Plenarsitzung
des Nationalrates
117. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
Donnerstag, 8. Juli 2021
XXVII. Gesetzgebungsperiode
Großer Redoutensaal
Stenographisches Protokoll
117. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXVII. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 8. Juli 2021
Dauer der Sitzung
Donnerstag, 8. Juli 2021: 9.05 – 23.44 Uhr
*****
Tagesordnung
1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2021) erlassen und das Bundesschatzscheingesetz geändert wird
2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung, das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Kommunalinvestitionsgesetz 2020 und das Transparenzdatenbankgesetz 2012 geändert werden
3. Punkt: Bericht über den Antrag 1744/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fristverlängerung für die Beantragung der Mittel aus dem Kommunalen Investitionsprogramm
4. Punkt: Bericht über den Antrag 1778/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz genehmigt wird, erlassen wird und das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert wird
5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Polizeiliche Staatsschutzgesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung 1975 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden
6. Punkt: Zweite Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 1086/A der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (Verfassungsgesetz zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung)
7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Fachhochschulgesetz, das Privathochschulgesetz, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz, das Hochschulgesetz 2005, das Bundesgesetz über die „Diplomatische Akademie Wien“ und das COVID-19-Hochschulgesetz geändert werden
8. Punkt: Bericht über den Antrag 1223/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere Verhandlungen für den geförderten Austausch mit Großbritannien
9. Punkt: Bericht über den Antrag 1732/A(E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitalisierung der Hochschulen
10. Punkt: Bericht über den Antrag 1737/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft
11. Punkt: Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG-NR betreffend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, des Bundesministeriums für Finanzen und des Bundesministeriums für Landesverteidigung sowie der im Eigentum des Bundes stehenden Bundesbeschaffung GmbH hinsichtlich der Beschaffungsvorgänge und Auftragsvergaben im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie seit März 2020 bis dato
12. Punkt: Bericht über den Antrag 1731/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler geändert wird
13. Punkt: Bericht über den Antrag 1689/A(E) der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Welterbe im Denkmalschutzgesetz
14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird
15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Flughafenentgeltegesetz geändert wird
16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden
17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird
18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird
19. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich über die Finanzierung der Planung der Stadtregionalbahnprojekte Linz
20. Punkt: Bericht über den Antrag 759/A(E) der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ortskerne als Begegnungszonen
21. Punkt: Bericht über den Antrag 760/A(E) der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entlastung für Carsharing Unternehmen
22. Punkt: Bericht über den Österreichischen Forschungs- und Technologiebericht 2021
23. Punkt: Bericht über den Antrag 1637/A(E) der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend flächendeckende und niederschwellige Kurse für digitale Kompetenz
24. Punkt: Bericht über den Antrag 1608/A(E) der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Overhead-Finanzierung von Forschungsprojekten
25. Punkt: Bericht über den Antrag 1719/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bildung als zentrale Säule in der FTI-Strategie 2030
26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensserviceportalgesetz geändert wird
27. Punkt: Bericht über den Antrag 1615/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mittelverwendung Digitalisierungsfonds
28. Punkt: Bericht über den Antrag 1666/A(E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Götze, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Prüfung von Maßnahmen zur Erhöhung der Frauenquote in börsennotierten Unternehmen“
29. Punkt: Bericht über den Antrag 1750/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 geändert wird
30. Punkt: Bericht über den Antrag 1751/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 geändert wird
31. Punkt: Bericht über den Antrag 1628/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Österreich zuerst! Vorrang für unsere Betriebe bei Versorgung mit Werk-, Bau- und Rohstoffen Qualifizierungsoffensive für unsere Jugend Entlastungsoffensive für unsere Betriebe
32. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Feber 1968 über elektrische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, geändert wird (1729/A)
33. Punkt: Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Michaela Steinacker
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Inhalt
Nationalrat
Schlussansprache des Präsidenten Mag. Wolfgang Sobotka ............................ 288
Personalien
Verhinderungen ........................................................................................................ 20
Ordnungsrufe ............................................................................................. 106, 126
Geschäftsbehandlung
Wortmeldung des Abgeordneten Alois Stöger, diplômé betreffend die Achtung der Würde des Hohen Hauses ................................................................................. 21
Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Ausschussberichte 1025 und 1028 d.B. gemäß § 44 (2) GOG ..................................... 45
Wortmeldungen des Abgeordneten Herbert Kickl im Zusammenhang mit der Abhaltung von Gedenkminuten ..................................................................... 46, 47
Feststellung des Präsidenten Mag. Wolfgang Sobotka betreffend Abhaltung von Gedenkminuten ......................................................................................................... 46
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG .............................................................................................................. 47
Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .............................. 181
Unterbrechung der Sitzung ..................................................................................... 181
Fragestunde (9.)
Finanzen ................................................................................................................... 21
Gabriel Obernosterer (107/M); Erwin Angerer, Alois Stöger, diplômé
MMag. DDr. Hubert Fuchs (105/M); Mag. Yannick Shetty, Mag. Karin Greiner
Mag. Andreas Hanger (108/M); Dr. Astrid Rössler, Petra Bayr, MA MLS
Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (106/M); Michael Bernhard, Hermann Weratschnig, MBA MSc
Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (117/M); Angela Baumgartner
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (112/M); Martina Kaufmann, MMSc BA
Peter Haubner (109/M); Mag. Philipp Schrangl
Maximilian Lercher (115/M); Carina Reiter
Bundesregierung
Vertretungsschreiben ................................................................................................ 20
Ausschüsse
Zuweisungen ............................................................................................... 45, 287
Dringliche Anfrage
der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Völliges Versagen der ÖVP in der Asylpolitik“ (7292/J) ..................................................................................................................... 129
Begründung: Herbert Kickl ...................................................................................... 138
Bundesminister Karl Nehammer, MSc ................................................................. 143
Debatte:
Mag. Hannes Amesbauer, BA ................................................................................ 154
Karl Mahrer .............................................................................................................. 158
Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................ 160
Mag. Georg Bürstmayr ........................................................................................... 161
Dr. Nikolaus Scherak, MA ...................................................................................... 162
Dr. Susanne Fürst ................................................................................................... 164
Dr. Christian Stocker .............................................................................................. 166
Mag. Selma Yildirim ................................................................................................ 167
Mag. Agnes Sirkka Prammer ................................................................................. 168
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff .......................................................................... 169
Dr. Dagmar Belakowitsch ...................................................................................... 170
Mag. Johanna Jachs ............................................................................................... 172
Dr. Harald Troch ...................................................................................................... 173
Mag. Meri Disoski ................................................................................................... 175
Michael Schnedlitz .................................................................................................. 176
Mag. Klaus Fürlinger .............................................................................................. 178
Robert Laimer .......................................................................................................... 179
Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „10-Punkte-Plan zur Abwehr von Gewalttaten durch Asylwerber bzw. Asylberechtigte“ (namentliche Abstimmung) – Ablehnung .............. 156, 181
Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ................................. 182
Verhandlungen
Gemeinsame Beratung über
1. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (891 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2021) erlassen und das Bundesschatzscheingesetz geändert wird (952 d.B.) .................................................... 48
2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (948 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung, das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Kommunalinvestitionsgesetz 2020 und das Transparenzdatenbankgesetz 2012 geändert werden (953 d.B.) ............. 48
3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1744/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fristverlängerung für die Beantragung der Mittel aus dem Kommunalen Investitionsprogramm (954 d.B.) .................................................................................................................. 48
4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1778/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz genehmigt wird, erlassen wird und das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert wird (955 d.B.) .................................................................................................................. 48
RednerInnen:
Maximilian Lercher ................................................................................................. 48
Karlheinz Kopf ......................................................................................................... 52
MMag. DDr. Hubert Fuchs ...................................................................................... 53
Dr. Elisabeth Götze ................................................................................................. 54
Julia Elisabeth Herr ................................................................................................ 57
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. 61
Erwin Angerer ......................................................................................................... 64
Ing. Manfred Hofinger ............................................................................................. 66
Mag. Selma Yildirim ................................................................................................ 67
Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ................................................................................. 69
Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA ......................................................... 70
Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................ 71
Henrike Brandstötter .............................................................................................. 72
Gabriel Obernosterer .............................................................................................. 74
Angela Baumgartner .............................................................................................. 74
Franz Leonhard Eßl ................................................................................................ 75
Ing. Klaus Lindinger, BSc ...................................................................................... 76
Klaus Köchl (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 76
Entschließungsantrag der Abgeordneten Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Unterstützung für Gemeinden in der Krise“ – Ablehnung .......................................................................................................... 50, 78
Entschließungsantrag der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Steuersenkung für die Menschen, statt Steuergeschenke für Millionäre!“ – Ablehnung ................................................................................ 59, 78
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mehr Transparenz für die Transparenzdatenbank“ – Ablehnung ........................................................................................ 62, 78
Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung der Finanzierung der Feuerwehren“ – Ablehnung 65, 78
Annahme der drei Gesetzentwürfe in 952, 953 und 955 d.B. .................................. 77
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 954 d.B. .................................................. 78
Gemeinsame Beratung über
5. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (937 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Polizeiliche Staatsschutzgesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung 1975 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden (963 d.B.) ................... 79
6. Punkt: Zweite Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 1086/A der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (Verfassungsgesetz zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung) (1025 d.B.) .......................................................................................... 79
RednerInnen:
Dr. Nikolaus Scherak, MA ...................................................................................... 79
Karl Mahrer .............................................................................................................. 80
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff .......................................................................... 82
Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................ 83
Mag. Hannes Amesbauer, BA ................................................................................ 85
Mag. Georg Bürstmayr ........................................................................................... 87
Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc ............................................. 88
Dr. Christian Stocker .............................................................................................. 90
Robert Laimer .......................................................................................................... 91
Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................ 92
Mag. Agnes Sirkka Prammer ................................................................................. 93
Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................. 94
Dr. Dagmar Belakowitsch (tatsächliche Berichtigung) .......................................... 95
Sabine Schatz .......................................................................................................... 95
Ing. Manfred Hofinger ............................................................................................. 96
Annahme des Gesetzentwurfes in 963 d.B. ............................................................. 97
Annahme des Gesetzentwurfes in 1025 d.B. in zweiter Lesung ............................. 97
Gemeinsame Beratung über
7. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (945 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Fachhochschulgesetz, das Privathochschulgesetz, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz, das Hochschulgesetz 2005, das Bundesgesetz über die „Diplomatische Akademie Wien“ und das COVID-19-Hochschulgesetz geändert werden (990 d.B.) .............. 98
8. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 1223/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere Verhandlungen für den geförderten Austausch mit Großbritannien (991 d.B.) .................................................................................................................. 98
9. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 1732/A(E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitalisierung der Hochschulen (992 d.B.) ....................................................................... 98
RednerInnen:
Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ 98
Mag. Dr. Rudolf Taschner ...................................................................................... 99
Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... 100
Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................ 102
Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................ 103
Martina Kaufmann, MMSc BA ................................................................................ 104
Katharina Kucharowits ........................................................................................... 105
Mag. Sibylle Hamann .............................................................................................. 106
Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... 107
Bundesminister Dr. Heinz Faßmann ..................................................................... 108
Nico Marchetti ......................................................................................................... 109
Mag. Dr. Petra Oberrauner ..................................................................................... 110
Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA ...................................................................... 111
Dr. Josef Smolle ...................................................................................................... 112
Mag. Johanna Jachs ............................................................................................... 113
Annahme des Gesetzentwurfes in 990 d.B. ............................................................. 120
Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 991 und 992 d.B. .......................... 120
10. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 1737/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (993 d.B.) ............................................................................ 113
RednerInnen:
Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... 114
Nico Marchetti ......................................................................................................... 115
Mag. Yannick Shetty ............................................................................................... 116
Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ 117
MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. 118
Ralph Schallmeiner ................................................................................................ 119
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 993 d.B. .................................................. 120
11. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG-NR betreffend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, des Bundesministeriums für Finanzen und des Bundesministeriums für Landesverteidigung sowie der im Eigentum des Bundes stehenden Bundesbeschaffung GmbH hinsichtlich der Beschaffungsvorgänge und Auftragsvergaben im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie seit März 2020 bis dato (1/URH2/1024 d.B.) ............ 121
RednerInnen:
Mag. Karin Greiner .................................................................................................. 121
Laurenz Pöttinger ................................................................................................... 123
Wolfgang Zanger .................................................................................................... 124
Mag. Sibylle Hamann .............................................................................................. 126
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff .......................................................................... 127
Andreas Kühberger ................................................................................................ 183
Mag. Christian Drobits ........................................................................................... 184
Mag. Andreas Hanger ............................................................................................. 185
Mag. Dr. Petra Oberrauner ..................................................................................... 186
Kenntnisnahme des Berichtes des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG in 1024 d.B. ........................................ 188
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1024 d.B. ................................................ 188
12. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1731/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler geändert wird (956 d.B.) ........................................................................................... 188
RednerInnen:
Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................ 188
Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... 189
Maria Großbauer ..................................................................................................... 190
Henrike Brandstötter .............................................................................................. 191
Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer .................................................... 192, 194
Katharina Kucharowits ........................................................................................... 193
Martina Diesner-Wais ............................................................................................. 195
Annahme des Gesetzentwurfes in 956 d.B. ............................................................. 201
13. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1689/A(E) der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Welterbe im Denkmalschutzgesetz (957 d.B.) ............................................ 196
RednerInnen:
Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................ 196
Dr. Harald Troch ...................................................................................................... 197
Ing. Mag. Volker Reifenberger ............................................................................... 198
Mag. Dr. Rudolf Taschner ...................................................................................... 199
MMag. Dr. Agnes Totter, BEd ................................................................................ 200
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 957 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Welterbe im Denkmalschutzgesetz“ (196/E) ...................... 201
Gemeinsame Beratung über
14. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (940 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (994 d.B.) .................... 201
15. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (942 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Flughafenentgeltegesetz geändert wird (995 d.B.) .... 201
RednerInnen:
Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... 201
Dr. Astrid Rössler ................................................................................................... 202
Alois Stöger, diplômé ............................................................................................. 203
Andreas Ottenschläger .......................................................................................... 204
Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................ 204
Staatssekretär Dr. Magnus Brunner, LL.M. ......................................................... 206
Hermann Weratschnig, MBA MSc ......................................................................... 208
Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ................................................................. 209
Christoph Stark ....................................................................................................... 210
Irene Neumann-Hartberger .................................................................................... 211
Franz Hörl ................................................................................................................ 212
Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 994 und 995 d.B. ..................................... 244
16. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (946 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden (996 d.B.) .................................................................... 213
RednerInnen:
Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... 213
Hermann Weratschnig, MBA MSc ......................................................................... 214
Dietmar Keck ........................................................................................................... 215
Andreas Ottenschläger .......................................................................................... 215
Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................ 216
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ......................................................... 217
Mag. Meri Disoski ................................................................................................... 219
Franz Leonhard Eßl ................................................................................................ 220
Lukas Brandweiner ................................................................................................. 221
Annahme des Gesetzentwurfes in 996 d.B. ............................................................. 245
Gemeinsame Beratung über
17. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (938 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird (997 d.B.) .................................................................................................................. 222
18. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (936 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird (998 d.B.) .................................................................................................................. 222
RednerInnen:
Alois Schroll ............................................................................................................ 222
Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ 225
Andreas Ottenschläger .......................................................................................... 227
Michael Bernhard .................................................................................................... 228
Klaus Köchl ............................................................................................................. 229
Walter Rauch ........................................................................................................... 230
Hermann Weratschnig, MBA MSc ......................................................................... 231
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ......................................................... 232
Hermann Gahr ......................................................................................................... 233
Joachim Schnabel .................................................................................................. 234
Entschließungsantrag der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „keine Verzögerung in der Umsetzung der Autobahnen- und Schnellstraßenprojekte“ – Ablehnung ................................................ 223, 245
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „kein Neubau der Luegbrücke gegen den Willen der Bevölkerung“ – Ablehnung ..................................................................................... 226, 246
Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 997 und 998 d.B. ..................................... 245
Gemeinsame Beratung über
19. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (932 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich über die Finanzierung der Planung der Stadtregionalbahnprojekte Linz (999 d.B.) .................................................................................................................. 236
20. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 759/A(E) der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ortskerne als Begegnungszonen (1000 d.B.) ........................................................................... 236
21. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 760/A(E) der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entlastung für Carsharing Unternehmen (1001 d.B.) ......................................................... 236
RednerInnen:
Alois Stöger, diplômé ............................................................................................. 236
Clemens Stammler ................................................................................................. 237
Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................ 237
Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................ 238
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ......................................................... 239
Mag. Felix Eypeltauer ............................................................................................. 240
Johann Singer ......................................................................................................... 241
Lukas Hammer ........................................................................................................ 242
Walter Rauch ........................................................................................................... 243
Christoph Stark ....................................................................................................... 243
Genehmigung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG in 999 d.B. ....................... 246
Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1000 und 1001 d.B. ...................... 246
Gemeinsame Beratung über
22. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über den Österreichischen Forschungs- und Technologiebericht 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (III-329/1018 d.B.) ........ 246
23. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über den Antrag 1637/A(E) der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen
und Kollegen betreffend flächendeckende und niederschwellige Kurse für digitale Kompetenz (1019 d.B.) ............................................................................................. 246
24. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über den Antrag 1608/A(E) der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Overhead-Finanzierung von Forschungsprojekten (1020 d.B.) ................................................................................................................ 246
25. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über den Antrag 1719/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bildung als zentrale Säule in der FTI-Strategie 2030 (1021 d.B.) .............................................................................................. 246
RednerInnen:
Mag. Dr. Petra Oberrauner ..................................................................................... 247
Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................ 248
Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... 249
Bundesminister Dr. Heinz Faßmann ..................................................................... 250
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ......................................................... 251
Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA ...................................................................... 252
Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................ 253
Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck .................................................... 254
Peter Weidinger ...................................................................................................... 255
Nurten Yılmaz .......................................................................................................... 256
Carina Reiter ............................................................................................................ 256
Dr. Werner Saxinger, MSc ...................................................................................... 257
Kenntnisnahme des Berichtes III-329 d.B. ............................................................... 263
Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1019, 1020 und 1021 d.B. ................. 263
Gemeinsame Beratung über
26. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungsvorlage (944 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensserviceportalgesetz geändert wird (1022 d.B.) ................................................ 258
27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über den Antrag 1615/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mittelverwendung Digitalisierungsfonds (1023 d.B.) ................................................................................................................ 258
RednerInnen:
Maximilian Köllner, MA .......................................................................................... 258
Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................ 259
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff .......................................................................... 260
Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck .................................................... 261
Süleyman Zorba ...................................................................................................... 262
Annahme des Gesetzentwurfes in 1022 d.B. ........................................................... 263
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1023 d.B. ................................................ 264
28. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 1666/A(E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Götze, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Prüfung von Maßnahmen zur Erhöhung der Frauenquote in börsennotierten Unternehmen“ (984 d.B.) ............... 264
RednerInnen:
Edith Mühlberghuber .............................................................................................. 264
Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA .......................................................................... 265
Mag. Christian Ragger ............................................................................................ 266
Mag. Dr. Petra Oberrauner ..................................................................................... 267
Dr. Elisabeth Götze ................................................................................................. 268
Henrike Brandstötter .............................................................................................. 269
Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................ 270
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 984 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Prüfung von Maßnahmen zur Erhöhung der Frauenquote in börsennotierten Unternehmen“ (197/E) ................................................................ 283
Gemeinsame Beratung über
29. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 1750/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 geändert wird (985 d.B.) .......................................................................... 271
30. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 1751/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 geändert wird (986 d.B.) ............................................................ 271
RednerInnen:
Laurenz Pöttinger ................................................................................................... 271
Cornelia Ecker ......................................................................................................... 272
Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 985 und 986 d.B. ..................................... 283
31. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 1628/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Österreich zuerst! Vorrang für unsere Betriebe bei Versorgung mit Werk-, Bau- und Rohstoffen Qualifizierungsoffensive für unsere Jugend Entlastungsoffensive für unsere Betriebe (987 d.B.) .......................................................... 273
RednerInnen:
Erwin Angerer ......................................................................................................... 273
Mag. Maria Smodics-Neumann ............................................................................. 275
MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. 277
Maximilian Lercher ................................................................................................. 279
Dr. Astrid Rössler ................................................................................................... 281
Martina Kaufmann, MMSc BA ................................................................................ 282
Hermann Weratschnig, MBA MSc ......................................................................... 282
Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Soforthilfe für von abgesagten Veranstaltungen massiv betroffene Marktfahrer, Schausteller und Wirte“ – Ablehnung ................. 274, 284
Entschließungsantrag der Abgeordneten Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kampf gegen Spekulation und Preistreiberei an den Weltmärkten“ – Ablehnung ............................................................................... 280, 284
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 987 d.B. .................................................. 283
32. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz
vom 6. Feber 1968 über elektrische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, geändert wird (1729/A) ................................... 284
RednerInnen:
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. 284
Johann Höfinger ..................................................................................................... 285
Alois Schroll ............................................................................................................ 286
MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. 286
Dr. Astrid Rössler ................................................................................................... 287
Zuweisung des Antrages 1729/A an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie ...................................................................................................................... 287
33. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (GZ 43 St 2/21g) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Michaela Steinacker (1028 d.B.) .......................................... 287
Annahme des Ausschussantrages ........................................................................... 288
Eingebracht wurden
Anträge der Abgeordneten
Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Unterstützung für Gemeinden in der Krise (1815/A)(E)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Magistrale Zubereitung von Cannabis (1816/A)(E)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend freie Endgerätewahl beim Internetzugang (1817/A)(E)
Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit dem Warten auf das Kinderbetreuungsgeld (1818/A)(E)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spielzeug muss frei von schädlichen Chemikalien sein (1819/A)(E)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spielzeug muss frei von schädlichen Chemikalien sein (1820/A)(E)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spielzeug muss frei von schädlichen Chemikalien sein (1821/A)(E)
Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Lagergesetz geändert wird (1822/A)
Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (1823/A)
Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden (1824/A)
Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Linienbus-Kapazitäten für die Beförderung von Schüler*innen (1825/A)(E)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschäftigungspolitische Maßnahmen gegen die Corona-Langzeitarbeitslosigkeit (1826/A)(E)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesgenossenschaft für Pflege und Betreuung (1827/A)(E)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesgenossenschaft für Pflege und Betreuung (1828/A)(E)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diskriminierungsverbot gegen das Zwangsregime „Grüner Pass“ (1829/A)(E)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung des türkisen Skandals „Hygiene Austria“ (1830/A)(E)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung des türkisen Skandals „Hygiene Austria“ (1831/A)(E)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung des türkisen Skandals „Hygiene Austria“ (1832/A)(E)
Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung der Rehkitzrettung (1833/A)(E)
Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend transparente Auswertungen der Regierungsinserate durch die RTR (1834/A)(E)
Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konvent für Medienfreiheit und Transparenz: Inseratenvergabe auf neue Grundlage stellen (1835/A)(E)
Dr. Gudrun Kugler, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verschlechterung der politischen Lage in Nicaragua vor den Wahlen (1836/A)(E)
Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschließung des Nationalrates vom 20. November 2020 Facharztausbildung für Kieferorthopädie in Österreich (1837/A)(E)
Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für die Komplementärmedizin in Österreich (1838/A)(E)
Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung und Ausbau einer psychologischen Versorgung als Kassenleistung (1839/A)(E)
Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung und Ausbau einer psychologischen Versorgung als Kassenleistung (1840/A)(E)
Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend unabhängige und weisungsfreie Stadtrechnungshöfe ermöglichen (1841/A)(E)
Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kampf gegen Spekulation und Preistreiberei an den Weltmärkten (1842/A)(E)
Lukas Hammer, Tanja Graf, Alois Schroll, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz – EAG geändert wird (1843/A)
Anfragen der Abgeordneten
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7209/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7210/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7211/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7212/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7213/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7214/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7215/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7216/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7217/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7218/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7219/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7220/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7221/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7222/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im ersten Halbjahr 2021 (7223/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7224/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7225/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7226/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7227/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7228/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7229/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7230/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7231/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7232/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7233/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7234/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7235/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7236/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7237/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (7238/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7239/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7240/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7241/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7242/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7243/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7244/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7245/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7246/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7247/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7248/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7249/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7250/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7251/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7252/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2021 (7253/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kosten der Kabinette im Bundeskanzleramt im 2. Quartal 2021 (7254/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2021 (7255/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kosten der Ministerbüros im 2.Quartal 2021 (7256/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2021 (7257/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2021 (7258/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2021 (7259/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2021 (7260/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2021 (7261/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2021 (7262/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2021 (7263/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2021 (7264/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2021 (7265/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2021 (7266/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2021 (7267/J)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Kosten der Ministerbüros im 2. Quartal 2021 (7268/J)
Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Rechtswidrige Weisung: Anzeige in Bagatellfällen (7269/J)
Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Leistung der Rettungsorganisationen bei Covid-Transporten (7270/J)
Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Österreichs Einsatz gegen LGBTIQ-feindliche Gesetze in Ungarn (7271/J)
Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Österreichs Einsatz gegen LGBTIQ-feindliche Gesetze in Ungarn (7272/J)
Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Österreichs Einsatz gegen LGBTIQ-feindliche Gesetze in Ungarn (7273/J)
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalsituation der Polizei in der Steiermark (7274/J)
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalsituation der Polizei in Salzburg (7275/J)
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalsituation der Polizei im Burgenland (7276/J)
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalsituation der Polizei in Oberösterreich (7277/J)
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalsituation der Polizei in Niederösterreich (7278/J)
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalsituation der Polizei in Kärnten (7279/J)
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalsituation der Polizei in Tirol (7280/J)
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalsituation der Polizei in Vorarlberg (7281/J)
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalsituation der Polizei in Wien (7282/J)
Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Flächenfraß durch neuen Autobahnrastplatz in Weibern (7283/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Pensionskassen II (7284/J)
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Prävention und Bekämpfung von Cyberkriminalität – Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes (7285/J)
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Prävention und Bekämpfung von Cyberkriminalität – Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes (7286/J)
Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Zukunft hdgö (7287/J)
Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Auswirkungen des neuen Standortgesetzes für INGOs und Quasi-Internationale Organisationen (7288/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Hilfe ohne Plan: Evaluierung der Covid-Wirtschaftshilfen (7289/J)
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Das Bundesheer ist keine Hilfspolizei (7290/J)
Dr. Harald Troch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sozialversicherungsnummer – Divergenz von Geburtsdatum und Sozialversicherungsnummer insbesondere bei Asylwerbern und Asylberechtigten (7291/J)
Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Völliges Versagen der ÖVP in der Asylpolitik (7292/J)
Anfragebeantwortung
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (6511/AB zu 6589/J)
Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr
Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Sitzung ist eröffnet. Ich darf Sie ganz herzlich zu unserem zweiten Plenartag, zur 117. Sitzung des Nationalrates begrüßen.
Mein Gruß gilt auch den Damen und Herren auf der Galerie beziehungsweise der Journalistik.
Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Melanie Erasim, MSc, Eva Maria Holzleitner, BSc, Andreas Kollross, Kai Jan Krainer, Dr. Christoph Matznetter, Rainer Wimmer, Christian Hafenecker, MA, Alois Kainz, Christian Ries, Bedrana Ribo, MA, Heike Grebien, David Stögmüller, Mag. Nina Tomaselli, Dr. Helmut Brandstätter, Dr. Stephanie Krisper, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES und Josef Schellhorn.
Ich darf auch noch die Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehgeräten entschuldigen (Heiterkeit bei der ÖVP) – ich meine begrüßen. Warum entschuldigen? – Ich muss mich entschuldigen: Gestern war das Mikrofon nicht ausgeschaltet, und ich habe eine unpassende Äußerung zur Abgeordneten Yılmaz gemacht. Wir haben das vorhin schon besprochen. Ich darf mich in aller Form dafür entschuldigen. Das war etwas im Spaß gemeint, aber es sollte nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sein.
Aufgrund der Diskussion in der Präsidiale darf ich noch einmal in Erinnerung rufen: Wir haben gemeinsam vereinbart, dass wir beim Herein- und Herausgehen in den beziehungsweise aus dem Saal Masken tragen. Den Mitarbeitern, wenn sie über eines der 3G verfügen, also getestet, genesen oder geimpft sind, ist am Sitzplatz das Abnehmen der Maske gestattet. Es steht aber jedem frei, die Maske auch dort zu tragen. Ich sage das deshalb, weil es auch in der Öffentlichkeit eine Diskussion gegeben hat: Was ist jetzt los?
Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:
Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration MMag. Dr. Susanne Raab wird durch Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc vertreten.
Ferner werden Mitglieder der Bundesregierung, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt vertreten:
Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher durch Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner.
*****
Ich darf bekannt geben, dass die Sitzung wie üblich von ORF 2 bis 13 Uhr, in ORF III bis 19.15 Uhr und anschließend in der TVthek kommentiert übertragen wird.
Fragestunde
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur Fragestunde.
Sie kennen die Praxis: Die Fragen werden von den Damen und Herren Abgeordneten von den beiden Rednerpulten aus gestellt. Für die Anfrage und die Zusatzfrage ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen. Die Beantwortung der Anfrage soll 2 Minuten, jene der Zusatzfragen jeweils 1 Minute nicht übersteigen.
Es ist ein bisschen schwierig durch das Plexiglas, aber ich werde darauf hinweisen, dass die Zeit vorbei ist.
Abgeordneter Stöger hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.
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Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Präsident hat sich bei der Abgeordneten Nurten Yılmaz entschuldigt. Das nehmen wir gerne und auch mit Respekt zur Kenntnis. Das ist die richtige Umgangsweise, aber ich bitte trotzdem, dass man gerade seitens der Vorsitzführung darauf achtet, dass man die Würde des Hauses auch ernst nimmt – auch dann, wenn die Sitzung zu Ende ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Unsere Abgeordneten haben sich das nicht verdient. Trotzdem nehmen wir das zur Kenntnis. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)
9.08
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bin absolut deiner Meinung und habe das auch eindeutig klargestellt.
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Finanzen
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nunmehr zur 1. Anfrage. Ich darf den Herrn Bundesminister ans Rednerpult bitten.
Die 1. Anfrage stellt Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.
Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Finanzminister! Vor über 15 Monaten, am 15. März letzten Jahres, sind wir in den ersten Lockdown gegangen. Sie haben damals als Finanzminister gesagt, Sie werden sehr, sehr viel Geld in die Hand nehmen, um der Wirtschaft und dem Arbeitsmarkt, den Mitarbeitern praktisch über diese Krise zu helfen. Es sind auch in diesem Haus hier viele Hilfspakete geschnürt worden. Noch im Spätherbst, als wir das Budget beschlossen haben, waren wir gerade nicht so optimistisch, wie das weitergeht. Man hat das noch nicht genau abschätzen können – nicht nur wir, sondern auch die Experten. In letzter Zeit hören wir ja sehr viele positive Signale vom Arbeitsmarkt, von der Wirtschaft.
„Warum haben sich die Wirtschaftsprognosen für Österreich zuletzt so deutlich verbessert?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Die Feststellung, dass sich da viel geändert hat, ist in der Tat richtig. Wir haben das ganze letzte Jahr hindurch eine hohe Volatilität im Bereich der Prognosen für die volkswirtschaftliche Entwicklung Österreichs erlebt – das ist auch hier im Parlament immer wieder diskutiert worden –, das hat auch dazu geführt, dass Budgetvorschläge, die bereits eingebracht waren, dann de facto durch die neuen Prognosen über den Haufen geworfen worden sind.
Wir haben in diesem Jahr de facto eine sehr ähnliche Situation. Man sieht, wie hoch auch da die Volatilität ist, denn wir haben vor rund zwei, drei Monaten hier im Hohen Haus eine Abänderung zum Budget 2021 beschlossen, und zwar auf Basis einer Wifo-Prognose von einem Wachstum von 1,5 Prozent für das Jahr 2021. Jetzt, wenige Wochen später, hat dasselbe Wirtschaftsforschungsinstitut aufgrund der sehr guten wirtschaftlichen Entwicklung eine neue Prognose für dieses Jahr von rund 4 Prozent Wachstum und für das nächste Jahr von etwa 5 Prozent Wachstum verlautbart. Das wären Zahlen, die noch höher sind als jene von Deutschland oder der Schweiz in manchen Prognosen, und das ist natürlich sehr, sehr erfreulich.
Dafür gibt es natürlich verschiedenste Gründe. Ein Grund ist, dass der Impffortschritt auch in Österreich einer ist, der dazu führt, dass die Pandemie Schritt für Schritt bekämpft wird und dass wir durch unsere Teststrategie auch früher Öffnungen als andere Länder vollzogen haben. Dadurch ist natürlich das Wirtschaftsleben schneller zurückgekommen, und was man, glaube ich, auch sagen kann, ist, dass die Rettungsmaßnahmen für die Unternehmen und für die Arbeitsplätze auch ihren Teil dazu beigetragen haben, denn jetzt gibt es die Unternehmen und die Arbeitsplätze in den Unternehmen inklusive der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch. Das führt dazu, dass diese Unternehmen jetzt schnell den Aufschwung mitnehmen können und dadurch also vielleicht ein wenig schneller zurückkommen als jene in anderen Ländern. Das ist sehr erfreulich.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Obernosterer? – Bitte.
Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Natürlich haben diese Hilfspakete auch dementsprechend Geld gekostet. Die Schuldenquote von Österreich hat sich, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, erhöht. Es gibt natürlich jetzt auch eine gewisse Diskussion von Experten und Nichtexperten: Wie werden wir diese Schulden einmal zurückzahlen?
Wie sehen Sie das, Herr Finanzminister?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Es ist völlig richtig: Das war ein sehr, sehr großes Volumen, das in Anspruch genommen worden ist, um in der Not zu helfen.
Wir haben ja als ÖVP immer einen sehr klaren Budgetkurs verfolgt und haben es in der vorletzten Bundesregierung auch gemeinsam geschafft – zum ersten Mal seit Jahrzehnten –, einen Überschuss im Bundeshaushalt zu erwirtschaften. Das ist genau die Art von Politik, die uns jetzt in die Lage versetzt hat, ausreichend helfen zu können: in guten wirtschaftlichen Zeiten den Haushalt in Ordnung zu bringen und die Schuldenquote sukzessive zu reduzieren, damit man dann in schwierigen Zeiten, wie wir sie jetzt gehabt haben, ausreichend helfen kann. Genau das muss auch unser Rezept für die Zukunft sein, genau so werden wir weiterhin haushalten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Angerer. – Bitte.
Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Guten Morgen, Herr Finanzminister! Herr Finanzminister, die durchaus erfreuliche Erholung der Wirtschaft in Österreich ist wohl auf die Krisenresilienz zurückzuführen, die unsere Unternehmen haben, und nicht auf das Management dieser Regierung, das wir immer kritisiert haben und das aus meiner Sicht auch ein schlechtes Management war.
Es stimmt: Sie haben sehr viel Geld in die Hand genommen. Trotzdem haben Sie im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern damit in Österreich den größten Wirtschaftseinbruch produziert, und viele Unternehmen haben aus den undurchsichtigen und vielfältigen Paketen, die Sie geschnürt haben, bis heute kein Geld oder keine adäquate Unterstützung bekommen.
Die Betroffenheit bei den Unternehmen ist sehr unterschiedlich. Es gibt welche, die gut durch die Krise gekommen sind – dazu zählen die Großen, dazu zählen die Konzerne, dazu zählt die Industrie –, die KMUs und EPUs aber sind großteils auf der Strecke geblieben. Aktuell haben wir wieder das Problem, dass viele Festveranstaltungen abgesagt worden sind, in Kärnten zum Beispiel der Villacher Kirchtag, der Bleiburger Wiesenmarkt, der Wiesenmarkt in Sankt Veit. Alle Schausteller und Fieranten sitzen jetzt wieder zu Hause, können sich nicht aufstellen und auch keinen Umsatz generieren.
Was werden Sie konkret tun, um dieser Branche zu helfen, Herr Minister?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Sie haben natürlich völlig recht. Die Pandemie ist noch nicht gänzlich vorüber. Wir erleben ja viele Debatten aufgrund neuer Mutationen, die in anderen Ländern dazu führen, dass neue Einschränkungen umgesetzt werden.
Ich hoffe, das wird in Österreich nicht der Fall sein, klar ist aber natürlich, dass es manche Wirtschaftsbereiche gibt, die weiterhin von der Pandemie betroffen sein werden. Da geht es vor allem um den Veranstaltungsbereich, um den Kongresstourismus, um den Städtetourismus, und genau aus diesem Grund haben wir uns in der Bundesregierung dafür entschieden, die verschiedenen relevanten Hilfsinstrumente auch zu verlängern.
Wir haben beispielsweise den Ausfallsbonus, der in sehr wenigen Tagen nach Beantragung bereits am Konto ist, bis in den September hinein verlängert. Wir haben gerade den Härtefallfonds für die Kleinsten verlängert. Wir haben genauso auch die Möglichkeit verlängert, staatlich garantierte Kredite in Anspruch zu nehmen, denn was jetzt nicht passieren darf, ist, dass am Ende der großen Krise, wo einige noch hart betroffen sind, diese wenigen ein Liquiditätsproblem bekommen, wie das am Anfang der Krise gedroht hat. Mit den Maßnahmen, die wir jetzt in der Bundesregierung gemeinsam verlängert haben, werden wir hier zielgerichtet und treffgenau entgegenwirken können.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Stöger. – Bitte.
Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Bundesminister, guten Morgen! Die ÖVP hat gestern mit der Abschaffung der Mindeststrafen für Lohn- und Sozialdumping bewiesen, dass sie für ein ungerechtes Steuersystem eintritt. Die ÖVP will die Steuern für Konzerne senken, während die Dividenden, die Boni explodieren und alle internationalen Experten über unser Steuersystem sagen: Die Steuern auf Arbeit sind zu hoch, die Steuern auf Kapital und Vermögen sind zu niedrig und der Beitrag von Konzernen und Millionären in Österreich im Steuersystem ist zu niedrig. Das Steuersystem ist ungerecht.
Daher meine Frage: Wieso wollen Sie den Steuerbeitrag der Konzerne durch eine Senkung der Körperschaftsteuer weiter absenken, obwohl die Konzerne heute schon viel zu wenig beitragen? (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, wenn Sie der Meinung sind, dass ich die Steuern in diesem Land senken möchte, dann muss ich sagen: Sie haben recht. Genau das ist unser Ziel: die Steuern in diesem Land zu senken.
Warum? – Weil wir wissen, dass die Abgabenquote in Österreich relativ hoch ist und weil wir den Menschen mehr zum Leben lassen wollen. Wir haben das bereits im letzten Jahr gemacht, indem wir die erste Stufe der Lohn- und Einkommensteuer gesenkt haben. Das sind 1,6 Milliarden Euro, die den Kleinstverdienern – und allen anderen auch – mehr im Geldbörsel bleiben. Das ist der richtige Weg, und den wollen wir auch weitergehen.
Darüber hinaus: Ja, wir leben in Österreich von vielen guten Arbeitsplätzen, und diese Arbeitsplätze werden durch Unternehmen geschaffen. Das heißt, wir müssen auch eine Politik machen und wollen eine Politik machen, die es den Unternehmen erleichtert, hier zu gründen, zu wachsen, Profite zu generieren, Arbeitsplätze zu schaffen, von denen wir alle profitieren und leben können, und einer der wesentlichen Standortfaktoren ist natürlich die Frage, wie viel Steuern diese Unternehmen zahlen. Im internationalen Vergleich – das sagt ja auch die OECD – ist die Körperschaftsteuer einer der wesentlichen standortrelevanten Faktoren.
Deswegen: Ja, wir haben auch im Regierungsprogramm eine Evaluierung der Senkung der Körperschaftsteuer verankert, und das werden wir auch tun. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die zweite Frage kann nicht zum Aufruf gelangen, da Abgeordneter Krainer entschuldigt ist.
Die nächste Frage stellt Abgeordneter Fuchs. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Guten Morgen, Herr Finanzminister! Der erste Teil der ökosozialen Steuerreform hat ja zu einer massiven Erhöhung der NoVA, um 400 Millionen Euro bis 2024, geführt. Es ist wohl ein erster Vorgeschmack auf ein künftiges Sparpaket unter dem Mäntelchen des Klimaschutzes, und wenn man sich den Aufbau- und Resilienzplan anschaut, dann weiß man, wer möglicherweise die nächsten Opfer der ökoasozialen Steuerreform sein werden: Unternehmer, Autofahrer, insbesondere die Pendler.
Meine Frage:
„Wann kommt es zu einer steuerlichen Entlastung der Leistungsträger?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Vielen Dank für die Frage, Herr Staatssekretär! Ich habe ja bereits bei der letzten Frage versucht, darauf hinzuweisen, ich tue das aber sehr, sehr gerne nochmals.
Wir haben die erste Stufe der Lohn- und Einkommensteuer bereits gesenkt – das ist ein Volumen von 1,6 Milliarden Euro. Wir haben aber darüber hinaus auch in dem Bereich, den Sie angesprochen haben – wobei ich Ihnen recht gebe, dass in manchen Bereichen die Erhöhung der NoVA, die aus meiner Sicht auch im Sinne der nachhaltigen Entwicklung
unserer Gesellschaft und unseres Landes ein zwar nicht immer populäres, aber, ich glaube, auch kompromissfähiges Mittel war – Maßnahmen gesetzt, hinsichtlich Absetzbarkeit und um die Steuerbemessungsgrundlage zu reduzieren, mit der degressiven Abschreibung beispielsweise.
Genau diesen Weg wollen wir auch weitergehen. Wir wollen es auf der einen Seite durch konkrete Maßnahmen wie eben diese seit Jahrzehnten diskutierte degressive Abschreibung den Unternehmen erleichtern, wollen aber auch durch andere Maßnahmen, wie vielleicht eine steuerlichen Gleichstellung zwischen Eigenkapital und Fremdkapital, einen Anreiz setzen, in diesem Land zu investieren, in das eigene Unternehmen zu investieren. Gleichzeitig wollen wir auch die Lohn- und Einkommensteuer weiter senken.
Das ist eine Empfehlung, die auch der Internationale Währungsfonds abgegeben hat, der der Meinung ist, dass wir den fiskalischen Spielraum haben, um das zu tun, auch aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung in Österreich.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Frau Bundesministerin Gewessler plant ja einen automatischen Anstieg der Steuern auf fossile Energieträger, was zu einer massiven Mehrbelastung für den Wirtschaftsstandort, aber natürlich auch für die Autofahrer führen würde. Sie selbst, glaube ich, haben sich dahin gehend schon kritisch geäußert. Die Wirtschaftskammer hält den Entwurf des Klimaschutzgesetzes für – ich zitiere – „untragbar“, „überambitioniert“, manche sprechen gar von „ideologiegetriebenen Bestrafungsfantasien“.
Im Aufbau- und Resilienzplan steht auch die Ökologisierung des Pendlerpauschales. Meine Zusatzfrage lautet: Wie stehen Sie zur Ökologisierung des Pendlerpauschales? Wann wird diese in Kraft treten?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Minister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Das ist eine sehr gute Frage. Wir arbeiten bereits auf Hochtouren daran, dass das Konzept der ökosozialen Steuerreform möglichst bald in Umsetzung kommt. Wir haben uns ja auch im Wiederaufbauplan dazu verpflichtet, dass CO2 ab 2022 einen Preis erhält. Ich halte das auch für richtig, denn wir wollen, dass auch auf den Märkten die entsprechenden Preise gebildet werden können, um Anreize entstehen zu lassen, auf nachhaltigere Energienutzungsformen umzusteigen. Das muss natürlich mit einer entsprechenden Erleichterung in den anderen Bereichen einhergehen.
Das heißt, wir wollen, dass für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Leistungsträger in diesem Land unterm Strich mehr überbleibt, um auch den Anreiz zu haben, auf klimafreundliche Technologien umzusteigen, und einen – ich würde einmal sagen – Schritt für Schritt auch anpassungsfähigen Pfad hin zu einer entsprechenden Bepreisung, die auch international üblich sein wird und in den nächsten Jahren in ganz Europa Einzug halten wird, zu betreten.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Guten Morgen, Herr Finanzminister! Kollege Fuchs hat nach einer steuerlichen Entlastung für Leistungsträger gefragt, und speziell junge Erwerbstätige sind oft mit einer Mehrfachbelastung konfrontiert. Sie schaffen sich eine Wohnung an, sind mit der Familiengründung beschäftigt, haben aber aufgrund des jungen Alters oft ein niedrigeres Einkommen, daher bräuchte es gerade in diesem Bereich dringend eine steuerliche Entlastung.
Meine Frage mit der Bitte um eine konkrete Antwort: Welche steuerlichen Maßnahmen werden Sie bis zum Jahresende setzen, um vor allem junge Erwerbstätige finanziell zu entlasten?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Minister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Sie haben völlig recht in Ihrer Analyse, deswegen haben wir auch zu Beginn der Pandemie bereits Maßnahmen gesetzt, um die Kaufkraft zu stärken. Von diesen haben gerade auch kleine Einkommensbezieher massiv profitiert. Wir haben die erste Stufe der Lohn- und Einkommensteuer gesenkt, das ist ein Volumen von 1,6 Milliarden Euro. Diesen Weg wollen wir auch weitergehen, das heißt, gerade jene, die arbeiten gehen und die erwerbstätig sind, werden von diesen Maßnahmen weiter profitieren.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordnete Greiner. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Herr Finanzminister! Ist das gerecht? – Wenn Sie von Leistungsträgern sprechen, denken Sie an Großkonzerne, an große Unternehmen, an Ihre Großspender. Wenn wir von LeistungsträgerInnen sprechen, dann meinen wir jene Leute, die jeden Tag hart arbeiten, aber wenig dafür verdienen, in der Industrie, auf der Baustelle, in den Spitälern und in den Supermärkten – wir alle haben während der Krise gesehen, was diese Personen geleistet haben –, und wir sprechen auch von Frauen, die oftmals in Teilzeit arbeiten müssen. Diese profitieren rein gar nicht von Ihrer geplanten Senkung der Körperschaftsteuer; davon haben sie nichts. (Beifall bei der SPÖ.)
Warum senken Sie die Steuern ausschließlich für Konzerne, wie Sie das mit der Körperschaftsteuer tun wollen? Warum vergessen Sie auf all die genannten Personen, die Teilzeit arbeitenden Frauen, die bis dato gar nichts von Ihren Reformen haben? Wann sind Sie bereit, für diese Personengruppen mit Einkommen zwischen 1 000 und 2 500 Euro Steuersenkungen auf ihre Arbeitseinkommen durchzuführen? (Zwischenruf des Abg. Eßl.) Was sind Ihre Budgetpläne für 2022? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Eßl: Ich glaube, die Kollegin hat geschlafen!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Minister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Ich habe ein wenig das Gefühl, dass wir in dieser Bundesregierung bereits so viele Maßnahmen umgesetzt haben, dass einige schon in Vergessenheit geraten sind (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen): nicht nur eine teilweise Refundierung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Bezieher kleinster Einkommen, sondern auch die Senkung der untersten Lohn- und Einkommensteuerstufe. Außerdem haben wir in dieser Krise sehr, sehr viel Geld ausgegeben: für den Erhalt von Arbeitsplätzen und für die Kleinstunternehmer, über den Härtefallfonds. – All diese Maßnahmen haben natürlich dazu beigetragen, dass die Leistungsträger in dieser Gesellschaft, die einen Beitrag leisten, die arbeiten gehen, die am Ende des Tages auch etwas davon haben wollen, besser durch diese Krise gekommen sind und mit vielen Maßnahmen auch nach dieser Krise nachhaltig mehr haben werden.
Darüber hinaus gebe ich Ihnen völlig recht, wie schon Ihr Kollege Stöger das angekündigt hat: Ja, wir sind für die Senkung von Steuern, weil wir der Meinung sind, dass die Unternehmen in diesem Land die sind, die die Arbeitsplätze schaffen. Und wir wollen gute Arbeitsplätze in Österreich haben. Wir sehen jetzt, dass der Wirtschaftsaufschwung sehr stark zurückkommt, und es ist bereits so, dass viele offene Stellen da sind. Gleichzeitig wollen wir natürlich Qualifikationsmaßnahmen setzen, damit diese Stellen auch
besetzt werden können, damit wir gute Arbeitsplätze haben. – Das ist die Arbeit dieser Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Götze. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Die Wirtschaftshilfen werden zum Teil verlängert – ich nenne: der Härtefallfonds verlängert bis Herbst, der Ausfallsbonus, der Verlustersatz bis Jahresende –, die Kurzarbeit tritt auch in eine neue Phase ein – in zwei neue Phasen sogar –, die Steuerstundungen enden mit einer Safetycarphase und das Wifo hat ganz gute Prognosen für uns.
Die Frage an Sie: Mit welcher Entwicklung rechnen Sie im Herbst? Wie, glauben Sie, wird es hinsichtlich der Wirtschaftsentwicklung und auch hinsichtlich der Arbeitslosenzahlen weitergehen, sofern Sie das sagen können?
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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 116/M, hat folgenden Wortlaut:
„Mit Ende Juni endeten die Steuerstundungen und die Kurzarbeit tritt in (zwei) neue Phasen ein. Das Wifo sieht Österreich inzwischen wieder auf Vorkrisenniveau, warnt aber auch vor einem zu frühen Ende der Hilfen. Mit welchen Auswirkungen rechnen Sie durch die Änderungen bei den Stundungen und der KUA für die Wirtschaft und Unternehmen?“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Minister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Wenn man Optimist ist – und ich bin generell Optimist –, dann glaube ich, dass wir auch im Herbst und auch in den nächsten Jahren einen sehr guten wirtschaftlichen Aufschwung erleben werden. Die Grundvoraussetzung dafür ist natürlich, dass wir im Umgang mit der Pandemie nicht sorglos werden. Das Wichtigste ist, dass wir den Impffortschritt weiter vorantreiben, dass es genügend Angebot gibt, das es ja mittlerweile in Österreich Gott sei Dank gibt, und darüber hinaus die Menschen zu motivieren, sich impfen zu lassen, denn das ist die einzige Möglichkeit, wie wir die Pandemie nachhaltig bekämpfen können. Darüber hinaus, glaube ich, tun wir gut daran, nicht zu früh die 3G-Regel aufzuheben. Es gibt weiterhin die Möglichkeit, dass sich die Bevölkerung gratis testen lassen kann. All das führte dazu, dass wir in den letzten Monaten schneller und früher öffnen konnten, als das in anderen Ländern der Fall war. Deswegen gehe ich auch davon aus, dass der wirtschaftliche Aufschwung weitergehen wird.
Wir haben natürlich in manchen Sektoren weiter Herausforderungen, deswegen haben wir auch gemeinsam in einigen Bereichen die Wirtschaftshilfen verlängert, aber auch die Möglichkeit für Kurzarbeit, gerade für die Unternehmen, die immer noch über 50 Prozent Umsatzeinbruch haben. Klar ist natürlich schon auch, dass der Ausstieg aus den Hilfen genauso schwierig ist wie der Einstieg in die Hilfen. Wir wollen ja, dass die Unternehmen, wenn sie im Wirtschaftskreislauf wieder normal wirtschaften können, das auch tun und nicht zu sehr Anreize haben, staatliches Geld in Anspruch zu nehmen. Deswegen ist dieser schrittweise Ausstieg, den wir gemeinsam beschlossen haben, glaube ich, ein richtiger und guter.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Ich habe eine Frage zu diesem schrittweisen Ausstieg. Insbesondere kleine und kleinste Unternehmen profitieren vom Härtefallfonds und vom Ausfallsbonus, der, so ist vorgesehen, Ende September ausläuft. Die Frage ist: Unter welchen Bedingungen können Sie sich eine Verlängerung vorstellen? Ich glaube, ein abrupter Stopp, gerade im Herbst, wäre schwierig. Wie ist da Ihre Herangehensweise?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Minister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: So wie auch in den letzten 15 Monaten der Pandemie, immer zu schauen: Was ist notwendig, um Arbeitsplätze und Unternehmen durch diese Krise zu bekommen?, aber nicht falsche Anreize zu setzen.
Ich glaube, wir haben bis dato einen sehr guten Weg gefunden, indem wir eine schrittweise Verlängerung in Anspruch nehmen, wenn eben die Situation so ist, dass es weiter Unterstützung braucht. Wir haben aber zum Beispiel bei den Steuerstundungen einen rechtzeitigen Ausstieg, diesen aber gleichzeitig mit einer Safetycarphase und einer sehr langen Ratenzahlungsphase, eingeführt, die sehr treffsicher ist – damit es die Unternehmen bekommen, die es brauchen. Das wird auch der Zugang sein, den wir im Herbst und darüber hinaus anwenden wollen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Loacker. – Bitte sehr.
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Guten Morgen, Herr Finanzminister! Sie haben schon darauf hingewiesen, dass in den letzten Jahren bei den Beziehern niedriger Einkommen viel gemacht worden ist. Sie verdienen steuerfrei, sind von der Arbeitslosenversicherung befreit und bekommen Sozialversicherungsbeiträge rückerstattet.
Wenn nun aber jemand ein Bruttoeinkommen von 31 000 Euro und ein bisschen mehr erwirtschaftet, liegt der Grenzsteuersatz bei 42 Prozent. Das heißt eigentlich, wir besteuern jeden Facharbeiter, als ob er ein Großverdiener wäre. Daher meine Frage: Welche konkreten steuerlichen Maßnahmen sind für diese Facharbeiter vorgesehen, um auch im Bereich Facharbeitermangel steuerlich gegenzusteuern?
*****
Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 111/M, hat folgenden Wortlaut:
„Welche konkreten steuerlichen Reformen zur Entlastung von Leistungsträger_innen sind heuer noch geplant, um den massiven Facharbeitermangel, bei gleichzeitiger Rekordarbeitslosigkeit, entgegenzuwirken?“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Minister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Sie haben völlig recht. Aus unserer Sicht gehört im Bereich der Einkommen weiter entlastet. Deswegen wollen wir in dieser Legislaturperiode ja auch die zweite und dritte Stufe der Einkommensteuer reduzieren – wie wir es auch mit der ersten Einkommensteuerstufe gemacht haben –, um Anreize zu setzen, dass sich Arbeitengehen wirklich lohnt und auszahlt. Darüber hinaus, glaube ich, haben es sich die Menschen in diesem Land verdient, dass ihnen mehr zum Leben bleibt.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Wenn jetzt also der zitierte Facharbeiter mit den 31 000 Euro eine Gehaltserhöhung bekommt, dann bleibt ihm davon nicht einmal die Hälfte, weil er zuerst 18 Prozent Sozialversicherungsbeitrag zahlt und dann vom Rest noch 42 Prozent Steuern zahlen muss, also auf eine Gesamtbelastung von mehr als der Hälfte kommt.
Was würden Sie für richtig halten: Ab welcher Einkommensstufe sollte der Staat das Recht haben, zu mehr als der Hälfte in die Taschen der Bürger zu greifen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Ich glaube, wir haben ein etabliertes System, und das ist ein progressiv ausgestaltetes. Deswegen können wir auch sehr genau und treffsicher in den mittleren und unteren Einkommensbereichen dafür sorgen, dass die Menschen weiter entlastet werden. Wir haben das bereits getan. Ich würde einmal sagen, die untersten drei Einkommensteuerstufen sind wirklich welche, an denen zu drehen ist. Das ist die Breite der Bevölkerung, das ist der Mittelstand, das sind jene, die sehr knapp kalkulieren müssen. Ich glaube, da haben wir eine Verantwortung für die gesamte Bevölkerung, auch dafür zu sorgen, dass diesen Menschen mehr zum Leben bleibt. (Abg. Loacker: Danke!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 6. Anfrage stellt Abgeordneter Hanger. – Bitte sehr.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Kurz und bündig:
„Wie sehen Sie die Diskussionen zur Weiterentwicklung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Das ist aus meiner Sicht eine sehr heikle Debatte. Wir haben in Europa eine Situation, bei der de facto alle Länder im letzten Jahr sehr, sehr viel Geld für die Bekämpfung der Pandemie in die Hand genommen haben, was aus meiner Sicht auch richtig war. Das hat natürlich dazu geführt, dass sich bei gleichzeitig sinkenden Einnahmen die Staatsverschuldungen massiv erhöht haben. Das bewegt nun offensichtlich einige, dafür zu plädieren, dass man eigentlich nicht mehr darauf achten sollte, wie viel Schulden man wirklich hat. Nur: Das ist natürlich ein Fehler, denn nur weil alle mehr Schulden haben, heißt das nicht, dass Schulden auf einmal kein Problem mehr sind, es heißt nur, dass das Problem insgesamt größer geworden ist. Und man darf sich nicht darum herumdrücken.
Ich bin eher dafür, dass man beim Stabilitäts- und Wachstumspakt genauer hinsieht, an welchen Schrauben zu drehen ist, damit vielleicht auch die Sanktionen besser wirken können. Ich bin aber nicht dafür, dass man Schuldenregeln generell aussetzt, wie das manche wollen, denn das würde dazu führen, dass die Budgetdisziplin in vielen Ländern zu wünschen übrig lässt. Und was passiert, wenn die nächste Krise kommt? – Jetzt in Zeiten niedriger Zinsen können wir uns noch eine gute Staatsfinanzierung leisten. Das gilt im Übrigen auch für Länder, die sehr hoch verschuldet sind, wie Italien, Spanien, Griechenland oder auch Frankreich. Nur was, wenn das zu Ende ist? Was, wenn die Zinsen steigen – bei hohen Staatsverschuldungen? Dann bekämen diese Länder und
damit die gesamte Eurozone ein großes Problem. Deswegen bin ich weiterhin dafür, dass wir in wirtschaftlich guten Zeiten versuchen müssen, die Schuldenquoten zu reduzieren.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Finanzminister, Sie haben es erwähnt: Wir sind ja Gott sei Dank in der Lage, unsere Schulden aufgrund unserer hohen Bonität zu sehr günstigen Konditionen zu finanzieren. Wir gehören damit zu den besten Ländern in Europa. Ist zusätzlich auch geplant, dass wir EU-Anleihen aufnehmen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Also wenn diese einen Zinsvorteil für Österreich bedeuten würden, dann wäre ich sehr dafür. In den letzten drei Tagen – und wir monitoren täglich die diversen Yield Spreads für die Staatsanleihen im Vergleich zu Deutschland – war es aber so, dass die österreichischen Staatsanleihen besser notieren als die europäischen. Im Zehnjährigen-Vergleich beispielsweise waren die ganze letzte Phase, oder seitdem es europäische Anleihen gibt, Österreich und die Europäische Union sehr, sehr nahe beieinander mit Spreads von ein, zwei Basispunkten. In den letzten Tagen war Österreich sogar besser als die zehnjährigen europäischen Anleihen; das heißt, da gäbe es keinen finanziellen Vorteil für Österreich, auf europäische Anleihen umzusteigen. Falls es diesen einmal gäbe, würden wir natürlich auch das erwägen. Alles andere wäre absurd.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Frau Abgeordnete Rössler. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Herr Finanzminister! Nachhaltigkeit kann man in zweifacher Weise verstehen, also im Sinne von Verschuldung, aber auch im Sinne des Klimaschutzes. Meine Frage ist nun: Wenn es bereits eine beachtliche Investitionslücke in der Eurozone gibt, die wahrscheinlich durch die Klimakrise eher noch größer wird, wie könnte man diese beiden Faktoren im Sinne der Budgetregeln kombinieren? Es gibt Vorschläge für sozusagen eine grün-goldene Regel, dass man diese beiden Ziele verbinden kann. Wo sehen Sie da Spielraum im Budget?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Also ich glaube, dass der Staat in Übergangsphasen und Transformationsphasen natürlich Anschubfinanzierungen leisten soll. Mittel- und langfristig werden wir eine Transformation der gesamten Wirtschaft in Europa aber nur schaffen, wenn der Kapitalmarkt mit dabei ist. Das ist wohl der Bereich, der in Österreich noch zu wünschen übrig lässt.
Wir brauchen Risikokapitalgeber, auch um die grüne Transformation nachhaltig umsetzen zu können, um die Investitionslücke, von der Sie sprechen, schließen zu können. Der Staat kann nicht die gesamten Investitionsnotwendigkeiten auch im Risikobereich durchführen. Das wäre ein sorgloser Umgang mit Steuergeld. Deswegen: Ja, wir wollen die Anschubfinanzierung von staatlicher Seite machen. Ich glaube, das tun wir auch. Darüber hinaus braucht es aber private Kapitalgeber, um auch den letzten Schritt gehen zu können.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordnete Bayr. – Bitte.
Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Guten Morgen! Wir wissen alle, dass Konzerne weltweit viel zu wenig Steuern zahlen – auch aufgrund der Politik der ÖVP oder anderer Schwesterparteien, denen das Wohl der Reichen besonders am Herzen liegt. Jetzt ist es gelungen, auch aufgrund der Anstrengung von Sozialdemokraten, etwa der SPD, von Finanzminister Olaf Scholz, dass es einen Schritt hin zu einer globalen
Mindeststeuer von 15 Prozent für Konzerngewinne gibt. Wir wissen natürlich alle, dass 15 Prozent viel zu wenig sind. In Österreich etwa zahlen die ArbeitnehmerInnen 80 Prozent des Steueraufkommens und der Abgaben. Das ist ungerecht, das ist auch eine vollkommene Fehlverteilung im Steuersystem.
Meine Frage ist: Was werden Sie auf europäischer Ebene unternehmen, damit Konzerne mehr als 15 Prozent Steuern zahlen, damit ArbeitnehmerInnen entlastet werden können und das Steuersystem auch endlich gerecht werden kann? (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Österreich setzt sich ja seit Langem, spätestens seit der österreichischen Ratspräsidentschaft, für ein gerechtes Steuersystem im internationalen Vergleich, vor allem auch im digitalen Bereich, ein. Ich bin froh, dass es aufgrund der gemeinsamen Anstrengungen jetzt gelungen ist, auf zunächst G7-Ebene, aber dann auch auf Ebene der erweiterten Arbeitsgruppe, in der Österreich für die Europäische Union federführend mitverhandelt hat, eine Einigung auf eine globale Mindestkörperschaftsteuer zustande zu bringen. Ich bin sehr froh, dass das gelungen ist. Die Kommission wird ja im Herbst die ersten konkreten Umsetzungsdetails vorschlagen; ich bin schon sehr gespannt darauf.
Das ist aber nicht der einzige Aspekt. Der zweite Teil ist mindestens genauso wichtig, nämlich dass ein Teil der Gewinne, über einer Marge von 10 Prozent, auch dort anfällt und besteuert wird, wo sie entstehen. Das ist die sogenannte erste Säule in diesem Zweisäulenmodell. Das halte ich auch für sehr, sehr wesentlich, denn wir leben in einem digitalen Zeitalter.
Das heißt, dass digitale Großkonzerne, unabhängig vom Firmensitz natürlich, wirtschaften können, und das heißt, dass dort, wo die Gewinne anfallen und gemacht werden, auch entsprechend besteuert werden kann. Das ist ein wichtiger zweiter Schritt, der vor allem auch auf österreichische Initiativen zurückzuführen ist. Darauf bin ich sehr stolz.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 7. Anfrage stellt Frau Abgeordnete Yılmaz. – Bitte.
Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Finanzminister! Sie sind der erste Finanzminister, der bei der Fragestellung meiner Kollegin Greiner derart zynisch gesagt hat, dass die Steuersenkung eben nur den Reichen und Millionären zusteht. Das ist bemerkenswert. (Beifall bei der SPÖ.) Aber nichtsdestotrotz: Die Bewältigung der Pandemie hat Milliarden gekostet. Die wesentliche Frage für die kommenden Jahre ist nach wie vor: Wer zahlt die Krise? Heute zahlen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Pensionistinnen und Pensionisten über 80 Prozent der Steuern und Abgaben. Die Vermögenden, Milliardäre und Multimillionäre zahlen fast keine Steuern und Abgaben. Das ist ungerecht.
„Werden Sie in Österreich endlich einen gerechten Beitrag der Multimillionäre und Milliardäre durch die Einführung einer Millionärssteuer sicherstellen?“
(Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Auch da habe ich wieder das Gefühl: Aufgrund der vielen Maßnahmen, die wir gesetzt haben, gerät einiges in Vergessenheit. Die Antwort, die ich vor einigen Minuten gegeben habe, hat ja vor allem
darauf abgezielt, dass die untersten Lohn- und Einkommensteuerstufen gesenkt werden. Wir haben die erste bereits reduziert. Dass es der SPÖ immer um die Frage geht, wie man Steuern erhöhen kann, das ist jetzt auch nichts Neues. Ich bin aber nicht dafür, dass wir in der Bewältigung der Krise den Menschen jetzt zusätzlich etwas wegnehmen. Ich bin der Meinung, dass die Menschen in Österreich schon sehr viel Steuern zahlen. Deswegen bin ich dafür, dass wir die Steuer- und Abgabenquote Schritt für Schritt reduzieren.
Wie finanzieren wir die Notwendigkeiten, die wir in der Krise gehabt haben? – Aus meiner Sicht über eine gute Standort- und Wirtschaftspolitik. Das heißt, wir brauchen Menschen, die hier investieren, die in diesem Land Risiko auf sich nehmen, die Arbeitsplätze schaffen, denn das schafft gute Arbeitsplätze, das schafft gute Einkommen und das schafft auch Steuereinnahmen.
Wir haben es gesehen: Seit der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise haben wir einen Höhepunkt der Staatsverschuldung bei rund 84 Prozent im Jahr 2015 gehabt. Wir haben es geschafft, dass wir die Staatsverschuldung Richtung 70 Prozent im Jahr 2019 gedrückt haben, ohne dass wir auf Ihre Vorschläge eingegangen sind, die Steuern zu erhöhen, sondern indem wir gesagt haben, wir wollen die Steuern senken, gerade für arbeitende Menschen, gerade für Familien. Und das hat sich ausgezahlt, denn das hat die Kaufkraft gestärkt, das hat den Konsum angekurbelt und das hat letztlich dazu geführt, dass auch die Schulden gesunken sind.
Das ist auch der Weg für die Zukunft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte.
Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Es gibt also keine Maßnahmen, die die Millionäre und Milliardäre betreffen werden, und nach wie vor werden ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen 80 Prozent der Steuern und Abgaben leisten – stimmt das?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Auch da habe ich das Gefühl, dass viele Maßnahmen in Vergessenheit geraten sind. (Zwischenruf der Abg. Greiner.) Wir haben beispielsweise den Spitzensteuersatz für Millionäre – über 55 Prozent – in dieser Bundesregierung gemeinsam verlängert, das ist also eine sehr, sehr relevante Maßnahme in diesem Bereich. Ich nehme aber zur Kenntnis, dass die SPÖ weiter Steuern erhöhen will (Abg. Yılmaz: Für Millionäre!), aber das ist jetzt keine rasend neue Erkenntnis. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur nächsten Anfrage, jener des Abgeordneten Deimek. – Bitte.
Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Ich stelle mit Freude fest, Sie wollen Steuern senken oder daran festhalten. Reden wir aber davon, was in Wirklichkeit im Parlament beschlossen wurde, denn seit 1. Juli ist die Erhöhung der NoVA in Kraft. Sie beträgt in Prozenten je nach Fahrzeug bis zu 500 Prozent, und sie bewirkt vor allem eine Verteuerung bei Familienfahrzeugen mit bis zu sieben Sitzen, wie dem Sharan Family, oder auch bei Firmenfahrzeugen, Klein-Lkws, Pritschenfahrzeugen und Ähnlichem, mit denen die Unternehmen auf die Baustellen fahren, Betriebe servicieren, interne Logistik betreiben.
Die sind also davon betroffen, und deswegen hat ja die Wirtschaftskammer, konkret die Bundessparte Gewerbe und Handwerk, mit ungefähr 1,8 Millionen Euro mehr Steuern gerechnet und spricht – ich zitiere – von einem „Angriff auf [...] Klein- und Mittelbetriebe“.
Darum hat auch der steirische Wirtschaftsbund, wie Sie sicher wissen, eine Petition dagegen aufgelegt.
Meine konkrete Frage lautet: Wann werden Sie, wie von der Wirtschaftskammer gefordert, die mit 1.7. in Kraft getretene NoVA-Reform zurücknehmen, oder werden Sie die Kammer im Regen stehen lassen?
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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 106/M, hat folgenden Wortlaut:
„Wann werden Sie – wie von der Wirtschaftskammer gefordert – die mit 1.7.2021 eingeführte exorbitante Erhöhung der Nova zurücknehmen?“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Zunächst einmal freue ich mich sehr, dass Sie Vorschläge der Wirtschaftskammer ernst nehmen. (Abg. Deimek: Immer!) Ich finde, die machen eine ausgezeichnete Interessenvertretung im Sinne der österreichischen Unternehmen. Faktum ist aber, dass wir auch Maßnahmen gesetzt haben, die Steuerbemessungsgrundlage gerade für diese Unternehmen bei Investitionen zu reduzieren, und das heißt natürlich auch: Je höherpreisig das Gut ist, das ich anschaffe, desto mehr kann ich auch meine Steuerbemessungsgrundlage reduzieren.
Wir alle wissen, dass die degressive Abschreibung in den letzten Jahrzehnten eine lang diskutierte Forderung unter anderem auch der Wirtschaftskammer war, weil sie massiv dazu beiträgt, Investitionsanreize zu setzen, und flexibel genug ist, um auch die Steuerbemessungsgrundlage der Unternehmen so zu reduzieren, wie es eben den Unternehmen entspricht. Ich glaube, in der Kombination mit einer Nachhaltigkeitsmaßnahme, die wir in Zukunft auch weiterführen wollen, und einer Steuerreduktionsmaßnahme ist es eine wirkungsvolle Umsetzung für den österreichischen Standort.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Wenn wir uns jetzt die Verwendung der Steuermittel ansehen: Wir haben die NoVA erhöht, die motorbezogene Versicherungssteuer wird erhöht, die MÖSt ist in Planung und so weiter. Auf der Verwendungsseite hören wir gerade: Frau Bundesministerin Gewessler von den Grünen hat für ungefähr ein halbes Jahr eine sogenannte Evaluierung geplant, das heißt, das Bundesstraßenbauprogramm wird um mindestens ein halbes Jahr verzögert. In diesem halben Jahr werden die Kosten sicher mehr, wir kennen die Baukostenerhöhung der letzten Zeit.
Was werden Sie machen, damit die in der Zwischenzeit mehr oder weniger zweckgewidmeten – nicht dem Gesetz nach zweckgewidmeten – Mittel wirkungsvoll eingesetzt werden, damit wir auf der anderen Seite – sozusagen auf der Straßenbauseite – in der Zwischenzeit nicht unheimlich viel Zeit und Geld verlieren?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Ich glaube, das wäre eine konkrete Frage an meine Kollegin, denn das bezieht sich nicht auf den Vollziehungsbereich des Finanzministeriums. Ganz generell darf ich auf Ihre Frage aber so antworten: Ja, wir werden natürlich weiter Schritte gehen, um in Österreich die nachhaltige Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft zu vollziehen.
CO2 wird ab 2022 einen Preis bekommen. Wir wollen aber gleichzeitig Maßnahmen setzen, die den Standort nach vorne bringen. Dass wir in den verschiedensten Bereichen viele Investitionen vornehmen – unter anderem im Infrastrukturbereich mehr als jemals zuvor –, das ist völlig richtig. Prinzipiell habe ich nichts gegen eine Evaluierung von bestehenden oder angedachten Projekten. Ich glaube auch, dass die Evaluierung zum Ergebnis kommen wird, dass gerade die in Rede stehenden Themen sehr, sehr wichtig für die Infrastruktur für die gesamte Ostregion, aber auch darüber hinaus sind – und deswegen bin ich guten Mutes, dass diese Projekte auch umgesetzt werden können.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Bernhard. – Bitte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Guten Morgen, Herr Finanzminister! Wir bleiben gleich bei der NoVA-Reform: Wie Sie wissen, habe ich dem Budgetdienst des Nationalrates die Frage gestellt, wie er die NoVA-Novelle beurteilt. Das Ergebnis der umfassenden Beantwortung war, dass kurzfristig aus ökologischer Sicht sehr geringe Lenkungseffekte und mittelfristig geringe, also jedenfalls keine bedeutenden Effekte eintreten, es aber zu Mehreinnahmen kommt.
Zentrale Frage: Die Ökologisierung des Steuersystems und auch des Abgabensystems muss ja darauf aufbauen, dass Sie das, was Sie durch die Ökologisierung mehr einnehmen, auf der anderen Seite wiederum den Menschen zurückgeben, damit auch wirklich eine Lenkung und nicht nur eine Erhöhung der Abgabenlast stattfindet. Die NoVA-Novelle war kein gutes Beispiel dafür. Wie können Sie als Finanzminister in Zukunft sicherstellen, dass da die Balance gehalten wird? Welche Maßnahmen planen Sie zur Ökologisierung des Steuer- und Abgabensystems ganz konkret?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Zunächst: Wenn Sie die Maßnahmen der letzten eineinhalb Jahre aufaddieren, sehen Sie, dass wir natürlich ein Vielfaches von dem zurückgegeben haben, was auch an Steuereinnahmen lukriert worden ist. Sie haben völlig recht: Bei der NoVA, bei der Flugticketabgabe und in anderen Bereichen hat es Erhöhungen gegeben. Das ist auch Teil des Regierungsprogramms, zu dem stehen wir auch. Ich glaube, es sind wichtige, kleine Teilschritte auf dem Weg hin zu einer Umsteuerung im Sinne der Nachhaltigkeit in Österreich. Wir haben aber ein Vielfaches davon durch Steuersenkungen im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer und beispielsweise der degressiven Abschreibung zurückgegeben. Das ist auch genau der Weg, den wir weiter gehen wollen.
Ja, ich habe es heute schon mehrere Male gesagt: CO2 wird ab 2022 einen Preis bekommen. Der wird sukzessive ansteigen, um auch in marktwirtschaftlicher Hinsicht eine Preisbildung zu ermöglichen, wodurch man sich darauf einstellen kann, dass man Schritt für Schritt auf andere, in Bezug auf CO2-Emissionen weniger intensive Technologien umsteigen soll. Gleichzeitig wollen wir aber in vielen Bereichen einerseits durch Direktförderungen, andererseits auch durch steuerliche Anreize Investitionsschritte ermöglichen. Ich glaube, die Kombination wird sich auch im Sinne des österreichischen Standortes, der uns gemeinsam am Herzen liegt, wirklich sehen lassen können.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage: Abgeordneter Weratschnig. – Bitte.
Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Intention der neuen NoVA-Sätze ist ja vor allem, die CO2-Ziele zu erreichen und auch für die Republik drohende Zertifikatskäufe
zu vermeiden. Andererseits ist der Lenkungseffekt, glaube ich, auch schon bei den Förderanreizen, was E-Autos betrifft, gegeben. Wir sehen das: Im März und im April gibt es bei den Neuzulassungen ein Plus von bis zu 10 Prozent. Immer mehr Menschen profitieren also von der NoVA-Befreiung und der Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer bei der Anschaffung von E-Fahrzeugen.
Konkrete Frage: Werden diese Anreize bei den E-Autos ab 2022 weiterhin bestehen bleiben und kann der NoVA-Ausfall durch diese Förderanreize bei den E-Autos für das laufende Jahr beziffert werden?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Minister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Zunächst einmal: Natürlich werden wir Förderschienen, mit denen wir erreichen können, dass Menschen incentiviert werden, auf klimafreundliche Technologien umzusteigen, weiter fortsetzen – in den verschiedensten Bereichen. Beispielsweise ist der Ölkesseltausch eine der wesentlichen Maßnahmen, mit der wir CO2-Emissionen reduzieren können, und zwar nachhaltig und langfristig.
Festzustellen, wie man jetzt den Steuerausfall beziffern würde, ist vielleicht ein bisschen schwierig, weil man dann genau gegenüberstellen müsste, welches Auto man gekauft hätte, wenn es die neue NoVA oder die Förderung für Elektrofahrzeuge nicht gegeben hätte, und wie viel die NoVA betragen hätte. Insofern ist das eine etwas schwierige Rechnung. Ich glaube aber, die Neuzulassungszahlen bei Fahrzeugen, die einen Antriebsmotor mit reduzierten CO2-Emissionen haben, lassen sich sehen. Die steigen nach wie vor, und das heißt, glaube ich, wir sind da am richtigen Weg.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Schwarz. – Bitte sehr.
Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Finanzminister! Ich hätte eine Frage zu Green Finance im weiteren Sinne und speziell zu den Green Bonds, zu den grünen Anleihen. Da könnte man sich ja fragen: Warum sollte man auf der Mittelaufbringungsseite auch noch irgendeine Zweckwidmung durchführen? Man kann das ja auf der Mittelverwendungsseite über das Regierungsprogramm und so weiter festlegen.
Ich bin aber der Meinung: Gerade wenn man Schulden macht, sollte man gute Gründe dafür haben. Zukünftige Generationen profitieren davon, wenn man das Geld zum Beispiel speziell für Investitionen in den Klimaschutz aufnimmt, und sie sind dann auch nicht beleidigt, wenn sie Schulden zurückzahlen müssen, Zinsen zahlen müssen, wenn es ihnen nützt. Insofern ist das für mich ein wichtiges Thema.
Man sieht jetzt, dass zum Beispiel in Deutschland und in Dänemark diese grünen Anleihen bisher relativ erfolgreich sind. Es gibt auch andere Länder, wo sie schon zum Einsatz gebracht werden. Ich wollte fragen – jetzt, da es auch die EU-Verordnung gibt –, wie der Zeitplan für Österreich diesbezüglich ungefähr ausschaut.
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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 117/M, hat folgenden Wortlaut:
„Während andere Staaten wie Deutschland und Dänemark bereits Green Bonds ausgeben – mit laut Medienberichten erheblicher Nachfrage – hat sich eine Ausgabe von
Green Bonds in Österreich verzögert. Gibt es inzwischen einen Zeitplan für eine Umsetzung?“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Zunächst einmal: Wir arbeiten im Finanzministerium seit einigen Monaten an der Auflegung und Emission von Green Bonds. Am Dienstag dieser Woche, also vor zwei Tagen, hat die Kommission die konkrete Richtlinie mit der exakten Taxonomie für eben sogenannte Green Bonds herausgebracht, damit es kein Greenwashing gibt, sondern damit das wirklich Finanzierungen von Projekten sind, die im Nachhaltigkeitsbereich anzusiedeln sind.
Im Vorfeld habe ich mir auch einige Gedanken darüber gemacht und mir angesehen, welche Länder bereits Sovereign Green Bonds emittieren und welchen Zinsvorteil sie daraus lukrieren. Und das ist aus meiner Sicht schon eine wesentliche Frage dabei, denn am Ende des Tages, glaube ich, haben wir nichts davon, wenn wir höhere Zinsen zahlen, nur weil das Ganze ein anderes Mascherl hat. Da wäre es besser, wir schauen, dass wir möglichst viel an Zinsvorteilen erhalten und das dann entsprechend gut investieren.
Die Einzigen, bei denen der Zinsvorteil nachvollziehbar ist, sind derzeit die Deutschen, die haben einige Basispunkte Unterschied. Dort gibt es den Vergleich, denn sie emittieren die Green Bonds mit denselben Laufzeiten wie die normalen Staatsemissionen. Das machen andere Länder nicht. Es gibt atypische Laufzeiten, angeblich auch um die Vergleichbarkeit geringer zu halten, weil die Zinsvorteile nicht entsprechend sind.
Aber ja, wir wollen das tun – und vor allem, wenn es einen Zinsvorteil für Österreich bringt. Wir haben jetzt mit der entsprechenden Richtlinie der Kommission auch die Möglichkeiten, genau zu sortieren, in welchen Bereichen wir nachschärfen müssen.
Generell ist aber zu sagen, dass österreichische Staatsanleihen bereits in vielen grünen Portfolios zu finden sind, weil wir in Österreich die Mittelaufbringung für die Verwendung von sehr, sehr nachhaltigen Investitionen bereits tätigen. Das macht die Evaluierung noch ein Stück schwieriger, weil wir schon so weit sind. Andere Staaten haben es vielleicht leichter, wenn sie Kohlekraftwerke haben et cetera. In Österreich gibt es das alles zum Glück nicht mehr, und deswegen sind wir bereits sehr, sehr nachhaltig in den Ratings für die staatlichen Emissionen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Es ging eh schon ein bisschen in die Richtung, nämlich: Es gibt sie ja nicht nur in Deutschland und Dänemark, wo das eher gut läuft – ich weiß nicht, Dänemark wird wahrscheinlich auch einen Zinsvorteil daraus generieren, andere Staaten weniger. Diesen Unterschied haben Sie schon angesprochen, aber haben Sie auch sonst irgendwelche Lehren aus den Unterschieden bei den verschiedenen grünen Anleihen, die es in europäischen Staaten schon gibt, gezogen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Ja, wir evaluieren das regelmäßig. Dänemark hat noch nicht emittiert; mein Wissensstand ist, sie wollen in diesem Jahr noch emittieren. Aus meiner Sicht könnten wir das Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres auch tun, aber da müssen wir uns die Preisbildung genau ansehen. Das ist einiges an administrativem Aufwand. Wir brauchen ein regelmäßiges Reportingsystem, wir brauchen eine externe Evaluierung – das alles tun wir. Und wenn
die Märkte einen Zinsvorteil hergeben würden, dann werden wir das natürlich machen, denn alles andere wäre absurd. Es wäre absurd, wenn Österreich einen Zinsvorteil gerade im Nachhaltigkeitsbereich nicht nutzen würde.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Baumgartner. – Bitte.
Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Finanzminister! Sie haben eben die nachhaltigen Ratingagenturen angesprochen. Wie bewerten diese die Republik?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr, sehr gut. Wir haben in vielen weltweiten Rankings, die über 100 Staaten in die Evaluierung aufnehmen, sehr, sehr gute Platzierungen, teilweise unter den Top Ten, und das heißt natürlich, dass wir bereits jetzt in vielen Anlageportfolios, die auf Nachhaltigkeit Wert legen, mit unseren staatlichen Anleihen vorkommen. Das macht es für uns einerseits sehr, sehr leicht, auch unsere Anleihen am Markt zu platzieren. Die letzte Anleihe, die wir emittiert haben, war doppelt überzeichnet. Das heißt, daran sieht man, dass wir auch einen nachhaltig guten Ruf auf den Märkten haben.
Wir haben ja generell einen Zinsvorteil im Vergleich zu vor zehn Jahren. Der gesamte Zinsendienst der Republik beträgt momentan, ich glaube, rund 3,7 Milliarden Euro. Vor etwa zehn Jahren waren es 6 Milliarden Euro, und das, obwohl wir jetzt einen höheren Schuldenstand haben – absolut und relativ zum BIP – als davor.
Das heißt, wir sind da in einem sehr, sehr guten Fahrwasser mit einer sehr nachhaltigen Verschuldungsstrategie, und das macht es einerseits nicht leichter, grüne Anleihen zu emittieren, aber umso spannender, vor allem wenn sich dadurch noch ein Zinsvorteil ergibt.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte.
Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Vielleicht kurz zur Einführung zu meiner folgenden Frage: Es gibt jetzt von der Kommission wieder einen neuen GDP-Level-Vergleich zum Quartal 4 2019, wonach Österreich entgegen den Aussagen der österreichischen Bundesregierung an fünftletzter Stelle liegt. Also das zeigt sehr stark, dass wir im letzten Drittel sind, was die BIP-Entwicklung der letzten zwei Jahre, wenn man sich das im gesamten Bereich anschaut, betrifft.
Das heißt, ich würde darum bitten, dass man hier ein bisschen differenzierter sozusagen mit den großen Zahlen, die die Wirtschaft und das Land und die Republik beschäftigen, umgeht, wenn ich von den Kollegen von der ÖVP als Einziges höre, dass Österreich ja viel toller ist und sich alles so toll entwickelt. Ich würde hier ein bisschen um Differenzierung bei Ihren Aussagen bitten. Ja, es ist ganz wichtig, dass wir uns gut aus dieser Krise herausbewegen, aber ich denke, man muss einfach auch die Zahlen so anschauen, wie sie sind, und die sind ja hier sehr klar.
Deswegen, basierend auch darauf, wie wir eben aus dieser Krise wieder herauskommen, herausgehen und neu starten wollen, würde mich interessieren – in Ihrer Fraktion ist es schon ein paar Mal angesprochen worden –, ob wir jetzt sehr schnell und sehr rasch in eine Evaluierung der Wirtschaftshilfen gehen sollten, weil wir natürlich wissen müssen, wie effizient diese einzelnen Tools eben waren beziehungsweise was wir daraus gelernt haben.
Dazu wäre meine Frage: Wann genau soll denn das starten, und wie stellen Sie sich das vor – weil man ja vor allem auch unabhängige ExpertInnen gemeinsam mit dem Finanzministerium evaluieren lassen möchte?
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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 112/M, hat folgenden Wortlaut:
„Wie genau soll die Treffsicherheit und Effizienz von Covid-Wirtschaftshilfen von unabhängigen Expert_innen, gemeinsam mit dem Finanzministerium, evaluiert werden?“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Zunächst zu den Wachstumsprognosen: Mich würde sehr interessieren, von wann genau diese Prognose ist, denn die ändern sich de facto täglich. Wir haben mittlerweile die Situation, dass wir von der Statistik Österreich wissen, dass der Wachstumseinbruch in Österreich im letzten Jahr mit 6,3 Prozent unter dem Schnitt in der Eurozone war, und das hat lange als etwas gegolten, was nicht stimmt. Jetzt haben wir es schwarz auf weiß. Das heißt, täglich ändern sich auch da die Bewertungen.
Ich habe mich ein wenig darüber geärgert – weil Sie gesagt haben: undifferenzierte Behandlung von Prognosen –, als im vierten Quartal letzten Jahres der Einbruch vom vierten Quartal gegenüber dem dritten Quartal letzten Jahres herangezogen worden ist, und das nicht einmal von allen Ländern, ohne dass eine Differenzierung in der volkswirtschaftlichen Auswirkung durch die Coronakrise vorgenommen worden ist. Wir wissen ganz genau, Österreich ist ein Tourismus- und Freizeitland, 15 Prozent des BIPs werden in diesem Bereich erwirtschaftet. Jeder zweite Wintersporturlaub findet in Österreich statt, das heißt, 50 Prozent aller Wintersporturlaube in Europa finden in der Wintersaison bei uns statt. Wenn die ausfällt und gleichzeitig das dritte Quartal im touristischen Bereich ein sehr, sehr gutes war, ist natürlich klar, dass der Vergleich massiv hinken muss. Und wenn das jetzt ein ähnlicher ist, dann würde ich sagen, schauen wir uns den genauer an.
Faktum ist, dass die Wirtschaftsforschungsinstitute – alle, nicht nur das Wifo – und auch die Kommission die Prognosen für Österreich in den letzten Tagen massiv erhöht haben. Gestern, glaube ich, hat die Kommission 3,8 Prozent für heuer, 4,5 Prozent für nächstes Jahr bekannt gegeben. Also da würde ich gerne am Ende des Tages im Nachhinein über die Fakten sprechen und nicht über Prognosen, die jetzt schwer zu verifizieren sind.
Darüber hinaus zur Frage der Wirtschaftshilfen und der Evaluierung: Nun, wir tun das natürlich ständig. Wir sind in Kontakt mit den Experten des Wifo, mit anderen Experten und natürlich auch in Diskussion hier im Hohen Haus. Wir haben im letzten Jahr die Wirtschaftshilfen regelmäßig adaptiert, auch nach Anregungen von Ihrer Fraktion und anderen. Das heißt, hier wird eine ständige Beobachtung gemacht, und sie laufen ja zum Teil auch aus.
Wenn ich Ihnen eine Maßnahme nennen darf, die aus unserer Sicht belegt, wie treffsicher sie mittlerweile ist, dann sind das die Steuerstundungen und die Art und Weise, wie wir auch die Ratenrückzahlungsmodelle aufgesetzt haben. Wir haben ja insgesamt über 5 Milliarden Euro an Steuervolumen gestundet oder herabgesetzt – aufgrund der Coronakrise war das auch notwendig, um Liquidität in den Unternehmen zu halten. Wir haben diese Steuerstundungsmöglichkeiten Mitte, Ende Juni auslaufen lassen, gleichzeitig
aber eine sehr lange und sehr großzügige Ratenzahlungsvereinbarung möglich gemacht; plus einer Safetycarphase für die ersten drei Monate.
Wir haben insgesamt über 330 000 Bescheide an natürliche und juristische Personen ausgeschickt, die Steuerstundungen beantragt haben, um zu fragen, wer denn diese Ratenzahlung in Anspruch nehmen möchte. Das Ergebnis war, dass nur rund 10 Prozent von dieser Ratenzahlung Gebrauch gemacht haben. Wir haben auch mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut gesprochen und gefragt, wie viel Prozent der Unternehmen ungefähr aufgrund der Krise derzeit noch Liquiditätsschwierigkeiten haben könnten, und dort kommt man auf einen sehr ähnlichen Wert: rund 10 Prozent.
Das heißt – das ist jetzt eine Korrelation, keine Kausalität, aber ich würde das einmal so sagen –, der Verdacht liegt nahe, dass das eine sehr treffsichere Maßnahme ist, die genau den Unternehmen unter die Arme greift, die es noch brauchen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Zuerst vielleicht noch einmal eine Klarstellung: Ich habe hier nicht von einer Prognose gesprochen, sondern vom Zeitraum der letzten acht Quartale, in dem die Kommission sich das BIP genau angesehen hat. Das heißt, es war keine Prognose, sondern das sind die Fakten, und die belegen, dass wir im letzten Drittel sind, was die BIP-Entwicklung innerhalb der letzten zwei Jahre betrifft. Das heißt, mir wäre einfach nur wichtig – das meine ich auch mit Differenziertheit –, diese Fakten schlicht und einfach auch Fakten sein zu lassen und sich eben genau nicht auf das zu beziehen, was Sie gerade gesagt haben, nämlich dass sich das täglich ändert, denn das ist ja ganz klar. Faktum ist also, was in den letzten zwei Jahren passiert ist. Das war die Differenziertheit, die ich mir wünschen würde.
Vielleicht eine Nachfrage konkret zu den Evaluierungen: Sie haben die Steuerstundungen angesprochen, diese waren sicher ein gutes Mittel. Was uns aber abgeht oder was wir uns wünschen würden, wäre, dass man jetzt im Nachhinein eben alle Mittel nebeneinanderstellt, sie genau evaluiert und dann sagt, was bei einer nächsten Krise wirklich wieder Sinn macht, die ja de facto durchaus kommen kann, auch wenn wir uns alle wünschen, dass das nicht passieren wird.
Ganz konkret zu den Steuerstundungen – wir haben das ja öfter diskutiert –: Das war uns zu breit, das war uns nicht zielgerichtet genug. Das heißt, unser Blick wäre ja schon darauf gerichtet, dass man sagt, man muss in Zukunft einfach ganz zielgerichtet auch gewissen Branchen helfen können.
Deswegen nochmals meine Fragen: Wird es eine gesamtheitliche Evaluierung geben, die dann natürlich auch mit dem Nationalrat geteilt werden wird? Wer ist da dabei? Vielleicht sogar der Budgetdienst? Und wie können wir das dann auch parlamentarisch sozusagen kontrollieren? – Vielen Dank.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Zunächst noch zur Frage der Ergebnisse, der Wirtschaftsdaten: Es würde mich trotzdem interessieren, ob das alle Länder im Vergleich sind, ob Rücksicht auf die wirtschaftliche Zusammensetzung und auf die Betroffenheit von Corona genommen wird, denn wir wissen beide – Sie können das Sepp Schellhorn jetzt nicht mehr fragen, aber er wird Ihnen das auch sagen können –, dass Österreich ein sehr touristisch geprägtes Land ist und dass diese Länder natürlich – vor allem in den Bereichen, in denen sehr enger persönlicher Kontakt notwendig ist, im Dienstleistungsbereich, im touristischen Bereich – durch die Coronakrise härter getroffen sind als andere. Dennoch hat Österreich einen unterdurchschnittlichen Wirtschaftseinbruch im Vergleich zur Eurozone gehabt, und das lässt sich natürlich auch auf die Maßnahmen im Wirtschaftsbereich zurückführen.
Zur Frage der Evaluierung: Ja, es gibt die regelmäßigen Berichte, die wir ständig – auch nach Anregungen aus dem Hohen Haus – verfeinern. Ich glaube, im Nachhinein wird man feststellen, dass wir in einigen Bereichen sehr, sehr rasch die richtigen Maßnahmen gesetzt haben, aber natürlich nehme ich gar nicht in Anspruch, dass man am Beginn einer noch nie da gewesenen Krise alles richtig machen kann. Auch seitens der Europäischen Kommission sind viele Möglichkeiten erst im Nachhinein entstanden. Ich kann mich daran erinnern: Die zu 100 Prozent garantierten Kredite, die die Schweiz sofort aufgelegt hat, waren aus wettbewerbsrechtlicher Sicht innerhalb der Eurozone gar nicht möglich. Darüber hinaus war der Verlustersatz, der, glaube ich, eine sehr langfristige und vielleicht auch für die nächste Krise wirksame Maßnahme sein kann, ein Rechenmodell, das erst im November letzten Jahres von der Kommission präsentiert worden ist.
Also ja, ich glaube, wir haben alle viel daraus gelernt. Das wird natürlich dazu beitragen, dass die nächste Krise – hoffentlich kommt sie nicht so bald! – sicherlich adäquater und schneller bewältigt werden kann als die letzte.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Kaufmann. – Bitte sehr.
Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Guten Morgen, Herr Minister! Die Wirtschaftshilfen sind und waren richtig und wichtig für die Unternehmerinnen und Unternehmer. Meine Nachfrage: Wie kann sichergestellt werden, dass sogenannte Zombieunternehmen nicht unterstützt werden?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Das ist eine breite und wichtige Diskussion, dass Produktionsmittel natürlich am besten dort einzusetzen sind, wo sie auch die höchste Produktivität bewirken. Wir haben eine Debatte über die Frage geführt, warum die Produktivität in vielen Industrieländern in den letzten Jahren zu wünschen übrig gelassen hat. Ein mögliches Erklärungsmodell sind die sehr, sehr niedrigen Zinsen, und dadurch rechnen sich natürlich auch Geschäftsmodelle, die sehr geringe Margen haben.
Natürlich stellt sich auch im Bereich der Wirtschaftshilfen in einer Krise die Frage, wie man diese aufsetzt, damit sie dort ankommen, wo sie auch wirklich gebraucht werden. Wir haben möglichst alles dafür getan, um das sicherzustellen. Wir haben in den Richtlinien für alle Hilfen darauf Wert gelegt, dass sie nur den Unternehmen gewährt werden, die vor dem 31.12.2019 ein funktionierendes Geschäftsmodell gehabt haben und eben nicht in den Insolvenzbereich gefallen sind. Das ist, glaube ich, auch nach Sicht der Europäischen Union und Kommission eine adäquate Einschränkung gewesen.
Kann man in jeder Hinsicht ausschließen, dass man das eine oder andere Unternehmen – unter Anführungszeichen – „zu viel“ gerettet hat? – Nein, kann man natürlich nicht. Ich glaube aber, das war eine Abwägung, über die eine gute und wichtige Entscheidung getroffen worden ist, denn – ich habe das schon im letzten Jahr gesagt – mir ist es lieber, wir retten das eine oder andere Unternehmen, das vielleicht nicht mehr wirtschaftlich überlebensfähig ist, zu viel, als ein Unternehmen, das eigentlich ein gut funktionierendes Wirtschaftsmodell hat, zu wenig.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Haubner. – Bitte sehr.
Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Ja, die Unternehmen haben eine schwere Zeit hinter sich, aber die Unterstützungsleistungen,
die hier erbracht wurden, wurden von den Unternehmen geschätzt. Vor allem die Kurzarbeit war ja auch eine wichtige Maßnahme, um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Beschäftigung zu halten. Das ganze Paket, denke ich, war ein guter Mix, um die Unternehmen, ob groß oder klein, durch diese Krise zu begleiten.
Jetzt ist es so, dass einige Hilfen auslaufen, so sind zum Beispiel die Steuerstundungen mit 30. Juni ausgelaufen. Was tun Sie jetzt, Herr Bundesminister, um die Unternehmen weiter zu unterstützen?
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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 109/M, hat folgenden Wortlaut:
„Die Steuerstundungen sind mit 30. Juni ausgelaufen – was tun Sie, um die Unternehmen weiter zu unterstützen?“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Vielen Dank für die Frage. Zunächst möchte ich mich bei den österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmern für das Durchhalten in dieser sehr, sehr schwierigen Zeit bedanken. Ich glaube, sie haben es sich verdient, dass der Staat hilft, wenn es schwierig wird. Das ist auch mein Verständnis davon, was der Staat tun soll, und ich hoffe, wir haben das auch in adäquater Weise gemacht.
Die Steuerstundungen waren eine der ersten und auch sehr breit akzeptierten Hilfsmaßnahmen, um Liquidität im Unternehmen zu behalten. Insgesamt lag das Stundungsvolumen bei weit über 5 Milliarden Euro; da geht es um Vorauszahlungsherabsetzungen genauso wie um generelle Stundungen.
Wir haben auch das Ratenzahlungsmodell so gestaltet, dass es jetzt nach Covid vor allem für jene Unternehmen, die über 50 Prozent der Rückstände durch Covid aufgebaut haben, ein sehr, sehr großzügiges, langfristiges ist. Im Normalfall ist ja die Rückzahlungsmöglichkeit nur ein Jahr bei einem 4-Prozent-Aufschlag auf den Basiszinssatz. Wir haben die Möglichkeit der Rückzahlung bei lediglich 2 Prozent Aufschlag auf den Basiszinssatz auf insgesamt drei Jahre verlängert.
Wir haben jetzt auch die ersten Zahlen dazu, wie viele Unternehmen das beansprucht haben: 335 000 Bescheide sind ausgesandt worden und 31 000 Unternehmen haben das in Anspruch genommen, das heißt, eine relativ geringe Zahl, würde ich einmal sagen, was sehr, sehr erfreulich ist. Wir sehen aber, dass das Volumen, das diese Unternehmen gestundet haben, doch relativ hoch ist, nämlich über 800 Millionen Euro. Das heißt natürlich, dass in manchen Branchen auch die Flaggschiffe noch ein großes Problem haben – im Städtetourismus beispielsweise, im Kongresstourismus –, und deswegen, glaube ich, ist es wichtig und gut, dass wir diese flexible Variante gewählt haben und darüber hinaus die Maßnahmen in anderen Bereichen, wie Härtefallfonds oder Ausfallsbonus, noch einmal verlängert haben. (Abg. Haubner: Danke vielmals!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage?
Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Meine Zusatzfrage hat der Herr Bundesminister schon beantwortet. Ich wollte wissen, wie viele Unternehmer die Ratenzahlungen in Anspruch genommen haben. – Danke, Herr Bundesminister.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Dann stellt Abgeordneter Schrangl eine Zusatzfrage. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Finanzminister! Die Wohnkosten steigen immer mehr, Experten warnen uns davor. Bei der Frage des Kollegen Shetty haben Sie auch bejaht, dass vor allem Junge und junge Familien darunter leiden. Auch ÖVP-Bundeskanzler Kurz hat das erkannt und im Wahlkampf 2019 meine Forderung – eine gemeinsame Forderung aus dem türkis-blauen Regierungsprogramm – übernommen: Die Steuer auf das erste Eigenheim sollte bis zu 20 000 Euro erlassen werden.
Neben dem gemeinnützigen Wohnbau, der auch unter Türkis-Blau nachhaltig abgesichert wurde, sind Eigentumswohnungen die beste Möglichkeit, um die steigenden Wohnkosten abzufedern. Der Bundeskanzler hat jetzt erneut Steuerentlastungen angekündigt, deswegen wollte ich Sie Folgendes fragen: Können junge Menschen, können junge Familien hinsichtlich der Steuerentlastung bei Grunderwerbsteuer und Eintragungsgebühr auf Sie zählen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Vielen Dank für die Frage. Ich gebe Ihnen völlig recht, dass in der damaligen Bundesregierung viele Maßnahmen gesetzt worden sind, die nachhaltig gerade junge Familien auch in die Lage versetzen, mehr vom verdienten Einkommen zu haben, beispielsweise mit dem Familienbonus, einer der größten steuerpolitischen Entlastungsmaßnahmen für Familien, die es jemals gegeben hat, und das hält auch weiter an.
Darüber hinaus haben Sie völlig recht: Wir bleiben dabei, dass wir die Einkommensteuer senken wollen. Wir glauben, dass es wichtig ist, dass den Menschen mehr zum Leben bleibt, und wir nehmen auch diese Forderungen gerne wieder mit.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Lercher. – Bitte sehr.
Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben heute schon von zahlreichen beschlossenen Maßnahmen gesprochen; wir haben ja auch bei vielen mitgestimmt. Wir haben in der Pandemie wirklich Milliarden an Konzerne ausbezahlt: Förderungen für Kurzarbeit, direkte Hilfen, Verlustersatz, Haftungen und so weiter.
Heute erfahren wir, dass Konzerne, die mit Steuergeld gefördert wurden, an Eigentümer und Manager Boni und Dividenden in Millionenhöhe auszahlen. Das ist nicht gerecht, Herr Minister, und das wollen wir in dieser Art auch nicht haben: dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die ja dieses Geld für die Rettung der Betriebe – eigentlich zur Rettung und Überbrückung ihrer Geschäftsleistung – einbringen, dann miterleben müssen, dass Konzerne, Betriebe dieses Geld nehmen und Boni in dieser Höhe an Eigentümer und Manager ausbezahlen. Deswegen lautet meine ganz konkrete Frage:
„Was werden Sie tun, um die Auszahlung von Dividenden und Boni von Konzernen für das Geschäftsjahr 2020 zu beschränken?“
(Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Also zunächst einmal: Die Frage ist so allgemein gestellt, dass ich sagen muss, ich will die Profitmöglichkeiten von Unternehmen natürlich überhaupt nicht beschränken, außer – und das haben wir getan – wenn sie staatliche Hilfen in Anspruch genommen haben. Wir haben hier auch diskutiert und beschlossen, dass es eine starke Einschränkung für diesen Bereich gibt, wenn Unternehmen Staatshilfen in Anspruch nehmen. Das gilt nach wie vor, und ich glaube, das ist auch ein richtiger Weg in dem Sinne, wie Sie das gemeint haben.
Wenn Sie die Frage aber dahin gehend formulieren, was ich generell dafür tun möchte, dass Unternehmen insgesamt keine Dividenden auszahlen, dann muss ich Ihnen sagen: Das ist nicht mein Verständnis von Wirtschaften. Natürlich sind Unternehmen dazu da, um auch Gewinne und Profite zu generieren und diese auch ausschütten zu können. Deswegen arbeiten sie auch sehr hart, sehr innovativ, schaffen Arbeitsplätze, schaffen Steuereinnahmen, schaffen Wohlstand im Land – und das wollen wir natürlich nicht einschränken.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Ich habe das nicht allgemein formuliert, Herr Minister, und ich glaube, Sie wissen das. Es geht uns nicht weit genug. Es ist bis dato immer noch möglich, dass Betriebe, die Staatshilfen bekommen, auch entsprechend Boni und Dividenden auszahlen dürfen. Das wollen wir nicht, und das wollte ich auf den Punkt bekommen. Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie diesbezüglich nichts Weiteres tun werden.
Ich habe noch eine Frage, weil es mich persönlich interessiert: Sie haben gesagt, Sie wollen in der Krisenbekämpfung niemandem etwas wegnehmen. Das stimmt ja nicht: Sie haben bereits die Hacklerregelung abgeschafft und haben bei der Krisenfinanzierung de facto bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Land begonnen. Finden Sie das fair? (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Wir haben in der Bundesregierung bewiesen, dass wir gerade in der Krise den Menschen ausreichend helfen. Wir haben im Bereich der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit über 8 Milliarden Euro, was die Kurzarbeit betrifft, den größten Bereich der Ausgaben getätigt. Deswegen glaube ich, dass Ihre Frage ein wenig ins Leere läuft.
Insgesamt: Ja, wir brauchen auch eine nachhaltige Finanzierung unseres Wohlfahrtsstaates, und daran werden wir an allen Ecken und Enden arbeiten.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordnete Reiter. – Bitte.
Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben jetzt betreffend Auszahlung von Dividenden und Boni schon einiges ausgeführt. Meine Frage wäre: Wie konkret wird die Einhaltung der Beschränkungen, die Sie erwähnt haben, gewährleistet?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Ganz generell gibt es bei den Wirtschaftshilfen, bei denen wir, wenn diese in Anspruch genommen werden, auch Beschränkungen bei Boniauszahlungen und Dividendenausschüttungen verankert haben, sehr harte Kontrollen. Das läuft über die Finanzverwaltung. Das kann weiter beantragt werden über die auszahlende Stelle, nämlich die Cofag, und geschieht natürlich im Wege
der entsprechenden Betriebsprüfungen, die stichprobenartig gemacht werden – oder, wenn es eben konkrete Verdachtsmomente gibt, wird die Einhaltung sehr hart und sehr konsequent überprüft.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.
Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Finanzminister! Die Bundesregierung hat während der Coronapandemie eine Vielzahl von Maßnahmen gesetzt – Kurzarbeit als Vorzeigemodell oder den Härtefallfonds, um nur einige zu nennen –, eine ganze Palette.
Daher die konkrete Frage:
„Wo stehen wir aktuell bei den Wirtschaftshilfen?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Wir haben rund 37 Milliarden Euro entweder rechtsverbindlich zugesagt oder bereits ausbezahlt. Der größte Brocken ist mit Sicherheit die Kurzarbeit, wo bis zu 11 Milliarden Euro rechtsverbindlich fixiert wurden beziehungsweise über 8 Milliarden Euro ausbezahlt worden sind. Die Steuerstundungen sind bereits erwähnt worden: derzeit über 5,6 Milliarden Euro, die sukzessive abgebaut werden.
Insgesamt wissen wir, dass wir im internationalen Vergleich relativ zu unserer Wirtschaftsleistung innerhalb der Europäischen Union sehr, sehr weit vorne sind, was die Hilfen betrifft – Platz zwei in der Rechnung der Kommission, soweit ich das in Erinnerung habe –, und darüber hinaus auch weltweit den Vergleich nicht scheuen müssen. Ich glaube aber, dass es nicht allein um das Volumen geht, sondern auch um die Frage der Treffsicherheit, und auch da, glaube ich, sind wir ganz weit vorne mit dabei.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Minister! Die Opposition und vor allem die SPÖ kritisiert die Hilfen, ohne selbst konkrete Vorschläge zu haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Menschen in anderen Ländern beneiden uns um diese Hilfen. Daher noch einmal die konkrete Frage: Wie stehen wir jetzt wirklich im internationalen Vergleich mit unseren Hilfen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Wir sind auf Platz zwei, was das Volumen im Vergleich zur Wirtschaftsleistung betrifft. Und wenn ich mir die Wachstumsprognosen des Wifo ansehe – 4 Prozent für heuer, 5 Prozent für nächstes Jahr –, dann überflügelt das viele vergleichbare Länder, und das ist, glaube ich, auch ein Signal dafür, wie gut die Wirtschaftshilfen gewirkt haben.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind, darf ich die Fragestunde für beendet erklären und mich beim Herrn Finanzminister herzlich bedanken. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Einlauf und Zuweisung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen darf ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung verweisen.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:
1. Schriftliche Anfragen: 7209/J bis 7292/J
2. Anfragebeantwortung: 6511/AB
B. Zuweisung in dieser Sitzung:
zur Vorberatung:
Verfassungsausschuss:
Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz und das Digitalsteuergesetz 2020 geändert werden (1026 d.B.)
*****
Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Um die Punkte 6 und 33 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der Ausschussberichte abzusehen.
Bei den Punkten 6 und 33 handelt es sich um den Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 1086/A der Abgeordneten Krisper, Einwallner, Amesbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verfassungsgesetz zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung in 1025 der Beilagen und den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker in 1028 der Beilagen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für diese Ausschussberichte ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das scheint einstimmig zu sein. Damit ist auch die erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben.
Ankündigung einer Dringlichen Anfrage
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 7292/J der Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Völliges Versagen der ÖVP in der Asylpolitik“ dringlich zu behandeln.
Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.
Behandlung der Tagesordnung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 bis 4, 5 und 6, 7 bis 9, 14 und 15, 17 und 18, 19 bis 21, 22 bis 25, 26 und 27, 29 und 30 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.
Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. (Abg. Kickl hebt die Hand.)
Zur Geschäftsbehandlung? – Bitte, Herr Abgeordneter Klubobmann Kickl, zur Geschäftsbehandlung.
*****
Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Danke, Herr Präsident, für das Wort. Ich hoffe, Sie drehen mir nicht heute wieder das Mikrofon ab, so wie gestern.
Ich habe letzte Woche am Freitag via Austria Presseagentur einen Appell an Sie als Nationalratspräsidenten gerichtet, einen Appell dahin gehend, die Plenartage, den gestrigen oder den heutigen, dafür zu benutzen, auch eine Gedenkminute für die brutal ermordete Leonie im Nationalrat abzuhalten. Ich glaube, dass das ein symbolischer Akt ist, den wir dem ermordeten Mädchen schuldig sind, den wir den Hinterbliebenen schuldig sind, und dass es auch ein Zeichen der Entschlossenheit dieses Hauses wäre, alles zu unternehmen, damit so etwas nicht mehr vorkommen kann.
Der Appell ist offensichtlich von Ihnen nicht angenommen worden. Wir haben weder gestern eine Schweigeminute gehabt, noch hat es heute eine solche gegeben. Damit entsteht ein seltsamer Eindruck. Man hat den Eindruck, als solle der Mantel des Schweigens über dieses grausame Verbrechen gelegt werden. Und es entsteht noch ein seltsamer Eindruck, wenn man sich ansieht, wofür wir in diesem Haus schon Gedenkminuten abgehalten haben. Ich darf nur ein paar Beispiele bringen: Wir haben Gedenkminuten für einen Flugzeugabsturz, für ein Flugzeugunglück in Frankreich gehabt. Wir haben Gedenkminuten für die Todesopfer im Mittelmeer angesichts der Massenmigration aus Nordafrika gehabt. Wir haben Gedenkminuten im Nationalrat für die geschleppten Toten im burgenländischen Schlepper-Lkw gehabt. Wir haben Gedenkminuten im Nationalrat für die Opfer eines Massakers in einem Homosexuellenklub in Orlando, USA, gehabt. – Das sind nur einige Beispiele.
Was aus unserer Sicht fehlt, ist eine Gedenkminute für die zahlreichen Opfer von Gewaltverbrechen, begangen durch Asylwerber, durch Asylberechtigte und andere Schutzberechtigte in diesem Land, Gewaltverbrechen von der Vergewaltigung bis hin zum grausamen Mord. Das ist etwas, was fehlt.
Herr Präsident, ich möchte Ihnen einfach die Anregung geben und Sie darum ersuchen, die Sitzung jetzt kurz zu unterbrechen und vielleicht eine Stehpräsidiale einzuberufen, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass die Freiheitliche Partei die einzige Partei in diesem Haus ist, der eine solche Gedenkminute ein Anliegen ist. (Beifall bei der FPÖ.)
10.19
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung? – Nein. Dann darf ich vielleicht anmerken, dass es für uns natürlich selbstverständlich ist, jedes tragisch zu Tode gekommenen Opfers zu gedenken. Sie haben es selbst aufgezählt: Dort, wo es eine Katastrophe gab, eine Masse betroffen ist, hat sich der Nationalrat auch immer wieder bereit erklärt, diese Gedenkminute in gesamtheitlicher Art abzuhalten. Sie zu instrumentalisieren halte ich für falsch. Wir haben viele
tragische Fälle, und ich denke, dass es für uns ganz wesentlich ist, auch hier mit der nötigen Bedachtsamkeit vorzugehen und nicht eine politische Instrumentalisierung des einzelnen sehr, sehr tragischen Vorfalls letzten Endes vorzunehmen. Aus diesem Grund haben wir uns nach reiflicher Überlegung entschlossen, diese Gedenkminute nicht abzuhalten.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9,5 „Wiener Stunden“ vereinbart (Abg. Kickl hebt die Hand), sodass sich die folgenden Redezeiten ergeben (Abg. Kassegger – in Richtung Abg. Kickl weisend –: Zur Geschäftsordnung!) – Sie können dann etwas sagen –: ÖVP 185, SPÖ 128, FPÖ 105, Grüne 95 sowie NEOS 76 Minuten.
Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 38 Minuten. Darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.
Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.
Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.
Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Kickl zu Wort gemeldet. – Bitte.
*****
Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident, ich kann Ihre Argumentation nicht nachvollziehen, denn sie läuft darauf hinaus, dass die Abhaltung einer Gedenkminute davon abhängig ist, dass es eine Mehrzahl an Opfern gibt. Eine Mehrzahl an Opfern in dem von mir genannten Zusammenhang gibt es selbstverständlich, ich erspare Ihnen aber jetzt eine Aufzählung aller Österreicherinnen, der jungen Mädchen und der Frauen, die in den letzten Jahren in diesem Land Opfer von Gewaltverbrechen durch Asylwerber und Asylberechtigte geworden sind. Wir alle wissen, dass die Gedenkminute in diesem Fall auch stellvertretend für alle diese Opfer hätte stattfinden sollen.
Von einer politischen Instrumentalisierung kann hier überhaupt keine Rede sein, diesen Vorwurf weise ich zurück. Eine politische Instrumentalisierung dieses Themas liegt nach meiner Sichtweise dann vor, wenn man versucht, ein unangenehmes Thema, das aber der Bevölkerung unter den Nägeln brennt, im Parlament – das heißt in der Volksvertretung – zu tabuisieren. Das ist das, was hier stattfindet, und ehrlich gesagt beschämt mich auch das Schweigen der anderen Fraktionen. (Beifall bei der FPÖ.)
10.22
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich glaube, unser Parlament legt auf Transparenz und Offenheit sehr viel Wert, und in unserem Parlament wird – das darf ich für die Öffentlichkeit sagen – nichts tabuisiert. Jedes Thema ist hier zu diskutieren, und ich denke, das ist auch gut so, und wir werden diesen Weg in dieser Form auch fortsetzen.
*****
Wir gehen in die Tagesordnung ein.
1. Punkt
Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (891 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2021) erlassen und das Bundesschatzscheingesetz geändert wird (952 d.B.)
2. Punkt
Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (948 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung, das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Kommunalinvestitionsgesetz 2020 und das Transparenzdatenbankgesetz 2012 geändert werden (953 d.B.)
3. Punkt
Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1744/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fristverlängerung für die Beantragung der Mittel aus dem Kommunalen Investitionsprogramm (954 d.B.)
4. Punkt
Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1778/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz genehmigt wird, erlassen wird und das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert wird (955 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lercher. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Herren Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Tagesordnungspunkt 1 gibt uns heute die Möglichkeit, über ein wichtiges Fundament, über unsere Städte und Gemeinden, zu sprechen, und ich glaube, das ist sehr, sehr wichtig, denn die haben sich viel, viel mehr Wertschätzung von uns und viel mehr Raum in diesem Haus verdient, weil ja bei den Städten und Gemeinden letztlich eines passiert ist – ich kann es Ihnen nicht ersparen, obwohl wir das schon mehrmals thematisiert haben –: Ihre Hilfspakete greifen dort nicht!
Politik heißt ganz oft, viel Zeit und Geld in die Hand zu nehmen, um einfache Dinge kompliziert zu machen. (Abg. Kühberger: ... Steiermark!) Die Regierungsparteien tun das mit ihren Gemeindepaketen unglaublich eindrucksvoll. Ich sage es Ihnen ganz offen: Wir machen es heute ganz, ganz einfach: Ich bringe hier, an dieser Stelle, einen Antrag ein, der es den Gemeinden ermöglichen soll, dass sie Geld bekommen (Beifall bei der
SPÖ), das heißt, dass das Darlehen, das sie sich ab 2023 selbst bezahlen müssen, ein Zuschuss wird. Das haben sich die Städte und Kommunen redlich verdient. (Beifall bei der SPÖ.)
Sie haben in Wahrheit für Sie die Krisenpolitik vor Ort gemacht, sie haben die Impfungen organisiert, wenn die Regierung nicht geliefert hat, sie sind eingesprungen und haben Sie vor den Bürgerinnen und Bürgern verteidigt, und ich glaube, sie haben es sich bei all den Milliarden, die wir hier ausschütten, jetzt auch verdient, dass wir das Darlehen, das Sie ihnen gewähren, in einen Zuschuss verwandeln, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Da muss man schon ein bisschen darauf eingehen, weil wir da eine Systematik erkennen: Die Österreichische Volkspartei findet immer komplizierte Gründe, dass etwas nicht geht, außer bei den eigenen Spenderinnen und Spendern: Dort geht alles relativ einfach. (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!) Ich sage es Ihnen ganz offen: Auch Verteilungsgerechtigkeit erkennt man an dieser Debatte, denn wir haben ganz, ganz viel Geld für Konzerne, die hier keine Steuern zahlen, aber wir haben keine wirklichen Zuschüsse für unsere Städte und Gemeinden, und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das ist nicht gerecht. Das ist nicht gerecht, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn man das weiterspinnt, dann sieht man das ja auch! In Österreich haben die Manager letztes Jahr 4 Prozent mehr verdient, die normalen Beschäftigten aber 2 Prozent verloren. Die Besitzer großer Unternehmen zahlen sich die Boni, haben wir heute schon gehört, aber die Gemeinden bekommen kein Geld von Ihnen. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Der Bundeskanzler sagt ja immer: „Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein“; mit dieser Politik sind aber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land die Dummen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
Und es ist kein Witz, sondern leider die bittere Realität, dass Sie nicht bereit sind, einen Wandel im Alltag dieser Leistungsträgerinnen und Leistungsträger einzuleiten. (Zwischenruf des Abg. Eßl.) Der Druck da draußen bei den Familien, bei den Gemeinden, bei den Kommunen, die alles für uns hier richten, die alles verteidigen und umsetzen müssen, wird Tag für Tag größer. Die Leute spüren das, sie haben Sorgen, sie haben Angst, und wir sind verpflichtet, jenen, die diesen Staat, diesen Sozialstaat erhalten und groß gemacht haben, jetzt das Geld zu geben, das ihnen zusteht! (Beifall bei der SPÖ.)
Wissen Sie, vor allem bei den Gemeinden sieht man, dass es Ihnen das einfach nicht wert ist. (Abg. Baumgartner: ... auch keine Ahnung davon!) Wir haben unzählige Debatten geführt, ganz, ganz viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sitzen unter Ihnen, und ich sage Ihnen ganz offen: Ihre Kolleginnen und Kollegen da draußen haben es sich verdient, dass wir ihnen heute Geld geben, das sie nicht zurückzahlen müssen (Beifall bei der SPÖ), denn das KDZ – weil Sie sich immer gerne auf Statistiken ausreden – hat eindringlich davor gewarnt, dass das, wenn Sie das, was Sie heute vorgelegt haben, durchziehen – nämlich ein Darlehen zu geben, das die Gemeinden ab 2023 zurückzahlen –, unsere Städte und Kommunen ab 2023 in massive Finanznöte bringt.
Das dürfen wir nicht zulassen für die Entwicklung dieses Landes, das dürfen wir nicht zulassen für die Überwindung dieser Krise, und, meine sehr verehrten Damen und Herren, das dürfen wir auch nicht zulassen für die gesamte Kommunalpolitik, für die ehrenamtlichen Vertreterinnen und Vertreter, die das Rückgrat der Demokratie in diesem Land sind. (Beifall bei der SPÖ.)
Deswegen bringe ich an dieser Stelle folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Unterstützung für Gemeinden in der Krise“
Der Nationalrat möge beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit welcher das an die Gemeinden gewährte und ab 2023 rückzuzahlende Darlehen von 1 Mrd. € (BGBl. I Nr. 29/2021) in einen nicht rückzuzahlenden Zweckzuschuss umgewandelt wird, der den Gemeinden jedenfalls verbleibt, um die kommunalen Leistungen für die Bevölkerung ab dem Jahr 2023 erhalten zu können.“
*****
Sehr verehrte Damen und Herren, wenn Ihnen die Gemeinden etwas wert sind, nehmen Sie den Antrag an! (Beifall bei der SPÖ.) Bezeichnen wir die normalen Leute nicht als Tiere, sondern arbeiten wir wie die Tiere für sie, dann geht etwas weiter! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Eßl: ... wieder ein paar Tausender!)
10.30
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Maximilian Lercher,
Genossinnen und Genossen
betreffend finanzielle Unterstützung für Gemeinden in der Krise
eingebracht im Zuge der Debatte zu Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (948 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung, das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Kommunalinvestitionsgesetz 2020 und das Transparenzdatenbankgesetz 2012 geändert werden (953 d.B.) (Top 2)
Die aktuell größte Gesundheitskrise unserer Zeit hat gravierende Auswirkungen auf das Leben der Österreicherinnen und Österreicher, weder sind derzeit die gesundheitlichen noch die wirtschaftlichen Folgen abschätzbar. Bereits im Frühjahr des vorigen Jahres hat die SPÖ auf die prekäre Situation der Gemeindefinanzen hingewiesen und mehrfach Anträge eingebracht, die eine Problemlösung aufzeigen. Das von der schwarzgrünen Regierung beschlossene Kommunalinvestitionspaket hilft nur jenen Gemeinden, die über eine entsprechende Finanzkraft verfügen um den 50%igen-Eigenanteil der Investitionen finanzieren zu können. Die Einnahmenausfälle bei den Ertragsanteilen durch das einbrechende Steueraufkommen, der Kommunalsteuer und den lokalen Tourismusabgaben haben vielerorts ein Niveau erreicht, dass die Finanzierung selbst der laufenden Gemeindeausgaben nicht mehr zur Gänze sicherstellt – an regionale Konjunkturmaßnahmen zur Bekämpfung der Krise ist gar nicht zu denken. Nicht nur der gut ausgebaute Sozialstaat, sondern auch die Leistungen der Gemeinden und deren Angebote für die Bürgerinnen und Bürger haben in der Krise eine wesentliche stabilisierende Funktion. Gemeinden und Städte brauchen eine 100%ige Abgeltung des finanziellen Ausfalls der Coronakrise. Kommunen sind für Kinderbetreuung, Rettungs- und Feuerwehrwesen, Schulerhaltung, Spitalsfinanzierung, Abwasser- und Wasserversorgung und vieles mehr zuständig.
Da das kommunale Investitionsprogramm der Bundesregierung (KIG 2020) insbesondere von den finanzschwachen Gemeinden nicht angenommen werden konnte, weil sie den 50%-igen Kofinanzierungsanteil nicht aufbringen konnten, wurde von der ÖVP/Grüne-Bundesregierung Anfang des Jahres 2021 die gesetzliche Grundlage beschlossen, den Gemeinden „Sonder-Vorschüsse“ iHv 1 Mrd. € auf die Ertragsanteile als Darlehen zu gewähren, die ab 2023 wieder an den Bund zurück zu zahlen sind. Das heißt den Gemeinden werden nach der Krise die ihnen zustehenden Ertragsanteile gekürzt. Angesichts steigender Ausgaben stellt das die Gemeinden vor ein kaum lösbares Finanzierungsdilemma, denn sie mussten in der Krise investieren um die gemeindefunktionalen Leistungen aufrecht erhalten zu können, und zahlen den Preis dafür ab 2023, da ihnen die Einnahmen dafür fehlen werden.
Das KDZ hat im Juni 2021 auf die kritische Situation der Gemeinden durch diese Vorgangsweise der Bundesregierung hingewiesen, und vorgeschlagen, dass die Rückzahlung des Darlehens zumindest ausgesetzt werden muss um den Gemeinden wieder etwas finanziellen Spielraum zu geben.
In der Grafik des KDZ wird dargestellt, dass die Gemeinden vor der Krise finanzielle Spielräume hatten, die sie für Investitionen nutzen konnten, welche sich durch das Darlehensmodell der Bundesregierung auf 6,4% mehr als halbieren würden. Würde die Darlehensrückzahlung ausgesetzt, könnten die Spielräume auf zumindest 9,6% angehoben werden – was aber immer noch unter dem Wert des Jahres 2019 liegt.
Grafik: KDZ, „Kritische mittelfristige Perspektive der Gemeindefinanzen“, https://www.kdz.eu/de/aktuelles/blog/mittelfristige-prognose-der-gemeindefinanzen-bis-2024
Es geht um 1 Milliarde Euro, sehr viel Geld, das vor allem den finanzschwachen Gemeinden helfen würde ihre mittelfristige Finanzsituation bewältigen zu können. Die ÖVP/Grüne-Bundesregierung hat den wohldurchdachten Vorschlag der SPÖ aus dem Jahr 2020 (574/A), der den Gemeinden schon im Jahr 2020 2,2 Mrd. € Finanzunterstützung gewährt hätte, nach einem Jahr de facto Nichtbehandlung im Ausschuss (Vertagung) schlussendlich am 19.5.2021 abgelehnt. Mit diesem Geld würden sich die Gemeinden heute nicht in dieser kritischen mittelfristigen finanziellen Situation befinden. Bleibt das Darlehensmodell der Bundesregierung aufrecht, werden den Gemeinden in den kommenden Jahren Ausgabeneinsparungen aufgezwungen, die das Leistungsangebot für die Bevölkerung nachhaltig verschlechtern werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat möge beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit welcher das an die Gemeinden gewährte und ab 2023 rückzuzahlende Darlehen von 1 Mrd. € (BGBl. I Nr. 29/2021) in einen nicht rückzuzahlenden Zweckzuschuss umgewandelt wird, der den Gemeinden jedenfalls verbleibt, um die kommunalen Leistungen für die Bevölkerung ab dem Jahr 2023 erhalten zu können.”
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kopf. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehgeräten! In der Regel geht es den Menschen dort gut, wo es auch der Wirtschaft gut geht (Abg. Köchl: Das haben wir in der Krise gesehen! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), aber, meine Damen und Herren – ich bin ja noch nicht fertig mit dem Satz, ich habe schon erwartet, dass das kommt –, besonders vielen Menschen kann es dann gut gehen, wenn die Wirtschaft in ein Konzept der sozialen Marktwirtschaft – nein, ich sage sogar der ökosozialen Marktwirtschaft – eingebettet ist. (Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.) Dann kann es nämlich an einem gut gehenden Wirtschaftsstandort sehr, sehr vielen Menschen gut gehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Österreich ist der beste Beweis dafür, dass ein solches Konzept funktioniert: Wir haben eines der höchsten Wohlstandsniveaus, und wir haben in unserem Land auch ein sehr, sehr hohes Niveau an sozialer Absicherung. Gerade in der Krise, die wir nun hinter uns zu lassen versuchen, hat unser Sozialsystem bestens funktioniert, die automatischen Stabilisatoren haben funktioniert, und wir haben noch ein paar Maßnahmen zusätzlich zu den schon vorher existierenden eingeführt. All das hat dazu geführt, dass die Menschen in unserem Land gut – weitestgehend gut – durch diese schwere, schwere Krise gekommen sind. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Die Menschen in Österreich sind auch gesundheitlich weitestgehend gut durch die Krise gekommen, auch da haben wir – wir hier im Parlament, aber natürlich insbesondere gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium und auch mit den Ländern und mit vielen, die da mitgewirkt haben – wirkungsvolle Maßnahmen gesetzt. Eine Maßnahme steht jetzt ganz oben auf der Liste dessen, was wir zu tun haben: impfen, impfen, impfen, damit wir nachhaltig und langfristig aus dieser Krise herauskommen können.
Dem widmet sich jetzt auch der erste Antrag von mehreren, die unter diesen Tagesordnungspunkten behandelt werden. Wir schaffen jetzt die gesetzliche Grundlage und budgetäre Vorsorge für die Beschaffung der Impfstoffe für die Jahre 2022 und 2023 in beträchtlicher Größenordnung, aber angelehnt an unseren Bevölkerungsanteil innerhalb der Europäischen Union.
Ein reiches Land wie Österreich, meine Damen und Herren, hat aber schon auch die Verpflichtung, Menschen in anderen Ländern, in anderen Regionen – in armen Ländern und armen Regionen – zu helfen. Darauf bezieht sich der zweite Antrag, den wir hier
behandeln, nämlich die Mittelauffüllung in zwei Hilfsfonds: auf der einen Seite im Fonds für die ärmsten Länder in Asien und im Pazifik und auf der anderen Seite auch in Richtung der Kleinbauern in Afrika. Ich denke, es steht einem reichen Land wie Österreich gut an, selbst in Krisenzeiten, in denen man selbst Schwierigkeiten hat, trotzdem nicht auf die Menschen in diesen Regionen und auf diesen Kontinenten zu vergessen. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Herr.)
Ich glaube, wir können hier in Österreich insgesamt optimistisch in die Zukunft blicken. Wir haben mit viel Disziplin die Pandemie in den Griff bekommen. Wir werden weiterhin viel Disziplin brauchen, um sie im Griff zu behalten. Ich habe es schon gesagt: impfen, impfen, impfen als Gebot.
Weil ich zu Beginn gesagt habe, dass eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass es den Menschen gut gehen kann, eine gut gehende Wirtschaft ist: Wir haben uns in der Krise selbstverständlich auch um die Unternehmen und um die Wirtschaft in diesem Land gekümmert. Wir haben vielen Unternehmen, die es sonst nicht geschafft hätten, mit Maßnahmen über die Krise geholfen. Wir haben mit Kurzarbeit viele Jobs gerettet. (Abg. Hauser: ... die zuerst vernichtet ...!) Es zeigt auch Wirkung, dass es uns gelungen ist, diese Strukturen weitgehend zu erhalten. Wir sind im Wochenvergleich der letzten Wochen mit der Vorkrisenzeit schon wieder auf dem wirtschaftlichen Niveau, auf dem wir 2019, vor der Krise, waren.
Jetzt gilt es Wiederaufbau zu leisten und Strukturen anzulegen, die auch in der Zukunft geeignet sind, uns da weiterzubringen. Die EU hat einen Aufbau- und Resilienzfonds aufgelegt. Österreich arbeitet an Standortstrategien und Konzepten für das Recovery.
Auch viele Organisationen in diesem Land – die Wirtschaftskammer, die Industriellenvereinigung, viele andere – haben Konzepte vorgelegt, wie wir wirtschaftlich wieder stark werden können, damit auch alle davon profitieren können. Dem widmet sich auch der dritte Antrag, den wir hier behandeln. Wenn man als öffentliche Hand Hilfen gewährt, dann muss man natürlich auch deren Verwendung kontrollieren. Das heißt, wir schaffen hier eine Voraussetzung für einen Zugang zur Transparenzdatenbank, damit die Finanz und andere Stellen die Mittelverwendung auch tatsächlich ordentlich kontrollieren können. Ich denke, das ist ein Gebot der Stunde und das sind wir auch den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern schuldig.
Das Resümee am Ende: Wir schaffen die budgetären Voraussetzungen für die Beschaffung des Impfstoffes, den wir auch in den nächsten Jahren brauchen werden, wir helfen Menschen in ärmeren Regionen, wir attraktivieren die Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort, und wir schaffen die Grundlagen für die Kontrolle von Hilfsmaßnahmen. Ich denke, all das sind geeignete Maßnahmen, mit denen wir Österreich in eine gute Zukunft führen können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
10.36
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Fuchs. – Bitte sehr.
Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister! Zwei Anmerkungen zu meinem Vorredner, zu Kollegen Kopf: Es stimmt schon, ihr habt viele Jobs gerettet, aber du hast einen Nebensatz vergessen: das sind auch die Jobs, die ihr vorher vernichtet habt. (Beifall bei der FPÖ.)
Eine weitere Anmerkung zu deinem Abänderungsantrag: Wir hatten am 22.6. eine Sitzung des Finanzausschusses. Seither sind 16 Tage vergangen, und in diesen 16 Tagen
seid ihr draufgekommen, dass man offenbar 75 Millionen Euro mehr Geldbedarf für die Impfstoffbeschaffung hat und außerdem acht Millionen zusätzliche Impfstoffdosen benötigt. Man kann also nicht wirklich von einer Planung sprechen, wenn man innerhalb von 16 Tagen draufkommt: Jessas, es fehlen ja acht Millionen Impfstoffdosen! – Das fördert nicht wirklich das Vertrauen in diese Bundesregierung.
Ich darf zu Tagesordnungspunkt 4 sprechen: Mit diesem Bundesgesetz wird der Gesundheitsminister ermächtigt, Covid-19-Impfstoffe für die Finanzjahre 2022 und 2023 um rund 916,5 Millionen Euro zu beschaffen. Das sind laut dem Abänderungsantrag in Summe 50 Millionen Impfstoffdosen. Die budgetierten Kosten für 2020 und 2021 betragen rund 335 Millionen Euro für 30,5 Millionen Impfstoffdosen.
Bis dato hat eine Impfstoffdose durchschnittlich 11 Euro gekostet, aber mit dem heutigen Gesetzesbeschluss zahlen wir nicht 11 Euro je Impfstoffdose, sondern über 18 Euro. Das ist eine Preissteigerung von rund 67 Prozent, und wir haben natürlich auch im Finanzausschuss den Gesundheitsminister gefragt: Wodurch ergibt sich diese unverschämte Preissteigerung?, aber der Gesundheitsminister konnte uns keine Erklärung geben. Vielleicht bekommen wir heute eine entsprechende Erklärung. (Abg. Kassegger: „Koste es, was es wolle“!) Für mich gibt es nur folgende Erklärung: Entweder zahlt die EU zu viel an die Impfstoffproduzenten, oder wir zahlen der EU mehr, als der Impfstoff tatsächlich kostet. Beides ist nicht zulässig. (Beifall bei der FPÖ.)
Es ist auch nicht nachvollziehbar, und der Gesundheitsminister konnte es uns auch im Finanzausschuss nicht erklären, warum wir 50 Millionen Impfstoffdosen für zwei Jahre benötigen. Bei einer Einwohnerzahl Österreichs von 8,93 Millionen – und davon lassen sich nicht alle impfen – haben wir pro Jahr 25 Millionen Impfstoffdosen zur Verfügung. Das sind fast drei Impfstoffdosen im Jahr für jeden Einwohner in Österreich, und zwar vom Baby bis zum Greis.
In Wirklichkeit kaufen wir viel mehr Impfstoffdosen, als wir benötigen, weil offenbar schon jetzt geplant ist, diese Impfstoffdosen an Drittstaaten zu verschenken. Der Herr Bundeskanzler hat bereits auf der Westbalkankonferenz am 18. Juni 2021 vollmundig angekündigt, dass Österreich eine Million Impfstoffdosen spenden wird. So großzügig geht unser Herr Bundeskanzler mit dem Geld der österreichischen Steuerzahler um. Das kostet uns über 18 Millionen Euro. In Anbetracht der derzeitigen Wirtschaftslage – wir haben immer noch 350 000 Arbeitslose – ist das ein falscher Zugang. Wir brauchen jeden Euro in Österreich.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass der Herr Bundeskanzler diese Spende ohne rechtliche Grundlage getätigt hat, denn die rechtliche Grundlage zur Verfügung über Bundesvermögen schaffen wir erst mit dem heute zu beschließenden Gesetz.
Abschließend noch ein budgetrechtliches Problem, das auch der Budgetdienst angesprochen hat: Der Gesetzesantrag führt aus, dass die Kosten dieses Bundesgesetzes durch zusätzliche Vorsorgen im Bundesfinanzrahmengesetz bedeckt werden. Es lässt sich allerdings nicht nachvollziehen, dass die Mittel bereits im geltenden BFRG 2021 bis 2024 eine ausreichende Bedeckung finden. Da ist auf jeden Fall Nachschärfungsbedarf gegeben. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)
10.42
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Götze. – Bitte sehr, bei Ihnen steht das Wort.
Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Herren Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Finanzausschuss: Wir diskutieren hier verschiedene Themen und ich möchte besonders zu zweien Stellung nehmen.
Das erste ist mir persönlich ein großes Anliegen, nämlich die Finanzierung der Gemeinden. Wir haben letztes Jahr bereits das kommunale Investitionspaket beschlossen, das sicherstellt, dass Gemeinden ihre laufenden Investitionen trotz coronabedingter Einnahmenverluste weiterhin tätigen können. Das passiert auch. Ich habe ein paar aktuelle Zahlen: Ende Mai wurden von 1 Milliarde Euro, die den Gemeinden insgesamt zur Verfügung stehen, bereits mehr als 690 Millionen Euro ausbezahlt – also fast 70 Prozent wurden bereits ausbezahlt. Eine besonders erfreuliche Tatsache ist, dass 30 Prozent der Investitionen in Klimaschutzprojekte gehen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Ich möchte mich in diesem Zusammenhang auch beim Finanzministerium bedanken, weil die Transparenz dieser Zahlungen wirklich sehr vorbildlich ist. Man kann sehen, welche Gemeinde einen Antrag auf wie viel Geld für welches Projekt eingereicht hat, bereits ausbezahlt bekommen hat et cetera. Das ist aus meiner Sicht wirklich vorbildlich gelöst.
Warum diskutieren wir das heute? – Weil die Baubranche, wie wir wissen, unter Druck ist. Es kommt zu Verzögerungen, die Baustoffpreise sind gestiegen, manche Firmen können gar nicht liefern beziehungsweise nicht bauen, und daher wollen wir beschließen, dass wir die Fristen des KIP trotz dieser guten Inanspruchnahme verlängern, und zwar um ein Jahr. Fristen verlängern heißt, die Gemeinden können ein Jahr länger ansuchen, also nicht nur bis Ende dieses Jahres, sondern bis Ende nächsten Jahres, und darüber hinaus haben sie auch ein Jahr länger Zeit, um die Projekte zu bauen, also bis Ende Jänner 2025. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Die Ferienbetreuung für Kinder, die ja für letztes Jahr angesetzt war, wird ausgeweitet. Die Gemeinden können sie auch heuer in Anspruch nehmen und zusätzlich auch nächsten Sommer – eine umfassende Erweiterung also. Das geht über den Antrag der FPÖ hinaus, die nur eine Verlängerung der Antragsfrist um ein Jahr gefordert hat. Diesem Antrag kommen wir daher nicht nach.
Abschließend möchte ich aber noch zum zweiten Thema, zum großen Thema Impfstoffbeschaffung Stellung nehmen und ein paar Punkte anmerken. Wir wissen, dass wir viel Impfstoff brauchen, auch vorsorglich. Vorsorglich heißt, wir planen jetzt schon für nächstes und übernächstes Jahr. Wir wissen nicht genau, wie sich die Varianten entwickeln, daher ist es sinnvoll, viele unterschiedliche Impfstoffe anzuschaffen, und das tun wir auch.
Deshalb bringe ich folgenden Abänderungsantrag ein:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Finanzausschusses, 955 der Beilagen, über den Antrag 1778/A
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der dem Ausschussbericht angeschlossene Gesetzestext wird wie folgt geändert:
Art. 1 (Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz genehmigt wird) wird wie folgt geändert:
In § 1 wird der Betrag „841,8 Millionen“ durch den Betrag „916,484 Millionen“ ersetzt.
*****
Ja, richtig, wir reservieren noch mehr Geld, damit wir Impfstoffe in ausreichender Menge zur Verfügung haben werden. Gleichzeitig beschließen wir auch, dass wir Impfstoffe, die
wir nicht brauchen, bevor sie ablaufen, an Länder, die sie brauchen, verschenken können. Wir werden nicht alles brauchen, aber wir wissen halt derzeit noch nicht genau, was wir brauchen, und das ist nicht planbar. So können wir sie, bevor sie ablaufen, an Länder, die sie brauchen, verschenken. Das ist aus meiner Sicht eine absolut richtige Entscheidung.
Einerseits kann man jetzt sagen, das passiert aus Solidaritätsgründen – das würde mir schon als Begründung reichen –, andererseits glaube ich aber auch, dass es eigennützig ist, weil wir wissen, dass das Virus nicht vor Grenzen halt macht. Insofern macht es absolut Sinn, auch in den Nachbarländern zu schauen, dass das Virus dort bekämpft wird. Ich bitte also um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
10.47
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dr. Elisabeth Götze,
Kolleginnen und Kollegen
zum Bericht des Finanzausschusses (955 d.B.) über den Antrag 1778/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz genehmigt wird, erlassen wird und das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert wird
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der dem Ausschussbericht angeschlossene Gesetzestext wird wie folgt geändert:
Art. 1 (Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz genehmigt wird) wird wie folgt geändert:
In § 1 wird der Betrag „841,8 Millionen“ durch den Betrag „916,484 Millionen“ ersetzt.
Begründung
Um einen bestmöglichen Schutz aller Personengruppen garantieren zu können und etwaigen Entwicklungen im Hinblick auf COVID-19 Varianten bestmöglich begegnen zu können, ist die Verfügbarkeit von ausreichenden Kapazitäten aller verfügbarerer Technologien zu gewährleisten. Insbesondere ist auch auf bisher nicht zugelassene Protein basierte Impfstoffe Bedacht zu nehmen.
Auf Basis dieser Ausgangslage konnte die Europäische Kommission mit BioNTech/Pfizer einen dritten Vertrag über insgesamt 900 Mio. Impfstoffdosen, mit einer Option auf weitere 900 Mio. Impfstoffdosen, sicherstellen. Dieser soll einen Teil des europäischen Bedarfs bis 2023 abdecken. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, aus bereits bestehenden Verträgen optionale Dosen abrufen zu können, für den Fall, dass diese von der Europäischen Kommission aktiviert würden. Diese optionalen Dosen würden ebenfalls zur Deckung des zukünftigen Bedarfs für 2022/2023 beitragen und hätten ein Ausmaß in Höhe von bis zu 150 Mio. Impfstoffdosen von Moderna und bis zu 200 Mio. Impfstoffdosen von Johnson & Johnson. Zudem besteht die Möglichkeit, aus dem
bestehenden Vertrag mit Sanofi GSK EU-weit 300 Mio. Dosen abzurufen, sowie die Abrufsumme beim Hersteller Valneva auszuweiten.
Um entsprechende Mengen an COVID-19-Impfstoffen für die kommenden Jahre 2022 und 2023 aus dem EU-weiten Portfolio rechtzeitig zu sichern und auch alle Optionen bei Bedarf, abhängig von der pandemischen Situation und den wissenschaftlichen Erkenntnissen, ziehen zu können, soll Österreich seinen vollen Anteil aus allen Vertragsoptionen abrufen können, mindestens jedoch den pro rata Bevölkerungs-Anteil von 2%. Mit diesen möglichen zusätzlichen Dosen für die Jahre 2022 und 2023 würde das österreichische Impfstoffportfolio um 50 Mio. Dosen erweitert werden und damit auf in Summe 80,5 Mio. Dosen anwachsen, sofern alle Vertragsoptionen abgerufen und jeweils auch in vollem Ausmaß ausgeschöpft würden. Von diesen 50 Mio. Dosen entfallen 36 Mio. Dosen auf BioNTech/Pfizer, 3,2 Mio. Dosen auf Moderna, 4 Mio. Dosen auf Johnson & Johnson, 0,8 Mio. Dosen auf Valneva und 6 Mio. Dosen auf Sanofi.
Für die Aufrüstung des österreichischen COVID-19 Impfstoffportfolios um in Summe zusätzliche 50 Mio. Dosen für die Jahre 2022 und 2023, sowie die Entscheidung, die optionalen Mengen nach Bedarf abrufen zu können, werden insgesamt zusätzlich bis zu 916,484 Mio. Euro benötigt.
Es ist daher notwendig, die Ermächtigung zur Begründung von Vorbelastungen auf 916,484 Mio. Euro zu erhöhen.
Diese zusätzlichen Kosten werden aus dem Budget der UG 24 durch entsprechende Vorsorgen im Bundesfinanzrahmen bedeckt. Nach derzeitigem Informationsstand werden diese Kosten im Jahr 2022 in der Höhe von 521,984 Mio. Euro und im Jahr 2023 in der Höhe von 394,5 Mio. fällig.
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Herr. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Werte Herren Minister! Sehr geehrtes Hohes Haus! Wir haben gerade gehört: Den Gemeinden geht es eh so gut! – Ja, wir wissen, die, die finanzstark waren, haben es vielleicht gut durch die Krise geschafft, für jene aber, die schon zu Beginn finanzschwach waren, schaut es nicht so rosig aus. Genosse Lercher hat das schon ausgeführt und ich schließe an: Für viele geht es sich nicht aus.
Deshalb will ich heute darüber reden, welche Art von Steuerpolitik wir eigentlich brauchen, um gerecht durch diese Krise zu kommen – wirklich gerecht! (Zwischenruf des Abg. Gerstl.) Ich weiß schon, da werden sich jetzt viele denken – man hört es ja auch in den Reden der Kollegen und Kolleginnen aus den Regierungsfraktionen –: Nein, es ist eh alles super! Wir kommen so gut und so gerecht durch diese Krise! (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.)
Aber: Ist es gerecht – auch an Sie gefragt, Herr Minister –, wenn sich jemand aufgrund der Krise bereichern kann, wenn er aufgrund der Krise sein Vermögen vermehrt, während andere in die Langzeitarbeitslosigkeit abrutschen, quasi ins Nichts stürzen? – Das ist doch nicht gerecht! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich habe noch mehr Fragen mit: Ist es gerecht, wenn ein großes Unternehmen wie Amazon aufgrund der Krise – wiederum – seine Gewinne unglaublich erhöht (Zwischenruf des
Abg. Gerstl), während kleine, regionale Buchgeschäfte zusperren? – Nein. (Beifall der Abgeordneten Lercher und Lindner.) Ist es gerecht, dass Amazon in der EU de facto nicht einmal Steuern zahlt, während die anderen, die kleinen, regionalen Büchergeschäfte, ein Vielfaches, mehr als zehnmal so viel, an Gewinnsteuern zahlen müssen? Ist das für Sie, Herr Finanzminister, gerecht? – Nein, das ist es doch nicht! (Beifall bei der SPÖ.)
Ist es okay, ist es gerecht, wenn Sie uns dann immer erzählen – auch gestern wieder Kanzler Kurz –, dass man ja eh die mächtige Digitalsteuer eingeführt hat, obwohl wir genau wissen, dass das vor allem ein PR-Gag ist und überhaupt nicht so viel bringt, wie wir da eintreiben müssten? – Nein, das ist nicht okay, und ja, da werden wir grantig. Es ist Zeit, dass auch jene endlich einen Beitrag leisten! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich habe noch mehr Fragen: Ist es in Ihrer aller Augen gerecht, dass 80 Prozent der Steuereinnahmen in unserem Haushalt von den arbeitenden Menschen gezahlt werden, von Arbeitnehmern, Arbeitnehmerinnen, Konsumenten, Konsumentinnen, Pensionisten, Pensionistinnen, und nur 20 Prozent durch Steuern auf Gewinne und Vermögen eingetrieben werden? Im Vergleich mit anderen Ländern, wenn wir uns anschauen, wie das dort ist: Ist das gerecht?
Nächste Frage: Wenn wiederum 80 Prozent der Coronahilfsmittel genauso von den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen finanziert werden, obwohl sie nicht einmal zu einem Drittel quasi direkt davon betroffen sind – ist das gerecht, Herr Finanzminister? Ist das okay? Ist das gerecht? Ich hoffe, Sie beantworten diese Fragen jetzt alle für sich.
Wenn Unternehmen staatliche Unterstützungsgelder in Millionenhöhe in Anspruch nehmen, die von den Steuerzahlern, Steuerzahlerinnen bereitgestellt werden, wenn die das Geld nehmen und auf der anderen Seite Bonizahlungen für den Vorstand und Dividenden für die Aktionäre und Aktionärinnen ausschütten, vorher das Geld der SteuerzahlerInnen nehmen und dann die Gewinne an die AktionärInnen ausschütten – ist das gerecht, Herr Finanzminister? (Beifall bei der SPÖ.)
Offensichtlich ist es das in Ihren Augen, denn Sie haben sich ja genau dafür eingesetzt, dass das so bleibt, dass die Vorstandsmitglieder auch jetzt in der Krise noch ihre Gewinne und Boni bekommen.
Ich könnte die Liste noch lange fortführen, aber vielleicht noch ein Beispiel – eines gönnen wir uns noch –: Ist es gerecht, wenn das Unternehmen eines Milliardärs wie jenes des Herrn Pierer, auch ein guter Freund und Spender der ÖVP, 11 Millionen Euro an Coronahilfen bekommt und dann 7 Millionen Euro an Dividenden ausbezahlt werden? Die Rechnung geht doch nicht auf! Nein, das ist nicht gerecht, und deshalb müssen wir unser Steuersystem umbauen. Tun wir das nämlich nicht, zahlen die arbeitenden Menschen diese Krise, und das ist nicht gerecht – nicht schon wieder! (Beifall bei der SPÖ.)
Schauen wir uns die Zahlen an: Die Vermögen der reichsten Menschen in diesem Land haben sich durch die Krise erhöht – um fast 30 Prozent! Und da geht es um Milliardenbeträge! Das kann sich ein normaler Mensch gar nicht vorstellen, was das für Summen sind. Das ist mehr, als bei uns ganze Ministerien an Budget haben, diese Gelder, über die wir hier sprechen.
Die Managerbezüge sind im Coronakrisenjahr gestiegen – überdurchschnittlich! Ein Vorstand von einem börsennotierten Unternehmen kassiert das 60-Fache eines Durchschnittsunternehmers. Für die einen wurde in der Krise geklatscht: Ihr seid ja so super!, aber kassieren tut jemand anderer. Ist das gerecht, Herr Finanzminister? Ich hoffe, Sie beziehen dazu endlich Stellung. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir finden das nicht gerecht, und daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Steuersenkung für die Menschen, statt Steuergeschenke für Millionäre!“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein Gesetzespaket zur Abfederung der sozialen und finanziellen Folgen der Coronakrise mit folgenden Inhalten vorzulegen:
1. Eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70% des Letztbezugs.
2. Eine Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer für kleine und mittlere Einkommen im Ausmaß von 5 Mrd. €
3. Eine unbefristete Solidaritätsabgabe für Millionäre
4. Die Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Millionenerbschaften.
5. Eine befristete Solidaritätsabgabe für große Onlinekonzerne (wie z.B.: Amazon) im Ausmaß von 10% des Jahresumsatzes bis zur vollständigen Umsetzung der globalen Mindeststeuer und Digitalsteuer im Rahmen des OECD Vorschlags.“
*****
Das wäre tatsächlich gerecht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
10.53
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr,
Genossinnen und Genossen
betreffend Steuersenkung für die Menschen, statt Steuergeschenke für Millionäre!
eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (948 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung, das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Kommunalinvestitionsgesetz 2020 und das Transparenzdatenbankgesetz 2012 geändert werden (953 d.B.)
Die Coronakrise hat riesige Budgetdefizite in den Staatshaushalt gerissen. Milliarden wurden zur Unterstützung für Unternehmen ausgegeben. Während viele EPUs und KMUs noch immer auf ausreichende Unterstützungsleistungen warten und am Rande ihrer Existenz stehen, wurden Millionen an Steuergelder an Menschen verteilt, die diese gar nicht brauchen. Der Glückspielkonzern Novomatic erhielt mehrere Millionen Euro an staatlicher Unterstützungsleistung. Seinen Besitzer finden wir auch nach Corona auf der Trend-Reichenliste mit einem Vermögen von mehreren Milliarden Euro – wofür braucht so ein Mensch staatliches Steuergeld, das zu 80% von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kommt? Novomatic ist leider kein Einzelfall. Von Media-Markt bis zu Luxus-Hotels aus dem Kreise der Tiroler Adlerrunde reichen die Beispiele für wenig rühmliche Hilfszahlungen an Menschen, die sie in Wahrheit nicht brauchen.
Auf der anderen Seite sitzen hunderttausende Menschen mit einem Arbeitslosengeld von 55% des Letzteinkommens zu Hause. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen erreicht jeden Monat einen neuen Rekordstand. Die Betroffenen haben die Ersparnisse aufgebraucht,
können sich teilweise die Mieten nicht leisten, am Monatsende müssen sie jeden Euro zweimal umdrehen, oft kommt in diesen Familien am Monatsende nur noch Toastbrot auf den Tisch.
Lt. der Trend-Reichenliste haben die zehn reichsten ÖsterreicherInnen ihr Vermögen im Corona-Jahr um fast 30%(!) steigern können. Eine Studie der Arbeiterkammer hat jüngst belegt, dass die Managerbezüge auch im Corona-Jahr überdurchschnittlich gestiegen sind. Ein Vorstand eines ATX-Unternehmens kassiert im Schnitt das 57-fache eines Durchschnittseinkommens. Die ersten Daten zeigen ein erschütterndes Bild – die Corona-Krise hat die Vermögens- und Einkommensungleichheit in Österreich nochmal verstärkt.
Die Krise sollte uns eigentlich deutlich vor Augen geführt haben, wer die echten Leistungsträgerinnen und Leistungsträger in Österreich sind. Es sind die Pflegekräfte, es sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Supermärkten und in der Lebensmittelproduktion, bei der Straßenreinigung, bei der Müllabfuhr, die Reinigungskräfte, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen – um nur einige hier zu nennen.
Wir können nach dieser Krise nicht zur Tagesordnung übergehen. Ohne gravierende Änderungen in unserem Steuersystem ist eine gerechte Finanzierung der Krisenkosten einfach nicht machbar.
Seit einem Jahr verweigert die türkis-grüne Regierung jenen Menschen, die aufgrund der Coronakrise arbeitslos geworden sind, die Erhöhung des Arbeitslosgengeldes (von derzeit nur 55%) auf 70% des Letztbezugs. Betriebe, die Staatshilfe in Millionenhöhe erhalten, können ihren Spitzenmanagern noch immer Boni (in halber Höhe) in Millionenhöhe auszahlen. Die Regierung schließt bis heute dezidiert die Einführung von Millionärsabgaben aus, obwohl Multimillionäre in Österreich ihr Vermögen im Coronajahr teilweise deutlich vermehren konnten. Im Finanzministerium werden stattdessen Pläne zur Senkung der Körperschaftssteuer sowie zur Einführung einer fiktiven Eigenkapitalverzinsung gewälzt. Von diesen Plänen profitieren wieder nur die großen Betriebe – just jene Betriebe, deren EigentümerInnen ihr Vermögen auch während Corona ohnehin deutlich steigern konnten.
Es braucht endlich wieder mehr Gerechtigkeit und Solidarität in Österreich. Deshalb braucht es gerade jetzt eine echte Änderung im Steuersystem, wo große Vermögen statt kleiner Arbeitseinkommen stärker zur Finanzierung von Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten herangezogen werden.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein Gesetzespaket zur Abfederung der sozialen und finanziellen Folgen der Coronakrise mit folgenden Inhalten vorzulegen:
1. Eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70% des Letztbezugs.
2. Eine Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer für kleine und mittlere Einkommen im Ausmaß von 5 Mrd. €
3. Eine unbefristete Solidaritätsabgabe für Millionäre
4. Die Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Millionenerbschaften.
5. Eine befristete Solidaritätsabgabe für große Onlinekonzerne (wie z.B.: Amazon) im Ausmaß von 10% des Jahresumsatzes bis zur vollständigen Umsetzung der globalen Mindeststeuer und Digitalsteuer im Rahmen des OECD Vorschlags.“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte.
Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Grüß Gott, Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ja, ich bin noch immer etwas sprachlos ob meiner Vorrednerin (Heiterkeit des Abg. Taschner) und ihrer Kampfrede für Gerechtigkeit. Ich frage mich dann auch immer: Ist es gerecht, dass einer glaubt, Gerechtigkeit für sich definieren zu können? – Ich weiß es nicht. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)
Vielleicht sollten wir auch einmal sagen, dass es durchaus Menschen gibt, die ein unternehmerisches Risiko tragen, und ja, auch das muss abgegolten werden. Auch das finde ich persönlich gerecht – aber gut! (Beifall bei NEOS und ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.) – Es hat sich gerade nicht so angehört.
Ich will auch über die Finanzthemen sprechen, die wir verhandelt haben, und da gibt es ein Thema, das mir besonders am Herzen liegt, das wissen, glaube ich, auch schon viele in diesem Raum: die Transparenzdatenbank. Ein Punkt dieser Novelle, die jetzt diskutiert wird, ist, dass Förderungen aus dem EU-Aufbaufonds jetzt auch in die Transparenzdatenbank eingetragen werden sollen. Das finden wir natürlich richtig. Machen wir aber einen Schritt zurück: Was ist denn die Transparenzdatenbank eigentlich? Diese hat nach wie vor wirklich grobe Strickfehler, obwohl wir sie jetzt schon seit mehr als zehn Jahren in Österreich haben.
Was sind diese Strickfehler? – Erstens: Es ist nicht so, dass alle in die Transparenzdatenbank einmelden. Der Bund meldet ein, das ist gut und richtig, und die meisten Länder melden ein, aber vor allem die roten Länder melden eben noch nicht ein, und das muss geändert werden. Ebenso betrifft das die Gemeinden, das möchte ich auch ganz ausdrücklich sagen: Auch die Gemeinden müssen in die Transparenzdatenbank einmelden. Das ist der erste große Strickfehler, der behoben werden muss, bevor man die Transparenzdatenbank überhaupt als solche betrachten kann.
Der zweite Fehler, der natürlich auch ganz spannend ist, dreht sich um die Frage: Wer kann denn die Daten eigentlich einsehen? Man könnte durchaus meinen, dass man in eine Transparenzdatenbank reinschauen kann. – So ist es aber nicht: Nicht einmal der Nationalrat oder der Budgetdienst kann die Daten einsehen, die in der Transparenzdatenbank enthalten sind. Der Kreis der Einsichtsberechtigten ist also wirklich sehr, sehr klein. Auch der Wissenschaft werden keine Daten zur Verfügung gestellt. Das könnte man ja anonymisiert machen, was sehr wichtig wäre.
Und der dritte Punkt, ich habe es schon kurz angesprochen: Die Öffentlichkeit hat überhaupt keine Information. Das heißt, wenn man als Bürgerin oder Bürger auf diese Seite, auf das Transparenzportal geht, dann kann man sehen, welche Förderungen es gibt – okay. Man findet auch die Gesamtsummen der einzelnen Förderbereiche – auch gut. Wer aber die Förderungen warum kriegt, das steht nicht drinnen, und das ist die ganz große Krux, wozu ich sage: Das verdient den Namen Transparenzdatenbank eigentlich nicht. (Beifall bei den NEOS.)
Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich will nicht, dass einzelne Personen vor den Vorhang geholt werden, ich will keinen gläsernen Bürger. Das ist nicht unsere Intention. Was ich aber schon will, ist: Wenn eine Firma oder ein Verein Geld für Tätigkeiten kriegt – das kann ja durchaus gerechtfertigt sein –, dann soll das in dieser Transparenzdatenbank stehen. Es muss sich ja keiner um Förderungen bewerben, wenn er das nicht will. (Zwischenruf des Abg. Hanger.)
Deswegen möchte ich auch einen Antrag einbringen, Kollege Hanger, weil mir eines besonders wichtig ist, nämlich dass wir hier kein Geld verschwenden. Wenn es wo steht und man es nicht unbedingt braucht, dann ist es so, das wissen wir aus internationalen Erfahrungen, dass sich ganz viele nicht um diese Förderungen bewerben, weil das dann eben transparent ist. Deswegen: Licht in das Dunkel bringen – das ist das, was wir da brauchen. (Beifall bei den NEOS.)
Mein Kollege Strolz hat es immer so ausgedrückt: Licht ist das beste Desinfektionsmittel! – Deswegen auch dieser Entschließungsantrag:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mehr Transparenz für die Transparenzdatenbank“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, für eine größere Transparenz der Transparenzdatenbank zu sorgen, zum Beispiel in dem der Kreis der Einsichtsberechtigten deutlich erweitert wird (unter anderem auch auf den Österreichischen Nationalrat) und Förderungen an Unternehmen und Vereine bereits ab einer Fördersumme von 2.000 EUR öffentlich einsehbar gemacht werden.“
*****
Setzen wir also das um, was die Länder bereits machen! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
10.58
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Mehr Transparenz für die Transparenzdatenbank
eingebracht im Zuge der Debatte in der 117. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (948 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung, das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Kommunalinvestitionsgesetz 2020 und das Transparenzdatenbankgesetz 2012 geändert werden (953 d.B.) – TOP 2
In der österreichischen Transparenzdatenbank wird derzeit ein großer Teil der Förderungen von Bund, Ländern und Gemeinden erfasst. Sie verfehlt jedoch nach wie vor ihr Ziel, einen vollständigen Überblick über das staatliche Förderungsangebot zu bieten und zur Steuerung und Kontrolle dieser Förderungen beizutragen. Darüber hinaus ist auch die Transparenz bei der Transparenzdatenbank nicht ausreichend gewährleistet.
Der Österreichische Rechnungshof (Prüfbericht 2021 zur Transparenzdatenbank; https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/home_7/Transparenzdatenbank.pdf) und der Budgetdienst des Parlaments (https://www.parlament.gv.at/PAKT/BUDG/BUDGETBERICHTE/FOERDERUNGEN/index.shtml) identifizieren folgende Defizite bei der Transparenzdatenbank:
• Förderzahlungen werden nur unvollständig von den abwickelnden Stellen eingemeldet;
• indirekte Förderungen werden nur teilweise in der Transparenzdatenbank berücksichtigt;
• kein Gesamtkonzept, wie die Daten der Transparenzdatenbank zu Steuerungszwecken genutzt werden könnten;
• Leistungsgeber und Abwicklungsstellen sind nur unzureichend mit den (technischen) Einsatzmöglichkeiten der Transparenzdatenbank vertraut
Mit einer Novelle des Transparenzdatenbankgesetzes und einer neuen Transparenzdatenbank–Abfrageverordnung sollte sichergestellt werden, dass Förder-Abwicklungsstellen ab Ende 2019 umfassende Einsicht auf Informationen erhalten konnten. Zudem sollen die Daten in anonymisierter Form auch anderen Institutionen (z. B. Wirtschaftsforschungsinstitutionen, Universitäten, Gebietskörperschaften) für alle Zwecke der TDB und des Transparenzportals überlassen werden können. Unklar ist jedoch, wie diese gesetzliche Möglichkeit dann in der Praxis gehandhabt wird.
Unverständlich ist generell, warum bei der Transparenzdatenbank der Kreis der Einsichtsberechtigten so klein gehalten wird und zum Beispiel der Österreichische Nationalrat (Abgeordnete und Budgetdienst) als parlamentarisches Kontrollorgan keinerlei Einsichtsrechte besitzt. Hier wäre dringend für eine entsprechend Konkretisierung der einsichtsberechtigten Institutionen zu sorgen.
Was den Zugang der Öffentlichkeit zu den Informationen in der Transparenzdatenbank betrifft, so beschränkt sich dieser derzeit auf die Möglichkeit zum Aufruf eines Leistungsangebots am Transparenzportal (inkl. entsprechende Auszahlungssummen pro Jahr). Zudem können Auswertungen zu den jährlichen Auszahlungs-summen je Leistungsangebot abgerufen werden. Zudem können Förderungsbezieher ihre bezogenen Förderleistungen abfragen.
Im Sinne einer höheren Transparenz sollten die Informationen in der Transparenzdatenbank auch der Öffentlichkeit zur Einsichtnahme zugänglich gemacht werden und zwar deutlich über die derzeitig eher allgemeinen Informationen zur Förderprogrammen und Fördersummen hinaus. Im EU Transparency Award Module (TAM) müssen Förderungen über 100.000 EUR eingemeldet werden und können öffentlich abgefragt werden (https://webgate.ec.europa.eu/competition/transparency/public?lang=en). Im Sinne einer höheren Transparenz und eines sorgsamen Umgangs mit Fördermitteln sollte dementsprechend auch in der österreichischen Transparenzdatenbank Förderungen an Unternehmen und Vereine ab einer Fördersumme von 2.000 EUR öffentlich einsehbar gemacht werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, für eine größere Transparenz der Transparenzdatenbank zu sorgen, zum Beispiel
in dem der Kreis der Einsichtsberechtigten deutlich erweitert wird (unter anderem auch auf den Österreichischen Nationalrat) und Förderungen an Unternehmen und Vereine bereits ab einer Fördersumme von 2.000 EUR öffentlich einsehbar gemacht werden."
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Angerer. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren und vor allem geschätzte kleine und mittlere Unternehmer! Herr Wirtschaftskammergeneralsekretär Kopf hat heute wieder einmal den Spruch verwendet: Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es uns allen gut! – Die Frage ist für mich: Was versteht die ÖVP noch unter Wirtschaft? Wer zählt für die ÖVP noch zur Wirtschaft?
Ich würde sagen, mittlerweile müsste man den Spruch aus Sicht der ÖVP etwas abändern: Wenn es der Wirtschaftskammer gut geht, geht es uns allen gut! (Abg. Hörl: Hör auf!) Oder: Wenn es den Großspendern der ÖVP gut geht, geht es uns allen gut – von Wirecard bis zu Novomatic! (Beifall bei der FPÖ.)
Den kleinen und mittleren Unternehmen und den EPUs geht es definitiv nicht gut, sie wurden auf der Strecke gelassen, wie wir jetzt wieder sehen. Auch die Antwort des Herrn Minister in der heutigen Fragestunde auf die Frage, ob er den Fieranten und den Schaustellern helfen wird, da keine Veranstaltungen stattfinden, weil alle abgesagt werden, war mehr als dürftig. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Die zweite Gruppe der Kleinen, die man auf der Strecke gelassen hat, sind die Gemeinden. Ich habe einen Antrag auf Fristverlängerung für die Beantragung der Mittel aus dem kommunalen Investitionsprogramm eingebracht, den wir auch heute hier verhandeln, weil genau das eingetreten ist, was wir gesagt haben: Die Gemeinden werden nicht in der Lage sein, dieses Geld abzuholen. Es ist auch so. Jetzt muss die Frist bis Ende 2022 verlängert werden, damit die Gemeinden vielleicht nächstes Jahr das Geld abholen können.
Zum Antrag der SPÖ: Das haben wir auch von Anfang an gesagt, dass die Milliarde, die man den Gemeinden zusätzlich als Kredit zur Verfügung gestellt hat und die ab 2023 zurückgezahlt werden kann, der nächste Fehler ist, und das auch entsprechend in einen verlorenen Zuschuss umgewandelt werden muss. Sonst wird es einfach nicht gehen, dass die Gemeinden sich in Zukunft finanzieren können, ihre Hausaufgaben machen können und auch entsprechend in die regionale Wirtschaft investieren können. Das wird nicht funktionieren, und deshalb werden wir auch diesen Antrag unterstützen.
Die dritte kleine Gruppe – die ist gar nicht so klein, die ist sehr groß –, die man auch völlig vergessen hat – und das behandeln wir heute auch im Finanzausgleichsgesetz und im Katastrophenfondsgesetz –, sind über 300 000 Frauen und Männer bei unseren freiwilligen Feuerwehren, die bei der Finanzierung ihrer Ausrüstung, die sie im täglichen Einsatz brauchen, völlig im Stich gelassen werden. Da geht es um den Schutz und um unsere Verantwortung, diesen Schutz sicherzustellen, damit die Ausrüstung der Feuerwehrmänner und -frauen in Österreich gewährleistet ist.
2013 wurde die Finanzierung so umgestellt, dass man einen Deckel nach unten hin, mit 95 Millionen Euro, definiert hat. Wenn man das auf die heutige Situation hochrechnen würde – alleine die Indexerhöhung –, dann wären wir bei circa 120 Millionen Euro. Dieser
Wert ist aber nicht indexgesichert und auch nicht festgelegt worden, sondern ist immer von den Einnahmen aus der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer abhängig – und die sind natürlich im letzten Jahr eingebrochen. Also sind auch die Einnahmen bei den Feuerwehren österreichweit um circa 15 Millionen Euro eingebrochen, und die gilt es einmal auf jeden Fall für das letzte Jahr auszugleichen, damit Planungssicherheit besteht, damit sie ihre Ausrüstung beschaffen können, damit wir unseren Feuerwehrkameradinnen und ‑kameraden draußen die notwendige Ausrüstung zu Verfügung stellen können. Das ist unbedingt erforderlich. (Beifall bei der FPÖ.)
Dann ist dieses völlig falsche Finanzierungsmodell auch entsprechend umzustellen und auch darauf abzustellen, dass man einen Fixbetrag definiert und auch wertgesichert für die Zukunft zur Verfügung stellt. Damit haben die Feuerwehren österreichweit Planungssicherheit und können dafür sorgen, dass sie unsere jungen Leute, dass sie unsere Frauen und Männer draußen entsprechend ausrüsten. Deshalb stelle ich einen entsprechenden Antrag dazu:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung der Finanzierung der Feuerwehren“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, die Finanzierung der Feuerwehren durch den Katastrophenfonds für 2022 in ausreichender Höhe sicherzustellen und zudem für diese Mittel in Zukunft eine jährliche Indexanpassung vorzusehen.“
*****
Danke, ich hoffe auf Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)
11.02
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Erwin Angerer, MMag. DDr. Hubert Fuchs
und weiterer Abgeordneter
betreffend Sicherstellung der Finanzierung der Feuerwehren
eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 2, Bericht des Finanzausschusses über Regierungsvorlage (948 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung, das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Kommunalinvestitionsgesetz 2020 und das Transparenzdatenbankgesetz 2012 geändert werden (953 d.B.) in der 117. Sitzung des Nationalrates am 08. Juli 2021
Die österreichischen Feuerwehren leisten einen wichtigen und entscheidenden Beitrag zum Schutz der heimischen Bevölkerung: Neben den täglichen zahllosen Einsätzen zur Brandbekämpfung sind sie im technischen Hilfsdienst wie bei Unfällen im Einsatz und leisten zudem im Katastrophenfall wertvolle Hilfe. In Österreich gibt es ein weltweit einzigartiges und flächendeckendes Netz mit rund 4.800 Feuerwehren und rund 260.000 aktiven Feuerwehrfrauen und -männern, die seit Jahrzehnten rasche, unbürokratische,
professionelle und vor allem ehrenamtliche Hilfe bei der Bewältigung von Naturkatastrophen leisten. Katastrophenhilfe durch die Feuerwehren passiert immer direkt in der betroffenen Region und das sofort. Das haben die Feuerwehren u.a. bei den großen Hochwasserkatastrophen und Schneedruckeinsätzen der vergangenen Jahre bewiesen.
Die notwendige Finanzierung für die Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft und Durchführung der Hilfeleistungen wird aber immer schwieriger und ist derzeit nicht zuletzt durch die finanziellen Folgen der Covid-Krise massiv bedroht.
Bislang haben die Feuerwehren einen großen Teil der benötigten Gelder, insbesondere für die Finanzierung der Einsatzgeräten, aus dem Katastrophenfonds (UG 44, Finanzausgleich) erhalten. Gerade diese Gelder sind derzeit bedroht und nicht zuletzt aufgrund der Dotierung des Katastrophenfonds aus Anteilen an der Einkommen- und Körperschaftsteuer im Sinken begriffen. Laut Budgetbericht 2021 gibt es im Vergleich zum BVA 2020 aufgrund der durch die COVID-19-Krise gesunkenen Dotierung des Katastrophenfonds (-71,5 Mio. €) geringere Auszahlungen, was auch die Feuerwehren trifft.
Der Österreichische Bundesfeuerwehrverband fordert beispielsweise seit Jahren die dringend notwendige Aufstockung der Finanzmittel für die Feuerwehren (Katastrophenfonds) und fürchtet, dass die ohnehin schon prekäre Finanzsituation künftig verstärkt wird.
Im Jahr 2010 haben die Feuerwehren aus dem Katastrophenfonds 93 Millionen Euro erhalten. Hätte man bereits im Jahr 2010 eine jährliche Inflationsanpassung vorgesehen, stünden den Feuerwehren mittlerweile rd. 120 Mio. Euro im Jahr zur Verfügung, eine Summe die dringend benötigt wird – ganz abgesehen von der Planungssicherheit für künftige Investitionen.
Zur langfristigen finanziellen Absicherung der Feuerwehren stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, die Finanzierung der Feuerwehren durch den Katastrophenfonds für 2022 in ausreichender Höhe sicherzustellen und zudem für diese Mittel in Zukunft eine jährliche Indexanpassung vorzusehen.“
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.
Nächster Redner: Herr Abgeordneter Manfred Hofinger. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Regierungsmitglieder! Ein paar Worte zu meinen Vorrednern: Herr Angerer hat die Feuerwehren entdeckt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich kann nur für Oberösterreich sprechen, Oberösterreichs Feuerwehren sind sehr gut aufgestellt, werden durch die Gemeinden finanziert, und durch den NPO-Fonds bekommen die Feuerwehren auch in der Krise Gelder. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Da sehe ich also nicht den ganz großen Handlungsbedarf, wobei natürlich die Feuerwehren für die Gemeinden ganz wichtige Institutionen sind.
Zu meiner Vorrednerin Julia Herr fällt mir nur eines ein: Das ist oberflächliche Klassenkampfrhetorik gewesen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was mich am meisten geärgert hat, war eigentlich der Vorvorredner, Herr Maximilian Lercher, der, glaube ich, noch nie in einem Gemeinderat gesessen ist und heute, wie man es von der SPÖ kennt, die große Gießkanne ausgepackt hat. (Abg. Greiner: Unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Damit helfen wir den Gemeinden sicher nicht. Wir sind da zielgerichtet, wir versorgen vor allem und nehmen – vor allem im zweiten Gemeindepaket mit dem Strukturfonds – bedacht auf die finanzschwachen Gemeinden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Meiner Ansicht nach ist es jetzt wichtig, dass die Gemeinden Flexibilität und Planbarkeit haben. Das ist jetzt für die Gemeinden extrem wichtig. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben ja wirklich Hervorragendes bei der Bekämpfung der Pandemie geleistet. Sie sind trotzdem ein ganz großer Wirtschaftsmotor, der größte Arbeitgeber in den Regionen, und sie sind ein Anker im ländlichen Raum – und das ist ganz wichtig. Was momentan wirklich entscheidend ist und was sich in den Gemeinden momentan abspielt, ist, dass einfach die Entwicklung nach der Öffnung eine große Wohltat für jeden Gemeindebürger ist, da man wieder Veranstaltungen machen kann, die Vereine wieder zusammenkommen können. Auch wir in unserer Kleingemeinde Lambrechten hatten vergangenen Sonntag trotz 3G-Regel einen Kirtag, der hervorragend besucht war. Die Menschen freuen sich also wieder auf die Öffnungsschritte. (Zwischenruf des Abg. Köchl.)
Was aber schon jetzt, in der momentanen Situation, eine Schwierigkeit darstellt, ist, dass der Bauboom dafür sorgt, dass manche Gemeinden aufgrund der Hilfsgelder aus dem KIP 2020 die Projekte nicht bis Ende des Jahres umsetzen können. Das Problem ist, dass manche Baufirmen einfach nicht die Möglichkeit haben – obwohl sie den Auftrag schon haben –, bis Ende 2021 den Baustart zu machen. Daher bemühen wir uns und beschließen auch heute, dass wir die Antragstellung, den Beginn der Bauprojekte, um ein Jahr verlängern, und auch die Fertigstellung – also den Punkt, an dem die Endabrechnungen kommen müssen – von 2024 auf 2025 verlängern. Damit schaffen wir Flexibilität und Planbarkeit für unsere Gemeinden, und ich sage es immer wieder: Wir von der Volkspartei, wir schauen auf unsere Gemeinden. Die Gemeinden können sich auf uns verlassen, wir helfen nämlich immer dann, wenn es notwendig ist. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Wir werden den Gemeinden auch in Zukunft helfen, und ich freue mich über jedes Projekt, das Gemeinden in den vergangenen eineinhalb Jahren aufgrund unserer Hilfsgelder umgesetzt haben: ob das ein Kindergarten oder ein Spielplatz ist, Rad- und Gehwege und so weiter und so fort – Sie kennen das alle von Ihren Gemeinden, und es freut mich wirklich, das zu sehen.
Wir werden uns auch in Zukunft für unsere Gemeinden verantwortlich zeigen, und ich bin mir sicher, dass vor allem das zweite Gemeindepaket jetzt unbürokratisch bei den Gemeinden ankommt und da auch dafür sorgt, dass der Ausfall der Ertragsanteile ausgeglichen werden kann. – In diesem Sinne: Herzlichen Dank dem Herrn Bundesminister! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
11.07
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Selma Yildirim zu Wort. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu meinem Vorredner möchte ich anmerken – das wird nämlich gerne übersehen, zu erwähnen –, dass dieses Hilfspaket an die Gemeinden in Wahrheit ja nur den starken, den finanzkräftigen
Gemeinden hilft und nur eine Kofinanzierung ist. Kleinere Gemeinden, die keine Mittel haben, profitieren da gar nicht bis ganz, ganz wenig, und ich würde mir wünschen, dass Sie, wenn Sie sich schon rühmen, alle Bereiche, auch die Schwachpunkte, erwähnen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Ich meine, da fällt Ihnen keine Perle aus der Krone, wenn Sie sagen: Aber auf die Kindergärten haben wir vergessen, es bräuchte ja so viele Kinderbetreuungseinrichtungen, und da könnten wir als Bund Rahmenbedingungen schaffen, die Gemeinden beim Personal unterstützen, damit es da den Familien besser geht und es nicht den Familien, die es eh schwer haben, in der Krise noch einmal schwerer gemacht wird!
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte aber unter diesem Tagesordnungspunkt einen Bereich herausheben, weil er mir wichtig erscheint – nämlich die Änderung des Bundesgesetzes zur Auffüllung der internationalen Finanzinstitutionen, also Entwicklungshilfe für ärmere Länder. Das kam jetzt einige Male zur Sprache, aber ich denke, es ist wichtig, über dieses Thema noch einmal zu reden, weil wir seit eineinhalb Tagen im Parlament und all die vergangenen Wochen sehr intensiv über Migration reden – egal aus welchen Beweggründen.
Ich denke, Migrationsbewegungen – da sind wir uns einig – entstehen, wenn die Arbeitsbedingungen und die Lebensbedingungen von Menschen vor Ort schlecht sind. Deshalb ist auch Entwicklungshilfe in Form von fairen Handelsbeziehungen wichtig, und es ist wichtig, diese fairen Handelsbeziehungen als ein starkes Instrument friedensstiftender Elemente zu erkennen und auch zu verfolgen. Das heißt, mit diesem Beschluss würden wir die rechtlichen Grundlagen für eine Auffüllung der österreichischen Beiträge an internationale Finanzinstitutionen beschließen. Unser Fokus sollte liegen und liegt – im Sinne einer nachhaltigen, weltweiten Entwicklungszusammenarbeit – darauf, unter dem Credo Hilfe zur Selbsthilfe die Lebenssituationen von Menschen zu verbessern. Akut geht es darum, Hungersnöte zu vermeiden und zu bekämpfen, das bedeutet in erster Linie, Kleinbäuerinnen und Kleinbauern unser Know-how zur Verfügung zu stellen, damit sie bei der Produktion von Lebensmitteln unterstützt werden. Da Klimaschutz global – also weltweit – gesehen werden sollte, hilft das natürlich auch den Klimaschutzzielen. Die Gelder sollen aber natürlich auch bei der Bekämpfung der Folgen der Covid-19-Krise helfen, die ja auch eine Gesundheits- und Nahrungsmittelkrise ist.
Wichtig, finde ich, ist in diesem Zusammenhang eben nicht nur finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, sondern in dieser Phase der Unterstützungsleistungen zur Halbzeit einen Zwischenbericht vorlegen zu lassen, um Ziele zu überprüfen, denn es kann ja nicht Geld zur Verfügung gestellt werden, ohne zu überprüfen, ob es denn auch zweckgerecht verwendet wird oder womöglich in irgendeinem korrupten Sumpf, der ja leider in vielen Ländern vorhanden ist, verschwindet. – Das ist eine positive Entwicklung.
Was mir bei dem Ganzen aber fehlt, das bei der Armutsbekämpfung aber zentral und bei einer nachhaltigen Entwicklungshilfe wichtig ist, ist der Zugang zu Bildung. Das ist das, was ich in der Ausschussdebatte eingebracht habe und einfordere: Wenn wir schon Gelder zur Verfügung stellen, sollten wir auch darauf achten, dass sie für die Bildung – als wichtiges Instrument – verwendet werden, damit die Leute einmal selbst auf die Beine kommen. (Beifall bei der SPÖ.)
Abschließend – nicht nur, weil es die Gewerkschaft in der Stellungnahme zu diesem Gesetz eingebracht hat –: Na ja, selbstverständlich müssen die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation eingehalten werden, das bedeutet, von Zwangs- und Kinderarbeit Abstand zu halten, Vereinigungsfreiheit, das Recht auf Kollektivverhandlungen sowie das Verbot der Diskriminierung im Beruf. Aus Sicht der SPÖ kann das eigentlich nur unterstützt werden.
Zusammenfassend halte ich fest: Ja zu Entwicklungszusammenarbeit und internationaler Solidarität, aber auch ja zum Zugang zu Bildung und zu ArbeitnehmerInnenrechten. Da haben wir noch Aufholbedarf. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)
11.12
Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Jakob Schwarz, Sie sind zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren Minister! Hohes Haus! Liebe Damen und Herren! Frau Abgeordnete Yildirim hat es schon angesprochen: Im ersten Tagesordnungspunkt geht es um eine Frage der internationalen Solidarität. Österreich leistet mit dieser Regierungsvorlage einen Beitrag zur multilateralen Entwicklungszusammenarbeit, ein Thema, das auch aufgrund der Klimakrise und ihrer globalen Auswirkungen zunehmend von Bedeutung sein wird. Die Regierung kommt ihrer Verantwortung nach und stellt Mittel für den Asiatischen Entwicklungsfonds und den Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung entsprechend zur Verfügung.
Vor allem möchte ich aber auch auf ein Instrument europäischer Solidarität eingehen – das ist das Thema und der Anlass für Tagesordnungspunkt 2 und die Novelle, die dahintersteckt –, und zwar deshalb, weil es natürlich national wichtig ist, dass wir diesen Wiederaufbau gut gestalten und auch in die Transformation investieren – das tun wir. Gleichzeitig aber ist es wichtig, dass das auch in Europa, in der EU passiert, da wir wollen, dass wir in der Europäischen Union quasi solidarisch handeln, aber natürlich auch, dass unsere Bestrebungen hin in Richtung nachhaltige Entwicklung und Erholung unterstützt werden, wenn die gesamte Europäische Union in diese Richtung zieht.
Es hat natürlich auch wirtschaftlich Vorteile für uns, wenn Staaten, die große Nachfrager unserer Produkte sind, sich gut erholen. Ich glaube, dass das mit dem europäischen Wiederaufbauprogramm, mit dem europäischen Wiederaufbaufonds RRF gut gelingen wird, und zwar weil es, wie ich meine, in vielfacher Hinsicht ein vielversprechendes Instrument ist.
Zum einen ist es eine klare Botschaft für europäische Solidarität: Die EU-Staaten nehmen über die Kommission gemeinsam Mittel auf, um den Wiederaufbau zu finanzieren. Zweitens wird nicht gespart, sondern massiv in den Wiederaufbau investiert. 700 Milliarden Euro werden aufgenommen, das ist quasi kein Kleckern, sondern das ist tatsächlich ein echter Investitionsturbo.
Drittens: Es ist entscheidend, dass man nicht einfach Geld willkürlich verteilt, sondern dass das zielgerichtet und treffsicher ist. Auch das ist beim RRF gewährleistet: Es wird in Richtung Ökologisierung und in Richtung Digitalisierung investiert, auch da haben wir die Rückmeldung von der Kommission, dass der österreichische Beitrag, der österreichische Wiederaufbauplan in dem Sinne, dass er sowohl die Digitalisierungsquote als auch die Klimaquote übererfüllt und damit diesen Beitrag verstärkt, beispielgebend ist. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Viertens, und damit möchte ich wirklich sozusagen beim Tagesordnungspunkt 2 ins Detail gehen, ist es natürlich wichtig, dass nicht nur in der Planung treffsicher und zielgerichtet gearbeitet wird, sondern dass es auch bei der Umsetzung so ist und dass die Mittel entsprechend verwendet werden. Abgeordneter Kopf hat es vorhin schon angesprochen, das wurde in Österreich mit der Einmeldung in die Transparenzdatenbank realisiert. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Das steht sozusagen jetzt zum Beschluss an. Es gibt natürlich noch Verbesserungsnotwendigkeiten hinsichtlich Transparenzdatenbank, da bin ich bei Ihnen, aber es ist eine gute Sache, dass diese Mittel unter
einem eigenen Titel in die Transparenzdatenbank eingemeldet werden und entsprechend nachvollzogen werden kann, ob die Mittel tatsächlich so verwendet werden, wie sie ursprünglich intendiert sind.
Letzter Punkt: Der RRF und das mehrjährige Budget der EU müssen natürlich auch finanziert werden. Darum greifen wir jetzt auch noch mit einer kleinen Novelle ins Finanzausgleichsgesetz ein. Da wird klargestellt, wie sich die Finanzierung – zu der Österreich einen großen Beitrag, einen fairen Beitrag leistet – zwischen den Ländern und dem Bund aufteilt. In diesem Sinne bitte ich um breite Unterstützung für diese Regierungsvorlagen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
11.16
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Gernot Blümel zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir debattieren hier eine Reihe von unterschiedlichen Gesetzentwürfen, und ich möchte zu einigen Punkten kurz Stellung nehmen.
Zunächst zum IFI-Beitragsgesetz: Der vorliegende Gesetzentwurf schafft ja die Rechtsgrundlage dafür, dass wir die Mittel für zwei internationale Finanzinstitutionen im Bereich der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung stellen können, nämlich einerseits den Asiatischen Entwicklungsfonds und andererseits den Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung.
Beim Asiatischen Entwicklungsfonds leistet Österreich in den nächsten zehn Jahren einen Beitrag von 18,9 Millionen Euro, und beim Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung sind es 16 Millionen Euro für die Jahre 2022 bis 2024. Der österreichische Anteil an diesen beiden Fonds bleibt also in etwa gleich hoch, und wir leisten damit nachhaltig einen verlässlichen Beitrag zur Erreichung der UN-Klimaziele.
Sie wissen ja, die Entwicklungszusammenarbeit in Österreich ist in die multilaterale und die bilaterale aufgeteilt, beide sind wichtige Säulen der internationalen Zusammenarbeit, die bilaterale hat sicherlich die Möglichkeit, höhere direkte Sichtbarkeit von Österreich bei einzelnen Projekten zu erwirken. Andererseits muss man aber schon sagen, dass die multilaterale Seite natürlich durch die gemeinsame internationale Herausforderung und Einzahlung einen größeren Hebel darstellt.
Vom Sammelgesetz, von TOP 2, möchte ich zwei Gesetzesänderungen herausgreifen, nämlich einerseits die Änderungen im Zusammenhang mit der Transparenzdatenbank und andererseits das Kommunalinvestitionsgesetz. Zur Transparenzdatenbank ist zu sagen, dass Österreich – wie von meinem Vorredner angesprochen – Geld aus dem Wiederaufbaufonds der Europäischen Union erhalten wird. Es ist noch nicht ganz klar, wie viel genau, das hängt ein bisschen von den Wachstumsraten in diesem Jahr ab, aber es werden wohl rund 3,5 Milliarden Euro sein. Klar ist natürlich, dass für die Verwendung der Mittel entsprechend Transparenz gewährleistet sein muss. Alle Leistungen, die über den Wiederaufbaufonds finanziert werden, werden daher auch in die Transparenzdatenbank eingemeldet.
Um gewährleisten zu können, dass die entsprechenden Behörden Zugriff haben und die Daten notwendigenfalls dort, wo es erlaubt und notwendig ist, weitergeben können, braucht es eine Änderung der Bundesabgabenordnung, um auch die Abgabenbehörde in die Lage zu versetzen, Einsicht in die Daten der Transparenzdatenbank nehmen zu
können. Es ist ja schon einiges darüber gesprochen worden, dass wir die Transparenzdatenbank Schritt für Schritt weiterentwickeln müssen. Ich gebe Ihnen vollkommen recht, Frau Kollegin, wir sind da noch nicht am Ziel angelangt.
Ich habe aber in der letzten Ausschusssitzung vernommen, dass auch Kollege Kollross ein Verfechter davon ist, dass man den Gemeinden einen Impetus gibt, auch einzumelden. Das habe ich wohltuend zur Kenntnis genommen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)
Es gibt auch Verbesserungen im Rahmen des Kommunalinvestitionsgesetzes. Vom ersten Gemeindepaket steht ja rund 1 Milliarde Euro für Investitionsprojekte, für Kommunen zur Verfügung. Wir haben nun Gott sei Dank eine sehr, sehr gute konjunkturelle Lage, aber das heißt, dass viele Unternehmen eine gute Auftragslage haben. Damit sich die Fristen für Aufträge weiterhin ausgehen, haben wir uns in der Koalition unter Einbindung des Gemeindebundes entschlossen, die Fristen, die im heurigen Jahr auslaufen würden, zu verlängern, damit es auch wirklich möglich ist, dass alle Gemeinden das Geld entsprechend abholen können. Neu ist daher, dass die Zuschüsse des Bundes nunmehr auch für Kinderbetreuung im Sommer 2021 und 2022 verwendet werden können und die Frist für die Einreichung der Endabrechnung entsprechend bis Ende 2025 verlängert wird.
Abschließend: Im aktuellen Monatsbericht haben ja am aktuellen Stichtag rund 1 635 Gemeinden beziehungsweise Gemeindeverbände mit bisher über 700 Millionen Euro bereits die Möglichkeit bekommen, das Geld zu verwenden. Das heißt, drei Viertel der zur Verfügung stehenden Mittel aus dem KIP sind genehmigt oder ausbezahlt worden und lösen damit Investitionen von 2,6 Milliarden Euro aus.
Zum Schluss noch ein Wort zum Ermächtigungsgesetz für den Gesundheitsminister: Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf inklusive Abänderungsantrag geht es natürlich auch darum, die Möglichkeit zu schaffen, dass Vorbelastungen zur Beschaffung von weiteren Covid-19-Impfstoffen in der Höhe von fast 1 Milliarde Euro für die Jahre 2022 und 2023 begründet werden können. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
11.21
Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Reinhold Einwallner. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese vier Tagesordnungspunkte geben uns heute Vormittag die Möglichkeit, über Finanzen und Steuern zu sprechen. Das ist eine gute Gelegenheit, weil es auch sichtbar macht, wie die Positionen in diesem Haus sind, wenn es um Steuergerechtigkeit geht. Meine Damen und Herren, eines muss uns klar sein: Die Bewältigung dieser Krise ist eine Frage der Gerechtigkeit, und diese Frage stellt sich vollkommen zu Recht. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir haben aufgezeigt, dass das Thema Steuergerechtigkeit ein vielschichtiges ist. Das geht von der Finanzierung der Gemeinden bis dorthin, wie es den ganz kleinen Unternehmen, den Kleinstunternehmerinnen und -unternehmen in unserem Land gegenüber den Konzernen, den Onlinekonzernen geht. Auch das ist eine Frage der Steuergerechtigkeit: Wie geht es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in unserem Land, meine Damen und Herren? (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn wir darüber sprechen, wie die Positionen hier im Haus sind, zeigt sich etwas Enttäuschendes, nämlich dass von den Grünen nichts zum Thema Steuergerechtigkeit kommt. Da gibt es McKinsey-Sprech von Herrn Schwarz, aber nichts zur Steuergerechtigkeit. Keine einzige Frage wird beantwortet! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Michael Hammer und Loacker.)
Die Grünen haben sich in dieser Frage offenbar aufgegeben, und das ist schon mehr als enttäuschend. Sie haben sich nicht nur in der Frage der Kontrolle, sondern offenbar auch in der Frage der Steuergerechtigkeit aufgegeben. (Beifall bei der SPÖ.)
Kollege Loacker echauffiert sich schon wieder: Meine Damen und Herren, das Thema Gerechtigkeit ist offenbar für ÖVP und NEOS ein ganz schwieriges. Das haben Frau Doppelbauer und Herr Kopf bewiesen. Wenn es um Gerechtigkeit geht, wird es schwierig für euch, weil ihr offenbar das Gefühl verloren habt. Ihr habt das Gefühl verloren, wie es den Menschen draußen geht, wie es jemandem geht, der am Ende des Monats nicht genau weiß, wie er die Miete zahlt. Dieses Gefühl habt ihr verloren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Dabei helfen auch keine Prognosen, auf die Sie sich stützen, denn keine Prognose zahlt eine Miete. Wir müssen die Menschen entlasten und in diesem Land für Steuergerechtigkeit sorgen, meine Damen und Herren. Dazu braucht es mehr als Ankündigungen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller. – Abg. Strasser: Hoffentlich zahlt ihr eure Mitarbeiter ordentlich!)
Von Kollegen Kopf ist heute wieder der Spruch gekommen: Geht es der Wirtschaft gut, geht es uns allen gut! – Geht es der Wirtschaft gut, geht es der Wirtschaft gut! Das ist schon alles. Wenn es den Menschen gut geht, geht es der Wirtschaft gut, Herr Kopf. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.)
Verwechseln Sie doch die Wirtschaft nicht mit der Wirtschaftskammer! Es kann schon sein, dass es der Wirtschaftskammer gut geht, weil diese ja offenbar mit der Abwicklung der Gelder und Förderungen auch von dieser Krise profitiert hat. (Zwischenruf des Abg. Lindinger.)
Meine Damen und Herren, abschließend noch ein Satz zu den Gemeinden: Frau Kollegin Götze – ich weiß nicht, ob sie noch hier ist –, es ist schon schön und gut, wenn die Gemeinden transparent auf der Homepage des Finanzministers sehen, wie viel Geld schon geflossen ist. Das ist aber nicht das Problem, das Problem ist ja ein ganz anderes, das ihr aber noch nicht am Schirm habt: Das Problem ist, dass diese Gelder wieder zurückbezahlt werden müssen – das ist das Problem für die Gemeinden in unserem Land. Daran müssen wir etwas ändern! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lindinger.)
Sie haben heute die Chance, entscheidend gegenzulenken, indem Sie den Antrag unserer Fraktion unterstützen, dass die Gelder wieder zu den Gemeinden zurückfließen und nicht wie ein Kredit behandelt werden. Jetzt ist die Stunde gekommen, in der es endlich den Zeitpunkt für Steuergerechtigkeit in diesem Land gibt. Nutzen wir diese Gelegenheit und schaffen wir Gerechtigkeit in unserem Land! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
11.25
Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter. – Bitte.
Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute die Finanzierung internationaler Finanzorganisationen, und wer uns kennt, weiß, wir werden nicht
dagegenstimmen, weil gerade für kleine Geber wie uns das Poolen von Mitteln bei großen Organisationen in vielen Fällen effizienter ist, als selbst kleine Eigenprojekte zu initiieren.
Wir sprechen uns schon lange für eine Erhöhung der Mittel für die EZA aus, und wir sprechen uns schon lange für eine Umschichtung der Mittel der EZA aus. Ich habe schon viele Anträge eingebracht, die ein Neudenken bei der Entwicklungszusammenarbeit einfordern. Was mich dabei aber wirklich stört, ist dieses sture und starre Weitermachen, auch wenn völlig klar ist, dass wir in unseren Schwerpunktländern sehr oft nicht jene Wirkung erzielen, die wir erzielen wollen.
Zwei Länder fallen da besonders auf: Uganda zum Beispiel, wo das Museveni-Regime vor Kurzem bei den letzten Wahlen wieder einmal massiv die eigene Bevölkerung unterdrückt hat. Noch schlimmer ist es jetzt in Äthiopien, dort herrscht Bürgerkrieg, es droht eine Hungerkatastrophe. Auch dazu haben wir schon mehrere Anträge eingebracht, die das Ziel haben, unsere Entwicklungszusammenarbeit neu zu bewerten und dafür zu sorgen, dass die Gelder den Opfern von Gewalt und Konflikten und nicht jenen Regimen, die die Gewalt erzeugen, zugutekommen. (Beifall bei den NEOS.)
Diese Anträge wurden wie üblich immer wieder vertagt. Was mich dabei aber besonders stört, ist, dass Kollege Reimon – ist er heute hier? – zu der Nichtbehandlung dieses Antrages gemeint hat: Österreich gibt ja viel zu wenig Geld her, als dass das jetzt irgendeinen Unterschied in Uganda oder in Äthiopien machen würde! Die Debatte ist den Aufwand überhaupt nicht wert!
Vielleicht hat er damit ja auch recht, vielleicht ist unsere Entwicklungszusammenarbeit tatsächlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein, der in den Empfängerländern überhaupt nicht auffällt. Gerade dann muss man sich aber neu orientieren. Das bedeutet, entweder wir poolen unsere gesamten EZA-Mittel bei größeren Organisationen, die das Geld dann auch zielgerichteter einsetzen, oder wir denken eben unsere Entwicklungszusammenarbeit völlig neu.
Dafür braucht es aber natürlich auch einen Unterausschuss, und dieser tagt in wirklich guten Jahren maximal einmal pro Jahr. Uns Mitgliedern des Unterausschusses ist versprochen worden, dass wir bei der Ausarbeitung der ADA-Strategie mitarbeiten können, dass wir eingebunden werden. Das ist nicht passiert – Versprechen gebrochen.
Auch Sitzungen des Außenpolitischen Ausschusses und des EZA-Unterausschusses noch vor der Sommerpause wurden uns versprochen. Das ist nicht passiert. Versprochen ist es worden, aber es ist nicht passiert.
Der Minister ist nämlich wahnsinnig beschäftigt und hat überhaupt keine Zeit, sich mit diesen Kleinigkeiten zu beschäftigen. Wenn das Rote Kreuz aber Geld braucht, wird innerhalb von sechs Tagen eine Sitzung des Außenpolitischen Ausschusses einberufen, denn da hält dann die Familie ganz gut zusammen.
So wird aus der Entwicklungszusammenarbeit nichts werden. Es ist wirklich besser, wenn wir unser gesamtes Budget, das ohnehin sehr knausrig ist, an große Organisationen geben. Wir müssen dann auch aufhören, so zu tun, als hätten wir überhaupt eine eigene Strategie. Dann gäbe es natürlich auch keine ADA mehr und damit keine Posten für die Familie, es wäre aber zumindest ehrlicher und zielgerichteter. (Beifall bei den NEOS.)
11.29
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte.
11.29
Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister für Finanzen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Ich habe nur wenig Redezeit. Ganz kurz: Wenn man sich die Argumentation und die Reden der Oppositionsparteien, ganz schwerpunktmäßig von den Freiheitlichen und von der SPÖ, angehört hat und wenn man vorher während der Fragestunde beim Herrn Finanzminister aufgepasst hat, der uns erklärt hat, wie man die Pandemie bis zum jetzigen Zeitpunkt überstanden hat: Ich glaube, ihr wollt einfach nicht akzeptieren, dass der Finanzminister und diese Regierung und wir hier im Parlament einfach gute, nachhaltige Hilfspakete geschnürt haben (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen), die Österreich wirklich top aus dieser Krise herausführen. (Zwischenruf des Abg. Angerer.)
Meine Redezeit ist zu kurz, Herr Kollege Angerer, um darauf einzugehen. Die Gemeindehilfen kennen wir alle. Es gibt nichts, was stehen bleibt. Du kennst die Situation mit dem Schnee heuer. Du weißt, wie man wartet, wenn das Land zuständig ist, wie lange das dauert, und du weißt, wie schnell das Geld geflossen ist, wenn man etwas eingereicht hat, wenn es vom Bund gekommen ist, wenn es vom Finanzministerium gekommen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Angerer.)
Weil heute die Gerechtigkeitsdebatte seitens der SPÖ so ins Schaufenster gestellt wird: Schaut, wer im Finanzausschuss oder im Budgetausschuss sitzt, und hört, was eure Leute dort sagen! Wisst ihr, was ihr gesagt habt, was eure Vertreter dort gesagt haben, als es den Umsatzersatz gegeben hat, wenn der kleine Wirt auf dem Land oder das kleine Kaffeehaus oder sonst jemand im November und Dezember einen hohen Umsatzersatz gekriegt hat? – Sie haben gesagt: Es wird überfördert!
Wisst ihr aber auch, dass die Unterstützung für die großen Hotels und die großen Betriebe nach oben hin gedeckelt ist? Das hat es, als ihr in der Regierung wart, nie gegeben, dass die kleinen Familienbetriebe, die kleinen Tschecherln, die kleinen Betriebe die volle Förderung ausschöpfen können, dass aber nach oben hin gedeckelt ist. Das ist Fairness, das ist Unterstützung dort, wo Not am Mann ist. Das Geld, das in Österreich – im Gegensatz zum Ausland – für diese Krise hergenommen worden ist, ist in diesem Land geblieben, und deshalb sind wir jetzt auf einem Erfolgskurs und werden top aus dieser Krise herauskommen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)
11.32
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Angela Baumgartner. – Bitte.
Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Die Regierungsmaßnahmen helfen. Obwohl die Unsicherheit betreffend den Pandemieverlauf und das Konsumentenverhalten noch hoch ist, erleben wir momentan einen Wirtschaftsaufschwung.
Im Jahr 2020 haben alle europäischen Staaten ein negatives Wachstum verzeichnet. Laut OECD-Prognose erholt sich das BIP bereits 2021, und für das Jahr 2022 wird eine Steigerung von 4,8 Prozent erwartet. Was bedeutet das? – Das bedeutet, die Auftragsbücher sind voll. Wir Gemeinden tragen wesentlich dazu bei.
Eben weil die Auftragsbücher voll sind, Herr Kollege Angerer von der FPÖ, verlängern wir die Fristen für die Antragstellung für Mittel aus dem Kommunalinvestitionsgesetz,
und nicht deshalb, weil die Gemeinden es sich nicht leisten können, ihre Projekte umzusetzen. (Zwischenruf des Abg. Angerer.) Dadurch wird natürlich den Gemeinden ermöglicht, die Projekte umzusetzen und sich ein bisschen länger Zeit zu lassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wir Gemeinden sind es, die zur Stärkung des Standortes beitragen. Wir investieren in die Infrastruktur, in die Bildung, in die Sicherheit. Als Bürgermeisterin weiß ich, wie wichtig dieses Paket für die Gemeinden und für unsere Bürgerinnen und Bürger ist, eben weil das Geld direkt in der heimischen Wirtschaft ankommt. Es werden Arbeitsplätze gesichert, und der ländliche Raum wird gestärkt, was für uns sehr wichtig ist.
Liebe Kollegen von der SPÖ, manchmal glaube ich, ihr wohnt auf einem Stern und lasst euch immer nur zur Sitzung herbeamen (Beifall bei der ÖVP), speziell Frau Kollegin Yildirim, Kollegin Herr und Kollege Lercher. Frau Kollegin Yildirim, glaube ich, war einmal im Gemeinderat. Kollegin Herr und Kollege Lercher, glaube ich, waren noch nie in einem Gemeinderat und stellen sich da her und wollen uns das Gemeindebudget erklären.
Ich sage Ihnen eines: Ich bin seit sieben Jahren Bürgermeisterin. Sie dürfen sich ausrechnen, wie oft ich schon ein Gemeindebudget erstellt habe. Wenn ich dann höre, was alles über uns ausgeschüttet wird, schnürt es mir wirklich fast die Kehle zu. Meine Gemeinde ist wirklich keine finanzstarke Gemeinde, aber wir haben es geschafft, wirklich gut aus der Krise zu kommen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Ich habe es an dieser Stelle schon einmal gesagt, und ich wiederhole es noch einmal (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek): Wir, die ÖVP, sind die Bürgermeisterpartei. Wir wissen, wo der Schuh drückt und wie wir helfen können (Zwischenrufe bei der SPÖ), nämlich mit diesen zwei Gemeindepaketen und mit der Verlängerung der Frist für die Antragstellung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
11.35
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Franz Leonhard Eßl. – Bitte.
Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich rede heute über das Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen. Diese Beiträge dienen dem Zweck der Entwicklungszusammenarbeit. Das sind die Mittel, um diese Fonds aufzufüllen: Wir reden erstens vom Asiatischen Entwicklungsfonds. Österreich ist da mit 18,9 Millionen Euro für die Jahre 2021 bis 2031 beteiligt. Das sind 0,74 Prozent des Gesamtvolumens. Diese Mittel fließen in die ärmsten Länder in Asien und im pazifischen Raum.
Der zweite Fonds ist der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung. Da ist Österreich mit 1,64 Prozent und insgesamt 16 Millionen Euro für die Jahre 2022 bis 2024 beteiligt. Die Mittel dieses Fonds kommen insbesondere Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in benachteiligten Gebieten weltweit mit Schwerpunkt Afrika zugute. Dies passiert über Zuschüsse oder langfristige Kredite mit geringen Zinsen.
Wir schaffen mit diesem Gesetz die rechtlichen Grundlagen dafür, dass Maßnahmen wie Stärkung der Gesundheitssysteme, Entwicklung von Infrastruktur oder Verbesserung der Bildungssysteme in diesen Ländern vorangetrieben werden. Gerade jetzt sind diese Mittel zur Bewältigung der Pandemie, zur Abmilderung der sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie sehr, sehr wichtig.
Vor allem wenn wir die Hilfe vor Ort im Zusammenhang mit den stattgefundenen Flüchtlingsbewegungen in den letzten Jahren sehen, dann wissen wir, dass diese Mittel gut eingesetzt sind, denn tatsächliche Hilfe für die Leute vor Ort ist das beste Mittel, dem entgegenzuwirken.
Stabile Verhältnisse in den ärmeren Ländern dieser Welt helfen nicht nur den Menschen dort, sondern kommen indirekt natürlich auch den Geberländern zugute. Darum: Stimmen Sie diesem Gesetz bitte zu! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)
11.38
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Lindinger. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wenn wir hier heute das Kommunalinvestitionspaket diskutieren, geht es vor allem um Liquidität, geht es vor allem um Planungssicherheit in den Gemeinden. Wir schaffen mit den 2,5 Milliarden Euro die Basis für die Umsetzung vieler Projekte und Maßnahmen und Investitionen draußen.
Warum müssen wir diese Fristen jetzt verlängern? – Weil die Bauwirtschaft boomt, weil die Auftragsbücher voll sind. Das ist zum einen gut, die Konjunktur wird angekurbelt, aber wir erreichen mit der Fristverlängerung, dass die Gemeinden das Geld auch wirklich voll abholen können. Insgesamt sind ja mittlerweile drei Viertel aller Mittel auf Basis dieses Kommunalinvestitionsgesetzes abgeholt.
Warum ist dieses Geld gut und richtig investiert? – Weil die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die Funktionärinnen und Funktionäre draußen wissen, wo der Schuh drückt, bei welchen Projekten die Umsetzung jetzt wichtig ist. Sie haben es in der Hand.
Ich denke an meinen Bezirk, daran, wie vielfältig die Projekte und Investitionen angelegt werden, von Radwegen über Kinderbetreuungseinrichtungen, Gebäude für Vereine und Organisationen bis hin zu Freizeiteinrichtungen. In meiner Gemeinde investieren wir in zwei Spielplätze. Der eine wird erneuert und erweitert, und ein weiterer wird neu gebaut. Das ist eine Möglichkeit für die Kinder und Jugendlichen, sich zu treffen, aber auch dafür, dass Jung und Alt voneinander lernen – ein Generationenpark.
Ich möchte eines festhalten – weil ich in vielen Gesprächen mit meinen Bürgermeisterkolleginnen und -kollegen darüber diskutiert habe –: dass dieses Geld einfach und unkompliziert abgeholt werden kann. Sie haben gesagt: Selten, dass so ein Gesetz wirklich so ausgezeichnet funktioniert! – Deshalb möchte ich die Anschuldigungen von der Opposition auch dementsprechend aufs Schärfste zurückweisen. Diese 2,5 Milliarden Euro sind gut investiert. Die Verlängerung ist wichtig, und ich bitte um Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
11.40
Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Klaus Köchl zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bürgermeisterkollegin Baumgartner hat behauptet, dass die Gemeindegelder ausreichend sind. – Das ist unwahr.
Ich berichtige tatsächlich, dass ich aus meiner Erfahrung als Bürgermeister sagen kann (Widerspruch bei der ÖVP – Abg. Wöginger: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!), dass ich mit den Geldern in den letzten 18 Jahren immer ausgekommen bin und wir jetzt 300 000 Euro nicht im Budget haben können. Herr Minister, ich bitte Sie – und ich habe Sie schon öfter ersucht –: Gleichen Sie das bitte aus, ansonsten werden die Gemeinden das Ganze nicht stemmen! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)
11.41
Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war natürlich keine tatsächliche Berichtigung, weil es sozusagen eine politische Meinung war. Ich würde wirklich darum ersuchen, dass wir uns darauf konzentrieren, dass eine tatsächliche Berichtigung einen berichtigenden Sachverhalt beinhalten muss.
Jetzt ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet, und damit schließe ich diese Debatte.
Ich frage, ob seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht ist. – Das ist nicht der Fall.
Bevor wir zur Abstimmung kommen, frage ich die Klubs, ob wir gleich fortfahren können. – Gut, dann gehe ich so vor.
Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen erlassen und das Bundesschatzscheingesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 891 der Beilagen.
Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung, das Finanzausgleichsgesetz, das Katastrophenfondsgesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, in 953 der Beilagen.
Hiezu liegen ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Angerer, ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Yildirim sowie ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Doppelbauer vor.
Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über den Artikel 4 in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer hierfür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig so angenommen.
Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über den Artikel 5 in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer stimmt dem zu? – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Unterstützung für Gemeinden in der Krise“.
Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Julia Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Steuersenkung für die Menschen, statt Steuergeschenke für Millionäre!“.
Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mehr Transparenz für die Transparenzdatenbank“.
Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung der Finanzierung der Feuerwehren“. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Es ist die Minderheit, abgelehnt.
Damit kommen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 954 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer ist für die Kenntnisnahme des Berichtes? – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.
Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz genehmigt wird, erlassen wird und das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert wird, in 955 der Beilagen.
Hiezu haben die Abgeordneten Kopf, Götze, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.
Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Änderungsantrag betroffen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Die Abgeordneten Kopf, Götze, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 eingebracht.
Wer sich für diesen Abänderungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.
5. Punkt
Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (937 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Polizeiliche Staatsschutzgesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung 1975 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden (963 d.B.)
6. Punkt
Zweite Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 1086/A der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (Verfassungsgesetz zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung) (1025 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zu den Tagesordnungspunkten 5 und 6, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Ich begrüße Herrn Bundesminister Karl Nehammer im Hohen Haus.
Als erster Redner ist Herr Abgeordneter Nikolaus Scherak zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wir beschließen heute hier im Hohen Haus eine Neuordnung des Verfassungsschutzes, des Staatsschutzes. Das ist eine Reform, die dringend notwendig ist, Herr Bundesminister, wie wir auch aufgrund der Vorgänge rund um den Terroranschlag vom 2. November leider sehr anschaulich miterlebt haben.
Der Verfassungsschutz ist in Österreich schon sehr lange eine riesige Baustelle, das hat auch der Bericht der unabhängigen Zerbes-Kommission noch einmal sehr augenscheinlich dargelegt. In diesem Kommissionsbericht waren einigermaßen erschreckende Ergebnisse, und deswegen haben sich alle Parteien hier im Parlament – und das ist etwas, was ich als sehr positiv angesehen habe – geeinigt, dass wir uns gemeinsam überlegen, wie wir das BVT komplett neu aufstellen können.
Diese Verhandlungen sind aus meiner Sicht – und ich habe das im Geschäftsordnungsausschuss gestern schon gesagt – ein wirklich positives Beispiel, ja ein Paradebeispiel dafür, wie gelebter Parlamentarismus funktionieren kann, wie man gemeinsam an Gesetzesvorhaben arbeiten kann, wie unterschiedliche Standpunkte, die es zweifelsohne auch geben soll, gemeinsam diskutiert werden können, wobei man versucht, das Bestmögliche für alle Parteien und vor allem für den Staat Österreich herauszuholen. Dafür will ich mich noch einmal ganz ausdrücklich bei allen, die da mitverhandelt haben, bedanken. (Beifall bei NEOS, ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Trotzdem ist es so, dass wir als NEOS am Schluss der Reform, so wie sie jetzt vorliegt, eben nicht vollinhaltlich zustimmen können. Wir wollen – und das ist, glaube ich, das Anliegen von allen hier im Parlament –, dass der Verfassungsschutz, der Staatsschutz seiner Arbeit nachgehen kann und dass er dieser Arbeit gut nachgehen kann. Was wir uns aber wünschen würden und was aus unserer Sicht nicht ausreichend gewährleistet ist, ist, dass er auch umfassend und begleitend vom Parlament kontrolliert werden kann.
Es sind wirklich massive Verbesserungen in der Reform drinnen, das ist etwas, das wir auf jeden Fall sehen; was aber aus unserer Sicht nicht vorgesehen ist, ist diese umfassende, echte Kontrolle durch das Parlament.
Geheimdienste, Nachrichtendienste, Behörden wie das BVT agieren grundsätzlich im Dunkeln. Das ist ihnen wesensimmanent, das müssen sie, sonst könnten sie ihre Arbeit nicht machen. Wenn eine Behörde im Dunkeln agiert, braucht es aber umso mehr ein starkes Parlament mit einer größtmöglichen Kontrollmöglichkeit, weil nur so gewährleistet werden kann, dass der Verfassungsschutz, der leider über Jahre eine ziemliche Blackbox war – in mehrerlei Bedeutung des Wortes –, auch entsprechend kontrolliert wird.
Die Kontrollkommission, die jetzt eingeführt wird, ist weitaus besser als der Status quo, und sie gibt auch die Möglichkeit, dass über Ersuchen des entsprechenden Ausschusses im Parlament entsprechend kontrolliert werden kann. Das geht uns aber, wie schon gesagt, nicht weit genug. Ich bin davon überzeugt, dass die Kontrollbefugnisse der Kommission weiter gehen müssen und sich nicht nur auf abgeschlossene Ermittlungen beziehen können. Das kann aus meiner Sicht nicht reichen. Mir ist auch voll und ganz bewusst, dass es einigermaßen komplex wäre, eine Lösung zu finden, wie man auch bei laufenden Ermittlungen entsprechend nebenbei kontrollieren kann; aber ich bin auch überzeugt davon, dass wir uns dieser Herausforderung noch mehr hätten stellen müssen und eine Lösung gefunden hätten.
Überlegen Sie am Beispiel des Terroranschlags vom 2. November: Eine Kontrollkommission könnte nicht tätig werden, weil die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind. Ich bin überzeugt davon, dass eine während der Ermittlungen stattfindende Kontrolle etwas Positives ist. Solche Beispiele gibt es, man braucht sich das nur in Deutschland anzuschauen. Dort gibt es bei besonderen Einzelfällen, die Gegenstand politischer Diskussionen sind, die Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung sind, die Möglichkeit, dass das Parlament, die Kontrollinstanzen auch begleitend kontrollieren. Das ist hier nicht der Fall, deswegen gibt es auch keine Zustimmung von uns NEOS.
Trotzdem erachte ich, wie ich vorhin schon gesagt habe, die Art und Weise, wie wir es gemeinsam als Parlament hier geschafft haben, sinnvolle unterschiedliche Standpunkte zu einer gemeinsamen Reform zu bringen, als etwas ganz Besonderes. Das ist leider nicht immer so im Nationalrat beziehungsweise im Parlament, und ich glaube, wir sollten uns das als ein positives Beispiel nehmen und insgesamt schauen, dass wir unterschiedliche Standpunkte besser miteinander diskutieren und vielleicht zu insgesamt besseren Lösungen für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land kommen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)
11.53
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Karl Mahrer. – Bitte.
Abgeordneter Karl Mahrer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, heute ist ein besonderer Tag, ich würde sagen, im Sinne des Verfassungsschutzes in Österreich ein historischer Tag, und alles ist doch eigentlich so einfach.
Sie alle wünschen sich Schutz und Sicherheit. Sie alle wünschen sich, friedlich in Österreich leben zu können, geschützt durch einen funktionierenden Verfassungsschutz. Sie alle, die Menschen in Österreich, wünschen sich auch noch etwas: Sie wünschen sich, dass wir in der Politik endlich vom Gegeneinander zum Miteinander kommen – deshalb ist der Tag heute besonders wichtig. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)
Erinnern Sie sich noch an die Worte von Karl Nehammer? – Er hat damals, Anfang 2020, davon gesprochen, „dass die Schutzmauer der Republik Risse bekommen hat“. Genau deshalb hat er Anfang 2020 den Auftrag zur Neuaufstellung des alten BVT gegeben.
Ich erinnere mich heute noch an die vielen, vielen Stunden, die wir zunächst in Gesprächen mit dem Koalitionspartner verbracht haben. Ich möchte hier ganz explizit meinem Pendant als Sicherheitssprecher bei den Grünen, Mag. Georg Bürstmayr, und Mag. Agnes Sirkka Prammer danken, die mit hoher Expertise und großem Feingefühl stundenlang mit uns diskutiert haben. Wir haben dann eine Basis geschaffen, weil wir wussten, dass es wesentlich ist, eine möglichst breite Basis für die umfassende Verfassungsschutzreform der Zweiten Republik zu erreichen.
Wir alle wissen, wie wichtig es gerade beim Thema Sicherheit ist, dass wir zusammenarbeiten, dass wir konstruktiv zusammenarbeiten, daher freut es mich als Obmann des Innenausschusses besonders – Niki Scherak hat es angesprochen –, dass wir es zu einem großen Teil gemeinsam geschafft haben.
Wir gründen mit 1. Dezember eine neue Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst. Wir schaffen eine klare Trennung zwischen dem Nachrichtendienst und dem Staatsschutz innerhalb einer Behörde mit einer rund um die Uhr funktionierenden Schnittstelle. Wir schaffen eine unabhängige, weisungsfreie Kontrollkommission zur Überprüfung des organisatorischen und personellen Funktionierens dieser neuen Behörde, dieser neuen Direktion, samt Berichterstattung an den Innenminister, an das Parlament und an die Öffentlichkeit.
Auch erweitern wir – das ist mir besonders wichtig und das war auch der Opposition besonders wichtig – wie noch nie zuvor die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes durch umfassende gesetzliche Regelungen im neuen Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetz und im Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates. Meine Damen und Herren, wir stellen eine professionelle, transparente, qualitätsvolle Auswahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der neuen Direktion künftig sicher.
Ich danke an dieser Stelle allen Fraktionen. Den Grünen habe ich schon gedankt. Der Opposition möchte ich es ebenfalls noch ausdrücklich sagen: Reinhold Einwallner, wie oft haben wir telefoniert! Wie weit waren wir auseinander, und wie sehr haben wir beide versucht, aufeinander zuzugehen! Das Gleiche gilt für Hannes Amesbauer von den Freiheitlichen. Wir waren weit auseinander, wir haben mit viel Emotion diskutiert, aber wir haben letztlich zu einer gemeinsamen Lösung gefunden.
Ich danke auch den NEOS für ihre Vorschläge, auch wenn sie als Fraktion am Ende nicht völlig dabei sind. Aber verzeiht mir, die Forderung von Frau Dr. Krisper, eine operative Kontrolle von Einzelfällen während laufender Ermittlungen zu schaffen – das geht einfach nicht. Das würde das Vertrauen der internationalen Partnerdienste beeinträchtigen, und es würde unter Umständen auch das Leben einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefährden, wenn hier Informationen ungezügelt hinausgingen. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Das Regierungsprogramm war schon ein guter Start für den Verfassungsschutz und für die Verfassungsschutzreform. Die Regierungsvorlage war eine gute Basis, aber hier im Parlament haben wir durch gelebten Parlamentarismus noch vieles erreicht, und die heutigen Abänderungsanträge zeigen: Jetzt haben wir ein ausgewogenes Paket für einen funktionierenden Verfassungsschutz und für eine funktionierende parlamentarische Kontrolle in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)
Abschließend, meine Damen und Herren, und zum eigentlichen Thema zurückkommend: Das Thema Sicherheit und Verfassungsschutz hat uns aus meiner Sicht wieder
zu den guten Tugenden der Politik zurückgeführt, vom Gegeneinander zum Miteinander. Das ist gut im Dienste der Demokratie, im Dienste des Parlamentarismus und im Dienste der Menschen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Scherak.)
11.59
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte.
Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich glaube, und das haben die Vorredner schon aufgezeigt, dass es durchaus in vielen Punkten Einigkeit darüber gibt, was ein Verfassungsschutz können muss. Auch glaube ich, dass gerade der Prozess, den wir Vertreterinnen und Vertreter aller Fraktionen in den letzten Monaten geführt haben, durchaus vorbildlich war.
Nachdem ich das Thema Vertagung und Umgang mit der Opposition gestern zum Thema gemacht habe, möchte ich aber an dieser Stelle generell den Innenausschuss hervorheben, weil wir dort über die letzten Monate wirklich zu einer sehr konstruktiven Arbeitsweise gefunden haben. Auch der Ausschussvorsitzende hat immer sehr intensiv daran gearbeitet, dass wir möglichst gemeinsam agieren, insbesondere beim Vorgehen rund um den Terroranschlag und so weiter, wo wir durchaus versucht haben, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Das wäre auch für andere Ausschüsse vorbildlich.
Ein Verfassungsschutz – davon sind wir überzeugt – muss immer die aktuelle Gefährdungslage im Blick haben. Er muss immer dafür sorgen, dass die Sicherheit in diesem Land gewährleistet ist. Er muss sowohl im Inland als auch im Ausland mit den Nachrichtendiensten kooperieren, bestmöglich zusammenarbeiten und die Informationen zusammenführen. Er muss die Mittel bekommen, die er braucht, um das tun zu können. Ich glaube, auch da sind wir viele Schritte weitergegangen, gerade auch mit einem gewissermaßen transparenten Budget durch den Unterausschuss, schon in der Vergangenheit, aber er muss diese Mittel, die er bekommt, auch effizient und gut nutzen.
Zuallerletzt – und das ist auch der Grund, warum wir uns heute sehr schwertun, hier mitzustimmen, weswegen wir nicht mitstimmen werden – muss natürlich Kontrolle gewährleistet sein: Kontrolle, die permanent auch vom Parlament gewährleistet und ausgeübt und begleitet wird. (Abg. Lausch: Kontrolle in der ÖVP ist ein Widerspruch! Das geht nicht zusammen!)
Es gibt in diesem Vorschlag durchaus Verbesserungen, die man hervorheben muss: Es kann nun eine Minderheit den Ständigen Unterausschuss einberufen, und auch die Kontrollkommission ist durchaus ein Schritt in die richtige Richtung. Kollege Scherak hat es aber schon angesprochen: Die Kontrollkommission alleine hilft nicht, wenn sie die möglichen Kontrollmechanismen nicht wirklich entfalten kann, um permanente Kontrolle durch das Parlament gewährleisten zu können.
Sie, Herr Kollege Mahrer, haben auch schon die Einzelfälle angesprochen. Wir erachten es für notwendig, dass auch diesbezüglich die Kontrolle permanent und auch während des Verfahrens laufend gewährleistet sein muss, insbesondere wenn sie im öffentlichen Interesse stehen und auch tagespolitisch ein Thema sind. Es wurde zweimal von beiden Vorrednern das Thema Terroranschlag vorgebracht. Das zeigt genau dieses Thema ja auch perfekt auf: Der Terroranschlag hat stattgefunden. Wir haben dann relativ schnell die Zerbes-Kommission zum Arbeiten gebracht, die parallel Erkenntnisse berichtet und aufgezeigt hat.
Ich weiß, das kann man nicht mit einer Kontrollkommission gleichsetzen, aber es zeigt, dass man parallel politische Schlüsse ziehen und schauen kann, was hier politisch passiert und wie es passiert. Genau das wäre auch ein Vorbild, diesen Prozess so zu starten, um dann permanente politische Kontrolle im Ausschuss durch das Parlament zu haben und auch die notwendigen Schlüsse ziehen zu können.
Das zweite Argument, das kommt, ist das Thema Geheimhaltung, es wäre gefährlich für Mitarbeiter et cetera. Ich verstehe diesen Grundgedanken, aber man darf nicht vergessen: Für alle Beteiligten gilt die Amtsverschwiegenheit. (Abg. Gerstl: Kontrolle ...! – Ruf bei der ÖVP: Untersuchungsausschuss ...! – Abg. Pfurtscheller: Die Verschwiegenheit der NEOS, die kennen wir schon!) Die Kontrollkommission ist über die Amtsverschwiegenheit daran gebunden, mit diesen Maßnahmen nicht an die Öffentlichkeit zu gehen.
Kontrolle heißt ja nicht, Dinge in die Öffentlichkeit zu tragen, sondern heißt, sich intensiv parlamentarisch mit den Themen auseinanderzusetzen, wie wir das auch in der Vergangenheit im Unterausschuss sehr oft getan haben. Gerade auch in dieser Hinsicht ist der Umgang mit dem Terroranschlag ein Paradebeispiel dafür, wie das sehr gut funktioniert, weil Dinge da nicht nach außen gedrungen sind. Wir haben im Unterausschuss sehr gut analysiert und auch überfraktionell, glaube ich, zusammengearbeitet.
Genau das wären die Schritte gewesen, die wir auch für das neue BVT, für die Neuaufstellung gebraucht hätten, damit wir heute hier mitgehen können. Ich glaube trotzdem, dass viele richtige Schritte dabei sind, das Thema Kontrolle wäre aber noch besser abzubilden gewesen, denn Kontrolle schafft Transparenz, schafft Prävention und schafft auch Legitimität. Genau das wären Schritte gewesen, die noch notwendig gewesen wären. (Beifall bei den NEOS.)
12.03
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Reinhold Einwallner. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, ich glaube, dass eine Reform des BVT und des Verfassungsschutzes ganz, ganz dringend notwendig war. Das steht außer Frage. Wir alle kennen die Vorfälle der letzten Jahre im BVT und wissen, welch großen Schaden der österreichische Verfassungsschutz genommen hat. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.)
Ich glaube, die Analyse dessen, was in der Vergangenheit alles schiefgelaufen ist, können wir uns heute hier an diesem Tag ersparen, weil wir uns von Anfang an – es war von allen Parteien im Parlament eine breite Beteiligung angekündigt – die Reform des Verfassungsschutzes und der Nachrichtendienste auf die Agenda geschrieben haben. Es stimmt schon, dass wir eingebunden waren, ich muss allerdings dazusagen: Das war nicht von Anfang an so. Man muss ehrlicherweise auch sagen, dass der Terroranschlag vom 2. November das Prozedere auch betreffend die Reformschritte, die Reformbemühungen und die Einbindung der Fraktionen deutlich beschleunigt hat.
Wir als Sozialdemokratie haben einen Vorschlag vorgelegt, wie wir uns eine moderne Sicherheitsarchitektur inklusive eines modernen Nachrichtendienstes und Staatsschutzes vorstellen können. Es waren für uns zwei Punkte ganz wichtig und entscheidend: auf der einen Seite eine starke parlamentarische Kontrolle, auf der anderen Seite eine strikte Trennung zwischen Nachrichtendienst und Staatspolizei beziehungsweise Staatsschutz. Das waren unsere zwei großen Punkte, sage ich jetzt einmal.
Wir hätten uns natürlich auf der einen Seite bei der Trennung der beiden Dienste ein konsequenteres Vorgehen gewünscht, sodass diese Organisationseinheiten tatsächlich
voneinander getrennt sind. Sie sind jetzt zwar organisatorisch getrennt, aber noch unter einem Dach. Das sehen wir nach wie vor durchaus kritisch.
Jetzt aber zu den sehr, sehr positiven Aspekten dieser Vorlage und dieser Gesetze, die heute hier vorliegen: Es ist ein Meilenstein hinsichtlich parlamentarischer Kontrolle, der uns hier gelungen ist – und der ist uns wirklich parteiübergreifend gelungen. Wir ermöglichen in den Unterausschüssen für die Nachrichtendienste – für Inneres sowie für Landesverteidigung – einen Paradigmenwechsel und erreichen, dass es eine Berichtspflicht gibt, dass es strukturierte Abläufe gibt, dass es regelmäßige Lagebilder gibt und dass es ein Minderheitsrecht gibt, sodass ein Viertel der Abgeordneten Sitzungen und Berichte einfordern und auch der neu geschaffenen Kontrollkommission Prüfaufträge erteilen kann.
Ich glaube, das ist ein Herzstück dieser Reform. Ich verstehe teilweise die Kritik der NEOS, aber ich glaube, es ist uns da ganz, ganz viel gelungen. Es wäre natürlich schön gewesen, wenn wir hier eine Fünfparteieneinigung erzielt hätten. Ich weiß, dass ihr viele dieser Punkte natürlich auch positiv seht.
Diese Stärkung der Kontrollrechte ist eine große Veränderung gegenüber dem ersten Entwurf, weil wir so die Kontrollkommission ganz, ganz klar im Hauptausschuss mit Zweidrittelmehrheit wählen, auch hier im Plenum wählen und weil die Kriterien für die Mitglieder dieser Kommission auf einem hohen Niveau sind, damit wir wirklich eine gute Basis für eine starke Kontrolle haben, um wieder Vertrauen in unsere Nachrichtendienste zu schaffen.
Meine Damen und Herren, jetzt haben wir die Grundlage im Gesetz. Es wird die Frage und die Herausforderung sein, wie wir das mit Leben erfüllen. Es ist jetzt die Verantwortung und Aufgabe des Ministers, alles, was jetzt da ist, personell so auszustatten, dass es dann in Zukunft gut funktioniert. Da wird es, Herr Minister, gelingen müssen, von einer Personalpolitik abzukehren, wie sie in den letzten Jahrzehnten im BVT war. (Beifall bei der SPÖ.) Wir brauchen Qualität. Wir müssen Vertrauen zurückgewinnen; Vertrauen ist die Währung in den Nachrichtendiensten. Wir brauchen auch die internationale Anbindung wieder.
Es freut mich, dass es gelungen ist, eine Evaluierung zu vereinbaren, um das alles schlussendlich auch noch kontrollieren zu können. Das ist eine neue Konstruktion: die Kontrollkommission und die Stärkung der Ausschüsse. Jetzt müssen wir schauen, ob das dann auch so funktioniert, darum ist die Evaluierung so wichtig, die wir mit angestoßen haben, in einem Zeitfenster, das realistisch ist, das uns dann aber auch Aufschlüsse geben wird. Kollege Scherak, dann wissen wir, ob das Zusammenspiel mit der Kontrollkommission funktioniert oder nicht. Ich glaube, das ist auch ein ganz entscheidender Punkt betreffend die Qualität dieses Gesamtpaketes.
Lassen Sie mich zum Abschluss allen Verhandlungspartnern aller Parteien auch noch einmal kurz Danke sagen, weil es sehr intensive, aber sehr konstruktive Verhandlungen waren. Ich danke ganz besonders Karl Mahrer, weil er sehr hartnäckig an dieser gemeinsamen Lösung gearbeitet und immer wieder eine Brücke gebaut hat. Auch wenn es einmal so ausgeschaut hat, als kämen wir nicht mehr zusammen, sind wir wieder einen Schritt aufeinander zugegangen. Das war eine hohe parlamentarische Qualität, die wir da alle miteinander bewiesen haben. Ich glaube, auf einen solchen parlamentarischen Prozess können wir auch sehr, sehr stolz sein. – Das ist das eine. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS.)
Das Zweite: ein Dank an die Referentinnen und Referenten, die immer im Hintergrund arbeiten – sie sind auch heute wieder im Hintergrund. Erlauben Sie mir, von unserer Seite Christian Schießer ausdrücklich zu danken, der im Hintergrund ganz, ganz viel Arbeit geleistet hat – ein herzliches Dankeschön in diese Richtung.
Es ist an der Zeit, dass wir die Basis, die wir jetzt haben, mit Leben erfüllen. Wir haben jetzt eine gute Grundlage, das BVT und die Nachrichtendienste in einer neuen Organisation gut aufzustellen, damit wir auch international entsprechendes Vertrauen wiedergewinnen, was wir dringend brauchen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ, Grünen und NEOS.)
12.10
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hannes Amesbauer. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Die heutigen Beschlüsse sind gut für das Vertrauen der Bevölkerung in den Nachrichtendienst. Das ist ein guter Tag für die öffentliche Sicherheit.
Meine Damen und Herren! Die dringend notwendige BVT-Reform, um das ein bisschen klarzustellen, ist nicht eine Folge des Terroranschlags, wie das medial in den letzten Tagen oft dargestellt wurde. Das ist ein längerer Prozess, der in Wahrheit schon unter Herbert Kickl in seiner Zeit als Innenminister angestoßen wurde. Peschorn hat das weitergeführt, Nehammer hat es aufgegriffen. Ich muss dazusagen, die Gründe, die die Reform notwendig gemacht haben, sind vielfältig: das Problem mit den Informationsabflüssen aus dem BVT, dubiose Kontakte zu Wirecard – Marsalek – und so weiter, immer wieder der Versuch der politischen Einflussnahme, parteiische Postenbesetzungen und einige Probleme mehr, die auch im Bericht des Berner Klubs gut nachlesbar sind.
Meine Damen und Herren! Es geht jetzt aber nicht darum, wieder einmal, zum x-ten Mal zu diskutieren: Wer trägt genau die Schuld woran? – Das haben wir schon gemacht. Ich denke, was die Vergangenheit betrifft, haben wir unterschiedliche Versionen dieser Geschichte, das wird sich auch nicht ändern. Wir schauen jetzt aber in die Zukunft, und wir bauen diesen Verfassungsschutz jetzt für die Zukunft gemeinsam neu auf. Das Hauptproblem war der Vertrauensverlust der internationalen Partnerdienste, aber auch der Bevölkerung. Gerade im sensiblen Bereich der Nachrichtendienste ist Vertrauen eine der wichtigsten Währungen überhaupt.
Ich möchte gleich zu Beginn mit Dankesworten nicht sparen. Das gilt für alle Fraktionen, die da beteiligt waren. Wir haben zu fünft wirklich gut zusammengearbeitet. Es war am Anfang ein bisschen schleppend, als aber die Regierungsvorlage auf dem Tisch gelegen ist, haben wir den Termin im BMI gehabt, und da hat es das Angebot der Regierungsfraktionen zur Zusammenarbeit gegeben, das Angebot, während des Begutachtungsverfahrens und darüber hinaus Vorschläge einzubringen, zu diskutieren und auch anzunehmen.
Da war ich natürlich ein bisschen skeptisch, aber es hat sich dann recht schnell herausgestellt, dass das gut funktioniert. Wir haben sowohl innerhalb der Oppositionsparteien, insbesondere mit Kollegen Einwallner, aber auch mit Kollegin Krisper sehr gut zusammengearbeitet, als auch mit den Regierungsparteien. Ich möchte mich ausdrücklich bei Kollegen Bürstmayr für die guten Gespräche bedanken, vor allem aber auch bei dir, lieber Karl Mahrer. Es stimmt, was Reinhold gesagt hat: Du warst wirklich hartnäckig. Wir haben oft telefoniert, oft auch hier gesprochen. Man hat gemerkt, es ist dir ein Anliegen, dass wir da Einigkeit zustande bringen, und das war auch uns wichtig.
Wir haben von Beginn an gesagt: Wir schalten jetzt nicht auf Frontalopposition, wir schlucken natürlich nicht alles, aber im Sinne der staatspolitischen Verantwortung, die man als Abgeordneter nun einmal hat, egal ob Regierungspartei oder Oppositionspartei,
ist es uns wichtig, zu einer guten Lösung zu kommen, und ich denke, das ist uns gelungen.
Ich möchte mich auch ausdrücklich, so wie es Kollege Einwallner gemacht hat, bei den Referenten bedanken, die ja die Knochenarbeit gemacht haben – in unserem Fall war das Bernhard Rochowanski, der wirklich großartige und wertvolle Arbeit geleistet hat –, und auch bei Ihnen, Herr Innenminister, stellvertretend für die Spitzenbeamten Ihres Ressorts, die uns in einer Qualität und in einer Form, wie sie es ja nicht hätten müssen, Rede und Antwort gestanden sind. Sie waren wirklich immer offen für unsere Anliegen und haben uns mehrfach bis ins kleinste Detail alle Reformschritte erklärt.
Meine Damen und Herren, zum Inhalt nur kurz – ich will das nicht alles wiederholen –: Neuaufstellung des BVT, jetzt unter dem Namen Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, kurz DSN – es wird ein bisschen dauern, bis wir das Kürzel alle intus haben –, mit dem Terminus Verfassungsschutz als Überbegriff. Es ist uns auch wichtig, dass es im Vergleich zur ersten Version der Regierungsvorlage gelungen ist, diese Trennung noch stärker herauszuarbeiten. Das ist ganz wichtig, und es ist vielleicht auch wichtig, das für die Zuseherinnen und Zuseher zu erklären: Die Personen, die im Nachrichtendienst arbeiten, sind dann keine Polizisten mehr. Das ist wichtig, weil es da immer Interessenkonflikte gibt. Das war in Wahrheit auch ein bisschen der Geburtsfehler des alten BVT, dass die Aufgaben des Nachrichtendienstes und die polizeilichen Aufgaben so eng verknüpft waren. Das ist also eine wichtige Geschichte.
Es gibt den aus meiner Sicht ernst gemeinten Versuch einer Entpolitisierung der Führung. Als gelernter Österreicher weiß man natürlich, dass es das in Österreich niemals vollständig geben wird – das muss es auch nicht geben, denn es kann nicht sein, dass man, wenn man einmal irgendwo politisch tätig war, in einer Spitzenposition überhaupt nichts mehr werden darf. Es gibt aber eine Abkühlphase, und es gibt den ernst gemeinten Versuch, die Führungspositionen zu entpolitisieren.
Es kommt eine Verschärfung der Nebenbeschäftigungsregelungen – das war uns als Freiheitlicher Partei besonders wichtig, das haben auch die Erfahrungen der Vergangenheit gezeigt – und eine stark verbesserte interne Kontrolle der Tätigkeit des Verfassungsschutzes durch eine verpflichtende Einführung von entsprechenden Qualitätssicherungssystemen.
Es werden Fallkonferenzen für den Aufgabenbereich Staatsschutz nach dem Vorbild der sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen eingeführt. Da geht es im Wesentlichen darum, dass Maßnahmen und Informationen verschiedener Akteure zur Vorbeugung verfassungsgefährdender Angriffe möglichst effizient abgestimmt werden. Das ist ja auch eine Lehre aus den Vorkommnissen im Vorfeld des Terroranschlages, dass Informationen, die da sind, auch dementsprechend verwertet werden.
Es kommt zu einer massiven Stärkung im Nachrichtendienst, was die Bereiche Analyse und Informationsgewinnung betrifft, und – jetzt kommen wir zu dem für uns für die Zustimmung entscheidenden Punkt, das ist der Ausbau der parlamentarischen Kontrolle – es gibt, jetzt neu, die Berichtspflicht des Bundesministers gegenüber dem Parlament, konkret gegenüber dem Ständigen Unterausschuss des Innenausschusses, dem sogenannten Geheimdienstausschuss. Das war ja bisher nicht der Fall, da haben wir dem Minister die Dinge immer mühsam aus der Nase ziehen müssen, und jetzt gibt es eben diese Berichtspflicht, insbesondere über wesentliche Änderungen von die innere Sicherheit betreffenden Lagebildern. Es wird weiters die jetzt schon mehrfach angesprochene unabhängige und weisungsfreie Kontrollkommission zur Kontrolle der Tätigkeit des gesamten Verfassungsschutzes geschaffen. Die Mitglieder dieser Kontrollkommission werden hier im Haus mit Zweidrittelmehrheit gewählt. Das ist eine Verfassungsbestimmung,
das heißt, eine künftige Regierung kann das nicht einfachgesetzlich zu ihren Gunsten ändern.
Was die Geschäftsordnung betrifft, ist es aus meiner Sicht ein wirklich großer Wurf, der uns hier gemeinsam gelungen ist, dass das Minderheitsrecht verwirklicht wird. Das heißt, wir Freiheitlichen könnten gemeinsam sowohl mit der SPÖ als auch mit den NEOS diese Kontrollkommission damit beauftragen, gewisse Sachverhalte zu prüfen.
Ein bisschen schade ist es, dass die NEOS nicht dabei sind. Ich muss aber sagen, die NEOS haben wertvolle Inputs geliefert, vor allem im Zusammenhang mit unserem ursprünglichen gemeinsamen Oppositionsantrag betreffend Geschäftsordnung. Mehr kann man immer haben, aber es ist klar: In einer Verhandlung bekommt man niemals 120 Prozent, in Wahrheit auch nicht 100 Prozent, man muss aber schauen, dass man möglichst viel herausverhandelt. Ich denke, das ist gelungen, und gerade das, worum es den NEOS geht, nämlich die Kontrolle während laufender Ermittlungsverfahren, ist ein sehr heikles Thema. Da bin ich auch skeptisch. Ich bin der Meinung, wir hier sind Abgeordnete und keine Ermittler und deshalb ist das grundsätzlich einmal so in Ordnung. Meiner Meinung nach ist die parlamentarische Kontrolle jetzt wirklich ein Meilenstein in diesem Komplex.
Weiters gibt es – das darf man nicht vergessen – auch eine Evaluierung nach spätestens fünf Jahren, neben der Qualitätssicherung. Das heißt, das ist ja ein laufender Prozess, es wird sicher da oder dort Verbesserungsbedarf erkannt werden, und das kann dann auch dementsprechend repariert werden. Wir werden natürlich auch von unseren Möglichkeiten der Minderheitsrechte entsprechend Gebrauch machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir fassen heute gute Beschlüsse. Das ist gut und wichtig, einerseits für die Menschen, die dann in dieser neuen Behörde arbeiten, das ist aber insbesondere wichtig für das Vertrauen der internationalen Partnerdienste und das Vertrauen der Bürger in jene Behörde, die für die öffentliche Sicherheit dieses Landes zuständig ist und einen großen Beitrag für die innere Sicherheit des Landes leistet. – Ich danke allen Beteiligten. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)
12.20
Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Georg Bürstmayr zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst kurz auf die Worte meines Vorredners, von Kollegen Amesbauer von der FPÖ, eingehen. Diese waren ausgesprochen sachorientiert, ruhig und respektvoll gegenüber allen anderen Parteien. So habe ich Sie, Herr Kollege Amesbauer, in den Verhandlungen zu dieser Reform auch kennengelernt, und ich finde es bedauerlich, dass das bei so vielen anderen Themen nicht geht. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Vielleicht bringen Sie das öfters zusammen! (Allgemeine Heiterkeit. – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)
Ich möchte weiters darauf eingehen, was uns da gelungen ist und wie das gelungen ist, denn beides ist außergewöhnlich: dass wir einen modernen Staatsschutz und Nachrichtendienst, der international wieder Respekt erfährt, aufstellen, solcherart, dass wir die zwei grundverschiedenen Aufgaben, die dieser Dienst zu erfüllen hat, deutlich voneinander trennen, nämlich einerseits das Gewinnen und Auswerten von Nachrichten – und zwar nicht mit Doppelnullagenten, sondern in aller Regel sind das frei zugängliche Informationen, die man nur verstehen und aufbereiten muss – und andererseits die klassische polizeiliche Strafverfolgung unter Anleitung der Staatsanwaltschaft. Das war im
alten BVT vereint, jeweils in einer Person vereint, die sich permanent zwei Hüte aufsetzen musste. Das war ein Konzept des 20. Jahrhunderts, und nun haben wir einen Dienst nach den Regeln des 21. Jahrhunderts geschaffen.
Meine VorrednerInnen haben es schon erwähnt: Unvereinbarkeitsregelungen für das Personal, Cooling-off-Perioden für das Spitzenpersonal, mehr Prävention und – was uns Grünen sehr wichtig ist – Erhalt der Grundrechte der Menschen in Österreich. In anderen Staaten, gerade bei den deutschsprachigen Nachbarn, beobachten wir derzeit den Trend, dass Nachrichtendienste und Polizei immer tiefer in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreifen. Wir haben das nicht getan, sondern stattdessen die Kontrolle ausgeweitet, nicht nur im Unterausschuss des Innenausschusses, nicht nur mit einer eigenen, unabhängigen und weisungsfreien Kontrollkommission, sondern auch mit einer deutlichen Stärkung der Position des Rechtsschutzbeauftragten und – Florian Klenk, wenn du uns zuhörst: du musst jetzt sehr stark sein! – einer eigenen Stelle für Whistleblower. Wenn sich jemand über Mängel in diesem Dienst beschweren will, muss er nicht mehr unbedingt den „Falter“ anrufen, wobei ich sonst nichts Schlechtes über den „Falter“ sagen möchte. (Beifall bei den Grünen. – Heiterkeit bei ÖVP und NEOS.)
Wie haben wir das getan? – Im Parlament, durch die Abgeordneten. Wir haben gemeinsam festgelegt, was wir kontrollieren wollen. Alle haben dabei Ideen eingebracht, und Kritik wurde aufgegriffen. Ich erinnere daran, dass im Begutachtungsentwurf zum Beispiel eine kleine Stelle zur Frage von Hausdurchsuchungen bei Behörden enthalten war, und daran hat es berechtigte Kritik gegeben. Wir haben sie gehört, wir haben sie aufgegriffen, und wir haben das repariert. Auch das ist nicht selbstverständlich, aber es ist grün – so versuchen wir Grüne, zu regieren.
Es wurde schon erwähnt, dass diese Reform ohne die Mitarbeit und die umfangreiche Arbeit von ganz, ganz vielen Menschen nicht möglich gewesen wäre, nicht nur von uns Abgeordneten, sondern auch von Menschen in Ministerien und vor allen Dingen der Referenten und Referentinnen in unseren Klubs, ohne die wir überhaupt ganz, ganz viele Gesetze nicht einmal im Ansatz vorlegen und beschließen könnten. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bei allen ReferentInnen aller Parteien herzlich für ihre Arbeit bedanken. (Beifall bei Grünen, ÖVP und NEOS sowie des Abg. Einwallner.)
Wir Grüne haben eine eigene Referentin für Grundrechte und Sicherheit, denn das ist grüne Sicherheitspolitik: zwei Ziele, die andere als Widerspruch sehen, zusammen zu denken und zusammen zu gestalten, Sicherheit für unsere Grundrechte und unser Grundrecht auf Sicherheit. – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
12.25
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Karl Nehammer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.
Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wurde viel darüber gesprochen, was sein wird, wenig darüber, was war, und alles zusammen betrachtet können wir hier heute gemeinsam feststellen: Es ist die größte Verfassungsschutzreform in der Zweiten Republik, und sie ist der unglaublichen Zusammenarbeit unter den Fraktionen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesministeriums für Inneres geschuldet – ihnen allen gemeinsam von meiner Seite ein großes Danke dafür. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und NEOS.)
Die Geschichte des Verfassungsschutzes war lange Zeit von einem sehr starken Fokus auf den staatspolizeilichen Charakter geprägt. Es gab dann mehrere Änderungsversuche,
unter anderem das alte BVT; das alte BVT ist auch die alte Schutzmauer der Republik, und ja – Sie haben es auch in Befunden festgestellt –, sie hat Risse bekommen, sie hat poröse und brüchige Steine. Die Aufgabe war es und ist, dass wir der Republik eine neue Mauer bauen. Der Verfassungsschutz schützt die Grundfundamente der Republik: Freiheit, Sicherheit und Demokratie. – Das ist das Selbstverständnis eines modernen und neuen Verfassungsschutzes.
Die Aufgabe war komplex. Es war schon bei den Koalitionsverhandlungen Ziel von uns – sprich der Volkspartei und der Grünen –, da große Zustimmung zu bekommen. Das hat sich im Regierungsprogramm manifestiert, bis hin zum Aufsetzen des Projekts von mir als Innenminister gemeinsam mit dem Projektverantwortlichen und dem Projektleiter, bei denen ich mich namentlich bedanken möchte, nämlich dem Generalsekretär Helmut Tomac und vor allem dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Dr. Franz Ruf, der als Projektleiter die Hauptlast der Organisation des neuen Projekts zu erarbeiten hatte.
Es war ganz klar: Wir brauchen eine große Zustimmung im Hohen Haus, im Parlament, unter den Fraktionen, weil das größte Problem des alten BVT der Vertrauensverlust war. Der Vertrauensverlust war national, aber genauso auch international gegeben. Das heißt, die Herausforderung war: Wie können wir bestmöglich dieses Vertrauen zurückgewinnen, bei Ihnen als Parlament, als Kontrolleure der operativen Verwaltung, der Sicherheitsbehörden auf der einen Seite und auf der anderen Seite auch bei unseren Partnerdiensten? Ein funktionierender Verfassungsschutz kann nur so gut sein wie seine Kontakte, Beziehungen und operative Zusammenarbeit mit internationalen Partnerdiensten. Daher war es wichtig, Sie alle auf den Weg mitzunehmen.
Ich kann mir vorstellen, aus der Sicht der Opposition war es am Anfang zu wenig. Ich kann Ihnen sagen, es war für das Innenministerium völlig neu. Die Transparenz, die wir von vornherein im Ständigen Unterausschuss haben walten lassen, war einzigartig in der Zweiten Republik, aber nicht deshalb, weil wir uns so super fühlen, sondern weil wir es als unerlässlich empfunden haben, weil ein neuer Verfassungsschutz nur funktionieren kann, wenn die Transparenz gegeben ist, von der Sie heute auch schon oft gesprochen haben.
Der sehr geschätzte Kollege Georg Bürstmayr, Bereichssprecher für Sicherheit, hat gerade etwas gesagt, was für die Polizei schon lange kein Gegensatz mehr ist: Menschenrechte und Sicherheit bedingen einander in einer Demokratie. Polizei macht Menschenrechte: Das ist schon jahrzehntelang ein Projekt innerhalb des Bundesministeriums für Inneres, weil wir nur dann das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger haben können, zu deren Schutz wir ja berufen und verpflichtet sind, wenn der Grundrechtsschutz, wenn die Menschenrechte die obersten Parameter unseres Tuns und Handelns sind. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Scherak.)
Es wurde aber auch angesprochen, dass diese Freiheit, das Zusammenwirken der demokratischen Kräfte auch Sicherheit braucht, und diese Sicherheit stellt diese Reform auch mit sicher. Durch die Trennung von Nachrichtendienst und Staatspolizei, durch die Fokussierung beider Teile auf das, wozu sie da sind – der Nachrichtendienst zur Gefahrenaufklärung, die Staatspolizei zur Gefahrenabwehr –, und das Zusammenführen in eine Organisationseinheit, um eben nicht Parallelentwicklungen unkontrollierter Art und Weise zu haben, wie wir sie im internationalen Vergleich begutachten und sehen durften, stellt diese Einheit sicher, dass die Informationen zusammenlaufen und dass wir – und das muss das gemeinsame Ziel sein – das Risiko, wenn denn dann die neue Schutzmauer errichtet ist, eines neuerlichen Terroranschlags von extremistischen Kräften reduzieren können.
Das, was ich heute als Minister erleben darf und das Hohe Haus heute beschließt, ist das Fundament für diese neue Schutzmauer. Gestatten Sie mir da auch einen Widerspruch
zu den NEOS, die in den Verhandlungen sehr konstruktiv waren: Die neue weisungsfreie Kontrollkommission im Parlament hat umfassende Rechte. Die Zerbes-Kommission, die Sie auch erwähnt haben, Herr Kollege Scherak, hat es erst recht bewiesen, denn die Zerbes-Kommission hat einen Zeitabschnitt unter die Lupe genommen, aber nicht laufende Ermittlungen; das hätte zum einen die Kommission völlig überlastet und den Fokus auf das Falsche gelegt, denn uns war wichtig, durch die Zerbes-Kommission die Fehler aufzuspüren, aufzuzeigen und daraus die Lehren für den neuen Verfassungsschutz zu ziehen, und zum anderen hätte es die operative, die unmittelbare Arbeit der Ermittler behindert.
Auch die neue Kontrollkommission des Parlaments kann natürlich solche Zeitabschnitte kontrollieren. Einer neuerlichen Zerbes-Kommission, sollte sie denn notwendig sein, steht überhaupt nichts im Wege, denn Transparenz ist auch für die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, abgekürzt DSN, ein Eckpfeiler einer besseren Arbeit als zuvor; nur dann, wenn kein Misstrauen gegen jemandes Arbeit herrscht, ist er erfolgreich und kann nachhaltig auch in dunkle Bereiche vordringen, wie es vorher nicht möglich gewesen wäre. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Das heißt also, heute wird das Fundament gelegt, die neue Mauer errichtet. Das Gesetz tritt mit 1.12.2021 in Kraft. Es gilt jetzt, die notwendigen Ressourcen sicherzustellen, das tun wir: einerseits durch mehr Budget, andererseits durch mehr Personal; vor allem können wir jetzt auch endlich die Struktur bilden und dann auch personell besetzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben Ihren MitarbeiterInnen in den Klubs sehr viel gedankt, und das zu Recht. Gestatten Sie mir als Innenminister, meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im BMI besonders zu danken. Die Legisten haben eine herausfordernde Arbeit, sie ist umfassend, sie erfordert unendlich viel Flexibilität, Genauigkeit und Präzision. Allen, die im Innenministerium mitgewirkt haben, vom Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit über den Generalsekretär bis zum Kabinettschef, der in der Koordinierung mit unserem Koalitionspartner gemeinsam mit seinem Gegenüber viel geleistet hat, sei ein großes Danke gesagt. Ich freue mich auf eine erfolgreiche und starke Zukunft einer neuen Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Oberrauner.)
12.33
Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Christian Stocker zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren zu Hause! Heute ist ein guter Tag, ein guter Tag für den Verfassungsschutz und für die Sicherheit in unserem Land. Ich darf dir, sehr geehrter Herr Innenminister, sehr herzlich für deine Worte danken, aber noch mehr für dein Engagement, das du in diese Reform gelegt hast, stellvertretend auch für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deines Hauses, denn aus deinen Worten war erkennbar, dass dir diese Reform auch ein persönliches Anliegen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Der Verfassungsschutz und namentlich das BVT hat dieses Haus ja mehrfach beschäftigt, unter anderem auch im Rahmen eines Untersuchungsausschusses, und letztlich haben die traurigen Ereignisse des Terroranschlags auch gezeigt, dass dort Reformbedarf besteht. Es hat parteiübergreifend Einigkeit darüber gegeben, dass der Verfassungsschutz auf neue Beine zu stellen ist, dass eine moderne Ablauforganisation, eine
moderne Aufbauorganisation notwendig ist, um die Arbeit einerseits zu professionalisieren, aber andererseits auch international auf eine Ebene zu heben, auf der wir wieder vertrauensvoll mit unseren Partnerdiensten zusammenarbeiten können.
Diese moderne Organisation hat vieles mit sich gebracht, und das ist ja von meinen Vorrednern auch schon weitgehend dargestellt worden: Es gibt eine Trennung der Aufgabenbereiche Staatsschutz und Nachrichtendienst, die Analysefähigkeit und die Informationsgewinnung sind verbessert worden, Fallkonferenzen sind eingeführt worden, und es ist personell dafür Sorge getragen worden, dass Unvereinbarkeitsbestimmungen eingehalten werden.
Letztendlich ist es auch ein sehr guter Tag für den Parlamentarismus: Es ist nicht nur die Einbindung aller Fraktionen und letztlich auch das Konsensuale, das hier in der Diskussion zum Ausdruck gekommen ist, hervorzuheben, sondern es ist auch gelungen, eine Anbindung des Verfassungsschutzes an das Parlament, insbesondere in Form der Kontrollkommission, die an den Ständigen Unterausschuss des Innenausschusses berichtet, vorzunehmen, was in Zukunft eine ganz neue Qualität bieten wird, samt Evaluierung.
Ich komme damit schon zum Schluss: Es ist nicht nur für den Verfassungsschutz, für die Sicherheit und für den Parlamentarismus ein guter Tag, es ist ein besonders guter Tag für die Menschen, die hier leben, weil ihnen mehr Sicherheit durch den Verfassungsschutz gegeben wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
12.36
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Robert Laimer. – Bitte.
Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister – im Moment nicht anwesend! Meine Damen und Herren! Zuerst kommt das Land, dann die Partei: Den Eindruck hat man bei der ÖVP jedoch nicht, vor allem wenn es um das Thema Sicherheit geht. (Abg. Prinz: Der Einzige von den ganzen Rednern, der danebenhaut!) Ich gestehe der Kurz-ÖVP zu, dass sie Weltmeister im Vermarkten von wohlklingenden Botschaften ist. Mit einer Heerschar von PR-Beratern und Unsummen an Steuergeldern gaukeln Sie uns die harte Hand vor. In Wahrheit handelt es sich jedoch um Slogans, die in jedem Praxistest gnadenlos durchfallen würden.
Seit 35 Jahren ist die ÖVP durchgehend an einer Regierung beteiligt. Seit mehr als 20 Jahren stellt sie den Innenminister und ist damit für die Sicherheit in Österreich hauptverantwortlich. Österreich ist nicht sicherer geworden, ganz im Gegenteil. Das sollte uns alle sehr nachdenklich stimmen. 20 Jahre ÖVP-Herrschaft – und ich kann das wirklich belegen – in den Sicherheitsapparaten hat zahlreiche Schwächen und offene Flanken offenbart. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt nicht!) Als Mahnmal dafür steht der kaputte Nachrichtendienst BVT. Nun müssen wir alle gemeinsam die systematischen Missstände – ausgehend von Herrn Strasser, gefolgt von den ÖVP-Innenministern, die es zu verantworten haben – beseitigen.
Das unterscheidet uns auch von der Kurz-ÖVP: Wir stellen das Land in den Vordergrund und nicht die Partei. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Daher tragen wir als Sozialdemokraten diese Reform mit, aber nur als erste Etappe in der Neuausrichtung der österreichischen Sicherheitspolitik. Ich hoffe inständig, Herr Minister, dass aus der Terrornacht wirklich und aufrichtig gelernt wurde. Das BVT Neu unterliegt einer parlamentarischen Kontrolle, zugleich hat der Innenminister eine ständige Berichtspflicht betreffend das aktuelle Lagebild. Das hat es in der Terrornacht leider nicht gegeben. Die Einrichtung einer Kontrollkommission, die unter anderem diese Reform überwacht und bis spätestens 2026 an einer Evaluierung der Umsetzbarkeit und Wirksamkeit des BVT Neu
federführend mitarbeitet, ist ein großer Erfolg – danke in diesem Zusammenhang unserem Sicherheitssprecher Einwallner. Sollte sich herausstellen, dass die organisatorische Trennung von Nachrichtendienst und Staatsschutz nicht funktioniert, dann wird das Parlament darüber entscheiden, welche Schritte eingeleitet werden müssen.
Eine an den Bedürfnissen der Menschen orientierte Sicherheitspolitik beginnt aber bereits bei der Prävention, bei der präventiven Bekämpfung von strukturellen und sozialen Ungleichheiten sowie bei der Bekämpfung von Parallelgesellschaften, deren Systeme kriminelles Handeln und Extremismus sind. Das kann durchaus auch von außen gesteuert und hereingetragen werden. Deshalb umfasst eine von uns erarbeitete Strategie auch Handlungsfelder im internationalen Kontext, um bewaffnete Konflikte, Kriege und Fluchtursachen zu verhindern oder zumindest zu minimieren, sowie darauf abgestimmte Maßnahmen des Staates im Inneren.
Ein starker, ein verantwortungsvoller Staat schützt seine Bürger. Politik und Günstlingswirtschaft wie im alten BVT haben in diesem Zusammenhang keinen Platz. Es braucht dazu die Stimme der Vernunft, und die kommt von der SPÖ. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
12.40
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Philipp Schrangl. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Innenminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da Kollege Bürstmayr schon den „Falter“ erwähnt hat, möchte ich jetzt ein anderes Nachrichtenmagazin erwähnen, das mein Vater wöchentlich am Sonntagstisch gelesen hat; das habe auch ich als 15-Jähriger einmal gelesen. Da hat – das hat mich sehr beeindruckt, das ist mir in Erinnerung geblieben – also das „Profil“ mit einem Rolling-Stones-Titel geworben. Da stand: „I see a red door / And I want it painted black“. – Also wenn Kollege Laimer jetzt plötzlich so tut, als ob die SPÖ nie irgendetwas eingefärbt hätte: In diesem Artikel stand damals auch: die rote Polizei und die schwarze Gendarmerie. Es gab auch rote Innenminister, die ihre Skandale hatten, einer wurde sogar verurteilt. Also bitte sich jetzt nicht selbst zu überhöhen, vor allem nicht an diesem Tag von diesem Podium aus! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)
Eine Demokratie braucht einen funktionierenden Nachrichtendienst. Die Bevölkerung nimmt heutzutage einen Nachrichtendienst Gott sei Dank immer mehr als Garant ihres unversehrten Lebens und nicht mehr als Gefährdung ihrer Freiheit wahr. Terrorismus, Cyberangriffe, asymmetrische Bedrohungen, organisierte Kriminalität fordern aber einen anderen Nachrichtendienst als noch zu Zeiten des Kalten Krieges. Internationale Spionagefälle, Snowden, NSA, aber auch die heimische BVT-Affäre haben dem Image des Nachrichtendienstes in Österreich – in der Bevölkerung, aber auch hier im Hohen Haus – geschadet, daher hoffe ich, dass wir mit dieser gemeinsamen Reform das verloren gegangene Vertrauen wiederherstellen können.
Während Kollege Bürstmayr mit Argwohn nach Deutschland blickt, sehe ich die deutschen Dienste schon wieder einen Schritt weiter. Der Geheimdienstausschuss im Deutschen Bundestag hat umfassende Kontrollrechte, denen wir jetzt unsere Regelungen nachempfinden, nachbilden. Trotzdem geht noch ein bisschen mehr. Ich hoffe, dass das schon zu mehr Vertrauen führt.
Und: In Deutschland gibt es noch etwas, das auch ein Vorbild für uns in Österreich sein könnte: An der Universität der Bundeswehr München gibt es nämlich mittlerweile einen neuen Studiengang: Intelligence and Security Studies – letztlich ein Forschungsfeld wie
andere auch im Bereich des Staatswesens. Vielleicht ist das auch für uns ein Weg, um über die unabhängige und universitäre Wissenschaft, über den öffentlichen und freien Austausch für Nachrichtendienste für dauerhafte Qualität zu sorgen. Lassen Sie diese Reform hier für uns ein Anstoß sein! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
12.43
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir schaffen mit dieser Reform heute einen funktionierenden und zuverlässigen Dienst, dessen Arbeit vor unzulässigen Zugriffen geschützt ist, dessen Arbeitsweise aber transparent ist. Das ist etwas sehr, sehr Wertvolles, und ich bin sehr froh, dass wir das so geschafft haben. Es ist schon sehr viel über die gemeinsame Arbeitsweise gesprochen worden. Ich kann auch nur betonen, dass das wirklich ein sehr angenehmes, konstruktives und zielorientiertes, zweckorientiertes Arbeiten war, aber unsere Arbeit ist jetzt noch nicht zu Ende.
Wir haben jetzt die erste große Etappe geschafft, es geht jetzt weiter. Ich hoffe, dass wir auch so konstruktiv zusammenarbeiten, wenn es darum geht, die Kontrollkommission zu besetzen, und wenn es darum geht, im Unterausschuss zusammenzuarbeiten und der Kontrollkommission auch die entsprechenden Aufträge zu erteilen, denn das ist natürlich die Art und Weise, wie wir diese Reform zum Leben erwecken. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Es wurde schon ganz viel den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gedankt, und da kann ich mich natürlich nur anschließen. Es gibt aber auch noch eine sehr, sehr große Gruppe an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auf die jetzt ganz viel Arbeit zukommt, das sind diejenigen, die im jetzigen BVT, in der späteren Direktion, beschäftigt sein werden. Das sind diejenigen, auf die diese Aufbauarbeit jetzt zukommt. Das sind diejenigen, die diese Aufbauarbeit leisten, denn ein solcher Dienst schafft sich nicht von allein, ein solcher Dienst lebt von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dort angestellt sind. Auch für sie ist diese Reform geschaffen.
Es ist schon sehr viel von Vertrauen – Vertrauen aufbauen, Vertrauen schaffen – gesprochen worden. Auch da ist es notwendig, sehr viel Vertrauen wiederherzustellen. Der Herr Bundesminister ist da, denke ich, schon sehr stark in Vorleistung getreten und hat den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit dieser Reform ein entsprechendes Umfeld geschaffen. Wir haben hier ein Gesetz gemacht, das wirklich sicherstellen soll, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Amt ihre Arbeit wieder konzentriert machen können, für die Sicherheit und für den Schutz, wie wir schon gehört haben, unserer Gesellschaft, unseres Zusammenlebens und nicht zuletzt, als Allerwichtigstes, unserer Demokratie arbeiten können, ohne dass sie vor Beeinflussungen oder irgendwelchen Instrumentalisierungen Angst haben müssen. Das ist sehr, sehr wichtig. Das haben wir mit dieser Reform sichergestellt. Ich hoffe, dass wir jetzt auch weiterhin genauso konstruktiv zusammenarbeiten können, wenn es darum geht, die Reform mit Leben zu erfüllen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
12.46
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl. – Bitte.
12.46
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Bevor ich zu dieser weitreichenden Vorlage komme, möchte ich gerne noch ein Wort zu meinem Vorredner von der SPÖ sagen: Herr Kollege Laimer, Otto Pendl und Rudi Plessl hätten sich hierhergestellt und sich zuerst bei den Beamten bedankt. Das unterscheidet Ihre Vorgänger von Ihnen, eindeutig! (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit des Abg. Loacker. – Ruf bei der SPÖ: Das hat der Einwallner ...!)
Daher: Der Ausschussvorsitzende Karl Mahrer hat hier einen Satz gesagt, der heute über allem stehen sollte, nämlich: „vom Gegeneinander zum Miteinander“. Und dies sollten wir heute hochhalten, das Zweitere, nicht nur die Vergangenheit beleuchten, die dazu geführt hat. (Abg. Leichtfried: Ja, genauso ... angefangen! Da kannst du dir was ...!) Da gäbe es viele Punkte – auch für Sie, Herr Kollege Leichtfried, weil Sie mich gerade ansprechen –: Wenn ich nur an den sozialdemokratischen Rechtsanwalt Lansky denke, der damals gemeinsam mit Kollegen Kickl eine illegale Hausdurchsuchung beim BVT veranlasst hat (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) – Herr Kollege Leichtfried, davon sollten wir uns verabschieden. Wir sind jetzt beim Miteinander, das ist mir das Wichtigere. (Beifall bei der ÖVP.)
Da sind mir zwei Worte ganz wichtig, beide Worte wurden schon genannt: das eine ist Vertrauen und das andere ist Kontrolle. Vertrauen in zweierlei Hinsicht: einerseits das Vertrauen der Partnerdienste untereinander, die wichtig sind, dass die Staaten eine nationale Souveränität und Sicherheit sicherstellen können; andererseits das Vertrauen der Mitarbeiter eines Staatsschutzes und Nachrichtendienstes in die parlamentarischen Kontrollgremien. Beide Vertrauenspositionen werden durch diese Reform jetzt gestärkt. Die Kontrolle ist daher nicht nur eine, die in Richtung der Nachrichtendienste und des Staatsschutzes geht, sondern – ich sage das auch, weil der Satz heute noch nicht gesagt wurde – die Kontrolle dient auch dazu, mit diesem Kontrollgremium sicherzustellen, dass die Beamtinnen und Beamten im Staatsschutz und im Nachrichtendienst vor ungerechtfertigten Angriffen geschützt sind, dass so etwas in Zukunft nicht mehr passieren kann oder passieren soll. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte mich ganz zum Schluss auch im Namen unseres Fraktionsvorsitzenden Karl Mahrer noch besonders bei Uli Jedliczka, unseren Referenten, bei allen Beamtinnen und Beamten des Innenressorts und bei allen Referenten der anderen Parteien ganz, ganz besonders bedanken.
4,5 Parteien stimmen diesem Antrag jetzt eigentlich zu. Ich möchte daher noch einen Satz zu den NEOS sagen, weil diese eine Hälfte gerade noch fehlt und es vielleicht noch ein Argument ist: Ihnen ist die Gewaltentrennung immer ein besonderes Anliegen, also darauf zu achten, dass auf der einen Seite die Exekutive und auf der anderen Seite die Legislative mit ihrem Kontrollgremium arbeitet. Wenn Sie ganz bewusst dabei bleiben, dass unsere Aufgabe nur Kontrolle und nicht operative Mitarbeit ist, dann ist es Ihnen vielleicht auch leicht möglich, von Ihrer bis jetzt noch vorhandenen Ablehnung dorthin zu kommen, dass Sie diesem Vorschlag zustimmen können, denn in dem Punkt sind wir uns, glaube ich, einig: Kontrolle und keine operative Fallübernahme vonseiten des Parlaments. Damit könnten Sie auch zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Dafür, dass eine Reform möglich wird, braucht es, glaube ich, immer zwei Dinge: Es braucht erstens einen Ermöglicher – da möchte ich den Bundesminister für Inneres besonders hervorheben, weil er es ermöglicht hat, dass die Beamtinnen und Beamten, dass wir alle zu einer Lösung kommen konnten und dass wir hier in dieser Einigkeit stehen können –; und es braucht jemanden, der mit Leidenschaft für diese Gemeinsamkeit kämpft – und das war Karl Mahrer.
In diesem Sinne: Vielen Dank! Glück auf, der DSN! Alles Gute für Österreich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
12.51
Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Der Vorredner, Abgeordneter Gerstl, hat hier behauptet, der rote Anwalt – was auch immer er damit meint – Gabriel Lansky hat gemeinsam mit Innenminister Kickl eine illegale Hausdurchsuchung angeordnet. – Herr Abgeordneter Gerstl, das ist falsch.
Es gibt auch eine Gewaltentrennung. Das wird immer von der Justiz, in diesem Fall von einem unabhängigen Richter, angeordnet. (Beifall bei der FPÖ.)
12.51
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte.
Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Gerstl, wir lernen hoffentlich aus den Fehlern der Vergangenheit. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Wir haben uns den Spiegel vor die Nase gehalten und geschaut, was im alten BVT nicht funktioniert hat.
Als Mitglied des BVT-Untersuchungsausschusses in der letzten Gesetzgebungsperiode war mir relativ rasch klar, dass wir in diesem Amt ein Problem haben. Neben den vielen strukturellen Problemen, die es im BVT generell gegeben hat – und da muss ich Ihnen auch den Spiegel vorhalten –, gab es auch ein Problem infolge von fast 20 Jahren ÖVP-Herrschaft und Personalpolitik in diesem Amt. (Beifall bei der SPÖ.) Das resultiert natürlich in der rechtswidrigen Razzia des Bundesinnenministers Kickl, in deren Folge letztlich jegliches internationale Vertrauen in unser BVT verwirkt war. Drastisch vor Augen geführt – und auch das haben wir heute schon mehrfach gehört – wurde uns der diesbezügliche Reformbedarf letztlich auch durch das dramatische Terrorattentat im November des letzten Jahres.
Die Neuaufstellung des Verfassungsschutzes liegt uns nun vor. Dass wir dringend einen gut funktionierenden Verfassungsschutz brauchen, zeigen uns auch die letzten Monate und Jahre, in denen uns drastisch vor Augen geführt wurde, dass es nicht nur durch den islamistischen Terror, sondern auch durch den organisierten Rechtsextremismus eine Gefahr für die innere Sicherheit gibt. Herr Innenminister, ich halte es für gut und richtig, dass Sie diese Gefahr jetzt auch öffentlich so benennen, denn wir haben ja schon allein aufgrund der vielen Waffenfunde in den letzten Monaten gesehen, dass es in diesem Bereich tatsächlich eine Gefahr für die innere Sicherheit gibt. (Beifall bei der SPÖ.)
Als SPÖ – ich glaube aber, dass ich da für alle Parteien reden kann – war uns in den Verhandlungen zu dieser Neuaufstellung des Verfassungsschutzes eine wirkliche und echte parlamentarische Kontrolle von Anfang an wichtig. Ich glaube, was uns hier gelungen ist, ist wirklich eine parlamentarische Kontrolle in einer noch nie da gewesenen Form. Deshalb möchte ich herzlich Danke sagen und allen gratulieren, die zu diesem Verhandlungserfolg beigetragen haben. Ich meine, darauf können wir tatsächlich stolz sein. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Gödl.)
Alles in allem stehen wir vor großen Herausforderungen für die innere Sicherheit, wir brauchen Maßnahmen in vielen Bereichen. Ein gut ausgestatteter, vertrauenswürdiger
und funktionierender Verfassungsschutz ist dabei ein ganz wesentlicher und wichtiger Baustein. Herr Innenminister, Sie sind jetzt bei der Umsetzung sozusagen am Zug. Wir unterstützen Sie, wo es notwendig ist und wo wir unterstützen können.
Ich möchte aber meinen heutigen Redebeitrag auch noch nutzen, um auf ein anderes historisches Ereignis hinzuweisen: Heute vor 30 Jahren, am 8. Juli 1991, hat Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky hier im Parlament eine wirklich historische Rede gehalten. Er hat sich erstmals zu unserer Verantwortung als Österreicherinnen und Österreicher für die Beteiligung an den Verbrechen des Nationalsozialismus bekannt. Diese Verantwortung, sehr geehrte Damen und Herren, heute aufzunehmen, wahrzunehmen, alles dafür zu tun, damit sich Derartiges nicht wiederholt, und das Nie-wieder großzuschreiben, ist unsere Aufgabe. – Herzlichen Dank und alles Gute. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)
12.55
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Manfred Hofinger. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Innenminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit der Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst ist dir, Herr Sicherheitsminister Karl Nehammer (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), ein Meilenstein für die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung gelungen, und dazu möchte ich dir recht herzlich gratulieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Du hast es gemeinsam mit allen Fraktionen hier im Parlament geschafft, im Sinne der verstärkten Gefahrenaufklärung Konstrukte zu schaffen, die genaue Zuweisungen haben. Es ist sehr erfreulich, dass alle Fraktionen so konstruktiv daran mitgewirkt haben und wirklich zusammengehalten haben, dass dieser Meilenstein der Sicherheitspolitik in Österreich gelungen ist. Ich möchte hier auch den Ausschussvorsitzenden Karl Mahrer als Brückenbauer noch einmal herausheben, der zu diesem gelungenen Werk Hervorragendes beigetragen hat. (Beifall bei der ÖVP. – Bravoruf des Abg. Taschner.)
Einer der wesentlichsten Punkte vor allem für die Oppositionsparteien war die parlamentarische Kontrolle; diese ist in Form der Kontrollkommission eindeutig dargestellt: Drei Personen müssen unabhängig und unparteilich agieren. Sie berichten dann dem Unterausschuss des Ausschusses für Inneres und natürlich dem Innenminister. Damit ist, glaube ich, die Verbindung zwischen Parlament und Verfassungsschutz sehr gut gegeben. Es ist insgesamt sehr wichtig, wenn es um die Sicherheit des Landes geht, dass wir den Verfassungsschutz auf neue Beine stellen. In der Direktion, die ja die Verantwortung für die zwei getrennten Bereiche innehat, kann dann auch die Verbindung hergestellt werden, und es besteht für sie natürlich auch eine Berichtspflicht gegenüber der Kontrollkommission. In diesem Sinne hat die Kontrollkommission auch die Möglichkeit, Mängel aufzuzeigen, aber genauso, Vorschläge einzubringen, welche Verbesserungen es im Verfassungsschutz geben kann.
Ich bin mir sicher, dass dieses Konstrukt gut wirken wird. Es gibt natürlich auch eine Begutachtungsfrist, um entsprechende Veränderungen herbeizuführen, wenn dies notwendig sein wird. Insgesamt ist heute, glaube ich, für die Sicherheit unserer Menschen, für die Bevölkerung in Österreich ein guter Tag. – Herzlichen Dank für die Arbeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
12.58
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich diese Debatte.
Ich frage die BerichterstatterInnen, ob sie ein Schlusswort möchten? – Das ist nicht der Fall.
Bevor wir zur Abstimmung kommen, frage ich die Klubs, ob wir gleich damit beginnen können? – Dann werde nicht ich, sondern wird Präsident Hofer die Abstimmung jetzt gleich vornehmen. Ich übergebe den Vorsitz.
Präsident Ing. Norbert Hofer (den Vorsitz übernehmend): Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die über jeden Ausschussantrag getrennt vorgenommen wird.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Polizeiliche Staatsschutzgesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das Strafgesetzbuch sowie weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 963 der Beilagen.
Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.
Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.
Ich stelle wiederum ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1025 der Beilagen.
Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um eine Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 2 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.
Natürlich ist damit die Zweidrittelmehrheit automatisch gegeben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Gemäß § 108 der Geschäftsordnung kann die dritte Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfes frühestens 24 Stunden nach Abschluss der zweiten Lesung stattfinden.
7. Punkt
Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (945 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Fachhochschulgesetz, das Privathochschulgesetz, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz, das Hochschulgesetz 2005, das Bundesgesetz über die „Diplomatische Akademie Wien“ und das COVID-19-Hochschulgesetz geändert werden (990 d.B.)
8. Punkt
Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 1223/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere Verhandlungen für den geförderten Austausch mit Großbritannien (991 d.B.)
9. Punkt
Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 1732/A(E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitalisierung der Hochschulen (992 d.B.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Andrea Kuntzl. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Das Parlament hat vor einiger Zeit den Herrn Bundesminister für Wissenschaften beauftragt, eine Neuordnung im Weiterbildungsbereich vorzunehmen – das Ergebnis liegt uns heute vor. Es ist aus unserer Sicht kein großer Wurf geworden, verbunden mit einer Verlängerung der Zugangsbeschränkungen.
Zu den Neuerungen im Weiterbildungsbereich: Aus unserer Sicht ist zwar eine neue Möglichkeit entstanden, den Bachelor in einer Weiterbildungsschiene an den Universitäten zu machen – kostenpflichtig, wahrscheinlich mit höheren Kosten verbunden –, allerdings ist so etwas wie eine neue Unübersichtlichkeit dadurch entstanden, dass das auch mit europaweit weitgehend unbekannten neuen Titeln verbunden ist, die hier in Österreich vorgesehen sind.
Das eigentliche Bedenken aber, das wir haben, gilt der Entwicklung, zu der es auf Basis dieser Neuerungen kommen könnte. Wir haben ja an den Universitäten zunehmend das Problem, dass sich viele Studierende das Studium finanzieren müssen und daher arbeiten oder eigentlich neben der Arbeit studieren, weil sie sich den Lebensunterhalt verdienen müssen. Es könnte jetzt dazu kommen, dass es an den Universitäten, die zum Teil nur schleppend Rahmenbedingungen für berufstätige Studierende geschaffen haben, die es wirklich ermöglichen, neben dem Beruf ein Studium zu absolvieren, dann heißt: Das klassische Studium an der Universität machen zukünftig die, die es sich leisten können, ein Vollzeitstudium zu machen, und die, die arbeiten müssen und neben der Arbeit studieren, werden auf die Weiterbildungsschiene geschickt, wo sie sich das Studium dann auch noch teuer finanzieren müssen. Das ist eine Entwicklung, die wir keinesfalls befürworten. (Beifall bei der SPÖ.)
Zur Fortführung der Zugangsbeschränkungen ist zu sagen, dass gleichzeitig ein Evaluierungsbericht vorgelegen ist. Dieser zeigt, wenn man genauer hinschaut: Dort, wo
Aufnahmeverfahren sind, die selektiv sind, wo wirklich viele ausscheiden, stellen wir auch fest, dass die Zugangsbeschränkungen dazu führen, dass sie sozial selektiv sind, also dass diejenigen, die aus einem Elternhaus kommen, die nicht Akademiker sind, die bei der Vorbereitung nicht so unterstützen können, auch finanziell nicht so unterstützen können, bei diesen Aufnahmeverfahren die schlechteren Chancen haben. – Also eine Entwicklung, die nicht zu befürworten ist. Nichtsdestotrotz – das wurde nicht berücksichtigt – sollen die Zugangsbeschränkungen heute einfach in der gleichen Art und Weise fortgeführt werden, was wir ablehnen.
Besonders eklatant ist diese Entwicklung im Bereich der Medizin. Das ist ja ein Studium, bei dem – wenn man es jetzt ein bisschen zugespitzt formuliert – wir alle nicht dafür sein können, dass sozusagen die Hauptqualifikation dafür ist, dass der Papa Arzt ist, sondern die Hauptqualifikation sollte die sein, dass man geeignet ist, den Beruf des Arztes später auch gut auszuüben. (Beifall bei der SPÖ.)
Was wir in diesem Zusammenhang – um auch einen der positiven Punkte aus diesem Gesetz herauszugreifen; ich habe leider nicht viel Zeit – sehr befürworten, ist die dringend notwendige kostenfreie Unterstützung seitens der Universitäten für die Aufnahmeverfahren in der Medizin. Wir würden befürworten, dass das in anderen Bereichen auch angeboten wird, wenn eine derartige Vorbereitung auf ein Aufnahmeverfahren notwendig ist und diese soziale Selektion stattfindet.
Abschließend, Herr Bundesminister: Ich habe in der letzten Zeit natürlich mit vielen Studierenden gesprochen und möchte jetzt sozusagen die Bitte, das Ersuchen, die Erwartung der Studierenden an Sie weiterleiten – in der Covid-Zeit haben sie nicht viel an Unterstützung von Ihnen erfahren –, auch für die Studierenden eine unterstützende Lobby zu sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
13.07
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag. Dr. Rudolf Taschner. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Kuntzl, dankenswerterweise haben Sie doch noch ein paar gute Teile gefunden; viele Haare in der Suppe, kommt mir vor, aber ich glaube, das ist eine Sache des Blickpunktes.
In Wirklichkeit handelt es sich dabei um eine sehr gute Initiative, dass wir eine Struktur für den Quereinstieg geschaffen haben. In vielerlei Hinsicht wird das ermöglichen, neue Berufsfelder zu eröffnen. Ich möchte sagen, dass sich das Ministerium in diese Richtung auch außerordentlich bemüht hat; namentlich erwähnen möchte ich Frau Sandra Allmayer und Maximilian Richter. Man hat wirklich dafür gesorgt, dass den Universitäten eine Möglichkeit für den Quereinstieg geboten wird, in der Art und Weise, dass er international auch Beachtung finden wird.
Egal, ob diese Titel jetzt international genauso lauten oder nicht, das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass wir, insbesondere auch was das Lehramt anlangt, große Hoffnungen haben, dass diese Initiative für viele Menschen eine Möglichkeit zu einer besseren Karriere darstellen wird; wiewohl natürlich das Arbeitsfeld, wenn man nicht Akademiker ist, ja in keiner Weise irgendwie abträglich ist. Also ich würde sagen, dass ein gut ausgebildeter Herrenschneider unter Umständen ein weitaus höheres soziales Ansehen genießt, abgesehen vom Finanziellen, als irgendein Bachelor of irgendeine administration. Wie dem auch sei. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich darf doch noch ganz kurz auf die Titel zurückkommen: Es ist vielleicht auch ganz gut, dass diese Titel Bachelor Professional, Master Professional hinter den Namen gesetzt
werden. Titel haben zweierlei Funktionen: Die eine Funktion ist die wesentliche, dass man weiß, bei dieser Person kann man dieses Vorwissen, diese Kenntnisse voraussetzen. Die andere Funktion des Titels ist, dass man eine gewisse Distinktion in gesellschaftlicher Hinsicht hat, und der vorgesetzte Titel erlaubt viel besser, diese Distinktion durchzuführen als der nachgesetzte Titel. Insofern sind die nachgesetzten Titel vielleicht ein Weg in die Zukunft, wiewohl wir in einem barocken Land natürlich die vorgesetzten Titel lieben und ihr langsames Verschwinden bedauern werden. Dieses Bedauern hält sich bei mir aber in gewisser Hinsicht in Grenzen.
Es ist viel besser, dass wir hier ein gutes Gesetz für den Quereinstieg schaffen, ein gutes Gesetz dafür schaffen, dass Strukturen vorhanden sind, dass wir wissen, dass die Senate bestimmen können, wie das Curriculum aussehen wird, dass wir wissen, dass diejenigen Personen, die diesen nachgestellten Titel haben, auch wirklich ein weites Feld an erfolgversprechenden Berufen ins Auge fassen können.
Ein gutes Gesetz, ich sehe keine Haare in der Suppe – wir werden mit Begeisterung zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
13.09
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Dr. Martin Graf. – Bitte schön.
Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Gleich zu meinem Vorredner: „Keine Haare in der Suppe“ ist vielleicht ein bisschen in die andere Richtung übertrieben. (Abg. Taschner – auf seine Haare deutend –: Schauen Sie, was ich habe!)
Nennen wir es einmal so: Ich versuche, mich jetzt positiv kritisch zu diesem Punkt zu äußern. Herr Bundesminister, eine kleine – oder größere – Enttäuschung liegt bei der heute zur Beschlussfassung vorliegenden Materie schon vor, weil es offensichtlich nicht wirklich den Willen gegeben hat, sich mit den Argumenten auch der Opposition auseinanderzusetzen und eine dringend notwendige Reform – und zwar eine nicht erst seit gestern, sondern am Titelsektor schon länger notwendige, speziell im Weiterbildungsbereich – Platz greifen zu lassen. Es liegt ein Paket vor, bei dem man sagen kann: Besser ein schlechtes Gesetz – wenn man es jetzt negativ sehen will –, das versucht, eine Regelung vorzunehmen, als gar keines.
Teile sind auch durchaus ansprechend. Wir haben gesagt, es ist auch das Beschreiten eines neuen Weges, es geht um eine neue Materie und dem wollen wir Vorschusslorbeeren geben. Man hat eigentlich nur eines verlangt, nämlich dass man es nicht mit fremden Materien verknüpft – eine Unart in diesem Haus –, etwa mit der Verlängerung von Covid-Bestimmungen, was eigentlich nicht notwendig gewesen wäre, oder mit Zulassungsvoraussetzungen – das wäre auch nicht notwendig gewesen. Wenn man uns mit an Bord hätte holen wollen, hätte man eigentlich nur eines machen müssen, nämlich allein den Weiterbildungssektor ordentlich zu lösen – von mir aus auch in dieser Art und Weise, mit allen Kritikpunkten.
Bei Neueinführungen wird man sich nach einiger Zeit ansehen müssen, wie es sich entwickelt. Da verlangen wir, dass das Parlament nicht außen vor gelassen wird. Ich habe mir selbst auch immer wieder gesagt: Ich werde keinem Gesetz mehr die Zustimmung erteilen, bei dem das Parlament nicht in die weitere Entwicklung eingebunden ist, wenn es darum geht, eine Evaluierung oder Ähnliches zu machen. Es soll also eine Berichtspflicht – mindestens alle drei Jahre – verankert werden, wie sich diese neue Materie entwickelt hat: Wo muss man nachschärfen?, Wo muss man etwas weglassen?, und so weiter. Dazu gab es keine Bereitschaft. (Abg. Taschner: Sie bekommen den Universitätsbericht, Herr Kollege Graf!) Sie kommen dann immer damit: Das kann man
in die Evaluierung allgemein einbauen. (Abg. Taschner: Selbstverständlich!) Dann geht das aber bei der Verknüpfung unter und man behandelt diese Materie hier im Haus nicht mehr ordentlich. Das ist ein einfacher Punkt. Wenn man über einen solchen Punkt als Regierung nicht drüberspringen möchte, dann will man die Opposition gar nicht mit einbinden. Das ist einmal ein Kritikpunkt.
Vieles wurde von Frau Kollegin Kuntzl schon gesagt, man könnte einiges anmerken. Dass Sie es mit der Verlängerung der Covid-19-Hochschulgesetzgebung verknüpfen, ist ein zusätzliches Foul, weil Sie wissen, dass wir ganz und gar nicht damit einverstanden sind, wie im universitären Sektor damit umgegangen wird. Wir brauchen den Dialog an den Universitäten und wir müssen alles daran setzen, dass es einen Präsenzunterricht wieder als Regel und nicht als Ausnahme gibt. Wir brauchen das nicht mit einer Verlängerung in diese Richtung festzuschreiben. Man kann den Universitäten, weil sie unterschiedliche Größen, unterschiedliche Zugänge haben – eine medizinische Universität braucht keine Vorgabe vom Parlament –, in diesen Belangen durchaus Freiheiten im Rahmen der Autonomie geben. Da braucht man gar nicht so einzugreifen.
Was haben Sie aus dem schlanken Gesetz in den letzten Jahrzehnten gemacht? – Es hat früher einmal effektiv 59 Paragrafen umfasst und die Autonomie geregelt, und heute hat es mit Verwaltungen, Unterordnungen und, und, und schon wieder weit über 200 Paragrafen. Das ist auch schon wieder ein Zug drüber.
Der letzte Grund, warum Sie keine Zustimmung bekommen werden, ist, wie Sie die Zugangsbeschränkungen regeln wollen, und zwar vom Prinzip her. Da sind wir ideologisch meilenweit auseinander. Darüber kann man diskutieren, aber Sinnlosigkeiten muss man nicht mittragen, Herr Kollege. Ich nenne nur ein Beispiel: Das Pharmaziestudium war bis jetzt auf 1 370 Plätze österreichweit beschränkt. Diese wurden nicht ausgenutzt, weil es nur 1 082 Studierende gegeben hat, die neu angefangen haben. Man hat also die Anzahl um knapp 300 unterschritten.
Was macht man? – Man geht her und sagt: Die Zugangsbeschränkung liegt zu hoch, wir reduzieren sie, damit wir möglichst wieder aussuchen können!, obwohl es gar nicht notwendig ist. Dann reduzieren Sie das Angebot aber auch noch auf 1 150 Plätze, das sind immer noch 70 Plätze mehr, als es überhaupt Studienanfänger gibt. Also sinnloser geht es nicht, und genauer kann man einen Beweis gar nicht führen, dass es Ihnen bei der Zugangsbeschränkung nicht primär um Steuerung geht, sondern um das Prinzip, österreichische Studenten von Universitäten fernzuhalten und in andere Bereiche hineinzudrängen. Da spielen wir einfach nicht mit. (Beifall des Abg. Amesbauer.)
Es gibt eine Zugangsvoraussetzung für uns, und das ist die Matura. Wenn Sie alle der Meinung sind, dass die Matura an sich keinen Wert mehr hat, dann müssen Sie das ändern, nicht aber dann bei der Zielbildungseinrichtung beginnen, die Schrauben zu drehen. Da müsste man aber Initiativen setzen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Salzmann.)
Alles in allem: keine Einbindung des Parlaments ins Berichtswesen, um ordentlich für eine Weiterbildung zu sorgen. Ich weiß schon, dass man Fälle wie Annalena Baerbock regeln muss, national wie international, damit so etwas nicht mehr passiert. So etwas wird vielleicht einmal Bundeskanzler, das muss man sich einmal vorstellen! Welchen Titel sie trägt? – Na ja, die Qualität sei mehr als dahingestellt. (Abg. Taschner: Nachgesetzt!) Das wollen wir in Österreich gar nicht zulassen.
Vielleicht ist das Gesetz dazu tauglich, daher wollten wir diesem Gesetz eine Chance geben. Sie aber haben mit Ihrer Vorgehensweise jede Einbindung der Opposition in diese Belange verhindert. Das ist schade so, weil das eigentlich nicht der Stil im Wissenschaftsausschuss in den letzten 30 Jahren gewesen ist. Offensichtlich ändert sich aber mit dem Eintritt der Grünen alles, da gibt es nur mehr eines: Wir bestimmen,
was für euch gut ist, und fahren drüber, aus, danke, auf Wiederschauen! (Beifall bei der FPÖ.)
13.16
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Eva Blimlinger. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wundert mich schon immer wieder, was da über Universitäten gesprochen wird, von Personen, die sich eigentlich seit Jahren – um nicht zu sagen: Jahrzehnten – damit beschäftigen, offensichtlich aber noch immer nicht tiefer in die Materie eingedrungen sind. (Abg. Deimek: ... Deckel ...! Das ist ein Wahnsinn!) Natürlich geht es bei der Beschränkung der Studienplätze überhaupt nicht um die Frage, ob Österreicher oder nicht, sondern um die Frage der Kapazitäten. Ja, wir waren immer gegen diese Beschränkung, ich bin es auch nach wie vor, das ist aber eine Frage des Kompromisses.
Was die Medizin betrifft, muss da sehr wohl die Evaluierungsstudie in den Blick genommen werden. Es müssen verpflichtend vor den Zulassungsprüfungen Angebote – und zwar kostenfreie Angebote – zur Vorbereitung auf die Medizinzulassungsprüfung gemacht werden.
Es ist mir schon ein großes Anliegen, zwei Punkte zu erwähnen – und das finde ich wieder typisch, dass die Sozialdemokratie das nicht einmal erwähnt –: Der zentrale Kern ist nämlich einerseits der Weiterbildungsbereich im Sinne des lebenslangen beziehungsweise lebensbegleitenden Lernens und andererseits der Bereich des Quereinsteigerstudiums für Pädagogen und Pädagoginnen, weil das tatsächlich ein Wechsel in der Perspektive, eine Erhöhung der Durchlässigkeit aus dem Beruflichen heraus ist; das wird meine Kollegin Hamann noch genauer ausführen.
Zum lebensbegleitenden Lernen: Nein, es ist nicht verwirrender geworden. Wir haben mit diesem Schritt – nämlich diesen zwei Wegen des Bachelor Professional und des Bachelor of Continuing Education mit dem Master dazu – für die Konsumentinnen und Konsumenten, für die potenziellen Studierenden eine wesentlich höhere Übersichtlichkeit geschaffen, die qualitätsgesichert ist. Heute kann man um ein paar Tausend Euro irgendeinen Titel erwerben, der einem aber letztendlich gar nichts bringt, weil er nicht anerkannt ist. Das heißt, damit ist eine Sicherheit für potenzielle Studierende gegeben.
Keine Sorge, es wird auch nicht auseinanderdriften! Die Weiterbildung erhöht sozusagen die soziale Durchlässigkeit, insbesondere was den Bachelor Professional betrifft. Da wird es ja darum gehen, dass Menschen mit Berufserfahrung, die aber weder einen Lehrabschluss noch eine Reifeprüfung oder Vergleichbares haben, dennoch die Möglichkeit haben sollen, einen Bachelor zu machen.
Wer das ablehnt, gerade aus der Sozialdemokratie, und da von Unübersichtlichkeit spricht, den darf ich daran erinnern: Da geht es genau um Leute, die in der Bildung benachteiligt worden sind, die dann mit diesem Bachelor die Möglichkeit haben, einen ganz normalen, grundständigen Master, und wenn sie Lust haben, sogar ein Doktorat oder einen PhD, zu machen. Es ist mir daher überhaupt nicht nachvollziehbar, weshalb man sagt, es wird unübersichtlicher.
Vielleicht noch ein, zwei Worte, weil es auch diese Anträge zum Thema Mobilität nach Großbritannien gegeben hat: Ja, das ist ein Problem. Wir würden das gerne machen, das Wissenschaftsministerium hat sich auch wirklich sehr darum bemüht, vonseiten Englands gibt es aber keine große Kooperationsbereitschaft, wiewohl die Unis es
wahnsinnig gerne hätten, dass es diese Kooperationen gibt. Das ist im Prinzip auf bilateralem Weg gelöst, im Sinne von Universität mit Universität, und mit den Mobilitätsprogrammen 2021 bis 2027 ist es eben bis zu 20 Prozent möglich, auch mit Drittstaaten – und ein solcher ist England dann nun einmal – solche Mobilitäten auszuführen.
Der zweite Bereich war der Antrag von Kollegin Kuntzl, dass der Bundesminister dafür sorgen soll, dass sich die Studienpläne gewissermaßen den Entwicklungen, die während der Coronapandemie stattgefunden haben, anpassen, im Sinne eines digitalen Lehrangebots. Auch da verweise ich darauf, dass die Universitäten seit 2004 – oder eigentlich seit 2002, umgesetzt seit 2004 – autonom sind, und ich bin froh und glücklich darüber, dass kein Minister und keine Ministerin mehr in Studienpläne eingreifen kann und dass diesbezüglich die Autonomie bei den Universitäten liegt. Die Zeit des AHStG, des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes, in der hier im Hohen Haus noch die Studienpläne beschlossen worden sind, ist Göttin sei Dank vorbei. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Das ist auch meine Perspektive, was die Berichtspflicht betrifft. Selbstverständlich gibt es eine Berichtspflicht an das Parlament – es gibt den Hochschulbericht, es gibt den Universitätsbericht, und da müssen ohnedies all diese Dinge hinein. Ich verstehe daher überhaupt nicht, wovon Herr Kollege Graf da spricht. Das ist alles gesichert, und ich freue mich sehr, dass es in dieser guten Zusammenarbeit gelungen ist, die beiden Bereiche lebensbegleitendes Lernen und Quereinstieg in der UG-Novelle zu normieren.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden soll. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
13.22
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Mag. Martina Künsberg Sarre. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Minister, Sie machen es uns mit so einer Sammelnovelle, mit einem Potpourri von verschiedenen Themen, die teilweise überhaupt nichts miteinander zu tun haben, einfach nicht leicht. Sie machen es für uns sehr, sehr schwierig, Ihnen die Zustimmung zu geben.
Ich möchte mit den positiven Bereichen – oder mit den Punkten, die wir für wichtig halten und bei denen es auch positive Bereiche gibt – beginnen.
Zunächst zur Weiterbildung: Wir NEOS sind natürlich ganz klar für Weiterbildung und für lebenslanges Lernen – das möchte ich hier ausdrücklich festhalten –, und wir sehen auch sehr positiv, dass es da jetzt eine Vereinheitlichung gibt, dass es eine Gleichwertigkeit der Abschlüsse gibt, dass eine Durchlässigkeit gegeben ist und dass auch die berufliche Bildung irgendwie abgebildet wird. Die Teilung – nach wie vor – in außerordentliche und ordentliche Studien ist, glaube ich, ein österreichisches Spezifikum. Positiv ist auch noch, dass Sie die Titel bei den Weiterbildungslehrgängen sehr, sehr stark eingeschränkt haben. Dass Sie da auch aus der Begutachtung Kritik aufgenommen haben und das noch einmal reduziert haben, finde ich gut. Diese Hintennachstellung mit „Continuing Education“, das ist wieder etwas typisch Österreichisches, das findet man sonst nirgends, und wir werden damit unserem Ruf gerecht, dass wir ein Land der Titel sind. (Abg. Taschner – erheitert –: Das ist ja schön!) – Ja, Sie sagen, es ist wurscht, aber es ist international oft ein bisschen fragwürdig.
Bei der Professional-Schiene ist es aus meiner Sicht gut, dass Sie sich durchgesetzt haben und dass jetzt die Hochschule zuständig ist und nicht die Kammer. Das ist, glaube
ich, sehr, sehr wichtig für die Qualität. Was diese Hybrid-Form – gemeinsam mit der Wirtschaft –, die dann kommen wird, betrifft, so wird man sehen, wie das funktioniert und ausgestaltet ist. Und auch da finde ich – um jetzt noch einmal auf die Titel zu sprechen zu kommen –: In Deutschland gibt es den Meister, und der kann beantragen, dass er den Titel Bachelor Professional führen darf. Wir haben jetzt einen Bachelor Professional, den man sozusagen studieren soll. Eine Vergleichbarkeit oder Klarheit – was ist in Deutschland ein Bachelor Professional und was ist in Österreich ein Bachelor Professional? – ist also nicht gegeben. Das ist sehr verwirrend, finde ich. Man wird sehen – Sie haben dazu auch keine Abschätzungen getroffen –, in welchem Ausmaß überhaupt Bedarf danach besteht und welche Auswirkungen es auf die berufsbegleitenden FH-Studiengänge haben wird.
Die Industrie – das finde ich auch ganz spannend – hätte sich natürlich etwas Größeres gewünscht, nämlich dass man auch die private Weiterbildung – ich weiß schon, dass das nicht so sehr bei Ihnen angesiedelt ist, da sind auch noch andere Ministerien beteiligt – miteinbezieht; sie findet, dass man das in einem größeren Zusammenhang hätte sehen können. Es ist natürlich auch lustig, dass wir so ein großes Weiterbildungspaket zu einem Zeitpunkt verabschieden, zu dem die LLL-Strategie 2030 nach wie vor nicht vorliegt. Sie machen da also etwas, aber wir wissen überhaupt nicht, was für Ziele es eigentlich bis 2030 in der LLL-Strategie gibt, das ist nach wie vor ausständig.
Was das Ghostwriting betrifft, so ist die Anpassung dahin gehend, dass sich die Bestimmung auf alle Hochschulen bezieht, gut und richtig.
Zum Quereinstieg noch ganz kurz: Wir haben einen Riesenmangel. Sie machen jetzt einen kleinen Schritt – ja, gut, es ist besser als nichts, anstatt das aber nur für den Kindergarten zu ermöglichen, wäre es notwendig, dass Sie sich einmal hinsetzen und sagen: Wir brauchen nicht nur beispielsweise im Kindergarten Quereinsteiger aus der Bildungswissenschaft, sondern auch in der Volksschule oder Sonderschule! – Das ist einfach viel zu klein gedacht. Sie sollten das einmal größer denken und das auch für den Schulbereich vorsehen. Die Volksschule ist überhaupt ausgeklammert, da gibt es offensichtlich in den nächsten Jahren überhaupt keinen PädagogInnenmangel – was ja jetzt schon nicht stimmt.
Insofern: Es geht ein bisschen etwas weiter, aber eigentlich haben Sie die Chance verpasst, viel größer, gerade auch was den Quereinstieg betrifft, zu denken. (Beifall bei den NEOS.)
13.27
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Martina Kaufmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Ja, Frau Kollegin Kuntzl, das Gesetz ist ein großer Wurf, und zwar aus einem einfachen Grund: Wir schaffen es mit der Lehre auf die Hochschule, und damit schaffen wir Zukunftsperspektiven für viele, viele junge Menschen in Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hamann.)
Die Schwierigkeit des Zustimmens, Frau Kollegin Künsberg Sarre von den NEOS, kann ich auch nicht verstehen, denn genau bei diesem Gesetzespaket wäre es eigentlich im Interesse von euch NEOS – Bildung, Wirtschaft, das sind eure Themen! –, diesem zuzustimmen, weil wir darin Klarheit schaffen, eine Anrechenbarkeit von Ressourcen vorsehen, weil wir es mit diesem Gesetzespaket schaffen, Bildungswege für junge Menschen zu skizzieren, aufzuzeigen und zu ermöglichen. Und das, werte Kolleginnen
und Kollegen, ermöglicht es uns, den Wohlstand unseres Bildungs- und Wirtschaftsstandortes Österreich auch nachhaltig zu sichern. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Als Lehrlingssprecherin der ÖVP – wobei wir auch im eigenen Unternehmen seit Jahrzehnten junge Menschen in der Lehre ausbilden – finde ich es wichtig, in der Berufsorientierung gerade diese Karriereperspektiven aufzuzeigen, zu zeigen – im Gespräch mit den jungen Menschen, mit den Eltern gemeinsam –, welche Möglichkeiten es gibt. Mit dem vorliegenden Gesetzespaket schaffen wir die Einführung des Bachelor Professional und des Master Professional, wodurch es möglich ist, sich Qualifikationen, die sowohl schulisch als auch beruflich erworben wurden, anrechnen zu lassen, sich in seinem Berufsbild weiter zu qualifizieren, und wodurch man als Unternehmen, als Wirtschaft die Besten der Besten auch stärken kann – womit wir insgesamt auch den Standort Österreich weiterbringen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
In diesem Sinne, werte Kolleginnen und Kollegen von den NEOS, aber auch von der SPÖ: Überlegen Sie sich noch einmal, ob zu dieser Zukunftsperspektive, die wir hier für viele junge Menschen schaffen, nicht auch Ihre Zustimmung notwendig wäre, um genau diesen Weg zu gehen, damit wir in Österreich eine gute Zukunft haben. (Beifall bei der ÖVP.)
13.30
Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits gelangt zu Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Sie haben schon gehört, dass wir jetzt sozusagen etliches auf der Tagesordnung haben: Es geht um ein Sammelgesetz, in dem es um neue Titel geht – Kollegin Kuntzl ist im Detail darauf eingegangen –, in dem es um die Weiterführung von Zugangsbeschränkungen geht, in dem es aber auch um QuereinsteigerInnen für pädagogische Berufe geht – und außerdem geht es eben um zwei Anträge, die vonseiten der Sozialdemokratie eingebracht wurden, und denen möchte ich mich jetzt gern widmen.
Der eine betrifft den Brexit. Sie wissen, diese Entscheidung fiel eigentlich vor vielen Jahren, und auch heute – vor allem auch heute – sind wir immer noch mit den Folgen konfrontiert, zum einen klarerweise auf einer übergeordneten Ebene – denken wir an den Handel, denken wir an Jobsituationen, denken wir an Aus- und Einreise –,der Austritt hat aber auch sehr, sehr individuelle Auswirkungen, auch im Bildungsbereich.
Sie wissen, Großbritannien ist ein sehr, sehr beliebtes Land für SchülerInnenaustausch, Studierendenaustausch, aber auch Lehrlingsaustausch, ob für Sprachaufenthalte, Uniaufenthalte oder Ausbildungsaufenthalte. Erasmus und Erasmus plus haben es in den letzten Jahrzehnten, möchte ich sagen, vielen Jugendlichen ermöglicht, diesen geförderten Austausch auch wirklich zu leben.
Nun ist der geförderte Austausch vorbei, diese Möglichkeit ist weg. Und wer soll sich das künftig noch leisten können? – Es ist vermutlich eine sehr, sehr kleine Gruppe von Jugendlichen, und ich finde es halt einfach sehr schade, dass diese Chancen allen Jugendlichen genommen werden. Deshalb haben Kollegin Holzleitner – und die Sozialdemokratie – den Antrag gestellt, um eben eine Lösung auf die Beine zu stellen.
In diesem Antrag haben wir Sie, Herr Bundesminister, aufgefordert, zum einen mit Kollegen und Kolleginnen in der österreichischen Bundesregierung, vor allem aber auf europäischer Ebene Gespräche zu führen und einfach Lösungen auf die Beine zu stellen – es gibt ja auch mit anderen Ländern bilaterale Abkommen: Ich denke an die Türkei oder an Norwegen. Das heißt, diese Optionen gibt es, und ich finde es deshalb sehr, sehr
schade, dass die ÖVP und die Grünen diesem Antrag ganz einfach nicht zugestimmt haben. Es ist sehr, sehr traurig für viele Jugendliche. (Beifall bei der SPÖ.)
Auch interessant ist, dass Sie dem Antrag zur Digitalisierung von Hochschulen Ihre Zustimmung nicht gegeben haben.
Frau Kollegin Blimlinger, ich würde Sie bitten, Ihre Gestik einfach ein bisschen einzustellen. Ich habe gerade gesehen, dass Sie den Vogel gedeutet haben, und ich halte das sozusagen - - (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Blimlinger tippt sich an die Schläfe.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Blimlinger, ich erteile Ihnen für diese Geste einen Ordnungsruf. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)
*****
Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Katharina Kucharowits (fortsetzend): Danke. – Zurück zur Digitalisierung von Hochschulen: Wir haben, glaube ich, seit Covid-19 bemerkt, wo es bei der Digitalisierung hinkt und wo wir in Österreich vor allem auch nachhinken. Das eine ist die Ebene der Infrastruktur – vom Recht auf Internet für alle sind wir noch sehr weit entfernt; denken wir an den noch nicht so weit fortgeschrittenen Breitbandausbau –, wir haben aber im Rahmen der Digitalisierung der Lehre auch bemerkt, dass es da großen Aufholbedarf an den Universitäten und Hochschulen gibt. Das liegt bitte nicht an den Lehrenden, das möchte ich an dieser Stelle dezidiert sagen, es liegt ganz einfach an den zu geringen Ressourcen, und ich hätte, wir hätten uns da ganz einfach auch von Ihnen, Herr Wissenschaftsminister, eine extra Finanzspritze, zweckgewidmet für den Ausbau der Digitalisierung, vorgestellt.
Wir fordern in unserem Antrag – nämlich im Sinne der Studierenden –, dass Lehrveranstaltungen weiterhin hybrid stattfinden, das heißt digital und physisch – nicht nur Lehrveranstaltungen, sondern auch Prüfungen. Ja, Unis sind Sozialräume, und das soll auch weiterhin sozusagen möglich sein, aber wir haben ja auch die Vorteile der digitalen Anwesenheit erfahren – Stichwort Vereinbarkeitsgeschichten; wenn ich ein Kind zu Hause zu betreuen habe oder pflegende Angehörige bin, habe ich trotzdem an der Lehrveranstaltung oder der Prüfung teilnehmen können –, und ich denke mir, diese positiven Aspekte, die wir durch Covid auch erfahren konnten, was eben mit diesen Hilfsmitteln möglich ist, die sollten wir beibehalten.
Das sowie die Zurverfügungstellung von digitalen Endgeräten fordern wir in diesem Antrag, weil halt nicht alle Studierenden sich das Studieren auch in dem Umfang leisten können. Es ist traurig, dass Sie auch da nicht zugestimmt haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
13.34
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Sibylle Hamann. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Herr Präsident! Lieber Herr Bundesminister! Ich freue mich, dass ich ein paar Worte über ein Thema verlieren darf, das mir ganz besonders am Herzen liegt, über das wir heute abstimmen werden. Das ist der Quereinstieg in den Lehrerberuf. Wir wissen ja, wie der Einstieg normalerweise geht:
aus der Schule ins Lehramtsstudium, zurück in die Schule; und das ist eigentlich völlig okay. Es gibt Menschen – ich schaue jetzt (in Richtung Abg. Salzmann blickend) Gertraud an –, die von klein auf wissen, dass sie Lehrerin, Lehrer werden wollen – das ist völlig klar, das ziehen sie durch. Das ist ein super Weg und viele machen das ganz großartig. Das ist aber nicht der einzige Weg, der möglich ist.
Man kann auch auf vielen anderen Wegen seine Bestimmung und den Weg in die Schule finden, auch später im Leben, auch ohne ein Lehramtsstudium, wenn man andere Ausbildungen gemacht hat und Wissen und Erfahrungen in anderen Berufsfeldern erworben hat. Und auch solche Menschen mit solchen Biografien brauchen wir in den Schulen, wir brauchen sie mit ihrer Lebenserfahrung, mit ihrem Wissen auch über verschiedene Aspekte der Arbeitswelt draußen, und darum machen wir für diese Leute die Tür in die Schulen jetzt ganz weit auf.
Wie schaut das konkrete Angebot aus, das wir potenziellen Quereinsteigern, Quereinsteigerinnen machen können? – Sie bringen normalerweise ein Studium in einem anderen Fach mit, drei Jahre Berufserfahrung, durchlaufen dann, und das ist recht wichtig, ein Auswahlverfahren und absolvieren danach einen Hochschullehrgang. Ja, und dann werden sie dienstrechtlich mit Kolleginnen und Kollegen in der Schule, auch was ihre Vordienstzeiten betrifft, gleichgestellt.
Auch in der Elementarpädagogik haben wir uns einen neuen Weg überlegt: Da wird es für Menschen, die einen pädagogischen Bachelor mitbringen oder einen aus fachverwandten Studien, einen eigenen Hochschullehrgang geben. Wenn sie diesen Lehrgang machen, dürfen sie Gruppen in elementarpädagogischen Einrichtungen leiten, auch ohne Bafep-Abschluss, was bisher notwendige Voraussetzung war.
All das sind Schritte in Richtung Vielfalt und in die Akademisierung auch im elementarpädagogischen Bereich. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Was mir da jetzt aber noch ganz wichtig zu betonen ist: Das alles hat natürlich einen Zusammenhang mit dem Lehrer- und Lehrerinnenmangel und wird immer in einem solchen gesehen. Das Ganze ist aber kein Pflaster für die Aufhebung dieser Notsituation, sondern das ist auch inhaltlich und pädagogisch wichtig und gut. Das wird einen frischen Wind in die Schulen bringen, das wird neue Begegnungen im Lehrerzimmer ermöglichen, das wird neue Themen und Diskussionen in die Klassenzimmer und in den Unterricht bringen, und insgesamt wird es die Durchlässigkeit und die Vielfalt in unseren Bildungseinrichtungen erhöhen, was ihnen allen nur guttun kann, und darum freue ich mich über eine breite Zustimmung zu dieser Novellierung. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
13.38
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dipl.-Ing. Gerhard Deimek. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es wird heute eine Anpassung im Universitätsgesetz beschlossen, und Kollege Graf hat schon im Detail ausgearbeitet, wo das Gesetz zwar einerseits gut ist, wo wir aber auch einige, sagen wir einmal, Schwächen entdeckt haben, wo man mehr Mut haben könnte, als das Gesetz jetzt gezeigt hat. Die Universitätenkonferenz hat sich ja auch dazu geäußert, und der Bereich der Titel hätte sich schon eine etwas straffere Überarbeitung verdient.
Ich möchte aber auch auf einen Antrag der Kollegin von der SPÖ eingehen, nämlich jenen betreffend den Studentenaustausch mit England: Gut, der Antrag wurde abgelehnt, und man hat gesagt: Na ja, was nicht mit der EU geht, ist nicht möglich, und die Briten hätten ja beschlossen, dass sie nicht mit der EU wollen. – Ja, mit der ganzen EU,
und wir haben nach der Ausschusssitzung, in der Kollege Marchetti das erwähnt hat, noch einmal nachgefragt. Die sagen: Ja, mit der ganzen EU wollen sie nicht, aber sie sind natürlich jederzeit für bilaterale Vereinbarungen offen.
Natürlich ist England ein sehr interessantes Land für unsere Studierenden, für unsere Studenten in den diversesten Fächern, und es gibt auch gute Universitäten dort, also meine Aufforderung: Bitte, das geht! Bitte schaffen Sie die bilateralen Möglichkeiten für einen Studentenaustausch! Die Alternative nämlich, dass die EU natürlich sagt: Wir wollen das gar nicht, dass einzelne Länder ein bilaterales Abkommen machen!, die kennen wir auch, nur das interessiert uns bitte normalerweise, wenn wir ein ordentlicher Staat sind, eigentlich überhaupt nicht. Herr Bundesminister, bitte treffen Sie Vereinbarungen mit England!
Dann kommt dazu, dass, während da die Debatte läuft, Kollegin Blimlinger hinten vorbeigeht und so ein bisschen nonchalant kommentiert: Na ja, das stimmt ja alles gar nicht! – Frau Kollegin Blimlinger, erkundigen Sie sich in England, was nicht stimmt oder was stimmt! Die Engländer wollen die bilateralen Vereinbarungen, und sie wollen sie natürlich auch mit uns. Da können Sie den Kopf schütteln, wie Sie wollen. Wenn Sie schon den Kopf schütteln: Eines ist schon auch interessant. Mir ist bei den diversen Rektoren und Vorständen und so weiter an unseren Universitäten die Ideologie wirklich vollkommen egal, aber das sind Fachleute im Bildungsbereich – das sind wirklich Fachleute. Wenn diese von einer Abgeordneten, die schon lang weit weg vom Bildungsbereich ist, abgekanzelt werden wie das letzte kleine Kind, das es sich nicht verdient hat, dann ist das auch eine Frage von Würde, Moral und Anstand in diesem angeblich Hohen Haus. – Frau Blimlinger, so geht das nicht! (Beifall bei FPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Nehmen Sie Ordnung, Manieren und Anstand an! Die Universitäten haben sich Ihre Antworten nicht verdient. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
13.41
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Heinz Faßmann. – Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Wir hatten im Ausschuss eine konstruktive Diskussion. Wir haben, glaube ich, auch im Plenum eine interessante und durchaus konsensorientierte Diskussion mit unterschiedlichen Sichtweisen, mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen. Wir haben insgesamt lange und mit vielen Stakeholdern über dieses Gesetz diskutiert. Mut hin oder her, Herr Deimek: Kompromiss ist das Wesen des parlamentarischen und demokratischen Prozesses, und dazu bekenne ich mich weiterhin. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Martin Graf: Wo ist denn der Kompromiss bei den Zugangsbeschränkungen?)
Mit der vorliegenden Neufassung gibt es im Wesentlichen drei Schwerpunkte: die hochschulische Weiterbildung, die Weiterentwicklung der Studieneingangs- und Orientierungsphase und das Modell des Quereinstiegs. Ich halte die hochschulische Weiterbildung, so wie sie jetzt hier vorliegt, für sehr wichtig – extrem wichtig. Es ist ein wachsender Bereich gewesen, und es gibt jetzt eine klare Struktur, angelehnt an die Bolognaarchitektur, mit einer Reduktion der Titel, aber mit einsichtigen Titeln. Dass vielleicht in manchen Nachbarstaaten das (CE), Continuing Education, noch nicht verstanden wird, ist kein Argument dagegen – es wird schon verstanden werden. Es ist eine Neufassung der hochschulischen Weiterbildung, die tatsächlich für Transparenz und für eine Durchlässigkeit sorgt, für eine Durchlässigkeit auch im Bereich jener Personen, die eine berufliche Erfahrung mitbringen. Ich halte es für ein wirklich gut gelungenes Modell. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Der zweite Punkt betrifft die Zugangsregelungen, insbesondere aber auch die Steop. Frau Abgeordnete Kuntzl, wir haben im Ausschuss darüber diskutiert. Wir haben das ja auch gemacht, weil das Institut für Höhere Studien dazu einen entsprechenden Evaluierungsbericht vorgelegt hat. Die Frage von Steop und Zugangsregelungen ist sozusagen auch in diesem Gesetz nicht endgültig normiert, sondern befristet bis 2027. Wir werden weiterhin darüber sprechen. Wir werden weiterhin beobachten, wie Steop und Zugangsregelungen umgesetzt werden. Dass wir darauf achten, dass die soziale Wirkung dieser Zugangsregelungen nicht so ist, wie wir wahrscheinlich alle befürchten, habe ich Ihnen auch im Ausschuss schon gesagt. Darauf werden wir großen Wert legen. (Zwischenruf der Abg. Kucharowits.)
Der dritte Punkt ist eben die Neuordnung des Quereinstiegs: frischen Wind in die Schulen durch Menschen, die eine berufliche Vorqualifikation mitbringen und nicht dauerhaft mit einem Sondervertrag schlechter beschäftigt werden wollen, als es notwendig wäre. Ich glaube auch, das wird, wie Sibylle Hamann gesagt hat, für einen frischen Wind in den Schulen sorgen. Es wird meiner Ansicht nach leider auch ein quantitativ begrenztes Instrument sein, aber die positiven Effekte sind ganz eindeutig.
Ich möchte vielleicht zum Schluss noch Frau Kucharowits etwas zum UK sagen. Es ist klar, dass die derzeitige Situation nicht das Ende der Fahnenstange ist. Wir alle haben bedauert, auch von hochschulischer Seite, dass es zu diesem Brexit gekommen ist, aber das ist letztlich eine nationale Entscheidung des UK gewesen. Ich persönlich habe eine Reihe von Gesprächen geführt, sowohl mit Regierungsvertretern des UK als auch mit den Botschaftern hier in Österreich. Derzeit ist tatsächlich das Interesse des UK an einer Fortführung eines Mobilitätsmodells, welches Erasmus nachempfunden ist, nicht groß. Das UK hat ein eigenes Mobilitätsprogramm aufgesetzt, das Turing-Programm, das ist ein reines Outgoing-Programm. Warum ist das UK mäßig – um nicht zu sagen gar nicht – interessiert? – Weil das Wesen von Erasmus ja immer war, dass die aufnehmende Institution im UK auf die Studiengebühren verzichtet hat, und die Studiengebühren im UK sind hoch und eine wesentliche Einnahmequelle für die dortigen Universitäten.
Ich sage aber auch, mit oder ohne Antrag, Frau Kucharowits: Ich weiß, dass wir in Europa zwei offene Probleme haben, im Bereich von Mobilität, aber auch hinsichtlich der Frage, wie das hochschulische System insgesamt in die Europäische Union integriert wird. Das ist das UK, und das ist die Schweiz. Bei beiden werde ich, wie gesagt mit oder ohne Antrag, schauen, dass wir in diesem Bereich eine viel stärkere Integration bekommen, als sie derzeit vorhanden ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Martin Graf: Eine Lösung könnte der Ritterschlag sein!)
13.46
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Nico Marchetti. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auch noch etwas zum Themenkomplex UK sagen und noch einmal genau sortieren, wie der Ablauf war, weil ich glaube, dass das im Ausschuss ein bisschen verkürzt war. Darum ist es, glaube ich, ein bisschen zu einem Missverständnis gekommen.
Herr Deimek, ich will da auch explizit auf Sie eingehen. Sie haben natürlich schon recht: Es gibt die eine Geschichte, Erasmus, und die andere ist bilateral. Was Erasmus betrifft, gab es ja leider die Entscheidung – der Herr Bundesminister hat es gesagt –, dass das UK mit dem Turing-Programm ein eigenes reines Outgoing-Programm macht und nicht mit der EU-Kommission zusammenarbeitet. Wir haben sogar während der Ratspräsidentschaft
versucht – sogar in Person des Herrn Bundesministers –, doch noch einen Kompromiss hinzubekommen, es hat aber nicht funktioniert. – Das ist das eine.
Das andere – und da haben Sie recht, dass das zwei Paar Schuhe sind – ist eben diese bilaterale Zusammenarbeit. Da, um das noch ein bisschen zu konkretisieren, hat das UK auch gesagt, es ist nicht wirklich der große Vorteil, jetzt 27 MOUs abzuschließen, die ein bisschen unterschiedlich sind, mit jedem Land. Es ist ihnen lieber, wenn das auf Ebene der Universitäten passiert. Dazu gibt es ja auch Gespräche.
Konkret haben wir trotzdem versucht, einen Rahmen zu schaffen, wir wollten dieses Kulturabkommen aus dem Jahr 1953 wieder aufleben lassen – da ist auch das Außenministerium weiterhin dran – und das dann quasi mit diesen Austauschprogrammen verknüpfen, aber leider gibt es da eben – der Herr Bundesminister hat es gesagt – kein Interesse des UK, das jetzt einmal voranzutreiben. Wir werden dranbleiben und schauen, dass wir da etwas zusammenbekommen.
Ich möchte wirklich klarstellen, auch in Richtung der Kolleginnen Kucharowits und Holzleitner: Es gibt keinen Dissens. Wir wollen die Zusammenarbeit mit dem UK, nur ist das eben eine beidseitige Geschichte. Es gibt wirklich auf so vielen Seiten Bemühungen – von der Kommission, vom Außenministerium, vom Herrn Bundesminister. Im Moment sind wir gesprächsbereit, UK ist zögerlich. Wir bleiben weiter gesprächsbereit, das steht absolut außer Frage, aber im Moment sind nicht wir diejenigen, die sich bewegen müssen – das möchte ich an dieser Stelle noch einmal ganz klar sagen.
Abschließend, auch für alle Studierenden, die sich dafür interessieren, einen Austausch in Richtung UK zu machen: Für nächstes Jahr sind noch Mittel da, weil sie ja in Coronazeiten nicht aufgebraucht wurden – da geht es noch. Danach sind ja 20 Prozent der Mittel für Drittstaaten blockiert – da ist halt im Moment ganz viel für die USA und China, jetzt aber auch für das UK. Es ist quasi kein vollständiges Programm, aber es gibt zumindest ein bisschen eine Chance. Ich wollte auch klarstellen, dass diese sehr wohl noch besteht. Für jene, die sich dafür interessieren, hoffe ich, dass wir bald bessere Nachrichten haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
13.49
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag. Dr. Petra Oberrauner. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Die vorliegende Gesetzesvorlage weist grundsätzlich eine Reihe guter Intentionen auf. Die einheitliche Regelung und Systematisierung eines doch schwer überschaubaren Weiterbildungsangebotes sowie kostenlose Unterstützungsangebote der Universitäten für StudienbewerberInnen zur Vorbereitung auf das Aufnahmeverfahren in den medizinischen Fächern und in Psychologie sind zwei positive Punkte, die ich gefunden habe. Allerdings erfüllt die Gesetzesvorlage nicht den Anspruch, den sie sich gegeben hat, weil sie an einigen Stellen noch wirklich unausgereift wirkt und die soziale Selektion an Hochschulen leider fortschreibt.
Wir können diesem Gesetz in der vorliegenden Form nicht zustimmen, wofür ich drei Punkte anführen möchte: Der vorliegende Entwurf versucht, ein attraktives und für die Hochschulen auch finanziell interessantes Weiterbildungsangebot zu schaffen. Er gibt aber keine Antwort darauf, wie verhindert werden soll, dass zukünftig das Angebot für berufstätige Studierende im regulären und kostenfreien Studium nicht ausgedünnt wird und die berufstätigen Studierenden zunehmend in kostenpflichtige Lehrangebote gedrängt werden. Ein weitgehend gebührenfreies und qualitativ hochwertiges Studium
muss weiterhin für alle faktisch sichergestellt sein, auch für Berufstätige und für Personen mit alternativen Hochschulzugangsberechtigungen, wie zum Beispiel Lehrlinge oder Facharbeiter. Über diese Studienmöglichkeiten muss auch breit informiert werden, damit sich die Menschen, wenn sie sich für diese Sachen interessieren, auch auskennen.
Zweitens sieht das Gesetz nur eine nachträgliche Qualitätsprüfung der Lehrgänge vor, und das auch nur, wenn es begründete Zweifel gibt. Ich halte das für nicht akzeptabel, weil die Studierenden, die sich für die Lehrgänge eingetragen haben, viel Geld bezahlen müssen, kostbare Lebenszeit investieren, diese Lehrgänge meistens auch berufsbegleitend absolvieren und nicht wissen, ob die Qualität passt und ob am Ende des Tages auch die Akzeptanz der Abschlüsse vorhanden ist. Ich glaube, das ist ein gravierender Nachteil in dieser Vorlage, der korrigiert werden muss. (Beifall bei der SPÖ.)
Der vorliegende Gesetzesvorschlag sieht zudem die Fortsetzung sozial selektiver Zugangsbeschränkungen bis 2027 vor. Wie sozial selektive Zugangsbeschränkungen wirken, hat die jüngste Evaluierung des IHS deutlich gezeigt: Der Anteil an Personen, deren Eltern keinen Hochschulabschluss besitzen, hat im Studienjahr 2019/20 im Durchschnitt über alle Studienfächer abgenommen, von 53 auf 51 Prozent der Inskribierten. Besonders groß ist die Selektion in der Humanmedizin, wo der Anteil um 10 Prozent fällt, aber auch beim Studiengang Business and Economics an der Wirtschaftsuniversität Wien, wo von 28 StudienbewerberInnen, deren Eltern keinen Hochschulabschluss besitzen, letztlich nur 22 inskribieren konnten. Ich glaube, das ist nicht gerechtfertigt, das ist keine Gleichbehandlung.
Angesichts dieser Zahlen reichen die im Gesetz vorgesehenen kostenlosen Unterstützungsangebote für Aufnahmeverfahren in medizinischen und psychologischen Fächern nicht aus, sondern sie müssten für alle breit aufgestellt werden. Sollen die Zugangsbeschränkungen bis 2027 aufrechterhalten werden, dann müssen die Unterstützungsangebote flächendeckend auch in dieser Zeit vorhanden sein, und zwar für alle Fächer.
Deshalb erscheint mir das Gesetz insgesamt noch nicht ausgereift und wir können nicht zustimmen. Wir würden Sie aber bitten, über die Korrekturen nachzudenken und vielleicht nachzuschärfen, sodass es wirklich ein gerechtes Gesetz für alle Studierenden, berufstätig oder nicht, wird.
Ich würde bitte gerne anregen, dass man sich, da wir in einer internationalen Welt angekommen sind, endlich auch einmal in der EU um die gegenseitige Anerkennung der Studienabschlüsse kümmert, denn das ist noch immer nicht geregelt und Nostrifizierungsverfahren sind ziemlich schwierig. Die Lehrlinge sind da besser beraten, weil es da zumindest Abkommen für einige Lehrberufe gibt, die in den Ländern der EU gegenseitig angerechnet werden. Im Endeffekt hat es auch Auswirkungen auf die Bezahlung in jenem Land, in dem man dann arbeitet, und das ist in einer Zeit wie heute nicht gerechtfertigt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
13.54
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag.a Dr.in Maria Theresia Niss. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich bin eine große Befürworterin von Diversität. Ich bin eine Befürworterin von Diversität, weil diverse Teams erfolgreicher sind. Deswegen befürworte ich Diversität in der Wirtschaft, in der Politik, aber eben auch in der Schule.
Der zweite wichtige Punkt in dieser Gesetzesnovelle, neben dem wichtigen Thema der hochschulischen Weiterbildung, ist, dass wir den Quereinstieg in die Schule ermöglichen. Ich glaube, es ist wichtig, dass man unterschiedliche Sichtweisen in die Schulen bringt, dass man Lebenserfahrung in die Schulen bringt, dass man, wie meine Kollegin Hamann gesagt hat, auch frischen Wind in die Schulen bringt, und dass man Leuten, die nicht gleich nach der Schule gesagt haben, dass sie in einen Lehrberuf gehen, diesen Traum auch später einmal erfüllt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Was machen wir genau? – Wir ermöglichen motivierten Leuten, die vorher schon praktische Erfahrung gesammelt haben, dass sie nach einem Auswahlverfahren direkt in die Klasse kommen, dort unterrichten und parallel eine Ausbildung vor allem im pädagogischen Bereich machen. Das heißt beispielsweise, dass ein Chemiker, der für drei Jahre in einem Labor gearbeitet hat, direkt in die Klasse kommt und dort nicht nur sein Wissen, sondern auch seine Erfahrung und seine Begeisterung einbringen kann. Ich erwarte mir dadurch auch, dass wir mehr junge Leute beispielsweise für technische Berufe begeistern können. Ich beispielsweise hätte mir das gewünscht.
Wir wissen, dass der Quereinstieg funktioniert. Wir haben das beispielsweise bei der so erfolgreichen Initiative Teach For Austria gesehen. Das begrüßen alle, die Direktoren, die anderen Lehrer, also sozusagen welche, die gleich nach der Schule in den Lehrberuf gegangen sind, aber natürlich auch die Schüler. Diesen Quereinstieg wollen wir nun breiter ermöglichen.
Meine Damen und Herren, nicht nur die Politik lebt vom Austausch, sondern vor allem auch die Schule lebt vom Austausch. Das ist mir wichtig, das ist dem Herrn Minister wichtig, das ist der ÖVP wichtig. Mit dieser Gesetzesnovelle wollen wir das ermöglichen. Profitieren werden davon vor allem unsere Kinder, und das ist gut so. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
13.56
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Dr. Josef Smolle. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt eine Legende, die sich um die Universitäten rankt, das ist die Legende vom abgehobenen Elfenbeinturm. Ich weiß nicht, ob diese Legende je zugetroffen hat, ich kann aber sagen, für die letzten Jahrzehnte trifft sie ganz sicher nicht zu.
Ein ganz wesentliches Handlungsfeld, mit dem die Universitäten zeigen, wie sie über ihren unmittelbaren Wirkungsbereich hinausstrahlen, ist das lebensbegleitende Lernen, das sind die Aktivitäten der Universitäten und Hochschulen in der Weiterbildung. Ich finde es extrem positiv, dass diese Weiterbildungsaktivitäten mit dieser Gesetzesnovelle nun auch einen entsprechenden einheitlichen Rahmen bekommen, damit auch jeder weiß, wenn man einen Weiterbildungsbachelor oder Weiterbildungsmaster absolviert, dann ist das gleichwertig wie ein Master in einem Regelstudium. Das ist für die Durchlässigkeit entscheidend.
Das Zweite, was mir ganz, ganz wichtig erscheint, ist die Einführung des Bachelor Professional und des Master Professional. Das heißt, dass die Universitäten da ein Angebot legen, dass die große Erfahrung und Kompetenz, die viele Menschen aus der Berufserfahrung, aus dem Berufsleben mitbringen, auch eine akademische Anerkennung findet und dass das mit einer akademischen Ausbildung verbunden werden kann. Damit schaffen
wir einen weiteren Weg des Bildungsaufstiegs, etwas, das für unsere Gesellschaft ganz, ganz wichtig ist.
Ich möchte allen Hochschullehrenden ein explizites Danke für die großen Aktivitäten, die sie in der Weiterbildung setzen, sagen – großes Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend darf ich Ihnen allen einen schönen und entspannten Sommer wünschen! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. )
13.59
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Mag. Johanna Jachs. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stellen wir uns einmal kurz vor, dass in Zukunft Sportstudierende automatisch wählen könnten, ob sie Gymnastik in Präsenz oder digital lernen möchten. Ich glaube, wenn wir dieses Gedankenexperiment anstellen, dann fällt uns ein, dass sogar unser Kollege Franz Hörl wahrscheinlich noch einmal liebend gerne Gymnastik vom Bildschirm von zu Hause aus lernen und studieren möchte. (Heiterkeit, Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)
Dieses Beispiel war jetzt vielleicht ein bisschen überzeichnet, was ich aber damit sagen will, ist, dass nicht jedes Fach digital und online studierbar ist. Ich glaube, Ihr Antrag, liebe SPÖ, liebe Kollegin Kucharowits, würde auch zu stark in die Freiheit der Lehre eingreifen.
Sehr geehrter Herr Minister, Sie geben mir vermutlich auch recht, wenn ich sage, dass Studierende und Lehrende in den letzten 16 Monaten stark herausgefordert und gefordert waren und dass daher die Verschränkung von digital und Präsenz vor allem auch in Präsenzstudiengängen die Zukunft sein wird.
Digitalisierung der Hochschule heißt aber nicht automatisch Laptops für alle, so wie es die SPÖ vorschlägt. Wir wissen, liebe SPÖ, dass ihr immer gerne etwas verschenkt, in diesem Fall halt Laptops, in 500 000 anderen Fällen Staatsbürgerschaften. Das wird es mit uns als ÖVP nicht geben, und daher lehnen wir auch Ihren Antrag ab. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
14.01
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist wie meistens nicht der Fall.
Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Wissenschaftsausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.
Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 1737/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (993 d.B.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Als Erster zu Wort gelangt Mag. Dr. Martin Graf. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir – zumindest ich – stehen, immer noch unter dem Eindruck der letzten ÖH-Wahl – wenn man überhaupt sagen kann, dass das eine Wahl war.
Es gibt immer zwei bedenkliche Szenarien, bei denen der Gesetzgeber eigentlich aufgerufen ist, tätig zu werden. Das eine ist, wenn bei Wahlen 100-prozentige Zustimmungen herauskommen, wie in Nordkorea beispielsweise. Wenn das passiert, dann wissen wir, wir sind auf jeden Fall im falschen System. Oder das zweite: Es geht keiner mehr zur Wahl hin, eine Wahl dient offensichtlich bloß mehr dem Selbstzweck der jeweiligen Funktionäre.
Das ist ungefähr das Szenario, das wir heute an Österreichs Hochschulen, im tertiären Bildungsbereich generell, vorfinden. Zur Erinnerung: Bei der letzten Wahl waren, glaube ich, überhaupt nur noch rund 15 Prozent der Wahlberechtigten an den Urnen. Warum das so ist, lässt sich vielleicht da und dort auch erklären.
Wir haben einen Zug, der in die Richtung geht, dass an vielen Universitäten tatsächlich nur mehr Einheitslisten zur Wahl angeboten werden. Alle anderen Listen werden entweder aus ideologischen Gründen hinausgekickt oder haben keinen Bestand oder werden als sinnlos et cetera angesehen. Und dort gehen dann die Wahlen mit 100 Prozent für die Einheitsliste aus.
Auf der anderen Seite haben wir Institutionen, in denen schon bald weniger Leute wählen gehen, als es wählbare Personen gibt. So zum Beispiel die Webster Universität: Dort waren fünf Leute wählen und sieben Mandate wurden vergeben. Es hat eine andere Institution gegeben, da war überhaupt niemand bei der Wahl. Und dann gibt es eine Reihe von Institutionen, die eine Wahlbeteiligung zwischen 0,6 und 1,5 oder 2 Prozent haben. Da wählen dann 29 Mitglieder sieben zur Verfügung stehende Mandatare. Also man kann fast sagen, man wählt sich selbst als Funktionär und fühlt sich dann vielleicht sogar noch saupudelwohl in diesem System, weil man vermeint, demokratisch legitimiert zu sein.
Ich fühle mich da überhaupt nicht wohl. Ich glaube, da geht die Reise in eine falsche Richtung. Es ist kaum mehr Demokratie zulässig. Es wird ein Mitte-rechts-Gesinnter, sagen wir es einmal vorsichtig, letztlich als Faschist gebrandmarkt, für sein Leben, und versucht, ihn in seiner bürgerlichen Existenz zu erledigen, sodass es tatsächlich so ist, dass keine anderen Listen mehr zustande kommen, außer Einheitslisten oder linke und linkslinke Listen.
Die Zwangsmitgliedschaft, die dort herrscht, wird dann auch noch ausgenützt und sorgt dafür, dass von 100 Prozent der Studierenden die Beiträge zwangsweise eingehoben werden – Geld, das dann gegen einen Teil der Studenten, nämlich die, die eine andere politische Gesinnung haben, eingesetzt wird, um diese zu bekämpfen und sie in ihrer bürgerlichen Existenz letztlich zu beschädigen. Da kann man einfach nicht zuschauen.
Dort, wo es noch stärkere Mitte-rechts-Gruppierungen auf Universitäten gibt, sehen wir, dass die Wahlbeteiligung bei 40, 50 und 60 Prozent der Stimmberechtigten liegt. Das ist eine Analyse, die man ja vielleicht auch einmal machen kann. Auf den Universitäten, wo es noch eine Demokratie, eine echte Demokratie, verschiedene Auswahlmöglichkeiten gibt, haben wir relativ hohe Wahlbeteiligungen, und dort, wo die Antifa in den Büros und Referaten sitzt und gegen Lehrende, gegen die Freiheit der Lehre, gegen Lernende,
gegen alle, die nicht die gleiche Gesinnung haben, massiv vorgeht, dort gibt es fast keine Wahlbeteiligung.
Daher, glauben wir, ist es höchst an der Zeit, über das System der Zwangsmitgliedschaften nachzudenken. Wir sind nicht dafür, dass es gar keine studentische Vertretung geben soll, aber dann soll sie sich freiwillig organisieren. Ich nehme als gutes Beispiel den Österreichischen Gewerkschaftsbund her. Da gibt es keine Zwangsmitgliedschaft, die müssen sich bewähren, machen auch einen guten Job in breiten Bereichen, sind notwendig und wichtig, werden anerkannt und sind ein wesentlicher Spieler, wenn man so will, in der Sozialpartnerschaft – ohne Zwangsmitgliedschaft! Ich glaube, dahin muss man an den Hochschulen, wo Freiheit noch gelebt werden soll, kommen, und jetzt ist die Zeit dafür reif.
Wir haben einen Antrag auf Aufhebung der Zwangsmitgliedschaft eingebracht – vielleicht verbunden mit einem Umstieg auf ein Freiwilligensystem –, der von den Regierungsparteien, aber auch von der SPÖ rundweg abgelehnt wurde. Man ist offensichtlich nicht einmal bereit, über das Ganze nachzudenken.
Eines noch: Wenn gesagt wird, die Studierenden sollen selbst in ihrem eigenen Wirkungsbereich eine Abstimmung dazu machen, dann entspricht das vielleicht dem Zug der Zeit in der ÖVP; ich erinnere aber daran, dass es dann am Ende so ist, dass wieder nur der Kader hingeht – das hatten wir schon einmal –, und diese Funktionäre sich natürlich bestätigen, dass die Zwangsmitgliedschaft bleiben soll, weil sie ja sonst um ihre eigenen Jobs bangen müssten.
Das ist nicht das richtige System, und ich glaube, es ist an der Zeit, über eine Änderung nachzudenken, sowohl im Ministerium als auch im österreichischen Nationalrat, und wir werden hier nicht lockerlassen, dass diesbezüglich etwas vorangeht. Wenn es nämlich einmal gar keine Wähler mehr gibt, dann werdet auch ihr Linken aufwachen, dann ist vielleicht schon alles vorbei, dann ist die Demokratie eh schon total abgeschafft. So weit wollen wir es doch nicht kommen lassen, oder? (Beifall bei der FPÖ.)
14.08
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Nico Marchetti. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin jetzt vier Jahre im Wissenschaftsausschuss und ich weiß, dass Kollegen Graf zwei Themen extrem wichtig sind: die Zusammenlegung der beiden Kunstunis und die ÖH. Damit werde ich Sie immer assoziieren. Letzteres ist auch heute wieder Ihr Thema.
Sie von der FPÖ sprechen da schon einen Punkt an: Die Wahlbeteiligung von 15 Prozent ist ein Drama. Ich möchte gar nicht wissen, welche Diskussionen man über dieses Haus führen würde, wenn die 183 Abgeordneten nur mit 15 Prozent Wahlbeteiligung gewählt worden wären. Das ist ein massives Problem. Egal, von welcher Richtung oder von welcher Fraktion man kommt, da kann doch niemand sagen, das ist super. – Das ist das eine.
Das andere ist, dass ich der Meinung bin, dass es extrem wichtig ist – das haben wir in der Coronakrise gemerkt –, dass wir Politiker auch ein Gegenüber haben, die Studierenden an den Unis, an den Standorten, aber auch auf Bundesebene, weil wir so natürlich besser zu Lösungen kommen.
Wie führt man diese beiden Gegensätze zusammen? – Mein Vorschlag war schon im Ausschuss, dass wir uns mit der neuen Exekutive, mit den ÖH-Vorsitzenden, zusammensetzen
und sie einmal fragen, wie sie denken, dass man da weiterkommt. Ich finde, das wäre einmal ein guter erster Schritt. Das Vorsitzendenteam hat ja auch an uns geschrieben – ich glaube, an alle Fraktionen –, dass es gerne einen Antrittsbesuch machen würde. Kollege Taschner und ich werden das im August machen.
Ich würde sagen, reden wir nicht über die ÖH, reden wir mit der ÖH, geben wir ihr einmal eine Chance, zu Lösungen zu kommen. Unter dem Strich muss aber schon klar sein, wohin das führen muss, und zwar zu einer höheren Wahlbeteiligung.
Ich muss auch sagen, ich fand es ein bisschen schade, dass jetzt bei der ersten Bundesvertretungssitzung von der ÖH zum Beispiel der Vorschlag der Aktionsgemeinschaft, noch einmal das E-Voting zu probieren, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen, gleich abgelehnt wurde. Ich glaube, das ist durchaus ein konstruktiver Vorschlag, aber wie gesagt: Wir können einmal mit der ÖH reden und dann können wir in weiterer Folge noch einmal in diesem Haus darüber diskutieren.
Weil es ja die letzte Sitzung vor der Sommerpause ist, ein vielleicht nicht ganz ernst gemeinter Vorschlag: Im Sinne des lebenslangen Lernens könnten Sie, Kollege Graf, sich ja auch noch einmal einschreiben und bei der ÖH-Wahl kandidieren. Ich glaube, Sie wären ein super Faktor, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen, denn ich weiß schon, dass viele Fraktionen dann sehr motiviert wären und mehr Personen zur Wahl gehen würden. Das wäre ja etwas, und wenn Sie bei diesem Thema ohnehin solch große Leidenschaft haben, wäre das sicher auch in Ihrem Sinne. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)
14.11
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Yannick Shetty. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kollegen von der FPÖ, helfen Sie mir: Wieviel Prozent haben Sie bei der letzten Wahl erreicht? – 16, so ungefähr? (Abg. Martin Graf: 20 Prozent ...!) – Nein, nein, ich meine bei der Nationalratswahl, die FPÖ – 16 Prozent, glaube ich. Es liegt ein bisschen über dem Ergebnis der FPÖ im Nationalrat, ein bisschen über der Gesamtwahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen. Was würden Sie, Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, sagen, wenn die FPÖ jetzt den Anspruch erheben würde, dass sie hier die gesamte österreichische Bevölkerung vertritt? – Sie würden vermutlich zu Recht sagen: Das ist ja ein Wahnsinn, die sind da mit 16 Prozent gewählt, die 16 Prozent haben sie gewählt, aber mehr auch nicht! (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)
Bei den ÖH-Wahlen ist es genauso: 15,8 Prozent war die Wahlbeteiligung, wir haben es heute mehrfach gehört, aber da ist überhaupt keine Selbstreflexion in der ÖH und überhaupt kein Bewusstsein dafür da, dass das katastrophal ist, sondern der Anspruch besteht: Wir sind die Interessenvertretung der Studierenden!, und das halte ich für unfassbar.
Die neue alte ÖH-Exekutive, die linke Mehrheit, hat knapp über 50 Prozent der Mandate. Das heißt, sie vertritt oder hat hinter sich 8 Prozent der Studierenden. Und das sind diejenigen, die dort in Verantwortung sind, also die die Verantwortung in der Bundes-ÖH tragen. Ich frage mich – ich kann die Frage von Kollegen Graf noch einmal unterstreichen –: Wo ist da auch nur ansatzweise eine demokratische Legitimation? – Die ist nicht gegeben (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Martin Graf), und deswegen müssen wir darüber sprechen, wie wir die Legitimation der ÖH erhöhen können, und die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft ist eine Möglichkeit dazu. Dazu sage ich gleich noch etwas.
Schauen wir uns aber vielleicht noch an, wie sich die Wahlbeteiligung entwickelt hat: Exponentielles Wachstum oder in diesem Fall ein exponentieller Sinkflug, das ist ja zurzeit in aller Munde. Schauen wir uns die Wahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen an: 1965 lag sie bei 70 Prozent, 1975 bei 40 Prozent, 1985 bei 30 Prozent, 2013 bei 27 Prozent, 2017 bei 25 Prozent und jetzt sind wir bei 15 Prozent. Ich frage mich: Wie tief muss die Wahlbeteiligung sinken, dass Sie bereit sind, sich darüber Gedanken zu machen? Wie schaut es denn bei einer Wahlbeteiligung von 5 Prozent oder von 3 Prozent oder von 1 Prozent aus? Ist das dann auch noch demokratisch legitimiert? (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Martin Graf.)
Eine Institution, die so sehr von ihren Mitgliedern verachtet wird, darf nicht mittels Zwangsmitgliedschaft am Leben erhalten werden. Eine gute Interessenvertretung braucht keinen Zwang, eine gute Interessenvertretung bemüht sich um ihre Mitglieder und eine gute Interessenvertretung überzeugt durch ihre gute Arbeit. Wir sehen das auch in anderen Bereichen, bei der Wirtschaftskammer und bei der Arbeiterkammer: Dort, wo Zwang notwendig ist, sind die Mitglieder unzufrieden. Um vielleicht ein Gegenbeispiel zu bringen: Der ÖGB ist eine Institution, die uns nicht nahesteht, aber dort gibt es keine Zwangsmitgliedschaft, und ich glaube schon, dass Sie sagen würden, dass er für seine Mitglieder gute Arbeit macht. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.)
Abschließend: Wir unterstützen diesen Antrag der FPÖ, die Zwangsmitgliedschaft in der ÖH abzuschaffen, weil wir glauben: Wenn sich die ÖH wieder um ihre Mitglieder bemühen müsste, dann würde sie auch bessere Arbeit machen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Martin Graf.)
14.14
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Mag. Andrea Kuntzl. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Wie das Amen im Gebet kommt nach einer ÖH-Wahl der Antrag auf Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft bei der ÖH. Unser Zugang ist da ganz einfach und klar: Wir wollen eine starke Interessenvertretung der Studierenden und wir wollen auch die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür schaffen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Polemik bringt uns da überhaupt nicht weiter, denn dass die Wahlbeteiligung in diesem Jahr besonders niedrig war, das ist nicht abzustreiten, das ist so. Wir sprechen aber auch von einem außergewöhnlichen Jahr! Wir sprechen von einer Wahl nach drei Semestern, in denen die Studierenden Covid-bedingt ihre Universität gar nicht von innen gesehen haben, wo es vielen Studierenden schwergefallen ist, den Kontakt zur Universität aufrechtzuerhalten, die Motivation aufrechtzuerhalten, wo sehr viel Energie und Kraft hineingeflossen sind. Insofern würde ich es einmal positiv finden, dass in einem derartigen Ausnahmejahr überhaupt so viele teilgenommen haben.
Nichtsdestrotrotz: Natürlich muss man sich das anschauen, keine Frage, und ich begrüße die Gesprächsbereitschaft. Man soll sich mit dem neuen Vorsitzteam der ÖH zusammensetzen. Die haben ja auch Interesse, sie bemühen sich ja auch um eine Steigerung der Wahlbeteiligung. Unser Zugang sollte sein, wie wir die Interessenvertretung der Studierenden auf diesem Weg unterstützen können.
Sehr geehrter Herr Kollege von den NEOS, dass die Mitglieder der Arbeiterkammer unzufrieden sind, das widerlegt Ihnen jede Umfrage, oder reden Sie einfach nur mit Betroffenen, denn die Unterstützung und Serviceleistung der Arbeiterkammer wird von
allen, die diese jemals in Anspruch genommen haben, breit geschätzt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Loacker.)
14.17
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt MMMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf an die Rede des Kollegen Yannick Shetty direkt anschließen – eine ausgezeichnete Rede, die wir aus freiheitlicher Sicht zu 100 Prozent inhaltlich unterstützen können, nicht nur können, sondern auch tun. Diese Frage muss ja bei einer vermeintlichen Vertretung der Studierenden, die eine 15-prozentige Wahlbeteiligung zustande bringt, legitim sein.
Kollege Shetty hat es schon gesagt: Die jetzige Regierung – sozusagen – der Österreichischen Hochschülerschaft hat das Mandat von ganzen 8 Prozent der Studierenden. Es ist aus unserer Sicht nicht einzusehen, warum die 85 Prozent der Studierenden, die ganz offensichtlich kein Interesse daran haben, was in der Funktionärsschaft der Hochschülerschaft passiert, dazu genötigt werden, diese auch noch zu finanzieren – deshalb der Antrag von Kollegen Graf, diese Mitgliedschaft auf eine freiwillige Basis zu stellen. Das entspricht im Übrigen auch dem freiheitlichen Grundgedanken und gilt auch für andere Organisationen, die mit Zwangsmitgliedschaft abgesichert sind, wie etwa die Kammern.
85 Prozent interessiert das offensichtlich nicht, und das Argument, das ja auch bei den Kammern immer wieder vorgebracht wird – nein, nein, das ist nicht so!, dort haben wir auch Wahlbeteiligungen von 35, 40 Prozent (Zwischenruf des Abg. Scherak) –, dass die übrigen 60 Prozent so zufrieden seien mit der Arbeit der Kammerfunktionäre (Zwischenruf des Abg. Scherak), dass sie keinen Anlass hätten, zur Wahl zu gehen, also dieses Argument überzeugt mich nicht wirklich – ich sage es so, wie es ist.
Ganz offensichtlich ist es so, dass 85 Prozent der Studierenden das nicht interessiert, und ich habe Verständnis dafür, dass sie kein Interesse haben. Wenn man sich den Koalitionsvertrag (ein Exemplar zeigend) der neuen ÖH-Exekutive zwischen VSSTÖ, Gras und den Fachschaftslisten anschaut, dann sieht man: Dort steht sehr, sehr viel drinnen, nur nicht das, was man eigentlich als Studentenvertretung machen sollte, nämlich sich auf der inhaltlichen, fachlichen Ebene für die Studierenden einzusetzen. Das beginnt mit dem Selbstverständnis dieser Koalition: „Vertretungsarbeit ist politisch.“ (Beifall und Bravorufe bei den Grünen.)
Ich zitiere jetzt, natürlich punktuell, aus diesem sehr interessanten Programm. Da sind so Schmankerl: „Die hochschulpolitische Situation in Österreich wird immer dramatischer. Sie ist geprägt von Studienplatzbewirtschaftung, Leistungsdenken, Konkurrenzprinzip und der Verwertung von Bildung“. – Um Gottes Willen: Leistungsdenken! Konkurrenzprinzip!
Ganz besonders wichtig ist für sie die Flinta – die wenigsten werden wissen, was Flinta ist. Flinta ist die Abkürzung für „Frauen, Lesben, Inter-, Nonbinary-, Trans- und Agender-Personen“ – Flinta. (Zwischenruf des Abg. Loacker. – Heiterkeit bei den NEOS.) Das ist der Kampf. Da gibt es dann so absurde Ablaufregelungen für Sitzungen, dass eine Flinta-Person – also eine Person, die dieser Personengruppe angehört – ohne Angabe von Gründen verlangen kann, dass ein Cismann – ein Cismann, ich habe mich erkundigt, ist ein Mann, der sich auch wie ein Mann oder so irgendwie verhält – den Raum verlässt. – Also geht’s noch? Diskriminierender geht es ja gar nicht mehr. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)
Sie haben – insbesondere diese neue ÖH-Exekutive – das Thema völlig verfehlt, und noch einmal: Mich wundert es überhaupt nicht, dass 85 Prozent der Studierenden das nicht interessiert, sie damit nichts zu tun haben. Wir Freiheitliche – auch die NEOS – wollen diese 85 Prozent der Studierenden davon befreien, dass sie das, was sie überhaupt nicht interessiert, weil es nicht das ist, was sie machen sollen, auch noch mit Zwangsmitgliedsbeiträgen finanzieren müssen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Fischer.)
14.21
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause an den Bildschirmen! (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Ich werde immer ein bisschen vorsichtig, wenn ein FPÖler mich befreien möchte oder jemanden von uns befreien möchte. Das geht meistens eher nach hinten los – sowohl ideologisch als auch in der Realität. (Beifall bei den Grünen.)
Kommen wir aber zum eigentlichen Thema, kommen wir zur ÖH als solcher. Anfang der 2000er-Jahre hatten wir den Slogan in der ÖH: Service, das hilft – Politik, die wirkt! – Das bringt es eigentlich perfekt auf den Punkt, was die ÖH nämlich wirklich macht. Nicht so, wie Kollege Kassegger oder auch Kollege Graf das gerade eben – in ihrer Welt – dargestellt haben, sondern: Die ÖH ist eine Interessenvertretung. Natürlich ist eine Interessenvertretung politisch. Das gehört sich. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei den NEOS.)
Die ÖH organisiert, die ÖH bringt Service. Wir kennen das: Manche von uns, die vor ein paar Jahren vielleicht noch studiert haben, kennen noch die klassischen Skripten et cetera – diese Geschichten. Sie ist aber eben auch die Vertretung an den Universitäten, an den Instituten und so weiter und so fort, wo man sich als ÖH gegenseitig hilft, wo man Tutorien abhält et cetera oder wo man eben auch dementsprechend politisch agiert.
Das ist die ÖH, und damit die ÖH das machen kann, gibt es einen Mitgliedsbeitrag: 20,70 Euro pro Studierender pro Semester. Das ist jetzt nicht die Welt, aber das sichert der ÖH eine entsprechende Unabhängigkeit von der Politik, von uns allen. Sie müssen nicht zum Minister gehen und sagen: Bitte, bitte!, sondern sie können selbstständig agieren.
Zum Wesen der ÖH gehört auch, dass es ein allgemeinpolitisches Mandat gibt, das der FPÖ seit Jahrzehnten eigentlich immer ein Dorn im Auge ist, das wissen wir ja. Kollege Graf war eh selbstentlarvend, indem er sozusagen die antifaschistischen Tätigkeiten der ÖH angeprangert hat. Ich glaube, da geht es eher darum, dass Kollege Graf selber ab und zu gerne ficht und das eher ein Problem für ihn ist, wenn die ÖH das nicht so gut oder lustig findet. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)
Ist deswegen alles gut in der ÖH? – Nein, keine Frage! 15 Prozent – das brauchen wir gar nicht zu diskutieren – sind zu wenig. Ist es dann aber das Richtige, herzugehen und der ÖH im Endeffekt zu sagen: So, wir nehmen dir jetzt deine wirtschaftliche Grundlage, wir nehmen dir jetzt alles weg und dann schau halt, wo du bleibst!? – Nein, natürlich auch nicht, das kann doch nicht die Lösung sein. Wenn ich mehr Demokratie haben will, dann muss ich mich doch mit der ÖH hinsetzen, so wie es Kollege Marchetti vorhin hier vorgeschlagen hat. Dann müssen wir uns das halt gemeinsam anschauen, dann müssen wir halt gemeinsam besprechen: Was kann man machen, um die ÖH zu stärken? (Zwischenrufe der Abg. Hoyos-Trauttmansdorff und Kassegger.) Eine stärkere ÖH, eine
starke ÖH, die politisch ist, die Service anbietet, das muss doch das Ziel sein – und nicht einfach, die ÖH abzuschaffen, nur weil es einem politisch nicht reinpasst, weil man offensichtlich auch ideologisch beziehungsweise auch vom Geist her nicht checkt, worum es da geht.
In diesem Sinn ist es also absolut richtig, die ÖH zu stärken, mit der ÖH zu sprechen, die ÖH abzusichern, und wenn es Ihnen bei der FPÖ nicht passt, was die ÖH ideologisch so von sich gibt, dann müssen Sie halt schauen, dass Sie in der ÖH endlich wieder einmal stärker werden. Sie schaffen es halt nur leider nicht, weil die Studierenden intelligent genug sind, Sie nicht zu wählen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steger: Nein, die gehen nicht wählen!)
14.24
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Wissenschaftsausschusses.
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen bereits zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Wissenschaftsausschusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.
Wünschen die Klubs dazu eine Unterbrechung? – Das ist nicht der Fall.
Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz, das Fachhochschulgesetz, das Privathochschulgesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 945 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Wissenschaftsausschusses, seinen Bericht 991 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.
Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Wissenschaftsausschusses, seinen Bericht 992 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Wissenschaftsausschusses, seinen Bericht 993 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Punkt
11.Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG-NR betreffend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, des Bundesministeriums für Finanzen und des Bundesministeriums für Landesverteidigung sowie der im Eigentum des Bundes stehenden Bundesbeschaffung GmbH hinsichtlich der Beschaffungsvorgänge und Auftragsvergaben im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie seit März 2020 bis dato (1/URH2/1024 d.B.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gelangt nun Frau Mag.a Karin Greiner. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Das Parlament debattiert heute einen Bericht nach einem Unterausschuss des Rechnungshofausschusses, dem sogenannten kleinen Untersuchungsausschuss. Womit hat er sich beschäftigt? – Er hat sich mit den Coronabeschaffungen der Bundesregierung beschäftigt.
Ich habe im Dezember des Vorjahres gemeinsam mit meinem Kollegen der NEOS, Abgeordnetem Hoyos-Trauttmansdorff, den Antrag auf diese Prüfung eingebracht, jetzt liegt das Ergebnis vor, sechs Monate sehr konstruktiver Arbeit, und ich darf betonen: Gerade die Zusammenarbeit der Oppositionsparteien hat sich sehr konstruktiv gestaltet, war sehr erfolgreich, auch die Grünen sind sehr konstruktiv an diese Sache herangegangen. Lediglich eine Partei hat sich der Transparenz und der Aufklärung nicht so verpflichtet und zugetan gefühlt (Abg. Ottenschläger: Die SPÖ!), was schade ist.
Welche Erkenntnisse haben wir während dieser sechs Monate erlangt? – Ich beginne mit den unerfreulichen Erkenntnissen: Wir mussten in diesem Ausschuss bedauerlicherweise feststellen, dass Regierungsmitglieder – insbesondere der Finanzminister und der Bundeskanzler – sich nicht der Wahrheit verpflichtet fühlen, sich in einem parlamentarischen Kontrollausschuss nicht der Wahrheit verpflichtet fühlen. Das ist höchst irritierend und das ist inakzeptabel. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Offensichtlich geht es der ÖVP in erster Linie darum, zuzudecken, abzustreiten, nichts zu wissen und Vorteile für die türkise Familie zu schaffen. (Abg. Obernosterer: Na, na, na!) Ich darf auf weitere Erkenntnisse eingehen – vielleicht eine kurze Info für die Zuseherinnen und Zuseher: Die ÖVP beginnt bereits wieder, nervös zu werden, was ich aus deren Sicht nachvollziehen kann. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Weitere Erkenntnisse: Wir haben uns mit der Hygiene Austria beschäftigt (Abg. Hanger: Von welchem Ausschuss reden Sie gerade?), ein hinlänglich bekanntes Unternehmen, das der Schwarzarbeit und des schweren Betrugs verdächtigt wird. Damit befassen sich ohnehin die Gerichte. Worum geht es uns? (Ruf bei der ÖVP: Wissen wir nicht! Wisst ihr selber nicht!) – Um die politische Verantwortung. Ja, Sie verweigern sich dieser Verantwortung, liebe Kollegen der ÖVP, was schade ist.
Was ist politisch brisant? – Die Hygiene Austria hat eine auffallende Nähe zum Kabinett des Bundeskanzlers. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Zwischen Geschäftsführung und Bundeskanzlerkabinett bestehen verwandtschaftliche Verbindungen. (Abg. Zanger: Familie!) –
Familie, genau, Sie sagen es! Brisant ist, dass die Spitze der Bundesregierung mit dieser Firma wochenlang Exklusivverhandlungen für eine mögliche Auftragsvergabe von FFP2-Schutzmasken für die Bevölkerung über 65 geführt hat. Das ist schon brisant, wenn man um die verwandtschaftlichen Verbindungen weiß.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein folgenschwerer Fehler war der Kostendeckel von 200 Millionen Euro bei der Impfstoffbeschaffung (Ruf bei der ÖVP: Den es nie gegeben hat!) – den es nie gegeben hat, sagt der Kollege von der ÖVP.
Wie hat der Finanzminister reagiert, wie hat der Bundeskanzler bei der Befragung dazu reagiert? – Beide haben mehrmals negiert, dass es diesen Deckel gegeben hat. Den habe es nie gegeben, der war nie da. Was aber sagen die Akten? – Na ja, die Akten belegen schwarz auf weiß, dass es diese Obergrenze gegeben hat. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Sie erinnern sich an das Interview des früheren Gesundheitsministers – Sie (in Richtung ÖVP) finden das noch immer lustig, es ist eine höchst ernsthafte Materie (Zwischenrufe bei der ÖVP) –, der gesagt hat, er hätte es auch besser gefunden, hätte es diesen Kostendeckel nie gegeben. (Beifall bei der SPÖ.)
Was sind nämlich die Auswirkungen davon? – Österreich hat freiwillig auf viele Impfdosen verzichtet. (Ruf bei der ÖVP: Stimmt ja gar nicht!) Das führt dazu, dass die Bevölkerung mit Stichtag heute nicht in dem Ausmaß geimpft ist, wie es sein könnte, wenn man die volle Ration bestellt hätte. (Abg. Kühberger: Unerhört!) – Ja das ist unerhört, dass Sie das nicht bestellt haben! (Beifall bei der SPÖ.) Jetzt warten nach wie vor viele Leute auf ihre Impfung und haben keinen normalen Sommer.
Dann hat die ÖVP gemerkt: Ah, da ist uns ein Fehler passiert! – Was ist dann passiert? – Der Herr Bundeskanzler hat den Finger erhoben und die Schuld zum Impfkoordinator geschoben. Clemens Martin Auer wäre schuld daran, dass Österreich zu wenig Impfstoff zum frühestmöglichen Zeitpunkt gehabt hat. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Sehr geehrte Damen und Herren – liebe Kollegen, auch Sie müssten das wissen –, Beamte können sich lediglich innerhalb des Rahmens, der durch das Dienstrecht gegeben ist, bewegen, aber nicht darüber hinaus. Kein Beamter kann alleine entscheiden, jetzt mehr oder weniger für den Impfstoff auszugeben. Er hat einen Rahmen, an den er sich unbedingt halten muss. (Abg. Michael Hammer: Man kann auch innerhalb des Rahmens zu wenig tun!) Auch das hat er in seiner Befragung bestätigt – wiederum Fakten, es hat diesen Deckel leider gegeben.
Sehr geehrte Damen und Herren, was erwarten wir uns angesichts dieser Fakten von einem Bundeskanzler? – Wir erwarten uns von einem Bundeskanzler, dass er zu Fehlentscheidungen steht, dass er Verantwortung übernimmt, zumal er ja gesagt hat, Impfen ist Chefsache. Dann aber die Schuld abzuschieben ist wirklich billig. (Beifall bei der SPÖ.) Wir erwarten uns von einem Bundeskanzler, dass er sich der Wahrheit verpflichtet fühlt. Das ist eigentlich wirklich kurios, dass ich das von dieser Stelle aus einfordern muss; es handelt sich um einen gewählten Volksvertreter. Ihn daran erinnern zu müssen, dass er dem Volk die Wahrheit sagen soll, ist doch wirklich eigenartig. Finden Sie das nicht befremdlich? (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Steger und Zanger. – Zwischenruf des Abg. Hanger.)
Warum hat er der Bevölkerung nicht die Wahrheit gesagt? – Ich erinnere: „Koste es, was es wolle“, war die Ankündigung. Faktum ist ein Kostendeckel von 200 Millionen Euro, das kostet übrigens ein Tag Lockdown, es wurde also am falschen Platz gespart. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Salzmann.) Ankündigung: Bei Sputnik sind wir auf den letzten Metern. Faktum: Wir sind weit weg davon, es gibt nicht einmal eine Zulassung auf europäischer Ebene, und kein Mensch, den wir im Ausschuss befragt haben, hat jemals einen Vertragsentwurf gesehen. Das sind die Fakten. Weitere
Ankündigung: Ende Juni ist jeder geimpft, der das sein möchte. Faktum: Leider nein. Viele junge Erwachsene werden keinen normalen Sommer haben.
Fazit aus diesem Ausschuss: Wir als SPÖ fordern vehement eine Wahrheitspflicht auch für den sogenannten kleinen Untersuchungsausschuss, so wie sie auch im Untersuchungsausschuss besteht (Zwischenrufe bei der ÖVP), denn es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass Regierungsvertreter der Bevölkerung die Wahrheit versagen, ah, sagen (Beifall bei der SPÖ) – Sie (in Richtung ÖVP) haben sie versagt, leider, ja – und dem Parlament ernsthafte, ehrliche und offene Antworten geben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Eßl: Wie wär’s, wenn auch ihr die Wahrheit sagen würdet?)
Sehr geehrte Damen und Herren, das war eine fundamental wichtige Oppositionsarbeit. Der Rechnungshof wird weiterhin Prüfungen zu dieser Thematik in Österreich machen, auch auf europäischer Ebene wird es dazu Prüfungen geben. Vielleicht kann man sich da austauschen.
Abschließend darf ich Danke sagen: Danke an alle Kollegen und Kolleginnen, die ernsthaft aufklären wollten, an meine Fraktionskollegen im Ausschuss, Petra Oberrauner und Christian Drobits, und an das Team der Klubreferenten, Christian Götz, Angi Gruber-Risak, Chris Berka und Sigrid Rosenberger, und auch an meinen parlamentarischen Mitarbeiter Leon Swoboda. Sie alle haben perfekt zusammengearbeitet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Zanger und Hoyos-Trauttmansdorff.)
14.36
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Laurenz Pöttinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich fordere die Wahrheitspflicht für Abgeordnete (Beifall bei der ÖVP – Zwischenruf des Abg. Zanger), denn was ich hier gehört habe, ist unglaublich. Ich war bei jeder Sitzung dabei, ich habe alle elf Sitzungen mitgemacht (Zwischenruf des Abg. Lausch), ich habe 21 Auskunftspersonen gehört. Ich habe mich nur gewundert, dass die Opposition dann hinaustritt, eine Pressekonferenz gibt und dass das, was dort gesagt wird, nicht der Wahrheit entspricht. (Abg. Zanger: Mich wundert nicht, dass du das nicht erkennst! – Zwischenruf der Abg. Greiner.)
Wenn Sie abfällig über unseren Bundeskanzler und über unseren Finanzminister sprechen: Das stimmt einfach nicht! (Zwischenrufe der Abgeordneten Hoyos-Trauttmansdorff und Leichtfried.) Aber Entschuldigung, sorry, dass ich so aufgebracht bin, ich wollte eigentlich ganz anders beginnen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)
Gestatten Sie mir einen Rückblick, einen Rückblick auf das vergangene halbe Jahr im Rechnungshofunterausschuss. Wie gesagt, in elf Sitzungen durften wir 21 Auskunftspersonen befragen, um die Beschaffungsvorgänge und die Auftragsvergaben im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie zu untersuchen. Aus meiner Sicht wurden die Beschaffungen und auch die Auftragsvergaben sehr korrekt durchgeführt. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Leichtfried.) Vorab ein großes Dankeschön an alle Befragten und für die gute und kompetente Zusammenarbeit. Für mich gibt es viele Heldinnen und Helden in der Bevölkerung, in den Organisationen, aber auch in den Ministerien; da und auch in der Regierung wurde hervorragend gearbeitet. – Danke dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)
Ein großes Dankeschön dem Roten Kreuz für das großartige Beschaffungsmanagement am Beginn der Pandemie. Man erinnere sich zurück: Ihr habt Verantwortung in einer ganz, ganz schwierigen Zeit übernommen, danke auch dafür. (Beifall bei der ÖVP.)
Am 11. Dezember 2020 gab es das Verlangen der Opposition (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leichtfried) auf Prüfung der Beschaffung von Schutzausrüstungen, Impfstoffen, Tests und von Auftragsvergaben. Für mich war das letzte halbe Jahre eine sehr spannende Zeit, aber ich glaube, nicht nur für mich, sondern auch für meine Kolleginnen und Kollegen der eigenen Fraktion, unseres Koalitionspartners und, ich glaube, besonders für die Fraktionen der Oppositionsparteien. Ja, liebe Vertreterinnen und Vertreter der Oppositionsparteien, ich finde es gut, dass es euch gibt. (Zwischenrufe und Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und NEOS.) Ihr habt euer Recht, diese Überprüfung zu verlangen, genutzt, und das ist gut so. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried. – Abg. Zanger: ... Das ist ja Wahnsinn ...!)
Überall sind Menschen am Werk, niemand ist unfehlbar, und gerade in einer derart schwierigen Ausnahmesituation könnten Fehler passieren. Ja, nichts ist für eine Regierung so wichtig wie Kontrolle. Ich halte es auch für wichtig, die Überlegungen der handelnden Personen kennenzulernen. (Abg. Leichtfried: Das ist Gewaltenteilung!) Ich halte es aber nicht für wichtig, Skandale zu erfinden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Sie wollen die Gewaltenteilung abschaffen!) Ich halte es auch nicht für wichtig, Befragungen wie ein Verhör durchzuführen. Vergesst nicht, ihr habt es mit Menschen zu tun!
Frau Kollegin Greiner! Herr Kollege Hoyos! Herr Kollege Zanger! Ja, bleibt dran, macht es sorgfältig! Arbeitet so, dass ihr euch in den Spiegel schauen könnt! (Zwischenruf der Abg. Greiner.) Bleibt lästig, aber vergesst nicht, ihr habt es mit Menschen zu tun! (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Macht euch keine Sorgen!) Unterstellungen, Aggressionen, Skandalerfindungen, die anscheinend einem Drehbuch entspringen, dienen nicht der Wahrheitsfindung. (Abg. Zanger: Das sagt der Richtige!) Ihr lauft schön langsam Gefahr, dass ihr eure Glaubwürdigkeit verliert. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Letzte, was eine Regierungspartei braucht, ist eine unglaubwürdige Opposition. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Lausch und Shetty.) Ihr pusht uns zu Höchstleistungen. Gut, dass es euch gibt! (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)
Fazit: leider unwürdig. Dennoch bin ich froh, dass ich beim Unterausschuss des Rechnungshofes dabei sein durfte und darf. Ihr habt leider oft vergessen, dass ihr es mit Menschen zu tun habt. (Beifall bei der ÖVP.)
14.42
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wolfgang Zanger. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Das war reizend von dir, Kollege Pöttinger (Zwischenruf des Abg. Leichtfried – Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Das war skurril!), ich muss dir aber jetzt ganz ehrlich etwas sagen: Wenn mir jemand erzählt, dass umso mehr Leute sterben, je mehr Intensivbetten man hat, wäre ich vorsichtig, ihm alles zu glauben. So viel zu deiner Wahrheit! (Beifall bei der FPÖ.)
Mit der Wahrheit hat die ÖVP aber sowieso generell ein Problem (Abg. Hörl: Hallo!), und wenn du hier herinnen die Wahrheit sagst, kriegst du vom ÖVP-Präsidenten einen Ordnungsruf. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)
Wir sind eine große Familie! – Die türkis-schwarze Partie ist eine große Familie, und diese große Familie hat die Covid-Krise genutzt, um das Beschaffungswesen bis ins Tiefste hinein zu korrumpieren. (Abg. Eßl: Der Zanger möchte halt gerne dabei sein! – Abg. Hörl: Jetzt reicht es aber!) Die ÖVP ist die Coronakorruptionspartei (Beifall bei der FPÖ – Ruf bei der ÖVP: Unglaublich! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), denn
sämtliche Profiteure aus den Beschaffungsvorgängen kommen aus den schwarz-türkisen Netzwerken. Die haben verdient und sich die Säcke vollgestopft, und ihr als politische Verantwortungsträger habt daran die Schuld! (Beifall bei der FPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Ein Teil dieser großen Familie ist die Bundesbeschaffungsgesellschaft. Diese hat in der ersten Phase 7 Millionen Tests von zwei Unternehmen angekauft, später ist dann ein drittes dazugekommen. Dabei waren 15 Unternehmen gelistet. Warum nur von zwei oder drei? – Dreimal dürft ihr raten! Natürlich waren diese Teil des schwarz-türkisen Netzwerkes. Wir sind eine große Familie! In diese große Familie passt ja auch die Hygiene Austria. Die verwandtschaftlichen Verhältnisse der Firma Hygiene Austria zum Büro Kurz sind ja schon aufs Tapet gekommen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)
De facto war es dann wirklich so, wie es Kollegin Greiner schon ausgeführt hat: Für die Aktion FFP2-Masken für die über 65-Jährigen wurden Exklusivgespräche geführt. Das hat Herr Wieser klipp und klar gesagt. Was er noch gesagt hat, sage ich hier jetzt nicht. Es könnte aber kommen, wenn ihr nicht mit der Wahrheit herausrückt. (Zwischenruf bei der ÖVP.)
Ein weiterer Teil der großen Familie ist Herr Fleischmann, der Pressesprecher des Bundeskanzlers, der dafür verantwortlich war, dass man das Werbebudget auf einmal auf 200 Millionen Euro verdoppelt hat. Und was ist damit passiert?
Er war ganz stolz darauf, dass diese Kampagnen, für die er verantwortlich zeichnet, über 90 Prozent der Menschen erreicht haben. (Abg. Steinacker: Ja, das ist aber wirklich etwas!) – Ja, das ist ganz hervorragend! Er hat ja gesagt: Wir haben über 90 Prozent Informationen zugeleitet. (Abg. Pfurtscheller: Das ist auch wahr!) Ich sage, die Gratwanderung zwischen Information und Manipulation ist eine ganz, ganz schmale. Wenn man sich die Kampagnen anschaut, dann möchte ich wissen, wo bei „Schau auf dich, schau auf mich“, „Österreich testet“ oder „Österreich impft“ der Informationsgehalt ist. (Abg. Melchior: Von wo hat man sonst die Informationen?) Das sind alles Kampagnen, die rein der Manipulation dienen. Unter dem Motto „Koste es, was es wolle“ hat man die Bevölkerung so weit manipuliert, dass sie sämtliche Maßnahmen bis hin zum Eingesperrtsein zu Hause akzeptiert.
Ein weiterer Punkt: Durch die Vereinbarung des Wirtschaftsministeriums mit dem Roten Kreuz wurde de facto das Bundesvergabegesetz umgangen, denn es wurde bloß ein Werkvertrag aufgesetzt. Es hat sogar gefehlt, dass man sich, wenn es schon nicht möglich ist, mit dem Roten Kreuz einen entsprechenden Vertrag zu machen, wenigstens an das Bundesvergabegesetz anlehnt. Das hat auch Herr Peschorn moniert. Erst im Juli 2020 wurde dann die BBG eingeschaltet.
Es gab Kompetenzwirrwarr, intransparente Entscheidungen, vor allem bei den Kampagnen. Was aber besonders verwerflich ist, ist das Agieren der Bundesregierung beziehungsweise mancher Regierungsmitglieder. Herr Blümel weiß von nichts. Er hat 20 Mitarbeiter im Ausschuss mit, an die er jede Frage weiterverweist, weil er selber nichts weiß und sich nicht auskennt. Er ist inkompetent bis zum Gehtnichtmehr und agiert dann noch abgehoben, präpotent und arrogant, wie ich es von keinem Regierungsmitglied – und ich kenne schon viele, ob es Schwarze oder Rote waren – je erlebt habe. (Ruf bei der ÖVP: Herr Präsident, wo ist die Würde des Hauses? – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Herr Kurz erklärt alles zur Chefsache, was in Coronazeiten passiert, und dann ist er sich nicht zu schade, ständig die Verantwortung auf das Gesundheitsministerium oder bei der Frage der Impfstoffbeschaffung auf einen Beamten abzuwälzen. Dafür sind wir aber ja eine große Familie.
Fazit dieses Ausschusses, ganz eindeutig: Die ÖVP hat das Coronabeschaffungswesen bis ins Tiefste korrumpiert. Die Profiteure kommen einzig und allein aus den schwarz-türkisen Netzwerken. Die ÖVP ist die Coronakorruptionspartei! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Eßl: Schwacher Applaus! Nur vier FPÖler klatschen!)
14.47
Präsident Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, für den Vorwurf der Korrumpierung und die Formulierung „Coronakorruptionspartei“ sowie den persönlichen Vorwurf der Präpotenz und Arroganz erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Steinacker: Drei, bitte!)
*****
Zu Wort gelangt nun Mag. Sibylle Hamann. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin jetzt schon ein bisschen über diese Bierzelt- oder Fußballstadionstimmung hier erstaunt. (Abg. Michael Hammer: Das ist ja selbst in einem Bierzelt unwürdig, was Kollege Zanger hier macht!)
Ich weiß nicht, ob es irgendjemanden wirklich interessiert, was in diesem kleinen Untersuchungsausschuss eigentlich passiert ist. Wenn Sie wollen, würde ich mich jetzt zur Verfügung stellen, um das zu erzählen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich gebe gleich am Anfang zu, ich war in diesem Ausschuss ja nur die kleine Aushilfe. Ich springe hier für die Kollegen David Stögmüller und Nina Tomaselli, die den Ausschuss mit großer Umsicht geleitet hat, ein. Beiden möchte ich auf diesem Weg auch unsere liebsten Wünsche ausrichten. Werdet bald gesund!
Offenbar war ich emotional nicht so in das Ganze involviert wie einige hier. Wenn man von außen kommt, glaube ich, sieht man auch manches ein bisschen genauer. Ich kann berichten, was dort wirklich passiert ist.
Ich habe in diesem kleinen Untersuchungsausschuss eine total konstruktive Zusammenarbeit aller Fraktionen gesehen. Ich habe dort eine große Ernsthaftigkeit gesehen, um herauszufinden, was eigentlich wirklich mit den Beschaffungsvorgängen in dieser Republik war. Was ich gesehen habe, waren Akten, die anstandslos und schnell geliefert wurden, 8 000 Seiten allein aus dem Gesundheitsministerium.
Ich habe Ladungslisten gesehen, die eigentlich immer gemeinsam ausverhandelt wurden und bei denen man immer eine gemeinsame Lösung gefunden hat. Ich habe auch Auskunftspersonen gesehen – 21, glaube ich, waren es –, die alle gekommen sind, außer Rudi Anschober, der krank war und dann nicht mehr Minister war. Die anderen sind aber gekommen, inklusive Bundeskanzler, mehrerer Minister und Ministerinnen und zahlreicher Spitzenbeamter aus mehreren Häusern, und die haben sich alle dort erinnert, und sie haben alle ganz detailliert erzählt, was passiert ist. Dafür möchte ich mich einmal bedanken. So kann man respektvoll miteinander arbeiten, und so kann, finde ich, auch parlamentarische Kontrolle funktionieren.
Jetzt zu dem Bild, das sich für mich in diesem Ausschuss zusammengesetzt hat: Ich habe nachvollziehen können, wie dramatisch diese Zeit damals, zu Anfang der Pandemie, war, als man innerhalb von Tagen und Stunden Strukturen aus dem Boden
stampfen musste, als man unter einem wirklich irren Zeitdruck manchmal schnell entscheiden musste, mit einer sehr dünnen Informationslage Entscheidungen mit ganz weitreichenden Folgen in Milliardenhöhe treffen musste.
Zwei Beispiele, die ja jetzt schon genannt wurden: Eines betrifft die Beschaffung der Schutzausrüstung – davon war schon die Rede. Masken: Man muss sich vorstellen, das war damals ein Zeitpunkt, zu dem der Weltmarkt leergefegt war und die ganze Welt dasselbe kaufen wollte. Da steht man vor einem Konflikt, wenn man etwas beschaffen will. Da weiß man, man will die Bevölkerung versorgen, es muss schnell gehen, man muss gewisse Qualitätsstandards erfüllen, doch gleichzeitig werden astronomische Preise verlangt. Was macht man da? Wie handelt man da verantwortungsbewusst? – Das ist schwierig.
Ein zweites Beispiel ist die Impfstoffbeschaffung, das wurde auch schon erwähnt. Da hatten wir das Dilemma, dass man schon zu einem Zeitpunkt mit Herstellerfirmen über Mengen verhandeln und über Verteilungsschlüssel entscheiden musste, als man noch nicht einmal gewusst hat, welche Firmen etwas zustande bringen werden und welche nicht, und als es noch keinen einzigen Impfstoff gab.
Ich kann mir schon gut vorstellen, dass das nicht einfach ist. Wurden in dieser Situation immer perfekte Entscheidungen getroffen? – Na selbstverständlich nicht. Hätte man rückblickend betrachtet vielleicht manchmal eine idealere oder eine billigere oder eine weisere Lösung finden können, oder hätte man auch andere Prioritäten an die Entscheidungen anlegen können? – Wahrscheinlich ja, aber alle diese Dinge kann man nachher leichter sagen als mittendrin.
Hinweisen möchte ich auf unseren Bericht dazu. Ich finde, dieser legt das alles sehr ausführlich und sehr ausgewogen dar. Er zeichnet die Beweggründe für Entscheidungen und die Bedingungen, unter denen diese Entscheidungen gefallen sind, nach. Er lässt nichts aus, er beschönigt nicht, aber er skandalisiert auch nicht, und er versucht, redlich zu verstehen, was damals passiert ist. Darüber freue ich mich. Für die viele Mühe, die da drinsteckt, danke ich. Diese Erfahrung kann uns in zukünftigen Krisen nur von Nutzen sein. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
14.53
Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff gelangt nun zu Wort. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Ja, der kleine Untersuchungsausschuss hat durchaus sehr viel aufgezeigt. Wir haben in einem halben Jahr gemeinsam – zumindest zu einem Großteil gemeinsam – wirklich sehr viel weitergebracht. Ich möchte mich vorweg einmal bei allen Fraktionen bedanken, weil wir in vielen Dingen – insbesondere bei Ladungslisten, Terminfindung und so weiter – durchaus gemeinsam agiert und einiges weitergebracht haben.
Das Ziel des Ausschusses war es aus meiner Sicht – und ich habe ihn ja mit Kollegin Greiner vor einem halben Jahr einberufen –, dass wir daran arbeiten, wie wir aus der Krise lernen können. Wir alle wissen, diese Krise wird vorbeigehen, es werden aber weitere kommen, und wir müssen dann besser gewappnet sein, als wir es heute sind.
Ich muss abschließend schon sagen, dass ich das Gefühl habe, dass dieses Interesse, aus der Krise zu lernen, durchwegs da war, leider aber nur bei vier Fraktionen: Das sind die FPÖ, die SPÖ, wir und die Grünen. Die ÖVP hat sich da mehrheitlich enthalten. Die ÖVP hat eher versucht, gute Stimmung zu machen, mit sehr, sehr oberflächlichen Fragen, bei denen man das Gefühl gehabt hat, sie will eher von den Tatsachen, wie sie passiert sind, ablenken.
Eine Sache hat sich in diesem Ausschuss schon gezeigt: Es sind viele Dinge passiert, die nicht ganz richtig gelaufen sind, viele Dinge, bei denen wir im Nachhinein sagen können: Das war nicht optimal, das war suboptimal oder das war sogar wirklich schlecht. Das muss man auch offen und ehrlich ansprechen.
Eines dieser Themen ist das Thema Kommunikation. Insbesondere der Bundeskanzler ist ja ein Weltmeister der PR – so würde er sich wahrscheinlich auch selbst gerne bezeichnen –, er hat aber sehr, sehr oft in dieser Zeit Dinge versprochen, die er schlicht und einfach nicht gehalten hat. Quer durch alle Themenkomplexe kann man sich das anschauen. Das hat mit dem „Licht am Ende des Tunnels“ begonnen, das er gesehen hat, ist mit der Impfstoffbeschaffung weitergegangen, zu der er gesagt hat: Alles ist großartig! Wir werden zu jeder Zeit so viel Impfstoff haben, wie wir brauchen! – Das war nicht der Fall. Dann hat er über Sputnik philosophiert. Was da alles gewesen ist, kann man eigentlich gar nicht mehr auf ein Blatt bringen.
Wir sehen es jetzt: Wenn diese Sachen, die der Bundeskanzler angekündigt hat, insbesondere was Impfstoffbeschaffung betrifft, eingetroffen wären, würden wir jetzt wesentlich sicherer und besser dastehen, als wir es tun. Wir wissen gerade durch die Deltavariante, dass die zweite Impfung notwendig ist, und genau diese Dinge, die der Bundeskanzler angekündigt hat, können wir nicht einhalten.
Die Prioritätensetzung bei all diesen Themen haben wir auch gesehen: Die oberste Priorität galt dem PR-Budget. Genau damit sind wir wieder bei der Causa Bundeskanzler, die sich durchgezogen hat. Allein in dieser Zeit hat der Bundeskanzler ein Budget von 200 Millionen Euro für PR in Auftrag gegeben. Das wurde schon angesprochen; ich glaube, Kollege Zanger von der FPÖ hat es vorhin schon gesagt. Diese 200 Millionen Euro wären über die nächsten Jahre jeden Monat 1 Million Euro für PR. Mit dieser 1 Million Euro könnte man knapp 80 000 Impfdosen beschaffen und somit 80 000 Menschen Sicherheit gewähren. Genau das bräuchten wir jetzt, meine Damen und Herren, wenn es um die Deltavariante geht, dass die zweite Impfdosis da wäre, damit der Schutz der Bevölkerung gewährleistet wäre.
Darüber hinaus gibt es noch viele andere Themen, die wir behandelt haben: Hygiene Austria, diese Naheverhältnisse, die da sind, die Exklusivverhandlungen, die da sind. All das sind Dinge, bei denen wir bestmöglich – das muss man sagen –, aber nicht in alle Details haben hineinschauen können und bei denen es durchaus noch Bedarf gibt, sich im Detail anzuschauen: Was ist da wirklich im Hintergrund gelaufen?
Man muss schon sagen: Dass über Wochen hinweg Exklusivverhandlungen mit einem Unternehmen geführt werden, das durchaus Kontakte in welche Büros auch immer hat, ist zumindest höchst dubios. Das, glaube ich, gehört angesprochen. (Beifall bei den NEOS.)
Ähnlich ist es beim Thema Testen. Ich möchte jetzt nicht noch einmal im Einzelnen auf die Kosten bei dieser ersten Testoffensive eingehen, die auch schon angesprochen wurden. Verstehen Sie mich nicht falsch! Ich finde viel zu testen sehr, sehr wichtig, aber wir müssen gerade in der Krise auch schauen, dass wir unser Geld effizient und sinnvoll einsetzen. Gerade die Testoffensive ist ein Paradebeispiel dafür, wie diese Krisenbewältigung der ÖVP eben nicht funktioniert. Der Bundeskanzler sagt in einem Fernsehinterview: Wir fangen jetzt an, zu testen! Das beginnt in zwei Wochen!, und dann ist nichts fertig, dann haben wir eine komplett falsche Testplattform, über die man sich anmeldet, die innerhalb von wenigen Minuten gehackt wird, sodass wichtige Gesundheitsdaten der Bevölkerung veröffentlicht werden, und dann haben wir die Situation, dass zu wenige Tests da sind, dass das alles vorne und hinten nicht so funktioniert, wie angekündigt. Das bringt uns nicht sicherer durch eine Krise.
Am Ende bleibt, gerade auch wenn man sich die Erklärungsnot vorstellt, in der der Bundeskanzler und auch andere Regierungsmitglieder durchaus waren, nichts anderes zu sagen, als dass man das Gefühl hat, dass da schon das Thema mit der Wahrheit sehr, sehr weit interpretiert ist. Wenn man sich die Aussagen von Herrn Auer auf der einen Seite und die Aussagen von Herrn Kurz auf der anderen Seite anschaut, dann sieht man, dass dazwischen Welten liegen. Wie kann da irgendjemand sagen: Da ist alles gleich und wunderbar, das ist eine wunderschöne, heile Welt!? – Es ist weit davon entfernt. Da sind Welten dazwischen, und da muss man schon klar sagen – gerade auch im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss, bei dem wir die Verfahren ja kennen –: Wer einmal die Unwahrheit sagt, dem glaubt man nicht mehr – um das so zu sagen, dass der Herr Präsident nicht auf irgendwelche Gedanken kommt. Das ist aber ein Thema, das wir in dieser Republik haben.
Kommen Sie (in Richtung Präsident Hofer) schon auf Gedanken? Ich bin eh gleich fertig.
Wir haben einfach das Thema in der Republik, dass wir Verantwortungsträger in der Republik in höchsten Ämtern haben, die die Wahrheit sehr weit definieren beziehungsweise nicht den Ansatz eines Eingeständnisses sehen. Ich sage ehrlich: Es bedrückt mich als Politiker schon, dass man das Gefühl hat, dass Politiker das nicht mehr ernst nehmen; denn wem schadet das? Wem schadet es, dass man nicht mehr grundsätzlich davon ausgehen kann, dass ein Bundeskanzler die Wahrheit sagt? – Uns allen, dem Hohen Haus und dem Ansehen unserer Republik.
Dementsprechend glaube ich, dass dieser kleine Untersuchungsausschuss sehr, sehr viele Dinge aufgezeigt und uns sehr viele Schritte weitergebracht hat, aber durchaus auch zeigt, dass es noch ganz, ganz viel rund um Corona und die diesbezüglichen Beschaffungen aufzuklären gibt. Ich hoffe, dass die ÖVP endlich beginnt, auch da dabei zu sein. (Beifall bei den NEOS.)
15.00
Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über den Punkt 11 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung jetzt, um 15 Uhr, stattfinden kann.
der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Völliges Versagen der ÖVP in der Asylpolitik“ (7292/J)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 7292/J.
Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.
Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:
Der bestialische Mord an der 13-jährigen Leonie nach vorangegangener mehrfacher Vergewaltigung sorgt quer durch die Bevölkerung und naturgemäß auch in allen politischen Lagern für Entsetzen. Die bestialische Tat, derer aktuell vier afghanische Staatsbürger verdächtig sind, stürzt die Familie des Mädchens in tiefe Trauer und hinterlässt eine Lücke, die niemals zu schließen sein wird. Leonies unvorstellbares Martyrium in den letzten Stunden ihres Lebens ist für die Politik ein unmissverständlicher Auftrag – und zwar nicht der erste.
Asyl nur für die, die Schutz in Österreich benötigen und auch verdienen
Umso mehr gilt es jetzt, effektive Schritte gegen die von gewalttätigen Zuwanderern ausgehende Gefahr zu setzen und alles zu unternehmen, um Asyl auf Schutz für jene zu reduzieren, die ihn tatsächlich in Österreich benötigen und durch ihr Verhalten auch verdienen. Das Asylsystem darf nicht weiterhin Einfallstor für Menschen aus aller Herrn Länder sein, die sich hier ein besseres Leben erhoffen, gleichzeitig aber eine Gefahr für ein gutes und friedliches Leben der Österreicher darstellen.
Um dieses Ziel zu erreichen, sind Betroffenheitsbekundungen und Lippenbekenntnisse zu wenig. Es gilt, an den Stellschrauben eines völlig aus den Fugen geratenes Asylsystems einzugreifen. Es gilt einerseits, die Asyl-Zuwanderung maximal zu begrenzen und Österreich als Zielland so unattraktiv wie möglich zu machen. Und es gilt andererseits, all jene, die unseres Schutzes nicht bedürfen und ihn nicht verdienen, rigoros außer Landes zu schaffen.
Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es einer klaren Haltung, einer deutlichen Kommunikation, einer konsequenten Umsetzung rigoroser Maßnahmen und auch des eisernen Willens, diese Einstellung gegenüber der Europäischen Union und gegenüber den nationalen und internationalen Lobbying-Organisationen der illegalen Zuwanderung entschlossen zu vertreten und durchzukämpfen.
10-Punkte-Plan zur Abwehr von Gewalttaten durch Asylanten
Die wesentlichen, bereits längst überfälligen Schritte hat FPÖ-Bundesparteiobmann und Klubobmann Herbert Kickl unmittelbar nach der grausamen Bluttat an Leonie in einem 10-Punkte-Plan zur Abwehr von Gewalttaten durch Asylanten skizziert. Dieser umfasst:
1. Aussetzen der Asylanträge auf österreichischem Boden
2. Maßnahmen zur De-Attraktivierung des „Asylstandorts“ Österreich, zum Beispiel durch die Wiedereinführung von Ausreisezentren
3. Ein klares Bekenntnis der gesamten Bundesregierung zu Abschiebungen auch nach Afghanistan und Syrien und eine Abschiebungsoffensive insbesondere in diese beiden Staaten
4. Sofortiger Abbruch des Asylverfahrens von straffälligen Asylwerbern bei jeder Form einer Straftat und sofortige Außerlandesbringung
5. Aberkennung des Asylstatus bzw. sonstiger Schutztitel bei jeder Form einer Straftat und sofortige Außerlandesbringung
6. Schwerpunktaktionen zur Überprüfung der Aktualität der Fluchtgründe von Asylberechtigten
7. Einführung der Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber
8. Umsetzung von Rückführungszentren in Drittstaaten
9. Vorstoß Österreichs auf internationaler Ebene in Richtung eines Paradigmenwechsels in der Asyl- und Fremdenpolitik – keine Asylanträge mehr auf europäischem Boden, außer von Personen die aus unmittelbaren Nachbarländern stammen
10. Keine Staatsbürgerschaft für Asylberechtigte
Nehammer: Gedanke der Genfer Flüchtlingskonvention wird nicht gelebt
Angesichts aktueller Aussagen aus der Kanzlerpartei ÖVP kann davon ausgegangen werden, dass dieser Plan auch durch die Regierung unterstützt wird. Innenminister Karl Nehammer – obwohl selbst seit Beginn seiner Ministertätigkeit in dieser Frage untätig – erklärte in einem Interview mit der Tageszeitung „Österreich“:
Das EU-Asylsystem ist völlig falsch aufgesetzt. Die Genfer Flüchtlingskonvention und ihr ursprünglicher Gedanke wird lange nicht mehr gelebt. Denn die Flüchtlingskonvention besagt, dass Menschen Schutz vor Verfolgung bekommen sollen im nächstgelegenen sicheren Land, und nicht, dass sich ein Asylwerber das Land, in dem er Leben will, aussuchen kann. Das ist ein grundlegender Fehler unserer EU-Gesetze, die uns dazu zwingen, jeden Asylwerber ins Land zu lassen, egal woher er kommt.
Und auf die Frage, ob man straffällige Asylwerber sofort abschieben solle, sagte Nehammer:
Genau das meine ich, derzeit gibt es das EU-Recht nicht her. Das EU-Asylsystem kann so nicht funktionieren. Straffällige müssen sofort außer Landes gebracht werden können - sie haben unser Gastrecht missbraucht und hier nichts verloren.
https://www.oe24.at/oesterreich/politik/nehammer-in-oesterreich-asylsystem-voellig-falsch-aufgesetzt/482852579
Edtstadler: Brauchen ein europäisches Asylsystem, das wirkt
Klare Worte fand in diesem Zusammenhang auch Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP):
Wer hier Schutz sucht, darf nicht zur Gefahr werden. Und wenn, dann darf es als Konsequenz nur eine rasche Abschiebung geben.
Auch Edtstadler hob Fehlentwicklungen auf europäischer Ebene hervor:
Wir brauchen endlich ein europäisches Asylsystem, das Wirkung zeigt, schnelle Verfahren und einen externen Schutz sowie Außengrenzschutz vorsieht und ein System, das wirkt
Quelle: https://www.bundeskanzleramt.gv.at/bundeskanzleramt/nachrichten-der-bundesregierung/2021/07/bundesministerin-edtstadler-wer-hier-schutz-sucht-darf-nicht-zur-gefahr-werden.html
Den Worten der beiden ÖVP-Regierungsmitglieder ist zweifelsohne zuzustimmen. Ohne die entsprechenden Handlungen bleiben sie jedoch Lippenbekenntnisse und verstärken den Eindruck, den die ÖVP in dieser Frage seit Jahren – spätestens seit der Übernahme der Parteiobmannschaft durch Sebastian Kurz hinterlässt, nämlich dass sie nur verbal für eine konsequente Ausländer- und Asylpolitik eintritt, tatsächlich jedoch keinerlei Maßnahmen setzen will, die dieser auch zum Durchbruch verhelfen. Dies insbesondere dann nicht, wenn es dazu eines entschlossenen Auftretens gegenüber internationalen Institutionen, vor allem der EU, bedürfte oder wenn – wie Nehammer richtig feststellt – internationale Abkommen wie die Genfer Flüchtlingskonvention auf ihren ursprünglichen Zweck zurückgeführt werden müssten. Man erinnere sich etwa an die hysterische Debatte nach einer gleichlautenden Forderung des damaligen Innenministers Herbert Kickl gemäß dem Grundsatz, das Recht habe der Politik zu folgen. Bei Nehammer bleibt die Aufregung wohl deshalb aus, weil ohnehin niemand damit rechnet, dass er seinen Worten auch die nötigen Taten folgen lassen könnte.
ÖVP im Innenministerium – 20 verlorene Jahre in der Asylpolitik
Tatsache ist, dass die ÖVP in dem für die Asyl- und Zuwanderungspolitik hauptverantwortlichen Innenministerium seit dem Jahr 2000 bis heute herrscht. Unterbrochen wurde diese mittlerweile 22-jährige Ära nur durch eineinhalb Jahre Herbert Kickl. Und ausschließlich in diesen eineinhalb Jahren wurden auch restriktive Maßnahmen eingeführt und umgesetzt, wie zum Beispiel:
• Auswertung von Handydaten von illegalen Einwanderern
• Abnahme von Bargeld zur Finanzierung des Asylverfahrens
• Gebietsbeschränkungen für Asylwerber
• Verkürzte Beschwerdefristen gegen Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA)
• Keine Deutschkurse für Asylwerber ohne Anerkennungswahrscheinlichkeit
• Aberkennung von Asyl bei „Heimaturlaub“
• Schwerpunktaktionen des BFA gemeinsam mit der Polizei an Kriminalitäts-Brennpunkten
• Anwesenheitspflichten in Asyl-Unterkünften
• Planung eines Rückführungszentrum in Serbien
• Schubhaft nach Entlassung von Asylwerbern aus der Strafhaft zur Sicherstellung der Abschiebung
• Forderung einer Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber
• Nennung von Nationalität und Aufenthaltstitel der Tatverdächtigen in der Kriminalstatistik und in Pressemeldungen der Polizei
• Umwandlung der Erstaufnahmestellen in Ausreisezentren
• Begrenzung der Entlohnung für freiwillige Arbeiten durch Asylwerber auf 1,50 Euro pro Stunde
• Keine Lehre mehr für Asylwerber
Nach Kickl: Asylanträge schossen wieder in die Höhe
Kaum war die erfolgreiche freiheitliche Zeit im Innenministerium beendet, wurden viele dieser Maßnahmen auf Betreiben der ÖVP wieder rückgängig gemacht. Das Resultat lässt sich in Zahlen ablesen. Die Asylanträge, die unter Kickl massiv zurückgegangen waren, schossen wieder in die Höhe. Die Rückführungen, insbesondere Abschiebungen, die unter Kickl massiv angewachsen waren, wurden wieder zurückgefahren. Österreich ist heute wieder eines der attraktivsten Ziele für illegale Einwanderer. Dies zeigt sich klar an dem Umstand, dass die Zahl der in der EU gestellten Asylanträge im Jahr 2020 auf den niedrigsten Wert seit 2013 zurückging, während in Österreich ein Plus von rund 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen war. Dies obwohl aus dem Innenministerium zu Beginn der Corona-Krise verkündet wurde, dass Asylanträge nur noch bei gleichzeitiger Vorlage eines Gesundheitszeugnisses – sprich eines negativen Corona-Tests – gestellt werden dürften. Für 2021 ist auf Basis der bisherigen Monatswerte mit einem weiteren, vermutlich noch stärkeren Anstieg in Richtung von 20.000 Asylanträgen zu rechnen.
Aus diesen Zahlen und Entwicklungen wird deutlich, dass die ÖVP unter Innenminister Nehammer von einer restriktiven Asylpolitik meilenweit entfernt ist, sondern Nehammers Politik im Gegenteil dazu angetan ist, die Schlepper-Netzwerke wieder auf Österreich aufmerksam zu machen, was sich in den letzten Wochen in wiederholten Massenaufgriffen manifestiert. Besonders die angeblich von Bundeskanzler Kurz geschlossene Balkanroute scheint offenzustehen wie ein Scheunentor.
ÖVP-Versagen auch im Justizministerium
Das Versagen der ÖVP beschränkt sich jedoch bei Weitem nicht nur auf den Bereich des Innenministeriums. Denn auch der an das schäbige Verhalten nach dem Terroranschlag am Allerseelentag 2020 erinnernde Versuch, die Verantwortung für die unterbliebene Abschiebung der afghanischen Tatverdächtigen im Mordfall Leonie der grünen Justizministerin Zadic zuzuschieben, macht in Wahrheit nicht das Versagen der Grünen,
sondern jenes der ÖVP sichtbar. Die Verzögerungen in den Asylverfahren zweiter Instanz sind eine Folge notorischer Personalknappheit bei den Verwaltungsgerichten, die seit der enormen illegalen Zuwanderungswelle der Jahre 2015 und 2016 virulent ist. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit liegt im Ressortbereich des Justizministeriums. Doch ÖVP-Justizminister Moser verabsäumte es in seiner Amtszeit, den dramatischen Personalmangel auch nur ansatzweise zu beheben. Er zeichnet somit in großem Ausmaß für die Verschleppung unzähliger Verfahren verantwortlich, während das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Asylbehörde erster Instanz unter Herbert Kickl den enormen Rückstau der vergangenen Jahre praktisch zur Gänze abbaute.
Verzögerung und Aufweichung der staatlichen Asylbetreuung durch ÖVP
Josef Moser als ÖVP-Justizminister war es auch, der die Umsetzung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) durch das Verweigern seiner Unterschrift unter einen wichtigen Vertrag um ein Jahr verzögerte. Die Agentur ist ein wesentlicher Meilenstein bei der Rück-Verstaatlichung des gesamten Asylwesens mit dem Ziel, insbesondere bei der Rechtsberatung von Asylwerbern nicht weiter auf NGOs zurückzugreifen, weil diese Asylwerber häufig nicht objektiv, sondern ausschließlich mit dem Ziel beraten, ihren Verbleib in Österreich zu sichern. Dass genau diese NGOs nun quasi bei der Hintertür wieder in das System der BBU zurückgekehrt sind, ist ebenfalls der Nachgiebigkeit und fehlenden Konsequenz der ÖVP zuzuschreiben.
Verhinderung des Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber durch ÖVP
Und auch in der Diskussion um eine von Herbert Kickl vorgeschlagene Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber war es die ÖVP in Person von Josef Moser, welche dieses Vorhaben sabotierte und massiv verwässerte, ehe es durch die Ablehnung der Oppositionsparteien endgültig scheiterte. Obwohl die Sicherungshaft auch Teil des aktuellen türkis-grünen Regierungsprogramms ist, sind bis heute keinerlei konkrete Schritte zu ihrer Umsetzung erfolgt.
In Summe zeigt sich, dass die fehlende Konsequenz im österreichischen Asylwesen, welche aktuell die 13-jährige Leonie und vor ihr schon unzähligen anderen Österreicherinnen und Österreichern das Leben gekostet hat, viele Ursachen hat. Sie liegen – grob zusammengefasst – auf internationaler und insbesondere europäischer Ebene ebenso wie in Österreich, wo sowohl in der Gesetzgebung als auch im Vollzug der nötige Wille bzw. die nötigen Kapazitäten fehlen.
ÖVP auf allen Ebenen verantwortlich, aber untätig
All diesen Ebenen ist eines gemeinsam: Es ist seit vielen Jahren die ÖVP, die es in der Hand hätte, durch Forderungen und Initiativen auf europäischer Ebene sowie durch konkrete Maßnahmen in Österreich die von ihr seit Jahren versprochene konsequente und restriktive Asylpolitik durchzusetzen. Doch die tut es nicht.
Es ist somit die ÖVP, der einzig und allein das Versagen im Asylbereich seit vielen Jahren anzukreiden ist – ein Versagen, das bereits unzählige Menschenleben gefordert hat und weiter fordern wird, wenn nicht endlich den Worten auch die nötigen Taten folgen.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende
Dringliche Anfrage
1. Welche Initiativen haben Sie zur Verschärfung des Asyl- und Fremdenrechts seit Jänner 2020 auf nationaler Ebene bzw. in Ihrem Vollzugsbereich gesetzt?
2. Welche Initiativen haben Sie auf EU-Ebene gesetzt, um den von Herbert Kickl eingeleiteten Paradigmenwechsel im Asylwesen voranzutreiben?
3. In welchen Gremien haben Sie Ihre diesbezüglichen Vorschläge und Forderungen deponiert?
4. Mit Vertretern welcher Staaten haben Sie diesbezüglich bi- oder multilateral Vorschläge oder Initiativen akkordiert?
5. Welche Ergebnisse konnten Sie auf EU-Ebene bzw. gemeinsam mit anderen EU-Staaten erzielen?
6. Welche Gespräche haben Sie auf EU-Ebene mit wem zum Thema Asyl- und Migrationspaket geführt?
7. Findet dieses Asyl- und Migrationspaket Ihre Zustimmung?
8. Wenn nein, welche Verbesserungen und insbesondere Verschärfungen wollen Sie erreichen?
9. Gab es von Ihrer Seite seit Jänner 2020 Initiativen zum Abschluss von weiteren Rückübernahmeabkommen?
10. Wenn ja, mit welchen Staaten?
11. Wenn nein, warum nicht?
12. Haben Sie versucht auf europäischer Ebene den Abschluss von weiteren Rückübernahmeabkommen voranzutreiben?
13. Wenn ja, mit wem hatten Sie diesbezüglich Kontakt und welche Ergebnisse sind vorhanden oder absehbar?
14. Wurden durch Österreich seit Jänner 2020 weitere Staaten als sichere Drittstaaten definiert?
15. Wenn ja, welche und wann?
16. Haben Sie auf europäischer Ebene versucht, weitere sichere Drittstaaten zu definieren?
17. Welche relevanten Drittstaaten kooperieren mit Österreich derzeit nicht bei Rückübernahmen – unabhängig davon ob ein Abkommen besteht oder nicht?
18. Welche Drittstaaten kooperieren mit Österreich derzeit nicht bei Rückübernahmen, obwohl ein Abkommen besteht?
19. Welche Maßnahmen setzen Sie, wenn Staaten, mit denen es ein Abkommen gibt, nicht kooperieren?
20. Was unternehmen Sie auf EU-Ebene, um die Kooperationsbereitschaft von Drittstaaten bei Rückführungen zu erhöhen?
21. Besteht die getroffene Arbeitsvereinbarung betreffend Abschiebezentrum mit Serbien noch?
22. Wenn ja, wie ist der genaue Stand der Arbeitsvereinbarung?
23. Wenn nein, seit wann und warum nicht?
24. Wie viele unrechtmäßig eingereiste bzw. aufhältige Fremde wurden bisher 2021 in Österreich aufgegriffen?
25. Wie viele davon kamen laut den Schätzungen und Berechnungen des Innenministeriums über die von Bundeskanzler Kurz „geschlossene“ Balkanroute?
26. Wie viele Asylanträge wurden heuer bis 1. Juli 2021 in Österreich gestellt?
27. Wie viele Asylanträge aufgegliedert auf die Staatsangehörigkeit wurden heuer bis 1. Juli 2021 in Österreich gestellt?
28. Wie viele Asylanträge aufgegliedert auf Männer und Frauen wurden heuer bis 1. Juli 2021 in Österreich gestellt?
29. Wie viele Asylanträge wurden heuer bis 1. Juli 2021 in Österreich von unbegleiteten Minderjährigen gestellt?
30. Wie vielen Asylanträgen wurde seit der diesbezüglichen Ankündigung Ihres Generalsekretärs Tomac im März 2020 ein gültiges Gesundheitszeugnis beigelegt?
31. Von Behörden welcher Staaten wurden die dem Asylantrag beigelegten Gesundheitszeugnisse – aufgegliedert nach Staaten – erstellt?
32. In wie vielen Fällen wurde – aufgegliedert nach Herkunftsstaaten des Asylantragsteller – aufgrund des Fehlens eines solchen Gesundheitszeugnisses von der Einleitung eines Asylverfahrens abgesehen?
33. Wie viele Asylwerber haben sich heuer bis 1. Juli 2021 dem Asylverfahren entzogen, also sind „untergetaucht“?
34. Wie viele Zurückschiebungen gab es heuer bis 1. Juli 2021?
35. Wie viele Zurückweisungen gab es heuer bis 1. Juli 2021?
36. Wie viele Ausreisen nicht aufenthaltsberechtigter Fremder gab es heuer bis 1. Juli 2021
37. Wie viele dieser Ausreisen betrafen nicht schutzwürdige Asylwerber?
38. Wie viele dieser Ausreisen erfolgten freiwillig?
39. Wurden bzw. werden freiwillige Ausreisen durch finanzielle Förderungen aus dem Innenministerium an Organisationen oder betroffene Personen unterstützt?
40. Wenn ja, welche Beträge sind dafür seit Ihrem Amtsantritt in den Jahren 2020 und 2021 geflossen?
41. Wie viele der Ausreisen heuer bis zum 1. Juli 2021 erfolgten zwangsweise?
42. Wie viele davon waren Dublin-Überstellungen?
43. Wie viele davon waren – gegliedert nach Zielländern – Abschiebungen?
44. Wie viele Personen befinden sich derzeit circa in Österreich, die aufgrund negativer behördlicher bzw. gerichtlicher Entscheidungen in Asyl- oder sonstigen Schutzverfahren keine Aufenthaltsberechtigung haben?
45. Wie viele dieser Personen stammen aus Afghanistan?
46. Gab es seit Jänner 2020 bei Ihnen persönlich oder im Bereich des Innenministeriums Interventionen, um konkrete Abschiebungen zu verhindern?
47. Wenn ja, wer hat interveniert?
48. Gab es diesbezüglich Interventionen durch den Bundespräsidenten, durch Regierungsmitglieder oder Landeshauptleute?
49. Wenn ja, von wem?
50. In wie vielen Fällen wurden aufgrund derartiger Interventionen Abschiebungen ausgesetzt?
51. Welche Maßnahmen für eine konsequentere Abschiebung straffällig gewordener Asylwerber bzw. Asylberechtigter haben Sie seit Jänner 2020 ergriffen?
52. Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um Ihre Ankündigungen („Straffällige müssen sofort außer Landes gebracht werden können - sie haben unser Gastrecht missbraucht und hier nichts verloren“) und die Ihrer Regierungskollegin Edtstadler („Wer hier Schutz sucht, darf nicht zur Gefahr werden. Und wenn, dann darf es als Konsequenz nur eine rasche Abschiebung geben“) in die Realität umzusetzen?
53. Wie viele fremde Tatverdächtige konnten im ersten Halbjahr 2021 in Österreich insgesamt ermittelt werden? (Bitte um Gliederung nach Gesamt und Bundesländer)
54. Wie hoch ist der Anteil der fremden Tatverdächtigen an den insgesamt ausgeforschten Tatverdächtigen im ersten Halbjahr 2021?
55. Wie viele fremde Tatverdächtige, aufgegliedert nach Aufenthaltsstatus, konnten im ersten Halbjahr 2021 ermittelt werden?
56. Wie viele fremde Tatverdächtige, aufgegliedert nach Nationalität, konnten im ersten Halbjahr 2021 ermittelt werden?
57. Wie viele der fremden Tatverdächtigen waren im ersten Halbjahr 2021 in Österreich Asylwerber? (Bitte um Gliederung nach Gesamt und Bundesländer)
58. Was waren im ersten Halbjahr 2021 die 20 häufigsten Delikte in der Gruppe der tatverdächtigen Asylwerber?
59. Wie stellt sich die Altersstruktur der tatverdächtigen Asylwerber im ersten Halbjahr 2021 dar?
60. Wie stellt sich die Kriminalitätsbelastungszahl (Tatverdächtige pro 1000 in Österreich aufhältige Personen) der fremden Tatverdächtigen aufgegliedert, auf die jeweilige Nationalität heuer dar?
61. Wie stellt sich die Kriminalitätsbelastungszahl der tatverdächtigen Asylwerber aufgegliedert auf die jeweilige Nationalität heuer dar?
62. In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2015 bis 2021 afghanische Staatsbürger als Tatverdächtige in Fällen des versuchten oder vollendeten Mordes ermittelt?
63. Wie viele davon waren Asylwerber?
64. In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2015 bis 2021 afghanische Staatsbürger als Tatverdächtige bei Straftaten gegen die sexuelle Integrität ermittelt?
65. Wie viele davon waren Asylwerber?
66. In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2015 bis 2021 afghanische Staatsbürger als Tatverdächtige bei Körperverletzungsdelikten ermittelt?
67. Wie viele davon waren Asylwerber?
68. Wie viele gerichtliche Verurteilungen weisen die vier tatverdächtigen Afghanen im Mordfall Leonie auf?
69. Wie oft wurden sie zu Haftstrafen in welchem Ausmaß verurteilt?
70. Warum werden in der „Polizeilichen Kriminalstatistik 2020“, zu finden unter https://bundeskriminalamt.at/501/start.aspx, nicht mehr „fremde Tatverdächtige“ ausgewiesen?
71. Warum wurden in der „Polizeilichen Kriminalstatistik 2020“ nicht dieselben Daten wie in der „Polizeilichen Kriminalstatistik 2018“, zu finden unter https://bundeskriminalamt.at/501/Tabellen_Statistik_2018.aspx, veröffentlicht?
72. Wie lange dauert zurzeit durchschnittlich ein Asylverfahren erster Instanz?
73. Wie viele Asylverfahren waren zum 1. Juli 2021 beim BFA anhängig?
74. Wie lange dauert zurzeit durchschnittlich ein Asylverfahren in der zweiten Instanz?
75. Wie viele Asylverfahren waren zum 1. Juli 2021 bei den Verwaltungsgerichten anhängig?
76. Welche Schritte haben Sie seit Jänner 2020 gesetzt, um den offensichtlichen Rückstau bei den Asylverfahren in der zweiten Instanz zu beheben?
77. Haben Sie sich regierungsintern dafür eingesetzt, dass beim offensichtlich überlasteten Bundesverwaltungsgericht dafür mehr Personal zur Verfügung gestellt wird?
78. Haben Sie insbesondere angeboten, für die Verfahren zweiter Instanz Personal aus dem Innenministerium, etwa aus dem BFA, zuzuteilen bzw. dies sogar getan?
79. Wie hat sich der Personalstand des BFA seit Beginn Ihrer Ministertätigkeit im Jänner 2020 entwickelt?
80. In wie vielen Fällen hat das BFA dem Bundesverwaltungsgericht seit Jänner 2020 eine Frist gesetzt, weil die Entscheidungen zweiter Instanz nicht innerhalb angemessener Zeit ergangen sind?
81. Wurden die Vorwürfe von Bundesministerin Zadic gegen das BFA, welche Sie in der „Kronen Zeitung“ vom 04.07.2021 hinsichtlich einer unterlassenen Fristsetzung im Fall eines der Tatverdächtigen im Mordfall Leonie geäußert hat, von Ihnen geprüft?
82. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
83. Wie viele rechtskräftige Asylgewährungen gab es heuer bis zum 1. Juli 2021?
84. Wie viele rechtskräftige negative Asylentscheidungen gab es heuer bis zum 1. Juli 2021?
85. Wie viele rechtskräftige subsidiäre Schutzgewährungen gab es heuer bis 1. Juli 2021?
86. Wie viele rechtskräftige Asylgewährungen gab es heuer bis 1. Juli 2021 für Staatsangehörige von Afghanistan?
87. Wie viele rechtskräftig negative Asylentscheidungen gab es heuer bis 1. Juli 2021 für Staatsangehörige von Afghanistan?
88. Wie viele rechtskräftig "Subsidiäre Schutzgewährungen" gab es heuer bis 1. Juli 2021 für Staatsangehörige von Afghanistan?
89. Wie viele rechtskräftig negative Entscheidungen über den "Subsidiären Schutz" gab es heuer bis 1. Juli 2021 für Staatsangehörige von Afghanistan?
90. Wie viele rechtskräftige Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gab es heuer bis 1. Juli 2021 für Staatsangehörige von Afghanistan?
91. Wie viele Abschiebungen gab es heuer bis 1. Juli 2021 nach Afghanistan?
92. Wie viele Offene Verfahren „Internationaler Schutz“ gab es heuer bis 1. Juli 2021 von Staatsangehörigen von Afghanistan?
93. Wie viele Staatsbürgerschaften wurden – nach Nationalitäten aufgelistet – im laufenden Jahr bis 1. Juli an Personen verliehen, die als Asylberechtigte in Österreich sind?
In formeller Hinsicht wird ersucht, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich erteile Herrn Abgeordneten Kickl als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! In der Nacht auf den 26. Juni dieses Jahres hat ein junges Herz aufgehört zu schlagen – mit nur 13 Jahren. Nicht durch eine Krankheit, nicht durch einen Unfall ist die kleine Leonie mitten aus dem Leben gerissen worden, nein, das junge Mädchen wurde zuerst unter Drogen gesetzt, dann mehrfach vergewaltigt, danach erwürgt und schließlich von ihren Peinigern regelrecht auf einem Grünstreifen zwischen zwei Straßen mitten in Wien weggeworfen.
Dringend tatverdächtig sind vier junge Männer, allesamt Afghanen, angeblich zwischen 16 und 23 Jahre alt, mehrfach vorbestraft, bestens alimentiert und ausgestattet im österreichischen Sozialsystem, allesamt aus Afghanistan nach Österreich geflohen, weil sie angeblich Schutz vor Gewalt und vor Verfolgung in ihrer eigenen Heimat gesucht haben. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)
Was für ein Hohn, meine sehr geehrten Damen und Herren, und was für eine unerträgliche Perversion des Schutzgedankens, die sich hier abgespielt hat! (Beifall bei der FPÖ.)
Der Tod der kleinen Leonie, der Schmerz und das Leid der Eltern und aller Hinterbliebenen, für die kein Tag mehr so sein wird, wie es vor dieser schrecklichen Tat gewesen ist, das ist eine schreiende Anklage – eine schreiende Anklage gegen ein Asylsystem, das die eigene Bevölkerung bedroht, und eine Anklage gegen all jene Politiker, die nicht willens oder nicht in der Lage sind, daran etwas zu ändern, die es zulassen, dass die eigene Bevölkerung gefährdet wird, während die Täter in unserem System geschützt und verhätschelt werden! (Beifall bei der FPÖ.)
Da schaue ich Sie an, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, und da schaue ich die Vertreter aller anderen Fraktionen außerhalb der Freiheitlichen Partei an: Sie alle dürfen sich von dieser Anklage betroffen fühlen. Leonie ist kein Einzelfall, sondern ein Fall zu viel von viel zu vielen. Selbst wenn es ein Einzelfall wäre, das sage ich Ihnen, müsste es doch so sein, dass kein einziger Abgeordneter hier herinnen mehr eine ruhige Minute hätte, so lange, bis dieses Unrechtssystem abgestellt ist, das die Falschen schützt anstatt die Richtigen. (Beifall bei der FPÖ.)
Doch das Gegenteil ist der Fall! Es braucht die Freiheitliche Partei, damit wir uns in diesem Hohen Haus jetzt, um 15 Uhr, in Form einer Debatte zu einer Dringlichen Anfrage überhaupt mit diesem Thema auseinandersetzen. Wenn wir das nicht gemacht hätten: kein Wort vonseiten der Vertreter der Regierungsfraktionen dazu, keine Regierungserklärung, die es sonst zu jedem Schwachsinn in dieser Republik gibt, keine Gesetzesinitiative, nichts dergleichen. Die ÖVP, die Grünen, die Roten und die Rosaroten gleich dazu: Sie alle hätten diese furchtbare Tat im Hohen Haus totgeschwiegen, im wahrsten Sinne des Wortes, den Mantel des Schweigens über die schrecklichen Ereignisse gehüllt.
Dabei ist der furchtbare Tod dieses Mädchens ein dramatischer Appell, ein Auftrag, und darüber zu reden ist kein Missbrauch, sondern eine Verpflichtung, ein Auftrag, doch endlich in diesem Land in die Gänge zu kommen, die österreichische Bevölkerung endlich vor allen Formen der importierten Kriminalität, die mehr und mehr überhandnimmt, zu schützen.
Wir Freiheitlichen machen heute das, was Sie machen sollten: Wir präsentieren einen entsprechenden Gesetzesvorschlag, zehn Punkte zum Schutz der österreichischen Bevölkerung, und Sie brauchen nur eines zu tun: über Ihren Schatten zu springen und zuzustimmen. Das tut nicht weh, im Unterschied zu dem, was die Opfer dieser Verbrecher erdulden müssen. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie müssen nur über Ihren gutmenschlichen Schatten springen und Ihre seltsame Interpretation von Gutmenschentum für ein paar Minuten beiseitelegen, und dann wird das etwas.
Der Zustand, in dem wir uns in diesem Land befinden, ist das Ergebnis einer Asylpolitik, für die über viele, viele Jahre – um nicht zu sagen: Jahrzehnte – die Österreichische Volkspartei zuständig war und ist, getrieben von einem linken Zeitgeist, auch wenn sie anderes behauptet.
Wenn ich das Ergebnis zusammenfassen will, dann kann ich nur sagen: Es ist ein völliges Versagen. Ihr Handeln ist inkonsequent, es ist mutlos und viel zu weich, und vor allem stehen die Fakten in einem ganz, ganz krassen Gegensatz zu Ihrer Selbstinszenierung als Vertreter einer restriktiven Asylpolitik. Ihre Wandlung vom Asylsaulus zum Asylpaulus ist keine glaubwürdige – das hält einer Überprüfung der Fakten nicht stand! (Beifall bei der FPÖ.)
Wir müssen uns ja nur einmal anschauen, was die Crème de la Crème dieser Bundesregierung angesichts der Anklage dieses toten Mädchens zu sagen hat. Was sagen Sie denn zu Ihrer Verteidigung? – Das eine sind Schuldzuweisungen. Das Innenministerium zeigt auf das Justizministerium, sagt aber nicht dazu, dass seit 2008 die Verantwortung im Justizministerium in den Händen der Österreichischen Volkspartei und von sonst niemandem gelegen ist. Es sind Ihre Versäumnisse, die uns allen hier auf den Kopf fallen und dieses Mädchen das Leben gekostet haben!
Der zweite Teil ist die übliche Betroffenheitsrhetorik, die angesichts der Dramatik der Ereignisse schon fast einen Zug ins Zynische hat. Dazu kommen Allerweltsplattitüden, die kein Mensch mehr hören kann, und die eine oder andere Kraftmeierei, die ohnehin verpufft, weil Ihnen niemand etwas abnimmt, kommt dann auch noch dazu.
Meine Damen und Herren, wenn es um Handlungen geht, dann ist das Ergebnis null Komma null – und so kann es nicht weitergehen! (Beifall bei der FPÖ.)
Schauen Sie sich an oder hören Sie nur zu, welchen gehaltvollen Satz der Bundeskanzler dieser Republik zu diesem Fall geäußert hat! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, um zu merken, wie viel Fleisch da am Knochen ist. Ich zitiere: „Ich halte es für untragbar, dass Menschen zu uns kommen, Schutz suchen und solche grausamen, barbarischen Verbrechen begehen.“ – Zitatende.
Ja, eh! – Und wie geht es weiter, was jetzt? Was sind die Handlungen und was sind die Konsequenzen? – Das hätte ich mir von einem Bundeskanzler erwartet. Der Zustand und dass nicht gehandelt wird, ist für uns alle seit Langem untragbar. Es waren Ihre Wählerinnen und Wähler, denen Sie versprochen haben, dass der freiheitliche Weg in der Asylpolitik mit Ihrer Ressortverantwortung fortgesetzt wird, und nichts dergleichen ist der Fall. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie sitzen in den Ministerien, 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr, und dort sind die Knöpfe, die Sie bedienen müssen, um diesen Leidensdruck von der Bevölkerung zu nehmen und die Menschen in diesem Land zu schützen.
Jetzt bin ich bei Ihnen, Herr Innenminister. Sie haben sich auch geäußert. Sie haben gesagt – ich zitiere –: „Das EU-Asylsystem kann so nicht funktionieren. Straffällige müssen sofort außer Landes gebracht werden können – sie haben unser Gastrecht missbraucht und hier nichts verloren.“ – Zitatende.
Na bumm! Das ist eine bahnbrechende Erkenntnis im Jahr 2021 – das muss man dazusagen. Sie tun ja geradezu so, als ob das etwas Neues wäre. Wir wissen das seit vielen Jahren, allein was fehlt, sind Ihre Handlungen, Herr Innenminister. Das fehlt, das ist zu billig.
Sie sind jetzt seit eineinhalb Jahren Innenminister dieser Republik. Jetzt möchte ich von Ihnen wissen, was Sie gemacht haben. Was haben Sie gemacht, um eine fundamentale Änderung dieses europäischen Asylsystems auf den Weg zu bringen? – Und da meine ich nicht diese Kosmetik: Ein gepanzertes Fahrzeug an die griechische Außengrenze zum Fotografieren schicken ist zu wenig. Was haben Sie an fundamentalen Änderungen zustande gebracht, die keine kosmetischen Maßnahmen, keine Schönheitschirurgie an einer Leiche sind? Und: Was ist vor allem der Plan B, den Sie haben, wenn es auf europäischer Ebene nicht funktioniert, was tun Sie dann in Österreich? Die Kompetenz für die Sicherheit in diesem Land hat der Innenminister, die kann Ihnen niemand auf europäischer Ebene streitig machen. – Ich bin gespannt, was kommt, aber ich rechne mit einer Nullmeldung. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie kämpfen nicht mit Brüssel, das ist der Punkt, sondern Sie haben sich eingereiht in diesen Haufen der Unverantwortlichen, die einen ganzen Kontinent gegen die Interessen der jeweils eigenen Bevölkerung regieren. Aber eines gestehe ich Ihnen zu, Herr Innenminister, Sie haben auch etwas sehr Interessantes gesagt, und zwar im Zusammenhang mit der Genfer Konvention, ich darf zitieren:
„Die Genfer Flüchtlingskonvention und ihr ursprünglicher Gedanke wird lange nicht mehr gelebt. Denn die Flüchtlingskonvention besagt, dass Menschen Schutz vor Verfolgung bekommen sollen im nächstgelegenen sicheren Land, und nicht dass sich ein Asylwerber das Land, in dem er leben will, aussuchen kann. Das ist ein grundlegender Fehler unserer EU-Gesetze, die uns dazu zwingen, jeden Asylwerber ins Land zu lassen, egal woher er kommt.“
Das ist richtig, aber ich sage Ihnen eines dazu: Zwingen kann man nur den, der sich zwingen lässt, und Sie lassen sich offenbar zwingen, Herr Innenminister! (Beifall bei der FPÖ.)
Noch etwas ist ein entscheidender Punkt. Auch diese Weisheiten zur Genfer Flüchtlingskonvention sind nicht neu. Auch da sind Sie nur ein Nachbeter. Ich bringe Ihnen ein anderes Zitat, und dann wird es bei Ihnen allen gleich klingeln. Ich zitiere:
„Die größte Gefahr für den Rechtsstaat ist, dass er missbraucht wird und quasi gegen sich selbst zur Anwendung gebracht wird, dass man über die eigenen Gesetze stolpert und handlungsunfähig ist. Und das ist die Situation, vor der wir jetzt stehen: Da brennt das Haus, dort liegt der Schlauch. Wir wissen genau, dass wir den Schlauch nehmen müssen, um das Feuer zu löschen. Und dazwischen gibt es irgendwelche seltsamen rechtlichen Konstruktionen, teilweise viele, viele Jahre alt, aus ganz anderen Situationen heraus entstanden, und die hindern uns daran, das zu tun, was notwendig ist. Und deshalb möchte ich eine Debatte darüber führen und mich auch anlegen mit diesen Regelungen, das hinterfragen. Denn ich glaube immer noch, dass der Grundsatz gilt, dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht.“ – Zitatende.
Ich glaube, spätestens jetzt hat es geklingelt: Es ist ein Zitat von mir. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Der Hintergrund dieses Zitats ist ein Fall, genau wie er hier vorgelegen ist, allerdings im Jahr 2019. (Beifall bei der FPÖ.)
Damals hat ein syrischer Asylwerber ein 16-jähriges Mädchen geschändet und umgebracht. Wir haben uns das angesehen und haben gemerkt: Hier brauen sich kriminelle Karrieren zusammen.
Ich habe gesagt: Jetzt lege ich mich mit der EU an, weil es nicht sein kann, dass wir auf Basis europäischer Regelungen warten müssen, bis ein Kapitalverbrechen besteht, damit wir diesen Leuten ihren Schutzstatus aberkennen können. Und da bin ich zusammengekracht mit dem Herrn Avramopoulos. Er hat mir dann erklärt: Das geht alles nicht wegen der Genfer Flüchtlingskonvention!, und dann habe ich mich mit der Genfer Flüchtlingskonvention angelegt.
Sie wissen, was in dem Land passiert ist: Vom Bundespräsidenten abwärts über die linke Reichshälfte, die Medien, alle haben sie aufgejault, alle sind sie über mich hergefallen. Ich habe sogar zu einem klärenden Gespräch zum Herrn Bundeskanzler müssen. Der Hardliner Kurz hat mir erklärt, dass ich nicht so forsch vorgehen soll, wenn es darum geht, die eigene Bevölkerung zu schützen, denn wie schaut denn das in Europa aus? – Ehrlich gesagt, es war mir wurscht und es ist mir bis zum heutigen Tag wurscht! (Beifall bei der FPÖ.)
Mutig sind Sie nur, wenn es um Worte geht. Wenn es um Taten geht, ist all das Fehlanzeige.
Wir können die Entwicklungen der letzten Jahre auf den Punkt bringen: Von den letzten 21 Jahren ist in diesem Land nur eineinhalb Jahre lang eine ordentliche Asylpolitik gemacht worden (Zwischenruf des Abg. Melchior), und das war unter freiheitlicher Ressortführung im Innenministerium. Damals haben wir Mode gemacht in diesem Asylsaustall, und es ist notwendig gewesen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: ... größter Versager im BMI!)
Wir haben auch dafür gesorgt, dass dieses Haus dann auch sauber für die Zukunft ist. Ich könnte Ihnen eine ganze Reihe von Verschärfungen aufzählen. Ich bin gespannt auf die Verschärfungen, die Sie uns jetzt aufzählen werden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es gibt keine, außer dass Sie, glaube ich, Nordirland zu einem sicheren Herkunftsland gemacht haben – na gratuliere! –; aber alle anderen Verschärfungen sind freiheitliche Errungenschaften, mit denen Sie teilweise hausieren gehen, soweit Sie sie nicht abgeschafft haben. Denn das waren ja die ersten Maßnahmen, die Sie nach dem Platzen der Regierung gesetzt haben: Weg mit den Ausreisezentren; 7 Euro oder 8 Euro Stundenlohn für Asylanten dafür, dass sie ihren eigenen Dreck wegräumen, und so weiter, und so weiter. Das macht Österreich als Asylstandort attraktiv. Darauf haben die Schlepper gewartet, und deshalb schießen die Zahlen jetzt nach oben. Das ist der Punkt, über den wir diskutieren sollten. (Beifall bei der FPÖ.)
Der Tod von Leonie, das ist ein Auftrag an uns alle, hier und heute, jetzt zu handeln! Ich habe Ihnen gesagt, ich mache Ihnen das Angebot, hier einen Schulterschluss zu machen. Sie erwarten von uns immer konstruktive Beiträge. Wir haben einen, wir haben diesen Zehnpunkteplan. Etwas Besseres können Sie nicht aufbieten. Da ist alles drin, was es zum Schutz der österreichischen Bevölkerung gegen kriminelle Asylwerber, gegen Asylanten und gegen illegale Migration braucht. Sie brauchen das Rad nicht neu zu erfinden, Sie müssen nur einmal aufstehen. Ich habe schon gesagt, es tut nicht weh. Das ist das Handeln, das sich die österreichische Bevölkerung jetzt von Ihnen erwartet – und nicht die Herumlamentiererei ad infinitum, die uns allen schon bis hierher (mit der Hand eine Linie über dem Kopf andeutend) steht. (Beifall bei der FPÖ.)
Das wird jetzt eine interessante Nagelprobe für Sie werden, denn die Zeit der Ausreden ist vorbei. Sie haben seit diesem Mord gar nichts an Maßnahmen vorgelegt. Gar nichts! Wir legen zehn Punkte vor, zehn Punkte, die jeden Problembereich betreffen, und ich bin gespannt, ob Sie unserer Einladung Folge leisten. Sie sollten das tun, weil sich Ihr Innenminister darüber freuen wird, einen einstimmigen Beschluss des Parlaments zur Rückenstärkung für seinen Kampf in Brüssel zu haben. Was glauben Sie, wie leicht er sich tut, wenn er mit einem solchen Antrag im Gepäck nach Brüssel fährt, um denen dort die Stirn zu bieten?! Also nur zu, nicht zögern, sondern zustimmen! (Beifall bei der FPÖ.)
Beschließen Sie mit uns ein Aussetzen der Asylanträge auf österreichischem Boden, Maßnahmen, um den Asylstandort Österreich möglichst unattraktiv zu machen! Ja, ich bekenne mich dazu, es muss unbequem sein, sonst werden Sie den Zuzug nie in den Griff bekommen.
Wir wollen ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zu Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien und eine Offensive in diese Richtung. Wir wollen den Abbruch von Asylverfahren und die Aberkennung des Asylstatus bei jeder Form einer Straftat. Und da genügt schon ein Ladendiebstahl! Es hat niemand etwas zu stehlen in einem Staat, in dem er rund um die Uhr alimentiert wird in seinem Status.
Und wenn die Leute nicht außer Landes zu bringen sind, dann gehören sie in Transitzentren ungarischen Vorbilds. Da können sie dann raus, wenn sie wollen, aber nicht in Richtung Österreich! Jede andere Richtung ist frei, in Richtung Österreich ist die Sackgasse zu, so muss man das machen! (Beifall bei der FPÖ.)
Beschließen Sie die Einführung einer Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber! (Abg. Steinacker: Wo sind die Menschenrechte?!) – Ich weiß gar nicht, worauf Sie warten, die Dinge liegen alle in der Lade. Moser hat sie verzögert, aber es liegt doch alles bereit. – Beschließen Sie die Einführung von Rückführungszentren und vor allem das Vorantreiben eines Paradigmenwechsels auf europäischer Ebene, dass es nicht mehr möglich ist, auf dem Boden der Europäischen Union einen Asylantrag zu stellen, es sei denn, man kommt aus einem unmittelbaren Nachbarland! Das muss das große Ziel sein: die Festung Europa. Alles andere führt in den Untergang! (Beifall bei der FPÖ.)
Letztendlich noch etwas: Beschließen Sie mit uns auch, dass es für Asylberechtigte keine Staatsbürgerschaft mehr geben soll! Sie reden doch immer davon, dass es eine strenge Trennung von Asyl und Zuwanderung geben muss. Wieso ist es dann für einen Asylanten, der ja nur auf Zeit geschützt ist, überhaupt möglich, die österreichische Staatsbürgerschaft zu bekommen? Erklären Sie mir das einmal! Wenn Sie sich selber ernst nehmen, dann müssen Sie auch diesem Punkt in diesem Zehnpunktepaket zustimmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, das alles ist das Mindeste, das wir der toten Leonie, ihren Hinterbliebenen und allen anderen Opfern schuldig sind, und das ist das Mindeste, das wir der österreichischen Bevölkerung schuldig sind, wenn es darum geht, jetzt endlich ins Handeln zu kommen.
Wir werden Ihnen genau auf die Finger schauen. Ich verlange eine namentliche Abstimmung bei all diesen Dingen. Sie können sich sicher sein, dass diejenigen Abgeordneten, die dagegen stimmen werden, ihre Namen in Inseraten in den Tageszeitungen dieser Republik lesen werden können, damit die Bevölkerung weiß, wer auf welcher Seite steht, wer auf der Seite der Täter und wer auf der Seite der Opfer steht. Das wird sicher für den einen oder anderen eine sehr erhellende Lektüre. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren – ich schaue genau auf die Uhr – werden meine Fraktion und ich die Gedenkminute nachholen, die der Nationalratspräsident uns
heute in der Früh verweigert hat. Wir werden jetzt diese letzte Minute meiner Redezeit dafür verwenden, in Stille Leonie und der anderen Opfer von importierter Kriminalität zu gedenken.
Ich darf Sie alle einladen, die Abgeordneten der anderen Fraktionen, den Nationalratspräsidenten und auch die Damen und Herren auf der Regierungsbank, sich diesem Gedenken anzuschließen. (Die Abgeordneten der FPÖ und Abgeordnete der SPÖ erheben sich von ihren Plätzen und verharren einige Zeit in stiller Trauer.) – Vielen Dank!
Zum Abschluss, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer – in Richtung Abg. Kickl –: Ich würde mich schämen!)
15.20
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister für Inneres. – Bitte.
Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete dieses Hauses! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben jetzt gerade etwas erlebt, was mich tatsächlich auch ein Stück weit ratlos macht, adäquat darauf zu reagieren. Herr Innenminister außer Dienst! Herbert! Ich bin selbst Vater einer Tochter. Als Innenminister, der du warst, weißt du selber, wie viele schreckliche Verbrechen in diesem Land passieren. Du weißt auch von damals in deiner Funktion als Innenminister, wie sehr die Polizei und die Sicherheitsbehörden darum kämpfen, dass Menschen nicht zu Schaden kommen – dennoch passiert es. (Abg. Kickl: Es geht nicht um die Polizei! Es geht um die Politik! – Abg. Haubner: Gib einmal eine Ruh!)
Ich finde es des Gedenkens dieses Verbrechensopfers deshalb nicht würdig, so zu gedenken, weil wir viel zu viele Verbrechensopfer haben. Wir müssen aller gedenken, die zu Tode gekommen sind, und sind dabei leider in einer Situation, die uns oft ratlos zurücklässt. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. – Abg. Kickl: Oh, wir haben hier herinnen sehr oft gedacht! – Weiterer Zwischenruf bei der FPÖ.)
Wenn es aber die Conclusio der FPÖ ist, ein schreckliches Verbrechen herauszunehmen und in den Fokus zu stellen, dann bin ich mir nicht sicher – und das weißt du als Vater genauso –, ob es der Trauer der Eltern gerecht wird, die jetzt in diesen Stunden unendlich leiden. Unsere Aufgabe und auch Aufgabe des Innenministeriums und seiner Sicherheitsbehörden ist es, dieses Verbrechen aufzuklären. Dieses Versprechen kann ich den Eltern geben. (Abg. Kickl: Dafür braucht es die Politik nicht! Dafür brauchen sie dich nicht! – Abg. Haubner: Jetzt ist einmal eine Ruh!) Alle Polizistinnen und Polizisten werden das tun, damit auch dieser Mord, diese Straftat gesühnt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Das ist die Aufgabe eines Rechtsstaates. Da sind wir uns einig. (Abg. Wurm: Genau!) Das hast du gerade jetzt in deinem Zwischenruf gesagt. Das ist Verpflichtung. Da stimmen wir überein. Wenn ich die Fragen zusammenfasse, die die FPÖ mir gestellt hat – ich werde sie dann noch im Detail beantworten –, dann geht es darin gleichzeitig um das Thema: Was hat zu diesem Verbrechen geführt? Was sind die Umstände? Ja, da gilt es, sich ein Stück weit auch mit der Geschichte auseinandersetzen, nämlich der neueren Zeitgeschichte: 2015 – uns allen bekannt als das schwierigste Jahr für die Republik Österreich, als im wahrsten Sinne des Wortes eine unglaubliche Migrationswelle über sie hereingebrochen ist. (Abg. Kickl: Da wart ihr noch auf der anderen Seite! – Abg. Belakowitsch: Da wart ihr noch klatschen am Westbahnhof!)
Und ja: Seitdem, aber nicht erst seitdem ist die Republik besonders gefordert. Die Republik Österreich und die Menschen, die in Österreich leben, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben seit den Fünfzigerjahren Großes geleistet, wenn es darum gegangen ist, Menschen Schutz zu gewähren, die Schutz brauchen: die Ungarnkrise in den Fünfzigerjahren (Abg. Belakowitsch: Nachbarstaat!), die Tschechenkrise in den Sechzigerjahren (Abg. Belakowitsch: Nachbarstaat!), der Jugoslawienkrieg in den Neunzigerjahren. Zu all dem kam 2015 mit den Jahren davor und den Jahren danach noch dazu. Das stellt uns tatsächlich vor große Herausforderungen.
Wir haben eine Rechtsordnung – zum Teil auf nationaler Ebene, weil im Verfassungsrang, und darüber hinaus auf internationaler Ebene –, die uns Lösungsansätze bietet aus einer Zeit, in der noch nicht darauf eingegangen wurde, dass im Moment eine globalisierte Zeit der Migration und des Asylwesens ist.
Wie anders kann es sein, dass Menschen aus Afghanistan, Syrien oder anderen Ländern in Österreich Asyl suchen und dabei sichere Staaten durchqueren? Das stimmt, Herbert. Das sind große Probleme und große Herausforderungen. (Abg. Kickl: Was hast du gemacht? Das ist der Punkt, das interessiert mich! – Abg. Michael Hammer – in Richtung Abg. Kickl –: Was hast du gemacht?)
Wenn wir darüber nachdenken, was wir tatsächlich tun können, dann müssen wir diesen Diskurs auf europäischer Ebene führen. Wir müssen ihn dort führen, wo er hingehört, weil uns die Rechtsordnungen der Europäischen Union bis hin zur Europäischen Menschenrechtskonvention im Verfassungsrang genau zu diesem Tun verpflichten: all jenen, die bei uns Asyl sagen, auch tatsächlich ein Asylverfahren zu gewähren. Das ist tatsächlich eine Herausforderung. Da gibt es überhaupt nichts zu beschönigen. Du als ehemaliger Innenminister weißt, wie komplex es ist, solche Rechtsordnungen zu ändern. (Abg. Kickl: Was hast du gemacht? – Ruf bei der FPÖ: Teppich ausgerollt! – Zwischenrufe der Abgeordneten Melchior und Gabriela Schwarz.)
Ist das ein Trost für die Eltern? – Nein, das ist es nicht. Ich sage hier aber auch ganz klar: Jeder Mord, begangen in Österreich, ist einer zu viel, jede Vergewaltigung, unabhängig von der Nationalität des Täters, ist eine zu viel. Da nach Nationalitäten, nach Ethnien zu differenzieren, ist ein ganz gefährlicher Weg. Da müssen wir sehr vorsichtig sein! (Abg. Kickl: Das macht ihr in die umgekehrte Richtung auch! Sag uns bitte ...! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Das, was wir tun müssen, ist, dafür Sorge zu tragen, dass eine Gesellschaft sicher bleibt und nicht kippt, und wir müssen dafür Sorge tragen, dass die, die hier keine Bleibeberechtigung haben, auch wieder gehen müssen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS. – Abg. Kickl: Sag uns bitte, wie ...! – Abg. Belakowitsch: Das müsstest du!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich würde Sie bitten: Rufen Sie nicht ständig hinaus! Man hat Ihnen auch zugehört, Herr Klubobmann Kickl, dann würde dasselbe auch dem Innenminister gebühren. (Abg. Kickl: Sie haben sich heute schon selbst entzaubert! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc (fortsetzend): Jetzt komme ich zu dem Punkt, der für mich besonders spannend ist, nämlich auch wieder in unserer gemeinsamen Vergangenheit und Zukunft: Du warst von 2017 bis 2019 Innenminister. Du wirst gelesen haben, was in den Zeitungen veröffentlicht worden ist: Drei der vier Straftäter sind 2015 nach Österreich gekommen. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Straffällig sind sie 2018 geworden. Warum hast du sie nicht gleich abgeschoben, als Innenminister und Chef des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl? (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Antwort ist einfach – und Herbert Kickl weiß es als ehemaliger Innenminister –: weil es die Rechtsstaatlichkeit nicht vorsieht, weil wir ein demokratischer Staat sind, weil es Handlungsabläufe gibt, die auch von der Europäischen Union definiert und vorgegeben sind. (Abg. Steger: Was habt ihr für Maßnahmen getroffen in der Zeit? – Zwischenruf des Abg. Lausch.) Deswegen mein Ansatz, weil du mich in der üblichen Form, wenn du immer mit dem Finger zeigst, fragst: Was tue ich? Was tue ich?
Mir ist schon klar, dass du als Oppositionsführer von der FPÖ dich nicht damit auseinandersetzen musst, was ich wirklich tue, aber wenn du es wirklich getan hättest, wüsstest du es. Das, was wir nationalstaatlich tun können, das tun wir energisch. Wir haben eine Plattform gegen illegale Migration gegründet mit dem Ziel, Nichtbleibeberechtigte schon vor der EU-Außengrenze in die Heimat zurückzubringen. Wir müssen vorausdenken, denn wenn sie bei uns sind – und da gibt es keinen Dissens –, dann beginnt das Thema tatsächlich, komplex zu werden. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)
Wenn sie die österreichische Staatsgrenze überqueren, gibt es ein Eintrittsticket, und das heißt Asyl. (Abg. Belakowitsch: Da, wo sie herkommen ...!) Es gibt dann ein Asylverfahren, und daraus entstehen verschiedene Umstände der Bleibeberechtigung. Warum ist es so? – Wie ich schon vorher erläutert habe: weil internationales Recht es so vorschreibt. (Ruf bei der FPÖ: Dann ändern wir es!)
Das heißt, wenn wir es ändern wollen, dann brauchen wir hier in Österreich und auch hier im Parlament einen Schulterschluss, um mit einer Stimme gegenüber der Europäischen Union und der Kommission zu sagen: Wir brauchen Änderungen, weil es in Zukunft unsere Systeme überfordert! (Abg. Kickl: Was hast du unternommen mit der Kommission?) – Was ich unternommen habe, kann ich dir gerne sagen. – Das war gerade ein Zwischenruf, das konnten die Zuhörerinnen und Zuhörer jetzt nicht hören.
Wir haben in allen EU-Innenministerräten die Stimme Österreichs erhoben. Wir suchen Verbündete, um die Kommission genau dahin zu bringen. Wir kritisieren die Kommission dafür, dass sie das Trennende vor das Einende stellt (Abg. Belakowitsch: Und? – Zwischenrufe der Abgeordneten Steger und Martin Graf), denn was ist derzeit in den Vorschlägen im Pakt für Asyl- und Migration der Europäischen Union das Einende? – Schnellere Verfahren, schnellere Rückführungen, starker Grenzschutz. (Abg. Kickl: Mehr legale Migration!)
Das Problem der Kommission ist derzeit, dass sie in den Verhandlungen das Trennende vorausstellt. Das Trennende vorauszustellen heißt, dass die Kommission lieber über Verteilung spricht als über die Themen, die uns einen. Verteilung kann für Österreich deswegen kein Thema sein, weil Österreich zu den meistbelasteten Staaten der Europäischen Union zählt, weil wir an dritter Stelle stehen, wenn es darum geht, dass wir Menschen Schutz gewähren.
Und ja, Herbert, du und die FPÖ, ihr seid nicht die Einzigen hier in diesem Hohen Haus, die diese Tat abscheulich finden, die es grundunanständig finden, dass Menschen ihr Gastrecht missbrauchen, dass sie die Gesetze Österreichs nicht achten, dass sie den Schutz dieser Gesellschaft bekommen und dann eine Straftat begehen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Unterstell aber nicht den Sicherheitsbehörden, dass sie nicht alles Menschenmögliche tun, um diese Taten auch zu verhindern! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ich nehme die Fragen der FPÖ ernst. Was haben wir getan? – Wir haben uns international mit Verbündeten dafür eingesetzt, dass die Kommission innerhalb der EU umdenkt. Wir haben die Plattform gegen illegale Migration geschaffen und operativ eingesetzt, sodass sie tatsächlich unsere Außengrenzen entlasten kann. Wenn ich jetzt wiederum darüber nachdenke, was du (in Richtung Abg. Kickl) als Innenminister getan hast: Ich
habe von den Verschärfungen im Asylwesen während der türkis-blauen Regierung gehört beziehungsweise in Aussendungen darüber gelesen. (Ruf bei der ÖVP: Das Türschildl hat er geändert in Traiskirchen!) Dafür hast du dich in den letzten Tagen gelobt. Stimmt das? – Spannend ist – und ich bin jetzt Innenminister und weiß das –: In einer Koalition gibt es Aufgaben, die man im eigenen Ressort erledigen kann, und es gibt Aufgaben, für die man den Koalitionspartner braucht; und bei jeder Tat, für die du dich gelobt hast, war es eine Abstimmung mit der Volkspartei, war es Bundeskanzler Sebastian Kurz, der genau dieses Sicherheitskonzept für Österreich vorgesehen hat. (Heiterkeit des Abg. Kickl. – Zwischenrufe der Abgeordneten Rauch und Steger.)
Gestatte mir aber diesen Seitenhinweis: Du weißt selber ganz genau, was du alleine, in deiner eigenen Kompetenz, regeln konntest und gemacht hast – Pferde gekauft und die Tafel in Traiskirchen ausgetauscht. (Abg. Amesbauer: So peinlich! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sonst gab es keine weiteren Maßnahmen des Herbert Kickl, um in seinem System für mehr Sicherheit in Österreich zu sorgen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wenn du aber glaubst, dass diese Form der Diskussion, wie wir sie jetzt führen, der schrecklichen Tat gerecht wird, dann irrst du dich. (Abg. Kickl: Ihr braucht nur zustimmen!) Wir müssen aber nur aufzeigen, was tatsächlich ist.
Ich habe mir auch ganz genau angeschaut, was du in deiner Innenministerzeit auf europäischer Ebene in Gang gesetzt hast. Da ist sehr viel Leere zu finden. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) – Na, Kollege Scherak regt sich jetzt gerade wieder auf, er wird mir dann wahrscheinlich in seinem nächsten Redebeitrag sagen, wir würden unsere ehemalige Beziehung als Koalitionäre aufarbeiten. (Abg. Scherak: Das tut ihr auch die ganze Zeit!) – Nein, Kollege Scherak, Sie wissen, dass es eine Dringliche Anfrage an den Innenminister durch die Freiheitliche Partei Österreichs gibt. Ich bitte Sie, den Parlamentarismus zur Kenntnis zu nehmen und damit auch die Argumentation. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)
Operativ wehren wir uns auch polizeilich mit allen Mitteln gegen diese Form der illegalen Migration. Wir setzen Drohnen an den Grenzen ein. Wir erhöhen den Druck auf unsere Nachbarstaaten, und ja, wir suchen Verbündete, denn alleine geht das nicht! Mit einem Nationalismus der Ideen funktioniert das alles nicht. Wir brauchen Verbündete, wenn wir unsere Grenzen, die EU-Außengrenzen, schützen wollen, und wir brauchen die Westbalkanstaaten.
Und ja, weil immer wieder der Vorwurf erhoben wird, die Westbalkanstaaten seien nicht sicher oder deren Grenzen seien gegen irreguläre Migration nicht geschlossen: Meine sehr geehrten Damen und Herren, angesichts der Zehntausenden, die in Griechenland warten, und der zum Teil Zehntausenden, die am Westbalkan stehen, sehen wir gemeinsam, dass die Grenzen tatsächlich halten, denn sonst hätten wir schon wieder die nächste große Migrationswelle vor uns. (Abg. Belakowitsch: Die haben Sie eh schon angekündigt!)
Was bedeutet das aber für die Zukunft? – Für die Zukunft heißt das: Wir als Österreich werden uns weiter dafür einsetzen, dass das internationale Recht geändert wird, dass wir nicht mehr dazu verpflichtet sind, Asylverfahren so durchzuführen, wie wir sie jetzt durchzuführen haben. Und ja, wir werden uns auch weiter dafür einsetzen, dass die Westbalkanstaaten ihre Grenzen tatsächlich schützen können, und wir werden sie dabei unterstützen.
Zu dem Einsatz, den du so runtergespielt hast und der in deinem Redebeitrag so verächtlich dargestellt worden ist, dass die Cobra unten in Griechenland, an der EU-Außengrenze, war: Ich durfte jetzt die griechischen Elitepolizisten gemeinsam mit den Cobristen, die in diesem Einsatz waren, auszeichnen, und wenn du die Videos siehst,
wenn Sie alle die Videos sehen könnten, wie dramatisch es sich an der Grenze abgespielt hat, wie wichtig es war, dass Österreich Zeuge für Griechenland ist, unter welchen Druck es durch die Türkei geraten ist, dann würden Sie sehen, dass das kein Pipifaxeinsatz war, von dem du als ehemaliger Innenminister sprichst, sondern dass es ein richtiger und wichtiger Einsatz war.
Um in der Sprache der FPÖ zu bleiben, die ja diese Dringliche Anfrage stellt: Asyl und Migrationsthemen sind kein Ponyhof. Sie sind mühsam, schwierig, es bedeutet das Bohren harter Bretter auf nationaler wie auf internationaler Ebene, aber jeder Tag lohnt sich; und den Vergleich der Zeit von Herbert Kickl als Innenminister mit der türkisen Regierungsverantwortung, der Volksparteiverantwortung, scheue ich keine Sekunde. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)
Ich komme nun zur Beantwortung der Fragen.
Es sind 93 Fragen, die uns von der Freiheitlichen Partei Österreichs um 10 Uhr Vormittag übermittelt worden sind. Ich danke den Beamtinnen und Beamten des Innenministeriums ausdrücklich für die zügige und umfängliche Beantwortung.
Zur Frage 1:
Wir haben in den letzten eineinhalb Jahren einen konsequenten und klaren Kurs gegen illegale Migration vertreten.
Einerseits hat das BMI einen Schwerpunkt auf Nulltoleranz bei straffälligen Asylwerbern und Schutzberechtigten gesetzt. Oberste Priorität sind ein schnellerer Verfahrensabschluss und die Einleitung von Aberkennungsverfahren aufgrund von Straffälligkeit, einschließlich der Außerlandesbringung von Straffälligen.
Darüber hinaus haben wir Mitte 2020 die 72-Stunden-Schnellverfahren eingeführt, übrigens eine Maßnahme, die ich in der Zeit des FPÖ-Innenministers Herbert Kickl vermisst habe und die wir jetzt dafür eingesetzt haben, dass Menschen, die in Österreich und auch innerhalb der Europäischen Union keine Bleibeberechtigung haben werden, ihren erstinstanzlichen Bescheid bereits innerhalb von 72 Stunden erhalten.
Wir haben eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, um den Grenzschutz auf allen Ebenen zu verstärken. Österreichische Polizisten haben im März 2020 die griechische Grenzpolizei im Außengrenzschutz unterstützt. Wir haben mehrere bilaterale Polizeikontingente am Balkan eingesetzt, um die Grenzen besser zu sichern, und wir konnten unseren eigenen Grenzschutz durch innovative Projekte wie modernste Drohnentechnologie aufrüsten.
Zur Frage 2:
Österreich tritt selbstbewusst und mit klaren Positionen in der EU und in den europäischen Gremien auf – das ist jetzt die Detailbeantwortung der Frage der FPÖ, was wir auf internationaler Ebene tun –, wir konnten letztes Jahr mit Unterstützung von Horst Seehofer und Vertretern zahlreicher anderer europäischer Länder die Plattform gegen illegale Migration gründen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Sie hat ihren Sitz in Wien und koordiniert operative Maßnahmen von europäischen Ländern gemeinsam mit den Westbalkanländern. Es gibt vier Themenschwerpunkte: Grenzschutz, Schleppereibekämpfung, schnellere Verfahren und Rückführungen.
Im Zuge der Arbeit in der Plattform konnten wir gemeinsam mit einigen Ländern am Balkan bereits einen umfassenden Rückführungsplan erarbeiten. Unser Ziel ist es, Rückführungen bereits vor den Toren der Europäischen Union zu starten, wie von mir vorhin beschrieben, und Menschen ohne Bleibewahrscheinlichkeit, die zum Beispiel aus Pakistan kommen, direkt aus den Balkanländern in ihre Heimat zurückzubringen.
Darüber hinaus verfolge ich eine klare Politik der drei Sicherheitsnetze, die die gesamte Migrationsroute abdeckt.
Erstens, eine starke externe Migrationspolitik mit den drei Zielen: Schutz und Perspektiven vor Ort ausbauen, illegale Migration verhindern und Rückführungen sicherstellen. Dazu habe ich zahlreiche neue Projekte und Maßnahmen in Drittstaaten gestartet, etwa zum Grenzschutz in Tunesien, damit Tunesien erkennt, dass wir als Österreich auf Augenhöhe mit ihm verhandeln, und Rückführungen nach Tunesien später leichter möglich sind. Rückführungen sind nämlich immer nur dann möglich – auch das ist ein rechtsstaatliches Gebot, auch das müsste der ehemalige Innenminister wissen –, wenn das Herkunftsland sogenannte Heimreisezertifikate ausstellt.
An der gemeinsamen EU-Außengrenze unterstützen wir unsere Partner wie Griechenland, aber auch die Länder am Westbalkan, um illegale Einreisen zu verhindern.
Innerhalb der EU und Österreichs setze ich mich für eine effektive und nachhaltige Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems sowie von Schengen ein, um illegale Migration nach Europa zu verhindern, die Außengrenzen zu sichern und Sekundärmigration innerhalb der EU zu verhindern. Unser Ziel als EU muss sein, rasch in die Gänge zu kommen und bei den Themen, bei denen wir uns einig sind, in die Umsetzung zu gelangen, denn es gibt drei konkrete Bereiche, wie von mir vorhin schon erwähnt, bei denen das meiner Ansicht nach schnell möglich sein sollte: konsequente Rückführungen, stärkerer Außengrenzschutz und raschere Asylverfahren.
Eine verpflichtende Verteilung innerhalb der Europäischen Union lehne ich jedoch klar ab. Wie von mir vorhin schon begründet: Österreich gehört zu den meistbelasteten Ländern in der Europäischen Union, wir sind auf Rang drei, 24 EU-Mitgliedstaaten bieten weniger Schutz als Österreich.
Zur Frage 3:
Die Vorschläge werden regelmäßig in allen politischen Gremien, insbesondere dem Innenministerrat, sowie auf allen Expertenebenen eingebracht.
Zur Frage 4:
Österreich kann bei der Erreichung seiner jeweiligen Ziele auf starke Netzwerke von Partnerstaaten zählen und darauf themenbezogen zurückgreifen. Besonders eng ist die Zusammenarbeit mit Staaten wie Dänemark, den Salzburg-Forum-Partnern sowie den jeweiligen aktuellen und künftigen Ratsvorsitzenden, zuletzt Deutschland und jetzt gerade Slowenien.
Zur Frage 5:
Es wurden gute Fortschritte betreffend Eurodac-Verordnung und Screening-Verordnung erzielt. Darüber hinaus konnten Schwerpunkte, etwa zum verpflichtenden Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen, gesetzt werden. Viele Mitgliedstaaten teilen auch meinen Fokus auf die externe Dimension als Schlüssel zu einer nachhaltigen Asyl- und Migrationspolitik, wie auch die aktuellen Schlussfolgerungen des Europäischen Rates betonen.
Zur Frage 6:
Ich stehe laufend in engem Austausch mit den zuständigen Mitgliedern der EU-Kommission – Ylva Johansson, EU-Vizepräsident der Kommission Schinas und Kommissar Várhelyi – in Verbindung, um auch da die österreichischen Positionen klarzulegen. In Kommissar Várhelyi und EU-Vizepräsident Schinas haben wir auch starke Partner für die österreichische Position gefunden.
Zur Frage 7:
Die Vorschläge der Kommission sind als Diskussionsgrundlage ein Schritt in die richtige Richtung, gehen mir in vielen Bereichen aber noch nicht weit genug. Positiv sind etwa der neue Visahebel und erstmals teilweise verpflichtende Asyl- und Rückkehrgrenzverfahren. Teilweise wird im Paket der EU-Kommission auch noch auf überholte Konzepte wie verpflichtende Verteilung gesetzt, die aus unserer Sicht klar gescheitert sind und auch zu keiner zukünftigen Lösung führen können. Da eine nachhaltige Lösung der Asyl- und Migrationspolitik nur gemeinsam auf EU-Ebene möglich ist, werde ich weiter entschieden, aber auch konstruktiv an der Reform des Systems arbeiten.
Zur Frage 8:
Konkrete Beispiele für Verbesserungsbedarf sind: verpflichtende – aber flexible – Solidarität der EU-Mitgliedsländer, um eben diese Sinnlosdiskussion der EU-Verteilung zu vermeiden; Ausbau des Anwendungsbereiches der verpflichtenden Grenzverfahren; konsequenter Umgang mit Straffälligen; verstärkte Maßnahmen zur echten Verhinderung von Sekundärmigration; rasche und effiziente Asylrückkehrverfahren in allen EU-Mitgliedstaaten; neue Partnerschaften mit Drittstaaten, um illegale Migration bereits in Herkunfts- und Transitregionen zu verhindern; Schutzkapazitäten in der Herkunftsregion stärken sowie Rückführungen sicherstellen.
Zu den Fragen 9 bis 11:
Wir sind in Zusammenarbeit mit dem Außenministerium auf bilateraler Ebene in Gespräche, Konsultationen sowie Verhandlungen zu Rückübernahmeabkommen oder alternativen Rückübernahmevereinbarungen mit Drittstaaten wie Afghanistan, Marokko, Iran, Indien, Mongolei, Kasachstan und ähnlichen Staaten involviert. Da es einem EU-Mitgliedstaat formell nicht erlaubt ist, bilaterale Verhandlungen aufzunehmen oder Rückübernahmeabkommen abzuschließen, sobald die EU-Kommission über ein entsprechendes Verhandlungsmandat verfügt, werden diverse Bemühungen angestellt, um die Rückkehrkooperationen mit Drittstaaten zu verbessern, jedoch ist auch da weiterhin die Europäische Kommission in die Pflicht zu nehmen, ihre Verhandlungsmacht eines rund 500-Millionen-Menschen-Wirtschaftsraums für funktionierende Rückkehrzusammenarbeit einzusetzen.
Zu den Fragen 12 und 13:
Die Steigerung der Rückkehrzahlen und die Verbesserung der Kooperation mit Herkunftsstaaten gehören zu meinen erklärten Schwerpunkten auf europäischer Ebene. Ich habe mich deshalb auch insbesondere für die Anwendung des Visahebels im Visakodex eingesetzt. Dieser sieht höhere Hürden bei der Visaerteilung für Angehörige von Staaten vor, die im Bereich der Rückübernahme nicht ausreichend mit den EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeiten. Der Europäischen Kommission steht mittlerweile ein breites Instrumentarium von formellen Rückübernahmeabkommen bis hin zu alternativen Vereinbarungen zur Verfügung, und es werden in Ergänzung mit wichtigen Drittstaaten auch breite, umfassende sogenannte Migrationsdialoge durchgeführt.
Zu den Fragen 14 bis 16:
Es gibt weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene eine Liste sicherer Drittstaaten. Darüber hinaus setzt sich Österreich auf europäischer Ebene dafür ein, dass es in Zukunft eine Liste sicherer Drittstaaten gibt und dass das Konzept der sicheren Drittstaaten auf Basis einer Einzelfallprüfung für alle Asylwerber zur Anwendung gelangt.
Zu den Fragen 17 bis 20:
Die Kooperationsbereitschaft von Drittstaaten wird einer laufenden nationalen und europäischen Evaluierung unterzogen, mittels Verordnung wurde der sogenannte Visahebel
als ein Rechtsinstrument zur Bewertung der Rückkehrkooperationen verankert. Ziel der Änderung ist es, Visapolitik als Hebel zur Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Rückübernahme einzusetzen und somit das Risiko der illegalen Migration einzudämmen. Seitdem erfolgt eine regelmäßige qualitative Bewertung der Kooperationsbereitschaft eines Drittstaates bei der Rückübernahme durch die Europäische Kommission auf Basis verschiedener Kriterien. Durch dieses Vorgehen ist ein gesamteuropäisches Vorgehen gegenüber Drittstaaten, die nicht in ausreichender Form mit den EU-Mitgliedstaaten kooperieren, sichergestellt.
Zu den Fragen 21 bis 23:
Ja, die getroffene Arbeitsvereinbarung besteht. Aufgrund der Covid-19-Pandemie und der diesbezüglichen faktischen Einschränkungen ist die Klärung wesentlicher Details zur Umsetzung der Arbeitsvereinbarung noch ausständig.
Zu den Fragen 24 und 25:
14 317; ein Teil war zuvor am Balkan.
Zur Frage 26:
Bis Ende Juni: 10 518.
Zur Frage 27:
Aufgrund des Detaillierungsgrades der Frage und damit einer umfangreichen Antwort behalte ich mir vor, die Antwort schriftlich nachzureichen.
Zur Frage 28:
8 462 männlich, 2 056 weiblich.
Zur Frage 29:
1 170.
Zu den Fragen 30 bis 32:
Entsprechende Statistiken werden nicht geführt.
Zur Frage 33:
Entsprechende Statistiken werden nicht geführt. Es kann mitgeteilt werden, dass 1 760 Verfahren mangels Greifbarkeit, beispielsweise aufgrund der Sekundärmigration in Europa, in erster Instanz eingestellt worden sind – übrigens eine Vorgehensweise der Beantwortung, die auch in deiner Amtszeit (in Richtung Abg. Kickl) üblich war. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)
Zur Frage 34:
Bis 1. Juli 2021 gab es 148 Zurückschiebungen.
Zur Frage 35:
775 Fremde wurden im Rahmen der Einreisegrenzkontrollen zurückgewiesen.
Zu den Fragen 36 bis 38:
Ausreisen können in zwangsweiser und freiwilliger Form erfolgen, wobei insgesamt 4 347 Außerlandesbringungen erfolgt sind, davon 2 268 freiwillige und 2 079 zwangsweise Ausreisen. Zwangsweise Ausreisen betreffen ausschließlich nicht aufenthaltsberechtigte Fremde. Freiwillige Ausreisen sind in jedem Verfahrensstadium möglich.
Zu den Fragen 39 und 40:
Ja, das Innenministerium unterstützt sowohl freiwillige Ausreisen als auch die freiwillige Rückkehr in Herkunftsländer. Freiwillige Ausreisen wurden seitens des BMI wie folgt finanziell unterstützt: 2020 1,092 Millionen Euro, 2021 284 000 Euro.
Zur Frage 41:
2 079.
Zur Frage 42:
405.
Zur Frage 43:
1 674 Abschiebungen. Aufgrund des Detaillierungsgrades der Frage und damit einer umfangreichen Antwort behalte ich mir vor, die Antwort schriftlich nachzureichen.
Zu den Fragen 44 und 45:
Wie auch schon mein Vorgänger Bundesminister außer Dienst Herbert Kickl in seiner Beantwortung der parlamentarischen Anfrage vom 9. Mai 2019 ausgeführt hat, werden entsprechende Statistiken nicht geführt.
Zu den Fragen 46 bis 50:
Es werden keine Statistiken dazu geführt. Fest steht, dass das BFA und das BMI nach dem Legalitätsprinzip zur strengen Einhaltung der Gesetze verpflichtet sind. Jegliches Handeln kann nur auf Basis der Gesetze erfolgen. Liegt eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor, hat die Behörde die Außerlandesbringung zu vollziehen.
Zu den Fragen 51 und 52:
Der Bereich Straffällige stellt einen Arbeitsschwerpunkt im BMI/BFA dar. So wurde eine Kontrollgruppe Straffällige implementiert, mit den Zielen, eine prioritäre Verfahrensführung von Straffälligen sicherzustellen sowie eine rasche Finalisierung der Aberkennungsverfahren und Forcierung der Außerlandesbringung bei straffälligen Personen zu gewährleisten.
Zur Frage 53:
Österreich: 47 455; aufgeteilt auf Bundesländer: Burgenland: 990, Kärnten: 1 825, Niederösterreich: 5 688, Oberösterreich: 7 140, Salzburg: 3 129, Steiermark: 4 514, Tirol: 4 200, Vorarlberg: 2 358, Wien: 17 611.
Zur Frage 54:
Fremde: 38,8 Prozent, Inländer: 61,2 Prozent.
Zu den Fragen 55 und 56:
Anzahl der fremden Tatverdächtigen: 47 455; davon rechtmäßig aufhältig: 40 268, nicht rechtmäßig aufhältig beziehungsweise geduldet: 1 817, keinen Aufenthaltsstatus, weil Täter beziehungsweise Opfer zur Tatzeit im Ausland: 4 109, unbekannter Aufenthaltsstatus: 1 261.
Die detaillierten Kategorien werden schriftlich nachgereicht.
Zur Frage 57:
Österreich gesamt: 4 015; Burgenland: 74, Kärnten: 160, Niederösterreich: 485, Oberösterreich: 552, Salzburg: 221, Steiermark: 400, Tirol: 413, Vorarlberg: 163, Wien: 1 547.
Zur Frage 58:
Nach § 83 StGB: 540, nach § 127 StGB: 402, nach § 27 Abs. 1 StGB: 347, nach § 125 StGB: 246, nach § 107 StGB: 224, nach § 146 StGB: 206, nach § 27 Abs. 2: 196, nach § 129 StGB: 143, nach § 223 StGB: 93, nach § 224 StGB: 87, nach § 84 StGB: 72, nach § 105 StGB: 64, nach § 28a Abs. 1 SMG: 64, nach § 91 StGB: 61, nach § 107 StGB: 57, nach § 142 StGB: 51, nach § 178 StGB: 51, nach § 269 StGB: 51, nach § 114 FPG: 50, nach § 106 StGB: 49.
Zur Frage 59:
Gesamt: 4 015, Tatverdächtige unter zehn Jahren: 12, zehn bis unter 14 Jahre: 98, 14 bis unter 18 Jahre: 455, 18 bis unter 21 Jahre: 437, 21 bis unter 25 Jahre: 916, 25 bis unter 40 Jahre: 1 617, 40 und älter: 480.
Zu den Fragen 60 und 61:
Aufgrund des Detaillierungsgrades der Frage – und das ist schon erstaunlich – und damit einer umfangreichen Antwort behalte ich mir vor, die Antwort schriftlich nachzureichen.
Zur Frage 62:
2015: 9, 2016: 8, 2017: 32, 2018: 15, 2019: 13, 2020: 15, erstes Halbjahr 2021: 1.
Zur Frage 63:
2015: 8, 2016: 5, 2017: 31, 2018: 14, 2019: 10, 2020: 12, erstes Halbjahr 2021: 1.
Zur Frage 64:
2015: 94, 2016: 275, 2017: 216, 2018: 280, 2019: 234, 2020: 189, erstes Halbjahr 2021: 85.
Zur Frage 65:
Wie viele davon waren Asylwerber? – 2015: 76, 2016: 244, 2017: 189, 2018: 234, 2019: 165, 2020: 114, erstes Halbjahr 2021: 47.
Zur Frage 66:
2015: 752, 2016: 1 488, 2017: 1 501, 2018: 1 364, 2019: 1 163, 2020: 954, erstes Halbjahr 2021: 359.
Zur Frage 67:
2015: 587, 2016: 1 279, 2017: 1 234, 2018: 1 091, 2019: 749, 2020: 483, erstes Halbjahr 2021: 165.
Zu den Fragen 68 und 69:
Gerichtliche Verurteilung und die Verhängung von Haftstrafen in einem strafrechtlichen Verfahren ressortieren nicht zu meinem Zuständigkeitsbereich.
Zu den Fragen 70 und 71:
Auf der Homepage des Bundeskriminalamtes wird ein allgemeiner Überblick über die Kriminalitätsentwicklung gegeben, und die Schwerpunkte der Präsentation variieren jährlich. Die polizeiliche Kriminalstatistik ist gemäß dem Sicherheitspolizeigesetz Teil des Sicherheitsberichtes und enthält sowohl 2018 als auch 2020 die gleichen Daten. Der Sicherheitsbericht wird von der Bundesregierung jährlich dem National- und dem Bundesrat erstattet.
Zur Frage 72:
Dreieinhalb Monate.
Zur Frage 73:
6 798.
Zu den Fragen 74 bis 76:
Diese Fragen fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich des BMI.
Zu den Fragen 77 und 78:
Ja.
Zur Frage 79:
Mit 1.1.2020 waren 1 097,35 Vollbeschäftigungsäquivalente, mit 1.6.2021 1 045,38 Vollbeschäftigungsäquivalente im BFA eingesetzt.
Zur Frage 80:
11.
Zu den Fragen 81 und 82:
Ja, die Vorwürfe wurden seitens des BFA geprüft, darüber hinaus darf auf die in diesem Zusammenhang ergangenen Stellungnahmen des BFA verwiesen werden.
Zur Frage 83:
5 268.
Zur Frage 84:
5 545.
Zur Frage 85:
1 761.
Zur Frage 86:
1 181.
Zur Frage 87:
1 627.
Zur Frage 88:
615.
Zur Frage 89:
728.
Zur Frage 90:
346.
Zur Frage 91:
52.
Zur Frage 92:
1 292.
Gestatten Sie mir, bei der 93. Frage noch einmal meinen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BMI und des Kabinetts zu erstatten, die diese umfangreiche Beantwortung innerhalb von 4 Stunden zustande gebracht haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Die Erteilung von Staatsbürgerschaften fällt nicht in den Vollzugsbereich des Innenministeriums. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP.)
15.54
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Amesbauer ist nun zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Dieser bestialische Mord an einem 13-jährigen Mädchen in Österreich, das von mehreren Afghanen mutmaßlich unter Drogen gesetzt, geschändet, mehrfach brutalst vergewaltigt, ermordet und dann abgelegt wurde wie ein Sack Müll: Das macht mich betroffen, das macht mich fassungslos, aber das macht mich auch wütend – wütend aufgrund der Umstände, dass so etwas in Österreich möglich ist. Und das war auch nicht der erste entsprechende Vorfall, es war nicht die erste schwere Straftat, und es war auch nicht der erste Mord, der von Menschen, die in Österreich eigentlich überhaupt nichts verloren haben, begangen wurde, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bundesminister Nehammer verlässt für kurze Zeit den Saal.)
Fassungslos, Herr Innenminister – jetzt ist er weg (Zwischenruf bei der FPÖ) –, macht mich auch die Beantwortung dieser Dringlichen Anfrage, denn was erleben wir? – Nach jedem Vorfall erleben wir leider dasselbe: Wir erleben eine allgemeine Betroffenheitsrhetorik, die ohnehin nicht wirklich ernst gemeint ist und die uns auch nicht weiterbringt. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Wir erleben – wie es Frau Edtstadler veranstaltet hat – runde Tische ohne Ergebnisse, und wir erleben einen Innenminister, der sich hinstellt und große Töne spuckt, aber keine Taten setzt. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Eßl.)
Meine Damen und Herren von der ÖVP, wir haben vom Bundeskanzler, von Ministerin Edtstadler und von Herrn Nehammer (Ruf bei der ÖVP: Minister ...!) die große Aussage gehört: Wir sind die Harten, mit uns wird es keinen Abschiebestopp nach Afghanistan geben! – Ja meine Damen und Herren, was soll das? Diesen Abschiebestopp gibt es ohnehin nicht, wir haben ein Rücknahmeabkommen mit Afghanistan. Die Frage ist: Warum wird es nicht durchgeführt? Oder haben Sie Probleme, mit Ihrem grünen Koalitionspartner die vor den Wahlen groß versprochene Mitterechtspolitik und strenge Asylpolitik umzusetzen? Wenn man bei einem Abschiebeflug nach Afghanistan im März dieses Jahres erleben musste, wie unter Beteiligung der Grünen, federführend durch Frau Hebein, die ehemalige grüne Vizebürgermeisterin, die Autobahn blockiert wurde, wie sich Menschen von Brücken abgeseilt und versucht haben, diese Abschiebung zu verhindern, dann weiß man: So wird es mit diesem Koalitionspartner nicht funktionieren, und genau deswegen wird wiederum nichts passieren!
Meine Damen und Herren, diesen Abschiebestopp nach Afghanistan, den gibt es wie gesagt nicht, und darum brauchen Sie nicht groß zu sagen, den wird es mit Ihnen nicht geben. Es ist Ihre Aufgabe, das durchzuführen. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)
Dieser SPÖ-Antrag der vergangenen Wochen, überhaupt die Anträge im gesamten Asylbereich mit der Staatsbürgerschaft, diese Fantastereien und auch dieser Parteitagsbeschluss – keine Abschiebungen nach Afghanistan –: Es ist eine Schande, dass eine Nationalratspartei so etwas beschließt! (Beifall bei der FPÖ.)
Aber, Herr Innenminister, es ist nicht die Aufgabe und die Kompetenz eines SPÖ-Parteitags, Abschiebungen durchzuführen, dafür ist in dieser Republik in erster Linie der Innenminister zuständig!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir reden hier die ganze Zeit über die Symptome, die es zu bekämpfen gilt und wo wir Konsequenz brauchen, aber wir müssen auch einmal über die Ursachen diskutieren. Wer ist denn schuld, dass wir diese Zustände haben? Wer hat denn diese Menschen vor allem im Jahr 2015 in Massen nach Österreich gerufen? Einer der Tatverdächtigen ist damals als 12- oder 13-Jähriger – keine Ahnung, wie alt er wirklich war – eingereist, war damals ein armer, lieber Bub, und die Willkommensklatscher sind gestanden, die Grünen, die Roten, aber auch die ÖVP, die damals schon den Innenminister gestellt hat, die damals schon einen Sebastian Kurz als Integrationsminister dieser Regierung gestellt hat, der ja angeblich die Balkanroute geschlossen hat, über die jetzt anscheinend, im heurigen Jahr 2021, einer der Tatverdächtigen eingereist ist. Also Sie als ÖVP sind Mittäter bei der gesamten Situation der Massenzuwanderung, Sie haben das zugelassen, Sie haben das beklatscht, und Sie haben diese Menschen willkommen geheißen! (Beifall bei der FPÖ.)
Jetzt sage ich Ihnen noch etwas im Zusammenhang mit dieser Zuwanderungspolitik: Herr Innenminister, Sie machen es sich leicht. Sie zeigen immer mit dem Finger auf andere, das haben wir nach dem Terroranschlag schon gesehen: Da ist die Justiz schuld, da ist der schuld, da ist der schuld! – es hat sicher Mängel gegeben, massive in der Justiz, an denen aber auch ÖVP-Vorgängerminister nicht unbeteiligt waren (Zwischenruf bei der ÖVP) –, und Sie stellen sich jetzt hierher und zeigen auch auf Herrn Kickl. Was hat es denn unter Herrn Kickl gegeben? (Zwischenruf des Abg. Lausch.) – Herbert Kickl als Innenminister (Zwischenruf bei der ÖVP) konnte fast im Wochentakt in Pressekonferenzen neue Abschiebeflüge verkünden. Und was machen Sie? – Sie müssen sich ständig zu Pressekonferenzen stellen und Rekordzuwanderungsergebnisse präsentieren. Also das ist Ihre Leistungsbilanz! (Beifall bei der FPÖ.)
Schauen wir uns das einmal an: Herr Nehammer (Ruf bei der ÖVP: Herr Innenminister, bitte!) hat im März 2020, als die ganze Coronageschichte begonnen hat, einen De-facto-Zuwanderungsstopp verkündet. Sie haben gesagt: Ohne gültiges Gesundheitszertifikat passiert überhaupt niemand unsere Staatsgrenze. – Das hat lange gegolten und gilt noch immer für Österreicher, für Urlaubsrückkehrer, die drangsaliert werden, aber wie hat der De-facto-Zuwanderungsstopp des Herrn Nehammer ausgesehen? Schauen wir uns die Asylstatistik des Jahres 2020 an, als es in der gesamten Europäischen Union, sogar in den traditionellen Zuwanderungsländern Deutschland und Schweden, Rekordrückgänge gegeben hat! Da haben wir in Österreich ein Plus von 15 Prozent im Vergleich zum Jahr 2019 erlebt, fast 15 000 Asylanträge, über 5 000 Syrer, über 3 000 Afghanen, mein sehr geehrter Herr Innenminister mit dem De-facto-Zuwanderungsstopp.
Was haben wir heuer erlebt? – Ein Plus von 84 Prozent bei der Zuwanderung im Vergleich zum Vorjahr. Ja so kann es nicht weitergehen, meine Damen und Herren! Ich gebe Ihnen recht bezüglich der internationalen Konventionen, der GFK und der Europäischen Menschenrechtskonvention. Das ist aus den Fünfzigerjahren, das gehört geändert, das kann nicht immer die Ausrede sein. Aber suchen Sie internationale Partner und meinen Sie das auch ernst? Wieso haben Sie Herbert Kickl nicht unterstützt, als er gesagt hat, er will sich mit diesen Konventionen anlegen? Das haben Sie sich nicht getraut. (Beifall bei der FPÖ.)
Was Sie gemacht haben, Herr Innenminister, ist: Sie haben das Ausreisezentrum des Herbert Kickl wieder in ein Aufnahmezentrum umgewandelt. Das ist die Asylpolitik der ÖVP. Alles, was Sie vor Wahlen verkünden und was Sie jetzt verkünden, ist reine Asyl-PR – nicht mehr und nicht weniger. (Beifall bei der FPÖ.)
Herr Nehammer, Sie waren ja in Dänemark und haben sich dort das strenge Asylsystem angeschaut, haben gesagt, das sei ein Vorbild für Österreich, das können wir umsetzen. Das wird auch nicht gehen. Herr Bürstmayr hat Ihnen ausgerichtet: Das wird mit den Grünen sicher nicht umgesetzt. Ihr eigener Parteifreund, Herr Karas, setzt sich zeitgleich in Wien zu einer Pressekonferenz und sagt: Das kommt überhaupt nicht infrage, das ist unsolidarisch und uneuropäisch.
Wenn Sie es ernst meinen, müssen Sie dem Zehnpunkteplan von Herbert Kickl heute hier und jetzt zustimmen.
Ich stelle nun folgenden Entschließungsantrag:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „10-Punkte-Plan zur Abwehr von Gewalttaten durch Asylwerber bzw. Asylberechtigte“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellst möglich den in der Antragsbegründung dargestellten 10-Punkte-Plan zur Abwehr von Gewalttaten durch Asylwerber bzw. Asylberechtigte umzusetzen.“
*****
Lassen Sie Ihren Worten endlich Taten folgen! (Beifall bei der FPÖ.)
16.02
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
des Abgeordneten KO Kickl, Mag. Amesbauer
und weiterer Abgeordneter
betreffend 10-Punkte-Plan zur Abwehr von Gewalttaten durch Asylwerber bzw. Asylberechtigte
eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage des Abgeordneten KO Kickl und weiterer Abgeordneter, an den Bundesminister für Inneres betreffend Völliges Versagen der ÖVP in der Asylpolitik, in der 117. Sitzung des Nationalrates, in der XXVII. GP, am 08. Juli 2021.
Der EU droht die nächste Migrationswelle. Die Zahlen auf allen Routen steigen massiv an, meldet die EU-Behörde Frontex. Insgesamt haben sich die illegalen Grenzübertritte an den EU-Außengrenzen von Jänner bis April im Vergleich zum Vorjahr um ein Drittel erhöht. Im April lagen sie sogar viermal so hoch wie noch vor einem Jahr. Dabei hat sich das Geschehen vom östlichen Mittelmeer auf die zentrale Mittelmeerroute von Nordafrika aus verlagert. In Italien und Malta sind heuer in den ersten vier Monaten zweieinhalbmal so viele Migranten angekommen wie 2020.
Die ÖVP präsentiert sich gegenüber der Bevölkerung in der Asyl- und Fremdenpolitik gerne im „Blauen Gewand“ indem sie FPÖ-Vorschläge verbal übernimmt, aber nicht zur Umsetzung bringt. So kündigte ÖVP-Innenminister Nehammer vergangenes Jahr einen Defacto-Asylstopp an. Tatsächlich stiegen die Asylantragszahlen erstmals seit der Migrationswelle 2015 wieder deutlich an und für heuer zeichnet sich wieder ein massiver
Anstieg ab.
2020 wurden wie der Anfragebeantwortung 5527/AB entnommen werden kann 5.867 illegal eingereiste Fremde registriert. Laut der Asylstatistik des Bundesministeriums für Inneres wurden im Jahr 2020 14.775 Asylanträge gestellt, heuer waren es bis Mai schon 8.357, um 83,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Auf der zentralen Mittelmeer-Migrationsroute stieg die Zahl der Flüchtlinge um 157 Prozent an, wie „Die Presse“ am 17. Mai 2021 berichtete.
Der Anfragebeantwortung Kriminalität in Österreich 2020 (5110/AB) konnte entnommen werden, dass im Jahr 2020 in Österreich 109.161 fremde Tatverdächtige insgesamt ermittelt wurden. Davon waren 9.550 Asylwerber, 3.958 nicht rechtmäßig aufhältig bzw. geduldete Fremde, 7.987 Tatverdächtige ohne Aufenthaltsstatus und 13.097 nicht erwerbstätige, in Österreich nicht sozialversicherte Personen.
Vor diesem Hintergrund erschöpft sich die Tätigkeit der Regierung wieder einmal nur in Betroffenheitsfloskeln, es wird aber wieder nichts geschehen, um kriminellen Einwanderern endlich einen Riegel vorzuschieben. Daher müssen nach dem brutalen Tötungsdelikt an einem 13-jährigen Mädchen mutmaßlich durch zwei afghanische Asylwerber endlich alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, damit so etwas nie wieder vorkommt. Die Österreicher haben ein Recht darauf.
Umzusetzen ist ein 10-Punkte-Plan zur Abwehr von Gewalttaten durch Asylwerber bzw. Asylberechtigte:
1. Aussetzen der Asylanträge auf österreichischem Boden
2. Maßnahmen zur De-Attraktivierung des „Asylstandorts“ Österreich, zum Beispiel durch die Wiedereinführung von Ausreisezentren
3. Ein klares Bekenntnis der gesamten Bundesregierung zu Abschiebungen auch nach Afghanistan und Syrien und eine Abschiebungsoffensive insbesondere in diese beiden Staaten
4. Sofortiger Abbruch des Asylverfahrens von straffälligen Asylwerbern bei jeder Form einer Straftat und sofortige Außerlandesbringung
5. Aberkennung des Asylstatus bzw. sonstiger Schutztitel bei jeder Form einer Straftat und sofortige Außerlandesbringung
6. Schwerpunktaktionen zur Überprüfung der Aktualität der Fluchtgründe von Asylberechtigten
7. Einführung der Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber
8. Umsetzung von Rückführungszentren in Drittstaaten
9. Vorstoß Österreichs auf internationaler Ebene in Richtung eines Paradigmenwechsels in der Asyl- und Fremdenpolitik – keine Asylanträge mehr auf europäischem Boden, außer von Personen die aus unmittelbaren Nachbarländern stammen
10. Keine Staatsbürgerschaft für Asylberechtigte
Schon 2018/2019 wurde bereits unter Bundesminister Kickl in diese Richtung gearbeitet, um Adaptierungen und Verschärfungen im Asyl- und Fremdenrecht endlich umzusetzen, insbesondere was die leichtere Beendigung von Asylverfahren krimineller Asylwerber und die Asyl-Aberkennungsverfahren betrifft. In diesem Zusammenhang darf man auch nicht davor zurückschrecken, internationale Regelungen zu hinterfragen und anzugreifen. Seit Mitte 2019 ist man in diesen Fragen aber quasi am permanenten Rückzug.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellst möglich den in der Antragsbegründung dargestellten 10-Punkte-Plan zur Abwehr von Gewalttaten durch Asylwerber bzw. Asylberechtigte umzusetzen.
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Mahrer. – Bitte.
Abgeordneter Karl Mahrer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich bin auch noch ein bisschen betroffen von den Minuten vorhin. (Abg. Belakowitsch: Was?) Ich glaube, jeder von uns Abgeordneten gedenkt auf seine Art Opfern von Gewalt und Opfern von Verbrechen. (Abg. Kickl: Das fällt Ihnen jetzt das erste Mal ein?) Ich gedenke auch auf meine Art der 13-jährigen Leonie, und ich glaube, darin sind wir uns wenigstens einig: Das, was dieses Mädchen in dieser Nacht mitgemacht und erlitten hat, können wir uns gar nicht vorstellen.
Es ist so: Wahrscheinlich bis zu vier junge Männer, im Wissen um und unter Ausnutzung ihres Asylstatus, haben das Mädchen vom Donaukanal abgeschleppt, unter Drogen gesetzt, sexuell missbraucht, ermordet und, wie schon Kollege Amesbauer gesagt hat, wie eine Ware auf der Straße abgelegt. Wir können uns das gar nicht vorstellen – das ist abscheulich, das ist unfassbar –, und das können sich die Menschen in Österreich auch nicht vorstellen. Sie können es daher nicht akzeptieren, dass Menschen, die ihr Asylrecht in dieser Form missbrauchen, Platz in Österreich haben. Daher dürfen wir und daher werden wir nicht zur Tagesordnung übergehen. (Beifall bei der ÖVP.)
Werte Abgeordnete, das sollte auch bei aller Unterschiedlichkeit unserer Argumente und bei aller Emotion in der Diskussion unser gemeinsames Anliegen sein. Wir brauchen heute keine Schuldzuweisungen. (Abg. Kickl: Ihr braucht nur zustimmen!) Wir brauchen das nicht, weil das die Menschen auch nicht wollen. Die brauchen nicht, dass wir uns streiten, die brauchen Lösungen. (Abg. Kickl: Stimmt zu!) – Ja, Herr Kickl, es muss strenge Maßnahmen geben, es muss aber auch rechtsstaatliche Konsequenzen für die Täter und für solche Menschen geben, die ihren Schutz nicht nur in Anspruch nehmen, sondern ihn missbrauchen. Da sind wir uns einig.
Wir brauchen aber auch einen ehrlichen Blick auf die organisatorischen, personellen, budgetären, aber auch gesetzlichen Verbesserungsmöglichkeiten, die relativ kurzfristig auf dem Tisch liegen. Der Innenminister hat heute sehr klare Worte gesprochen. Aus meiner Sicht gibt es einige sehr rasch umzusetzende Lösungen, nämlich erstens, am konsequenten Rückführungskurs des Innenministers, dort, wo Rückführungen möglich sind, auch festzuhalten – ganz besonders prioritär bei den straffälligen Asylwerbern. Dazu braucht es aber auch eine tatsächliche und prioritäre Führung von Beschwerdeverfahren in der zweiten Instanz, also beim Bundesverwaltungsgericht, noch vor der Entlassung.
Es braucht zweitens – das muss man aussprechen können, das ist eine Zukunftsforderung und keine Kritik – eine funktionierende Qualitätssicherung im Justizministerium. Es braucht eine Verkürzung der Entscheidungsfristen in der zweiten Instanz.
Und ja, meine Damen und Herren, es braucht eine ehrliche und eine sachliche Diskussion über die Sicherungshaft für Asylwerber in jenen Fällen der Gefährdung der Sicherheit und Ordnung, die auch unionsrechtlich möglich ist und die auch zum Beispiel in Belgien und in den Niederlanden bereits umgesetzt ist. Dieser Plan ist auch Bestandteil unseres Regierungsprogramms. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, mittelfristig brauchen wir aber auch – und das habe ich bei den Ausführungen des Innenministers heute besonders stark empfunden – deutliche Änderungen betreffend das Thema Asyl und Migration in Europa. Ja, die Europäische Menschenrechtskonvention und die Genfer Flüchtlingskonvention – beide wurden zu einer Zeit verfasst, als man von tatsächlicher Flucht gesprochen hat. Damals wollte man Menschen helfen, die vor Verfolgung ins erste sichere Land flüchten mussten. Damals dachte man nicht an kriminelle Schlepper und ungehinderte Massenmigration über Kontinente hinweg. Wir müssen daher die Herausforderungen der globalen Migration mit den geltenden europäischen Rechtsinstrumenten einmal abgleichen und für neue, brauchbare Regelungen sorgen.
Das muss Europa schaffen. Meine Damen und Herren, wir sagen es ja immer: Wir reden nicht nur von Europa, wir als Österreich sind Europa. Jetzt frage ich aber Sie: Wer soll denn die konsequente Linie beim Thema Asyl und Migration in Europa vertreten? Ist das die FPÖ? Ist das Herbert Kickl, der in Europa in Zukunft verhandeln würde? (Ja-Rufe bei der FPÖ. – Abg. Belakowitsch: Ja, genau!) Ein Herbert Kickl, der Hass sät, sich nicht von Rechtsextremen distanziert und sich in Europa längst isoliert hat? (Abg. Kickl: Ich habe zumindest keine peinlichen Fotos auf meinem Handy!) Ein Herbert Kickl, der als Innenminister 2018 und 2019, wie wir heute gehört haben, drei der vier – möglicherweise – Tatverdächtigen nicht abgeschoben hat? Ein Herbert Kickl, der in Europa 2018 und 2019 trotz unseres EU-Vorsitzes, vielleicht wegen seiner forschen, manchmal auch menschenverachtenden Art, gescheitert ist? Ein Herbert Kickl, der den Zehnpunkteplan in seiner Amtszeit nicht umgesetzt hat? – Nein, verzeihen Sie, Herbert Kickl, mit Ihnen ist kein Staat zu machen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Deimek: Die Rede ist so ...!)
Ich sage es Ihnen: Auch bei den anderen Fraktion tue ich mich schwer. Bei den NEOS kenne ich mich nicht aus, ich sage es ganz offen, die Linie ist da durchwachsen. Bei der SPÖ tue ich mich ganz schwer, denn die Linie ändert sich von Stunde zu Stunde, von Tag zu Tag. Ich bitte einfach auch die SPÖ, die Sozialdemokratie, vielleicht wieder einmal zu einer gemeinsamen Linie zu kommen.
Bei all diesen Überlegungen: Wer könnte denn Asyl- und Migrationsfragen in Europa vertreten, unsere österreichische Linie vertreten? Wer könnte denn das sein?, da komme ich auf Bundeskanzler Sebastian Kurz und Innenminister Karl Nehammer (Rufe bei der FPÖ: Ja, klar! – Heiterkeit bei der FPÖ), denn diese beiden, Bundeskanzler Kurz und Innenminister Karl Nehammer, haben tatsächlich (Zwischenrufe bei der FPÖ) – und der Innenminister hat es angesprochen – in den letzten Jahren und Monaten in Europa einen Umdenkprozess bewirkt (Abg. Kickl: ... Asylanten, sondern ...!), einen ganz deutlichen Umdenkprozess. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn wir daher, meine Damen und Herren, einem Regierungschef und einem Minister zutrauen, auf europäischer Ebene eine Anpassung der Bestimmungen an die neuen Herausforderungen der globalen Migration zu erreichen (Abg. Kassegger: ... neuer Migrationspakt!), dann sind das einzig und allein Bundeskanzler Sebastian Kurz und Innenminister Karl Nehammer. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Die beiden werden daran arbeiten – das kann ich Ihnen versprechen –, im Einklang mit dieser Bundesregierung und auch in Abstimmung mit unserem Koalitionspartner, werden gemeinsam konsequent daran arbeiten, dass straffällig gewordene Asylwerber keinen Platz in Österreich haben.
Ich lade Sie dazu ein, diese Vorgangsweise, diesen Druck auf Europa, diesen positiven Druck auf Europa gemeinsam mit dem Bundeskanzler und dem Innenminister zu unterstützen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
16.09
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Einwallner. – Bitte. (Abg. Martin Graf: ... nach dem Motto: Jeder Greißler lobt seine Ware!)
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, der schreckliche Mord an dem 13-jährigen Mädchen in Wien macht betroffen, macht auch zornig, und er macht uns verständnislos, weil er leider erneut aufzeigt, dass offenbar etwas bei uns im System falsch läuft, dass wir einen Fehler im System haben. (Abg. Belakowitsch: Ja, der Innenminister! Da sitzt der Fehler!) Wie kann es sonst sein, dass gut integrierte Schülerinnen und Schüler mitten in der Nacht abgeschoben werden? Wie kann es sonst sein, dass in Lehrberufen, die wir dringend brauchen, ausgebildete Lehrlinge abgeschoben werden und gleichzeitig straffällig gewordene Asylwerber, wie dieser Afghane in Wien, der für den Mord verantwortlich gemacht wird, frei herumlaufen? Meine Damen und Herren, da läuft etwas falsch! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Herr Innenminister, bei straffällig gewordenen Asylwerbern darf es keine Toleranz geben! Null Toleranz und konsequentes Abschieben, nur das kann die Antwort bei diesem Thema sein. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Sieber.)
Herr Innenminister, es ist zu wenig, immer nur Ankündigungen zu machen – das ist zu wenig –, sondern wir müssen ins Handeln kommen. Die ÖVP hat seit vielen, vielen Jahren das Innenministerium, aber es passiert offenbar nichts – es passiert offenbar nichts! (Abg. Belakowitsch: Ja, weil eure Aktivisten immer ...!)
Es ist immer und immer wieder das gleiche Muster. Wir haben es beim Terroranschlag am 2. November gesehen. Die erste Reaktion ist ein Abschieben von Verantwortung. Da hat man die Verantwortung zuerst an die Justizministerin und dann sogar noch in Richtung Opposition abgeschoben. Ich bin ja gespannt, wann wir, die Opposition, in diesem jetzigen Fall dran sind, also dass vielleicht auch wir noch schuld sind. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Die Justizministerin ist offenbar schon wieder schuld – da gibt es also schon wieder ein Abschieben der Verantwortung. Dann kann es auch die EU nicht, denn da wird die Verantwortung auch noch hingeschoben. Es ist immer wieder das gleiche Muster: Man übernimmt keine Verantwortung, sondern schiebt Verantwortung ab. Führungsqualität zeichnet sich so aus, dass man auch in schwierigen Zeiten Verantwortung übernimmt, Herr Minister. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Sieber.)
Wenn man sich hier dieses Schauspiel von Karl Nehammer und Herbert Kickl anschaut (Abg. Belakowitsch: Welches Schauspiel ziehen Sie hier ab?!), die sich wechselseitig attackieren, dann denken wir doch daran – und alle, die schon 2017 da waren, wissen es noch –, wie Karl Nehammer Herbert Kickl bei jedem Thema schützend zur Seite gesprungen ist und hier alles verteidigt hat, was passiert ist. (Zwischenruf des Abg. Kickl. – Ruf bei der ÖVP: Das haben wir bei euch auch ...!) Na ja, folgende Erkenntnis haben wir heute gewonnen: Offenbar hat die ÖVP nicht die Kompetenz, Lösungen für dieses Thema anzubieten, und in der kurzen Zeit, als Herr Kickl Innenminister war, hat es auch keine Lösungen gegeben. Das haben Sie uns gerade wechselseitig bestätigt. Weder ÖVP noch FPÖ schaffen es, Lösungen aufzuzeigen, meine Damen und Herren! In der Zeit von 2017 bis 2019 ist ganz offenbar auch nichts passiert. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Es gibt also einen Missstand, weil Verantwortung abgeschoben wird. Es muss endlich etwas passieren. Es braucht rasche Verfahren: Wir müssen schauen, dass die Verfahrenszeiten kürzer werden. Dafür braucht es auch die personelle Ausstattung, finanzielle Ausstattung, sodass es rasche Verfahren gibt. (Abg. Belakowitsch: Wir haben beschlossen ...!) Wir müssen schauen, dass Abschiebeentscheidungen schnell getroffen und Straffällige konsequent abgeschoben werden. (Abg. Kickl: ... gar keine mehr rein! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Meine Damen und Herren! Auch Europa ist das Thema: Ja, es braucht auch europäische Lösungen. Da ist es aber auch zu wenig, nur anzukündigen und Ankündigungspolitik zu machen. Es braucht Lösungen auf europäischer Ebene. Wir werden das Problem nur dann lösen können, wenn es ein einheitliches europäisches Asylsystem gibt. Es braucht Verfahrenszentren an den EU-Außengrenzen. Es ist, glaube ich, ein sehr wichtiger Punkt, dass wir das auf europäischer Ebene etablieren. Man muss auch eines konsequent machen – und das noch viel, viel nachhaltiger, als man es bis jetzt macht –, nämlich die Bekämpfung der Fluchtursachen vor Ort, meine Damen und Herren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Sieber: ... Parteitagsbeschluss!)
16.14
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bürstmayr. – Das Wort steht bei Ihnen, Herr Abgeordneter. Bitte.
Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ein Verbrechen geschehen, und wir sind entsetzt und zornig und wütend. Unser Instinkt schreit nach Rache, und die Stimme der Vernunft ist leise. Wir wissen noch nicht einmal genau, was geschehen ist, die Ermittlungen laufen noch, die Anklage ist noch nicht erhoben, über die Schuld ist noch kein Urteil gesprochen, aber unsere Gefühle verlangen heute schon nach Vergeltung – Auge um Auge, Zahn um Zahn. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Alles in uns schreit nach Rache, und die Stimme der Vernunft ist leise. Wir haben Angst, denn die wahrscheinlichen Täter, das waren doch andere von ganz woanders, und von denen gibt es noch mehr, und die sehen alle irgendwie so anders aus – und womöglich sind die alle so. (Abg. Belakowitsch: Mein Gott! – Abg. Kickl: ... weltoffener Mensch!)
Jetzt ist es so: Der Terrorist von Oslo und Utøya war ein Europäer, der Attentäter von Christchurch ein Weißer und Herr F. mit dem Keller in Amstetten war ein Österreicher. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Natürlich bin ich, natürlich sind wir nicht so, obwohl wir Europäer, Weiße, Österreicher sind. Unsere Vernunft weiß das: Jeder Mensch ist ein Individuum, in jeder Gruppe gibt es gute, tolle, großartige Menschen und manchmal auch – Verzeihung, Herr Präsident – Pfundsarschlöcher! Wut, Zorn und Angst sind aber mächtige Gefühle und laut. Ich erzähle Ihnen von diesen Gefühlen, weil sie auch meine Gefühle sind.
Die leise Stimme der Vernunft versucht, mir zu sagen, dass es nicht gut ist, Entscheidungen im Zorn zu treffen oder Politik aus Angst zu machen – oder mit der Angst. Diese leise Stimme erinnert mich auch daran, wohin die geschürte Angst und die kollektive Abneigung gegen ganze Gruppen führen können, wie sie in Hass umschlagen können und wie dieser Hass in Katastrophen münden kann – erst für jene, die gehasst werden, und dann für jene, die hassen.
Unsere Aufgabe in diesem Hohen Haus ist es nicht, uns von solchen Gefühlen hinreißen zu lassen oder sie gar zu schüren. Jeder Profifußballer weiß, seine Gefühle im Zaum zu halten, denn wer das nicht kann, schadet seiner Mannschaft. Wir sind die Profifußballer
der Demokratie. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wir bekommen nicht 9 000 Euro brutto im Monat dafür, dass wir auf unsere Ängste, unsere Gefühle oder unseren Zorn hören, sondern dafür, dass wir nüchtern bleiben, selbst wenn es hoch hergeht; dass wir die Verfassung, das Völkerrecht und die Gesetze beachten, auf die wir alle angelobt sind; dass wir einen Schritt zurück machen, tief durchatmen und, so gut wir das können, gemeinsam Regeln für unser aller Zusammenleben schaffen.
Deshalb möchte ich Ihnen von der FPÖ in aller Ruhe sagen: Was Sie da an Vorschlägen aufgelistet haben, diese Auflistung von fünf, zehn, zwanzig Jahre alten Forderungen, die allesamt mehr oder weniger völkerrechtswidrig, verfassungswidrig, unionsrechtswidrig sind (Zwischenruf des Abg. Hauser) und die nie funktioniert haben – nicht einmal im Ansatz –, sind ungeeignet, irgendein Problem zu lösen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Wir werden diesen Ideen nicht nähertreten, bloß weil wir – wir alle! – emotionalisiert sind. (Abg. Kickl: Das überrascht mich nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Lassen Sie mich in aller Deutlichkeit noch ein Zweites sagen: Wer in Österreich schwere Straftaten begeht, wer diese Gesellschaft gefährdet, hat kein Recht auf Schutz in diesem Land und muss dieses Land verlassen. (Abg. Belakowitsch: Haben Sie das der Hebein gesagt?) Das ist nicht nur österreichische Rechtslage und Völkerrechtslage, sondern auch klare grüne Position. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kickl: Ist das die einheitliche Position? Das glaube ich nicht! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Wir werden in Ruhe besprechen, wo es Bedarf an Änderungen gibt, nach Verbesserungen in den Abläufen sehen und danach, was an Mitteln eigentlich eh schon da ist und bloß noch nicht ordentlich genutzt wird – in Ruhe und Vernunft, denn die Stimme der Vernunft, sie ist leise. So wird Sigmund Freud oft zitiert, aber das ist nur die eine Hälfte des Zitats. (Abg. Kickl: Alles, was leise ist ... vernünftig!) Sie ruht nicht, bis sie sich Gehör verschafft hat! – Das ist die zweite Hälfte, und das ist unsere Aufgabe in diesem Hohen Haus: nicht Angst zu schüren, nicht Wut oder dem Zorn zu gehorchen, sondern der Stimme der Vernunft Gehör zu verschaffen. – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
16.20
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Scherak. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frauen Bundesministerinnen! Herr Bundesminister, gleich vorweg entschuldige ich mich für meinen sehr emotionalen Zwischenruf, ich kann ihn aber auch gleich erklären. Sie haben ja richtig erkannt, dass ich hier wahrscheinlich auf den vermeintlichen oder aus meiner Sicht bestehenden Bruderzwist eingehen werde.
Ich will nicht sagen, dass ich nicht die positiven Bestrebungen von Ihnen in einzelnen Bereichen sehe. Wir sind uns sicher nicht in allem einig, aber es gibt Maßnahmen – und die haben Sie auch angesprochen – wie die Frage, wie man Rückführungsabkommen intensivieren kann, wie man auch notwendige Änderungen auf europäischer Ebene voranbringen kann. Das sehe ich ohne Weiteres. Es ist aber leider oft der Fall, dass, wenn Herr Klubobmann Kickl Ihnen etwas vorwirft – und Sie haben natürlich auch die Verpflichtung, diese Dringliche Anfrage zu beantworten, ich wollte da auch nicht irgendetwas anderes sagen –, es immer das Ergebnis ist, dass es zu einer Aufrechnung kommt: Wer hat die härteren Maßnahmen vorgeschlagen? Wer hat die härteren Ideen?
Dieses Vorschlagen dieser Maßnahmen und dieses Aufrechnen führen nicht dazu, dass wir die Möglichkeit haben, solche widerwärtigen, solche grauenhaften Morde zu verhindern.
Das ist das, was mich wütend macht, weil das Aufrechnen keinen einzigen Mord verhindern wird. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)
Es macht mich auch deswegen so wütend, weil wiederum auch in diesem Fall die Maßnahmen, die man setzen müsste, zumindest nach dem Wissensstand, den ich jetzt habe, sehr offenkundig sind. Wir haben vier Tatverdächtige, das ist schon angesprochen worden, alle Asylsuchende aus Afghanistan, drei davon mehrfach vorbestraft, als Gewalttäter polizeibekannt. In Wirklichkeit hat zumindest für diese drei das Aufenthaltsrecht keine Gültigkeit mehr, und das Problem ist, es ist nicht zu einer Abschiebung gekommen. Da fragt man sich, wieso das so ist, und dann erkennt man, dass es im Asyl- oder im Abschiebeverfahren offensichtlich zu Fehlern gekommen ist. Wir haben auch dieses Hin- und Herschieben von Schuld erlebt.
Es geht hier um zumindest drei, die keinen Schutzstatus mehr genießen sollten, einer davon schon seit November 2018 nicht mehr. Der Fall liegt seit November 2018 beim Bundesverwaltungsgericht. Dort gibt es eigentlich eine Dreimonatsfrist, die für die entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahme vorgesehen ist. Es ist nur nichts passiert. Wenn wir aber bis 2018 zurückrechnen, dann fällt uns auf, dass drei Monate ganz offensichtlich vergangen sind. In der Zeit dazwischen sind sogar noch weitere strafrechtliche Verurteilungen dazugekommen.
Mit ein Grund dafür, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht entschieden hat, ist, dass dort immer noch 14 000 offene Asylverfahren liegen und offensichtlich zu wenige Ressourcen vorhanden sind, um diese abzuarbeiten. Das Ergebnis, wenn zu wenige Ressourcen vorhanden sind, ist, dass diese Verfahren nicht rasch genug bearbeitet werden und dass in diesem Fall auch die Außerlandesbringung dieses einen Tatverdächtigen nicht funktioniert hat. Wenn man das konsequent zu Ende überlegt: Wenn die Ressourcen vorhanden wären, hätte man unter Umständen diesen furchtbaren Mord verhindern können, denn dann wäre zumindest der eine Tatverdächtige nicht mehr im Land.
Es ist, glaube ich, für uns alle unbestritten, dass die Menschen, die nach Österreich kommen, die hier Schutz suchen, sich an das österreichische Rechtssystem zu halten haben und dass es für jede einzelne Person, die nach Österreich kommt, die hier Schutz sucht, die hier Asyl bekommt und dann der Meinung ist, dass man sich nicht an unsere Grund- und Freiheitsrechte halten muss, die wir jahrzehntelang erkämpft haben, die der Meinung ist, dass man die sexuelle Integrität von Frauen nicht zu respektieren hat, die der Meinung ist, dass man deren Rechte durch Gewalt einschränken kann oder ihnen vielleicht sogar das Leben nehmen kann, wie es in diesem tragischen Fall passiert ist, nur eine einzige Antwort geben kann: Leute, die so denken, haben in Österreich schlichtweg nichts verloren. (Allgemeiner Beifall.)
Sie haben selbst gesagt, Herr Bundesminister, und da stimme ich Ihnen hundertprozentig zu: Wenn jemand glaubt, dass er den Schutz der liberalen Demokratie in Anspruch nehmen kann, und diesen Schutz dann ausnützt, um die hier geltenden Gesetze zu missachten, dann hat er etwas ganz Grundlegendes falsch verstanden. Wenn ein Asylwerber oder auch ein Asylberechtigter mehrere schwere Straftaten begeht, wie etwa Gewaltverbrechen, dann kann ja wohl kein Weg daran vorbeiführen, dass wir diese Leute wieder in ihre Herkunftsländer zurückbringen.
Genauso haben Sie auch angesprochen, woran es leider oft hakt. Das sind die Rückführungsabkommen oder -übereinkommen, wie auch immer wir sie nennen wollen. Wenn ein negativer Asylbescheid erfolgt ist, ist klar, dass es eine rasche und entschlossene Rückführung geben muss. Das Problem ist – das Gesetz sieht das so vor, es sieht es jetzt schon vor, es braucht da keine Verschärfungen –: Es braucht eine konsequente Umsetzung der bestehenden Gesetzeslage, und dazu braucht es, wie wir gesagt haben, erstens mehr Ressourcen bei den entsprechenden Gerichten, denn solange sich die
Fälle dort stapeln und nicht abgearbeitet werden können, können wir auch das Gesetz nicht entsprechend durchsetzen.
Was es aus meiner Sicht auch brauchen würde, haben wir schon mehrmals am Beispiel Schweiz aufgezeigt. Sie kennen das, in der Schweiz ist es so, dass bis zur zweiten Instanz die Verfahren in 180 Tagen durchgeführt werden müssen. Wir brauchen ganz grundsätzlich eine Beschleunigung der Asylverfahren.
Das heißt, wir brauchen die Beschleunigung, wir brauchen ausreichende Ressourcen. Es muss klar sein, dass jemand, der hier kein Asyl bekommt, so rasch wie möglich in sein Herkunftsland zurückgebracht wird, und es muss letztlich klar sein, dass jeder, der unter Ausnutzung des Schutzes durch uns hier schwere Gewalttaten begeht, diesen Schutz nicht mehr bekommen darf und so rasch wie möglich nach Hause gebracht werden muss.
Es ist nicht sinnvoll, wenn wir gegenseitig aufrechnen, wer die härteren Maßnahmen hat. Es wäre sinnvoll, wenn wir mit den momentanen gesetzlichen Grundlagen das Auslangen finden würden und wenn wir es mit den momentanen gesetzlichen Grundlagen schaffen würden, dass wir solche grauenhaften Morde verhindern können. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
16.26
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach diesem entsetzlichen Verbrechen stellt sich natürlich wie immer die Frage nach der Schuld, die Frage: Hätte man dieses Verbrechen vermeiden können? Um diese Frage zu beantworten, muss man sehr wohl differenzieren. Sie haben gemeint, das soll man nicht. – Doch, man muss hinschauen: Wer ist der Täter? Bei österreichischen Tätern muss man genauso hinschauen, muss man sich überlegen: Wie setzt man an? Wie kann man künftige Gewalttaten verhindern? Ist der Täter ausländisch, muss man sich das anschauen. Jetzt haben wir einen Fall, in dem vier Afghanen Mordverdächtige sind, und daher muss man diese Gruppe herausgreifen.
Wir haben da Afghanen, und als Innenminister müssen Sie wissen: Afghanen, Somalier, Nigerianer, Syrer sind mit einer überproportionalen Kriminalitätsrate belastet – die Afghanen noch einmal überproportional bei Drogen und Sexualdelikten. Es kommen vor allen Dingen junge unbegleitete Flüchtlinge, also junge Männer, mit einer zu einem guten Teil katastrophalen Einstellung zu Frauen, die nichts mit unserem Verständnis zu tun hat, sondern nach der die Frau weniger wert ist als eine Kuh oder ein Kamel und man sie straffrei züchtigen kann, wenn sie nicht gehorsam ist. Das muss man wissen, um Strategien zu entwickeln, wie man künftig solche Gewalttaten verhindern kann. (Beifall bei der FPÖ.)
Es geht nicht um Schuldzuweisungen Beamten und Sicherheitsbehörden gegenüber. Sie wissen genau, dass das auch Obmann Kickl nicht gemeint hat. Es geht um ein Konglomerat aus verschiedenen Faktoren, die zu der Situation, vor der wir jetzt stehen, geführt haben, da haben Sie recht: entgleiste Judikatur der internationalen Gerichtshöfe, EuGH, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte mit einer obszönen Auslegung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention, die zu einem Begriff und einer Definition von Menschenrechten führt, die alle schützt, nur nicht die Staatsbürger. Wir haben einen Wildwuchs an Vereinen, NGOs und Beratern, die jedes Asylverfahren in den Mitgliedstaaten zu einer jahrelangen Staatsaffäre machen und jede Abschiebung zu einem Drama. Wir haben vor allen Dingen auch speziell in
Österreich, aber auch in Deutschland und in Schweden die übergroße Sogwirkung durch die Sozialleistungen.
Ich möchte behaupten, dieses Konglomerat, dem sich unsere Partei hier nach meiner Beobachtung immer am entschiedensten entgegengestellt hat, führt in diesem konkreten Fall, den wir hier besprechen, zu folgender Situation:
Wir haben vier Tatverdächtige. Der 18-jährige Tatverdächtige kam 2015 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Österreich: negativer Asylbescheid, Aberkennung des subsidiären Schutzes, trotzdem hier; dreimal gerichtlich verurteilt, elfmal polizeilich angezeigt.
Ein 23-jähriger Tatverdächtiger – fünfmal angezeigt, für 24 Monate verurteilt – blieb im Land, weil er den Verhandlungen über seine Ausreisepflicht fernblieb.
Der 16-jährige Tatverdächtige kam im Lockdown nach Österreich – der einzige Fall, bei dem ich Ihnen eine Mitverantwortung zuschiebe, für die Österreicher waren die Grenzen zu, in die andere Richtung waren sie offensichtlich offen –, stellte einen Asylantrag und ist hier.
Der 22-jährige Tatverdächtige, der gesucht wird, kam 2015 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Österreich, wurde sechsmal angezeigt, dreimal gerichtlich verurteilt, seit 2017 ist die Abschiebung vorgesehen.
Wie gesagt, für diese Zustände sind auch nicht Sie verantwortlich (in Richtung Bundesminister Nehammer), sondern all die Faktoren, die ich aufgezählt habe. Dem muss man sich entschiedenst entgegenstellen, und das führt natürlich dann irgendwann einmal auch zu negativen Medienberichten.
Herbert Kickl hat das – auch auf internationaler Ebene – gemacht, musste sich dem Mediensturm aussetzen. Sie sagen, Sie machen es auch auf internationaler Ebene. Wir würden das sehr begrüßen, bemerkt habe ich es noch nicht.
Dazu kommt, dass die Tat dieser Verdächtigen in einer Wiener Gemeindewohnung stattgefunden hat, die der 18-jährige Tatverdächtige bewohnt. Trotz seiner gerichtlichen Strafen, trotz negativen Asylbescheides, trotz Aberkennung subsidiären Schutzes zog er in die Gemeindewohnung ein, die Miete wurde von der Stadt Wien übernommen, monatlich bezog er 863 Euro Sozialhilfe.
Kollektiver Irrsinn! Völlig fehlgeleitete Politik! – Sie haben in uns, Herr Minister, den zuverlässigsten, verlässlichsten Partner, wenn Sie diese Missstände wirklich angehen wollen. Klubobmann Kickl hat erörtert, wie man das machen kann: den Zehnpunkteplan endlich angehen, endlich umsetzen.
Wie es nicht geht, wurde bisher gezeigt. Ein runder Tisch wird nichts bringen, ohne massive Kritik an internationalen Instanzen bringt es nichts. Es wird vor allen Dingen nicht mit einem grünen Koalitionspartner gelingen – wie wir gerade jetzt auch schon in der vorigen Rede gehört haben –, welcher bereits das Nennen der Fakten, das Anschauen der Daten – was ist der Sachverhalt? – als rassistisch einstuft, der das Ganze jetzt zu einem allgemeinen Männerproblem machen will und einfach grundsätzlich ein Problem mit Abschiebung in Krisenregionen hat. (Beifall bei der FPÖ.)
16.32
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. – Bitte. (Abg. Martin Graf: Da sollte man einmal schauen, was die für einen Vorteil daraus haben, wie ... Korruption ist!)
16.32
Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen Bundesministerinnen! Sehr geehrter Herr Innenminister! Mich haben diese Diskussionsbeiträge, insbesondere Ihre Worte, sehr geehrter Herr Klubobmann Kickl, auch sehr betroffen gemacht, weil Sie – ich habe gestern schon gesagt, dass ich das nicht nur für unpassend, sondern für unerträglich halte – das Leid der armen Leonie hier so in die Öffentlichkeit stellen. (Abg. Wurm: Geh bitte schön! Rede einmal zur Sache!) – Ich sage Ihnen: Das ist zur Sache! (Abg. Wurm: ... jedes Mal! Mach einen sinnvollen Beitrag!) Ich halte das für eine Vorgangsweise, die ich nicht teilen kann und die ich auch nicht in Ordnung finde. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Es gibt mir aber die Gelegenheit (Abg. Deimek: ... sonst nichts beitragen!), der Familie der kleinen Leonie auch meine persönliche Anteilnahme auszudrücken. (Abg. Martin Graf: Ist das ein Linker oder ÖVPler?) Ich sage Ihnen aber eines: Mit allem, was Sie uns heute hier gesagt haben, ändern Sie gar nichts, auch nicht für die Zukunft. (Abg. Kickl: Sie brauchen nur zuzustimmen! Das ist ja das Problem!) Sie wissen ganz genau, dass alle diese Maßnahmen nicht geeignet sind, jedes Verbrechen zu verhindern. (Ruf bei der FPÖ: Doch, das sind sie!) Wenn das so einfach wäre, hätten wir das alles längst gemacht. (Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer, Deimek und Kickl.) Wir hätten das längst gemacht. Sie wissen, dass, wenn Sie ein Taferl in Traiskirchen austauschen, genau gar nichts geschehen ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Schauen Sie sich die Zahlen an!)
Ja, ja, das haben Sie von Ihrem Chef gelernt, wie das mit den Taferln geht, aber die Taferlklasse wird das Problem nicht lösen, das kann ich Ihnen von dieser Stelle aus auch sagen. (Beifall bei der ÖVP.)
Da hier der Rechtsstaat immer wieder genannt wird (Zwischenruf des Abg. Rauch) – gerade im Ibiza-Untersuchungsausschuss haben Sie sich ja alle als Verteidiger des Rechtsstaates geriert und uns vorgeworfen, bei uns fehle die Rechtsstaatlichkeit –, darf ich Ihnen eines sagen, gerade zum Abschiebungsbereich, sehr geehrter Herr Klubobmann, und da können Sie auch Ihre Freunde aus der Ibizakoalition im Untersuchungsausschuss in die Pflicht nehmen: Im Jänner war die Abschiebung nicht in Ordnung, weil das die Falschen waren, wie ich von der SPÖ gehört habe. (Abg. Deimek: Das ist ein Jurist und erzählt solche Gschichtn! Das ist ja fast ...!) Da war es nicht in Ordnung, obwohl es rechtlich abgesichert und notwendig war. Da hätte man nicht abschieben dürfen. Jetzt, wo es rechtlich gar nicht geht, hätte man abschieben sollen. Was Sie vom Innenminister verlangen, ist in Wirklichkeit Amtsmissbrauch. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Jetzt sage ich auch eines zu Kollegen Scherak: Ich bin ein bissl enttäuscht, sage ich ganz ehrlich, weil ich gedacht habe, gerade in dieser Diskussion können wir die Schuldzuweisungen hintanstellen. (Abg. Wurm: Was redet der, bitte schön?!) Sie sagen aber: Es sind Fehler im Asyl- und Abschiebeverfahren passiert! – Kein einziger! Das ist auch der falsche Minister, an den Sie hier diese Fragen richten, und Sie wissen das. (Abg. Wurm: Das ist eine Zumutung! – Zwischenruf des Abg. Deimek.) Die Justiz gehört nicht ins Innenministerium.
Ich darf Ihnen jetzt auch noch eines sagen (Abg. Wurm: So eine stumpfsinnige Rede! ... Unterirdisch!): Ich habe zugehört, was uns hier in dieser Dringlichen Anfrage dargeboten wurde. Ich weiß schon, dass jede unpassende – wie im gegenständlichen Fall –, manchmal auch passende Gelegenheit hier zum Anlass genommen wird, dass Sie, sehr geehrter Herr Klubobmann, Ihre Geschichte als Innenminister halt ein wenig klittern und erklären – jetzt müssen Sie sich schon selbst zitieren, um einen Beleg dafür zu haben! –,
wie erfolgreich Sie als Innenminister waren. (Abg. Deimek: Sind Sie peinlich! Sie sind Jurist! – Abg. Kickl: Schauen Sie sich die Zahlen an!)
Ja, die Zahlen (Abg. Kickl: Ja, die Zahlen! ... wert, oder wie?), ja, schauen Sie sich die Zahlen an! Ich kann Ihnen nur eines sagen (Abg. Deimek: Schauen Sie einmal über Wiener Neustadt hinaus!): Schauen Sie, diese Frustrationstherapie im Rahmen der parlamentarischen Diskussion kennen wir ja schon. (Abg. Kickl: Na, ich glaube, Sie machen das ...!) Eines haben mir Ihr Redebeitrag und die Anfragebeantwortung gezeigt: Das Asyl- und Fremdenrecht und das Innenministerium insgesamt sind jetzt in besseren Händen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Heiterkeit des Abg. Deimek.)
Eines darf ich Ihnen zum Abschluss mitgeben: Ich weiß, dass Sie bei dieser Frustrationstherapie, die hier regelmäßig stattfindet, die Gesprächstherapie bevorzugen (Zwischenrufe der Abgeordneten Wurm und Rauch. – Abg. Martin Graf: Das ist aber schon eine ... vom Sobotka! Sobotka, Strasser ...!), vielleicht versuchen Sie es einmal mit Verhaltenstherapie, möglicherweise wirkt es! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
16.37
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Yildirim. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Wieder wurde ein Mensch in Österreich, ein 13-jähriges Mädchen, gewaltsam und bestialisch aus dem Leben gerissen. Jeder einzelne Fall ist einer zu viel. In jedem Fall gibt es Hinterbliebene – Eltern, Großeltern, andere Verwandte oder Freunde und Bekannte –, und insbesondere diesen gilt mein und unser Mitgefühl. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Wurm.)
Leider kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass in Österreich immer mehr Gewalttaten stattfinden. Die Menschen in Österreich fragen sich, was da falsch läuft, und da muss etwas falsch laufen. Österreich ist ein Land, in dem eigentlich alle Voraussetzungen für sozialen Frieden und ein gewaltfreies Miteinander von allen Menschen gegeben waren.
Seit einigen Jahren müssen wir jedoch erleben, dass nicht nur hier im Hohen Haus einzelne Volksvertreter und Volksvertreterinnen die Bevölkerung spalten. Das Schüren von Vorurteilen, das Herabwürdigen von Menschen, das Pauschalverurteilen: Haben wir das wirklich nötig? Ist das gut für Österreich?
Aber zurück zum Thema: Es ist schon peinlich – wenn ich auf meinen Vorredner von der ÖVP Bezug nehmen darf –, wenn unsere Regierungsspitze sofort beginnt, die Verantwortung von einem Ressort ins andere zu schieben, so nach dem Motto: Schuld sind immer die anderen! Leider kennen wir das ja auch schon zur Genüge, seit ein türkiser Bundeskanzler mit seiner Familie Österreich regiert.
Fakt ist, dass Straftäter die volle Härte des Gesetzes zu spüren haben. Fakt ist, dass das für österreichische Staatsbürger genauso gilt wie für Menschen, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen. Und natürlich verwirken Straftäter, die sich unter dem Titel Asyl in Österreich aufhalten, ihr Bleiberecht und sind, wenn dies nach den Gesetzen möglich ist, aus Österreich abzuschieben – so wie in jedem Land auf dieser Welt. Daran kann es keinen Zweifel geben. Ich sage hier aber auch ganz deutlich: Die Schuld den im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl oder im Bundesverwaltungsgericht oder in anderen Organisationen arbeitenden Menschen zuzuschieben ist billig! (Beifall bei der SPÖ.)
Gerade die ÖVP hat seit sehr langer Zeit stets darauf gedrängt, im öffentlichen Bereich Personal einzusparen. Dadurch sind nicht nur viele wertvolle, wichtige Arbeitsplätze weggefallen – was insbesondere junge Menschen bei der Arbeitssuche ganz besonders spüren –, sondern wir sehen leider auch immer deutlicher, dass die Arbeit mit dem noch vorhandenen Personal im öffentlichen Dienst einfach nicht mehr zu schaffen ist. Für umfassende und intensive Erhebungen und Ermittlungen fehlt die Zeit. Das Resultat ist, dass die Gesetze nicht mehr vollständig vollzogen werden können. Das Resultat ist, dass der Faktor Mensch zu kurz kommt. Genau diesen Faktor aber bräuchte es, wenn es um eine gute und effektive Verwaltung und Gerichtsbarkeit geht. (Beifall bei der SPÖ.)
Mehr menschliche Ressourcen würden mit Sicherheit dazu beitragen, dass die eine oder andere Gewalt- oder sonstige Straftat verhindert werden könnte – denn, sehr geehrte Damen und Herren, daran darf es keinen Zweifel geben: Jeder Mord ist ein bestialischer Mord. (Beifall bei der SPÖ.)
16.41
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Prammer. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich kann an das, was meine Vorrednerin gesagt hat, gleich anschließen: 2015/16 sind die Institutionen vor eine Situation gestellt worden, der sie nicht gewachsen waren. Das ist so. Der sind sie aber nicht nur personell nicht gewachsen gewesen, sondern auch strukturell nicht.
Asylverfahren sind einmal primär Verwaltungsverfahren und sind als Verwaltungsverfahren von Menschen zu führen, die darin ausgebildet sind. Darin liegt der Schlüssel zum Erfolg. Wenn solche Verfahren von Menschen geführt werden, die darin wirklich ausgebildet sind, die nicht in Schnellsiedekursen nur die notwendigsten Grundlagen des konkreten Verfahrens, der konkreten Verfahrensart lernen, sondern die wirklich die Prinzipien des Verwaltungsverfahrens lernen, dann können sie diese auch durchführen. Dann wissen sie auch, wie es funktioniert: dass man Akten, für die Fristen gelten, auf diese Fristen – wie man das nennt – kalendiert. Das bedeutet, dass man sich im Kalender einen Vormerk macht, wann in diesem Akt wieder etwas anfallen könnte, wann zum Beispiel eine Person das 18. Lebensjahr erreicht, wann zum Beispiel Fristen erreicht werden, die zur Entscheidung einzuhalten sind. Das sind Grundlagen des Verfahrens, und es ist wichtig, dass alle, die an diesen Verfahren beteiligt sind, diese Verfahrensgrundlagen auch von Grund auf lernen und somit mit den Verfahren umgehen können. Ich habe nicht erst einmal von Anwaltskolleginnen und -kollegen, die zufällig mit dieser Materie erstmals befasst waren, gehört, dass sie nicht verstanden haben, wie da mit den Verfahren umgegangen wird, weil sie aus anderen Verwaltungsbehörden anderes gewohnt waren. Daran müssen wir arbeiten, daran müssen wir alle gemeinsam arbeiten, und darum geht es. Dafür müssen die Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte 2020 einen Überhang von 33 000 Akten – 33 000 Akten, die nicht in der Zeit, in der sie bearbeitet werden sollten, bearbeitet werden konnten. 33 000 Akten – und das sind nicht Asylakten, sondern das sind 33 000 Akten, in denen es um unterschiedlichste Verwaltungsverfahren ging, an denen Parteien beteiligt sind, die auf eine Entscheidung warten, weil es so viele Verfahren gibt, die von Behörden raufgeschickt werden, die mit diesen Verfahren offensichtlich nicht zurande kommen. Das ist wirklich schade.
Es ist tatsächlich so, dass dieser Zustand unserem gesamten Rechtsstaat schadet. Wir sind als Gesellschaft, als Staat, als Gesetzgeber genauso wie als Verwaltung gefordert,
diesem Missstand beizukommen. Das können wir nur, indem wir ausreichend Ressourcen zur Verfügung stellen. Nur wenn Akten in der gebotenen Zeit entschieden werden können, dann funktioniert der Rechtsstaat. Wenn sich die Menschen darauf verlassen können, dass sie eine Entscheidung bekommen, wenn diese fällig ist, dann funktioniert unser Staat. Dafür können wir sorgen. Dafür können wir gemeinsam sorgen, indem wir die Behörden mit ausreichend Mitteln, mit ausreichend Personalressourcen, mit ausreichend Wissen ausstatten. (Beifall bei den Grünen.)
Es ist geltendes Recht, dass nach Straftaten ein Schutzstatus abzuerkennen ist. Das ist geltendes Recht, dazu braucht man am Recht, an den Gesetzen nichts zu ändern. Das ist geltendes Recht, und das hat natürlich auch so zu bleiben – das ist klar, daran gibt es nichts zu zweifeln. Es ist aber auch geltendes Recht, dass die Frage, ob dieser Schutzstatus zu gewähren ist oder ob er abzuerkennen ist, in einem rechtsstaatlichen Verfahren zu prüfen ist – ich denke, auch darin sind wir uns alle einig.
Es gibt grundsätzlich die Flüchtlingskonvention, an die wir uns alle halten, und auch daran brauchen wir nichts zu deuten. Grundsatz aber ist, dass wir Verfahren haben und dass wir Verfahren einzuhalten haben – nur dann kann unser Staat funktionieren. (Beifall bei den Grünen.)
16.46
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff ist zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frauen Bundesministerinnen! Hohes Haus! Vorweg möchte ich mich, weil das, glaube ich, noch niemand gemacht hat, auch bei Ihnen, Herr Bundesminister, und Ihrem Haus dafür bedanken, dass diese Fragen doch sehr, sehr intensiv und auch sehr klar beantwortet wurden und Sie auch weitere Antworten nachliefern werden. Dass Anfragebeantwortungen nicht optimal sind, ist ja etwas, was wir als Opposition immer wieder auch bemängeln; ich glaube daher, auch das muss man in diesem Zusammenhang erwähnen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Künsberg Sarre.)
Nichtsdestotrotz muss ich in diesem Zusammenhang schon auch klar sagen, dass wir gerade im Bereich Asyl über die letzten Jahre eine Entwicklung haben, die ich als äußerst wenig positiv erachte. Wir sehen, dass wir immer stärker in eine Inszenierungspolitik anstatt in eine Lösungspolitik gehen. Es gibt sehr wenige, die noch über inhaltliche Lösungsvorschläge, die uns wirklich langfristig weiterbringen würden, diskutieren beziehungsweise diese auch umsetzen. Daran scheitert es sehr oft. Wir befinden uns leider sehr, sehr oft in Debatten, in denen es rein um Inszenierung, um politisches Kalkül geht, aber nicht darum, wirklich Schritte vorwärts zu machen. Bezeichnend finde ich da – Kollege Scherak hat es, glaube ich, vorhin auch schon angesprochen – dieses Match Kickl gegen Nehammer, das wir hier bei diesen Debatten immer wieder erleben und in dem man einander dann persönlich Dinge ausrichtet. Da hört man dann Worte oder Sätze wie: Du hast es ja nicht umgesetzt, du hättest es machen können!, und das in beide Richtungen und die ganze Zeit hindurch.
Das bringt uns in den Fragen, um die es geht, halt genau keinen Millimeter weiter. Das bringt uns keinen Zentimeter weiter zu Lösungen, die wir dringend brauchen würden und die uns auch unsere aktuelle Rechtslage durchaus zur Verfügung stellt.
Vorhin hat Herr Abgeordneter Stocker darüber gesprochen, wie das im Jänner war und dass man diesbezüglich Vorwürfe macht. Aber das Beispiel im Jänner rund um die 12-jährige Tina zeigt ja wie kaum ein anderes, wo das Problem liegt: Wir hatten damals einen Innenminister – und es ist jetzt egal, ob das, wie in diesem Fall, Innenminister
Nehammer ist, sein Vorgänger als Innenminister, Kickl, oder andere, wir haben das über die letzten Jahre immer wieder im gleichen Setting erlebt –, der im Fernsehen angekündigt hat, dass in der kommenden Nacht abgeschoben wird. Dann hatten wir Medienberichte vor Ort, Demonstrationen vor Ort, eine unglaubliche Inszenierung rund um eine Familie, die sehr gut integriert war, deren Kinder Deutsch gesprochen haben, teilweise hier geboren wurden, hier in die Schule gegangen sind und die abgeschoben wurden. Das Ganze wird eiskalt durchgezogen, rein um damit politischen Erfolg zu erlangen. Das finde ich schäbig, das muss ich hier schon offen und ehrlich sagen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Gödl: Das ist der Rechtsstaat! Rechtsstaat!)
Man hat fast das Gefühl, dass es da oft um Ablenkungsmanöver geht, Ablenkungsmanöver, wenn es in der Bundesregierung – und wie gesagt, das kann man über die letzten Jahre austauschen, egal in welcher Konstellation – nicht gut funktioniert, aber eben nicht um das, was uns beschäftigen müsste, nämlich: Wie können wir dafür sorgen, dass Menschen, die in unserer liberalen, wehrhaften Demokratie integriert sind, die hier ihren Beitrag leisten, die hier mit uns gemeinsam leben, diese liberale Demokratie auch hochleben lassen, dass diese Integrierten hierbleiben können, wo das auch möglich ist, und auf der anderen Seite diejenigen, die das nicht einhalten, wie wir es jetzt auch im aktuellen Fall sehen, diejenigen, die sich gegen diese liberale Demokratie wehren, die mehrfach verurteilt sind, auch möglichst schnell und natürlich allen rechtlichen Gegebenheiten entsprechend abgeschoben werden können? Genau daran sollten wir arbeiten, weil das genau eines der Grundprobleme ist, die wir aus meiner Sicht haben: dass wir einfach nicht schnell genug arbeiten.
Da muss man schon alle Regierungen – auch da wieder: unabhängig davon, wer in der Regierung war – in die Pflicht nehmen, weil durch diese Instrumentalisierung, die wir über die letzten Jahre erlebt haben, wichtige Maßnahmen nicht getroffen wurden. Da geht es um die schnelleren Verfahren – Frau Kollegin Prammer hat vorhin angesprochen, dass es notwendig wäre, da viel schneller zu arbeiten, dass es da einen Aktenrückstau gibt. Das wird ja auch immer wieder aufgezeigt. Wir haben gesehen, dass gerade in der Justiz Personal fehlt. Über die letzten Jahre hinweg haben wir diese Dinge nicht einfacher gemacht, und da müssen wir uns an der Nase nehmen und da müssen sich insbesondere die Verantwortungsträger der letzten Jahre an der Nase nehmen, weil wir anfangen müssen, schneller zu werden, um solche Dinge zu verhindern.
Ich glaube, gerade in einem so heiklen Bereich wie dem Asylbereich ist es dringend notwendig, endlich die Stopptaste bei der Showpolitik zu drücken. Wir müssen raus aus dieser Show! Es geht da um Menschen, und es geht natürlich auch um den Rechtsstaat. Es geht darum, dass wir denen, die die liberale Demokratie achten, die unsere Gesellschaftsformen anerkennen, die sich hier gut integriert haben, die Möglichkeit geben, sich auch hier zu entfalten, die Chance zu nutzen, die sie hier bekommen, und die, die es nicht tun, die die Gesellschaft, die liberale Demokratie mit Füßen treten, die verurteilt sind, auch möglichst rasch abschieben und damit mehr Sicherheit in unserem Land gewährleisten. (Beifall bei den NEOS.)
16.52
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Belakowitsch ist zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ja, wir alle sind betroffen. Das hat nichts mit Wut oder mit Hass zu tun, aber es ist ein Entsetzen darüber, wie hier reagiert wird, wie das offizielle Österreich reagiert. Das macht wütend, und das verursacht in Wahrheit Entsetzen.
Ich bin selbst Mutter einer Tochter, Sie, Herr Minister, haben gesagt, Sie haben eine Tochter, wir alle haben Kinder zu Hause. Wir wollen uns auch nicht vorstellen, was die Eltern durchmachen müssen, und wir wollen uns noch weniger vorstellen, was dieses Mädchen in seinen letzten Lebensstunden durchmachen musste, meine Damen und Herren.
Herr Bundesminister, ich habe Ihnen sehr genau zugehört. Sie haben gesagt, es ist vollkommen egal, woher die Täter sind. – Nein, Herr Bundesminister, das ist es eben nicht, denn man kann nur dann auch wirklich eingreifen, wenn man weiß, aus welchen archaischen Strukturen, aus welchen archaischen Gesellschaften diese Täter kommen, und gerade in Afghanistan – es ist ja auch kein Zufall, dass sie überproportional häufig einschlägig kriminell werden – ist der Wert von Frauen bei null. 90 Prozent aller afghanischen Frauen erleben Gewalt, erleben sexuellen Missbrauch, und in Afghanistan sind Gewalt gegen Frauen, häusliche Gewalt, Verstümmelungen, Schläge, Ermordungen, Zwangsverheiratungen, frühes Heiraten, Verheiratung, um Konflikte zu lösen, an der Tagesordnung. Das muss man schon auch in eine Bewertung mit hineingeben, denn sonst werden Sie niemals etwas verhindern können. Da passt es einfach nicht, dass Sie sich hierherstellen und sagen: Es ist egal, woher die Täter kommen. – Nein, Herr Minister, das ist es nicht.
Dann haben Sie sich dafür gelobt, was Sie alles Großartiges geleistet haben. – Herr Bundesminister, ich möchte Sie in das Jahr 2020 zurückführen. Da hat Österreich den höchsten Anteil an illegalen Asylwerbern in der gesamten EU gehabt – den allerhöchsten Anteil! –, im Übrigen auch mehr als die gesamte USA.
Herr Bundesminister, Sie machen mit Ihrer Politik eine Einladungspolitik (Beifall bei der FPÖ), und ich verstehe einfach nicht, wie Sie sich hierherstellen und erklären können, was Sie alles in der EU gemacht haben. Wissen Sie, während Sie hier sagen, dass die FPÖ instrumentalisiert, hat der Bundeskanzler ein Interview in der „Kronen Zeitung“ gegeben, in dem er gesagt hat: Nein, das ist keine Instrumentalisierung, und die NGOs betreiben eine Täter-Opfer-Umkehr.
Wissen Sie, und jetzt bin ich schon beim ersten Problem: bei den NGOs. Das ist auch einer der Hauptgründe, warum diese Verfahren permanent verlängert werden: weil die NGOs hergehen und die Leute beraten und beraten und beraten – weil die NGOs auch daran verdienen, und noch ganz speziell an sogenannten Minderjährigen. Warum sage ich sogenannte Minderjährige? – Weil natürlich auch der 18-Jährige wieder das Geburtsdatum 1.1. hatte, weil diese Minderjährigen alle am 1.1. geboren sind, weil sie sich jünger machen. Wir wissen, es wird nirgends so viel gelogen wie bei der Altersangabe.
Für die NGOs ist das ein äußerst lukratives Geschenk: Sie bekommen dann für jeden Minderjährigen 3 000 Euro im Monat für die spezielle psychologische Betreuung. Da frage ich mich: Wo war die spezielle psychologische Betreuung bei diesen Herrschaften? Da haben die NGOs auch kläglich versagt!
Daher ist eines notwendig: Kehren Sie auf den Weg zurück, den wir bis 2019 gegangen sind! Schmeißen Sie die NGOs endlich hinaus und heben Sie die Rechtsberatung auf eine staatliche Ebene! Gründen Sie eine staatliche Agentur, die das tut! (Beifall bei der FPÖ.) Das war nämlich damals schon durch, aber die ÖVP hat nichts Besseres zu tun gehabt, als die NGOs wieder hereinzuholen, und die sind die Verursacher dieses Problems.
Das hat man übrigens auch bei den Mädchen gesehen, die Sie abgeschoben haben. Herr Minister, wenn Sie sagen: Ich bin dafür kritisiert worden, dass ich die abgeschoben habe!, antworte ich: Es war die Art und Weise. Sie haben sich als der starke Held gerieren wollen, der die zwölfjährigen Schulmädchen abschiebt. Sie sind in eine Fernsehsendung gegangen und haben gesagt: Heute in der Nacht, um 2 Uhr in der Früh,
schieben wir ab!, damit alle Medien dort sind. (Zwischenruf des Abg. Taschner.) Dann sind Sie mit dem Polizeiauto mit den offenen Fenstern gekommen. Sie hätten auch geschlossene nehmen können, aber nein, mit den offenen - - (Abg. Taschner: ... falsch, Frau Kollegin!) – Warum schreien Sie eigentlich so herein? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Melden Sie sich zu Wort! (Abg. Taschner: Weil das falsch ist!) – Nein, das ist nicht falsch.
Sie glauben ja wirklich, Sie können die Leute an der Nase herumführen. Das ist ja eigentlich ungeheuerlich, was diese ÖVP hier treibt. Das ist ein perfides Doppelspiel. In der EU lassen Sie sich dann auf die Schulter klopfen, wie großartig Sie sind, wie supertoll Sie nicht beim Migrationspakt mitstimmen. Sie werden nichts tun, wofür Sie in der EU Kritik ernten könnten. Das ist das Problem, das Sie haben, und das ist letztlich auch der Grund für den Frust, den Sie haben (Beifall bei der FPÖ): weil Sie das genau wissen.
Sie haben auch keinen Koalitionspartner, der in der EU für Sie kämpfen würde. Den haben Sie auch nicht mehr, daher kriegen Sie dort nichts weiter. Sie selbst sind zu feig (Zwischenruf bei der ÖVP), denn Sie kommen vom Reden auch nicht ins Tun. (Abg. Taschner: Feig?) – Ja! Ja, der Herr Minister ist feig. Er ist zu feige, sich hinzustellen und jetzt auch Maßnahmen zu verkünden.
Dieses Mädchen wurde vor zehn Tagen ermordet, und seit zehn Tagen hat das offizielle Österreich nichts anderes zu tun gehabt, als sich die Schuld gegenseitig hin- und herzuspielen, Innenressort gegen Justizressort. Wenn Sie sich nicht zusammensetzen und eine gemeinsame Lösung für die Zukunft finden können (Zwischenruf des Abg. Lausch), damit wir eben keinen Mord mehr erleben, dann sagen Sie, dass Sie nicht miteinander können, und wir gehen in Neuwahlen, aber dieses Trauerspiel, das muss ein Ende haben! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Salzmann: ... Schwarz-Weiß-Malerei!)
16.57
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Jachs. – Das Wort steht bei Ihnen.
Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Als Mutter gilt mein tiefes Mitgefühl selbstverständlich der Familie von Leonie. Meine Gedanken sind auch deswegen bei der Familie, weil ich bei der Debatte gut zugehört habe und mir auch aufgrund des Redebeitrags meiner Vorrednerin jetzt schon die Frage stellen muss, ob in dieser Diskussion wirklich von jedem Redner, von jeder Rednerin angebrachte Töne angeschlagen wurden.
In den letzten Tagen hat medial eine Täter-Opfer-Umkehr-Diskussion stattgefunden, das ist total unangebracht. Total unangebracht ist es aber auch, dass wir hier herinnen, wenn auch aus verschiedenen Blickwinkeln, immer wieder Diskussionen über Schuldfragen führen, denn ich halte ganz, ganz klar fest – und das unterstreiche ich mit aller Deutlichkeit –: Schuld sind einzig und allein die Täter. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Wurm. – Abg. Belakowitsch: ... Täter!)
Ich verstehe aber selbstverständlich alle, die ob dieser Tat wütend sind, und – ich hätte es mir nicht gedacht, aber es ist so – ich verstehe auch Sie, Herr Kollege Kickl, dass Sie wütend und betroffen sind. Vor ein paar Stunden haben aber Kollegen Ihrer Fraktion noch von staatspolitischer Verantwortung gesprochen, und ich glaube, es liegt auch in Ihrer staatspolitischen Verantwortung, dass wir die Diskussion der Asyl- und Migrationsfrage auf einer sachlichen Ebene führen. Das sei gerade Ihnen ins Stammbuch geschrieben, denn Sie als Rumpelstilzchen der österreichischen Innenpolitik führen ja gerne einmal Diskussionen (Abg. Belakowitsch: Was soll denn das? – Zwischenruf des
Abg. Deimek), die auf sehr emotionaler Ebene – oder eher unterirdischer Ebene – geführt werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich lade Sie also ein: Machen wir einen Schritt zurück auf die Sachebene und schauen wir uns die Situation noch einmal an! Österreich ist ein vielfältiger Staat. Unsere Toleranz, unsere Verfassung, unser Rechtsstaat, das Leben der Menschen in diesem Land, das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Zwischenruf des Abg. Deimek) – das alles sind Grundwerte, die es zu verteidigen gilt. Die müssen wir respektieren, und wir müssen auch respektieren – und all jene, die in unser Land kommen, müssen das respektieren –, dass bei uns Männer und Frauen gleichberechtigt sind. (Abg. Belakowitsch: Die können es nicht respektieren!) Alle, die diese Werte nicht respektieren, müssen auch damit rechnen, konsequent in ihre Herkunftsländer abgeschoben zu werden.
Es freut mich, dass heute ein mehr oder weniger einheitliches Bekenntnis dazu abgegeben wurde, dass wir gemeinsam etwas dafür tun müssen, dass straffällig gewordene AsylwerberInnen rasch in ihre Heimatländer zurückgebracht werden können. Was mich dann aber ein bisschen stutzig macht – und das muss ich jetzt auch einmal an die SPÖ adressieren –, ist, dass ein Parteitagsbeschluss herbeigeführt wurde, bei dem es darum geht, dass es einen Abschiebestopp nach Afghanistan geben soll, und dann Kollege Einwallner hier am Rednerpult steht und irgendwie etwas ganz anderes erzählt. Das ist ein bisschen eine Janusköpfigkeit, über die wir vielleicht in dieser Debatte auch noch einmal sprechen sollten. (Beifall bei der ÖVP. – Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Für uns ist klar, dass wir auf europäischer Ebene etwas tun müssen. Wir haben da den Zugang, dass wir rasche Lösungen brauchen. Als Volkspartei werden wir unsere Linie auch konsequent umsetzen. Herr Kollege Kickl, jetzt bin ich wieder bei Ihnen: Ich bedanke mich – was jetzt im Zuge dieser Debatte vielleicht ein bisschen eigenartig erscheint – wirklich bei Ihnen, dass Sie unserem Herrn Innenminister in regelmäßigen Abständen die Möglichkeit geben, unsere Linie und unsere Position so klarzumachen (Ruf bei der FPÖ: Wenn er selber nichts sagt!), dass der Vergleich eindeutig sicher macht und Ihre Schreckschüsse in der Unendlichkeit verhallen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Deimek: ... Ordnungsruf, oder darf Rapunzel das ungestraft sagen? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
17.02
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Harald Troch. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema der heutigen Dringlichen Anfrage ist das Versagen der ÖVP in der Asylpolitik.
Ich möchte mit einem konkreten Fall beginnen. Ende letzter Woche: Ein rechtskräftig Verurteilter ist in Schubhaft, er soll nach Nordafrika in sein Herkunftsland abgeschoben werden. Das Urteil zur Abschiebung liegt vor. Der Abschiebecharterflieger ist bestellt, die Flugkarte gebucht, das Flugzeug steht bereit. Der Abzuschiebende verweigert den PCR-Test und bleibt in Österreich – das versteht niemand in diesem Land. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und bei der FPÖ. – Abg. Belakowitsch: Ja, genau! – Abg. Sieber: Ihr seid für einen Abschiebestopp! – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Ich glaube, dass man da von einem Versagen – Sie brauchen sich gar nicht aufzuregen! – sprechen kann, das ist ein Versagen in der Asylpolitik. (Abg. Sieber: Sie haben den Abschiebestopp beschlossen! – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)
Konkret: Ganz Österreich ist vom gewaltsamen Tod der 13-jährigen Leonie betroffen. Es ist eine menschliche Tragödie. Ich denke, dieser Fall kann und darf nicht parteipolitisch
missbraucht werden, aber die Fragen sind: Hat der gewaltsame Tod von Leonie etwas mit Politik zu tun? Hat der tragische Fall etwas mit der Nichtabschiebung eines gefährlichen Verdächtigen zu tun? Gibt es da ein Versagen der Behörden und der Politik? – Diese Fragen müssen gestellt werden.
Nun komme ich zu einem der Tatverdächtigen, zum 18-jährigen Tatverdächtigen, Familienname A.: negativer Asylbescheid, 2016 erhielt er den Schutz für Minderjährige, mehrfach straffällig, mehrfach rechtskräftig verurteilt, im Oktober 2019 wurde der subsidiäre Schutz aberkannt, im November wurde dagegen Beschwerde eingebracht. Seither ist das letztinstanzliche Urteil ausständig. Das Bundesverwaltungsgericht sollte innerhalb von drei Monaten entscheiden – hätte eigentlich entscheiden müssen. Das wäre im Februar 2020 gewesen – heute ist Juli 2021, über eineinhalb Jahre wurde nicht entschieden.
Dazu muss man sagen: Das ist nicht einfach nur die Schuld der Richter oder des Personals. Die Personalsituation im Bundesverwaltungsgericht ist katastrophal, die Raumsituation ist katastrophal – unterbesetzt, unterbezahlt, besonders die B- und C-Beamten. Auch im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gibt es eine ganz, ganz schwierige Situation. Ist in dieser Situation die Justiz ein Thema für den Bundeskanzler? – Ja, die Justiz ist ein Thema für den Bundeskanzler, aber in eigener Sache: in seiner Sache wegen Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss. (Abg. Taschner: Das ist aber schon ...! – Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.) Der Bundeskanzler greift die unabhängige Justiz an, statt sich hinter die Justiz zu stellen und vom Finanzminister mehr Mittel für die unabhängige Justiz zu fordern. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Taschner: Ihrer Logik zu folgen ...!)
Die SPÖ fordert von Bundeskanzler Sebastian Kurz, dass er die unabhängige Justiz arbeiten lassen soll und dass mehr Personal für die zuständigen Bundesgerichte zur Verfügung gestellt wird, damit dieser Berg von 14 000 Asylverfahren endlich abgebaut wird.
Ganz konkret: Selbst der vorbestrafte Terrorist vom 2. November ist ein Fall, in dem die Behörden versagt haben. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich kann nur sagen: Die bösen Buben bleiben im Land – wer nicht im Land bleiben darf, sind brave Mädchen. Das ist zum Beispiel Tina. Tina war eine Schülerin am Wiener Gymnasium Stubenbastei. Tina ist zwölf Jahre alt. Tina ist ein braves und bestens integriertes Mädchen. Tina und ihre Schwester Lea, vier Jahre alt, wurden mit ihrer Familie abgeschoben. (Abg. Taschner: Aber rechtskonform sollen wir schon sein, Herr Kollege, gell?) – Ja, da schreien Sie dazwischen, aber da geht es um eine menschliche Tragödie. Wenn das wirklich Ihr Kommentar zu dieser menschlichen Tragödie ist, ist der Kommentar überflüssig. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Sieber.)
Ebenso Sona aus Armenien, eine Schülerin der Höheren Bundeslehranstalt: Sona ist eine freundliche und bestens integrierte Schülerin – perfektes Deutsch, keine Vorstrafen, kein Delikt, gar nichts. Katharina A. sagt es: freundlich, „bestens integriert“. – Sona wird aus ihrer Klasse 4HSC abgeschoben.
Während im Coronalockdown die Abschiebungen massiv reduziert wurden, sind Tina, Lea und Sona abgeschoben worden, in einem massiven, martialischen Polizeieinsatz mit Hundestaffeln. Das ist mit Menschenrechten nicht vereinbar. Die ÖVP ist nicht mehr christlich, die ÖVP ist nicht mehr sozial – die ÖVP ist einfach nur mehr türkis. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lausch.)
Herr Bundesminister, Sie haben vom Schutz der Außengrenzen Europas gesprochen – ich bin bei Ihnen. Herr Bundesminister, Sie haben die Asylzentren angesprochen – ich bin auch in diesem Fall bei Ihnen. Österreich hatte aber die EU-Ratspräsidentschaft inne. Was ist während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft geschehen? –
Bundeskanzler Kurz hat keine Initiativen zum Thema Schutz der Außengrenzen Europas gesetzt. Diese Gelegenheit wurde verschlafen, die Chancen vertan.
Fazit der ÖVP-Asylpolitik: Die bösen Buben bleiben im Land, die braven Mädchen werden abgeschoben. Das ist weder wirksam noch human. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Brandstötter.)
17.08
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir sind schon heute in der Früh Zeuginnen und Zeugen eines sehr pietätlosen Schauspiels geworden. In der Hauptrolle haben wir den Klubobmann der Freiheitlichen, Herbert Kickl, gesehen.
Was diese Ouvertüre in der Früh schon hat erahnen oder eigentlich eher befürchten lassen, hat uns die Dringliche Anfrage der FPÖ noch einmal bestätigt. Der Titel des Schauspiels, dem wir gerade beiwohnen, lautet: rassistische Instrumentalisierung von Frauen- und Mädchenmorden. In der Hauptrolle erleben wir erneut den Klubobmann der Freiheitlichen, Kickl. Dieses Schauspiel ist widerlich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Machen Sie weiter so! – Zwischenruf des Abg. Deimek.)
Es ist widerlich, Herr Kickl, wie Sie versuchen, aus einem furchtbaren Mord an einer 13-Jährigen politisches Kleingeld zu schlagen (Abg. Belakowitsch: ... Afghanen ..., das ist bekannt!), es ist widerlich, wie Sie versuchen, mit einem Mord Hass zu schüren, es ist widerlich und schäbig und sonst nichts. (Abg. Martin Graf: Ein bissel mehr Emotion, dann wird es glaubhafter, das nicht so ...!) – Ich höre Sie nicht, ich kann Sie nicht verstehen. Ich glaube, obwohl ich fünf Sprachen spreche, kann ich nicht verstehen, was Sie mir hier entgegenbrüllen. Ich weiß nicht, wieso das so ist. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kickl: Das heißt nicht, dass Sie was zu sagen haben!) – Ich habe sicher mehr zu sagen als Sie, das werden Sie gleich hören.
Es ist leicht, zu durchschauen, was Sie hier machen. Wieso? – Der Mord an der 13-jährigen Leonie ist laut Statistik des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser der 15. Frauen- beziehungsweise Mädchenmord, den wir heuer in Österreich leider schon erleben mussten. (Abg. Belakowitsch: Der ist aber ein bissl anders wie die anderen! ...!) 14 getötete Frauen waren Ihnen, Herr Kickl, keine einzige Wortmeldung wert – nichts, kein Mucks, kein Pieps, nichts, ganz zu schweigen von einer Dringlichen Anfrage, keine einzige Reaktion. 14 Morde – nichts! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Dann ist die Ermordung von Leonie bekannt geworden – keine Reaktion von Herrn Kickl, nichts, das große Schweigen, nichts, nichts, nichts. (Abg. Kickl: Zuerst muss man vielleicht wissen, was los ist!) Am 23.6. ist bekannt geworden, dass die 13-jährige Leonie von PassantInnen tot aufgefunden worden ist. Zwei Tage lang hat es von Ihnen genau nichts gegeben, nichts, nichts, nichts, Herr Kickl, und auch von sonst keinem hochrangigen Vertreter der FPÖ. Wann haben Sie denn zum ersten Mal reagiert? Wissen Sie das? (Abg. Kickl: Wissen Sie, was da im Hintergrund gelaufen ist? Sie haben ja keine Ahnung! Sie haben keine Ahnung ...!) Wissen Sie, wann Sie zum ersten Mal reagiert haben? Wann haben Sie zum ersten Mal reagiert, Herr Kickl? – Zwei Tage nach Bekanntwerden der Ermordung! Wieso haben Sie erst nach zwei Tagen reagiert? – Ich sage es Ihnen: Weil erst dann bekannt wurde, dass es sich bei den Tatverdächtigen um afghanische Staatsbürger handelt. Erst nachdem diese Info bekannt geworden ist,
haben Sie öffentlich reagiert. Es ist so durchschaubar, was Sie hier machen! (Abg. Kickl: Sie haben es notwendig! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Danach haben Sie Ihre ganze spalterische Hetzmaschinerie, Ihr ganzes rassistisches Feuerwerk gezündet, und seither machen Sie genau eines: Sie benutzen diesen Mord und Sie instrumentalisieren ihn für eine Asyldebatte, und das ist letztklassig! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Sie lenken damit vom eigentlichen Problem ab (Zwischenruf des Abg. Deimek), und darauf weisen heute die Asylkoordination Österreich, der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser und auch Zara – Zivilcourage und Antirassismusarbeit – in einer gemeinsamen Erklärung, die hier schon genannt worden ist und die von 30 NGOs unterstützt wird, hin. (Abg. Kickl: Da habe ich das erste Mal Mitleid mit der ÖVP! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das eigentliche Problem, über das wir reden sollten, ist die hohe Zahl der Frauenmorde in unserem Land, ist das hohe Ausmaß an Gewalt gegen Frauen in Österreich. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Deimek.)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im Land der Priklopils, der Fritzls und der Bierwirte ist Männergewalt gegen Frauen kein importiertes Problem, genauso wenig wie Frauenmorde kulturell bedingt sind. Das wissen Sie (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP – Abg. Kickl: Na ja!), und trotzdem instrumentalisieren Sie den Tod eines 13-jährigen Mädchens für Ihre menschenverachtende, rassistische, politische Agenda, und das ist pietätlos. Schämen Sie sich! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
17.12
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Schnedlitz. – Bitte.
Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Innenminister! An meine geschätzte Vorrednerin: Frau Kollegin, ein Mord ist kein Schauspiel (Abg. Disoski: Nein! Nein!), ein Mord ist keine Statistik oder Ähnliches. Und eines ist das Schändlichste: Sie kommen hier heraus und kritisieren die Opposition, obwohl viele in Österreich das Gefühl haben, nicht mehr sicher leben zu können, und Sie in der Regierung sitzen und diesen Umstand endlich ausräumen sollten! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Wir kritisieren euer lächerliches Schauspiel!)
Herr Innenminister, wir debattieren heute Verfehlungen und Missstände in der Asylpolitik, und wenn Sie dann in Ihrem Redebeitrag sagen – das haben Sie auf sich selbst bezogen –: Unsere Aufgabe ist es, diesen Mord aufzuklären!, dann muss ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen: Nein, das ist nicht Ihre Aufgabe! Das ist nicht die Aufgabe der Politik, das ist die Aufgabe der Polizei, und dieser Polizei vertrauen wir auch. Ihre Aufgabe ist eine andere. Ihre Aufgabe wäre es, als Politiker Rahmenbedingungen zu schaffen, damit keine Mörder mehr ins Land kommen und ins Land geholt und importiert werden, und dafür Sorge zu tragen, dass solche Morde gar nicht passieren, wenn es möglich ist – und nicht, im Nachhinein aufzuklären. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Lausch: Genau!)
Herr Innenminister, was ist denn mit dem vierten Tatverdächtigen? Was ist denn, wenn der jetzt wieder jemanden umbringt? Das wäre es: diese Sicherheitslage zu verbessern, dass die sich nicht auf freiem Fuß befinden, wenn sie straffällig geworden sind – und nicht, im Nachhinein einen Mord aufzuklären. Sie sind kein Polizist, Herr Innenminister – die Polizisten leisten großartige Arbeit –, Sie sind ein Innenminister, der eine klare Aufgabe hat: Verbesserungen herbeizuführen, damit die Sicherheit in diesem Land wieder steigt.
Eines aber muss man Ihnen lassen, das nehme ich Ihnen im Zusammenhang mit Ihrer Rede ab, das haben Sie glaubhaft ausgesprochen und vermittelt, nämlich dass Sie völlig ratlos sind, Herr Minister. (Beifall bei der FPÖ.)
Das Problem, mit dem wir es jetzt zu tun haben, Frau Kollegin, das ist nicht Rassismus oder das freie Wort hier heraußen oder das ausgesprochene Wort. Das Problem ist, dass einer der Täter zum Beispiel 2015 ins Land gekommen ist. Wir alle wissen, dass es ÖVP-Kanzler Kurz war, der als zuständiger Integrationsminister kurz zuvor, 2014, gesagt hat: Wir brauchen mehr Willkommenspolitik! – Sie haben diesen Zuwanderern, unter denen sich auch viele Gewalt- und Straftäter befinden, den roten Teppich ausgerollt, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)
Mittlerweile befinden wir uns in einer Art Notstand in unserem Land, einem Notstand, in dem sich auf der einen Seite Frauen oder Mädchen am Abend teilweise nicht mehr frei und sicher durch unsere Gassen zu gehen trauen, und auf der anderen Seite ist die Bundesregierung, die nichts tut außer zu beschwichtigen, anzukündigen, runde Tische abzuhalten und Showpolitik zu leben, sehr geehrte Damen und Herren – aber das ist zu wenig! (Beifall bei der FPÖ.)
Damit wir aus diesem Notstand herauskommen, müssen wir vom Notstandsmodus in den Notwehrmodus wechseln, sehr geehrte Damen und Herren. Unsere Frauen und Mädchen haben nichts davon, wenn Sie sich gegenseitig zwischen Schwarz und Grün die Schuld zuschieben, die haben nichts davon, wenn Sie sich auf internationale Verträge ausreden. Sehr geehrte Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz ehrlich: Auch wir als Freiheitliche respektieren internationale Verträge (Abg. Prammer: Seit wann?), nur ist uns der Schutz und das Leben unserer Frauen und Kinder wichtiger als jeder internationale Vertrag. (Beifall bei der FPÖ.)
Dann müssen wir halt auch einmal ein Vertragsverletzungsverfahren riskieren, wie es das auf anderen Ebenen und bei anderen Themen auch gibt. Die Weltkugel wird sich weiterdrehen, sehr geehrte Damen und Herren, aber wenn unsere Frauen und Kinder geschützt sind, dann ist es das auf alle Fälle wert. (Beifall bei der FPÖ.)
Frau Kollegin Jachs, der Job Ihres Innenministers ist es auch nicht, seine Linie zu präsentieren. Der Job Ihres Innenministers ist es, zu handeln. So einfach ist das, und das ist es, was die Bevölkerung erwartet. Wir müssen aus dieser Spirale ausbrechen, in der Sie als Innenminister Straffällige nicht abschieben, weil das Innenministerium sagt: Wenn die keinen freiwilligen Coronatest machen, na dann können sie im Land bleiben und werden sogar in die Freiheit entlassen!, während es bei den Österreichern ganz anders ausschaut, und gleichzeitig kommen mehr ins Land herein, als abgeschoben werden. Sehr geehrte Damen und Herren, das Problem wird derzeit größer, nicht kleiner, das ist die Wahrheit! (Beifall bei der FPÖ.)
Genau da müssen wir ansetzen. Herr Innenminister, hören Sie auf, sich von straffälligen Asylanten auf der Nase herumtanzen zu lassen! Die Menschen in diesem Land erwarten sich einen Innenminister, der Stärke zeigt, der entschlossen durchgreift und handelt, der die Bevölkerung schützt, und nicht einen Innenminister, mit dem straffällige Asylanten Schlitten fahren, wenn ich das so salopp formulieren darf. Sie müssen ja nur umdenken: Sichern Sie die Grenzen gegen Straffällige und nicht gegen Urlauber! Verfolgen Sie Straffällige anstatt rechtschaffene Bürger, hören Sie auf zu reden und beginnen Sie endlich, zu handeln! (Beifall bei der FPÖ.)
Eines sage ich Ihnen auch, Kollegen von den Grünen, mit denen Sie in der Regierung sitzen: Hören wir mit dieser Zuwanderungsromantik auf und damit, zu glauben, Österreich müsse die ganze Welt retten! Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Wer halb Kabul aufnimmt, der rettet nicht Kabul, sondern der riskiert in Österreich Zustände wie in Kabul! (Beifall bei der FPÖ.)
Abschließend: Wir müssen eine klare Botschaft senden. Die heißt: Straffällige Asylanten werden nicht geduldet, sondern abgeschoben, und neue brauchen sich gar nicht auf den Weg zu machen. Die Botschaft muss lauten und auch umgesetzt werden: Versucht es erst gar nicht, wir sind eine Festung, die Grenzen sind dicht! Österreich ist kein Schlaraffenland und wir lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen! Und das Wichtigste, sehr geehrte Damen und Herren: Niemand, aber auch gar niemand, vergreift sich an unseren Frauen und Kindern, sonst setzt sich Österreich zur Wehr! (Beifall bei der FPÖ.)
17.19