ÖVP, sondern nehmen Sie sich internatio­nale Beispiele und investieren Sie in die richtigen Felder! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Abschließend, Herr Präsident, möchte ich noch eines sagen: Umwelt- und Klimaschutz ist natürlich nicht eine rein wirtschaftliche Maßnahme. Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass in Ländern, in denen so ein Veränderungsprozess erfolgreich stattge­funden hat, die Menschen glücklicher sind, gesünder sind und länger leben. Das alles setzen Sie aufs Spiel, weil Sie auf die ÖVP hören. Die ÖVP verhindert seit Jahrzehnten, dass sich die Bevölkerung in diese Richtung entwickeln kann. Wir NEOS wollen eine gesunde Wirtschaft, eine gesunde Bevölkerung und Innovation in allen Lebenslagen, und die ÖVP verhindert das. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Plakolm. – Bitte.


10.01.51

Abgeordnete Claudia Plakolm (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie oft haben wir schon gehört: Es ist fünf vor zwölf! Seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, wird uns klargemacht, dass wir die letzte Generation sind, die beim Umwelt- und Klimaschutz noch etwas verändern kann. Das Problem an der Sache: Es bleibt allerdings nicht fünf vor zwölf. Die Uhr tickt weiter und die Zeit bleibt nicht stehen, und das geht zulasten der Jugend, der nächsten Generationen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn man Ihnen zuhört, liebe Kollegen von der FPÖ, hat man allerdings einen anderen Eindruck. Bei Ihnen ist es tatsächlich erst kurz nach zehn. (Zwischenruf des Abg. Hau­ser.) Sie sehen weder den Klimawandel noch einen dringenden Handlungsbedarf und in Ihrem Wahlprogramm beziehungsweise in all Ihren Wahlprogrammen kommt das Wort Klima eigentlich nur beim Wort Klimahysterie vor. Man soll es quasi gar nicht erst pro­bieren, weil ein kleines Land wie Österreich offenbar alleine eh nichts erreichen kann. Sie, liebe Kollegen von der FPÖ, schauen zu. Sie schauen zu, wie sich die Umwelt und das Klima tagtäglich verschlechtern. Den kommenden Generationen sind wir es aller­dings schuldig, dass wir handeln, statt nur zu reden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Viele Kinder und Jugendliche machen in diesen Wochen auch vor, was Handeln heißt. Sie schauen nicht zu, sondern sie setzen um: Sie machen bei Müllsammel- und Flurrei­nigungsaktionen in ganz Österreich mit. Schülerinnen und Schüler schreiben also nicht


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nur ihre Wünsche und Erwartungen an die Politik auf Schilder, die sie dann freitags beim Klimastreik mitnehmen, nein, sie sind auch echte Macher.

Allein in meiner kleinen Heimatgemeinde im Mühlviertel haben in den letzten Wochen über 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei solchen Müllsammelaktionen mitge­macht. Das wird jährlich mehr. Das Bewusstsein der Bevölkerung steigt, vor allem das Bewusstsein der nächsten Generationen. Gemeinsam wurden in ganz Österreich viele, viele Tonnen Müll gesammelt – jährlich werden insgesamt 4 500 Tonnen Müll in der Na­tur weggeschmissen. Ich danke allen, für die es selbstverständlich ist, die das ohnehin beim Spazierengehen, beim Laufen oder wo auch immer machen und die so zu den stillen Helden des Klimaschutzes werden. Ihr macht, statt nur zu reden! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

Auch unsere Bundesregierung hat nicht nur im Regierungsprogramm viele Maßnahmen niedergeschrieben, nein, sie setzt auch um. Wir machen, auch jetzt in der Krise! Wir leben Umwelt- und Klimaschutz nicht mit Verboten, sondern mit ökologischen Meilenstei­nen, auch wenn es um das Comeback unserer Wirtschaft geht. Wir setzen auf erneuer­bare Energien, auf Reparieren statt Wegwerfen, auf weniger Flächenversiegelung und dafür belebte Ortskerne, auf eine ökologische Steuerreform, die entlastet, auf klima­freundliche Technologien und auf Forschung. Das ist Klimaschutz made in Austria, der viele Arbeitsplätze sichert und auch ganz, ganz viele neue Arbeitsplätze schaffen wird. Damit machen wir unsere Wirtschaft fit für den Wettbewerb der Zukunft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein weiterer, lang ersehnter Meilenstein ist im wahrsten Sinne des Wortes auch auf Schiene, nämlich das Klimaticket. Zukunftsfitte Mobilität und ein attraktiver öffentlicher Verkehr tragen enorm zum Klimaschutz bei, und darüber freuen sich nicht nur Schüler, Studenten und Lehrlinge, darüber wird sich jeder freuen, der tagtäglich pendelt und in den öffentlichen Verkehrsmitteln viel Zeit verbringt. Wenn Sie von Wien ins Mühlviertel fahren, dann brauchen Sie bisher vier verschiedene Tickets – eines für die U-Bahn in Wien, eines für die Westbahn in Oberösterreich, eines für die Straßenbahn in Linz (Abg. Laimer: Die ÖBB ...?!) und eines für die Mühlkreisbahn –, und künftig gibt es ein Ticket für alles, ein Ticket für alle Öffis in ganz Österreich um 3 Euro täglich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Gefordert haben dieses Klimaticket in den letzten Jahren sehr, sehr viele, gerade auch diejenigen, die in Verantwortung waren – rote, blaue Verkehrsminister beispielsweise –, und zustande bringen werden wir das erst jetzt in der türkis-grünen Koalition. Sie sehen: Das eine ist Reden, das andere ist Handeln – und da macht jeder Einzelne den Unter­schied. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.) Man kann sich natürlich über das Verhalten anderer ärgern – oder man kann die Dinge selbst in die Hand nehmen, so wie es unsere Bundesregierung nicht nur in der Pandemie, sondern vor allem auch im Bereich Klima- und Umweltschutz macht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Herr. – Bitte sehr.


10.06.40

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Wertes Hohes Haus! Die Bundesregierung hat endlich den österreichischen Wiederaufbauplan bei der Europäi­schen Union eingereicht – das (einen dicken Packen Unterlagen in die Höhe haltend) ist das erste Kapitel davon. Es ist ein großes Trumm auf mehreren Ebenen, weil es unser tagtägliches Leben ganz einfach beeinflusst.

Worum geht es bei diesem Wiederaufbauplan? – Die EU stellt Österreich bis zu 3,5 Mil­liarden Euro für den Wiederaufbau nach der Krise zur Verfügung; 3,5 Milliarden Euro,


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die komplett zusätzlich zur Verfügung stehen, die wir nicht zurückzahlen müssen, Geld, das wirklich einmalig da ist, um es zu investieren, um neue Projekte zu starten, um zu­sätzliche Arbeitsplätze zu schaffen (Abg. Hanger: ... die Wirtschaft ...!) und um eben den Karren nach dieser Krise wieder aus dem Dreck zu ziehen. (Beifall bei der SPÖ.) Dafür ist dieser Wiederaufbaufonds gemacht – zum Glück, denn der Herr Bundeskanzler wollte diesen ja zusammenkürzen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger.) – Bitte, Sie können mir zuhören, ich komme schon zum Punkt.

Schauen wir uns nun aber an: Was ist da jetzt tatsächlich drinnen? – Ich schlage vor, wir begeben uns auf die Suche nach den neuen Projekten. Beginnen wir einmal mit dem ersten, dem 1-2-3-Ticket! Liebe Zuseher und Zuseherinnen zu Hause, wenn Sie sich jetzt denken: Das kennen wir ja schon, das ist doch schon beschlossen!, dann sage ich Ihnen: Ja, genau! (Abg. Steinacker: Aber die Finanzierung ist noch nicht ganz durch! Nachdenken!)

Gehen wir weiter zu einem anderen Programm, dem Koralmtunnel! Wenn Sie sich jetzt denken: Seit Jahren ist dieses Projekt in Gang!, dann sage ich: Ja, genau so ist es!

Gehen wir weiter: Heizkesseltausch. – Liebe Abgeordnete, wenn Sie sich denken: Das haben wir hier schon vor ein paar Monaten beschlossen, und dazu hat die Ministerin schon gefühlt zehn Pressekonferenzen gegeben!, dann sage ich wieder: Ja, genau so ist es!

In diesem ganzen Paket sind es 4 Prozent der Fördersumme, die tatsächlich in neue Projekte fließen – 4 Prozent! Was ist da schiefgelaufen, Frau Ministerin? (Beifall bei der SPÖ.) 96 Prozent fließen in Projekte, die entweder schon umgesetzt sind oder ohnehin schon beschlossen oder in Planung waren. Wenn man hier Neues sucht, dann blättert man eine Zeit lang.

Liebe Frau Ministerin, Sie haben vorhin ein neues Projekt schon erwähnt, und zwar den Reparaturbonus. Den finden wir gut. Dazu haben wir, die SPÖ, seit einem Jahr mehr­mals Anträge gestellt. Das ist schon gut, aber das ist ein neues Projekt unter so vielen, bei denen Sie nicht Neues starten. Was machen Sie nämlich? – Sie legen das Geld de facto aufs Konto. Das kommt einem Sparkurs gleich, den Sie da an den Tag legen (Beifall bei der SPÖ), und das mitten in der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg! Das muss man sich schon einmal auf der Zunge zergehen lassen. Es ist wirt­schaftspolitisch vollkommen sinnbefreit, jetzt nicht alles, was geht, tatsächlich zu inves­tieren.

Einen letzten Punkt sage ich noch dazu, weil ein Rechnungshof- - (Abg. Wöginger – den Kopf schüttelnd –: Furchtbar!) – Na, ist das die Wirtschaftskompetenz, dass man jetzt mitten in der Krise nicht beginnt (Heiterkeit und Zwischenruf des Abg. Hanger  Abg. Wöginger: Furchtbar!), das Geld, das einem vonseiten der Europäischen Union auf dem Silbertablett präsentiert wird, zu investieren?! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger.) Das ist die Wirtschaftskompetenz?! (Beifall bei der SPÖ.)

Ihr Finanzminister hat gesagt: „Koste es, was es wolle“, in dieser Krise. – Das hat er wahrscheinlich vergessen, so wie alles andere. Es ist die Frage, ob er überhaupt einen Laptop hat. (Zwischenrufe der Abgeordneten Steinacker und Hanger.)

Ich komme zum letzten Punkt – wenn Sie mich ausreden lassen. Ich sehe, ich treffe hier direkt hinein (Zwischenrufe bei der ÖVP), mitten hinein habe ich getroffen, das freut mich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Es wird nicht besser!)

Der letzte Punkt ist, darauf hinzuwiesen, was uns der Rechnungshof in einem Bericht dargelegt hat: nämlich dass Österreich aufgrund unserer verfehlten Klimaziele 9 Milliar­den Euro Strafzahlungen drohen. (Ruf bei den Grünen: Eurer verfehlten Klimaziele!) – Das droht jetzt ganz einfach. Und wenn wir jetzt nicht in die Gänge kommen und alles


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tun, alles investieren, um dagegenzuhalten, werden wir diese 9 Milliarden Euro nach Brüssel schicken, anstatt sie jetzt tatsächlich zu investieren.

Was heißt das konkret? – Ich nenne nur ein Beispiel: regionale Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen. Wir bringen heute noch Anträge für die Aktion 40 000 ein. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das wäre auch ein Beitrag für den Klimaschutz. Das wäre ein Projekt, eine In­vestition, für die Sie hätten kämpfen müssen, Frau Ministerin, und wo Sie sich gegen die neoliberale Sparpolitik der ÖVP auch hätten durchsetzen müssen, für die Arbeitsplätze und für den Klimaschutz. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf: Das war ein Kommunismus! – Abg. Leichtfried: Der Kollege Hanger ist heute etwas außer sich! – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

10.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Deimek. – Bitte.


10.11.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen! Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde: Wie kommen wir aus der Krise?, ist durchaus wichtig für Österreich. Ob der Klimaschutz und die Maßnahmen, die diese grün-türkise Regierung dazu vorhat, auch wirklich dazu geeignet sind, das werden wir noch sehen. Ich befürchte, ganz ehrlich gesagt, viel Schlimmes.

Schauen wir uns doch bitte an, was wir bis jetzt an Stehsätzen gehört haben: „das Beste aus beiden Welten“ und „dringend notwendige Maßnahmen“. – Wenn mir das Politikwis­senschafter aus der grünen Richtung, wenn mir das Soziologen oder Funktionäre der Jungen ÖVP sagen, dann weiß ich, dass da das Schlimmste droht. Hinter Verpflichtun­gen gegenüber den Menschen verstecken sich Maßnahmen, die in erster Linie einmal die Ärmsten der Armen ausnehmen, ihnen das Geld wegnehmen und den Österreichern und Österreicherinnen das Leben erschweren! (Beifall bei der FPÖ.)

Was durften wir denn hören? – Pendlerpauschale, Verbrennungsmotor, das geht alles gar nicht. Pendlerpauschale: Ja, Sie werden sich damit abfinden müssen, dass wir in Österreich Menschen haben, die in sogenannten Remote Areas sind, die weit weg von den Arbeitsplätzen wohnen, keine öffentlichen Verkehrsmittel haben und trotzdem zu ihren Arbeitsplätzen pendeln müssen. Wenn Sie jenen über das Pendlerpauschale noch zusätzlichen Schaden zufügen, dann können Sie sich ausrechnen, wie Ihre Wahlergeb­nisse ausschauen werden! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Der Verbrennungsmotor, der angeblich bis 2030 verschwinden muss, weil da nur Erdöl­produkte verwendet werden: Erstens ist das technologisch falsch – es wird genügend an alternativen biogenen Treibstoffen geforscht , und die Interessenvertretungen sagen Ihnen schon, was sie davon halten. Frau Bundesministerin, der ÖAMTC sagt Ihnen am 28. April, wie das wirklich ausschauen wird.

Es wurde ja von der SPÖ schon angesprochen: Die Firma MAN ist da nur ein klassisches Beispiel. Wir bekämpfen den Lkw, wir bekämpfen die Lkw-Produktion und wir denken überhaupt nicht darüber nach, dass er zum Teil in Österreich produziert wird, dass Men­schen in Österreich davon leben – aber Hauptsache, wir haben auf die grüne Fahne geschrieben: Wir bekämpfen den Lkw! (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Wort noch zum Klimaticket, Frau Bundesministerin, weil es auch vom Kollegen Ham­mer angesprochen worden ist: Na ja, geheißen hat das Klimaticket 1-2-3-Klimaticket, mittlerweile ist es ein Österreichticket mit 3 Euro pro Tag – wir werden noch sehen, wie lange der Preis hält. In den Bundesländern, vor allem in den Bundesländern mit grünen Verkehrslandesräten, aber auch in Oberösterreich, sind wir vom Zweierticket oder vom Einserticket weit weg. Jenes in Oberösterreich wird wahrscheinlich in etwa 700 Euro


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kosten, jenes in Tirol – bitte aufpassen! –, jenes in Tirol kostet 500 Euro, jenes in Salz­burg 600 Euro, also auch dort sind wir weit weg. Ein Marketingschmäh – und außer ei­nem Marketingschmäh wird das Ganze nichts gewesen sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Weil ich von Kollegin Plakolm aus dem Mühlviertel gehört habe, dass die Freiheitlichen nichts übrig haben (Zwischenruf bei der ÖVP): Frau Plakolm, gehen Sie einmal wirklich in das Mühlviertel und schauen Sie sich an, wie das ist, wenn die Lkws aus der Tschechei über das Mühlviertel nach Slowenien und dabei teilweise direkt an den Häusern vorbei durch die Ortszentren fahren! Natürlich – wie haben die Grünen gesagt? –: Autobahn bauen ist Siebziger. Erklären Sie das einmal den Menschen, die keine Autobahnen ha­ben, wenn die Lkws vorbeifahren! (Beifall bei der FPÖ.) Meine Bitte also an die Junge ÖVP: Hirn einschalten vor dem Reden! (Abg. Wöginger: Na, na, na, na, na!)

Wirtschaft soll wirklich für die Zukunft sein und Wirtschaft braucht Forschungsmittel  Forschungsmittel, die uns aber leider teilweise abgehen. Da geht jetzt meine Forderung weniger in Richtung des Technologieministeriums, sondern in Richtung Finanzministe­rium, denn das Finanzministerium ist jenes Ministerium, das seit mehr als zehn Jahren die Forschungsmittel regelmäßig kürzt, reduziert. Wir sind weit weg davon, die Techno­logien, die wir jetzt wirklich brauchen würden, ordentlich für uns zu entwickeln. Das sollte sich einmal das Finanzministerium überlegen.

Klimaschutz als Jobmotor wird, so wie es jetzt aufgezogen ist, leider eine Peinlichkeit werden. Wir schützen weder Arbeitsplätze, noch bringen wir mit der Digitalisierung und mit durch Finanzmittel entwickelbare Technologien das in die Wirtschaft, was wir brau­chen würden. Wir schützen daher nicht Arbeitsplätze, wir werden sie verlieren – und bei einer aufgeschobenen Konkurskrise, die wir auch haben, ist das nicht unbedingt das beste Rezept.

Und wenn ich dann noch – als Abschluss – höre: saubere Umwelt, saubere Politik: Na ja, dass wir die saubere Politik nicht haben, das wissen wir schon, und für die Umwelt hoffe ich das Beste. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

10.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Rössler. Bei ihr steht das Wort. – Bitte sehr.


10.16.48

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Menschen zu Hause vor den Bildschirmen, die Sie heute die Debatte der Aktuellen Stunde mitverfol­gen! Wir haben heute tatsächlich einen Grund, zu feiern: Mit 4 Milliarden Euro aus EU-Mitteln haben wir die Möglichkeit, Maßnahmen im Rahmen der Krisenbewältigung, groß­teils, nämlich 46 Prozent – das ist weit über dem geforderten Ausmaß –, in ökologische Maßnahmen zu setzen. Daher ist das tatsächlich ein guter Tag für den Klimaschutz in Österreich. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

„Mit Klimaschutz aus der Krise“ – eigentlich muss man sagen: mit Klimaschutz aus den Krisen. Wir befinden uns in einer mehrfachen Krisensituation, die uns schon ein Jahr lang ganz schön bedrängt und bedrückt: Wir sind in einer Pandemie, einer Gesundheits­krise, einer Arbeitsplatz- und einer Wirtschaftskrise. Wir sind in einer großen, dringenden Biodiversitätskrise und damit verbunden auch in einer Klimaschutzkrise. Bei all diesen derzeitigen Krisensituationen haben wir heute die Chance, mit Beschlüssen oder Diskus­sionen einen großen Schritt vorwärtszukommen und die Lösung dieser Krisen gemein­sam, vernetzt, vernetzt denkend und in vernetzten Lösungen in Angriff zu nehmen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir uns heute genau mit diesem Wissen auf einen guten Weg machen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


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Ich möchte noch zwei Themen ansprechen, die vielleicht etwas zu kurz gekommen sind: die Themen Kreislaufwirtschaft und Biodiversitätsschutz, warum es so wichtig ist, dass genau für diese beiden Pakete auch jetzt in diesem Aufbaufonds der EU so viele Mittel reserviert sind. Aus dem Regierungsprogramm, aus dem Krisenbewältigungsfonds der Covid-19-Pakete im letzten Jahr sind schon viele Mittel in diese Richtung geflossen. Wir haben das Kreislaufwirtschaftspaket im Regierungsprogramm, führen es fort in den Bud­getmitteln, aber jetzt auch in diesem Aufbauprogramm.

100 Millionen Euro für das Klimakonjunkturpaket, 100 Millionen Euro für die Fortset­zung – weitere Schwerpunkte: innovationsfördernde öffentliche Beschaffung. Was ist damit gemeint? – 46 Milliarden Euro werden jedes Jahr in der öffentlichen Beschaffung vergeben. 46 Milliarden Euro sind ein gigantisch großer Hebel, um klimafördernde, nach­haltige, innovative Projekte in Gang zu bringen, und die öffentliche Hand hat damit auch die Chance, Nachhaltigkeit in ihr Beschaffungswesen einzubauen.

Der Biodiversitätsfonds wurde jetzt mit den Mitteln aus dem EU-Fonds mehr als verzehn­facht. Das ist ein riesiger Schritt in Richtung Artenschutz, Lebensraumvernetzung, Le­bensraumschutz, endlich Mittel zur Verfügung zu haben, um zum Beispiel im Vertrags­naturschutz die Außernutzungstellung von Flächen kräftig zu finanzieren und damit zu ermöglichen, dass wir auch Schutzgebiete erweitern können – ein ganz, ganz wichtiger Schritt heute. (Beifall bei Grüne und ÖVP.)

Eines meiner Lieblingsprojekte ist natürlich das Thema Reparaturbonus, denn dieses vorbildhafte Modell aus den Bundesländern wird damit endlich österreichweit ausgerollt: 130 Millionen Euro für die kommenden Jahre, mindestens 400 000 Geräte, Elektroge­räte, die damit repariert werden können. Das heißt, Elektroschrott zu vermeiden, und das ist ganz wichtig im sparsamen Umgang mit den Ressourcen, dass man Geräte län­ger verwenden kann. In solchen Geräten finden sich in der Regel bis zu 80 verschiedene Rohstoffe. Das heißt, wir sparen damit nicht nur Rohstoffe, wir sparen Metalle, wir kön­nen sie durch Recycling zurückgewinnen, und wir sparen damit auch bei der Verwen­dung von Schadstoffen – ein ganz wichtiger Beitrag aus Umweltschutz- und Ressour­censicht.

Jetzt ist die Frage: Wie gehen wir das vernetzte Denken und das vernetzte Umsetzen weiter an? – Es wird nur gemeinsam gehen, und wir haben mit diesem EU-Fonds einen Riesenhebel, ein Rieseninstrument in die Hand bekommen, das wir vielleicht einzeln gar nicht so leicht verwenden können.

Ich schließe mit einer Parabel – mit der Parabel von den Löffeln. Ein Mensch fragt: Was ist Himmel, was ist Hölle? Er steht vor zwei Türen, und auf einer Tür steht: Hölle. Er öffnet die Tür, geht hinein und sieht einen wunderbaren Raum, in der Mitte steht ein großer Topf mit Essen, die Menschen rundherum aber sind total trostlos, abgemagert. Es herrscht eine furchtbare Stimmung in dem Raum. Er sieht, sie haben Löffel in der Hand, die Löffel aber haben so lange Griffe, dass sie länger sind als der Arm, und immer, wenn sie versuchen, mit dem Löffel etwas zum Mund zu führen, geht das schief. Sie sitzen da und sind in einem völlig schlechten Zustand.

Er öffnet die zweite Tür, darauf steht: Himmel. Dieselbe Situation: ein großer Tisch, ein Topf mit köstlichem Essen, die Menschen haben dieselben überlangen Löffel. Sie sind aber bei bester Gesundheit, die Stimmung ist gut, alles ist wunderbar. Sie nehmen das Essen mit dem Löffel auf und geben es dem anderen, und das gelingt.

Wenn es gelingt, eine Gesellschaft zu bilden, in der es gelingt, nicht nur kooperativ zu sein, sondern auch auf den anderen zu schauen und Krisen mit großen Instrumenten gemeinsam zu lösen, dann sind wir dem Klimaschutz heute ein großes Stück näherge­kommen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte sehr.



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10.22.38

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja passend, dass wir heute in der Aktuellen Stunde über den Klimaschutz reden, nicht nur, weil die Bekämpfung des Klimawandels eine wichtige Rolle bei der wirtschaftlichen Er­holung nach der Pandemie spielen wird, sondern auch, weil ganz aktuell letzte Woche wieder ein Rechnungshofbericht schonungslos das Versagen unserer Regierungen bei der Klimapolitik dargelegt hat. Von einem deutlichen Verfehlen ist die Rede, von einem deutlichen Verfehlen der Ziele und von drohenden Milliardenzahlungen.

Besonders peinlich und beschämend ist, dass das selbsterklärte Umweltmusterland eines der Schlusslichter in der Europäischen Union ist. Das ist natürlich primär eine Bankrotterklärung für die Klima- und Umweltpolitik der ÖVP, welche dieses Ressort, Frau Ministerin Gewessler, 35 Jahre lang durchgehend verantwortet hat, weshalb es ei­gentlich fast schon als frech zu bezeichnen ist, wenn sich Kolleginnen und Kollegen der ÖVP hierherstellen und Lobeshymnen auf die eigene Arbeit singen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Strasser: Das sagen aber die Fakten!)

Diese Ambitionslosigkeit der ÖVP scheint aber auch den grünen Koalitionspartner ange­steckt zu haben. Das zeigt sich bei den letzte Woche bekannt gewordenen Projekten, die Österreich beim EU-Recoveryfund eingereicht hat, sowie auch beim Comebackplan. In beiden Fällen werden bereits beschlossene Projekte und Investitionen bestenfalls ausgebaut und einfach nur europäische Mittel statt nationaler Mittel genommen. Das kann nicht die Antwort, die ganze Antwort auf die Klimakrise sein, vor allem dann nicht, wenn uns der Rechnungshof den Handlungsbedarf so drastisch darlegt.

Von der ÖVP erwarten wir nichts, die hat uns schon 35 Jahre lang enttäuscht, aber, liebe Frau Klimaschutzministerin, liebe Abgeordnete der Grünen, da muss einfach mehr ge­hen! Und kommen Sie mir bitte nicht damit, dass Sie mehr machen als die Vorgänger­regierungen! Ja, das ist richtig, aber mehr zu machen als die Regierung Kurz/Strache, das ist noch lange nicht nobelpreisverdächtig.

Liebe Grüne, da muss mehr gehen, weil das Ihr Deal war, den Sie der Bevölkerung angeboten haben: Wir verabschieden uns von allen Überzeugungen, wir geben der ÖVP für eine revolutionäre Klimaschutzpolitik alles in eigentlich allen Politikbereichen. – Da frage ich mich: Wo ist die Revolution? Wo ist der große Wurf? (Beifall bei den NEOS.)

Wir haben alle noch den Schenkelklopfersager von Klubobmann Wöginger im Ohr, als er sich darüber beschwert hat, dass die jungen Oberösterreicher alle nach „Wean“ gehen und dort zu Grünen werden. Ich habe mittlerweile das Gefühl, das Gegenteil ist der Fall, wenn ich mir Klubobfrau Maurer anhöre. Junge Grüne gehen mit ambitionierten Zielen in diese Bundesregierung und werden zu Türkisen mit einem ganz schlechten Stil. (Bei­fall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.) Strukturelle Korruption wird vertei­digt, und im pauschalen Wienbashing sind Sie auch schon Weltmeisterin, gratuliere!

Reden wir aber über die heißen Eisen, über die wir heute hier reden sollten! Reden wir über ein Steuersystem, welches Umweltschäden weitgehend ignoriert und die zweit­höchsten Lohnsteuern in der industrialisierten Welt hat. – Da hat sich überhaupt nichts getan. CO2-Steuer? – Gar nichts.

Reden wir über das Dieselprivileg, welches allein für 5 Millionen Tonnen CO2 verantwort­lich ist, reden wir über steuerliche Begünstigungen von Dienstautos, reden wir über die Pendlerpauschale, welche weder sozial gerecht noch ökologisch rechtfertigbar ist! – Wo ist da die grüne Handschrift?

Übrigens, Frau Bundesministerin, ich wiederhole mein Wettangebot, das ich schon im Ausschuss unterbreitet habe. Ich wette – und ich hoffe, diese Wette zu verlieren –, dass


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mit 1.1.2022 keine umfassende Ökologisierung des Steuersystems kommen wird und keine umfassende Abschaffung der umweltschädlichen Subventionen da sein wird, und zwar einfach deshalb, weil das mit dieser ÖVP nicht gehen wird. Ich lade Sie herzlich ein, diese Wette anzunehmen, ich bezweifle aber, dass Sie das tun werden.

Wissen Sie, was mich dann so rasend macht? – Sie bekommen nicht nur wenig, viel zu wenig auf die Reihe, Sie lehnen auch alle konstruktiven Vorschläge der Opposition ab, ganz im Stil der alten ÖVP: null Respekt vor dem Parlament!

Ich zähle auf, was wir alles an konstruktiven Ideen eingebracht haben und von den Grü­nen alles vertagt wurde: Schaffung eines Klimatransparenzgesetzes inklusive Klimabud­get – vertagt; Schaffung eines Masterplans für CO2-Speicherung – vertagt; Ökologisie­rung des Steuersystems – vertagt; umgehende Abschaffung oder ökologische Umge­staltung umweltschädlicher Subventionen – vertagt; Implementierung einer einheitlichen Definition der Sanierungsrate – vertagt; Ausrufung eines Biodiversitätsnotstands – ver­tagt; Schaffung eines Bundesnaturschutzgesetzes – vertagt; Maßnahmen zur Verbesse­rung der Umweltverträglichkeitsprüfung – vertagt.

Man könnte diese Liste endlos fortsetzen, nämlich wirklich endlos fortsetzen. Man muss den Menschen auch erklären, was Vertagen im Parlament bedeutet: Vertagen bedeutet Schubladisieren und dass man diese Anträge nie wieder angreift.

Frau Bundesministerin, ich habe hier schon öfter beschrieben – und ich glaube, das eint uns ja –, was die Folgen des Klimawandels sein werden, wenn wir jetzt nicht handeln. Ich glaube, es braucht eine gemeinsame Kraftanstrengung, und ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich möchte meine Wette verlieren, Frau Ministerin. Die Tatsache aber, dass Sie nicht einmal bereit sind, die Wette einzugehen, legt nahe, dass Sie die Hoffnungen, sich gegen die ÖVP durchzusetzen, schon aufgegeben haben. Belehren Sie uns bitte eines Besseren! (Beifall bei den NEOS.)

10.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

10.27.58Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegen­stände und deren Zuweisungen darf ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 6180/J bis 6343/J

2. Anfragebeantwortungen: 5297/AB bis 5454/AB

3. Regierungsvorlage:

Düngemittelgesetz 2021 – DMG 2021 (796 d.B.)

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend Klimaschutz in Österreich – Maßnahmen und Zielerreichung 2020 – Reihe BUND 2021/16 (III-292 d.B.)


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b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Kri­senbewältigungsfonds für März 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Inneres (III­295 d.B.)

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Abgeordneten Stöger, Kolleginnen und Kolle­gen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum entspre­chenden Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 1493/A(E) der Abgeordneten Stöger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Retten Sie 8.000 Arbeitsplätze in Steyr. Lassen Sie die Menschen nicht im Stich, Herr Bundeskanzler!“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 5296/AB


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich auch mitteilen, dass ein gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestelltes Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 5296/AB der Anfrage 5312/J der Abgeordneten Amesbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „abenteuerliche Nehammer-Geschich­ten: die angebliche Erstürmung des Parlaments“ durch den Herrn Bundesminister für Inneres abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird diese kurze Debatte im Anschluss an die Debatte über den Dringlichen Antrag ab­gehalten werden.

Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weiters darf ich mitteilen, dass die Abgeordneten Leichtfried, Angerer, Doppelbauer beantragt haben, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 421/A eine Frist bis 18. Mai 2021 zu setzen. Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Ver­handlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punk­te 2 bis 8, 13 bis 15 sowie 16 und 17 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dazu eine Wortmeldung? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer und Gestaltung der Sitzung erzielt. Gemäß § 57 Abs. 3


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Z 2 der Geschäftsordnung wurde eine Tagesblockzeit von 6,5 „Wiener Stunden“ verein­bart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP 127, SPÖ 88, FPÖ 72, Grüne 65 und NEOS 52 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit von jenen Abgeordne­ten, die keinem Klub angehören, für die gesamte Tagesordnung je 26 Minuten, pro De­batte beschränkt auf jeweils 5 Minuten.

Weiters besteht zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz Einvernehmen über folgende Redeordnung nach den Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanz­lers anlässlich der Vorstellung des neuen Gesundheitsministers: eine Runde der Klub­obleute, Wortmeldung des neuen Bundesministers, eine Runde insbesondere der Ge­sundheitssprecherInnen, dann allenfalls weitere Wortmeldungen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Danke schön.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

10.31.051. Punkt

Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung des neuen Bun­desministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu Punkt 1 der Tagesordnung.

Ich darf den Herrn Bundeskanzler, den Herrn Vizekanzler sowie die weiteren Mitglieder der Bundesregierung herzlich begrüßen.

Im Anschluss an diese Erklärungen wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung entsprechend dem vorliegenden, ausreichend unterstützten Verlangen eine Debatte stattfinden.

Ich darf dem Herrn Bundeskanzler das Wort erteilen. – Bitte, Herr Bundeskanzler.


10.31.38

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen in der Bundesregierung, vor allem aber sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte einleitend, bevor ich zu Wolfgang Mück­stein komme, noch einmal meinem Regierungskollegen Rudi Anschober für seine Tätig­keit als Gesundheitsminister in einer sehr, sehr herausfordernden Zeit herzlich danken. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Das ist der Höhepunkt des Zynis­mus!)

Die Aufgabe eines Bundesministers ist stets eine fordernde. Ich weiß, wovon ich spre­che, und ich glaube, ich spreche da auch vielen Kolleginnen und Kollegen in der Bun­desregierung aus der Seele. Die Aufgabe eines Gesundheitsministers in einer Pandemie ist aber natürlich eine ganz besondere Herausforderung. Wir haben sehr intensiv zusam­mengearbeitet, der Vizekanzler, der Gesundheitsminister und ich, aber auch viele ande­re Kolleginnen und Kollegen in der Bundesregierung, gemeinsam mit den Sozialpart­nern, mit den Bundesländern, mit Expertinnen und Experten. Wir waren nicht immer ei­ner Meinung. Wir haben oft nächtelang diskutiert, wir hatten Verhandlungsrunden mit Bundesländern und Experten, die stundenlang gedauert haben, aber wir haben am Ende des Tages immer eine gemeinsame Linie gefunden, haben diese gemeinsame Linie nach außen vertreten und haben unser Bestes gegeben, diese Pandemie zu bewälti­gen. – In diesem Sinne ein Danke an den ehemaligen Gesundheitsminister Rudi An­schober. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)


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Einen Punkt möchte ich aber noch anfügen, weil mir das persönlich auch wichtig ist. Ich glaube, dass man in der Politik unterschiedlicher Meinung sein kann, dass es Verhand­lungen braucht, dass man auch da und dort eine heftige Diskussion mit der Opposition führt – das ist etwas ganz Normales, daran sind wir alle als Politiker gewöhnt. Das ent­spricht auch dem Wesen der Demokratie. Diskurs, unterschiedliche Meinungen, Ver­handlungen, manchmal auch ein Konflikt: Das ist aus der Demokratie nicht wegzuden­ken. Was mich aber doch ein bisschen betroffen und nachdenklich gemacht hat, ist, von einigen Medienvertretern dann Kommentare zu lesen im Sinne von: Man muss hinter dem Politiker auch den Menschen sehen.

Da wäre mein Ersuchen und vielleicht auch mein Vorschlag, dass wir das nicht erst in dem Moment machen, in dem jemand sein Amt aufgibt, sondern auch schon während seiner Tätigkeit. (Abg. Kickl: Und das aus Ihrem Mund!) Wir alle üben als Politiker eine fordernde Tätigkeit aus, und ich glaube, dass ein respektvoller Umgang miteinander uns allen guttäte. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

In diesem Sinne bin ich auch gespannt auf den heutigen Parlamentstag. Ich glaube, wir alle hier können uns die Frage stellen, wie respektvoll wir im Diskurs miteinander umge­hen, welche Worte wir wählen und in welcher Weise die Debatte stattfindet. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich komme nun zum Hauptpunkt der Erklärung des Vizekanzlers und meiner: Wir dürfen Ihnen heute im Parlament Dr. Wolfgang Mückstein als neuen Gesundheitsminister vor­stellen. Ich bin wirklich sehr, sehr positiv gestimmt, was die Wahl betrifft, aber insbeson­dere auch, was den Background von Wolfgang Mückstein betrifft. Wolfgang Mückstein ist ein Experte, er ist ein Mann vom Fach. Er ist Arzt, er kommt aus der Praxis – im doppelten Wortsinn. Was mich besonders beeindruckt hat, ist, dass wir innerhalb kür­zester Zeit nicht nur das Gespräch gefunden haben, sondern uns auch gleich an die Arbeit gemacht haben. Die Pandemie kennt keine Pause, insofern ist das auch notwen­dig.

Ich bin froh, lieber Wolfgang, dass du dem Vizekanzler zugesagt hast. Es ist ein mutiger Schritt, ein Ministeramt in Zeiten einer Pandemie zu übernehmen. Es ist generell ein mutiger Schritt, ein Ministeramt zu übernehmen, das allein verdient schon Respekt. In diesem Sinne kann ich nur sagen, ich freue mich auf die Zusammenarbeit und darf dich im Namen des ganzen Regierungsteams ganz herzlich in unserer Mitte begrüßen. (Bei­fall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, zu tun gibt es für uns alle genug, und damit meine ich nicht nur die Regierung, sondern alle politisch Verantwortlichen im Land, denn wir sind nach wie vor mitten in der Pandemie. Das Gute ist, wir sind auf den letzten Metern. (Widerspruch bei der SPÖ.) Die Impfung wirkt und die Impfung schreitet voran. Es gibt mittlerweile in Österreich einen Impffortschritt von Zehntausenden jeden Tag, die neu geimpft werden können. Wir haben die Situation, dass Anfang nächster Woche über zwei Millionen Menschen in unserem Land erstgeimpft sein werden, das sind rund 40 Prozent derer, die sich impfen lassen wollen.

Es gibt erste Bundesländer, in denen die über 65-Jährigen durchgeimpft sind und in denen wir mit der Phase drei des Impfplans starten können. Wir werden im Mai die Mög­lichkeit haben, alle über 50-Jährigen zu impfen, und das ist in zwei Bereichen ganz ent­scheidend: Zum Ersten können wir dadurch endlich die Zahl derer, die an Corona ver­sterben, massiv nach unten drücken, und zum Zweiten wird das auch zu einer Entlas­tung in den Spitälern führen. Ein schwerer Verlauf kann natürlich jeden treffen, aber die Gefahr eines schweren Verlaufs nimmt mit steigendem Lebensalter dramatisch zu.

Es gibt auf den letzten Metern noch genug zu tun, aber wir haben eine gute Ausgangs­basis: Es ist gelungen, in sechs von neun Bundesländern einen Lockdown in der dritten


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Welle zu verhindern, und zwar durch intensives Testen, durch FFP2-Masken, durch Aus­reisetestungen und andere innovative Konzepte. In drei Bundesländern war ein Lock­down notwendig, wobei ein Bundesland diesen auch schon wieder verlassen konnte. Das Burgenland hat heute die niedrigsten Ansteckungszahlen aller Bundesländer. (Abg. Belakowitsch: Und Niederösterreich die zweitniedrigsten! Und trotzdem werden die Leute eingesperrt!) Zwei Bundesländer, nämlich Wien und Niederösterreich, werden mit Anfang Mai den Lockdown verlassen können. Wir haben dann eine gute Ausgangsbasis, um mit entsprechendem Impffortschritt Mitte Mai auch weitere Öffnungsschritte durchzu­führen. (Abg. Belakowitsch: Die Inzidenz ist in Niederösterreich niedriger als in Vorarl­berg!)

Ich bedanke mich beim Vizekanzler, bei der Tourismusministerin, beim Bildungsminister ganz besonders, natürlich beim Gesundheitsminister und auch bei der Staatssekretärin für Kultur für die gute Zusammenarbeit in der Öffnungskommission. Wir sind in der End­abstimmung dieser Fragen, auch gemeinsam mit Expertinnen und Experten, mit den Sozialpartnern und mit den Bundesländern, und werden Ende der Woche unseren Ent­wurf präsentieren, wie wir ab Mitte Mai Öffnungsschritte in allen Bereichen setzen kön­nen, sodass wir dann in einem zweiten Schritt Sicherheitskonzepte weiter hinunterfahren und im Sommer, so wie angekündigt, zur Normalität zurückkehren können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen in den nächsten Wochen und Monaten nach wie vor behutsam vorgehen. Wir dürfen nicht übereilt agieren, wir dürfen nicht un­geduldig werden, aber mit entsprechendem Impffortschritt können wir Schritt für Schritt zur Normalität zurückkehren.

Das ist etwas, was wir alle ersehnen. Das ist vor allem aber auch etwas, was uns wirt­schaftlich und am Arbeitsmarkt guttun wird.

Die Pandemie hat nicht nur Opfer gefordert, was die Gesundheit betrifft, sondern sie hat auch eine Weltwirtschaftskrise ausgelöst, die uns natürlich auch in Österreich massiv getroffen hat. Ich bedanke mich daher abschließend beim gesamten Team der Bundes­regierung, insbesondere auch beim Vizekanzler, für die gute Zusammenarbeit, was den Comebackplan betrifft, denn neben dem Kampf gegen die Pandemie und die gesund­heitlichen Auswirkungen gilt der volle Fokus der Regierung in diesen Tagen natürlich auch dem Ziel, Österreich zu alter wirtschaftlicher Stärke zurückzuführen, 500 000 Men­schen innerhalb von einem Jahr wieder in Beschäftigung zu bringen und, damit verbun­den, auch die notwendige digitale und auch ökologische Transformation durchzufüh­ren. – Vielen Dank an das ganze Regierungsteam!

Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen im Parlament. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke, Herr Bundeskanzler.

Ich darf den Herrn Vizekanzler um seine Ausführungen bitten. Das Mikro ist bei ihm – im wahrsten Sinne des Wortes. – Herr Vizekanzler, Sie sind am Wort.


10.41.16

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Geschätzte Abgeordnete! Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Lassen Sie mich auch zuerst etwas zu Rudi Anscho­ber sagen: Was er in den letzten 15 Monaten geleistet hat, ist unglaublich, im besten Sinne des Wortes. Diese Anerkennung bekommt er ja von vielen – das ist ja nicht nur das Urteil von uns hier auf der Regierungsbank, die wir ja täglich und, stimmt, oft auch nächtens mit ihm zusammengearbeitet haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


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Wie kommt es zu dieser berechtigten Anerkennung? – Es zeichnet ihn eben das enorme Engagement aus, das er einbringt und eingebracht hat, genauso wie die Kompetenz und – ja, niemand ist als Minister auf die Welt gekommen – auch die dazu erworbene Kompetenz – das möchte ich ausdrücklich noch einmal hier erwähnen – und die Fähig­keit, auch Unpopuläres zu vertreten. Dass das eine Herkulesaufgabe ist, ist klar, mit immer wieder neuen Herausforderungen, die hinzugekommen sind. Es ist eben so, dass die Hauptlast und die Hauptverantwortung in der Bekämpfung dieser Pandemie auf den Schultern des Gesundheitsministers liegt. Wir waren – es wurde angesprochen, da gibt es auch gar nichts zu verbergen, und ich finde es nur richtig und wichtig, es auch an­zusprechen, ich schließe mich da dem Bundeskanzler an – nicht immer von vornherein einer Meinung, aber es war von vornherein immer der Wille da, zu einer Lösung zu kom­men, und es ist immer zu Entscheidungen gekommen. Manchmal hat es länger gedau­ert, manchmal ist es schnell gegangen, aber es waren gemeinsame Entscheidungen, und das halte ich für wichtig und auch für festhaltenswert. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Rudi Anschober selbst hat diese Entscheidungen immer argumentiert. Wir haben oft Rat eingeholt und er besonders – die Expertenstäbe in seinem Ressort wurden ja in kurzer Zeit aufgebaut, und davon profitieren wir selbstverständlich heute noch. Nicht selbstver­ständlich ist aber, dass jemand in einer solchen Funktion dann und wann, wenn es pas­siert ist, wenn es angemessen ist, auch Fehler zugibt – auch das möchte ich nicht un­erwähnt lassen –, die unvermeidlich passieren müssen – das ist doch in dieser Situation völlig klar. Da gilt dieses gute alte Sprichwort umso mehr: Wo gehobelt wird, da fallen Späne! – Bei dieser Abfolge an Entscheidungen, die wir jetzt erwähnt haben, in dieser Dichte, bei mittlerweile Hunderten Verordnungen ist es nicht so verwunderlich, wenn hin und wieder einmal etwas danebengeht. Mir ist es aber wichtig, diese Eigenschaft fest­zuhalten, auch Fehler einzugestehen; da könnten wir uns vielleicht auch einmal eine Scheibe abschneiden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im Vordergrund stehen bei Rudi Anschober immer die Menschen – auch das hat er, glaube ich, klar erkennen lassen. Es hat ihn nicht kaltgelassen. Wenn wir über Statistiken reden, dann ist das natürlich zum Teil die Arbeitsgrundlage, aber hinter den Statistiken über Erkrankungen und Todesfälle stehen immer Menschen, auch Angehörige – es sind immer Menschen. Ich glaube, deshalb ist er auch so beliebt: weil er das durchaus zum Ausdruck bringen kann. Ich glaube, das ist auch eine wichtige Eigenschaft, und ich bin zuversichtlich, dass Kollege Mückstein das ähnlich handhaben wird und auch – ich werde natürlich gleich darauf kommen – ähnlich zum Ausdruck bringen wird.

Ein Letztes: Rudi Anschober hat in seiner Abschiedsrede dann noch etwas sehr, sehr Wichtiges gesagt, gerade als Gesundheitsminister: Für Erkrankungen braucht sich nie­mand zu schämen. Für Erkrankungen braucht sich niemand zu schämen und das gilt für alle – unter Anführungszeichen – „Hochleistungsprofessionen“ – es glauben ja vielleicht immer nur wir, dass wir darunter fallen; vielleicht auch in der Wirtschaft, im Management et cetera –, aber das gilt auch für alle anderen Menschen. Ich finde, das ist etwas ganz Wichtiges, das uns Rudi Anschober noch mitgegeben hat: Für Erkrankungen braucht sich niemand zu schämen. Das ist eine starke Aussage eines Gesundheitsministers, danke noch einmal auch dafür – danke, Rudi Anschober. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Es ist mir aber genauso eine Freude, Wolfgang Mückstein hier als neues Regierungs­mitglied begrüßen zu dürfen. Ich freue mich genauso wie meine Kolleginnen und Kol­legen, dass wir ihn gewinnen konnten, dass er auf das Angebot rasch reagiert hat und wir ihn heute hier als Gesundheitsminister vorstellen dürfen; er wird das dann auch selbst tun. Sie werden überzeugt sein, dass es die richtige Entscheidung ist, auch wenn oder gerade weil die Herausforderungen ja nicht weniger werden – die Herausforderungen bleiben ja, auch wenn wir in den letzten Etappen dieser Pandemiebekämpfung sind.


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Warum ist er so geeignet? – Ich fange einmal anders an, und zwar bei den Eigen­schaften: Er ist nahe an den Menschen, er ist tatkräftig, lösungsorientiert und sehr um­sichtig und weitsichtig. Er ist praktischer Arzt – es wurde schon erwähnt –, kommt also vom Fach, ist in diesem Sinn Experte, aber mit dieser Praxis ist er auch noch ein Experte für das, was ich gerade vorhin hinsichtlich Rudi Anschober angesprochen habe: Er kennt die Schicksale der Menschen, gerade durch die Methode, wie er arbeitet – auch dazu werde ich noch etwas sagen –, in einer Gruppenpraxis. Er kennt die Sorgen der älteren Menschen, die jetzt vielleicht coronamäßig besonders gefährdet sind oder – für viele vielleicht noch ärger – ihre Enkerl so lange nicht sehen konnten. Auch das sind Sorgen, auch das kann sich aufs Gemüt auswirken, auch das drückt auf die Gesundheit. Er kennt das. Er kennt auch die Situation der Kinder, der Enkel, er weiß, welche psychosozialen Folgen das hat, wenn die Pandemie eben aus übergeordneten Gründen des Gesund­heitsschutzes solcherart bekämpft werden muss. Er weiß, was die – zugegeben – auf­tretenden Kollateralschäden da oder dort sind.

Wie man dann auch weiterhin versuchen wird, mehrere Ziele unter einen Hut zu bringen, also nicht bloß null Covid zu sehen, sondern auch die vielen Menschen, die ja auch alle weiterleben wollen und müssen: Das ist doch die Herausforderung, vor der wir alle stehen, und deshalb ist er der richtige Mann an dieser Stelle, da bin ich sehr, sehr zuver­sichtlich. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Er kennt natürlich auch die Sorgen der Menschen, die an Covid erkrankt sind, die beim Test waren und dann ein positives Ergebnis hatten, aber er kennt auch die Erleichterung jener Menschen, die schon geimpft wurden. Ich glaube, diese Mischung, die er da ein­bringen kann, wird es ausmachen.

Ich habe schon gesagt: tatkräftig; er packt auch an, ganz sicher. Der beste Beweis ist sein bisheriger Arbeitsort, sein Wirkungsbereich als praktischer Arzt in einem Primärver­sorgungszentrum. Wir – also diejenigen unter Ihnen, die sich mit der Notwendigkeit der gesundheitspolitischen Änderungen in Österreich, egal, ob in der Stadt oder auf dem Land, und auch mit Public Health beschäftigen – wissen, wie notwendig es ist, dass man das weitertreibt, dass das richtig und wichtig ist, und was es mit dieser Methode zu ge­winnen gibt, nämlich für die ganze Bevölkerung. Er war es, der das als Erster angegan­gen ist, hier in Wien im 6. Bezirk, und die erste dieser Einrichtungen vorangetrieben hat.

Das führt mich auch dazu, festzuhalten, dass er so etwas auch weiter engagiert betrie­ben hat. Es ist, denke ich, doch ein etwas härterer Job, in der Ärztekammer dafür ein­zutreten und diese und ähnliche Belange voranzutreiben. Auch das ist, glaube ich, eine gute Lösung. Er kennt zum Teil die Systemfehler. Diese gibt es überall, obwohl Öster­reich eines der besten Gesundheitssysteme der Welt hat, aber auch da kann es Fehler beziehungsweise ein Kompetenzwirrwarr geben – et cetera. Er weiß, woran es krankt, und er versucht, Lösungen zu finden.

Diese Perspektive ist mir sehr, sehr wichtig, gerade weil in dem Haus – damit meine ich das Gesundheitsressort, aber auch die anderen Bereiche – sehr viel zu tun ist. Ich meine, es ist ja nicht ganz zufällig, dass eine Fraktion es hier konsequent vermeidet, Masken zu tragen. (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz.) – Das hat sehr viel mit dem zu tun, was ich jetzt sagen will. Hören Sie nur einmal zu, denn dazu brauchen Sie eh keine Maske!

Es ist doch so, dass Sie hier allvormittäglich oder eben in der Zeit, wie lange die Sitzun­gen jetzt immer dauern, die Gesundheit aller anderen hier und somit auch der Mitarbeite­rinnen und Mitarbeiter im Haus nicht nur gefährden, sondern deren Gesundheit vorsätz­lich gefährden. – Das ist schlicht und ergreifend der Befund, und das muss man sich nicht einmal hier auf der Regierungsbank gefallen lassen! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


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Aber das passt ja ins Bild! Die gleiche Fraktion hat noch vor gar nicht langer Zeit die Gesundheitsministerin gestellt, als das Gesundheitsministerium selbst Opfer dieser vor­sätzlichen Anschläge geworden ist und einiges dort durcheinandergebracht wurde. Ich sage das jetzt einmal vorsichtig und habe mir gerade den Begriff zerstört verkniffen, denn ganz so schlimm ist es nicht, weil man das auch wieder zusammenbauen kann – und das passiert. Damit hat Rudi Anschober begonnen – noch einmal Dank dafür! – und Wolfgang Mückstein wird das mit seiner Tatkräftigkeit fortsetzen. Dieser Vergleich macht mich aber sicher: Besser Rudi Anschober und Wolfgang Mückstein in diesem Ressort als jemand von Ihnen! Ich hoffe, Sie haben diesbezüglich noch längere Rekonvaleszenz­zeiten, damit uns das nicht wieder so schnell passiert! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das Gleiche gilt, könnte man sagen, für all die Bereiche, die es dort auch noch gibt, etwa Soziales und Pflege. Er wird es dann ja ansprechen. Das sind große Vorhaben, da haben wir uns im Regierungsprogramm gemeinsam viel vorgenommen und auch das wird an­zugehen sein.

Wolfgang Mückstein übernimmt das Ressort in einer heiklen Situation – der Kanzler hat es angesprochen –: Es ist noch nicht alles gelungen. Wir werden bei diesen Öffnungs­schritten, die wir ja gemeinsam schon planen, jedenfalls behutsam und verantwortungs­voll vorgehen und alles gleichzeitig im Auge haben müssen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir diese Konzepte von Testen und Hineintesten in Zusammenarbeit mit den Bun­desländern durchziehen. Wir müssen aber auch, was das regionale Bekämpfen betrifft, weiter vorankommen und hier in Österreich alle Möglichkeiten nutzen, um einerseits wieder so viel wie möglich zuzulassen, andererseits aber dort, wo es notwendig ist, ein­zuschränken. Mit den Instrumenten, die wir jetzt entwickelt haben, sollte das möglich sein. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg, obwohl er immer noch steinig ist. Ich weiß nicht, wann genau dieser zu Ende sein wird, aber eines weiß ich: dass wir den richtigen Mann an der richtigen Stelle haben! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Abschließend: Die Bekämpfung der Pandemie und ihrer Auswirkungen bildet natürlich auch die Voraussetzung dafür, dass wir wirtschaftlich, sozial und betreffend die Arbeits­plätze wieder vorankommen. All diese Dinge hängen ja zusammen. In dem Comeback­plan, den wir jetzt ausarbeiten und teilweise schon vorgestellt haben, finden sich ganz klar nicht nur Ziele, sondern auch erste große Instrumente, und es macht mich froh, dass wir in diesem Zusammenhang gut vorankommen.

Es wird nämlich auch darum gehen, verantwortungsvoll zu öffnen, sich aus der Krise hinaus zu investieren und gleichzeitig zu reformieren. Wichtig ist dabei, nicht nur die alten Strukturen zu konservieren, sondern auch zu modernisieren. Sie kennen die Schwerpunkte: Ökologisierung und Digitalisierung. Die sind nicht nur irgendwie, die sind großzügig angelegt, und das ist sehr gut vergleichbar mit diesen Initiativen auf europäi­scher Ebene. Da werden wir, auch mit dem Wiederaufbaufonds, gemeinsam mit anderen Staaten sehr viel voranbringen. Österreich ist jedenfalls an dieser Stelle, was Ökologisie­rung und Digitalisierung betrifft – wir haben auch Aufholbedarf, ja, okay –, jetzt auf der Überholspur und voran. Genau das wird die Arbeitsplätze der Zukunft schaffen.

Das können Sie sich jetzt überall rausdestillieren – etwa bei der Investitionsprämie, die jetzt schon öfter genannt wurde –: Das hat einen Lenkungseffekt, das hat Vorzieheffekte, und darum geht es. Natürlich gibt es auch Mitnahmeeffekte – wir sind ja nicht blöd, wir kennen uns da schon aus! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Nur: Es ist in dieser Situation total richtig und wichtig, dass wir entsprechend Sicherheit geben, das Investi­tionsklima verbessern, dass Dinge vorgezogen werden. Es werden in den nächsten Mo­naten Projekte angegangen und in den nächsten Jahren ausgerollt, die sonst in diesen Modernisierungsbereichen nicht gekommen wären – ganz sicher! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


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Wir sollten deshalb die Pandemiebekämpfung erfolgreich schaffen und uns schon wie­der entsprechend aus dieser Krise rausbewegen. Österreich hat dazu viele gute Voraus­setzungen, jede Chance und die Perspektive, Arbeitsplätze und Wirtschaft anzutauchen, mit Klimaschutz und Digitalisierung als Jobmotor – das nenne ich eine Perspektive. So werden wir es machen, gemeinsam mit der Bekämpfung der Gesundheitskrise. In die­sem Sinne: Herzlich willkommen, Wolfgang Mückstein! – Vielen Dank für Ihre Aufmerk­samkeit. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke dem Herr Vizekanzler für seine Erklä­rung. Den Reigen der Klubobleute eröffnet Herr Klubobmann Wöginger. – Bitte sehr.


10.56.25

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn ist es mir auch ein persönliches Anliegen, mich beim ausgeschie­denen Gesundheits- und Sozialminister Rudi Anschober zu bedanken, nicht nur, weil ich ihn schon seit vielen Jahren als oberösterreichischen Landsmann kenne, sondern weil ich vor allem als Klubobmann und als Sozialsprecher der Volkspartei mit ihm in den letzten eineinhalb Jahren eng zusammenarbeiten durfte und ihn wirklich auch als absolu­ten Experten und als äußerst tüchtigen Minister in einer sehr, sehr schwierigen Zeit kennengelernt habe.

Lieber Rudi, von dieser Stelle aus wünschen wir dir alles, alles Gute für die Zukunft, vor allem wünschen wir dir Gesundheit und dass du bald wieder fit bist! Das ist unser Wunsch an dich! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Wir begrüßen natürlich auch seitens der Volkspartei den neuen Minister Wolfgang Mück­stein recht herzlich in unserer Runde, als neuen Gesundheits-, Sozial-, Pflege- und Kon­sumentenschutzminister, das beinhaltet ja das gesamte Ressort. Wir haben uns bei den Regierungsverhandlungen, vor allem im Bereich Gesundheit und Soziales, persönlich kennengelernt – ein Allgemeinmediziner, der logischerweise bestens für diese Agenden ausgestattet ist und auch ein umfassendes Netzwerk in diesem Bereich hat.

Die Pflegereform steht uns auch ins Haus, die wir mit Rudi Anschober begonnen haben, wo wir mitten in den Verhandlungen sind, die zum Teil auch schon weit gediehen sind, wo wir jetzt sozusagen, wenn es die Pandemie zulässt, in die entscheidende Phase der Beschlussfassungen kommen. Ich freue mich als Klubobmann, als Sozialsprecher und darf auch unsere Sprecherinnen und Sprecher in diesem Bereich und den gesamten Parlamentsklub miteinbeziehen: Auf eine gute Zusammenarbeit und auf gutes Gelingen! Jedenfalls alles, alles Gute für diese wichtige, aber trotzdem herausfordernde Tätigkeit! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Worum geht es jetzt? – Es geht um zwei Dinge: Das ist erstens, die Pandemie und die Wirtschaftskrise weiterhin zu bekämpfen und natürlich den Wiederaufbauplan, den diese Bundesregierung in den letzten Tagen erarbeitet und vorgestellt hat, bestmöglich zu un­terstützen.

Zur Pandemie möchte ich schon auch einige Worte sagen, weil ja auch viel diskutiert und kritisiert wird. Niemand macht alles richtig, meine Damen und Herren, aber eines können wir in Österreich sagen: Wir sind Weltmeister beim Testen, und wenn man nur den Blick über die Grenze wagt, wenn man an der bayerischen und deutschen Grenze zu Hause ist, was haben wir da für eine Situation? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Die Spitäler in vielen Orten in Deutschland, vor allem in Bayern, sind voll, getestet wird ein Drittel von dem, was wir testen, das heißt, die Dunkelziffer ist sehr hoch, und den Lock­down gibt es dort jetzt seit Dezember. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Da macht uns der Vergleich sicher, meine Damen und Herren, denn wir haben eine Teststrategie


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entwickelt, die ihresgleichen sucht, wir haben Schulen und Handel jetzt seit etlichen Wo­chen geöffnet und wir werden im Mai weitere Öffnungsschritte setzen können. Das ist der richtige Weg, meine Damen und Herren, den wir hier gewählt haben! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir werden es auch schaffen, dass bis Ende April alle über 65-Jährigen in der gesamten Bevölkerung, die das auch wollen, geimpft werden können.

Das ist einmal ein ganz wesentlicher Meilenstein, bei dem es darum geht, die Intensiv­bettenkapazitäten in unseren Spitälern nicht überzustrapazieren – das ist nämlich der entscheidende Faktor, meine Damen und Herren.

Es werden jetzt rund 40 000 Impfungen pro Tag durchgeführt, und es ist in erster Linie dem Bundeskanzler und der Bundesregierung zu verdanken, dass wir jetzt eine Million Impfdosen zusätzlich bekommen und beim Impfen um einige Wochen noch schneller sein werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Loacker und Meinl-Reisinger. – Ruf bei der SPÖ: Lüge!) – Für den Ausdruck der Lüge gibt es an und für sich einen Ordnungsruf.

Aber wenn sich die SPÖ hier schon meldet, dann möchte ich einen Appell an sie richten, nämlich den, mitzuhelfen (Zwischenrufe bei der SPÖ) – mitzuhelfen und mitzuarbeiten an dieser Krisenbewältigung und an dieser Pandemiebewältigung. Wir wissen nämlich nicht, wen in der SPÖ wir denn anrufen, welche Nummer wir wählen sollen, wenn wir mit der Sozialdemokratie sprechen wollen. – Na, seit gestern wird es Doskozil nicht mehr sein, aber ist es Bürgermeister Ludwig oder ist es Kaiser oder müssen wir Herrn Dor­nauer im Westen bemühen oder vielleicht doch die zuständige Parteivorsitzende Rendi-Wagner? – Die SPÖ hat keine Nummer mehr, meine Damen und Herren, wir wissen nicht, mit wem wir reden sollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Parallel dazu geht es darum, den Wiederaufbauplan zu unterstützen. Dieser umfasst drei wesentliche Bereiche: die Stärkung des Standortes, den Arbeitsmarkt und die Öko­logisierung und die Digitalisierung. Lassen Sie mich auch einige Beispiele daraus erwäh­nen: Die Investitionsprämie, die wir jetzt um 2 Milliarden Euro aufstocken – nämlich wirk­lich, was die Liquidität bedeutet –, ist eine Erfolgsgeschichte, und, Frau Kollegin Herr, das ist genau das Geld, das jetzt investiert wird, um dieser Wirtschaftskrise entgegenzu­treten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Insgesamt liegen wir bei 35 Milliarden Euro, und wir sind dabei Spitzenreiter in der Europäischen Union, mit wel­chen Mitteln wir hier gegensteuern, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Das Rechnen war noch nie Ihre Stärke, das haben Sie mit der Verstaatlichtenpleite, mit „Konsum“ et cetera in früheren Jahren bewiesen (Zwischenruf des Abg. Matznetter), aber wenigstens zusammenzählen sollte man können, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Des Weiteren haben wir im Bereich Arbeitsmarkt zusätzlich 277 Millionen Euro, die aus dem Wiederaufbauprogramm der Europäischen Union kommen, eingestellt. 50 000 Lang­zeitarbeitslose – das ist das Ziel – sollen bis Ende nächsten Jahres wieder in Beschäf­tigung gebracht werden, 175 000 Arbeitslose sind seit Beginn des Jahres wieder in die Beschäftigung integriert worden. Die Arbeitslosenzahlen sinken Gott sei Dank seit mitt­lerweile 13 Wochen, das liegt an Arbeitsstiftungen, Qualifizierungsmaßnahmen, dem Bil­dungsbonus, dem Neustartbonus, dem Lehrlingsbonus. Das alles haben wir gemeinsam mit dieser Bundesregierung auf den Weg gebracht, und man sieht, dass diese Maßnah­men auch ihre Wirkung zeigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein Projekt im Bereich Ökologisierung und Digitalisierung möchte ich noch besonders erwähnen – die Aktuelle Stunde hat die Maßnahmen im ökologischen Bereich sehr klar aufgezeigt, mir geht es aber auch um die Digitalisierung: Da ist der Breitbandausbau ein


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wesentliches Thema, für das die Volkspartei seit vielen Jahren kämpft und jetzt in dieser Bundesregierung gemeinsam weitere 1,4 Milliarden Euro auf den Weg bringt, damit im ländlichen Raum diese digitale Infrastruktur ausgebaut werden kann.

Jetzt sage ich eines ganz offen: Beim Autobahnbau sind wir vielleicht nicht immer einer Meinung – wir sind der Meinung, Autobahnen brauchen wir, damit wir uns fortbewegen können –, aber die Autobahn kann auch digital angelegt sein, und was wir da ausbauen, ist eine digitale Autobahn bis zum letzten Hof in unseren Landgemeinden. Die Volkspar­tei steht für den ländlichen Raum, daher gibt es diese zusätzlichen 1,4 Milliarden Euro, damit auch diese digitale Infrastruktur ausgebaut werden kann. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Damen und Herren, beteiligen Sie sich einfach auch als Opposition als Unter­stützer dieses Wiederaufbauplans! Es geht um unsere Republik, es geht um das ge­meinsame Anliegen, diese Pandemie in den nächsten Wochen erfolgreich zu bekämp­fen, und darum, gemeinsam aus dieser Krisensituation herauszukommen. Da wäre der vieldiskutierte Schulterschluss notwendig, weil die Fakten auf dem Tisch liegen, der Plan da ist und es nur darum geht, dass wir das auch gemeinsam beschließen und umsetzen.

Es ist keine Utopie, was hier von der Regierung angekündigt wurde: Im Mai wird es Öffnungsschritte geben, weil wir beim Impfen erfolgreich sind und die beste Teststrategie haben, die man sich überhaupt irgendwo abschauen kann. Die gibt es in Österreich; die anderen Länder schauen auf uns, was das Testen anbelangt! Wir haben auch die Möglichkeit, dass bis Anfang Juli alle Menschen der impfbaren Bevölkerung, die sich impfen lassen wollen, auch geimpft werden können – und das ist der einzige Weg, meine Damen und Herren, dass wir wieder unser normales Leben, zumindest so wie wir es im letzten Sommer hatten, zurückbekommen.

Da braucht es diesen Schulterschluss, meine Damen und Herren. (Abg. Belako­witsch: ... normal?) – Ja, nicht schreien, liebe Frau Kollegin Belakowitsch! Eine Maske aufzusetzen ist einmal das Erste, was wichtig wäre, und zwar nicht nur beim Einkaufen, sondern auch hier herinnen (Beifall bei ÖVP und Grünen) – Masken aufsetzen und mitar­beiten, damit wir gemeinsam diese Pandemie bewältigen, so wie es diese Regierung vorgeschlagen hat, denn auf diese Bundesregierung ist Verlass, meine Damen und Her­ren.

Es geht darum, dass wir sie dabei unterstützen, die Pandemie zu bekämpfen, damit wir erfolgreich aus dieser Situation, vor allem im wirtschaftlichen Sinne, herauskommen kön­nen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.05


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeord­neter Jörg Leichtfried zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


11.06.01

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Eigentlich müsste man ja die ganze Rede tatsächlich berichtigen, aber das geht nicht, deshalb konzentriere ich mich auf einen Teil dessen, was Kollege Wöginger gesagt hat. Er hat in seiner Rede behauptet, es sei dem Bundeskanzler zu verdanken, dass wir zusätzlichen Impfstoff erhalten haben. – Das ist unrichtig, mehr als unrichtig.

Der richtige Sachverhalt lautet: Es ist eine vorgezogene Lieferung von Impfstoff, den wir sowieso erhalten hätten (Zwischenrufe bei der ÖVP), und der Herr Bundeskanzler kann genauso viel dafür wie dafür, dass die Sonne im Osten aufgeht, nämlich gar nichts. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

11.06



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 63

Präsidentin Doris Bures: Wir setzen nun die Debatte fort. Zu Wort gelangt Frau Klub­vorsitzende Pamela Rendi-Wagner. – Bitte.


11.06.50

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Herr Vizekanzler! Vor allem: Herr Bundesminister Mückstein und sehr geehrte Bundesregierung! Liebe Damen und Herren! Diese heutige Regierungserklärung ist letztlich notwendig, weil vor wenigen Tagen das dritte Mitglied dieser doch recht jungen türkis-grünen Bundesregierung zurückgetreten ist. Dieses Mal war es der Gesundheits­minister, und das inmitten einer Jahrhundertgesundheitskrise.

Ich gehe davon aus, dass viele hier herinnen – der Herr Vizekanzler hat sie schon er­wähnt – die letzte Presseerklärung des Gesundheitsministers mitverfolgt haben, dass das auch viele in Österreich gemacht haben. Wenn man Rudi Anschober in seiner letz­ten Erklärung zugehört hat, dann hat man bemerkt, dass er vor allem eines zum Aus­druck gebracht hat, nämlich dass er sich sehr oft alleine gefühlt hat: Rudi alleine im Kri­senmanagement.

Wenn man ihm zugehört und auch aufmerksam verfolgt hat, was er in seiner letzten Erklärung nicht gesagt hat, dann hat man auch bemerkt, dass er sich seltsamerweise nicht beim Koalitionspartner bedankt hat (Abg. Belakowitsch: Na ja ...! ... wofür auch? ... überhaupt nicht!), und er hat sich auch bei Ihnen persönlich, Herr Bundeskanz­ler, nicht für die Zusammenarbeit bedankt – wofür auch?

Er hat in dieser letzten sehr emotionalen Erklärung damit persönlich bestätigt, was ganz Österreich eigentlich seit Monaten beobachten konnte, nämlich dass eine Regierung am Höhepunkt einer Jahrhundertpandemie, die bereits Tausende Todesopfer und Hundert­tausende Arbeitslose gefordert hat, nicht zusammensteht, dass eine Bundesregierung in dieser schwierigen Situation nicht gemeinsam an einem Strang zieht, dass sie nicht gemeinsam Verantwortung übernimmt. Den von Ihnen, Herr Wöginger, oft erwähnten Schulterschluss gab es vor allem in der Bundesregierung im Kampf gegen Pandemie und Virus in den letzten Monaten nicht, und das ist ein Armutszeugnis, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Sie, Herr Bundeskanzler, haben jetzt vor wenigen Minuten in Ihrer Rede vor allem eines eingefordert, nämlich Respekt. Sie fordern von uns und von der Bevölkerung und von uns allen hier in der Politik Respekt ein – dem kann ich nur zustimmen, auch wir fordern Respekt ein –, aber ich frage mich: Wo war denn Ihr Respekt gegenüber Gesundheitsmi­nister Rudolf Anschober, als dieser vor wenigen Wochen das erste Mal im Spital gelegen ist – ein Kreislaufkollaps war die Ursache – und Sie hinter seinem Rücken in dieser Ab­wesenheit nichts anderes zu tun hatten, als sein Haus, seine Beamtinnen und Beamten zu attackieren? – Sie sind ihm in den Rücken gefallen. Das ist nicht Respekt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Belakowitsch, Kickl und Meinl-Reisinger.)

Herr Bundeskanzler, wo war Ihr Respekt, als Sie vor wenigen Tagen, am Tag des Ge­denkens an die an Covid Verstorbenen, die Aussage: Das war kein Weltuntergang in den letzten Wochen und Monaten!, getroffen haben? (Zwischenruf bei der SPÖ.) Wo war Ihr Respekt gegenüber all den Angehörigen, den Familien, den fast 10 000 Covid-Verstorbenen in Österreich? Ich habe diesen Respekt ebenso wenig verspürt wie viele Tausende in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, das bundesweite, das zentrale Krisenmanagement der Bundesregierung war in den letzten Monaten nicht nur schwach, sondern es war schlichtweg nicht mehr vorhanden. Warum? – Weil Sie die zentrale Steuerung, die zentrale Verantwortung, die in einer Krise dieser Dimension so notwendig ist, einfach abgegeben haben. Es war angenehm, diese Verantwortung in den schwierigen Situationen abzuschieben, vor allem an die Bundes­länder, an die Landeshauptleute. Sie haben sich vor allem Anfang Februar weit weg


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 64

gestellt, als es galt, entschlossen zu handeln. Sie haben sich auch in den letzten Wochen weit weg gestellt, als es darum ging, die Konsequenzen dieser verfrühten Öffnungen in Ostösterreich abzuwenden, überfüllte Intensivstationen zu sehen und die richtigen Handlungen und Maßnahmen zu setzen. Ich habe Sie nicht gesehen, als es um den Ostlockdown ging.

Nein, die unangenehmen Botschaften sind nicht Ihre. Da stellen Sie sich ganz weit weg, Herr Bundeskanzler! Es ist aber die Aufgabe eines Regierungschefs – in einer Krise noch mehr –, Maßnahmen zu setzen, auch wenn sie unpopulär sind. Das ist Leadership, das ist Führung, und die braucht es in einer Krise noch viel, viel mehr. (Beifall bei der SPÖ.)

Aus meinen persönlichen Gesprächen mit Rudolf Anschober weiß ich vor allem, dass er bis zum Schluss immer zu einer konsequenten Coronastrategie gestanden ist. Sein Pro­blem war einzig, dass er damit allein war – ganz alleine. Ihnen, Herr Bundeskanzler, haben offenbar der Mut und die Kraft gefehlt, ihn im Kampf gegen dieses Virus zu un­terstützen. Das Ergebnis dieser Mutlosigkeit und dieser Inkonsequenz, ja dieser Verant­wortungslosigkeit ist ein mehr oder weniger unbefriedigender Zustand, in dem Österreich seit vielen Wochen und Monaten verharrt.

Halb Österreich ist zu: Lockdown im Osten, das restliche Österreich ist halb offen, man weiß es nicht so genau. Das ist sinnbildlich für die halbherzige, mutlose Krisenpolitik dieser Bundesregierung. (Abg. Hanger: Haben Sie das dem Herrn Doskozil auch ge­sagt? – Zwischenruf bei der SPÖ.) Hätte man im Februar vorausschauend gehandelt, hätte man Verantwortung übernommen und noch einige Wochen durchgehalten, statt frühzeitig zu öffnen, dann hätte man jetzt längst – und zwar längst! – ein solides Funda­ment, von dem Sie sprechen, für dauerhafte, nachhaltige Öffnungen geschaffen. Wir würden wahrscheinlich bereits seit Ostern in Schanigärten sitzen und Bier trinken, wenn das Wetter es zulässt, anstatt nur über Öffnungen im Mai zu sprechen. (Bundeskanzler Kurz: Das ist so ein Schwachsinn!) Das ist leider durch die Inkonsequenz Ihrer Politik nicht der Fall gewesen.

Wir hätten jetzt auch nicht vier Bundesländer mit überfüllten Intensivstationen. Wir hätten keinen Ostlockdown, keine Kinder, Schülerinnen und Schüler im Osten, die wieder zu­rückgezogen im Onlineunterricht sind und dort verharren müssen. Ja, eine konsequente Strategie bringt die Infektionszahlen schneller herunter. Das zeigen internationale Bei­spiele – ich glaube, Sie kennen sie –: Es sind Dänemark, Irland, Finnland, Norwegen, Portugal. Sie alle haben mit einer konsequenten Coronastrategie in kurzer Zeit erfolg­reich die Zahlen heruntergebracht. Dänemark war wie Österreich seit Dezember in ei­nem Lockdown. Sie hielten aber an ihrem Ziel fest, die Inzidenz unter 100 zu drücken. Es ist gelungen: 70 ist derzeit die Infektionsinzidenz in Dänemark. Wissen Sie, was der Unterschied ist? Die Dänen öffnen schrittweise seit März. Das wäre auch in Österreich ab Ostern möglich gewesen. Das wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, stattdessen wird es Mai sein.

Dänemark hat noch einen großen Unterschied, nämlich nur 42 Tote hochgerechnet auf 100 000 Einwohner. In Österreich sind es 111 Tote pro 100 000 Einwohner – mehr als doppelt so viele. In Österreich sind bis heute fast 10 000 Menschen an Covid verstorben, in Dänemark 2 455.

Diese Inkonsequenz und diese Mutlosigkeit schaden nicht nur der Gesundheit, den Spitälern, dem Gesundheitssystem, sondern sie schaden uns allen – der Wirtschaft, den Existenzen, den Unternehmern. Das, Herr Bundeskanzler, ist die andere Seite Ihrer Co­ronabilanz. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister Mückstein, ich wollte Ihnen heute keinen Rucksack voller Aufgaben und Wünsche mitgeben – wir werden viele Gelegenheiten haben, das auch persönlich


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 65

auszutauschen –, aber ich denke doch, eine zentrale Aufgabe, die vor Ihnen liegt, ist, rasch eine sehr hohe Durchimpfungsrate in Österreich zu erreichen. Setzen Sie doch jetzt ein starkes, ein glaubwürdiges Zeichen! Holen Sie alle Österreicherinnen, Österrei­cher und Menschen, die in Österreich leben, ab und geben Sie allen Impfwilligen einen konkreten Impftermin! Das gibt Perspektive, das gibt Sicherheit, das schafft Glaubwür­digkeit und Vertrauen. Jeder und jede soll wissen, wann er oder sie in den nächsten Wochen geimpft wird, wann er oder sie den Schlüssel Richtung Freiheit in die Hand bekommt.

Ja, lieber Wolfgang Mückstein, ich wünsche Ihnen vor allem die Kraft, die es benötigt, um diese schwierige Aufgabe zu erfüllen, ich wünsche Ihnen mehr Unterstützung seitens Ihres Koalitionspartners bei der Bewältigung dieser Aufgabe, und ich wünsche Ihnen vor allem eines: dass Sie immer das Selbstbewusstsein haben, zu Ihrer Haltung zu stehen, auch wenn es politisch nicht angenehm ist. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.16


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Klubobmann Herbert Kickl zu Wort. – Bitte.


11.16.31

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Herrschaften auf der Regierungsbank! Sehr geehrter Herr Neogesund­heitsminister! Der Redebeitrag meines Klubobmannkollegen Wöginger veranlasst mich zu einer Bemerkung. Ich weiß schon, dass die Logik nicht ganz Ihre Sache ist, aber wenn man sich hierherstellt und einen Schulterschluss verlangt (Abg. Hanger: Dass das mit euch nicht geht, wissen wir eh!) – was ja nichts anderes bedeutet, als in einer Situation, in der man dem ganzen Land seit einem Jahr einen Mindestabstand von 2 Metern ver­ordnet, ganz nahe beieinanderzustehen –, dann passt das schlicht und ergreifend nicht zusammen. Aber Logik ist Ihre Sache nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Vorrednerin von der SPÖ hat schon angesprochen, dass diese schwarz-grüne Bundesregierung in den Monaten ihres Herumgewurschtels im Zusammenhang mit Corona schon den einen oder anderen Ausfall zu verkraften hat. Gleich am Beginn – ich glaube, es war zwei Monate nach Beginn des Lockdowns – ist das kulturpolitische Flagg­schiff der Grünen sang- und klanglos untergegangen. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern können: Ulrike – weil es eh schon wurscht ist – Lunacek war der Name der damaligen Staatssekretärin, die das erste Opfer gewesen ist. Man muss ihr aber eines zugutehalten – und deswegen erwähne ich diesen Fall –: Ulrike Lunacek war eine, die ihr Scheitern offen zugegeben hat. Sie hat sich vor die Bevölkerung gestellt und gesagt: Ich habe Fehler gemacht, ich habe im Coronamanagement versagt. (Abg. Hörl: Das würde Ihnen auch gut anstehen!) – Das ist eine einzigartige Situation und ein einzigarti­ges Eingeständnis, wenn man es in Vergleich zu den anderen Rücktritten setzt.

Der nächste Fall war dann Frau Christine Aschbacher, unseligen Angedenkens, die als Arbeitsministerin ja selbstverständlich mitverantwortlich dafür gewesen ist, dass Hun­derttausende Menschen in Österreich ihren Job verloren haben und aus einer Situation der Sicherheit und Planbarkeit in eine Situation geraten sind, in der sie nicht gewusst haben, wie es weiter geht. Diese Situation betrifft ja immer nicht nur einen selbst, son­dern das ganze familiäre Umfeld. Was das gesundheitlich bedeutet, brauche ich Ihnen nicht zu erzählen. Allein das wäre ein Rücktrittsgrund gewesen, aber nein, es war etwas anderes: Sie ist in peinlicher Art und Weise über ihre Gier nach akademischen Titeln gestolpert, aber immerhin ist sie weg – es hat einen Nutzen gegeben.

Jetzt haben wir den dritten Fall: Jetzt hat Rudi Anschober das Handtuch geworfen – ein, möchte ich sagen, als Gesundheitsminister maskierter und verkleideter Volksschulleh­rer, der von Anfang an der Aufgabe, die Sie ihm gestellt haben, nicht gewachsen war. Wir haben das von Anfang an gesagt, und deswegen sage ich es auch heute, weil Heu­chelei meine Sache nicht ist. – Zu den Heuchlern komme ich noch. (Beifall bei der FPÖ.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 66

Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann, dann nehme ich jetzt die Gelegenheit wahr, Ihnen zu sagen, dass Sie sich bitte in Ihrer Ausdrucksweise mäßigen sollen, ohne dass ich Ihnen noch einen Ordnungsruf erteile. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Frau Präsidentin, ich weiß, dass Sie für die Würde des Hauses zuständig sind. Ich glaube, dass es manchmal auch notwendig ist, einen Beitrag für die Würze des Hauses zu leisten, weil einem sonst bei diesen Debatten hier herinnen hin und wieder die Füße einschlafen. Ich sage das auch einmal in dieser Deutlichkeit: Überziehen Sie es nicht mit Ihrem Disziplinierungsgehabe! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hanger: Die Würde des Hauses ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rudolf Anschober, der für einen Salonkommu­nisten – möchte ich sagen – Platz gemacht hat, hätte viele Gründe, sachliche Gründe gehabt, die einen Rücktritt gerechtfertigt hätten – unzählige Gründe! Ich nenne Ihnen nur einen dafür – dieses Beispiel, das ich Ihnen bringen werde, ist ja etwas, das kein Mensch versteht –: Es ist zum Beispiel dieser Bundesregierung im Gesundheitsbereich, unter Führung von Rudi Anschober, in einem Jahr nicht gelungen, in dieser Republik ein ein­ziges zusätzliches Intensivbett aufzustellen – nicht ein einziges mehr –, und das, wenn man weiß, dass die Auslastung der Intensivbetten der Schlüsselpunkt ist, der Dreh- und Angelpunkt für Ihr Zusperren, für Ihr Einsperren und für die Karniflerei der gesamten Bevölkerung mit Tests und Masken. Das versteht doch kein Mensch. Es gab nicht 1 Euro mehr, sondern 130 Millionen Euro weniger für den Krankenhausbetrieb, aber 210 Millio­nen Euro mehr für Ihre miese Regierungspropaganda, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Es versteht doch kein Mensch, dass so etwas möglich ist. Er ist aber nicht aus diesen sachlichen Gründen zurückgetreten, sondern er ist aus gesundheitlichen Gründen zu­rückgetreten.

Jetzt bin ich bei Ihnen, Herr Bundeskanzler, denn Rudolf Anschober hat beim Abschied in einer Hinsicht etwas ganz Ehrliches getan: Er hat Ihnen dadurch, dass er Ihnen ge­genüber kein Wort des Dankes erwähnt hat, so etwas wie die moralische Höchststrafe ausgesprochen. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, denn jeder, der Rudolf Anschober erlebt hat, hat miterleben können, wie entnervt er gewesen ist angesichts der Brutalität, der Falschheit und der Heimtücke seines Koalitionspartners, der Österreichischen Volks­partei im Allgemeinen und von Ihnen im Besonderen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist etwas, das mir wichtig ist, heute hier auch zum Ausdruck zu bringen, weil Ihre Dankesworte eine Sternstunde der Heuchelei und überhaupt nichts anderes gewesen sind. Herr Kogler - -

11.22.23*****


Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann, ich bin der Auffassung, dass man einer Rede Würze geben kann, ohne die Würde des Hauses zu verletzen, und deshalb erteile ich Ihnen für den Ausdruck Heuchler einen Ordnungsruf. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hanger.)


Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Ich glaube, Sie haben nicht genau zugehört, ich habe von Heuchelei gesprochen – Sie haben ihn als Heuchler bezeichnet. (Zwi­schenruf des Abg. Hafenecker.)


Präsidentin Doris Bures: Dann erteile ich Ihnen für den Ausdruck „Heuchelei“ einen Ordnungsruf und ersuche Sie, in der weiteren Rede auf die Würde des Hauses zu ach­ten. – Bitte.

*****


11.22.54


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 67

Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Ich nehme es zur Kenntnis. Jedenfalls war es mir ein Anliegen, das hier zum Ausdruck zu bringen, wenn schon Herr Vizekanzler Kogler, Parteiobmann der Grünen und ein langjähriger Wegbegleiter von Herrn Anscho­ber, dazu nicht den Mut findet.

Was den Inhalt betrifft, hat Rudolf Anschober so gut wie alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Wir haben das von Anfang an kritisiert. Das gilt aber auch für Sie, Herr Bundeskanzler: Anschober ist weg, Sie sitzen immer noch da. Sie sitzen zum Leid­wesen der österreichischen Bevölkerung immer noch da und reden etwas von einem Comebackplan daher, während Sie gleichzeitig immer noch mit der Coronaabrissbirne im gesamten Land unterwegs sind. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Wir lernen aus dem Ganzen, dass jeder, der dem Kanzler nicht ins Gehege passt, ruiniert und ramponiert wird. Aber keine Sorge – und jetzt bin ich beim neuen Minister –: Sie sind nicht in Gefahr (Zwischenruf bei der SPÖ), das habe ich schon nach wenigen Tagen festgestellt, denn es hat gar nicht schnell genug gehen können, da haben Sie Ihr Haupt schon unter das Joch der türkisen Coronadiktatur gebeugt. Das waren ja Ihre allerersten Schritte. Eine uralte und eine falsche Politik wird also fortgesetzt. Sie gestatten mir die Bemerkung: Das einzig Unkonventionelle an Ihnen ist bisher Ihr Schuhwerk gewesen. Ich hätte mir etwas anderes von Ihnen erwartet. (Beifall bei der FPÖ.)

Einen Statesman hätte es gebraucht, einen Dressman haben wir bekommen, aber ehr­lich gesagt: Das kann der Petzner besser, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Hanger.) Sie gehören offenbar auch inhaltlich zu denjenigen, die ich als die Spalter der Gesellschaft im Zusammenhang mit Corona bezeichne, zu denjenigen, die die Gesellschaft in die Guten und Gehorsamen einteilen, die jeden Unsinn kritiklos mitmachen, und sei er noch so widersprüchlich – das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite sind die Bösen, die Ungehorsamen – das sind die­jenigen, die es sich erlauben, Dinge zu hinterfragen und ihre Alternativlosigkeit infrage zu stellen. Das ist die Gesellschaftsspaltung, unter der dieses Land seit vielen, vielen Monaten leidet.

Sie sind auch ein Dogmatiker des Lockdowns und ein Dogmatiker des Impfens. Ich habe Ihre Aussagen, die Sie in den letzten Tagen und auch schon davor als Berater des ab­getretenen Rudolf Anschober getätigt haben, sehr, sehr genau angehört. Für Sie gibt es nur zwei Wege aus der Krise: Wenn sich die Leute rasch – hurtig, hurtig, es kann gar nicht schnell genug gehen, wie am Fließband – impfen lassen, dann gibt es vielleicht ein Stück der alten Normalität zurück – vielleicht, sage ich dazu, meine sehr geehrten Da­men und Herren, weil Sie ja in der Zwischenzeit schon registriert haben, dass Ihre Heils­versprechen im Zusammenhang mit der Wirksamkeit der Impfungen zu zerbröseln be­ginnen. Da kommen ja viele Botschaften, gerade auch aus Israel, die Sie alles andere als freuen können, und deshalb ist das vielleicht angebracht.

Vor diesem Hintergrund herzugehen und in Österreich bereits Mitte Mai den grünen Pass einführen zu wollen ist eine Perversion der Grund- und Freiheitsrechte und durch nichts zu rechtfertigen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Loacker: Den kannst im Kaufhaus Österreich kaufen, den grünen Pass!)

Die zweite Alternative, die Sie angeboten haben, ist das bedingungslose Einsperren, das ist der Lockdown. Das ist das Modell, das wir schon kennen. Jetzt verstehe ich Sie nicht: Zum Thema Lockdown gibt es doch internationale Koryphäen, da gibt es doch Leute, deren wissenschaftliches Curriculum umfassender, gewichtiger und länger ist als das der gesamten Bundesregierung und ihrer Experten zusammen, und diese Leute haben Ihnen doch längst unter Beweis gestellt, dass ein Lockdown kontraproduktiv und schäd­lich für Jung und Alt, für alle Teile der Gesellschaft ist. Trotzdem verharren Sie in diesem Lockdownmodus, Sie setzen diese Spirale des Negativen fort.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 68

Herr Neominister, wissen Sie, dass Arbeitslosigkeit das Leben eines Betroffenen im Schnitt um eineinhalb Jahre verkürzt? Wissen Sie das? – Wenn ich das zur Kenntnis nehme, dann kann ich nicht gleichzeitig guten Gewissens das Wort Lockdown in den Mund nehmen und diese falsche Politik verteidigen und vorantreiben. Das passt nicht zusammen.

Das Zweite ist das Thema Impfen: Ja, auch Impfen ist leider nicht dieses gefahrlose Ticket in eine Welt, in der dann alle gesund sind. Schön wäre es, wenn es so wäre, aber es ist nicht so. Das hängt nicht damit zusammen, Herr Neogesundheitsminister, dass die Impfstoffe bei einer intramuskulären Impfung nicht ins Blut gehen, wie Sie es in einer Fernsehsendung verkündet haben – sehr zum Staunen Ihrer Kollegen und zur Erschüt­terung so manches Studenten, der es besser weiß. Nein, damit hat das nichts zu tun, sondern es hat damit zu tun, dass zum einen die Wirkungen, die Sie versprochen haben und die viele versprochen haben, in dieser Art und Weise nicht gesichert sind.

Zum anderen kommen immer mehr Dinge zum Vorschein, nämlich in Form von Neben­wirkungen, die eine Dimension erreichen, die man der Bevölkerung nicht verschweigen sollte: 8 000 Komplikationsfälle alleine in Österreich, fünf dokumentierte Todesfälle – das ist nicht von mir, sondern das stammt aus der Datenbank, die die EU eingerichtet hat, um diese Dinge zu dokumentieren. Zu 80 Prozent betroffen sind Leute unter 65. Das sind also diejenigen, bei denen Sie noch gar keinen Impfschwerpunkt gesetzt haben. Mich würde so etwas alarmieren. Ich würde versuchen, für Transparenz und für Aufklä­rung in der Bevölkerung zu sorgen und nicht so tun, wie Sie es machen: einen Vertu­schungskurs zu fahren. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Gesundheitsminister, hören Sie bitte auch mit dieser dümmlichen Impfpropaganda auf! Ich rede von diesen Werbespots, von denen einem wirklich übel wird. Sie nehmen dafür Millionen in die Hand, die es im Gesundheitssystem brauchen würde, zum Beispiel übrigens auch für Prämien für die Helden des Alltags, die Sie schon wieder vergessen haben. Sparen Sie sich das Geld für diese dümmlichen Werbespots mit Prohaska, Krankl, Pröll, Häupl und wie sie alle heißen, die ja nichts anderes als eine Art Gehirn­wäsche und Verblödungsmechanismus sind, den man da über die österreichische Be­völkerung herziehen lässt! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Mel­chior und Zarits.)

Herr Gesundheitsminister, primum non nocere, secundum cavere, tertium sanare! Sie werden sicher wissen, was das heißt. Primum non nocere – als Erstes nicht zu scha­den –: Das, was ich hier gesagt habe, ist der moralische Kern der hippokratischen Medi­zin seit Tausenden von Jahren in der europäischen medizinischen Behandlung. (Zwi­schenruf des Abg. Jakob Schwarz.)

Interessant ist, dass all diese Dinge bei Ihrer Impfstrategie auf den Kopf gestellt werden. Primum non nocere  als Erstes nicht zu schaden –, und deshalb fordere ich die volle Transparenz und die volle Aufklärung der Bevölkerung über die möglichen Nebenwirkun­gen dieser Impfung und nicht das Impfen im Fließbandmodus, bei dem man einen Zettel unterschreibt und für ein vernünftiges Aufklärungsgespräch mit den Betroffenen keine Zeit mehr besteht. (Beifall bei der FPÖ.) Drehen Sie dieses System um, Herr Gesund­heitsminister, das sind Sie Ihrem Status als Arzt schuldig!

Abschließend: Es braucht in Österreich einen Strategiewechsel hin zu Eigenverantwor­tung und zu Freiheit. Schluss mit dem Ausspielen von Gesundheit gegen Wirtschaft, von Gesundheit gegen Arbeitsplätze, von Gesundheit gegen Freiheit und unterm Strich auch mit dem Ausspielen von Gesundheit gegen Gesundheit, denn das tun Sie ja, wenn Sie mit den Maßnahmen zur Covid-Bekämpfung in Kauf nehmen, dass andere, viel, viel är­gere Schäden entstehen, die uns noch über Generationen belasten werden.

Hören Sie damit auf! Das kann nicht Ihre Überzeugung und Ihre Strategie sein, wenn Ihr Plan lautet, die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung zu schützen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 69

Wenn Sie aber einen anderen Plan verfolgen, dann müssen Sie weiterhin alles unter­nehmen, um Wirtschaft und Arbeitsplätze zu ruinieren und um die Bevölkerung in Unfrei­heit und in Abhängigkeit zu halten. Da werden Sie auf erbitterten Widerstand der Frei­heitlichen Partei stoßen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.31


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Klubvorsitzende Sigrid Maurer zu Wort. – Bitte.


11.31.32

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Sehr geehrter Herr Minister Mückstein! Werte KollegInnen und liebe ZuseherInnen! Kollege Kickl spricht hier vom dümmlichen Impfplan oder von dümmlichen Impfbewerbungen – ich muss sagen, wir haben leider wieder eine dümmli­che Rede Ihrerseits hören müssen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wenn Sie von Eigenverantwortung sprechen, meinen Sie eigentlich Rücksichtslosigkeit (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz), wie man bei Ihrem Klub und Ihrem Verhalten hier im Hohen Haus leider täglich beobachten muss. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: ... mit der Maske!)


Präsidentin Doris Bures: Frau Klubvorsitzende, auch Sie fordere ich auf, sich bitte im weiteren Verlauf der Rede zu mäßigen. (Abg. Kickl: Sie kontaminieren gerade das ge­samte Rednerpult!)


Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (fortsetzend): Zu Beginn möchte ich im Namen des Grünen Parlamentsklubs auch noch einmal Danke sagen. Danke, lieber Rudi Anscho­ber – ich hoffe, er schaut jetzt nicht zu, sondern erholt sich –, danke Rudi für deinen Einsatz, dein unglaubliches Engagement, deine Empathie, deine Menschlichkeit! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Dankesworte sind in der Politik selten, sie kommen meistens erst, nachdem jemand abgetreten ist. Es ist unfair. Es war schwierig, es war unwägbar, niemand hat zu Beginn dieser Regierungsbeteiligung mit einer Pandemie gerechnet, und Rudi Anschober hat in den letzten 15 Monaten alles gegeben. Er hat die Gesundheit der Menschen in Öster­reich an erste Stelle gesetzt, jetzt musste er seine eigene Gesundheit an erste Stelle setzen. (Abg. Belakowitsch: ... Gesundheit ...!) Wir wünschen dir, lieber Rudi, alles Gu­te, viel Kraft und gute Erholung! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das Virus kümmert sich natürlich nicht um österreichische Innenpolitik oder den Gesund­heitszustand eines Ministers. Die Pandemie bestimmt nach wie vor unser Leben und erfordert konsequentes Handeln, und ich freue mich sehr, dass es uns gelungen ist, nach dem Rücktritt von Rudi Anschober einen so schnellen Übergang herstellen zu können. Ich möchte an dieser Stelle auch wiederum im Namen des Grünen Parla­mentsklubs Danke sagen – danke, lieber Wolfgang, dass du dich in dieser extrem he­rausfordernden Zeit dazu bereit erklärt hast, diese große Aufgabe zu übernehmen! Herz­lich willkommen im Parlament! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir Grüne kennen Wolfgang Mückstein schon lange, nicht nur weil er der Hausarzt von vielen ist, sondern auch, weil er schon seit vielen, vielen Jahren politisch, vor allem ge­sundheitspolitisch, im Umfeld der Grünen engagiert ist. Er hat bei ganz zentralen sozial-gesundheitlichen Projekten in Wien mitgearbeitet, mit suchtkranken Menschen, mit woh­nungslosen Menschen. Wir kennen Wolfgang Mückstein vor allem auch als hartnäckigen Kämpfer für innovative Gesundheitspolitik.

Mit dem Primärversorgungszentrum Mariahilf hat er Pionierarbeit geleistet. Das betrifft einerseits die Verfügbarkeit, die Serviceorientierung, die Öffnungszeiten für die die Pa­tientinnen und Patienten, es betrifft vor allem aber noch etwas Zweites, das im Ge­sundheitssystem schon revolutionär ist, nämlich die Zusammenarbeit verschiedener


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 70

Berufsgruppen im Gesundheitssystem auf Augenhöhe mit den Pflegerinnen und Pfle­gern, mit den anderen MitarbeiterInnen in der Praxis. Ärztinnen und Ärzte haben in un­serer Gesellschaft einen sehr hohen Stellenwert, und oft wird auf andere Berufsgruppen heruntergeblickt. Genau das Gegenteil ist im Primärversorgungszentrum der Fall, und dafür hat sich Wolfgang Mückstein jahrelang eingesetzt.

Seine Praxis, seine Erfahrung als Hausarzt halte ich für immens wichtig für das Amt, das Wolfgang Mückstein jetzt als Gesundheits- und Sozialminister übernimmt, denn direkter als als Hausarzt kann man nicht an den Alltagssorgen, an den Problemen, an den ge­sundheitlichen Problemen der Menschen dran sein. Er hat in seiner Praxis die Pandemie und ihre Auswirkungen hautnah erlebt, er kann diese Erfahrungen und dieses Wissen jetzt in seine neue Funktion mitnehmen, und sie wird für seine Arbeit auch handlungs­leitend sein.

Wir haben in diesem Ressort große Herausforderungen zu stemmen. Es heißt jetzt: Impfen, Impfen, Impfen!, und an dieser Stelle, liebe ZuseherInnen, mein Appell: Lassen Sie sich impfen, melden Sie sich für die Impftermine an! Die Impfung ist unser Weg aus der Pandemie hin zu einem normaleren Leben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Die Pandemie hat derzeit sicher noch Priorität, die soziale Verantwortung ist aber ge­nauso etwas, um das wir uns kümmern müssen. Das betrifft einerseits die psychische Gesundheit der österreichischen Bevölkerung, die pandemiebedingt auch in Mitleiden­schaft gezogen wurde, das betrifft beispielsweise den Ausbau der Therapieplätze, es betrifft die Pflegereform. Auch da haben wir durch die immensen Leistungen der Pfle­gerinnen und Pfleger des Landes in der Pandemie noch einmal sehr deutlich vor Augen geführt bekommen, wie notwendig und wichtig dieser Beitrag ist. Wir haben ganz viele wichtige Projekte im Bereich der Inklusion, für Menschen mit Behinderungen im Regie­rungsprogramm verankert.

Ganz zentral ist aber natürlich auch die Armutsbekämpfung. Es ist uns durch zahllose Maßnahmen gelungen, das Abrutschen größerer Teile der österreichischen Bevölkerung in die Armut zu verhindern, sei es durch die 360 Euro Kinderbonus, die Zuzahlungen zum Arbeitslosengeld, das Familienpaket, die Anhebung der Notstandshilfe auf die Höhe des Arbeitslosengeldes oder, auch im Sozialministerium beheimatet, die besondere Un­terstützung von AlleinerzieherInnen, die zum allergrößten Teil Frauen sind.

Wir haben viele Projekte im Regierungsprogramm – das ja von Wolfgang Mückstein selber mitverhandelt wurde –, die wir in den nächsten Monaten und Jahren umsetzen werden, und ich bin sehr froh, dass du, lieber Wolfgang, da an vorderster Front mit uns gemeinsam Politik machen wirst. Alles Gute für das Amt, viel Kraft! Die vollumfassende Unterstützung des Grünen Parlamentsklubs ist dir gewiss. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.38


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Klubvorsitzende Beate Meinl-Reisinger zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.38.10

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder der Bundesre­gierung! Sehr geehrter Herr Wolfgang Mückstein! Werte Kolleginnen und Kollegen und liebe Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause! Wir dürfen heute einen neuen Gesund­heitsminister in unserer Mitte begrüßen. Ja, es ist jetzt schon der dritte Wechsel in dieser Bundesregierung, und das ist natürlich kein Zeichen für Tatkraft und Aktivität, sondern eigentlich ein Zeichen dafür, dass in den vergangenen Monaten ganz viel schiefgelaufen ist.


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Es ist zweifelsohne eine Mammutaufgabe in so einer Pandemie, und wie sehr das bis hin zum Äußersten gezehrt hat, auch gesundheitlich, haben wir bei Rudi Anschober ge­sehen. Meine Fraktion möchte Sie in diesem Haus sehr herzlich begrüßen und gleichzei­tig Dankesworte an Rudi Anschober aussprechen – aber in aller Ehrlichkeit ausspre­chen. Wir zollen jedem und jeder Respekt, der oder die die Verantwortung übernimmt, in so einer Zeit politisch tätig zu sein – oder in jeder Zeit. (Abg. Hanger: Seit wann ist das so?) – Entschuldigen Sie, was ist das für ein Zwischenruf? Es gebührt jedem Men­schen, der in die Politik geht, Respekt! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Im Unterschied zu Ihnen – von Ihnen habe ich vorhin nur ein Bashing der Sozialdemo­kratie oder der Freiheitlichen gehört (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger) – möch­te ich hier im Namen meiner Fraktion eine sachliche Rede halten, und ich würde mich sehr freuen, wenn Sie das jetzt auch möglich machen (anhaltende Zwischenrufe des Abg. Hanger – Beifall bei den NEOS) und ihre Zwischenrufe, die eigentlich einer Regie­rungspartei gar nicht würdig sind, einstellen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Meine Damen und Herren, Sie sehen also, die Nervosität ist bei der ÖVP besonders groß. Das ist nicht besonders überraschend, ich möchte jetzt aber trotzdem zu meiner Rede und zu meinem Stil zurückkehren, denn ich glaube, das ist wichtig. (Zwischenrufe des Abg. Hanger.)

Die Worte, die Rudi Anschober bei seinem Rücktritt gewählt hat, haben mir auch deshalb sehr viel Respekt abgerungen, weil er mit seiner Erkrankung so transparent umgegan­gen ist. Ja, ich bin auch davon überzeugt, dass es wichtig ist, transparent mit Krankheit, mit Erkrankungen umzugehen und damit auch ein Zeichen für jede und jeden, der in einer ähnlichen Situation ist, zu setzen. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

Es ist eine Mahnung – und ich sage das jetzt ganz gerne auch in Ihre (in Richtung Bun­deskanzler Kurz) Richtung – uns allen gegenüber, respektvoll miteinander umzugehen und die Person hinter dem Amt zu sehen. Trotzdem möchte ich klar sagen, dass wir vielem kritisch gegenübergestanden sind. Vielleicht hört ja Klubobmann Wöginger auch einmal zu. – Danke vielmals, danke sehr, das freut mich außerordentlich, dass Sie mir jetzt auch Ihre Aufmerksamkeit schenken. (Abg. Wöginger: ... bissl aufregend aber auch, ja! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)  Ich habe ja gerade von Respekt ge­sprochen (Zwischenruf bei der FPÖ), wenn das für Sie nicht aufregend genug ist, dann weiß ich auch nicht. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hörl und Ottenschläger.) Ich glaube, dass es sehr wesentlich ist, einander diesen Respekt zu erweisen und trotzdem klarzumachen, dass wir vielem, was in der Regierung passiert ist und was Rudi Anscho­ber gemacht hat, sehr kritisch gegenübergestanden sind.

Jetzt starten wir sozusagen mit einem neuen Gesundheitsminister neu. Natürlich ist das auch eine Gelegenheit für einen Neustart in der Pandemiepolitik, denn da ist vieles falsch gelaufen. Österreich ist nicht gut durch die Krise gekommen, auch wenn uns und den Menschen in Österreich die millionenteuren Regierungsinserate und dieses Regieren per Rhetorik, per Ankündigung und Selbstlob immer wieder das Gegenteil weismachen wollen. Österreich ist weder gesundheitlich noch wirtschaftlich gut durch die Krise ge­kommen. Im Gegenteil: Wir stehen im europäischen Vergleich sehr schlecht da. Daher ist es jetzt umso wichtiger, in die Zukunft zu schauen und darauf zu achten, dass aus Ihrem Comebackplan nicht tatsächlich ein Comeback zurück zum alten Hinwursteln, sondern ein wirklicher Neustart wird, im Zuge dessen diesen Ankündigungen auch Taten folgen, denn Ankündigungen und Pressekonferenzen haben wir in den vergangenen Mo­naten beileibe genug gehabt.

Was uns in der Vergangenheit gefehlt hat, ist eine zentrale Steuerung. Im Krisenma­nagement ist eine zentrale Steuerung immer und überall besonders wesentlich. Unter


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einer zentralen Steuerung verstehe ich auch klare, transparente Kommunikation, die zu­mindest versucht, die Menschen in Österreich mitzunehmen. Sehr geehrte Damen und Herren, Ihr Selbstlob in allen Ehren, aber Sie haben die Menschen schon längst verloren. Es kennt sich kaum mehr einer aus. Wenn ich jetzt auf die aktuelle Situation blicke und sehe, dass in Vorarlberg bei einer Inzidenz, die höher als jene in Niederösterreich ist, die Lokale offen sind, aber die Kinder, die Schülerinnen und Schüler in Niederösterreich wieder einmal zu Hause sitzen, dann muss ich sagen, das ist nicht das, was ich unter Transparenz verstehe, sodass die Menschen wirklich nachvollziehen können, warum bestimmte Handlungsschritte gesetzt werden. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Dazu zählt natürlich auch eine in einem Widerstreit der Regierungsparteien widersprüch­liche Kommunikation. Herr Bundeskanzler, Sie haben noch vor wenigen Wochen gesagt, zu Ostern gehen die Schanigärten auf. Sie sind nicht aufgegangen. Hat das dazu bei­getragen, dass Vertrauen geschaffen wurde? – Na sicher nicht. Hat das dazu beige­tragen, dass vielleicht manche Menschen glaubten: Na, es ist eh bald alles vorbei, wenn er sagt, die Schanigärten gehen auf!, und sich daher möglicherweise nicht besonders verantwortungsvoll verhalten haben? – Na möglicherweise. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Kurz.) Also war das besonders gescheit? – Nein, das war es nicht.

Daher ist es jetzt umso wichtiger, dass dieser Plan der Öffnung verlässlich und auch mit den entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen umgesetzt wird. Sehr geehrter Herr Bun­deskanzler, weil Sie jetzt gesagt haben: Was hast du gesagt? – Was haben wir vor Wo­chen schon gesagt? (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Wir haben einen Plan mit dem Kon­zept des Testens auf den Tisch gelegt, um in den verschiedenen Bereichen etappen­weise Öffnungsschritte zu setzen. Selbstverständlich gilt: zuallererst immer die Schulen (Bundeskanzler Kurz: Und in Wien hat ...!), denn der Schichtbetrieb, das kann ich Ihnen sagen, ist das Schlechteste aller Welten.

Ich bin auch nicht glücklich darüber, dass in Wien die Schulen zu sind. (Bundeskanzler Kurz: Ah so! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich kann Ihnen aber auch sagen, dass es andere Bereiche gibt, deren Öffnung natürlich die Testzahlen massiv in die Höhe bringen würde, wie zum Beispiel der Kulturbereich oder auch Sportgroßveranstaltungen. Dieser Plan liegt seit Wochen auf dem Tisch. (Ruf bei der ÖVP: Wer trägt die Verantwortung dafür?) Über diesen Plan könnten wir seit Wochen nicht nur diskutieren, sondern ihn auch umsetzen. (Ruf bei der ÖVP: Redet ihr miteinander?) Und dieser Plan sollte in Zukunft auch umgesetzt werden. (Abg. Wöginger: Wer regiert in Wien?! Hallo!)

Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister, Sie haben gestern im „ZIB 2“-Interview gesagt, dass Sie zwei schulpflichtige Kinder haben. Ich möchte nicht nur auf die aktuelle Situa­tion schauen, in der wir wirklich dringend schauen müssen, dass wir von diesem Schlechtesten beider Welten, dem Schichtbetrieb, wegkommen, sondern auch auf den Herbst. Wenn eine Gruppe in Österreich über die letzten Monate von dieser Bundesre­gierung vernachlässigt wurde, dann waren es also definitiv Kinder und Jugendliche. Die Frage ist, was ihnen da an Zukunft geraubt wurde. (Zwischenruf des Abg. Ottenschlä­ger.) Ich hoffe, in Ihnen einen Verbündeten zu haben – denn wir haben in dieser Bundes­regierung bisher zu wenige – und dass es zukünftig auch einen Gesundheitsminister gibt, der sagt: Ich fühle mich auch für Schulen und die Frage der Gesundheitspolitik und Pandemiebekämpfung in den Schulen verantwortlich! (Ruf bei der ÖVP: Wer ist der Bil­dungsstadtrat in Wien?)

Ich möchte jetzt drei Themen ansprechen, die mir wichtig sind und die ich Ihnen in Bezug auf die Arbeit noch mitgeben möchte. Der erste Punkt ist die Achtung des Parlaments. Ich habe oft den Eindruck, dass die Regierungsparteien das immer mit einem Strich wegwischen: Es ist mühsam, es ist ja nur Streit hier im Parlament!, aber das Parlament ist die gewählte Volksvertretung. Wir sind aber schon viel zu lange daran gewohnt, dass


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Regieren per Verordnung passiert. Mit einer ungleichen Machtfülle ausgestattet agieren und regieren Minister – und allen voran der Gesundheitsminister! – per Verordnungen am Parlament vorbei. Es werden wesentliche Debatten hier herinnen nicht geführt. Ja, es lag auch an der Opposition, dass einzelne Aspekte betreffend die ganz wesentlichen Grund- und Freiheitseinschränkungen jetzt in den sogenannten Hauptausschuss kom­men, aber andere ganz wesentliche Bereiche dieser weitgehenden Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte der Menschen werden hier herinnen nicht debattiert, sondern sie werden per Verordnung gemacht und es gibt hier keine Debatte. Eine Achtung des Parlaments ist auch und gerade in Krisenzeiten das, was ich mir in einer lebendigen Demokratie erwarte, weil es das ist, was eine Demokratie ausmacht. (Beifall bei den NEOS.)

Das Zweite ist die Transparenz. Wir haben ein Problem mit Daten, das haben wir jetzt schon seit 15 Monaten. Wir haben aber auch ein Problem mit Transparenz. Vor einem Jahr sind wir hier gestanden und haben gesagt: Na ja, genau in so einer Krise ist es wesentlich, alle Daten transparent auf den Tisch zu legen, denn wer nichts weiß, muss alles glauben! – Ich behaupte einmal, dass es der Regierung sehr recht war, dass nicht immer alle Daten auf dem Tisch gelegen sind, denn so konnte man die Politik der Angst gut fortsetzen, die man gleich am Beginn dieser Pandemie begonnen hat. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Es ging darum, eine steuerbare Bevölkerung zu schaffen – steu­erbar ist ja etwas, was Sie in der Volkspartei gerne haben. Nein, es braucht umfassende Transparenz auf allen Ebenen. Ich glaube, es ist jetzt notwendig, da endlich einmal auf die Mündigkeit der Menschen statt auf Paternalismus, den wir in den letzten Monaten zur Genüge erlebt haben, zu setzen. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Fürst.)

Ein dritter Punkt ist mir ebenfalls ganz besonders wichtig: die Rechtsstaatlichkeit. Sehr geehrte Damen und Herren in dieser Regierung, nein, man kann nicht so einfach auf Gesetze pfeifen und die Verfassung sozusagen so nonchalant als lästig abtun. (Abg. Wöginger: Wer macht das ...?) In dem Moment, in dem der Verfassungsgerichtshof einschreitet, sind die ganzen Verordnungen aber eh wieder aufgehoben. Die Bilanz ist verheerend. In zehn Verordnungen wurden Bestimmungen vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben – in zehn zentralen Verordnungen Ihres Vorgängers! Ich erwarte mir von Ihnen aus Respekt gegenüber der Verfassung, aus Respekt gegenüber unserer Demo­kratie, aus Respekt gegenüber den Menschen in Österreich, dass Sie den Rechtsstaat und die Verfassung mehr als Ihr Vorgänger achten werden. (Beifall bei den NEOS.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen versuchen, hier so etwas wie einen Neustart zu wagen. Neustart bedeutet aber auch, dass Schluss mit Ankündigungen sein muss und dass den Ankündigungen Taten folgen müssen; dass eine Dialogbereitschaft bei der Frage, wie es jetzt weitergehen soll, und zwar weit über den Sommer hinaus und in den Herbst hinein, auch und gerade bei Ihnen als Regierungspartei vorhanden sein muss; dass eine Bereitschaft, in echte Reformen zu gehen, vorhanden ist und nicht von einem Comeback schwadroniert wird, denn ein Zurück zum Alten wird es nicht geben. Wann, wenn nicht jetzt, ist Anlass dafür, über ganz vieles, was falsch gelaufen ist, nach­zudenken? Sie sind seit 1984 in der Regierung. (Abg. Wöginger: Nein, seit 1987! Seit 1987, nicht einmal das weiß man, nicht?! ... mit den Roten?) – Seit 1987, das ist lang genug, Herr Wöginger, oder? (Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Ich würde aber sagen, es wäre lang genug Zeit gewesen, in ganz wesentlichen Berei­chen, die Unternehmertum befördern, echte Bildung, echte Innovation und zukünftigen Wohlstand ermöglichen, nicht nur an kleinen Rädern zu drehen, sondern echte Refor­men zu wagen. Das tut vielleicht auch Ihren Klientelen weh, aber jetzt ist die Zeit dafür. – Danke vielmals. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Wöginger: ... politische Geschichte wäre auch einmal ...!)

11.48



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 74

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Wolfgang Mückstein zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


11.49.04

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Sehr geehrte Damen und Herren auch zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! (Der Redner trägt eine FFP2-Maske.) Mein Name ist Wolfgang Mückstein, ich bin Arzt für Allgemeinmedizin, in den letzten 15 Jahren praktischer Arzt in Wien gewesen. Ich bin aber auch Vater zweier Töchter. Warum sage ich Ihnen das? – Weil ich Ihnen gleich auch eine Art Beipackzettel mitliefern will, weil natürlich meine persönlichen Erfahrungen als Arzt, aber eben auch als Familienvater meine Entscheidungen in Zukunft mitbestim­men werden.

Wie ist die aktuelle Lage? – Wir befinden uns am Gipfel der dritten Welle. Gipfel bedeutet eigentlich, es geht jetzt wieder runter und es wird alles gut. Ich warne davor, das so zu sehen. Das ist noch lange nicht vorbei. Es ist trügerisch.

Auf der einen Seite machen wir uns darüber Gedanken – und müssen wir uns Gedanken machen –, wie wir wieder aufsperren. Dazu gibt es Gespräche. Wir erwarten gegen Ende der Woche die Einigung, und wir werden Ihnen das dann mitteilen. Wir alle freuen uns natürlich darüber. Wir alle wollen zurück in unser altes Leben. Glauben Sie mir: Ich will auch zurück in mein altes Leben. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Ich will wieder meine Freunde treffen. Ich will wieder nach Griechenland auf Urlaub fahren, und ja, ich will mein altes Leben wieder zurück. (Abg. Steger: Maske runter! – Rufe bei der FPÖ: Ins Mikro! Lau­ter!)

Auf der anderen Seite müssen wir aber auch schauen, wie die Situation auf den Inten­sivstationen ausschaut. Wie ist die Situation auf den Intensivstationen? – Gerade in Wien schaut es nicht sehr rosig aus. Wir haben eigentlich fast überall eine Überbelas­tung. Wenn es darum geht, Menschenleben zu schützen, dann mache ich keine Kom­promisse. Das heißt, alles, was wir und was Sie hier in den letzten 15 Monaten gemacht haben, muss das Ziel haben, dass wir zuerst einmal die Menschen schützen, damit sie nicht sterben – all diese Maßnahmen. Dann können wir beginnen, daran zu denken, zu öffnen, wir können an den grünen Pass denken, wir können an den Herbst denken und so weiter. Das ist mein erster wesentlicher Punkt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wie können wir das erreichen? – Da ersuche ich Sie auch um Ihre Unterstützung. Wir müssen den Leuten signalisieren: Es gibt eine Lösung. Die Lösung ist für mich: Impfen, Testen, Testen, Testen und die Basismaßnahmen einhalten. Wir müssen Abstand hal­ten, wir müssen uns die Hände waschen und wir müssen (auf seine FFP2-Maske deu­tend) Maske tragen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Zum Thema Impfen gibt es tatsächlich gute Neuigkeiten, das muss man schon sagen: Die Dosen von Biontech/Pfizer, die vorgezogen worden sind, die wir jetzt schon im April, im Mai, im Juni bekommen, bedeuten, dass wir – zusätzlich zu den 200 000, die wir über das EU-Kontingent kriegen – tatsächlich sagen können, dass wir alle impfwilligen Ös­terreicher bis Ende Juni impfen können. Denken Sie bitte zurück! Vor einem Jahr ist gesagt worden: Wir kriegen Impfstoff frühestens im Juni 2021 – also in zwei Monaten. Denken Sie an die Situation im Jänner, da hat es geheißen: Wir kriegen Impfstoff!, aber es gab immer mehr Verzögerungen. Wir können tatsächlich seit 10 Tagen sagen, dass in Österreich im Juni genug Impfstoff da sein wird: 4 Millionen Dosen.

Ich war gestern im Vienna International Center. Die Kolleginnen und Kollegen dort, die Krankenschwestern, die Krankenpfleger können am Tag 30 000 Menschen impfen. Können Sie sich das vorstellen? Wenn 130 000 Dosen am Tag in Österreich verimpft werden müssen, dann schafft alleine das Austria Center, das Vienna International Center,


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30 000. – Großartig – Respekt dafür! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordne­ten der SPÖ.) Übrigens: Parallel dazu können dort auch 10 000 Leute einen Schnelltest machen.

Wir sind jetzt dabei, diese ersten Öffnungsschritte zu akkordieren und endabzustimmen. Es fehlt dann noch die Runde über die Länder – natürlich – und die Sozialpartner. Don­nerstag, Freitag wird dann die Kommunikation diesbezüglich erfolgen.

Es ist mir aber auch Folgendes ein besonderes Anliegen: Wir alle kennen den Ausdruck Kollateralschäden. Es gibt die Kollateralschäden im medizinischen Bereich. Das ist das eine. Es gibt die Kollateralschäden aber auch im sozialen Bereich. Ich weiß nicht, ob Ihnen allen die Zahl – oder ich nehme an, dass es so ist – von 1,2 Millionen armen Men­schen – ich benutze extra das Wort arme Menschen – in Österreich bekannt ist. Die werden Sie kennen. Das sind aber bitte die Zahlen von vor der Krise. Wir alle wissen nicht, wie viele Leute jetzt arm sind, denn dazu gibt es noch überhaupt keine Zahlen. Wenn ich weiß, dass eine Mutter, die Alleinerzieherin ist, zu 50 Prozent armutsgefährdet ist, dann ist das bitte ein Auftrag zu handeln – für uns alle. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

Schauen wir uns die psychischen Auswirkungen der Krise an! Ich habe das in den letzten zehn Jahren grundsätzlich und in den letzten 15 Monaten die Pandemie betreffend er­lebt: Da gibt es natürlich die Depressionen, die zugenommen haben. Angststörungen, Schlafstörungen bei Kindern – so etwas hat es früher fast nicht gegeben – haben rapide zugenommen. Das heißt, die Betreuung, die psychotherapeutische Betreuung, insbe­sondere von Kindern, ist auszubauen, und ja: Ich möchte Psychotherapie auf Kranken­schein. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Auch neue Herausforderungen kommen auf uns zu, Long Covid zum Beispiel. Wir wissen in der Zwischenzeit: Zwölf Wochen nach der Infektion werden die Symptome nicht besser, die Leute sind müde, die Leute kommen nicht auf die Beine, sie haben keinen Geruchs-, Geschmackssinn – Long Covid. Wir brauchen erstens einmal eine transparente Kommunikation, damit die Leute überhaupt wissen, dass sie Long Covid haben, und dann anständige Einrichtungen, die im ambulanten Setting – ob in Ordinatio­nen oder in Ambulanzen, das wird zu klären sein – Ansprechpartner bieten, und auch Reha-Einrichtungen.

Ich habe in meiner Zeit – das war die Berufsentscheidung, die ich nach meiner Berufsbe­rechtigung getroffen habe – beim Ganslwirt, für die Wiener, in Mariahilf, jetzt sozialmedi­zinisches Zentrum Jedmayer am Gumpendorfer Gürtel, glaube ich, den Zusammenhang zwischen Armut und Krankheit sehr gut kennenlernen dürfen. Dort sind die Ärmsten der Armen. Dort sind die Drogenabhängigen – multipler Substanzkonsum, Spritzenabszes­se, Hepatitis B, C, HIV –, Leute, die keinen Platz zum Schlafen haben.

Ich habe danach beim Neunerhaus gearbeitet. Dort sind Menschen, die jahrelang auf der Straße gelebt haben, die sich ins Bett legen und zum ersten Mal wieder einen grippalen Infekt kriegen, weil einen grippalen Infekt auf der Straße zu bekommen nämlich heißt, dass man stirbt, und das kann man sich nicht leisten. Ich habe das gesehen, ich habe das auch in der Ordination gesehen. Ich glaube, ich weiß tatsächlich, wo der Schuh drückt. Meine Damen und Herren, die Krise hat diese Sachen schlimmer gemacht. (Abg. Martin Graf: Sie haben ...!) Wenn wir im Regierungsübereinkommen von einer Reduk­tion der Armut reden, dann wissen wir, dass wir jetzt weniger Mittel und mehr Probleme haben. Ich glaube – und da werde ich auch Ihre Unterstützung brauchen –, da müssen wir alle zusammenarbeiten. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

Die nächste große Baustelle ist natürlich die Baustelle der Pflege. Wir haben viel zu wenig Pflegerinnen und Pfleger. Wir haben viel zu wenig Leute, die sich ausbilden lassen wollen. Das heißt, wir müssen nicht nur die Fragen klären: Wer pflegt und wer wird ge­pflegt? Wie geht man mit Menschen um, die Hilfe in diesem Bereich brauchen?, sondern


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wir müssen uns fragen: Wie schaffen wir es, Ausbildungsbedingungen zu verbessern? Wir haben das gleiche Thema übrigens auch bei den Ärztinnen und Ärzten. Da haben wir das KPJ – für Insider –, das Klinisch-Praktische Jahr, am Ende des Studiums. Das wird jetzt im Rahmen eines Exzellenzprogramms mit ungefähr 550 Euro gefördert. Ich kann mir das als Beispiel auch für die Pflege vorstellen. Das muss man sich jetzt genau anschauen.

Menschen mit Behinderung: Wenn es eine UN-Behindertenrechtskonvention gibt, die noch nicht umgesetzt ist, dann wird mir ganz schwummrig. Das ist auch ein Auftrag, zu handeln. Man muss auch an Leute denken, die nicht – oder schwerer – aktiv am öffentli­chen Leben teilnehmen können. Das ist mir auch ein besonderes Anliegen. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Das gilt übrigens auch für den Tierschutz, denn für den bin ich auch zuständig – nicht nur für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, sondern auch für den Tierschutz. Das werde ich so wie Rudi Anschober halten.

Gut, dass mir der Name jetzt bei der Rede unterkommt: Ich möchte mich bei Rudi An­schober sehr herzlich bedanken. Warum? – Er hat ein Haus übernommen, in dem we­sentliche Funktionen, wesentliche Sektionen gar nicht besetzt waren. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hafenecker und Loacker.) Ihre Funktion (in Richtung Abg. Rendi-Wag­ner) Chief Medical Officer hat es gar nicht mehr gegeben. Wir haben jetzt mit Frau Dr. Katharina Reich unsere oberste Pandemiebekämpferin im Haus – sie ist übrigens auch Impfkoordinatorin –, und das hat Rudi Anschober wieder möglich gemacht, neben der Medizinrechtssektion, die er massiv verstärkt hat, und, und, und. Das Haus ist jetzt pandemiefit, und ich bin der Profiteur davon. – Danke, Rudi Anschober! (Beifall bei Grü­nen und ÖVP.)

Ich darf ein Ressort mit einem sehr breiten Spektrum übernehmen. Das ist mir sehr wohl bewusst. Es muss Ziel sein, eine möglichst große Anzahl der Österreicherinnen und Österreicher in ihrer Lebenssituation zu unterstützen und diese zu verbessern. Wir alle hier werden bitte gemeinsam daran arbeiten! – Ich bedanke mich für die Aufmerksam­keit. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

11.59


Präsidentin Doris Bures: Danke, Herr Bundesminister! Nun ist der nächste Redner Herr Abgeordneter Josef Smolle. – Bitte.


11.59.28

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­kanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Regierungsmitglieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganz besonders: Lie­ber Herr Gesundheitsminister! Auch im Namen unserer Gesundheitssprecherin Gaby Schwarz darf ich Sie ganz, ganz herzlich hier willkommen heißen. Wir freuen uns, dass Sie dieses wirklich herausfordernde wichtige Amt angenommen haben. Es ist natürlich ehrenvoll, so ein Amt angeboten zu bekommen, aber es bedeutet eine enorme Verant­wortung, und die ist Ihnen bewusst. Dass Sie bereit sind, das in dieser wirklichen Jahr­hundertherausforderung auf sich zu nehmen, nötigt uns größten Respekt ab, und wir wünschen Ihnen gleich einmal alles Gute dafür. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ihre vordringlichste Aufgabe, wie sie heute auch schon angesprochen worden ist, be­steht natürlich darin, uns durch diese Gesundheitskrise zu führen und uns aus dieser Gesundheitskrise herauszuführen. Das wird uns nicht einfach in den Schoß fallen, denn wo stehen wir weltweit im Moment? – Laut WHO haben wir derzeit die Wochen mit der höchsten Zahl täglicher Neuinfektionen. Dass wir in Österreich derzeit in einer Situation sind, in der die Zahlen weitgehend stabil mit einer gewissen sinkenden Tendenz sind, ist sehr, sehr hart erarbeitet. Dass das schwierig ist und ambivalent diskutiert wird, ist nicht zuletzt aus den Argumenten, die von der Opposition gekommen sind, hervorgegangen.


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Die SPÖ sagt: Warum nicht konsequenter und längerer Lockdown? – Man weiß, ein kompletter Lockdown unterbricht das Epidemiegeschehen, wie das in der ersten Welle deutlich der Fall war. Kompletter Lockdown hieße aber zum Beispiel auch Schließung der Schulen, was wiederum enorme psychosoziale Herausforderungen darstellt. (Zwi­schenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Das heißt, das geht in dieser Form nicht, es braucht einen gangbaren Weg mit Augenmaß, mit Sicherheitskonzept, wie wir ihn gehen.

Wenn ich die Schulen nenne, denke ich daran, dass gerade in Wien, wo Rot und Pink regieren, im Moment die Schulen geschlossen sind. (Abg. Meinl-Reisinger: In Niederös­terreich auch! Bei einer ÖVP-Alleinregierung!) Das mag gute Gründe haben, ist aber natürlich auch nicht die Dauerlösung. Deshalb müssen wir weiterhin mit Hausverstand, mit gezielten Maßnahmen möglichst gut ein soziales, bildnerisches, wirtschaftliches Le­ben wieder in Gang setzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn von der viel strapazierten Freiheit die Rede ist: Die Freiheit ist unteilbar! Das bedeutet, damit alle Menschen an der Freiheit teilhaben können, ist es aber notwendig, dass jeder Einzelne von uns bereit ist, Tag für Tag die Freiheit mit den anderen zu teilen und auf sie Rücksicht zu nehmen. Das möchte ich auch in Richtung FPÖ sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrter Gesundheitsminister, es gibt nicht nur die Pandemie, es gibt im Gesund­heitswesen auch viele andere Aufgaben. Wir knüpfen gerade an Sie mit Ihrer ärztlichen Expertise die Hoffnung, dass etliche Dinge, die Sie auch im Regierungsprogramm mit­verhandelt haben, jetzt mit neuem Schwung angegangen werden. Ich sage Aufwertung der Allgemeinmedizin, Einführung der Fachärztin, des Facharztes für Allgemeinmedizin, einige andere Aspekte, die durchaus in der Ärzteausbildung noch beachtet werden sollten, wie zum Beispiel chirurgische Intensivmedizin oder Fachzahnärztin, Fachzahn­arzt für Kieferorthopädie, wozu es einen von allen fünf Fraktionen getragenen Entschlie­ßungsantrag gibt.

Grundsätzlich wird es aber auch darum gehen, das Verteilungsproblem, das wir im ärztlichen Bereich haben, entschieden anzugehen. Wir haben bekanntlich immer wieder die eine oder andere Schwierigkeit, Kassenvertragsstellen zu besetzen, auf der anderen Seite gibt es etwa 10 000 Kolleginnen und Kollegen, die Wahlarztordinationen betreiben. Das heißt, eine Aufwertung und Attraktivierung des kassenärztlichen Vertragsbereichs wird sicher auch eine Aufgabe sein. Herr Bundesminister, gerade Sie, der Sie mit einem Primärversorgungszentrum Vorreiter waren, kennen sicher genau die Dinge, auf die es dabei ankommt und bei denen die Weichen zu stellen sind.

Wir bekennen uns zu einem niederschwelligen solidarischen Gesundheitswesen, das auf höchstem internationalen Niveau arbeitet. Das bedeutet einen beständigen Aus­gleich in Hinblick auf die Berufsgruppen im Gesundheitswesen, einen Ausgleich hin­sichtlich Sozialversicherung und Länder. Das braucht aber auch Investitionen in die For­schung. Ich denke dabei an das Uni-Med-2030-Impulsprogramm der Bundesregierung, an die Notwendigkeit von öffentlicher Förderung von klinischer Forschung und nicht zuletzt an ein transparentes Finanzierungs-, Honorierungs- und auch Bezahlungssys­tem, was innovative Arzneimittel betrifft. Auch dafür gilt es, im Interesse unserer Pa­tientinnen und Patienten einen transparenten und guten Weg zu finden.

Ein weiterer wesentlicher Punkt – Sie haben ihn schon angesprochen – ist die psychi­sche Gesundheit. Da gehört die Versorgung ausgebaut. Ein spezieller Teilaspekt davon, der gerade jetzt in der Pandemie wieder besonders aufgepoppt ist, sind die Essstö­rungen bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Auch darauf wird ein Au­genmerk zu richten sein.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich darf Ihnen abschließend noch einmal zu der Ernennung gratulieren. Sie wissen, dass unsere Fraktion die Gesundheitspolitik der Bun­desregierung nach Kräften und aus fachlicher Überzeugung unterstützt hat. Wir werden


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das weiter tun, freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit, und persönlich wünsche ich dir alles Gute. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.06


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte.


12.06.37

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sebastian, magst du ein bissel später mit der Eli weiterratschen? (Zwischenruf des Abg. Melchior.) Ich habe deiner Rede so aufmerksam zugehört, es wäre sehr spannend, wenn wir mitein­ander reden könnten. – Okay, bereden wir es nachher. Ich habe nämlich Sebastian Kurz aufmerksam zugehört und habe gedacht, dass er wirklich Interesse hat. Er hat heute so viel von Respekt, Zuhören und ausgestreckter Hand geredet, aber oft sind ja Politiker so, dass sie viel reden, die eigenen Worte dann mit den Taten aber nicht ganz überein­stimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin heute nämlich draufgekommen, warum Sebastian Kurz fast 60 Pressesprecher angestellt hat: Die Rede war spannend, er hat in der Rede gesagt, man muss in der Politik hinter einem Politiker immer auch den Menschen sehen. Dann hat er gesagt, man muss zuhören und es braucht Respekt. Wir merken gerade, wie respektvoll er zuhört. Er hat gesagt, man muss den Menschen sehen. Da habe ich mir gedacht: Er wird sich wohl nicht am Ende jetzt bei Rudi Anschober für die Hacklschmeißerei der letzten Monate entschuldigen wollen? – Aber nein! Mit der Aussage: Man muss den Menschen sehen!, hat Sebastian Kurz nicht Rudi Anschober gemeint, sondern er hat sich selbst gemeint.

Sebastian Kurz, du hast dich, glaube ich, ein bissel als Opfer gesehen, aber ich darf ganz offen sagen: Sebastian, du bist nicht das Opfer, denn wenn du dich an die letzten Monate zurückerinnerst, war die Art und Weise der Zusammenarbeit zwischen euch bei­den keine faire. Die Krönung war für mich, dass genau in dem Moment, als Rudi Anscho­ber mit einem Kreislaufkollaps im Krankenhaus gelegen ist, die Hacklschmeißerei be­gonnen hat und dass man nachgetreten hat. Jedes Kind lernt im Kindergarten: Wenn jemand am Boden liegt, dann steigt man nicht drauf, sondern streckt die Hand aus und hilft. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist – leider – eigentlich aus meiner Sicht das Tragische: Rudi Anschober war so nobel und hat kein Wort zu dir gesagt. Er hat kein einziges Wort zum Bundeskanzler der Republik gesagt. Das war Strafe genug. Das war ein nobler Zug zum Abschied. Ich bin nicht ganz so nobel, sondern ich möchte auch offen sagen, dass wir aus den Fehlern lernen und uns überlegen müssen, was in den letzten Monaten passiert ist. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Wir haben oft miteinander über die Hacklschmeißerei in Richtung Anschober diskutiert. Der Unterschied war, Rudi Anschober war auch bereit, miteinander zu diskutieren und sich zu entschuldigen, wenn Fehler passiert sind. Sebastian Kurz glaubt aber, dass Krisenmanagement eine Egoshow ist, dass es um PR geht, dass es darum geht, wer der große Krisenmanager ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben es doch alle erlebt: Am Beginn der Krise war Sebastian Kurz der große mutige Kapitän, der uns vorausschauend durch diese Krise bringt. Damals war er ganz stark da, in jeder Zeitung ist er mit einem Foto erschienen, bei den Impfterminen ist er da gewe­sen, aber kaum hat es den ersten Gegenwind gegeben, hat der mutige Kapitän Se­bastian Kurz sofort das Ruder aus der Hand gegeben, hat sich unter Deck versteckt und hat alle anderen rudern lassen.

Das ist kein Krisenmanagement für Österreich! Du hast nicht nur Rudi Anschober im Stich gelassen, sondern du hast vor allem Österreich und seine Bevölkerung im Stich gelassen. (Beifall bei der SPÖ.) All die Menschen, die Tag und Nacht in den Pflegehei­men für uns da sind, im Krankenhaus auf den Intensivstationen für uns arbeiten, hätten


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einen Bundeskanzler gebraucht und nicht dieses: Ich bin da, ich bin schon wieder weg. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) – Ich meine, ich bin Kärntner, ich habe das auch in den Jahren von Haider gut kennengelernt, aber mitten in einer Krise kann doch der Bundes­kanzler nicht sagen: Wenn die Sonne scheint, dann bin ich da, und wenn irgendwann ein Gegenwind kommt, sind alle anderen verantwortlich. – Das ist doch kein Krisenma­nagement! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bitte dich wirklich, Sebastian, nimm das Ruder in die Hand, hab Mut und mach das, wofür du gewählt worden bist! Der mutige Kapitän sein zu wollen, aber sich immer dann zu verstecken, wenn es Gegenwind gibt, das ist keine Politik für Österreich. (Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Weil heute auch viel von den Grünen gekommen ist, von Sigi Maurer und von Werner Kogler: Ich glaube wirklich, wenn ihr eure Lobhudeleien in Richtung Rudi Anschober ernst gemeint hättet, dann hättet ihr im letzten Monat doch irgendwann den Mut haben und sagen müssen: So gehen wir miteinander nicht um, stopp! Das kann nicht sein, diese Hacklschmeißerei in der Regierung, die Situation ist ernst genug. (Zwischenruf des Abg. Sieber.) Das ist kein fairer Umgang! – Von Sigi Maurer habe ich nichts gehört, und auch von Werner Kogler habe ich in den Monaten, in denen Anschober immer wieder durch die Hacklschmeißerei der ÖVP behindert worden ist, nichts gehört. (Beifall bei der SPÖ.)

Deswegen ist unsere Hand jetzt ausgestreckt. Wir werden versuchen, den neuen Mi­nister Mückstein von Anfang an zu unterstützen. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Da geht es nicht um die politischen Parteien, da geht es um Österreich, und deswegen brin­gen wir heute noch einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „konkrete Impfter­mine, Antigen-Tests zur Eigenanwendung als Zutrittstests und Long-Covid-Strategie“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz wird aufgefordert, umgehend dafür Sorge zu tragen,

- dass bundesweit zentral organisiert, innerhalb der nächsten 2 Wochen allen Impfwil­ligen in Österreich ihr konkreter Impftermin mitgeteilt wird,

- dass endlich die Voraussetzungen für die Zulassung von Antigen-Tests zur Eigenan­wendung als Zutrittstests geschaffen werden und

- dass binnen eines Monats eine Long-Covid-Strategie erarbeitet wird.“

*****

Die SPÖ hat konkrete Vorschläge: Schauen wir, dass es Wohnzimmertests gibt, die auch als Zutrittstests gelten! Schauen wir, dass wir eine Long-Covid-Strategie entwickeln und dass sich endlich alle Menschen in Österreich auskennen und dass ihnen auch ein konkreter Impftermin bekannt gegeben wird!

Was nicht funktioniert, ist, wenn von der EU Impfstoffe beschafft werden, die alle euro­päischen Staaten bekommen, und Sebastian Kurz sagt: Ich war das, ich war es, ich war derjenige, der den Impfstoff beschafft hat!, aber wenn es dann darum geht, dass die Bevölkerung in Österreich konkret erfährt, wann der Impftermin ist, dann sagt Sebastian Kurz: Ich bin ja nur Bundeskanzler, keine Ahnung, wie das funktionieren soll, ich bin dafür nicht zuständig.


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Wir kennen also, glaube ich, inzwischen alle das Muster: Wenn etwas im Krisenma­nagement gut funktioniert, dann war es der strahlende Kapitän Sebastian Kurz, und im­mer wenn etwas nicht funktioniert, dann putzt er sich ab, dann sind alle anderen schuld: die Länder, die Gemeinden, die Krankenschwester vor Ort oder die Ärztinnen und Ärzte. – Das ist die Politik von Sebastian Kurz. Das ist leider nicht mutig, das ist genau das Gegenteil.

Ich bitte dich wirklich, Sebastian, denn das war kein fairer Zugang Richtung Rudi An­schober, und du hast heute viel von Menschlichkeit gesprochen: Versuch wirklich, da­rüber nachzudenken, nimm vielleicht das Telefon zur Hand und ruf heute am Abend Rudi Anschober an und sag: Rudi, wo hätte ich dich denn mehr unterstützen können? (Zwi­schenruf des Abg. Melchior.) Rudi, du hast gesagt, du hast dich in der Regierung oft allein gefühlt.

Vielleicht habt ihr eine Möglichkeit, telefonisch einmal unter vier Augen zu reden. Deine Selbstkritik musst du nicht hier im Plenum zur Schau stellen, aber vielleicht bist du auch bereit, Rudi Anschober einmal offen zu fragen, was er in der letzten Zeit erlebt hat und ob ihm die Hacklschmeißerei mitten in der Krise die Arbeit leichter gemacht hat. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Also was du da zusammenredest ...!)

12.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kucher, Genossinnen und Genossen

betreffend konkrete Impftermine, Antigen-Tests zur Eigenanwendung als Zutrittstests und Long-Covid-Strategie

eingebracht im Zuge der Debatte zur Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vize­kanzlers gemäß § 19 Abs. 2 GOG-NR anlässlich der Ernennung eines neuen Bundesmi­nisters für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

Bundeskanzler Kurz hat zugesagt, dass durch die vorgezogene Lieferung von 1 Mio. Impf­dosen der Firma BioNtech/Pfiser alle Personen, die sich impfen lassen wollen, bis Juli auch geimpft sein können.

Halten die aktuellen Zusagen, die der Bundeskanzler verkündet hat, sind es nur noch wenige Wochen, in denen Covid-Impfstoff Mangelware ist und in denen nach Priorisie­rungslisten geimpft wird (bzw. werden sollte, viel wurde ja von Anfang an freihändig ver­geben).

Aus diesem Grund muss die Regierung jetzt allen Impfwilligen eine Perspektive geben und durch eine zentrale bundesweite Koordination und Organisation die Möglichkeit schaffen, innerhalb kürzester Zeit endlich einen konkreten Impftermin zu bekommen.

Weiters ist es höchst an der Zeit, dass im Hinblick auf die von der Regierung angekün­digten kommenden Öffnungsschritte, endlich auch die Voraussetzungen geschaffen werden, dass Antigen-Tests zur Eigenanwendung als Zutrittstests zugelassen werden. Wenn wir die Bereitschaft zu mehr Testungen in der Bevölkerung erhöhen wollen, muss diese Möglichkeit, endlich geschaffen werden.

Nicht vergessen werden dürfen aber auch jene rund zehn Prozent der Corona-Infizierten, die auch Monate nach Beginn der Erkrankung noch an teils schweren Folgen von
Covid-19 leiden. Es gibt derzeit generell noch ein Informationsdefizit und mangelnde Daten zur Anzahl der Long-Covid-Patienten und ihren jeweiligen Folgeerscheinungen.


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Das Krankheitsbild aber ist sehr vielfältig, von neurologischen und psychiatrischen Syn­dromen sowie Problemen an der Lunge oder am Herzen. Ein Drittel der Patienten, die auf Intensivstationen gewesen sind, sind nach einem Jahr nach wie vor nicht fähig sich selbst zu versorgen oder wieder in ihrem Beruf zu arbeiten.

Daher ist es erforderlich umgehend Maßnahmen zu treffen und eine Strategie zur Un­terstützung der Betroffenen und zur Beseitigung dieser Folgeerscheinungen zu erar­beiten. In England sollen beispielsweise bereits bis Ende April flächendeckend 83 Long-Covid-Zentren entstehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz wird aufgefordert, umgehend dafür Sorge zu tragen,

•             dass bundesweit zentral organisiert, innerhalb der nächsten 2 Wochen allen        Impfwilligen in Österreich ihr konkreter Impftermin mitgeteilt wird,

•             dass endlich die Voraussetzungen für die Zulassung von Antigen-Tests zur          Eigenanwendung als Zutrittstests geschaffen werden und

•             dass binnen eines Monats eine Long-Covid-Strategie erarbeitet wird.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Kaniak. – Bitte.


12.13.37

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr Minister Mückstein! Ich darf Sie in meiner Funktion als Obmann des Gesundheitsausschusses als neuer Gesundheitsminister im Hohen Haus begrüßen.

Ich muss sagen, ich habe in Ihre Ernennung ursprünglich sehr große Hoffnungen ge­setzt – Hoffnungen deswegen, weil in den letzten Monaten klar war, dass dem ausge­schiedenen Gesundheitsminister Anschober die Kraft zur Bewältigung dieser Krise ausgegangen ist. Er ist an seinen eigenen hohen Ansprüchen, als verbindendes und vermittelndes Element zu agieren, gescheitert. Er ist an einem Koalitionspartner geschei­tert, der ihm jede negative Nachricht in die Schuhe geschoben und positive Dinge an sich gezogen hat. Er ist aber auch einfach am Krisenmanagement gescheitert.

Sie haben das in Ihrer eigenen Rede heute ganz gut auf den Punkt gebracht: Nach über einem Jahr Bundesminister Anschober sind noch immer etliche Reformen im Gesund­heitsressort ausständig gewesen – Dinge, die man ganz am Beginn der Legislaturpe­riode hätte regeln müssen und die auch die Krisenbewältigung deutlich erleichtert hätten.

Nun, ich habe durch Ihre Ernennung auch deshalb Hoffnung geschöpft, weil Sie als je­mand, der tatsächlich vom Fach ist, eine Expertise mitbringen, die dem ausgeschiede­nen Bundesminister Anschober in der fachlichen Beurteilung gefehlt hat, und auch weil ich die Hoffnung habe, dass Sie als Mediziner im Umgang mit wissenschaftlichen Daten und evidenzbasierten Entscheidungen Erfahrung haben. So müssen Sie in Ihrem Alltag,


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auch im Umgang mit Ihren Patienten, bei jeder Therapieentscheidung agieren, und so habe ich die Hoffnung gehabt, dass Sie diese wissenschaftliche Erfahrung auch in Ihr Amt als Bundesminister einbringen werden und dass wir es angehen werden, die Maß­nahmen, die die Bundesregierung zur Bewältigung dieser Krise getroffen hat – vor allem auch Ihr Vorgänger im Gesundheitsressort –, zu analysieren und eine Kurskorrektur ein­zuleiten, die für Österreich so dringend notwendig ist.

Man muss gar nicht weit in die Ferne schweifen. Ich habe diese Vorschläge schon mehr­mals eingebracht, und ich würde mich freuen, wenn ich sie Ihnen im Detail näherbringen könnte. Wir haben schon vor Monaten einen ganz klaren Fünfpunkteplan veröffentlicht und in mehreren Pressekonferenzen und Plenarreden erwähnt, der eigentlich klipp und klar besagt, was unsere Vorstellungen sind, wie wir aus diesem Schlamassel wieder herauskommen.

Der erste Schritt wäre einmal die Beendigung des Lockdowns in Österreich. Leider Gottes haben Sie dazu schon Position bezogen; ich vermute aber, bevor Sie sich die Unterlagen und die wissenschaftlichen Daten und die internationalen Studien zu diesem Thema angesehen haben, denn der Lockdown schadet schon längst mehr, als er nützt, besonders in der Form, wie er in Österreich umgesetzt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

99,7 Prozent der Bevölkerung werden in Geiselhaft genommen und in ihren Grund- und Freiheitsrechten eingeschränkt, weil 0,3 Prozent der Bevölkerung als aktive Fälle geführt werden, wovon über 80 Prozent asymptomatisch sind und de facto auch kein großes Übertragungsrisiko darstellen. Das ist nicht die Ultima Ratio, als die das Parlament diese Maßnahme beschlossen hat, sondern das ist eine Pervertierung der Ultima Ratio einer Ausgangssperre und einer Freiheitsbeschränkung, die als letzte Konsequenz vorgese­hen war und jetzt seit vielen Monaten als Dauermaßnahme etabliert ist. Das gehört schleunigst abgeschafft! (Beifall bei der FPÖ.)

Der zweite Punkt ist das totale Zahlenchaos, in dem wir uns noch immer befinden. Auch da appelliere ich an Sie als wissenschaftlich ausgebildeten Menschen: Wenn man Ent­scheidungen treffen muss, dann muss man auch ehrliche Zahlen haben. Selbst aus dem Krisenstab ist immer wieder die Kritik laut geworden, dass die Zahlen, die sie bekommen, nicht evident sind, dass sie nicht wahr sind.

Auch der Präsident der Gesellschaft der Intensivmediziner hat kürzlich gesagt, er schaut gar nicht mehr auf das Ages-Dashboard, weil die Zahlen, die dort veröffentlicht werden, schlicht und ergreifend falsch sind.

Wir haben ein Recht darauf, ordentliche Zahlen zu bekommen, die der Realität entspre­chen, und dass Entscheidungen dann auf dieser Basis getroffen werden! Da können Sie in einem ersten Schritt damit anfangen, auch die Definition von aktiven Fällen zu über­arbeiten. Ich habe das in meiner letzten Pressekonferenz auch schon angeführt: Die entspricht nicht den Vorgaben der WHO. Da fehlt ein ganz entscheidendes Element, nämlich die ärztliche Diagnose einer Erkrankung, die ursprünglich auch im Epidemie­gesetz vorgesehen war, dass ein Krankheitsverdächtiger oder Kranker von einem Arzt diagnostiziert wird, bevor man Maßnahmen gegen seine Grund- und Freiheitsrechte trifft und ihn in Quarantäne schickt. Es sind ganz elementare Dinge, die im Umgang mit den Menschen in unserem Land seit Monaten mit Füßen getreten werden. Ich habe die Hoff­nung gehabt, dass Sie als neuer Gesundheitsminister diese Versäumnisse, diese gro­ben Fehler angehen und beenden werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Das setzt sich bei den gesetzlichen Regelungen und Verordnungen fort, das ist heute angesprochen worden – über hundert Verordnungen! Ganz so laissez faire, wie das der Herr Vizekanzler gesagt hat, können wir nicht darüber hinwegsehen, dass da etliche dabei sind – mindestens zehn –, die bereits jetzt vom Verfassungsgerichtshof aufgeho­ben worden sind. Das Ganze ist passiert, weil sich die Bundesregierung vor die Presse


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hingestellt und Maßnahmen verkündet hat, die noch in keiner Weise gesetzlich ausge­arbeitet waren. Dann wurde das Ministerium verpflichtet, schnell, schnell, schnell Verord­nungen und Gesetze nachzuliefern, und es hat eben keine ordentliche Überprüfung durch den Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt gegeben, keine Begutachtung von vielen dieser Gesetze und Verordnungen. Das ist ein gravierender Fehler gewesen, das muss umgehend nachgeholt werden. Das heißt, eine Normenüberprüfung aller Gesetze und Verordnungen ist eine ganz klare Forderung von uns. Auch das haben sich unsere Bürger verdient. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Dann haben wir in den vergangenen Monaten ein riesiges Defizit beim tatsächlichen Schutz der Risikogruppen gehabt, und das betrifft jetzt nicht nur die äußerst problemati­sche bis katastrophale Umsetzung des Impfplans, wodurch in manchen Bundesländern nicht einmal die Hälfte des verfügbaren Impfstoffs tatsächlich an die Risikogruppe ge­gangen ist, sondern es geht noch viel weiter zurück: zum Ankauf von schadhaften Mas­ken, dazu, dass es keine klaren Regelungen für Alten- und Pflegeeinrichtungen gab. Wenn man weiß, dass zumindest zum Jahreswechsel knapp die Hälfte aller Todesfälle aus Alten- und Pflegeheimen gekommen ist, dann sieht man, wie viel Leid und wie viele Tote man hätte verhindern können, wenn man nur diese ganz, ganz kleine Bevölke­rungsgruppe effektiv geschützt hätte. Da hat die Bundesregierung versagt, und da er­warte ich mir für die Zukunft auch klare und effektive Maßnahmen, denn die werden von der Bevölkerung auch mitgetragen. (Beifall bei der FPÖ.)

Der letzte Punkt, der aber auch aktueller ist, als man denken würde, ist die Stärkung der Gesundheitsbehörden, aber auch der Behandlungssysteme. Es ist mir – Sie wissen es wahrscheinlich, ich bin auch selbstständiger Apotheker – ein absolutes Rätsel, warum es in Österreich so unendlich lange dauert, bis neue Therapieoptionen gegen Covid-19 auch tatsächlich in den Alltag in den Kliniken und in die Behandlung einfließen. Monate vergehen, bis dann eigentlich die Behandlung schon gar nicht mehr indiziert ist oder bis es schon wieder bessere Therapieformen gibt. Denken Sie nur an das Remdesivir! Vor einem Monat wurde das erst beschlossen. Dabei ist es schon ungefähr seit Oktober, eigentlich sogar noch länger, also seit über einem halben Jahr, als eines der wenigen Mittel, mit denen man zumindest bei schweren Verläufen gut eingreifen kann, in aller Munde.

Beim Budesonid-Inhalator, zu dem jetzt seit drei Wochen über die Oxford-Studie ent­sprechend publiziert wurde, gibt es noch nicht einmal Überlegungen zum Ankauf. Da leiden wir unter der Situation, dass wir in Österreich im Arzneimittelbezug aufgrund un­seres Niedrigpreisniveaus kontingentiert sind, dass wir zusätzliche Arzneimittel mit die­sem Wirkstoff gar nicht bekommen, weil wir zu wenig dafür zahlen, und das Ganze ist gesetzlich geregelt. Auch das wäre etwas, bei dem Sie sofort in eine zentrale Beschaf­fung gehen müssten. Das sind aber nur Teilbereiche.

Zum Thema Arzneimittelversorgung, das auch ein großer Aufgabenbereich für die Zu­kunft für Sie wäre, hätte ich sehr viele konstruktive Anschläge (erheitert) – Anschläge auch, ja, Anschläge auf Sie persönlich, dass wir das besprechen –, Vorschläge vor allem auch.

Ein ganz wesentliches Thema, das ich auch noch ansprechen möchte, auch wenn meine Redezeit eigentlich schon aus ist: Wir haben in dieser Krise gesehen, dass die Stärkung des niedergelassenen Bereichs ein ganz wesentlicher Schlüsselpunkt für das Funktio­nieren der Gesundheitsversorgung in Österreich ist, und es wurde seit Jahren nicht geschafft, dass wir bedarfsorientiert die Ärzte vor allem im niedergelassenen Bereich dorthin bekommen, wo sie benötigt werden, weder die Allgemeinmediziner, noch die Fachärzte.

Die PHC-Lösung ist für manche Bereiche ein konstruktiver Ansatz, doch für viele Bereiche ist sie keine geeignete Lösung. Da brauchen wir eine Aufwertung der Allgemeinmedizin,


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wir brauchen den Facharzt für Allgemeinmedizin, wir brauchen auch eine Aufwertung der sonstigen Gesundheitsberufe, eine Kompetenzausweitung genauso wie auch eine finanzielle Anerkennung der Tätigkeiten, die sie verrichten. Wir brauchen eine Entlas­tung von der Bürokratie quer durch unser gesamtes Gesundheitswesen, weil wir in büro­kratischen Auflagen und Dokumentationsverpflichtungen untergehen und die Zeit für die Menschen in unserem System fehlt.

Wenn wir es dann auch noch schaffen, die großen Bereiche der Psychischen Erkran­kungen, der Prävention, der Pflege und dann auch noch die Bereiche Soziales und Tier­schutz, die Sie haben, anzugehen, dann werden wir uns einige Termine ausmachen müssen, bei denen wir das besprechen können. Wir haben sehr viel einzubringen! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und viel Erfolg! (Beifall bei der FPÖ.)

12.22


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte.


12.22.35

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministe­rinnen und Minister! Sehr geehrter Herr Kanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Natür­lich: Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister, lieber Wolfgang! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Ich möchte auch die Chance nutzen, mich ein­mal zuallererst bei Rudi Anschober zu bedanken, der mich jetzt seit über 20 Jahren in meinem politischen Tun als Oberösterreicher begleitet. Wir kennen uns.

In den letzten 15 Monaten hat er im Endeffekt gezeigt, was einen Minister wie Rudi An­schober ausmacht, nämlich: 15 Monate lang bis zum sprichwörtlichen Breakdown arbei­ten, wirklich für uns alle arbeiten, für Österreich, für Österreichs Gesundheit. Das ist aus meiner Sicht wirklich bemerkenswert und dem zolle ich gerne hier Respekt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Scherak.)

Rudi Anschober hat einen neuen Stil in die Politik in Österreich gebracht: Er war selbstre­flexiv, er hat sich mit dem auseinandergesetzt, was er tut, er hat versucht, zu verbinden, er hat versucht, verschiedene Sichtweisen an einen Tisch zu bringen und vielleicht auch einmal dort oder da einen gemeinsamen dritten Weg zu finden, er hat gearbeitet, er hat gehackelt, wie schon gesagt, und er hat es auch geschafft, Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter so zu motivieren, dass sie mit ihm diesen Weg auch mitgegangen sind. Auch dafür möchte ich mich bedanken.

Ich möchte mich hier auch ganz ausdrücklich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seines Kabinetts bedanken, die es auch möglich gemacht haben, dass in den letzten 15 Monaten überhaupt derartig viel über die Bühne gebracht wurde, insbesondere bei Ruperta Lichtenecker, die ja selber eine ehemalige Nationalratsabgeordnete ist und an seiner Seite jetzt 15 Monate lang wirklich gekämpft hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte mich auch noch für das aktive Angehen von Themen abseits von Covid be­danken, von Themen, die zum Teil monatelang, jahrelang, jahrzehntelang im österreichi­schen Gesundheitswesen liegen geblieben sind. Ein Beispiel: die Pflegereform, wobei er hergegangen ist und einen Reformprozess aufgesetzt hat, im Zuge dessen er mit den Betroffenen und nicht über deren Köpfe hinweg gesprochen hat.

Gestartet wurde aber auch ein Reformprozess in der Frage der diskriminierungsfreien Blutspende, bei der wir sicherlich noch nicht am Ende der Sache sind, bei der wir si­cherlich noch nicht dort sind, wo wir hinwollen, aber bei der wir jetzt mit der Verkürzung der Rückstellfrist von zwölf auf vier Monate und mit einer wissenschaftlichen Begleitung,


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damit wir eben Evidenzen bekommen, um in Zukunft wirklich eine hundertprozentig dis­kriminierungsfreie Blutspende zu ermöglichen, zumindest einen ersten Schritt gesetzt haben. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Genauso zu nennen ist auch der Reformprozess für die psychologische und psycho­therapeutische Versorgung im Land, der im September gestartet wurde, jetzt speziell noch zusätzlich mit dem Hauptaugenmerk auf Jugendliche und Kinder, beziehungsweise auch der neu gestartete Prozess zum Thema Long Covid. Heute erfolgt zwar der Antrag, aber schon seit einigen Tagen liegt im Ministerium das Hauptaugenmerk auf der Frage von Long Covid. Also auch da wurde vorgearbeitet und wird derzeit gearbeitet – dafür mein großes Dankeschön.

Widmen wir uns aber dem neuen Minister! Schauen wir in die Zukunft! Ich habe Wolf­gang Mückstein in den letzten 15 Monaten auch als jemanden kennengelernt, der über den eigenen Tellerrand hinwegblicken kann, der Praktiker ist, der weiß, worum es geht – er hat ja heute in seiner Selbstvorstellung auch bereits gesagt, was er alles schon ge­macht hat –, der innovativ ist und der ein offenes Ohr für alle Seiten des Gesundheits­wesens genauso wie des Sozialwesens hat.

Ich mache mir bei Sozialminister Mückstein genauso wenig Sorgen wie bei Gesundheits­minister Mückstein. Ich weiß, dass er beide Rollen sehr, sehr gut wird ausfüllen können, dass er mit sich reden lässt, dass er sich auch andere Seiten anhören wird, dass er mit dem gleichen Elan und mit dem gleichen Engagement an die Sache herangehen wird, wie es sein Vorgänger gemacht hat, und dass wir es auch schaffen werden, die Covid-Pandemie genauso zu bekämpfen wie die Frage der Altersarmut bei Frauen oder auch, die immer noch offene Frage der diskriminierungsfreien Blutspende anzugehen, die wir dann auch mit dir dementsprechend über die Bühne bringen werden.

Meine Unterstützung kann ich dir zusagen; die Unterstützung des Grünen Klubs hat mei­ne Klubobfrau dir auch schon zugesagt. Ich hoffe, dass es bei dieser wirklich wichtigen Position, die du in Zukunft bekleiden wirst, die Unterstützung des gesamten Hauses gibt. Mich persönlich freut es sehr. Ich hoffe, dass du mir dann die entsprechende Impfung setzen wirst, sobald ich dran bin. In diesem Sinne: Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.27


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


12.27.09

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Gesundheitsminister! Natürlich wünschen wir Rudi Anscho­ber für seine Gesundheit ehrlichen Herzens das Allerbeste. Jetzt ist ein neuer Minister da, und ich muss sagen, es wurde Zeit. Was in den letzten 14 Monaten passiert ist: Da hat einfach gar nichts funktioniert. Bei der gescheiterten Beschaffung von Schutzmaterial im März des vergangenen Jahres, der Evakuierung von Ischgl, dem Ostererlass, den aufgehobenen Verordnungen, dem verschlafenen Sommer, der nach einer Woche ver­senkten Ampel und der katastrophalen Impfstoffbeschaffung hat das Gesundheitsminis­terium wirklich alles versemmelt. (Abg. Melchior: ... alles schlechtreden, oder? – Ruf bei der FPÖ: Maske auf!) – Kollege Melchior wird nachher sagen, was alles am Gesund­heitsministerium super war.

Sie haben jetzt die Chance auf einen Neustart, und da gibt es einiges zu tun. Wenn Klubobmann Wöginger sagt, wir sind Testweltmeister, dann sage ich: Wir sind deswegen Testweltmeister, weil wir beim Impfen maximal in der Regionalliga spielen. Schauen wir uns an: In Salzburg und in Vorarlberg sind von den Lehrern nur 45 Prozent zum Impfen


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gegangen. Da gibt es ein veritables Problem. (Zwischenruf des Abg. Melchior.) Wie soll das dann erst bei den bildungsfernen Schichten werden, wenn bei den Akademikern im öffentlichen Dienst so eine geringe Rate zum Impfen kommt? Die große Unruhe bei der ÖVP stimmt mich ein bisschen nachdenklich – das kann zwischen Türkis und Grün ja noch heiter werden. (Abg. Melchior: Ja, weil du einfach irgendetwas redest, faktenfrei!)

Jetzt kommen die Wochen, in denen mehr Impfstoff geliefert wird – endlich. Damit hat natürlich der Herr Bundeskanzler nichts zu tun, sondern das ist über die EU gegangen. Dann müssen wir uns fragen: Wie bekommen wir diesen zusätzlichen Impfstoff ver­impft? – Sie haben zu Recht auf Wien hingewiesen. Wien wird das hinbekommen, Vor­arlberg auch, Kärnten auch, aber das Bundesland Salzburg, das vorwiegend auf nieder­gelassene Ärzte setzt, wird mit dieser Menge nicht zurande kommen. Da wird es mehr brauchen als die niedergelassenen Ärzte. Es wird Impfzentren und Impfstraßen brau­chen, es würde auch die Apotheker brauchen, es würde die selbstständigen Pflegekräfte brauchen, die impfen, und es braucht in den Schulen auch die Schulärzte. Im Moment sind die Impfstoffe ab 16 zugelassen, sie werden bald ab 12 zugelassen sein, und dann kommen wir ohne die Schulen nicht in die Breite der Bevölkerung. Da werden wir alle Berufsgruppen brauchen, eben auch die selbstständige Pflege und die Apotheker. Ärzte­standesdünkel sind dann nicht gefragt, Herr Doktor.

Das führt zum Nächsten: Die Coronakrise hat eine katastrophale Datenlage im öster­reichischen Gesundheitswesen offengelegt. Am Anfang hat das Ministerium nicht einmal gewusst: Wie viele Spitalsbetten gibt es überhaupt? Als dann der Impfstoff da war, hat man im Ministerium für Pflege nicht gewusst: Wie viele Pflegeheime gibt es, wie viele Altersheime, und wo sind die überhaupt? Man hat nicht gewusst, wie viele Beatmungs­geräte es gibt. Wir wissen erst seit Kurzem, mit welchen Vorerkrankungen die Patienten mit Covid ins Spital kommen. Die PCR-Tests sind bis heute nicht in der Elga erfasst. – Wie soll die Wissenschaft arbeiten, wenn es keine Daten gibt? Die Mehrheit der Ärzte ist nämlich nicht ans Elga-System angeschlossen: die Kassenärzte schon, aber die Wahlärzte, die Schulärzte, die Militärärzte und die Amtsärzte nicht; und die Labore, die PCR-Tests machen, auch nicht.

Im Gesundheitsausschuss habe ich letzte Woche den Antrag eingebracht, dass die niedergelassenen Ärzte in Österreich nach dem ICPC2-Standard diagnostizieren, wie sie das im Primärversorgungszentrum bereits machen müssen, aber die anderen All­gemeinmediziner nicht. Da hat mir die ÖVP erklärt: Das ist alles viel zu bürokratisch! – Ein internationaler Standard, mit dem man sich international vergleichen kann, mit dem man zu den Daten auch international forschen kann, ist für die ÖVP zu bürokratisch. Ich bin gespannt, wie Sie das schaffen – da ist nämlich nun kein Platz für Klientelpolitik nach dem Wunsch der Ärztekammer, sondern da geht es um die Gesundheit der Menschen und um bessere Arbeit mit mehr Qualität.

Heute Früh waren Sie im „Morgenjournal“ zu hören, aber da wurden Sie natürlich von Radio Venezuela nicht gefragt: Was ist mit den Pensionen, Herr Sozialminister? – Da geht nämlich ein gewaltiges Loch auf; in vier Jahren geht das Pensionsloch um 31 Pro­zent auf 26,7 Milliarden im Jahr auf. (Abg. Kassegger: Versteht aber keiner!) Da würde ich dann auch gerne wissen, was Sie tun. Das sind nämlich die Lasten, die wir der jungen Generation hinterlassen. Wir hinterlassen nicht nur ein Desaster bei der Kinderpsycholo­gie und auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch bei den Pensionen. Dazu haben Sie in Ihrer Rede ebenfalls nichts gesagt.

Es gibt eine gewaltige Baustelle in der Pflege. Bei seinem Abgang hat Rudi Anschober gesagt, die Pflegereform ist fertig. Das glaube ich nicht, denn wenn sie fertig wäre, hätte er mindestens sechs Pressekonferenzen gemacht, in denen er sie uns präsentiert hätte. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.)


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Schließlich haben Sie die Baustelle der Sozialhilfe, bei der neun Bundesländer immer noch mit neun Systemen vor sich hinarbeiten und der Minister zuschauen muss.

Der Gesundheitsminister ist nur in der Pandemie eine wichtige Figur. Wenn die Pande­mie dann überwunden ist – ich hoffe bald –, dann sind Sie als Gesundheitsminister wie­der der König ohne Land, wie es auch alle Ihre Vorgänger waren. Dann folgt der wirklich harte Job als Sozialminister. Wir strecken Ihnen für ein partnerschaftliches Zusammenar­beiten die Hand hin. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Leicht wird das nicht – und mit schönen Reden und Pressekonferenzen allein wird es nicht getan sein. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.32


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Klubob­mann August Wöginger zu Wort gemeldet. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Rauch.)


12.32.46

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Man müsste nach dieser Rede eine Menge an Berichtigungen machen, aber eines ist klarzustellen: Kollege Loacker hat behauptet, dass wir in der Regionalliga spielen würden, was das Impfen anbelangt. Wir sind unter den Top Ten in Europa (Zwischenruf des Abg. Rauch), was den Impffortschritt anbe­langt, und wir sind Anfang Juli mit dem Impfen fertig. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Es ist ungeheuerlich, Herr Kollege Loacker, was Sie da fabrizieren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Loacker. – Abg. Martin Graf: Das war aber keine ...!)

12.33


Präsidentin Doris Bures: Die Frage, in welcher Liga man da spielt, ist natürlich eine politische Bewertung und keine sachliche Behauptung, die zu berichtigen wäre. (Abg. Rauch: Das war erste Klasse! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte.


12.33.37

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Bundeskanzler! Ge­schätzter Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Zuschauer! Als Unternehmerin und Personalistin kann ich aus den bisherigen Redebei­trägen der Opposition eines ganz klar erkennen: Wir können uns wirklich glücklich schät­zen, dass Sie keine Regierungsrolle mehr spielen, denn eines ist klar: Sie können weder Führungsqualitäten noch soziale Kompetenz nachweisen.

Wenn man hier Frau Rendi-Wagner von der SPÖ zuhört, die von „Leadership“ und Füh­rungskompetenz spricht, die sie in keinster Weise mitbringt: Sie machen, wenn man nach Wien schaut, einen Zickzackkurs. Lockdown eins: Das ist in Ordnung! Lockdown zwei: Der geht zu lange! Im Bundesrat wird alles blockiert. – Ich frage mich, welche Vo­raussetzungen Sie mitbringen, um von Führungsqualität und „Leadership“ zu sprechen?! Diese fehlen Ihnen eindeutig! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auch der FPÖ kann ich etwas ausrichten (Abg. Deimek: Mittlerweile gehen Ihnen die Koalitionspartner aus!): Führungskompetenz setzt eines ganz klar voraus: soziale Kom­petenz. Diese fehlt Ihnen, weil Sie sonst Ihre soziale Kompetenz dazu nutzen würden, Ihre Masken zu tragen und die Mitarbeiter im Parlament zu schützen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Deimek: Sie machen sich auch jeden Tag eine ...!)

Das Einzige, das ich hier ständig heraushöre, ist (Zwischenruf des Abg. Martin Graf): Alle gegen einen, alle gegen Sebastian Kurz. – Er ist der Einzige, der Leadership und eine klare Linie mitbringt. (Abg. Deimek: ... Kaffee ...!) Das ist schließlich das Einzige, das im Leadership auch zählt: Man braucht eine klare Linie, und die sollte man auch verfolgen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Nun aber zum Wesentlichen: ein ganz herzliches Willkommen an den neuen Gesund­heitsminister Dr. Wolfgang Mückstein! Ich darf Sie auch von unserer Fraktion herzlich willkommen heißen!

Wir haben in Österreich ein sehr gutes soziales Netz. Wir haben auch gesehen, wie wichtig unsere sozialen Errungenschaften bis dato sind, weil nur sie es ermöglicht ha­ben, dass wir nun die Pandemie begleiten und die jeweiligen Aufgaben mit Unterstützung an die jeweils zuständigen Menschen weitergeben können. Die Bundesregierung hat ja auch ganz klar gezeigt, dass sie ihre Verantwortung wahrnimmt und diejenigen, die es wirklich brauchen, unterstützt.

Aktuell haben wir 34 Milliarden Euro zum Schutz von Gesundheit und Wirtschaft ausbe­zahlt beziehungsweise rechtsverbindlich zugesagt. Wir haben wichtige Maßnahmen getroffen. Unermüdlich haben wir uns für die Rettung von Menschenleben, für die Siche­rung von Arbeitsplätzen und für die Unterstützung der Betriebe eingesetzt. Im EU-Ver­gleich sind wir bei den Coronahilfen auf Platz eins, Frau Kollegin Meinl-Reisinger. Sie haben vorhin gesagt, wir haben keine Platzierung: Wir sind bei den Coronahilfen im EU-Vergleich auf Platz eins! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz. – Zwi­schenrufe der Abgeordneten Loacker, Greiner und Meinl-Reisinger.)

Die wohl größte, aber auch wichtigste Position war und ist die Kurzarbeit. Da wurden 7 Milliarden Euro ausbezahlt (Abg. Meinl-Reisinger: Die Logik ...!) – ein sehr wichtiger Beitrag, um die Sicherung der Arbeitsplätze zu haben. Damit konnten wir zum Gipfel der Pandemie eine Million Arbeitsplätze sichern. Was wir aber auch haben, ist eine im euro­päischen Vergleich sehr hohe Sozialquote, die wir uns leisten, um den sozialen Frieden beizubehalten. Wir bekennen uns auch ganz klar zu diesem sozialen Miteinander. Wir leben das auch tagtäglich in unseren Betrieben, weil es unsere Betriebe mit ihren Mit­arbeitern sind, die es ermöglichen, dass wir uns dieses Sozialsystem leisten können. Ihr Beitrag trägt dazu bei, dass Österreich so ein gutes Sozial- und Gesundheitswesen hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit wir das weiterführen können, brauchen wir auch die Unterstützung, die wir zu­künftig gerade auch jungen Menschen geben müssen – jenen Menschen, die dieses System in Zukunft erhalten sollen. Daher ist es ganz wichtig, dass wir da die richtigen Maßnahmen treffen und in den nächsten Monaten ein Maßnahmenbündel vorbereiten, mit dem wir Arbeitsplätze sichern, mit dem wir Betrieben helfen, Arbeitsplätze zu schaf­fen, und sie auch weiter unterstützen.

Darum braucht es bei diesem Comeback nun eben auch die richtigen Maßnahmen: zum einen die Entlastung des Faktors Arbeit, zum anderen Impulse, um eben die Investi­tionen und das Wachstum zu steigern, und weiterhin auch Unterstützung in den Berei­chen, in denen es notwendig ist. Wir haben schließlich in der Krise eines wirklich bewie­sen: Wir können es, wir haben die richtigen Maßnahmen gesetzt, wir haben auch Maß­nahmen angepasst und geändert. Eines kann ich Ihnen versprechen: Wir werden beim Comeback für Österreich nicht nachlassen, denn ein gesundes und soziales Gesund­heitssystem bedeutet auch gesunde Menschen und gesunde Betriebe. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.38


Präsidentin Doris Bures: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Josef Muchitsch. – Bitte.


12.39.04

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren der Bundesregierung! Ich möchte die Situation nützen, um mich auch noch einmal öffentlich recht herzlich bei Rudi Anschober zu bedanken. Ich


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möchte meinen Respekt, meine Wertschätzung ihm gegenüber, meine Dankbarkeit für seine soziale Kompetenz und seine Menschlichkeit hiermit auch noch einmal zum Aus­druck bringen und ihm für seinen weiteren Weg alles, alles Gute wünschen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Haubner.)

Rudi Anschober hat es sicherlich nicht leicht gehabt. Er ist letztendlich immer öfter vor der Kamera gestanden und musste Kompromisse vertreten, von denen er eigentlich nicht überzeugt war.

Nun aber zu Ihnen, Herr Bundesminister: Ich zolle Ihnen vorab Respekt: Respekt dafür, dass Sie bereit sind, die politische Verantwortung in den Zuständigkeitsbereichen So­ziales, Pflege, Gesundheit, Konsumenten- und Tierschutz zu übernehmen.

Wir wollen Sie nicht daran messen, was Sie in der Vergangenheit wo in welchem Fern­sehsender gesagt haben oder ob Sie Turnschuhe oder eine Krawatte tragen, wir wollen Sie daran messen, was Sie in Zukunft in Ihren Zuständigkeitsbereichen verändern wollen und verändern werden.

Sie haben mit Ihrer neuen Funktion sozialpolitische Verantwortung übernommen, wenn es darum geht, die steigende Armut zu bekämpfen, wenn es darum geht, dass es uns gelingt, Kinder nicht mehr oder nicht noch mehr in die Armutsfalle tappen zu lassen, wenn es darum geht, dass es uns gelingt, eine alleinerziehende Mutter, die aufgrund von Kurzarbeit nicht weiß, wie sie jetzt ihre Rechnungen bezahlen kann, dementsprechend zu unterstützen.

Es geht auch darum, vielleicht auch ein klares Bekenntnis als Sozialminister abzulegen. Ich spreche Sie bei diesem Thema  Pensionen bewusst als Sozialminister an, wenn es darum geht, dass ein Arbeiter, der 45 Jahre lang geschuftet hat und ausgelaugt in die Pension geht, nicht mit Strafabschlägen bei der Pension bestraft wird. Um diese Themen geht es, und daran wollen wir Sie messen, Herr Bundesminister.

Herr Bundesminister, bitte wirken Sie mit und setzen Sie Ihre ganze Kraft ein, wenn es darum geht das ist auch ein wichtiges Thema , unsere Gesellschaft nicht noch mehr durch diese Bundesregierung spalten zu lassen, wenn es im Kampf darum geht, dass diese Lücke zwischen Arm und Reich nicht noch weiter auseinandergeht, wenn es da­rum geht, Maßnahmen im Bereich des Pflegenotstandes zu setzen, da untere Einkom­mensgruppen und Betroffene nicht wissen, wie sie die Pflege finanzieren können! Ich hoffe und zähle dabei wirklich auf Sie , Herr Bundesminister, dass Sie das umsetzen werden, was Sie zu Ihrem Amtsantritt angekündigt haben. Sie haben gesagt, wenn es notwendig ist, werden Sie auch „unpopuläre Entscheidungen treffen“. In dieser Regie­rung ist es unpopulär, gute Ideen der Opposition anzunehmen. Ich lade Sie dazu ein, diese Ideen anzunehmen. Wenn es um Menschenleben und wenn es um Existenzen geht, nehmen Sie die Ideen der Opposition an! (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend, Herr Bundesminister: Versuchen Sie vielleicht, in der Politik das zu tun, was Sie bisher schon gemacht haben: Sie haben Alternativen zugelassen. Lassen Sie auch in der Politik Alternativen zu! Sie entscheiden letztendlich, ob Sie uns  als Sozial­demokratie als Partner gewinnen wollen oder nicht, das ist Ihre Entscheidung. Seitens der SPÖ stehen wir Ihnen aber sehr gerne zur Verfügung. Wir wünschen Ihnen alles Gute für Ihre neue Aufgabe. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

12.43


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Michael Schnedlitz. – Bitte.


12.43.28

Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Zuseher zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Willkommen zum


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 90

Schauspiel der Dauerumstrukturierung – mittlerweile im dritten Akt – dieser Chaosregie­rung. Lunacek, Aschbacher und Anschober wurden geopfert, gekommen sind Mayer, Kocher und jetzt Mückstein. Falls Sie sich zu Hause jetzt fragen, wer Mayer ist, ist das nicht so tragisch, man muss sie nicht kennen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn der Herr Vizekanzler oder meine Vorrednerin von der ÖVP aber von einem Comebackplan sprechen, dann ist das schon ziemlich ab­surd, denn das ist so, als würde der Totengräber von Geburtenhilfe sprechen – denn Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung, leisten maximal aktive Sterbehilfe für unser Land. (Abg. Wöginger: Geschmacklos ist das!) Passend haben Sie wahrscheinlich deshalb auch schon den Trauerflor im Gesicht auf. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Melchior.)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter! Ich glaube, die Debatte ist jetzt sehr sach­lich gelaufen. Bevor Sie fortfahren, würde ich auch Sie ersuchen, sich im weiteren Ver­lauf in der Ausdrucksweise zu mäßigen!


Abgeordneter Michael Schnedlitz (fortsetzend): Frau Präsidentin! Vielleicht sagen Sie, wo das Problem ist (Zwischenrufe bei der ÖVP), wenn man sagt, dass ein Comeback­plan nicht ehrlich ist, denn wir müssen schon noch ausdrücken können (Abg. Wöginger: Na, Totengräber!), dass hier einfach eine Showpolitik gelebt wird und Ähnliches.

Heute geht es aber um den Gesundheitsminister, und, sehr geehrte Damen und Herren, das ist derjenige, den man mit Turnpatschen kennt. Frau Präsidentin, es tut mir leid, ich werfe ihm jetzt nicht vor, dass er dabei am ersten Tag seines Amtes die Würde des Hauses verletzt hätte, weil wir gar nicht davon ausgehen, dass diese Bundesregierung noch irgendetwas mit Würde zu tun hat. (Abg. Wöginger: Setz einmal eine Ma ... und dann red weiter!) Wenn Sie das mit der Würde des Hauses aber ernst meinen würden, Frau Präsidentin, dann müssten Sie jedem einzelnen Regierungsmitglied, sobald es hier Platz nimmt, einen Ordnungsruf erteilen, denn mit der Würde des Hauses ist es da (links und rechts in Richtung Regierungsbank weisend) schon längst vorbei. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Was ich Ihnen hinsichtlich Turnschuhen vorwerfe, ist Folgendes: Sie haben sehr wohl gewusst, die Spindoktoren und alle, die da jetzt so ner­vös werden, was Sie dadurch auslösen, nämlich dass ab dem ersten Tag niemand mehr über die Probleme der Bevölkerung, die gelöst gehören, spricht, dass niemand mehr über die Lösungen, die es dringend braucht – Lösungen im Sozialbereich, Lösungen gegen die Armut, in der Armutsbekämpfung (Zwischenruf bei der ÖVP) und auch Lö­sungen im Pandemiebereich –, spricht. Stattdessen wollen Sie anscheinend, dass man nur noch über Turnpatschen und Ähnliches redet, das ist genau die Showpolitik und der Grund, warum auch Sie, Herr Gesundheitsminister, perfekt zu Sebastian Kurz passen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Kucher.)

Sie passen auch in weiteren Bereichen perfekt zu ihm. Es war Ihre Ankündigung auf ServusTV, dass es nur mit Impfen oder Lockdown geht, dann haben Sie auch noch als Würze drübergestreut, dass es sonst Tausende Tote geben würde. Das erinnert ja die ganze Zeit an den Sonnenkanzler Sebastian Kurz. Sie passen auch perfekt zu Sebastian Kurz, wenn es darum geht, einfach ein Schauspieler zu sein, anstatt sich um die Bevöl­kerung und um Lösungen zu kümmern. (Abg. Melchior: Was hast du für die Bevölkerung gemacht? Nix hast du gemacht!) Sie passen auch perfekt zu Sebastian Kurz, wenn es darum geht, Pharmalobbyist zu sein, sogar heute noch. (Der Redner zeigt eine Tafel mit einer Facebookseite, auf der eine Hand, die ein Fläschchen mit Impfstoff hält, und da­runter ein Foto von Wolfgang Mückstein zu sehen sind.) Während Sie hier als aktiver Gesundheitsminister sitzen, haben Sie als Titelbild eine Werbung für einen speziellen Impfstoff einer speziellen Firma geschalten, der sogar offiziell über den Bund beschafft wird.


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Kanzler Kurz spielt das Werbetestimonial für Hygiene Austria. Sie können sich erinnern, das waren die im familiären Umfeld der Kanzlerbüroleiterin (Abg. Melchior: So ein Blöd­sinn!), das sind die mit der Umetikettierung, mit der Hausdurchsuchung – ich weiß, die Hausdurchsuchungen sind Sie mittlerweile gewohnt. Da passen Sie perfekt dazu und da steigen Sie jetzt wirklich perfekt mit ein: Sie sind das Werbetestimonial für Moderna, und das als amtierender Minister. Da muss ich Ihnen schon sagen: Wenn ich als Bundes­regierung in so einem tiefen Korruptionssumpf stecke, dann passe ich sehr wohl auf, dass mir so etwas nicht passiert, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich könnte Ihnen jetzt abschließend sagen, was wir von Ihnen erwarten, aber wenn ich ehrlich bin, erwarten wir von dieser Bundesregierung gar nix mehr, außer den geschlos­senen Rücktritt. Ich werde Ihnen aber sagen, was dieses Land brauchen würde: Dieses Land würde was Sie und Ihr Ressort betrifft  eine Trendwende weg von diesen sinn­losen Dauerlockdowns (Zwischenruf des Abg. Höfinger), weg von dieser Alibi- und Showpolitik und eine schlagkräftige Armutsbekämpfung brauchen, nämlich eine Armuts­bekämpfung und echte Hilfestellungen für Arbeitsmarkt und Wirtschaft, um das wieder­gutzumachen, was Sie angerichtet haben. Es würde vor allem eine Sicherstellung einer funktionierenden Gesundheitsversorgung in ausreichendem Maß brauchen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Land braucht auch wieder eine Rückkehr in die Freiheit und die Entfesselung aus den Fängen dieser Bundesregierung. Eines kann ich Ihnen heute schon ins Stammbuch schreiben: Diese werden wir gemeinsam mit der Be­völkerung sicherstellen, denn ein Volk, das seine Freiheit liebt, sehr geehrte Damen und Herren, wird am Ende des Tages immer frei sein. (Beifall bei der FPÖ.)

12.48


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Künsberg Sarre. – Bitte.


12.48.43

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Herr Minister Mückstein, herzlich willkommen! Es ist gut, von Ihnen zu hören, dass Sie auch einen Fokus auf Kinder und Jugendliche legen werden, da die es im letzten Jahr auch ganz, ganz schwer gehabt haben und einfach ganz, ganz viele psychische und physische Auswirkungen davongetragen haben.

Wir werden Sie an Ihren Taten messen, denn bis jetzt ist es eigentlich so, dass viele gute, konstruktive Anträge der Opposition in den Ausschüssen vertagt oder überhaupt abgelehnt werden. Also ich freue mich – vielleicht passiert ja da in Ihren Ausschüssen auch eine gewisse Änderung der Haltung.

Als Wissenschaftssprecherin möchte ich aber heute über eine Gruppe von jungen Leuten reden, die im letzten Jahr überhaupt nicht thematisiert wurden und nicht im Fokus standen, das sind nämlich rund 270 000 Studierende hier an Österreichs Hochschulen, die de facto seit einem Jahr daheim sitzen und die Universitäten oder die Hochschulen überhaupt nur über das Endgerät gesehen haben. Die Erstsemestrigen oder dann Zweit­semestrigen und jetzt dann schon Drittsemestrigen kennen das Hochschulleben über­haupt nicht.

Auf Initiative der NEOS ist vor Ostern auch eine Regelung geschaffen worden, dass die Hochschulen jetzt Eintrittstests machen können, damit eben mehr Präsenzunterricht, Präsenzlehre möglich wird. Das ist aus unserer Sicht ein großer Erfolg. Die Uni Graz beispielsweise wird ab 2. Mai eine zweite Teststraße einrichten.

Das ist für die Studierenden ein wichtiger und guter Schritt in Richtung mehr normales Leben, als es bisher war, es braucht aber weit mehr. Die psychologische Studierenden­betreuung ist auf Wochen hinaus ausgebucht. Die Mittel sind zwar etwas aufgestockt


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 92

worden – und das ist gut und richtig –, aber es braucht aus unserer Sicht mehr, denn es gibt diese Beratungsstellen bis jetzt nur in sechs Bundesländern, und wir glauben, dass es einen Ausbau auf alle Bundesländer braucht.

Deswegen stelle ich folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau psychologischer Studierendenberatung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, die psychologische Studierendenberatung von den derzeit sechs Standorten auf alle Bundesländer auszuweiten.“

*****

Ich wünsche Ihnen alles Gute und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit. (Beifall bei den NEOS.)

12.51

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Ausbau psychologischer Studierendenberatung

eingebracht im Zuge der Debatte in der 97. Sitzung des Nationalrats über Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung des neuen Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz - TOP 1

Psychische Gesundheit rückt mehr als ein Jahr nach Beginn der COVID-19-Pandemie endlich in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Insbesondere die dramatischen Auswirkungen dieser Krise auf das psychische Wohlbefinden von Kindern und Jugend­lichen wurden und werden zurecht vermehrt thematisiert, auch im politischen Kontext. Natürlich sind aber auch andere Bevölkerungsgruppen von den psychosozialen Folgen betroffen.

Eine Gruppe, die unter der Pandemie massiv leidet, aber viel zu oft ins Hintertreffen gerät, ist jene der Studierenden. So zeigt eine Studie der Psychologischen Studieren­denberatung Innsbruck, dass die psychische Belastung für Studierende während der COVID-19-Pandemie massiv angestiegen ist. 36 Prozent der Studierenden in Österreich leiden an Ängsten und depressiven Verstimmungen, 72 Prozent gaben ein verändertes Lernverhalten aufgrund von Distance Learning an, 62 Prozent fühlen sich durch die Än­derungen im Studienalltag gestresst. (https://www.diepresse.com/5905101/doppelt-so-viele-studenten-fuhlen-sich-psychisch-belastet)

Das sind erschreckende Zahlen, die dringenden Handlungsbedarf bezeugen. Bundesmi­nister Faßmann erklärte auf der Website seines Ministeriums auch selbst, dass Beratung durch qualifizierte Psycholog_innen in Zeiten wie diesen von großer Bedeutung sei.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 93

(https://www.bmbwf.gv.at/Ministerium/Presse/20201214.html) Die psychologische Stu­dierendenberatung wurde daher um 40 Prozent aufgestockt. Das war ohne Frage ein erster, wichtiger Schritt. Für psychologische Beratung ist es jedoch unerlässlich, dass diese so niederschwellig wie möglich angeboten wird. Aufgrund gesellschaftlicher Stig­mata und den allgemeinen Umständen psychischen Unwohlseins kann es für Betroffene schwierig sein, den ersten Schritt zu wagen. Stellen der psychologischen Studierenden­beratung des BMBWF wurden bisher allerdings nur in Wien, Salzburg, Innsbruck, Graz, Linz und Klagenfurt eingerichtet. Gemäß § 68a Abs 1 StudFG ist es möglich, an jedem Hochschulstandort psychologische Beratungsstellen für Studierende einzurichten. In Niederösterreich, Vorarlberg und dem Burgenland fehlen solche Stellen allerdings nach wie vor.

Eine Ausweitung hätte nicht nur eine Kapazitätserhöhung der Studierendenberatung zur Folge, sondern würde auch lange Anfahrtszeiten verringern. Zudem ist es natürlich wich­tig, dass dieses Angebot auch nach der Pandemie weiterbesteht, da psychische Ge­sundheit zu jeder Zeit ausreichenden Fokus verdient.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, die psychologische Studierendenberatung von den derzeit sechs Standorten auf alle Bundesländer auszuweiten."

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alexander Melchior. – Bitte.


12.51.40

Abgeordneter Alexander Melchior (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundeskanzler! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In Vorbereitung auf die heutige Rede habe ich mir überlegt: Worum geht es heute eigentlich? Worüber reden wir hier heute? – Und da ist mir zwangsläufig eine Textzeile eines STS-Liedes eingefallen: „Kalt und käl­ter“. Was meine ich damit? – Wir erleben auf der einen Seite eine Regierung, die tag­täglich versucht – wie viele Abertausende Menschen in dieser Republik auch –, alles zu machen, um die Menschen gut durch diese Pandemie zu begleiten, und auf der anderen Seite erleben wir eine Opposition, die alles schlechtmacht, alles madigmacht, und das mittlerweile auf einem Niveau, das wir in dieser Form schon lange nicht mehr gesehen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie wissen aber, ihr wisst, das Lied geht weiter. Da heißt es: Aber das will i ned, und das will i jetzt klär’n. – Und ich will es gerne mit euch klären. Nehmen wir die Maßnahmen, die jetzt in letzter Zeit für uns so wichtig waren, nehmen wir nur drei davon!

Das Testen: Was hat es für eine Aufregung um das Testen gegeben. Wie furchtbar das ist, dass das eh alles nichts hilft und nichts bringt. Nein, weltweit anerkannt. Wir sind im absoluten Spitzenfeld. Wir erleben, dass wir heute in eine Turnhalle hineingehen, 60 Sekunden später wieder hinausgehen und 15 Minuten später ein Testergebnis ha­ben. Wo gibt es das? Das ist wirklich ein sensationeller Erfolg. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Nehmen wir die Wirtschaftshilfen her, die Unterstützung für die Unternehmen und für die Menschen: Ich habe einen Bekannten, der für einen internationalen Konzern arbeitet. Er fragt sich, wie man das in Österreich so schlechtreden kann. Er ist zum Beispiel auch in Südtirol tätig, und dort ist noch kein Cent geflossen, es wird auch kein Cent fließen; in Kroatien: kein Cent, keine Unterstützung, gar nichts; in Deutschland: Auch dort ist noch kein Geld geflossen. In Österreich hat er schon alles bekommen und kann so viele Ar­beitsplätze sichern. Das kann man einfach einmal anerkennen, auch ihr als Opposition. Man muss nicht immer automatisch alles schlechtreden: Alles ist furchtbar, was da von der Regierungsbank kommt! Das muss nicht so sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)

Und das Impfen – da der Kollege von den NEOS das angesprochen hat –: Wir sind ganz vorne dabei, und wir werden immer mehr Menschen die Impfung ermöglichen. Ich habe gestern mit einem Onkel, der in Japan lebt, telefoniert. Er weiß noch nicht, wann er ge­impft wird, er weiß nicht einmal, ob er heuer geimpft wird. In Österreich werden wir bald alle über 65-Jährigen geimpft haben und bis Juni alle, die es wollen. Das ist auch ein toller Erfolg, den man einmal anerkennen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Grünen.)

Ich möchte aber auch nicht falsch verstanden werden: Ich finde Wettbewerb gut. Ich finde andere Parteien großartig. Sie spornen uns an und versuchen, uns das Beste zu entlocken. Sie sollen uns wachhalten. Wie hätte uns zum Beispiel ein Matthias Strolz mit seiner konstruktiven Art, hier Kritik zu üben, zu Maximalleistungen angetrieben? Was passiert jetzt bei den NEOS? Abarbeiten von persönlichen Befindlichkeiten. (Bravoruf und Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Das muss man sich einmal vorstellen: Da wird hier am Rednerpult kritisiert, dass die Schulen in Wien zu haben. Beate (in Richtung Abg. Meinl-Reisinger), ich hoffe, du hast die Nummer von deinem Parteikollegen und rufst ihn einmal an und redest mit ihm, denn er ist dort der zuständige Stadtrat. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zur SPÖ: Da gibt es wirklich eine Kompetenzvermutung bei der Vorsitzenden. Sie kennt sich eigentlich aus, aber wir erleben: Im ersten Lockdown: Ja, da gehen wir mit; im zwei­ten Lockdown heißt es: Nein, das brauchen wir nicht; und jetzt im dritten Lockdown, den es gar nicht brauchen würde, sagen Sie: Lockdown. – Das ist ein Zickzackkurs, der sich auch durch die ganze Partei zieht. So geht es nicht. Das funktioniert so nicht.

Jetzt zu den Freiheitlichen: Ihr habt euch noch nicht entschieden, ob es Corona gibt oder nicht, ihr habt euch auch noch nicht entschieden, ob ihr Masken tragen wollt oder nicht. Es ist aber auch kein Wunder: Ihr habt euch ja noch nicht einmal entschieden, ob der eine die Partei führt oder der andere. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Liebe Oppositionsparteien, ihr habt euren Weg verloren! Ihr habt das verloren, was euch hoffentlich irgendwann einmal in die Politik gebracht hat. Ihr wolltet einmal für die Men­schen da sein. Ihr wolltet euch einmal für die Menschen einsetzen. Was ist da passiert? Ihr seid weit weg davon.

Meine Bitte: Wenn ihr am Abend schlafen geht, dann überlegt euch einfach: Was habe ich heute dazu beigetragen, dass es den Menschen in Österreich besser geht? (Zwi­schenruf des Abg. Amesbauer. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und ganz viele von euch werden die Frage nicht positiv beantworten können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Einer, der die Frage positiv beantworten wird können – und ich bin ihm wirklich sehr dankbar, dass er in so einer Zeit die Verantwortung übernimmt –, ist der neue Gesund­heitsminister. Wir wünschen ihm alles Gute, und die Unterstützung der ÖVP ist ihm auf jeden Fall sicher. Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie Bravoruf des Abg. Wöginger.)

12.57



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 95

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.


12.58.00

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister! Sehr geehrte Regierungsmit­glieder! Ich komme gleich zum neuen Gesundheitsminister, aber vielleicht noch ein Satz zum Kollegen Melchior. Da muss ich schon fragen: Wie wird man eigentlich so? (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Wie wird man eigentlich so: sich hier herzustellen und das, was Sie gerade von sich gegeben haben, von sich zu geben? Diese Dreistigkeit, die muss man einmal besitzen! (Abg. Wöginger: Ja, hallo, hallo, hallo! Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Vielleicht reflektieren Sie einmal, was Sie gesagt haben. Sie reden ja gar nicht über Inhalte, Sie arbeiten sich nur mehr an den anderen Parteien ab. Ist das ein guter Stil? Ist das ein neuer Stil? (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Abg. Wöginger: ... jugendlicher Leichtsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich möchte mich eingangs bei Ihnen, Herr Bundesminister Mückstein – jetzt ist er, glaube ich, gerade nicht da –, dafür bedanken, dass Sie in dieser herausfordernden Zeit dieses Amt übernehmen, und ich setze als Jugendsprecher auch gleichzeitig große Hoffnungen darauf, dass Sie Ordnung und neuere Prioritäten in das Krisenmanagement dieser Bun­desregierung bringen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Ich habe bei den Worten des Herrn Gesundheitsministers sehr aufmerksam zugehört. Da war durchaus eine Änderung in der Schwerpunktsetzung zu bemerken, vor allem, was den Fokus betreffend die jungen Menschen betrifft. Ich spreche für eine Generation, die vom Krisenmanagement Kurz/Anschober vergessen wurde. Es ist keine verlorene Generation, wie Sie immer wieder sagen (Zwischenrufe bei der ÖVP), es ist eine verges­sene Generation – vergessen von einer Politik, der die jungen Menschen in diesem Land egal sind.

Kinder und Jugendliche, ihre Bedürfnisse, ihre Sorgen und vor allem die gesundheitli­chen Folgen, die ihnen durch das bisherige Krisenmanagement der Regierung entstan­den sind, die dürfen nicht länger als Nebenschauplatz der Coronakrise behandelt wer­den.

Der Gesundheitsminister hat die Zahlen, was die Depressionen, die Essstörungen, die Triage in der Kinder- und Jugendpsychiatrie betrifft, auch schon angesprochen. Deswe­gen ist es wichtig, dass wir handeln und hier Maßnahmen setzen.

Was ich noch viel eindringlicher finde als die Zahlen, sind persönliche Erfahrungsbe­richte; ich habe das hier im Plenum schon vor ungefähr drei Wochen mit Ihnen geteilt. Ich möchte Ihnen, Herr Gesundheitsminister, wenn man so will, als eine Art Einstands­geschenk auch einen Teil dieser Nachrichten mitgeben, weil sie, glaube ich, ein sehr gutes Bild davon liefern, wie es den jungen Menschen geht.

So schreibt zum Beispiel Larissa: „Ich finds toll, dass sowas mal angesprochen wird. Ich bin schon etwas älter und weiß, dass ich mich mit der Situation abfinden muss. Aber es ist traurig zu sehen, dass mein 15-jähriger Bruder so eingeschränkt ist. Ich sehe, wie er von Tag zu Tag an Lebensfreude verliert und wie schwer er sich mittlerweile in der Schu­le tut, weil ihm die Motivation fehlt. Er spricht nicht mehr viel, isst nicht richtig und hat stark abgenommen. Er scheint in eine Art ,Prädepressive Phase‘ gefallen zu sein. Und weil die Jugendzeit die Persönlichkeit am stärksten prägt, wird ihn das leider lange nach Corona auch noch begleiten.“

Das ist nur eine von ganz vielen Nachrichten, die zeigen, wie es jungen Menschen geht. Deswegen möchten wir auch einen ganz konkreten Vorschlag einbringen, so wie wir es schon die letzten Wochen getan haben – anders als Sie, Herr Melchior, gesagt haben:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 96

dass wir nur destruktiv seien. Wir bringen Vorschläge ein, sie werden nur alle von Ihnen vom Tisch gewischt.

Deswegen bringe ich hier heute folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nieder­schwellige Angebote zur psychischen Entlastung von Schüler_innen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration wer­den aufgefordert, raschestmöglich und mit Initiativen und Interessensvertretungen der Psychologie und Psychotherapie ein Konzept zu erarbeiten, sodass bis zum Ende des Jahres zumindest ein niederschwelliges Gespräch über psychische Belastungen pro Klasse in jeder Altersstufe und Schulform stattgefunden hat, um die psychischen Be­lastungen durch die Corona-Pandemie bei Kindern und Jugendlichen abzufedern.“

*****

Ich würde mir wünschen, dass dieser Antrag Zustimmung findet, und ich würde mir wün­schen, dass Sie, Herr Gesundheitsminister, vielleicht auch in Ihre Fraktion einen neuen Stil hereintragen – einen neuen Stil, dass man mit der Opposition redet, dass man Vor­schläge annimmt und nicht pauschal vom Tisch wischt. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.01

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Niederschwellige Angebote zur psychischen Entlastung von Schüler_innen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 97. Sitzung des Nationalrats über Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung des neuen Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz– TOP 1

Kinder und Jugendliche leiden besonders unter den Nebeneffekten der Corona-Krise, wie Social Distancing, Home Schooling bzw. Distance Learning und Lockdowns. Sie ver­missen Freunde und Familie, Sprachreisen, Abschlussbälle und dergleichen werden ab­gesagt und viele haben das Gefühl, in eine ungewisse Zukunft zu blicken. Die Kinder- und Jugendpsychiatrien in den Spitälern sind längst überlastet, Depressionen, Essstö­rungen und Suizidgedanken unter Jugendlichen ab 12 Jahren steigen massiv, genauso wie Gewalterfahrungen durch die verschärfte Wohnsituation. Immer mehr Schüler_innen berichten, dass sie mit dem Schulalltag in der aktuellen Form nicht mehr zurechtkom­men, sich massiv überlastet fühlen und an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit stoßen. Oft hilft hier schon ein einmaliges Gespräch im Ausmaß von ein bis zwei Stunden mit einer Vertrauensperson im Rahmen des Unterrichts, wie Schüler_innen berichten. Daher wäre es ein wichtiger erster Schritt, in enger Kooperation mit Interessensvertretungen und Initiativen aus dem psychologischen und psychotherapeutischen Bereich bis zum


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Ende des Jahres zumindest ein niederschwelliges Gespräch pro Klasse in jeder Alters­stufe und Schulform zu ermöglichen. Indem psychische Belastung im Unterricht mit geschulten Personen thematisiert wird, wird einerseits ein Tabu gebrochen, andererseits können auf diesem Wege die meisten Schüler_innen erreicht werden und sich ggf. über weitere Anlaufstellen informieren und so niederschwellige Hilfe erhalten. Mögliche Initia­tiven bzw. Ansprechpartner_innen wären beispielsweise das Kinderhilfswerk oder die "die möwe" mit Workshop-Angeboten (https://www.die-moewe.at/schulworkshops_co­ronapandemie). Denn unser gemeinsames Ziel muss es sein, die negativen Auswirkun­gen der Corona-Krise auf Schüler_innen bestmöglich abzufangen - koste es, was es wolle.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration wer­den aufgefordert, raschestmöglich und mit Initiativen und Interessensvertretungen der Psychologie und Psychotherapie ein Konzept zu erarbeiten, sodass bis zum Ende des Jahres zumindest ein niederschwelliges Gespräch über psychische Belastungen pro Klasse in jeder Altersstufe und Schulform stattgefunden hat, um die psychischen Belas­tungen durch die Corona-Pandemie bei Kindern und Jugendlichen abzufedern."

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Dipl.-Ing. Georg Strasser. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.02.05

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Kanzler! Herr Vizekanzler! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Herr Mi­nister, neuer Gesundheitsminister! Ich darf Sie im Namen der österreichischen Bäuerin­nen und Bauern herzlich willkommen heißen. Wir freuen uns wirklich auf eine gute Zu­sammenarbeit. Sie haben es schon erwähnt: Ihr Ministerium ist breit aufgestellt, aber dazu werde ich dann noch einige Punkte in meinen Ausführungen anschneiden.

Ich möchte mich auch beim scheidenden Minister, bei Kollegen Anschober bedanken: ein großes Dankeschön für die gute Zusammenarbeit. Auch da war der Dialog zwischen den Bäuerinnen und Bauern und dem Ministerium, wo wirklich wichtige Themen abgear­beitet werden, ein guter. – Danke für Ihr Engagement.

Vielleicht in die Runde verstärkt die Analyse, die schon einige Kolleginnen und Kollegen ausgeführt haben: Wir Politiker und Politikerinnen sind auch nur Menschen. Nach unse­rer Karriere sozusagen einigermaßen gesund das Leben weiterführen zu können oder auch in eine halbwegs intakte Familie nach Hause gehen zu dürfen, das ist schon ein Privileg, und das wünsche ich Herrn Anschober. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Jetzt zu den Themen, die uns im breit aufgestellten Ministerium bewegen: Das eine ist die Herkunftskennzeichnung. Die Herkunftskennzeichnung ist der österreichischen Bau­ernschaft sehr, sehr wichtig, weil wir wollen, dass sich die österreichischen Konsumen­tinnen und Konsumenten bewusst für österreichische Lebensmittel entscheiden können.


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Die Vorbereitungen dazu sind sehr weit gediehen. Ich glaube, das Ziel, so wie im Re­gierungsprogramm verankert, 2021 zu einer Entscheidung und in eine Umsetzung zu kommen, das liegt sehr nahe; wir werden das schaffen.

Zweiter Bereich: das Tierwohl. Auch dazu hat der Herr Minister bereits einen kurzen Satz formuliert. Ich setze da sehr auf seine Menschenkenntnis und auch auf die Kenntnis, wie Systeme funktionieren. Das eine ist, dass wir gemeinsam Ziele definieren, aber meiner Meinung nach ist das Wichtigere der Weg, wie wir diese Ziele erreichen. Damit da keine Fehler passieren, damit weder Bäuerinnen und Bauern noch das Tierwohl noch die In­teressen der Konsumentinnen und Konsumenten auf der Strecke bleiben, soll man diese Wege achtsam definieren, aber wir werden vor allem auch gemeinsam unsere Ziele diskutieren. Darauf freue ich mich schon.

Dritter Bereich: die Zukunft der biologischen Landwirtschaft. Diese ist den Grünen ein großes Anliegen, auch Olga Voglauer, sie ist auch dem Österreichischen Bauernbund ein großes Anliegen. Die Ausgestaltung der Kriterien, wie zum Beispiel ein Tier auf der Weide im Jahreszyklus zu halten ist, ist aktuell eine ganz große Diskussion. Was wird wichtig sein? – Auf der einen Seite die rechtlichen und bürokratischen Erfordernisse der Europäischen Kommission zu erfüllen, aber auf der anderen Seite auch die bäuerliche Praxis in einem Land wie Österreich nicht zu vergessen. Wir sind da in einer Allianz mit Bayern, mit der Schweiz, mit Südtirol. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu viele Betriebe am Weg verlieren, denn die Zukunft des biologischen Landbaus ist uns allen ein großes Anliegen, und muss das auch sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Grünen.)

Abschließend: der Konsumentenschutz. Ein Kollege von mir aus Niederösterreich hat einmal definiert: Bäuerinnen und Bauern sind Konsumentenschützer. – Ja. Warum? – Weil uns die Qualität der österreichischen Lebensmittel ein Anliegen ist und österreichi­sche Konsumentinnen und Konsumenten mit unseren Lebensmitteln eine Freude, einen Genuss haben sollen, und sie sollen auch gesund bleiben. Damit kratze ich die Kurve: Alle landwirtschaftlichen Themen, die Dr. Mückstein in seinem Ministerium behandelt, haben letztendlich den Kontext, in unserem schönen Land gesund zu bleiben.

Wir werden aus der Krise herauskommen. Die Reden der FPÖ halte ich für gemeinge­fährlich. – Alles Gute. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Mag. Markus Koza. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.06.32

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der MinisterInnenbank! Ich möchte zuallererst auch noch einmal ein herzliches Dankeschön an Rudi Anschober richten. Rudi Anschober ist vermutlich wie kaum jemand in dieser Regierung dafür gestanden, offensiv einen Dialog mit der Zivilgesellschaft, mit den Sozialpartnern, mit den Gewerkschaften, mit den betroffenen Gruppen im Sozialbereich, mit der Armutskonferenz zu führen. Er ist sehr oft hier in diesem Haus dafür belächelt worden, dass er ständig Arbeitskreise einrichtet, dass er sich ständig mit irgendjemandem trifft, dass er sich ständig mit irgendjemandem be­spricht – aber das ist nicht lachhaft, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist Demokratie (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP), das ist Einbindung, das ist das, was ich mir tatsächlich unter einer sozialen Demokratie und unter einer Stärkung der Zivilgesellschaft vorstelle. Und das ist das, was ich mir unter ernsthafter Sozialpolitik vorstelle.

Ich bin mir sehr sicher, dass diese Linie, diese Linie des Dialogs, der Offenheit, der Ein­bindung und der Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern, mit der Zivilgesellschaft, mit


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den unmittelbar Betroffenen auch unter unserem neuen Gesundheits- und Sozialminister Wolfgang Mückstein fortgesetzt wird. So kennen wir ihn, so – das wissen wir – ist er aktiv, so ist er groß geworden: indem er selber auch, wie er bereits erwähnt hat, in so­zialen NGOs, in sozialen Non-Profit-Organisationen zu arbeiten begonnen hat, und das ist eine Stärke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wolfgang Mückstein hat allerdings auch eine – als Sozialsprecher möchte ich da vor allem seine Rolle ansprechen – sehr große Aufgabe vor sich. Wir haben einen guten Sozialstaat, wir haben einen funktionierenden Sozialstaat, aber wir haben einen Sozial­staat, der durchaus auch seine Lücken aufweist – ein Sozialstaat, der seine Lücken nicht zuletzt auch jetzt in der Krise offen gezeigt hat, weil teilweise soziale Sicherungssysteme nicht rasch genug gewirkt haben. Auch wenn wir vieles getan haben, um die soziale Krise bestmöglich zu verhindern, und die Armutsgefährdung einigermaßen abfangen konnten, steht uns noch sehr viel bevor.

In diesem Sinne möchte ich Wolfgang Mückstein gerade auch im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Armut, im Kampf um eine bessere soziale Integration von ausge­grenzten Gruppen alles Gute, viel Glück wünschen, ihm unsere Zusammenarbeit anbie­ten. Er hat heute in seiner Rede auch eindrucksvoll gezeigt, dass er längst nicht nur Gesundheitsminister ist, sondern auch ein wunderbarer Sozialminister werden wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr.in Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.09.38

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Werte Kollegen und Kolleginnen! Auch wenn die Aufmerksamkeit jetzt gegen Ende der Regie­rungserklärung langsam schwindet, so möchte ich abseits der wichtigen Frage der Pan­demiebekämpfung und der psychischen Belastungen, die mit dieser Pandemie einher­gehen, auf ein wichtiges Thema eingehen, das nicht nur uns Grünen wichtig ist, sondern das der neue Gesundheitsminister von Rudi Anschober geerbt hat.

Es geht um die psychische und physische Gesundheit von LGBTIQ-Personen in Öster­reich – sei es, dass es um den Ausschluss bei der Blutspende geht, sei es, dass es um die Wahrung der Unversehrtheit von Kindern und Jugendlichen geht, die intersexuell auf die Welt kommen, oder sei es, dass es darum geht, diese davor zu schützen, bei irgend­welchen Pseudotherapeuten zu landen und dort umgepolt zu werden.

All diese Themen sind von gesellschaftspolitischer genauso wie von gesundheitspoliti­scher Relevanz, und wir werden auch mit Wolfgang Mückstein nicht darauf vergessen, all diese Themen weiterhin zu bearbeiten. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Zarits.)

13.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Dr. Rudolf Taschner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.11.07

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich erlaube mir, noch kurz auf die Rede von Herrn Generalsekretär Melchior ein­zugehen. Er hat drei Punkte genannt, bei denen wir wirklich großartig sind: das Testen, die Wirtschaftshilfe und das Impfen. Ich möchte dazu noch einen vierten Punkt ergänzen: Wir haben es auch gut zustande gebracht, dass die Schulen, so gut es in dieser Krise eben geht, funktionieren. Ich weiß, dass es böse Bemerkungen vonseiten der Opposition gibt, aber diese gehen eigentlich am Thema vorbei. Die Krise hat die Schulen in eine


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wirklich prekäre Situation gebracht, aber wir haben diese sehr gut bewältigt. Wir haben sie nicht nur vonseiten des Ministeriums bewältigt, wir haben sie auch vonseiten der Eltern, der Lehrkräfte und natürlich auch vonseiten der Schülerinnen und Schüler be­wältigt. Diese haben Großartiges geleistet, obwohl sie natürlich auch unter starkem Druck gestanden sind.

Herr Kollege Shetty hat bezüglich der Rede des Herrn Generalsekretärs Melchior von „Dreistigkeit“ gesprochen. Die Dreistigkeit hat aber er selbst besessen. Sie (in Richtung Abg. Shetty) haben gesagt, man müsse von einer verlorenen Generation sprechen, und der Begriff von der verlorenen Generation wird dann von Ihrer Seite auf uns punziert. Das ist dreist, lieber Herr Kollege! Das ist nicht in Ordnung! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Loacker: Das ist die Wahrheit! ... aushalten!)

Nun darf ich Ihnen aber trotzdem sagen – und Sie haben das auch mit Ihrem Antrag eingebracht –: Selbstverständlich besteht Handlungsbedarf, auch was die psychischen Probleme der Kinder betrifft. Bei Ihrem Antrag ist es allerdings so, dass Sie – eigentlich ganz im Gegensatz zu dem, was liberal sein sollte – genaue, stringente Vorgaben ma­chen. Wir wollen diesem Antrag durchaus gerne näherkommen, ihn aber etwas freier und klüger formulieren. Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung einer zielgerichteten Betreuung bzw. Beratung zur Abfederung der psychischen Belastung der Schülerinnen und Schüler durch die Co­vid 19 Pandemie.“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird ersucht, unter Ein­beziehung von Experten und der Bundesländer ein niederschwelliges Angebot an ziel­gerichteter Betreuung bzw. Beratung zur Abfederung der psychischen Belastung der Schülerinnen und Schüler durch die Covid 19 Pandemie und die Information der Schü­lerinnen und Schüler über diese Angebote in der Schule sicherzustellen.“

*****

Das ist breit genug, aber auch wirksam genug, damit wir auch dieses Problem abarbeiten können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Sicherstellung einer zielgerichteten Betreuung bzw. Beratung zur Abfederung der psychischen Belastung der Schülerinnen und Schüler durch die Covid 19 Pandemie.

eingebracht im Zuge der Debatte in der 97. Sitzung des Nationalrats über 1.) Erklä­rungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäfts­ordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung des neuen Bundesministers für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz


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Die Covid 19 Pandemie stellt unsere Schülerinnen und Schüler, unsere Lehrkräfte und die Eltern vor große Herausforderungen. Auch ist der Bedarf an psychosozialer Beratung und Unterstützung von Schüler/innen durch die Corona-Krise weiter gestiegen. Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird dem gerecht, in dem einerseits kurzfristig neue Unterstützungsformate für besonders belastete Schülergrup­pen wie z.B. die Initiative „GönnDir“ mit begleitender Einrichtung einer niederschwelligen Hotline der Schulpsychologie speziell für Oberstufenschüler/innen entwickelt wurden. Und andererseits wird gerade intensiv daran gearbeitet, in Kooperation mit den Ländern, in deren Zuständigkeitsbereich die Sozialarbeit fällt, die Personalressourcen deutlich auszuweiten. Dabei soll auch auf europäische Hilfstöpfe (z.B. REACT und ESF) zurück­gegriffen werden.

Auch auf die vermehrte Unterstützung der Lehrkräfte sowohl durch Beratungsangebote als auch Materialien, Instrumente und Fortbildungsangebote einerseits durch die Schul­psychologie andererseits sowie durch die Pädagogischen Hochschulen wird weiterhin Wert gelegt. Auch wurden Lehrkräfte sowie Schulpsycholog/innen frühzeitig nach Be­ginn der Corona-Krise dafür sensibilisiert, auf jene Schüler/innen zu achten, die schwer erreichbar sind oder psychosoziale Probleme zeigen. An Sekundarstufenschulen sind Schüler- und Bildungsberater/innen eine Erstanlaufstelle für psychosoziale Problemla­gen, aber auch für Laufbahn-/Bildungswegfragen. Schüler- und Bildungsberater/innen verweisen weiter an Schulpsycholog/innen oder bei Schulabbruchsgefährdungen an das Jugendcoaching. Auch die Schulsozialarbeit leistet einen wertvollen Beitrag in Form prä­ventiver und intervenierender Maßnahmen zur Unterstützung von Schüler/innen, die ver­mehrt Beratungs- und Unterstützungsbedarf haben.

Die Schulpsychologischen Beratungsstellen arbeiten eng mit anderen Beratungseinrich­tungen wie Kinder- und Jugendhilfe, Kriseninterventionszentren sowie seit der Corona-Krise verstärkt auch mit der bundesweiten Hotline Rat auf Draht zusammen. Die Kinder- und Jugendhilfe wird von den Schulen informiert, wenn der begründete Verdacht auf Schulschwänzen oder Gefahr in Verzug, z.B. durch familiäre Gewalt, besteht.

Seit 22.2.2021 läuft eine bundesweite Hotline der Schulpsychologie 0800 211 320: https://www.schulpsychologie.at/hotline zur Unterstützung und Beratung vor allem von Sekundarstufen-II-Schüler/innen im Rahmen der Initiative „Gönn’dir“.

Das BMBWF stellt auf der Schulpsychologie-Website zahlreiche Informationen zur Ver­fügung, um Lehrkräfte zu sensibilisieren bzw. Unterrichtsmaterialien bereit zu stellen:

Zum Thema Gewalt: https://www.schulpsychologie.at/gewaltpraevention

Zum Thema psychologische Gesundheitsförderung: https://www.schulpsychologie.at/ge­sundheitsfoerderung

Zur psychosoziale Beratung an Schulen: https://www.schulpsychologie.at/15

Konkrete Tipps zur Resilienz und Stärkung der Schüler/innen: https://www.schulpsycho­logie.at/fileadmin/user_upload/Lernen-Leistung/TIPPS_sta__rkenorientierterUnterricht.pdf

Zum Thema Lernen und Lernerfolg: https://www.schulpsychologie.at/lernen-lernerfolg

Es ist sehr wichtig, diese Angebote weiterhin fortzusetzen, gegebenenfalls auszubauen und jedenfalls breit bekannt zu machen. Die unterzeichneten Abgeordneten stellen da­her folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird ersucht, unter Einbe­ziehung von Experten und der Bundesländer ein niederschwelliges Angebot an zielge­richteter Betreuung bzw. Beratung zur Abfederung der psychischen Belastung der Schü­lerinnen und Schüler durch die Covid 19 Pandemie und die Information der Schülerinnen und Schüler über diese Angebote in der Schule sicherzustellen.“

*****


13.13.33

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungs­gemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Ich frage die Klubs, ob sie eine Sitzungsunterbrechung wünschen. – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „konkrete Impftermine, Antigen-Tests zur Eigenanwendung als Zutrittstests und Long-Covid-Strategie“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag.a Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau psycho­logischer Studierendenberatung“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Yannik Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Niederschwellige Angebote zur psychischen Entlastung von Schüler_innen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung einer zielgerichteten Betreuung bzw. Beratung zur Abfederung der psy­chischen Belastung der Schülerinnen und Schüler durch die Covid 19 Pandemie“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (165/E)

13.15.102. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1468/A der Abgeordne­ten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert wird (800 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1440/A(E) der Abgeordne­ten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aussetzen von COVID19-Impfungen mit AstraZeneca-Impfstoff (801 d.B.)


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4. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1465/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbli­che Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (802 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1391/A(E) der Abgeordne­ten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenersatz für Covid-19 Tests (803 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1433/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird (804 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1458/A(E) der Abgeordne­ten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flächendeckende Antikörpertests (805 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1487/A(E) der Abgeordne­ten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesundheitsgefährdendes Ethylenoxid in Corona-Teststäbchen, Mund-Nasenschutz-Masken und Desinfek­tionsmitteln (806 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 bis 8 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte schön, Frau Ab­geordnete.


13.15.36

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, wir wer­den in der Bekämpfung der Krise all Ihr Engagement im Gesundheits- sowie im Sozial­bereich brauchen, denn vieles, das im Gesundheitsbereich aufschlägt, hat den Ursprung ja auch im Sozialbereich. Das bringt mich zu einem meiner Herzensthemen, über das wir vorhin schon kurz geredet haben, und zwar zu der psychischen Gesundheit von Kin­dern und Jugendlichen.

Wir haben bei der Regierungsklausur witzigerweise genau kein Wort darüber vernom­men, jetzt stellt man sich aber hin und sagt: Das ist uns eh so ein Anliegen! – Dieser Antrag, über den wir gerade abgestimmt haben, ist von keiner einzigen konkreten De­tailanalyse oder konkreten Maßnahme flankiert. Woche für Woche lesen wir aber diese


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sehr besorgniserregenden Zahlen, Daten, Fakten. (Abg. Taschner steht an der Regie­rungsbank und spricht mit Bundesminister Mückstein.) – Ich würde Herrn Kollegen Taschner bitten, sich hinzusetzen, denn wenn wir mit dem Herrn Gesundheitsminister gerade den ersten Tagesordnungspunkt zu Gesundheitsthemen besprechen, wäre es nur fair, wenn man dem Gesundheitsminister auch die Möglichkeit gibt, zuzuhören. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Fehlende Therapieplätze, fehlende Finanzierung von Jugendarbeit, von außerschuli­scher Jugendarbeit: All das sind Punkte, auf die wir noch viel, viel genauer schauen müssen und für die wir auch als Bund eine ordentliche Finanzierung auf die Beine stellen müssen, denn wir können uns auf keinen Fall aus dieser Verantwortung stehlen. Wir wissen, dass die Prävention schon sehr früh anfangen muss, es braucht dieses nieder­schwellige Angebot bereits in Schulen, in Jugendzentren, in der außerschulischen Ju­gendarbeit; da passiert schon sehr, sehr viel Gutes.

Gerade bezüglich des Lagerkollers, den viele junge Menschen haben – während des Lockdowns, nach dem Lockdown –, braucht es Personen, mit denen man reden kann, professionelle, hoch qualifizierte Personen außerhalb der Familie, die diese Beratungs­arbeit erledigen. Das ist ganz wichtig, denn die eigenen vier Wände sind sehr, sehr eng, und es braucht dieses Angebot in den Schulen, in den Jugendzentren, in der außerschu­lischen Jugendarbeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Krise ist total ernst und die jungen Menschen befinden sich ja in einer wahnsinnig sensiblen Phase ihres Lebens. Man muss sich das nur einmal durchdenken: die ersten Schulmonate in der Volksschule, die Pubertät – man denke nur daran zurück, welche Gefühlsschwankungen et cetera man selber in der Pubertät durchgemacht hat – oder auch die ersten Schritte in die Selbstständigkeit, in das eigene Leben, man zieht von zu Hause aus, all diese Sachen.

Diese nackten Zahlen haben die Regierungsparteien aber bis jetzt noch nicht wachge­rüttelt, einen Rettungsschirm für Kinder und Jugendliche haben wir bis jetzt wirklich ver­geblich gesucht. Ich kann an Sie, Herr Bundesminister, nur appellieren, einen Zahn zu­zulegen und diese Larifarientschließung von vorhin auch mit Leben zu erfüllen.

Ich bringe diesbezüglich auch einen Antrag ein. Da Kollege Melchior sagt, dass die kons­truktiven Vorschläge der Opposition fehlen: Wir würden hier sehr gerne einen konstruk­tiven Beitrag mit ganz gezielten Punkten leisten. Deshalb bringe ich folgenden Entschlie­ßungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rettungsschirm für Kinder und Jugendliche SOFORT“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz und die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert dem Nationalrat sofort einen Ret­tungsschirm für Kinder und Jugendliche zur Förderung der psychischen Gesundheit zu­zuleiten. Dieses Rettungspaket muss zumindest beinhalten:

- Ausarbeitung eines Krisenplans zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen;

- Ausbau der Therapie- und Betreuungsplätze in der Kinder- und Jugendpsychiatrie;

- kostenfreie Therapieplätze für Kinder und Jugendliche


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- Perspektiven schaffen und Planungssicherheit für Feriencamps garantieren (unter ent­sprechenden Sicherheits- und Hygienemaßnahmen);

- Finanzielle Unterstützung von außerschulischer Jugendarbeit auch über Budget des Bundes;

- Niederschwelliges Angebot von Beratung durch Bereitstellung an Schulen und in der offenen Jugendarbeit (Sozialarbeit, Psycholog*innen, etc.);

- Einrichtung eines inklusiven Jugendgipfels (unter Beteiligung von Kindern und Jugend­lichen) zur Ausarbeitung von langfristigen Strategien.“

*****

Wenn das nicht konstruktiv ist, dann weiß ich auch nicht, worin der Fehler der Regie­rungsparteien liegt, dass sie da nicht zustimmen können. Da wir uns ja vorhin alle so sehr dazu bekannt haben, wie dramatisch die Lage ist, gehe ich einmal von einer von einem breiten Konsens getragenen Zustimmung in diesem Hohen Haus aus. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.20

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Eva-Maria Holzleitner, BSc,

Genossinnen und Genossen

betreffend Rettungsschirm für Kinder und Jugendliche SOFORT

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1465/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsge­setz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungs­gesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (802 d.B.)

Die aktuelle Covid-19-Pandemie stellt für junge Menschen eine besondere Herausforde­rung dar. Distance Learning, Treffen von Freund*innen nur noch im digitalen Raum, feh­lende Freizeit- und Vereinsaktivitäten, teilweise geschlossene Jugendzentren oder un­praktikable Zugangsbeschränkungen, Angst, keinen Job nach dem Schulabschluss oder keine Lehrstelle zu finden. All das und noch viel mehr sind Probleme, mit denen Jugend­liche seit knapp einem Jahr konfrontiert sind. Dennoch wird auf ihre Bedürfnisse kaum bis gar nicht eingegangen. Rettungs- und Unterstützungspakete für junge Menschen sucht man bei den zahlreichen Pressekonferenzen der Bundesregierung vergebens.

Die Corona-Krise hat auch emotional Auswirkungen auf die Kinder und Jugendlichen. 57 Prozent der befragten Eltern gaben an, dass ihre Kinder einsamer, 53 Prozent ag­gressiver und sogar 74 Prozent trauriger geworden sind. 82 Prozent der Befragten mein­ten, dass sich ihr Kind wieder auf den Schulbesuch freut.

Auch der Kinder- und Jugendnotruf "Rat auf Draht", der telefonisch rund um die Uhr sieben Tage die Woche erreichbar ist und die Beratung anonym sowie kostenlos durch­führt, berichtete von besorgniserregenden Entwicklungen seit Beginn der Corona Pan­demie bzw. der Lockdown-Phase.

Unter anderem wird ein starker Anstieg bei Schlafproblemen (+240 Prozent), Anfragen zu psychischen Erkrankungen wie Panikattacken oder Depressionen (+ 146 Prozent),


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Suizidgedanken und Autoaggression wie etwa Ritzen (jeweils + 54 Prozent) sowie phy­sischer Gewalt in der Familie (+88 Prozent) verzeichnet. Die "klassischen" Teeny-Pro­bleme - wie z. B. die erste Liebe oder Taschengeld - werden vom Thema psychischer und physischer Gesundheit größtenteils verdrängt.

Im Jänner 2021 schlugen auch Kinder- und Jugendpsychiater Alarm und wiesen auf die ungenügenden stationären Kapazitäten zur Versorgung erkrankter Kinder und Jugendli­cher hin. Auch die Therapieplätze für die ambulante Betreuung reichen bei weitem nicht aus.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz und die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert dem Nationalrat sofort einen Ret­tungsschirm für Kinder und Jugendliche zur Förderung der psychischen Gesundheit zu­zuleiten. Dieses Rettungspaket muss zumindest beinhalten:

•             Ausarbeitung eines Krisenplans zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen;

•             Ausbau der Therapie- und Betreuungsplätze in der Kinder- und Jugendpsy­          chiatrie;

•             kostenfreie Therapieplätze für Kinder und Jugendliche

•             Perspektiven schaffen und Planungssicherheit für Feriencamps garantieren         (unter entsprechenden Sicherheits- und Hygienemaßnahmen);

•             Finanzielle Unterstützung von außerschulischer Jugendarbeit auch über Budget               des Bundes;

•             Niederschwelliges Angebot von Beratung durch Bereitstellung an Schulen und in             der offenen Jugendarbeit (Sozialarbeit, Psycholog*innen, etc.);

•             Einrichtung eines inklusiven Jugendgipfels (unter Beteiligung von Kindern und    Jugendlichen) zur Ausarbeitung von langfristigen Strategien.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte schön, Herr Abge­ordneter.


13.20.17

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Ich möchte nur kurz auf die Ausführungen meiner Vorrednerin eingehen: Zum Konstruktivsein gehört leider auch dazu, dass man das anerkennt, was bereits passiert. Wir haben es ja im Gesundheitsausschuss schon diskutiert: Man könnte vielleicht auch einmal anerkennen, dass es im Gesundheitsministerium inzwischen ei­nen entsprechenden ExpertInnenstab gibt (Zwischenrufe der Abg. Holzleitner), der sich genau mit all diesen Dingen auseinandersetzt und einen entsprechenden Plan ausarbei­tet (Beifall bei Grünen und ÖVP) und uns das alles ganz genau auch präsentieren wird.


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Das heißt, die Grundlagen, die Voraussetzungen, die hier wieder einmal eingefordert wurden, sind bereits in der Umsetzung. Das könnte man vielleicht auch ab und zu akzep­tieren. (Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Holzleitner.)

Es geht aber bei diesem Sammeltagesordnungspunkt um einiges mehr, es geht auch um die Berichte aus dem letzten Gesundheitsausschuss, um diverse Tagesordnungs­punkte, die wir im letzten Gesundheitsausschuss behandelt haben. Unter anderem gab es da auch einen, na ja, sagen wir, ein bisschen verhaltensauffälligen Antrag – ich per­sönlich finde ihn zumindest so – der Kolleginnen und Kollegen von der freiheitlichen Fraktion, in dem gefordert wurde, dass die Bundesregierung die Impfung mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff aussetzen soll. – Ah, der Kollege ist eh da. (Der in der ersten Reihe sitzende Abg. Kaniak hebt die Hand.) Nein, in diesem Fall meine ich Kollegen Wurm.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss es auch hier noch einmal wiederholen. 0,0004 Prozent, 0,18 Prozent, 16,5 Prozent: Was ist das? – Das ist das Risiko, unter gewissen Umständen ein Blutgerinnsel zu bekommen. 16,5 Prozent beträgt das Risiko, ein Blutgerinnsel zu bekommen, wenn ich eine schwere Covid-Erkrankung habe. 0,18 Pro­zent beträgt die Wahrscheinlichkeit oder das Risiko, ein Blutgerinnsel zu bekommen, wenn ich rauche. 0,0004 Prozent beträgt die Wahrscheinlichkeit oder das Risiko, ein Blutgerinnsel zu bekommen, wenn ich einen Impfstoff von Astra Zeneca verabreicht be­komme.

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist jetzt schlimmer: sich mit Astra Zeneca imp­fen zu lassen oder eine schwere Covid-Erkrankung zu erleiden?

Und dann natürlich noch die 0,18 Prozent beim Rauchen: Da ihr also den Antrag stellt, dass wir jetzt im Endeffekt das Impfen mit Astra Zeneca wegen eines Risikos, das bei 0,0004 Prozent liegt, aussetzen sollen, während beim Rauchen für 0,18 Prozent das Risiko eines Blutgerinnsels besteht, gehe ich jetzt einmal davon aus, dass Peter Wurm sich heute noch hier herausstellen wird und das endgültige Rauchverbot für ganz Ös­terreich fordern wird – denn das ist nämlich die logische Konsequenz aus dem, was ihr da gefordert habt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es ist halt ein typischer Antrag aus der freiheitlichen Ecke, einer von so vielen, die darauf abzielen (Zwischenruf des Abg. Wurm), mit derartigen Ansinnen sozusagen mit der Angst der Bevölkerung zu spielen (Abg. Wurm: Nein!), sich hinzustellen und so zu tun, als ob die Regierung entweder die Bevölkerung entmündigt oder versucht, die Bevölke­rung zu unterdrücken oder eine Gesundheitsdiktatur einzuführen oder dergleichen. Das ist eben die Politik, die die Freiheitlichen seit Anbeginn dieser Pandemie machen, und ich finde es eigentlich ein bisschen lustig, dass sich heute der Gesundheitssprecher der FPÖ bereits hier herausgestellt und gesagt hat, er streckt sozusagen die Hand aus. – Es stimmt, du (in Richtung Abg. Kaniak) persönlich machst das ja, aber deine Fraktion, deine eigene Partei agiert gänzlich – gänzlich! – an dem vorbei.

Ich denke, hier in Österreich brauchen wir Expertinnen und Experten und wir brauchen nicht das Angst-und-Panik-Einsatzteam der FPÖ, das es im letzten Gesundheits­ausschuss gegeben hat oder das wir in den letzten 15 Monaten ständig hier herinnen erleben. – In diesem Sinn: Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Gerhard Kaniak. – Bitte, Herr Ab­geordneter.


13.24.09

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Das trifft sich sehr gut, dass ich jetzt unmittelbar nach Kollegen Schallmei­ner zu Wort komme, denn der letzte Gesundheitsausschuss hat tatsächlich noch viel,


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viel mehr Themen geboten, als wir heute auf der Tagesordnung haben. Leider Gottes sind sehr, sehr viele dieser Themen wieder vertagt worden. Ich hätte mich gefreut, wenn wir diese Themen auch schon mit dem neuen Bundesminister für Gesundheit hätten diskutieren können.

Darunter waren nämlich zum Beispiel auch Anträge des Freiheitlichen Parlamentsklubs zur Stärkung der Intensivmedizin und zum weiteren Ausbau dieser dabei. Es waren An­träge dabei, die man eigentlich als selbstverständlich erachten sollte, nämlich dass es eine Begnadigung für Coronasünder geben soll, die bestraft wurden, wofür aber die ent­sprechenden Grundlagen vom Verfassungsgerichtshof wieder aufgehoben worden sind. Das sollte eigentlich eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit sein, es ist aber vertagt worden und ist hier heute nicht Gegenstand der Diskussion.

Stattdessen möchte ich auf das Thema, das auch Kollege Schallmeiner angesprochen hat und zu dem wir heute auch entsprechende Tagesordnungspunkte haben, eingehen, nämlich das Thema Impfungen beziehungsweise Impfstopp – richtiger Umgang mit Arz­neimitteln könnte man auch sagen. Auch da kann ich nur wieder an Ihre Expertise als Mediziner appellieren: Wir haben in Österreich, aber nicht nur in Österreich, sondern auch in Europa und auch weltweit ein System der Pharmakovigilanz. Das heißt, wenn irgendwo neue, noch nicht dokumentierte, noch nicht in der Zulassung oder im Beipack­text erfasste Nebenwirkungen auftreten, dann wird sofort eine Warnung ausgeschickt, und im Regelfall wird die Anwendung des betroffenen Arzneimittels eingeschränkt. Das ist nichts, was die FPÖ erfunden hat, das ist keine Angst- und Panikmache, sondern das ist das ganz normale System der Pharmakovigilanz, das es weltweit in jedem zivilisierten Staat gibt.

Sie wissen ja, dass nur ungefähr ein Zehntel aller tatsächlichen Nebenwirkungen auch gemeldet werden, und deshalb gilt es natürlich in dem Moment, wo ein Arzneimittel in der breiten Masse im niedergelassenen Bereich verwendet wird, umso sensibler auf den Verdacht von Nebenwirkungen zu reagieren. Nichts anderes als eine ordentliche Abklä­rung der im Raum stehenden Bedenken gegen den Astra-Zeneca-Impfstoff und, aus Schutzgründen gegenüber der eigenen Bevölkerung, vorab einmal eine Pausierung der Verabreichung dieser Impfung haben wir gefordert. Es gibt andere: Biontech/Pfizer steht momentan nicht so in der Kritik, die Datenlage scheint dort etwas besser zu sein; über Moderna kann man auch durchaus diskutieren. Wenn das oberste Ziel – Sie haben es selber ausgegeben – darin besteht, dass wir Leid verhindern, Tote verhindern wollen, dann kann man nicht eine Impfung verwenden, bei der es Sicherheitsbedenken gibt. Das muss man schon einmal in eine richtige Relation setzen.

Dann möchte ich noch etwas dazusagen – Sie haben ja selber das Beispiel der Massen­impfungen in der Wiener Stadthalle, die vorgesehen sind, gebracht: 30 000 Impfungen an einem Tag –: Ich hoffe, Sie sorgen als Gesundheitsminister dafür, dass da die gesetz­lichen Richtlinien, nämlich betreffend die verpflichtende Impfaufklärung jedes einzelnen Impflings, auch tatsächlich eingehalten werden. Meine Erfahrung, sprich das, was die Menschen mir in den letzten Monaten massenhaft zugetragen haben, ist nämlich, dass sie eben keine ordentliche Impfberatung bekommen, dass sie massiv verunsichert sind, ob diese Impfung für sie – mit ihren Vorerkrankungen, mit ihren Medikamenten, die sie nehmen müssen – überhaupt geeignet ist oder nicht.

Sie wissen, denn Sie haben ja auch eine alternativmedizinische Ausbildung in der TCM: In dieser kommt es ja auch sehr stark auf Individualentscheidungen, also eine individuali­sierte Medizin, an. Sie können nicht 30 000 Menschen an einem Tag ohne medizinische Untersuchung, ohne ärztliche Abklärung impfen, sie alle gleichsetzen und für alle sagen: Dieses eine Arzneimittel ist genau das richtige! – Das wäre ein ärztlicher Kunstfehler, und ich hoffe, dass Sie in Ihrer Funktion als Gesundheitsminister diese Verantwortung wahrnehmen und dafür Sorge tragen, dass jeder einzelne Bürger in Österreich, jeder


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einzelne Patient, bevor er einen medizinischen Eingriff oder eine Therapie bekommt oder auch bevor er eine Impfung bekommt, eine entsprechende individuelle Aufklärung be­kommt, damit das nicht zu seinem Schaden ist.

Wir haben auch einen Tagesordnungspunkt, der die Antikörpertestungen betrifft. Auch das ist an sich medizinischer Standard, dass man, bevor man eine Impfung verabreicht, eine Titerkontrolle macht. Einer, der schon immunisiert ist, braucht die Impfung ja gar nicht so dringend oder unter Umständen gar nicht, wenn der Titer hoch genug ist. Das heißt, der Impfstoff könnte jemand anderem, der viel bedürftiger ist, zugutekommen. Auch eine Antigentestung unmittelbar vor der Impfung wäre empfehlenswert, denn auch das ist medizinischer Standard, dass Menschen, die bereits akut im Zustand einer Infek­tion sind, eigentlich keine Impfung bekommen sollten. Da gibt es nur ganz wenige Aus­nahmen, bei denen das indiziert ist. Beim Covid-19-Impfstoff gibt es keine wissenschaftli­che Basis dafür, dass das indiziert ist.

Sie sehen also, Sie haben jede Menge Arbeit, die man auch wirklich von der medizi­nischen Seite her betrachten könnte. Sie haben in den wenigen Tagen noch nicht die Chance genutzt, die Anträge, die heute hier von den Bundesregierungsfraktionen abge­lehnt werden, vielleicht noch einmal zu überdenken. Wir machen es Ihnen leicht: Wir bringen einen Großteil der Anträge wieder ein, dann können wir das gemeinsam diskutie­ren. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

13.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Josef Smolle. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.29.12

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Gesund­heitsminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tatsächlich haben wir im letzten Gesundheitsausschuss eine breite Palette von Themen behandelt, sieben davon sind auch heute hier im Plenum auf der Tagesordnung. Ich möchte auf drei davon eingehen.

Das erste ist eine Änderung des COVID-19-Zweckzuschussgesetzes – ein sperriger Na­me für ein Gesetz, bei dem es um eine breite Palette von Themen geht. Worum geht es heute hier konkret? – Es geht um die nicht hauptberuflichen Helferinnen und Helfer in den Teststraßen. Die bekommen ja eine Zuzahlung von den jeweiligen Teststraßenbe­treiberinnen und -betreibern. Das war bisher bis zu einem Betrag von 537 Euro im Monat von Sozialabgaben befreit. Es hat sich jedoch herausgestellt: Um weiterhin diese große Zahl an Personen motivieren zu können, die wir brauchen – wir brauchen jetzt für das Impfen noch mehr –, ist es sinnvoll, diesen Betrag auf rund 1 000 Euro aufzustocken; sie sind von Bundesabgaben befreit und, was ganz, ganz wichtig ist, das rechnet sich nicht zulasten diverser sonstiger Sozialleistungen. Das ist, glaube ich, ein wesentlicher Schritt, um die Teststraßen in Zukunft aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig wurde diese Re­gelung auf Impfstraßen ausgeweitet und bis zum 30. Juni dieses Jahres verlängert.

Ich möchte an dieser Stelle ein ganz, ganz herzliches Danke an all diese Helferinnen und Helfer der verschiedensten Berufe sagen, denn nur durch sie ist es möglich, dass wir diese Testfrequenz und jetzt auch diese Impffrequenz zustande bringen. Ein herzli­ches Danke! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Der zweite Punkt betrifft insgesamt vier Sozialversicherungsgesetze, die zum ASVG nachgezogen werden. Da geht es um einen Lückenschluss in der geografischen Fläche, und zwar darum, wer Gratis-Covid-Tests in entlegenen Gebieten macht. Wir sind sehr dankbar dafür, dass die öffentlichen Apotheken zu einem großen Teil an den Testungen mitwirken, aber es gibt eben diverse entlegene Gebiete, wo die Medikamentenversor­gung durch Hausapotheken erfolgt. Nun wird geregelt, dass die Hausapotheken führenden


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Ärztinnen und Ärzte zu den gleichen Bedingungen wie die öffentlichen Apotheken auch in das Testgeschehen einsteigen. Das ist gerade für die Bevölkerung in – ich sage das so – gebirgigen Bundesländern, in denen es sehr entlegene Ortschaften gibt, ein wirklich gutes Entgegenkommen.

Ich möchte wieder darauf hinweisen: Es gibt kaum ein Land, in dem derart flächende­ckend und in derart hoher Frequenz Gratistests angeboten werden. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Schritt in unserer Pandemiebekämpfung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Dritter Punkt – das ist auch schon angesprochen worden –: die Bedeutung der Antikör­pertests. Wie Sie wissen, sieht der gesetzliche Rahmen vor, dass man auch bei einer gewissen positiven Antikörperkonstellation von einer Person geringeren epidemiologi­schen Risikos sprechen kann. Das ist ein Punkt, zu dem ich mir von der Wissenschaft in den nächsten Wochen und Monaten deutliche, klare Aussagen erwarte. Derzeit herrscht Einigkeit, dass die echten Neutralisationstests sozusagen gut akzeptiert werden. Das heißt aber: Gewebekultur, lebende Viren, draufschauen, ob man es neutralisieren kann, Hochsicherheitslabor, nicht für die Routine geeignet. Es wird intensiv an Surrogattests dazu gearbeitet, und ich erwarte, dass man in absehbarer Zeit wirklich sagen kann, wel­che spezifischen Antikörper in welcher Titerhöhe eine entsprechende Risikominderung bedeuten, sodass man das dann gut berücksichtigen wird können.

Abschließend ein kurzer Blick darauf, wo wir in Österreich in der Coronapandemie ste­hen: Wir haben derzeit stabile bis leicht sinkende Zahlen, und es gibt einen Wert, der mich wirklich deutlich optimistisch stimmt, und zwar: Während in den meisten Monaten der Pandemie die Letalität, das heißt das Sterberisiko der nachweisbar infizierten Per­sonen, bei 2 Prozent oder deutlich darüber gelegen ist, geht dieser Wert seit Mitte Feb­ruar kontinuierlich zurück, er liegt jetzt bei knapp über 1 Prozent. Das ist meines Erach­tens schon Ausdruck eines gewissen Impfschutzes gerade in den Alten- und Pflegehei­men, bei den Hochbetagten und bei den Risikopatientinnen und -patienten. Das ist einer der Faktoren, der uns jetzt helfen wird, in den nächsten Wochen und wenigen Monaten aus dieser Krise herauszukommen.

Was uns noch hilft, ist das Einhalten der Maßnahmen, das ganz, ganz intensive Testen und dass wir einfach solidarisch und gemeinschaftlich in diese Richtung gehen – dann habe ich berechtigten Optimismus, was den Sommer betrifft. Ich hoffe, Herr Gesund­heitsminister, dieser Optimismus ist berechtigt und wir teilen ihn. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gerald Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.34.31

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Das Testen ist in Österreich über manche Strecken immer noch ein gewisses Tohuwabohu: Niedergelassene Ärzte dürfen nur Personen mit Symp­tomen testen – dann bekommen sie 65 Euro. Niedergelassene Ärzte mit Hausapotheke dürfen jetzt nach der Apothekerlogik testen – sie bekommen dafür 25 Euro. Die Apothe­ker dürfen auch dann testen, wenn man keine Symptome hat – sie bekommen also 25 Euro. Die Betriebe bekommen für die betrieblichen Testungen 10 Euro – wo die be­trieblichen Testungen so wichtig wären und wir eigentlich mehr davon bräuchten. – Und wenn Sie sich jetzt nicht mehr auskennen, dann sind Sie, geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer, nicht allein, da sich auch in der gelebten Praxis die Mitarbeiter in den Berufen oft nicht auskennen.


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Was es nicht auf öffentliche Kosten gibt, sind Antikörpertests; diese wären auch relativ günstig zu haben. Wenn jemand diese Antikörper hat, muss er ja nicht ständig Tests machen lassen und würde so auf der anderen Seite etwas einsparen, und das würde den Menschen auch mehr Freiheit zurückgeben. Wenn wir standardisiert auf breiter Fläche Antikörpertests machen würden, dann hätten wir auch einen besseren Einblick in die Dunkelziffer bei den bisherigen Covid-Erkrankungen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Kaniak.)

Meine Fraktion hat dazu mehrere Anträge eingebracht, zum betrieblichen Testen, zu den Antikörpertests und zur Frage, wer wie viel bekommt, denn, Herr Minister, ich habe es Ihnen vorhin schon gesagt, Standesdünkel sind hier fehl am Platz. Egal, wer den Test durchführt – ein Arzt, ein Apotheker, eine Ärztin, eine Apothekerin oder eine freiberufli­che Pflegefachkraft –, es sollen alle gleich viel für die gleiche Leistung bekommen. Wir bezahlen ja nicht die Ausbildung, sondern die Leistung.

Weiters geht es um die Daten. Die Labore, die Tests auswerten, sind nicht an Elga an­geschlossen – das ist ein gewaltiges Versäumnis. Wir haben die Ergebnisse der PCR-Tests nicht in Elga. Dadurch tun sich Probleme auf: Die niedergelassenen Ärzte sehen nicht, ob ihre Patienten gerade erst getestet worden sind, ob sie eine Covid-Infektion durchgemacht haben. Im E-Impfpass steht nicht, wer eine Infektion gehabt hat und daher vielleicht erst später eine Impfung brauchen würde.

Wir hätten mit dem Elga-System eine gute IT-Basis, aber wir nützen sie nicht, und jetzt kommt von da drüben (in Richtung ÖVP weisend) das Argument: Ja, es gibt ja Elga-Opt-Outs, und daher kann man die Labore nicht an Elga anschließen und dort die PCR-Tests einspielen. – Mah bitte! Da wird eine öffentliche Leistung in Anspruch genommen und diese Daten kommen in das epidemiologische Meldesystem, aus dem niemand heraus­optieren kann, und in das Elga-System, aus dem man herausoptieren kann, kommen sie nicht. In das Elga-System, wo jeder Bürger nachschauen kann, wer zugegriffen hat und wer die Daten ausgelesen hat, in das sichere System, kommen sie nicht und in das epidemiologische Meldesystem, wo man nicht herausoptieren kann, wo man nicht weiß, wer auf die eigenen Daten zugegriffen hat, kommen sie hinein. Also kommen Sie mir nicht mit diesem lächerlichen Opt-out-Argument!

Im Übrigen hat der Nationalrat schon im Mai auf unseren Antrag hin beschlossen, dass die PCR-Tests in das Elga-System einfließen sollen, aber Ihr Vorgänger hat diesen Be­schluss ignoriert. So bitte ich Sie, Herr Minister, dass Sie zeigen, dass Sie das Parlament ernst nehmen. Ich weiß, für die ÖVP ist das Parlament eher eine lästige Stolperfalle im lustigen Machtrausch, aber für Sie hoffentlich nicht.

Ich möchte noch eine Korrektur zum Kollegen Melchior anbringen, der vorhin gesagt hat, dass die Hilfen so super fließen: Wenn Sie einen Betrieb haben und Ihr Mitarbeiter nach dem Epidemiegesetz abgesondert, in Quarantäne geschickt wurde, dann liegt die Wahr­scheinlichkeit, dass Sie die Kosten ersetzt bekommen, bei genau 6,1 Prozent. – Das ist die Hilfe, die auf Ihrer Seite fließt! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Kaniak.)

13.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Mag. Markus Koza. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.38.44

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! In der letzten Sitzung des Gesundheits­ausschusses wurde – Kollege Smolle hat das bereits erwähnt – im Rahmen des COVID-Zweckzuschussgesetzes auch eine Änderung für freiwillige MitarbeiterInnen, freiwillige HelferInnen in Test- und Impfstraßen beschlossen.


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Wir alle wissen, ohne das Engagement Hunderter, ja geradezu Tausender freiwilliger HelferInnen in den letzten Wochen und Monaten wäre die Organisation der Teststraßen, wäre auch die Organisierung der Impfstraßen schlichtweg nicht möglich. Mitglieder von Freiwilligenorganisationen, ArbeiterInnen, Angestellte, PensionistInnen, StudentInnen, Menschen, die in der Krise ihren Job verloren haben: Viele von ihnen sind bereits seit langer Zeit in der Pandemiebekämpfung aktiv und sie werden, wir müssen uns nichts vormachen, auch noch weitere Wochen, Monate aktiv sein müssen – und wir bitten sie darum, weiter aktiv zu sein, weil es ohne ihre Hilfe schlichtweg nicht gehen wird.

Es wurde bereits beschlossen, dass wir Freiwilligen in Teststraßen eine Aufwandsent­schädigung von 10 beziehungsweise 20 Euro je Stunde zahlen. Es wurde auch bereits die Aufstockung des monatlichen Betrags, der steuer- und sozialversicherungsfrei ist, auf 1 000 Euro beschlossen, und das soll jetzt auch auf die Freiwilligen in den Impfstra­ßen ausgeweitet werden. Dieser Antrag hat bereits im letzten Gesundheitsausschuss eine Mehrheit gefunden, heute geht es darum, ihn auch im Nationalrat zu beschließen – eine Regelung, die befristet bis zum 30. Juni gilt und ausdrücklich eine Maßnahme im Rahmen der Bewältigung der Covid-19-Krise ist.

Was durch den heutigen Beschluss auch klar festgehalten ist – auch das hat Kollege Smolle schon erwähnt –, weil uns das wichtig ist, ist, dass diese Aufwandsentschädigung für freiwillige Hilfe, für freiwilliges Engagement nicht auf Sozialleistungen wie Familien­beihilfe, Stipendien, auf die Mindestsicherung, auf Leistungen der Arbeitslosenversiche­rung oder auch auf die Ausgleichszulage angerechnet wird, denn niemand soll aufgrund seiner Tätigkeit als freiwilliger Helfer oder Helferin auf seine oder ihre Sozialleistung ver­zichten müssen.

Was allerdings ebenfalls wichtig ist, ist, dass es eine klare Abgrenzung zwischen den­jenigen gibt, die freiwillig, ehrenamtlich tätig sind, und denjenigen, die hauptamtlich, die beruflich in den Impfstraßen arbeiten, denn die sind selbstverständlich voll sozialversi­chert, unterliegen Kollektivverträgen und sind arbeits- und sozialrechtlich abgesichert, wie das eben bei normalen Beschäftigungsverhältnissen so ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zusammengefasst noch einmal: Freiwillige HelferInnen in Teststraßen und Impfstraßen werden mit diesem heutigen Beschluss gleichgestellt. Gemeinden und Ländern soll jede Möglichkeit gegeben werden, die best­mögliche Unterstützung geboten werden, um notwendige Impfstraßen auch so gut wie möglich zu organisieren. Ohne Freiwillige ist das nicht machbar, daher auch von dieser Stelle aus ein herzliches Dankeschön an alle freiwilligen HelferInnen, die dabei mithel­fen, die Pandemie, die Krise zu überwinden. Bleibt gesund und passt auf euch auf! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.42.28

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich vielleicht als Nachtrag zur Debatte, die wir am Beginn geführt haben, wie es mit der Pandemiebekämpfung, mit dem Management weitergeht, kurz an Sie wenden, Herr Bundesminister. Sie haben nämlich sehr offen gesagt, und das finde ich sehr treffend: Wir brauchen einen konkreten Plan aus der Krise. Ich glaube, das ist der zentrale Punkt, den wir uns auch alle erwarten würden: dass wir die Bevölkerung anhand eines konkreten Planes mitnehmen. Das Da­hinstolpern von Lockdown zu Lockdown, aufsperren, zusperren, das ist verwirrend, das lässt Menschen ratlos zurück.


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Noch schlimmer ist es – und deswegen bin ich Ihnen für die offenen Worte dankbar –, wenn man das macht, was Sebastian Kurz heute wieder gemacht hat: irgendetwas ver­sprechen, aber losgelöst von Fakten. In Wahrheit nehmen ja Sebastian Kurz im Bereich des Krisenmanagements ohnehin nur noch wenige Menschen ernst. Es irritiert halt doch, wenn der Bundeskanzler immer wieder eine Meinung hat, wann man aufmacht, wann man nicht aufmacht, die sich alle paar Tage ändert. Das kostet natürlich Vertrauen.

Warum sage ich das? – Weil ich glaube, dass Sie als Gesundheitsminister diese zentrale Koordination auf Basis des Epidemiegesetzes dringend übernehmen und durchführen müssten, dass man in der Politik schon auch miteinander arbeiten muss.

Ich kann Ihnen auch etwas mitgeben, damit Sie wissen, was Sie erwartet – auch als Nachtrag –: Einer der großen Pressevordenker von Sebastian Kurz hat einmal, unab­sichtlich offenbar, sehr offen gesagt, wie er sich die Zusammenarbeit mit dem Gesund­heitsminister vorstellt: Für die schönen Sachen, für den Sonnenschein ist Sebastian Kurz zuständig, und wenn es dann einmal nicht gut funktioniert, ist der Gesundheitsminister verantwortlich oder sind die böse Opposition oder die Länder oder die Leute in den Pfle­geheimen verantwortlich. Das ist so die Aufgabenverteilung.

Es hat eine nette Pressekonferenz von Sebastian Kurz gegeben, in der Zeit, in der man sich noch gut, nett und sympathisch hat darstellen können, und danach hat das Master­mind von Sebastian Kurz geschrieben: „Was für eine peinliche Inszenierung!“, warum muss Sebastian Kurz überhaupt so eine Pressekonferenz machen, was hat er dort zu suchen? Und der Nachsatz: „Lasst den Anschober machen! Da fühl ich mich wohler“.

Wahrscheinlich wird Sie das in Zukunft auch bald irgendwie ereilen. Sobald irgendetwas nicht funktioniert, werden Sie relativ bald alleine in dieser Regierung sein. Solange Se­bastian Kurz sich an Ihre Seite drängt und mit dabei ist, wenn es um nette Fotos geht, so lange brauchen Sie keine Angst zu haben, so lange ist alles gut. Aber wenn Sebastian Kurz das erste Mal nicht mehr auf dem Foto mit drauf sein möchte und sich abputzt, dann sollten Sie aufpassen. Ich würde Sie vielleicht bitten, dass Sie dann intern proaktiv Sigi Maurer und Werner Kogler um Unterstützung bitten, und es wäre nett, wenn die eigene Parteispitze bereit ist, sich auch einmal für die eigenen Ministerinnen und Minister ins Zeug zu legen und nicht nur dauernd auf Kuschelkurs mit Sebastian Kurz zu sein. Dafür ist unser Land zu schade und dafür ist das Krisenmanagement auch zu wichtig. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steinacker: Da hätten wir uns mehr erwartet, Philip! Nicht so selektiv! – Abg. Strasser: Das war die Gesundheit!)

13.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Angela Baumgartner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.45.33

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Kucher, bei deiner nächsten Rede werde ich Stricherllisten machen, wie oft du den Na­men Sebastian Kurz erwähnst. Das ist wirklich schon fast lächerlich (Abg. Steinacker: Werbung für unseren Bundeskanzler!) – oder eine Werbung, man kann es auch als Wer­bung sehen, ja. (Abg. Strasser: Danke!)

Ich möchte darlegen, warum wir die Streichung des Opt-out für Laborbefunde aus Elga ablehnen. Es ist nämlich so, dass behördlich angeordnete Tests nicht wegen des Opt-out nicht in Elga eingetragen werden, sondern weil es eine datenschutzrechtliche Grund­entscheidung bei der Einführung von Elga war, dass Gesundheitsbehörden oder Amts­ärzte keine Elga-Berechtigung haben. Und warum? – Damit jetzt diese Daten keinesfalls zum Nachteil der Patienten verwendet werden. Es würde sonst zum Beispiel der Alkotest in Elga eingetragen werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 114

Ich finde es auch spannend, dass in der Begründung des Antrages der NEOS wieder behauptet wird, dass die Bürgermeister Einsicht nehmen können beziehungsweise über Covid-19-Fälle in ihrer Gemeinde informiert werden. Das ist nämlich nicht der Fall. Wir Bürgermeisterinnen und wir Bürgermeister leisten einen Beitrag, einen wichtigen Beitrag zur Pandemiebekämpfung, nämlich durch die Organisation der Teststraßen, wo wirklich sehr viele Freiwillige mitarbeiten (Beifall des Abg. Angerer), seien es Mitarbeiter des Roten Kreuzes, der Feuerwehr, Studenten oder eine große Anzahl an Menschen aus der Zivilbevölkerung. Ohne diese Freiwilligen, welche einen so ungemein wertvollen Bei­trag für unsere Gesellschaft leisten, wäre die Organisation dieser Test- und Impfstraßen in dieser Art und Weise nicht möglich.

Daneben möchte ich auch eine Berufsgruppe, die nicht erst seit Beginn der Krise am Krankenbett steht, die auf Intensivstationen und auf den Normalstationen arbeitet, er­wähnen, da in der letzten Gesundheitsausschusssitzung und im letzten Plenum immer wieder Thema war – Klubobmann Kickl hat es heute in seiner wirklich würdelosen und fremdschämenden Rede auch erwähnt –, dass es verabsäumt wurde, im letzten Jahr medizinisches Personal aufzustocken.

Mein Sohn hat vor Beginn seines Medizinstudiums das Diplom zum Kranken- und Ge­sundheitspfleger absolviert, und diese Ausbildung – ich habe es jahrelang miterlebt – ist wirklich sehr fordernd und oft sehr belastend. Theorie- und vor allem Praxisunterricht, das muss einem schon liegen. Viele brechen die Ausbildung nach den ersten Monaten ab beziehungsweise dann, wenn die Schülerinnen und Schüler im Laufe ihres Prakti­kums mit Krankheit, Tod und Leid konfrontiert werden. Die Ausbildung umfasst drei har­te, schwere Jahre, und für die Intensivabteilung braucht es noch eine zusätzliche Aus­bildung. Ja, Intensivbetten kann man natürlich mehr aufstellen, das Personal dafür braucht aber eine lange Ausbildung. Wer behauptet oder glaubt, dass es innerhalb eines Jahres möglich ist, medizinisches Personal zu rekrutieren, der würdigt die Ausbildung und die Arbeit des diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegers nicht. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.49.05

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister – falls er wieder auf­taucht! Hohes Haus! Werte Kollegen! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Massive allergische Reaktion auf Ethylenoxid / Kopfschmerzen, Bauchweh, Übelkeit und Erbrechen“ auf das Rednerpult.) Ja, ich erzähle heute ganz kurz etwas über ein ganz dramatisches Beispiel von Kollateralschäden. Ethanyloxid, Sie sehen es hier auf der Tafel, und – vielleicht kurz zur Erklärung noch einmal, ich habe es mitgebracht, weil es uns alle tagtäglich betrifft (eine FFP2-Maske und ein Nasenstäbchen in der Hand haltend) – die ominösen Teststäbchen und der Mund-Nasen-Schutz betreffen vor allem unsere Kinder, wie Sie hier sehen, und wenn Sie einmal genau nachlesen, dann werden Sie in der Regel eine Abkürzung finden, nämlich EO oder ETO, das ist das Ethanyloxid.

Zur Erklärung: Das ist in Europa, in der EU natürlich verboten, da es krebserregend ist und Allergien verursacht, also eindeutig gesundheitsschädlich ist.

Warum erzähle ich Ihnen das alles? – Das ist auch ein Vorwurf an die Regierung, und da fühle ich mich schon vom Minister im Stich gelassen; ich hoffe, der neue kommt jetzt bald in die Gänge. Also warum? – Weil uns seit Wochen und Monaten unzählige E-Mails erreichen, von Ärzten und vor allem von Eltern, deren Kinder extreme gesundheitliche Probleme haben. Und was ist die Ursache? – Das (die FFP2-Maske und das Nasenstäb­chen wieder in die Höhe haltend) kommt alles, wie wir wissen, millionenfach aus China,


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und aus China kommt nicht nur der Virus – China hat sich ja im Übrigen wirtschaftlich sehr gut erholt, ist, glaube ich, ein Gewinner der ganzen Krise, aber das nur am Rande –, sondern aus China kommen all diese Dinge, sie werden dort produziert.

Jetzt kann man China einiges unterstellen, aber ich glaube, sie sind bei vielen Dingen nicht State of the Art, was Umweltschutz und Gesundheitsschutz betrifft. Wenn diese Produkte nicht ordnungsgemäß mit Ethanyloxid sterilisiert werden, dann haben Sie in diesen Masken und Teststäbchen Rückstände, die krebserregend sind und Allergien auslösen können.

So, und was hat diese Regierung vor einigen Wochen oder Monaten gemacht? – Sie hat das Produkthaftungsgesetz für Medizinprodukte aufgehoben. Damit wird das alles nicht mehr kontrolliert. Das wird nicht mehr kontrolliert in Österreich! Das heißt, diese Produkte kommen ohne staatliche Kontrolle bei uns, bei den Kindern an. Dreimal oder zweimal die Woche müssen unsere Kinder diese Stäbchen in ihre Nasen stecken und stunden­lang müssen sie diese Masken tragen. Und der Antrag, den wir im Gesundheits­ausschuss eingebracht haben und der heute noch einmal diskutiert wird, zielt auf nichts anderes ab, als dass diese Dinge überprüft werden.

Wir wollen nur eine Überprüfung: Finden sich in diesen Utensilien Rückstände, die für unsere Kinder gefährlich sind, krebserregend sind, ja oder nein? Und ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich verlasse mich nicht auf die Eigenangabe der chinesischen Produzen­ten. Das ist nämlich zurzeit das einzige Kriterium, um solche Produkte in Österreich auf den Markt zu bringen: Ein CE-Zeichen eines chinesischen Produzenten irgendwo in Shanghai oder sonst wo genügt, dass diese Produkte ohne Kontrolle millionenfach bei unseren Kindern angewendet werden dürfen.

Ich kann nur noch einmal alle Fraktionen, auch die Opposition, aber vor allem von der Regierung, im Sinne unserer Kinder bitten: Stimmen Sie bitte diesem Antrag zu, damit wir das überprüfen können! Die Ages könnte das überprüfen und hat das früher, vor Coronazeiten, natürlich auch gemacht. Das wird nicht mehr gemacht!

Herr Minister, Sie sind ganz neu dabei, und ich sage Ihnen, das wäre ein ganz wichtiger erster Schritt für die Sicherheit und Gesundheit unserer Kinder, dass Sie das von der Ages überprüfen lassen: Sind in diesen Produkten derartige Rückstände vorhanden oder nicht? Mehr will dieser Antrag zurzeit nicht. Wenn Sie selbst die Kontrolle verhindern, dann ist das meiner Meinung nach nicht nur gesundheitsgefährdend und schädlich für unsere Kleinsten, für unsere Kinder, sondern schafft auch kein Vertrauen – und gerade Vertrauen sollte diese Bundesregierung in diesem Bereich schaffen.

Abschließend noch einmal: Ich bitte Sie wirklich, sich der Sache anzunehmen! Das ist alles wissenschaftlich belegt. Bitte stellen Sie die Kontrolle durch die Ages sicher, damit nicht tagtäglich ein Risiko für unsere Kinder entsteht! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Bedrana Ribo. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.54.18

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Auch ich möchte zuerst die Möglichkeit nutzen, um mich öffentlich bei Rudolf Anschober für seine groß­artige Arbeit, für seinen großartigen Einsatz für dieses Land, für uns alle zu bedanken. Lieber Rudi! Danke im Namen von uns allen, wir werden dich alle vermissen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und zugleich natürlich ein herzliches Willkommen unserem neuen Gesundheitsminister Dr. Wolfgang Mückstein. Ich freue mich sehr auf eine gute Zusammenarbeit. Ich bin mir


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sicher, dass du, genauso wie alle anderen, das Beste geben wirst und dass du das gut machen wirst. Ein herzliches Willkommen in unserem Team!

Zurück zur Tagesordnung. Ich spreche zu Punkt 4. Bei diesem Punkt geht es um ein Thema, welches wir bereits im letzten Plenum besprochen haben: ÄrztInnen im nieder­gelassenen Bereich, also HausärztInnen mit Hausapotheken, dürfen nun auch asympto­matische Personen testen. Das war bis jetzt nur in den Apotheken möglich, deshalb ha­ben wir das letzte Mal die Änderung im ASVG vorgenommen: Der Ausdruck „öffentliche Apotheken“ wurde durch den Ausdruck „öffentliche Apotheken und ärztliche Hausapo­theken“ ersetzt. Und heute, mit diesem neuen Antrag, den wir im Gesundheitsausschuss bereits diskutiert und besprochen haben – den muss ich nicht vorlesen –, wird die glei­che Änderung in den weiteren Sozialversicherungsgesetzen nachvollzogen.

Grundsätzlich zu den Testungen beziehungsweise auch zu dieser Änderung möchte ich sagen, dass es eine sehr gute Sache ist, denn jede zusätzliche Testmöglichkeit ist zu begrüßen. Kollege Smolle hat es schon erwähnt, wir in Österreich sind, was das Testen angeht, gut unterwegs. Wir testen flächendeckend. Es gibt da und dort noch ein paar Lücken, und ich glaube, mit dieser Änderung werden auch diese Lücken sehr gut zu schließen sein.

Diese Änderung betrifft circa 900 HausärztInnen, und von dieser Änderung werden vor allem ältere Personen, aber auch Personen, die mobil nicht mehr so gut beieinander sind, profitieren. Das heißt, das ist eine Möglichkeit, sich wohnortnahe bei seinem Haus­arzt, beim Hausarzt seines Vertrauens testen zu lassen, und das ist natürlich zu begrü­ßen. In Zeiten wie diesen ist jede, wirklich jede zusätzliche Testmöglichkeit zu begrüßen, und wir wissen, dass wir alle mit regelmäßigen Testungen zur Pandemiebekämpfung beitragen.

Deswegen noch einmal mein Appell an alle Menschen in Österreich: Bitte, bitte nützt diese Möglichkeit, lasst euch regelmäßig testen! Und wenn ihr mit der Impfung dran seid, lasst euch auch impfen! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Michel Reimon zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.57.25

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Herr Präsident! Kollege Wurm hat hier dreimal behauptet, dass Ethanyloxid krebserregend wäre, und Angst verbreitet. Es ist aber Ethylenoxid. Sie wissen nicht einmal, von welchem Stoff Sie reden, und genau in der Form gehen Sie mit dieser ganzen Angstmacherei um.

Ich berichtige tatsächlich: Ethylenoxid heißt der Stoff. (Abg. Wurm – besagte Tafel in die Höhe haltend –: Ethylenoxid habe ich gesagt, glaube ich!) Nein, Ethanyloxid! (Beifall bei den Grünen.)

13.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.58.03

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Herr Bundesminister! Heute wurde schon viel über den ehemali­gen Bundesminister Rudi Anschober gesprochen. Ich habe ihn auch als sehr engagiert und sehr bemüht erlebt. Das kann ich nur bestätigen. Er hat vielleicht im Nachhinein gesehen einen Fehler begangen: Er hat sich das Heft bei der Pandemiebekämpfung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 117

vom Bundeskanzler aus der Hand nehmen lassen, indem dieser alles zur Chefsache erklärt hat. Was dabei herausgekommen ist, hat man in den letzten 13 Monaten gut be­obachten können. Wir sind jetzt Testweltmeister, in einer Zeit, in der wir Impfweltmeister sein sollten, und wir hätten eigentlich schon im September 2020 Testweltmeister sein sollen. Diese Lobeshymnen der ÖVP kann ich also nicht ganz nachvollziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt aber auch bei anderen Dingen ein nicht ganz nachvollziehbares und durchschau­bares Vorgehen der Bundesregierung, wie zum Beispiel bei den Kostenersätzen für Co­ronatests. Da hat die Regierung offensichtlich gewürfelt: Firmen, die Tests durchführen, erhalten einen anderen Kostenersatz als Apotheken, die Tests durchführen. Ärzte, die Tests durchführen, erhalten wieder einen anderen Kostenersatz als private Labors, da gibt es noch mehr – also alles irgendwie nicht ganz durchschaubar und selbst für die Anwender nicht mehr nachvollziehbar.

Weiters sollte rasch das Gesundheitstelematikgesetz überarbeitet werden beziehungs­weise noch einmal auf seine Tauglichkeit überprüft werden. Entgegen den Aussagen meiner Vorrednerin von der ÖVP bekommen die Bürgermeisterinnen und die Bürger­meister die Information, wie viele Covid-positive Patienten in der Gemeinde oder in der Stadt gemeldet sind, die niedergelassene Ärzteschaft jedoch nicht. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.) Das ist eine Situation, die ein Riesenproblem darstellt, würde ich einmal sagen.

Zum grünen Pass: Es ist ja gemäß den letzten Erkenntnissen des Ludwig-Boltzmann-Instituts so – das hat man gestern sogar in der „ZIB Nacht“ gesehen –, dass nach einem Jahr über ein Drittel der Genesenen keine Antikörper mehr aufweist. Der grüne Pass, der vom Bundeskanzler angekündigt wurde, wird also wahrscheinlich nicht so kommen können, wie das angedacht war.

Abschließend kann man sagen: Das bisherige Coronamanagement fällt unter drei Schlagwörter: zu spät, zu wenig, zu unorganisiert; keine zentrale Verantwortung, keine zentrale Organisation, die ÖGK als größter Krankenversicherungsträger bei der Pande­miebekämpfung außen vor gelassen, flächendeckende Testmöglichkeiten viel zu spät. Der vorläufige Höhepunkt des Coronamissmanagements des Sebastian Kurz war der 200-Millionen-Deckel bei der Impfstoffbeschaffung.

Ich ersuche Sie, Herr Minister, lassen Sie sich nicht vom Koalitionspartner unterkriegen, es geht um die Gesundheit der Bevölkerung und nicht um das Wohlbefinden des Se­bastian Kurz! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Dr. Werner Saxinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.01.05

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Und vor allem: Herzlich willkommen, lieber Herr Gesundheitsminister! Ich freue mich, dass in diesen schwierigen Pandemiezeiten die Regierung jetzt durch medizinische Kompetenz verstärkt wird. Ich verspreche Ihnen meine Unterstützung und freue mich auf eine intensive, gute Zusam­menarbeit. Vor allem hoffe ich auch auf ein rasches Umsetzen zahlreicher dringlicher Vorhaben des Regierungsprogramms auch abseits von Corona – ich denke da an die Attraktivierung der Allgemeinmedizin. Für den Läufer: Manches sollte ein Sprint sein, vieles wird ein Marathon sein, also alles Gute und viel gemeinsamen Erfolg! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Vorige Woche wurde von der FPÖ im Gesundheitsausschuss der Antrag gestellt, die Covid-19-Impfungen mit Astra Zeneca auszusetzen. Ich halte das Aussetzen durch eine politische Entscheidung für äußerst problematisch. Ein paar Gedanken dazu:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 118

Punkt 1: Die Impfung ist der wichtigste Ausweg aus der Pandemie.

Punkt 2: Die Impfung mit Astra Zeneca stellt einen wichtigen Teil unserer derzeitigen Impfstrategie dar. Wir brauchen den Impfstoff jetzt. Er wird jetzt benötigt.

Punkt 3: Alle bisher zugelassenen Covid-Impfstoffe wirken sehr gut und schützen vor Krankheit.

Es stellt sich nun vor diesem Hintergrund die Frage: Wer soll denn nun über die Zu­lassung oder das Absetzen eines Medikaments entscheiden? Sollen das etwa selbster­nannte wissenschaftsfeindliche Politspezialisten wie unser blauer Coronatestexperte sein oder ein Klubobmann mit einem seiner Meinung nach unbesiegbaren Immunsys­tem? – Na halleluja, wenn ich das so sagen darf! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.) Das würde Entscheidungen auf einem Niveau zum Fremdschämen geben.

Es gibt zuständige Fachgremien und Behörden, die auf wissenschaftlicher Basis Ent­scheidungen fällen und eine neutrale Risikobewertung durchführen – in Österreich ist das das Nationale Impfgremium, in der EU die EMA. Dort laufen alle Daten über Wirkung, Sicherheitsprofil und Nebenwirkungen zusammen. Wie schaut das bei den Nebenwir­kungen von Covid-Impfstoffen derzeit aus?

Es gibt bei den millionenfachen Impfungen durchaus einzelne gefährliche Nebenwirkun­gen, die aber sehr selten sind und auch gut behandelt werden können. Ich nehme nur das Risiko der Blutgerinnsel heraus, das ja derzeit in aller Munde ist. Bei Astra Zeneca sind das vier Fälle bei einer Million Impfungen. Im Vergleich dazu: bei der Pille Gefahr von Blutgerinnseln bis zu 1 200 Fälle auf eine Million Frauen; beim Rauchen, haben wir schon gehört, 1 700 Fälle bei einer Million Rauchern und bei Covid-Erkrankungen 165 000 Fälle bei einer Million. Also: Bei Astra Zeneca besteht ein Risiko von vier Fällen von Thrombosen bei einer Million Impfungen im Vergleich zu 165 000 Fällen bei einer Covid-Erkrankung – das sind, glaube ich, Daten, die für sich sprechen.

Es ist ganz einfach eine Risiko-Nutzen-Abwägung, eine Risikoabschätzung in der Pan­demie. Die Aussetzung der Impfung würde derzeit ein vielfach höheres Gesundheitsrisi­ko bedeuten. Wenn wir auf die Gesundheit der Bevölkerung schauen – und das müssen wir –, ist es unsere Verpflichtung, weiter zu impfen. Jede Verzögerung der Impfung ist ein Schaden für die physische und psychische Gesundheit unserer Bevölkerung. Für die Entscheidung über ein Aussetzen soll wirklich ein Impfgremium, ein wissenschaftliches Gremium zuständig sein, und die Politik soll sich nach dessen Empfehlungen richten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die ersehnte Normalität rückt Gott sei Dank näher. Über 1,7 Millionen Menschen haben bereits die erste Teilimpfung erhalten, und mit einer Million zusätzlicher Impfungen im zweiten Quartal zünden wir nun den Impfturbo. Bitte lassen Sie sich testen, gehen Sie impfen, dann schaffen wir es! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gerald Hauser. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.05.11

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe immer das Glück, auf Sie zu replizieren, Herr Dr. Saxinger. (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.) Die Sache ist eine relativ ein­fache: Für die Zulassung von Arzneimitteln beziehungsweise von Impfstoffen ist die EMA zuständig – da hatte ich das letzte Mal schon die Gelegenheit, auf die Verstrickungen von Frau Dr. Emer Cooke mit den Pharmakonzernen hinzuweisen (Oje-Rufe bei der ÖVP) – und für das Aussetzen von Impfstoffen sind nationale Behörden zuständig, sind wir zuständig! So viel nur zum Formalen.


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Zu den Fakten, weil Kollege Schallmeiner und auch viele Vorredner der ÖVP immer wie­der darauf verweisen, dass es eh so wenige Nebenwirkungen gibt: Es gibt bitte, und ich verweise jetzt darauf, eine Webseite mit dem Titel „Europäische Datenbank gemeldeter Verdachtsfälle von Arzneimittelnebenwirkungen“ (eine Tafel mit einem EU-Logo und Informationen zu der genannten Website vor sich auf das Rednerpult stellend), die bei der EMA im Jahr 2012 eingerichtet wurde.

Ich habe mir die Verdachtsfälle von Astra Zeneca, Moderna und Biontech/Pfizer bis zum 10. April angeschaut. Wie schaut das jetzt aus? Das sind nicht einige wenige Fälle. Bei Biontech/Pfizer (eine Tafel mit dem Logo von Biontech/Pfizer sowie Zahlen zu den ent­sprechenden Fällen vor sich auf das Rednerpult stellend) sind bei der EMA 3 760 Todes­fälle und in Summe bei 134 606 Patienten – nicht einige wenige: 134 606 Patienten! – 320 000 Nebenwirkungen gemeldet.

Bei Astra Zeneca, weil über diesen Impfstoff sehr viel diskutiert wird und wurde, schaut es wie folgt aus (eine Tafel mit dem Logo von Astra Zeneca sowie Zahlen zu den entsprechenden Fällen vor sich auf das Rednerpult stellend): Da sind bei der EMA 1 086 Todesfälle gemeldet worden – und wir wissen, dass in etwa nur ein Zehntel der Nebenwirkungen gemeldet werden –, und bei 150 863 Personen – auch keine Kleinig­keit – sind schwere und leichte Nebenwirkungen gemeldet worden.

Beim Impfstoff Moderna schaut die Sache ähnlich aus: 1 801 Todesfälle und 13 426 Per­sonen in Summe. Also wenn man die Zahlen für alle drei Impfstoffe zusammenzählt, wurden bei der EMA bis zum 10. April bei in Summe 298 895 Personen 6 647 Todesfälle gemeldet. Das sind Fakten, die man nicht verschweigen soll, sondern über die man dis­kutieren soll. (Abg. Taschner: Ja, aber das Sample ist doch riesengroß, lieber Herr! Das Sample ist doch groß!)

Sie sollten – davon gehe ich aus – auch das österreichische Arzneimittelgesetz kennen: Da gibt es den § 75 Abs. 3, den ich Ihnen wie folgt zitieren darf (eine Tafel mit dem Wortlaut der genannten Bestimmung vor sich auf das Rednerpult stellend): „Das Bun­desamt für Sicherheit im Gesundheitswesen“ – das ist unsere nationale Behörde, die Impfstoffe vom Markt nehmen kann – „hat ein System zu betreiben, mit dem verhindert werden soll, dass Arzneimittel, die mutmaßlich“ – es reicht schon mutmaßlich! – „ge­sundheitsgefährdend sind, zu Patienten gelangen.“ Wenn Sie also § 75 Abs. 3 Arznei­mittelgesetz umsetzen würden, müssten Sie den Antrag von Herbert Kickl und uns, zum Beispiel Astra Zeneca vom Markt zu nehmen, umsetzen, das ist vollkommen klar.

Noch ein abschließendes Wort zu den nationalen Behörden: Sie haben darauf hingewie­sen, dass in Österreich das Nationale Impfgremium entscheidet, ob ein Impfstoff vom Markt genommen wird. Dazu nur noch ein Hinweis: Frau Dr. Wiedermann-Schmidt ist Mitglied im österreichischen Nationalen Impfgremium und ist auch Mitglied in der Impf­kommission des deutschen Robert-Koch-Instituts (eine Tafel mit Daten zu der Genann­ten vor sich auf das Rednerpult stellend). Sie wissen, dass sie in dieser Funktion unter­schiedliche Entscheidungen getroffen hat: Während die Deutschen nur mehr Personen ab 60 mit Astra Zeneca impfen, wird dieser Impfstoff in Österreich für alle Personen eingesetzt. Ich frage mich, wie eine Wissenschaftlerin, die in unterschiedlichen Impf­gremien sitzt, unterschiedliche Entscheidungen treffen kann. (Abg. Singer – erheitert –: Schau den Herrn Präsidenten Hofer an, der hat auch viele Meinungen!) Auch das, wenn man die Hintergründe kennt, trägt mit Sicherheit nicht zum Vertrauen in diese Impfstoffe bei.

Abschließend: Gerade deswegen dürfen Impfungen niemals zum Zwang werden, sie müssen immer freiwillig sein. Ich fordere Sie auf, die Patienten zukünftig ehrlich und fair auch über die Nebenwirkungen zu informieren und diese nicht kleinzureden. Sie sind nicht klein! – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.10



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 120

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag.a Elisabeth Scheucher-Pich­ler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.10.12

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir als Psychotherapeutin noch ein paar Anmerkungen zum Plädoyer der Kollegin Holz­leitner betreffend den Ausbau der Psychotherapie. Sie wissen ganz genau – wir haben in der letzten Sitzung des Gesundheitsausschusses darüber sehr lange diskutiert –, dass es ein klares Ziel dieser Bundesregierung ist, Psychotherapie auf Krankenschein sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche auszubauen. Wir arbeiten daran, und ich bin froh, dass sich auch der neue Bundesminister heute in seinem State­ment ganz klar zu diesem Ausbau der Psychotherapie bekannt hat. Die Österreichische Gesundheitskasse allein investiert 30 Millionen Euro in den Ausbau. (Beifall bei Abge­ordneten von ÖVP und Grünen.)

Vergessen wir neben den Kindern und Jugendlichen nicht auf die älteren Menschen, denn auch die Altersdepression ist ein großes Thema – und sie war es schon vor der Pandemie!

Ich freue mich, Herr Bundesminister Dr. Mückstein, dass Sie auch zum Testen und Imp­fen eine klare Position haben und auch gestern in der „ZIB“ ganz klar plädiert haben: Lassen Sie sich impfen! – Wenn ich an meinen Vorredner denke, meine ich: Redebeiträ­ge wie seiner sind genau jene, die dazu führen, dass viele Menschen verunsichert sind, dass viele Menschen nicht wissen, wie Sie sich verhalten sollen. Ich glaube, wir müssen alles tun, um die Impfbereitschaft zu stärken.

Wir sind auf einem sehr, sehr guten Weg, und ich freue mich, wenn wir mehr Impfstoff früher kriegen – Gott sei Dank! – und bis Juni all jene, die eine Impfung haben wollen, letztlich auch impfen können – und von Impfzwang war nie die Rede, Herr Kollege Hau­ser, nie! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auch die Testungen werden immer stärker angenommen und immer engmaschiger aus­gebaut. Das ist gerade aus Sicht der Seniorinnen und Senioren, aber auch für die Wirt­schaft ganz besonders wichtig. 1 800 Betriebe beteiligen sich schon an diesen Testun­gen.

Wenn Philip Kucher immer zwei Drittel seiner Redezeit unserem Bundeskanzler widmet, dann frage ich mich schon Folgendes – ich möchte das jetzt gar nicht aus psychothera­peutischer Sicht sagen, aber, Philip, wir kennen einander ja sehr gut –: Alles, was du tust, ist, dass du, anstatt dich den Gesundheitsthemen zu widmen, während zwei Drittel deiner Redezeit über den Bundeskanzler sprichst, ihn beschimpfst, alles schlecht­machst, was er tut. (Zwischenruf des Abg. Kucher.) – Ja, er ist eine starke Persönlich­keit, vielleicht ist er in vielen Bereichen auch ein Vorbild für dich. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte meine Redezeit, lieber Philip, dafür nützen, Folgendes zu sagen: Ich war am Sonntag in der Impf- und Teststraße in Klagenfurt – wir kommen ja beide aus Klagen­furt –, wo auch Leute vom Roten Kreuz, bei dem du in Klagenfurt Vorsitzender bist, ge­arbeitet haben, aber viele andere auch – Hauptberufliche, Freiwillige, Leute von der Bergrettung über die Feuerwehr bis zur Landjugend –, die sich da vorbildlich engagieren, und ich möchte denen Danke sagen. Das ist mir wichtig, dafür möchte ich meine Rede­zeit benützen: ein großes, großes Danke! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es wurde ja schon gesagt, ich brauche daher jetzt nicht mehr im Detail darauf einzu­gehen: Das Zweckzuschussgesetz, auf das ich mich ja eigentlich beziehen wollte, regelt eben, dass freiwillige Helfer entsprechend honoriert werden, dass die Aufwandsentschä­digungen von allen bundesgesetzlichen Abgaben befreit werden, und auch, dass wir


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 121

diese Aufwandsentschädigungen von den Teststraßen zu den Impfstraßen übertragen – das ist ganz wichtig! –, denn wir wollen ja, dass wir beim Impfen möglichst rasch voran­kommen.

Die Impfungen wirken – das ist die beste Botschaft –, die Impfungen retten Menschenle­ben. Ich glaube, eines ist unbestritten: Gesundheit ist das höchste Gut, betrifft alle unse­re Lebensbereiche, ist die wichtigste Voraussetzung für alles Sonstige. Tun wir daher alles: Schlagen wir Brücken, arbeiten wir an der Information, an der Aufklärung! Ja, ich appelliere auch an alle, dass sie sich an ihre Ärzte wenden, sich aufklären lassen und sich über die Impfungen informieren.

Ich denke, gemeinsam können wir es schaffen. Indem wir uns schützen, schützen wir auch andere. Ich halte mich an das, was auch der Herr Bundesminister heute schon gesagt hat: Abstand halten, FFP2-Maske tragen, testen und impfen! – Das ist der richtige Weg. Bleiben Sie gesund, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag.a Ruth Be­cher. – Bitte schön.


14.14.42

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Die Coronakrise hat Österreich fest im Griff, und das spüren natürlich die Menschen auch in allen Lebensbereichen. Die Arbeit der Bundesregierung wird von der Bevölkerung kritisch gesehen, und die aktuellste Umfrage belegt, dass heute erstmals eine Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher kein Vertrauen in die Arbeit der Bundesregierung hat. (Zwischenruf des Abg. Zarits.)

Im Bereich der Coronabekämpfung gibt es allerdings auch vieles, das in Österreich gut funktioniert, beispielsweise die Teststraßen, wo rasch und unbürokratisch getestet wird – auch ich selbst lasse mich zweimal pro Woche testen und bin damit sehr zufrieden, weil das sehr rasch geht und auch große Sicherheit gibt.

In meinem Wahlbezirk, in der Donaustadt, gibt es auch zahlreicheImpfzentren, die her­vorragend funktionieren, zum Beispiel das im Austria Center oder auch das im Amts­haus, im Haus der Begegnung, und es gibt auch zahlreiche Impfboxen der Stadt Wien. Das Impfen funktioniert in Wien, in Niederösterreich und in den anderen Bundesländern sehr gut – aber das ist auch im Bereich der Länder angesiedelt. Für diese gute Organisa­tion möchte ich den Landesregierungen sehr danken! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Diesner-Wais und Smolle.)

Es ist natürlich auch gut und richtig, dass wir heute hier die Kostenübernahme für das medizinische Personal beschließen und das auch steuerlich regeln. Heute zu beschlie­ßen ist auch eine Ausweitung der Testtätigkeit im niedergelassenen Bereich.

Das sind gute Maßnahmen, aber wie bei allen Initiativen der Bundesregierung gilt es auch hier: Es ist zu wenig und zu spät. Wenn wir einen Beweis dafür brauchen, reicht es, dass wir uns anschauen, wie die Bundesregierung in Sachen Corona zum Beispiel bei der Kernaufgabe des Staates, nämlich bei der Sicherheit, versagt hat. Die österreichi­schen Polizistinnen und Polizisten sind bis heute zum Großteil nicht geimpft, müssen sich aber bei den Demonstrationen von Coronaleugnern zum Teil auch anspucken las­sen. Wie ist die Situation bei der Polizei? – In größeren Bezirken gibt es Wachzimmer, in denen es zu Clusterbildungen gekommen ist und die wirkliche Gefahrenherde sind. Die Bundesregierung hat die Polizei im Stich gelassen, das ist ein Sittenbild der Regie­rung Kurz. Das ist unfair, passt aber in das Gesamtbild, wie sich diese Bundesregierung in der Krise verhält. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.17



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 122

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Andreas Min­nich. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.17.51

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Gesund­heitsminister! Werte Kollegen! Liebe Zuseher! Und im Besonderen – passend zum Ta­gesordnungspunkt Gesundheit – ein herzliches Grüß Gott allen Haupt- und Ehrenamtli­chen aus dem Gesundheitsbereich! Ich möchte mich vorrangig zum Zweckzuschussge­setz und zu dem, was dahinter steckt, äußern.

Mit breiter Mehrheit beschließen wir heute die Verlängerung der Freiwilligenentschädi­gung in den Teststraßen und weiten diese auch auf Impfstraßen aus. Wichtig ist, dass diese steuerlich und SV-Abgaben-begünstigt bis September 2021 verlängert wird.

Mittlerweile können wir mit Stolz von unserer Teststrategie in Österreich reden. Sieht man sich die Entwicklungen in anderen Ländern rund um Österreich an, so gelten wir zu Recht als internationaler Vorreiter mit unseren vielen Teststraßen. Wenn die internatio­nale Presse schreibt: Österreich testet sich aus der Krise!, gehört an dieser Stelle ganz klar gefragt: Wo wären wir ohne unsere unzähligen Freiwilligen? Seit einigen Wochen werden Hunderttausende Tests täglich durchgeführt. Dass wir da so gut sind, verdanken wir unseren Freiwilligen in den Gemeinden und Ländern. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Schallmeiner.)

Der viel beschworene nationale Schulterschluss zur Bekämpfung der Pandemie wurde von der Opposition leider schon vor Langem verlassen, aber im Kraftakt der Testungen ist sehr wohl zu erkennen: Der Zusammenhalt und das gemeinsame Kämpfen gegen diese Pandemie ist in unserer Bevölkerung sehr wohl vorhanden und eine gemeinsame Herzensangelegenheit der Österreicher, bei der alle Österreicher mitmachen und mit­helfen, diese Gesundheits- und Wirtschaftskrise zu bewältigen. – Danke an alle, die die Maßnahmen mittragen!

In diesem Zusammenhang muss ich kurz auf den Antrag der FPÖ zur Aussetzung des Astra-Zeneca-Impfstoffs eingehen. Wir halten uns dabei voll und ganz an die Vorgaben und Entscheidungen der EMA. Der Nutzen-Risiko-Vergleich zeigt ganz deutlich, dass der Astra-Zeneca-Impfstoff ein guter Impfstoff und ein ganz wichtiger Beitrag zur Been­digung der Covid-19-Krise ist.

Zum FPÖ-Antrag bezüglich Ethylenoxid in der Watte von Teststäbchen: Da zeigt sich, wie ernst Sie es damit nehmen, die Bevölkerung zu verunsichern. Sie sollten nicht Angst machen, Sie sollten aufklären und Ängste nehmen. Jetzt ehrlich: So kommen wir nie aus der Krise. Viel skurriler geht es nicht mehr! (Abg. Leichtfried: Seit wann ist die ÖVP ehrlich?) Liebe FPÖ, was wollen Sie eigentlich erreichen: die aktuelle Krisensituation so lange wie möglich beizubehalten, weil man da so schön schreien kann? Mittlerweile ist es nur mehr schwer möglich, die Freiheitliche Partei als Teil der Lösung zu sehen. Viel­mehr suggeriert sie, mehr und mehr ein Teil des Problems in dieser Pandemie zu wer­den. (Beifall bei der ÖVP.)

Nochmals vielen Dank an die unzähligen Freiwilligen, die unsere einzigartige flächen­deckende Teststruktur möglich machen und unsere Test- und Impfstraßen am Laufen halten! Eine Freiwilligenentschädigung dafür ist das Mindeste, und darum freue ich mich, dass wir diese Rahmenbedingungen mit dem heutigen Beschluss verlängern können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 123

14.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Rebecca Kirchbaumer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.21.32

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Herr Präsident! Werter Herr Bundesminis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Werter Herr Bundesminister Dr. Mückstein, herzlich willkommen im Haus und viel Erfolg in Ih­rem Tätigkeitsbereich! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Kucher.)

Es ist nun schon so, dass die FPÖ einem Schauspiel der Sonderklasse gleicht. Wenn es die Löwinger-Bühne noch geben würde, hätte sie wahrlich Konkurrenz. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Zanger.) Die FPÖ ist grundsätzlich gegen alle Maß­nahmen, die die Bundesregierung setzt. Sie ist grundsätzlich eigentlich gegen alles. (Abg. Rauch: Ich bin für die Öffnung der Tankstellen!) Sie hat eigentlich überhaupt keine konstruktiven Vorschläge, wie wir diese Pandemie richtig bekämpfen sollten oder auch können. (Abg. Rauch: Wenn wir schon die Schulen nicht öffnen, öffnen wir die Tank­stellen!) Eines ist der FPÖ aber sehr, sehr wichtig: Kurz muss weg!, und das ist es, worum es geht – um sonst gar nichts geht es bei der FPÖ. Klubobmann Kickl und auch der FPÖ geht es nicht um die Gesundheit der Menschen, sondern es geht darum, andere in der Regierung zu schwächen, allen voran Sebastian Kurz.

Zum Antrag von Kollegen Wurm von der FPÖ zum Thema betreffend das Mädchen, das eine allergische Reaktion auf Ethylenoxid gehabt hat, möchte ich eines festhalten: 29 Millionen Coronatests haben wir in Österreich gemacht, und es hat eine allergische Reaktion gegeben. Eines möchte ich zudem noch sagen: Ethylenoxid ist in Österreich beziehungsweise in der Europäischen Union nur im Lebensmittelbereich verboten, nicht im medizinischen Bereich. In der Medizin wird es sehr wohl für die Sterilisation von medizinischen Produkten verwendet. Die Normen und die Grenzwerte werden von der Europäischen Union vorgegeben und sind selbstverständlich einzuhalten. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Antrag der NEOS: Dass wir die Sozialpartnerschaft sofort abschaffen sollten, ist ja nichts Neues. Sie wollen jetzt auch die Abgeltung der Coronatests infrage stellen und sagen: Wir müssen das sofort reformieren! Reformzeiten sind jetzt keine: Wir müssen jetzt die Pandemie bekämpfen und keine Reformen machen. Das können wir gerne nach der Pandemie machen. (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger.) Wie gesagt, die NEOS sagen ja immer, die Sozialpartnerschaft ist nicht wichtig, die braucht es nicht. (Zwischen­ruf des Abg. Loacker.) Alle anderen Länder rund um Österreich schauen wegen unserer Interessenvertretungen neidisch auf Österreich, und ich glaube, diese sollten auch so beibehalten werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Das ist hauptsächlich der Loacker!) – Da gebe ich recht.

Wichtig ist in erster Linie, dass wir diese Pandemie bekämpfen, und diese Bundesregie­rung macht alles, was in ihrer Macht steht, um diese Pandemie zu bekämpfen. (Zwi­schenruf des Abg. Loacker.) Auch die SPÖ hat dem zugestimmt, und ich persönlich finde es schon bedenklich, dass es in einer solchen Krisenzeit kein Gemeinsames gibt. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Ich glaube nicht, dass das der Zeitpunkt ist, um hier irgendwelche Anschuldigungen zu machen, sondern wir sollen einen Kon­sens finden, miteinander arbeiten und nicht jetzt, in einer Pandemie, irgendwelche Re­formen machen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Meinl-Reisin­ger und Brandstötter.)

Abschließend möchte ich allen, die in den Teststraßen, in den Impfstraßen arbeiten – allen Freiwilligen, allen Ärzten, allen, die dazu beitragen, dass wir diese Pandemie be­kämpfen –, recht herzlich Danke schön sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Grünen.)

14.25



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 124

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Mag. Ger­hard Kaniak zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Leichtfried: Das war jetzt aber gegenüber dem Herrn ...!)


14.25.40

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Abgeordnete Kirchbaumer hat in ihrem Redebeitrag soeben behauptet, die FPÖ hätte keinen einzigen Plan vorgebracht, wie gegen die Covid-Pandemie vorzugehen wäre.

Ich berichtige tatsächlich: Die FPÖ hat schon im Jänner einen Fünf-Punkte-Plan präsen­tiert, den ich heute auch zitiert habe und der ganz klar sagt, wie wir diese Krise kons­truktiv bewältigen können. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

14.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Martina Diesner-Wais. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.26.10

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister, ich wünsche Ihnen viel Freude und Erfolg in Ihrem neuen Aufgabenbereich! Meine Damen und Herren im Nationalrat! Gerade schwierige Zeiten wie auch die der Pandemie zeigen uns, wie notwendig ein Freiwilligensystem für die Gesellschaft in ein­em Land ist. Peter Rosegger meinte schon: „Ein guter Gedanke macht froh, erst recht eine gute Tat.“ – Daher können wir uns glücklich schätzen, dass wir sehr viele Menschen haben, die eine gute Tat tun, die bereit sind, in unseren Gemeinden bei den Teststraßen mitzuarbeiten. Es sind die Einsatzorganisationen, die vielen Freiwilligen. Sie haben sehr große Motivation, die sehr lange anhält, und daher kann Österreich im Bereich des Tes­tens wirklich ein Vorbild sein und ist Testweltmeister.

Die Entschädigung für die Freiwilligen war bis jetzt steuerfrei. Die Grenze für Entschädi­gungen, bis zu der in den Teststraßen keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen, konn­te von 537 Euro auf 1 000 Euro monatlich angehoben werden. Diese Novelle gilt jetzt auch für jene Freiwilligen, die in den Impfstraßen arbeiten, und darüber bin ich sehr glücklich. Das gilt rückwirkend ab dem 1. Jänner.

Es war mir ein großes Anliegen. Bei uns im Bezirk hatten wir die erste Impfstraße in Niederösterreich. Sie ist perfekt koordiniert und auch gut umgesetzt, und das soll natür­lich auch in einer Form belohnt werden. Es ist auch klarzustellen, dass die Entschädi­gung bis zu diesen 1 000 Euro nicht auf den Bezug von Ausgleichszulagen, Arbeitslo­sengeld, Familienbeihilfe, Stipendien oder Waisenpension angerechnet wird.

Dies zeigt, dass wir jenen Wertschätzung entgegenbringen, die jetzt freiwillig mitarbei­ten. Es stellt auch sicher, dass wir genügend Personen haben, um die Impfstrategie Ös­terreichs auch umsetzen zu können, denn Österreich ist, glaube ich, gerade was das Impfen betrifft, auf einem immer besseren Weg. Wir haben im zweiten Quartal eine Mil­lion Impfstoffdosen mehr von Biontech/Pfizer. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Frau Kollegin Ruth Becher, Sie haben angesprochen, dass sich die Regierung nicht darum kümmert, dass unsere Polizei geimpft wird. (Zwischenrufe der Abgeordneten Leicht­fried und Einwallner.) Bis Ende April schaffen wir es, dass alle über 65-Jährigen geimpft sind, auch die Polizei und die Lehrer.

1,7 Millionen haben bereits die erste Teilimpfung bekommen. Das sind 23 Prozent der impfbaren Bevölkerung. Dem Ziel, dass in den nächsten 100 Tagen in Österreich all je­ne, die geimpft werden wollen, auch geimpft werden, rücken wir einfach näher.

Ich möchte noch die Gelegenheit nutzen, allen zu danken, die sich mit ihrem Beitrag wirklich dafür einsetzen, dass wir die Pandemie so rasch wie möglich beenden können.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 125

Für jeden Einzelnen ist der beste Weg, die Pandemie zu bewältigen, Testen, Testen und Impfen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

14.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Gesundheitsausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesord­nung fort.

14.29.579. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (732 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein neues Tierärztegesetz erlassen und das Tierärztekam­mergesetz geändert wird (807 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist nun Alois Stöger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.30.21

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister Mückstein, ich gratuliere zur Angelobung und zum Amt! Ich kann Ihnen nur eine gute Hand wünschen. Ich weiß, der Gesundheitsbereich ist ein schwieri­ger Bereich, aber mit vereinten Kräften kann man da einiges bewirken.

Ich spreche nun zum Tierärztegesetz. Wir haben das Tierärztegesetz neu gemacht. Wir haben im Ausschuss sehr intensiv darüber diskutiert. Ich habe den Regierungsparteien ein Angebot gemacht: Die Sozialdemokratie stimmt gerne zu, wenn man drei Punkte ändert. – Das wäre einfach gewesen. Mir wäre es darum gegangen, dass man die so­ziale Situation von Tierärzten verbessert und dass man bei den Tierärztegesellschaften eine mehr als 50-prozentige Beteiligung der Tierärzte verlangt. Ich habe sehr kritisch dazu Stellung genommen, dass im 21. Jahrhundert in einem Gesetz die Unentgeltlich­keit der Gutachten von Tierärzten gegenüber Behörden festgeschrieben wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das halte ich in der heutigen Zeit für nicht mehr an­gemessen. Ich glaube auch, dass diese Bestimmung mit einer Verfassungskonformität – sage ich jetzt – auf Kriegsfuß steht.

Ich darf mich dafür bedanken, dass man inhaltlich ein neues Tierärztegesetz macht. Das ist insgesamt gut; das hätten wir auch unterstützt. In diesen drei Punkten aber kann es keine Unterstützung von unserer Seite geben. Mir ist wichtig, dass hier im Parlament auch laut und deutlich gesagt wird, dass man laut § 19, in dem es um die Notdienste geht, von angestellten Tierärztinnen und Tierärzten verlangt, im Notdienst nicht mehr als angestellter Tierarzt zu arbeiten. Dabei geht es um Vertretungsverhältnisse, und da nimmt man wieder diesen Irrwitz der Werkverträge her. Das halte ich sozialversiche­rungsrechtlich für falsch. Herr Bundesminister, Sie sind auch für die Sozialversicherung zuständig. Diese Formulierung – wenn das nicht unterstellt ist, was ich sage – kann es nicht geben. Mir ist wichtig, hier im Parlament zu erklären, dass angestellte Tierärzte auch im Notdienst als angestellte Tierärzte behandelt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dabei belasse ich es. Ich möchte mich bei allen Tierärztinnen und Tierärzten bedanken. Der Beruf Tierärztin und Tierarzt zählt zu den Gesundheitsberufen. Sie werden unterschätzt: Sie sind diejenigen, die die Sicher­heit unserer Lebensmittel im Alltag garantieren. Sie geben Gutachten ab, sie kontrollie­ren unsere Lebensmittel. Dieser Beruf ist daher einer der wichtigsten Gesundheitsberufe,


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nämlich dort, wo es um Prävention geht, dort, wo es darum geht, dass wir auch die rich­tigen Lebensmittel auf die Teller bekommen. – Herzlichen Dank für Ihre Arbeit. (Beifall bei der SPÖ.)

14.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Dipl.-Ing. Olga Voglauer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.33.50

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Spoštovana Visoka Hiša! Herr Minister, herzlich willkommen im Plenarsaal, herz­lich willkommen in Ihrer neuen Arbeit! Ich freue mich sehr darauf, dass wir gemeinsam im Bereich der Tiergesundheit, des Tierärztewesens und der Herkunftskennzeichnung im Hinblick auf das Tierwohl einiges voranbringen werden. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Kucher.)

Herr Kollege Stöger hat ein paar sehr wichtige Punkte angesprochen, nämlich welch wichtige Aufgabe Tierärztinnen und Tierärzten zukommt. Sie sind die Ersten vor Ort, wenn bei Tierhaltung Business an erster Stelle steht und die Ethik oft zurückgestellt wird. Sie sind diejenigen, die hinkommen, hinschauen und die Betriebe begleiten. Viele von ihnen nehmen die Betriebe mit auf den Weg.

Mittlerweile hat sich auch der Beruf der Tierärztinnen und Tierärzte sehr weit in Richtung einer Beratung entwickelt, eines gemeinsamen Weges in der Landwirtschaft, aber ge­nauso auch im Kleintierbereich. Viele von uns schätzen Tierärztinnen und Tierärzte als gute BegleiterInnen, wenn man zu Hause Haustiere hält. Wenn man als Bäuerin jeden Tag mit Tieren zu tun hat, weiß man, wie besonders wichtig die Leistung von Tierärz­tinnen und Tierärzten ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Wir sind mit diesem Gesetz, das wir nun novellieren, der europäischen Dienstleistungs­richtlinie gefolgt. Wir haben da ein großes Problem, das nur zum Teil angesprochen wurde. In Österreich ist die Veterinärmedizin glücklicherweise, und darauf sind wir stolz, als Gesundheitsberuf eingestuft. Auf europäischer Ebene ist man noch nicht so weit. Sehr geehrter Herr Minister, ich würde mich sehr freuen, würden Sie sich in dieser Rich­tung auch stärker einsetzen.

Es ist aber auch notwendig, in diesem Berufsfeld einen Modernisierungsschritt zu set­zen, drei Schritte vorwärts zu gehen, eine Umgebung zu schaffen, in der sich junge Tier­ärztinnen und Tierärzte auch wirklich vorstellen können, zu arbeiten, gut und erfolgreich tätig zu sein. Deshalb haben wir diesen Abänderungsantrag eingebracht, mit dem wir regeln, dass bei Zusammenschlüssen von TierärztInnen mindestens 50 Prozent im Ei­gentum von TierärztInnen sein müssen. Wir folgen damit den LegistInnen, die uns darauf hingewiesen haben, dass es auf europäischer Ebene nicht so einfach wird, alleine das durchzusetzen.

Des Weiteren freut es mich, dass diese Zusammenschlüsse jetzt überhaupt möglich werden, denn auch das ist gerade für Frauen, die den tierärztlichen Beruf wählen, eine große, große Erleichterung, denn das heißt, man kann das Privatleben – die Familie – und den Beruf verbinden und ist nicht mehr, so wie ältere Kolleginnen und Kollegen, darauf angewiesen, ob zu Hause die Struktur so beschaffen ist, dass man den Beruf auch ausüben kann. Insofern freut es mich, dass wir diese Novellierung so auf den Weg bringen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der nächste Redner ist Mag. Gerhard Kaniak. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 127

14.37.08

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Ge­sundheitsminister! Unsere Tierärzte leisten tatsächlich tagein, tagaus ganz Entscheiden­des, nicht nur für die Lebensmittelsicherheit und -qualität, sondern – und das darf man nicht vergessen – besonders auch im Bereich der Seuchenbekämpfung. Vor Corona waren die letzten großen Seuchen, die hier in Österreich anzutreffen waren, alle aus dem Veterinärbereich. Denken Sie nur an die Afrikanische Schweinepest oder auch an die Vogelgrippe! Deshalb haben die Tierärzte es mehr als verdient, dass ihr Gesetz, nämlich das Tierärztegesetz, überarbeitet wird, und das auch möglichst weit nach ihren standeseigenen Wünschen.

Allerdings habe ich dazu, ähnlich wie es Kollege Stöger bereits angemerkt hat, einen wesentlichen Kritikpunkt anzubringen, und zwar, dass man für diese neu geschaffenen Tierärztegesellschaften nicht mehr als 50 Prozent Eigentum des verantwortlichen Tier­arztes festgeschrieben hat, sondern nur exakt 50 Prozent. Lassen Sie mich erläutern, warum das so problematisch ist: In einer Gesellschaft, in der Sie zwei Anteilseigner mit jeweils exakt 50 Prozent Stimmrecht haben, herrscht eine Pattsituation; das heißt, es gibt keinen klar Verantwortlichen, der sich gegenüber einem anderen Gesellschafter durchsetzen kann. Wenn der verantwortliche Tierarzt der Meinung ist, dass bestimmte Handlungen, bestimmt Zertifikate, bestimmte Tätigkeiten nicht angemessen sind, dann kann er sich gegenüber dem anderen Gesellschafter nicht einseitig durchsetzen.

Das ist etwas, das bei einem freien Beruf wie dem des Tierarztes, bei dem man so viel Verantwortung trägt, absolut inakzeptabel ist. Wenn wir vonseiten der Grünen oder auch der ÖVP hören, dass es europarechtlich nicht vereinbar sein sollte, falls da eine Klausel für mehr als 50 Prozent drinnen stehen würde, dann möchte ich nur an das Apotheken­gesetz erinnern, in dem wir genau so eine Formulierung – mehr als 50 Prozent – drinnen haben. Es gibt wohl kaum ein anderes Freiberuflergesetz als das Apothekengesetz, das in den letzten Jahren so oft vom Europäischen Gerichtshof geprüft wurde – diese Re­gelung hält.

Ich kann den neuen Gesundheitsminister nur auffordern, diesen Passus tunlichst noch zu ändern. Machen Sie das nicht, werden wir die Diskussion darüber in spätestens we­nigen Jahren erneut haben, und dann müssen Sie das Gesetz sowieso reparieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

14.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der nächste Redner ist Franz Leonhard Eßl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.39.26

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich spreche zum Tierärztegesetz und Tierärztekammergesetz. Es gibt da wichtige Änderungen zu vermelden, die wir heute beschließen sollten. Das Tierärztege­setz regelt die Voraussetzungen für die Ausübung der tierärztlichen Tätigkeit in Öster­reich, die Bedingungen, unter welchen die Tierärztinnen und Tierärzte bei der Berufsaus­übung vorzugehen haben, und was einzuhalten ist.

Außer Streit steht wohl die Wichtigkeit dieses Berufsstandes der Tierärztinnen und Tier­ärzte. Es geht um Tierwohl, es geht um Tiergesundheit und es geht auch, wie schon erwähnt worden ist, um Lebensmittelsicherheit, denn letztendlich geht es auch, wenn man zu den Großtieren hinschaut, um das Lebensmittel, das daraus produziert wird.

Es betrifft aber nicht nur die Bäuerinnen und Bauern, die die Tiere halten, sondern es gibt auch sehr viele, die Kleintiere halten. Das ist nicht nur im ländlichen Gebiet, sondern auch im städtischen Bereich sehr weit verbreitet. Wenn wir uns anschauen, dass es in


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Österreich über fünf Millionen Großtiere, über zwei Millionen Katzen und nach Schätzung des Kynologenverbandes, die mir allerdings ein bisschen niedrig erscheint, 700 000 Hun­de gibt, dann wissen wir, dass Tierwohl und Tiergesundheit große Themen sind, die weite Bereiche betreffen.

Circa 3 100 Tierärzte gibt es in Österreich, die dieses Feld entsprechend zu bearbeiten haben. Letztendlich brauchen diese gute Grundlagen, um ihre Arbeit auch tatsächlich machen zu können. Ich bedanke mich bei den Tierärztinnen und Tierärzten für die ganz, ganz wichtige Arbeit, die sie im Interesse der Tiere, letztlich aber auch im Interesse der Lebensmittelsicherheit und der Menschen leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Dieser Berufsstand hat sich in den letzten Jahren, in den letzten Jahrzehnten wesentlich verändert. Während das vor ein paar Jahrzehnten im wahrsten Sinne des Wortes ein klassisches Einmannunternehmen war – der Tierarzt ist als Freiberufler tätig gewesen ‑, hat es sich in den letzten Jahren sehr stark verändert. Von diesen 3 100 Tierärzten sind in etwa ein Viertel in Wien und mehr als die Hälfte bereits als Angestellte und nicht mehr als Freiberufler tätig. Darum brauchen wir auch eine gesetzliche Grundlage, die dem entspricht; die Regeln gehören entsprechend angepasst. Wir ermöglichen mit diesen Änderungen auch Gemeinschaftspraxen und Tierärztegesellschaften; wir schaffen die entsprechenden Regeln dazu.

Es ist von der Opposition – wie vom Kollegen der Freiheitlichen Partei – kritisiert worden, dass da exakt 50 Prozent Mindestbeteiligung drinsteht: Es sind nicht exakt 50 Prozent, sondern es darf ruhig mehr sein, was den Tierärzten gehört; die Tierärzte können auch 100 Prozent haben. Es sind nur mindestens 50 Prozent, und damit ist, glaube ich, gewährleistet, dass die Qualitätssicherheit forciert wird und eine entsprechende Grund­lage findet.

Ich glaube, dem können wir durchaus so zustimmen, wie es ist, weil damit auch einher­geht, dass eine Kommission geschaffen wird, die aus mindestens drei Beteiligten besteht und die die Qualitätssicherung übernimmt, was den Arzneimitteleinsatz, die Grundsätze der Lebensmittelsicherheit und Ähnliches mehr betrifft.

In Summe: Das ist ein ganz wichtiger Berufsstand. Ich bedanke mich wirklich bei den Tierärztinnen und Tierärzten. Wir brauchen diesen Berufsstand in aller Breite, im länd­lichen Bereich sowieso, aber auch im städtischen Bereich. Der Dank soll auch von dieser Seite aus ausgesprochen werden.

Als Letztes noch zwei Sätze zum Tierärztekammergesetz: Es regelt die Rechte und die Pflichten, den Aufgabenbereich, und diese Änderung, die wir heute beschließen, schafft letztendlich Klarstellung und Rechtssicherheit. Aus diesem Grund glaube ich, dass alle hier vertretenen Parteien dem auch zustimmen sollten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Gesundheitsausschusses.

14.44.35Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 2 bis 9


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Gesundheitsausschusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt ge­trennt vornehme.


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Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eingehen: Wünschen die Klubs eine Unterbre­chung? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 800 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 801 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierzu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 802 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rettungsschirm für Kinder und Jugendliche SOFORT“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Ge­sundheitsausschusses, seinen Bericht 803 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 804 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 805 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 806 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


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Wer dafür ist, der gebe bitte ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein neues Tierärztegesetz erlassen und das Tierärztekammer­gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 807 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

14.47.5210. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1435/A(E) der Abge­ordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Frauenspezifische Maßnahmen im Kampf gegen die Co­rona-Krise" (797 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Frau Dipl.-Kffr. Elisabeth Pfurtscheller. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.48.32

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zu­seherinnen und Zuseher! Frauen bewegen die Welt. Wir haben in unseren Reihen eine Nationalratskollegin, die in Zukunft die Welt in besonderem Maße bewegen wird, nämlich die Welt der Bäuerinnen. Ich freue mich sehr, dass ich jetzt von dieser Stelle aus meiner Kollegin Irene Neumann-Hartberger ganz herzlich zur Wahl zur Bundesbäuerin gratulie­ren kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Gerade die Bäuerinnen leisten ja Tag für Tag, 365 Tage im Jahr, Unglaubliches für uns. Sie stellen sicher, dass wir wertvolle, gute, nachhaltig hergestellte und geerntete Lebens­mittel auf den Tisch bekommen. Ich glaube, gerade in dieser Krise haben wir das noch mehr zu schätzen gelernt, deswegen herzlichen Dank einmal an alle Bäuerinnen und Bauern, die ja in der Diskussion oft auch ein bisschen zu kurz kommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Frauen bewegen die Welt: Das war das Motto des Landestages der Frauen in der Tiroler Volkspartei im Jahr 2019. Dieses Motto bewahrheitet sich jetzt in der Coronakrise umso mehr. Wir wissen, dass gerade die Frauen einen Großteil der Familienarbeit und der Carearbeit leisten, sie passen auf die Kinder auf, sie pflegen ihre Angehörigen. Auch sonst sind Frauen überproportional in solchen Berufen tätig, die gesellschaftstragend sind. Ich meine damit zum Beispiel den Handel, die Gesundheit und die Pflege oder den wichtigen Bereich Bildung und Erziehung. Daher gibt es gerade bei uns Frauen eine größere Betroffenheit durch die Krise als bei den Männern.

Dazu gibt es auch schon einige Studien – man kann sie nachlesen. Ich glaube aber, wir brauchen keine Studie. Jede von uns muss nur in die Familie hineinschauen, in den Bekanntenkreis und kann sofort feststellen, was die Frauen in den letzten 13, 14 Mona­ten zusätzlich geleistet haben.


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Frauen bewegen die Welt in ganz unterschiedlichen Lebensmodellen. Deswegen haben wir in den vergangenen Monaten, im vergangenen Jahr auch ganz viele verschiedene Unterstützungsmaßnahmen ausgearbeitet, um die Frauen dort abzuholen, wo sie ste­hen, und bestmöglich zu unterstützen, um die ganze Breite der Frauenlebenswelt abzu­decken.

Zahlreiche weitere Maßnahmen, die ich Ihnen jetzt aufzählen möchte, haben wir getrof­fen, zum Beispiel im Gewaltschutz, zum Beispiel die Joboffensive für Frauen, zum Bei­spiel im leichteren Zugang zum Unterhaltsvorschuss. Wir haben geschaut, dass die Fa­milien den zusätzlichen Kinderbonus und Geld aus dem Familienhärtefonds, wenn sie weniger Einnahmen bekommen haben, erhalten. Auch konnten Frauen die Zeit nützen, um sich eventuell umschulen zu lassen.

Es gibt aber noch sehr viele Herausforderungen, etwa – das wurde vorhin schon beim Gesundheitsthema besprochen – was die psychische Verfassung der Frauen betrifft, aber auch der Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit war uns total wichtig oder die Joboffensive, die jetzt ganz groß in Diskussion steht und heute schon kurz angesprochen worden ist.

Daher ist dieser Antrag, den wir jetzt behandeln, so wichtig. Er ist wichtig, weil wir wei­terhin gemeinsam mit der Regierung darauf achten wollen, dass unsere Maßnahmen ankommen, weil wir darauf achten wollen, wie es den Frauen in diesem Staat geht, und weil wir gegebenenfalls die Maßnahmen anpassen wollen.

Wir von der ÖVP sichern zusammen mit den Grünen den Frauen eine gute Zukunft. Wir haben den Turnaround geschafft; das wurde heute Vormittag schon angesprochen. Es wird demnächst steil aufwärts gehen, und wenn wir gut zusammenarbeiten, wird es auch für alle Frauen steil aufwärts gehen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Frau Bundesminis­terin MMag.Dr.in Susanne Raab gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.


14.53.29

Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeord­nete! Bevor ich zum Inhalt komme, möchte ich noch ein paar persönliche Worte an die Damen und Herren Abgeordneten der Freiheitlichen Partei richten.

Sie wissen – es ist offensichtlich –, dass ich als Ministerin die Pflicht habe, in dieses Hohe Haus zu kommen, und das mache ich auch gerne. Ich mache es nicht nur, weil es meine Pflicht ist und ich meine Aufgabe sehr ernst nehme, sondern schlichtweg, weil ich die Demokratie, das Hohe Haus und auch den demokratischen Diskurs mit Ihnen sehr schätze.

Wie Sie aber vielleicht wissen beziehungsweise ganz offensichtlich sehen, bin ich hoch­schwanger und als Schwangere bin ich in Österreich Teil einer Hochrisikogruppe. Wir schwangeren Frauen, aber auch Menschen, die eine Vorerkrankung haben (Zwischen­rufe der Abg. Heinisch-Hosek), haben ein vielfach höheres Risiko, auf einer Intensivsta­tion zu landen, oder – wie ich – ein höheres Risiko, eine Fehlgeburt oder eine Frühgeburt zu erleiden.

Ich sage Ihnen, es ist etwas, das ich einfach überhaupt nicht verstehe – das habe ich Ihnen schon im Ausschuss gesagt –, dass Sie sich konsequent weigern, andere zu schützen und die Masken zu tragen, denn es gibt Situationen, in denen wir nicht auswei­chen können, und das ist eine davon. Auch viele andere Menschen sind in Situationen, in denen man eben nicht ausweichen kann, sondern darauf angewiesen ist, dass das Gegenüber respektvoll mit einem umgeht und einen auch schützt, dass wir uns alle ge­genseitig schützen. (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 132

Mit Ihrem Verhalten gefährden Sie alle KollegInnen hier im Raum (Zwischenruf des Abg. Martin Graf), Sie gefährden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Parlaments und Sie gefährden auch mich und mein ungeborenes Kind! Dass Ihre Respektlosigkeit und Ihr Egoismus nicht einmal davor haltmachen, finde ich beschämend. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Heinisch-Hosek. – Abg. Kasseg­ger: ... Maske aufsetzen!)

Ich verstehe auch Folgendes nicht: Ich war letzte Woche im parlamentarischen Aus­schuss und da haben wir das thematisiert. Ich möchte allen Abgeordneten der FPÖ dan­ken, die daraufhin auch die Masken aufgesetzt haben. Dann komme ich aber heute ins Parlament und sehe: Sobald die Kamera an ist, ist die Parteitaktik und die Coronashow­politik einfach wieder wichtiger. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Das ist etwas, das ich respektlos finde. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich stehe hier als Frauenministerin, und ich bin mir sicher, ich habe jetzt vielen Frauen in Österreich aus der Seele gesprochen. Nun darf ich aber noch ein paar Worte zum Inhalt des heutigen Tagesordnungspunktes sagen, der mir als Frauenministerin genauso wichtig ist (Abg. Rauch: Wo sind Ihre Inhalte?), nämlich alle Frauen Österreichs best­möglich durch die Krise zu bekommen und im Comeback die Frauen und die Familien wieder bestmöglich zu unterstützen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf der Abg. Steger. – Abg. Rauch: Frau Minister, setzen Sie die Maske auf!)

Wir wissen, die Frauen haben in der Coronapandemie absolut Übermenschliches ge­schultert. Es waren die Frauen, die besonders in systemerhaltenden Berufen tätig sind, die Unfassbares geleistet haben. Es waren die Frauen, die besonders bei der Vereinbar­keit von Familie und Beruf, im Homeschooling vieles geschultert haben.

Uns war es wichtig, alles zu unternehmen, um Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Frauen bestmöglich zu unterstützen und sie durch die Krise zu geleiten. Daher haben wir ein umfassendes Maßnahmenpaket geschnürt. Es wird auch im Comeback wichtig sein, ganz besonders auf die vulnerablen Gruppen wie beispielsweise die Alleinerziehe­rinnen zu sehen.

Wir haben aktuell noch viele Unterstützungsmaßnahmen für die Menschen in Österreich, besonders für die Familien und die Frauen zur Verfügung. Es gibt beispielsweise den Familienhärtefonds, der besonders Familien und besonders auch Alleinerzieherinnen unterstützt, die in Arbeitslosigkeit oder in Coronakurzarbeit sind. Da haben wir 50 Millio­nen Euro neu investiert, um bis Ende Juni noch weitere Anträge möglich zu machen.

Es gibt eine besonders große Coronajoboffensive, einen Schwerpunkt, damit Frauen am Arbeitsmarkt wieder Fuß fassen können. Das Allerwichtigste ist die finanzielle Unab­hängigkeit der Frau, weil das die Grundlage für die Selbstbestimmung ist. Daher gibt es ein Rekordbudget für Frauen am Arbeitsmarkt, mit dem wir Frauen in besser bezahlte Branchen bringen wollen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es gibt insbesondere Maßnahmen, die Familien unterstützen, was auch den Frauen zu­gutekommt. Da denke ich an den Kinderbonus, den wir im Umfang von 665 Millionen Euro ausgeschüttet haben. Es gibt einen erleichterten Zugang zum Unterhaltsvorschuss, damit die Alleinerzieherinnen, die Einbußen im Unterhalt haben, vom Staat schneller unterstützt werden. Es gibt die Sonderbetreuungszeit, die nach wie vor wirkt und die wir auch verlängert haben. Wenn die Schule geschlossen ist und das Kind in Quarantäne muss, dann kann die Mutter, kann der Vater auch Sonderbetreuungszeit beanspruchen und hat einen Rechtsanspruch darauf, damit es nicht zu schwierigen Konfliktsituationen zwischen Arbeit und Familie kommt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich möchte an dieser Stelle dem Koalitionspartner herzlich Danke dafür sagen, dass wir die frauenpolitischen Interessen gemeinsam mit Nachdruck verfolgen. Ich kann Ihnen


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versichern, ich als Frauenministerin und wir als gesamte Bundesregierung werden das auch im Comeback tun und die Interessen der Frauen sowie die der Familien in den Vordergrund stellen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über den Punkt 10 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

14.59.49Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Retten Sie 8.000 Arbeitsplätze in Steyr. Lassen Sie die Menschen nicht im Stich, Herr Bundeskanzler!“ (1493/A(E)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung des Selb­ständigen Antrages 1493/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Begründung

Die Regierung missachtet ihren gesetzlichen Auftrag zur Standortsicherung

Bei MAN in Steyr sind aktuell 2.356 MitarbeiterInnen beschäftigt, zum Jahreswech­sel 2019/2020 wurde aufgrund einer Forderung der Betriebsräte vom MAN-Vorstand ein bis Ende 2030 gültiger Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrag unterzeichnet.

Mit 30. September 2020 kündigte der MAN-Vorstand diesen Vertrag einseitig auf und kündigte in weiterer Folge an, das Werk in Steyr schließen zu wollen. Abseits davon, dass die Wirksamkeit dieser Aufkündigung in juristischer Hinsicht äußerst fragwürdig ist und vor Gericht zu klären sein wird, ist diese Vorgehensweise ein massiver Vertrauens­bruch gegenüber den fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Seit vergangenen Herbst kämpfen Betriebsrat, Gewerkschaft, Bürgermeister und die re­gionale Politik um den Erhalt des LKW-Produktionsstandortes Steyr und der mehr als 2.300 direkt von der Schließung bedrohten Arbeitsplätze, auch die staatliche Wirt­schaftskommission wurde von der Belegschaftsvertretung einberufen.

Parallel dazu bekundeten Investoren und Investorengruppe Interesse am „zur Dis­position“ stehenden Werk in Steyr. VW/MAN entschied sich jedoch frühzeitig dafür, nur mit einem einzigen Investor – Siegfried Wolf – Übernahmeverhandlungen zu führen. Auf­grund der schlechten Bedingungen für die Beschäftigten haben diese das vorliegende Angebot des Investors in einer Urabstimmung am 07.04.2021 mit einer Ablehnung von 63,9% klar zurückgewiesen.

Mit dieser Abstimmung begann ein neues Kapitel. Jetzt muss mit aller Kraft an einer gemeinsamen Lösung gearbeitet werden. Der Ball liegt erneut bei VW/MAN: Die Kon­zernverantwortlichen sind gefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und alle vorliegenden Konzepte fair zu prüfen – inklusive jener, die einen starken Fokus auf grüne Technologien legen.

Österreich hat aufgrund der Corona-Krise bereits viele Arbeitsplätze verloren. Es muss mit aller Kraft verhindert werden, dass darüber hinaus industrielle Leitbetriebe mit großer regionaler Bedeutung aufgrund von renditegetriebenen Konzernentscheidungen für den


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Standort Österreich verloren gehen und damit Profitsteigerungen höheres Gewicht beigemessen wird als Investitionen in die Transformation in Richtung grüner Mobilität. VW erwirtschaftete selbst im Corona-Jahr 2020 einen Gewinn nach Steuern von rund 8,8 Milliarden Euro und fordert dennoch von ihrer Nutzfahrzeug-Tochter MAN eine ge­steigerte Rendite von 7 bis 8 Prozent!

Das ÖIAG-Gesetz sieht vor, dass der Staat – im konkreten Fall die ÖBAG – im Fall von MAN in Steyr bzw. an der Übernahme des Werkes interessierter Investoren und Inves­torengruppen über Maßnahmen wie beispielsweise eine Kapitalbeteiligung nachdenken müsste. Die SPÖ hat dies bereits mehrmals eingefordert!

Dazu seien einige Bestimmungen aus dem ÖIAG-Gesetz exemplarisch angeführt.

Auszug aus dem ÖIAG-Gesetz

§7 (1) Im Rahmen des Beteiligungsmanagements hat die ÖBAG unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen an der Sicherung Österreichs als Wirtschafts- und For­schungsstandort sowie an der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen auf eine Werterhaltung und Wertsteigerung der Beteiligungsgesellschaften Bedacht zu nehmen.

[…]

(4) Für den Erwerb an Anteilen an anderen Unternehmen, die für den Wirtschaftsstandort Österreich von besonderer Bedeutung sind, ist ein Beschluss der Bundesregierung erforderlich, wenn dieser Erwerb nicht nach den Bestimmungen des Abs. 5 erfolgt. Hier­bei ist anzustreben, dass der Erwerb der Anteile von Vorstand und Aufsichtsrat des betreffenden Unternehmens unterstützt wird. Der Erwerb solcher Anteile sollte tunlichst nur vorübergehend und mit dem Ziel einer Wiederveräußerung in angemessener Frist erfolgen. Veräußerungen von nach diesem Absatz erworbenen Anteilen haben gemäß §§ 8 und 9 zu erfolgen.

(5) Unbeschadet des Abs. 4 ist die ÖBAG, entweder selbst oder über eine Tochtergesell­schaft, mit der Entwicklung und Bereitstellung von Instrumenten zur Stärkung österreichi­scher Interessen im internationalen Standortwettbewerb betraut. Zu diesem Zweck ist sie ermächtigt, Minderheitsbeteiligungen an für den Standort relevanten Unternehmen einzugehen sowie solchen Unternehmen Kredite, Garantien und sonstige Finanzierun­gen zur Verfügung zu stellen. Die Übernahme derartiger Beteiligungen oder Verpflich­tungen bedarf der Evaluierung und Zustimmung eines Beteiligungskomitees, welches bei der ÖBAG einzurichten ist. Das Beteiligungskomitee besteht aus zumindest fünf und höchstens neun von den Organen der ÖBAG unabhängigen Personen mit einschlägiger Erfahrung. Die fachliche und persönliche Qualifikation der Mitglieder hat den Bestim­mungen des Aktiengesetzes und den Regeln des Österreichischen Corporate Govern­ance Kodex für Mitglieder des Aufsichtsrates zu entsprechen […]

§ 7 Abs. 1, Abs. 4 sowie Abs. 5 des ÖIAG-Gesetzes sehen in einem Fall wie bei der MAN eigentlich einen gesetzlichen Auftrag der Regierung vor.

Studien zufolge hängen am MAN-Werk in Steyr in Summe sogar rund 8.000 Arbeitsplät­ze mit einer jährlichen Wirtschaftsleistung von knapp einer Milliarde Euro. Steyr ist einer der größten Automotive-Cluster in Österreich.

Wenn das kein Grund für die ÖBAG ist, zumindest zu erwägen, mit einer Minderheitsbe­teiligung einzusteigen, wann bitte dann?

Die Regierung versucht ihre Umfragewerte zu retten, statt die Arbeitsplätze in Steyr

Das Umfeld von Bundeskanzler und Finanzminister ist mit diversen Korruptionsermittlun­gen und Chat-Protokollen im türkisen Familienkreis beschäftigt.


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Die Bundesregierung hätte viele Hebel in der Hand, um die rund 8.000 Arbeitsplätze in Steyr zu retten: Das beginnt mit dem Gewicht einer öffentlichen Ermahnung des Bun­deskanzlers an einen Weltkonzern wie VW, sich an den abgeschlossenen Standortsi­cherungsvertrag zu halten und geht bis hin zu einer öffentlichen Beteiligung über die ÖBAG. Die Regierung hat bisher keinen dieser Hebel in Bewegung gesetzt und im Kampf um die Arbeitsplätze in Steyr bisher mit Abwesenheit geglänzt.

Sie kümmert sich in der größten Wirtschaftskrise in der Geschichte der Zweiten Republik stattdessen lieber um ihre Selbstinszenierung. Mit pompöser Kulisse verkauft man als größtes Projekt des „Comeback Plans“ im Rahmen einer Regierungsklausur nach 14 Monaten Pandemie und Wirtschaftskrise die Auszahlung einer Investitionsprämie, die bereits im Jahr 2020 beschlossen wurde. Zu der angekündigten Aktion „Sprungbrett“, mittels derer bis Ende kommenden Jahres 50.000 Langzeitarbeitslose wieder in Be­schäftigung kommen sollen fehlen noch viele Details – es ist im Interesse der Be­troffenen zu hoffen, dass die Regierung dabei möglichst viele Anleihen am SPÖ-Modell „Aktion 40.000“ nimmt und die Aktion „Sprungbrett“ nicht genauso in der Versenkung verschwindet wie die bis heute nicht existierende „Corona-Arbeitsstiftung“.

Eine Regierung, die eine Maßnahme aus dem Vorjahr als größte Errungenschaft einer Regierungsklausur verkaufen muss und zu den drängendsten Problemen am Arbeits­markt nur eine Überschrift vorlegen kann: Das ist kein Comeback, das ist ein Abgesang.

Die Wahrheit ist konkret – in der Bekämpfung der Pandemie und der Wirtschaftskrise

Wenn man die letzten 14 Monate der Pandemiebekämpfung analysiert, so kommt man unweigerlich zum Schluss, dass in Österreich leider vieles nicht gut gelaufen ist.

Zögerliches Handeln der Bundesregierung zu Beginn der Krise hat viele Arbeitsplätze gekostet. Binnen weniger Wochen haben 200.000 Menschen ihren Job verloren. Im Herbst ist man völlig unvorbereitet in eine gigantische zweite Welle hineingestolpert. Österreich war im November phasenweise weltweit unter den Spitzenreitern bei Corona-Neuinfektionen. Der darauffolgende Zick-Zack Kurs bei Lockdowns und Öffnungen hat viele Menschen verunsichert. Bis heute befinden wir uns aufgrund der Verfehlungen im Herbst in einer Art Dauerlockdown - mal „soft“ mal „härter“.

Die Verfehlungen, die in der Bekämpfung der Pandemie gemacht wurden, können wir uns in der Bekämpfung der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftskrise nicht mehr leisten. Die „Ergebnisse“ der Regierungsklausur lassen aber Böses erahnen. Wie schon in der Pan­demiebekämpfung setzt die Regierung auf Show statt auf konkrete Problemlösungen.

Seit Beginn der Corona-Krise hat die Regierung in Pressekonferenzen viel versprochen, aber kaum ein Versprechen termingerecht oder in auch nur annähernd vollem Umfang eingehalten: Beginnend mit dem medizinischen Personal, das zu Beginn der Corona-Krise monatelang auf die öffentlich versprochene ausreichende Schutzausrüstung war­tete bis hin zu jenen, die aktuell auf die längst versprochene Impfung warten.

Jetzt verspricht die Regierung also hunderttausende Jobs zu schaffen – es wäre aber besser, nicht über abstrakte Zahlen zu sprechen, sondern sich beispielsweise ganz kon­kret um die Rettung von 8.000 Arbeitsplätzen in Steyr zu kümmern.

Österreich zählt zu jenen Ländern in der EU, die im 4. Quartal 2020 im Vergleich zum Vorjahresquartal den stärksten Wirtschaftseinbruch zu verzeichnen hatten. Die Arbeits­losigkeit ist in Österreich seit Ausbruch der Pandemie doppelt so stark gestiegen wie in Deutschland.

Die SPÖ hat bereits mehrmals zur Unterstützung von Unternehmen, die von den Auswir­kungen der Corona-Pandemie wirtschaftlich hart getroffen wurden, aufgerufen und ein stärkeres Engagement der öffentlichen Hand gefordert.


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Auch von Konzernentscheidungen oder veränderten Rahmenbedingungen in der Pro­duktionsweise und Arbeitswelt (z.B. Digitalisierung, klimaneutrale Produktion) betroffene Betriebe können durch ein stärkeres Engagement der öffentlichen Hand stabilisiert und bedrohte Arbeitsplätze erhalten werden.

Österreich verdient eine Regierung, die um jeden Arbeitsplatz kämpft, statt sich selbst zu inszenieren. Eine Regierung, die bereit wäre 210 Millionen Euro in die Rettung des von der Schließung bedrohten MAN-Standortes in Steyr zu investieren statt in zusätzli­che Regierungswerbung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend alle notwendigen Maßnahmen ein­zuleiten, den durch den VW/MAN-Konzern von der Schließung bedrohten LKW-Pro­duktionsstandort in Steyr zu erhalten und damit rund 8.000 Arbeitsplätze in der Region zu sichern. Dafür sollen alle zur Verfügung stehenden Instrumente, insbesondere auch eine mögliche Minderheitsbeteiligung gem. § 7 Abs 5 des ÖIAG-Gesetzes, eingesetzt werden.“

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs, 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantragstel­ler Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Stöger als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 der Ge­schäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


15.00.22

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! (Präsident Sobotka über­nimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! – Wo ist er denn? Wo ist der Bundeskanzler, wenn es um Arbeitsplätze geht? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Lie­be Kolleginnen und liebe Kollegen hier im Hohen Haus (Abg. Belakowitsch: Da müssen wir warten! – Zwischenrufe bei der SPÖ), sollen wir auf den Herrn Bundeskanzler war­ten? (Zwischenrufe bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.) Wird das nicht zu lange? (Abg. Leicht­fried: Herr Präsident, wenn der Herr Bundeskanzler ...! Es ist eigentlich Ihre Aufgabe, sich darum zu kümmern! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wenn Sie wollen, können wir unterbrechen. (Rufe bei SPÖ und FPÖ: Ja!) – Dann unterbrechen wir, ja. (Ruf bei der FPÖ: Da ist er! – Unru­he im Saal.)

Zur Geschäftsbehandlung hat sich der Herr stellvertretende Klubobmann gemeldet. – Bitte.

*****


15.01.47

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Da der Herr Bundeskanzler jetzt Zeit für das Thema Arbeit hier im Hohen Haus gefunden hat (Abg.


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Steinacker: 2 Minuten! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), würde ich Sie nur ersu­chen, dass Sie, auch im Sinne der Debatte, die wir in der Präsidialkonferenz geführt haben, jetzt die Redezeit von Kollegen Stöger neu starten.

Wenn eine Anfrage an den Bundeskanzler gestellt wird, ist es, glaube ich, gut, wenn dieser auch da ist (Abg. Maurer: Es ist 15.01 Uhr!) und zuhören kann. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

15.02

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Stöger ist am Wort. – Bitte sehr. (Zwischenrufe des Abg. Hörl.)


15.02.28

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundeskanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Liebe Menschen, die aus Österreich zusehen! Herr Bundeskanzler, ich wende mich heute mit einem Dringlichen Antrag direkt an Sie, weil wir gerade vor einer einzigartigen Situation in der Geschichte der Zweiten Republik stehen. Wir stehen vor der Situation, dass es in unserem Land aktuell 460 000 arbeitslose Menschen gibt und die von Ihnen geführte Bundesregierung keinen Finger rührt, wenn es darum geht, 8 000 gefährdete Arbeits­plätze zu retten. (Widerspruch bei der ÖVP.)

Herr Bundeskanzler, ich kann mir nicht vorstellen, dass auch nur ein einziger Ihrer Amts­vorgänger nichts dazu gesagt hätte, wenn ein finanzstarker Großkonzern vertragsbrü­chig wird und ohne Not seinen produktiven Standort schließen will. Ich kann sogar sagen und versprechen, eine sozialdemokratische Bundeskanzlerin hätte das zur Chefinnensa­che erklärt. (Beifall bei der SPÖ.)

Nichts getan ist nicht ganz richtig: Nach einem halben Jahr, währenddessen wir in München, in Steyr und in Wolfsburg verhandelt haben, habe ich ein Interview von Ihnen gehört, in dem Sie angekündigt haben, einen Beitrag leisten zu wollen. Herr Bundes­kanzler, aus meiner Sicht ist das zu wenig (Zwischenruf bei der ÖVP) – und das finde nicht nur ich, das findet offenbar auch Reinhold Mitterlehner. Sie kennen ihn ja. Der ehe­malige Wirtschaftsminister, er war auch ÖVP-Obmann, hat sein Leben in der Wirt­schaftskammer verbracht und findet, dass mehr passieren muss, dass die Regierung Verhandlungsdruck aufbauen muss, um etwas zu bewegen. (Zwischenruf des Abg. Kas­segger.) Fehlanzeige: Die Regierung tut nichts. Ich frage mich daher, ob Sie wissen, was in Steyr passiert und was dort alles auf dem Spiel steht.

Herr Bundeskanzler, ich gebe Ihnen gerne einen Einblick: Die MAN Truck & Bus Öster­reich GesmbH ist ein Unternehmen, das zum Volkswagen-Konzern gehört. Es produziert am Standort Steyr sämtliche Lkw der leichten und mittelschweren Reihe der Marke MAN sowie schwere Sonderfahrzeuge. Außerdem liefert der Standort Steyr Komponenten für den internationalen MAN-Produktionsverbund und betreibt Europas größte Lackieranla­ge für Lkw-Kunststoffanbauteile.

Neben der Produktion selbst gehören auch Forschung und Entwicklung zur Arbeit der insgesamt 2 356 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das zeigt schon, dass wir von hoch­qualifizierten Fachkräften sprechen, von Fachkräften, die in der Lage sind, Prototypen zu bauen und sie bis zur Serienreife zu entwickeln. Dieses Werk und seine Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter sind ein echter Innovationsmotor. Allein in den vergangenen zwei Jahren wurden von diesem Unternehmen sieben Patente angemeldet.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Steyr haben die Zeichen der Zeit erkannt, sie haben auf E-Mobilität gesetzt und sie haben gemeinsam mit den Betriebsräten darauf


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hingearbeitet, ihre Arbeitsplätze langfristig abzusichern. Sie haben seit 2007 Standortsi­cherungsverträge abgeschlossen. Das heißt, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben in den Lohnverhandlungen, in den Verhandlungen mit dem Management auf an­dere Dinge verzichtet und die Produktion gesteigert, um dafür eine langfristige Garantie für ihre Arbeitsplätze zu erreichen. So ein Vertrag, Herr Bundeskanzler, ist zuletzt 2020 – vor einem Jahr! – unterzeichnet worden. Mit diesem Vertrag wurden nicht nur eine Ar­beitsplatzgarantie, sondern auch jährliche Investitionen in den Standort in Höhe von je etwa 40 Millionen Euro vereinbart. Dieser Vertrag wurde von den Betriebsräten mit dem Ziel, den Standort bis 2030 zu sichern, abgeschlossen.

Und jetzt, Herr Bundeskanzler, sagt der VW-Konzern aber einfach: Der Vertrag ist uns egal, wir halten uns nicht mehr dran, wir brechen den Vertrag! – Genau da, Herr Bundes­kanzler, stellen sich die 2 300 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Werk und die Tausenden Menschen, deren Arbeitsplatz indirekt von diesem Produktionsstandort ab­hängt, die Frage: Was tut die Bundesregierung dagegen, dass ein internationaler Kon­zern einfach vertragsbrüchig wird? (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Frage, die sich inzwischen praktisch jede und jeder Einzelne in Steyr stellt, gebe ich gerne an Sie weiter: Was tun Sie dagegen, dass VW so tut, als hätte VW alle Rechte, aber keine Pflichten? Wann endlich setzen Sie ein Signal dafür, dass Ihnen die Men­schen in der Region Steyr nicht egal sind?

Ich muss ehrlich sagen, Herr Bundeskanzler, ich habe gehofft, dass Sie aus den Ver­handlungen mit der Lufthansa gelernt hätten, dass Sie gelernt hätten, dass man als Re­gierungschef nicht einfach dabei zuschaut, wenn Abmachungen einfach ignoriert wer­den. Genau das ist bei der AUA passiert. Ich erinnere daran: Die Republik hat 450 Mil­lionen Euro aufgestellt, um die Arbeitsplätze zu retten, und ein paar Monate später kün­digt der Konzern an, Arbeitsplätze abzubauen.

Das Gleiche passiert jetzt bei MAN. Auch dort will man sich nicht an Abmachungen halten, und auch da geht es nicht nur ums Geld der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer, die ja für die Garantie bezahlt haben, die jetzt nicht eingehalten wird, sondern es geht auch um das Geld, das der Konzern aus Forschungsförderungen und anderen staatlichen Förderungen bekommen hat.

Alles wird gerne genommen, wenn dann aber eben die Profite anderswo höher sein könnten, gibt es kein Halten mehr, dann verlagert man die Produktion einfach nach Po­len. Ich spreche hier ganz bewusst von Profiten, denn wer in den letzten Tagen einen Blick in die Zeitungen geworfen hat, weiß, dass die Bilanzzahlen alles andere als besorg­niserregend sind. Es hat nämlich einen guten Jahresstart gegeben. Gerade die Progno­sen für die Umsatzrendite sind vom Konzern nach oben korrigiert worden. Außerdem plant man offenbar Dividendenausschüttungen auch für das Jahr 2020.

Von einer solchen Konzernpolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren, habe ich genug, und ich wünsche mir eine Bundesregierung, der ein solches Verhalten absolut nicht wurscht ist, sondern die dagegen etwas tut.

Da komme ich jetzt wieder zu Ihrer ganz persönlichen Rolle, Herr Bundeskanzler. Ich bin seit Monaten selber dabei, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Steyr zu unterstützen. In all dieser Zeit habe ich Sie dort kein einziges Mal gesehen. Ich frage mich daher: Wann tun Sie endlich etwas? Wann bekommen wir etwas von Ihrer Stand­ortpolitik zu sehen? Schließlich ist die Bezeichnung „Wirtschaftsstandort“ sogar in den Namen des neuen Wirtschaftsministeriums aufgenommen worden  ist das nur eine Mo­gelpackung?

Wenn Sie wissen wollen, wie man Standortpolitik macht, fragen Sie einfach die MAN-Betriebsräte Helmut Emler, Thomas Kutsam oder ihre Vorgänger Erich Schwarz und den hier bekannten Markus Vogl. (Abg. Kirchbaumer: ... SPÖ am besten!) Sie alle haben


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es verstanden; sie alle haben verstanden, dass nur ein langfristiges, zukunftsorientiertes Denken Erfolg haben kann. Sie waren es, die die Standortsicherungsverträge abge­schlossen haben, weil es ihnen nicht um einen einmaligen Effekt, sondern um eine nach­haltige Entwicklung gegangen ist. Die Betriebsräte von MAN haben verstanden, wie man einen Transformationsprozess einleitet, und dass es dazu Investitionen braucht. Da stellt sich auch die Frage, Herr Bundeskanzler: Wo ist Ihre Kreativität, wenn es um die lang­fristige Absicherung von Arbeitsplätzen und um den Transformationsprozess für nach­haltige Mobilität geht? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: ... aber keine Leistung!)

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, Steyr ist eine Chance. Steyr ist eine Chance, weil die Betriebsräte Arbeitsplätze für die Region vertraglich vereinbart haben. Das ist nicht vielen Betriebsräten bisher gelungen. Betriebsräte haben Investitionen vereinbart, um den Transformationsprozess zu nachhaltiger Mobilität nicht nur im Umweltministerium in schönen Papieren zu beschreiben, sondern Sie haben diese Vereinbarung unterzeich­net, damit dieser Transformationsprozess auch in den Werkshallen ankommen kann. Daher braucht das ein gehöriges Maß an Selbstbewusstsein. Die Arbeitnehmerinnen und die Arbeitnehmer von MAN haben sich nicht gefallen lassen, dass man zu ihnen sagt: Friss, Vogel, oder stirb! – Das haben die Arbeitnehmer von MAN nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie können von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus Steyr lernen. Ich sage das jetzt in den Worten des Prof. Kapeller von der Uni Duisburg, wie er im „Standard“ schreibt. – Ich zitiere: „Eine selbstbewusste Standortpolitik könnte auch das Instrument der Standortsicherung gegenüber dem Konzernen zustehenden Investitionsschutz aufwerten und auf dieser Basis Standortsicherungsverträge gezielter verfolgen und mit größerer Rechtssicherheit ausstatten, als lokal organisierte Akteurin­nen dies zu tun vermögen.

All das ist freilich von einer Politik, die sich selbst nicht als industriepolitischer Akteur begreift und Industriestandorte bereitwillig vermeintlich unbeeinflussbaren Marktkräften ausliefert, nicht zu erwarten. Im Kontrast dazu könnte man die Entscheidung der MAN-Belegschaft für neue industriepolitische Initiativen nutzen, und MAN Steyr könnte auf diese Weise sogar ein Lehrbuchfall bleiben – und zwar einer für eine erfolgreiche, mis­sionsorientierte Industriepolitik im 21. Jahrhundert.“ – Zitatende. Das hat Prof. Jakob Ka­peller am 13.4. im „Standard“ gesagt.

Herr Bundeskanzler, wenn ich die Arbeit der Betriebsräte mit der Arbeit der Bundesregie­rung vergleiche, wird besonders deutlich, dass sich die Regierung da schnell etwas ab­schauen sollte, nämlich insbesondere das Engagement, wenn es darum geht, Arbeits­plätze zu retten. Damit haben weder Sie noch die anderen Minister der Bundesregierung sich bisher aufgehalten. Ich habe kein Regierungsmitglied gesehen, als die Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter der ATB hier vor der Tür gestanden sind und um Unterstützung ge­beten haben. Ich habe nichts davon gehört, dass sich die Regierung für die Beschäftig­ten von Mayr-Melnhof oder Swarovski eingesetzt hätte, als diese Unternehmen einen Stellenabbau angekündigt haben. Vor diesem Hintergrund, Herr Bundeskanzler, frage ich Sie noch einmal: Wann tun Sie endlich etwas, um die Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmer in Steyr zu unterstützen? (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe in der Angelegenheit bis jetzt jedenfalls noch nichts von Ihnen gesehen, noch nicht einmal eine Pressekonferenz. Dabei wäre es ganz einfach: VW ist ein Konzern, der zum Teil in Staatsbesitz ist. Reden Sie endlich! Reden Sie endlich mit Ihrer deutschen Amtskollegin Angela Merkel und tun Sie das, was nötig ist, um den Produktionsstandort Steyr zu sichern!

Falls Sie sich noch fragen, was Sie tun können, darf ich Ihnen ein paar Zeilen aus dem ÖIAG-Gesetz in Erinnerung rufen, zum Beispiel § 7. Da steht im Gesetz: „Im Rahmen des Beteiligungsmanagements hat die ÖBAG unter Berücksichtigung der öffentlichen


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Interessen an der Sicherung Österreichs als Wirtschafts- und Forschungsstandort sowie an der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen auf eine Werterhaltung und Wert­steigerung der Beteiligungsgesellschaften Bedacht zu nehmen.“

In Absatz 4 steht: „Für den Erwerb an Anteilen an anderen Unternehmen, die für den Wirtschaftsstandort Österreich von besonderer Bedeutung sind, ist ein Beschluss der Bundesregierung erforderlich, wenn dieser Erwerb nicht nach den Bestimmungen des Abs. 5 erfolgt.“

Dieser Absatz 5 sagt: „Unbeschadet des Abs. 4 ist die ÖBAG, entweder selbst oder über eine Tochtergesellschaft, mit der Entwicklung und Bereitstellung von Instrumenten zur Stärkung österreichischer Interessen im internationalen Standortwettbewerb betraut. Zu diesem Zweck ist sie ermächtigt, Minderheitsbeteiligungen an für den Standort relevan­ten Unternehmen einzugehen sowie solchen Unternehmen Kredite, Garantien und sons­tige Finanzierungen zur Verfügung zu stellen.“

Herr Bundeskanzler, wer ist Vorsitzender der Bundesregierung? Ist der Bundeskanzler dafür verantwortlich? – Der Gesetzgeber hat gemeint: ja.

Dazu noch einmal zur Erinnerung: Studien zufolge hängen am MAN-Werk in Steyr rund 8 000 Arbeitsplätze mit einer jährlichen Wirtschaftsleistung von knapp 1 Milliarde Euro. Steyr ist einer der größten Automotive Cluster in Österreich. Wenn das kein Grund für die Öbag ist, eine Minderheitsbeteiligung zumindest zu erwägen, wann bitte dann? (Abg. Haubner: Wie? Woran beteiligen?)

Darüber hätten Sie sich mit Herrn Schmid von der Öbag austauschen sollen. Das ist auch jetzt noch möglich. Greifen Sie einfach zum Handy – seine Nummer dürfte Ihnen bekannt sein – und bringen Sie endlich etwas ins Rollen, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von MAN in Steyr, für die Menschen in der Region, deren Arbeitsplätze jetzt in der Schwebe sind, und für den ganzen Wirtschaftsstandort in Österreich!

Wir von der SPÖ haben immer wieder ein stärkeres Engagement der öffentlichen Hand für Unternehmen gefordert, die von den Auswirkungen der Coronapandemie hart getrof­fen wurden, aber auch für Unternehmen, die jetzt vor veränderten Rahmenbedingungen in der Produktion und in der Arbeitswelt stehen und sich anpassen müssen, wenn es etwa um Digitalisierung oder um klimaneutrale Produktion geht. (Abg. Zarits: ... erfolg­reich, ja! – Abg. Haubner: Lernen Sie Geschichte!) Das sind alles Bereiche, in denen die öffentliche Hand einen Beitrag zur Stabilisierung leisten und bedrohte Arbeitsplätze erhalten kann.

Bei MAN in Steyr gibt es mehr Möglichkeiten, weil es einen gültigen Standort- und Be­schäftigungssicherungsvertrag gibt. Treten Sie in der Öffentlichkeit dafür ein, dass sich auch Weltkonzerne wie VW an Verträge zu halten haben! Machen Sie deutlich, dass die österreichische Politik nicht einfach dabei zusieht, wenn Produktionsstandorte mit langer und erfolgreicher Tradition für etwas höhere Profite aufgegeben werden sollen!

Sie sehen also, Herr Bundeskanzler, es gibt genügend Möglichkeiten, um Arbeitsplätze abzusichern. Falls Sie sich noch fragen, mit welchen Mitteln das finanziert werden kann, würde ich die 210 Millionen Euro vorschlagen, die Sie gerade für Werbung und PR aus­geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Am Schluss bleibt daher nur eine Frage offen: Wann fangen Sie endlich damit an, die Arbeitsplätze in der Region Steyr zu sichern? Retten Sie 8 000 Arbeitsplätze in Steyr! Lassen Sie die Menschen nicht im Stich, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der SPÖ.)

15.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf auch die übrigen Minister und den Herrn Vizekanzler sehr herzlich bei uns begrüßen.

Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundeskanzler. Das Wort steht bei ihm. – Bitte.



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15.21.39

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordne­te! Der Verlust des Arbeitsplatzes oder die Gefahr, den Arbeitsplatz zu verlieren, ist wahrscheinlich eine der dramatischsten Erfahrungen, die man machen kann. Es ist nicht nur für den Einzelnen dramatisch, sondern es ist oft ein Drama für die ganze Familie, für den Ehepartner, für die Kinder und für viele andere, die oft dranhängen. Ich kenne das Thema nur zu gut, weil ich mitverfolgt habe, wie mein Vater, als ich damals Schüler war, seinen Job verloren hat und wie schwierig es nicht nur für ihn, sondern für die gesamte Familie war, wie hart der Weg zurück und wie unglaublich belastend diese Situation war. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Und genau vor dieser Situation stehen viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von MAN am Standort Steyr derzeit – einer Situation der Ungewissheit, im Moment einer Situation der Hoffnungslosigkeit und einer Situation der Angst, wie es weitergeht.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, es wäre schön, wenn das Thema ein so einfaches wäre, das sich mit einer Parlamentsrede von Ihnen, mit einer Pressekonferenz von Ihrer Parteivorsitzenden oder auch mit der Verstaatlichung lösen lassen würde. (Zwischenruf des Abg. Rainer Wimmer.) Die Situation am Standort Steyr, die Situation im MAN-Werk ist ernst, sie ist angespannt, und die Lösung ist keine leichte. Die Bundesregierung ist entschlossen, alles zu tun, was wir beitragen können, um die Arbeitsplätze an diesem Standort zu schützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwi­schenrufe der Abgeordneten Leichtfried und Belakowitsch.)

Der Standort ist nicht nur ein wichtiger Forschungsstandort, der weit über die Region hinausstrahlt, der Standort ist ein wichtiger Ausbildungsstandort für Hunderte Lehrlinge und er ist ein wichtiger Arbeitgeber für Tausende Mitarbeiter im Betrieb selbst, mit einer Auswirkung auf unzählige andere Zuliefer- und Partnerbetriebe in der Region. (Rufe bei der SPÖ: Das wissen wir eh!)

Dass sich der Mutterkonzern von MAN entschlossen hat, die Standortvereinbarung nicht einzuhalten, ist dramatisch, und dass der Konzern jetzt auch so weit gehen möchte, die­ses Werk zu schließen, ist noch dramatischer. Wir als Bundesregierung sind von Anfang an mit der oberösterreichischen Landesregierung und auch mit den Sozialpartnern, mit Präsident Katzian und mit Präsident Mahrer, in Kontakt und versuchen, alles zu tun, um einen Weg zu finden, die Arbeitsplätze am Standort zu retten.

Wir sind selbstverständlich auch bereit (Zwischenruf des Abg. Rainer Wimmer) – Herr Abgeordneter, ich habe Ihnen auch zugehört, vielleicht können Sie so freundlich sein; wenn Sie nicht wollen, kann ich es auch nicht ändern, vielleicht sind Sie aber zumindest so freundlich und schenken mir einen Moment Ihre Aufmerksamkeit (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen – Zwischenrufe bei der SPÖ) –, wir sind selbstver­ständlich bereit, rechtliche Schritte zu unterstützen, sollte die Belegschaft der Meinung sein, dass diese rechtlichen Schritte zielführend sind. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das oberste Ziel sollte aber sein, die Arbeitsplätze dort zu sichern und zu erhalten.

Wir sind daher als Bundesregierung gemeinsam mit der Landesregierung, aber auch den Sozialpartnern übereingekommen, dass wir alle Maßnahmen im Bereich der Unter­stützung für potenzielle Interessenten ergreifen wollen, um diesen Standort zu sichern. Gemeinsam mit der Landesregierung und den Sozialpartnern sind die Wirtschafts­ministerin und der Arbeitsminister bereit, Pakete zu schnüren, um den Standort attrakti­ver zu machen und zu gewährleisten, dass ein Maximum der Jobs erhalten werden kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Leider Gottes gibt es keine Gewissheit dafür, dass rechtliche Schritte die Arbeits­plätze retten würden, sondern, ganz im Gegenteil, es gibt diesen rechtlichen Schritten


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gegenüber auch vonseiten der Belegschaft viel Skepsis, da das oberste Ziel ja nicht ein Rechtsstreit ist, sondern die Arbeitsplätze zu erhalten.

Was auch nicht hilft, ist (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), jetzt überhastet mit einer staatlichen oder mit einer verstaatlichten Wirtschaft zu liebäugeln. Wir haben in der Ge­schichte Österreichs schmerzhaft erlebt, dass viele dieser verstaatlichten Fantasien zu einer Massenarbeitslosigkeit an den Standorten geführt haben, dass diese Ideen oftmals mehr Probleme geschaffen haben, als sie gelöst haben, und Tausende Arbeitsplätze vernichtet worden sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Dazu, sehr geehrte Damen und Herren, wollen wir nicht zurückkehren, denn wir wissen aus der Geschichte Österreichs, dass dieser Weg ein Weg war, der von Misserfolg und Ar­beitslosigkeit geprägt war und der es nicht würdig ist, wiederholt zu werden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Herausforderung, sehr geehrte Damen und Herren – und das ist die Realität –, ist: Wenn man sich mit der Sache im Detail beschäftigt, so sieht man, dass die Zahl der Interessenten leider derzeit überschaubar ist. Gott sei Dank gibt es Interessenten, und wichtig ist jetzt, dass alle Interessenten die Möglichkeit haben, ihre Konzepte vorzulegen. Ich bin der oberösterreichischen Landesregierung, den Sozialpartnern, aber auch den zuständigen Ministern dankbar, dass da der stetige Austausch mit allen potenziellen Interessenten geführt wird (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), um zu erarbeiten und zu bewerten, ob es geeignete Konzepte gibt, den Standort in einer wettbewerbsfähigen Art und Weise weiterzuführen, den Betrieb zu erhalten und die Arbeitsplätze zu sichern.

Die Herausforderung, die wir derzeit sehen, ist, dass es leider Gottes noch keine Eini­gung zwischen einem Interessenten und der Belegschaft gibt. Insofern hoffe ich, dass alle Beteiligten im Dialog bleiben. Ich bin auch mit Präsident Mahrer und Präsident Kat­zian einer Meinung, dass das der einzig richtige Weg sein kann, um die Arbeitsplätze dort zu sichern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Am Standort Steyr gibt es Tausende gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es gibt Fachkräfte, wie sie in weiten Teilen Österreichs, aber auch in der Region von anderen Betrieben dringend gesucht werden. Es gibt ein unglaubliches Know-how und eine stolze Geschichte eines erfolgreichen Betriebs. Wir sollten alles tun, was in unserer Macht steht, parteiübergreifend an einem Strang ziehen, um so viele Arbeitsplätze wie möglich zu sichern. Ich glaube nicht, dass es das richtige Thema ist, um parteipolitisches Kleingeld zu wechseln und parteipolitischen Profit schlagen zu wollen, sondern wir alle sollten versuchen, unseren Beitrag zu leisten, damit dieser Standort, vor allem aber auch die Jobs gesichert werden können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, erlauben Sie mir, abschließend festzuhalten, dass ich trotz aller Schwierigkeiten, trotz dieser sehr verzwickten Situation, trotz des Bruchs der Abkommen, den es vom Mutterkonzern gegeben hat, trotz der Herausforderungen, mit denen Belegschaft und Interessenten konfrontiert sind, optimistisch bin, dass es möglich sein wird, eine Lösung zu finden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich bin optimistisch, weil das Wichtigste vorhanden ist, nämlich gut ausgebildete Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter, die über eine hohe Qualifikation und Leistungsbereitschaft verfügen, und insofern auch die Möglichkeit gegeben sein wird, dort weiter wettbewerbs­fähig zu produzieren, sobald die richtige Konstellation oder Lösung dafür gefunden ist.

Den österreichischen Arbeitsmarkt ganz allgemein betreffend bin ich auch optimistisch. Arbeitsminister Martin Kocher wird darauf noch im Detail eingehen. Wir haben ein he­rausforderndes Jahr der Pandemie hinter uns. Weite Teile der Industrie haben sich Gott sei Dank sehr schnell erholt und stehen heute wieder sehr gut da. Andere Branchen, die geschlossen werden mussten, sind natürlich nach wie vor massiv betroffen. Wir haben


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die Situation, dass wir bis zum nächsten Jahr 500 000 Menschen wieder in Beschäfti­gung bringen und so schnell wie möglich wieder das Vorkrisenniveau erreichen wollen. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Wir haben Hunderttausende Menschen, die nach wie vor in Kurzarbeit sind, und zu viele, die derzeit arbeitslos sind. Mit den Öffnungsschritten Mitte Mai haben wir die Chance, viele dieser Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen. (Abg. Belakowitsch: Glau­ben Sie das, was Sie da sagen?)

Mit der Rückkehr zur Normalität im Sommer haben wir die Möglichkeit, dass unzählige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter endlich wieder ihrer Tätigkeit nachkommen können. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Mit Maßnahmen, die wir setzen, wie der Investitionsprämie, können wir Unternehmerinnen und Unternehmer in diesem Land dabei unterstützen, Ar­beitsplätze zu schaffen, denn klar ist: Die Politik hat die Möglichkeit, die Rahmenbedin­gungen zu schaffen, die Arbeitsplätze selbst entstehen durch mutige Unternehmerinnen und Unternehmer und durch fleißige, gut ausgebildete und hart arbeitende Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter. – Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Klubob­frau Rendi-Wagner. – Bitte.


15.32.38

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Sehr geehrte Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben recht, Herr Bundeskanzler, mit Pressekonferenzen kann man MAN nicht retten. Mit Pres­sekonferenzen kann man auch keine Coronakrise managen. Mit Pressekonferenzen kann man auch keine Arbeitsplätze sichern. Genau deswegen sind wir heute hier: um Sie daran zu erinnern, denn es ist noch nichts Handfestes und Konkretes seitens der Bundesregierung passiert, um mehr Arbeitsplätze zu schaffen und um MAN zu retten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Melchior.)

Ich habe Ihnen sehr gut zugehört. Sie haben an uns appelliert: die Politik soll, wir sollen, man hat, man wird irgendwie aber verstehen Sie, glaube ich, nicht, dass Sie in der Bundesregierung sind, dass Sie der Regierungschef sind und dass Sie die Hebel des Handelns in der Hand haben, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der SPÖ.)

In diesen 5 Minuten Ihrer Rede habe ich auch jegliche konkreten Pläne Ihrerseits ver­misst, die dazu beitragen sollen, MAN und den über 2 000 Mitarbeitern und Beschäftig­ten dort Sicherheit zu geben, irgendwelche Pläne, die dazu beitragen, das für die Zukunft auch abzusichern. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Wenn Sie sagen, Sie werden das in den nächsten Wochen und Monaten tun, dann darf ich Sie daran erinnern, dass die MAN-Problematik genau seit dem 12. März 2020 öffent­lich bekannt ist, das ist mehr als ein Jahr. Was ist seitens einer aktiven Industriepolitik, einer aktiven Arbeitsmarktpolitik, einer aktiven Klimapolitik passiert (weiterer Zwischen­ruf des Abg. Wöginger), um diesen wichtigen Standort mit mehr als 2 300 Beschäftigten zu halten, um eine Schließung und eine Abwanderung ins billige Polen zu verhindern, um zu verhindern, dass in dieser Region mehr als 8 000 Arbeitsplätze verloren gehen, um zu verhindern, dass eine Wertschöpfung dieser Region in der Höhe von über einer Milliarde Euro verloren geht, eine Zukunftschance in Richtung Ökologisierung und E-Mo­bilität verloren geht, Know-how verloren geht? Was wurde in diesen zwölf Monaten ge­tan?

Für die Region Steyr, für den Standort, für alle Beschäftigten in dieser Region ist die Schließung zweifelsohne eine Katastrophe. Muss das so sein? – Nein, das darf auch nicht so sein, und genau deswegen wollen wir auch heute mit dieser Dringlichen Anfrage


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(Abg. Steinacker: Dringlicher Antrag!) an Sie, Herr Bundeskanzler, unseren Beitrag da­zu leisten, um gemeinsam eine Lösung für diesen Standort zu finden. (Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Ich war, im Gegensatz zu Ihnen, persönlich in Steyr. Ich war beim Warnstreik mit 4 000 Menschen am Hauptplatz, und ich habe mit vielen Betroffenen dort gesprochen. Ich rate Ihnen, das auch zu tun, dann wissen Sie, wie die Lage vor Ort wirklich ausschaut. Das sind Menschen, die Jahrzehnte mit Herzblut in diesem Betrieb gearbeitet haben und noch immer arbeiten wollen, hoch qualifizierte Facharbeiterinnen und Facharbeiter, jun­ge Burschen, junge Frauen, die stolz sind, dort gerade seit ein paar Monaten an ihrem Lehrplatz aufgenommen zu sein, die stolz sind, in diesem wichtigen Leitbetrieb zu ar­beiten, wo schon ihre Großväter gearbeitet haben. Es ist für all diese Beschäftigten mehr als nur ein Arbeitgeber.

Eine Journalistin des „Kurier“ hat das mit den Worten eines MAN-Mitarbeiters sehr emo­tional zusammengefasst: Der MAN-Mitarbeiter hat gesagt, MAN ist ein alter Freund, „der schon immer da war, dem man etwas versprochen hat“ und der umgekehrt auch immer sein Versprechen gehalten hat, „auf den man sich verlassen konnte und [...] auf den man stolz war“.

Es ist dieser Stolz, der so emotional beschrieben wird; das ist nicht Nostalgie eines Mit­arbeiters dieses Betriebs, sondern all das hat eine handfeste Basis. MAN hat in den letzten Jahren Gewinne gemacht. Es waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die­se Gewinne erarbeitet haben, und diese Gewinne wurden nach München abgeführt. 2019 wurde den Aktionärinnen und Aktionären eine halbe Milliarde Euro Dividenden ausbezahlt  kein Zeichen, dass es dem Betrieb wirklich schlecht geht, würde ich sagen.

Es war die Republik Österreich, es waren die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die richtigerweise zuletzt auch Coronahilfsgelder in MAN investiert haben, die Millionen von Fördergeldern in die neue ökologische E-Technologie für Lkws gesteckt und investiert haben. Das war richtig und gut so; aber es ist sehr einseitig, jetzt zu sagen, dass Stand­ortgarantien, die MAN gegenüber den Mitarbeitern abgeschlossen hat, plötzlich nicht mehr gelten, nachdem Hilfsgelder und Fördermittel in Millionenhöhe in diese Betriebe gegangen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Trotz all dem, trotz Millionen an Fördergeldern, trotz eines Standortsicherungsvertrags bis 2030, hat MAN angekündigt, den Standort zu schließen und die Produktion in das billige Polen zu verlegen. MAN hat sein Versprechen gebrochen.

Was ist das für ein System?, fragen sich ganz viele in Steyr und darüber hinaus. Was ist das für ein System, in dem das alles nicht mehr zählt, in dem Betriebe, wichtige Stand­orte, geschlossen werden, obwohl sie Gewinne machen, in dem ein Betrieb öffentliche Förderungen aus Steuermitteln in Millionenhöhe bekommt, seine Verträge, Standortga­rantien aber nicht einhält, in dem Arbeitnehmer, die Menschen, die dort arbeiten, auf der Strecke bleiben und nicht zählen? (Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Letzte Woche hat MAN von München aus angekündigt, im ersten Schritt fast 300 Leihar­beiter in Steyr zu entlassen – mehr als 300. Die MAN-Belegschaft ist kämpferisch, wir haben es von Alois Stöger gehört. Die MAN-Belegschaft ist stark, aber sie braucht Unter­stützung – Unterstützung der Bundesregierung, die sich mit Selbstverständlichkeit an die Seite dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen sollte.

Am wichtigsten ist es jetzt, an einer gemeinsamen Lösung zu arbeiten. Sie haben in diese Richtung auch schon an uns appelliert. Ich appelliere an Sie: Es ist Ihre Aufgabe, mit Sozialpartnern, Betriebsräten, natürlich dem Arbeitgeber VW und der Landesregie­rung diese gemeinsame, nachhaltige, zukunftsorientiere Lösung und die Rettung der Ar­beitsplätze zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Sie haben es in der Hand, Herr Bundeskanzler. Die Bundesregierung hat viele Hebel in der Hand. Ein Hebel – auch das haben wir heute schon gehört – wäre natürlich, zu überlegen, da im Sinne einer öffentlichen, modernen Beteiligungsmanagementperspek­tive zu investieren, in eine zukunftsorientierte Industriestandortregion zu investieren, im Sinne einer aktiven Arbeitsmarktpolitik, im Sinne einer aktiven Klimapolitik.

MAN ist „eine Chance“ – Alois Stöger hat das gesagt –, es ist eine Chance, und als solche müssen Sie es verstehen. Das ist kein Problem, das es zu lösen gilt, sondern es ist eine Chance, die es zu ergreifen gilt, Herr Bundeskanzler! (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Unsere gemeinsame und unsere gesamte Wirtschaft steckt in einem riesi­gen Transformationsprozess in Richtung Ökologisierung, in einer richtigen wirtschaftli­chen Krise, die so groß ist wie seit 1946 nicht mehr, in einer Phase des Umbruchs. Wann, wenn nicht jetzt, ist es die Bundesregierung, die in dieser schwierigen Phase begleitet, unterstützt, die mitgestaltet und nicht nur verwaltet, Herr Bundeskanzler?

Ja, was Deutschland längst hat, fehlt in Österreich, nämlich ein aktiver Beteiligungs­fonds. Der wurde in Deutschland vor wenigen Monaten geschaffen, und ich glaube nicht, dass Deutschland zu den Retroverstaatlichern gehört, so wie Sie es jetzt ideologisch besetzt hatten. Dieses Thema ist zu wichtig, um ideologische Rhetorik und Polemik an dieser Stelle zu verwenden. (Beifall bei der SPÖ.)

Werden Sie aktiv! Österreich und MAN brauchen eine Kraft, die eine aktive Industrie­politik der Zukunft vorantreibt. Nachhaltige Klimapolitik nützt und schützt. Das ist das, was Sie mit dieser MAN-Strategie verfolgen sollten. Ich appelliere an Sie, das auch zu tun. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Peter Haub­ner. – Bitte.


15.41.55

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich möchte einiges vorausschicken. Zum einen: Österreich ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort. Zum anderen: Oberösterreich ist ein sehr erfolgreiches Industrieland, 25 Prozent aller österreichischen Exporte kommen aus diesem Land. Uns in dieser Bundesregierung und uns als ÖVP sind jeder Arbeitsplatz und jeder Betrieb ganz besonders wichtig, und wir setzen uns für jeden davon ein, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Loacker: Sagen Sie etwas zu den Kammerbeiträgen!)

Sehr geehrter Herr Kollege Stöger! Liebe alte SPÖ!, muss ich da sagen. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Kuntzl und Leichtfried.) Es stellt sich schon die Frage, unabhängig von einem ideologischen Zu­gang: Woran sollen wir uns denn konkret beteiligen, und was soll denn verstaatlicht werden? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Bei aller Wertschätzung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Steyr: Wir wissen doch alle, dass das Werk ein Teil eines arbeitsteilig organisierten Konzerns ist. (Abg. Leichtfried: Sagt doch einfach, dass euch die Leute wurscht sind, aber nicht ...! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. – Abg. Leichtfried: Ja, weil’s wahr ist!) Meine Damen und Herren, ohne MAN gibt es kein Pro­dukt.

Herr Kollege Leichtfried (Abg. Leichtfried: Ja, sagt doch einfach, die Leute sind euch wurscht! Das sollte man aussprechen!), ich habe Ihnen letztes Mal schon gesagt: Sie verstehen nichts von Wirtschaft. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Ja, aber du auch nicht!) Sie sind von der Wirtschaft so weit weg wie mein Geburtsdatum von den punischen Kriegen, Herr Leichtfried! Das habe ich Ihnen auch schon einmal erklärt. (Ruf bei der SPÖ: Na, so weit ist das gar nicht weg!)


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Ich sage Ihnen wirklich: Es braucht deshalb – der Herr Bundeskanzler hat es gesagt und Frau Kollegin Rendi-Wagner, die auch nicht aus der Wirtschaft kommt, hat es wenigs­tens angedeutet – ein eigenständiges Konzept, es braucht ein unternehmerisches Kon­zept (Abg. Leichtfried: Ja, dann macht es!), denn nur ein Unternehmer versteht es, Ar­beitsplätze zu sichern. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner.)

Meine Damen und Herren, diesen Dringlichen Antrag hätten Sie besser an die Gewerk­schaft als an den Herrn Bundeskanzler gerichtet. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich würde Sie wirklich bitten: Hören Sie zu! Es geht doch einfacher, wenn man zuhört und dann die Widerrede hält. Das muss ja nicht per­manent sein! Ich würde Sie wirklich bitten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Abgeordneter Peter Haubner (fortsetzend): Ich hab die Ruhe und die Zeit. (Ruf bei der SPÖ: Wir auch!)

Ich glaube, es hat ja die Vergangenheit bewiesen – und es gibt sogar einen Verstaatlich­tenminister, Lacina hat er geheißen, der nach dem Debakel in der verstaatlichten Indus­trie sogar ein eigenes Schuldbekenntnis abgegeben hat –: Zu viel Staat, zu viel Ideolo­gie, zu viel Parteipolitik, zu viel Gewerkschaftseinfluss – das sind die Faktoren für Schei­tern, meine Damen und Herren. (Abg. Kollross: Ah! Die Gewerkschaften sind schuld! Der Betriebsrat ist schuld!) Wir wissen, dass Verstaatlichungen nicht helfen.

Ich sage Ihnen auch: Herr Prof. Felbermayr hat es jetzt gerade gesagt. Wenn Sie den Kollegen, der in Duisburg arbeitet, zitieren, dann kann ich Kollegen Felbermayr dagegen­stellen, der meinte: „Der Staat muss die Rahmenbedingungen möglichst attraktiv“ gestal­ten. Er sollte sich aber nicht an dem Unternehmen beteiligen, denn Unternehmensbeteili­gungen des Staates, mit denen es eben nicht funktioniert, sind genau das Problem, das es dann ja immer wieder gibt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Wie es funktionieren kann, zeigen ja erfolgreiche Unternehmer in Österreich. Ich glaube, genau so etwas brauchen wir. Wenn es Konzepte dafür gibt, dann ist es doch das Beste, wenn man sich im Dialog an einem Tisch zusammensetzt: die Sozialpartner, die Lan­desregierung, die Bundesregierung – und das ist ja auch der Plan – und die Unterneh­mer, die bereit sind, die Zukunft in Steyr für die Arbeitsplätze, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die an diesem Standort hoch qualifiziert sind, entsprechend zu sichern. (Zwischenruf des Abg. Silvan.) Ich glaube, darum muss es gehen und nicht darum, dass wir jetzt darüber reden, dass wir wieder in eine Reverstaatlichung zurückfallen – ein Modell aus den Siebziger- und Achtzigerjahren, das nicht nur der SPÖ, sondern auch dem Standort und den Arbeitsplätzen geschadet hat, also eine absolute Lose-lose-Si­tuation ist.

Meine Damen und Herren! Wir tun alles – ich sage es noch einmal –, um jeden Ar­beitsplatz zu retten (Abg. Rainer Wimmer: Ja? Was genau? ...!), jeden Betrieb durch diese Krise zu begleiten. Ich bin schon einige Zeit im Parlament und ich kann mit Fug und Recht behaupten: Seit Wolfgang Schüssel hat es keinen Bundeskanzler mehr ge­geben, der sich derart für die Wirtschaft und für die Arbeitsplätze in dieser Republik ein­gesetzt hat. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir investieren jetzt 35 Milliarden Euro in den Standort, in die Hilfe und Unterstützung für die Unternehmen, und davon ein Drittel in die Arbeitsplatzsi­cherung. Zeigen Sie uns irgendein Land in Europa, das das macht! Da sind wir in Ös­terreich absolut spitze. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Leichtfried: Das war die zweitschlechteste Rede heute!)

15.47



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 147

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Deimek. – Bitte sehr, das Wort steht bei Ihnen.


15.48.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir debattieren heute die Rettung von Arbeitsplätzen in Steyr. Als regional be­troffener Abgeordneter ist mir das schon ein besonderes Herzensanliegen, vor allem aber ist es natürlich ein wirtschaftspolitisches Anliegen.

Wer ist denn diese MAN am Standort Steyr? – Sie ist einer von mehreren Nachfolgern der ehemaligen Steyr-Daimler-Puch AG, von der wir wissen: In einer Krise der Verstaat­lichten – Steyr, Voest und Ähnliches – hat das nicht funktioniert. Diese Betriebe gingen mehr oder weniger pleite, und in neuen Betrieben wurden die Standorte aufgefangen. Vor allem die MAN hat sich gut entwickelt. Sie ist ein Teil des Volkswagen-Konzerns, der an diesem Standort unter anderem kleine Lkws produziert, die kleinen Lkws unter anderem für die letzte Meile.

So, und die Automobilindustrie und unter anderem auch die Industrie, die die Lkws er­zeugt, hat in Europa und vor allem in Österreich über Jahrzehnte Wohlstand erwirtschaf­tet: Wohlstand für Zulieferer, Wohlstand für Arbeitskräfte. Wenn wir aber jahrelang und teilweise sogar jahrzehntelang eine Stimmung gegen die Autoindustrie erzeugen, wenn wir gegen den Lkw ganz im Besonderen sind, dann brauchen wir uns wirklich nicht darü­ber zu wundern, dass in diesem Fall diese Auswüchse, diese hysterischen Entwicklun­gen zu beklagen sind. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Zarits.)

Wichtig ist für uns der Industriestandort und dass die Arbeitsplätze erhalten werden, auch wenn das für Kollegen Hanger vielleicht nicht so interessant ist; er lebt ja mehr vom Holz, da wird er sich auch noch wundern. Dabei ist wirklich schon viel Milch vergossen worden. Wodurch und durch wen? – Durch eine Bundesregierung.

Nun zitiere ich aus den PR-Gags der Bundesregierung, aus der Zeitung „Heute“ vom 5. Oktober 2020: „Kurz macht das Thema Arbeit zur Chefsache“, es gibt „einfach zu wenig Arbeit“. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) „Nun will Bundeskanzler Kurz“ von der ÖVP „die Sicherung von Arbeitsplätzen in den Fokus der nächsten Monate setzen. Damit will er gleich am Dienstag in Oberösterreich beginnen.“

Herr Bundeskanzler, was ist seit Dienstag, 6. Oktober letzten Jahres, passiert? (Neuerli­cher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch sowie Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was haben Sie gemacht? Herr Bundeskanzler, ich habe die Befürchtung, Sie sind ein Ankündi­gungsriese, aber leider ein Umsetzungszwerg! (Beifall bei der FPÖ.)

Fakt ist: An diesem Standort hat eine Firma, die eine Tochterfirma eines deutschen Kon­zerns ist, einen Langzeitarbeitsvertrag und einen Produktionssicherheitsvertrag unter­schrieben, will ihn nun aber nicht mehr einhalten und hat ihn gekündigt.

Damals – die ersten Gerüchte dazu waren im März letzten Jahres zu hören – hat es geheißen: Na, das ist alles ein böses Gerücht, das ist nicht wirklich so! Herr Bundeskanz­ler und Herr Arbeitsminister – beziehungsweise seine Vorgängerin –, was haben Sie damals gemacht, um dagegen vorzugehen? Ich weiß ehrlich gesagt nichts Konkretes, und auch in Steyr weiß man nichts Konkretes. Was ist passiert, um den Produktions­standort in Österreich zu halten, als man gewusst hat, in Polen gibt es einen Standort, ein Werk oder – besser gesagt – bloß eine Halle, die nur darauf wartet, dass die Ma­schinen in Steyr demontiert werden können und eine Woche später in Polen in Betrieb gehen? Was ist da passiert? Was haben Sie mit den Vertretern des Volkswagen-Kon­zerns diskutiert? Was haben Sie in Bezug auf die Lohnnebenkosten gemacht? – Eine alte Forderung von Herrn Kollegen Haubner, vor ein paar Minuten hat er gesprochen.


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Was ist zur Entbürokratisierung passiert? – Auch eine Forderung der ÖVP. Was passiert zur Forschungsförderung (Abg. Belakowitsch: Nichts!) und zur Entwicklung neuer Technologien? (Abg. Belakowitsch: Nichts!) – Ich weiß nichts, ich weiß nur, dass der Finanzminister die Entwicklungsmittel kürzt. Was haben Sie konkret im Fall von MAN gemacht?

Lieber Herr Bundeskanzler und liebe Mitglieder der Bundesregierung, Sie haben genü­gend schattige Plätzchen, an denen Politik und Wirtschaft beisammensitzen, und dort wird darüber gesprochen, was die Sorgen und Nöte der Industrie sind. Haben Sie dort zugehört oder haben Sie auch dort PR gemacht? – Ich fürchte, leider wieder Letzteres. Ich habe den Eindruck, neben der Coronapolitik ist Ihnen in der Bundesregierung auch die Arbeitspolitik komplett entglitten. Die Konsequenzen werden unsere Kinder tragen, aber die Antwort darauf werden sie Ihnen sagen, sobald sie volljährig sind und wählen dürfen.

Wenn ich heute Vergleiche rund um eine Verstaatlichung oder die AUA höre: Bitte, wir haben keine Verwerfungen im Markt! Wir haben keine äußeren Einflüsse, die ein Wirt­schaftssystem oder eine Sparte zerstören. Die Forderung ist einfach eine lokale Forde­rung, und es ist problematisch, wenn man vorher alle brüskiert hat, wenn man allen, mit denen man normalerweise verhandeln sollte, nur mehr ein Image anbieten kann, das diese als Verhandlungspartner nicht mehr akzeptieren – sei es der Finanzminister mit lustigen Chats und lustigen Bildern, seien es Sie selbst –, in den internationalen Medien sind Sie mittlerweile abgeschrieben. Politik ist bitte mehr als PR und 200 Millionen Euro für die Medien! Mittel gehören sinnvoll eingesetzt.

Dass wir als Republik Österreich einen Standort zu überhöhten Preisen aufkaufen, finde ich nicht sinnvoll. Denn was wäre das? – Der MAN-Konzern zieht sich vom Standort zurück – Sie lesen heute in den „Oberösterreichischen Nachrichten“, dass das bereits fix ist – und das wäre ein totaler Kahlschlag für das Industriebundesland Oberösterreich. Wir haben in Oberösterreich den höchsten Anteil an Industrie und den wollen wir weiter halten. Ich würde Sie ersuchen, in Ihrem Beruf als Bundeskanzler gemeinsam mit den Mitgliedern der Bundesregierung gefälligst etwas zu unternehmen! (Beifall bei der FPÖ.)

Erlauben Sie mir noch eines, als Technologie- und Weltraumsprecher möchte ich Sie noch etwas fragen: Was machen Sie, damit wir im Weltraumbereich wirklich vorne sind? Wen fördern Sie? Was tun Sie zur Unterstützung von Firmen in diesem Weltraum? Oder ist es wirklich so, dass wir da den nächsten Technologiebereich verschlafen und hinter­her wieder sämtliche Rettungskonzepte kommen müssen?  Herr Bundeskanzler, tun Sie einmal irgendetwas, was Ihre Aufgabe ist und in Ihrer Jobdescription drinsteht – Ös­terreich wartet darauf! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, wir haben bereits gehört, was Sie alles nicht machen. Der Standort Steyr wartet – und dass der Arbeitsminister direkten familiären Bezug zur Planung und Ausrichtung der Arbeit des Standortes Steyr hat, kann für Steyr eigentlich kein Nachteil sein, es sollte ein Vorteil sein. (Beifall bei der FPÖ.)

15.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Koza. – Bitte sehr. (Abg. Stögmüller: ... Weltraum! – Ruf: Im Weltraum, genau!)


15.55.47

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der MinisterInnenbank! Sehr verehrte ZuseherInnen zu Hause! Liebe KollegInnen bei MAN! Die MAN-Belegschaft hat gegen das Übernahmeangebot von Wolf gestimmt, fast zwei Drittel der Belegschaft wa­ren dagegen. Diesem Votum ist zuallererst einmal Respekt zu zollen, und es ist in Wirk­lichkeit auch nicht überraschend, denn was war dieses Konzept? – Dieses Konzept sah


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einerseits eine deutliche Reduktion der Belegschaft und einen Einkommensverlust von 15 Prozent vor, andererseits keinerlei Beschäftigungsgarantie und in Wirklichkeit eine starke Abhängigkeit vom russischen Markt; ein Konzept, das MAN Steyr im Falle von weiteren Verschärfungen von Sanktionen der USA oder der Europäischen Union gegen­über Russland natürlich in die nächste schwere Krise manövriert hätte. Vor diesem Hin­tergrund erscheint das Abstimmungsverhalten der ArbeitnehmerInnen in Steyr weit we­niger irrational und viel nachvollziehbarer, als es uns manche weismachen wollen. (Bei­fall bei Grünen und SPÖ.)

Unverständlich ist dieses Abstimmungsergebnis auf jeden Fall nicht. Die Belegschaft bei MAN Steyr hat für diese Entscheidung nicht nur unser Verständnis, sondern auch Soli­darität verdient, denn eine Belegschaft vor vollendete Tatsachen zu stellen, sie darüber abstimmen zu lassen, ohne jeweils ernsthaft den Dialog mit ihr gesucht zu haben, ge­schweige denn den Betriebsrat in Entscheidungen mit eingebunden zu haben, geht sich in einer modernen Gesellschaft einfach nicht mehr aus! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Ich war am 12. März mit meiner Kollegin Ulli Schwarz von den oberösterreichischen Grünen beim MAN-Betriebsrat. Ich habe dort einen Be­triebsrat erlebt, der sehr reflektiert war, der sich sehr ernsthaft und gewissenhaft mit der Zukunft von MAN in Steyr auseinandergesetzt hat und der auch selbst gewusst hat, dass es so nicht mehr weitergehen kann (Zwischenruf des Abg. Loacker), dass die Form der Mobilität, die Form dieser Fahrzeugproduktion ökologisiert werden muss, dass es kein Weiter-wie-bisher geben kann.

Es hat auch bei Weitem nicht nur dieses eine Übernahmeangebot, sondern auch andere Angebote gegeben. Dass diese nicht geprüft worden sind, halte ich für einen schweren Fehler. Siegfried Wolf war nicht alternativlos, sondern es hat Alternativen gegeben, und es wäre meiner Meinung nach nun die Aufgabe von allen Stakeholdern, von der Landes- und der Bundespolitik, den Sozialpartnern, MAN möglichst rasch wieder an den Ver­handlungstisch zurückzubringen, um diese Alternativangebote zu prüfen und eine Schlie­ßung des Produktionsstandorts zu verhindern. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es geht darum, diese Angebote gemeinsam mit der Belegschaft zu prüfen. Es geht um 6 000 bis 8 000 Arbeitsplätze bei MAN selbst, in der Region, in den Zulieferbetrieben. Es geht letztlich auch nicht nur um MAN, sondern überhaupt um die Zukunft der Auto­motive-Industrie in diesem Land. MAN wird nicht der letzte Fall gewesen sein, da müs­sen wir uns nichts vormachen. Wir stehen in der Automobilindustrie vor einem großen Transformationsprozess: weg von der fossilen hin zur klimaneutralen, ökologischen Mo­bilität, und dieser muss begleitet, gesteuert und gestaltet werden. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Das ist eine der großen Herausforderungen für die Zukunft – und nun komme ich zu der Frage der öffentlichen Beteiligungen, und ich möchte bitte zu einer Debatte aufrufen, die bei Weitem nicht so ideologisch überfrachtet ist, wie es sich gerade in Österreich immer wieder darstellt. Da eine Staat-versus-Markt-, Staat-versus-Privat-Dichotomie zu kons­truieren halte ich in einem Land, in dem in Wirklichkeit jeder Infrastrukturkonzern, jedes Energieunternehmen und viele andere Bereiche öffentliche Beteiligungen haben – näm­lich aus strategischen Überlegungen, aus wirtschaftspolitischen Überlegungen und be­schäftigungspolitischen Überlegungen –, für reichlich absurd, es tut mir leid. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir müssen einfach, wenn es darum geht, Nachfolgeprojekte für MAN realistisch werden zu lassen – es geht nicht darum, sich irgendwie an MAN zu beteiligen, das wäre ja absurd –, wenn es tragfähige, zukunftsfähige Projekte gibt, die den Standort schützen, die die Beschäftigung dort schützen, die nachhaltig Jobs schützen und Zukunft geben,


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überlegen beziehungsweise die öffentliche Hand sollte dann sehr wohl auch überlegen, da mitbeteiligt zu sein. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und SPÖ.)

Ich möchte daran erinnern: Das ist kein Unikum, das ist nicht retro, das ist nicht alt. Alfa Romeo, Citroën, Opel, VW, MAN haben etwas gemeinsam: Sie alle gehören zu Konzer­nen mit öffentlicher Beteiligung. – Es geht um Ernsthaftigkeit, es geht um Ernsthaftigkeit in der Debatte, es geht darum, ein kategorisches Nein abzulehnen, und es geht darum, gemeinsam Land, Bund, Belegschaft, plus Sozialpartner bestmögliche nachhaltige Lösungen für den Standort MAN und für die Beschäftigten dort zu finden. Das haben sich die Beschäftigten dort verdient, das haben sich die Angehörigen und die Region verdient.  Danke. (Beifall bei Grünen und SPÖ. Zwischenrufe bei den Grünen.)

16.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schell­horn. – Bitte.


16.01.33

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundes­kanzler! Frau Minister! Herr Vizekanzler! Minister auf der Regierungsbank! Ja, heute Vormittag hat Axel Melchior in seinem Redebeitrag zu Herrn Minister Mückstein gesagt, dass wir jeden Tag in den Spiegel schauen und uns fragen sollten, was wir für die Men­schen tun können.

Angesichts dessen habe ich mir dann, was Standortpolitik und Wirtschaftspolitik betrifft, gedacht, ich glaube, die ÖVP fragt sich eher, was sie für Thomas Schmid tun kann. Das ist eigentlich der springende Punkt, und man sollte eigentlich auch nicht vergessen, was da getan wurde.

Ich glaube, wir müssen in den Spiegel schauen und wir müssen uns, wenn es darum geht, dass jeder Arbeitsplatz – auch bei MAN – ganz, ganz wichtig ist, auch daran erin­nern, was in den letzten drei Regierungsperioden passiert ist: Die ÖVP war zuerst mit der SPÖ beisammen, dann war sie mit der FPÖ zusammen und jetzt ist sie mit den Grünen zusammen, und immer wieder kamen standortpolitische Themen aufs Tapet. Wo sind die Reformen? Wo sind die Reformen betreffend Wirtschafts- und Standort­politik? (Beifall bei den NEOS.)

Wo sind die Reformen betreffend Bürokratieabbau, Kapitalmarktstärkung, Deregulie­rungsprogramme, dramatische Lohnnebenkostensenkungen, die ja jetzt auch greifen müssten, wenn es die hohe Arbeitslosigkeit gibt, die auch greifen müssten, wenn es darum geht, neue Unternehmen zu schaffen? Wo sind diese Programme? (Zwischenruf des Abg. Melchior.)

Ich muss eigentlich feststellen, dass diese Standortpolitik in den letzten zehn Jahren eine reine Ankündigungspolitik der ÖVP war und dass nichts passiert ist. Das macht mich auch als Unternehmer traurig (Zwischenruf des Abg. Melchior), denn es geht in dieser Diskussion – das ist schon sehr wichtig auch um MAN, es geht aber auch ganz, ganz wichtig – darum, was wir für kleine, mittlere, aber auch große Industrieunternehmen tun. Da ist die Standortpolitik eine jener wichtigen Fragen, wenn es um Wettbewerbsfähigkeit geht. Wettbewerbsfähig zu sein schaffen wir jetzt nur, wenn wir jetzt die großen Refor­men setzen und es gemeinsam schaffen, all das abzustellen, worüber wir uns in den letzten 20 Jahren beklagt haben: Das sind Förderalismus und Föderalismus. Jetzt gibt es die Chance, die richtigen Weichen zu stellen.

Ich bin aber immer noch fassungslos, dass ich keine Antworten von einer Wirtschaftsmi­nisterin bekomme, dass ich keine Antworten vom Bundeskanzler bekomme und dass da nichts passiert. Ich kann dir (in Richtung Abg. Melchior), weil du „Salzburg“ hereinge­schrien hast, ein Beispiel sagen, etwas, das ich ja wieder für völlig absurd und für ein


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absurdes Beispiel halte. (Zwischenruf des Abg. Melchior.) Da geht es um die Hybrid-Lkws, die ja jetzt umgerüstet werden und wo der Bund 10 000 Euro dazuzahlt. Was macht der grüne Salzburger Landesrat? – Der zahlt noch einmal 10 000 Euro dazu, schenkt denen den Lkw faktisch. Ist das aber zielführend? – Das ist nicht zielführend! (Beifall bei den NEOS. Abg. Melchior: Seid ihr in der Regierung oder ...? Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Das ist nicht zielführend. Das ist diese Gießkannenförderung, mit der man jede Reform abwürgt, nämlich jede Reform einer vernünftigen Förderungspolitik und einer vernünftigen Standortpolitik. Das ist der große Punkt.

Ich glaube, das sollten wir berücksichtigen (Zwischenrufe der Abgeordneten Haubner und Melchior), wenn es Reformen hinsichtlich Verschwendungssucht braucht. Dahin sollte diese Regierung gehen, wenn sie Reformen im Förderalismus und im Föderalis­mus setzen will, wenn sie Reformen in der Transparenzdatenbank (Zwischenruf des Abg. Melchior) setzen will, die endlich umzusetzen ist! Dann wüssten wir, wo Doppel­gleisigkeiten herrschen, dann hätten wir vielleicht Geld für die nächste Generation, für Reformen, die die nächste Generation braucht, dann hätten wir Geld für Standortpolitik.

Ihre Standortpolitik besteht aus reinen Sprechblasen. Ich erinnere an die Aussage von Frau Minister Schramböck vom 18.6.2018: „Einen großen Teil der Wertschöpfung haben wir in der Standortpolitik selbst in der Hand.“  Ja was haben Sie denn gemacht? Was ist denn passiert?

Ich erinnere an eine Aussage von Frau Minister Schramböck am 6.2.2018 zu einer ver­besserten Standortpolitik, „um die man sich bemühen muss“, um die Exportwirtschaft zu stützen.  Wo haben Sie sich denn bemüht? Ich sehe keine Reformen. Das ist das Kernproblem, das belastet jetzt auch MAN. (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte nicht auch noch den jetzigen Arbeitsminister als damaligen IHS-Chef zitieren, aber der hat genau das Gleiche von Entbürokratisierung, Deregulierung und Wettbe­werbsfähigkeit gesagt (Zwischenruf des Abg. Melchior), die wir ja so dringend brauchen. Das ist eigentlich einer der Punkte, die mich als Unternehmer wirklich beschäftigen: Wir brauchen jetzt einen Neustart, wir brauchen eine Welle und wir müssen mit einer Wucht nach vorne in die Reformen gehen. Das würde ich mir wünschen, das würde ich mir auch für den Standort MAN wünschen, das würde ich mir für die Wettbewerbsfähigkeit von Klein- und Mittelbetrieben wünschen.

Das, was Sie im Comebackplan vorgestellt haben, ist eigentlich ein Schritt zurück und bei Weitem nicht eine Wucht nach vorne. Da sind nämlich keine Erlebnisse dabei, die mich glücklich machen, das ist das Regierungsprogramm der letzten zwei Regierungs­programmvorstellungen (Zwischenruf des Abg. Wöginger), und das ist der springende Punkt.

Wir kommen nicht darum herum, zu sagen: Wenn wir das jetzt nicht schaffen, wenn wir diese großen Reformen nicht schaffen, dann ist in der Tat dieses Land systemisch ka­putt. Das ist der Punkt. (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte eine Anleihe bei Kollegin Blimlinger nehmen und sage: Im Übrigen bin ich dafür, dass mehr Privat, weniger Staat noch immer mehr Arbeitsplätze geschaffen hat. (Beifall bei den NEOS. Abg. Stögmüller: Das musst du bei jeder Rede wiederholen!)

16.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminister Schramböck. – Bitte.


16.07.54

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Lieber Kollege Kocher! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Standort


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Oberösterreich ist uns wichtig, das Werk in Steyr ist uns wichtig, und insbesondere die Menschen, die dort arbeiten, und ihre Familien sind uns ganz besonders wichtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Für mich als Wirtschaftsministerin braucht es für die Mitarbeiter von MAN ein zukunftssi­cheres Konzept, es braucht Innovation und es braucht den Erhalt der Arbeitsplätze in Oberösterreich. Dieses Ziel teilen wohl wir alle, wie wir hier sind. Es ist wichtig, dass wir die richtigen Schritte dafür setzen, und das tun wir, wenn auch nicht immer in der Öf­fentlichkeit, so doch im Austausch mit allen Beteiligten, mit Arbeitnehmervertretern und Arbeitgebervertretern und vor allem auch mit den Sozialpartnern.

Sie haben die Frage gestellt, was wir in der Vergangenheit gemacht haben. Ich möchte Ihnen zwei Beispiele geben, dass es funktioniert und dass es im Gemeinsamen, im Schulterschluss von Bund, Land, Gemeinde, Sozialpartnern und vor allem dem Unter­nehmen geht, ein erfolgreiches Ergebnis zu erzielen.

Der erste Fall ist Novartis: Es war schon unterzeichnet, dass die Produktion von Penicillin Österreich verlässt, dass zugesperrt wird, dass diese Arbeitsplätze in Kundl verloren ge­hen. Wir haben davon erfahren und haben gemeinsam mit dem Unternehmen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Konzept erarbeitet. Die Arbeitsplätze sind weiter in Österreich erhalten geblieben, diese so wichtige Penicillinproduktion bleibt hier. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das zweite Beispiel, das ich Ihnen bringen möchte, ist Infineon. Infineon baut als Unter­nehmen im Bereich der Halbleiter eine neue Produktion in Kärnten auf, die jetzt gerade im Bau ist, der bald abgeschlossen sein wird, mit einer Investition von 1,6 Milliarden Euro. Auch mit Unterstützung der Bundesregierung ist es gelungen, ein Important Pro­ject of Common European Interest auf den Weg zu bringen, daran teilzunehmen und auch finanziell entsprechend zu unterstützen.

Das soll Ihnen zeigen, dass es Instrumente gibt, diese Mitarbeiter vor Ort zu unterstüt­zen, zum Beispiel mit der Forschungsprämie, mit Forschungsunterstützung, mit Impor­tant Projects of Common European Interest und nicht zuletzt durch die Investitions­prämie.

Sie haben mich auch ganz konkret gefragt, was wir getan haben. Dazu Folgendes: Vor wenigen Tagen – gestern und vorgestern war es eigentlich, in der Regierungsklausur – haben wir beschlossen, dass wir diese Unterstützung für die Unternehmen auf 5 Mil­liarden Euro aufstocken werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das ist ganz wichtig, denn – ja, es ist richtig, was Sie sagen – gerade Unternehmen in der Automobilindustrie sind in dieser Transformation und wir müssen sie unterstützen, und es gibt Unternehmen in dieser Region, die gleichzeitig in der Lage sind, diese In­vestitionsprämie in Anspruch zu nehmen, in die Zukunft zu investieren.

Jetzt ist es aus meiner Sicht wichtig, dass die Gespräche weitergehen, dass alle an den Verhandlungstisch zurückkehren, und das gilt auch für MAN, mit denen ich auch regelmäßig in Kontakt bin. Es gilt für uns alle, dass wir da gemeinsam an einem Strang ziehen, Schulter an Schulter, um eine Lösung zu finden. Wichtig ist auch, dass das Bun­desland Oberösterreich ganz stark daran arbeitet, und ich möchte mich ganz besonders beim Landeshauptmann und beim Landesrat für Wirtschaft bedanken, bei Ihnen bedan­ken, dass wir so gut zusammenarbeiten, und auch bei den Sozialpartnern bedanken, denn auch dort laufen die Gespräche weiter.

Es geht um eine Zukunft für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an diesem Standort, und ich möchte daran erinnern, dass ein konkretes Konzept auf dem Tisch liegt, ein sehr konkretes Konzept, das sehr innovativ und sehr zukunftsweisend ist; das sagen alle. Jetzt gilt es, das gemeinsam ins Ziel zu bringen, damit alle wieder weitermachen


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können, damit in diesen Standort weiter investiert werden kann. Mit MAN wird es wohl nicht gelingen, aber mit jemandem Neuen, der in Innovation, in die Zukunft investiert, wollen wir gemeinsam Schulter an Schulter das tun, was wir bei Novartis und bei Infineon geschafft haben, nämlich Arbeitsplätze in Österreich halten und Arbeitsplätze in Öster­reich ansiedeln. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

16.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Ko­cher. – Bitte.


16.13.12

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Abgeordnete! Die Pandemie stellt uns am Arbeitsmarkt vor große Herausforderungen. Die Bundesregierung hat angesichts der Pandemie das größte Arbeitsmarktbudget aller Zeiten zur Verfügung gestellt, um die Folgen der Pandemie zu mildern, aber es gibt na­türlich auch Entwicklungen am Arbeitsmarkt, die nur am Rande mit der Pandemie zu tun haben, und das ist die Entwicklung am Standort Steyr.

Am Standort Steyr geht es darum, möglichst vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Arbeitsplatz zu sichern und möglichst noch weitere Arbeitsplätze zu schaffen. Ich verstehe die Sorge und die Angst, die es dort bei vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gibt, ich verstehe auch das Gefühl der Hilflosigkeit gegenüber einer Entscheidung, die nicht vor Ort getroffen wird, und ich verstehe natürlich auch die Verärgerung der Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter, die in dieser Abstimmung zum Ausdruck gebracht worden ist.

Wir müssen aber einen Schritt weiterkommen, und ein Schritt weiter bedeutet – das wurde schon mehrfach erwähnt –, im Gespräch zu bleiben, und zwar auf allen Ebenen. Es gibt jede Menge Gespräche im Hintergrund, und ich glaube, das ist wichtig bei einer solch komplexen Materie. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass man eine komplexe Ma­terie wie diese in einer Parlamentsdiskussion diskutieren und abschließend erledigen kann. Es geht darum, Gesprächsbereitschaft zu haben – die Bundesregierung, die Lan­desregierung, es gibt Gespräche mit den Betroffenen, mit dem MAN-Konzern –, es gibt die verschiedenen Vorschläge, und es geht darum, in den nächsten Wochen aus diesen Vorschlägen die besten zu wählen, denn wir brauchen ein nachhaltiges Konzept und die Bereitschaft aller Beteiligten für eine Lösung, um den Standort und die Arbeitsplätze am Standort zu sichern.

Der oberösterreichische Arbeitsmarkt ist grundsätzlich robust aufgestellt. Er ist der Ar­beitsmarkt mit der geringsten Arbeitslosigkeit in ganz Österreich, und mein Haus ist na­türlich auch mit dem AMS Oberösterreich in ständigem Kontakt, das dort mit den han­delnden Personen über alle Möglichkeiten diskutiert, zum Beispiel über die jetzt zuerst von den Kündigungen betroffenen MitarbeiterInnen aus den Arbeitskräfteüberlassungs­firmen, die mit Unterstützung des AMS nach Möglichkeit natürlich in andere Unterneh­men vermittelt werden. Die Chancen dafür sind am Standort Oberösterreich gut. Es gibt dort einen hohen Bedarf an Fachkräften, fast jedes Gespräch mit Unternehmen, Unter­nehmerInnen, mit der Industrie in Oberösterreich endet mit dem Hinweis, dass sie die Stellen, die ausgeschrieben sind, nur schwer besetzen können.

Im Falle von darüber hinausgehenden Kündigungen gibt es die Steyr-Stiftung, in deren Rahmen auf den individuellen Bedarf abgestimmte Umschulungen und Qualifizierungs­maßnahmen angeboten werden können. Wir müssen aber alles dafür tun, dass das nicht eintritt, dass wir diese Stiftung gar nicht nutzen müssen.


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Als Arbeitsminister appelliere ich eindringlich an alle Beteiligten, dass wir im Sinne des Standorts und der Betroffenen zu einer Lösung kommen und zu verhindern, dass durch ideologische Festlegungen diese Lösung erschwert wird. Es geht jetzt darum, dort die Arbeitsplätze zu retten und sich nicht ideologisch festzulegen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Bundesregierung setzt sich mit aller Kraft dafür ein, dass die Arbeitsplätze dort ge­sichert werden und dass der Standort gestärkt wird. Es gibt jede Menge Möglichkeiten, das zu tun. Die Frau Wirtschaftsministerin hat es angesprochen, wir sind auch industrie­politisch gut aufgestellt, auch das ist im Sinne des Arbeitsmarkts. Und ich bitte alle und appelliere noch einmal, an einer Lösung mitzuarbeiten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wim­mer. – Bitte.


16.17.40

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung! Meine lieben Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Bundesminister und Frau Bundesministerin, vielleicht gleich zu Ihnen! Das sind ja total schöne Worte, die Sie hier finden, aber die helfen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Steyr überhaupt nicht. Das sind Floskeln, das sind Ansagen, und ich weiß nicht, ob es Ihnen schon aufgefallen ist, aber das Problem, das wir jetzt haben – weil Sie sagen, es finden Gespräche statt –, ist, dass der Konzern zurzeit nicht mit den Arbeitnehmern redet. Das ist unser Problem und nicht, dass irgendwo Gespräche stattfinden.

Herr Bundeskanzler, es ist immer so angenehm, Ihnen zuzuhören, und wenn man Sie nicht kennen würde, müsste man sagen, Sie wirken ja fast unverdächtig. Was den Ar­beitsmarkt betrifft, haben Sie jetzt schon das zweite oder dritte Mal Ihren Vater ins Spiel gebracht, und ich sage, das ist eine ganz tragische Geschichte, wenn man in der Familie Arbeitslosigkeit miterlebt, aber ich sehe da die Parallelen zu den Mitarbeitern in Steyr.

Wir haben das natürlich ein bisschen recherchiert: Ihr Vater ist damals bei Philips unter Druck gekommen. Neun Monate vorher wurde angekündigt, Philips wird geschlossen, und es wurde ein sehr guter Sozialplan erarbeitet. Ihr Vater hat zwei Änderungskündi­gungen zu Recht abgelehnt, denn Änderungskündigung bedeutet, dass man auf viel Geld verzichten muss – genau wie es jetzt in Steyr passiert –, und hat dann einen sehr ausgewogenen Sozialplan in Anspruch nehmen können.

Ich sage das auch deshalb, Kolleginnen und Kollegen, weil wir 440 000 Menschen ohne Arbeit haben, die gekündigt worden sind, und die haben natürlich nicht alle einen Sozial­plan gekriegt. Das heißt, wir müssen auch an jene denken, die gekündigt werden und nicht in irgendein soziales Netz fallen. Das vielleicht vorweg, meine sehr geschätzten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

VW hat die Entscheidung getroffen, die Standorte von MAN in Deutschland bleiben im Wesentlichen erhalten, da gibt es zwar Strukturänderungen, aber die Identitäten der Standorte bleiben erhalten. Steyr wird mit seinen 2 300 Mitarbeitern über die Klinge springen, wie wir jetzt wissen, nach dem Sprichwort: Das Hemd ist immer näher als der Rock. Wenn man weiß, dass sich VW brüstet, zu sagen, noch nie wurde ein Standort geschlossen, na dann werden wir uns das jetzt in Steyr anschauen, wie das tatsächlich über die Bühne geht. Auf jeden Fall: Die Vorgangsweise, die dieser Großkonzern, VW, hier an den Tag legt, ist wirklich unwürdig und des Konzerns einfach nicht würdig. (Beifall bei der SPÖ.)

VW hat immer den Wahlspruch gehabt, den kennen wir vor allem als Arbeitnehmer­vertreter, auf den stoßen wir meistens: Die Menschen sind das größte Kapital des


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Unternehmens. – Kolleginnen und Kollegen, das ist der größte Schwindel, den es über­haupt gibt! Alles Lug und Trug! Dem Konzern VW sind die Arbeitnehmer gleichgültig und in Wirklichkeit wurscht; das müssen wir auch wissen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist schon angesprochen worden – Markus (in Richtung Abg. Koza) hat das ja auf den Punkt gebracht; ich habe dich schon ein paar Mal auch anders reden gehört, aber das war jetzt wirklich einmalig –: Die Kollegen in Steyr haben entschieden. Sie wollen den Weg mit dem Investor nicht mitgehen, aber gar nicht so sehr wegen dem Konzept – ich glaube auch, das Konzept kann etwas, das ist schlüssig, das kann funktionieren –, son­dern es geht um die Bedingungen. Es geht um die Bedingungen, die für die Kolleginnen und Kollegen unannehmbar waren, die so ungenügend waren, dass eben dieses Er­gebnis herausgekommen ist. Die Kollegen haben gesagt: Das ist inakzeptabel. – Das geht ja wirklich nicht, das sieht man, wenn man sich anschaut, worum es da gegangen ist.

Jetzt ehrlich: Wenn jemand unter uns ist, der sozusagen vor die Alternative gestellt wird: Komm her und unterschreib für mich, mach das für mich und sag, jawohl, das soll kom­men!, und gleichzeitig sehen wir, dass 1 000 Arbeitnehmer gekündigt werden sollen, dann weiß derjenige, der unterschreiben soll, ja nicht, ob er da selber dabei sein wird. Oder: eine Arbeitszeitverlängerung um 1,5 Stunden in der Woche, weil die Pausen ge­strichen werden. Oder: Lohnkürzungen, 10 Prozent bei Angestellten, 15 Prozent bei Ar­beitern. Alle Betriebsvereinbarungen sollen gekündigt werden, das heißt, Schutzmaß­nahmen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fallen weg. Gewerkschafts- und Betriebsratspolitik für die Kolleginnen und Kollegen von 20 Jahren sind auf einmal zer­stört. Blankounterschrift: Verzicht auf alle Ansprüche gegenüber MAN, wo es zum Bei­spiel um die Standortsicherung geht.

Und dann hat es noch das Ultimatum gegeben, und das war der Grund dafür, meine sehr geschätzten Damen und Herren, dass die Kollegen dann gesagt haben: Nein, so kann man mit uns nicht umgehen! (Beifall bei der SPÖ.) Es gab das Ultimatum von MAN: entweder der Investor Wolf oder zusperren. Das war nämlich der Aufsichtsratsbeschluss, den man eine Woche vor der Abstimmung gefasst hat.

Kolleginnen und Kollegen, so geht man mit Menschen nicht um! Ich sage das auch: Die haben sich aufgeführt wie Kolonialherren – und das tut man einfach nicht, liebe Kollegin­nen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Mittlerweile schießen ja alle Positionen, die mit VW irgendetwas zu tun haben, aus allen Rohren. Wir haben gehört: Vergangene Woche hat VW-Aufsichtsratsboss Pötsch, der ebenfalls Österreicher ist, nachgelegt. Er hat gesagt: Steyr wird geschlossen, weil es keine anderen Angebote gibt. Es ist schon angesprochen worden: Natürlich gibt es An­gebote, aber es gibt offensichtlich irgendjemanden, der vehementes Interesse hat, da ein Exklusivrecht zu besitzen, um jede Konkurrenz auszuschalten. Ich verstehe das schon: Freilich ist es fescher, wenn man allein verhandeln darf und wenn es keine Kon­kurrenz gibt.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei MAN Steyr werden immer mehr in die Enge getrieben und es ist wirklich so, Kolleginnen und Kollegen: Der VW-Konzern hat die Jagd eröffnet. Heute gibt es wieder eine Presseaussendung: MAN macht Druck bei Werksschließung. – So geht es jetzt alle Tage dahin, alle Tage in den Medien, alle Tage im Fernsehprogramm, in den Nachrichten. Die geschätzten Damen und Herren des VW-Konzerns sind gerade dabei, den Bogen zu überspannen, wie ich glaube. Die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer haben nicht das große Geld, um große Kampagnen zu fahren, im Gegensatz zu VW – veröffentlichtes Ergebnis: 9 Milliarden Euro nach Steu­ern, wenn man sich das in Erinnerung ruft, erst vor wenigen Wochen bekannt gegeben –, aber sie haben Hände, Füße, einen Kopf, sie haben ihre Arbeitskraft.


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Wenn man länger mit den Menschen so umgeht, dann werden, das garantiere ich von dieser Stelle, in den nächsten Tagen diese Menschen, die so in die Enge getrieben werden, diese Arbeitskraft auch einsetzen. Wir steuern gerade auf einen Arbeitskampf in Steyr zu, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. Da ist die Bundesregierung auch aufgerufen, dazu nicht zu schweigen, sondern das konkret anzusprechen und auch mit den Damen und Herren Konzernchefs zu reden.

Man kommt ab und zu zusammen. Wir hatten ja schon einige Zeit keinen Opernball, aber der Opernball ist da zu wenig, wenn man mit den Herrschaften dort spricht. Da muss man schon das Telefon in die Hand nehmen und klare Worte sprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt zur Regierung, meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen: Die Regierung hat bis jetzt noch keinen Finger gerührt. Herr Bundeskanzler, Sie haben auch noch keinen Finger gerührt. Im Oktober des vorigen Jahres hat Frau Wirtschaftsministerin Schramböck gemeint, sie arbeite an einem Österreich-Konsortium. Jetzt wäre es an der Zeit, zu sagen, was das Ergebnis dieser Arbeit ist. Um welches Konsortium geht es, wenn es eines gibt? Vorvergangene Woche hat Frau Ministerin Schramböck gemeint: Interessenten, die es ernst meinen, sollen sich melden. Ich bin da sonst nicht so heikel, aber das ist nicht die Wirtschaftspolitik, die wir uns vorstellen, meine sehr geschätzten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen. Kein Wort, dass die Regierung hinter den Beschäftigten steht, kein Wort, dass VW endlich die Verträge einhalten soll – es ist einfach enttäuschend. Es geht hier um 8 000 Arbeitsplätze – und Sie rühren keinen Fin­ger, meine sehr geschätzten Damen und Herren.

Weil ein bisschen über Verstaatlichung geredet wurde und Sie das als so lächerlich empfunden haben: Ich sage Ihnen von dieser Stelle: VW hat übrigens eine staatliche Beteiligung. Das Land Niedersachsen ist dort verankert. Ich darf in Erinnerung rufen: PSA, der größte europäische Konzern – Peugeot, Citroën und Renault, mittlerweile auch Opel –, hat eine staatliche Beteiligung. Und GM: Im kapitalistischen Amerika wurde in der Krise ebenfalls eine befristete Verstaatlichung durchgeführt, die allerdings mittler­weile wieder beendet wurde.

Aber so zu tun, als ob das unmöglich wäre, das stimmt einfach nicht. Es gibt ein Öbag-Gesetz. Es gibt ein Öbag-Gesetz, durch das die Möglichkeit einer Beteiligung besteht – keine Verstaatlichung vorzunehmen, das wollen wir auch nicht, wir wollen nichts ver­staatlichen, sondern wir wollen ihnen in der Krise die Chance geben, so eine Art An­schubinvestition zu tätigen, ein Sicherheitsnetz über eine gewisse Zeit zu haben und dann wieder loszulassen. Ich möchte einfach darum ersuchen, dass man diesen Vor­schlag ernst nimmt und nicht immer nur belächelt, denn wenn die Öbag nur eine Be­teiligungsgesellschaft mit einem sehr teuren Frühstücksdirektor ist, wie wir seit Neues­tem wissen, dann brauchen wir die Öbag in dieser Form nicht, meine sehr geschätzten Damen und Herren.

Um es auf den Punkt zu bringen: Es gibt die Möglichkeit, dass Sie uns helfen, Herr Bun­deskanzler. MAN muss die Gespräche wieder aufnehmen, MAN kann sich dem Diskurs nicht entziehen, vor allen Dingen: VW als Eigentümer ist da ganz vehement in der Ver­antwortung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.


16.28.13

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vize­kanzler! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause vor den Bildschirmen! Lassen Sie mich als regionalen Vertreter die­ser Region noch einmal die Bedeutung des MAN-Werkes für uns ansprechen!


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Das Werk in Steyr ist ein Topwerk, im Werk Steyr arbeiten qualitativ hervorragende Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter. Die über Jahrzehnte erbrachten Leistungen sind bekannt. Das ist ein Betrieb mit extrem qualitätsvoller Arbeit, die dort geleistet wird. Und: Dieser Betrieb ist auch verantwortlich für die Kaufkraft von vielen Menschen in der Region – es ist schon angesprochen worden –: Mit den Zulieferfirmen reden wir von rund 8 400 Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern.

Das MAN-Werk in Steyr ist daher ein großer Arbeitgeber. Das Werk ist wesentlich für die Lebensqualität in unserer Region. Das Werk ist Teil des Standortes Oberösterreich, ist wichtiger Bestandteil des Industrie- und Mobilitätsstandortes Oberösterreich und ist Teil des erfolgreichen Oberösterreich.

Wenn wir jetzt von der Schließung des Werkes reden müssen, so ist das für die Be­troffenen selbst, für die Menschen in der Region Steyr unverständlich. Warum? – Weil das alte MAN-Management Steyr als Zukunftsstandort ausgerichtet hat. Ich denke – es ist auch schon angesprochen worden – an die Errichtung der modernen Lackiererei, ich denke an die E-Truck-Serie und insbesondere an den Standortsicherungsvertrag, der 2019 mit Zugeständnissen der Belegschaft unter Zusicherung des Konzerns für einen Verbleib in Steyr bis 2030 geschlossen wurde.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Standortsicherungsvertrag wurde noch im Frühjahr 2020 vom Aufsichtsrat entsprechend genehmigt. Daher ist klar, dass die Mit­arbeiter von der MAN-Führung enttäuscht sind. Wir alle sind enttäuscht, denn die Zusa­gen, die gemacht wurden, haben nicht gehalten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich persönlich glaube auch, dass diese Enttäuschung Auswirkungen auf das Ergebnis der Urabstimmung gegen das Projekt des österreichi­schen Investors hatte, denn sein Konzept wurde positiv gesehen, ich darf da an die Aus­führungen des Kollegen Rainer Wimmer anschließen. Das Votum darf definitiv nicht der Schlusspunkt sein, sonst gibt es nur Verlierer.

Die wichtigste Rolle der Politik besteht daher jetzt darin, die Gesprächsbereitschaft zwi­schen Verkäufer und Käufer, zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern herzustellen, denn die Politik hat keine Entscheidungsgewalt – so sehen es alle Beteiligten, insbeson­dere auch der Betriebsrat.

Seit Bekanntwerden der Pläne zur Schließung des MAN-Werkes in Steyr gibt es einen breiten Einsatz der Politik für die Erhaltung des Standortes, in Oberösterreich insbeson­dere durch Landeshauptmann Thomas Stelzer und Landesrat Markus Achleitner, durch die Politiker der Region Steyr und natürlich auch der Stadt Steyr, auf Bundesebene durch Bundeskanzler Sebastian Kurz und die zuständige Bundesministerin Margarete Schram­böck. Mit beiden konnte ich persönlich über die Standortabsicherung reden. Ich kann daher den Vorwurf, dass der Bundeskanzler beziehungsweise die Bundesregierung nichts tut, nicht nachvollziehen. Das ist für mich persönlich wie gesagt nicht nachvollzieh­bar. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das Ziel aller ist es, die Arbeitsplätze generell und aktuell insbesondere jene in Steyr zu erhalten, Rahmenbedingungen für die Absicherung des Standortes zu schaffen. Es geht jetzt um jeden Arbeitsplatz. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Grünen.)

16.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


16.33.20

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Regie­rung! Die Geschichte von MAN in Steyr ist natürlich kein Ruhmesblatt, weder für die


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Sozialpartnerschaft – Gewerkschaft, Wirtschaftskammer – noch für die Bundesregie­rung, für die Wirtschaftsministerin und den Arbeitsminister; beide sind ja aus der ÖVP, wie wir wissen.

Es ist heute schon viel gesagt worden. Ich versuche einmal, es ein bisschen zusammen­zufassen, weil man Zusammenhänge vielleicht klarstellen sollte. Ein Wunder wird es nicht geben, das muss man hier auch einmal ganz deutlich sagen, aber gewisse Zusam­menhänge sind vielleicht schon interessant.

Es wurde schon erwähnt: Einer der Hauptaktionäre von VW – das ist ja der Eigentümer von MAN – ist das Land Niedersachsen. Dort gibt es traditionell einen roten Ministerprä­sidenten. Die ehemalige Sozialdemokratie dürfte international also auch nicht mehr allzu gut vernetzt sein. Es gibt bei VW – nach meinem Wissensstand – einen Aufsichtsratsvor­sitzenden aus Oberösterreich, aus Traun, der von sich immer behauptet, sehr, sehr gute Beziehungen zur Landespolitik, sowohl zu Rot als auch zu Schwarz, zu haben. Jetzt frage ich mich, wer mit dem gesprochen hat oder was da passiert ist.

Summa summarum: Wir haben mit Steyr im Prinzip einen Lkw-Produktionsstandort, an dem vor 100 Jahren der erste Lkw produziert wurde, und Steyr wird möglicherweise auch ein Opfer der Europäischen Union sein – ich sage es einmal so deutlich, um den Zusam­menhang klarzumachen. Wenn die Produktion nach Polen geht, dann einfach deshalb, weil sie in Polen billiger ist. Dass das im Sinne des Erfinders ist, wage ich zu bezweifeln, vor allem hilft es den Arbeitern und Angestellten in Österreich, in Oberösterreich, in Steyr nicht.

Da muss man auch einmal hinterfragen: Es gibt ja gerade – großmundig vom Bundes­kanzler angekündigt – das Coronahilfspaket der EU mit gigantischen 700 Milliarden Euro. Da sollten, wenn wir es ungefähr errechnen, anteilsmäßig eigentlich zumindest 2 Prozent für Österreich drinnen sein. Kurze Kopfrechnung: Das sollten 14 Milliarden Euro sein. Wir bekommen in Österreich 3,5 Milliarden Euro, das ist meiner Meinung nach doch ein kleines Ungleichgewicht. Es gehen aber viele Milliarden Euro nach Polen. Das ist auch interessant, da wir hier ja einen Lkw-Produktionsstandort haben: Diese EU-Geschichte mit 700 Milliarden Euro dient vor allem Investitionen unter dem netten Titel Digitalisierung und Klimaschutz, da passen Steyr und Lkw-Produktion möglicherweise schlecht hinein.

Die Stimmung – Kollege Deimek hat es schon erwähnt , die seit Jahren herrscht – Sie sind ja nicht zufällig mit einer grünen Fraktion in einer Koalition, Herr Bundeskanzler –, dass man gegen Lkws oder Autos immer wieder negativ auftritt, wird der Sache in Steyr auch nicht unbedingt geholfen haben. Summa summarum bleibt wahrscheinlich nur mehr ein Scherbenhaufen übrig, außer es gelingt ein kleines Wunder, auf das ich hoffe.

Wir werden in unserem Rahmen mithelfen, dieses Wunder möglich zu machen, um Steyr zu erhalten. In Wahrheit – das sollte man auch einmal erwähnen – spielt sich alles, was in den ominösen Pressekonferenzen an Green Jobs angekündigt wird, grundsätzlich in Asien ab, vor allem in China. Dort wird der Großteil an Fotovoltaikanlagen und sonstigen Dingen produziert.

Wir haben also nicht nur – da will ich den Bundeskanzler in Schutz nehmen – in Ös­terreich ein Problem (Zwischenruf bei der ÖVP), sondern auch europaweit, weil die Old Economy offensichtlich nicht mehr zählt und wir ein bisschen zum Spielball der anderen Großmächte und der Konzerne geworden sind.

Da – jetzt komme ich zum Punkt – versuchen zumindest wir Freiheitliche, einen klaren Gegenpol zu setzen. Wir stehen ganz eindeutig aufseiten der Arbeiter und Angestellten, wir stehen aufseiten einer österreichischen Industrie, wir stehen aufseiten der österrei­chischen Wirtschaft, und man muss ab und zu auch einmal Grenzen aufzeigen, was die


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Internationalisierung betrifft. In letzter Konsequenz ist es natürlich eine Machtprobe, ein Pokerspiel: Wohin geht die ganze Industrie? Wohin gehen die Arbeitsplätze?

Jetzt fasse ich zusammen und ende dort, wo ich begonnen habe: Das Ganze ist natürlich kein Ruhmesblatt für diese Bundesregierung, auch nicht für den Bundeskanzler. Sollten Steyr und MAN verloren gehen, dann, Herr Bundeskanzler, sollten Sie sich auch das umhängen, und zwar ganz persönlich. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hörl: Das war eine schlechte Rede! – Zwischenruf des Abg. Prinz. – Ruf bei der FPÖ: Hallo! Hallo!)

16.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Götze. – Bitte sehr.


16.38.39

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Präsident! Werter Herr Bundeskanz­ler! Werte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Zum Thema MAN: Wir stehen hier, weil wir diskutieren, was passiert ist und wie es am Standort Steyr weitergehen soll. Die Belegschaft hat sich gegen das Konzept von Siegfried Wolf entschieden, und wir haben schon gehört, dass das durchaus nachvollziehbar ist. Es war von Einsparungen bei den Gehältern, bei den Löhnen die Rede, von Kürzung der Anzahl der Arbeitsplätze und nicht zuletzt von der Strategie einer Zusammenarbeit mit der russischen GAZ. Diese gehört zum Konzern Russian Machines des Oligarchen Oleg Deripaska, und wie es da mit den US-Sanktionen weitergeht, ist unklar. Es ist also eine sehr unsichere Zukunft.

Wie tun wir weiter? – Ja, wir wollen Arbeitsplätze sichern, aber wie? Der Plan Siegfried Wolfs war nicht ausreichend. Grundsätzlich sind wir in Österreich dank unserer starken, exportorientierten, diversifizierten Wirtschaft gut aufgestellt, aber die Wirtschaft, die Ar­beitswelt verändern sich massiv, gerade auch im Automobilsektor. Die komplette Bran­che ist im Umbruch, die Geschäftsmodelle müssen neu gedacht werden. Klimakrise, Kli­maziele: Fossile Antriebe gehören der Vergangenheit an, und daher sind Elektromobili­tät, Wasserstoff, aber auch Sharingmodelle, also das Teilen von Mobilität, ein großes Thema. Darauf müssen wir uns vorbereiten beziehungsweise endlich umstellen, auch in Europa. Wir hinken da ein bisschen hinterher.

In Steyr – ich bleibe beim Standort Steyr – steht das größte Motorenwerk im BMW-Ver­bund, und es richtet sich auf Elektromobilität aus. Die haben aus dem Titel Dieselmoto­renentwicklungszentrum (Abg. Deimek: ...! Sie haben überhaupt keine Ahnung!) Diesel­motoren gestrichen, weil sie verstärkt auf Elektromobilität setzen: Forschung für elektri­sche Antriebstechnik, Kühlungssysteme, aber auch Ladesysteme. (Abg. Deimek: Wenn man keine Ahnung hat, soll man wenig sagen!)

Ja, das zeigt: Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir uns umorientie­ren. Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu erhalten heißt Klimakrise zu bewältigen und zukunftsfähige Technologien in Österreich zu fördern. Das ist unsere Aufgabe – und das haben wir gemacht, beispielsweise mit der Investitionsprämie. Dafür sind im letzten Jahr bis heuer im Februar Anträge in Höhe von fast 8 Milliarden, über 7 Milliarden Euro für Investitionen in zukunftsfähige Technologien gestellt worden. Insbesondere ökologische und digitale Investitionen werden da mit 14 Prozent gefördert – und das haben die Un­ternehmen angenommen, das wollen sie tun, dazu sind sie bereit! (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Darüber hinaus haben wir auch den Wiederaufbauplan und Resilienzplan der EU ein­gereicht. Wir haben Anspruch auf mehr als 3,5 Milliarden Euro, und auch da wird ein ganz klarer Fokus auf Ökologie und Digitales gelegt: Über 46 Prozent der österreichi­schen Anträge betreffen ökologische Investitionen. Damit übererfüllen wir die Anforde­rungen der EU, die bei 37 Prozent liegen. (Beifall bei den Grünen.)


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Konkret ein paar Beispiele, was da auch im Kontext der Automobilindustrie drinnen ist: Für Forschung in den Bereichen Wasserstoff und Mikroelektronik – im Mikroelektronik­bereich sind Europa und Österreich schon recht stark, aber im Bereich Wasserstoff wol­len wir noch stärker werden – 250 Millionen Euro; 150 Millionen Euro für die Transforma­tion der Industrie – ganz wichtig jetzt! –, also am Beispiel Steyr: 150 Millionen Euro für die Transformation der Industrie, den Einsatz von grünem Wasserstoff und von Strom anstelle von fossilen Energieträgern wie zum Beispiel Kohle oder Erdgas.

Einen letzten Punkt möchte ich noch nennen: über 250 Millionen Euro für die Umstellung der Busse in Österreich, der öffentlichen Busse in Gemeinden und in Städten. In Ös­terreich sind über 5 000 Busse im Linienverkehr im Einsatz. Diese sollen elektrifiziert werden.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich erwähnen: Ich denke schon, dass man die Be­schaffung auch – innerhalb der EU-rechtlichen Möglichkeiten – an Standortfaktoren aus­richten muss. Also ob man da spezifisch MAN-Busse beschaffen möchte, stelle ich hier einmal zur Diskussion. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Abschluss: Wir brauchen eine Standortstrategie für Österreichs Zukunft, für unsere Zukunft. Das ist im Regierungsprogramm vorgesehen. Die Regierung arbeitet daran oder bereitet das vor. Es geht darum, unsere Stärken, unsere bestehenden Stärken aus­zubauen und gerade auch für die Automobilindustrie in Österreich ein Konzept, eine Zu­kunftsstrategie zu entwickeln. Weitere vielversprechende Zukunftsindustrien sind zum Beispiel der grüne Wasserstoff im Verkehr, aber auch die Gesundheitswirtschaft, die schon angesprochen wurde; auch da können wir uns verbessern.

Wenn wir das tun, bin ich davon überzeugt, dass wir es schaffen, in Österreich wettbe­werbsfähig zu sein, zur Lösung der Klimakrise beitragen und damit Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Österreich schaffen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Eypeltauer. – Bitte sehr.


16.45.54

Abgeordneter Mag. Felix Eypeltauer (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Werter Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Herr Minister! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolle­gInnen! Liebe Bürgerinnen und Bürger, vor allem jene in Oberösterreich und insbeson­dere im Großraum Steyr! Ich möchte eingangs noch auf etwas eingehen, Frau Wirt­schaftsministerin Schramböck, das Sie vorhin gesagt haben, als Sie eine Aufzählung der Erfolge der Bundesregierung gemacht haben: Sie haben gemeint, das Penicillinwerk in Kundl sei gerettet. Sie sagen das seit ungefähr einem Jahr. Wir haben Sie letztens im Ausschuss gefragt, wie es da genau ausschaut, und da mussten Sie sagen, dass ei­gentlich noch gar nichts abgesichert ist und dass Sie es noch nicht einmal der Kom­mission gemeldet haben. Also gerettet ist da noch nichts, Frau Ministerin. Das war Show, und ich werde später noch darauf zurückkommen, dass das bei Ihnen auch öfters so ist.

Zweitens möchte ich eingangs festhalten, dass ich Verständnis für das Vorgehen der Belegschaft bei MAN in Steyr habe. Ich habe Verständnis dafür, dass man da mit harten Bandagen verhandelt und nicht das erstbeste Angebot annimmt. Das ist nur logisch. Jeder, der weiß oder der beobachtet, wie Kollektivverhandlungen in Österreich passie­ren, der weiß auch, dass üblicherweise zuerst einmal ein Nein kommt und dann eben weiter verhandelt wird. Ich würde heute und jetzt aber gern darüber reden, wie es so weit kommen konnte und was wir für die Zukunft daraus lernen müssen, damit wir nicht in einem Jahr, zwei Jahren, drei Jahren dann im selben oder einem anderen Fall wieder hier über Notmaßnahmen und Rettungsmaßnahmen sprechen müssen.


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Was liegt also hinter diesen Verhandlungen mit harten Bandagen um das Fortbestehen des MAN-Werks in Steyr? – Nun, selbst wenn man sich jetzt noch einigt, fußt dieses Werk faktisch auf einer eher auslaufenden Technologie, und ohne eine große Transfor­mation werden wir in fünf Jahren wieder hier stehen. In Steyr bauen derzeit höchst quali­fizierte Arbeitskräfte vor allem leichte und mittelschwere Lkw mit Verbrennungsmotoren zusammen, und wir alle wissen – das ist common knowledge –, dass der Verbrenner eher ein Auslaufmodell ist, als er ein Zukunftskonzept ist. Selbst aber wenn dort künftig – theoretisch – E-Lkw gebaut würden, wissen wir: Der Antriebsstrang eines E-Autos hat nur etwa ein Zehntel der Teile verglichen mit jenem eines Verbrenners. Da gibt es keinen Anlasser, da gibt es keinen Einspritzer, da gibt es keinen Tank, kein Kurbelgehäuse und auch sonst vieles nicht. Das heißt, so oder so wird es diese Region früher oder später gewaltig durchbeuteln, und das Problem wird, egal wie wir heute tun, bestenfalls um ein paar Jahre nach hinten verschoben.

Und das ist der Punkt: Während anderorts schon länger, seit Jahren neue Technologien angesiedelt werden, neue und auch neuartige Jobs geschaffen werden oder entstehen, ruhen sich die österreichische Bundesregierung und die oberösterreichische Landesre­gierung auf alten Lorbeeren aus, und man hat tatenlos zugesehen, wie in Steyr ein Klum­penrisiko entsteht, von dem jetzt 8 000 Arbeitsplätze und ein gewaltiges Wertschöp­fungspotenzial abhängen. Ich – und nicht nur ich – frage mich wirklich, wie man das so verschlafen konnte. (Beifall bei den NEOS.)

Die Disruption im Automotivesektor, meine sehr geehrten Damen und Herren, fällt ja nicht vom Himmel. E-Mobilität, die ganze Softwarethematik, die dahinter steht, das auto­nome Fahren, das vielleicht irgendwann einmal auch in der Stufe 5 möglich sein wird, das ist ja alles seit zehn Jahren Thema, das ist ja nicht erst seit gestern Thema, und man möchte meinen und denkt sich als Bürger, als Abgeordneter, dass zumindest Standort­politiker, Wirtschaftspolitikerinnen und -politiker das am Radar haben und dann entspre­chend Rahmenbedingungen gestalten.

Wissen Sie, was mir da auffällt, Frau Ministerin, Herr Bundeskanzler? – Sie leiten ja schon lange die richtigen Befunde ab. Werte Regierende der ÖVP, hier im Bund und auch im Land, Sie gelangen zu den richtigen Befunden.

Zwei Beispiele – Sepp Schellhorn hat es vorhin schon gesagt –: Frau Minister Schram­böck am 6.2.2018: Wir brauchen „eine verbesserte Standortpolitik“ – ja, die brauchen wir. Wir brauchen weniger Bürokratie, weniger Hürden – ja, das brauchen wir. Wir müs­sen die Lohnnebenkosten senken – ja, natürlich.

Wirtschaftslandesrat Achleitner in Oberösterreich sagt dasselbe. Er schreibt auf seiner Homepage: „Eine erfolgreiche und vorausschauende Standortpolitik ist der Grundstein für den weiteren wirtschaftlichen Erfolg Oberösterreichs.“ – Das stimmt ja alles, nur: Wo ist diese Standortpolitik, Frau Ministerin, Herr Bundeskanzler? Wo ist sie? (Beifall bei den NEOS.)

In den Regierungsprogrammen steht genau dasselbe. In den letzten drei Regierungspro­grammen der ÖVP steht das alles drinnen – aber Sie haben nichts davon umgesetzt! Und selbst hier und heute, wenn es um das Weichenstellen für die nächsten Jahrzehnte geht, bleibt es bei Regieren per Rhetorik, per Ankündigung und per Inszenierung, dabei gab es noch nie so viel zu tun wie jetzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss (Rufe bei der ÖVP: Ja, das ist gut!): Sie dürfen Ihre Standortpolitik und Ihre Wirtschaftspolitik nicht nur auf dem Papier machen oder in Interviews oder auf Plakaten. Herr Bundeskanzler, das geht bei Ihnen jetzt schon lange ganz gut, aber es wird langsam brenzlig, auch in ganz anderen Bereichen. Sie müssen konkrete Politik machen, Sie müssen konkret die Rah­menbedingungen für die Wirtschaft, für die Klein- und Mittelbetriebe verbessern, denn


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heute geht es vielleicht um MAN Steyr und morgen geht es um eine völlig neue Wirt­schaftsordnung, um neue Technologien, aber auch um neue Chancen, und da erwarten wir von Ihnen und auch von Ihren Kollegen in Oberösterreich Leadership – Leadership und konkretes Gestalten statt Rhetorik und Inszenierung. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

16.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Herr. – Bitte sehr.


16.51.35

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Vorsitzender! Wertes Hohes Haus! Unsere Welt ist getrieben vom schnellen Gewinn – leider! Der Fall MAN in Steyr zeigt, was die Profitgier in einer globalisierten kapitalistischen Wirtschaft anrichtet: Der Kon­zern will das Lkw-Werk Steyr schließen, obwohl er 2019 20 Millionen Euro Gewinn ge­macht hat!

Da muss man schon die Frage stellen: Wie schlimm kann die wirtschaftliche Lage sein – unsere Parteivorsitzende hat es schon angesprochen –, wenn der Vorstand dort Bezüge in der Höhe von 11 Millionen Euro kassiert und noch im September letzten Jahres Di­videnden für die Aktionäre und Aktionärinnen – ja, für die reicht es immer! – in der Höhe von einer halben Milliarde Euro ausbezahlt wurden? – So schlimm kann es nicht sein. Nein! Mit der geplanten Verlagerung in das billigere Polen will MAN genau eines: noch mehr Profit – das aber auf Kosten der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die jah­relang das Unternehmen und den Konzern stark gemacht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Regierung tut de facto nichts. Ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört, Herr Bun­deskanzler, aber unter dem Strich war da nichts, obwohl es um 8 000 Arbeitsplätze geht, obwohl MAN eine Standortgarantie unterschrieben hat und obwohl MAN auch in der Krise 15 Millionen Euro Steuergeld erhalten hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie viele Gründe brauchen wir, um da zu sagen: Die Arbeitsplätze müssen bleiben!? Und was da besonders wehtut – wir haben das im U-Ausschuss gesehen –, ist, dass Sie mit den Eigentümern, Eigentümerinnen, auch mit den Sponsoren dinieren gehen, und mit dem Betriebsrat, der händeringend um jeden Arbeitsplatz kämpft, haben Sie nicht gesprochen, der konnte Sie nicht erreichen. Und es tut fast weh, mitanzuschauen, wie sehr Sie auf diese Menschen, die gerade jetzt Ihre Hilfe als Kanzler bräuchten, herab­schauen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: Geh bitte! Letztklassig!)

Was wäre zu tun? – Österreich muss den Standort endlich als das begreifen, was er ist, nämlich eine große Chance. Dort werden bereits jetzt Elektro-Lkws für einen CO2-neu­tralen Verkehr auch der Zukunft hergestellt. Und die Clean Vehicles Directive, das ist eine Richtlinie der EU, fordert bereits jetzt, dass öffentliche Stellen emissionsarme Fahr­zeuge beschaffen müssen. Da geht es um den gesamten zukünftigen städtischen Ge­werbeverkehr – das ist ein riesiges Potenzial, aber für diese Umstellung gibt es derzeit nicht einmal genügend Angebot vonseiten der europäischen Verkehrsindustrie. Die ha­ben das Thema umweltfreundliche Mobilität nicht nur verschlafen, sondern auch offen bekämpft, muss man sagen. Und ja, wenn solch ein Marktversagen vorliegt, dann muss eine verantwortungsvolle Regierung eingreifen und auch eine öffentliche Beteiligung ins Blickfeld ziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie tun jetzt so, als wäre das alles retro. Aber bitte, da brauchen wir nur nach Deutsch­land zu schauen, wo der Mutterkonzern von MAN ist, wo das Land Nordrhein-Westfalen mit 20 Prozent beteiligt ist. Dort werden keine Arbeitsplätze abgebaut.

Deshalb: Erhalten wir den Standort auch durch öffentliche Beteiligung und gestalten wir den Betrieb neu weiter! Bauen wir mit den Beschäftigten die Technologie der Zukunft,


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die wir ohnehin brauchen, denn dann können wir sie regional in Steyr kaufen, anstatt sie aus China importieren zu müssen. Darum geht es doch. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist sozial gerecht und umweltfreundlich, und dafür haben sich im Übrigen auch die Beschäftigten entschieden, an die ich jetzt noch ein letztes Wort richten will – viele hören sicher zu –: Wir stehen auf eurer Seite! (Beifall bei der SPÖ.) Den Mut, den ihr gezeigt habt, den muss jetzt auch die Politik zeigen – für die Menschen, nicht für die Profite, und für eine in die Zukunft gerichtete Industrie. (Beifall bei der SPÖ.)

16.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Otten­schläger. – Bitte.


16.55.54

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Eines gleich einmal vorweg: Der Bundeskanzler, die Bun­desregierung und, wie ich hoffe, wir alle hier im Hohen Haus kämpfen um jeden Ar­beitsplatz hier in Österreich. Das sehe ich hier als Voraussetzung für eine gemeinsame Politik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber möglicherweise haben wir da unterschiedliche Zugänge. (Ruf: Mit Sicherheit!) Die Sozialdemokratie ruft nach der Verstaatlichung. (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt ja nicht!) Meine Vorrednerin hat es hier gerade gesagt und auch im Antrag steht es drinnen. Das ist ja die letzten Jahrzehnte wirklich kein Erfolgsmodell gewesen. Abgesehen davon – und daher ist das schon verwunderlich – hat Ihre Parteivorsitzende, Frau Klubobfrau Rendi-Wagner, noch vor wenigen Monaten in einem Interview auch öffentlich gemeint, eine Verstaatlichung von Unternehmen komme für sie nicht infrage. Also auch da wieder: Bitte suchen Sie Ihre Linie, finden Sie sie! Wir können sie nicht erkennen – ich glaube, die Österreicherinnen und Österreicher auch nicht –, auch nicht hier in dieser Debatte. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Übrigens, weil es auch schon erwähnt wurde, dass an VW auch das Land Niedersach­sen beteiligt ist – nicht der Bund, Herr Kollege Stöger, der Sie jetzt gerade telefonieren; ich nehme an, nicht mit dem niedersächsischen SPD-Parteigenossen, denn der hebt wahrscheinlich nicht ab –: Aber haben Sie eigentlich schon irgendetwas in diese Rich­tung getan? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das Land Niedersachsen ist dort beteiligt (Abg. Matznetter: Ja! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), und nicht Frau Merkel hat dort etwas zu unternehmen, das sei Ihnen jetzt auch einmal gesagt. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Außerdem möchte ich schon skizzieren, was da die unterschiedlichen Zugänge sind: Wir als ÖVP glauben daran, dass es unsere Aufgabe als Politik ist, entsprechende Rahmen­bedingungen für erfolgreiches Unternehmertum, für nachhaltiges Wirtschaften, für den Erhalt der Arbeitsplätze zu schaffen. Und da hat der Bundeskanzler mit der Bundesregie­rung mit uns hier mit vielen Beschlüssen schon vieles geleistet: Die Investitionsprämie sucht ihresgleichen in ganz Europa. Über 5 Milliarden Euro werden investiert. Das ist Standortpolitik, damit werden Arbeitsplätze gesichert, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Forschungsprämie, aber auch der Erhalt der Kaufkraft sind von Anbeginn im Vor­dergrund gestanden. Ich erinnere daran: Die Senkung des Einkommensteuersatzes, die Erhöhung der Mindestpensionen, die Zuzahlungen an Arbeitslose, der Familienbonus, all das sind Maßnahmen, um die Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreicher zu erhalten oder auszubauen, und dieses Geld wird wieder in die Wirtschaft fließen und diese beleben, und damit werden Arbeitsplätze erhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 164

So funktioniert Standortpolitik, und dafür sorgt diese Bundesregierung. Der Herr Bun­deskanzler kämpft an vorderster Front dafür, dass wir die Rahmenbedingungen haben, um die Arbeitsplätze in diesem Land entsprechend zu erhalten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belako­witsch. – Bitte.


16.59.51

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Werte Herren auf der Regierungsbank! Werte Frau Bundesminister! Eines vorweg (eine Tafel mit Chats zwi­schen Sebastian Kurz und Thomas Schmid auf das Rednerpult stellend): Kollege Otten­schläger hat natürlich in einem recht gehabt: Er hat gesagt, der Herr Bundeskanzler hat um einen Arbeitsplatz gekämpft. – Ja, das stimmt, um den Arbeitsplatz des Öbag-Chefs Thomas Schmid. Darum haben Sie gekämpft, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man Ihnen heute zugehört hat, auch der Frau Wirtschaftsminister, dem Herrn Ar­beitsminister, dann hat man ein Bild gesehen: Der Herr Bundeskanzler hat die Schuld von sich geschoben. Schuld ist natürlich der Mutterkonzern, denn der will einfach schlie­ßen, und jetzt müssen andere verhandeln, jetzt muss die Landesregierung in Oberöster­reich ran. Die Frau Wirtschaftsministerin hat dann auf eine Klausur und auf die Investi­tionsprämie verwiesen, und der Herr Arbeitsminister hat dann erklärt – wie es für einen Berater, der er ja in seinem früheren Leben war, üblich ist –, wie es eigentlich gehen würde. Und jetzt, meine beiden Herren, meine Dame, wäre es halt auch einmal Zeit, ins Tun zu kommen. Jetzt wäre es auch einmal Zeit, hier endlich zu handeln. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Herr Bundeskanzler, ich frage mich jetzt wirklich: Was haben Sie für die Mitarbeiter von MAN gemacht? Das sind immerhin 2 356 Bedienstete – das sind 2 356 Familien, das sind Ehepartner, das sind Kinder –, die jetzt möglicherweise aufgrund Ihres Nichtarbei­tens den Job verlieren. Der Herr Bundeskanzler (mit seinem Tablet hantierend) schaut sich in der Zwischenzeit Bilder schöner Berge an. Das ist nett, vielleicht wollen Sie ja dort Urlaub machen. – Das ist das Interesse, das der Bundeskanzler hat, wenn es darum geht, die Jobs für über 2 000 Menschen in Österreich zu retten. (Beifall bei der FPÖ.)

Das macht er, er schaut sich Bilder an. Ja, Österreich ist ein schönes Land, da haben Sie schon recht, Herr Bundeskanzler, aber wie steht es jetzt um den Standort Öster­reich? Wie ist die Standortpolitik? Die Mitarbeiter sind Opfer Ihrer Politik, Ihrer Standort­politik, Herr Bundeskanzler. Sind Sie eigentlich mit den Eigentümern schon ins Gespräch gekommen? Haben Sie da schon irgendetwas begonnen? Haben Sie Hilfsprogramme ausgearbeitet? Haben Sie einen Sozialplan ausgearbeitet? Wo sind denn jetzt die gro­ßen Investoren? Haben Sie sich schon darum gekümmert? Wo sind denn Ihre Spender? Das sind auch jene, die Profiteure Ihrer Politik sind, und es wäre jetzt auch einmal an der Zeit, dass diese Herrschaften vielleicht etwas zurückgeben. Vielleicht ist es dem ei­nen oder anderen sogar auch ein Bedürfnis, zu sagen: Da kann man investieren, es zahlt sich aus, das ist ein zukunftsträchtiges Werk in Steyr!

Wo ist der nationale Schulterschluss, den Sie doch immer so gerne haben, bei den In­dustriellen, bei den Investoren? – Nichts haben Sie dahin gehend gemacht, Sie haben überhaupt nichts gemacht. Und das ist genau die Art von Politik, die keiner mehr nach­vollziehen kann. Die könnten sich jetzt revanchieren, und es wäre Ihre Aufgabe, sie alle zusammen an einen Tisch zu bringen, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei der FPÖ.) Statt­dessen sitzen Sie hier und tun so, als würde Sie das alles nichts angehen. Ich fürchte halt nur, auch bei Ihren großen Freunden geht es immer nur um das eigene Fortkommen, da geht es nicht um das große Ganze, da geht es nicht um gemeinsam.


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Dann gibt es noch die Frage einer möglichen Teilverstaatlichung. Wenn das alles nicht geklappt hat, wenn wir tatsächlich keinen Investor gefunden haben – und das ist noch die Frage, vielleicht bemüht man sich ja noch von Ihrer Seite –, dann gibt es noch die Frage nach der Öbag, nach der Teilverstaatlichung, und da wäre es jetzt vielleicht auch gut, einen wirklich kompetenten Öbag-Chef zu haben und nicht jemanden, der sich selbst das Öbag-Gesetz geschrieben hat, der sich auch selbst die Ausschreibung ge­schrieben hat, in der er dann auch noch herumgedoktert hat, weil er ja rausstreichen musste, dass man Auslandserfahrung braucht, weil er keine hat. Vielleicht würde ihm das jetzt sogar zugutekommen, vielleicht könnte er dann auch besser mit dem Mutter­konzern verhandeln, vielleicht wäre das jetzt sogar von Vorteil. Schon allein da fehlt die Kreativität. Die einzige Kreativität, wenn nicht sogar ein bisschen kriminelle Energie, war dort, wo es darum ging, zu seinem Job zu kommen, meine Damen und Herren, Herr Bundeskanzler, und das ist ein bisschen zu wenig. Das ist eine Art von Politik, die nicht funktionieren kann, wenn Sie immer nur an sich selber denken und wenn Sie nicht an das Gemeinwohl denken.

Das ist Ihre Politik, Herr Bundeskanzler, und wenn man sich anschaut, welche Chats Sie mit Herrn Thomas Schmid geführt haben, dann wundert einen das auch nicht. Thomas Schmid schreibt Ihnen: „Er war zunächst rot dann blass dann zittrig“ (Zwischenruf des Abg. Deimek), und Sie geben als Antwort: „Super, danke vielmals!!!!“

Das ist eine Art und Weise! Wenn es jemandem schlecht geht, finden Sie das großartig und schön. Das ist auch der Grund, warum Sie jetzt nicht eingreifen, warum Sie nicht handeln, sondern warum Sie das laufen lassen, warum Ihnen 2 356 Personen in diesem Land egal sind.

Und Steyr, Herr Bundeskanzler, ist erst der Anfang. Sie wissen gar nicht, was noch auf uns zukommen wird. Setzen Sie sich immer hin und sagen: Die anderen sind schuld!? Wo sind Sie als Bundeskanzler? Sie sind der Kanzler dieser Republik, Sie sind ver­antwortlich für diese Standortpolitik. Kommen Sie endlich ins Handeln, kommen Sie endlich ins Tun! Die Leute haben es sich verdient. Sie sind der Kanzler dieser Republik, helfen Sie doch den Bürgern, dass sie eben nicht ihren Arbeitsplatz verlieren und dass sie und mit ihnen Familien nicht auf der Straße stehen und nicht wissen, wie es dann weitergehen soll, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie schon nicht bereit sind, Lösungen für die Betroffenen zu finden, Lösungen für die Mitarbeiter zu finden, dann, Herr Bundeskanzler, tun Sie es für Österreich, tun Sie es für uns hier herinnen! (Beifall bei der FPÖ.)

17.05


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jakob Schwarz. – Bitte.


17.05.50

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Hohes Haus! Lieber Herr Stöger, liebe SPÖ, ich stimme Ihrem Antrag nicht zu, aber ich denke, dass es tat­sächlich um eine sehr dringliche Angelegenheit geht. Es geht um eine sehr belastende Situation für über 2 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Werks in Steyr und um viele weitere, um Tausende weitere Jobs im Umfeld, im unmittelbaren Ökosystem des Werks, und insofern, glaube ich, ist die Auseinandersetzung damit heute gut und richtig.

In einigen Punkten möchte ich Ihnen auch zustimmen. Zum einen ist die Vorgehens­weise des VW-Konzerns klar zu verurteilen. Der Standortsicherungsvertrag wurde igno­riert, auch die guten Zahlen in Bezug auf die Bilanz und die Auslastung wurden ignoriert, und ich glaube, die Verlagerung der Produktion rein aus diesen sozusagen extremen Kostenüberlegungen heraus ist eigentlich inakzeptabel.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 166

Das Zweite ist, dass der Vorschlag des Konsortiums rund um Siegi Wolf aus mehreren Gründen und aus mehreren Blickwinkeln problematisch war, und zwar weil es natürlich keinen schlanken Fuß macht, wenn der einzige Vorschlag, der vom Vorstand vom VW-Konzern berücksichtigt wird, einer ist, der von einem Aufsichtsratsmitglied von Porsche kommt. Auch diese Connections zu Russland und so weiter – sie sind eh schon mehr­fach thematisiert worden – hätten verschiedene Probleme mit sich gebracht. Und auch dieser starke Fokus auf die Kostenreduktion ist nicht das, was jetzt in Steyr gebraucht wird. Insofern hat die Belegschaft, glaube ich, diesen Plan zu Recht abgelehnt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber – und das ist das erste Aber –: Natürlich wäre eine staatliche Beteiligung der aller­letzte Weg, möglicherweise der letzte Ausweg, wenn überhaupt niemand gefunden wird, der das Werk übernehmen kann, ich sehe das jetzt aber nicht angezeigt. Im Gegenteil, ich glaube, selbst Sie schließen ja eine hundertprozentige staatliche Beteiligung aus. Bei einer staatlichen Minderheitsbeteiligung muss man immer noch einen/eine privaten/pri­vate Mehrheitseigner/-eignerin finden, und ich glaube nicht, dass eine staatliche Min­derheitsbeteiligung da unbedingt eine große Hilfe ist, sondern dem sogar im Wege stehen kann. Deshalb ist, glaube ich, eine staatliche Beteiligung zu diesem Zeitpunkt nicht angezeigt.

Darüber hinaus gibt es noch ein Problem: VW will ja die Produktion nicht einstellen, son­dern nur nach Polen verlagern. Das heißt, die Frage steht dann natürlich schon im Raum: Was passiert mit den Lkws, die dann noch in Steyr produziert werden? Da müsste es dann einen Abnehmer geben und so weiter. Das heißt, eine staatliche Beteiligung würde da natürlich weitere Probleme, eine ganze Reihe von Problemen mit sich bringen.

Deshalb glaube ich, dass jetzt zentral ist, die Konzepte, die weiteren Vorschläge, die es gibt, zu prüfen, dass sozusagen diese interessenpolitische Komponente bei VW hintan­gehalten wird und nicht alle Konzepte, die vorliegen, als lauwarme Luft abgelehnt wer­den. Damit gäbe es die Möglichkeit – ich glaube, es gibt ja mehrere Varianten, die im Raum stehen –, das noch zu retten. Das wäre wirklich der nächste Schritt, der notwendig wäre.

Ein zweites Aber: Herr Stöger, Sie schreiben in Ihrem Antrag: „Jetzt verspricht die Re­gierung also hunderttausende Jobs zu schaffen – es wäre aber besser, nicht über abstrakte Zahlen zu sprechen, sondern sich beispielsweise ganz konkret um die Rettung von 8.000 Arbeitsplätzen in Steyr zu kümmern.“ – Dem möchte ich aus zwei Gründen widersprechen.

Zum einen kümmert sich die Regierung – das zeigen die Wortspenden von Frau Mi­nisterin Schramböck und Arbeitsminister Kocher und auch die des Bundeskanzlers – um diese konkreten Arbeitsplätze in Steyr, nur halt nicht vor laufender Kamera, sondern in direkten Gesprächen mit den betroffenen Beteiligten, und ich glaube, das ist auch die Art und Weise, wie man diese Auseinandersetzung und diese Gespräche zur Lösungs­findung führen muss.

Das Zweite ist, dass diese Unterscheidung zwischen abstrakten und konkreten Jobs aus meiner Sicht schon zeigt, dass Sie die Bedeutung der mittelfristigen und langfristigen Faktoren für die Zukunftsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft ein bissel unterschät­zen und nicht ausreichend wertschätzen.

Es reicht nicht, nur Feuerwehr zu spielen, wenn es brennt, sondern es ist auch wichtig, dass wir sozusagen in den Brandschutz investieren, also in die Zukunftsfähigkeit der Industrie, und dazu gehören halt insbesondere die Dekarbonisierung und die Investi­tionen, die damit im Zusammenhang stehen.

Es stimmt, dass die österreichische Automobilindustrie aufgrund der Dekarbonisierung unter starkem Druck steht. Das ist aber im Gegensatz zu dem, was Sie behauptet haben,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 167

Herr Deimek, oder auch Ihr Kollege Wurm, nicht den österreichischen Grünen geschul­det, die den Leuten sagen, sie sollen nicht mehr mit dem Auto fahren. Vielmehr ist es so, dass die Automobilkonzerne in Deutschland und auch sonst in der Welt erkannt ha­ben, dass fossile Antriebe keine Zukunft haben, und deshalb drehen sie diese Antriebe ab. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Transformation bringt natürlich große Veränderungen für den österreichischen Automobil-, für den Automotivesektor mit sich, ist aber auch eine große Chance. Wir können da, wenn wir vorne dabei sind, noch Absatzmärkte finden, auch in einem relativ hochpreisigen oder Hochkostenland. Ich glaube, für diese Transformation hin zu diesen klimafreundlicheren Antrieben wird es auch staatliche Unterstützung brauchen. Es wird Qualifizierungsprogramme brauchen, um die Belegschaft umzuschulen. Es wird auch Dinge wie die Investitionsprämie und Ähnliches brauchen, viele der Maßnahmen – meine Kollegin Götze hat es schon ausgeführt –, die im ERF stecken, gehen in diese Richtung. Aber was es in dieser Phase, glaube ich, nicht braucht, ist eine Verstaatli­chung. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.11


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer. – Bitte.


17.11.24

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Mitglie­der der Bundesregierung! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Was wir diese Tage in Steyr zu sehen kriegen, das lässt, glaube ich, niemanden von uns kalt. Es ist ein wirt­schaftliches Desaster, und dabei ist es schon möglich, Produktionsbetriebe in Österreich auch sehr erfolgreich zu führen. Aber ganz ehrlich, die Politik macht es den Unterneh­merInnen halt wirklich nicht leicht.

Damit komme ich zur Rolle der Politik. Es ist heute schon mehrmals erwähnt worden, die Aufgabe der Politik ist, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Unternehmerin­nen und den Unternehmern ermöglichen, am Standort konkurrenzfähig zu sein, Eigenka­pital aufzubauen, letztendlich bestehende Jobs für die Zukunft zu transformieren und vielleicht auch neue Geschäftsfelder aufzumachen, um so erfolgreich in die Zukunft ge­hen zu können. Aber die Rahmenbedingungen in Österreich sind eben schlecht, und UnternehmerInnen und auch Manager werden zustimmen, wenn ich sage: viel zu viel Bürokratie, viel zu hohe Lohnnebenkosten, eine überfällige Steuerreform, ein unflexibler Arbeitsmarkt und Fachkräftemangel.

Seit unserer Gründung im Jahr 2012 sagen wir NEOS, was zu tun wäre, welche Ver­besserungsvorschläge es geben würde. Und ja, auch Sie versprechen vor jeder Wahl immer Reformen, viele davon würden wir wirklich gerne unterstützen, nur wir können nicht, weil sie nie zur Umsetzung kommen. Deswegen muss man da konstatieren, es hapert einfach schon wieder am Tun, und besonders in der Standortpolitik. Da haben wir in den letzten Jahren wirklich viele Ankündigungen gehört, eben immer wieder gehört, und da ist es jetzt vollkommen wurscht, ob das von Schwarz-Rot, Schwarz-Blau oder auch Schwarz-Grün kommt, passiert ist nirgendwo etwas. Und die kalte Progression haben wir ja auch noch immer.

Doch reden wir über Steyr! Sie kennen die Geschichte: Zuerst einmal hat hier die Ar­beitergewerkschaft hoch gezockt und massiv versagt. Das ist natürlich ein Desaster für die Betroffenen, es ist ein Desaster für die ArbeiterInnen und für den Standort Steyr, denn ich muss sagen, das Konzept des Investors, ganz im Ernst, hört sich nicht so un­plausibel an, da waren schon ganz viele Sachen drinnen, die durchaus Sinn machen – ja, natürlich mit schmerzhaften Abstrichen, aber es war halt auch ein Plan für die Zukunft.


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Ich frage mich wirklich, wie man so ein Angebot einfach so zur Gänze vom Tisch wischen kann, wenn man doch weiß, dass die Voraussetzungen wirklich nicht gut sind. Man wusste ja von Anfang an, man wusste vor der Abstimmung, dass die Investoren nicht Schlange stehen, dass es da nicht viele gab. Viele Gründe wurden medial genannt: Das Unternehmen ist nicht produktiv, die Löhne liegen weit über dem Industriestandard, es gibt Versäumnisse des Managements. Ich will es jetzt gar nicht bewerten, ich kenne die Bücher nicht, ich kann es nicht sagen. Was ich aber schon sagen kann, ist: Wenn der Standort so toll wäre und wenn das Unternehmen so großartig wäre, dann hätte es wahrscheinlich mehr Investoren gegeben, die sich dafür interessiert hätten. (Beifall bei den NEOS.)

Zweitens muss man auch sagen, die MAN ist teilverstaatlicht, und der niedersächsische Ministerpräsident sitzt beim Mutterkonzern mit an Bord. Und jetzt muss man eigentlich nur eins und eins zusammenzählen: Was passiert denn, wenn es eine wirtschaftliche Schieflage gibt, wenn ein Standort aufgrund der schlechten Zahlen nicht gehalten wer­den kann? – Na dann wird man nicht den in Deutschland schließen. Dass das in Öster­reich stattfinden wird, ich glaube, das kann man sich ausrechnen. Standortgarantie hin oder her, der Betriebsrat hat da einfach zu hoch gezockt und damit alles verloren.

Und was passiert als Nächstes? – Anstatt dass die SPÖ hier mit Vernunft und realistisch agiert und wirklich vermittelt, gießt sie auch noch Öl ins Feuer. Klassenkampf wird hier ausgerufen, und die Republik möge sich jetzt doch endlich beteiligen und das Unter­nehmen mit Steuergeld einfach weiterführen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Echt jetzt? Weil der Staat so ein toller Unternehmer ist? Das haben wir ja in den letzten Jahrzehnten wirklich gesehen, wie großartig das war. Und: Haben wir nicht gerade letzte Woche hier in diesem Haus eine Sondersitzung zur Öbag gehabt? (Beifall bei den NEOS.) Ja, liebe SPÖ, Sie haben auch eine Neuaufstellung der Öbag gefordert. Ehrlich gesagt, man kennt sich wirklich nicht mehr aus, wohin Sie wollen.

Sie können mir gerne zwei Fragen beantworten. Die erste wäre: Was passiert denn nach der Übernahme? Was wird denn dann produziert, für welchen Markt? Und: Welcher In­vestor soll daran Interesse haben, nur weil es eine Beteiligung von der Republik gibt? – Ich glaube, das ist kontraproduktiv.

Zweite Frage: Welchen türkisen Minister oder, Entschuldigung, Manager, muss man in diesem Fall sagen, hätten Sie dann gerne im Vorstand der MAN? (Ruf: Schmid!) – Schmid? Vielleicht? Jobs, die da wieder geschaffen werden, für weitere Familienmitglie­der, die ganz oft keine Ahnung vom Geschäft haben – das kann doch nicht im Sinne des Standorts sein!

Meine Damen und Herren! Der Standort steht hier wirklich in der Kritik, weil es so einfach nicht funktionieren wird, das muss man einfach sagen. Und wenn sich jetzt alle den Staat wünschen, der hier einschreiten und Verantwortung übernehmen soll, dann sage ich Ihnen, der Staat war und ist kein guter Unternehmer. Das hat noch nie funktioniert, und es wird auch in diesem Fall nicht funktionieren. Sie wissen es vermutlich auch selber, aber offensichtlich ist Ihnen egal, was mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und der Steu­erzahler passiert.

Wie dem auch sei, der Status ist ein anderer, die Belegschaft hat sich ja dagegen ent­schieden, sie hat sich gegen dieses Investment entschieden. Man hört auch, dass der Investor kein Interesse mehr daran hat, einzusteigen, weil er sagt – und ich finde, das ist nachvollziehbar –: Wenn die Arbeiter nicht hinter mir stehen, wenn die mir nicht den Rücken für dieses neue Konzept stärken, dann gehe ich da auch nicht hinein! – Das hat der Betriebsrat gewusst. Der Betriebsrat hat gewusst, dass es seitens des VW-Konzerns kein alternatives Angebot gibt. Er hat auch gewusst, dass das Werk zugesperrt wird – und dann hört man auch noch, dass ein sehr wichtiger Betriebsrat, der maßgeblich daran


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beteiligt war, am Tag nach der Abstimmung in Pension geht: Hinter mir die Sintflut!, of­fenbar ist es ihm wurscht.

Die Situation ist wirklich verfahren, und ich meine, der Karren steckt wirklich tief im Dreck, aber es gibt eine Möglichkeit zu helfen, und diese wurde auch schon des Öfteren ange­sprochen. Ja, hier könnte die Politik helfen. Herr Bundeskanzler, schicken Sie Ihre Wirt­schaftsministerin, die gerade so schön mit dem Arbeitsminister plaudert, nach Oberös­terreich! Dann können Sie noch Ihren Kollegen, Herrn Wirtschaftslandesrat Achleitner, dazuholen. Der verbringt seine Zeit gerade mit so tollen Pressekonferenzen wie „Power-Bezirk Grieskirchen“. Ich komme aus Grieskirchen, ich weiß, Grieskirchen wird auch oh­ne diese Pressekonferenz überleben. Aber vielleicht könnten Sie dann gemeinsam mit Herrn Achleitner nach Steyr fahren und auf den Betriebsrat einwirken, um nochmals ab­stimmen zu lassen. (Abg. Wöginger: Der war schon dort! Der war schon dort!) – Ja dann soll er bitte noch einmal hingehen, es hat ja offenbar nicht gereicht. (Abg. Wöginger: Mehrere Male, Frau Kollegin!) Dann hat er sich offenbar noch nicht richtig bemüht.

Ich würde sagen, man kann hier nur das Gespräch, das gemeinsame Gespräch suchen. Und ich würde die Mitarbeiter auch fragen – ich weiß nicht, ob er das gemacht hat –, ob sie wirklich wollen, dass das Werk zugesperrt wird, ob sie wirklich wollen, dass unwieder­bringliche Werte wirklich verloren gehen, und ob man es sich vielleicht nicht doch noch überlegen will, das bestehende Angebot nochmals zu prüfen.

Es geht darum, die Substanz zu erhalten, und es geht auch darum, 1 250 Arbeitsplätze zu retten. Das Unternehmen kann möglicherweise gut saniert werden, es kann hoch erfolgreich sein, es kann sogar wieder neue Jobs in der Region schaffen. Das wäre doch einen weiteren Versuch wert. Das sollten Sie tun. Sie haben sich in den letzten Jahren nicht um die Standortpolitik gekümmert. Das wäre eine Möglichkeit, die Ärmel hochzu­krempeln, hinzufahren, etwas auf den Boden zu bringen, das Ding wieder zum Laufen zu bringen. Ich würde Sie wirklich darum bitten. Tun Sie es bitte! (Beifall bei den NEOS.)

17.19


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte.


17.19.29

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin­nen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr ge­ehrte Damen und Herren zu Hause! Als Oberösterreicher muss ich mich jetzt zum Schluss natürlich auch noch zu Wort melden und möchte gleich einmal als Erstes ein bisschen auf diese Märchenstunde, die wir jetzt gerade von meiner Vorrednerin gehört haben, eingehen.

Nein, die Lohnnebenkosten oder die Steuern sind nicht die einzigen Faktoren bei einer aktiven Standortpolitik. Standortpolitik wird von vielen, vielen anderen Faktoren getrie­ben (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ) und nicht alleine davon, wie viel Geld, wie viele Steuern an einem bestimmten Standort zu zahlen sind. Ich verwahre mich gegen diese einseitige Darstellung genauso, wie ich mich gegen dieses Betriebsratsbashing, das da gerade stattgefunden hat, massiv verwahre. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeord­neten von ÖVP und SPÖ.)

Es ist eine Entscheidung getroffen worden, diese Entscheidung gilt es zu akzeptieren, diese Entscheidung basiert darauf, dass ein vorgelegtes Konzept offensichtlich nicht gut genug war, und wir müssen uns jetzt darum bemühen, dass andere Konzepte in die Ziehung kommen, dass über andere Konzepte aktiv diskutiert wird und dass wir uns eben andere Konzepte anschauen, nämlich Konzepte, die zukunftsgewandt sind – auch das ist ein Standortfaktor: die Zukunftsgewandtheit eines Unternehmens, einer Region.


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Da würde sich Steyr, da würde sich der oberösterreichische Zentralraum, wo ich ja her­komme, durchaus anbieten.

Wir haben beispielsweise in meiner Heimatgemeinde, in Thalheim bei Wels, mit der Firma Fronius eine extrem innovative Firma im Bereich Wasserstoffbetankung. Wasser­stoffbetankung ist ein Zukunftsprinzip, ist ein Zukunftsthema, beispielsweise gemeinsam mit einer dann wie auch immer gearteten Firma in Steyr, die sich um die dementspre­chende Technologie kümmert, wasserstoffbetriebene Lkws, Busse et cetera dort produ­ziert. Das ist Zukunftspolitik und das wäre Standortpolitik! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Diese Kompetenz haben wir in Oberösterreich, und die haben wir im oberösterreichi­schen Zentralraum. Was es aber dafür braucht, ist ein gemeinsames Ziehen an einem Strang, nämlich ein gemeinsames Ziehen der Bundespolitik, der Landespolitik, des Be­triebsrats – der ist offen dafür, das wissen wir, auch aufgrund unseres Besuches beim Betriebsrat am 12. März –, aber eben auch aller Stakeholder, wie es so schön heißt. Nur dann schaffen wir das. Es bringt uns nichts, wenn wir uns jetzt hier herinnen gegenseitig ausrichten, wer alles irgendetwas falsch gemacht hat, oder wenn wir einfach ein Schuld­zuweisen an den Tag legen, sondern es hilft all diesen Beschäftigten in Steyr nur, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen und versuchen, etwas zu ermöglichen, nämlich ein zukunftsgerichtetes und ein zukunftsweisendes Konzept für Steyr und für das Werk dort. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.22


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte.


17.22.39

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wollte mich nicht zu Wort melden, aber aufgrund der Aussagen der Vorredner habe ich es nicht mehr ausgehalten, nicht ans Rednerpult zu treten. Meine Damen und Herren, ich frage alle, die hier gestanden sind: Weiß eigentlich jeder von euch, wie es den Be­schäftigten von MAN geht? Weiß jeder, was mit denen los ist, wie es denen psychisch geht (Ja-Rufe bei der ÖVP), wenn ein Konzern kommt und den Beschäftigten eines Unternehmens, das Millionengewinne macht, sagt: Ich sperre euch zu oder ihr nehmt ein Angebot an, das ich diktiere!? Siegfried Wolf sitzt nämlich bei Porsche im Auf­sichtsrat, und der hat den Auftrag bekommen, und das sage ich hier und heute, nur dieses Konzept vorzuschlagen. Wieso verhandelt MAN/VW nicht mit anderen? – Weil sie diesen Betrieb nicht mehr haben wollen, Punkt, aus, fertig! Sie wollen ihn über die Klinge springen lassen.

Ich sage euch: Ich weiß, wie es denen geht! Meinem Unternehmen ist es zweimal so gegangen, du weißt es, Gust (in Richtung Abg. Wöginger), 1986 und 2003. Wir haben es geschafft, weil es damals alle – und das kann ich jetzt ganz klar sagen, auch wenn man wieder zu lachen anfängt – unter sozialdemokratischer Regierungsbeteiligung ge­schafft haben, Lösungen zu finden.

Ich möchte nur eines wissen – ich habe heute noch nichts gehört, Herr Bundeskanzler ‑: Wieso bieten wir diesem VW-Konzern nicht die Stirn? Ein Konzern, der 2020 nach Steu­ern 8,8 Milliarden Euro Gewinn gemacht hat, will 8 000 Arbeitsplätze in Österreich dafür riskieren, dass er noch mehr Gewinne macht? Da ist es hoch an der Zeit, hier von diesem Platz aus zu sagen: Wenn Sie es so wollen, dann gibt es keinen Audi, dann gibt es keinen Skoda, dann gibt es keinen MAN und keinen VW mehr in den öffentlichen Be­reichen (Beifall bei der SPÖ), dann werden diese Autos nicht mehr gekauft! Das erwarte ich mir von einer Regierung, dass sie klar und deutlich sagt: Wenn ihr so mit uns umgeht, dann werden wir diese Konsequenzen ziehen! Das erwarte ich mir. Sagen Sie es, Herr Bundeskanzler! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

17.24



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 171

Präsidentin Doris Bures: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter An­dreas Ottenschläger. – Bitte.


17.24.40

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich verstehe auch die Emotionen, und das zeichnet, glaube ich, die Debatte und uns alle aus: dass wir nach Lösungen ringen, um entsprechend zu unterstützen, wahrscheinlich – ich habe es vorhin in meiner Rede schon gesagt – oder definitiv mit unterschiedlichen Konzepten und Zugängen.

Ich möchte gar nicht mehr auf die negativen gesagten Dinge eingehen, sondern zum Schluss etwas Positives sagen, vielleicht auch einen Appell an interessierte Investoren, die vielleicht zuschauen, richten (Zwischenruf des Abg. Matznetter): Ich möchte noch einmal betonen: Österreich ist ein sehr guter Wirtschaftsstandort, und gerade Oberös­terreich ist ein toller Standort für Industrieproduktion, das zeigt sich seit Jahrzehnten, ist eine Erfolgsstory, es gibt kaum eine Region in Europa, die solch gut ausgebildete Men­schen hat wie Oberösterreich, und das sollten wir gemeinsam nach außen tragen. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das ist es doch, worum es geht: dass wir motivieren, hier zu investieren, und nicht den Standort schlechtreden. Es geht auch hier um eine positive Stimmung, und dazu sollten wir alle einen Beitrag leisten. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Österreich ist ein guter Wirtschaftsstandort, Oberösterreich ist ein hervorragender Industrie- und Wirt­schaftsstandort, und deswegen, glaube ich, sollten wir auch Optimismus verbreiten, da­mit hier investiert wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.26


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


17.26.32

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Also die SPÖ will eine Staatsbeteiligung an einem Unternehmen, allen Ernstes. Was hat also die SPÖ aus Beidlgate gelernt? – Gar nichts!

Wir wissen doch, wie das bei Staatsbetrieben läuft: Wer dem Bundeskanzler und Tho­mas Schmid die meisten Bussis schickt, der kriegt alles, was er will. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Und die SPÖ will jetzt einen zusätzlichen Staatsbetrieb, in dem wieder die Bussi-Bussi-Gesellschaft von Blümel, Kurz und Schmid das kriegt, was sie will. Das befördern Sie mit Ihrem Antrag! Ich kann wirklich nicht nachvollziehen, was die SPÖ da liefert.

Um aber das Positive an dieser Verstaatlichungsidee festzuhalten: Inzwischen versteht die SPÖ, dass den Arbeitnehmern mehr gedient ist, wenn sie einen Arbeitsplatz haben, als wenn sie ein höheres Arbeitslosengeld haben. Also am Schluss geht es dann doch um Jobs – danke, SPÖ, für diese Erkenntnis. Diese Erkenntnis liefert die Basis für den nächsten Denkschritt. Da möchte ich Ihnen – das hören Sie sicher gerne – ein Zitat von Maggie Thatcher bringen: „The Labour Party believes in turning workers against owners; we believe in turning workers into owners.” (Beifall und Bravoruf bei den NEOS sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Dieses Zitat passt perfekt auf die Situation und auf die heutige Diskussion. Wenn die Belegschaft das Angebot von Siegi Wolf angenommen hätte, dann lägen die Löhne im­mer noch 30 Prozent über dem Kollektivvertrag, den Rainer Wimmer im Schweiße sei­nes Angesichts verhandelt und dabei den Arbeitgebern das Weiße aus den Augen holt – immer noch 30 Prozent darüber! Die roten Funktionäre, Gewerkschafter und Betriebs­räte haben aber die Mitarbeiter gegen die Unternehmer aufgehetzt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Das müssen Sie halt zugeben, genau das haben sie gemacht. Und jetzt sollte der Staat einen Betrieb zu Konditionen kaufen, zu denen kein Privater diesen Betrieb haben will: Das ist das, was Sie vorschlagen; das ist ja völlig widersinnig. Und dann schreiben Sie in Ihrem Dringlichen Antrag, dass MAN eine Rendite von 7 bis 8 Prozent machen würde. Da sind wir wieder bei „turning workers into owners“: Wenn das so ein Supergeschäft ist, hätten Sie eigentlich mit der Gewerkschaft überlegen müssen, wie Sie eine Mitarbei­terstiftung zustande bekommen, damit Sie die Mitarbeiter am Eigentum beteiligen, damit diese 7 bis 8 Prozent Rendite im Jahr bekommen – haben Sie aber nicht gemacht, weil Sie den eigenen Schmäh aus dem eigenen Dringlichen Antrag gar nicht glauben. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

17.29


17.29.27

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, und ich frage daher alle Fraktionen im Haus, ob wir gleich mit der Abstimmung fortfahren können. Ja? – Gut, dann gehe ich auch so vor.

Abstimmung über den Selbständigen Antrag 1493/A(E) der Abgeordneten Stöger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Retten Sie 8.000 Arbeitsplätze in Steyr. Lassen Sie die Menschen nicht im Stich, Herr Bundeskanzler!“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

deb17.30.09Kurze Debatte: „abenteuerliche Nehammer-Geschichten: die angebliche Erstürmung des Parlaments“


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu einer kurzen Debatte über die Anfrage­beantwortung des Bundesministers für Inneres mit der Ordnungszahl 5296/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache auf Folgendes aufmerksam: Erstredner 10 Minuten, jeder weitere Redner, jede weitere Rednerin 5 Minuten; die Redezeit des Regierungsmitglieds soll 10 Minuten nicht übersteigen.

Als erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer zu Wort gemeldet. – Bitte.


17.30.50

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Herr Innenminister! Herr Bundeskanzler (in Richtung des den Sitzungssaal verlassenden Bundeskanzlers Kurz), das ist vielleicht auch für Sie nicht uninteressant, weil es jetzt in Bezug auf das, was wir in einer kurzen Debatte zu besprechen haben – nämlich eine Anfragebeantwortung des Herrn Innenministers, die es verdient, im Rahmen dieser heutigen Sitzung gewürdigt und besprochen zu werden ‑, ein bisschen abenteuerlich wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, am 31. Jänner dieses Jahres fand eine Großkundge­bung gegen die Bundesregierung, insbesondere gegen den Coronakurs dieser Bun­desregierung statt. Am Abend dieses 31. Jänner traten Sie, Herr Innenminister, hoch aufgeregt in einer eilig einberufenen Pressekonferenz vor die Fernsehkameras und zeichneten ein düsteres Bild dieser friedlichen Menschen, die zu Zigtausenden ihrem berechtigten Unmut über den Kurs dieser Bundesregierung kundgemacht hatten.


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Neben Ihren üblichen und schon gewohnten Beschimpfungen, Verunglimpfungen und pauschalisierenden Abwertungen dieser Bürgerinnen und Bürger haben Sie auch einen sehr bemerkenswerten Satz geäußert, den ich hier auch als Transkription vor mir liegen habe und den ich jetzt zitieren möchte. Ich bitte um Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren, das ist nämlich der Kern dieser ganzen Anfrage.

Nehammer sagte: „Es gab sogar den Versuch, die Parlamentsrampe zu stürmen und zu besetzen, des alten Parlaments. Es erinnert frappant eigentlich daran, dass man solche Bilder in Erinnerung hat von den Vereinigten Staaten von Amerika, als das Kapitol ge­stürmt worden ist, und es war hier immer notwendig, taktisch neu zu entscheiden“, sehr geehrter Herr Innenminister.

Das Ganze wurde dann auch in den Medien übernommen. Ihre Aussage war in der „Zeit im Bild“ zu sehen, ging durch diverse Onlineportale und fand sich natürlich auch in den Printausgaben der einen oder anderen Tageszeitung wieder. Sogar die „Kronen Zeitung“ hat das gebracht (den Ausdruck der entsprechenden Zeitungsseite in die Höhe haltend) und hat zum Beleg Ihrer Aussagen und zur Untermauerung Ihrer Aussagen getitelt be­ziehungsweise die Schlagzeile geschrieben: „Einsatzprotokoll belegt: ,Sturm aufs Parla­ment‘“. Da waren einzelne angebliche Protokollfetzen dieses Einsatzes abgedruckt, die aber auch wiederum nichts aussagen und keinen Hinweis darauf geben, dass sich tat­sächlich so ein Ereignis zugetragen hat. – Wir haben dann in der Anfrage auch das Thema behandelt, wie ein Medium zu diesen Funkprotokollen kommen kann und ob das so üblich ist.

Diese Geschichte ist abenteuerlich, wenn man sich Ihren Vergleich mit den Ereignissen in Washington, D.C., bei denen vier oder fünf Menschen gestorben sind, vor Augen hält. Sie vergleichen das mit dieser Kundgebung, bei der in Wahrheit ja nichts passiert ist, und das werden wir jetzt Schritt für Schritt abarbeiten.

Ich habe Ihnen diese Aussage von Anfang an nicht geglaubt. Es gab berechtigte Zweifel, denn von dieser Großkundgebung damals gab es zig Stunden an Videomaterial im Inter­net. Da wurde natürlich auch von der Polizei mitgefilmt und mitdokumentiert, so wie das ja auch üblich und in Ordnung ist, und da hat es uns schon sehr, sehr gewundert, dass kein einziges diesbezügliches Bild und keine einzige derartige Tatsache zu finden waren.

Sehen wir uns aber Ihre Beantwortung der Anfrage mit dem Titel „abenteuerliche Ne­hammer-Geschichten: die angebliche Erstürmung des Parlaments“, um die es ja geht, an! Wir haben die Überschrift auch gewählt, weil wir uns ziemlich sicher waren, dass da nicht viel dahinter sein kann – eigentlich nichts dahinter sein kann –, und wir wollten dem Ganzen auf den Grund gehen.

Schauen wir uns einmal die Funkprotokolle an! Wir haben zuerst gefragt: „Haben Sie dieses Funk-Protokoll an die ,Kronen Zeitung‘ übermittelt?“, Haben Sie den Auftrag ge­geben?, Hat die Polizei das übermittelt?, und so weiter – ganz detaillierte Fragen, näm­lich die Fragen 1 bis 7. Ihre Antwort: „Ich habe keine Kenntnisse diesbezüglich und habe dazu keine Veranlassungen getroffen.“ Sie haben auch angeführt, dass die Landespoli­zeidirektion Wien diese Funkprotokolle nicht weitergegeben hat.

Dann haben wir gefragt, ob Sie sich erklären können, wie diese Funkprotokolle an die Medien gekommen sind, und Sie haben geantwortet: „Von der Landespolizeidirektion Wien werden keine diesbezüglichen Maßnahmen gesetzt“. Wir wollten nämlich auch wissen, welche Maßnahmen und Nachforschungen, wenn Sie es sich nicht erklären kön­nen, Sie anstellen, wie das passieren kann, und Sie haben, wie schon angeführt, gesagt, es wurden „keine diesbezüglichen Maßnahmen gesetzt. Übermittlungen von Funkproto­kollen an Medien sind weder im Sinne noch entspricht sie den Gepflogenheiten der Me­dienarbeit der Landespolizeidirektion Wien“.


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Wir haben auch gefragt, inwieweit auf Basis dieser veröffentlichten echten oder nicht echten – wie auch immer – Funkprotokolle Ihre Behauptung des versuchten Sturms des Parlaments aussagekräftig sein kann und ob Sie dementsprechend die weiteren Teile dieses Funkprotokolls der Anfragebeantwortung beilegen können. Dazu haben Sie uns gesagt: „Aus datenschutzrechtlichen Gründen, auf Grund der Verpflichtung zur Amtsver­schwiegenheit sowie aus sicherheitspolizeilichen“ beziehungsweise „einsatztaktischen Überlegungen muss von einer Beantwortung dieser Frage Abstand genommen werden.“

So, jetzt aber kommen wir zum eigentlichen Skandal Ihrer Aussagen – es ist auch das sehr, sehr hinterfragenswert, wie das an die Medien kommen kann, aber die Geschichte wird ja dadurch nicht wahrer. Wir haben dann auch wissen wollen, ob es „tatsächlich Versuche von Personen“ gab, „auf das Baustellengelände“ zu gelangen. Zu Ihrer Be­hauptung muss man nämlich auch sagen, dass das ja eine Baustelle ist, wo seit drei­einhalb Jahren keine Abgeordneten, keine Mitarbeiter und zu diesem Zeitpunkt, am Sonntagabend, vermutlich auch keine Baustellenarbeiter drinnen sind, die also leer war. Wenn man vorbeifährt – wir kennen das alle –, sieht man: Das ist gesichert, da sind Baucontainer, da ist ein Zaun, da kommt man ohne Werkzeuge nicht so einfach hinein.

Wir haben also gefragt, ob es tatsächlich diesbezügliche Versuche gab, ob es Personen gab, die vielleicht entsprechende Einbruchswerkzeuge mitgeführt hätten, ob es Bild- oder Videomaterial gibt, wie viele Personen versucht haben, einzudringen, zu welcher Uhrzeit der Vorfall passiert ist, ob Personen festgenommen wurden, ob Personen ange­zeigt wurden und so weiter und so fort.

Ihre Antwort auf die Fragen 11 bis 18, die wir sehr detailliert gestellt haben, lautet lapidar: „Mehrere Beamte haben im Demozug vernommen, dass Demonstranten zum Parlament wollten. Kräfte wurden entsprechend verlegt“ – und jetzt kommt’s – „,es kam zu keiner weiteren Eskalation.“ Es ist dort also nichts vorgefallen.

Wir wollten das genauer wissen: Die verdeckten Ermittler, welche mehrfach in der Men­ge mitgehört - - (Bundesminister Nehammer schüttelt den Kopf.) – Ja, Sie schütteln den Kopf! Ich komme gleich zur Antwort, die Sie gegeben haben. Sie haben dann auch Ge­legenheit, das auszuführen und vielleicht ein bisschen zu beleuchten, wie Sie zu dieser Geschichte gekommen sind. Es geht nämlich darum, ob die verdeckten Ermittler, die da mehrfach in der Menge mitgehört haben, quasi gewarnt haben, dass das Ziel das Par­lament sei, und was sie gemacht haben, ob sie Ton-, Bild- oder Videoaufnahmen ge­macht haben, und was dann passiert ist.

Sie haben eigentlich nur Folgendes geantwortet: „Von den den Demonstrationszug be­gleitenden Kriminalbeamten wurde wahrgenommen, dass aus einer Gruppe von De­monstrationsteilnehmern heraus offensichtlich spontan artikuliert wurde, dass die Ram­pen des Parlaments als konkretes Ziel anzustreben wären.“ – Na bumm! (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch. – Abg. Kickl: ...plan!)

Herr Minister, das könnte auch eine Ortsangabe gewesen sein, indem man sagt: Gehen wir weiter Richtung Parlament! – Unsere Klubräumlichkeiten in der Reichsratsstraße sind hinter dem historischen Parlamentsgebäude. Wenn ich jemandem den Weg zu meinem Büro beschreibe, sage ich auch: Na ja, Richtung Parlament! (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch.) Bisher hat aber keiner, der mich besucht hat, versucht, diese Baustelle zu stürmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann haben wir weitere Fragen gestellt – um das abzukürzen –, und Sie haben nur mehr Folgendes gesagt: „Mangels Vorliegens einer Straftat oder eines gefährlichen Angriffs“ gab „es keine Grundlage zur Ausforschung dieser Personen“, und es gab auch keine weiteren Vorfälle.

Herr Bundesminister Nehammer, halten wir fest: Es gibt kein Bild- oder Videomaterial, es gibt keine Straftaten, es gibt folglich keine Anzeigen und keine Festnahmen. Es gab


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keine Menschen auf der Rampe, auf der Baustelle oder im Baustellengelände. Es gab keinen Vorfall. Die Geschichte ist schlicht und ergreifend frei erfunden, Herr Bundesmi­nister! (Beifall bei der FPÖ.)

Da stelle ich mir die Frage: Warum? Warum machen Sie das? Warum dieser untaugliche Vergleich mit dem Kapitol? Auch Herr Sobotka hat ja zu Weihnachten schon einen Brief geschrieben, dass er Angst hat, dass das Parlament gestürmt werden könnte. – Ja, sehnen Sie sich solche Bilder herbei, dass Sie noch härter gegen die Menschen vorge­hen können, dass Sie noch unverhältnismäßiger agieren können? Ja, wollen Sie das? Das passt ja perfekt zu Ihrer Eskalationsstrategie! Das wollen wir nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie wollen da ein bestimmtes Stimmungsbild erzeugen, Herr Minister, Sie sind auch für einen eklatanten Vertrauensverlust in die Polizei verantwortlich. Ihr obskures neues ÖVP-Parlamentsklubmedium „Zur Sache“ hat quasi darzustellen versucht, dass die Polizei ein hohes Ansehen genießt: 69 Prozent – das haben Sie als Meisterleistung ab­gefeiert und wollten damit auch Herrn Kickl diskreditieren. Die Geschichte ist aber: In Wahrheit hat es einen Vertrauensverlust von 90,5 Prozent auf 69 Prozent innerhalb ei­nes Jahres – von 2019 auf 2020 – gegeben. Ende 2019, unmittelbar nach der Amtszeit von Herbert Kickl, war die Polizei sogar erstmals in der Geschichte auf dem Spitzenplatz, dem Platz eins, des österreichischen Vertrauensindex Institutionen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Machen Sie also Ihre Hausaufgaben! Missbrauchen Sie die Polizei nicht immer, um we­gen Verwaltungsübertretungen unverhältnismäßig gegen die eigenen Bürger vorzuge­hen! Kümmern Sie sich endlich einmal darum, dass so etwas nicht passieren kann, ein solch eklatantes Versagen wie jenes im Vorfeld des Terroranschlages! Bringen Sie das BVT in Ordnung! Schauen Sie, dass Sie die Zuwanderung in Ordnung bringen! Wir ha­ben Rekordzuwächse im - -


Präsidentin Doris Bures: Sie müssen den Schlusssatz formulieren.


Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (fortsetzend): Wir hatten im März dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr um fast 90 Prozent mehr Asylanträge, obwohl Sie ge­sagt haben, die Grenzen sind de facto dicht. Herr Innenminister, kümmern Sie sich um Ihre Aufgaben, um die öffentliche Sicherheit! Stärken Sie das Ansehen der Polizei ... (Bei­fall bei der FPÖ.)

17.41


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, das ist ein Endlosschlusssatz!

Nun erteile ich Herrn Innenminister Karl Nehammer das Wort. – Herr Bundesminister, Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. Bitte.


17.41.50

Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich war richtig erstaunt, als ich gesehen habe, dass ich zur Kurzdebatte geladen bin und die FPÖ mir Gelegenheit gibt, genau das, was sich damals am 31.1. und auch am 6.3. zugetragen hat, noch einmal zu beschreiben. (Abg. Belakowitsch: Moment, am 6.3. ...!)

Herr Abgeordneter Amesbauer, ich bin besonders erstaunt darüber, dass Sie eine De­monstration als harmlos bezeichnen (Abg. Belakowitsch: Die war harmlos!) – das wird im Protokoll dieses Hohen Hauses nachzulesen sein –, bei der vier Polizisten zum Teil schwer verletzt worden sind (Abg. Belakowitsch: Beim Parlamentssturm?), zu der heu­te sogar ein Prozess stattgefunden hat und einer der Gewalttäter verurteilt worden ist.

Eines sage ich Ihnen, Herr Abgeordneter Amesbauer: Jeder verletzte Polizist ist einer zu viel. Das Versammlungsrecht ist ein wichtiges Grundrecht, es gibt aber niemandem


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das Recht, jemanden anderen anzugreifen oder zu verletzen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Stefan: Nicht ablenken! Wo ist der Parlaments­sturm?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten Sie das online verfolgen, so sehen Sie jetzt die Taktik der Freiheitlichen Partei. Die Freiheitliche Partei war einst eine Verteidige­rin der Polizei. (Abg. Stefan: Stimmt das? – Zwischenruf der Abg. Steger.) Vier verletzte Polizisten sind also nichts. (Abg. Kickl: ... muss man gegen Sie verteidigen!) Der Parla­mentssturm ist durch die Funkprotokolle nachgewiesen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Was wirklich peinlich ist, Herr Abgeordneter Amesbauer (Zwischenruf des Abg. Ames­bauer – Ruf bei der FPÖ: Warum antworten Sie nicht?), was in Ihren Ausführungen jetzt noch peinlicher wird: In der Nähe des Kriminalpolizisten und nicht des verdeckten Er­mittlers - - Wenn Sie den Unterschied nicht kennen, können Sie den Innenminister außer Dienst Herbert Kickl fragen, der sollte es Ihnen erklären können. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Die Kriminalpolizisten, die bei solch einer Demonstration zivil ermitteln, haben diesen Hinweis gegeben – die Polizisten, denen Sie angeblich so sehr danken, die sich da in Gefahr begeben. (Abg. Belakowitsch: Welche Gefahr?) Wissen Sie, wa­rum in Gefahr? – Weil in der Nähe des einen Kriminalpolizisten eine Hooligangruppe war, die sogenannten Unsterblichen. Der Name richtet sich ohnehin selbst, das aber sind die Fakten, die Sie hier verschweigen, Herr Abgeordneter! (Ruf bei der FPÖ: Die richtigen Fakten verschweigen Sie!) Nein, Sie werden in mir keinen Verbündeten finden, um Gewalt gegen die Polizei zu rechtfertigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Stefan: ... vergleicht mit dem Kapitol! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Bei dieser Demonstration gab es über 1 800 Anzeigen. Das war ein massiver Einsatz der Polizei, ein massiv fordernder, er ging den ganzen Tag, ausgelöst durch ganz viele Anmeldungen, auch vonseiten der FPÖ. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Du, Herbert, hast dich damals zurückgezogen, weil du die Untersagung sozusagen nicht boykottieren woll­test. Du warst dann am 6.3. am Tableau der Politik. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Da ist es dann richtig zur Sache gegangen. (Heiterkeit des Abg. Kickl.) Da ist der Innen­minister außer Dienst auf die Bühne getreten und hat sich als Brandstifter betätigt. (Neu­erliche Zwischenrufe bei der FPÖ.) Er hat Öl ins Feuer gegossen. Das Ergebnis? – Weitere verletzte Polizistinnen und Polizisten und ein schwer verletzter Unbeteiligter. (Abg. Stefan: Genau, von wem denn? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Nein, Herr Kollege Amesbauer, diesen Diskurs führe ich jederzeit! Das Grund- und Ver­sammlungsrecht ist wichtig und ist es wert, es zu schützen, es ist aber nicht dazu da, missbraucht zu werden, nicht dazu da, Gewalt gegen die Polizei zu verherrlichen oder zu verharmlosen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich bin daher wirklich dankbar dafür, das und mehr als das heute aufzeigen zu können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Bei der Demonstration, bei der Herbert Kickl sich auf der Bühne gezeigt hat – Frau Kol­legin Belakowitsch war auch am Heldenplatz und hat noch das Ihre dazu beigetragen (Abg. Belakowitsch: Das war doch alles kein ...!), dass die Stimmung so richtig zum Kochen gekommen ist (Abg. Steger: Wo hat sie gekocht, bitte? – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer) –, gab es bei und nach dieser Versammlung, die die FPÖ mitinitiiert hat, 3 200 Anzeigen, 42 Festnahmen und leider auch Festnahmen wegen des Versto­ßes gegen das Verbotsgesetz. (Zwischenrufe der Abgeordneten Stefan und Steger. So laut kann der FPÖ-Klub gar nicht schreien, dass er diese Wahrheiten nicht zur Kennt­nis nehmen muss! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Jetzt zu den von Ihnen angeblich so verteidigten Polizistinnen und Polizisten (Neuerli­cher Zwischenruf der Abg. Steger. – Abg. Stefan: Das hat doch mit ... nichts zu tun! – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer): Die Polizistinnen und Polizisten des Innenmi­nisteriums mussten bisher 220 000 Überstunden leisten, weil die FPÖ meint, Politik nicht


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nur im Parlament betreiben zu müssen, sondern auch auf der Straße. (Abg. Deimek: Erzählen Sie mal was zur Anfrage!) Was aber wirklich nachdenklich stimmt und wozu ich noch kein einziges kritisches Wort von Ihnen gehört habe (Zwischenruf des Abg. Stefan), ist, dass diese Coronademonstrationen massiv missbraucht werden. Wir haben Altneonazis, Neuneonazis, Identitäre, Hooligans (Abg. Stefan: Tiroler! Tiroler! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), und sie alle missbrauchen den Protest der Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir wissen, dass in der rechtsextremen Szene bereits der Satz gilt (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch): Das ist die Jahrhundertchance, wir haben eine neue Möglichkeit! (Abg. Stefan: Sie machen sie groß!) – Ich habe von Ihnen im FPÖ-Klub nicht erlebt, dass Sie genau das aufzeigen und kritisieren, wer sich da aller unter den Demonstrantinnen und Demonstranten befindet. Es macht den Polizeieinsatz massiv schwierig. Weil die Gruppe der Demonstrantinnen und Demonstranten so heterogen ist, muss mit aller Umsicht und Verhältnismäßigkeit vorgegangen werden.

Das ist es, was Bürgerinnen und Bürger oft verstört. Sie fragen: Warum löst die Polizei eine untersagte Versammlung nicht einfach auf? – Weil das Verhältnismäßigkeitsgebot gilt, weil es wichtig ist, dass keine Unbeteiligten zu Schaden kommen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Jeder hat Verständnis, wenn die Polizei einen gewaltbereiten, reni­tenten 120-Kilo-Hooligan zu Boden bringt und festnimmt, es hat aber dann niemand Ver­ständnis, wenn bei der Festnahme eine Frau und ein Kind zu Schaden kommen und blutüberströmt danebenstehen. Das macht diesen Dienst der Polizistinnen und Polizis­ten so schwierig – von meiner Seite ein großes Danke für ihren Einsatz. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Kommen wir aber zu einer Bilanz, die die FPÖ vielleicht interessiert, denn sie lobt ja diese Demonstrationen so, und vor allem anscheinend auch die Gewaltbereiten, die da­runter sind! (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Deimek.) Wir haben bisher 249 Festnahmen und 17 verletzte Polizistinnen und Polizisten im Dienst, und der Herr Abgeordnete zum Nationalrat, der auf die Verfassung vereidigte Abgeordnete Amesbauer, sagt, vier oder fünf verletzte Polizisten sind ja kein Problem, da ist nichts passiert. (Abg. Amesbauer: Wann habe ich das gesagt? – Abg. Stefan: Wann hat er das gesagt? Das ist unglaublich! – Ruf bei der FPÖ: Das hat er nie gesagt!)

Wir haben darüber hinaus 13 500 Anzeigen, seit die Demonstrationen unterwegs sind. (Abg. Stefan: Herr Minister, das haben Sie nicht notwendig! – Abg. Deimek: Das ist eine Lüge! – Ruf bei der FPÖ: Sie sind eine Schande für das Parlament!) Eines sage ich Ihnen: Wissen Sie, was die Demonstrationen am besten beweisen? – Am besten bewei­sen die Demonstrationen, dass der, der eine rot-weiß-rote Fahne trägt, noch lange kein Patriot ist (Abg. Steger: Hören Sie auf, zu lügen! – Ruf bei der FPÖ: Das ist unerträg­lich!), denn Patriotismus ist die Liebe zu den Seinen, und die Liebe zu den Seinen heißt, die Schutzmaßnahmen zu befolgen, auf den Abstand zu achten, die Schutzmaske zu tragen. (Ruf bei der FPÖ: Ihr Parlamentsauftritt ist ein ...!) Dem Patriotismus und der Liebe zu den Seinen fühlen sich das Innenministerium und die Polizistinnen und Poli­zisten in diesem Land verpflichtet. (Lang anhaltender Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Ein bemerkenswerter Auftritt! – Abg. Bösch: Schaumschläger!)

17.49


Präsidentin Doris Bures: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, weise ich darauf hin, dass die Frage der Mäßigung in der Rede natürlich für alle, auch für Mitglieder der Bundesregierung, gilt. (Beifall bei SPÖ, FPÖ und NEOS. – Ruf bei der FPÖ: Bravo! – Ruf bei der ÖVP: Skandal!) Herr Bundesminister, ich werde mir deshalb auch das Pro­tokoll kommen lassen, um mir das genau anzusehen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Ausdruck richtig gehört habe, aber dafür gibt es eine Protokollführung; ich behalte mir das vor.


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Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Karl Mahrer. (Abg. Michael Ham­mer: So eine rote Präsidentin! – Ruf: So ins eigene Fleisch schneiden!) – Ich kann Ihnen nur sagen, für Kritik an der Vorsitzführung sieht die Geschäftsordnung auch einen Ord­nungsruf vor. Ich würde Sie ersuchen, sich das genau anzusehen.

Bitte, Herr Abgeordneter Mahrer, Sie sind am Wort. (Ruf bei der ÖVP: Unglaublich! – Abg. Kickl: Unglaublich entlarvend!)


17.50.50

Abgeordneter Karl Mahrer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen im Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrter und eigentlich von mir sehr geschätzter Herr Abgeordneter Amesbauer, Sie haben Fragen an den Bundesminister gestellt (Abg. Kickl: Keine wurde beantwor­tet!), der Bundesminister hat Antworten gegeben (Abg. Belakowitsch: Aber nicht sehr viel gesagt!) und heute hier im Hohen Haus noch einmal eingehend dazu Stellung ge­nommen. (Ruf bei der FPÖ: Keine einzige hat er beantwortet! – Abg. Bösch: Schaum­schlägerei! – Abg. Kickl: Vielleicht weiß er nicht, dass er dem Parlament ...!)

Aber bitte, meine sehr geehrten Damen und Herren, bedenken Sie: Es geht um viel mehr. (Abg. Belakowitsch: Um was geht es denn?) Ich möchte daher heute einen As­pekt dieses Themas, der mir besonders am Herzen liegt, der auch den Menschen in Österreich besonders am Herzen liegt, ansprechen, und zwar die politische Stimmung in unserem Land. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt Menschen, die Kritik an den Coro­namaßnahmen üben, und ja, es gibt Menschen, die Sorgen und Ängste haben. (Abg. Steger: Viele sogar!) Diese Menschen möchten ihre Sorgen und Ängste auch auf den Straßen zum Ausdruck bringen. (Abg. Belakowitsch: ... wird untersagt, dürfen sie ja nicht!) Das ist ihr gutes Recht!

Es geht aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, um Bilder, die wir alle in den letzten Wochen und Monaten gesehen haben. (Abg. Schnedlitz: ... Problem, dass Men­schen auf die Straße gehen!) Es geht um Rechtsradikale, es geht um Rechtsextreme, es geht um Hooligans, es geht um Staatsverweigerer (Abg. Kickl: Einen Radikalen ha­ben wir gerade vorher gesehen!), es geht um Menschen, die teilweise trotz Untersagung auf die Straße gehen, die Ängste der Menschen instrumentalisieren, um ihre Botschaft zu platzieren und, ja, auch um Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten auszuüben.

Wir sehen das an bestimmten Fahnen, an bestimmten Symbolen, an bestimmten Aussa­gen. Wissen Sie, ich bin sehr betroffen gewesen, als ich gesehen habe, dass Kundge­bungsteilnehmer unter Hochhalten von Judensternen mit den Begriffen Impfgegner und Coronaleugner auch durch jüdische Viertel der Leopoldstadt gegangen sind. Das hat mich fassungslos gemacht. Diese Kundgebungen, meine Damen und Herren, haben für diese Gruppe der Teilnehmer nur ein Ziel: provokant die Coronaschutzbestimmungen zu missachten, rechtsradikale Sprüche zu klopfen und – leider zuletzt auch – die Opfer des Nationalsozialismus zu verhöhnen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Bösch.)

Meine Damen und Herren, Herbert Kickl hat sich durch seine Art von Politik in den letzten Wochen eigentlich schon disqualifiziert. (Abg. Belakowitsch: Selbstkritik ist nicht Ihres!) Ich wollte heute gar nichts mehr zu Ihnen sagen (Abg. Kickl: Dann schlucken Sie es runter!), ich muss aber leider beim heutigen Thema aus sachlichen Gründen auch auf die Bilder in Ihrem Zusammenhang eingehen: Wir haben auch Bilder von Ex-Innenmi­nister Herbert Kickl gesehen, der in Aussendungen, Aufrufen und vor allem auch, wenn er bei Kundgebungen selbst auftritt, Mut macht, an untersagten Demos teilzunehmen oder zumindest auf der Straße – unter Anführungszeichen – „spazieren zu gehen“, im Wissen, welche Gewaltakte gesetzt werden. (Abg. Stefan: Das ist Anarchie! Das ist Irr­sinn, wirklich! – Abg. Kickl: Unglaublich!)


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Damit wurde vom ehemaligen Innenminister mehrfach dazu beigetragen, dass die Ge­sundheit von Teilnehmerinnen und Teilnehmern oder Unbeteiligten gefährdet und der Einsatz der Polizei behindert worden ist. (Abg. Amesbauer: Ungeheuerlich! – Abg. Ste­fan: Jeden Tag lässt man die Kinder ... sitzen ...!) Genauso ruft er hier im Parlament, entgegen den Aufforderungen seines Parteiobmanns Nationalratspräsident Norbert Ho­fer, auf, die Coronaschutzbestimmungen zu missachten und gegen das Impfen und das Testen der Menschen vorzugehen. (Abg. Kickl: Warum erinnern Sie mich immer an den Präsidenten Pilch? Sie gehören zum Kottan!) – Herbert Kickl, Sie stehen nicht für eine Lösung (Abg. Kickl: Sie gehören zum Kottan!), Herbert Kickl, Sie stehen für ein Problem. Herbert Kickl, Sie sind das Problem! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Ach Gott! – Ruf bei der ÖVP: Ha, ha, ha!)

Das Aufheizen der politischen Stimmung in Österreich verantworten Sie, und leider ist das in der Zwischenzeit Ihr trauriges politisches Geschäftsmodell geworden. Dass das Aufheizen – und jetzt sind wir beim Punkt – der politischen Stimmung auch zu Gewalt­taten und zur Stürmung von symbolträchtigen Einrichtungen führen kann, das haben wir bei den Ereignissen rund um das Kapitol in Washington live im Fernsehen erlebt. (Abg. Kickl: Unglaublich! – Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Steger.)

Da müssen wir alle gemeinsam aufpassen. (Abg. Stefan: Deswegen darf man es nicht verharmlosen!) Wir wollen diese Bilder in Österreich nicht sehen. Wir wollen keine Bilder von Rechtsradikalen auf den Straßen sehen und wir wollen keine Bilder von Politikern in verantwortungsloser Form, ohne Rücksicht auf Verluste, sehen, die die politische Stim­mung in Österreich anheizen und die Menschen gegeneinander aufhetzen. (Abg. Ste­ger: Dann müsste die ganze Regierung zurücktreten! – Abg. Kickl: Die Staatsgefährder sitzen bei uns in der Regierung! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Mit Ausnahme einiger Ihrer Getreuen, Herr Kickl, arbeiten hier in diesem Hohen Haus alle Fraktionen miteinander und verantwortungsvoll, auch wenn es manchmal völlig un­terschiedliche Meinungen gibt – aber es gibt ein Miteinander. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Und so haben es auch der Bundeskanzler, der Gesundheitsmi­nister und der Innenminister zuletzt geschafft, dass die Polizistinnen und Polizisten, denen wir alle danken, früher – wesentlich früher als vorgesehen – geimpft werden kön­nen und damit ihre Einsätze auch bei voller Gesundheit überstehen. (Ruf bei der FPÖ: Kann man sich gegen Gewalt impfen lassen? – Abg. Angerer: Schlusssatz, bitte!)

Meine Damen und Herren, damit komme ich zum Schluss: Dieses Beispiel zeigt für mich sehr schön eines: Nicht gegeneinander kämpfend, so wie Sie es tun, Herr Kickl, sondern miteinander arbeitend – nur miteinander, und da meine ich Regierung und Opposition – können wir diese Herausforderungen meistern. Bitte, tun wir es für die Menschen in Ös­terreich! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.56


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Reinhold Einwallner, Sie gelangen nun zu Wort. Bitte.


17.57.02

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wir haben wieder einmal eine kurze Debatte zu einer Anfragebeantwortung des Innenministers. Herr Innenminister, es wird ja schon langsam Routine hier herinnen, dass wir das tun müssen, weil die Qualität Ihrer Anfragebeantwor­tungen wirklich zu wünschen übrig lässt. Einerseits ist bei der Beantwortung zu bemer­ken – auch bei dieser Anfrage wieder –, dass die Antworten relativ dürftig sind, sage ich sehr diplomatisch. Wenn das anders wäre, würde ja solch eine kurze Debatte zumindest die Möglichkeit geben, ein Thema zu vertiefen und darauf thematisch stärker einzusteigen.


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Andererseits stellt sich da die Frage, wie es mit der Richtigkeit der Beantwortung aus­schaut. Meine Damen und Herren, wir alle hier haben diese Emotionalität, die entstan­den ist, diesen Hickhack zwischen ÖVP und FPÖ, immer, wenn es um das Thema Si­cherheit geht, erlebt. Sie beide disqualifizieren sich bei diesem Thema, denn ein politi­sches Schauspiel auf ihren Rücken haben sich die Polizistinnen und Polizisten nicht ver­dient. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Stefan.)

Nichts anderes ist es, wenn wir einen Innenminister hier haben, der sich bei einer Be­antwortung immer noch wie ein Generalsekretär einer Partei aufspielt. Meine Damen und Herren, das kann so nicht sein und das soll so nicht sein. Wir brauchen etwas mehr Seriosität und weniger Aufgeregtheit bei diesem Thema.

Da haben die Polizistinnen und Polizisten nichts davon: Wir haben seit 20 Jahren ÖVP-Innenminister, die den Polizistinnen und Polizisten mit warmem Händedruck, Hände­schütteln und Schulterklopfen schöne Nachrichten überbringen. Im Endeffekt aber pas­siert im Sicherheitsbereich viel zu wenig. Es passiert nämlich dann zu wenig, wenn es um die konkreten Maßnahmen geht.

Schauen wir uns ein paar so konkrete Maßnahmen an, gerade auch jetzt in der Frage der Pandemiebekämpfung! Kollege Mahrer stellt sich hier heraus und sagt: Wir haben es geschafft, dass die Impfungen vorgezogen werden! – Was ist denn das für ein Blöd­sinn, Herr Mahrer? (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Mäßigen Sie sich!) Dreimal verschoben hat man die Impfungen für die Poli- -


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie haben vorhin dahin gehend appelliert und ich ersuche auch Sie, sich in Ihrer Ausdrucksweise zu mäßigen. – Bitte. (Abg. Bösch: Wenn es stimmt, Frau Präsident! – Abg. Hanger: Sie haben sich jetzt selber widerspro­chen!)


Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (fortsetzend): Frau Präsidentin, ich danke Ihnen für den Hinweis, aber wissen Sie, in den letzten Tagen und Wochen sind so viele Polizistinnen und Polizisten auf uns, auf den Klub, auf mich als Sicherheitssprecher zu­gekommen, die fragen: Wann werden wir jetzt endlich geimpft? – Diese Impfungen ha­ben sich immer und immer wieder verzögert, und darum halte ich es auch für falsch, wenn man sich dann hierherstellt und so tut, als wenn man es jetzt geschafft hätte, dass sie früher geimpft werden. Das kann ja nicht Ihr Ernst sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe noch ein paar andere Sachen. Herr Minister, Sie stellen sich immer hierher und sagen: Ich kämpfe für die Polizistinnen und Polizisten und schaue, dass sich die Zu­stände verbessern. – Dann schauen wir uns einmal an, wie es in der Realität ausschaut, wenn es darum geht, klare Verbesserungen für die Polizistinnen und Polizisten durchzu­setzen! Wenn es darum geht, eine lohnsteuerfreie Coronaprämie auszuzahlen: Ah, das lehnt die ÖVP plötzlich ab, da ist man dagegen. Wenn es darum geht, die Stornoge­bühren, die die Polizistinnen und Polizisten gehabt haben, wenn sie vor einem Jahr schon einen Urlaub gebucht hatten, lohnsteuerfrei zu bezahlen, lehnt die ÖVP das ab, da lehnt sie sich zurück, da ist es nicht mehr wichtig. Wenn es darum geht, Gefahren­zulagen zu erhöhen, lehnt die ÖVP das ab! Wenn es darum geht, auch eine Infek­tionskrankheit, also eine Covid-Erkrankung, als dauerhafte Dienstunfähigkeit darzustel­len und in der Folge die entsprechenden Prämien und die Zulagen weiter auszuzahlen, lehnt die ÖVP das ab. Das wären wichtige Maßnahmen, die den Polizistinnen und Polizisten wirklich helfen, und nicht dieses politische Schauspiel, das Sie mit der FPÖ und dem ehemaligen Bundesminister Kickl hier aufführen.

Meine Damen und Herren, es braucht im Innenressort ein Umsetzen von dringend not­wendigen Reformen, beginnend beim BVT, beim Verfassungsschutz, bei den Nachrich­tendiensten. Es braucht eine neue, innovative Sicherheitsarchitektur für unser Land. Es


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braucht einen gesamtstaatlichen Blick, eine gesamtstaatliche Lagebetrachtung, ein ge­samtstaatliches Lagezentrum für die Sicherheit in unserem Land, und es braucht weni­ger Inszenierung und viel mehr Sicherheitspolitik! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.01


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch zu Wort. – Bitte.


18.01.57

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, Sie haben sich heute hierhergestellt, haben hier ein Schau­spiel abgezogen, mit keinem Wort aber den Parlamentssturm erwähnt. Den hat es auch laut Ihrer Anfragebeantwortung nicht gegeben.

Sie schreiben dann selber, nämlich in der Beantwortung der Fragen 29 bis 36 – also doch eine erkleckliche Anzahl, Sie haben das ja sehr kurz beantwortet –: „Ein Erreichen des Parlamentsgebäudes war in weiterer Folge auch kein Thema mehr, da der Haupt­agitator der bereits aufgelösten und nicht angezeigten Kundgebung knapp vor Erreichen des Parlaments etwa in Höhe des Denkmals der Republik den Demonstrationszug über den Schmerlingplatz auf die 2-er Linie führte und dies auch mit Kommentaren versehen live streamte. Es gab keine weiteren Vorfälle.“ – Diesen Sturm aufs Parlament, Herr Innenminister, den gab es vielleicht in Ihrem Gehirn (Heiterkeit des Abg. Kickl), den hätten Sie sich möglicherweise sogar gewünscht, denn die ÖVP ist dafür bekannt, dass sie Stürme erfindet. Ihr Generalsekretär ohne Portefeuille – nach eigenen Aussagen – hat ja den Sturm auf die ÖVP-Zentrale erfunden. Da mussten Sie zugeben: Diesen Sturm auf die ÖVP-Zentrale vor Weihnachten hat es nicht gegeben.

Jetzt haben wir die Anfrage zum Sturm auf das Parlament, auf die Parlamentsrampe. Wenn Sie dort, vor diesem alten Parlament, stehen, sehen Sie gar keine Rampe, Herr Innenminister, weil da meterhoch Container aufgebaut sind. Es gibt keine Parlaments­rampe, die man stürmen könnte. Offensichtlich haben das irgendwelche Kriminalbeam­ten in Zivil gehört, dass einer gesagt hat: Geh’ ma Richtung Parlament! – Die sind auch Richtung Parlament gegangen, um dann auf die Zweierlinie abzubiegen.

Zur Erklärung muss man sagen: Es waren ja alle Kundgebungen an diesem Sonntag untersagt. Ein ganz großer Teil der Demonstranten war in Wien nicht einmal ortskundig, deshalb sind sie ja im Übrigen an diesem Sonntag über die Wienzeile gefahren – für alle Nichtwiener: eine der Hauptverkehrsrouten –, in weiterer Folge über den Gürtel – auch eine Hauptverkehrsroute –, weil es einfach keine Örtlichkeit gab, weil es einfach nichts Angemeldetes war und weil es keinen Zug gab. Das war das Problem! Das haben Sie mit Ihrer Untersagung erreicht: ein Riesenverkehrschaos – das war es dann aber auch schon. Das Einzige, was man sagen kann: Es war am Sonntagabend in Wien ein Ver­kehrschaos, weil Hauptverkehrsrouten lahmgelegt worden sind.

Was Sie gemacht haben: Sie haben zwischen dem Parlament und den Museen, am Ring, eine Kesselung veranlasst. (Bundesminister Nehammer schüttelt den Kopf.) Dort wurden die Leute stundenlang eingekesselt – stundenlang! –, ohne ersichtlichen Grund. (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.) Dann ist geblinkt worden: Kundgebung aufgelöst, verlassen Sie sie! – Ja, super, alle waren eingekesselt, und dann ist da gestanden, wir sollen das verlassen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.) – Das kann ja nicht funktionieren, Herr Innenminister, das wissen Sie ganz genau, das war ein Pflanz! Sie möchten nichts anderes, als Bilder in den Köpfen zu erzeugen, dass es hier zu Aus­schreitungen kommt.

Jetzt sage ich Ihnen etwas, Herr Innenminister: Ja, ein ganz großer Anteil dieser Polizis­ten hat korrekt gearbeitet, es gibt aber auch welche – das sind nämlich Ihre Polizisten, die, die Ihnen immer so gerne schöntun wollen –, die Verletzungen bei Demonstranten


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durchgeführt haben. Auch diese Fälle haben wir, sie sind dokumentiert, und da werden wir Sie auch noch abfragen. Da gehen dann Polizisten her und legen über 60-jährigen Frauen Handschellen an, weil sie sie angeblich gerempelt haben. Das sind dann die Polizisten, die für Sie arbeiten, die einen Karrieresprung im ÖVP-geführten Innenminis­terium anstreben. Das sind die Bilder, die wirklich zum Weinen sind: wenn man sich so etwas anschauen muss!

Ja, greifen Sie sich an den Kopf! Das ist schon recht gut, dass Sie sich an den Kopf greifen, es gibt nämlich Dutzende Demonstranten, die sich an uns gewandt haben. Ein 14-jähriges Mädchen – und Sie werden es nicht glauben, es waren die Sanitäter aus Wien, die gegen die Polizeibeamtin, die ihr die Hände verdreht hat, Anzeige erstattet haben – hat tagelang Schmerzen gehabt, hat blaue Unterarme gehabt. (Abg. Deimek: Hui!) Auch das ist bei Ihren Demonstrationen vorgekommen.

Das verschweigen Sie immer, weil Sie nämlich Maßnahmen setzen, die nicht nachvoll­ziehbar sind, weil Sie jedes Mal ohne ersichtlichen Grund einkesseln, und zwar immer dann, wenn die Kundgebungen aus sind! Dann heißt es, die Leute sollen heimgehen, und was passiert? – Dann wird eingekesselt, und dann müssen sich die Leute alle aus­weisen, da kriegen sie dann Anzeigen.

Jetzt haben Sie uns erzählt: Es gab am 31. – ich habe es mir nicht gemerkt –, ich glaube, in etwa 3 200 Anzeigen. Und wie viele davon sind niedergelegt worden, weil die Leute Einspruch erhoben haben, weil sie jeglicher Grundlage entbehrt haben, Herr Innenminis­ter? Sagen Sie das doch dazu!

Das ist genau die Situation, die Sie hier in Wien mit Ihrer Heimwehr – mit Ihrer Neham­mer-Heimwehr, die Sie sich da aufbauen wollen – und auf Wiens Straßen herbeigeführt haben, Herr Innenminister! Daran sind Sie nicht unschuldig – im Übrigen auch an der Spaltung der Gesellschaft. (Zwischenruf der Abg. Reiter.) Sie waren es, Herr Innenmi­nister Nehammer, der vor einem Jahr hier gestanden ist und gesagt hat: Es gibt sie, die Lebensgefährder!, quasi die Bösen, die Mörder, und die müssen geächtet werden. (Prä­sidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) Sie sind das gewesen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Spaltung der Gesellschaft und die schlechte Stimmung, die haben schon Sie sich auf Ihre Fahnen zu heften, meine Damen und Herren von der ÖVP! Sie sind seit über einem Jahr dabei, diese Gesellschaft in Gute und in Böse zu spalten, und damit muss endlich Schluss sein!

Und hören Sie auf, immer irgendwelche Stürme zu erfinden. Es glaubt Ihnen keiner mehr, es ist nur noch lächerlich ... (Beifall bei der FPÖ.)

18.07


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, auch das ist ein sehr langer Schlusssatz.

Nun erteile ich Herrn Abgeordnetem Georg Bürstmayr das Wort. – Bitte, Herr Abgeord­neter.


18.07.46

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr ge­ehrte Kollegin Belakowitsch, ich nehme mit Freuden zur Kenntnis, dass die Freiheitliche Partei, die Partei eines späteren Innenministers also, der, bevor er Innenminister gewor­den ist, sich noch damit gepriesen hat, dass er den Knüppel aus dem Sack holen werde, sich jetzt dafür einsetzt, dass die österreichische Polizei die Staatsgewalt möglichst sparsam und vorsichtig einsetzt. (Abg. Kickl: Immer so gehandhabt!) In diesem Ziel, Kollegin Belakowitsch, sind wir uns einig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Abgesehen davon aber, dass es wohl keinen Demokraten auf der ganzen Welt gegeben hat, den die Bilder vom 6. Jänner, von der Erstürmung des US-amerikanischen Kapitols, kaltgelassen haben, abgesehen davon, dass in Foren und Telegram-Gruppen natürlich auch in Österreich ähnlich wahnwitzige Ideen (Zwischenruf des Abg. Deimek) ganz offen diskutiert werden – Sie können das mitlesen, und wir sollten das ernst nehmen, denn in den USA hat man es nicht ernst genommen –, abgesehen davon, dass ich aus diesem Grund den Beamtinnen und Beamten der Landespolizeidirektion Wien, die sich vor diesem Haus während jeder Nationalratssitzung viele Stunden lang die Beine in den Bauch stehen, um uns zu schützen, dankbar bin und dankbar sein muss, dafür, dass sie da sind (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP), abgesehen davon, geschätzter Kollege Amesbauer, habe ich heute stundenlang versucht, den von Ihnen behaupteten Skandal in Ihrer Anfrage oder in der Anfragebeantwortung (je ein Exemplar in die Höhe haltend) zu entdecken.

Was ich gefunden habe, ist (entsprechende Gesten machend) so breit, so hoch und so lang; es ist ein Kubikmeter heiße Luft. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, ich danke fürs Zuhören. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

18.10


Präsidentin Doris Bures: Nun erteile ich Frau Abgeordneter Stephanie Krisper das Wort. – Bitte.


18.10.27

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auf einen anderen Aspekt der Anfrage zu sprechen kommen. Wir haben hier nämlich wieder einen Fall, in dem Informationen aus einem ÖVP-geführten Ressort, ei­nem Sicherheitsressort, zielgerichtet an die Medien gelangten.

Wenn Funkprotokolle der Polizei an Medien gehen und das hilft, eine Behauptung des Ministers zu untermauern, die in Kritik steht, dann stellt sich nicht mehr die Frage, in wessen Interesse das passiert. Das ist umso klarer, weil das Einzige, das Ihnen, Herr Minister, dazu einfällt, ist – ich zitiere aus Ihrer Anfragebeantwortung –: „Übermittlungen von Funkprotokollen an Medien sind weder im Sinne noch entspricht sie den Gepflogen­heiten der Medienarbeit der Landespolizeidirektion Wien.“ – Das ist es; es herrscht keine Sorge zu dieser Praxis. Dabei muss das Leck ja nicht bei der LPD Wien sein, bei Funk­protokollen hören ja viele mit. Im Innenministerium kann man das auf dem Führungs­kanal mithorchen, wenn man nur einschaltet.

Die Frage ist daher, warum Sie, Herr Innenminister, an der Anfragebeantwortung nicht Interesse zeigen und nicht zusagen, sich der Frage der Leaks beziehungsweise der Frage, wie man diese verhindern kann, zu widmen. Soweit es da zum Bruch des Amtsge­heimnisses oder sonstigen Rechtswidrigkeiten kommen konnte: Interessiert es Sie nicht, ob diesbezüglich ermittelt wird? – Es ist ja wahrlich auch kein Einzelfall. Wir wissen aus dem Ibiza-Untersuchungsausschuss, dass qualifizierte Verdachtslagen für andere Leaks aus der Soko Tape bestehen.

Beispiele: Im „Fellner! Live“-Interview im Mai 2020 stellte Richard Schmitt klar, dass er über Informationen aus dem Ibizaverschlussakt verfügt. Da sagt er nämlich, dass er – Zitat – ja auch einsehen konnte bei den Akten im Bundeskriminalamt; und: Das habe ich gestern aus dem Bundeskriminalamt en détail geschildert bekommen. – Zitatende. Und ein gewisser Herr Gert Schmidt, Betreiber der Novomatic-freundlichen Seite eu-info­thek.com, fällt auch immer wieder damit auf, dass er Hintergrundwissen aus laufenden Verfahren im Ibizakomplex hat und Aktenteile veröffentlicht.

Es zeigt sich also, es gibt viele Leaks aus der Sphäre des BMI, und diese herausgetra­genen Informationen haben einen gemeinsamen Nenner: Sie sind für die ÖVP opportun.


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(Abg. Deimek: Ui!) Warum? Worüber wird da berichtet? – Über das Hintermännerverfah­ren zum Ibizavideo und nicht darüber, was für dieses Land eigentlich viel wichtiger wäre, nämlich über das Korruptionsverfahren, in dessen Fokus die ÖVP immer mehr gerät.

Was hören wir aber seit mehr als einem Jahr von Sebastian Kurz abwärts vonseiten der ÖVP? – Dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft an Medien leaken wür­de. Belege für diese Behauptung blieben der Kanzler wie auch alle anderen bis heute schuldig. Weder im U-Ausschuss noch vor der Justiz, die aufgrund dieser Aussagen Ermittlungen einleitete, konnte die ÖVP diese Diffamierung belegen. Das Strafverfahren wurde eingestellt.

Unfundiert anpatzen, das macht die ÖVP spätestens dort, wo ihr nichts anderes mehr einfällt, so auch wieder anlässlich des Bekanntwerdens der Ermittlungen gegen Minister Blümel. So führte zum Beispiel – Frau Kollegin, Sie meine ich – Justizsprecherin Stein­acker in einer Presseaussendung schon im Titel aus: „Leaks aus Teilen der WKStA sind leider Faktum“. Auch Kollege Wöginger sprach in einer Pressekonferenz davon, dass es bei der WKStA immer wieder zu Leaks käme. Evidenz blieben sie beide schuldig.

Die Frage, inwieweit dieses Vorwerfen strafrechtlich relevanten Verhaltens ohne irgend­welche Beweise strafbar ist – Stichwort Verleumdung –, haben die zuständigen Staats­anwaltschaften zu klären. Ich habe dementsprechend eine Anfrage gestellt.

Die echte Sorge um Leaks ist auf Innenministeriumsseite zu suchen, und ich habe kein Wort von Ihnen darüber gehört, dass Ihnen diese fundierte Verdachtslage Sorgen ma­chen würde, Herr Innenminister. Deswegen habe ich eine Anfrage gestellt und hoffe und erwarte mir fundiertere Antworten als jene, die Sie, Herr Innenminister, auf die gegen­ständliche Anfrage des FPÖ-Kollegen gegeben haben, denn diese Art von Anfragenicht­beantwortung wird dem Interpellationsrecht in keiner Weise gerecht und ist eine Ver­höhnung des Parlaments. (Beifall bei den NEOS.)

18.14


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt jetzt eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung von Herrn Abgeordnetem Mahrer vor. – Bitte.

*****


18.14.41

Abgeordneter Karl Mahrer (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin, ich habe ein Ersuchen an Sie, nämlich dass Sie das Protokoll der Rede der Frau Abgeord­neten Dr. Belakowitsch vielleicht noch einmal prüfen oder prüfen lassen. Nach meiner Wahrnehmung hat die Frau Abgeordnete nämlich im Zusammenhang mit den Polizeiein­sätzen zweimal den Begriff „Heimwehr“ gewählt und auch den Begriff „Nehammer-Heimwehr“. Sie hat damit aus meiner Sicht einen Begriff gewählt, der im Zusammenhang mit dem Austrofaschismus zu sehen ist und außerdem den Einsatz der Polizistinnen und Polizisten in diesem Kontext diskreditiert. Ich bitte Sie um Überprüfung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.15

*****


Präsidentin Doris Bures: Gibt es eine weitere Wortmeldung zur Geschäftsbehand­lung? – Das ist nicht der Fall.

Dann möchte ich die Damen und Herren des Hauses und natürlich auch Sie, Herr Ab­geordneter Mahrer, darüber in Kenntnis setzen, dass ich das unmittelbar, schon während der Rede, veranlasst habe. Ich war mir nämlich nicht sicher, es ist von der Akustik her wirklich schwierig und das muss man sich natürlich wirklich genau ansehen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 185

Ich habe wie gesagt die Parlamentsdirektion schon ersucht, mir dieses Protokoll zu brin­gen. Es liegt mir noch nicht vor, aber wenn es da ist, werde ich die Entscheidung treffen, wie da vorzugehen ist. Jedenfalls danke ich für diesen Hinweis.

Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

18.16.33Fortsetzung der Tagesordnung


Präsidentin Doris Bures: Ich nehme die Verhandlungen über den 10. Punkt der Tages­ordnung – Bericht des Gleichbehandlungsausschusses – wieder auf.

Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek gemeldet. – Bitte, Frau Ab­geordnete.


18.16.47

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin, kurz vor 15 Uhr haben Sie so wie im Gleichbehandlungsausschuss vorige Woche an die Abgeordneten appelliert, Masken aufzusetzen. Es wäre – so haben Sie es zumin­dest vorige Woche gesagt – ein Akt der Menschlichkeit, wenn auf Sie als schwangere Frau dadurch sozusagen Rücksicht genommen würde. Vorige Woche haben im Aus­schuss alle Fraktionen Rücksicht genommen und Maske getragen. Frau Bundesministe­rin, wenn aber schwangere Frauen oder überhaupt Frauen jetzt zusehen – es sind jetzt Themen, die die Frauen und die Gleichbehandlung betreffen – und beim Zuschauen und Zuhören feststellen, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird – das wünsche ich mir nicht –, dann ist das wirklich bedauerlich.

Ich habe schon vorige Woche an Sie appelliert, dass Sie in Gespräche mit dem Arbeits­minister und auch mit dem neuen Gesundheitsminister treten mögen. Es geht um eine Materie, die im Sozialausschuss liegt. Sie wissen genau, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass es ganz wichtig wäre, nicht nur im Bereich der körpernahen Dienstleis­tungen, sondern auch im Handel und in der Produktion den Frauen die Freistellung ab der 14. Schwangerschaftswoche zu ermöglichen, die Freistellung auf das Ansteckungs­risiko abzustellen. Es wäre wirklich wichtig, dass Sie da etwas, das Sie für sich selbst in Anspruch nehmen, für alle Frauen in Österreich vertreten, Frau Ministerin. (Beifall bei der SPÖ.)

Nachdem vorige Woche unsere Vorschläge immer wieder abgetan wurden, im Aus­schuss nicht beachtet wurden – im Jargon nennt man das Vertagen –, nachdem unsere Vorschläge und Anträge nicht behandelt wurden, nicht einmal abgelehnt wurden, haben wir sie heute wieder mitgebracht, Frau Ministerin. Wir haben unsere Vorschläge wieder mit und legen sie hier auf den Tisch. Heute können Sie von den Regierungsparteien – auch Sie von den Grünen – nicht vertagen, heute müssen Sie ablehnen. Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Frau­en am Arbeitsmarkt – Maßnahmenpaket zur Krisenbewältigung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt und der Bundesminister für Arbeit, wird aufgefor­dert, folgende Maßnahmen rasch umzusetzen:

- gezielte Arbeitsmarktförderung für Frauen

- Umschulungs- und Weiterbildungsangebote mit frauenpolitischem Fokus (Qualifizie­rungsturbo);


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 186

- Rechtsanspruch auf Beratungs- und Unterstützungsangebote (zusätzlich zu jenen des AMS);

- Aufwendung von mindestens 50 Prozent der AMS-Mittel für Frauen;

- mindestens die Hälfte der Mittel aus der „Corona Arbeitsmarktstiftung“ für Frauen; Erhö­hung des Arbeitslosengeldes;

- Maßnahmen zur Verbesserung der aktuellen Situation von Ein-Personen-Unterneh­men;

- bessere finanzielle Ausstattung von Frauenberatungsstellen

- Verknüpfung dieser mit AMS-Landes-/Regionalstellen“

*****

Sie haben eine Coronahilfszahlung an Frauenberatungsstellen in der Höhe von 3 Pro­zent zugesagt, Frau Ministerin. Wissen Sie, was eine durchschnittliche Frauenservice­stelle damit anfangen kann? – Weniger als eine Beratungsstunde pro Woche in einem Jahr. Das ist zu wenig; deswegen werden unsere Vorschläge immer wieder auf den Tisch kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.20

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek

Genossinnen und Genossen,

betreffend Frauen am Arbeitsmarkt – Maßnahmenpaket zur Krisenbewältigung

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1435/A(E) der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Frauenspezifische Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Krise" (797 d.B.)

Im Februar 2021 sind im Vergleich zum Vorjahr um 40,2 Prozent mehr Frauen arbeitslos. Bei Männern liegt dieser Anstieg bei 24,6 Prozent. Die Langzeitarbeitslosigkeit von Frau­en hat im Februar 2021 gegenüber dem Vergleichsmonat im Vorjahr um 91,3 Prozent (Männer + 77,0 Prozent) ebenfalls dramatisch zugenommen. Laut vorliegenden aktuel­len Daten gingen im Zeitraum Juli bis September 2020 lediglich 37 Prozent der Mittel für Kurzarbeit an Frauen, 63 Prozent an Männer. Niedrig qualifizierte Frauen sind mittler­weile stärker von Arbeitslosigkeit bedroht als Männer und ihre Arbeitslosigkeit verfestigt sich. Auch versteckte Arbeitslosigkeit (z.B., wenn kurzfristiger Einstieg in die Erwerbs­tätigkeit nicht möglich ist) steigt stärker als jene von Männern. 52,3 Prozent der Ein-Personen-Unternehmen (EPUs) sind Frauen, sie haben in der Krise kaum bis gar keine Unterstützung erhalten und erleben daher häufig besonders prekäre Lebensumstände. Es müssen daher dringend Maßnahmen gesetzt werden, um die Krise der Frauen am Arbeitsmarkt zu bewältigen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 187

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt und der Bundesminister für Arbeit, wird aufgefor­dert, folgende Maßnahmen rasch umzusetzen:

•             gezielte Arbeitsmarktförderung für Frauen

•             Umschulungs- und Weiterbildungsangebote mit frauenpolitischem Fokus (Quali­  fizierungsturbo);

•             Rechtsanspruch auf Beratungs- und Unterstützungsangebote (zusätzlich zu je­    nen des AMS);

•             Aufwendung von mindestens 50 Prozent der AMS-Mittel für Frauen;

•             mindestens die Hälfte der Mittel aus der „Corona Arbeitsmarktstiftung“ für Frauen;           Erhöhung des Arbeitslosengeldes;

•             Maßnahmen zur Verbesserung der aktuellen Situation von Ein-Personen-Unter­  nehmen;

•             bessere finanzielle Ausstattung von Frauenberatungsstellen

•             Verknüpfung dieser mit AMS-Landes-/Regionalstellen“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.


18.20.40

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geschätzte Damen und Herren zu Hause! Ich verstehe die emotionalen Worte der Frau Minister und ihren Wunsch nach Rücksicht und Sicherheit. Ich schließe mich aber Kollegin Heinisch-Hosek an: Wir haben das in diesem Haus diskutiert, und die ÖVP sowie die Grünen haben diesen Schutz und diese Sicherheit – diese Freistellung – nur denjenigen Bediensteten zuerkannt, die in körpernahen Dienstleistungen arbeiten müs­sen. Eine Verkäuferin kann nun nicht sagen: Ich arbeite doch nicht! – Eine Verkäuferin kann auch nicht sagen – so wie es für Sie möglich ist –, sie will sich vertreten lassen. Wie gesagt verstehe ich aber natürlich Ihren Wunsch nach Sicherheit und nach Rück­sicht.

Zum Tagesordnungspunkt: Die Regierung fordert sich wieder einmal selbst auf. Wa­rum? – Alle Anträge der Opposition, mit der sich diese seit Beginn der Krise für Verbes­serungen für Frauen eingesetzt hätte, wurden vertagt oder abgelehnt. Bei der Natio­nalratssitzung anlässlich des Internationalen Frauentags – das habe ich noch im Ohr, Frau Minister – haben Sie uns eine lange Liste mit dem, was denn nicht alles für die Frauen in dieser Krise schon getan wurde, vorgetragen; es sei also eh alles im grünen Bereich. Jetzt aber braucht es einen Antrag der Regierung an sich selbst, um endlich tätig zu werden.

Wir haben es heute schon gehört: Ankündigung, aber keine ordentliche Umsetzung. Der Antrag ist offen, ohne konkrete Projekte formuliert. Es geht im Antrag zuvorderst auch einmal um Eigenlob. Es wird angeführt, was schon getan wurde – was wir hier in diesen Hallen schon zigmal gehört haben –, das Rekordbudget, 50 Prozent der AMS-Mittel für die Frauen, vereinfachter Zugang zum Unterhaltsvorschuss, Ausschreibung des Gewalt­schutzzentrums, nur sind das mittlerweile alles alte Hüte.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 188

Was steht sonst noch im Antrag? – Nichts Konkretes. Eines, wofür ich total bin, ist die Verbesserung der psychischen Gesundheit von Frauen. Ja, das braucht es unbedingt, aber dazu gibt es auch keine Details. Darum bringe ich auch folgenden Entschließungs­antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Psychothe­rapie – 30 Stunden ohne Selbstkosten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration und der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsu­mentenschutz wird aufgefordert, alles Erforderliche zu unternehmen, damit bei Erstge­nehmigung einer Psychotherapie ein Stundenpaket von 30 Stunden ohne Selbstkosten­anteil zuerkannt wird.“

*****

So viele Frauen warten seit Beginn der Pandemie auf Unterstützung. Es braucht diese Psychotherapieplätze jetzt und nicht dann, wenn ÖVP und Grüne endlich ihr Regie­rungsprogramm abgearbeitet haben, weil die Frauen, die diese Psychotherapie brau­chen, schon lange am Boden der Tatsachen angekommen sind. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Heinisch-Hosek. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

18.23

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA

und weiterer Abgeordneter

betreffend Psychotherapie – 30 Stunden ohne Selbstkosten

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 10, Bericht des Gleichbehandlungsausschus­ses über den Antrag 1435/A(E) der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Eli­sabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Frauenspezifische Maßnah­men im Kampf gegen die Corona-Krise" (797 d.B.), in der 97. Sitzung des Nationalrates am 21.4.2021

Psychische Erkrankungen befinden sich europa- und österreichweit nicht zuletzt auf­grund der aktuellen Corona-Pandemie auf dem Vormarsch. Laut Prognosen der WHO werden psychische Erkrankungen bis zum Jahr 2030 zu den fünf größten gesundheit­lichen Belastungen zählen. Ein Ausbau und erleichterter Zugang bei der psychosozialen Versorgung ist daher dringend geboten.

Eine Online-Befragung der Donau-Universität Krems vier Wochen nach dem 1. Corona-Lockdown hat gezeigt, dass sich die Zahl an Personen, die depressive Symptome zeig­ten, verfünffacht hat. Besonders gefährdet sind etwa arbeitslose Menschen sowie jene mit einem Nettoeinkommen von weniger als 1.000 Euro. Laut WHO treten psychische Probleme europaweit vor allem in sozial am stärksten benachteiligten Schichten deutlich häufiger auf.

Schon bislang war der Versorgungsstand für Menschen mit psychischen Erkrankungen nicht bedarfsgerecht. Eine Studie des Berufsverbandes Österreichischer PsychologIn­nen (BÖP) hat gezeigt, dass psychische Erkrankungen noch immer ein Tabuthema ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 189

Nur ein geringer Teil der Betroffenen ist mit der aktuellen Versorgungslage zufrieden. Für viele Personen, insbesondere Frauen, Alleinerziehende und Familien, ist eine psy­chische Behandlung und Therapie aufgrund der damit verbundenen Kosten und der Tat­sache, dass es in Österreich keine Psychotherapie auf Krankenschein gibt, nicht leistbar und damit unmöglich.

Gerade die Corona-Zeit mit einer steigenden Zahl von Personen, deren psychische Be­lastung sich bereits massiv negativ auf die Gesundheit auswirkt darf die psychische Ge­sundheit nicht länger eine Frage der Leistbarkeit sein. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration und der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsu­mentenschutz wird aufgefordert, alles Erforderliche zu unternehmen, damit bei Erstge­nehmigung einer Psychotherapie ein Stundenpaket von 30 Stunden ohne Selbstkos­tenanteil zuerkannt wird.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.


18.24.03

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministe­rin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Homeoffice, Homeschooling, Kurzarbeit, drohender oder realer Jobverlust, finanzielle Sorgen, die Angst vor einer Coronaansteckung, die Angst davor, einen Menschen zu verlieren, oder tatsächlich auch der Tod eines geliebten Menschen – seit März 2020 haben die Corona­krise und ihre Folgen sehr weitreichende soziale, ökologische, ökonomische, körperliche und auch psychische Auswirkungen auf unser aller Leben, aber sie haben andere Aus­wirkungen auf Frauen, als sie auf Männer haben. Deshalb hat die Regierung seit März 2020 eine Vielzahl an frauenspezifischen Maßnahmen gesetzt, um diesen Aus­wirkungen der Coronakrise für Frauen bestmöglich entgegenzuwirken, wie ich anhand zweier Beispiele ausführen möchte.

Die coronabedingte Arbeitslosigkeit ist bei Frauen stärker als bei Männern gestiegen. Das haben wir hier im Haus auch schon oft diskutiert. Was hat die Bundesregierung folglich gemacht? – Wir haben einerseits bei den AMS-Geldern sichergestellt, dass über 50 Prozent gezielt für Frauen aufgewendet werden. Andererseits hat die Arbeitsmarkt­stiftung dezidiert einen sehr klaren frauenpolitischen Schwerpunkt gesetzt. Damit ma­chen wir die notwendige berufliche Weiterqualifizierung, Neuorientierung und Umschu­lung von Frauen möglich.

Wir haben in den vergangenen Monaten auch sehr zahlreiche Maßnahmen für Einperso­nenunternehmen gesetzt (Abg. Deimek: Die Frauen spüren schon gar nichts mehr!) und damit auch gezielt Arbeitsplätze von Frauen abgesichert. Jetzt wird gleich ein Antrag, glaube ich, von den KollegInnen von der SPÖ eingebracht, in dem sie genau das, was ich jetzt aufgeführt habe, fordern. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, Sie müssen uns nicht dazu auffordern, wir tun das schon! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 190

Wir haben heute schon mehrfach über Alleinerziehende gesprochen. Das ist gut und wichtig so. Alleinerziehende – 90 Prozent davon sind Frauen – sind eine besonders vul­nerable Gruppe, die durch die Krise von Armut betroffen oder auch bedroht ist. Darum haben wir mit dem vereinfachten Zugang zu den Unterhaltsvorschüssen einen wichtigen ersten Unterstützungsbeitrag geleistet. Wir setzen die Kinderkostenstudie um. Ihr habt das in mehreren Jahrzehnten sozialdemokratisch geführter Bundesregierungen nicht ge­macht – okay! –, wir haben es mit unserem Koalitionspartner im ersten Jahr der türkis-grünen Bundesregierung auf Schiene gebracht. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Wieso ist diese Kinderkostenstudie so wichtig? – Weil sie eine aktualisierte Berech­nungsgrundlage für den Unterhalt bieten wird. Damit schaffen wir einen nächsten, über­fälligen und von der SPÖ verschlafenen Schritt bei der Unterstützung von Alleinerziehen­den. Weitere Schritte werden folgen. Die Bundesregierung steht natürlich weiterhin da­zu, die bestehenden Lücken im Unterhaltsvorschuss zu schließen. Wir arbeiten an einer Lösung dafür.

Ihr, KollegInnen von der SPÖ, bringt, glaube ich, dazu heute auch einen Antrag ein. Ihr hattet diese Unterhaltsgarantie zum ersten Mal 2008 in eurem Regierungsübereinkom­men. Elf Jahre roter Kanzlerschaft zogen ins Land und sie zogen auch vorbei, wo aber blieb die Unterhaltsgarantie, was ist mit ihr passiert? – Gar nichts. Elf Jahre lang habt ihr es nicht geschafft, diese Unterhaltsgarantie umzusetzen. In eurem heutigen Entschlie­ßungsantrag fordert ihr: Unterhaltsgarantie sofort umsetzen! – Das ist Populismus, wie er im Lehrbuch steht. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Ihr werdet heute noch einen Antrag einbringen, einen, mit dem ihr Akutmaßnahmen für Gewaltschutz fordert. Ich glaube, Kollegin Schatz wird das machen. Was fordert ihr da­rin? – Die Stärkung der Prozessbegleitung, den Ausbau von Antigewalttrainings, die Ein­berufung eines Gewaltschutzgipfels. Das haben wir alles schon gemacht. Ihr fordert ein Gewaltschutzpaket in Höhe von 5 Millionen Euro. Wenn ich die Beträge, die in den Ge­waltschutz investiert werden, aller Ressorts, die im Gewaltschutz tätig sind, zusammen­zähle, dann komme ich schon jetzt auf weit mehr als auf diese zu investierenden 5 Mil­lionen Euro. Das ist wichtig und gut so. (Abg. Heinisch-Hosek: Schönrederei!) – Das ist überhaupt keine Schönrederei, Kollegin Heinisch-Hosek. Schönrederei: Euer Nichtstun der vergangenen zehn Jahre, das habt ihr schöngeredet. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP. Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

In euren drei Anträgen, die ihr einbringen werdet, KollegInnen von der SPÖ, fordert ihr lauter Dinge, die wir gerade schon umgesetzt haben oder umsetzen werden (Zwischen­rufe bei der SPÖ) – und wir werden diesen Anträgen deshalb nicht zustimmen. Ich bin sicher, dass es schon eine entsprechende Grafik für das Parlamentsklubmedium der SPÖ kontrast.at gibt, reißerische Schlagzeile inklusive. Vielleicht wollt ihr noch ergänzen, dass die Dinge, die ihr heute eingebracht habt, schon umgesetzt worden sind. (Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Liebe KollegInnen von der SPÖ – ich komme zum Schluss –, es zeichnet sich bei euch ein bisschen ein Muster ab, und das bezieht sich nicht nur auf die Frauen- und Gleich­stellungsthemen, das bezieht sich auch auf den Klimaschutz – darüber haben wir schon heute in der Früh geredet –: Aus der Opposition heraus seid ihr wirklich stark im Fordern, aber sobald ihr in Regierungsverantwortung seid, seid ihr wirklich schwach in der Umset­zung. (Ruf bei der SPÖ: Ihr wart genauso ...!)

Wir machen es anders: nicht nur fordern, sondern tun. Das tun wir gemeinsam mit dem Koalitionspartner Schritt für Schritt – und das zählt. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

18.28



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 191

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter. – Bitte.


18.28.43

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Wir haben diesem Antrag trotz all seiner Unbestimmtheit zugestimmt. Er titelt: „Frauen­spezifische Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Krise“.

Da verteilt die Bundesregierung einmal mehr Pflaster. Alleinerziehende, die im Stich ge­lassen werden, bekommen weiterhin leichter Unterhaltsvorschüsse. Gewaltschutz wird ein bisschen ausgebaut. Frauenförderung am Arbeitsmarkt: Klingt auch gut. – Das ist ja auch alles richtig, aber Hilfe für Schwache und für Benachteiligte allein ist noch keine Frauenpolitik. Wo man jetzt echte Frauenpolitik machen könnte, wäre beim Aufbau- und Resilienzplan, wäre beim Comebackplan – aber da passiert nichts. In den Entwürfen zu den Plänen, die uns vorliegen, gibt es keine speziellen frauenfördernden Maßnahmen, keine neuen Projekte.

Im Grunde handelt es sich nur um eine Abbildung des Regierungsprogramms. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Die Aufbau- und Resilienzpläne der EU-Mitgliedstaaten sollen auch die Schwerpunkte der länderspezifischen Empfehlungen berücksichtigen. Eine von vier länderspezifischen Empfehlungen der Europäischen Kommission an Österreich ist – ich zitiere –, die Empfehlung „in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern die Vollzeitbe­schäftigung von Frauen zu unterstützen, unter anderem durch verbesserte Kinderbetreu­ungsangebote“.

Der Hintergrund ist ganz klar: Die Teilzeitquote in Österreich ist überdurchschnittlich hoch. Sie liegt bei 48 Prozent. Diese hohe Teilzeitquote führt auch volley in die Altersar­mut der Frauen. Investitionen in erschwingliche, in qualitätsvolle Kinderbetreuungsplätze würden eben dazu beitragen, Frauen in die Vollbeschäftigung zu bringen, hin zu einem selbstbestimmteren Leben, aber weder im Aufbau- und Resilienzplan der Regierung noch im Comebackplan findet sich dazu eine einzige Maßnahme – da ist nichts.

Ein anderes Beispiel für eine ganz konkrete Maßnahme, weil ja in diesem Antrag auch ganz vage von mehr Budget „für Frauenförderung am Arbeitsmarkt“ die Rede ist: Mehr als die Hälfte der EPUs wird von Frauen geführt. Frauen betreiben Unternehmen, die in der Krise besonders leiden. Sie schneiden häufiger als Männer anderen Menschen die Haare, sie behandeln Hautprobleme, sie betreiben Cafés – allesamt Branchen, die ganz besonders leiden. Wenn man jetzt schon beim Zusperren keine Fantasie hat, dann könnte man beim Comebackplan das AMS-Gründerprogramm für EPUs großzügiger gestalten. Wer bereits selbstständig war oder die Insolvenz anmelden musste, der wird derzeit vom Unternehmensgründungsprogramm ausgeschlossen. Das muss nicht sein. Wenn wir Comebacks wollen, wäre das eine von vielen Maßnahmen, die direkt helfen würden.

Wenn es aber ein Führungspersonal in der Regierung gibt, das lieber Herrenwitze über steuerbare Frauen macht und sich auch mittels Antrag hier selbst Aufträge erteilt, dann hält man das wahrscheinlich tatsächlich für zukunftsorientierte Geschlechterpolitik. Das ist es aber nicht. (Beifall bei den NEOS.)

18.32


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Romana Deckenba­cher. – Bitte.


18.32.06

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Alltagsheldinnen, Heldinnen in


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 192

der Krise: Viele Frauen sind in systemrelevanten Berufen, vor allem auch in der Corona­krise, tätig und leisten teilweise Übermenschliches. Sie alle garantieren Sicherheit und Stabilität und sind auch mitverantwortlich dafür, dass unser System weiterhin aufrechter­halten wird und laufen kann.

Erlauben Sie mir einen anderen kurzen Blickpunkt auf die Frauenarbeit: Ich denke dabei nämlich an Frauen, die zum Beispiel im Verwaltungsdienst tätig sind, in den Finanzäm­tern oder auch beim AMS. In der Verwaltung arbeiten über 50 Prozent Frauen. Ich sehe auch die Lehrerin, die alles tut, um nach wie vor einen guten Unterricht im Distance­learning, aber auch in Präsenz und die Betreuung für unsere Jugendlichen aufrechtzuer­halten. In den Volksschulen sind 90 Prozent Frauen tätig und insgesamt sind 71 Prozent des Lehrpersonals weiblich. Ich denke auch an die Pflegerin, an die Ärztin, an die Kran­kenschwester, die täglich Leben retten. Im Gesundheitswesen sind zu 81 Prozent Frau­en tätig.

Die NEOS würden wahrscheinlich hier an dieser Stelle argumentieren – und bitte, ich möchte hier niemandem etwas unterstellen –, dabei handle es sich ja Großteils um Frau­en, die im öffentlichen Dienst tätig sind, und die seien weniger von der hohen Arbeits­losigkeit betroffen. Ja, da gebe ich Ihnen recht, aber Gott sei Dank ist das so, denn das sind natürlich auch Frauen, die vielleicht Kinder haben, alleinerziehend sind, in Telear­beit arbeiten, auch Kinderbetreuung leisten, Hausarbeit machen und in ihren Berufen tätig sind. Studien belegen, dass Frauen stärker mit psychischen Belastungen aufgrund der Pandemie zu kämpfen haben. Ich denke, der Ausbau von kassenfinanzierten Psy­chotherapieplätzen für Frauen sollte weiterhin im Auge behalten werden. Das finde ich gut und richtig. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Weil wir hier natürlich auch von Maßnahmen sprechen, möchte ich schon darauf hin­weisen, dass viele davon bereits von der Bundesregierung, von unserer Bundesministe­rin umgesetzt wurden: angefangen bei der Coronajoboffensive bis hin zum leichteren Zugang zum Unterhaltsvorschuss und Familienhärtefonds. Alleine im September wur­den mit dem Kinderbonus – Sie erinnern sich sicherlich noch: 360 Euro pro Kind –, dem Schulstartgeld und der Familienbeihilfe insgesamt 1,1 Milliarden Euro ausbezahlt. Durch den Anspruch auf Sonderfamilienbeihilfe profitieren ungefähr 80 000 Kinder.

Alle Frauen – trotz ihrer unterschiedlichen, wirklich heldenhaften Taten – haben eine we­sentliche Gemeinsamkeit: Sie arbeiten alle zum Wohle der Gemeinschaft, zum Wohle von uns allen. Liebe Frauen, Sie alle sind für mich Heldinnen. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

18.35


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte.


18.35.33

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit einem Jahr wissen wir, dass Frauen besonders von den Auswirkungen der Coronapandemie betroffen sind. Seit einem Jahr fordern wir hier als SPÖ konkrete Maßnahmen, die verhindern sollen, dass diese Krise auf dem Rücken der Frauen ausgetragen wird und dass die Frauen zu den großen Krisenverliererinnen werden. Seit einem Jahr schieben Sie unsere Anträge auf die lange Bank und vertagen sie, ohne konkrete Maßnahmen zu setzen – so auch beim brisanten Thema Gewalt­schutz. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Coronaausgangsbeschränkungen haben zu einem massiven Anstieg der Gewalt an Frauen geführt. Das war schon nach einem Monat sichtbar. Die Zahlen aus dem ver­gangenen Jahr sind erschreckend: Es gab 11 652 Betretungs- und Annäherungsverbote


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 193

und etwa 9 700 Gefährder wurden von der Polizei weggewiesen. Die traurige Spitze des Eisbergs sind 24 Frauenmorde und 30 Mordversuche und Fälle schwerer Gewalt. Auch in der kurzen Zeit dieses Jahres haben wir bereits sieben Femizide und vier Mordversu­che zu verzeichnen. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist ein Auftrag an uns, zu handeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Beileidsbekundungen aus der Politik reichen da nicht mehr aus. Politik muss mehr können. Wir müssen Taten setzen. Dieser erschreckende Trend wird sich fortsetzen, wenn wir nicht endlich an der Reißleine ziehen, wenn wir nicht endlich einen Gewalt­schutzgipfel organisieren und konkrete Maßnahmen setzen, die steigende Gewalt durch die Coronapandemie einzudämmen und den nächsten Frauenmord zu verhindern.

In Ihrem Antrag finden wir diese konkreten Maßnahmen leider nicht, Frau Kollegin Di­soski – keine konkreten Maßnahmen. Der Antrag fordert die Regierung auf, Maßnahmen zu setzen. Ja, Entschuldigung, das ist doch bitte die Jobdescription eines Ministers oder einer Ministerin, Maßnahmen zu setzen, und es ist umso wichtiger, das in Krisenzeiten zu tun! (Beifall bei der SPÖ.)

Offenbar ist das der größte gemeinsame Nenner von Türkis und Grün in der Frauen- und Gleichstellungspolitik. Gleichzeitig – und das haben wir heute schon mehrfach ge­hört – werden unsere Anträge auf die lange Bank geschoben, vertagt oder abgelehnt. Gewaltschutz bedarf aber dringender Maßnahmen, denn jede Frau und jedes Kind hat das Recht auf ein gewaltfreies Leben. Deswegen bringe ich – richtig erkannt – einen Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Akut-Maßnahmen für Gewaltschutz“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert, folgende Akut-Maßnahmen für Gewaltschutz zu setzen:

- Gewaltschutz Sofortpaket in der Höhe von 5 Mio. Euro sowie Zusage für einen konti­nuierlichen Ausbau der finanziellen Ressourcen für Prävention und Gewaltschutz;

- Fortführung des Nationalen Aktionsplans gegen Gewalt;

- verbindlichen Richtlinien-Katalog für Strafverfolgungsbehörden über die Behandlung von Fällen von Gewalt

- Stärkung der Prozessbegleitung;

- Ausbau von Antigewalttrainings;

- bundesweite regelmäßige Hochrisikofallkonferenzen und

- umgehende Einberufung eines Gewaltschutz-Gipfels.“

*****

Bitte setzen wir gemeinsam ein Zeichen gegen Gewalt! – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.39

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 194

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Sabine Schatz,

Genossinnen und Genossen,

betreffend Akut-Maßnahmen für Gewaltschutz

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1435/A(E) der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Frauenspezifische Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Krise" (797 d.B.)

Frauen sind durch die Corona-Krise mehrfach betroffen. Steigende Arbeitslosigkeit und finanzielle Notsituationen bedrohen Eigenständigkeit und ihre finanzielle Unabhängig­keit. Daher müssen niederschwellige Hilfsangebote umgehend ausgebaut werden!

In der fortdauernden Corona-Krise nimmt auch die Gewalt an Frauen weiter zu. Die aktuelle Kriminalstatistik zeigt einen dramatischen Anstieg von Gewalt an Frauen. Im Jahr 2020 wurden durch die Polizei 11.652 Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen und rund 9.700 Gefährder weggewiesen. Im Jahr 2021 wurden bereits 7 Frauen getötet. Bei den Anrufen der Frauenhelpline gab es eine Zunahme von 40 Prozent im Vergleich zum vergangenen Jahr. Damit sich die Situation von Frauen nicht weiter verschlimmert, braucht es Akut-Maßnahmen für Gewaltschutz!

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert, folgende Akut-Maßnahmen für Gewaltschutz zu setzen:

•             Gewaltschutz-Sofortpaket in der Höhe von 5 Mio. Euro sowie Zusage für einen   kontinuierlichen Ausbau der finanziellen Ressourcen für Prävention und Gewalt­    schutz;

•             Fortführung des Nationalen Aktionsplans gegen Gewalt;

•             verbindlichen Richtlinien-Katalog für Strafverfolgungsbehörden über die Behand­ lung von Fällen von Gewalt

•             Stärkung der Prozessbegleitung;

•             Ausbau von Antigewalttrainings;

•             bundesweite regelmäßige Hochrisikofallkonferenzen und

•             umgehende Einberufung eines Gewaltschutz-Gipfels.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Steger. – Bitte.


18.39.17

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Heute haben wir einen Antrag der beiden Regierungsparteien betreffend Frauen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 195

und Corona auf der Tagesordnung, der wieder einmal sehr gut veranschaulicht, wie der­maßen absurd mittlerweile die Coronapolitik von ÖVP und Grünen geworden ist. Anstatt endlich zu handeln, anstatt endlich einmal konkrete Maßnahmen vorzuschlagen, beauf­tragen Sie sich wieder selbst, endlich einmal etwas vorzulegen und Maßnahmen zu ent­wickeln. Ich gratuliere Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, nach einem Jahr Corona kommen Sie endlich drauf, dass man für die Frauen in diesem Land vielleicht auch ein­mal Maßnahmen entwickeln sollte! Ich gratuliere zu dieser Glanzleistung! In der Schule würde es heißen: Nicht genügend, setzen!, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man sich die dreiseitige Begründung Ihres Antrages anschaut – man könnte auch Selbstanklage dazu sagen –, sieht man, Sie haben immerhin zumindest kapiert, was für Schäden Sie in den letzten Monaten mit Ihrer Politik der Frauenvergessenheit angerich­tet haben. Sie sind diejenigen, werte Kollegen von ÖVP und Grünen, die mit ihren Coro­namaßnahmen Frauen reihenweise in die Armut treiben und die Gleichberechtigung mit Füßen treten. Ihre Cornamaßnahmen treffen Frauen doppelt so stark wie Männer, sehr geehrte Damen und Herren. Die Frauen gehören ganz nach oben auf der langen Liste der Kollateralschäden Ihrer Coronamaßnahmen, die Sie seit Monaten billigend in Kauf nehmen.

Seit Monaten erleben wir eine Lockdownpolitik, die Frauen reihenweise in die Arbeitslo­sigkeit treibt. 85 Prozent der Coronaarbeitslosen sind weiblich, und wir wissen, bei den Frauen hält die Arbeitslosigkeit wesentlich länger als bei den Männern. Wissen Sie, wel­che Maßnahmen – wenn Sie schon Maßnahmen suchen – den Frauen wirklich helfen würden? – Sperren Sie endlich die Hotellerie und Gastronomie wieder auf, dort sind Frauen überproportional beschäftigt. Wissen Sie, was den Frauen noch helfen würde? – Sperren Sie endlich die Schulen wieder auf, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Erklären Sie – abgesehen vom Bildungsklau – den Müttern in diesem Land einmal, wie es möglich sein soll, die Kinder neben einem Vollzeitjob, neben sonstigen Betreuungs- und Pflegeaufgaben, neben den Haushaltsaufgaben, von denen wir wissen, dass sie hauptsächlich von den Frauen gemacht werden, nicht nur zu betreuen, sondern auch noch monatelang zu unterrichten. Wie soll das neben einem Vollzeitjob gehen? – Ich kann es Ihnen sagen: Es ist nicht möglich, sehr geehrte Damen und Herren! Echte Wahlfreiheit kann es nur geben, wenn es genügend Kinderbetreuungsmöglichkeiten gibt. Lassen Sie aus diesem Grund die Kinder wieder in die Schule gehen und sperren Sie vor allem auch die Vereine endlich wieder auf und lassen Sie die Kinder Sport be­treiben! (Beifall bei der FPÖ.)

Als Sportsprecherin kann ich nur sagen: Was Sie mit den Vereinen machen, ist ein gesundheitliches Verbrechen an unseren Kindern und Jugendlichen. Das versteht doch kein Mensch mehr! Insbesondere wenn die Kinder vielleicht am Vormittag in der Schule getestet werden, versteht kein Mensch mehr, dass sie am Nachmittag nicht im Verein ihren Sport betreiben können.

Ein Jahr werden die Kinder schon eingesperrt. Das belastet Frauen wirklich, wenn sie mitansehen müssen, dass die Kinder reihenweise auf die Psychiatrien getrieben werden. Dort haben wir Triagen, dort haben wir erschreckende und dramatische Zahlen. Wachen Sie endlich auf, bevor es in diesem Bereich zu spät ist, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Was aber machen Sie? – Anstatt dass Sie einmal wirklich unterstützende Maßnahmen treffen, kriminalisieren Sie lieber auch noch die Mütter, die vielleicht trotzdem andere Mütter treffen, damit die Kinder gemeinsam lernen und spielen können, damit sie eben nicht vereinsamen. Die werden kriminalisiert – anstatt dass Sie sich wirklich einmal um die Kriminellen in diesem Land kümmern oder vielleicht auch die Außengrenzen einmal


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 196

schließen und schützen. Wir haben allein im letzten Jahr wesentlich mehr Asylanträge als die gesamte USA gehabt, das muss man sich einmal vorstellen. Dabei versagt Ihr Innenminister, der auch heute wieder eine peinliche Show abgezogen hat, kläglich. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Dank der Maßnahmen Ihrer Regierung erleben wir auch einen gewaltigen Anstieg der Gewalt an Frauen in diesem Land. Das ist die schreckliche Gewaltbilanz Ihrer Lock­downpolitik. Und wenn dann die Frauen sagen, es reicht, auf die Straße gehen, für ihre Rechte kämpfen und sagen, es geht einfach nicht mehr, wenn sie demonstrieren, wer­den sie von Ihnen auch noch als Coronaleugnerinnen, Rechtsextreme oder Lebensge­fährderinnen denunziert. Ich kann nur sagen: Das ist eine Schande, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Insgesamt kann ich nur sagen: Bei allem, was Sie hier verbrechen, gehen die Frauen zu Recht auf die Straße. Ihr heutiger Antrag wird wieder einmal nichts, aber auch gar nichts an der Situation der Frauen in diesem Land verbessern. Die einzige Maßnahme, die den Frauen in diesem Land helfen würde, wäre ein Rücktritt, und zwar der der gesamten Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.)

18.44


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Abgeordnete Heike Grebien. – Bitte.


18.44.13

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte KollegInnen! Wertgeschätzte ZuseherInnen zu Hause! In den Reden meiner Vorrednerinnen wurden schon einige Maßnahmen aufge­zählt, die gesetzt worden sind, um die Folgen der Covid-19-Krise speziell für Frauen einzudämmen, abzudämpfen und auch zu verhindern. Ich werde jetzt nicht mehr alles wiederholen, sondern ich werde in meiner heutigen Rede auf den Bereich der psychi­schen Gesundheit von Frauen in der Covid-Krise eingehen.

Frauen sind in unserer patriarchalen Gesellschaft von Mehrfachbelastungen – und ich spreche bewusst nicht von Doppelbelastungen, sondern von Mehrfachbelastungen – betroffen und wie wir auch alle wissen, treffen die Folgen der Covid-19-Krise Frauen deutlich härter. Warum? – Weil auch die Krise patriarchale Muster nicht aufbrechen kann, sondern weil sie sie meistens verstärkt. Wir Grüne setzen uns mit voller Kraft – und das meine ich so, wie ich es sage – dafür ein, dass Frauen in dieser Krise die ent­sprechenden Unterstützungsleistungen erhalten. Wie gesagt, einiges wurde schon ge­nannt.

Mit Blick in die Zukunft und dem Willen zu einer evidenzbasierten Politik ist auf Druck der Grünen die Zeitverwendungsstudie erfolgreich in die Regierungsverhandlungen auf­genommen worden. Ebenso gibt es die Zusage der Frauenministerin, dass diese in Auf­trag gegeben wird. Die Zeitverwendungsstudie wird uns – ja, da bin ich sicher – wie eine Watsche ins Gesicht treffen (Abg. Stefan: Für wen? Für wen soll das eine Watsche sein?), also manche von Ihnen, uns sind die Themen leider schon lange bekannt.

Ich habe selbst als Frau, als Tochter einer Frau, als Großtochter einer Frau, aber auch als Aktivistin für das Frauenvolksbegehren die unterschiedlichsten Diskriminierungen von Frauen, vor allem als Mütter, tagtäglich hautnah mitbekommen. Der Kampf der Frau­en um Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das Hin-und-her-Organisieren der Kinderbe­treuung bei Ausfall, vor allem am Land, wo die Angebote für ganztägige Kinderbetreuung massivst fehlen – das alles sind Umstände, die schon vor der Pandemie zum Unver­einbarkeitsdilemma geführt haben.

Auch während der Pandemie erreichen mich – und sicher auch Sie – immer wieder An­rufe und Nachrichten von Frauen. Eine Frau hat mir erzählt, dass ihr in ihrer Gemeinde


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verweigert wurde, ihre Kinder zu betreuen. Man hat ihr gesagt: Sie sind ja zu Hause! Da brauchen Sie wirklich eine Betreuung?!

Wissen Sie was? – Das war und ist der gleiche Spruch wie schon vor der Pandemie, und das sind Aussagen, mit denen sich Frauen ständig konfrontiert sehen – ständig! Ich weiß nicht, ob Sie sich das vorstellen können, was das für Situationen sind, wenn man mit dem Wunsch nach Betreuung der Kinder abgewiesen wird, wenn man in der Zwi­schenzeit schaut, dass man wieder den Berufseinstieg schafft, ein Bewerbungsgespräch führen kann. Was da für ein Stress hochkommt, und dann auch noch ein kleiner Beige­schmack und ein bisserl Salz in die Wunde: vielleicht eine faule Frau, vielleicht auch noch eine schlechte Mutter? – Das ist eine Situation, die Frauen massiv emotional stresst, eine Situation, die Männer in Österreich nicht erleben.

Gerade deswegen und vor allem für die Kids haben wir Grüne ausverhandelt, dass ein Teil des Geldes der Gemeindemilliarde zweckgebunden für den Ausbau der Kinderbe­treuung zur Verfügung steht. Ich sage es Ihnen ehrlich: Die Länder sind säumig, und ich möchte nicht wissen – und ich gendere bewusst nicht –, was die Bürgermeister sonst mit dem Geld gemacht hätten; wahrscheinlich hätten sie es verbetoniert. (Beifall bei den Grünen.)

Natürlich braucht es für diese vielen belastenden Momente, die durch Covid erzeugt oder verstärkt wurden, auch ein Gegenüber, das hilft, unterstützt und zuhört. Dazu ist im März von unserer Frauensprecherin ein Antrag eingebracht worden, der den Bundesmi­nister dazu auffordert. Das können Sie jetzt lächerlich machen, wie Sie wollen, ich finde es nicht lächerlich.

Der Reformprozess dazu ist seit September vorigen Jahres im Laufen. Ja, es ist ein Reformprozess, weil es da einige Stakeholder gibt, die am Tisch zusammensitzen müs­sen. 20 000 Plätze – das haben Sie heute eh auch schon gehört – werden kassenfinan­ziert von der ÖGK aufgestockt. Dabei werden wir Grüne uns im Gespräch mit den Stake­holdern dafür einsetzen und alles geben, was wir können, damit auch dezidiert Plätze für Frauen reserviert sind. (Beifall bei den Grünen.)

Uns Grünen und dem zuständigen Bundesminister Mückstein ist, wie er heute selbst schon gesagt hat, die psychische Gesundheit von Menschen genauso ein Anliegen wie die physische Gesundheit. Daher ist uns klar, dass es in Absprache mit den Sozialversi­cherungsträgern und den Ländern, aber natürlich auch mit der Frauenministerin weitere Maßnahmen braucht. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.49


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Norbert Sieber zu Wort. – Bitte.


18.49.12

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Wir debattieren die frauenspezifischen Maßnahmen im Kampf gegen Coro­na. Die Regierung hat in Summe 35 Milliarden Euro im Kampf gegen Corona ausgege­ben. Natürlich waren nicht nur Frauen von diesen Hilfsmaßnahmen betroffen, aber es waren natürlich auch Frauen von diesen Maßnahmen betroffen. (Abg. Stefan: Das ist lieb von euch! Danke!) Die familienpolitischen Maßnahmen, die diese türkis-grüne Re­gierung beschlossen hat, waren nicht nur für Frauen, aber sie haben natürlich auch Frau­en betroffen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Man darf die Maßnahmen, die wir hier beschlossen haben – gemeinsam beschlossen haben –, auch aufzählen: Ob es der Familienhärtefonds war, die Coronafamilienbeihilfe, der Familienkrisenfonds (Abg. Stefan: Die Arbeitslosigkeit! – Zwischenruf des Abg. Loa­cker), der Coronakinderbonus mit 360 Euro pro Jahr, die Sonderbetreuungszeit oder


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 198

auch der Unterhaltsvorschuss – alles Familienleistungen, die auch Frauen zugutege­kommen sind. (Abg. Heinisch-Hosek: ... drei Monate! ... vorbei!)

Dazu sollte man auch erwähnen, dass sämtliche Familienleistungen, die wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben, auch aufrechterhalten geblieben sind. Das wurde ja ge­rade heute im Familienbericht 2009–2019, der von unserer Frau Minister präsentiert wurde, auch klargestellt. Ich glaube, wir können festhalten, dass vieles im Familienbe­reich gelungen ist, und auch das kommt Frauen zugute: ob es nun die stufenweise Er­höhung der Familienbeihilfe war, die wir in den letzten Jahren gemeinsam – meine Da­men und Herren: gemeinsam! – vorangetrieben haben; ob es der Familienbonus Plus war, den wir ebenfalls gemeinsam beschlossen haben, und der auch Frauen zugute­kommt; ob es der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen in ganz Österreich war, den wir vorangetrieben haben, der wiederum ebenfalls auch Frauen in ihrer Möglichkeit, an der Erwerbstätigkeit teilzuhaben, zugutekommt; oder ob es insgesamt die Auswei­tung – auch das gibt der Bericht wieder – der Familienleistungen ist. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich möchte Ihnen, Frau Minister, auch danken, dass wir das gemeinsam er­reicht haben.

Meine Damen und Herren, in Summe kann man also sagen: Mit diesen Familienleistun­gen sind wir in Europa an der Spitze, das kommt auch Frauen zugute. (Weiterer Zwi­schenruf bei der SPÖ.) Ich bedanke mich bei unserer Familien- und Frauenministerin Susanne Raab, dass wir da auf einem guten Weg sind. Wir haben noch einiges vor. Wir haben im Regierungsprogramm vieles vereinbart, und ich bin überzeugt, dass wir da auch im Sinne der Frauen noch vieles vorantreiben werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.52


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Petra Oberrauner zu Wort. – Bitte.


18.52.31

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministe­rin! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseher zu Hause! Ich darf den Kollegen, der jetzt am Wort war, erinnern: Wir reden über Frauenpolitik und nicht über Familienpolitik! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Bernhard.)

Wie dramatisch die Situation vieler Frauen – selbstständiger, alleinerziehender Frauen – in der Coronakrise am Arbeitsmarkt seit einem Jahr ist und wie sehr sie sich verschlech­tert, müsste mittlerweile jedem bekannt sein. Umso zynischer finde ich diesen Antrag, der sehr viel Energie auf Eigenlob verwendet, aber es nicht schafft, die Regierung und insbesondere die Ministerin und ihre Kolleginnen und Kollegen im Ministerrat nur zu einer einzigen konkreten, sichtbaren und nachvollziehbaren Maßnahme aufzufordern, die für die Frauen wirklich ein Problem löst. Wir hören viele Debatten. Wir hören in den Ausschüssen: Wir haben schon alles gemacht!, allein mir fehlt der Glaube. Für die Frau­en ändert sich ganz wenig zum Besseren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich erwarte mir aus Verantwortung für die Frauen – viele Alleinerzieherinnen –, die in dieser Situation sind – und damit auch ihre Kinder –, konkrete, sichtbare und inhaltlich nachvollziehbare Maßnahmen. Der vereinfachte Zugang zum Unterhaltsvorschuss ist ein guter erster Schritt, er stellt aber für die alleinziehenden Frauen und ihre Kinder keine nachhaltige Lösung dar, und er hilft vor allem den Kindern nicht, von deren unterhalts­pflichtigem Elternteil der Staat kein Geld zurückfordern kann. Die fallen da durch den Rost und die würden das Geld am dringendsten brauchen. Deshalb ist eine Unterhalts­garantie jetzt richtig, wichtig und notwendig.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 199

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Un­terhaltsgarantie sofort umsetzen!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert, umgehend eine Unterhaltsga­rantie umzusetzen, indem über die Familienbeihilfe in Form eines, den Unterhalt sichern­den Ergänzungsbetrages zur Familienbeihilfe, für einen Lastenausgleich gesorgt wird. Der Ergänzungsbetrag wird subsidiär zu regulären Unterhaltsleistungen ausgezahlt, wo­bei sich die Höhe des Ergänzungsbetrages (Richtbeträge) an den Regelbedarfssätzen in der Höhe der ungefähren Kinderkosten orientiert.“

*****

Um es mit Kollegin Blimlinger zu sagen: Ich bin im Übrigen der Meinung, dass Frauen­politik von Türkis und Grün nicht weiter schubladisiert werden kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.55

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Petra Oberrauner, Genossinnen und Ge­nossen,

betreffend Unterhaltsgarantie sofort umsetzen!

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1435/A(E) der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Frauenspezifische Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Krise" (797 d.B.)

In Österreich leben derzeit rund 167.000 Alleinerziehende. 91 Prozent davon sind Frau­en. Rund 44 Prozent aller Alleinerziehenden und ihre Kinder sind stark von Armut ge­fährdet. Wenn die Unterhaltszahlungen des andern Elternteils ausfallen, tragen Alleiner­ziehende oft eine doppelte Unterhaltslast: Fixkosten und Unterhaltskosten. Ihre Situation hat sich in der Corona-Krise weiter verschärft. Die SPÖ fordert daher seit langem eine Unterhaltsgarantie vom Staat, damit in Zukunft wirklich auch jedes Kind in Österreich finanziell abgesichert ist.

Die Lücken im österreichischen Recht, unter denen Alleinerziehende und ihre Kinder doppelt leiden, müssen endlich geschlossen werden. Vor der Nationalratswahl 2017 gab es einen Konsens aller Parteien und ein Bekenntnis aller Parteien zur Umsetzung der Unterhaltsgarantie. Seither ist jedoch kaum etwas geschehen. ÖVP und Grüne blockie­ren das Projekt weiterhin auf allen Ebenen. Ein Gesetzesantrag1 der SPÖ wurde bereits vor geraumer Zeit im Parlament eingebracht und könnte schon längst beschlossen wer­den. Nicht einmal die von der SPÖ immer wieder geforderte Kinderkostenstudie liegt bislang vor!

Die Lücken im österreichischen Unterhaltsrecht müssen endlich geschlossen werden. Kinder, die keinen oder einen sehr geringen Unterhalt bzw. Unterhaltsvorschuss bezie­hen, haben ein Recht auf finanzielle Absicherung!

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 200

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert, umgehend eine Unterhaltsga­rantie umzusetzen, indem über die Familienbeihilfe in Form eines, den Unterhalt sichern­den Ergänzungsbetrages zur Familienbeihilfe, für einen Lastenausgleich gesorgt wird. Der Ergänzungsbetrag wird subsidiär zu regulären Unterhaltsleistungen ausgezahlt, wo­bei sich die Höhe des Ergänzungsbetrages (Richtbeträge) an den Regelbedarfssätzen in der Höhe der ungefähren Kinderkosten orientiert.“

1                 https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_00039/index.shtml

*****


18.55.14

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Gleichbehandlungsausschusses und fahre in der Tagesordnung fort.

*****

Bevor ich den 11. Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich bekannt geben, dass mir nun das vorläufige Stenographische Protokoll aus der vorangegangenen kurzen Debatte zur Anfragebeantwortung vorliegt. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich nach parlamenta­rischer Praxis Herrn Bundesminister Nehammer für den Vorwurf an einen Abgeordneten in diesem Haus, er „hat sich als Brandstifter betätigt“, einen Ordnungsruf erteile.

Und ich erteile Frau Abgeordneter Belakowitsch für die Unterstellung des Aufbaus einer paramilitärischen Einheit, nämlich durch die Aussage: „Sie [...] mit Ihrer Heimwehr – mit Ihrer Nehammer-Heimwehr, die Sie [...] da aufbauen wollen“, auch einen Ordnungsruf.

*****

18.56.4611. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1450/A(E) der Abge­ordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berufs­zentren für Mädchen und junge Frauen (798 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte.


18.57.13

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Dass die Situation am Arbeitsmarkt keine leichte ist, ist uns, glaube ich, allen klar. Am 1. März 2021 waren beim AMS öster­reichweit 33 295 Mädchen und junge Frauen vorgemerkt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 201

Bereits am Beginn ihres Berufslebens stellen aber junge Frauen und Mädchen die Weichen für ein selbstbestimmtes und eigenständiges Leben. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass wir sie so früh wie möglich dabei unterstützen, die eigenen Interessen kennenzulernen und zu stärken, dass wir sie einfach fördern.

Berufszentren für Mädchen und junge Frauen im Alter zwischen 15 und 25 sind da eine ganz, ganz tolle Stütze. Es gibt bereits drei in Österreich, und die machen in diesem Zusammenhang ein tolles Betreuungs- und Beratungsangebot, um bei persönlichen und beruflichen Zielen zu unterstützen. Kompetente BeraterInnen und Coaches begleiten bei der Gestaltung des beruflichen Werdeganges und geben Orientierung in der Arbeitswelt. Gerade in den ländlichen Regionen ist es natürlich auch extrem wesentlich, ein Bera­tungsangebot zu haben und sich gut Orientierung verschaffen zu können.

Um diese Zielgruppen tatsächlich zu erreichen, müssen Berufszentren auch aufsuchend tätig werden – das ist auch ein sehr wesentlicher Punkt. Noch wesentlicher ist die Zu­sammenarbeit mit dem AMS, mit den Regionalstellen, sowie natürlich eine nachhaltige Finanzierung, damit das langfristig auf finanziell sichere Beine gestellt wird.

Was haben die Regierungsparteien mit diesen grundsätzlich extrem konstruktiven Vor­haben gemacht? – Sie haben den Antrag abgelehnt und selber einen eigenen einge­bracht beziehungsweise darübergestülpt. Ich muss ihn vorlesen, weil er so nichtssagend ist, und das ist eigentlich absolut arg: „Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, weiterhin die Arbeitsmarktsituation sowie die Aus- und Weiterbildung von Frauen, insbesondere von Mädchen und jungen Frauen, genau zu beobachten, zu evaluieren und bei Bedarf weitere gezielte Förderungsschritte einzuleiten.“ – Ich meine, so nach dem Motto: Schauen wir einmal, dann sehen wir schon!

Die Förderungsschritte wären eigentlich schon längst fällig, aber man evaluiert, man beobachtet und macht dann vielleicht irgendwann einmal etwas. Das ist ja leider kein Einzelfall hier im Hohen Haus. Wir haben wirklich unzählige konstruktive Vorschläge, die einfach abgelehnt werden und über die man dann einfach irgendein Blabla legt und sagt, man tut eh so viel, alles ist gut und man beschäftigt sich mit der Krise. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Dieser Antrag der Regierungsparteien hat einfach noch keiner einzigen arbeitslosen jun­gen Frau geholfen, hat keiner einzigen arbeitslosen jungen Frau eine Beratung oder sonst irgendetwas gesichert. Mit den Berufszentren aber, die wir in dem Antrag vorge­schlagen hätten, hätten wir Anlaufstellen schaffen können, um junge Frauen wirklich tatkräftig zu unterstützen, zu begleiten und ihnen vor allem auch wieder Mut zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

19.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Romana Deckenbacher. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.00.34

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminis­ter! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Tatsache ist, dass aufgrund der Pandemie die Frauenarbeitslosenquote bei 42 Prozent liegt. Tatsache ist auch, dass in der Gastronomie, im Tourismus, aber auch im Dienstleistungssektor überdurchschnitt­lich viele Frauen tätig und somit auch von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Tatsache ist aber auch, dass Ministerin Raab und Minister Kocher weitere wichtige Schritte gesetzt haben, um Betroffenen zu helfen.

Das AMS-Budget für die Arbeitsmarktintegration wurde aufgestockt, und somit beträgt das Frauenförderbudget 60,5 Millionen Euro. Damit werden neben Beschäftigungspro­grammen und Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch Weiterbildungsprogramme ge­fördert. Als Gewerkschafterin freut es mich besonders, dass Herr Arbeitsminister Kocher


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 202

gemeinsam mit den Sozialpartnern eine Vereinbarung treffen konnte, durch die Frauen im Bereich des AMS überproportional gefördert werden können. (Beifall bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Die Frauenberufszentren sind ein wesentlicher Bestandteil dieses Förderprogramms, und sie stehen österreichweit allen Arbeit suchenden Frauen und Mädchen unabhängig von ihrem Alter zur Verfügung.

Aus- und Weiterbildung ist für mich die Basis für ein selbstbestimmtes Leben. Es braucht unter anderem auch oft Beratung und Unterstützung. Aus diesem Grunde gibt es in Ös­terreich 151 Mädchen- und Frauenberatungsstellen, die Unterstützung in unterschied­lichsten Bereichen anbieten, aber auch zum Thema Berufsorientierung, Laufbahn und Berufswahl. Diesen ganzheitlichen Ansatz halte ich für sehr sinnvoll. Frauen und Mäd­chen sollen in der Beratung zu unterschiedlichen Themen Antworten auf ihre Fragen bekommen – und, Frau Heinisch-Hosek, die letzte finanzielle Aufstockung für Frauenbe­ratungsstellen hat meiner Meinung nach nicht 3, sondern 15 Prozent betragen, wenn ich nicht irre (Abg. Heinisch-Hosek: Aber vor Monaten! ...!) –, zum Beispiel Fragen, die im Hinblick darauf beantwortet werden: Wie kann man einen handwerklichen oder techni­schen Beruf erlernen? Das Programm FIT bietet die Möglichkeit, dass 1 600 Frauen und Mädchen handwerkliche oder technische Ausbildungen absolvieren. Es stehen weiters 7 000 bis 8 000 Schulungsplätze zur Verfügung, Coachings und Ausbildungsvorberei­tungen. Ein spezielles Angebot für Frauen mit Berufsunterbrechung aufgrund von Kin­derbetreuung gibt es durch Wiedereinstieg mit Zukunft. Dass viele Frauen und Mädchen von diesem Frauenförderprogramm profitieren, zeigt, dass im letzten Jahr rund 50 000 daran teilgenommen haben.

Ja, ich sage es hier noch einmal: Tatsache ist auch, dass die Bundesregierung weiterhin die Arbeitsmarktsituation und auch die Aus- und Weiterbildung von Frauen und Mädchen evaluieren, beobachten und immer wieder weitere Förderungsschritte setzen wird. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Edith Mühlberg­huber. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.04.12

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren den Antrag der SPÖ. Gefor­dert werden Berufszentren für Mädchen und junge Frauen, zumindest eines in jedem Bundesland. Derzeit gibt es nur drei, und zwar in Wien, in Graz und in Klagenfurt.

Ja, die Coronakrise zeigt enorme Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt. So waren Anfang März über 33 000 Mädchen und junge Frauen von 15 bis 24 Jahren beim AMS regis­triert. Die Jungen haben eben bei der Jobsuche Probleme, ob es bei der Berufsfindung oder beim Finden einer Lehrstelle ist.

Der „Standard“ hat am 30. März 2021 geschrieben: „Nach einem Jahr Corona ist die Lage bei Jugendlichen und Lehrlingen katastrophal“. – Ja, sie ist wirklich katastrophal. Wenn Sie vonseiten der ÖVP sagen, es werde so viel gemacht, warum schreiben dann die Medien: „die Lage“ ist „katastrophal“?

Ich habe einige Beispiele für euch, Aussagen von jungen Frauen, wie es ihnen durch die Coronakrise im Beruf geht. Ich zitiere eine junge Frau, 19 Jahre, Ausbildung mit Matura: „Ich bin verunsichert, da die Branche in der ich beruflich tätig bin, derzeit stillsteht und niemand weiß, wie es weitergeht.“ Weiters eine junge Frau, 20 Jahre, Ausbildung ohne Matura: Mir geht es extrem schlecht; keinen Job mehr, wenig Geld. Ich kann gerade noch überleben, ich bin total verzweifelt. – Oder eine junge Frau, 24 Jahre, Hotelfach­frau, Ausbildung mit Matura: Ich bin jetzt fast sechs Monate ohne Job, habe Existenz­ängste; kein Job in Aussicht. Es ist nervenaufreibend.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 203

Und so weiter und so fort – da hätte ich noch so viele Beispiele. Anscheinend redet ihr nicht mit den Frauen. Ihr wisst gar nicht, wie schlecht es denen geht. Die brauchen Unterstützung. Gerade junge Frauen sind von der Coronakrise überdurchschnittlich stark betroffen, und die Krise verschlechtert die Situation auf dem Arbeitsmarkt.

Wir werden diesen Antrag der SPÖ wie auch schon im Ausschuss unterstützen, weil gehandelt werden muss, und zwar sofort.

Ich komme noch ganz kurz zum Antrag gemäß § 27 von den Regierungsparteien, der ja von der SPÖ übernommen worden ist. Da kann ich nur ganz kurz sagen: Der ist über­nommen worden, und er ist sogar noch sehr schlecht ausgearbeitet worden, denn im Antrag ersuchen Sie, „die Arbeitsmarktsituation [...] von Mädchen und jungen Frauen“ nur „zu beobachten, zu evaluieren und bei Bedarf weitere [...] Förderungsschritte einzu­leiten.“ – Ja bitte, der Bedarf ist schon da. Wie lange wollen Sie noch „beobachten“? Es muss gehandelt werden. Worauf wollen Sie da noch warten? Da gebe ich Frau Holz­leitner recht: Dieser Wortlaut ist wirklich lächerlich. Wir stimmen diesem Antrag der Re­gierungsparteien nicht zu. (Beifall bei der FPÖ.)

19.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Meri Disoski. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.07.47

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Irgendjemand hat hier einen Stift liegen lassen. Vielleicht wird der vermisst. (Zwischenruf des Abg. Weidinger.) – Ja, der- oder diejenige wird ihn wohl desinfizieren.

Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich bin in meiner ersten Rede schon sehr ausführlich auf die Thematik des Antrags, über den wir jetzt diskutieren, eingegangen, nämlich auf die Si­tuation von Frauen und Mädchen auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit ist bei Frau­en und Mädchen überproportional gestiegen. Das wissen wir, und genau deshalb haben wir viele frauenspezifische Maßnahmen gesetzt. Ich habe das eingangs in meiner ersten Rede schon ausgeführt.

Herausheben möchte ich noch einmal insbesondere die Arbeitsmarktstiftung, die genau so ausgestaltet ist, dass sie auf regionale Bedarfe und Bedürfnisse passgenau reagieren kann: ganz klar formuliert, 700 Millionen Euro Arbeitsmarktstiftung, passgenaue regio­nale Förderungen möglich. Was daran unkonkret sein soll, Kollegin Holzleitner, verstehe ich nicht, aber wir können uns gerne später noch einmal zusammensetzen, und ich erklä­re es dir noch einmal.

Konsequenterweise fordern wir natürlich die Bundesregierung dazu auf, dass sie diese Maßnahmen, die wir schon gesetzt haben, weiter fortführt und, ja, auch beobachtet, ob sich irgendwo anders noch ein Bedarf ergibt, auf den wir dann klarerweise auch reagie­ren würden. Das tun wir seit einem Jahr. Ich weiß nicht, vielleicht sitzen wir in verschie­denen Parlamenten und Sie haben die Initiativen, die es von der Bundesregierung im vergangenen Jahr dazu gegeben hat, nicht mitbekommen. Dann frage ich mich: In wel­chem Parlament sitzen Sie? – Ich sitze in diesem.

Als Fraktionsführerin der Grünen will ich auch auf die Kritik zum Gleichbehandlungs­ausschuss eingehen, die jetzt wiederholt formuliert worden ist. Es wurde von Verta­gungsorgien gesprochen. Ich habe ein bisschen im Archiv der Parlamentskorrespon­denz recherchiert und dort unter anderem Folgendes gefunden: Antrag der Grünen zur Verbesserung der Lohntransparenz – abgelehnt mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP; Antrag der Grünen betreffend „Erhöhung des Zuschusses der Krankenkassen zur Psy­chotherapie“ – abgelehnt mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP; Antrag der Grünen


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betreffend Maßnahmen zur Reduktion des Genderpaygaps – vertagt mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP; Antrag der Grünen auf Halbierung der Tampontax – vertagt mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP; Antrag der Grünen auf Einführung einer 40-prozentigen Frauenquote in Aufsichtsräten – vertagt mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP; und schließlich der Entschließungsantrag der Grünen zur Ausweitung des Diskriminierungs­schutzes im Gleichbehandlungsgesetz, auch bekannt als Levelling-up: Über diesen An­trag ist im Plenum (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) 2013 (Abg. Deimek: ... eure eigenen ...!) namentlich abgestimmt worden. Er blieb mit 15 grünen Ja-Stimmen und 131 Nein-Stimmen, darunter jenen der SPÖ und der ÖVP, in der Minderheit.

Das war 2013. – Sind wir jetzt, knapp zehn Jahre später, weiter? – Wenn ich einen Blick auf die Anträge werfe (Zwischenruf des Abg. Shetty), die wir im Gleichbehandlungs­ausschuss diskutieren und debattieren, lautet die ehrliche und wirklich ernüchternde Antwort: kaum, wir sind kaum weiter – und wir Grüne waren in den vergangenen zehn Jahren auf Bundesebene nicht in der Regierungsverantwortung, um da weiterzukommen; aber nun sind wir es, und wir sind entschlossen und motivierter, nun alle Versäumnisse der Vergangenheit aufzuholen. (Abg. Stefan: Dasselbe!) Das machen wir, und da wer­den wir nicht locker lassen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Rosa Ecker und Deimek.)

Kollegin Heinisch-Hosek, es tut mir leid, aber wirklich: Hättet ihr mehr zusammenge­bracht, dann stünden wir heute auch anderswo! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

19.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Gleichbehandlungsausschusses und fahre in der Erledigung der Ta­gesordnung fort.

19.11.1512. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 232/A(E) der Abge­ordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme von Karenzen und Karenzdauern in den Gleichbehandlungsbericht des Bundes (799 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. Ich erteile es ihr. – Bitte schön.


19.11.39

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Bundesmi­nisterin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wer geht wann und wie lange in Karenz oder auch in Elternteilzeit und wer nimmt eigentlich am ehesten, und vor allem in welchem Ausmaß, vermutlich aufgrund eines Kindes, eine Stundenreduktion im Job vor – und das alles im öffentlichen Dienst? Wir wissen, es sind immer noch mehr Frauen als Männer, auch im öffentlichen Dienst – aber wieso sollte man das nicht auch im Rahmen des Gleichbehandlungsberichtes schwarz auf weiß do­kumentiert wissen und damit Daten zur Verfügung haben? – Unserer Meinung nach spricht nichts dagegen.


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Kurz gefasst, in wenigen Worten: Es ist ein sehr gescheiter Antrag von Kollegin Brand­stötter, den wir auf jeden Fall unterstützt hätten. Warum „hätten“? – Eigentlich glaubt man nicht, dass man da etwas dagegen haben könnte, aber die ÖVP und die Grünen sehen das ein wenig anders: Sie haben den Antrag abgelehnt und die neue Methode angewandt – neu auch für mich, ich bin inzwischen schon ein bisschen länger dabei –: Seit Kurzem gibt es diesen sogenannten § 27 Abs. 3 der Geschäftsordnung, werte Zuse­herinnen und Zuseher, da geht es darum, dass man ganz einfach einen Antrag von den Oppositionsfraktionen ablehnt und einen verwässerten Antrag einbringt, damit man dem dann irgendwie zustimmen kann. Der von Ihnen eingebrachte Antrag, werte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP und den Grünen, ist verwässert, weil er die Teilzeitvariante nicht beleuchtet, sondern lediglich die Karenz. – Warum wohl? Wo genau möchte man da nicht hinschauen?

So, das ist die eine Realität in den parlamentarischen Ausschüssen! (Beifall bei der SPÖ.)

Die zweite Realität in den parlamentarischen Ausschüssen, die wir mittlerweile wöchent­lich erleben, ist das sogenannte Instrument der Vertagung. Sie können sich gar nicht vorstellen, was da manchmal für Argumente kommen. Ich bin davon überzeugt: Wären die Ausschüsse öffentlich, würde nicht so argumentiert werden, weil es manchmal wirk­lich sehr blamabel ist. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Gleichbehandlung ist der Bundesregierung anscheinend ziemlich egal, weil wieder Etli­ches vertagt worden ist. Es gibt einfach keine Zeit mehr, zu vertagen und irgendwelche Evaluierungen vorzuschicken – das bringt nämlich nichts, so wie auch letzte Woche, es bringt keinen zusätzlichen Diskriminierungsschutz! Ich erinnere an unsere Anträge im Zusammenhang mit der LGBTIQ-Community. Wir haben zum Nationalen Aktionsplan, der endlich auf die Füße gestellt werden muss, Anträge gestellt; wir haben Anträge zum Levelling-up gestellt. Seit zehn Jahren warten wir auf diesbezügliche Entscheidungen, nämlich auf den umfassenden Diskriminierungsschutz auch im Privatleben. (Zwischen­ruf bei den Grünen.)

Wer blockiert? – Die ÖVP! (Beifall bei der SPÖ.) Ich frage mich wirklich, wer von Ihnen im Jahr 2021 noch überzeugt werden muss! Wir geben Ihnen heute noch einmal die Chance, weil Hass, Hetze und Übergriffe auf die LGBTIQ-Community derzeit einfach wirklich ganz massiv zunehmen. Erst am Montag wieder wurde in Bregenz das Symbol schlechthin, nämlich die Regenbogenfahne, angezündet. Diese Attacken sind keine Ein­zelfälle mehr. Wir müssen ganz vehement dagegen vorgehen, und tun wir das bitte wie­der gemeinsam! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg-Sarre.)

Eine besonders vulnerable Gruppe möchte ich auch nicht außen vor lassen: Die LGBTIQ-Schutzsuchenden sind in Asylverfahren zum Teil Fragen ausgesetzt, die unfassbar sind. Auch dagegen müssen wir vorgehen.

Ich möchte Ihnen noch einmal die Chance geben, heute für einen umfassenden Diskri­minierungsschutz für die LGBTIQ-Community zu sorgen, und darf deshalb folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nationaler Ak­tionsplan gegen Diskriminierung von LGBTIQ-Personen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert, umgehend einen Nationalen


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Aktionsplan gegen Diskriminierung und für die Akzeptanz von LGBTIQ-Personen vorzu­legen.“

*****

Es ist keine Zeit mehr, zu vertagen. Beschließen wir den umfassenden Diskriminierungs­schutz – jetzt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

19.15

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mario Lindner, Katharina Kucharowits, Ing. Reinhold Einwallner, Ge­nossinnen und Genossen

betreffend Nationaler Aktionsplan gegen Diskriminierung von LGBTIQ-Personen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 232/A(E) der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme von Karenzen und Karenzdauern in den Gleichbehandlungsbericht des Bundes (799 d.B.)

Unter der alarmierenden Überschrift „Regenbogenfahne bleibt als Mahnmal hängen“ be­richtete das Magazin „Vorarlberg Online“ erst gestern, am 20. April 2021, über den jüngs­ten Vandalismus gegen eine Regenbogenfahne in Österreich. An einer Bregenzer Kir­che wurde die Fahne als Zeichen der Inklusion und der Solidarität mit Lesben, Schwulen, Bisexuellen, transidenten, intergeschlechtlichen und queeren Menschen gehisst.

Unbekannte setzten sie in Brand und reihen diesen Vorfall damit in eine erschreckende Reihe mit anderen Vandalismus-Akten gegen Symbole der Gleichstellung und Antidiskri­minierung in den letzten Wochen. Von Vorarlberg bis Wien zeigten Angriffe gegen Zei­chen queerer Sichtbarkeit einmal mehr deutlich, dass der Einsatz für die Gleichstellung von LGBTIQ-Menschen in Österreich noch lange nicht vorbei ist.

Während Österreich genau in diesem Bereich in den letzten Monaten und Jahren untätig geblieben ist, präsentierte die Europäische Kommission im November 2020 unter dem Titel „Union der Gleichheit“ die erste umfassende Gleichstellungsstrategie für Lesben, Schwule, bisexuelle, Transgender-, intergeschlechtliche und queere Personen (LGBTIQ). In der offiziellen Information zur Strategie stellt die Kommission dabei klar: „Wenngleich in der EU in den letzten Jahren Fortschritte bei der Gleichstellung von LGBTIQ erzielt wurden, werden LGBTIQ-Personen nach wie vor diskriminiert (43 Prozent fühlen sich nach eigenen Aussagen diskriminiert). Die COVID-19-Krise hat die Lage noch ver­schärft. Die heute vorgelegte Strategie befasst sich mit den Ungleichheiten und Heraus­forderungen, mit denen LGBTIQ-Personen konfrontiert sind, und enthält eine Reihe ge­zielter Maßnahmen (einschließlich rechtlicher und finanzieller Art) für die nächsten 5 Jahre.“

Im Zentrum der LGBTIQ-Strategie stehen vier Säulen: Die Bekämpfung von Diskriminie­rung (insbesondere durch die Evaluierung der Richtlinie zur Gleichbehandlung in Be­schäftigung und Beruf); die Gewährleistung von Sicherheit (durch den Kampf gegen Hassdelikte, Hetze und Gewalt, sowie eine geplante Initiative, die Liste der „EU-Strafta­ten“ um Hassdelikte und Hetze zu erweitern, die sich gegen LGBTIQ-Personen richten); der Schutz von Regenbogenfamilien (insbesondere bei der Überschreitung von EU-Bin­nengrenzen); sowie die Gleichstellung von LGBTIQ weltweit. Gleichzeitig werden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, eigene Aktionspläne ins Leben zu rufen: „Die Mitglied­staaten werden aufgefordert, auf bestehenden bewährten Verfahren aufzubauen und


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eigene Aktionspläne für die Gleichstellung von LGBTIQ zu entwickeln. Ziel ist es, LGBTIQ-Personen besser vor Diskriminierung zu schützen und die Maßnahmen im Rah­men dieser Strategie durch Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von LGBTIQ in Bereichen, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, zu ergänzen.“

Gerade die österreichische Bundesregierung, die sowohl im Kampf gegen Hate Crimes, als auch durch den fehlenden Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orien­tierung außerhalb der Arbeitswelt (beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen) auf­grund des noch immer ausstehenden „Levelling Up“ des Gleichbehandlungsgesetzes, noch viel zu tun hat, muss diese EU-Strategie zum Anlass nehmen, um auch auf natio­naler Ebene deutlich stärker als in den letzten Monaten und Jahren für die Gleichbe­handlung von LGBTIQ-Personen einzutreten.

Außerdem gibt es gerade im Bereich des Schutzes von besonders vulnerablen Gruppen in unserer Republik noch immer massiven Handlungsbedarf. So zeigen erschreckende Medienberichte über die Situation von LGBTIQ-Schutzsuchenden in den vergangenen Jahren immer wieder, dass gerade diese Gruppe im Asylverfahren oft mit extremer Homo- und Transphobie konfrontiert ist. Medial diskutierte Fälle, wie jener, in dem ein geflüchteter Mann nach der Bedeutung der Farben der Regenbogenfahne gefragt wurde, oder die Begründung des Fehlens von pornographischem Material auf dem Handy von Asylsuchenden zeigen den dringenden Handlungsbedarf, den es in diesem Bereich noch immer gibt. Erst vor wenigen Wochen wurde ein erneuter Fall bekannt, in dem eine transidente Frau aus der Ukraine mit besonderen Schikanen konfrontiert wurde, sich nach eigenen Aussagen vor männlichem Beamten ausziehen musste und trotz ihres Geschlechtseintrages als Mann angesprochen wurde. Solche Fälle gelangen in den öffentlichen Diskurs, zahlreiche andere gehen dabei aber unter und lassen auf ein tiefergreifendes Problem im Umgang mit LGBTIQ-Geflüchteten schließen.

In all diesen Bereichen braucht es ein koordiniertes, umfassendes Vorgehen gegen Dis­kriminierung und für Akzeptanz! Ein Nationaler Aktionsplan, der alle Bereiche des Bun­des umfasst und nachvollziehbare Ziele für die Verbesserung der Lage der LGBTIQ-Community auflistet, wäre genau dafür der richtige Weg. Dieser würde die Möglichkeit geben, endlich in allen Bereichen mit Diskriminierungen und fehlendem Schutz im politischen, sowie im Verwaltungsbereich abzuschließen und allen Menschen in Österreich ein selbstbestimmtes, sichtbares und stolzes Leben zu ermöglichen – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert, umgehend einen Nationalen Aktionsplan gegen Diskriminierung und für die Akzeptanz von LGBTIQ-Personen vorzu­legen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Dipl.-Kffr. Elisabeth Pfurtscheller. – Bitte, Frau Abgeord­nete.



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19.16.08

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Eingangs möchte ich zwei, drei Dinge schon ins rechte Licht stellen. Die Oppositionsparteien werfen uns ja ständig vor, wir würden ihre Anträge negieren, wir würden sie nicht beachten (Zwischenrufe bei der SPÖ), wir würden sie ständig vertagen. Wir reden jetzt gerade über einen Antrag, den wir in seinem Grundgedanken sehr wohl (Zwischenruf des Abg. Shetty) angenommen haben, und wir haben auch beim letzten Tagesordnungspunkt über einen Antrag gesprochen, den wir in seiner Grundhaltung angenommen und als Basis für eine leichte Abwandlung genommen haben (Zwischenruf des Abg. Matznetter) – und das, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, ist unser gutes Recht! Wir müssen nicht mit allem einverstanden sein, was in Ihren An­trägen steht. Wir versuchen, Dinge anzunehmen und sie so umzuwandeln, dass sie für uns auch akzeptabel sind.

Wir haben Ihnen diese beiden §-27-Anträge einen Tag davor übermittelt, Sie hätten sich auch gerne anschließen können, das haben Sie halt nicht getan. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Das ist aber die Wahrheit, so sind die Tatsachen (Beifall bei der ÖVP) – und ich bitte Sie schon, zur Kenntnis zu nehmen, dass auch wir die Freiheit haben, uns zu den verschiedenen Punkten eine Meinung zu bilden. (Neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Außerdem – Frau Kollegin Heinisch-Hosek, bitte beruhigen Sie sich wieder! – bringen Sie immer wieder, gerade auch von der SPÖ-Seite, Anträge zu Themen ein, die bei uns im Regierungsprogramm stehen (Abg. Lindner: Was?) und die wir (Abg. Lindner: Was?) noch nicht fertig erledigt haben. (Abg. Lindner: Was?)

Herr Kollege Lindner, ich freue mich, dass ich Sie nun heute das erste Mal persönlich treffe, deswegen möchte ich Sie herzlich zurück im Hohen Haus begrüßen. Wir waren schon einmal gleichzeitig im Parlament. Bevor Sie mich nun gleich wieder in die Zange nehmen: Herzlich willkommen, ich freue mich sehr, dass Sie wieder da sind!

Ich möchte zum Beispiel die Zeitverwendungsstudie anführen (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) – nein, Sie hören mir jetzt zu, und dann können Sie wieder rausgehen! (Zwischenruf bei der SPÖ) –: Wir haben sie im Regierungsprogramm, wir haben sie dieses Jahr im Budget, sie wird gerade ausverhandelt – und trotzdem bringt ihr wieder Anträge ein. Ich weiß nicht, was das soll! (Abg. Heinisch-Hosek: ... Parlament ...!) Ihr werft uns dann vor, wir hätten die Arbeit nicht erledigt oder würden eure Anträge verta­gen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Ich glaube, Herr Matznetter, in Gleichbehandlungsfragen sind Sie nun nicht so der Spe­zialist! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Ich würde Sie bitten, den Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuss den Vortritt zu geben. Es geht nun um die Karenzen – und ja, ich finde den Antrag von Frau Brandstötter in seiner Grund­ausgestaltung sehr gut. Wir werden nun auch die Karenzen, nämlich die Karenzzeiten der Frauen und natürlich auch die der Männer, mit in den Gleichbehandlungsbericht aufnehmen, um daraus ableiten zu können, ob es Fortschritte gibt, ob man noch andere Maßnahmen setzen muss, und wir haben nur deswegen eine Änderung vorgenommen, weil Ihr Antrag sehr umfänglich war. Mit dem Wort Karenz sind zum Beispiel auch solche Dinge wie Bildungskarenzen mitintegriert (Zwischenruf bei der SPÖ) – und das wollten wir nicht haben, weil die Ministerien diese Dinge nicht auf Knopfdruck abfragen können. Gerade die NEOS sind ja diejenigen, die immer gegen überbordende Bürokratie und ähnliche Dinge sind. Darum bitte ich auch um Verständnis dafür, dass die Ministerien nicht mit Dingen überhäuft werden dürfen (Zwischenruf des Abg. Loacker), die vielleicht jetzt nicht so ganz furchtbar interessant sind. Lieber Herr Loacker, du bist ja auch nicht im Gleichbehandlungsausschuss, schrei rein, wenn es um deine Sachen geht, bitte! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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So, und jetzt noch ganz, ganz kurz: Karenzzeiten für Männer bedeutet ja (Zwischenruf des Abg. Matznetter), wenn man es im größeren Kontext sieht, Väterbeteiligung, und Väterbeteiligung ist uns sehr, sehr wichtig. Väterbeteiligung macht nämlich Familien stark, nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern. Väterbeteiligung hat drei sehr posi­tive Aspekte. Das ist einmal und das ist, glaube ich, das Wichtigste  die stärkere Be­ziehung des Vaters zu seinen Kindern, und zwar von Anfang an. Deswegen gibt es auch nicht nur die Karenz für Männer, sondern es gibt zum Beispiel auch den Papamonat.

Als Zweites ist Väterbeteiligung ein absoluter Treiber für Geschlechtergleichstellung, da sind wir uns, glaube ich, alle einig. Wenn Väter in die Erziehung der Kinder mitintegriert werden, wird für die Frau automatisch mehr Zeit frei, die sie dann anders einsetzen kann, meistens in der Berufstätigkeit, sie kann mehr verdienen, bekommt eine bessere Pen­sion – all diese Dinge.

Der dritte Punkt – den finde ich auch total wichtig – ist der Abbau von Geschlechterste­reotypen. Kinder, die sehen, wie ihre Väter Babys wickeln, die sehen, wie ihre Väter die Spülmaschine einräumen und die Wäsche aufhängen, die sehen, wie ihre Väter vielleicht auch die Oma pflegen, sind natürlich also Jungs vor allem eher geneigt, erzieheri­sche oder pflegerische Berufe zu ergreifen.

Daher: Karenz für Männer ist sehr wichtig, Papamonat ist sehr wichtig, und Väterbe­teiligung als Ganzes ist uns sehr wichtig. Wie ich schon gesagt habe: Das macht Fami­lien stark, und das hilft vor allem auch uns Frauen. Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.21.49

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Geschätzte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier und zu Hause! Ja, anlässlich des letzten Gleichbehandlungsberichtes habe ich diverse Anfragen an die Ministerien gestellt, weil ich wissen wollte, welche Maß­nahmen denn zur Vereinbarung von Beruf und Familie und für die Zeiten der Karenzie­rung getroffen werden. Das Ergebnis ist, das kann man durchaus sagen, durchaus re­spektabel und erfreulich. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird in jedem Ministe­rium gefördert, auch die Inanspruchnahme von Väterkarenzen und besonders die Teil­zeitarbeit von Männern wird besonders unterstützt, und das ist wirklich sehr erfreulich.

Ein paar Beispiele, wie das geht, darf ich anführen, weil ich davon überzeugt bin, dass nicht alle wissen, von welchem Gleichbehandlungsbericht wir hier sprechen. Das ist der Gleichbehandlungsbericht des Bundes, den dieser heutige Antrag betrifft.

Im Bundeskanzleramt beispielsweise richtet man sich nach dem Audit Beruf und Familie als Zielvereinbarung.

Im Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus legt man Wert auf Informationstransfer auch während der Abwesenheit, man erstellt Einarbeitungspläne, es gibt Unterstützung durch ein Patinnen- und Patensystem auf der Peerebene, und es werden besonders die Karenz und die Fürsorge für pflegebedürftige Angehörige durch männliche Bedienstete gefördert.

Das Justizministerium unterstützt auch die werdenden Mütter mit eigenen Maßnahmen, aber zusätzlich nimmt man nach deren Rückkehr aus der Karenz bei der Arbeitsorgani­sation auch Bedacht auf die Familieninteressen. Auch den Zugang für karenzierte Mitar­beiterInnen hält man während der Karenz offen, damit man quasi am Ball bleibt.

Das Innenministerium hält sich an die Richtlinie KarriereKompassKarenz, nach der es eben besonderen Informationsfluss während der Karenz und besondere Angebote beim Wiedereinstieg gibt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 210

Das ist jetzt nur ein Auszug aus allen Ministerien, die sich bemühen, eine gute Abwick­lung dieser besonderen Auszeiten im Zuge von Fürsorgepflichten zu ermöglichen. Wir sehen, dass sich die verschiedenen Stellen des Bundes durchaus bemühen und intensiv mit diesen Zeiten der Karenzen auseinandersetzen. Ob Frau oder Mann in Karenz geht, welche Art von Karenz, wie lange man die Karenz in Anspruch nimmt – das wurde bis jetzt nicht in den Gleichbehandlungsbericht des Bundes aufgenommen. Diese Daten aufzunehmen finden wir sehr sinnvoll, weil diese Daten auch eine Aussagekraft haben und interessante Rückschlüsse nach sich ziehen werden. Darum stimmen wir beiden Anträgen zu. (Beifall bei der FPÖ.)

19.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Mag. Meri Disoski. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.24.37

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen! Kollegin Pfurtscheller, du hast da während deiner Rede auf einen Zwischenruf des Kollegen Matznetter reagiert und gemeint: Sie sind kein Spezialist, bitte sparen Sie sich Ihre Zwischenrufe! – Kollege Matznetter ist wahrlich kein Spezialist, wenn es um Gleichbehandlungsfragen geht. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Er hat seinerzeit – 2017 – gemeinsam mit Kollegen Jan Krainer er­klärt, wieso ein grüner Antrag auf Halbierung der Tampontax nicht angenommen werden kann und daher vertagt wird. Das spricht wahrlich nicht für seinen Expertenstatus in die­sem Thema.

Kommen wir aber zum eigentlichen Thema des jetzigen Antrages! Mit Regierungseintritt der Grünen ist der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der 19 Unternehmensbeteiligun­gen des Klimaschutzressorts bei 37 Prozent gelegen. Innerhalb eines Jahres hat es die Klimaschutzministerin geschafft, diesen Anteil auf 49 Prozent zu erhöhen. Während manche vorgeben, dass sie vergeblich und händeringend nach qualifizierten Frauen oder wahlweise nach gut steuerbaren Frauen suchen (Zwischenruf des Abg. Matznet­ter), berufen andere einfach gut qualifizierte Frauen in steuernde Funktionen (Beifall bei den Grünen) und zeigen damit, es gibt kein Problem mit der Quote, Mann oder Frau muss es nur wollen.

Wenn wir jetzt darüber reden, wieso wir Frauenquoten brauchen, wieso Frauen in Füh­rungspositionen noch immer unterrepräsentiert und schlechter bezahlt sind, dann müss­ten wir eigentlich über die ungleiche Verteilung von unbezahlter Sorgearbeit und über die ungleiche Inanspruchnahme von Karenzen reden. Auch im Jahr 2021 sind es primär Frauen, die beruflich zurückstecken und auf ihre Karriere verzichten – aus einem ein­fachen Grund: Die Männer machen es nicht, nicht einmal jeder fünfte Vater geht in Ka­renz. Eine partnerschaftliche Aufteilung von Sorgearbeit und von Karriere- und Ver­dienstmöglichkeiten sieht anders aus.

Wie sieht es mit der Gleichstellung im öffentlichen Dienst aus? Darüber gibt der Gleich­behandlungsbericht des Bundes Aufschluss. Kollegin Brandstötter von den NEOS hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass da eine Lücke in der Datenlage vorhanden ist. Bis dato ist nämlich nicht einsehbar, wie hoch der Anteil von Frauen und Männern ist, die im öffentlichen Dienst in Karenz gehen. Diese Leerstelle schließen wir mit dem vor­liegenden Antrag, eingebracht von der ÖVP und den Grünen gemeinsam mit den NEOS. Wir fordern darin die Frauenministerin und den Bundesminister auf, in künftige Gleichbe­handlungsberichte des Bundes Daten zur Verteilung der Elternkarenzen aufzunehmen, denn nur wenn wir wissen, wann wer warum in Karenz geht oder auch nicht, können wir weitere politische Maßnahmen setzen, um zu einer faireren Verteilung von Sorgearbeit und von Karriere- und Verdienstmöglichkeiten zu kommen. Da muss der öffentliche Dienst mit gutem Beispiel vorangehen, wie er es in puncto Frauenquoten ja auch schon tut.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 211

Danke, Kollegin Brandstötter, für deine Initiative – ich freue mich, dass wir gemeinsam die nächsten Schritte gehen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Henrike Brandstöt­ter. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.27.32

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Vielen Dank für die lobenden Worte für meine Initiative, für meinen Antrag, ich muss aber schon auch vorher einmal etwas dazu­sagen: Die Opposition soll nicht immer nur meckern, heißt es von der Regierung, die soll sich nicht immer nur beschweren und mit dem Finger auf uns zeigen, die soll doch bitte schön mitarbeiten. – Da habe ich gute Nachrichten für Sie: Wir kontrollieren Sie nicht nur, sondern wir arbeiten tatsächlich sehr konstruktiv mit, so geschehen zuletzt im Gleichbe­handlungsausschuss, wo von 19 Anträgen zehn von uns NEOS waren.

Jetzt kann man diesen Anträgen zustimmen, man kann sie ablehnen, man kann sie meinetwegen auch vertagen, aber dann gibt es da noch den Antrag gemäß § 27. Wir haben heute schon davon gehört, ich führe es für die Zuseher daheim vor den Bildschir­men gerne noch einmal aus: Ein §-27-Antrag ist so etwas wie ein parlamentarisches Foul, und dieses Foul haben die Regierungsparteien gleich zweimal in diesem Gleichbe­handlungsausschuss gespielt. Sie haben zweimal Anträge quasi gekapert und einen neuen Antrag, der mehr oder weniger gleichlautend war, unter ihrem Namen einge­bracht. Einer meiner Anträge – um den geht es heute – wollte eben die Aufnahme von Karenzen und Karenzdauern in den Gleichbehandlungsbericht des Bundes.

Ich wollte, dass Folgendes aufgenommen wird: die Anzahl von Frauen und Männern im Bundesdienst, die Karenzen in Anspruch nehmen, die durchschnittliche Dauer der jewei­ligen Karenzen, der Anteil von Männern und Frauen, die in Elternteilzeit sind, die Dauer der Elternteilzeit, das Ausmaß der Stundenreduktion, ebenfalls getrennt nach Ge­schlechtern, denn nur so kann man aussagekräftige Indikatoren für die Messung von Gleichstellung im öffentlichen Dienst darstellen.

Der Antrag ist also gut, das finden in diesem Fall auch Grüne und ÖVP, aber in diesem Klima der geistigen Totalverzwergung gönnen Sie niemandem auch nur einen Punkt. Dann muss dieser Antrag gekapert werden, dann muss Etikettenschwindel betrieben werden, da sticht der Ober den Unter (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ), und zugleich kann man der Opposition wieder wunderbar ausrichten, dass sie doch bitte endlich konstruktiv arbeiten soll.

Das, liebe Bürgerinnen und Bürger zu Hause vor den Bildschirmen, sollten Sie von die­ser Regierung wissen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun ist Frau Dr.in Ewa Ernst-Dziedzic zu Wort gemel­det. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.30.09

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Werte Ministerinnen! Werte Kollegen und Kolleginnen! 50 Jahre ist es heuer her, dass man in Österreich für homosexuelle Handlungen nicht mehr in den Kerker kommt, 50 Jahre erst – seit 1971 ‑, dass das Totalverbot für Homosexualität gefallen ist. Erst seit 1996 gibt es in Österreich eine Regenbogenparade, erst seit 2004 ist die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung durch EU-Vorgaben gesetzlich verboten, und erst seit 2004 werden homo­sexuelle Personen offiziell nicht mehr vom Militärdienst ausgeschlossen. Erst seit 2010 gibt es die Eingetragene Partnerschaft, und erst seit 2015 können sich homosexuelle


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Paare überhaupt um die Adoption bemühen. Erst seit 2017 können sich gleichge­schlechtliche Paare am Standesamt trauen lassen, und erst seit 2019 steht ihnen die Ehe offen.

50 Jahre kein Kerker, jahrzehntelanger Kampf um Gleichstellung – und 50 Jahre Blocka­de der Politik, weswegen all diese genannten Errungenschaften auf höchstgerichtliche Urteile und nicht auf den politischen Willen zurückgehen. Und nein, wir sind nicht fertig. Mobbing an Schulen, Scham am Arbeitsplatz, Hass, Hetze, verbrannte Regenbogenfah­nen und Jugendliche, die an Selbstmord denken, und zwar sechsmal so oft wie ihre heterosexuellen Kollegen und Kolleginnen – das ist nach wie vor unser politischer Auf­trag, und den nehmen wir auch ernst.

Der Kickl-Erlass ist deshalb Geschichte. Hassverbrechen gegenüber LGBT-Personen werden in Österreich endlich erfasst und ausgewertet. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt endlich Schulungen für die Polizei, und wir bekannten uns da als Regierungspar­teien zum Schutz von vulnerablen Gruppen im Asylverfahren, weil vielerorts auf der Welt Schwule, Lesben und Transgender-Personen weiterhin eingekerkert werden und, ja, vie­lerorts sogar noch verfolgt oder gar gehängt werden.

Was wir als Nächstes angehen werden, ist der Nationale Aktionsplan für Menschen­rechte, und ja, Kollegin Kucharowits, genau dort ist auch ein Teil für LGBTQ-Personen vorgesehen. Wir lassen nämlich auch 50 Jahre nach Fall des Totalverbots für Homose­xuelle nicht locker, und wir werden diese letzten Schritte zur vollen Gleichstellung gehen, bis am Zieleinlauf steht: keine Diskriminierung mehr in Österreich aufgrund der Identität oder sexuellen Orientierung! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

19.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Gleichbehandlungsausschusses.

19.33.38Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 10 bis 12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Gleichbehandlungsausschusses, die ich über jeden Tagesordnungs­punkt getrennt vornehme.

Bevor wir abstimmen, frage ich die Klubs, ob eine Unterbrechung gewünscht wird. – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: die dem Ausschuss­bericht 797 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Frauenspezifische Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Krise“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (166/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ga­briele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Frauen am Arbeitsmarkt – Maßnahmenpaket zur Krisenbewältigung“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 213

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosa Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Psychotherapie – 30 Stunden ohne Selbst­kosten“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ga­briele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Akut-Maßnahmen für Ge­waltschutz“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unterhaltsgaran­tie sofort umsetzen!“.

Ich bitte auch da jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nationaler Aktionsplan gegen Dis­kriminierung von LGBTIQ-Personen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nun zu den Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 11.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsaus­schusses, seinen Bericht 798 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantra­ges 1450/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 798 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Arbeitsmarktförderung für Mädchen und jun­ge Frauen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (167/E)

Wir gelangen jetzt zu den Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 12.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsaus­schusses, seinen Bericht 799 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantra­ges 232/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 799 der Beilagen angeschlossenen Entschließung betreffend „der Aufnahme neuer Daten in den Gleich­behandlungsbericht des Bundes“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (168/E)

19.36.5413. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1471/A(E) der Ab­geordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Harald Troch, Dr. Nikolaus


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Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend EU-Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention (779 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1472/A(E) der Ab­geordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Harald Troch, Dr. Niko­laus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Situation der Uiguren (780 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1474/A(E) der Ab­geordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schuld durch Assoziation darf nicht normalisiert werden (781 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 bis 15 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Dr. Susanne Fürst. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.37.50

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren nun den Antrag auf Beitritt der Europäi­schen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention, dem Grundrechtekatalog des Europarates. Wir werden bei diesem Antrag aus verschiedenen Gründen nicht mit­gehen.

Die EU-Mitgliedstaaten sind ja jeweils für sich bereits Vertragsstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention und sie – der Nationalstaat – unterliegen dort auch jeweils der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg, der die Einhaltung der Menschenrechtskonvention durch die 47 Mitgliedstaaten überwacht.

Dies gilt nun nicht für die EU in ihrer Gesamtheit als supranationales Gebilde. Die Rechtsakte der EU-Institutionen können derzeit vom EGMR nicht angefochten werden, und dies aus gutem Grund. Es gibt nämlich den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg, das europäische Höchstgericht, der für die Auslegung des Unionsrechts, einschließlich auch der Grundrechtecharta der Europäischen Union, zuständig ist, und zwar als höchst­gerichtliche Instanz, als letzte und exklusive Instanz. So ist das ja auch in den EU-Ver­trägen, die derzeit gelten, vorgesehen. Eine externe Kontrolle, also eine Kontrolle durch eine externe Institution – wie des EGMR zur Unterscheidung – ist dabei nicht vorgese­hen und würde zu einer Parallelstruktur von EGMR und EuGH führen, die aus meiner Sicht nicht sinnvoll ist.

Auch der EuGH in Luxemburg hat in einem Gutachten zu einem entsprechenden Abkom­men ausgeführt, dass er den Beitritt der EU zur Menschenrechtskonvention für EU-rechts­widrig hält. Ich halte das Gutachten für sehr schlüssig. Naturgemäß spricht sich der EuGH gegen einen Machtzuwachs für den EGMR zulasten der eigenen Macht aus. Das ist natürlich verständlich, da er ja dann das Entscheidungsmonopol in Sachen Unionsrecht verlieren würde. Weiters meint der EuGH, man könne die EU eben nicht als Zentralstaat behandeln – sie sei ein Staatenbund –, und daher könne das so nicht vonstattengehen. Man müsste da auch noch auf eine Abstimmung zwischen den Grundrechten in der Kon­vention und in der EU-Grundrechtecharta achten. – Ich denke, diesem Gutachten ist nicht sehr viel hinzuzufügen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 215

Persönlich sehe ich die Judikatur des EGMR auch sehr skeptisch, da er dazu neigt, die Grundrechte sehr dynamisch auszulegen, das heißt, sehr rechtsetzend tätig zu werden und sich weniger um die jahrzehntelangen Rechtsgrundsätze und Interpretationsgrund­sätze, die wir in den Nationalstaaten entwickelt haben, kümmert. Es gehen da oft die Grundrechte der Unionsbürger beziehungsweise der Staatsbürger etwas zugunsten der Menschenrechte unter. Aus allen diesen Gründen, die ich erwähnt habe, werden wir diesen Antrag ablehnen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Frau Dr.in Gudrun Kugler zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.41.14

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In bewährter Tradition – glaube ich, kann man schon sagen – versuchen wir im Menschenrechtsausschuss ganz besonders, miteinander zu arbeiten. Ich freue mich, dass wir heute wieder zwei Anträge haben, die wir fast einstimmig be­schließen können – fast, wie Frau Kollegin Fürst gerade ausgeführt hat. Der Beitritt der EU zur EMRK wird nur von den Freiheitlichen nicht mitgetragen.

Ich darf vielleicht noch einmal kurz erklären, warum wir diesen Beitritt befürworten: Alle 27 Mitgliedstaaten sind bereits Vertragsparteien der EMRK. Das Handeln der Institutio­nen der EU wird durch die Grundrechtecharta an menschenrechtlichen Standards fest­gemacht, und ja, der EuGH überprüft das. Wir haben aber keine externe Kontrolle. So wie Frau Kollegin Fürst das gerade erklärt hat, kann man das vielleicht noch besser mit dem Nationalstaat vergleichen: Auch da haben wir ein Höchstgericht – wir in Österreich haben den VfGH –, und trotzdem haben wir eine externe Kontrolle durch die EMRK, durch den EGMR. Das kann und soll die EU auch haben. Da gibt es verständlicherweise Vorbehalte des EuGH, aber das soll in diese Beitrittserklärung hineingearbeitet werden, da wird es sicher auch gute rechtliche Lösungen geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben einen zweiten Antrag vorliegen, nämlich betreffend die Situation der muslimi­schen Minderheit der Uiguren in einer Region in China. Ich freue mich, dass wir diesen einstimmig beschließen können. Sie haben das sicher auch alle in den Medien mitver­folgt: Man spricht von einer bis drei Millionen Menschen in Lagern, das nennt man dort Fortbildungslager, wenn man aber hört, wie es dort zugeht, dann muss man feststellen, dass das Straflager sind. Da gibt es Zwangsarbeit, da gibt es Folter, Übergriffe in ver­schiedensten Formen. Wir erleben dort auch Scheinprozesse, erfundene Straftaten – all das ist Ihnen allen bekannt, ich will jetzt gar nicht viel darüber sagen. Kanada und die Niederlande haben das, was dort passiert, als Völkermord anerkannt. Die Diktion der US-Regierung geht auch in diese Richtung.

Ich habe mir angeschaut, was die Kritik ist, wenn wir uns jetzt hier im Nationalrat ein­stimmig dafür aussprechen, dass man die Situation der Uiguren anspricht und dass man womöglich auch Sanktionen verhängt, so wie die EU das schon tut. Da gibt es Kritik auf allen Ebenen. Da gibt es Leute, die fragen: Was geht uns China überhaupt an? – Ich glaube, es ist nicht übertrieben, zu sagen, dass jeder von uns etwas am Körper trägt, das mit chinesischer Produktion zu tun hat. Wir sind Partner, wir sind aber auch Konkur­renten und wir sind auch Gegner, was China betrifft. Da können wir nicht wegschauen.

China hat die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte mitunterzeichnet. Das geht uns alle etwas an, denn Menschenrechte sind nicht etwas, was nur kulturell bedingt ist und nur für uns in Europa gilt. Wir haben in der Geschichte oft weggeschaut, wenn solche Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermorde stattgefunden haben, und es war für die Menschheit immer eine Tragödie. Heute wollen wir nicht wegschauen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Ein anderer Kritikpunkt ist: Bereiten wir da nicht unseren eigenen Unternehmern ein großes Problem, wenn wir uns dazu klar äußern? – Es stimmt, die Wirtschaftsbezie­hungen sind wichtig und nützlich. Das ist etwas, das ein Staat auch für die eigene Be­völkerung ermöglichen muss. Dennoch müssen wir abwägen: die Gravität der Men­schenrechtsverletzungen versus die Möglichkeiten, die wir haben, dagegen aufzutreten. Es ist die Aufgabe Österreichs, aber auch der Europäischen Union, für die Unternehmer weiterhin Möglichkeiten durch Entbürokratisierung, durch Erschließung von neuen Märk­ten, auch durch Freihandel zu schaffen, aber auch durch eine Diversifizierung der Liefer­ketten, sodass wir nicht von China abhängig sind und dann tatenlos zuschauen müssen. Auch das ist politische Verantwortung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dann gibt es Leute, die sagen: Ihr wollt ja nur euer eigenes Gewissen beruhigen, es ist nur ein Symbol. – Es wäre ein Symbol, wenn unseren Worten keine Taten folgten und wenn Österreich das im Alleingang machen würde, aber die Europäische Union hat erstmals seit über 30 Jahren Sanktionen gegen China erlassen. In unserem Antrag heißt es auch, dass wir uns dafür einsetzen, dass diese Sanktionen treffsicher sind. Vielleicht sind die Sanktionen noch nicht ausreichend. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass wir nicht alleine sind, dass diese Problematik über die EU hinaus auch auf UNO-Ebene angesprochen wird, denn wir sollten die Betroffenen – in diesem Fall die muslimische Minderheit der Uiguren – nicht alleinlassen. Das gilt auch für viele andere Menschen­rechtsverletzungen, die wir in China sehen.

Für uns in Österreich spielt es eine große Rolle, dass wir sagen: Niemals vergessen; aber aus dem Niemals-vergessen fließt auch unser internationales Engagement, wenn wir solche Verbrechen gegen die Menschlichkeit sehen. Irgendwann wird den Chinesen die Kritik zu blöd, und dann haben wir als Republik Österreich einen kleinen Beitrag geleistet – einen kleinen Beitrag für die Freiheit, für Menschenrechte und damit auch für den Frieden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist MMMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.47.12

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Kol­leginnen und Kollegen! Ja, ich spreche auch zum Antrag betreffend „die Situation der Uiguren“. Frau Kollegin Kugler hat es ja schon gesagt: Dieser wird einstimmig angenom­men werden, also auch mit unseren Stimmen. Ich möchte aber trotzdem das eine oder andere klarstellen beziehungsweise dann noch einen ergänzenden Entschließungsan­trag der Freiheitlichen Partei einbringen.

Kollegin Kugler hat es schon teilweise in ihrer Rede angedeutet: Es ist immer auch ein Abwägen zwischen wirtschaftlichen Interessen und Menschenrechtsinteressen. Es ist auch eine Frage des unterschiedlichen kulturellen Zugangs. Es gibt da sicher auch ganz grundsätzlich unterschiedliche Zugänge zum Thema der Menschenrechte in China, in anderen Ländern, in der sogenannten westlichen Welt et cetera.

Also feststellend, dass wir als Freiheitliche Partei diesem Antrag selbstverständlich zu­stimmen werden, möchten wir aber doch einen ergänzenden Entschließungsantrag ein­bringen, der in die Richtung geht, dass man trotz alledem bei dieser Beurteilung die Brücken nicht völlig abbricht und nicht sozusagen die Menschenrechte missbraucht, um Macht- und Wirtschaftspolitik zu betreiben. Die Diktion der US-Regierung haben Sie er­wähnt, die sind Partner aber auch Konkurrenten und Gegner. Man darf diese beiden Dinge meines Erachtens nicht vermischen. Auch Ihre Forderung – oder unsere gemein­same Forderung – nach „Zutritt für unabhängige internationale Beobachter“ et cetera ist


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in der Praxis viel, viel leichter durchzusetzen, wenn wir das Fenster des Dialogs – und das ist gute alte österreichische Tradition in der Außenpolitik – auch offenhalten.

Deswegen bringen wir – ergänzend gemeint zu diesem grundsätzlichen Antrag, dem wir zustimmen werden – folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Völkerverständigung auf Augenhöhe“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert die Menschenrechte im Sinne der Völkerver­ständigung als Zweck und nicht als Mittel zu betrachten. Somit möge sich der Bundesmi­nister für europäische und internationale Angelegenheiten dafür einsetzen, dass in der Uiguren-Frage mit der Volksrepublik China ein fairer Dialog geführt wird. Insbesondere vor dem Hintergrund der Hegemonialstellung der Vereinigten Staaten.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten MMMag. Dr. Kassegger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Völkerverständigung auf Augenhöhe

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 14., Bericht des Aus­schusses für Menschenrechte über den Antrag 1472/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Harald Troch, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die Situation der Uiguren (780 d.B.), in der 97. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 21. April 2021.

Zhao Tingyang, Professor am Institut für Philosophie bei der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften und Senior Fellow am Berggruen Forschungsinstitut der Uni­versität Peking wurde 2019 vom Nouveau Magazine littéraire zu einem der 35 einfluss­reichsten Denker der Welt gewählt. Sein wegweisendes Werk „Alles unter dem Himmel - Vergangenheit und Zukunft der Weltordnung“ wurde Anfang 2020 bei Suhrkamp in deut­scher Sprache veröffentlicht und ist geeignet, um Chinas aktuelles weltpolitisches Den­ken zu verstehen. Seine Sicht auf die Menschenrechte beschreibt er darin wie folgt:

„Wenn jedes der Menschenrechte unantastbar ist, wie steht es dann bei Konflikten zwi­schen den Menschenrechten? Wenn die Menschenrechte jedes Individuums absolute Autorität besitzen, wie steht es dann bei Konflikten zwischen Menschenrechten von In­dividuen? Oder bei Konflikten zwischen den Menschenrechten verschiedener Regio­nen? Wie soll in solchen Zwickmühlen entschieden werden? Sind Entscheidungen mög­lich, verlangt das Prinzipien, die den Menschenrechten übergeordnet sind. Lassen sie sich nicht entscheiden, bergen die Menschenrechte in sich ein Paradox. Ohne Frage sind die Menschenrechte eine großartige Sache, das Problem ist, dass die Theorie der Menschenrechte noch immer unvollkommen ist und Widersprüche in sich trägt, weshalb sie zur Konfliktlösung nicht ausreicht.


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Daneben versucht die moderne Politik, Probleme durch Verhandlung, Feilschen und den Abschluss von Verträgen zu lösen. Nicht allein, dass sich internationale Abkommen nicht wirklich als zuverlässig erwiesen haben, entscheidender ist, was geschieht, wenn Inter­essen- und Machtkonflikte oder religiöse und kulturelle Auseinandersetzungen nicht ver­handelbar sind, keine Toleranz zulassen und sich darüber keine vertraglichen Vereinba­rungen erzielen lassen?“

Maßstab unseres internationalen Handelns müssen die Interessen Österreichs als neu­traler Staat und vor allem seiner Bevölkerung sein. Es gilt daher einen Dialog auf Augen­höhe zu pflegen und Bedenken offen sowie selbstbewusst anzusprechen ohne zu ur­teilen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert die Menschenrechte im Sinne der Völkerver­ständigung als Zweck und nicht als Mittel zu betrachten. Somit möge sich der Bundes­minister für europäische und internationale Angelegenheiten dafür einsetzen, dass in der Uiguren-Frage mit der Volksrepublik China ein fairer Dialog geführt wird. Insbesondere vor dem Hintergrund der Hegemonialstellung der Vereinigten Staaten.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Harald Troch. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.49.51

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Thema ist heute China, genauer gesagt China und die Uigu­ren. Die Uiguren leben im Nordwesten Chinas, in einer autonomen Provinz, und es geht hier um Menschenrechte, um ethnische Rechte, um die Rechte einer Volksgruppe.

An und für sich ist relativ viel in der chinesischen Verfassung positiv geregelt. Wie aber schaut die Wirklichkeit aus? – Leider, muss man sagen, gibt es in China derzeit eine Gewaltspirale, die sich einerseits durch den Widerstand der Uiguren gegen bestimmte Maßnahmen der Behörden entwickelt. Uigurische Aktivisten sind da nicht immer sehr zimperlich, wie wir auch bei manchen Terroranschlägen in China gegen Zivilisten gese­hen haben. Andererseits setzt China auf die staatliche Einheit, und die Zentralregierung versucht – das ist, sage ich, in Spanien nicht viel anders –, die staatliche Einheit mit allen Mitteln durchzusetzen. Die Methoden der chinesischen Regierung sind zweifelsohne zu hinterfragen. Die Grenze der Verhältnismäßigkeit wird oft weit, weit überschritten, und es wird offensichtlich Gewalt in einer Form angewendet, die nicht zu verteidigen ist.

In Richtung der chinesischen Regierung wäre sicher zu sagen: Nicht jeder Aktivist ist ein Terrorist, also da muss man ganz klar unterscheiden. Es geht auch in dieser Ausein­andersetzung der Uiguren gegen die chinesische Zentralregierung um Bürgerrechte und grundlegende Rechte.

Die Haltung der SPÖ ist klar: Wir setzen natürlich auch auf einen friedlichen Prozess. Wir setzen auf den Dialog in China selbst. Es gibt auch gute Beispiele: In der Provinz Ningxia ist das Zusammenleben der Mehrheit der Uiguren und Han-Chinesen sehr, sehr gut. Es gibt dort keine Konflikte. Daher bin ich grundsätzlich auch optimistisch, dass ein


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gewaltfreier Weg, wie ihn Mahatma Gandhi nicht nur als Vision gehabt, sondern auch umgesetzt hat, auch da möglich wäre.

Die SPÖ steht leidenschaftlich für die Menschenrechte, und auch der Antrag, der heute hier offensichtlich einstimmig angenommen wird, zeigt ein klares Bekenntnis aller Parla­mentarier und Parlamentarierinnen zu den Menschenrechten. Im Detail ist die Situation in einem bestimmten Land aber objektiv und sachlich zu diskutieren, und diese Objekti­vität und Sachlichkeit wünsche ich mir auch in dieser Frage von chinesischer Zentralre­gierung und den Uiguren.

Eine der Forderungen, die wir stellen, sind unabhängige internationale Beobachter. Prof. Manfred Nowak, der große österreichische Menschenrechtskenner, ‑verteidiger und ‑praktiker, war ja im Auftrag der UNO in China. Es gibt diese Folterstudie, für die er mit den chinesischen Behörden eigentlich sehr gut zusammengearbeitet hat, sich be­dankt hat, während die USA ihn nicht nach Guantánamo gelassen haben – das bedaure ich.

Ich finde, dass die Debatte, die wir heute hier auch ein bisschen allgemein zu China und zu unserer Außenpolitik führen, eine sehr, sehr gute ist. Der Dialog mit China ist natürlich auch für Österreich wichtig. Wie ich gesehen habe, gibt es dazu auch einen zusätzlichen Antrag – interessant! China ist zweifelsohne unser Partner in Wirtschaftsfragen, in Kul­turfragen, in verschiedenen Fragen. Für manche in Österreich ist China auch ein Freund, aber gerade in dieser Situation gilt es Kritik unter Partnern anzusprechen und offen aus­zusprechen.

Angesprochen wurde heute schon das europäische Sanktionsregime. Die Maßnahmen erinnern mich schon an die Magnitski-Gesetzgebung, indem man sehr gezielt bei be­stimmten Institutionen oder Menschen, bei denen Korruption und Unterdrückung offen­sichtlich sind, ansetzt.

Was ich mir in einer österreichischen, vor allen Dingen in einer europäischen Debatte nicht wünsche, sind Doppelstandards. Bei China oder bei Ex-Jugoslawien sind Unab­hängigkeit und dezentrale Bewegungen durchaus politisch erwünscht, aber in Spanien, in Schottland ist das europäisch nicht erwünscht. Diese Doppelstandards, diese Dop­pelmoral lehne ich ab, und auf die möchte ich in dieser Debatte auch hinweisen. Dass Carlos Puigdemont quasi ein politisch Verfolgter ist, lehne ich ab. Er hat meines Er­achtens keine strafrechtlichen Tatbestände begangen; die Spanier sind anderer Mei­nung.

De facto ist es aber, was China betrifft, so: Die Uiguren sind offensichtlich Bürger zweiter Klasse. Dass wir hier heute gemeinsam ein klares Bekenntnis zu den Menschenrechten abgeben, halte ich für sehr, sehr gut. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Dr. Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.55.35

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Sie kamen jede Nacht in die Zellen und holten die Frauen heraus, die sie wollten. Sie trugen immer Masken, dann brachten sie die Frauen in den sogenannten schwarzen Raum. Dort haben sie sie mit Elektrostäben gefoltert und dann vergewaltigt. Auch mich haben die Männer in mehreren Nächten geholt. Es ist meine unvergessliche Narbe, die mir immer haften bleiben wird.

Einmal haben wir die Gefangenen ins Konzentrationslager gebracht, wo sie Textpassa­gen über Chinas Präsident auswendig lernen mussten. Sie saßen stundenlang dort, und jene, die bei dem Test durchgefallen sind, mussten verschiedenfarbiges Gewand tragen.


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Je nachdem, ob sie ein-, zwei- oder dreimal durchgefallen waren, bestimmten wir dann den Grad ihrer Bestrafung, wie zum Beispiel Essensentzug oder weitere Schläge. – Zi­tatende.

Das, werte Kollegen und Kolleginnen, sind nur zwei kurze Auszüge aus den erschüttern­den Augenzeugenberichten, die jüngst von der BBC veröffentlicht worden sind. Ja, es ist ein verstörendes Bild, das ehemalige InsassInnen und GefängniswärterInnen von den Zwangslagern in Xinjiang zeichnen, und ja, es macht auch fassungslos, zu hören und zu lesen, zu welcher Grausamkeit Menschen manchmal fähig sind. Die geschilderten Grau­samkeiten entspringen aber nicht dem Sadismus einzelner Personen, im gegenwärtigen Fall steckt ein System dahinter, das von der Staatsspitze Chinas auch genau so auf­gesetzt worden ist.

In Hunderten von Lagern, haben wir heute schon gehört, befinden sich mindestens eine Million Uiguren. Sie werden dort nicht nur der persönlichen Freiheit beraubt, sondern auch einer entwürdigenden Tortur, einer Mischung aus Gehirnwäsche, Folter, sexuellem Missbrauch und Zwangssterilisation unterzogen. Trotz der Zensurbemühungen der chi­nesischen Regierung liegen diese Berichte jetzt vor, und wir finden es ganz, ganz wich­tig, dass wir in Österreich nicht nur Position beziehen und nicht nur den UN-Menschen­rechtsrat auffordern, diese Berichte weiterhin zu prüfen, sondern dass auch wir hier im kleinen Österreich Druck auf die Europäische Union, aber auch auf China ausüben, von diesen drastischen Torturen abzukehren beziehungsweise diese zu unterlassen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn die chinesische Regierung, wie sie sagt, nichts zu verbergen hat, dann ist es aus unserer Sicht das Nächste – und das findet sich im Entschließungsantrag wieder –, ein­fach zuzulassen, dass dort beispielsweise die Menschenrechtskommissarin der Verein­ten Nationen Zutritt zu den Lagern bekommt und sich ein Bild über die Situation verschaf­fen kann.

Heute wurde schon gesagt, dass Menschenrechte universell sind. Ich glaube, das ist genau der Punkt: Jedes Mal, wenn wir darauf hinweisen, welche Menschenrechtsver­letzungen weltweit stattfinden, heißt es, wir sollten vor der eigenen Tür kehren. Nur: Menschenrechte sind universelle Rechte, das heißt, sie gelten für alle Menschen gleich, unabhängig davon, auf welchem Teil des Planeten sie in das Leben gespült worden sind. Menschenrechte sind auch egalitäre Rechte, das heißt, sie gelten für alle Menschen in der gleichen Weise, genauso wie Menschenrechte immer – immer! – über der religiösen Anschauung und einer staatlichen Ideologie stehen müssen.

Ich freue mich sehr, dass es so eine große Unterstützung für diesen Entschließungs­antrag gibt, dass Österreich da klar Position bezieht, und ich bin mir sicher, dass es nicht bei diesem Antrag bleibt, sondern dass wir nach diesem Bekenntnis hier im österreichi­schen Parlament weiterhin darauf schauen werden, dass Uiguren in China nicht aus unserem Blickfeld verschwinden, sondern dass wir genau hinschauen, diese Prüfung einfordern und auf diesen Zutritt weiterhin pochen.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch etwas Wichtiges sagen: China ist bei Wei­tem nicht der einzige Problemfall, wenn es um Menschenrechte geht. Wir leben in einer Zeit, in der die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, so wie sie von 147 Ländern dieser Welt feierlich anerkannt worden ist, einer schweren Belastungsprobe ausgesetzt ist. Dieses Bekenntnis würden viele Machthaber weltweit am liebsten auf den Misthaufen der Geschichte werfen. Myanmar war zuletzt in den Schlagzeilen, nachdem Hunderte verhaftet worden sind, Russland erst heute, und auch Belarus, von wo ich heute erst AktivistInnen getroffen habe, die Angst haben, ihre Familien im Land zu besuchen. Ja, aber auch in Österreich haben wir – das hat uns der UN-Menschenrechtsrat anhand der Empfehlungen auch aufgezeigt – noch einiges zu tun, wenn es um die Wahrung der Menschenrechte geht, wenn es um das Ausbreiten der Autokraten und Rechtsextremen


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geht, dem wir einen Riegel vorschieben müssen, weil wir wissen, dass genau jene alles andere achten, aber nicht die Menschenrechte.

In diesem Sinne: Das ist ein wichtiger Antrag betreffend die Uiguren, aber, ja, auch ein Appell an uns alle, Menschenrechte nicht nur zu achten, sondern Menschenrechte welt­weit, europaweit, aber auch in Österreich so zu gewähren, dass sie allen Menschen zu­teilwerden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Dr. Helmut Brandstätter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.02.15

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Es ist schon erwähnt worden, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte bestimmt: „Alle Menschen sind frei und gleich an [...] Rechten ge­boren.“ – Das ist ein wunderbarer Satz, und wir wissen, wie sehr er weltweit jeden Tag verletzt wird. In diesem Sinne bin ich auch sehr dafür, dass jede Möglichkeit, auch jede juristische Möglichkeit zur Wahrung der Menschenrechte natürlich gewahrt wird, und deswegen sind wir auch sehr wohl dafür, dass auch die Europäische Union der Europäi­schen Menschenrechtskonvention – die ja in Österreich im Verfassungsrang ist, was ich auch für sehr gut halte – beitritt.

Damit komme ich zum Thema Uiguren, aber es geht ja um mehr als die Uiguren, es geht um die Region Xinjiang. Für alle, die sich nicht damit beschäftigt haben: Fast 20 Prozent der Fläche von China ist Xinjiang, aber dort leben nur 25 Millionen Menschen. Das ist natürlich eine kleine Minderheit, und es sind nicht nur die Uiguren, es sind auch die Ka­sachen und andere Turkvölker. Dieses Buch (das Buch „Die Kronzeugin“ von Sayragul Sauytbay und Alexandra Cavelius in die Höhe haltend) kann ich einerseits sehr empfeh­len, und ich sage andererseits, dass man es nicht sehr leicht liest, weil einem bei dem, was die Kronzeugin Sayragul Sauytbay darin beschreibt, die Tränen kommen. Das ist eine Frau aus einer kasachischen Familie. Sie ist eigentlich als Nomadin aufgewachsen, hat dann aber eine hervorragende Ausbildung als Ärztin bekommen, hat auch als Ärztin gearbeitet, aber weil sie eben einer Minderheit, der kasachischen Minderheit, angehört, wurde sie dann sogar als Lehrerin in einem dieser Umerziehungslager eingesetzt. Das hat im Jahr 2014 begonnen, Präsident Xi hat damals die Region besucht, hat gesagt, ja, da gibt es ja Terroristen, da gibt es Leute, die eine Abspaltung dieser Region – die eben für die Turkvölker Ostturkistan ist – wünschen, und deswegen muss man da massiv vor­gehen.

Ich weiß, dass die chinesische Regierung es leugnet, sagt, es gäbe diese Arbeitslager, Umerziehungslager nicht, aber es gibt halt auch sehr genaue Dokumentationen darü­ber – das kann man sich anschauen – in Satellitenbildern, und es gibt vor allem die Er­zählung dieser Frau. Das alles ist, wie gesagt, ganz erschreckend. Was sie aber auch schreibt – weil es nämlich auch schon um Wirtschaftssanktionen ging –: Während wir hier sitzen, betreiben auch große Firmen aus dem Westen lukrative Geschäfte im Nord­westen Chinas, während dort gleichzeitig in den Firmengebäuden Kinder, Frauen, Män­ner, Junge, Alte auf engstem Raum wie Tiere zusammengepfercht sind. Das müssen wir wissen.

Wir müssen allerdings sehr ernsthaft auch mit der Bundesregierung, mit dem Herrn Au­ßenminister sprechen, denn natürlich stimmen wir diesem Antrag zu, gleichzeitig aber sage ich, dass dieser Antrag doch relativ weich formuliert ist, und ich glaube, die chine­sische Regierung hält es schon aus, wenn wir ihr unsere Meinung sehr deutlich sagen.

Ich kann sagen, ich habe vor wenigen Tagen ein Gespräch mit dem chinesischen Bot­schafter in Wien gehabt. Es war als Vieraugengespräch natürlich vertraulich vereinbart,


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es gab allerdings einen Punkt, betreffend den ich ihn nachher gefragt habe: Herr Bot­schafter, darf ich das auch öffentlich, darf ich das hier im Nationalrat sagen? – Ich habe ihn nämlich gebeten, ich habe gesagt, ich möchte, dass wir – österreichische Abgeord­nete, europäische Abgeordnete – die Chance haben, einen Besuch in dieser Region zu machen, und er hat gesagt, ja, er versteht das und er wird sich auch dafür einsetzen.

Deswegen, in diesem Sinne: Ja, ich bin natürlich für Dialog, aber ich bin auch dafür, dass wir die Dinge deutlich aussprechen, und ich würde mich sehr freuen – er hat gesagt, er wird unsere Bitte in Peking vortragen –, wenn wir diese Möglichkeit bekommen, denn ich halte es für wichtig, dass wir hinfahren, dass wir uns das ansehen und dass die Regie­rung in Peking merkt, es gibt den Druck nicht nur vom kleinen Österreich, sondern von der Europäischen Union, und ich halte es auch für wichtig, dass wir nicht nur hinschauen, nicht nur kritisieren, sondern auch sagen, dass wir unter gewissen Bedingungen dann sehr wohl auch Sanktionen anwenden würden. (Beifall bei den NEOS.) – Danke.

Das führt mich zu einem zweiten Punkt, über den ich auch noch sprechen wollte, und da kommen wir zu Russland: Während wir hier sprechen, werden, wie wir wissen – das „Wall Street Journal“ hat das heute veröffentlicht – gerade massiv Truppen in der Nähe der Ukraine massiert, gleichzeitig auch auf der Krim. Es stehen heute doppelt so viele Truppen und doppelt so viele Kampfflugzeuge der Russen sowohl auf der Krim als auch in der Ostukraine, und es wird massiv Druck auf die Ukraine ausgeübt. Das wissen wir. Und wie reagieren wir darauf? – Indem wir sagen: Ja, wir reden eh mit Ihnen! Das wird zu wenig sein. Gerald Knaus, der Chef des Thinktanks ESI, hat, ich glaube, heute oder gestern, ein interessantes Interview gegeben, in dem er gesagt hat: Ich glaube, Europa muss sehr wohl die Frage überlegen, wie wir mit Sanktionen drohen.

Es gibt Nord Stream, es gibt Nord Stream 2, das ist den Russen extrem wichtig, und ich glaube schon, dass man einem Herrn Putin auch erklären kann: Wenn du mit Österreich und mit der EU weiter Handel treiben willst, dann wirst du gewisse Dinge akzeptieren müssen, etwa dass es Grenzen gibt, die du nicht überschreiten darfst. – Er wird uns aber nur ernst nehmen, wenn wir einig als Europäische Union auftreten, aber auch, wenn wir sehr deutlich auftreten. Da habe ich allerdings schon immer wieder den Eindruck, dass wir das eben nicht tun.

Dasselbe gilt übrigens auch für Nawalny, und, Kollege Troch, das möchte ich auch noch sagen: So wie ich das Relativieren betreffend Nawalny nicht verstanden habe – denn ich bin zwar mit seinen politischen Meinungen oft überhaupt nicht einverstanden, aber dass er ohne Prozess oder aufgrund eines Scheinprozesses eingesperrt wird, das geht nicht ‑, muss ich schon auch sagen, wenn ich jetzt auf Xinjiang zurückkomme, dass der Ver­gleich mit Katalonien halt auch nicht funktioniert.

Herr Puigdemont ist die eine Sache, aber das, was wir in diesen Büchern, was wir auch in den Berichten, die Kollegin Ernst-Dziedzic vorgetragen hat, lesen, ist etwas völlig an­deres. Und wenn wir bei diesem Satz, dass alle Menschen frei und gleich an Rechten sind, bleiben, dann heißt das auch, dass wir diesen Regimen deutlich gegenübertreten müssen und dass wir da vielleicht, wenn es nicht anders geht, auch einmal in Kauf neh­men müssen, dass wir einen wirtschaftlichen Nachteil erleiden. Wenn die Menschen­rechte das sind, was die Europäische Union, was uns in Europa ausmacht, dann dürfen wir da keine Kompromisse machen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Kucher.)

20.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Martin En­gelberg. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Zwischenruf des Abg. Matznetter. – Zwischenruf des sich auf seinen Sitzplatz begebenden Abg. Brandstätter. – Zwischenruf des Abg. Kucher. – Abg. Engelberg – bereits am Rednerpult stehend –: Darf ich kurz stören? – Heiterkeit.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 223

20.09.15

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! In dieser großen weltpolitischen Diskussion müssen wir auch berücksichtigen, dass uns in diesem Block von Tagesordnungspunkten auch ein FPÖ-Entschließungsantrag mit dem vielleicht etwas hochtrabenden Titel „Schuld durch Assoziation darf nicht norma­lisiert werden“ vorliegt.

Das ist ja ein ganz interessanter Denkansatz, der aus den USA stammt, eigentlich auch falsch übersetzt ist, denn eigentlich geht es da um den Begriff Associationfallacy, was ungefähr Trugschluss durch falsches In-Beziehung-Setzen heißen müsste. Ich will da aber gar nicht ins Detail gehen, denn es geht ja um etwas ganz anderes, nämlich um die Vereinnahmung der Coronademonstranten durch die FPÖ und die Verteidigung dieser gegen Angriffe, die aber gar nicht so stattgefunden haben.

Damit schicke ich einmal etwas voraus, nämlich: Niemand hat jemals behauptet, dass alle Coronademonstranten Rechtsradikale, Antisemiten, Neonazis und so weiter sind. Ich wiederhole: Das hat niemand jemals behauptet. Umgekehrt aber ist es nachgerade eine staatsbürgerliche Pflicht, das aufzuzeigen und das anzusprechen, was sehr wohl dort stattgefunden hat: erstens, dass bei diesen Demonstrationen ganz bestimmend und durchaus leitend Rechtsradikale, Antisemiten, ein mehrfach verurteilter Neonazi samt seiner Kampfgenossentruppe, Identitäre anwesend waren und diese auch geführt haben.

Zweitens: In einer klassischen Täter-Opfer-Umkehr heften sich so manche dieser De­monstranten auch noch dazu – als Begriff – einen Judenstern an die Brust – ich sage, das ist ein Nazibegriff, in der jüdischen Terminologie heißt das Davidstern – und verwen­den zum Beispiel den Slogan: Impfen macht frei!, und zwar in ganz bewusster Anlehnung an diesen fürchterlichen Spruch am Eingangstor zum Vernichtungslager Auschwitz, wo stand: „Arbeit macht frei“. Das heißt, sie versetzen sich sozusagen in die Opferposition, um sich als Täter unangreifbar zu machen. Das ist infam. (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS.)

Und dann – ich habe es hier schon mehrfach angesprochen, aber es kann nicht oft ge­nug gesagt sein – stellt sich der Klubobmann der FPÖ vor ebendiese Demonstranten hin und bedient sich antisemitischer Agitation, was einen Tabubruch in der gegenwärti­gen österreichischen Politik darstellt. Das dürfen wir nicht tolerieren, das dürfen wir nicht verschweigen, das müssen wir ansprechen! (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS.)

Es muss hier auch noch einmal gesagt werden: Bedauerlicherweise hat Ihr Klubobmann Sie wieder aus dem Verfassungsbogen geführt – diesen Begriff, den Andreas Khol ein­mal geprägt hat, finde ich da sehr, sehr passend. Und wir alle bedauern sehr, dass Sie sich diesem Zug aus dem Verfassungsbogen raus angeschlossen haben.

Eine Randbemerkung zum Schluss: Völlig unerklärlich war mir im Ausschuss, dass die NEOS plötzlich gesagt haben, sie würden für diesen Antrag stimmen. Ich kann das nicht verstehen, ehrlich gesagt, ich würde fast den Ausruf Ihres Gründungsvaters dazu benut­zen, um zu fragen: Was ist mit euch? Seid ihr naiv, oder geht es euch darum, der ÖVP oder Sebastian Kurz da wieder einmal irgendetwas auswischen zu wollen? Was ist mit euch, dass ihr solch einen Antrag unterstützen wollt? – Oder vielleicht überlegt ihr es euch noch. Ich fände es schade.

Ich finde es erfreulich, dass dieser Antrag, der sehr, sehr zweifelhaft ist, hier in diesem Haus letztlich große Ablehnung erfahren wird, selbstverständlich wird auch die ÖVP nicht dafür stimmen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

20.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 224

20.13.56

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ja, die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schaffung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sind ohne Zweifel große Errungenschaften zum Schutz und zur Verteidigung der Menschenrechte. Während alle EU-Mitgliedstaaten die EMRK unterzeichnet haben, ist der Weg der EU als Institution zur Europäischen Menschenrechtskonvention lange und beschwerlich. Es freut mich, dass unser Vierparteienantrag fordert, dass sich der zuständige Außenminister und Sie, Frau Ministerin, auf allen Ebenen dafür einsetzen und starkmachen, dass dieser Beitritt rasch vorangetrieben wird und dass es endlich zu einem Beitritt der EU zur Menschen­rechtskonvention kommt.

Es muss aber auch in unserem vorrangigen Interesse sein, mögliche oder angedachte Austritte aus der EMRK zu verhindern, weil die Mitgliedschaft bei der EMRK auch die Voraussetzung ist, um Mitglied im Europarat zu sein, und weil die EMRK und mit ihr der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einfach der wirksamste Schutz für die Menschenrechte und für die Bewohnerinnen und Bewohner in allen 47 Mitgliedstaaten sind.

Während sich aber der Europarat auf der einen Seite auch laufend für den Ausbau der Menschenrechte in diversen Regelungen starkmacht und versucht, diesen laufend vo­ranzutreiben, kommen die Menschenrechte in Europa – das erleben wir gerade – seit einigen Jahren stark unter Druck. Maßgebliche politische Kräfte stellen quer durch Euro­pa zentrale Menschenrechte und Regelwerke infrage, und da darf es kein Schönreden geben.

Das Infragestellen zentraler Grundrechte ist immer auch ein Angriff auf die Demokratie, ist immer auch ein Angriff auf die Friedensordnung in Europa, und da können wir nicht einfach tatenlos zusehen, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn rechtskonservative Regierungen stückchenweise die Menschenrechte beschneiden oder einschränken, dür­fen wir nicht wegsehen.

Polen will aus der Istanbulkonvention zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen und Mäd­chen aussteigen und hat auch angekündigt, andere Länder zu diesem Schritt bewegen zu wollen. Das ist ein Alarmzeichen, auf das wir reagieren müssen. Wir erwarten uns, dass die österreichische Bundesregierung da genauso deutlich Stellung bezieht, wie es im Fall des Austritts aus der Istanbulkonvention bei der Türkei der Fall war. Da können wir nicht schweigen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ebenso, sehr geehrte Damen und Herren, braucht es eine klare menschenrechtliche Positionierung, wenn die Rechte der LGBTIQ-Community zum Beispiel in Polen ange­griffen und beschnitten werden. Unsere Anträge dazu im Ausschuss wurden leider ver­tagt. Auch wenn es für Sie unbequem sein mag, Länder wie Ungarn oder Polen zu kri­tisieren: Steigende Gewalt an Frauen, Hass und Hetze gegen Mitglieder der LGBTIQ-Community verlangen eine klare und deutliche Positionierung! Da können wir nicht schweigen, das sind wir den Menschen, das sind wir den Menschenrechten schuldig. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

20.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Mag. Hannes Amesbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.17.27

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Ja, es wurde angesprochen: Wir behan­deln unseren Antrag, den Antrag der Kollegin Fürst betreffend „Schuld durch Assoziation


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 225

darf nicht normalisiert werden“. Worum geht es in diesem Antrag? – Dieser Antrag zielt auf die Ablehnung eines Standpunktes durch Anführen der negativen Umstände, die mit dem Standpunkt assoziiert sind und die sich auf dessen Herkunft oder historische Aspek­te beziehen, ab. Typischerweise sind assoziierte Umstände nebensächlich und hinsicht­lich des eigenen Standpunktes ohne Beweiskraft, folglich ist die Argumentation oft unlo­gisch, überzeugt aber dennoch manchmal.

Die kollektive Be- und Verurteilung von Demonstrationsteilnehmern, insbesondere auch durch Regierungsmitglieder, hinsichtlich friedlicher Demonstrationen, die sich gegen Maßnahmen ebendieser Regierung richten, ist vor diesem Hintergrund problematisch und darf nicht normalisiert werden.

Herr Abgeordneter Engelberg, Sie haben heute ein ähnliches Wording gehabt, wie Sie es schon im Menschenrechtsausschuss gebracht haben, und ich möchte da schon eini­ges zurechtrücken. Sie haben gesagt, diese Angriffe durch Regierungsmitglieder haben so ja nicht stattgefunden. – Ja, natürlich, das haben wir auch heute wieder vom Innen­minister erlebt, völlig undifferenziert, und leider auch vom Kollegen Mahrer.

Herr Kollege Engelberg, Sie haben auch gesagt, dass niemand behauptet hätte, dass alle Rechtsextremisten oder Antisemiten sind. – Das ist richtig. Es wird aber immer wie­der so getan, als ob das die Hauptgruppe wäre. Wir alle wissen aber, dass die Masse mit diesen Menschen nichts zu tun hat und nichts zu tun haben will.

Herr Engelberg, Sie haben auch gesagt, dass solche Menschen dort in leitenden Funk­tionen unterwegs sind. – Also diesen Eindruck kann ich nicht bestätigen und den habe ich so auch nie von irgendjemandem bestätigt bekommen. Das wird meines Erachtens schon dazu genutzt, um friedliche Bürger zu diskreditieren.

Sie haben auch von gewissen Symbolen gesprochen, die dort verwendet werden und zweckentfremdet missbraucht werden. – Ja, ich glaube nicht, dass die Menschen, die das machen, die Intention haben, da antisemitisch vorzugehen oder irgendetwas zu ver­harmlosen – die Verbrechen des NS-Regimes –, dennoch ist es falsch, da gebe ich Ih­nen recht. Es ist falsch, so zu agieren, und sich von diesen Leuten zu distanzieren und den Antisemitismus zu bekämpfen sollte für uns alle selbstverständlich sein, und das ist es natürlich auch für unsere Fraktion, um das hier zum wiederholten Male klarzustellen.

Aber ich finde es nicht in Ordnung, dass Sie uns als Freiheitliche Partei jetzt außerhalb des sogenannten Verfassungsbogens stellen, uns als demokratisch legitimierte Kraft in diesem Parlament, die wir gerade auch mit diesem Antrag für das verfassungsmäßig garantierte Recht der Versammlungsfreiheit, die auch in der Europäischen Menschen­rechtskonvention abgebildet ist, die ja auch in Verfassungsrang steht, eintreten. Also ich bitte hier auch Sie um eine Mäßigung im Ton, dass wir dieses Thema auch vernünftig thematisieren können. (Beifall bei der FPÖ.)

20.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Peter Weidinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.20.39

Abgeordneter Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Liebe Österreicherinnen, liebe Österreicher und alle Menschen, die in unserem Land leben! Die Freiheit des Einzelnen steht im Mittelpunkt unserer Politik und unseres Gesellschaftsmodells. Seit 76 Jahren leben wir in Österreich in Frieden, daher ist es für uns eine logische Konsequenz, dass die Europäische Union auch der Europäischen Menschenrechtskonvention beitritt.

Die Europäische Menschenrechtskonvention sichert die Grund- und Freiheitsrechte der Bürgerinnen und der Bürger, und verpflichtet den Staat, diese Grund- und Freiheitsrech­te auch zu garantieren und zu gewährleisten. Im Jahre 1958 hat Österreich als erster


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 226

Staat die Europäische Menschenrechtskonvention auch in den Verfassungsrang geho­ben, meine Damen und Herren, und wir stellen die Forderung auf, dass dieser Standard, der in Österreich für die Ausübung der Rechte der Österreicherinnen und Österreicher gilt, auch auf Ebene der Europäischen Union gelten soll.

Ein Argument dafür, das heute nicht genannt wurde, meiner Meinung nach aber eines der gewichtigsten ist, ist, dass dadurch für jeden Österreicher und für jede Österreicherin und für jeden Bürger in der Europäischen Union auch ein zusätzlicher Rechtsweg ent­steht. Man kann, wenn man sich als Bürger von Rechtsakten der EU in seinen Rechten verletzt fühlt, dies dann auch geltend machen und bis zum Europäischen Gerichtshof nach Straßburg gehen.

Der wichtige Punkt, meine Damen und Herren, und den möchte ich hier herausarbeiten, ist, dass auch schon 1958 die FPÖ nicht dabei war – als einzige der Parteien, die damals im Parlament vertreten waren –, um das mitzutragen, und sie tut es auch heute nicht. Ich halte das für scheinheilig. Klubobmann Herbert Kickl spricht bei Demonstrationen davon, dass Grund- und Freiheitsrechte in Gefahr sind. Wenn man aber heute hier im Parlament als Abgeordneter die Chance hat, die rechtlichen Möglichkeiten der Bürgerin­nen und der Bürger, der Österreicherinnen und der Österreicher zu erweitern, dass man vermeintliche Eingriffe in die eigenen Freiheitsrechte auch einklagen kann, dann macht die FPÖ nicht mit.

Das ist scheinheilig, meine Damen und Herren, und das nährt in mir das Bild, dass es eigentlich darum geht, eine Wählerschaft hinter sich zu versammeln, eine Abhängigkeit zu schaffen von einer Gruppe, der man glauben machen möchte, dass man mit nebulo­sen Regeln oder mit nebulosen Diskussionen die Lebensverhältnisse der Menschen ver­bessern kann. Das kann man nicht, meine Damen und Herren! Die Lebensverhältnisse der Menschen verbessert man, indem man ihre rechtlichen Möglichkeiten erweitert.

Was schaffen wir damit? – Wir schaffen damit ein demokratischeres Europa, wir schaf­fen damit auch mehr Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit. Das ist der Weg der österrei­chischen Bundesregierung mit unserer Bundesministerin Karoline Edtstadler, die durch viele, viele Aktivitäten das Ansehen von Österreich innerhalb von Europa noch weiter hebt und die die Menschen mittels eines Bürgerdialogs einlädt, unser Europa gemein­sam besser zu machen.

Heute, meine Damen und Herren, sind wir Parlamentarier am Wort und haben die Mög­lichkeit, die Rechte für die Österreicherinnen und Österreicher und alle Bürger in Europa zu erweitern. Deswegen: ein klares Bekenntnis zum Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Das bedeutet ein Mehr für Europa und ein Mehr an Freiheiten für unsere Bürger. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

20.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maximilian Köll­ner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.24.30

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist bereits viel zur Situation der Uiguren gesagt worden, und der grausame und repressive Umgang Chinas mit der uigurischen Minder­heit zeugt davon, dass grobe Menschenrechtsverletzungen weltweit leider noch immer auf der Tagesordnung stehen und oft widerspruchslos zur Kenntnis genommen werden. Genau da liegt unsere Verantwortung, nämlich: nicht wegzuschauen.

Schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen gibt es auch in Katar, dem Austragungs­ort der Fifa-Fußballweltmeisterschaft 2022. Da blutet mir als langjährigem Amateurkicker und leidenschaftlichem Fußballanhänger das Herz, wenn ich höre, was da passiert. Ka­tar hatte zum Zeitpunkt der Vergabe kein WM-taugliches Stadion. Die Entscheidungsträger


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 227

dort werden sich aber gedacht haben: Gut, wenn wir keine haben, dann stampfen wir halt ein paar Rolls-Royce-Stadien aus dem Boden, Geld spielt bei uns ohnehin keine Rolle! – Einmal dürfen Sie jetzt raten, wer den Preis für die Realisierung dieses Groß­sportevents bezahlen muss. Schon im September 2013 hat der britische „Guardian“ über die miserablen Arbeitsbedingungen auf den WM-Baustellen Katars berichtet. Das „Süd­wind Magazin“ hat getitelt: „Sterben für die große Show“. Und vor wenigen Wochen hat auch meine ebenfalls fußballfanatische Kollegin Nurten Yılmaz dazu einen sehr treffen­den Gastkommentar in der „Presse“ geschrieben.

Lassen Sie mich die konkrete Situation kurz anhand von ein paar Zahlen und Fakten darlegen: Katar, immerhin eines der reichsten Länder der Welt, hat ein Pro-Kopf-Einkom­men pro Monat von 9 000 Euro; zum Vergleich: der Lohn für Arbeiter auf den WM-Bau­stellen liegt bei 240 Euro, was einem Stundenlohn von circa 2,55 Euro entspricht. Von den circa zwei Millionen Gastarbeitern aus Indien, Bangladesch, Sri Lanka, Pakistan, Nepal haben viele teilweise monatelang keinen Lohn bekommen. Wasser und Brot sind die Hauptnahrungsmittel, und teilweise hausen acht Arbeiter auf 15 Quadratmetern Wohnfläche, also auf winzigem Raum, unter katastrophalen Bedingungen.

Aber das ist bedauerlicherweise noch nicht alles. Seit der Vergabe der Fußball-WM an Katar sind bereits 6 500 Menschen auf den Baustellen für Stadien, Hotels und Verkehrs­infrastruktur gestorben – 6 500 Menschen, weil der Profit und das Prestige reicher Inves­toren wieder einmal mehr zählt als Menschenleben, als menschenwürdige Bedingungen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Litschauer.)

Der internationale Fußballverband Fifa spielt bei diesen Menschenverbrechen leider mit. Verzeihen Sie mir den Ausdruck, aber dieses System ist an Absurdität kaum zu überbie­ten und widert mich persönlich an. Da sind die aktuellen Pläne einer Super League der reichen top Klubs nur mehr ein i-Punkterl, denn wenn ein Fußballstar am Klo mehr Geld verdient als jemand, der einen Monat lang arbeiten geht, dann stimmt etwas an diesem System gewaltig nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Das kommt nicht einmal mehr bei denen gut an, die von diesem System profitieren. Matthias Ginter, Spieler der deutschen Nationalmannschaft, hat selbst gemeint: „Wenn ich sehe, wie Bauarbeiter oder Krankenpfleger schuften müssen und dafür ein Gehalt bekommen, mit dem sie kaum über die Runden kommen, dann muss ich sagen: Natür­lich verdienen wir Fußballer zu viel“. „Wir leisten ja nichts Essentielles“.

Egal, wo man hinsieht, es dreht sich alles nur um den Profit, zulasten der einfachen Arbeitnehmer, zulasten von Minderheiten und zulasten der Menschenrechte, und aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Men­schenrechtsverletzungen in Katar“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, werden aufgefordert, wie bereits vor der Eishockey-WM in Belarus, zu den in Katar auftretenden Menschenrechtsverletzungen klar Stellung zu beziehen und sich künftig auf internationaler Ebene dafür einzusetzen, dass möglichst strenge Verga­berichtlinien in den internationalen Sportorganisationen erlassen werden, damit eine Vergabe von Sportgroßveranstaltungen an Länder, die unter begründetem Verdacht weitgehender Nichteinhaltung von Menschenrechtsstandards stehen, nicht mehr mög­lich ist.“

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 228

Ich bitte um Unterstützung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.28

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

§ 55 GOG-NR

der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Nurten Yilmaz,

Genossinnen und Genossen

betreffend Menschenrechtsverletzungen in Katar

eingebracht am 21. April 2021 in der 97. Sitzungen des Nationalrats im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Menschenrechte betreffend die Situation der Uiguren (TOP 14)

Der Umgang Chinas mit der uigurischen Minderheit, welcher von repressivem Vorgehen der Behörden, Massenüberwachung, Unterdrückung und Internierung geprägt ist, zeugt von groben Menschenrechtsverletzungen, die weltweit leider noch immer auf der Tages­ordnung stehen und oft widerspruchlos von vielen zur Kenntnis genommen werden.

Schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen gibt es auch in Katar, Austragungsort der FIFA Fußballweltmeisterschaft 2022, ein seit Jahren bekanntes Problem. Schon im September 2013 berichtete der britische Guardian über die miserablen Arbeitsbedingun­gen auf den WM-Baustellen Katars, das Südwind Magazin veröffentlichte einen Bericht mit dem Titel „Sterben für die große Show" im Dezember desselben Jahres.

Denn Katar hatte zum Zeitpunkt der Vergabe gar kein WM-taugliches Stadion. Es wur­den demnach dafür acht vollklimatisierte Stadien aus dem Wüstenboden gestampft - ohne Rücksicht auf die Umwelt und für eine Nutzung von wenigen Wochen. Die Nachnut­zung ist völlig ungeklärt. Schließlich hat Katar nur 2, 7 Millionen Einwohner*innen, wovon 90 Prozent Arbeitsemigrant*innen mit ausländischer Staatsbürgerschaft sind. Nur 300.000 Bewohner*innen haben einen katarischen Pass. Diese Arbeitsemigrant*innen - es sind fast ausschließlich Männer - arbeiteten und arbeiten vorwiegend an den riesigen WM-Baustellen. Bei der Ankunft wird ihnen der Pass abgenommen, sie werden in win­zige Unterkünfte gepfercht, und vielen von ihnen wird monatelang kein Lohn ausbezahlt. Zahlreiche TV-Dokumentationen beweisen diese Zustände. Einige der aus Ländern wie Nepal, Pakistan und Indien kommenden Männer waren derart verzweifelt, dass sie sich auf den Baustellen vom Gerüst geworfen haben, damit ihre Familien wenigstens eine Versicherungszahlung bekommen.

Im Februar 2021 veröffentlichte der Guardian erneut einen Bericht, demzufolge seit der Vergabe der WM an Katar über 6.500 Gastarbeiter*innen allein aus Indien, Pakistan, Ne­pal, Bangladesch und Sri Lanka gestorben sind. Durchschnittlich zwölf Gastarbeiter*in­nen pro Woche sollen seit Dezember 2010 umgekommen sein.

Schwere körperliche Arbeit bei hohen Temperaturen auf den katarischen Baustellen für Stadien, Hotels und Verkehrsinfrastruktur kann selbst für junge und besonders fitte Men­schen tödlich enden. Zur häufigsten Todesursache Herz-Kreislauf-Versagen aufgrund der Anstrengungen in der Wüstenhitze kommen zudem Stürze aus großer Höhe und anderweitige Unfälle aufgrund mangelnd gesicherter Baustellen.

Trotz einiger Verbesserungen im Arbeitsrecht haben die Arbeiter*innen auf den Bau­stellen der Fußball-WM in Katar immer noch keine Möglichkeit, sich in Gewerkschaften zu organisieren oder Rechtsmittel gegen Arbeitsrechtsverstöße einzulegen. Auch ein


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 229

fairer Mindestlohn für die tausenden Arbeitskräfte auf den Baustellen wurde bislang nicht umgesetzt, eine unabhängige Überprüfung der Arbeitsbedingungen und eine strikte Durchsetzung der Schutzvorkehrungen fehlen völlig.

Die Kritik an der Fußball-WM in Katar wird zurecht immer lauter und der Widerstand gegen das Turnier in dieser Form immer größer. Neben zahlreichen Menschenrechtsor­ganisationen wie Amnesty International und Protesten von Fußballnationalmannschaf­ten nimmt in Österreich beispielsweise die Junge Generation die breite Kritik auf.

Festzuhalten ist: Die Vergabe an Katar war nicht alternativlos. Es gab mehrere Bewer­berländer, darunter die USA und Australien. In Katar sind Frauenrechte de facto nicht vorhanden und Homosexualität wird mit Haftstrafen geahndet. Bereits in den letzten Jahren hat die FIFA bei der Vergabe offenbar so einiges ausgeblendet: ob Zwangsum­siedelungen in Brasilien 2014 oder die Ausbeutung von Bauarbeiter*innen in Russ­land 2018 - Profit steht hier offenbar vor den Menschenrechten und dem Wohle der Be­völkerung vor Ort.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, werden aufgefordert, wie bereits vor der Eishockey-WM in Belarus, zu den in Katar auftretenden Menschenrechtsverletzungen klar Stellung zu beziehen und sich künftig auf internationaler Ebene dafür einzusetzen, dass möglichst strenge Verga­berichtlinien in den internationalen Sportorganisationen erlassen werden, damit eine Vergabe von Sportgroßveranstaltungen an Länder, die unter begründetem Verdacht weitgehender Nichteinhaltung von Menschenrechtsstandards stehen, nicht mehr mög­lich ist.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf anführen, dass der Antrag ausreichend unter­stützt und ordnungsgemäß eingebracht ist und somit auch in Verhandlung steht.

Zu Wort gemeldet ist nun Ing. Johann Weber. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.29.01

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Aber vor allem liebe Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause vor den Bildschirmen! Ich möchte meine Rede auf ein Dankeschön, eine Zu­sammenfassung und ein kurzes persönliches Bild, das ich in der Zwischenzeit für mich erstellt habe, beschränken.

Ich möchte mich als Erstes bei Ihnen, Frau Bundesminister, recht herzlich dafür bedan­ken, dass Sie sich auf europäischer Ebene sehr stark dafür einsetzen werden, dass die EU als Gesamtheit der Menschenrechtskonvention beitreten wird. Dafür schon einmal ein recht herzliches Dankeschön! Die Vorredner haben auch erklärt, warum und weshalb das wichtig ist.

Zum Zweiten möchte ich mich bedanken, dass wir gemeinsam – ich gehe davon aus, da sich das schon im Ausschuss abgezeichnet hat – auch die Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit den Uiguren in Nordwestchina – wo sehr viele Menschenrechts­verletzungen passiert sind – verurteilen. Dafür ein großes Dankeschön, weil das nicht sein darf, wie es dort abläuft.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 230

Zum dritten Punkt, dem Antrag der FPÖ, hat Kollege Engelberg ausführlich unsere Position dargebracht, da ist keine Handlungsnotwendigkeit gegeben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wo jedoch sehr wohl Handlungsbedarf be­steht, das ist beim Umgang der Politiker miteinander hier in diesem Hohen Haus. Wie Sie wissen, bin ich relativ neu hier im Parlament mit dabei. Ich sitze von hier aus gesehen ganz rechts oben auf einem sehr übersichtlichen Platz und habe ständig die Möglichkeit, den gesamten Plenarsaal zu beobachten.

Zu Hause im Lavanttal werde ich von der Bevölkerung immer wieder darauf angespro­chen, was hier im Parlament immer wieder abläuft. Und sie haben recht, wir haben es heute wieder in der Kurzdebatte erlebt: Das ist kein Ruhmesblatt für uns Politiker. Ich bin oft traurig und bestürzt, was hier abgeht. Man könnte fast sagen, das Benehmen mancher Abgeordneter im österreichischen Hohen Haus ist beschämend und schadet letztendlich dem Bild des Politikers in der Bevölkerung, in der Öffentlichkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Manche Abgeordnete ordnen billigem Populismus alles unter und verlieren dabei die wahren Sorgen und Probleme der Bevölkerung aus ihren Augen, wofür wir nicht gewählt sind. Wir sind gewählt, um ruhig, zielorientiert, konsequent für Österreich und die Bürge­rinnen und Bürger zu arbeiten. Wir brauchen mehr Respekt und Toleranz im Umgang miteinander. Die Menschen in Österreich wollen beziehungsweise erwarten sich, dass wir uns hier mit Wertschätzung und Achtung im Diskurs begegnen. Das ist ein Recht der Menschen in diesem wunderbaren Land, in dem wir leben dürfen, und somit ist das auch ein Menschenrecht. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Grünen.)

20.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Pia Philippa Strache. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.32.39

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herzlichen Dank, dass diese wichtigen Themen nun den Weg ins Par­lament gefunden haben. Lange, lange hat sich eigentlich niemand getraut, etwas zu den Internierungslagern zu sagen, oder den Geschichten Glauben geschenkt, die Geflüchte­te erzählen konnten.

Doch vor rund zwei Jahren kam eine neue Dynamik, eine neue Wende in diese ganze Sache: Unabsichtlich geleakte Dokumente der Kommunistischen Partei in China bele­gen die Aussagen und geben Einblicke in das Grauen in Xinjiang. In den Unterlagen mit Unterschrift und Siegel wird sehr sanft formuliert, von Schulen, von Schülern, von Umer­ziehung ist die Rede – nicht von Haft, von grausamer Folter und Gefangenen, von totaler Überwachung, die weit über die Grenzen Chinas hinausgeht. Es handelt sich um Zen­tren, die keinen anderen Zweck erfüllen sollen als die gewaltsame Assimilation – ein Genozid, der vor den Augen der Welt stattfindet, und die Welt sieht noch immer still zu. Und ja, leider wirkt auch Österreich fast wie erstarrt vor der Weltmacht China.

Die Situation der Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang sollte uns alle daran erin­nern, dass, wenn totalitäre Regime mit der Internierung bestimmter Menschengruppen beginnen, dies meist nur der erste Schritt in eine immer schlimmer werdende Unterdrü­ckung ist. Vielleicht ist die Welt aber auch einfach noch nicht bereit, diese Bilder richtig zu verarbeiten oder richtig zu verstehen – zu verstehen, dass sich rund eine Million Men­schen, die Dunkelziffer ist natürlich weitaus höher, in einer derartigen Gefangenschaft befinden. Aber gerade die Reaktion aus Europa sollte besonders sensibel gewählt sein, denn Straf- und Arbeitslager in der Sowjetunion sowie Konzentrationslager sind zwei


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 231

erdrückende Kapitel unseres Kontinents, die nach wie vor dunkle Schatten werfen, dunk­le Schatten, welche mit totalitärer Menschenvernichtung experimentierten.

In weniger als einem Monat, genau am 8. Mai, gedenkt man in ganz Europa dem Tag der Befreiung und der Kapitulation des Nationalsozialismus, der das Ende einer totalitä­ren Terrorherrschaft für Millionen von Menschen bedeutet hat. In Erinnerung an diesen Tag hat man sich in Österreich auf ein: Nie wieder!, eingeschworen, damit niemand mehr auf der Welt jemals einen solchen Horror durchleben muss. Doch was sind diese Worte wert, wenn man hier jetzt schweigt und kommentarlos zusieht?

Über eine Million Menschen, abgeschnitten von jeglicher internationaler Kontrolle, abge­schirmt von einem Regime der Angst – und jetzt, wo spärlich Information nach außen dringt, passiert nichts!

Bereits im September 2018 veröffentlichte die Organisation Human Rights Watch einen Bericht, in dem sie festhält, dass es sich da um Verstöße gegen internationales Recht und um Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt. Als damals zunehmend Kritik am Vorgehen Pekings aufkam, schuf das Regionalparlament Anfang Oktober 2018 nach­träglich eine Gesetzesgrundlage, die es erlaubt, extremistischen Personen in Ausbil­dungszentren eine Art Umerziehung zukommen zu lassen, was nichts anderes heißt als oder die Umschreibung ist für erzwungene falsche Geständnisse, Folter, das Verschwin­den einzelner Familienangehöriger, für Mord, schlichtweg Mord. Das alles sollte auch noch legalisiert werden!

Sehr geehrte Frau Ministerin! Es gibt so viele diplomatische Wege, um auf europäischer Ebene reagieren zu können, die chinesische Regierung aufzufordern, Journalistinnen und Journalisten freien und ungehinderten Zutritt in die Lager zu gestatten, damit diese berichten können, was dort tatsächlich passiert, sich dafür einzusetzen, dass Familien­mitglieder von verschleppten Personen zumindest über deren Verbleib Bescheid bekom­men, Beobachtern des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte Zutritt in die Regio­nen zu gewähren, auch im Sinne der Dokumentation und Aufklärung dieser schwerwie­genden Menschenrechtsverletzungen.

Jede Art von Sanktionen, und seien es auch nur verhaltene Sanktionen, seitens der EU und der USA wie auch die ausdrückliche Verurteilung dieses aktuell stattfindenden Völ­kermordes sind zu begrüßen. Jede Situation, in der die moralischen Kritikpunkte ge­genüber einem Regime, welches Menschenrechten mehr und mehr den Rücken zukehrt, angebracht werden können, sollte genutzt werden. Tragischerweise zeigt sich, dass ein wirtschaftlich wachsendes China nicht demokratischer, sondern zusehends totalitärer wird. Spätestens mit der Einführung einer unbegrenzten Amtszeit des chinesischen Prä­sidenten sollte uns klar sein, dass in naher Zukunft auch keine Liberalisierung in Peking zu erwarten ist.

Gut, es ist nicht die Aufgabe Österreichs, anderen Ländern Vorschriften zu machen, aber genauso wenig darf man einfach wegsehen oder, was noch schlimmer ist, aus diesem ganzen Leid auch noch Profit schlagen. Ich finde es extrem verstörend, wenn Unter­nehmen wie Apple, Nike oder Coca-Cola wirklich alles unternehmen, keine einzige Ge­legenheit auslassen, um politisch korrekt zu agieren, während sie in Washington oder in Brüssel Lobbying betreiben, um ein härteres Vorgehen gegen muslimische Sklavenar­beit zu verhindern. Diese drei und andere Großkonzerne profitieren von Zwangsarbeit in Massenlagern. Und auch die zauberhafte Hülle von Disney bekommt massive Kratzer – ein Konzern, der glaubt, Kinder können ohne Triggerwarnung nicht „Dumbo“ anschauen, der aber keine Bedenken dabei hat, den Film „Mulan“ vor den Toren eines Landes zu drehen, in dem Menschenrechte derart massiv verletzt werden. Nein, das ist kein Rah­men, der wirklich zur Geschichte passt.

Es macht mich betroffen, dass in den letzten Jahren zudem ein Trend eingesetzt hat, der uns allen zu denken geben sollte – ich habe ihn auch am Weltfrauentag erwähnt, der


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gar nicht so lange her ist –: Massenvergewaltigungen während des Genozids in Darfur, sexuelle Versklavung von jesidischen Frauen durch den Islamischen Staat und natürlich die berichteten Vergewaltigungen, Zwangsabtreibungen und Sterilisationen in diesen Lagern. Es trifft im Besonderen immer Frauen, wenn totalitäre – man kann es einfach nicht anders formulieren – Exzesse weiter zunehmen.

Aus diesem Grund finde ich die bescheidenen Sanktionen nicht ausreichend. Es ist mir unerklärlich, warum die EU kein Problem damit hat, Sonderkennzeichnungen auf Wa­renimporte aus israelischen Siedlungen zu fordern, aber das Gleiche nicht bei Importen aus China tun möchte. Der Konsument kann ja dann sein Konsumverhalten immer noch anpassen, nach der Kenntnislage der dortigen Gegebenheiten.

Abschließend kann man eines sagen: Menschenrechte befinden sich leider weltweit auf dem Rückzug und totalitäre Sichtweisen beginnen nach und nach salonfähig zu werden.

Vielleicht hofft man, dass man sich mit der Zeit irgendwie damit arrangieren kann oder dass alles besser wird, wenn man sich damit arrangiert, aber eines ist klar (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen): Während wir uns arrangieren, nehmen illiberale Kräfte weiter an Einfluss zu, und irgendwann sehen wir uns mit einer neuen Ära der Unmensch­lichkeit konfrontiert, der wir - -


Präsident Ing. Norbert Hofer: Das Schlusswort bitte!


Abgeordnete Pia Philippa Strache (fortsetzend): Ich möchte in diesem Zusammen­hang an Winston - -


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete, bitte das Schlusswort!


Abgeordnete Pia Philippa Strache (fortsetzend): Das habe ich verstanden.

Ich möchte in diesem Zusammenhang an Winston Churchill erinnern, der zusammenge­fasst hat, wohin ein solches Appeasement, ein Appeasement totalitärer Staaten eigent­lich führt: Man füttert ein Krokodil in der Hoffnung, dass es einen selbst zuletzt frisst. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

20.40


20.40.38

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eingehen, wieder die Frage an die Klubs, ob eine Sitzungsunterbrechung gewünscht ist. – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen somit zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13, die dem Ausschussbe­richt 779 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „EU-Beitritt zur Euro­päischen Menschenrechtskonvention“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (169/E)

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14, die dem Ausschuss­bericht 780 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „die Situation der Uiguren“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (170/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Völkerverständi­gung auf Augenhöhe“.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Maximilian Köllner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Menschenrechtsverlet­zungen in Katar“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15, Antrag des Ausschusses für Menschenrechte, seinen Bericht 781 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierzu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

20.42.2416. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesge­setzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für März bis Dezember 2020 sowie Jänner 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-262/782 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundes­gesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Feb­ruar 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-279/783 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 16 und 17 der Ta­gesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Herr Ing. Martin Litschauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.43.21

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Prä­sident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich heute gleich einmal bei unserer Ministerin bedanken. In der EU ist heute bekannt gegeben worden, dass Atomenergie nicht nachhaltig ist und kein grünes Mascherl bekommt. Deswegen: Sehr, sehr herzlichen Dank für den Einsatz und die Standhaftigkeit! Ich denke, Öster­reich hat da einen großen Beitrag geleistet. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Ich möchte auch noch einmal die Gelegenheit nutzen, um an den kommenden Montag zu erinnern: Da jährt sich die Atomkatastrophe von Tschernobyl zum 35. Mal, und meine Hoffnung wäre, dass wir solche Katastrophen in Zukunft in Europa nicht mehr erleben und den Atomausstieg endlich vollziehen, denn ich denke, solche Krisenbewältigungs­fonds, die da notwendig wären, können wir gar nicht finanzieren.

Damit komme ich aber schon zum Thema, dem Bericht zum Krisenbewältigungsfonds. Dieser umfasst mehrere Themen. Heute geht es um Innovation und Technologie, Klima, Umwelt und Energie sowie Mobilität. Wir haben diesen Bericht im Umweltausschuss diskutiert, und ich gebe Ihnen recht, das Themenfeld ist natürlich sehr breit. Es freut mich deswegen auch, dass wir das jetzt auch hier im Plenum breit diskutieren können und nicht nur im Umweltausschuss, weil es da um sehr viele Themen geht. Die Notvergabe


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der Westbahnstrecke war zum Beispiel mit 83,5 Millionen Euro die größte Position in diesem Fonds. Ich glaube, das war ganz wichtig, um eine Ausdünnung des Fahrverkehrs während der Coronakrise zu vermeiden. Ich möchte mich aber auch dafür bedanken, dass gute Lösungen betreffend Tickets gefunden worden sind, dass die ÖBB- und die Westbahntickets gegenseitig anerkannt worden sind und den Pendlern das Leben so leicht wie möglich gemacht worden ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben dann auch 25 Millionen Euro für Coronaforschung vorgesehen gehabt, 12 Mil­lionen Euro wurden für Start-ups zur Verfügung gestellt, aber – ganz wichtig – wir haben auch sehr viele Klimamaßnahmen gesetzt. 20 Millionen Euro wurden über den Klima­fonds für die Fotovoltaik zur Verfügung gestellt, da wurde auch das Fördervolumen von 5 Kilowatt Peak auf 50 Kilowatt Peak erhöht. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Schritt, um den Fotovoltaikausbau voranzutreiben.

Ein zweiter Punkt waren thermische Solaranlagen. Da haben wir 15 Millionen Euro auf­gestellt, um vor allem auch große thermische Solaranlagen zu fördern. Das war, glaube ich, ein Meilenstein. Das ist eine Technologie, die in Österreich noch stark ausgebaut werden muss, denn in Fernwärmenetzen machen thermische Großanlagen sehr viel Sinn, und wenn die österreichischen Firmen da Player am Markt werden, dann sind wir beim Fortschritt auch in Europa vorne mit dabei. (Beifall bei den Grünen.)

Ich war in den letzten Monaten sehr viel im Waldviertel unterwegs, auch bei Gewerbe­betrieben – Installateuren, Solarteuren, Elektrikern und so weiter. Was man dort immer hört, ist: Wir brauchen mehr Fachkräfte! Wir haben gerade im Bereich der erneuerbaren Energien so viele Aufträge, dass wir mehr Fachkräfte brauchen! – Ich denke, da hat man gesehen, dass das genau die richtige Maßnahme war, denn wir haben an der Energie­wende zu arbeiten, wir haben die Leute in Beschäftigung zu bringen. Das ist die ideale Kombination, und da sollten wir auch weitertun.

Dann möchte ich am Schluss meiner Rede vielleicht noch einen kleinen Aufruf starten, an alle, die jetzt vielleicht überlegen, den Beruf zu wechseln, oder an die vielen Jugend­lichen, die sich entscheiden müssen, was sie später einmal arbeiten werden, welchem Beruf sie nachgehen werden: Denkt bitte darüber nach, ob nicht ein technischer Beruf, ein Energiewendeberuf der richtige Beruf für euch ist, denn für die Energiewende – 100 Prozent Ökostrom bis 2030, Klimaneutralität bis 2040 – werden wir sehr, sehr viele Fachkräfte brauchen! Deswegen mein Aufruf: Beteiligt euch an der Energiewende und überlegt euch euren beruflichen Werdegang! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.47.46

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! 300 Mil­lionen Menschen nutzen jährlich in Österreich die Bahn. Für viele Menschen ist sie das wichtigste Verkehrsmittel, um in die Arbeit und wieder nach Hause zu kommen. Auch ich persönlich nutze die Bahn, um von meiner Heimatgemeinde in Salzburg nach Wien zu pendeln. Wir Bahnkundinnen und Bahnkunden vertrauen darauf, dass die Züge fahren, dass sie pünktlich sind und dass wir sicher am Ziel ankommen. Dieser Umstand ist es auch, der viele dazu bewegt hat, das Auto in der Garage zu lassen und, egal ob beruflich oder auch privat, der Bahn den Vorzug zu geben.

Dieses Vertrauen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist im Februar 2021 durch diese Bundesregierung stark beschädigt worden. Die Westbahnstrecke zwischen Salz­burg und Wien ist eine der wirtschaftlichsten Strecken Österreichs. Das Angebot ist gut,


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die Verbindungen sind sehr schnell, und somit ist die Anzahl an Berufspendlerinnen und -pendlern sowie an Geschäftsreisenden logischerweise enorm hoch. Die Covid-19-Pandemie hat dieses Bild leider verändert. Durch Lockdowns, Ausgangsbeschränkun­gen und Homeoffice haben sich die Reihen in den Zügen gelichtet, und immer weniger Fahrgäste konnten auf der Westbahnstrecke begrüßt werden.

Als ich im Jahr 2020 zu den vielen Sondersitzungen pendelte, kam ich mir oft wie in einem Geisterzug vor. Daher war es nur eine Frage der Zeit, bis da Staatshilfen nötig wurden, um den Betrieb zwischen Salzburg und Wien in der gewohnten Form aufrecht­zuerhalten. 2020 wurden diese Staatshilfen, wie schon mein Vorredner erwähnt hat, mit 83,5 Millionen Euro nach großem Hin und Her vom Finanzminister an die Bahnunter­nehmen ausbezahlt, doch als es 2021 in der ÖVP zu kriseln begann, als der Finanzmi­nister Besuch von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bekam, startete der Machtkampf zwischen dem türkisen Finanzminister und der grünen Infrastrukturmi­nisterin. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Bis zum letztmöglichen Zeitpunkt ließ sich da der Finanzminister Zeit, um die Nothilfen für die Westbahnstrecke zu verlängern. (Abg. Steinacker: Da gab’s aber schon gute Gründe dafür!) Dem Finanzminister bereitete es anscheinend große Freude, Sie, Frau Verkehrsministerin, betteln und flehen zu sehen.

Auch wenn die Nothilfe letztendlich bewilligt und die ÖBB und die Westbahn GmbH am Angebot nichts ändern oder kürzen mussten (Zwischenruf der Abg. Steinacker), hat die Regierung einen massiven Vertrauensverlust betreffend die Bahn zu verantworten. Da bis zum Schluss des Vergabeprozesses nicht klar war, ob die Hilfen genehmigt und aus­bezahlt werden oder nicht, griffen viele Bahnpendlerinnen und -pendler wieder auf den privaten Pkw zurück, und das ist sehr schade. Durch dieses politische Hickhack hat es die Bundesregierung geschafft, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher ver­mehrt vom Zug ab- und wieder zum Auto hingewandt haben. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Die Sozialdemokratie hat mit den Infrastrukturministern Jörg Leichtfried und Alois Stöger kontinuierlich Maßnahmen gesetzt, um die Bahn so attraktiv wie möglich zu gestalten. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl.) Unser Ziel war es immer, durch gut ausgebau­te Verbindungen und durch eine attraktive Preisgestaltung in diesem Bereich den Men­schen eine echte Alternative zum eigenen Auto anzubieten, aber mit dem unsäglichen Hin und Her bei der Notvergabe macht die Bundesregierung diese vielen Bemühungen einfach zunichte. Was dies für den Klimaschutz bedeutet, möchte ich an dieser Stelle gar nicht erwähnen.

Frau Ministerin, die Bahn darf nicht zum Schauplatz politischer Machtkämpfe werden, daher fordere ich den Finanzminister auf, schon hier und heute die Nothilfen für das gesamte restliche Jahr 2021 zu genehmigen. Damit bekommen die Betreibergesell­schaften Planungssicherheit, und die Pendlerinnen und Pendler bekommen hoffentlich wieder das Vertrauen in die Bahn zurück. Mit dieser Maßnahme kann man mit Sicherheit den Rückumstieg vom Auto auf die Bahn lenken, und letztendlich sollten wir die Hoffnung nähren, dass Österreich die Klimaziele, die uns von der EU vorgegeben werden, durch diese Maßnahme erreichen wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Mitstimmen!)

20.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Walter Rauch. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.52.40

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminis­ter! Hohes Haus! Atomkraft wurde heute auf europäischer Ebene als nicht nachhaltige Energieform gewertet. Das ist gut und auch richtig, das Problem ist nur, dass es auf der


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europäischen Ebene nicht so gelebt wird, und ich kann Ihnen auch erklären, warum das so ist. In Slowenien, in Tschechien, in der Slowakei, in Ungarn schießen die Reaktorblö­cke nämlich wie die Schwammerln aus dem Erdboden. – Frau Minister, Sie verneinen, aber schauen wir nur nach Krško, nach Slowenien, wo es jetzt einen Plan gibt, einen zweiten Reaktor auf einer Erdbebenlinie zu errichten – und dieses Atomkraftwerk ist be­reits seit einem Monat vom Netz.

Da wäre also Bedarf gegeben, sich auch vonseiten der Bundesregierung, von Ihrer Seite, entsprechend einzusetzen und auf der einen Seite die Bürger, die Menschen hier in Österreich zu informieren, was der Grund dafür ist, dass dieses Atomkraftwerk seit über einem Monat vom Netz ist, und auf der anderen Seite betreffend die Werbung für die E-Mobilität, die Sie immer vorantreiben, zu informieren, auch in Bezug auf Lenkungs­effekte, die Sie uns ja in einer der vergangenen Sitzungen im Zusammenhang mit der NoVA-Erhöhung mitgeteilt haben, denn wir werden einen wesentlich höheren Bedarf an Strom haben, und diesen Energiebedarf müssen wir irgendwie abdecken.

Die Alternative sind erneuerbare Energien, die natürlich gefördert und ausgebaut werden müssen – das ist ein wesentlicher Ansatz in diesem Bereich –, aber nichtsdestotrotz wird angesichts dessen, wie die Erneuerbaren wachsen und gleichzeitig die E-Mobilität auf der anderen Seite gesteigert werden soll, eine Deckung des Energiebedarfs abseits der Atomkraft sehr, sehr schwierig sein.

Dieser Lenkungseffekt durch die NoVA, den ich ja schon vorhin angesprochen habe, ist mehr als wirtschafts- und auch familienfeindlich. Warum? – Wenn ich heute ein Fami­lienfahrzeug, einen Familien-Pkw anschaffe und durch die Erhöhung der NoVA pro An­schaffung über 4 000 Euro mehr an Kosten habe, ist das nicht sozial verträglich und auch nicht familienfreundlich. Wenn man gleichzeitig hergeht und bei einem Kleintrans­porter für die Wirtschaft, für die kleinen Wirtschaftsbetriebe – für die KMUs und EPUs – eine Erhöhung von über 22 000 Euro bei bestimmten Fahrzeugen – wir reden da von Kleintransportern – vorsieht, ist das ein Vorgehen, betreffend das ich sagen muss, das ist mehr als wirtschaftsfeindlich und das muss am Ende des Tages der Konsument be­zahlen. Konsumenten sind wir alle, sind die Bürger, und dafür sind wir nicht zu haben gewesen.

Ich hoffe, dass auch die ÖVP einmal – ihr Wirtschaftssprecher Haubner (in Richtung Abg. Haubner, der neben den ersten Bankreihen steht) steht ja gerade richtig – zur Ver­nunft kommt, sich dessen annimmt und diese unsoziale und unwirtschaftliche NoVA-Erhöhung dementsprechend zurücknimmt.

20.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Johannes Schmuckenschla­ger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.55.59

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frage der Steuerbarkeit rund um die CO2-Emissionen ist natürlich wesentlich. Da geht es darum, dass wir Auf­kommensneutralität schaffen, das heißt, am Ende des Tages den Bürger eben nicht be­lasten, was bedeutet, dass es da ein Gesamtpaket braucht.

Wenn wir aber schon über Themen von den Bundesbahnen bis zu den Atomkraftwerken in Europa sprechen, dann sollten wir auch darüber sprechen, was Thema dieses jetzigen Tagesordnungspunktes ist, und das ist die Frage der Investitionen in die Ökologisierung und in die CO2-freie Zukunft.

Diesbezüglich hat die Regierung erkannt, dass es eine doppelte Dividende gibt: einer­seits mit Investitionen heraus aus der Krise, andererseits sparen wir damit aber auch


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Emissionen ein, sodass wir keine Zertifikate kaufen müssen. Das hat uns ja der Rech­nungshof relativ kritisch vor Augen geführt. Das heißt, es gibt einen doppelten Erfolg: Investition in Arbeitsplätze, Wirtschaft und Schutz der Natur, weniger CO2-Emissionen – und damit auch Budgetschonung. Das ist ein erfolgreicher Weg, den wir gemeinsam weitergehen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Bravoruf des Abg. Schnabel.)

20.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Johannes Margreiter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.57.20

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Umweltausschusses betreffend den Krisenbewältigungsfonds gibt mir Gelegenheit, ein paar grundsätzliche Überlegungen zum Thema Mobilität anzustellen.

Mobilität ist ein Grundbedürfnis. Wir brauchen in unserem täglichen Leben einfach Mobi­lität, und wie in so vielen anderen Bereichen unseres Lebens hat diese Pandemie auch im Mobilitätsbereich offengelegt, wie fragil eigentlich unsere Systeme sind. Wir haben feststellen müssen, dass die Kapazitäten der öffentlichen Verkehrsmittel teilweise nicht ausreichend sind, um entsprechende Abstände einhalten zu können, wir haben aber andererseits auch feststellen müssen – das ist das, was aus dem Bericht sehr deutlich hervorgeht –, dass gerade im Schienenpersonenfernverkehr Einnahmen wegbrechen, die dann ersetzt werden müssen, dass es nicht mehr möglich war, verschiedene Stre­cken eigenwirtschaftlich zu betreiben, sodass da eben der Krisenbewältigungsfonds ein­greifen musste.

Ich denke, alles das gibt uns Gelegenheit, doch entsprechende Lehren zu ziehen, um diese Systeme – speziell das System des öffentlichen Personennahverkehrs – resilien­ter zu machen, damit wir künftighin den verschiedenen Anforderungen, um die Mobilität der Menschen zu gewährleisten, entsprechen können.

Da ist einmal die Anforderung an die Finanzierung: Bei der Finanzierung muss uns klar sein, dass es keinen Nulltarif gibt. Wenn es in der Zwischenzeit über einzelne europäi­sche Staaten heißt, dort gibt es einen Nulltarif für die öffentlichen Verkehrsmittel, ist das ein Irrtum, weil es immer die Bürgerinnen und Bürger zahlen. Die Frage ist nur, ob sie benützungsabhängig mit dem Einzelfahrschein zahlen oder ob sie allgemein über das Steueraufkommen zahlen – und dazwischen gibt es eben auch verschiedene Abstufun­gen wie Zeitkarten et cetera, et cetera, bei denen man das Verkehrsmittel nicht unbe­dingt benützungsabhängig, aber doch aufgrund individueller Entscheidung bezahlt. Die­se Finanzierung muss man sich genau anschauen. Das war in vielen Sitzungen des Verkehrsausschusses, aber auch schon im Plenum im Zusammenhang mit den Diskus­sionen über das 1-2-3-Ticket ein großes Thema.

Das ist aber nicht der einzige Aspekt. Wir haben jetzt gesehen – und das gibt dieser Bericht sehr deutlich wieder –, es geht auch um den Aspekt der Kapazitäten: Wie können wir gewährleisten, dass wir ausreichend Kapazitäten zur Verfügung stellen, damit es auch in Zeiten, wie wir sie jetzt erleben, von denen wir ja nicht wissen, wie lange sie noch andauern werden, möglich ist, dass man, wie es jetzt angesagt ist, nicht aufeinan­dergepresst im öffentlichen Verkehrsmittel steht oder sitzt? Das ist dann auch eine Kom­fortfrage, und der soll ja auch gewährleistet sein, um das öffentliche Verkehrsmittel at­traktiv zu halten. Es wird also notwendig sein, dass wir tatsächlich große Anstrengungen unternehmen, um die notwendigen Kapazitäten zur Verfügung zu stellen.

Dann geht es in einem weiteren Bereich auch darum, dass wir einen Blick darauf werfen müssen, die aktive Mobilität zu fördern – dass ein bestimmter Teil unseres Mobilitätser­fordernisses auch auf dem Wege der aktiven Mobilität gewährleistet wird.


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Ein ganz wichtiger Punkt neben dem Gesundheitsaspekt, den uns jetzt die Pandemie vor Augen geführt hat, ist aber auch die Frage des Klimaschutzes. Mobilität und Klima­schutz stehen natürlich auch in einem sehr, sehr engen Zusammenhang, und natürlich: Wenn es dem Klima gut geht, geht es den Menschen gut. Wir müssen alles daransetzen, eine klimafreundliche Mobilität sicherzustellen, allerdings auch mit Verstand und nicht mit Schwarz-Weiß-Malerei. Mobilität wird teilweise auch weiterhin nur mit dem indivi­duellen Verkehrsmittel zu gewährleisten sein, diese Tatsache müssen wir einfach aner­kennen. Es kann nicht sein, dass heute jedes Straßenbauvorhaben sofort das Etikett des Klimakillers oder des Klimaschädigers bekommt. Ich würde also schon sehr dafür plädieren, dass wir da mehr differenzieren und nicht jedes Straßenbauvorhaben, das mitunter gerade auch im Sinne des Klimaschutzes sein kann, weil es kürzere Wege er­möglicht, sofort abstempeln.

Es wird also, um aus der Pandemie die richtigen Lehren zu ziehen und um den Heraus­forderungen des Klimaschutzes entsprechen zu können, notwendig sein, dass wir dieses Mobilitätsthema in einer sehr umfassenden Art und Weise beleuchten. Es ist ein groß­artiger Schritt, wenn wir ein Tarifsystem bekommen, das attraktiv ist und zum Umsteigen einlädt, aber das wird nicht das Einzige sein, damit die Menschen auf öffentliche Ver­kehrsmittel umsteigen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

21.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Hermann Weratschnig. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


21.03.10

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Werte Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Ministerin! Zur Notvergabe auf der West­bahnstrecke im Zusammenhang mit dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds möchte ich noch einige Fakten auf den Tisch legen. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Frau Abgeordnete Ecker von der SPÖ spricht hier von einem Machtkampf, von zu wenig und vor allem zu spät. Mir ist vorgekommen, dass die SPÖ da in den falschen Zug ein­gestiegen und vor allem in die falsche Richtung gefahren ist. Wenn man sich die Fakten anschaut, gerade was die notwendige Notvergabe betrifft, sieht man: 161 Millionen Euro wurden auf der Schiene bewegt, weil es notwendig war und weil es vor allem für die PendlerInnen notwendig war – eine wesentliche Maßnahme für den Klimaschutz, aber auch eine wesentliche Maßnahme zur Absicherung des PendlerInnenverkehrs. Ich glau­be, das war die richtige Entscheidung. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Hörl.)

Wir haben gesehen, dass es enorme Rückgänge bei Kunden- und Kundinnenzahlen gibt. Wir haben gesehen, dass gerade die PendlerInnen darauf angewiesen sind, Bahn und Bus zu nutzen und vor allem auch den integralen Taktverkehr nutzen zu können. Für diese Gruppe, glaube ich, war es immens wichtig, dass der Bahnverkehr im eigen­wirtschaftlichen Bereich aufrechterhalten wird. Diese Notvergaben haben auch eines bewirkt: dass die Zusammenarbeit zwischen Westbahn und ÖBB besser funktioniert und die beiden, glaube ich, auch daraus gelernt haben, besser miteinander umzugehen, vor allem auch was die gegenseitige Ticketanerkennung und die gegenseitige Abstimmung der Fahrpläne betrifft. Es ist ein gutes Beispiel, um gemeinsam für den öffentlichen Ver­kehr zu arbeiten und Bahnkilometer auf Schiene zu bringen.

Drei Punkte noch im Schienenverkehr: Nicht zu vergessen im Krisenbewältigungsfonds sind auch die Anpassungsmittel im Bereich des Fernverkehrs mit 73 Millionen Euro. Nicht zu vergessen sind auch die notwendigen Mittel für die Rail Cargo – es ist ganz wichtig, glaube ich, auf diese Verlagerung in der Krise nicht zu vergessen und auch da Unterstützung zu leisten. Die Erhöhung der Eigenkapitalquote war da, glaube ich, mit 61 Millionen Euro ein ganz wichtiger Punkt, auch die Aussetzung der Wegeentgelte auf


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der Schiene in puncto Schienenmaut. Es sind also wichtige Punkte, die Covid-19 erfor­derte und die umgesetzt werden mussten.

Als Allerletztes zu Herrn Kollegen Rauch: Mir kommt langsam vor, es ist wurscht, was für ein Thema hier verhandelt wird, die FPÖ braucht zu ihrer eigenen Krisenbewältigung Fläche und Möglichkeiten, um Themen zu positionieren – und sollte es die NoVA sein. Wir müssen uns also darauf einstellen, dass dieses Thema in Zukunft bei allen Umwelt­schwerpunkten angesprochen wird, um vor allem auch die eigene Krise zu bedienen. (Abg. Rauch: Das ist Ihre Krise! Das ist eine Wirtschaftskrise und eine soziale Krise! Das ist das Problem!) Du wirst sehen, dass es eine ökosoziale Steuerreform mit lenken­den Wirkungen und Anreizen brauchen wird, um vor allem in Richtung Verkehrsziele und Klimaziele entscheidend etwas weiterzubringen. Du wirst sehen, dass wir das mit der österreichischen Bevölkerung und mit allen, die hier wohnen, machen und zu einem Erfolg kommen werden. Wir werden auch innerhalb der Koalition diese Herausforde­rungen angreifen und dementsprechend konkret umsetzen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Rauch: Die werden das nicht mit­tragen!)

21.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köchl. – Das Wort steht bei Ihnen, Herr Abgeordneter.


21.07.07

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! COVID-19-Krisenbewältigungsfonds – das Wort ist sehr interessant. Es besteht aus Krise, aus der Bewältigung und aus einem Fonds, also aus irrsinnig viel Geld. Immer wenn es um irrsinnig viel Geld geht, ist die ÖVP mit dabei und beim Aufteilen wenig transparent.

Wir als Opposition, als Sozialdemokraten erwarten uns ganz einfach, dass man uns sagt, was mit dem Geld passiert. Wir haben gesagt: Seid so nett, macht es transparent, sagt uns, wie das geht, und lasst uns da reinschauen! – Das macht ihr nicht, und damit be­weist ihr uns, dass man euch da nicht trauen kann, dass man euch das nicht abwickeln lassen kann.

Es war das Gleiche, als die ersten Gelder gekommen sind: Die Wirtschaftskammer hat das Ganze ausgeteilt, und wie man ja heute so sieht und bei der Wirtschaftskammer hört, ist es schon wichtig, dass bei Golfanlagen und dergleichen irgendwelche Dinge bezahlt werden. (Abg. Hörl: Red über etwas, das du verstehst!) Euch kann man also, was das betrifft, nicht trauen, und dafür kann auch die Frau Ministerin nichts, glaube ich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schnabel: Haben Sie einen falschen Bericht? – Ruf bei der ÖVP: Keine Rede zum Thema?)

Warum machen Sie das nicht? Sie kommen von den Grünen, Frau Minister. Warum machen Sie das nicht transparent? Warum sagen Sie uns nicht, was genau mit dem Geld passiert? Wir wollen ja auch nicht mehr wissen.

Die ÖVP zelebriert das. Sie sind für die Kirche, Sie beten sehr gerne im Parlament, aber wenn Ihnen bei der Kirche etwas nicht passt, sehen Sie es gern, dass sie unter Druck gesetzt wird – das hört man halt auch immer. Sie machen beim Postenschacher mit. Der Herr Schmid sagt etwas, dann sagt der Herr Bundeskanzler: „Kriegst eh alles, was du willst“, ist eh alles so super, wir sind ja eh so klass!

Ich glaube, so wie mit Herrn Minister Anschober geht man auch in einer Krise mit Koali­tionspartnern nicht um. Er hätte meines Erachtens schon verdient, dass man ihm dafür dankt, wie er das gemacht hat. Das war im Prinzip ausgezeichnet. Die Grünen brauchen sich in Zukunft auch nichts anderes zu erwarten: Wenn etwas nicht funktioniert, dann


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werden die ÖVP und der Herr Bundeskanzler sagen (Abg. Schnabel: Eine Rede zum Thema!): Nein, mich geht das nichts an, das macht der Koalitionspartner!

Wenn es dann eine Pressekonferenz abzuhalten und Geld zu verteilen gibt, seid ihr die Ersten. Am meisten stört mich bei dem Ganzen: Wenn 3,5 Milliarden Euro von der EU zu holen sind und das Geld ordentlich aufzuteilen ist, dann ist es unser Bundeskanzler, der in Europa keine gute Figur macht. Ich bin der Meinung, er ist wirklich kein guter Kanzler, das kann er nicht. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Er ist ein Bundeskanzler, der, wie man in den Medien liest, in Europa als Störenfried bezeichnet wird. (Abg. Schnabel: Das ist eine Themenverfehlung!) Es passt ganz einfach nicht, und deshalb wünsche ich mir für die Zukunft eine offene ÖVP, ein offenes Parlament, denn nur so werden wir diese Krise bewältigen können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schmucken­schlager: Kein Wort zur Umweltpolitik!)

21.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gewessler. – Frau Minister, das Wort steht bei Ihnen. Bitte sehr.


21.10.14

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abge­ordnete! Lieber Herr Abgeordneter Köchl, wir diskutieren im Rahmen dieser Debatte ei­gentlich Berichte über die Mittelverwendung aus dem Covid-19-Krisenfonds, und ich würde mich freuen, wenn wir die Berichte diskutieren, die genau diese Transparenz, die Sie gerade eingefordert haben, darlegen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Ist ja auch so!)

Erlauben Sie mir deswegen, dass ich kurz zu den Berichten spreche. Wir haben in drei UGs, die dem Klimaschutzministerium zugeordnet sind, Mittel aus dem Covid-19-Krisen­bewältigungsfonds verwendet, um die Auswirkungen dieser für uns alle sehr anspruchs­vollen, anstrengenden Zeit auch wirtschaftlich abzufedern. Wir haben in dieser Debatte bereits sehr viel zu der UG 41 diskutiert, das heißt zu den Maßnahmen im Verkehrs­bereich.

Ich möchte trotzdem noch einmal kurz darauf eingehen: Da ging es einerseits um die Notvergabe. Die Notvergabe war sicher das prominenteste Beispiel, wie die Bundesre­gierung auf die Entwicklungen der Fahrgastzahlen, auf die Entwicklungen auf der West­bahn im eigenwirtschaftlichen Verkehr reagiert hat. Es ging aber genauso um eine An­passung bei den Verkehrsdiensteverträgen, auch da haben wir auf die Bedürfnisse, auf die Notwendigkeiten reagiert, die sich für die EVUs aus der Krise ergeben haben.

Wir haben dem Schienengüterverkehr, der in einer enorm schwierigen Phase ist, mit einem Eigenkapitalzuschuss geholfen. Wir waren – auch das war eine wichtige Maßnah­me – das erste Land in Europa, das von der Ermächtigung zur Aussetzung der Schie­nenmaut Gebrauch gemacht hat, weil wir die Schiene und insbesondere den Güterver­kehr auf der Schiene mit all dem, was wir an Instrumentarien zur Verfügung haben, stützen wollen. Ich glaube, die Bundesregierung hat gerade in dieser schwierigen Zeit sehr, sehr viel für die Schiene getan und auch abgefangen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Zur Notvergabe beziehungsweise zur geäußerten Kritik der Kollegin Ecker: Die Notver­gabe war ein wichtiges Instrumentarium, ein richtiges Instrumentarium, und wir sehen auch, dass sie nicht das bewirkt hat, was Sie befürchtet haben, sondern – ganz im Ge­genteil – dass das, was wir mit dieser Notvergabe auf den Weg gebracht haben, nämlich die gegenseitige Ticketanerkennung im gemeinsamen Taktverkehr, gerade auf der West­strecke ein deutliches Proargument für die Pendlerinnen und Pendler war. Sie haben diese Entwicklung, diese Auflage, die wir mit der Notvergabe gemacht haben, sehr, sehr positiv rezipiert und haben dieses Service gut und wirklich umfassend genutzt.


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Ich stehe nicht an – und das habe ich in diesem Haus schon öfter gesagt –, die Arbeit meiner Vorgänger und Vorgängerinnen, es sind in diesem Haus ja einige, im Bereich der Bahn auch wertzuschätzen. Wir bauen in Österreich auf ein gutes Fundament auf. Ich lasse mir aber angesichts des größten Bahnausbaupakets, das wir auf den Weg ge­bracht haben, angesichts einer 20-prozentigen Angebotsausweitung, angesichts der Tatsache, dass wir das 1-2-3-Ticket, das wir seit 15 Jahren in Regierungsprogrammen stehen haben und 2021 in der Österreichstufe auf den Weg bringen werden, sicher nicht vorwerfen, dass wir gegen den Bahnverkehr agieren würden oder auch nur annähernd irgendetwas in diese Richtung tun. Wir bringen das wirklich auf eine neue Stufe, und das tun wir gemeinsam. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Zur Umwelt: Auch da haben wir im Krisenbewältigungsfonds Maßnahmen getroffen, sie wurden schon genannt: Die Solarthermie – ich nenne jetzt nur die eine – ist eine Bran­che, die der Hidden Champion bei uns in Österreich ist. In dem Bereich gibt es wirkliche Weltmarktnischenführer, wir haben in dieser Branche, die natürlich auch von der Krise intensiv betroffen war, viel zu gewinnen, aber auch viel zu verlieren.

Der letzte Teil, nämlich die Covid-19-Maßnahmen in der UG 34, die Forschungsförde­rung: Wir haben sehr schnell reagiert, sehr schnell auch zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt, einerseits für die Förderung klinischer Studien, aber auch für strategische, me­dizinische Hilfsgüter.

Wir alle können uns erinnern, als uns die globale Vernetzung und auch die globale Ab­hängigkeit am Anfang der Krise vor neue Herausforderungen gestellt haben. Deswegen haben wir auch da schnell Mittel mobilisiert, Projekte in den verschiedensten Bereichen gefördert, von Impfstoffentwicklung zu Therapeutika, die für andere Zwecke entwickelt wurden, aber dann auch für die Covid-Therapie eingesetzt wurden, Diagnostika, Infek­tionskontrolle, aber auch Beatmungsgeräte, Schutzmasken, Schutzkleidung und vieles mehr. – All das haben wir auf den Weg gebracht. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Erlauben Sie mir – da die Debatte sehr umfassend und sehr breit war – noch einen Kom­mentar zur Atomenergie: Ich habe es nicht in Abrede gestellt, dass wir im Hinblick auf die Atomenergie ständig auf der Hut sein müssen, auch auf europäischer Ebene – das sind wir auch sehr intensiv. Die heutige Einigung auf europäischer Ebene betreffend Finanzmarkt, dass nämlich ein grünes Finanzprodukt nur dann grün sein kann, wenn es keine Atomenergie, kein fossiles Erdgas drinnen hat, ist ein wichtiger Etappensieg. Die­sen Etappensieg werden wir aber weiter verteidigen müssen, diese Debatte geht weiter, die Atomlobby ist enorm in Fahrt, gerade auf europäischer Ebene, deswegen ist es umso wichtiger, dass wir – das Hohe Haus, die Bundesregierung, alle Ebenen – uns geeint gegen die Atomenergie stellen.

Kollege Rauch, ich habe nicht diese Entwicklung hinterfragt, sondern nur die Aussage, dass die Nuklearreaktoren wie die Schwammerl aus dem Boden sprießen. Das wäre ein sehr langsames Schwammerlwachstum (Abg. Rauch: Nachhaltig, über Jahrzehnte!), denn diese Projekte weisen alle unglaubliche Zeitüberschreitungen, unglaubliche Kos­tenexplosionen auf. Wenn es noch einen weiteren Grund bräuchte, nicht in die Atom­energie zu investieren: Sie ist in der Umsetzung viel zu langsam und viel zu teuer, um auch nur annähernd ein Teil der Lösung sein zu können. Diese Linie werden wir auf europäischer Ebene auch weiter vertreten. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

21.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön, Frau Bundesminister.

Ich darf als nächsten Redner Herrn Peter Schmiedlechner aufrufen und ihn aufmerksam machen, dass nur mehr 2 Minuten übrig sind, obwohl 3 Minuten eingemeldet sind. – Bitte.



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21.17.36

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr ge­ehrte Zuseher! Wir haben den Bericht betreffend Krisenbewältigungsfonds bereits im Aus­schuss zur Kenntnis genommen und werden ihm natürlich auch hier im Plenum unsere Zustimmung geben. Der Bericht befasst sich unter anderem auch mit den Themen Solar- und Fotovoltaikanlagen. Dafür werden aus dem Krisenbewältigungsfonds 35 Millionen Euro eingesetzt; für die Solar- und Großanlagen sollen insgesamt 15 Millionen Euro flie­ßen und für die Fotovoltaikanlagen – für die Jahre 2020 bis 2022 – 20 Millionen Euro. Für mich persönlich ist das angesichts der hohen Ziele, die man sich steckt, einfach zu wenig.

Diese Förderung betrifft besonders die Anlagen bis 50 Kilowatt Peak. Für uns ist klar, Ziel muss eine Fotovoltaikanlage für jedes Dach sein, und ich denke, dass es einfach sehr wichtig ist, dass wir da unterscheiden und mit den Förderungen nicht großflächig fördern, sondern die kleinen Anlagen fördern und schauen, dass man sie auf die Dächer bringt, um die Bodenversiegelung nicht weiter voranzutreiben. Ich denke, Großprojekte von Fotovoltaikanlagen, bei denen mehrere Hektar zubetoniert oder zugepflastert wer­den, sind wenig sinnvoll, da sollten wir eher auf die kleinen Anlagen setzen.

Wie gesagt, Ziel muss es sein, den Ausbau der Fotovoltaikanlagen auf Dächern zu för­dern, und dahinter sollten wir uns massiv stellen, das sollten wir forcieren. – Danke. (Bei­fall bei der FPÖ.)

21.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Punktlandung, Herr Abgeordneter!

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Berlakovich. – Bitte, du hast das Wort.


21.19.46

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Sie haben heute in der Aktuellen Stunde davon gesprochen, dass wir im Zusammenhang mit Klimaschutz unsere schöne Welt erhalten können. Ich sehe das genauso, das ist ein hehres Ziel. Mir ist ein Buch, das viele von uns vielleicht in der Schulzeit gelesen haben, in Erinnerung gekommen: „Schöne neue Welt“ – „Brave New World“ –, in dem Aldous Huxley eine Gesellschaft im Jahr 2540 zeichnet, die in einem autoritären Staat lebt, so ähnlich wie in George Orwells „1984“ – totalitäre, autori­täre Staaten, die wir uns nicht als eine schöne neue Welt vorstellen.

Mit Sicherheit will niemand derartige Systeme haben, und im Gegenteil, ich sehe es als eine Chance, aus der Coronakrise heraus sozusagen eine schöne neue Welt – ohne ein Träumer zu sein – zu bauen. Ich finde, dass die politischen Voraussetzungen dafür ge­geben sind, denn viele der Generationen, die heute in der Welt leben, haben eine der­artige Pandemie vorher nicht erlebt und sind weltweit schwer getroffen, da leider viele Menschen verstorben sind und viele Menschen an den Folgen leiden – alle sehnen sich danach, wieder in ein normales Leben zurückzukehren –, und gleichzeitig geht es da­rum, diese Chance zu nutzen, Lehren aus der Coronakrise zu ziehen, eine neue Welt zu bauen, die noch stärker in Richtung Klimaschutz, in Richtung Umweltschutz, in Richtung erneuerbare Energien fokussiert. Das ist eine Riesenchance!

Mit dem EU-Wiederaufbaufonds sind Grundlagen geschaffen, mit dem Comebackplan der Bundesregierung sind finanzielle Grundlagen geschaffen worden, die da einen Im­puls geben sollen. Das halte ich für sehr positiv, auch die Entscheidung, dass die Inves­titionsprämie erhöht wird, wenn man zum Beispiel in Digitalisierung, Ökologisierung in­vestiert – das bringt meiner Meinung nach einen starken Impuls. Ich habe mit vielen Unternehmern oder Menschen gesprochen, die jetzt einfach zu Hause in Fotovoltaik­anlagen, in erneuerbare Energie investieren. Das ist eine große Chance.

Ich möchte einen Punkt noch erwähnen, weil die Atomkraft erwähnt wurde: Wir sehen jetzt, was sich in Fukushima abspielt, wo das atomar verseuchte Wasser, das Kühlwasser,


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jetzt über Jahre ins Meer gelassen werden soll, mit enormen Kosten. Da soll noch ir­gendjemand von der Atomkraft reden – das ist völlig aberwitzig.

Eine schöne neue Welt kann es nur ohne Atomkraft und nur mit erneuerbarer Energie geben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte.


21.22.24

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute hier über die Covid-Förde­rungen des BMK, welche ja grundsätzlich ihre Sinnhaftigkeit haben – das haben wir heu­te schon mehrfach gehört. Warum Fotovoltaik und Solarthermie im Kontext der Covid-Krise besonders förderwürdig sind und nicht andere Formen der erneuerbaren Energie wie Wärmepumpen oder Ähnliches, sei einmal dahingestellt.

Weil es da aber um die Covid-Krise und die Umwelt geht, möchte ich auch darüber spre­chen, warum Klimapolitik ganz grundsätzlich wichtig für die Gesundheitspolitik ist und warum wir aufhören müssen, Klimapolitik nur als lästige Förderpolitik zu sehen, die et­was kostet. Sie ist auch eine wirksame Investition in unsere Gesundheit, in unser Wohl­ergehen, in unsere Lebensqualität!

Da geht es mir vor allem um eine nachhaltige Mobilitätspolitik. Das ist mir vor allem auch als Jugend- und als Sportsprecher ein Anliegen, denn Jugendliche in Österreich bewe­gen sich laut Studien immer weniger: Laut Weltgesundheitsorganisation bewegen sich ungefähr 75 Prozent der Burschen und 84 Prozent der Mädchen in Österreich zu wenig, und im Vergleich mit den Zahlen von vor 30 Jahren sind mehr als doppelt so viele Ju­gendliche übergewichtig. Und: Viele Kinder und Jugendliche sind bereits im jungen Alter von vermeidbaren Atemwegserkrankungen betroffen.

Eine klimafreundliche Wirtschaft und Mobilität bedeutet auch eine deutliche Reduktion der Luftverschmutzung, welche übrigens europaweit jährlich mehr Menschen tötet als die Covid-Pandemie bis jetzt. Was auch sehr gut belegt und untersucht ist, ist der posi­tive Nutzen von klimafreundlicher Mobilität auf die Gesundheit und auf die Gesellschaft als Ganzes. Zahlen und Daten aus den Niederlanden, Dänemark und Großbritannien, also aus Ländern, die da sehr progressiv sind, zeigen: Städte, die auf nachhaltige Mobi­lität setzen, haben nicht nur gesündere und glücklichere Einwohner, die länger leben, sie sparen auch langfristig Milliarden an Kosten im Gesundheitssystem – weniger Herz­kreislauferkrankungen, weniger Lungenerkrankungen, mehr Geld für andere medizini­sche Probleme.

Das heißt, auch aus der gesundheitspolitischen Perspektive sind Klimaschutzmaßnah­men notwendig. Ich kann nur jedes Mal wiederholen – auch wiederholen, was ich schon am Vormittag gesagt habe –, dass uns aus dieser Perspektive einfach noch immer zu wenig passiert.

Das „Beste aus beiden Welten“ hat unser Bundeskanzler zu Beginn der Koalition ver­sprochen. Das Beste aus der ÖVP-Welt findet sich zahlreich, wenn es um Abschiebun­gen von Kindern geht, um einen Anti-EU-Kurs, um eine restriktive Gesellschaftspolitik. Wo aber ist das Beste aus dem Klimaschutz? – Wir vermissen die Maßnahmen, die so dringend notwendig wären, und sehen viel eher, dass die ÖVP bei jeder Möglichkeit versucht, den grünen Koalitionspartner da an der kurzen Leine zu halten.

Vielleicht noch eine Kleinigkeit, die aber auch Bände spricht: Ich habe gesehen, dass es langsam zu einer Tradition zu werden scheint, dass der Seilbahngewerkschafter Hörl jetzt bei jedem Klimaschutz- und bei jedem Umweltthema als Letzter redet, um noch


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einmal alles zu relativieren, was seine Kollegen davor gesagt haben. Allein das ist ja schon als Provokation zu werten. (Beifall bei den NEOS.)

Was fehlende innovative Klimaschutzmaßnahmen betrifft, sind wir einfach sehr kritisch, insbesondere bei den Grünen – nicht weil wir es besonders böse mit Ihnen meinen, sondern weil wir von Ihnen einfach mehr erwartet haben, mehr als das, was von Ihrer Seite kommt.

Ich wiederhole noch einmal den Appell, den ich heute schon in der Aktuellen Stunde gebracht habe: Eine gute Klimapolitik ist eine gute Gesundheitspolitik, eine gute Kli­mapolitik ist eine gute Wirtschaftspolitik, und wenn wir tatsächlich einen nachhaltigen, klimaschonenden Neustart nach Covid wollen, dann muss mehr kommen – für das Klima, für die Gesundheit und für die Lebensqualität. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schroll. – Bitte, du hast das Wort.


21.26.28

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­terin! Hohes Haus! Ja, wir sprechen über die Tagesordnungspunkte 16 und 17, Covid-19-Krisenbewältigungsfonds. Es wurde jetzt bereits viel über die ÖBB-Notvergabe, Klima, Umwelt gesprochen. Ja, zweifelsohne kann man sagen, Frau Ministerin, dass da sehr viele Projekte beinhaltet sind, die sehr sinnvoll sind, und es unsererseits sehr begrüßt wird, dass es diese gibt.

Heute wurde von unserer Seite – mein Kollege Klaus Köchl hat es schon angespro­chen – aber auch ein Fristsetzungsantrag eingebracht betreffend den Antrag, mit dem wir einen ständigen Unterausschuss fordern und Transparenz einfordern. Ja, wir brau­chen diesen Ausschuss für eine lückenlose Aufklärung und durchgängige Transparenz, und ja, wir brauchen Einsicht, Klarheit und Offenheit darüber, wohin die Budgetmittel fließen.

Viel wichtiger noch ist diese Transparenz, glaube ich, für die Bürgerinnen und Bürger, die uns auch fragen: Was passiert mit diesen vielen, vielen Milliarden? – Frau Ministerin, du hast es angesprochen, es gibt die Berichte, ich habe schon gesagt, ja, sie sind gut, aber es muss natürlich für die Bevölkerung auch sehr, sehr transparent sein. Speziell die ÖVP-Seite spricht immer davon – auch der Herr Bundeskanzler hat es wortwörtlich gesagt –: Wir vergeben das Geld, wir unterstützen die Firmen. – Das ist ja nicht euer Geld, das ist ja nicht das Geld des Bundeskanzlers, sondern es ist das Geld der Öster­reicherinnen und Österreicher, und deswegen fordern wir Transparenz ein! (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, die bereitgestellten Budgetmittel sind notwendig, um die sozialen und wirtschaftli­chen Folgen der Covid-Krise abzufedern, und sie sind auch in dieser Höhe mehr als gerechtfertigt. Ja, die Mittel müssen auch schnell und unbürokratisch fließen, genauso wichtig aber sind für uns die Fragen der Rückverfolgbarkeit, der Nachvollziehbarkeit und der Transparenz: Wer kriegt die Mittel? Wer kriegt sie nicht? Wer kriegt wie viel und warum? – Das ist ein demokratisches Grundprinzip, und deswegen stehen wir auch hun­dertprozentig dazu, dass dieser ständige Unterausschuss wichtig ist.

Noch einmal, Frau Ministerin: Ja, die Berichte sind wichtig, das Geld ist wichtig, aber uns ist Transparenz wichtig, und wir fordern den ständigen Unterausschuss. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Jeitler-Cin­celli. – Bitte sehr.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 245

21.29.03

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministe­rin! Ich finde das offen gesagt einen ganz skurril-lustigen Tagesordnungspunkt, denn das ist wie so eine freie Assoziationskette von allem, was uns gerade einfällt; da werden Berichte verwechselt. Es geht eigentlich, glaube ich (Heiterkeit der Rednerin), weniger um das Thema. – Frau Ministerin, danke vielmals, ich habe den Bericht gelesen. (Zwi­schenruf bei der SPÖ.)

Ein Statement heute – ich mache wieder ein Geständnis –: Ich war in der Schule in Phy­sik eine absolute Niete. Für mich waren Volt, Ampere und Watt Hieroglyphen, und mit der Kilowattstunde konnte ich sowieso nichts anfangen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das hat sich aber vor nicht allzu langer Zeit geändert, nachdem mein Mann und ich be­schlossen haben, ein altes Haus, ein wirklich altes Haus, thermisch zu sanieren, und uns überlegt haben, eine Solaranlage zu montieren. Plötzlich beschäftigt man sich mit The­men, mit denen man sich vorab noch nie beschäftigt hat, und es haben sich bei mir sehr viele Glaubenssätze aufgelöst.

Ich habe dann einmal gefragt, wie das genau ist, denn eigentlich hat es geheißen, in Stadtkernen, also in der Innenstadt, geht das gar nicht – Stichwort Denkmalschutz –, es rechnet sich bei kleinen Flächen nicht und die Ausrichtung des Daches ist wichtig. Ich bin auf ganz vieles draufgekommen. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.) Fakt ist einmal: Es rechnet sich immer dann, wenn wir den Strom für unseren Eigenverbrauch verwen­den können. Der Strom vom Dach ist also immer günstiger als der Strom aus dem Netz.

Das zweite Vorurteil lautet, dass es sich eigentlich nicht rechnet, weil diese Solarpaneele so eine lange energetische Amortisationszeit haben. Auch das ist nicht richtig. Das sind maximal drei Jahre.

Ja, es ist möglich, das auch in Innenstädten wie jener von Baden zu nutzen. Ökologisch und ökonomisch sprechen praktisch sehr viele Gründe dafür. Außerdem entlasten wir damit unsere Netze massiv, was auch einen sehr, sehr großen Vorteil hat.

Es wird also noch viel kommen: Stichwort Smarthomelösungen, Elektrogeräte mit Schnittstellen. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.) Die kommunizieren dann allein mit­einander und nützen den Strom dann, wenn der Strom quasi da ist. Die entscheiden also, wann die Wäsche gewaschen und der Trockner gestartet wird. Die Geräte können untereinander kommunizieren; all das ist schon möglich, und das wird die Zukunft sein.

Ich glaube, es ist auch zu erwarten, dass mehr Menschen im Homeoffice weiterarbeiten wollen. Gerade dann, wenn man das Auto untertags zu Hause laden kann, ist das für mich auch der erste ernste und realistische Schritt in Richtung Elektromobilität für die breitere Gesellschaft. Das ist gut so. Bei uns sind es konkret 8 000 Kilowattstunden pro Jahr. Das entspricht ungefähr 50 000 Kilometern mit dem Elektroauto oder ungefähr 80 Prozent des Stromes, den man für solch ein Haus braucht.

Ich bin in späten Jahren quasi zum Physikfan geworden, und ich glaube, dieses EAG-Gesetz, das jetzt kommt und auf das die ganze Branche seit zehn Jahren wartet, ist wichtig. Ich bitte die Opposition, sich wirklich inhaltlich mit den Themen zu beschäftigen (Zwischenrufe der Abgeordneten Einwallner und Greiner) und sich dem dann auch anzuschließen (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen) und nicht solche Nonsensreden wie gerade eben jene von Kollegen Köchl zu halten, weil das nichts anderes als peinlich ist – eigentlich war es aber auch schon ganz witzig, muss man sa­gen. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.)

Der Verbrauch wird mehr werden, die Nutzung der Streamingdienste nimmt zu, und die ÖVP steht, wie Sie wissen, nicht für den Verzicht, sondern wir stehen für Innovation. Unser Schlüssel zum Klimawohlstand ist Innovation. Das schaffen die österreichischen UnternehmerInnen und Unternehmen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 246

Sind die Ziele ambitioniert? – Ja, sie sind ambitioniert. Ist es völlig unrealistisch, sie bis 2030 zu erreichen? – Nein, das ist es nicht. Produzieren wir bitte gemeinsam grünen Strom und nicht reißerische Schlagzeilen, sinnlose Pressefotos oder sinnlose Reden! – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Einwallner.)

21.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. (Abg. Schnabel tritt ans Rednerpult.) – Er kommt vor dem Schnabel, es hilft überhaupt nichts. (Heiterkeit bei der ÖVP.) – Bitte.


21.32.36

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Unterlagen zu diesen Tagesordnungspunkten anschaut, dann kann man, glaube ich, klar sagen, dass entspre­chend viele Maßnahmen enthalten sind, sodass wir uns aus der Krise herausinvestieren können.

Worum geht es bei der Covid-Pandemie letztlich? – Es ist eine weltweite Pandemie, und wir müssen schauen, dass wir einen guten Weg finden, um einerseits die Gesundheit der Leute zu beachten und auf der anderen Seite die Wirtschaft auch wieder entspre­chend zu unterstützen, sodass wir da auf Kurs kommen. Letztlich ist es nämlich für alle Bereiche wirtschaftlich schwierig, beispielsweise auch für die gesamte Landwirtschaft. Es ist eine sehr schwierige Situation, was man erkennt, wenn man auch die Preissitua­tion und die Situation der Bauern betrachtet.

Wenn wir von Potenzialen für die Zukunft reden, dann sollten wir vor allem auch darüber nachdenken, was nachhaltig ist, in Richtung Nachhaltigkeit investieren, beispielsweise in nachhaltige, erneuerbare Energie. Auf der einen Seite ist das Fotovoltaik – denken wir an das Eine-Million-Dächer-Programm! –, natürlich sind auch Windkraft und Wasserkraft ein Thema, aber wir sollten vor allem auch auf die Möglichkeiten der Biomasse aus der Forstwirtschaft und von landwirtschaftlichen Flächen setzen. Da gibt es riesiges Poten­zial.

Wir sollten in dieser Pandemie eigentlich gelernt haben, dass es wichtig ist, dass wir regional denken. Jeder Mensch in Österreich kann etwas dazu beitragen, indem zum Beispiel regionale, heimische Lebensmittel konsumiert werden. Damit stärken wir den ländlichen Raum.

Wir brauchen aber auch andere Maßnahmen, um den ländlichen Raum zu stärken. Den­ken wir an jene Maßnahmen, die die Regierung schon genannt hat und zu der die Details jetzt folgen werden: 1,4 Milliarden Euro zusätzlich für den Breitbandausbau! Das ist Wertschöpfung. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Das ist Wertschätzung im ländli­chen Raum, und vor allem geht es dabei um die Lebensqualität und die Zukunftschancen für die ländliche Bevölkerung.

Denken wir an die Mittel in der AWS-Förderung! 5 Milliarden Euro werden es werden. Wenn man sich das anschaut, sieht man, dass sich das in Bezug auf die Anträge teilt: Etwa die Hälfte wird 14 Prozent Zuschlag bekommen, weil es in Richtung Ökologisierung und Digitalisierung geht, und die anderen werden 7 Prozent bekommen. Das ist also, glaube ich, ein guter Mix und wichtig.

Wenn man es nüchtern betrachtet, dann kann man sagen, dass im Comebackplan der Bundesregierung, aber auch im Wiederaufbaufonds der Europäischen Union lauter geplante Maßnahmen sind, die nachhaltig wirken werden, weil sehr viele positive Initia­tiven für die Bevölkerung dabei sind.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 247

In diesem Sinne: Arbeiten wir gemeinsam für die Menschen in unserem Land! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Jetzt gelangt Abgeordneter Schnabel zu Wort. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


21.35.07

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Da­men und Herren vor den Monitoren! Herr Kollege Shetty hat in seiner Rede wieder auf die Aktuelle Stunde Bezug genommen. Ich habe heute Vormittag hier wirklich ein Er­lebnis gehabt, als die NEOS-Abgeordneten, Herr Kollege Bernhard und Herr Kollege Shetty, gesprochen haben, denn wenn man bei ihren Reden die Augen geschlossen hätte und sich Österreich vorgestellt hätte, dann hätte man sich wahrscheinlich in der „Der Herr der Ringe“-Trilogie mitten in Mordor wiedergefunden. (Heiterkeit bei Abgeord­neten der ÖVP.) – Ihr zeichnet Österreich in einem düsteren Bild – alles ist schlecht und dunkel –, aber das ist Gott sei Dank nicht so. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Österreich ist trotz der Krise ein prosperierendes Land. Wir haben eine hohe Lebensqualität, und es werden auch nach der Pandemie Urlauber zu Tausenden zu uns kommen.

Sie kritisieren uns immer wieder, aber ich sage das eine: Wissen Sie, wer für dieses Österreich so verantwortungsvoll arbeitet? – Es ist dies die ÖVP, die ÖVP mit Bürger­meisterinnen und Bürgermeistern, mit Gemeinderätinnen und Gemeinderäten, die auf lokaler Ebene sehr viel macht. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.) Sie macht das in den Bundesländern mit subsidiären Programmen, mit einem tollen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz; und genau in dieser Bundesregierung wer­den wir auch weiterhin tatkräftig kämpfen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwi­schenruf bei der SPÖ.)

Wir haben andere Herausforderungen als die Staaten des ehemaligen Ostblocks oder Deutschland mit der ehemaligen DDR, wir haben 1990 einen anderen Level gehabt, deshalb tun wir uns mit diesen neuen Zielen schwerer. Wir werden diese Herausforde­rung aber gemeinsam stemmen. Ich bitte darum, das anzugehen. Das neue Ziel der CO2-Reduktion in der Höhe von 55 Prozent ist eine Pflichtaufgabe. Wir werden da oder dort eine Kür laufen und unser Land klima- und enkelfit machen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Geschätzte Damen und Herren zu Hause, nutzen Sie die Möglichkeit, investieren Sie in Fotovoltaikanlagen – für die regionale Wirtschaft! Wir haben im Klima- und Energiefonds einiges an Mitteln eingerichtet. Damit ist für uns vonseiten der ÖVP die Klimawende, die Technologiewende möglich. Noch einmal: Wir wollen sie aber technologieoffen umset­zen und alles von Elektro über Wasserstoff bis hin zu allen erneuerbaren Energieträgern einbinden und diese Wende mit Digitalisierung schaffen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist jener, auf den alle warten: Herr Abgeordneter Hörl. – Bitte.


21.37.47

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Vorredner haben ja zu diesen Berichten schon vieles gesagt. Die Kollegen Lit­schauer und Weratschnig haben die wesentlichen Punkte aufgezählt. Ich möchte nur noch auf den Klima- und Energiefonds eingehen, weil mir da schon etwas aufgefallen ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 248

Ich habe jahrelang für die zwei Forschungsprojekte Hy-Train und Hy-West gekämpft, das sind Wasserstoffprojekte aus Tirol. Da haben mir sogar die Herren Kollegen Deimek und Hauser geholfen. Ich habe es in zwei Jahren nicht durchgebracht, Sie (in Richtung Bundesministerin Gewessler) haben das letztes Jahr genehmigt. Herzlichen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Es sind insgesamt fast 8 Millio­nen Euro, mit denen wir hier reinen Wasserstoff und diese Dinge untersuchen können.

Ich darf mich auch bei Ihnen für Folgendes bedanken: Wir machen bei der Zillertalbahn mit den Bussen und den Zügen insgesamt ungefähr 7 Millionen Euro Umsatz. Wir sind reine Lohnkutscher und haben 167 Mitarbeiter, aber das Betriebsergebnis ist schwer zu erreichen. Wir sind froh, wenn wir jedes Jahr eine schwarze Null zustande bringen. Für die 25 000 Kilometer hat man uns nur 113 000 Euro abgezogen. Das ist also auch eine Förderung. Sie haben ein Herz für Seitenbahnen und Nebenbahnen.

Sie stellen im mittelfristigen Investitionsprogramm dafür auch für die nächsten fünf Jahre über 40 Millionen Euro zur Verfügung, herzlichen Dank dafür. Damit können wir alte Bahnhöfe abreißen, neue bauen und Tiefgaragen im Sinne von Park and Ride bauen. Wir können auch Gleise verlegen. Herr Shetty, wir können auch die Seilbahnen mit der Eisenbahn verbinden, damit Sie befriedigt sind. Wir verbinden also die drei großen Ski­gebiete im Zillertal mit der Eisenbahn. Wir organisieren die An- und Abreise für Ferien­gäste in das größte Alpentourismustal CO2-neutral, und wir versuchen, eine schnelle, moderne, klimaneutrale S-Bahn zu bauen. Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

Das war das Dankeschön, aus Tiroler Sicht habe ich aber auch zwei Bitten. Erstens: Helfen Sie uns bitte bei den Bayern! Leider Gottes bleibt uns Herr Söder jetzt in München erhalten. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Helfen Sie uns bei den Bayern! Es gab zahlreiche Staatsverträge zum viergleisigen Ausbau von Rosenheim bis Kufstein, aber weiterge­gangen ist nichts. Wir brauchen Ihre Unterstützung!

Eine kleine Enttäuschung muss ich Ihnen leider auch noch mitteilen: Die Asfinag hat vor Kurzem einen Bericht öffentlich gemacht, in dem der Tschirganttunnel wieder als un­wirtschaftlich dargestellt wird. Frau Bundesminister, wir brauchen Sie! Die Asfinag kas­siert in Tirol 151 Millionen Euro – stellen Sie sich das vor! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Vignette noch dazu, die Schwerverkehrsabgabe noch dazu – das ganze Geld geht da von Tirol nach Wien, und wir schaffen es nicht, einen kleinen Tunnel zu bauen. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Frau Minister, wir brauchen Ihre Unterstützung, und ich verlasse mich darauf. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Merken Sie sich: Die Grünen, unterstützt von der ÖVP – wir reißen die Welt nieder! (Bei­fall bei ÖVP und Grünen. – Heiterkeit bei der FPÖ.)

21.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da kann man nur mehr sagen: der andere Hörl.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Umweltausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

21.40.5118. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1299/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regelungen für Täto­wierfarben (784 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu Tagesordnungspunkt 18.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 249

Zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Christian Drobits. – Wo ist deine Tätowierung? (Abg. Drobits – auf dem Weg zum Rednerpult –: Hast du eine?)


21.41.45

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Als letzten Tagesordnungspunkt haben wir das Thema Regelung von Tätowierfarben. Nach Kollegen Hörl dieses Thema zu besprechen, das ist nicht so einfach, aber ich glaube, es ist nicht uninteressant.

Gerade jetzt gibt es eine neue Studie, und in dieser Studie ist erkennbar, dass in Österreich 25 Prozent – das heißt jede beziehungsweise jeder Vierte – tätowiert sind und bereits 10 Prozent mehrere Tätowierungen haben. Wenn man sich die Gruppe der Frauen im Alter von 25 bis 35 Jahren anschaut, kann man sagen, jede zweite Frau in Österreich ist bereits tätowiert. Jetzt gibt es natürlich die eine Seite, die sagt: Das ist mittlerweile große Kunst und Kultur!, und die andere Seite, die sagt: Na ja, das ist eine Gefährdung für den Körper! Ich denke mir, das ist durchaus auch ein Thema für die Politik, und deshalb ist auch dieser Antrag gestellt worden.

Dieser Antrag bezieht sich auch darauf, dass grundsätzlich 4 000 bedenkliche Substan­zen in den Tätowierfarben vorhanden sind und wir eigentlich kein Regulativ, kein Zulas­sungsverfahren und im Wesentlichen auch keine Risikobewertung haben. Deshalb haben wir diesen Antrag auch im Umweltausschuss und im Konsumentenschutzaus­schuss eingebracht.

Im Hinblick auf die Thematik, dass diese Stoffe drinnen sind und es kein Zulassungs­verfahren gibt, haben Sie, Frau Bundesminister, im Umweltausschuss gesagt: Wir haben ein Verfahren bei der Echa, und dieses Echa-Verfahren reicht aus, um die Gefährdung zu bannen. Ich behaupte beziehungsweise wir behaupten, das ist zu wenig. Wir behaup­ten deshalb, dass das zu wenig ist, weil bei Pflanzenschutzmitteln und bei Arzneimitteln Zulassungsverfahren notwendig sind und dort sehr wohl danach getrachtet wird, dass Sicherheit und auch Transparenz bestehen. Warum nicht bei Tätowiermitteln? – Das ist die Frage.

Deshalb haben wir gesagt, wir fordern von Ihnen ein, auf europäischer Ebene diese Zu­lassungsverfahren einzuholen, um eine Risikobewertung im Gesundheitsbereich zu ha­ben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Fürlinger.)

Ein zweiter Punkt, der mir wichtig ist: Einerseits ist es erlaubt, aufgrund dessen, dass es eine Positivliste gibt und es die Voraussetzung der garantierten Unbedenklichkeit geben muss, dass bestimmte Haarfärbemittel verboten sind – und in diesen Haarfärbemitteln, die auf der Haut aufgebracht werden, ist grundsätzlich das gleiche Farbpigment drinnen wie in den Tätowierfarben –, aber gleichsam ist es nicht verboten, dass die Farben bei den Tätowierungen unter die Haut kommen. Worin liegt der Unterschied? – Das sehen wir nicht ein.

Deshalb fordern wir auch in diesem Bereich von Ihnen eine Positivliste, so wie es auch der Europarat fordert. Der Europarat sagt klar: Wir versuchen, das positiv aufzuzählen, weil das andere gesundheitsgefährdend ist.

In diesem Sinne und auch, weil meine Redezeit schon vorbei ist: Wir werden, auch wenn heute eine Ablehnung kommt, das im Konsumentenschutzausschuss nochmals bespre­chen. Wir wollen sichere Tätowierfarben, und wir wollen auch Klarheit darüber, dass es transparent ist, denn so, wie es jetzt ist, ist es uns zu wenig. – Danke für die Aufmerk­samkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Disoski.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 250

21.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reiter. – Bitte, du bist am Wort.


21.45.10

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol­legen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ja, wie Kollege Drobits ausgeführt hat: Dieses Thema geht unter die Haut. Die Kunst am Körper ist inzwischen salonfähiger und akzeptierter, als sie es noch vor einigen Jahren war. Jeder vierte Österreicher hat eine Tätowierung. Von 183 Abgeordneten wären es theoretisch also 46 mit Tätowierung. Wir werden wahrscheinlich nicht offiziell herausfinden, ob es tatsächlich so ist – theoretisch möglich ist es. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Die Regelungen in diesem Bereich sind viel diskutiert. Das Ziel ist natürlich Sicherheit für Konsumenten, und auch die Tätowierer brauchen eine Perspektive. Praktikables at­traktives Arbeiten muss einfach möglich sein.

Was beschäftigt jetzt eigentlich aktuell die Tattoobranche? – Die Europäische Chemika­lienagentur hat einen Verordnungsvorschlag für gut 4 000 Stoffe vorgelegt, in dem allge­meine Grenzwerte und Verbote festgelegt wurden. Knackpunkt für die Tattoobranche sind Grün 7 und Blau 15, die Bestandteile von 65 Prozent aller Farben sind.

Was möchte denn die Branche? – Die Branche möchte kein pauschales Verbot, da das nicht verhältnismäßig ist. Es sind die Daten für Verbote einfach nicht vorhanden, und man will weiterhin mit bunter Farbe arbeiten. Außerdem gibt es mit der zweijährigen Übergangsfrist nicht wirklich eine Perspektive, da keine Alternativen auf dem Markt sind, was es natürlich sehr schwierig macht.

Vom Vertreter der österreichischen Branche, Erich Mähnert, ist im EU-Parlament eine Petition eingebracht worden, um dieses Verbot durch die EU-Kommission auszusetzen. Das ist eigentlich die erfolgreichste Petition, die jemals im EU-Parlament eingereicht wurde, mit 50 000 Unterstützern. Auch der Europaparlamentarier Alexander Bernhuber hat diese stark unterstützt.

Worauf zielt jetzt der Antrag der Genossinnen und Genossen der SPÖ ab? – Ein eigenes Zulassungsverfahren der Tätowiermittel wäre nach dem EU-Chemikalienrecht, das ei­gentlich sehr umfangreich ist, nicht vertretbar, weil es ein zusätzliches Zulassungsver­fahren wäre. Die Positivliste ist laut aktuellem Stand eigentlich etwas, das die Verord­nung konterkarieren würde. Das ist also nicht das, was die Branche wirklich braucht. Das trifft eigentlich nicht wirklich die großen Herausforderungen.

Um diese bewältigen zu können, müssen wir da ansetzen, wo die Probleme wirklich sind, und das ist nun einmal auf EU-Ebene. Da müssen wir auch gemeinsam schauen, dass wir auf eine Lösung hinwirken, die wirklich funktionieren kann. Es ist gescheiter, wir lösen aktuelle Probleme da, wo sie sind, und schaffen nicht neue Erschwernisse. Darum leh­nen wir diesen Antrag auch ab. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

21.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schluss­wort? – Das ist nicht der Fall.

21.48.05Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 16 bis 18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Umweltausschusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt ge­trennt vornehme.

Können wir abstimmen? – FPÖ? NEOS? Grüne?

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Umweltaus­schusses, den Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für März bis Dezember 2020 sowie Jänner 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innova­tion und Technologie, III-262 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll97. Sitzung, 21. April 2021 / Seite 251

Wer dies tut, gebe ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 17: Antrag des Umweltausschusses, den Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungs­fonds für Februar 2021, vorgelegt von der gleichen Umweltministerin (Heiterkeit und Zwi­schenrufe bei den Grünen), zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nommen. – (In Richtung Grüne:) Der Titel ist mir zu lange.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Umwelt­ausschusses, seinen Bericht 784 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

21.49.35Abstimmung über einen Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Leichtfried, Angerer und Doppelbauer, dem Geschäftsordnungsaus­schuss zur Berichterstattung über den Antrag 421/A eine Frist bis zum 18. Mai 2021 zu setzen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

21.50.01Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1494/A(E) bis 1537/A(E) eingebracht worden sind.

Verlangen im Sinne des § 99 Abs. 2 GOG


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weiters darf ich bekannt geben, dass im Zusam­menhang mit dem Selbständigen Antrag 1509/A auf Durchführung eines besonderen Aktes der Gebarungsüberprüfung durch den Rechnungshof betreffend „Überprüfung des Bundesministeriums für Gesundheit, Soziales, Pflege und Konsumentenschutz, des Bundesministeriums für Finanzen und des Bundeskanzleramtes hinsichtlich der Be­schaffung und Finanzierung von Impfstoffen im Zuge der COVID-19-Pandemie“ ein Ver­langen von 20 Abgeordneten im Sinne des § 99 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellt wurde.

Da die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, ist diese Gebarungsüberprüfung auch ohne Beschluss des Nationalrates durchzuführen.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 21.50 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

21.50.57Schluss der Sitzung: 21.50 Uhr

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