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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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194. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 21. März 2013

 

 


Stenographisches Protokoll

194. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode            Donnerstag, 21. März 2013

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 21. März 2013: 9.05 – 18.26 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Opferfürsorge­gesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Impfschadengesetz und die 11. Opferfürsor­gegesetz-Novelle geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsge­setz 1984, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz und
das Betriebspensionsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2013 – SRÄG 2013)

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1640/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung von Volontariaten im öffentlichen Dienst

5. Punkt: Bericht über den Antrag 2190/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung von Volontariaten im privaten Profit-orientierten Sektor

6. Punkt: Bericht über den Antrag 2191/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschädigung von Praktika in Kollektivverträgen

7. Punkt: Bericht über den Antrag 2034/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Förderung des beruflichen Umstiegs in den Pflege- und Betreuungsbereich

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Behin­derteneinstellungsgesetz geändert werden

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbe­hindertengesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeits­marktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das IEF-Service-GmbH-Ge-


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setz, das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991, das Arbeitsruhegesetz, das Arbeitszeit­gesetz, das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz 1987, das Landarbeitsge­setz 1984, das Mutterschutzgesetz 1979, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs­gesetz, das Gleichbehandlungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitsver­tragsrechts-Anpassungsgesetz, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsins­pektionsgesetz 1993 und das Produktsicherheitsgesetz 2004 geändert werden und das Bundesberufungskommissionsgesetz aufgehoben wird (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsge­setz 1972 und das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichts­barkeits-Anpassungsgesetz – Sozialversicherung)

11. Punkt: Bericht über den Antrag 2231/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Datenerfassung durch die Sozialversicherungs­träger

12. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liech­tenstein über soziale Sicherheit

13. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nu­klearversuchen über soziale Sicherheit

14. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Indien über soziale Sicherheit

15. Punkt: Bericht über den Antrag 2232/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Untersagung des Gebietsschutzes im Bereich der mobilen Pflege in Oberösterreich und der Steiermark

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 geändert wird (DSG-Novelle 2013)

17. Punkt: Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungs­hilfen für Kinder und Jugendliche (Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 –
B-KJHG 2013)

18. Punkt: Bericht über den Antrag 1406/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend ein Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz

19. Punkt: Bericht über den Antrag 1560/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Hilfen für junge Erwachsene“ im neuen Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz

20. Punkt: Bericht über den Antrag 1489/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einarbeitung der Erkenntnisse der Ex­pertInnenkommission zum „Fall Cain“ in das Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz

21. Punkt: Bericht über den Antrag 846/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesetzentwurf über die Grundsätze für soziale Arbeit mit Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

23. Punkt: Bericht über den Antrag 1744/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kol­legin und Kollegen betreffend Vereinheitlichung von Antrags- und Auszahlungsmoda-


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litäten der Familienleistungen in Österreich sowie direkte Auszahlung der Familienbei­hilfe an Studierende

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienberatungsförderungsgesetz geändert wird

25. Punkt: Sammelbericht über die Petitionen Nr. 61, 148, 158, 164, 168, 171, 174 bis 178 und 183 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 41, 47, 50 bis 52

26. Punkt: Bericht über den Antrag 1815/A der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungs­gesetz 1975), idF BGBl. I. Nr. 114/2011, geändert wird

27. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Günther Kräuter

28. Punkt: Neuwahl von Ausschüssen

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 13

Ordnungsruf ................................................................................................................. 100

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kollegin und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1866/A(E) der Abgeord­neten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der Zweckbindung für Wohnbaufördermittel der Länder gemäß § 43 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung eine Frist bis 24. April 2013 zu setzen ............................................ 39

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 39

Redner/Rednerinnen:

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................... 123

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 126

Johann Singer ............................................................................................................ 128

Elmar Podgorschek ................................................................................................... 129

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 130

Gerald Grosz ............................................................................................................... 132

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 134

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 135

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Aus­schussberichtes 2248 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung ...................................................................................... 39

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 39

Antrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kolle­gen, den Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2191 d.B.):


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Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 –
B-KJHG 2013) (2202 d.B.), gemäß § 53 Abs. 6 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Familienausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ............................................................................  140, 140

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsidenten Fritz Neugebauer .................................................................................. 182

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 182

Fragestunde (27.)

Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz ............................................................... 13

Renate Csörgits (189/M) (siehe schriftliche Beantwortung 1/ABM)

August Wöginger (186/M); Dr. Wolfgang Spadiut, Karl Öllinger, Dr. Dagmar Bela­kowitsch-Jenewein, Mag. Christine Lapp, MA

Herbert Kickl (188/M); Franz Riepl, Johann Höfinger, Gerald Grosz, Mag. Alev Korun

Karl Öllinger (192/M); Josef Jury, Ulrike Königsberger-Ludwig, Oswald Klikovits, Dr. Wolfgang Spadiut

Josef Bucher (193/M); Karl Öllinger, Werner Neubauer, Johann Hechtl, Jochen Pack

Stefan Markowitz (191/M); Ridi Maria Steibl, Stefan Petzner, Mag. Birgit Schatz, Maximilian Linder, Dr. Sabine Oberhauser, MAS

Erwin Spindelberger (190/M); Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Sigisbert Dolin­schek, Mag. Birgit Schatz, Bernhard Vock

Mag. Gertrude Aubauer (187/M); Ursula Haubner, Karl Öllinger, Dr. Dagmar Be­lakowitsch-Jenewein, Dietmar Keck

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 38

28. Punkt: Neuwahl von Ausschüssen ........................................................................ 181

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (2137 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geän­dert wird (2218 d.B.) ....... 40

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (2162 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Impfschadengesetz und die 11. Opferfürsorgegesetz-Novelle geändert werden (2219 d.B.) ...................................................................................................................... 40

Redner/Rednerinnen:

Ulrike Königsberger-Ludwig ...................................................................................... 40

Johann Höfinger ........................................................................................................... 42

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ......................................................................... 42


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Karl Öllinger .................................................................................................................. 43

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 49

Stefan Markowitz .......................................................................................................... 49

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ......................................................................... 50

Anna Franz .................................................................................................................... 50

Eva-Maria Himmelbauer, BSc .................................................................................... 51

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2218 und 2219 d.B. ....................................... 52

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (2150 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpas­sungsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Ar­beitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Ar­beitsverfassungsgesetz und das Betriebspensionsgesetz geändert werden (So­zialrechts-Änderungsgesetz 2013 – SRÄG 2013) (2220 d.B.)    ............................................................................................................................... 53

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1640/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung von Volontariaten im öffentlichen Dienst (2221 d.B.) ...................................................................................................................... 53

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2190/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung von Volontariaten im privaten Profit-orientierten Sektor (2222 d.B.) ....................................................................................... 53

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2191/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschädigung von Praktika in Kollektivverträgen (2223 d.B.) ...................................................................................................................... 53

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2034/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung des beruflichen Umstiegs in den Pflege- und Betreuungs­bereich (2224 d.B.) ...................................................................................... 53

Redner/Rednerinnen:

Mag. Birgit Schatz ........................................................................................................ 54

Wolfgang Katzian ......................................................................................................... 57

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 58

August Wöginger ......................................................................................................... 59

Ursula Haubner ............................................................................................................ 60

Werner Neubauer ......................................................................................................... 61

Stefan Markowitz .......................................................................................................... 63

Franz Riepl .................................................................................................................... 64

Ridi Maria Steibl ........................................................................................................... 64

Bernhard Vock .............................................................................................................. 65

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ......................................................................... 66

Peter Haubner ............................................................................................................... 67

Rupert Doppler ............................................................................................................. 67

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................... 68

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsanspruch und Kündigungsschutz auch für Bildungs­karenzmodelle – Ablehnung  56, 69


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 6

Annahme des Gesetzentwurfes in 2220 d.B. ................................................................ 68

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 2221, 2222, 2223 und 2224 d.B. ............. 69

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (2163 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Behinderteneinstellungsgesetz geändert werden (2225 d.B.) .......................................................................................... 69

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ......................................................................... 69

Josef Muchitsch ........................................................................................................... 71

Mag. Alev Korun ........................................................................................................... 72

Karl Donabauer ............................................................................................................ 73

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 74

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ......................................................................... 75

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ............................................................................. 76

Mag. Helene Jarmer ..................................................................................................... 77

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 77

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (2193 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Arbeitslosenver­sicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförde­rungsgesetz, das IEF-Service-GmbH-Gesetz, das Arbeitsplatz-Sicherungsge­setz 1991, das Arbeitsruhegesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Kinder- und Ju­gendlichen-Beschäftigungsgesetz 1987, das Landarbeitsgesetz 1984, das Mut­terschutzgesetz 1979, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Gleichbehandlungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitsvertrags­rechts-Anpassungsgesetz, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeits­inspektionsgesetz 1993 und das Produktsicherheitsgesetz 2004 geändert werden und das Bundesberufungskommissionsgesetz aufgehoben wird (Verwaltungsge­richtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) (2226 d.B.) ...................................................................................................................... 78

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (2195 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversi­cherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-So­zialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Sozialversicherung) (2227 d.B.)                    78

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2231/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Datenerfassung durch die Sozialversicherungsträger (2228 d.B.) ...................................................................................................................... 78

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ......................................................................... 78

Johann Hechtl ............................................................................................................... 80

Johann Höfinger ........................................................................................................... 82

Karl Öllinger .................................................................................................................. 83

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 86

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ......................................................................... 87

Karl Donabauer ............................................................................................................ 87


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 7

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2226 und 2227 d.B. ....................................... 88

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2228 d.B. ..................................................... 89

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (2138 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über soziale Sicherheit (2229 d.B.) ...................................................................................................................... 89

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (2139 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das um­fassende Verbot von Nuklearversuchen über soziale Sicherheit (2230 d.B.)        ............................................................................................................................... 90

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (2159 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Indien über soziale Sicherheit (2231 d.B.)      ............................................................................................................................... 90

Redner/Rednerinnen:

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ..................................................................................... 90

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ................................................................................. 91

Karl Öllinger .................................................................................................................. 91

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 92

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ............................................................................. 92

Genehmigung der drei Staatsverträge in 2229, 2230 und 2231 d.B. ............................. 93

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2232/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Untersagung des Gebietsschutzes im Bereich der mobilen Pflege in Oberösterreich und der Steiermark (2232 d.B.) ................................ 93

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Vock .............................................................................................................. 93

Mag. Christine Lapp, MA ............................................................................................. 94

Ursula Haubner ............................................................................................................ 95

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ..... 96

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ......................................................................... 97

Gerald Grosz ................................................................................................................. 98

Karl Öllinger ................................................................................................................ 100

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 102

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2232 d.B. ................................................... 103

16. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (2131 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 geändert wird (DSG-Novelle 2013) (2245 d.B.)                         103

Redner/Rednerinnen:

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 103

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 105

Mag. Michael Hammer ............................................................................................... 105

Werner Herbert ........................................................................................................... 106

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 106

Christoph Hagen ........................................................................................................ 108

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ...................................................................... 108

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher .................................................................................. 110

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 110


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 8

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2191 d.B.): Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Er­ziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (Bundes-Kinder- und Jugendhilfege­setz 2013 – B-KJHG 2013) (2202 d.B.) ................................................. 110

18. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1406/A(E) der Ab­geordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend ein Bundes-Kin­der- und Jugendhilfegesetz (2203 d.B.)                             111

19. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1560/A(E) der Ab­geordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Hilfen für junge Erwachsene“ im neuen Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz (2204 d.B.) .................................................................. 111

20. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1489/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einarbeitung der Erkenntnisse der ExpertInnenkommission zum „Fall Cain“ in das Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz (2205 d.B.)      ............................................................................................................................. 111

21. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 846/A(E) der Ab­geordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesetzentwurf über die Grundsätze für soziale Arbeit mit Familien und Er­ziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (2206 d.B.) ...... 111

Redner/Rednerinnen:

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................. 111

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 113

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 114

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 116

Ursula Haubner .......................................................................................................... 118

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 120

Anna Höllerer .............................................................................................................. 136

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 137

Angela Lueger ............................................................................................................ 138

Christine Marek .......................................................................................................... 138

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 140

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ridi Maria Steibl, Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes – Annahme (E 299)       117, 141

Annahme des Gesetzentwurfes in 2202 d.B. .............................................................. 140

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 2203, 2204, 2205 und 2206 d.B. ........... 141

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2192 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (2207 d.B.) ................ 142

23. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1744/A(E) der Ab­geordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Vereinheitlichung von Antrags- und Auszahlungsmodalitäten der Familienleistungen in Österreich sowie direkte Auszahlung der Familienbeihilfe an Studierende (2208 d.B.)     ............................................................................................................................. 142

Redner/Rednerinnen:

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 142

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 143


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 9

Ursula Haubner .......................................................................................................... 144

Mag. Laura Rudas ...................................................................................................... 144

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................... 145

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 147

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 149

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ............................................................................... 150

Franz Riepl .................................................................................................................. 150

Mag. Silvia Fuhrmann ................................................................................................ 151

Entschließungsantrag der Abgeordneten Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Kollegin und Kollegen betreffend Valorisierung der Familienbeihilfe – Ableh-
nung .....................................................................................................................  146, 152

Annahme des Gesetzentwurfes in 2207 d.B. .............................................................. 152

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2208 d.B. ................................................... 152

24. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2190 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienberatungsförderungsgesetz ge­ändert wird (2209 d.B.) .................. 152

Redner/Rednerinnen:

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 153

Hermann Lipitsch ....................................................................................................... 154

Carmen Gartelgruber ................................................................................................ 154

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................... 155

Ursula Haubner .......................................................................................................... 156

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................... 156

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 156

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 157

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 158

25. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 61, 148, 158, 164, 168, 171, 174 bis 178 und 183 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 41, 47, 50 bis 52 (2210 d.B.) ....................................................................................................................................... 158

Redner/Rednerinnen:

Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 158

Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................... 160

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 161

Anna Höllerer .............................................................................................................. 163

Rupert Doppler ........................................................................................................... 164

Dr. Wolfgang Spadiut ................................................................................................ 164

Bernhard Vock ............................................................................................................ 166

Erich Tadler ................................................................................................................. 167

Erwin Preiner .............................................................................................................. 167

Anna Franz .................................................................................................................. 168

Christoph Hagen ........................................................................................................ 169

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 171

Hermann Gahr ............................................................................................................ 172

Hermann Lipitsch ....................................................................................................... 173

Christine Marek .......................................................................................................... 174

Hannes Weninger ....................................................................................................... 175

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 175

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Mitbenützung der Busspur durch einspurige Kraftfahrzeuge – Ablehnung ........  165, 176


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 10

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Benutzung der Busspur durch einspurige Kraftfahrzeuge“ – Ablehnung ..........  170, 176

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2210 d.B. ................................................... 176

26. Punkt: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 1815/A der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäfts­ordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), idF BGBl. I. Nr. 114/2011, geändert wird (2242 d.B.) ...................................................................... 176

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 177

Otto Pendl ................................................................................................................... 178

Stefan Petzner ............................................................................................................ 179

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 180

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2242 d.B. ................................................... 181

27. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landes­gerichtes für Strafsachen Wien (091 Hv 5/13s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Günther Kräuter (2248 d.B.)                                                                                                         181

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 181

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 37

2243: Gesundheitsreformgesetz 2013

2244: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend

2246: Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2013 – SVÄG 2013

2247: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert wird

Bericht ........................................................................................................................... 38

III-402: Bericht gemäß § 38a Abs. 5 Wehrgesetz 2001 betreffend militärische Dienstleistungen von Frauen in den Jahren 2011 und 2012; BM f. Landesvertei­digung und Sport

Anträge der Abgeordneten

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Sparguthaben verfas­sungsrechtlich sichern! (2239/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Barrierefreiheit als Pflicht­fach in allen einschlägigen Ausbildungen (2240/A)(E)

Dr. Johannes Jarolim, Mag. Peter Michael Ikrath, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz (Unv-Transparenz-G) und das Bezügebegrenzungs-BVG geändert werden (2241/A)

Ursula Haubner und Kollegen betreffend Listung von Kommunikationshilfsmitteln für Menschen mit sprachlichen Beeinträchtigungen (2242/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 11

Ursula Haubner und Kollegen betreffend Reform des Schularzt- und Schulpsycholo­genwesens (2243/A)(E)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Migrations­museums (2244/A)(E)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Mitbenützung der Busspur durch einspurige Kraftfahrzeuge (2245/A)(E)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Wahlfreiheit für Eltern ausbauen (2246/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Christine Lapp, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rech­nungshofes betreffend Tätigkeit des Rechnungshofes (14291/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Planposten im Stadtpolizeikommando Linz (14292/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Entfall von Bahnleistungen und Sanierungspro­gramm der Rail Cargo Austria AG (RCA) (14293/J)

Kurt List, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Sicherstellung des Dienstbetriebes am Fliegerhorst Nittner in der bisherigen Form bis zum Bedarf der militärischen Einrichtungen durch den Käufer (14294/J)

Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Väter, die Kinderbetreuungsgeld beziehen (14295/J)

Ewald Sacher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die „Polizeipräsenz in der Kremser Innenstadt“ (14296/J)

Ursula Haubner und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Zusammenlegung der Dienstsprengel für den Ärztebereitschaftsdienst (14297/J)

Erich Tadler, Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Fleischskandal/Mogelpackungen im Handel/Konsumenten­schutz (14298/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Rücknahmeabkommen (14299/J)

Gerhard Huber, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlungsverfahren in der Causa Hypo Tirol (14300/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (13362/AB zu 13599/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (13363/AB zu 13623/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13364/AB zu 13633/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 12

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Tanja Wind­büchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (13365/AB zu 13635/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13366/AB zu 13661/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Gla­wischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (13367/AB zu 13702/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Dopp­ler, Kolleginnen und Kollegen (13368/AB zu 13731/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (13369/AB zu 13827/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (13370/AB zu 13831/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Rie­mer, Kolleginnen und Kollegen (13371/AB zu 13844/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Ernest Wind­holz, Kolleginnen und Kollegen (13372/AB zu 13869/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 13

09.05.32Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 194. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Josef Auer, Csörgits, Jakob Auer, Obernosterer, Dipl.-Ing. Deimek, Ing. Hofer, Mag. Musiol, Schenk und Köfer.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner wird durch die Bundesministerin für Justiz Dr. Beatrix Karl vertreten. (siehe S. 37)

*****

Ich gebe bekannt, dass die Fragestunde bis voraussichtlich 10.40 Uhr live auf ORF 2 übertragen wird, ORF III überträgt die Sitzung live in voller Länge.

09.06.21Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden – wie schon intensiv geprobt – von den Rednerpulten im Halbrund vorgenommen, der Herr Bundes­minister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz antwortet vom Rednerpult aus.

Die Anfragen dürfen nicht länger als 1 Minute dauern, die Hauptantwort des Herrn Bun­desministers 2 Minuten und die Antworten auf die Zusatzfragen jeweils 1 Minute. Ich werde so wie bisher kurz vor Ende der Redezeit läuten.

Meine Damen und Herren, ich mache auch auf Folgendes aufmerksam: Wir haben in einer der letzten Präsidialen über die Dauer der Fragestunden eine Diskussion abge­halten und sind übereingekommen, dass wir sehr wohl – so wie bei den letzten Ma­len – alle Fragen zum Aufruf bringen. Das heißt allerdings, dass wirklich äußerste Re­dedisziplin geübt werden muss. Ich darf die Damen und Herren Abgeordneten vor allem ersuchen, solche Zusatzfragen zu stellen, bei denen der Herr Bundesminister auch die Chance hat, eine Antwort innerhalb von 1 Minute zu geben.

Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich weise noch einmal darauf hin, dass Frau Abgeordnete Csörgits erkrankt ist, also nicht anwesend ist, daher entfällt die 1. Anfra­ge, damit auch die Zusatzfragen. Die Hauptfrage wird durch den Herrn Bundesminister schriftlich beantwortet.

Wir kommen daher zur 2. Anfrage, 186/M, das ist die des Herrn Abgeordneten Wö­ginger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 14

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister, gu­ten Morgen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bedarfsorientierte Mindestsi­cherung ist zum Ersten sicher ein wichtiges Instrument zur Armutsbekämpfung, und zum Zweiten ist es wichtig, dass die Menschen wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden.

Wir haben da aus unserer Sicht aber durchaus Handlungsbedarf. Die ÖVP steht auf dem Standpunkt, dass wir jenen Menschen helfen müssen, die Hilfe brauchen, sich aber nicht selbst helfen können. Wir sollten aber vermeiden, jene zu unterstützen, die sich selbst helfen könnten, aber nicht wollen.

Wenn wir uns die Zahlen in den einzelnen Bundesländern anschauen, dann stellen wir fest, dass dort unserer Meinung nach doch eine Schieflage bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung herrscht. Sicherlich kann man da den urbanen Bereich mit dem ländlichen Bereich nicht eins zu eins vergleichen, dennoch werfen die Zahlen einige Fragen auf.

Herr Bundesminister, meine Frage lautet daher:

186/M

„Wie viele Mindestsicherungsbezieher gibt es in den einzelnen Bundesländern, die in­nerhalb eines halben Jahres wieder eine nachhaltige Arbeit über der Geringfügig­keitsgrenze für mindestens drei Monate aufgenommen haben?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Wöginger! Es gibt 31 854 Mindestsiche­rungsbezieher, die länger als drei Monate beschäftigt waren und sind, und derzeit haben wir 3 939 Mindestsicherungsbezieher, die in der Pipeline zu den drei Monaten sind.

Darüber hinaus darf ich Ihnen mitteilen: Zwei Drittel dieser Personen befinden sich in Wien, und das Bundesland mit dem zweithöchsten Beschäftigtenanteil ist Niederös­terreich, der Rest verteilt sich auf ganz Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Wö­ginger.

 


Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Eine Problematik, die wir bei der Bedarfs­orientierten Mindestsicherung immer wieder aufzeigen, ist, dass die Sanktionen aus unserer Sicht zu wenig greifen. Selbst wenn das Arbeitsamt einen Sperrvermerk ver­gibt, weil jemand die Arbeit oder die Teilnahme an Aktivierung verweigert, geschieht in manchen Bundesländern gar nichts. Sanktionen wie die vorgesehene Kürzung der Mindestsicherung gibt es nicht, Sanktionen scheinen auch nirgends auf. In Wien wird die Mindestsicherung aus unserer Sicht zum Teil auch missbraucht, und es wird nichts dagegen getan.

Was, Herr Bundesminister, muss im Bereich der Mindestsicherung geändert werden, um aussagekräftige Zahlen zu bekommen und Missbrauch zuverlässig zu verhindern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Erstens ist das, was Sie hier fragen, Angelegenheit der Bundesländer.

Zweitens: Wir haben sehr wohl Kontrollen, wir haben keinen sogenannten laschen Voll­zug, denn sonst würde es zum Beispiel keine Migration von Mindestsicherungsbe­ziehern von Wien nach Niederösterreich geben. Mehr Mindestsicherungsbezieher zie-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 15

hen von Wien nach Niederösterreich als von Niederösterreich nach Wien; wir haben diesbezüglich neue vertiefte Studien gemacht.

Man muss sich auch die Struktur der Mindestsicherungsbezieher einmal anschauen. Von der Gesamtzahl der Mindestsicherungsbezieher sind 35 Prozent im sogenannten arbeitsfähigen Alter und beim AMS vorgemerkt, 20 Prozent sind Aufstocker, 12 Prozent sind arbeitsunfähig und im Pensionsalter, 27 Prozent sind Kinder und Jugendliche, und 6 Prozent sind andere. Das heißt, wenn man die Zahlen zerlegt, kommt man drauf, dass es sehr wohl im Vollzug ordnungsgemäße Kontrollen gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Spadiut.

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Minister! Durch die geringe Diffe­renz zwischen Mindestlohn und Bedarfsorientierter Mindestsicherung wird für Mindest­sicherungsbezieher kein wirklicher Anreiz geschaffen, eine Arbeit anzunehmen.

Mit welchen konkreten Maßnahmen wollen Sie sicherstellen, Herr Minister, dass die ar­beitende Bevölkerung gerechtere Löhne und Gehälter im Vergleich zur Mindestsiche­rung bekommt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Punkt eins: Sie wissen, dass die Lohnpolitik in Österreich Angelegenheit der Sozialpartner ist. Sie wissen auch, dass alle Kollektivverträge schon mehr oder we­niger über 1 300 € vorsehen. Was Sie aber auch wissen, ist, dass wir einen sehr hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigungen haben.

Punkt zwei: Es werden sehr wohl – ich habe das vorhin schon erklärt – arbeitsmarkt­intensive Maßnahmen gesetzt, denn sonst hätten wir nicht 40 400 BMS-Bezieher, die seit der Einführung in den Arbeitsmarkt vermittelt worden sind. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Öl­linger.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Kollege Wöginger ist offensichtlich der Meinung, dass MindestsicherungsbezieherInnen zu wenig Arbeitsmöglichkeiten ergreifen. Wir halten derzeit bei einem Arbeitslosenstand von knapp einer halben Million, hochgerechnet.

Gibt es für Sie irgendwelche Gründe, warum Mindestsicherungsbezieher eher Arbeit erhalten sollen als die normalen Arbeitslosen, die ja teilweise höher qualifiziert sind?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Ich möchte das noch einmal zurückweisen: Es sind nicht knapp eine halbe Million, sondern inklusive der Schulungsteilnehmer sind 370 000 Menschen arbeitslos; das ist von einer halben Million ein bisschen entfernt. – Das ist Punkt eins.

Punkt zwei: Mindestsicherungsbezieher werden auf dem Arbeitsmarkt so behandelt wie alle anderen Menschen, bei denen die Integration in den Arbeitsmarkt mit ge­wissen Erschwernissen versehen ist. Sie werden völlig gleich behandelt. Wie die Zah­len zeigen, funktioniert das auch, denn sonst hätten wir nicht zwischenzeitlich 40 000 Menschen in den Arbeitsmarkt integrieren können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Be­lakowitsch-Jenewein.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich möchte nochmals auf den Kontrollamtsbericht zurückkommen, wo


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 16

Sie zwar gesagt haben, das sei nicht Ihr Vollzugsbereich, aber dennoch ausgeführt ha­ben, dass sich, wenn man die Zahlen zerpflückt, hier ein ganz anderes Ergebnis zeige.

Bezugnehmend auf diesen Kontrollamtsbericht: Welche Maßnahmen werden Sie auf Bundesebene ergreifen, damit endlich der Missbrauch von Sozialleistungen abgestellt wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Ich muss wirklich einmal zurückweisen, dass es einen Missbrauch geben soll, denn auch der Kontrollamtsbericht spricht nicht von Missbrauch, sondern der Kon­trollamtsbericht zeigt einige Verwaltungsabläufe auf, aber diese hat die zuständige Ma­gistratsabteilung ja alle entsprechend geändert. – Das ist Punkt eins.

Punkt zwei: Wir haben auch den Umstand, dass von der Zielgruppe der BMS-Bezieher, die möglich wären, in Wien 66 Prozent dieser Personen sie in Anspruch nehmen. Die Gründe sind Ihnen bekannt: Es geht einerseits um den Großstadtfaktor, es geht aber andererseits auch darum, dass Wien einige Sozialleistungen höher gestaltet hat – ich nenne nur den Kinderzuschlag. Wir können hier aber nicht von Missbrauch reden, denn „Missbrauch“ werden Sie auch im Kontrollamtsbericht nicht wirklich finden. (Bei­fall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Lapp.

 


Abgeordnete Mag. Christine Lapp, MA (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Wie können die Ergebnisse, gemessen an der Gesamtzahl der BezieherInnen, verbessert werden? Welche Maßnahmen planen Sie da, und welche Evaluierungsergebnisse gibt es?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Was wir tun, ist, dass wir uns natürlich bemühen, weiterhin vor allem für jene, die Arbeitsmarktzugang haben – ich habe ja vorhin die Zahlen schon erklärt, wer Ar­beitsmarktzugang hat und wer nicht; Kinder und Jugendliche haben keinen Arbeits­marktzugang –, durch noch mehr Maßnahmen diesen Zugang arbeitsmarktmäßig ent­sprechend zu ermöglichen. Das heißt, wir haben uns als eine der Zielvorstellungen vor­genommen, dass wir verstärkt mit Schulungsmaßnahmen auf die Personen zugehen, die Arbeitsmarktzugang haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 3. Anfrage, 188/M, jene des Herrn Abgeordneten Kickl. – Bitte.

 


Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wir ha­ben ja in Österreich eine dramatisch hohe Zahl an Arbeitslosen, über 400 000 Men­schen sind betroffen, und ich ergänze nur, dass Ende Februar 2013 die Zahl der be­schäftigungslosen Ausländer in Österreich 75 000 betragen hat. Es kann auch keine Rede davon sein, dass wir irgendwo über den Berg wären, sondern die Krise wird sich weiter zuspitzen und verschärfen.

Das heißt, Herr Bundesminister, wir haben in Österreich zu viele Arbeitslose, aber wir haben in Österreich nicht zu viele freie Arbeitsplätze, wie man vielleicht vermuten könnte, wenn man sich Teile Ihrer Politik anschaut – ich nenne zum Beispiel den Nicht-Widerstand gegen die Ostöffnung, jetzt auch im Hinblick auf Rumänien und Bulgarien.

Ich frage Sie daher, Herr Bundesminister – und diese Frage ist eine Zusammenfas­sung von vielen Schreiben, die mich von betroffenen österreichischen Arbeitslosen er­reicht haben –:


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188/M

„Warum unterstützen Sie angesichts der Rekordarbeitslosigkeit in Österreich mit über 400 000 betroffenen Personen einen Kurs der weiteren Öffnung des heimischen Ar­beitsmarktes für Nicht-Staatsbürger und verschärfen damit den Konkurrenzdruck zulas­ten der Österreicher, statt eine Beschäftigungsoffensive für österreichische Arbeitslose zu starten?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Punkt eins: Wir machen eine Beschäftigungsoffensive für alle, die ordnungs­gemäß hier sind, die hier angemeldet sind, die hier sein dürfen.

Punkt zwei: Es ist sehr wohl so, dass wir auch zu internationalen Verträgen stehen, und es ist klar, dass die Ostöffnung für den österreichischen Arbeitsmarkt – das zeigen alle Fakten – auf der einen Seite nicht das Überrennen gebracht hat. Auf der anderen Seite kam es teilweise sogar zu einem Verdrängungswettbewerb, ältere Migranten wurden durch jüngere Migranten ersetzt. Und es ist auch klar, dass wir bei Bulgarien und Rumänien die Übergangsfristen voll ausgeschöpft haben.

Wir haben aber, wie ich glaube, durch das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungs­gesetz auch bewiesen, dass wir sehr wohl Instrumentarien für den Schutz der in Ös­terreich tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Kickl.

 


Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Bundesminister, es wäre einmal interessant, die Behauptungen, die Sie immer in den Raum stellen, dass sich die Zuwanderung und die Beschäftigung von Ausländern in Österreich in Wirklichkeit für Österreich als Ge­schäft erweisen, auf eine solide Faktenbasis zu stellen.

Deshalb frage ich Sie, Herr Bundesminister: Warum verweigern Sie die systematische Erfassung und Veröffentlichung von Einzahlungen von Personen in das österreichische Sozialsystem und von Auszahlungen an Personen aus dem österreichischen Sozial­system, getrennt nach Staatsbürgern, EU-Bürgern und Bürgern aus Drittstaaten, auf­gelistet nach den verschiedenen Nationalitäten, um damit der österreichischen Bevöl­kerung endlich einmal Kostenwahrheit im Zusammenhang mit der Frage der Zuwande­rung und der Öffnung des Arbeitsmarktes zu geben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Ich verweigere solche Aktionen deshalb, weil sie nur dazu führen, was Sie erreichen wollen, nämlich eine demagogische Linie zu fahren. – Punkt eins. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Sie haben ja nichts zu ver­bergen, oder?)

Punkt zwei: Österreichische Sozialsysteme sind in erster Linie auf Versicherungsleis­tungen aufgebaut, und Versicherungsleistungen stehen Menschen zu, die hier arbei­ten, die hier ordnungsgemäß angemeldet sind; ihnen stehen diese Versicherungs­leistungen zu – ganz egal, woher sie kommen. (Abg. Kickl: Auch der Mitversicherte, Herr Minister!)

Auch der Mitversicherte bekommt das nur, wenn er hier ist. Das wissen Sie doch ganz genau. Sie versuchen noch immer krampfhaft, den Österreichern einzureden, dass wir in Serbien die halbe Medikamentenversorgung zahlen. (Abg. Kickl: Dann legen Sie die Zahlen vor! Dann legen Sie die Zahlen auf den Tisch, dann wissen wir, wo der Hund begraben ist!) – Diese Zahlen werden wir Ihnen nicht auf den Tisch legen, weil wir das


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einerseits gar nicht können, weil wir sehr wohl von vielen Migrantinnen und Mi­granten  (Abg. Kickl: Aber bei den Menschen wissen Sie es immer ganz genau! – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Wir wissen auch, wie viele Bulgaren hier sind, wir wissen, wie viele Rumänen hier sind, aber im Zusammenhang mit der Sozialversicherung weiß ich auch von den Deutschen nicht, wie viel und wie oft sie zum Arzt gehen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Riepl.

 


Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Die Be­kämpfung von Sozialbetrug ist ein Anliegen, das wir alle hier im Hohen Haus verfolgen, und ich weiß, dass das auch Ihnen ein besonderes Anliegen ist. Man soll bei dieser Gelegenheit vielleicht auch dazusagen, dass bezüglich Bekämpfung des Sozialbetrugs in unserem Land noch nie so viel geschehen ist wie jetzt unter Ihrer Ressortführung.

Seit Mai 2011, also seit knapp zwei Jahren, gibt es das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz, und es gibt sicher schon Erfahrungen damit. Ich frage Sie daher: Wie viele Kontrollen und Strafen gab es bisher auch im Zusammenhang mit diesem neuen Gesetz?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Die Kontrollen sind aufgeteilt. Einen Teil macht die BUAK, die zum Beispiel 33 145 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer überprüft hat. Einen weiteren Teil macht die Finanzpolizei, die in diesem Zeitrahmen zum Beispiel 55 000 Arbeitnehmer, die nicht aus Österreich kommen, überprüft hat.

Es gab insgesamt 769 Verdachtsfälle auf Unterentlohnung. Es wurden 391 Anzeigen gemacht, davon 301 Auslandsfälle. Die beantragten Strafen umfassen 9,8 Millionen. Es gibt bereits rechtskräftige Strafen von 2,3 Millionen, und wir haben zwischenzeitlich auch bereits sieben rechtskräftige Untersagungen für ausländische Firmen, dass sie in Österreich nicht mehr arbeiten dürfen, weil sie sich nicht an die Spielregeln gehalten haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Höfinger, bitte.

 


Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie wissen, wir nehmen die Sorgen der Menschen ernst, wenn es um die Arbeitslosigkeit in Österreich geht. Sie wissen auch, dass der größte Anteil an Arbeitslosen leider unter den geringer qualifizierten Personen zu finden ist, die nach der Pflichtschule keine wei­terführende Schul- oder Berufsausbildung erfahren. Aber wir wissen auch, wir brau­chen für den Aufschwung Fachkräfte, und wenn wir den Arbeitsmarkt öffnen, dann soll­ten wir das für bestqualifiziertes Personal tun.

Daher meine Frage: Sie kennen sicher die Initiative der deutschen Arbeitsministerin Ur­sula von der Leyen unter dem Titel „Make it in Germany“, diese Fachkräfteoffensive, um die besten Köpfe ins Land zu holen. – Können Sie sich vorstellen, eine derartige Initiative auch in Österreich zu starten, beziehungsweise ist bereits etwas in diese Richtung in Umsetzung?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Punkt eins: Wir haben die Rot-Weiß-Rot-Card. Und Punkt zwei: Ich setze ver­stärkt auf die Offensive, die im Land lebenden Menschen entsprechend zu qualifi­zieren. Unter anderem werden Sie heute das Fachkräfte-Stipendium beschließen, das ist ein Schritt in diese Richtung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 19

Wir sind teilweise auch an einigen ausländischen Aktivitäten beteiligt. Unter anderem hat das AMS an einer Aktion der Wirtschaftskammer in Spanien und auch in Portugal teilgenommen. Aber in aller Offenheit: Es kommen ein paar, aber wir sollten uns – und das ist meine vordringliche Zielrichtung – auf diejenigen konzentrieren, die hier im Land leben, ganz egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund. Diese entsprechend weiter zu qualifizieren ist mein Schwerpunkt. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Grosz, bitte.

 


Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Bundesminister! Gerade im Bau-/Holzbe­reich ist mit rund 78 000 Personen die Arbeitslosigkeit um rund 4 000 Betroffene höher als im Februar des vorigen Jahres. Somit ist die Arbeitslosigkeit in diesem Bereich wei­terhin auf Rekordniveau. Selbst der sozialdemokratische Abgeordnete Muchitsch kriti­siert Scheinfirmen der Bau-Mafia, die aus den neuen EU-Ländern mit Dumpingpreisen nach Aufträgen in Österreich angeln und damit unser soziales Gefüge in die Schieflage bringen.

Ich frage Sie daher: Welche konkreten Schritte werden Sie gegen die hohe Arbeits­losigkeit am Bau ergreifen, und durch welche konkreten Schritte wollen Sie verhindern, dass ausländische Baufirmen mit Dumpingpreisen in Österreich tätig sind?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Punkt eins: Jede ausländische Baufirma, die bei uns mit Dumpingpreisen tätig ist, muss jemanden haben, der sie beschäftigt, der ihr den Auftrag erteilt. Ich gehe ein­mal davon aus, dass das bei öffentlichen Auftragsvergaben entsprechend kontrolliert wird.

Punkt zwei: Wir haben die Kontrollen über die BUAK verstärkt, wir haben die Kontrollen über die Finanzpolizei verstärkt. Ich habe Ihnen bereits vorhin bei der Beantwortung ei­ner anderen Frage gesagt, dass es bereits Untersagungen gibt, dass einige Firmen bei uns überhaupt nicht mehr arbeiten dürfen.

Darüber hinaus bemühen wir uns sehr, auch über die Generalunternehmer-Haftung eine Antwort zu geben, weil diese Generalunternehmer-Haftung vor allem im Bereich des Bauwesens greift, indem wir uns alle gemeinsam natürlich gegen diese sogenann­ten Nettobaufirmen aussprechen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Korun, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Guten Morgen, Herr Bundesminister! In­zwischen ist allgemein bekannt geworden, dass die sogenannte Rot-Weiß-Rot-Karte in der Praxis alles andere ist als der Erfolg, als der sie vor eineinhalb Jahren bei der Be­schlussfassung hier im Nationalrat angepriesen wurde.

Ich möchte Sie wieder fragen, welche konkreten Änderungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte Sie in nächster Zeit planen, um beispielsweise jungen Menschen, die in Öster­reich erfolgreich ein Universitätsstudium abgeschlossen haben, zu ermöglichen, dass sie hier auch einen Beitrag leisten, zum Beispiel indem sie Steuern zahlen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Dass die Rot-Weiß-Rot-Card eine totale Missgeburt ist, kann ich nicht nachvoll­ziehen. (Abg. Mag. Korun: „Missgeburt“ habe ich nicht gesagt!) – Haben Sie auch nicht gesagt. Die Rot-Weiß-Rot-Card funktioniert im Wesentlichen. (Weitere Zwischen­rufe bei den Grünen.) – Ich habe schon bestätigt, dass sie das nicht gesagt hat. Bis Ende Februar hat das AMS 3 000 Anträge positiv erledigt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 20

Bezüglich der Einkommensgrenze gibt es mit dem Innenressort einen entsprechenden Verhandlungszug. Ich möchte nur anmerken, dass wir derzeit eine Einkommensgrenze bei einem Nettobezug von 1 400 € haben, und ich möchte Akademikergruppen nicht unbedingt dahin gehend antworten müssen, dass wir sie mit Nettolöhnen von 1 200 € in den Arbeitsmarkt entsenden. Ich möchte versuchen, hier eine Mischung zu finden. Das verhandeln wir mit dem Innenressort.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 192/M des Herrn Abgeordneten Öllinger. – Bitte.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Bundesminister! In Kärnten wird hoffentlich gerade der Pflegeregress, den die Freiheitlichen dort eingeführt haben, abgeschafft, er ist nämlich abgewählt worden.

Das Problem ist allerdings beim Pflegeregress wie auch bei der Mindestsicherung, dass es in den Ländern sehr unterschiedliche Regelungen gibt.

Daher meine Frage:

192/M

„Das Sozialrecht ist in Feldern, in denen es Zuständigkeiten der Länder gibt (Bedarfs­orientierte Mindestsicherung, Pflege, ...), von Uneinheitlichkeit und Widersprüchlichkeit geprägt. – Welche Schritte werden Sie setzen, um zu einheitlichen, sinnvollen Rege­lungen in diesen Bereichen zu kommen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Sie wissen, dass die Sozialhilfe seit dem Jahr 1863 verländert ist. Seit dieser Zeitspanne hat sich einiges entwickelt.

Ich habe mich in den letzten vier Jahren bemüht, entsprechende Schritte zu setzen. Ich glaube, dass wir unter anderem mit dem Vollzug der Opferfürsorge, mit dem Vollzug des Pflegegeldes, mit der Artikel-15a-Vereinbarung Mindestsicherung, mit dem Pflege­geld-Reformgesetz und mit dem Pflegefonds sehr wohl Dinge in diese Richtung ent­wickeln konnten, dass wir uns vereinheitlichen.

Wir sind gerade dabei – das ist jetzt in Begutachtung und wird noch vor dem Sommer ins Hohe Haus kommen –, vor allem auch im Pflegefonds einige Standardisierungen, die wir in der Reformarbeitsgruppe Pflege vereinbart haben, weiter voranzutreiben.

Ansonsten kann ich nur sagen, ich lasse keine Gelegenheit aus, weitere Schritte der Harmonisierung vor allem der Standards entsprechend voranzutreiben, auch wissend, dass wir eine sehr föderale Struktur haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Öllinger, bitte.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Bundesminister, Sie argumentieren mit einer angeblichen gesetzlichen Situation aus dem Jahr 1863. Das ist 150 Jahre her! Vor 150 Jahren soll angeblich die moderne Sozialpolitik in Österreich so geschaffen worden sein, wie sie jetzt ist?! Das können Sie mir nicht erzählen, und dazu gibt es auch in Ihrer Partei andere Positionen.

Nichtsdestotrotz, Herr Bundesminister, Sie haben in Sachen Sozialrecht, Sozialpolitik eine kräftige Stimme. – Warum setzen Sie Ihre kräftige Stimme und Ihre Position als Sozialminister nicht dafür ein, die Länder zu einer klaren und einheitlichen Position für die Zukunft zu bringen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 21

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Ich habe nicht gesagt, dass im Jahre 1863 die Modernität in Österreich begon­nen hat, ich habe Ihnen nur erklärt, dass 1863 beschlossen wurde, die Sozialhilfe zu verländern. Das Armengesetz ist damals so beschlossen worden, die Armenversor­gung ist so beschlossen worden. Ich war 1863 nachweisbar noch nicht auf der Welt und habe dieses Heimatge... (Abg. Scheibner: Man könnte es jetzt langsam ändern!)

Schauen wir uns einmal an, was wir schon alles gemacht haben! Ich habe bereits gesagt, wir haben zum Beispiel gerade in den letzten vier Jahren einiges zustande ge­bracht und sind dabei, vor allem über das Pflegefondsgesetz weitere Standardisie­rungen herbeizuführen. Wir sind auch dabei, unter anderem in Sachen Persönliche As­sistenz mit den Ländern zu verhandeln.

Worum ich auch bitten würde, ist, anzuerkennen, dass in Bezug auf die Mindestsiche­rung die Mindeststandards in ganz Österreich gleich sind. Wenn einige Bundesländer meinen, sie zahlen für ein Kind etwas mehr, so ist das Angelegenheit des Landes. Das Wichtigste aber ist, es gibt nirgendwo ein Unterschreiten.

Sie können sicher sein, ich werde alles daransetzen, damit wir zu einer weiteren Ver­bundlichung kommen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Jury, bitte.

 


Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Guten Morgen, Herr Minister! Ich glaube, uns eint, dass wir auf die föderale Struktur in Österreich sehr stolz sind, ich möchte aber in Be­zug auf die mobile Pflege noch einmal in die Tiefe gehen. Es ist im letzten Sozialaus­schuss darüber diskutiert worden, die Tarife – es gibt eklatante Tarifunterschiede in Österreich von bis zu über 100 Prozent – zu harmonisieren.

Meine konkrete Frage: Was haben Sie in dieser Zeit getan, um diese eklatanten Unter­schiede auszugleichen? Im selben Atemzug bitte ich Sie, diese Frage nicht dema­gogisch abzutun.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Es geht nicht um die Tarifvorschreibungen, sondern darum – eine Stunde Heim­hilfe kostet ja im Wesentlichen überall gleich viel, da gibt es keine Differenz –, was die Sozialhilfen dazuzahlen und was sie nicht dazuzahlen. Daraus ergibt sich diese Di­vergenz. Ich habe aber vorhin schon gesagt, wir bemühen uns, bei dem Pflegefonds­gesetz, das einer Novellierung bedarf, die Sie, wie ich hoffe, noch im Juni beschließen werden, weitere Standardisierungen voranzutreiben, sodass jeder, egal, ob er in Vor­arlberg, in Kärnten, in der Steiermark oder in Wien lebt, grundsätzlich das Gleiche für eine Stunde mobile Hauskrankenpflege vorgeschrieben bekommt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Königsber­ger-Ludwig, bitte.

 


Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Wir alle wissen um die Schwierigkeiten, die es in diesen Bereichen gibt, auch um die besonders intensiven Diskussionen mit den Ländern und den Ländervertretern, und wir alle wissen auch, dass diese unterschiedlichen Länderregelungen oft auch zu Unver­ständnis bei den Menschen führen, speziell wenn sie in Grenzregionen leben, sei es, wie schon angesprochen, bei den mobilen Diensten, aber auch – Sie haben es selbst angesprochen – bei der Persönlichen Assistenz. Ich denke, dass es vielleicht wirklich erforderlich wäre, ein Stück mehr Bundeskompetenz zu ermöglichen.

Meine konkrete Frage an Sie, Herr Minister: Welche Maßnahmen sind im Bereich vor allem der sozialen Dienstleistungen in den Ländern und mit den Ländern geplant?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 22

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Alle Planungen beziehen sich darauf, was wir in der Arbeitsgruppe Pflege verhandelt und im Schlussbericht festgehalten haben, nämlich: Vereinheitlichung, Standardisierung der Qualität – wobei die noch am ehesten standardisiert ist –, Stan­dardisierung in den Bauordnungen, Standardisierungen in der Entlohnung der Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter. Das sind die wesentlichsten Punkte, die in letzter Zeit ge­plant worden sind.

Ebenfalls geplant ist, die Regelungen für den Umgang mit dem Pflegegeld, welches ja zweckgebunden nur für Pflege ausgegeben werden darf, noch enger zu schnüren, damit es bestimmt nicht anderweitig verwendet wird. Das geht auch in die Richtung, für die Länder die Möglichkeiten dafür, wie das Pflegefondsgeld eingesetzt wird, zu stan­dardisieren.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Klikovits, bitte.

 


Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister, Sie haben vorhin gesagt, dass es relativ einheitliche Pflegesätze in den Bundesländern gibt. Zweifelsfrei bestehen aber sehr große Unterschiede in der Bezuschussung durch den Föderalismus, den wir haben. Im Burgenland ist der Zuschuss zu einer Pflege­stunde ein völlig anderer und viel geringer als zum Beispiel in Wien. Wir haben mit dem Pflegefonds ein Mittel geschaffen, um zum Beispiel die mobilen Hauskrankenpflege­dienste auszubauen. Es gelingt aber trotzdem nicht, diese Unterschiedlichkeiten für die Kunden, die Patienten, wie immer man sie auch nennen möchte, möglichst zu besei­tigen.

Daher darf ich Sie noch einmal fragen, was meine Vorredner Sie teilweise auch schon gefragt haben: Was können Sie tatsächlich unternehmen, damit die Unterschiedlich­keiten in den einzelnen Bundesländern nicht weiterhin in diesem hohen Ausmaß beste­hen bleiben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Was ich unternehmen kann und was Sie unternehmen können, ist – was wir, so hoffe ich, mit dieser Novellierung im Pflegefondsgesetz auch weiter vorhaben –, weite­re Standards voranzutreiben, das heißt, noch mehr Transparenz, noch mehr Vergleich­barkeit zu erreichen.

Ich hoffe, dass es uns auch gelingen wird, uns gemeinsam mit den Ländern weiterzu­entwickeln, damit – und darum, glaube ich, geht es vor allem – die Bezuschussungen in einem absehbaren Zeitraum doch auf einem einigermaßen einheitlichen Niveau zu liegen kommen. Natürlich ist mir vollkommen klar, dass wir uns nicht an jenem Bun­desland orientieren können, das das höchste Niveau hat, und auch nicht an jenem, das das niedrigste Niveau hat. Wir werden irgendwo in der Mitte einen Konsens finden. Ich hoffe, dass wir jetzt einen weiteren Schritt dorthin machen können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Spadiut, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Minister, tagtäglich leisten freiwil­lige Helferinnen und Helfer eine unschätzbar wertvolle Arbeit für unsere Gesellschaft. Ständig wird auch betont, wie wichtig diese Tätigkeiten sind. Im Vorjahr haben Sie erklärt, freiwilliges Engagement brauche verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen und hiezu seien noch eine Reihe von Punkten wie etwa die Lohnfortzahlung, Urlaub und Haftpflicht zu klären. Doch außer Ankündigungen ist nichts geschehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 23

Herr Minister, wann werden Sie für eine arbeits- und sozialrechtliche Verbesserung von Freiwilligen sorgen und eine bundesweite Regelung der Lohnfortzahlung von Freiwil­ligen bei längeren Einsätzen umsetzen? (Beifall bei Abgeordneten des BZÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Wir haben – ich muss das jetzt ein bisschen sortieren, was Sie meinen – Frei­willige, die zum Beispiel bei den Freiwilligen Feuerwehren sind, und wenn diese in ihrer Region im Einsatz sind, haben wir in der Regel keine Probleme mit der Lohnfort­zahlung. Wir haben dann Probleme, wenn ein Katastropheneinsatz in einer anderen Region oder einem anderen Bundesland erforderlich ist. Diesbezüglich wird es ent­sprechende Schritte geben. Es gibt einerseits bereits Verhandlungen mit dem Bundes­feuerwehrverband, andererseits gibt es auch entsprechende Entwicklungen mit dem Koalitionspartner. Wir werden das lösen.

Wir haben uns bemüht, mit dem Freiwilligengesetz einige Dinge zu lösen. Fakt ist, dass man vor allem bei den Freiwilligen Feuerwehren bei einem Einsatz innerhalb der jeweiligen Heimatregion mit der jetzigen Entgeltregelung auskommt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 193/M des Herrn Ab­geordneten Bucher. – Bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Bundesminister, meine Frage bezieht sich auf die Entwicklung der Pensionen im Zusammenhang mit unserer Jugend. Eine Um­frage hat ergeben, dass 52 Prozent der Jugendlichen davon ausgehen, dass sie später einmal unterm Strich viel weniger herausbekommen, als sie in das Pensionsversiche­rungssystem einzahlen. Sie begründen das damit – was ja zwischenzeitlich auch All­gemeinwissen ist –, dass die hohe Arbeitslosigkeit, die wirtschaftliche Entwicklung und die Überalterung der Gesellschaft Faktoren dafür sind, dass ihre Pensionsauszah­lungen später einmal beeinträchtigt sein werden.

Meine Frage daher:

193/M

„Was werden Sie tun, damit die jüngere Generation nicht den derzeitigen Pensionisten höhere Pensionen finanzieren muss, als sie selbst jemals erhalten wird?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Ich glaube, Sie wissen, dass wir seit 2010 Gegenmaßnahmen gesetzt haben, nämlich unter anderem mit der Einführung der Gesundheitsstraße, der Verteuerung des Nachkaufs von Schul- und Studienzeiten, mit einem Rechtsanspruch auf berufliche Rehab, einer Auslaufregelung der Langzeitversichertenregelung, einem einheitlichen Pensionskonto, und, und, und. Das heißt, wir haben eine Reihe von Maßnahmen gesetzt – ich muss jetzt nicht alle hier aufzählen, sie sind, glaube ich, in diesem Haus bekannt, weil sie hier beschlossen worden sind.

Wir haben den großen Schwerpunkt Invaliditätspensionspaket im Vorjahr implemen­tiert.

Ich hoffe, dass sich einerseits mit all diesen Maßnahmen die Belastungen der jüngeren Generation in akzeptablen Grenzen halten und dass es andererseits unserer Gene­ration möglich sein wird, länger gesünder im Erwerbsprozess zu bleiben, sodass unse­re Generation jenen Beitrag leisten kann, der notwendig ist, nämlich länger im Er­werbsprozess zu bleiben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 24

Einen kleinen Hoffnungsschimmer haben wir bereits, wobei ich offen zugebe, es ist ein kleiner Hoffnungsschimmer: In Österreich ist das Pensionsantrittsalter voriges Jahr um fünf Wochen gestiegen. Natürlich kann man diese fünf Wochen belächeln, aber wenn man weiß, dass 52 Wochen eine Einsparung von 1,1 Milliarden € brächten, sieht man, dass auch fünf Wochen gar nicht so wenig ausmachen.

Das heißt, wir sind auf dem richtigen Weg, um vor allem der jüngeren Generation Ver­trauen und die Botschaft zu vermitteln: Wir nehmen das ernst und wollen, dass das auch in Zukunft ein sehr gut funktionierendes System ist.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Klubobmann Bucher, bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Großen Unmut in der Bevölkerung schürt natür­lich auch die Tatsache, dass es nach wie vor eine Reihe von Privilegien gibt, vor allem bei der Oesterreichischen Nationalbank, den ÖBB, den Gemeinde- und Landesbe­diensteten und den Sozialversicherungsanstalten.

Was kann man und werden Sie unternehmen, dass diese Privilegien endlich abge­schafft werden? Denn viele können nicht verstehen, dass sich da einige wenige so viel herausnehmen und in das Pensionssystem weniger einzahlen, als sie später heraus­bekommen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Sie wissen auch, Herr Klubobmann, dass all das, was Sie jetzt hier angeführt haben, Geschichte ist. (Abg. Bucher: Das ist die Realität!) Nein. In all den Pensions­rechten, Dienstrechten finden Sie all das nicht mehr. (Abg. Bucher: 70 000 € be­kommt ein Nationalbank! Im Durchschnitt!)

Entschuldigung, Herr Abgeordneter Bucher, aber sein Nachfolger hat das nicht mehr, und daher ist das Geschichte! Sie wissen aber auch, dass wir in Österreich so etwas wie ein Vertragsrecht haben. Sie wissen, dass wir so etwas wie eine Bundesver­fassung haben. Und all das, was Sie angeführt haben, sind Auslaufmodelle!

Schauen Sie sich die Stadt Wien an, dort finden Sie unter den aktiv Beschäftigten nur mehr 25 Prozent „Pragmanen“ vor, jeden Monat weniger. Alle Systeme sind umgestellt, und wir befinden uns in einer Übergangsphase. – Und wenn Sie sich trauen, mit der Verfassung ins Vertragsrecht hineinzufahren, dann zeigen Sie Ihr wahres Gesicht: dass Ihnen die Menschen egal sind. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Öllinger, bitte.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Bundesminister! Ich bin der Meinung, dass ein öffentliches und soziales Pensionssystem nach wie vor die beste Altersversorgung auch für die jüngeren Menschen ist. (Abg. Scheibner – in Richtung Bundesminister Hundstorfer –: Privilegien muss man nicht verteidigen! – Bundesminister Hundstorfer: Ich verteidige keine!) Wir haben in den letzten Jahren beziehungsweise Jahrzehnten ja Erfahrungen mit privatfinanzierten Systemen der Altersversorgung gemacht. Ich nenne da nur die Pensionskassen, die Mitarbeitervorsorge und die Zukunftsvorsorge, die gra­vierende Probleme haben.

Deshalb die Frage an Sie, Herr Minister: Welche Schritte planen Sie beziehungsweise die Bundesregierung, um die gravierenden Verluste vor allem im Bereich der Pen­sionskassenbezieherInnen zu mildern oder auch bei der Zukunftsvorsorge, wo ja nur das Nominale ausbezahlt wird, zu beseitigen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 25

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Ich muss jetzt etwas Unhöfliches tun, denn ich habe vergessen, Herrn Klub­obmann Bucher etwas zu sagen, nämlich: Wir haben überall einen Pensionssiche­rungsbeitrag eingeführt, bei den ÖBB 5,6 Prozent. Das heißt, all jene, die Sie hier ge­meint haben, zahlen von ihrer Pension einen entsprechenden zusätzlichen Beitrag. (Abg. Bucher: Steigen aber immer noch besser aus!)

Noch einmal: Das sind Auslaufmodelle. Punkt. Das gibt es in Zukunft alles nicht mehr, das wissen Sie so gut wie ich. (Abg. Binder-Maier: Erledigt!)

Zu Ihrer Frage, Herr Abgeordneter Öllinger: Wir als Bundesregierung haben uns be­müht, mit dem Einmalversteuerungsangebot an die Pensionskassenbezieher eine ers­te Antwort zu geben. Es wird derzeit, soweit mir bekannt ist, im Finanzressort über eine Neugestaltung der Zukunftsvorsorge sehr intensiv verhandelt. Und sonst kann ich nur darauf verweisen, dass wir den Menschen immer sagen müssen, dass die Pen­sionskassen, die im kapitalgedeckten Verfahren veranlagen müssen – anders geht es nicht –, diese Schwankungen haben, und wir können nur alles daran setzen, dass das immer nur die zweite Säule bleibt. Es darf nie die erste Säule werden.

Wir kommen diesen Menschen dahin gehend entgegen, dass die Prämienzahlungen steuerlich begünstigt sind, das heißt, absetzbar sind – das ist ja auch nicht gerade wenig. Aber für diverseste Kapitalschwankungen kann der Staat da nicht die Verant­wortung übernehmen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Neubauer, bitte.

 


Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie ha­ben schon angesprochen, dass wir seit dem Jahre 2010 einige gesetzliche Adaptie­rungen vorgenommen haben, um das Pensionssystem erhalten zu können, um den Generationenvertrag einhalten zu können. Trotzdem gibt es nach wie vor Probleme bei den Frühpensionen. Wir haben das Problem, dass es einerseits in einigen Bereichen immer noch möglich ist, mit 52 Jahren aufwärts in Frühpension zu gehen, und dass an­dererseits in zahlreichen Betrieben auch Menschen gezwungen werden, mit 52 Jahren in Pension zu gehen. Als Beispiele führe ich hier an: die Firma Radex, die Post 

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Frage bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Werner Neubauer (fortsetzend):  die Stadt Wien.

Mich würde jetzt interessieren: Was wollen Sie unternehmen, um diese Situation zu­mindest zu verbessern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Punkt eins: Herr Abgeordneter Neubauer, schon allein aufgrund Ihrer berufli­chen Vergangenheit wissen Sie, dass es sich nicht um Pensionsantritte, sondern um Sozialpläne handelt. Die Menschen sind ja weiterhin aktiv beschäftigt, und zwar – und jetzt kommt es! – bis zu ihrem frühestmöglichen Pensionsantrittsdatum.

Klar ist, dass wir vermehrt versuchen, dem entgegenzuwirken. Zwischenzeitlich wer­den Sie bei keiner dieser Einrichtungen zum Beispiel noch Frühpensionsaktionen fin­den, wie sie bei Banken und Versicherungen vor sechs, sieben, acht Jahren noch üb­lich waren. Diese Sozialpläne gibt es nicht mehr! (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Dass sie aber bestehend sind für jene, die damals gegangen sind, ist klar, denn an­dernfalls hätten die ja keine Existenzabsicherung.

Punkt zwei: Wir bemühen uns also sehr, dem entgegenzuwirken, unter anderem auch bei den ÖBB. Sie wissen auch ganz genau, dass dort das Pensionsantrittsalter schon gestiegen ist, weil es eben auch dort ein Entgegenwirken gibt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 26

Klar ist, wir müssen alles daran setzen, dass das faktische Pensionsantrittsalter dem gesetzlichen näher kommt. Es ist auch, wie gesagt, so, dass das faktische Pen­sionsantrittsalter im vergangenen Jahr um fünf Wochen gestiegen ist. Das ist nicht die Welt, aber es war nach langer, langer Zeit erstmals wieder ein Anstieg des durch­schnittlichen Pensionsantrittsalters zu verzeichnen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Hechtl, bitte.

 


Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie sind bei der Evaluierung und Reformierung der Invaliditätspensionen beziehungsweise Berufs­unfähigkeitspensionen sehr erfolgreich. Ich denke da zum Beispiel an die Gesund­heitsstraße, die sehr viele Verbesserungen und auch Vereinfachungen für die betroffe­nen Personen mit sich gebracht hat. Feststellbar ist aber auch, dass die Hauptursache für die Zuerkennung der Invaliditätspensionen beziehungsweise Berufsunfähigkeits­pensionen psychische Erkrankungen sind.

Meine Frage daher: Was gedenken Sie in diesem Zusammenhang zu tun?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Wir haben mit dem Projekt „Invalidität im Wandel“ bereits 2007/2008 begonnen. Diese Aktivitäten haben dann in das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 Eingang ge­funden. Wir haben dann mit „Invalidität im Wandel 2“ begonnen, wo es primär um psy­chische Erkrankungen und Invalidität geht. Ich hoffe, dass wir im Herbst dieses Jahres weitere Ergebnisse haben werden, die wir dann gesetzlich entsprechend umsetzen können.

Weiters haben wir derzeit auch das Projekt „fit2work“, bei dem wir Beratungsein­richtungen in ganz Österreich haben, und ich darf einen verstärkten Zustrom zu diesem Projekt feststellen.

Außerdem haben wir ein Pilotprojekt gestartet, um vor allem Psychotherapien verstärkt anbieten zu können, und zwar außerhalb der Krankenkassen, denn die Krankenkassen selbst bieten ja auch bereits an. Aber zusätzlich zu dem, was die Krankenkassen an­bieten, wird für die Menschen, die über „fit2work“ kommen, da etwas getan.

Mit der letzten Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes wurden auch arbeits- und organisationspsychologische Ansätze verstärkt. Das heißt, auf allen Ebenen, auf denen es nur geht, werden Schritte gesetzt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Pack, bitte.

 


Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister, kommen wir wieder zurück zum Thema Pensionen. Die Höhe der Gesamtpensionsbezüge ergibt sich ja nicht nur aus der Höhe der Monatsbezüge, sondern ist vor allem auch davon abhängig, wie lange eine Pension bezogen wird. Das hängt natürlich sehr stark von der Lebenserwartung ab, die ja – Gott sei Dank – seit Jahren ansteigt. Meines Erachtens ist es aus diesem Grund auch sehr ungerecht, wenn noch immer zum Beispiel Wiener Magistratsbedienstete oder Bedienstete der ÖBB um zehn Jahre früher als der Durch­schnitt in Pension gehen, wie Berichte ja zeigen. Das müssen ja dann umgekehrt sozu­sagen Kunden der Wien Energie oder der Steuerzahler wieder bezahlen. Deswegen ist es im Hinblick auf die Generationengerechtigkeit wichtig, im Sinne von Fairness, dass wir darauf achten, dass das sozusagen zu Recht gutgeht.

Sehr geehrter Herr Minister, meine Frage daher: Wie ist denn die Lebenserwartung zum 60. Lebensjahr seit dem Jahr 1980 gestiegen beziehungsweise wie ist denn die Erwartung für die nächsten zehn Jahre?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 



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Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Herr Abgeordneter, Ihre Stadt-Wien-Demagogie ist lustig, aber sie ist total falsch. (Abg. Pack: Na ja!) Sie punkten damit bei keinem einzigen Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage es Ihnen noch einmal: Es sind nur noch 25 Prozent der 70 000 Mitarbeiter pragmatisiert. Nur mehr 25 Prozent! (Abg. Pack: Sind immer noch viele!) Und auch dort steigt das Pensionsantrittsalter. Sie sollten sich wirklich einmal erkundigen, bevor Sie immer die gleiche Walze bringen. (Abg. Wöginger: Der Rechnungshofbericht sagt aber etwas anderes!) – Aber geh, überhaupt nicht! (Abg. Wöginger: Sicher!) Schaut euch doch die realen Zahlen an und schaut euch an, was der Rechnungshof wirklich bekrittelt und sagt. (Abg. Pack: Das haben wir gerne gemacht!) – Dann lade ich euch ein, folgt eurem FCG-Personalvertreter, Herrn Obermüllner, der euch ohnehin jedes Mal schreibt, wenn ihr eine Aussendung macht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Pack: Man denkt auch noch frei! Man muss nicht immer jemandem folgen!)

Um zu Ihrer Frage zu kommen: Bis 2025 wird das tatsächliche Pensionsantrittsalter, so hoffen wir, um 1,7 Jahre steigen; das ist das, was unsere Planung ist, und wir sind auf dem Weg dorthin. Wenn es mehr ist, bin ich sehr froh, aber 1,7 Jahre werden es auf al­le Fälle sein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 191/M des Herrn Ab­geordneten Markowitz. – Bitte.

 


Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Herr Minister, Sie sind sicher meiner Meinung, dass Jugendliche einen Job brauchen, dass es das Wichtigste ist, dass junge Menschen früh in die Arbeitswelt einsteigen. Sie haben ja gleich bei Ihrer Antrittsrede gesagt, dass Jugendliche nach vier Monaten eine Jobgarantie bekommen sollen und dass sie, wenn sie keinen Job haben, zumindest in der Aus- und Weiterbildung ir­gendwo tätig sein sollen.

Meine Frage:

191/M

„Gemäß Jugendbeschäftigungsgarantie wird Jugendlichen nach höchstens vier Mona­ten ohne Job eine Beschäftigung, eine Lehrstelle oder eine Aus- und Weiterbildung an­geboten. – Wie sieht die aktuelle Situation dazu in allen neun Bundesländern aus?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Wir müssen jetzt unterscheiden: Wir haben auf der einen Seite die „Aktion Zu­kunft Jugend!“, das betrifft die 19- bis 24-Jährigen, und wir haben die Ausbildungs­garantie für die 15- bis 18-Jährigen.

In den ersten zwei Monaten, das heißt Jänner, Februar, haben über die Ausbildungs­garantie 9 800 Jugendliche in einer ÜBA einen Platz bekommen, im Rahmen der ÜBAs, die wir in ganz Österreich haben.

Bei der „Aktion Zukunft Jugend!“, das betrifft die älteren Jüngeren, haben wir Qualifizie­rungsangebote, Beschäftigungsförderung, verstärkte Vermittlungstätigkeit. In dieses Programm wurden in den ersten zwei Monaten 24 126 Jugendliche aufgenommen, da­von 14 400 in eine Arbeitsaufnahme und 9 700 in ein Schulungsangebot. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Markowitz, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 28

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Sie streben ja auch eine Ausbil­dungspflicht für Jugendliche an, was prinzipiell absolut zu begrüßen ist. Ihre Minister­kollegen und Sie haben ja auch gesagt, dass jemand, der eine Lehre abbricht, weiter­hin die Berufsschule besuchen können soll.

Meine Frage dazu: Herr Minister, wie stellen Sie sich das vor, wie soll das ohne Lehr­herrn ausschauen? Es ist gut, wenn man die Berufsschule weiter besucht, gar kein Thema, aber wie soll der Lehrling dann seinen weiteren Bildungsweg, sprich die Lehre, auch tatsächlich abschließen können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Sinn und Zweck ist natürlich die betriebliche Berufsausbildung, das ist das oberste Primat, und daran wollen wir nicht rütteln. Und wenn jemand eine Lehre ab­bricht, was ja leider vorkommt, gibt es ja heute schon eine verstärkte Vermittlungs­tätigkeit in eine andere Lehrstelle, und wenn alle Stricke reißen, ich sage das jetzt sehr nonchalant, kann er in der ÜBA weitermachen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Steibl, bitte.

 


Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Herr Bundesminister! Österreich hat nach Deutschland europaweit die geringste Jugendarbeitslosigkeit. Gründe dafür sind die Bevölkerungsentwicklung – wir haben in diesem Jahr um rund 7 000 15- bis 19-Jährige noch weniger als vor einem Jahr. Das ist natürlich positiv im Hinblick auf die Arbeitslo­sigkeit, aber sollte uns Sorge bereiten.

In Österreich macht nur einer von zwölf Jugendlichen nach der Pflichtschule keine Be­rufsausbildung oder weiterführende Ausbildung. Die duale Ausbildung in den Betrieben und in der Berufsschule ist ein Erfolgsmodell, dennoch gibt es noch Lehrstellensu­chende.

Meine Frage: Wie viele Lehrstellensuchende gibt es aktuell, also mehr als vor einem halben Jahr, nach Ende des vergangenen Schuljahres, in den einzelnen Bundeslän­dern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Von den einzelnen Bundesländern habe ich die Zahlen jetzt wirklich nicht parat, wie viele Lehrstellensuchende es dort gibt. (Abg. Steibl: Das wäre aber spannend, weil man sieht, wie die Bundesländer und das AMS arbeiten!) – Ja. Ich wollte Ihnen gerade anbieten, das schriftlich zu beantworten. (Abg. Steibl: Danke!)

Was ich Ihnen sagen kann: Wir haben drei Sektoren, wo wir mehr Lehrlinge haben, das sind die Industrie, Banken und Versicherungen sowie der Transportbereich. In den restlichen Sektoren haben wir weniger Lehrlinge. Und die genauen Bundesländerzah­len darf ich Ihnen schriftlich nachreichen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Petzner, bitte.

 


Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Bundesminister, auch wenn Sie heute ein bisschen pampig und grantig sind, weil Sie offensichtlich mit dem falschen Fuß aufge­standen sind, erlaube ich mir (Zwischenrufe bei der SPÖ), eine Frage an Sie zu stellen, und ersuche um höfliche Beantwortung derselben.

Es wurde vom Kollegen Markowitz bereits die Ausbildungsgarantie oder die Ausbil­dungspflicht genannt, die ab 2015 umgesetzt werden soll. Das ist grundsätzlich zu begrüßen, ich darf Sie aber fragen: Welche konkreten Maßnahmen werden Sie da-


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gegen treffen, dass wir parallel die Entwicklung haben, dass immer mehr Lehrlinge und junge Menschen ihre Ausbildung nicht schaffen? Jeder fünfte Lehrling, die Zahl steigt, kann seine Lehre nicht positiv abschließen und schafft die entsprechenden Prüfungen nicht. Welche Maßnahmen haben Sie gemeinsam mit der Bundesregierung vor, um diesem Trend effizient entgegenzuwirken? – Ich ersuche um eine freundliche Antwort, bitte.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Herr Petzner, ich weiß nicht, warum Sie immer auffallen wollen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Petzner: Ich möchte überhaupt nicht auffallen, aber ich halte es für inakzeptabel, wenn Sie pampig antworten! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich agiere weder pampig noch unfreundlich, jeder hat von mir eine freundliche Antwort bekommen. Dass der Inhalt der Antwort Ihnen nicht gefällt, das ist klar und logisch, aber dafür kann ich nichts. Der Unterschied ist der: Ich mit meiner Meinung bin Mitglied der Regierung, und Sie sind Mitglied der Opposition. Das ist der entscheidende Un­terschied. (Beifall bei der SPÖ.)

Zurückkommend auf das, was Sie gefragt haben, darf ich Ihnen mitteilen: Man muss die Zahlen etwas zerlegen, denn all jene, die zur Lehrabschlussprüfung antreten, ha­ben ein positives Berufsschulzeugnis. Nur 1 Prozent aller Berufsschüler Österreichs schafft die Berufsschule nicht. 1 Prozent! Und zwischen dem Ende der Berufsschulzeit und der Lehrabschlussprüfung passiert dann irgendetwas.

Wenn Sie das noch einmal zerlegen und schauen, wo es passiert, sehen Sie, dass wir in einigen Branchen wirklich Handlungsbedarf haben, und zwar Handlungsbedarf, das sage ich jetzt auch sehr objektiv, auf allen Ebenen. Und wir sind dabei, diesen mit der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer aufzuarbeiten, denn in dieser Zeit muss irgendetwas passieren, was nicht ganz zusammenpasst. (Abg. Petzner: Ja was kon­kret?)

Man muss konkret die Branchen anschauen und mit denen dort reden, warum das so ist, warum bei den Malern und Anstreichern 40 Prozent durchfallen und bei den Mau­rern 1 Prozent. Da muss ja ein Unterschied da sein. (Abg. Petzner: Vom Reden allein wird es nicht !) – Sie wissen doch ganz genau, reden heißt handeln. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Petzner: Nein, das ist genau umgekehrt!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Schatz, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Minister, ich möchte auch daran an­schließen, weil die Durchfallquoten von in einzelnen Branchen bis zu 30, 40 Prozent wirklich sehr besorgniserregend sind. Die erste Kommentierung von unterschiedlichen Personen war, dass das alles am Schulsystem liegt. Ich finde, das ist ein zu unkriti­scher Zugang. Ich meine, man muss sich schon die Rolle der ausbildenden Betriebe beziehungsweise die Situation der dualen Ausbildung an sich in ihrem jetzigen Zustand genauer anschauen.

Ich möchte da schon gerne nachbohren und Sie fragen: Wo sehen Sie Handlungs­bedarf im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der dualen Ausbildung?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Sie wissen, dass wir uns permanent bemühen, die duale Ausbildung entspre­chend qualitativ hochwertig zu halten. Wir agieren einerseits über den Bundes-Berufs­ausbildungsbeirat, andererseits hat Kollege Mitterlehner über seine Ressortverantwort-


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lichkeit unter anderem das Lehrlings-Coachsystem implementiert, und wir alle gemein­sam bemühen uns – diesbezüglich gibt es ja keinerlei parteipolitische Divergenzen –, den jungen Menschen eine qualitativ hochwertige Ausbildung zukommen zu lassen.

Natürlich wurde ich auch zu vielen Hinterfragungen entsprechend animiert. Es haben alle ein positives Berufsschulzeugnis, das heißt, an dieser Schiene beziehungsweise auf dieser Seite kann es nicht liegen. Und es gibt Beispiele etwa im Baubereich, wo wir bei den Lehrbauhöfen Ergebnisse bei der Lehrabschlussprüfung haben, die fast überall 100 Prozent betragen. Viele große Firmen halten Vorbereitungslehrgänge für die Lehr­abschlussprüfung ab, bei denen die Durchfallquote auch mehr oder weniger null be­trägt.

Das heißt, wir müssen uns mit den einzelnen Branchen, mit der Wirtschaftskammer und mit den Innungen entsprechend bemühen, die Problematik dort, wo es diese dra­matischen Zahlen gibt, direkt aufzuarbeiten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Linder.

 


Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben heu­te schon selbst erwähnt, dass Sie nicht Akademiker mit 1 200 € auf den Arbeitsmarkt schicken wollen. Wir haben in vielen Bereichen, glaube ich, wirklich hoch qualifizierte Schüler, die keinen Arbeitsplatz bekommen. Zum Beispiel haben wir vom Kärntner Ge­meindebund eine Sachbearbeiterstelle ausgeschrieben, und es gab 170 Bewerbungen. Andererseits wissen wir, dass wir sehr viele Facharbeiterposten und auch hoch qua­lifizierte Lehrstellen nicht mehr besetzen können. Wir haben in unserer Heimatge­meinde Lehre mit Matura ausgeschrieben: Dafür gab es eine Bewerbung. Und in der Nachbargemeinde gab es keine einzige Bewerbung. Die dritte Gemeinde hatte zwei Bewerbungen, wollte aber als Grundvoraussetzung fünf Bewerbungen.

Glauben Sie nicht, dass Sie den falschen Weg gehen? Meinen Sie nicht, dass wir die Karriere mit Lehre wieder forcieren sollten und die Jugendlichen darauf aufmerksam machen sollten, dass man mit einer Lehre sehr wohl gut im Leben fährt, und dass wir eher mehr auf die Facharbeiterausbildung setzen sollten, als alle in Schulen zu schi­cken?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Dass Sie hinsichtlich der Gleichwertigkeit der Lehre mit allen anderen Ausbil­dungsformen bei mir offene Türen einrennen, wissen Sie. Als Verfechter dafür bin ich ein Paradebeispiel. – Punkt eins.

Punkt zwei: Wir können nur alles daran setzen, dass die gesellschaftspolitische Aner­kennung der Lehre wirklich überall durchsickert, denn es liegt ja sehr oft nicht an den Jugendlichen selbst, sondern am Elternhaus und der sozialen Umgebung der Jugend­lichen. Klar ist, dass wir alle uns sehr bemühen müssen, dass wir diesen gesellschafts­politischen Gleichklang zustande bringen.

Es gibt in den Bundesländern auch sehr große Unterschiede. Wir haben Bundesländer, in denen 50 Prozent eines Jahrgangs 15-Jähriger eine Lehre anstreben, es gibt aber auch Bundesländer, wo es nur 30 Prozent sind. Demzufolge müssen wir uns bemühen, dass die Lehre wiederum jenen Stellenwert bekommt, der ihr zukommen muss, näm­lich Gleichwertigkeit mit AHS, HAK oder HTL.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser.

 


Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Werte KollegInnen! Ich glaube, das beste Beispiel für Karriere mit Lehre steht


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vor uns: Der Herr Bundesminister begann als Lehrling und kam bis auf die Minis­terbank. – Ich glaube, für Karriere mit Lehre kann man kein besseres Vorbild finden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Das hat aber nichts mit der Lehre zu tun, sondern mit der Gewerkschaftszugehörigkeit!)

Nun zu meiner Frage: Ein Erfolgsmodell, das Sie bereits praktizieren, ist das Jugend­coaching. Können Sie mir einen Zwischenbericht geben, was sich im Jugendcoaching in den letzten Jahren getan hat?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Für das Jugendcoaching sind heuer 35 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer geplant; im Vorjahr hatten wir 16 000. Warum spreche ich von 35 000? – Weil dieses Projekt monatlich mehr oder weniger erhöht werden muss. Mit diesem Jugend­coaching-Projekt tun wir unter anderem das, was notwendig ist: in die Schulen gehen und gemeinsam mit den Lehrkräften versuchen, jene Jugendlichen zu betreuen, die nicht wissen, wo es weitergehen soll. Und ich kann nur sagen: Wir haben eine Er­folgsquote von 85 Prozent. Das heißt, von jenen 16 000 im Vorjahr haben 85 Prozent eine weiter gehende Ausbildung gemacht, und zwar natürlich nicht nur eine Lehre, sondern auch schulische Ausbildungsformen, und 15 Prozent haben dieses Coaching-Projekt verlassen.

Ich hoffe, dass wir diese Zahlen weiter ausbauen können, das heißt, dass wir von 85 auf 90 Prozent kommen – auf 100 werden wir nie kommen. Aber es war die richtige Entscheidung, mit diesem Projekt in die Schulen zu gehen.

Und um das letztlich auch noch zu erwähnen: Wir investieren derzeit 22 Millionen € in diese Aktivitäten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 190/M des Herrn Ab­geordneten Spindelberger. – Bitte.

 


Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

190/M

„Wie stehen Sie zu den Rechtsakten der Europäischen Union zur außergerichtlichen Streitbeilegung?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Diese sogenannte ADR-Richtlinie hat eine Umsetzungsfrist von 24 Monaten und soll bis Mitte 2015 flächendeckend in den Mitgliedstaaten implementiert sein. Dies­bezüglich wird es auch noch notwendige gesetzliche Aktivitäten hier im Nationalrat ge­ben.

Was haben wir getan, um diese außergerichtliche Streitbeilegung einmal quasi auszu­probieren? – Wir beginnen jetzt eine Testphase. Diese Testphase wurde vorige Woche mit einer großen Enquete gestartet, bei welcher wir verschiedenste Sektoren der Wirt­schaft, sowohl Handel als auch Banken, Versicherungen, und die Konsumentenorga­nisationen entsprechend zusammenbringen konnten. Es geht dabei wirklich darum, das entsprechend zu implementieren, denn gerade bei der Durchsetzung von Verbrau­cherrechten brauchen wir dieses Instrumentarium, weil viele Konsumentinnen und Konsumenten den Gerichtsweg aus vielen Gründen scheuen. Aber wir hoffen, dass über diese außergerichtliche Streitbeilegung einiges möglich ist.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Spin­delberger.

 



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Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Wie bereitet sich Österreich jetzt auf die­se Umsetzung der ADR-Richtlinie – diese bringt eine gewaltige Herausforderung mit sich – konkret vor?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Wir haben einerseits einige Erfahrungswerte im Zusammenhang mit E-Control, der RTR und dem Internet-Ombudsmann, und aufbauend auf diesen Erfahrungswerten haben wir uns jetzt in eine Testphase begeben. Diese Testphase ist eine sogenannte Testschlichtung unter dem Namen „Schlichtung für Verbrauchergeschäfte“. Als Leiterin dieser Schlichtungsstelle, die ja unabhängig sein muss, haben wir die ehemalige Prä­sidentin des Obersten Gerichtshofes, Frau Dr. Griss, gewonnen. Sie war sehr gerne bereit, das zu machen.

Diese Schlichtungsstelle wird am 1. Mai ihre Arbeit aufnehmen, und wir werden schau­en, wie das in den nächsten neun Monaten funktioniert, um die praktischen Erfahrun­gen, die wir dann daraus gewonnen haben werden, in die Gesetzgebung, die spätes­tens 2014 hier im Haus erfolgen muss, einbauen zu können.

Technisch und organisatorisch gesehen, kommt die Unterstützung vom VKI, das ist aber nur eine Bürounterstützung und nichts anderes.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Him­melbauer.

 


Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Meiner Überzeugung nach sollte die Forderung nach klaren europäischen Rege­lungen für Produkte oder grenzüberschreitende Dienstleistungen wie auch für Konsu­mentenrechte noch vor dieser Debatte über eine Streitbeilegung erfolgen.

Ein Beispiel, wo klare Regelungen und Rechte unbedingt erforderlich sind, ist der On­line-Handel, also speziell der E-Commerce-Bereich. Das E-Commerce-Recht ist relativ komplex und mit vielen Unsicherheiten behaftet, und trotz EU-Regelungen können in jedem Staat andere Regelungen zur Geltung kommen. Hier wäre eine Vollharmonisie­rung notwendig.

Meine Zusatzfrage in diesem Bereich lautet: Werden Sie sich auf europäischer Ebene für eine Vollharmonisierung der Konsumentenrechte und Regeln für den Online-Handel einsetzen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Danke schön für diese Zusatzfrage! – Ich war erst am Montag dieser Woche in Brüssel beim Consumer Summit, bei welchem das ein Thema war, und ich habe sehr vehement in der sogenannten Ministerrunde angeregt, dass wir vor allem beim Inter­nethandel rascher Vereinheitlichungen brauchen. Dabei reicht für den Internethandel sehr oft nicht einmal eine europaweite Vereinheitlichung aus, weil der Server irgendwo steht. Abgesehen davon sind wir uns aber auf europäischer Ebene einig, dass wir dies­bezüglich rascher weitermachen müssen, und da wir seit drei Monaten einen neuen Kommissar, Herrn Borg, haben, wird das, wie ich hoffe, mit neuem Schwung weiter­gehen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dolin­schek.

 


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister, die außergerichtliche Streitbeilegung steckt in Österreich noch in den Kinderschuhen. Sie ist nicht sehr ausgeprägt. Es gibt diese zwar bei Ehestreitigkeiten, bei denen es


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eine Mediation gibt, aber in anderen Bereichen, bei Streitigkeiten zwischen Konsu­menten und Unternehmern, Käufern und Verkäufern ist das Verfahren bei uns nicht sehr ausgeprägt.

Sie, Herr Minister, haben jetzt erklärt, dass wir uns in einer Testphase befinden. Es hat eine Enquete dazu gegeben, und es wird jetzt eine Schlichtungsstelle mit Frau Dr. Griss als Leiterin eingerichtet.

Welche konkreten Schritte, Herr Bundesminister, sind jetzt geplant, um das Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung in Österreich interessanter zu machen? Werden Sie das über Ihr Ministerium auch bewerben, um es den Leuten schmackhafter zu ma­chen, damit dieses Verfahren verstärkt angenommen wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Das war Sinn und Zweck dieser Enquete, die vorige Woche stattgefunden hat und bei der wir den Startschuss gegeben haben. Wir werden natürlich die einzelnen Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch die Wirtschaft immer wieder entspre­chend informieren, dass diese außergerichtliche Streitbeilegung für beide Teile Vorteile hat.

Es gilt, das ist klar, das Prinzip der Freiwilligkeit. Wir können niemanden zwangsver­pflichten, wir können ihn nur einladen, hier mitzumachen, und wir werden alles daran setzen, dass das auch bekannt wird. Hinsichtlich der Verfahren selbst müssen die beiden Parteien jeweils freiwillig sagen, dass sie damit einverstanden und dabei sind.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Schatz.

 


Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Minister! Ich muss an meinen Vorred­ner anschließen, und zwar diesfalls in puncto Freiwilligkeit. Meiner Information nach gäbe es bei der Umsetzung der Richtlinie auf nationaler Ebene sehr wohl die Möglich­keit, die Unternehmen dazu zu verpflichten, sich an solchen Verfahren zu beteiligen. Warum wählen Sie hier den Weg der Freiwilligkeit?

Noch eine kleine Zusatzfrage: Wird das Verfahren für die Konsumenten und Konsu­mentinnen kostenlos sein?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Wir beziehen uns hier auf die Freiwilligkeit. Wo Sie herauslesen, dass ich dazu verpflichten kann, weiß ich jetzt nicht. Das kann schon sein, ich weiß es jetzt aber nicht. – Das zu Frage eins.

Zur zweiten Frage: Die Testphase finanzieren wir jetzt einmal komplett. Die Frage, wie es dann weitergeht, also die Kostenfrage, ist für die Zukunft im Zuge der Gesetzwer­dung noch entsprechend zu klären. Sie ist noch nicht geklärt. Die Testphase wird je­doch von uns finanziert.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Vock.

 


Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Durch die außergerichtliche Streitbeilegung sollen die Konsumenten rasch, innerhalb von nur drei Monaten und kostengünstig zu ihrem Recht kommen. Allerdings ist zu bedenken, dass die Verfahren im Rahmen der zivilen Gerichtsbarkeit im Schnitt deutlich länger als drei Monate dauern.

Herr Minister, können Sie schon heute zusagen, dass die geplante Verfahrensdauer von drei Monaten nicht wesentlich überschritten wird und dass die sieben Grundsätze der außergerichtlichen Streitbeilegung eingehalten werden?

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 34

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Dass die Grundsätze eingehalten werden, ist ganz klar, das ist ja der Sinn und Zweck, denn sonst gibt es ja kein Vertrauen bei den Beteiligten!

Die Zusage, dass die drei Monate immer eingehalten werden können, kann ich Ihnen nicht machen. Ich kann Ihnen aber sagen: Wir tun alles, dass es so sein wird. Wenn das Verfahren vier Monate dauert, letztlich aber hilfreich ist, dann ist das auch nicht mein Problem. Wichtig ist, dass wir das Ganze jetzt einmal in eine Testphase gebracht haben, die bald beginnt, dass das funktioniert, damit wir dann sehen, was wir wo und wie verbessern müssen, um das bei der Novellierung entsprechend zu berücksich­tigen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 187/M der Frau Ab­geordneten Mag. Aubauer. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Der Volks­anwaltschaft liegen immer mehr Beschwerden im Bereich der Sachwalterschaften vor. Es wird beklagt, dass Angehörige und Betroffene zu wenig in Entscheidungen einge­bunden werden.

Justizministerin Beatrix Karl plant diesbezüglich Verbesserungen. Angehörige sollen stärker eingebunden werden, und jeder Einzelne soll so lang wie möglich selbstbe­stimmt und selbstentscheidend leben können. Das ist die rechtliche Seite. Auf der an­deren Seite bedarf es aber auch, damit das alles in der Praxis gelingt, eines Systems der Alterswohlfahrt und unterstützender Strukturen von Hilfsorganisationen auf Ge­meindeebene. Dafür sind Sie der Adressat, Herr Minister; da sollte eine Vernetzung erfolgen. Im Zuge der Pflegereform und des Pflegefonds könnten diese Strukturen um­gesetzt werden. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Frage lautet:

187/M

„Wie ist der Stand der Vorbereitungen für die Verlängerung des Pflegefonds für die Jahre 2015 und 2016?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Es sind, aufbauend auf den Beschluss der Landessozialreferenten vom 19. De­zember 2012 und eine weitere Sitzung mit Vertretern des Finanzressorts und Länder­vertretern vom 21. Februar 2013, alle Vorarbeiten in der Pipeline beziehungsweise mehr oder weniger abgeschlossen. Der Begutachtungsentwurf und alles dazu Nötige sind dazu angetan, dass wir die Verlängerung des Pflegefonds im Juni hier im Na­tionalrat zur Beschlussfassung werden vorlegen können, die, wie ich hoffe, einstimmig erfolgen wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Aubauer.

 


Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Minister, um die Pflege und Be­treuung zu sichern, braucht es nicht nur Geld, sondern auch Menschen, die diese Leis­tungen vollbringen.

Daher meine Frage: Was unternehmen Sie in der aktiven Arbeitsmarktpolitik oder bei der Aufwertung des Freiwilligen Sozialen Jahres, um jungen Menschen die Chancen auf einen Pflege- oder Betreuungsberuf zu eröffnen und um sie auch für diese Berufe zu begeistern und auszubilden?

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 35

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Das AMS bildet pro Jahr zirka 4 500 bis 5 000 Menschen für den Sektor – große Überschrift – Gesundheits- und Sozialwesen aus. Das ist der eine Punkt. Diese Zahlen sind jährlich steigend und nicht sinkend.

Außerdem werden Sie in ein paar Stunden das Fachkräfte-Stipendium beschließen, das ist dann ein weiterer Punkt.

Ansonst haben wir im Freiwilligengesetz jetzt keinen Handlungsbedarf, denn dieses ist ja vorhanden, auch das Freiwillige Soziale Jahr, und betreffend den Zivildienst bemüht man sich gerade auf Koalitionsebene, die Dinge weiterzubringen. Das heißt, es sind für das, was von dieser Seite kommen kann, entsprechende Maßnahmen eingeleitet be­ziehungsweise werden diese praktisch gelebt, denn die 5 000 Menschen, die pro Jahr im Gesundheits- und Sozialbereich Ausbildungen absolvieren, die das AMS bezahlt, sind real vorhanden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Haubner.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister, Sie ha­ben jetzt gesagt, die Beschlussfassung bezüglich der Verlängerung des Pflegefonds soll im Juni hier im Parlament stattfinden. – Das ist für uns aber nicht unbedingt das Gesamtkonzept, das Sie hier immer wieder angekündigt haben. Zu einem Gesamtkon­zept gehört natürlich auch ein sicheres Pflegegeldwesen.

Wenn Sie sich erinnern: Wir haben im Juli 2011 hier die Verwaltungsvereinfachung, die Übertragung der Länderkompetenzen an den Bund, was Gesetzgebung und Vollzie­hung betrifft, beschlossen. Da hat auch das BZÖ mitgestimmt, weil wir wissen, dass das eine sinnvolle Verwaltungsreform ist. Wir haben auch den Fünf-Parteien-Antrag unterstützt, den wir damals eingebracht haben und der zum Ziel hatte, die einheitliche Begutachtungspraxis weiterzuentwickeln.

Daher jetzt meine Frage: Wie schaut es aus? Was wurde in dieser Zeit im Sinne des Entschließungsantrages weiterentwickelt? Sind die Stellen reduziert worden, bezie­hungsweise welche Vorschläge können Sie hier darbieten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Das Pflegegeld wird nur mehr von acht Stellen ausbezahlt. Das ist umgesetzt. Wir haben nur mehr eine Datenbank für alle. Auch das ist umgesetzt. Ich bin zwischen­zeitlich in der Lage, Ihnen stets am 10. des Folgemonats zu sagen, wie viel Pflegegeld wir im Vormonat ausbezahlt haben, für welche Stufen und so weiter. Hier wurde wirk­lich eine enorme Verwaltungsvereinfachung vorgenommen.

Die Begutachtung ist vorangetrieben, zirka 20 Prozent der Begutachtungen werden von der diplomierten Gesundheits- und Krankenpflege vorgenommen. Es sind noch weitere Modelle in Ausarbeitung, etwa betreffend die Frage, ob man bei gewissen Gruppen der Pflegestufe 3 nicht auch die Pflege stärker in die Begutachtung integriert. All das ist geschehen.

Ein Teil dieser Novellierung des Pflegefondsgesetzes wird auch ein stärkerer flächen­deckender Ausbau von Case- und Care-Management sein, damit man noch bedarfsge­rechter steuern beziehungsweise ein entsprechendes Angebot zusammenstellen kann.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Öl­linger.

 



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Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Bundesminister! Wir sind uns ja hier eigentlich – das war auch bei der Debatte im Sozialausschuss so – zwischen allen Parteien einig, dass für eine Pflegeleistung in jedem Bundesland derselbe Standard und derselbe Preis verlangt werden soll. In der Praxis haben wir aber den erbärmlichen Zustand, dass dies zwischen den Bundesländern gravierend differiert. Ich finde das eigentlich für die Politik erbärmlich.

Deshalb die Frage an Sie, Herr Bundesminister: In welchem Jahr – nicht Jahrhundert oder Jahrtausend – können wir damit rechnen, dass auf Pflegeleistungen angewiesene Personen für den gleichen Geldbetrag die gleiche Leistung und die gleiche Qualität erhalten, egal, ob die Personen, die auf Pflege angewiesen sind, in Vorarlberg, im Bur­genland oder irgendwo dazwischen aufhältig sind?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Ich möchte schon darauf hinweisen, das, was sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, war immer sehr vom jeweiligen Bundesland gesteuert, und jedes Bun­desland hat für sich Schwerpunkte gesetzt: das eine Bundesland mehr stationäre Ein­richtungen, das andere Bundesland mehr mobile Einrichtungen. Das war und ist je­weils in der Verantwortlichkeit der einzelnen Länder.

Ich gehe davon aus, dass wir durch das, was wir heuer noch, so hoffe ich, beschließen werden, eine weitere Vereinheitlichung bei der Steuerung des Angebotes haben wer­den, etwa beim Ausbau des Case- und Care-Managements. Da wir auch die Finanzie­rung von Qualitätssicherung und innovativen Projekten ermöglichen, hoffe ich, dass wir auch da gemeinsame Standards schaffen.

Zum Jahr, wann es wirklich so sein wird, dass 50 € überall die gleichen 50 € an Leis­tung gegenüberstehen, kann ich Ihnen zur Stunde nichts sagen, denn, ich sage es ganz offen und ehrlich: Wenn ich Ihnen 2018 nenne, kann es stimmen, es kann aber auch 2019 stimmen. Fakt ist, es muss raschest passieren.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Be­lakowitsch-Jenewein.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister, Sie haben vorhin in der Beantwortung der Frage der Kollegin Aubauer gesagt, dass bis Juni die Verlängerung des Pflegefonds beschlussfähig werden soll, sagen wir es einmal so.

Folgende Frage stellt sich jetzt aber für mich: Das betrifft die Jahre 2015 und 2016, das ist nicht die Gesamtlösung, die wir uns eigentlich erhofft haben, dass wir nämlich eine längerfristige Lösung bekommen. Wir wissen, dass die Ausgaben dafür in Österreich nicht einmal ganz 2 Prozent des BIP ausmachen. Wir liegen damit im unteren Drittel der EU-Staaten, was Ausgaben für die Pflege angeht. Gleichzeitig wissen wir aber, dass aufgrund der demographischen Entwicklung die Kosten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wahrscheinlich rapide ansteigen werden.

Welche Pläne haben Sie schon, dass wir uns das mittelfristig finanziell leisten können beziehungsweise dass wir eben den Pflegefonds mittelfristig speisen können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Sie wissen ganz genau, oder ich vermute, Sie wissen, warum wir das jetzt bis 2016 ausdehnen – das hängt mit den Finanzausgleichsverhandlungen zusammen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass in der nächsten Finanzausgleichsperiode das The­ma Pflege und Langzeitbetreuung einen eigenen Stellenwert haben wird und dann dort


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auch die Antwort gegeben wird, wie wir in der Zukunft die Finanzierung weiter voran­treiben.

Klar ist, es muss sie geben. Für mich ist der Pflegefonds eine Krücke bis 2016. Ob wir den Pflegefonds dann in den Finanzausgleich integrieren oder als eigenes Instrumen­tarium weiter heraußen lassen, das kann ich Ihnen heute noch nicht beantworten. Aber eines kann ich mit aller Sicherheit sagen: Auch 2017 wird es die Finanzierung der Pfle­ge in Österreich geben, sodass die Menschen sich das auch leisten können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Keck, bitte.

 


Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Bundesminister, Sie haben ja in Ihrem Haus einige Reformarbeitsgruppen zu wichtigen Themen eingerichtet, unter anderem auch die Reformarbeitsgruppe Pflege.

Meine Frage an Sie: Wie wurden die Empfehlungen der Reformarbeitsgruppe Pflege berücksichtigt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Im Wesentlichen, wie ich schon bei anderen Zusatzfragen gesagt habe, ja, nicht überall, aber wir sind einen Schritt weiter. Vor allem auch die Frage der Finanzierung von qualitativen Maßnahmen ist ein ganz wesentlicher Punkt, weil da die Länder die Möglichkeit haben, auch experimentell einige Dinge voranzutreiben; das Case- und Care-Management gehört dazu.

Ich möchte das noch einmal betonen: Über diese Novelle ermöglichen wir es, wirklich innovative Projekte hochzuziehen, die heute ganz einfach notwendig sind, um auch das zu beantworten, was ich zuerst schon gesagt habe, dass wir nämlich den Men­schen die Sicherheit geben, auch in zehn Jahren, in 15 Jahren eine entsprechende Betreuung auf hohem Niveau zu haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vielen Dank, meine Damen und Herren, Herr Bundesminister! Es sind alle Fragen aufgerufen und beantwortet worden. Ich bedanke mich für die hohe Disziplin, es ist äußerst bemerkenswert, dass es in der heutigen Fragestunde sehr zügig und effizient vorangegangen ist.

*****

Ich teile mit, dass Herr Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner dem Nationalrat heu­te doch zur Verfügung steht, er also nicht, wie vorhin angekündigt, vertreten wird.

10.25.52Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 13362/AB bis 13372/AB;

2. Regierungsvorlagen:

Gesundheitsreformgesetz 2013 (2243 d.B.),


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Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (2244 d.B.),

Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2013 – SVÄG 2013 (2246 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert wird (2247 d.B.).

B. Zuweisungen:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Antrag 2238/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Ing. Erwin Kaipel, Gabriele Ta­mandl, Elmar Podgorschek, Mag. Werner Kogler, Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Doppelbesteuerung für zehntausende Pensio­nisten;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-Inneres – VwGAnpG-Inneres (2211 d.B.);

Justizausschuss:

Antrag 2236/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend barrierefreien Zugang zur Justiz für gehörlose und hörbehinderte Menschen;

Landesverteidigungsausschuss:

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Landesver­teidigung und Sport – VwGAnpG-BMLVS (2200 d.B.);

Unterrichtsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungsdokumentations­gesetz geändert werden (2198 d.B.),

Facharbeiter-Ausbildungsinitiative-Gesetz 2013 (2199 d.B.),

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz für den Schul- und Kultusbereich (2212 d.B.);

Verfassungsausschuss:

Antrag 2237/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Gehaltsbegrenzungen im Managementbereich;

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (2197 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Landesverteidigungsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport gemäß § 38a Abs. 5 Wehrgesetz 2001 betreffend militärische Dienstleistungen von Frauen in den Jah­ren 2011 und 2012 (III-402 d.B.).

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 39

10.26.03Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Herr Abgeordneter Mag. Widmann beantragt hat, dem Finanzausschuss zur Be­richterstattung über den Antrag 1866/A(E) der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der Zweckbindung für Wohnbaufördermittel der Länder eine Frist bis 24. April 2013 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzu­führen.

Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung beziehungsweise um 15 Uhr stattfinden. Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss der Fristsetzungsdebatte erfolgen.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Um den Punkt 27 der Tagesordnung in Ver­handlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erfor­derlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzu­sehen.

Dabei handelt es sich um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichts für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Günther Kräuter (2248 d.B.).

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für die­sen Ausschussbericht ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 3 bis 7, 9 bis 11, 12 bis 14, 17 bis 21 sowie 22 und 23 der Tages­ordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkon­ferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 7,5 „Wiener Stunden“ vereinbart. Entsprechend der vorläufigen Neuverteilung der Redezeit innerhalb einer „Wiener Stunde“ ergeben sich für 7,5 „Wie­ner Stunden“ folgende Redezeiten: SPÖ und ÖVP je 105, FPÖ 94, Grüne 83, BZÖ 71 sowie STRONACH 60 Minuten.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung vor, die Redezeit des Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem folgen, um ein Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 40

10.28.561. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2137 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird (2218 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2162 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Opfer­fürsorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Impfschadengesetz und die 11. Opferfürsorgegesetz-Novelle geändert werden (2219 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


10.29.42

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Verbrechensopfergesetz, wie wir es ken­nen, wurde in Österreich im Jahre 1972 beschlossen und seither natürlich einige Male novelliert. Österreich war damals mit Schweden Vorreiter, wir haben uns damals mit dem Verbrechensopfergesetz tatsächlich auf Neuland begeben.

Ziel war es, Opfern von Verbrechen und deren Hinterbliebenen im Falle von strafge­setzwidrigem Verschulden, unabhängig davon, ob Körperverletzung oder Gesundheits­schädigung, Hilfeleistungen anzubieten, die Übernahme von Heilungskosten anzubie­ten und bei der beruflichen und sozialen Rehabilitation Unterstützung zu gewährleisten.

Die Straftat muss, wie gesagt, rechtswidrig sein, sie muss vorsätzlich sein und mit ei­ner Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten bedroht sein, dann erhalten Opfer von Verbrechen und deren Hinterbliebene eben Hilfeleistungen nach dem Verbrechensop­fergesetz. Die zuständige Stelle in Österreich dafür ist das Bundessozialamt und seine Landesstellen.

Es gibt Hilfeleistungen für Opfer, unter anderem beim Ersatz des Verdienstentganges, bei der Heilfürsorge, zum Beispiel bei einer Psychotherapie. Es gibt auch einkommens­abhängige Zusatzleistungen, eine Pflege- und Blindenzulage sowie Pauschalentschä­digungen für Schmerzensgeld. Für die Hinterbliebenen gibt es ebenfalls Hilfeleistun­gen, wie auch Hilfeleistungen für Trägerinnen und Träger von Bestattungskosten.

Die heutige Novelle sieht auf der einen Seite eine Reihe von Leistungsverbesserungen für die Opfer und auch für deren Hinterbliebenen vor. Und es kommt mit dieser heuti­gen Novelle zu maßgeblichen Verwaltungsvereinfachungen und auch zu Verfahrens­beschleunigungen, was wiederum vor allem den Opfern und Hinterbliebenen zugute­kommen wird.

Das, was wir heute beschließen werden, ist ein gutes Gesetz. Ich möchte auf ein paar Punkte, die heute in der Novelle beschlossen werden – es ist ja eine einstimmige Ma­terie –, genauer eingehen.

Wir werden eine maßgebliche Erhöhung der Pauschalentschädigung für Schmerzens­geld und eine weitere Differenzierung beschließen. Es wird hinkünftig vier Kategorien geben: Entschädigungen in der Höhe von 2 000 bis 4 000 € bei schwerer Körperver­letzung und 8 000 bis sogar 12 000 € bei schweren Dauerfolgen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 41

Es wird für Opfer und Hinterbliebene eine Kostenübernahme bei Kriseninterventionen geben, die durch klinische Psychologinnen und Psychologen oder Gesundheitspsycho­loginnen und -psychologen durchgeführt werden, bis zu zehn Sitzungen pro Opfer, pro Hinterbliebenem.

Außerdem wird es vor allem – dafür bin ich dem Herrn Minister sehr dankbar – eine Einbeziehung von Opfern von Menschenhandel geben. Ich denke, das ist eine Gruppe, die ganz besonders benachteilig ist. Mit dieser Novelle werden auch diese Menschen in das Verbrechensopfergesetz mit eingeschlossen.

Es wird vereinfachte Abrechnungskriterien in der Heilfürsorge bei Rechnungsbeträgen bis zu 100 € pro Antragsteller geben, das heißt, in Zukunft werden aufwendige Verwal­tungsverfahren vermieden, und das führt wiederum dazu, dass die Opfer und die Hin­terbliebenen rasche Hilfe bekommen, die ihnen auch zusteht.

Es soll eine Härteregelung bei ruhenden Pensionsansprüchen von inhaftierten Gewalt­tätern geben, das heißt, es wird eine Kostenübernahme von Opferansprüchen bis zum zehnfachen Betrag des Ausgleichszulagenrichtsatzes eines Alleinstehenden geben; ich denke, auch eine gute Leistung, die hier mitbeschlossen wird.

Eine gesetzliche Verankerung der von der Judikatur anerkannten Schockgeschädigten soll ermöglicht werden; das ist auch ein wichtiger Punkt, den vor allem der „Weisse Ring“ immer wieder gefordert hat.

Wie ich schon gesagt habe, kommt es zu einer Erhöhung des Ersatzes der Bestat­tungskosten, bis zu 3 300 € wird diese Höchstentschädigung betragen können.

Auch eine Forderung aus einer im Parlament vorliegenden Petition, die vor allem Op­fern aus den sogenannten Heimfällen eine Verbesserung bringen wird, wird heute mit dem Verbrechensopfergesetz mit übernommen. Bezüglich der anspruchsberechtigten Strafdrohung im Strafrecht soll in Zukunft der Entscheidungszeitpunkt der relevante Zeitpunkt sein und nicht mehr der Tatzeitpunkt. Das wird für die Heimopfer sicher eine Verbesserung bringen. Es wird auch eine Vereinheitlichung der Antragsfristen durch eine Verlängerung von zwei Jahren geben, somit wird auch der Kompetenzdschungel ein wenig vereinfacht werden.

Ich bin überzeugt davon, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass wir heute ein sehr gutes Gesetz beschließen, ein Gesetz, das Opfern von Verbrechen und ihren Hin­terbliebenen in Zukunft rasche Hilfe bieten wird, vor allem auch angemessene Hilfe, obwohl ich im Ausschuss schon gefragt habe: Was ist schon angemessen, wenn man Opfer eines Verbrechens wird?

Unsere Leistungen können sich durchaus sehen lassen. Ich möchte mich beim Herrn Bundesminister ausdrücklich für diese Novelle bedanken.

Noch kurz zum 2. Punkt der Tagesordnung: Es wird damit das Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopferge­setz, das Impfschadengesetz und die 11. Opferfürsorgegesetz-Novelle geändert wer­den, behandelt. Wir bieten damit eine Kompetenzgrundlage für die Sozialentschädi­gungen im Bundes-Verfassungsgesetz, das heißt, durch diese Zusammenfassung der in den verschiedenen Gesetzen verstreuten Kompetenzgrundlagen im neuen Kompe­tenztatbestand Sozialentschädigungsrecht wird es zu einer ganz großen Vereinfa­chung kommen.

Das wird eine Vereinfachung der Verfahren bringen, das wird vor allem auch eine Verfassungsbereinigung nach sich ziehen. Ich bin überzeugt davon, dass das auch da­zu führen wird, dass die Verfahren schneller durchgeführt werden können.

Was es nicht geben wird: Es wird keine Verschiebung der Gesetzgebungs- und Vollzie­hungszuständigkeiten zwischen Bund und Ländern im Sozialentschädigungsrecht ge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 42

ben, aber der Tatbestand wird in einem Tatbestand im Bundes-Verfassungsgesetz zu­sammengefasst.

Es sind zwei gute Novellen, die wir heute beschließen. Ich freue mich darüber, dass das eine einstimmige Materie ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfin­ger. – Bitte.

 


10.35.51

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, es ist ein Gebot der Stunde, die Verbrechensopferhilfe zu verbessern, denn es sollte uns bewusst sein, dass niemand, auch in diesem Kreis, niemand – egal, aus welcher gesellschaftlichen Schicht er kommt – davor gefeit ist, Opfer eine Verbrechens zu werden, plötzlich, un­erwartet und in einer Heftigkeit, die man sich gar nicht ausmalen kann, entweder selbst als Opfer oder als Angehöriger. Und damit wird das Leben in eine komplett neue Si­tuation gebracht, die Auswirkungen physischer oder psychischer Natur können lange anhalten, ja sogar lebenslang dauern.

Es ist daher wichtig, dass wir in diesem Bereich einen weiteren Fortschritt erzielen. Meine Vorrednerin hat das ja ausführlich erläutert – ich brauche es nicht zu wieder­holen –: Die Vielfalt bezieht sich auf höhere Entschädigungssätze, sie bezieht sich da­rauf, dass Antragsfristen verlängert werden, sie bezieht sich darauf, dass Kosten über­nommen werden und dass es auch Härtefallregelungen gibt, wenn es Verbrechens­opfer betrifft, die wegen ruhender Pensionsansprüche eines inhaftierten Gewalttäters bisher den zuerkannten Schadenersatz nicht geltend machen konnten.

Darüber hinaus wird es auch bezüglich des Menschenhandels mit diesem neuen Ver­brechensopfergesetz eine Entschädigung geben. Dies gilt für alle österreichischen Staatsbürger, Bürger der Europäischen Union, aber auch Bürger von Drittstaaten, so­fern sie einen rechtmäßigen Aufenthaltstitel in Österreich haben.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich meine, dass wir mit diesem Gesetz einen we­sentlichen Beitrag für jene leisten, die Opfer einer Gewalttat geworden sind, zwar im Bewusstsein, dass damit das Geschehene nicht ungeschehen gemacht werden kann, aber ein starkes Zeichen gesetzt wird, dass wir auch vonseiten des Staates die Be­troffenen nicht alleine lassen, sondern sie auch vonseiten des Staates Österreich in schwierigen Zeiten begleiten werden.

Wir von unserer Seite tragen dieses Gesetz gerne mit. Ich weiß, dass es eine ein­stimmige Materie sein wird und dass dies ein wichtiger Beschluss am heutigen Tage sein wird. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Bela­kowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


10.38.24

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch wir werden dieser Gesetzesnovelle selbstverständlich unsere Zustimmung geben. Die Vorredner haben inhaltlich nahezu alles gesagt, was es dazu zu sagen gab, sie haben nämlich sämtliche Verbesserungen aufgezählt.

Auf einen Punkt möchte ich noch ganz kurz eingehen, es geht nämlich auch darum, dass Opfer von Menschenhandel hinkünftig eine Entschädigung erhalten sollen, selbst


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 43

wenn sie sich illegal im Inland aufhalten. Das ist prinzipiell eine sehr gute Sache, und, Herr Bundesminister, Sie haben uns auch im Ausschuss gesagt, dass es eine sehr intensive Zusammenarbeit mit dem BMI gegeben hat.

Das ist etwas, was wir genau weiter beobachten werden, denn eines wollen wir nicht haben: dass dieses Gesetz, das gut gemeint ist, sich dann möglicherweise in eine Richtung entwickelt, die wir alle nicht wollen, nämlich dass sich Schlepper bemüßigt fühlen, Menschenhandel anzukurbeln. Da werden wir genau beobachten, dass das wirklich nur jenen zugutekommt, die es auch brauchen, die tatsächlich Opfer sind.

Sonst ist diese Gesetzesmaterie selbstverständlich eine gute, der man auch guten Ge­wissens seine Zustimmung geben kann. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

10.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


10.40.03

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wir als Grüne sehen keine Grund, dieser Änderung nicht zuzustim­men. Im Gegenteil: Es werden einige Verbesserungen erzielt. Es wird Kompetenzma­terie vereinheitlicht. Ja, da sind wir einverstanden! Trotzdem gibt es auch einige Wer­mutstropfen. Wir haben das auch schon im Ausschuss – ansatzweise, würde ich ein­mal sagen – diskutiert.

Es geht da um die Gruppe derer, die auch Opfer von Verbrechen werden können und auch tatsächlich schon geworden sind, die in Österreich – egal, ob freiwillig oder un­freiwillig – nicht rechtmäßig aufhältig sind. Ich nenne Ihnen dafür nur ein Beispiel, näm­lich das des Schubhäftlings, der vor Jahren im 11. Bezirk nach einem Versuch, ihn ab­zuschieben, von Polizisten gefoltert wurde.

Der würde nicht entschädigt werden, weil er in Österreich nicht rechtmäßig aufhältig war. Jeder weiß, es handelt sich bei ihm – und hoffentlich gibt es nicht mehrere solche Fälle – um ein Opfer von Verbrechen. Klar! Das ist auch mittlerweile ausjudiziert wor­den. Und trotzdem: Auch diese Novelle ändert nichts an seinem Status, ob er oder sie – es kann ja auch eine Frau betreffen; es gibt ja auch Ausnahmematerien, die auf Frauen als Opfer von Menschenhandel abzielen – entschädigt würde.

Wir halten das für einen Fehler. Das ist im Prinzip feig. Ich weiß, diese Debatte ist sehr schwierig zu führen angesichts von Parteien, die sich sofort darauf stürzen, dass unter Umständen ein illegal aufhältiger Mensch eine Leistung erhält – aber ich sage dazu: obwohl er oder sie Opfer eines in Österreich begangenen Verbrechens geworden ist!

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein und zur Kenntnis:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Sozialaus­schusses über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfer­gesetz geändert wird (2137 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichts (2218 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfer­gesetz geändert wird (2137 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Sozialausschusses (2218 d.B.) wird wie folgt geändert:

In Z 2 lautet § 1 Abs. 7:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 44

„(7) Hilfe ist ferner den nicht in den Abs. 1 und 6 genannten Personen zu leisten, wenn die Handlung nach Abs. 1 nach dem 30. Juni 2005 im Inland oder auf einem österrei­chischen Schiff oder Luftfahrzeug, unabhängig davon, wo sich dieses befindet, began­gen wurde.“

*****

Ja, das klingt kompliziert, beschreibt aber genau den Umstand beziehungsweise Tat­bestand, dass dieses Gesetz nach wie vor, obwohl es – das bestreite ich nicht – viele Verbesserungen, wie etwa die Erhöhung der Entschädigung, bringt, Lücken offen lässt, die man eigentlich hätte schließen können oder sollen, und zwar im Interesse jener Menschen, die in Österreich – und das will niemand, das macht niemand freiwillig – Opfer von Verbrechen geworden sind. – Das ist der eine Punkt.

Herr Bundesminister, jetzt habe ich aber, nachdem Sie vorhin in der Fragestunde die­ses Thema schon angesprochen haben, noch ein Anliegen. Da weiß ich natürlich, dass alle Parteien – mit Ausnahme der Grünen – dem vermutlich nicht zustimmen werden. Aber ich bitte Sie nur um eines: Überlegen Sie sich das noch einmal!

Der Herr Bundesminister hat dankenswerterweise den Begriff, um den es hier geht, heute schon eingeführt, und zwar: Wir haben im Bereich der Armen-Gesetzgebung nach wie vor eine Gesetzeslage, die sich auf das Jahr 1863 bezieht – ich betone: 1863! –, nämlich das sogenannte Heimatrechtsgesetz. Wissen Sie, was das Heimat­rechtgesetz im Wesentlichen eigentlich beinhaltet? – Das war kein Sozialgesetz und nicht die Grundlage für die heutige Sozialhilfe, sondern das war ein Polizeigesetz – ein Polizeigesetz, mit dem Personen, von denen man vermutet hat, dass sie unrechtmäßig in einem Ort aufhältig sind, abgeschoben werden konnten.

Polizeiliche Maßnahmen sind die Grundlage unserer Sozialhilfegesetzgebung im Jahr 2013. Das ist eigentlich eine Katastrophe! (Demonstrativer Beifall bei den Grü­nen.)

Wir wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es auch anders machbar wäre, auch durch die Verfassung legitimiert, weil da der Bund über die Bundesverfas­sung von 1920 tatsächlich die Kompetenz zur Rahmengesetzgebung erhalten hat. Er hat sie bis jetzt nicht ausgeübt. Aber – und das ist der springende Punkt! – die Bun­desländer können eigentlich keine Ausführungsgesetze machen, wenn der Bund von der Rahmengesetzgebung nicht Gebrauch macht.

Diese Versteinerungstheorie, die da manche Verfassungsjuristen anwenden – Herr Kollege Cap, erkundigen Sie sich auch bei anderen Verfassungsjuristen! –, gibt es of­fensichtlich nur in Österreich, sonst in keinem anderen Land. Und sie ist reichlich frag­würdig.

Ich frage mich, ob sich Österreich im Jahr 2013 und folgende Jahre eine Gesetzge­bung im Bereich der Sozialpolitik leisten will, wo man sagt: Ja, die Grundlage für das Ganze ist eigentlich ein Polizeigesetz aus dem Jahr 1863! – ein Gesetz, mit dem man die Armen aus den jeweiligen Orten fortschaffen kann, mit dem man abschieben kann, sozusagen von einem Ort zum anderen.

Das kann es doch nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Sie sa­gen: Ja wir haben keine bessere Grundlage für unsere Gesetzgebung im Sozialhilfebe­reich!

Deshalb und weil hier auch sinnvollerweise bei der Verbrechensopfersache Kompe­tenzbereinigungen erzielt werden, die auch die Bundesverfassung betreffen, bringe ich einen weiteren Antrag ein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 45

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Sozialausschus­ses 2219 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Impfscha­dengesetz und die 11. Opferfürsorgegesetz-Novelle geändert werden (2162 d.B.), in der Fassung des Berichtes des Sozialausschusses (2219 d.B.), wird wie folgt geändert:

Nach Art. 1 Z. 2 wird folgende Z. 2a eingefügt:

„2a. In Art. 12 Abs. 1 Z. 1 wird das Wort ‚Armenwesen‘ durch die Worte ‚Maßnahmen zur Überwindung und Verhinderung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie diese auslösende Problemlagen, soweit es nicht unter Art. 10 fällt, sowie bedarfsorientierte Mindestsicherung‘ ersetzt.“

*****

Das wäre kein großer Schritt, aber ein Schritt, mit dem wir das, was eigentlich eine Schande ist für unsere fehlende Sozialgesetzgebung oder unsere fehlende Bereit­schaft, da Verantwortung zu übernehmen, bereinigen könnten. Ich weiß schon, das trifft in erster Linie die Länder, die sich wehren, ja ganz massiv wehren, dass der Bund da seine Rahmenkompetenz, die ihm zusteht, per Verfassung wahrnimmt. Aber wir sollten hier einen Schritt in diese Richtung gehen.

Also, wenn Sie heute nicht zustimmen, dann haben Sie noch eine andere Möglichkeit dazu, denn wir werden das sicher auch noch im entsprechenden Ausschuss disku­tieren, wo es eine entsprechende Novelle geben wird, die von unserer Seite einge­bracht wird.

Überlegen Sie sich das! Machen Sie einen Schritt vom Jahr 1863 vorwärts in das Jahr 2013 im Bereich der Sozialgesetzgebung, im Bereich der Armutsbekämpfung, im Bereich der Bekämpfung sozialer Ausgrenzung. Es wäre höchst an der Zeit, hier nach 150 Jahren ein neues Recht zu schaffen. (Beifall bei den Grünen.)

10.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die soeben von Herrn Abgeordnetem Öllinger eingebrachten zwei Abänderungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen da­her auch mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Sozialaus­schusses über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensop­fergesetz geändert wird (2137 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichts (2218 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensop­fergesetz geändert wird (2137 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Sozialausschus­ses (2218 d.B.) wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 46

In Z 2. lautet § 1 Abs. 7:

„(7) Hilfe ist ferner den nicht in den Abs. 1 und 6 genannten Personen zu leisten, wenn die Handlung nach Abs. 1 nach dem 30. Juni 2005 im Inland oder auf einem österrei­chischen Schiff oder Luftfahrzeug, unabhängig davon, wo sich dieses befindet, began­gen wurde.“

Begründung

Die Beschränkung des Anspruchs in der Regierungsvorlage vorgeschlagenen Art und Weise schließt besonders wehrlose Opfer von Verbrechen vom Entschädigungsan­spruch aus. Dies betrifft Menschen, die – ob freiwillig oder unfreiwillig – zum Zeitpunkt des Verbrechens, dessen Opfer sie geworden sind, über keinen rechtlich einwand­freien Aufenthaltsstatus verfügen. Die Einschränkung kann zur Folge haben, dass be­stimmte Formen erniedrigender Behandlung in der Haft, Folter oder etwa ein frem­denfeindlicher körperlicher Angriff zwar erhebliche physische und psychische Folgen nach sich ziehen, aber dennoch keinen Anspruch nach diesem Gesetz auslösen.

Diese Einschränkung widerspricht somit nicht nur internationalen Verpflichtungen, die die Republik Österreich eingegangen ist, sondern erweckt auch den Anschein, dass Angriffe auf Menschen mit unklarem oder gesetzlich nicht abgesichertem Aufenthalts­status von der Republik als Angriffe geringerer Schwere angesehen werden.

Ein Kostenargument – das übrigens ohnehin nicht in der Lage wäre, die Missachtung international eingegangener Verpflichtungen zu rechtfertigen – kann insofern nicht angenommen werden, als die Zahl bekanntgewordener Fälle in den letzten Jahren eher gering war.

Erst die rechtstaatlich bedenkliche und finanziell nicht begründbare Einschränkung des Anspruchs macht die ausdrückliche Erwähnung der Opfer von Menschenhandel im Ge­setzesvorschlag notwendig. Dieser Verweis ist jedoch nicht hinreichend, weil – der Lo­gik der diese Passage anregenden österreichischen wie internationalen Organisatio­nen folgend – auch Opfer von strafbaren Handlungen etwa nach den §§ 217 Abs. 2 StGB oder 116 FPG erfassen müsste.

Die rechtsstaatlich wie rechtspolitisch einzig einwandfreie Lösung ist es daher, die im zweiten Teil des § 2 Abs. 7 vorgenommene Einschränkung aufzugeben und somit alle Betroffenen als Anspruchsberechtigte anzuerkennen.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Sozialausschusses (2219 d.B.) über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfer­gesetz, das Impfschadengesetz und die 11. Opferfürsorgegesetz-Novelle geändert werden (2162 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Impfscha-


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dengesetz und die 11. Opferfürsorgegesetz-Novelle geändert werden (2162 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Sozialausschusses (2219 d.B.) wird wie folgt geändert:

Nach Art 1 Z.2. wird folgende Z.2a. eingefügt:

"2a. In Art 12 Abs.1 Z.1. wird das Wort "Armenwesen" durch die Worte "Maßnahmen zur Überwindung und Verhinderung von Armut und soziale Ausgrenzung sowie diese auslösende Problemlagen, soweit es nicht unter Art. 10 fällt, sowie bedarfsorientierte Mindestsicherung" ersetzt.

Begründung

Artikel 12 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes ordnet seit 1920 die Grundsatzge­setzgebung hinsichtlich der "Armenfürsorge" dem Bund zu. Ein entsprechendes Grund­satzgesetz wurde jedoch trotz mehrmaliger - regelmäßig unzureichender - Anläufe nie erlassen, sodass über Jahrzehnte hinweg "Armenwesen" faktisch auf Grundlage des Heimatrechtsgesetzes 1863 vollzogen wurde. Dieses Gesetz, das im Wesentlichen auf die Ausgrenzung sozial benachteiligter Personen - und in der Folge der polizeilichen Abschiebung in ihre angeblichen Heimatgemeinden -hinauslief, hat indirekt bis heute - noch 150 Jahre später - eine Folgewirkung. Bis heute gibt es keine bundeseinheitliche gesetzliche Regelung dieses Bereiches.

Dies liegt unter anderem an einer absurden rechtspolitischen Debatte über den Inhalt des Begriffs "Armenwesen" sowie die Zuständigkeitsbereiche der Länder und Gemein­den, die vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der Kostenvermeidung geführt wird. Im Jahr 1968 (also nunmehr auch schon vor 45 Jahren) erklärte das damals zuständige Innenministerium seinen Verzicht auf die Einbringung eines Fürsorgegrundsatzgeset­zes. In der Folge erließen die Bundesländer höchst unterschiedliche und uneinheitliche Sozialhilfegesetze.

Als nach 2006 ein Anlauf zur Vereinheitlichung der Sozialhilfe unternommen wurde, legten die Verhandlungspartner von Bund und Ländern ihren Bemühungen folgende, in den Erläuterungen der 15a-Vereinbarung zur Mindestsicherung genannten Ziele fest:

"Zur Herstellung eines bundesweit einheitlichen Mindeststandards und harmonisierter landesgesetzlicher Regelungen in der Sozialhilfe sowie weiters zur Armutsbekämpfung soll das Instrument der Bedarfsorientierten Mindestsicherung eingeführt werden. Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist ein Gesamtpaket und besteht aus einem Bün­del von Maßnahmen in den Bereichen der Sozialhilfe, der Arbeitslosen-, der Kranken- und der Pensionsversicherung.

Um die inhaltliche Ausgestaltung und Finanzierung der Bedarfsorientierten Mindestsi­cherung langfristig sicherzustellen, ist ein Zusammenwirken aller Gebietskörperschaf­ten erforderlich."

Nach nunmehr mehr als zwei Jahren Erfahrung mit der damals über einen Vertrag zwi­schen Bund und Ländern ist zweierlei festzuhalten:

1. Der Bund hat alle in diesem Vertrag übernommenen Verpflichtungen erfüllt.

2. Die Länder haben die in diesem Vertrag übernommenen Verpflichtung fast durch­wegs nicht erfüllt. Einzelne Länder missachten offen – etwa beim Angehörigenre­gress – unmittelbar im Vertrag festgelegte Verpflichtungen. Und fast alle Länder inter­pretieren einzelne Bestimmungen des Vertrags zum Nachteil der Betroffenen (etwa hinsichtlich der Sicherungshöhe, der Erstattung der Kosten von Heilbehelfen oder dem Zugang zu Beratungs- und Betreuungsleistungen).


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Tatsache ist, dass etwa das Ziel eines einheitlichen Mindeststandards in allen Bun­desländern im praktischen, alltäglichen Vollzug der aus der Vereinbarung hervorge­henden Landesgesetze nicht erreicht wurde. Darüber hinaus wird den Betroffenen kein rechtliches Mittel geboten, die Ihnen auf Grund der 15a-Vereinbarung an sich zuste­henden Unterstützungsformen vor den Gerichten einzufordern. Auf diese Weise wirkt das Heimatsrechtgesetz von 1863 bis heute faktisch weiter: Die Menschen sind der willkürlichen Zuweisung von Almosen ausgeliefert und haben kein Mittel in der Hand, Ihre Ansprüche durchzusetzen.

Tatsache ist aber auch, dass die Bundeszuständigkeit zur Rahmengesetzgebung nach Art. 12 B-VG auch in den erläuternden Bemerkungen zur Vorlage betreffend Mindest­sicherung klargestellt wurde: "Auf Grundlage des der Österreichischen Bundesverfas­sung innewohnenden bundesstaatlichen Prinzips kommen die Vertragsparteien über­ein, eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung zur verstärkten Bekämp­fung und weitest möglichen Vermeidung von Armut und sozialer Ausgrenzung zu schaffen.

Die Länder werden daher auf Grundlage des Art. 12 B-VG in Verbindung mit Art. 15 Abs. 6 B-VG bzw. des Art. 15 Abs. 1 B-VG die entsprechenden Regelungen im selb­ständigen Wirkungsbereich treffen. Der Bund wird seine Zuständigkeit zur Umsetzung der ihn in der gegenständlichen Vereinbarung betreffenden Maßnahmen im Wesentli­chen auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG stützen."

Da der entsprechende Verzicht des Innenministeriums im Jahr 1968 allenfalls hinsicht­lich der heute ohnehin anachronistischen Zuständigkeit der Sicherheitsbehörden im Bereich des "Armenwesens" eine Wirkung entfalten kann und die sachliche Zustän­digkeit des Bundes unverändert in Art. 12 B-VG festgeschrieben ist, ist unzweifelhaft davon auszugehen, dass der Bund diese Zuständigkeit auch ausüben kann. Die Er­fahrungen mit den Ländern, die ihre aus der Vereinbarung nach Art 15a-B-VG her­vorgehenden Verpflichtungen nur unvollständig erfüllen sowie die Tatsache, dass die angestrebten Ziele nicht erreicht werden konnten, machen deutlich, dass es heute – 150 Jahre nach Erlass des Heimatrechtsgesetzes von 1863 und 45 Jahre nach dem Verzicht des Bundes auf den Beschluss eines Grundsatzgesetzes nach Art. 12 Abs. 1 Z 1 erstes Wort B-VG - höchst an der Zeit ist, den Verfassungsauftrag zu erfüllen und ein entsprechendes Bundesrahmengesetz zu erlassen, wie es der historische Verfas­sungsgesetzgeber auch vorgesehen hatte.

Um dieser Realität Rechnung zu tragen und die sozialpolitische Entwicklung der letzten 150 Jahre ohne Rücksicht auf absurde Abwehrdiskurse zu Lasten der von Armut be­troffenen Menschen in die Verfassungsrealität zu integrieren, schlagen die Antragstel­lerInnen vor, die ursprüngliche Absicht des Verfassungsgesetzgebers – die Zuständig­keit des Bundes zur Rahmengesetzgebung hinsichtlich der Verhinderung von Armut in Österreich – neuerlich zu beschließen. Bei dieser Gelegenheit ist es angebracht, eine Formulierung zu wählen, die der Gegenwart entspricht.

Die vorgeschlagene Formulierung umfasst jedenfalls die Bedarfsorientierte Mindestsi­cherung als bedarfsorientierten Anspruch auf eine Mindestleistung zur sozialen Absi­cherung sowie die Grundsätze der im Zuerkennungsverfahren anzuwendenden Grund­sätze wie auch die Zuständigkeit für über die reine Geldleistung und ihre Rahmen­bedingungen hinausgehende Angebote zur Verhinderung von Ausgrenzung und zur Stärkung der sozialen Inklusion.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolin­schek. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 49

10.49.11

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Änderungen im Verbrechensopfer­gesetz und im Opferfürsorgegesetz bringen Leistungsverbesserungen für Opfer von Verbrechen und für deren Hinterbliebene.

Es hat jetzt mein Vorredner einen Abänderungsantrag eingebracht, wo er fordert, dass jemand, der sich illegal in Österreich aufhält, also sozusagen keinen rechtmäßigen Auf­enthalt in Österreich hat, auch in das Verbrechensopfergesetz und in das Opferfür­sorgegesetz hineinfallen soll. Dazu muss ich sagen: Da gebe ich schon eines zu be­denken. Nämlich: Es könnte ja dann auch sein, dass jemand, der sich unbefugt in Ös­terreich aufhält, mit Absicht eine Stätte in Österreich betritt, wo für Unbefugte der Zutritt verboten ist und wo Gefahr vorhanden ist, und dann verletzt wird und sagt: Na ja, jetzt bin ich auch ein Opfer geworden und will eine Entschädigung!

Das kann man drehen und wenden, wie man will: Ein Illegaler kann nicht Nutznießer des Verbrechensopfergesetzes sein, weil er illegal in Österreich ist. Wenn jemand illegal hier ist, dann kann es einfach nicht so sein. Ich glaube, es sind sämtliche Par­teien in diesem Hohen Haus dieser Meinung. Also diese Abänderung zielt auf jeden Fall weit daneben und wird von uns auch keine Zustimmung bekommen.

Wir sind aber sehr froh, dass es jetzt Verbesserungen für jene gibt, die tatsächlich Opfer von Verbrechen werden, und auch für deren Hinterbliebenen, wie zum Beispiel den Bestattungskostenersatz, der jetzt von 2 559 € auf 3 300 € angehoben wird, oder die längeren Antragsfristen, die von sechs Monaten auf zwei Jahre ausgeweitet wer­den.

Es sind derzeit die verfassungsrechtlichen Kompetenzgrundlagen im Sozialentschädi­gungsrecht sehr zersplittert. Auch das wird jetzt verbessert. Frau Kollegin Königsber­ger-Ludwig hat das vorhin schon erläutert, da gehe ich mit ihr konform. Es werden dabei die in mehreren Gesetzen verstreuten Rechtsmaterien betreffend Opferfürsorge oder Verbrechensopferentschädigungsbeitrag oder Impfschaden-Entschädigung oder ähnliche staatliche Hilfeleistungen in Zukunft in einem neuen Kompetenztatbestand dargestellt, und das wird im Sozialentschädigungsrecht zusammengefasst und außer­halb des Bundesverfassungsgesetzes aufgehoben.

Das sind unserer Meinung nach wesentliche Verbesserungen für Opfer von Verbre­chen und auch für die Hinterbliebenen, denen wir gerne zustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

10.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Marko­witz. – Bitte.

 


10.52.03

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Das Verbrechensopfergesetz wird auch von uns unterstützt. Es geht in die richtige Richtung. Es sind darin viele Verbesserungen enthalten. Nur ein Beispiel: Anpassung der Pauschalentschädigung für Körperverletzung. Es gibt jetzt einen Anspruch von 2 000 €. Im Fall von Dauerfolgen, Herr Minister, wurde es ange­hoben von 5 000 € auf 8 000 €. Das ist zu begrüßen.

Aber ich finde doch, das geht fast ein bisschen zu wenig weit, weil auch der Abschre­ckungsfaktor ein bisschen zu gering ist. Da sollten wir auf alle Fälle noch einmal nach­verhandeln, denn bei Dauerschäden ist das wirklich viel zu gering, Herr Minister.

Was die Hinterbliebenen betrifft, die psychologisch betreut werden: Dass es da nur zehn Sitzungen gibt, darüber sollte man auch noch einmal diskutieren, denn das ist vielleicht zu wenig.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 50

Längst überfällig war die Härtefallregelung für Verbrechensopfer, was Pensionsansprü­che gegenüber inhaftierten Gewalttätern betrifft. Da ist der Schadenersatz auch noch zu wenig hoch.

Aber im Prinzip ist das Gesetz, das längst überfällig war, denn das Wichtigste ist, dass man auf die Opfer schaut und dass diese entschädigt werden, zu begrüßen. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

10.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun hat sich Herr Bundesminister Hundstorfer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.53.39

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu­nächst einmal danken für die Einstimmigkeit, weil es, glaube ich, wirklich in dieser Sa­che etwas ganz Tolles ist, wenn wir einstimmig diese Novellierung beschließen.

Es ist klar, Frau Abgeordnete Belakowitsch-Jenewein: Auch wir wollen keinen Miss­brauch! Da sind wir uns völlig einig. Aber Sie wissen sicher, dass diese Menschen­handelsopfer, die illegal in Österreich sind, nur dann eine sogenannte Berechtigung be­kommen, wenn sie mit den Sicherheitsbehörden und mit den Gerichtsbehörden zusam­menarbeiten. Das heißt, wenn sie in ein Zeugenprogramm einsteigen, dann bekommen sie den Aufenthaltstitel, und dann bekommen sie die Möglichkeit, aus dieser Geset­zesmaterie heraus entsprechend etwas zu bekommen.

Herr Abgeordneter Öllinger, Ihrem Antrag, den wir ja schon im Ausschuss diskutiert haben, kann ich nicht zustimmen, noch dazu, weil die Schubhäftlinge Schadenersatz­anspruch haben, etwa in dem genannten Fall gegenüber Polizistinnen und Polizisten. Sie haben auch einen Amtshaftungsanspruch gegenüber der Republik Österreich. In dem konkreten Fall, der nicht in Simmering war, sondern im zweiten Bezirk, ist ja das alles gemacht worden.

Es soll so sein: Das Verbrechensopfergesetz gilt für diejenigen, die in Österreich an­sässig sind, die ordnungsgemäß aufenthaltsberechtigt sind. Allerdings mit einem Zu­satz: Das sind die Menschenhandelsopfer, die in ein Zeugenprogramm einsteigen müssen, damit sie vom Gesetz her umfasst sind.

Abschließend danke ich noch einmal für die Einstimmigkeit, weil es eine wesentliche, eine wirkliche Verbesserung ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Franz zu Wort. – Bitte.

 


10.55.36

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Eine haarsträubende Ungerechtigkeit wird heute endlich beseitigt. Mit der Än­derung des Verbrechensopfergesetzes wird nun eine Lücke geschlossen, auf die ich im März 2009 durch diesen Artikel der „Vorarlberger Nachrichten“ (die Kopie eines Zeitungsausschnitts in die Höhe haltend) aufmerksam wurde, wo auch auf Ombuds­mann Dr. Gottfried Feurstein verwiesen wird.

Der Titel dieses Artikels lautet „Staat behält Pension des Täters“. Es geht darin im We­sentlichen um folgenden Sachverhalt:

Hat ein Missbrauchsopfer Entschädigung beziehungsweise Schmerzensgeld zugespro­chen bekommen, so ist die Pension des Täters nicht etwa dem Opfer zugeflossen,


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sondern dem Staat, und das Opfer ist dabei leer ausgegangen. – Ein skandalöser Zu­stand, wie ich meine, der nun endlich durch eine Gesetzesänderung behoben wird!

Der Fall Andrea F., der in dem erwähnten Artikel geschildert wird – ich habe von ihr den Akt bekommen – ist ein Skandal! Es wird einem tatsächlich schlecht angesichts der Grausamkeiten, die da beschrieben werden. Sie wurde als Kind über zwei Jahre lang von ihrem Reitlehrer missbraucht. Daneben hat dieser Reitlehrer auch mehrere andere Kinder und auch seine eigenen Töchter vergewaltigt. Dafür musste er dann ins Gefängnis.

Frau Andrea F. wurden im Jahre 1998 100 000 Schilling als Entschädigung für die erlit­tene Beeinträchtigung vom Landesgericht Feldkirch zugesprochen. Von dieser Ent­schädigung hat das Opfer jedoch nie etwas gesehen, weil der Täter mittellos war. Mitt­lerweile ist der ehemalige Reitlehrer in Pension. Solange jedoch der Täter in Haft ist, ruht seine Pension. Das Opfer kommt also erst dann zum zugesprochenen Schmer­zensgeld, wenn er entlassen wird. Das ist skandalös!

Die junge Frau ist nun 27 Jahre alt, hat in ihrem Leben schwierigste Situationen durch­gemacht und könnte dieses Schmerzensgeld tatsächlich gut gebrauchen.

Es wird nun durch den § 14b eine Härteregelung bei ruhenden Pensionsansprüchen von inhaftierten Gewalttätern eingeführt, die es ermöglicht, Schadenersatzansprüche auch in dem geschilderten Fall zuzuerkennen.

Gerade Opfer schwerer Straftaten – und das sind oft Missbrauchsopfer mit schweren Dauerfolgen –, deren Täter zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden, kommen nun durch diese Änderung zu ihrem gerichtlich zugesprochenen Schmerzensgeld. – Vielen Dank, Herr Minister. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Himmelbauer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.58.24

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte keineswegs eine Pauschalaussage über junge Menschen machen, weil sie ja alle sehr unter­schiedlich sind, aber dennoch würde ich behaupten, dass man sich in jungen Jahren eher weniger Gedanken darüber macht, was einem passieren könnte, beispielsweise im gesundheitlichen oder beruflichen Sinne oder einfach in Form von Beeinträchtigun­gen im Alltag, und zwar egal, ob das jetzt durch Selbst- oder durch Fremdverschulden passiert.

Weder wünsche ich jemandem, dass ihm oder ihr etwas passiert, noch möchte ich, dass sich jemand darüber Gedanken machen muss oder, besser gesagt, Sorgen ma­chen muss, was Tag für Tag passieren könnte beziehungsweise welche Schritte man setzen muss, damit einem nichts passiert.

Das Verbrechensopfergesetz kann da sicherlich keine Abhilfe schaffen beziehungs­weise keine Sicherheit geben, dass nichts passiert. Das wäre eine schöne Sache, ist aber nur Utopie.

Dieses Gesetz stellt jedoch nun eine Ausweitung der Absicherung für jene Menschen dar, denen etwas passiert ist, und das unverschuldet, und dies betrifft nicht nur das Opfer, sondern oft auch die ganze Familie, die unter Umständen vor finanzielle Nöte gestellt wird, wobei von der psychischen Belastung noch gar nicht die Rede ist, die oft damit einhergeht. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Die einzelnen Punkte wurden schon sehr umfangreich besprochen, aber ich möchte noch einen Dank zum Ausdruck bringen, zum einen an den Abgeordneten a. D. Gott-


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fried Feurstein und zum anderen an die Kollegin Abgeordnete Anna Franz, auf deren Initiative diese Härteklausel eingebracht worden ist, aufgrund deren nun auch für Op­fer, die vom Täter, der in Haft sitzt, keinen Schadensersatz bekommen, Hilfe geleistet werden kann. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.00

11.00.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst erfolgt die Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird.

Hiezu haben die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzent­wurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Z 2 eingebracht.

Wer für diese Änderungen eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.

Wir kommen daher zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung für den Entwurf sind, bitte ich um Ihr Zeichen. – Das ist Einstimmigkeit. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfer­gesetz, das Impfschadengesetz und die 11. Opferfürsorgegesetz-Novelle geändert werden.

Hiezu haben die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Wir stimmen daher zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und schließlich über den Gesetzentwurf ab.

Da der vorliegende Gesetzentwurf sowie der erwähnte Zusatzantrag eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes beziehungsweise mehrere Verfassungsbestimmun­gen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag einge­bracht, der sich auf die Einführung einer neuen Ziffer 2a in Artikel 1 bezieht.


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Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Zusatz­antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die dafür sind, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

11.03.273. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2150 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsge­setz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Land­arbeitsgesetz 1984, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeits­marktservicegesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Allgemei­ne Sozialversicherungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Arbeits­verfassungsgesetz und das Betriebspensionsgesetz geändert werden (Sozial­rechts-Änderungsgesetz 2013 – SRÄG 2013) (2220 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1640/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaf­fung von Volontariaten im öffentlichen Dienst (2221 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2190/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaf­fung von Volontariaten im privaten Profit-orientierten Sektor (2222 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2191/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschä­digung von Praktika in Kollektivverträgen (2223 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2034/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung des beruflichen Umstiegs in den Pflege- und Betreuungsbereich (2224 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 3 bis 7 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte, Frau Kollegin.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 54

11.04.19

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, wir haben gehört, es gibt in diesem Redeblock eine ganze Menge von Anträgen so­wie eine Regierungsvorlage. Ich möchte zuerst auf jene drei Anträge von mir eingehen, die im Ausschuss von den Regierungsparteien abgelehnt wurden. Es geht dabei um die Anträge zur Abschaffung von Volontariaten außer im Bereich der Non-profit-Or­ganisationen beziehungsweise um die Verankerung der Praktikumsentschädigung in den Kollektivverträgen.

Das Problem mit den Volontariaten ist folgendes: Seit wir in Österreich eine intensivere Debatte über die Problematik der Praktika haben – eine Diskussion, die auch auf euro­päischer Ebene stark geführt worden ist –, gehen leider Unternehmen zunehmend da­zu über, eben keine Praktika mehr anzubieten, sondern Volontariate. Und das Problem ist, dass junge Menschen unter dem Titel „Volontariat“ noch weniger Rechtsschutz ha­ben als unter dem Titel „Praktikum“.

Meine Damen und Herren! Ich hatte ja bei der letzten Plenarsitzung schon die Gele­genheit, im Zusammenhang mit Anträgen aus dem Wissenschaftsausschuss sehr aus­führlich über die Problematik der „Generation Praktikum“ zu sprechen, und möchte diesen Punkt deshalb heute eher kurz fassen. Aber betonen muss ich auf jeden Fall, dass ich finde, dass die Debatte nunmehr in die richtige Richtung geht. Es ist in den letzten Jahren wirklich gelungen, bei offenbar Ihnen allen ein Problembewusstsein für dieses Thema der „Generation Praktikum“ zu schaffen, und ich denke, das ist ein guter Erfolg und ein wichtiger Fortschritt.

Nun geht es darum, nach dieser Schaffung des Problembewusstseins auch wirklich ef­fektive Regelungen zu finden, die einerseits verhindern, dass junge Menschen ausge­beutet werden, aber andererseits auch sicherstellen, dass sie qualitativ hohe Einblicke in die berufliche Praxis bekommen können.

Wo es um diese notwendigen neuen Regelungen genau zur Sicherstellung dieser bei­den Punkte geht, sind wir offenbar auch einen Schritt weitergekommen, weil der Herr Minister im Ausschuss uns alle, also alle Fraktionen, zu einer Fachtagung im Ministe­rium zu diesem Thema eingeladen hat, die noch vor dem Sommer stattfinden wird, und ich hoffe, dass wir dort auch wirklich effektive Ergebnisse erzielen können. Wichtig wird es jedenfalls sein, dass die nächste Bundesregierung, die vielleicht im Herbst ihre Ar­beit beginnen wird, an die Erfolge, die wir bei diesem Thema mittlerweile schon erzielt haben, anknüpfen wird. Klar wird sein, dass wir Grüne an diesem Thema dranbleiben und auch ich persönlich mich weiterhin in diese Richtung engagieren werde. (Beifall bei den Grünen.)

Nun zum zweiten Teil dieses großen Themenblocks, nämlich den neuen Angeboten, den Finanzierungsmöglichkeiten bezüglich Fort- und Weiterbildung.

Zuerst möchte ich sagen, dass wir Grüne natürlich diese Innovationen in Richtung Teil­zeit-Bildungskarenz und Facharbeiterstipendium als sehr positiv bewerten und deshalb auch dieser Vorlage zustimmen werden. Möglichkeiten zu schaffen, gering Qualifizier­ten und deshalb auch sehr oft gering Verdienenden eine höhere Qualifizierung und deshalb dann auch ein höheres Einkommen zu bieten, sind auf jeden Fall von uns zu unterstützen. Aber ich muss schon betonen, es ist sozusagen der Ansatz, den wir un­terstützen, denn im Detail gibt es schon ein gravierendes Problem, und zwar geht es dabei um die finanzielle Situation, in der sich der potentiell Ausbildungswillige durch diese beiden Modelle dann befinden wird.

So beträgt etwa das Facharbeiterstipendium 795 € im Monat. Stellen Sie sich vor, ein junger Mann, sagen wir, 25 Jahre alt, Hilfsarbeiter, mit einem Nettoeinkommen von 1 000 € bis 1 100 €, vielleicht geringfügig mehr, lebt in einer Beziehung mit einer klei-


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nen Tochter. Diese Familie lebt an der Armutsgrenze. Das heißt, Rücklagenbildung – wofür auch immer – ist in dieser Situation sicher nicht möglich. Der junge Mann er­kennt, dass das so nicht bleiben kann, möchte sich weiterqualifizieren, um letzten En­des auch seiner Familie ein höheres Einkommen bieten zu können. Wenn er das aber machen will, muss er vorher in Kauf nehmen, dass er für die Zeit dieser Fortbildung auf ein Einkommen von 795 € im Monat zurückfällt – und das in einer Situation, wo er eben keine Rücklagen hat, um sich daraus irgendwie die Differenz zu finanzieren, und das in einer Situation, wo vielleicht Bildungsmaterialien, wenn er im falschen Bundesland lebt, wo das nicht vom AMS mitfinanziert wird, noch zusätzliche Kosten zu den Lebenshal­tungskosten verursachen.

Meine Damen und Herren, ich befürchte, dass es sich für Menschen wie diesen jungen Mann und seine Familie nicht ausgehen wird, dieses Facharbeiterstipendium in An­spruch zu nehmen, um sich fortzubilden. Er wird sich diese Fortbildung auch mit die­sem Facharbeiterstipendium wahrscheinlich nicht leisten können.

Ähnlich ist es auch mit der Teilzeit-Bildungskarenz. Ja, die ist schon so gestaffelt, dass die Niedrigverdiener geringere Einkommensverluste haben als Besserverdienende, aber trotzdem, es beginnt bei minus 5 Prozent und steigt dann bis hinauf zu minus 30 Prozent Einkommen. Und ich denke, hier muss man sehr, sehr genau beobachten, wer sich letzten Endes auch diese Teilzeit-Bildungskarenz wirklich leisten können wird.

Meine Damen und Herren, ein Punkt im Zusammenhang mit Bildungskarenzen ist für uns Grüne noch ganz wichtig, nämlich der, dass es eigentlich immer die Zustimmung des Arbeitgebers braucht, um die Bildungskarenz in Anspruch zu nehmen. Das heißt, es gibt keinen Rechtsanspruch. Und es soll ja durchaus vorkommen, dass ein Arbeit­geber nicht unbedingt daran interessiert ist, dass ein vifer, aufgeweckter Hilfsarbeiter sich höher qualifiziert, zurückkommt und dann mehr Geld fordert. Insofern ist es für uns also wichtig, einen Rechtsanspruch auf Bildungskarenzen einzuführen, natürlich in Kombination mit einem Kündigungsschutz. Wir wissen schon, dass der Kündigungs­schutz – diese Erfahrung haben wir von der Elternkarenz – nicht unbedingt dazu führt, dass nach Ende des Kündigungsschutzes nicht trotzdem eine Kündigung erfolgt, aber es besteht zumindest eine wesentlich bessere Chance, trotzdem im Betrieb behalten zu werden.

Ich bringe deshalb folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsan­spruch und Kündigungsschutz auch für Bildungskarenzmodelle

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Minister für Arbeit und Soziales wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend ei­nen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der einen Rechtsanspruch sowie einen Kündigungs­schutz nach der Bildungs- und Teilzeitbildungskarenz – analog zur Elternkarenz – schafft.

*****

Meine Damen und Herren, Bildung ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Wirtschaft, für eine gute Arbeitsmarktlage und auch für den Wohlstand der Einzelnen, und wir können gar nicht genug Augenmerk auf diesen Bereich legen.

Ich möchte deshalb noch einmal betonen, dass ich sehr, sehr viele Maßnahmen des Herrn Ministers im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik immer begrüßt habe und un-


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terstütze, wiewohl doch auch klar ist: Ohne eine tiefgehende Bildungs- und Schulre­form ist das immer das Stopfen von Löchern im Nachhinein. (Beifall bei den Grünen.)

Deshalb unsere zentrale Forderung: Wir brauchen dringend eine Bildungs- und Schul­reform. Und ich denke, neben effizienter Klimaschutzpolitik ist das das zentrale Projekt, das die nächste Regierung unbedingt angehen muss. – Danke. (Beifall bei den Grü­nen.)

11.12


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde betreffend Rechtsanspruch und Kündigungsschutz auch für Bildungskarenzmodelle

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (2220 d.B.) über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Arbeits­vertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvor­sorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (2150 d.B.)

Begründung

Die vorliegenden gesetzlichen Änderungen bringen wichtige Neuerungen der vom Ar­beitsmarktservice geförderten Weiterbildungen im Rahmen von Karenzen. In Zeiten der steigenden Arbeitslosigkeit und eines sich rasch wandelnden Arbeitsmarktes ist die seit Jahren bestehende Bildungskarenz ein sehr wichtiges und sinnvolles arbeitsmarkt­politisches Instrument. Allerdings wurde das Modell von gerade jenen Menschen, die am meisten davon profitieren könnten – nämlich ArbeitnehmerInnen mit geringerem Einkommen und niedrigen Bildungsabschlüssen – aus verschiedenen Gründen kaum genützt.

Für diese Gruppe von ArbeitnehmerInnen wird nun die Bildungsteilzeit geschaffen. Zwei zentrale Schwachstellen der Modelle bleiben allerdings weiter bestehen: es wird weiterhin weder einen Rechtsanspruch auf die Karenzen, noch einen Kündigungs­schutz nach der Rückkehr aus den Karenzen geben. Damit bleiben wesentliche Hin­dernisse und Gründe für ArbeitnehmerInnen, die Karenzen nicht in Anspruch zu neh­men, bestehen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Minister für Arbeit und Soziales wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend ei­nen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der einen Rechtanspruch, sowie einen Kündigungs­schutz nach der Bildungs- und Teilzeitbildungskarenz – analog zur Elternkarenz – schafft.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 



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11.12.38

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, das ist ja selbstverständlich, was die Kollegin Schatz zum Schluss gesagt hat: dass wir, wenn wir neue Maßnahmen setzen, ins­besondere was die Qualifizierung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern betrifft, alles tun müssen, damit diese in einem entsprechenden Zeitraum einem ständigen Be­obachtungs- und Evaluierungsdruck unterworfen sind. Daher ist es für mich auch voll­kommen klar, dass wir bei all dem, was wir jetzt hier machen, aber auch schon in den letzten Jahren gemacht haben, das zu mehr Qualifizierung führt, ständig schauen müssen, ob die Ziele, die damit verbunden waren, erreicht werden und ob die Umset­zung dieser Dinge so stattfindet, wie wir uns das vorgestellt haben.

Ich denke da etwa an die Veränderungen, die wir auch hier im Haus durchgeführt ha­ben, im Zusammenhang mit der Kurzarbeit, wo wir beim zweiten Mal dann auch die Möglichkeit geschaffen haben, Qualifikationsmaßnahmen zu setzen. Da haben wir schon sehr gute Erfahrungen gemacht, aber auch da ist es so, dass man sich das nach einer gewissen Zeit anschauen muss und sich fragen muss, ob es da etwas zu eva­luieren und zu verändern gibt; und wenn ja, dann muss das auch durchgeführt werden.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube aber auch, dass wir mit dem Fachkräftepaket, mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz, das wir heute beschließen werden, einen ganz, ganz wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die Weiterbildungsbereitschaft, insbesondere von gering qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, gefördert wird und vielfach überhaupt erst ermöglicht wird. Es ist ein großer Schritt. Es ist vielleicht nicht der finale und endgültige Schritt, wo alle sagen können: super!, aber ich hätte es, auch in der Diskussion im Ausschuss, doch so ver­standen, dass wir uns hier weitestgehend und einhellig darauf verständigt haben.

Worum geht es bei dieser Beschlussfassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes heute? – Es geht im Wesentlichen zum einen um die Einführung einer Bildungsteilzeit, die Weiterbildung bei aufrechtem Dienstverhältnis ermöglicht. Es ist, glaube ich, ganz, ganz wichtig, dass so etwas geschaffen wird, damit mehr gering qualifizierte Personen für Weiterbildungsmaßnahmen gewonnen werden können. Es geht um erhöhte Flexibi­lität bei Bildungskarenzvereinbarungen, weil auch die Möglichkeit geschaffen wird, einen Wechsel zwischen der Bildungskarenz und der Bildungsteilzeit durchzuführen. Das hört sich kompliziert an, ist aber in der praktischen Umsetzung sehr, sehr wichtig.

Wir haben auch dafür gesorgt, dass eine missbräuchliche Inanspruchnahme verhindert wird, indem das Erfordernis einer zuvor arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäfti­gung besteht und bei universitären Ausbildungen ein Nachweis von Prüfungen erfolgen muss.

Das zweite Schwerpunktthema, das wir sozusagen in diesem Paket mit drinnen haben, ist die gezielte Förderung der Fachkräfteausbildung durch die Einführung eines vom Arbeitsmarktservice vergebenen Fachkräftestipendiums. Auch das ist, glaube ich, ein wichtiger Schritt. Es wird ja oft von Qualifizierung und von der Notwendigkeit der Wei­terbildung gesprochen. Da ist uns wirklich ein zukunftsweisender und wichtiger erster Schritt gelungen, und ich bin sehr überzeugt davon, dass wir damit wieder weiterkom­men, was die Umsetzung von mehr Qualifikation betrifft, und dass wir damit mittelfristig auch einen Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit leisten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wöginger.)

Wir haben versucht, bei der Bildungsteilzeit auch die entsprechenden arbeitsrechtli­chen Rahmenbedingungen zu schaffen – sie sind teilweise auch schon angesprochen worden –, wobei hier das gilt, was ich zuerst gesagt habe: Natürlich sieht man dann in der Praxis, ob die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen, die wir hier geschaffen haben, passen oder ob es einen Veränderungsbedarf gibt. Aber ich glaube, insgesamt – so-


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weit zumindest ich aus meiner Erfahrung das sagen kann – passt das Package, und mit der Bildungskarenz und der Bildungsteilzeit zusammen werden uns wichtige Wei­terentwicklungen gelingen.

Es geht des Weiteren um die arbeitsmarktpolitischen Rahmenbedingungen – das ist ja sozusagen der zweite Teil neben dem arbeitsrechtlichen Teil, wo es darum gegangen ist, die Voraussetzungen zu schaffen –, und auch da ist von der Arbeitsmarktseite her versucht worden, alles sicherzustellen, damit auch die entsprechenden Umsetzungen möglich sind.

Und schließlich das Fachkräftestipendium: Dieses soll für Menschen möglich sein, die in den letzten 15 Jahren mindestens vier Jahre lang arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sind. Es geht jetzt darum, dass das AMS eine Liste von arbeits­marktpolitisch verwertbaren Ausbildungen erstellen wird, wobei natürlich auch auf dem Gesundheits- und Pflegebereich ein wesentlicher Schwerpunkt liegt. Das ist ja heute schon in der Fragestunde angesprochen worden. Und ich denke mir, dass es wichtig ist, dass wir zum wiederholten Mal klarstellen – bei aller Wertschätzung jeglicher Frei­willigenarbeit; ich möchte das nicht in Abrede stellen –, dass es bei der Pflege und im Gesundheitswesen nicht um irgendwelche Hilfstätigkeiten geht, sondern das sind Tä­tigkeiten, die brauchen Qualifizierung, die brauchen Ausbildung, und die Leute, die dort beschäftigt sind, brauchen auch eine entsprechende Bezahlung. Das ist die Voraus­setzung. Und ich hoffe sehr, dass wir mit dem Fachkräftestipendium auch da einen ent­sprechenden Schritt weiterkommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Letzter Punkt oder P.S.: Wir haben gestern sehr viel zum Thema Banken gesprochen, haben viele Diskussionen geführt über die Frage, wo sich die Banken ihr Geld herholen sollen, und auch Diskussionen darüber, was das alles für Auswirkungen auf die soge­nannten kleinen Leute hat. Und ich möchte, nachdem gestern am Abend beziehungs­weise in der Nacht die Kollektivvertragsverhandlungen für die Bankangestellten wieder gescheitert sind, nur sagen: Das wünsche ich mir nicht! Und es würde den Banken gut anstehen, wenn sie sich das Geld und die „Marie“ nicht bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern holen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wöginger.)

11.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


11.19.32

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Verbesserung der beruflichen Aus- und Weiter­bildung von Mitarbeitern hat aufgrund der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt höchste Priorität. Österreich hat ja momentan die zweithöchste Arbeitslosigkeit seit 1945, wobei etliche Menschen ohne Beschäftigung auch noch in Schulungen unterge­bracht sind. Deswegen ist es auch erforderlich, dass wir in diesen Bereichen weitere Schritte setzen.

Wirtschaftswachstum ist ja unmittelbar mit qualifizierten Arbeitsplätzen und auch mit Weiterbildung verbunden. Eine Reform der Weiterbildung ist eigentlich notwendig. Es sind bereits verschiedene Dinge angesprochen worden, ob das die Bildungsteilzeit oder das Fachkräftestipendium ist, das ja schon erwähnt worden ist. Eine wesentliche Verbesserung in diesem Bereich ist, dass jemand, der eine aufrechte Beschäftigung hat, nicht arbeitslos ist, dieses Fachkräftestipendium in Anspruch nehmen kann, also auch bei aufrechtem Dienstverhältnis. Vorher hat das AMS das nicht bezahlt.

Gerade jemand, der mit Arbeitnehmerpolitik zu tun hat, weiß, dass viele Leute vor al­lem aus dem Pflegebereich eine Weiterbildungsmöglichkeit gesucht und gesagt haben, naja, andere bekommen Weiterbildungskurse bezahlt, aber ich nicht, weil ich nicht ar-


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beitslos bin, daher kann ich mich nur weiterbilden, wenn ich mir das leisten kann. Mit diesem Fachkräftestipendium ist in Zukunft schon einiges möglich. Das ist eine we­sentliche Verbesserung.

Was die Bildungsteilzeit betrifft, hat Kollege Katzian etwas Wichtiges gesagt, nämlich dass wir uns noch anschauen müssen, ob die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen pas­sen oder nicht. Und genau das meine ich auch. Die Bildungsteilzeit, so wie sie hier normiert ist, stellt in meinen Augen einen wesentlichen Fortschritt dar, wird aber wahr­scheinlich hauptsächlich im öffentlichen Dienst in Anspruch genommen werden. Ich vermute, dass dies in der Privatwirtschaft sehr stark auf Unternehmerkinder beschränkt sein wird, die im elterlichen Unternehmen beschäftigt sind. Herr Kollege Katzian, das muss man sich dann halt anschauen.

Wieso sollte ein Privatunternehmer seinem Mitarbeiter Bildungsteilzeit gewähren, wenn er ihn im Betrieb braucht? Ich meine, das ist in diesem Fall nicht ganz ausgegoren. Man muss sich das eben anschauen, wie das in Zukunft in diesem Bereich läuft. Aber im Großen und Ganzen ist es absolut wichtig, dass wir Änderungen im Bereich der Weiterbildung vornehmen und Voraussetzungen schaffen, die den Leuten dabei helfen.

Was die rechtliche Grundlage für Regelungen bei Praktika oder Volontariaten betrifft, muss ich sagen, die Gesetzeslage ist in diesem Fall zersplittert. Vor allem soll auch der Missbrauch solcher Ausbildungsverhältnisse, etwa von Volontariaten oder Praktika, vermieden werden. Wir müssen eine gesetzliche Grundlage in diesem Bereich schaf­fen, die dafür sorgt, dass Praktikanten und auch Volontäre nicht ausgenützt werden.

Eine gänzliche Abschaffung von Volontariaten im privaten, profitorientierten Sektor hal­te ich nicht für sinnvoll und nicht für zielführend, sondern man sollte daran arbeiten, dass die Leute die Möglichkeit haben, dort Erfahrung zu sammeln, ohne ausgenützt zu werden, und auch ihre Berufserfahrung einzubringen, genauso wie bei den Praktika.

Auf jeden Fall ist im Bereich von Praktika und Volontariaten keine Rechtssicherheit ge­geben. Diese sollte in diesem Bereich wesentlich verbessert werden, auch was die Lohnabgeltung für Praktika betrifft. (Beifall beim BZÖ.)

11.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


11.23.53

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch auf der Galerie! Ich darf im Namen der Abge­ordneten Steibl auch die Besuchergruppe von der Laßnitzhöhe begrüßen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der wesentlichste Punkt, den wir heute hier im Rahmen dieses Sozialrechts-Änderungsgesetzes beschließen, ist die Bildungsteil­zeit. Ich bin sehr froh, dass diese Beschlussfassung heute stattfindet, weil die Bil­dungsteilzeit erstens eine sinnvolle Weiterbildungsmaßnahme ist bei gleichzeitigem Verbleib im Betrieb. Und das ist eigentlich das Wichtige, man muss nicht erst arbeitslos werden, um diese Weiterbildungsmaßnahme beanspruchen zu können, dies unter dem Motto: Einsteigen, umsteigen oder aufsteigen mit der Bildungsteilzeit!

Der zweite wesentliche Punkt ist, mit dem Einkommen auch auszukommen. Das war bis jetzt immer ein Problem.

Und der dritte Punkt ist lebensbegleitendes Lernen zu fairen Bedingungen.

Wir schaffen mit dieser Bildungsteilzeit eigentlich eine Win-win-Situation, und zwar so­wohl für die ArbeitnehmerInnen als auch für die Arbeitgeber. Wir wollen es mit diesem Modell den Menschen ermöglichen, sich beruflich weiterzuentwickeln, noch bevor die Gefahr besteht, den Job zu verlieren. (Beifall bei der ÖVP.) Und das ist natürlich der Kern dieses Gesetzes.


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Vielleicht ein paar Anmerkungen zu den Eckpunkten. Was ist die Bildungsteilzeit? – Ich halte es für enorm wichtig, dass wir jetzt auch informieren, damit die Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer, aber auch die Arbeitgeber Bescheid wissen, was diese neue Maßnahme, diese Bildungsteilzeit eigentlich ist. Und daher liegt es auch an uns, an den politisch Verantwortlichen, auch eine Informationskampagne diesbezüglich zu star­ten.

Die Voraussetzungen sind sehr klar geregelt. Man muss ein ununterbrochenes Arbeits­verhältnis von mindestens sechs Monaten vorweisen. Die Bildungsteilzeit ist zu verein­baren, das wurde schon angesprochen. Ich halte es nicht für schlecht, wenn man eine Vereinbarung treffen muss. Bei anderen Dingen im Arbeitsrecht ist manchmal auch ein Rechtsanspruch positiv. Aber hier, glaube ich, ist es wichtig, wenn man sich mit dem Dienstgeber auch einigt.

Wie schaut es mit der Dauer der Bildungsteilzeit aus? – Sie darf vier Monate nicht un­terschreiten und zwei Jahre nicht überschreiten. Wesentlich ist natürlich die Arbeitszeit­reduktion. Es muss mindestens ein Viertel sein, also mindestens 25 Prozent, und darf maximal 50 Prozent betragen, also man kann seine bisherige Normalarbeitszeit maxi­mal um die Hälfte reduzieren. Die wöchentliche Arbeitszeit darf während dieser Maß­nahme zehn Stunden nicht unterschreiten.

Der Antrag – das ist auch wichtig – auf Gewährung von Bildungsteilzeitgeld muss beim AMS mindestens vier Wochen vor dem vereinbarten Beginn gestellt werden. Und wäh­rend des Bezuges dieses Geldes muss ein aufrechtes Arbeitsverhältnis mit einem Entgelt, das natürlich über der Geringfügigkeitsgrenze – diese beträgt derzeit ungefähr 386 € – liegt, bestehen, damit man dieses Weiterbildungsgeld beziehen kann. Bei Stu­dierenden muss nachgewiesen werden, dass sie während des Studiums Prüfungen abgelegt haben.

Die Menschen werden sich aber fragen: Was bekomme ich, was habe ich im Geldbörsl durch diese Bildungsteilzeit?

Zum Schluss möchte ich Ihnen noch ein Beispiel mitgeben, das aufzeigt, dass es wirk­lich eine gute Maßnahme ist und dass die Menschen auch mit diesem Einkommen auskommen werden. Wenn man zum Beispiel derzeit 1 700 € netto verdient und um die Hälfte reduziert, dann bekommt man unterm Strich 1 491 € netto heraus. Das heißt, es ist ein bisschen weniger, auf alle Fälle aber so viel, dass man davon die Lebens­haltungskosten bestreiten kann.

Das war die Grundintention bei dieser Bildungsteilzeit, vor allem für niedrig und weni­ger qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass sie sich während des Verbleibes im Betrieb auch weiterbilden und fortbilden können. Daher begrüßen wir von der Öster­reichischen Volkspartei diese Maßnahme außerordentlich.

Frau Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und natürlich Sozialminister Rudolf Hundstorfer haben sich im Vorfeld mit dieser Frage auseinandergesetzt und es letzten Endes zustande gebracht, dass diese Bildungs­teilzeit heute umgesetzt wird, eine wichtige Maßnahme für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP.)

11.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


11.28.57

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bildung, Ausbildung, Weiterbildung gehören – und da sind wir uns, glaube ich, alle einig – zu den besten Investitionen, die man selbst tätigen kann, gehören aber auch zu den besten Investitionen, die man mit öffentlichen Gel-


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dern, mit Steuergeldern bewerkstelligen und steuern kann. Daher denke ich, dass die öffentlichen Mittel, die zwischen 24 und 25 Millionen € betragen, seitens des Ministeri­ums, so wie es im Gesetzentwurf veranschlagt ist, für Maßnahmen wie Bildungsteilzeit, Fachkräftestipendium beziehungsweise Weiterbildungsgeld richtig und gut angelegt sind. Wie mein Kollege und unser Sozialsprecher Sigisbert Dolinschek schon gesagt hat, werden auch wir seitens des BZÖ diesem Bildungspaket zustimmen, und zwar ge­rade in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit.

Wenn wir uns die neuen Zahlen des AMS von Februar 2013 anschauen, dann sehen wir, dass ganz klar daraus hervorgeht, dass am meisten jene gefährdet sind, keine Ar­beit zu haben oder die Arbeit zu verlieren, die nicht mehr als einen Pflichtschulab­schluss haben – das sind laut AMS in etwa 46 Prozent der Arbeitslosen – oder auch nur eine Lehre absolviert haben, das sind immerhin 37 Prozent. Gerade dort muss man, glaube ich, mit Weiterbildungs- und Bildungsmaßnahmen ansetzen.

Daher ist einerseits – ich kann das nur unterstreichen, was meine Vorredner gesagt haben – Bildungsteilzeit gerade für diese Gruppe, die noch nicht die entsprechende Qualifikation hat, ein guter Schritt. Derzeit nehmen ja aus dieser Gruppe der Berufs­tätigen relativ wenig die Bildungskarenz in Anspruch, weil es für sie nicht vereinbar ist. Das ist einmal ein wichtiger Schritt, eine wichtige Tatsache.

Und das Zweite, was mir auch sehr wesentlich erscheint, ist, dass es ein Fachkräfte­stipendium gibt, ein Fachkräftestipendium für jene, die sich in ihrem derzeitigen Beruf weiterentwickeln oder umsteigen wollen. Daher bin ich sehr froh, dass das jetzt in dieser Form kommt, denn wir haben ja schon im Juli vorigen Jahres einen entspre­chenden Antrag eingebracht, dass dieser Umstieg für eine Berufsgruppe auch entspre­chend finanziell unterstützt und begleitet wird, nämlich für die Gruppe jener, die sich im Bereich der Pflege und Betreuung weiterbilden beziehungsweise umsteigen wollen.

Wir haben diesen Antrag eingebracht. Dieser ist dann immer wieder vertagt worden. Der Herr Bundesminister hat ja auch bei der Sozialreferentenkonferenz der Länder an­gekündigt, dass diesbezüglich etwas geschehen soll, denn bis dato war es ja so, dass nur jene vom AMS finanziell unterstützt wurden, die arbeitslos gewesen sind, die als Arbeit suchend gemeldet waren, während die anderen, die umsteigen wollten, keinen Anspruch gehabt haben. Das ist jetzt mit diesem Stipendium möglich. Die Mittel, die maximal drei Jahre zur Verfügung gestellt werden, sind in Höhe der Ausgleichszulage und bedürfen eines entsprechenden Erfolgsnachweises. Ich denke, es ist gut und rich­tig, dass das jetzt geschieht. Gerade für Menschen in Betreuungs- und Pflegeberufen, die ja auch Mangelberufe sind, ist das, wie ich meine, ein wichtiges Zeichen, das hier­mit gesetzt wird. Daher werden wir dem, besonders was das Fachkräftestipendium an­belangt, natürlich unsere Unterstützung geben.

Ich habe schon gesagt, 24 bis 25 Millionen öffentliche Mittel werden in die Bildung in­vestiert werden, und das zu einem Zeitpunkt, zu dem die Arbeitslosigkeit leider im Steigen begriffen ist. Der Zeitpunkt ist richtig und wesentlich. Ich hoffe, dass dieses Bil­dungspaket erfolgreich ist. Es ist ja auch eine Evaluierung geplant, in deren Rahmen man sich das anschauen wird. Das ist bei diesen Maßnahmen notwendig. Aber ich denke, dass gerade beim Fachkräftestipendium die Entscheidung, die wir heute treffen, im Sinne der Mangelberufe, im Sinne der Gleichbehandlung eine richtige ist. (Beifall beim BZÖ.)

11.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


11.33.50

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Menschen in Österreich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 62

haben entschieden. Sie haben sich nach einer entsprechenden Evaluierung dafür aus­gesprochen, dass die Bildungskarenz ein gutes Projekt war. Dies wurde von den Men­schen, von den bildungshungrigen Menschen in Österreich sehr gut angenommen.

Es war deshalb eine logische Schlussfolgerung, zu sagen, dass man, wenn man ein gutes Produkt hat, das gut angenommen wird, auch jenen Menschen die Möglichkeit gibt, sich weiterzubilden, die eben teilzeitbeschäftigt sind. Deshalb freue ich mich, eine Bildungsteilzeitkarenz hier beschließen zu können.

Ich gebe dem Kollegen Wöginger recht: Es wird eine Frage sein, wie sich das entwi­ckelt. Und ich bin schon gespannt, wie dann die Evaluierung nach einem Jahr, die ja auch vorgesehen ist, ausfallen wird. Denn: Auch wir orten hier eine mögliche Problem­zone, nämlich dass sich einige für die Weiterbildung entscheiden wollen, aber es sich aus finanziellen Gründen vielleicht dann doch nicht werden leisten können.

Beim Fachkräftestipendium sind wir der Ansicht, dass es ein guter Schritt ist, im Rah­men einer innerösterreichischen Lösung einer entsprechenden Arbeitslosigkeit eben durch ein Fachkräftestipendium entgegenzuwirken. Wir haben seit Jahren ein Problem auf dem Fachkräftesektor. Wir können mit diesem Projekt jetzt dem entgegentreten und hoffen, dass auch dieser Bereich gut angenommen wird.

Was wir Freiheitlichen nicht ganz verstehen, ist, dass wir hier mit diesem Punkt eine entsprechend gute Lösung anstreben, um eine Weiterentwicklung auf dem Fachkräfte­sektor in der Zukunft zu haben, aber gleichzeitig beim nächsten Tagesordnungspunkt eine Entwicklung beschließen, die eigentlich kontraproduktiv zu diesem Punkt ist. Wir können einerseits sagen: Wir sorgen für eine Weiterentwicklung im Fachkräftebereich im eigenen Land!, und gleichzeitig erweitern wir das Angebot bei der Rot-Weiß-Rot-Karte, um Fachkräfte aus dem Ausland nach Österreich zu holen.

Also ich hätte mich gefreut, wenn wir die Evaluierung nach einem Jahr abgewartet und gesehen hätten, wie sich das entwickelt, und dann hätten wir immer noch handeln können. So orte ich hier eigentlich einen Widerspruch zwischen dem eigenen Angebot und dem gleichzeitigen Holen von Fachkräften aus dem Ausland. Dies ist auch ange­sichts der derzeitigen Arbeitsplatzsituation in Österreich eigentlich eine Entwicklung, die ich nicht ganz nachvollziehen kann.

Zu den beiden Anträgen betreffend Volontariate wurde im Ausschuss schon einiges gesagt. Der Antrag zu den Volontariaten im öffentlichen Bereich ist – das ist auch im Ausschuss schon gesagt worden und auch unsere Meinung – auf Grund der Dienst­rechts-Novelle eigentlich obsolet, weil ja Volontariate im öffentlichen Bereich dadurch bereits abgeschafft wurden. Und im privaten Bereich haben wir dazu einen anderen Zugang, eigentlich denselben, den Sie, Frau Abgeordnete Schatz, haben, denn wenn Sie sagen, die Volontariate gehörten abgeschafft, aber bei den NGOs sollten sie blei­ben, dann, muss ich sagen, sind wir ja gar nicht so weit auseinander, denn für uns ist die Freiwilligkeit bei den Volontariaten nach wie vor gegeben.

Wir sind der Meinung, dass junge Menschen durchaus die Möglichkeit haben sollten, zum Beispiel im Bereich der Forschung einer kompetenten Fachkraft über die Schulter schauen zu dürfen und Erfahrungen zu sammeln. Aber bei einem gebe ich Ihnen recht: Die rechtlichen Grundlagen dafür müssen klar definiert sein!

Es kann nicht sein, dass man zwischen Praktikum, Volontariat, Ausbeutung von jungen Menschen und so weiter herumswitcht und die Menschen nicht von vornherein klar und deutlich zu verstehen bekommen, in welcher Funktion sie jetzt tatsächlich diese Tätig­keit ausüben. Da gebe ich Ihnen recht. Aber für uns ist die Freiwilligkeit, das in solchen Bereichen nach wie vor durchaus freiwillig machen zu können, oberstes Gebot, und deshalb werden wir diesem Antrag nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei der FPÖ.)

11.38



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 63

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


11.38.42

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Zur Bildungsteilzeit: Ja, die werden wir natürlich unterstützen. Das geht absolut in die richtige Richtung. Wir haben es ja schon im Ausschuss disku­tiert.

Das trifft einmal definitiv die richtigen Personen, jene, die nicht so gut ausgebildet sind, die im Leben Chancen brauchen, die auch langfristig einen guten Job brauchen, weil sie vielleicht nicht so viel Geld verdienen wie die anderen.

Das, was ich mich frage, ist: Wie setzen wir das tatsächlich um, dass gerade Kleinstbe­triebe, die auf jeden Einzelnen angewiesen sind, diesen Personen auch zum Zwecke der Bildung frei geben? Das wird quasi das Hauptproblem sein. Herr Minister, Sie se­hen das auch so, dass das ein Problem sein wird? – Das sehe ich am Achselzucken. (Bundesminister Hundstorfer schüttelt den Kopf. – Zwischenruf der Abg. Steibl.) Ja, natürlich, wir sind alle sozial engagiert, aber gerade Sie von der ÖVP wissen ganz ge­nau  (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Steibl.) Ich gebe Ihnen recht, für große Kon­zerne so wie bei mir bei der YIT, wo wir 8 000 Mitarbeiter in Österreich haben, ist das überhaupt kein Problem. Da geben wir ihnen frei. Und wir haben auch sehr viele Lehr­linge, die wir ausbilden. Dort ist das kein Problem.

Ich sehe das Problem bei den Kleinstbetrieben, die wenige Mitarbeiter haben. Sie brauchen jeden Einzelnen, und wenn der dann nicht da ist, dann haben sie ein Pro­blem. Aber das gebe ich nur als Gedanken mit.

Natürlich werden wir das mittragen und unterstützen, weil wir finden, dass dadurch die richtigen Menschen in den Genuss einer besseren Ausbildung kommen und auf lange Sicht mehr verdienen.

Kollegin Schatz, zu Ihrem Antrag betreffend Volontariate: Prinzipiell ist ein Volontariat nichts Schlechtes. Das muss man einmal sagen. Das waren meistens Menschen, die im Sommer die Chance ergriffen haben, zwei Wochen in einem Betrieb zu schnuppern, um dann vielleicht die Möglichkeit zu haben, in diesem Betrieb zu arbeiten. Das ist etwas, das wir sicher nicht abschaffen wollen, in keiner Art und Weise.

Natürlich gebe ich Ihnen recht: Es sollte nicht in die falsche Richtung gehen, dass jun­ge Menschen ausgebeutet werden, dass sie dabei kein Geld verdienen. Das sollte es auch nicht sein. Aber prinzipiell ist ein Volontariat etwas, das ich sehr begrüße. Es sind meistens Personen, die keinen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, die auch keine Vor­stellung darüber haben, in welchem Job sie arbeiten sollen. Diesen Personen möchte ich weiterhin die Chance geben, in drei, vier, fünf Betrieben verschiedener Sparten zu schnuppern und so auf dem Arbeitsmarkt tätig zu werden.

Was die Praktika betrifft, so gebe ich Ihnen recht. Wir sind ganz klar gegen Ausbeu­tung. Da soll es eine Regelung geben, dass die Praktikanten Geld verdienen. Aber Ihre Forderung, dass es auf Kollektivvertragsbasis angepasst wird, geht sicher in die fal­sche Richtung. Dann werden viele Menschen nicht die Möglichkeit haben, ein Prakti­kum zu absolvieren. Das sollte es nicht sein. (Abg. Mag. Schatz: Das heißt, wenn man die Ausbeutung verhindert, können die kein Praktikum machen?) – Doch. Sie sollten sehr wohl Geld bekommen, aber nicht auf Kollektivvertragsbasis, weil das einfach zu viel ist. Das ist ganz klar. Ich bin dafür, dass auch die Praktikanten Geld bekommen. Dafür stimmen wir. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

11.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 64

11.41.55

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollege Mar­kowitz, ich denke, es ist sicher möglich, dass ein Betrieb zu seinem Arbeitnehmer, der sich weiterbilden will, sagt: Das geht nicht im laufenden Dienstverhältnis, das ist nicht möglich!, aber ich glaube, die Mehrheit der Betriebe wird erkennen, dass es auch einen betrieblichen Nutzen hat, wenn sie persönlich einem Mitarbeiter oder einer Mitarbei­terin die Möglichkeit geben, sich weiterzubilden. Daher befürchte ich eigentlich das Problem, das Sie angesprochen haben, nicht.

Wir alle wissen, dass eine einmal erreichte Qualifikation sicher nicht für das ganze Ar­beitsleben ausreicht. Deshalb kommt der beruflichen Aus- und Weiterbildung ein hoher Stellenwert zu. Bildung und Weiterbildung bedeuten Arbeitsplatzsicherheit und mehr Chancen im Beruf.

Wenn wir uns ein bisschen zurückerinnern, so wissen wir, das war auch ein Schwer­punkt unserer Bundesregierung. Im Sozialressort wurden über das AMS viele Angebo­te neu gemacht, Schulungen haben einen hohen Stellenwert. Im Bildungsbereich wur­den das Nachholen von Bildungsabschlüssen, Lehre mit Matura und vieles mehr um­gesetzt. Das alles ist natürlich in Absprache mit dem Wirtschaftsressort, mit dem Wirt­schaftsminister geschehen. Ich meine, man sollte bei dieser Gelegenheit besonders darauf hinweisen, dass in den letzten Jahren im Bereich Bildung, Weiterbildung und Schulung so viel Angebot wie schon lange nicht in unserer Republik geschaffen wurde. Gerade die letzten Jahre sind besonders positiv zu erwähnen.

Der vorliegende Gesetzentwurf zum Sozialrechts-Änderungsgesetz ist ein weiterer Schritt, Weiterbildungsmöglichkeiten auszubauen, Weiterbildungsbereitschaft zu för­dern und natürlich auch Weiterbildung im aufrechten Dienstverhältnis zu ermöglichen. Das ist das Neue in diesem Bereich.

Die Bildungskarenz kennen wir ja. Zwei Monate bis zu einem Jahr kann man sich freistellen lassen, man bekommt Weiterbildungsgeld, bleibt aber nicht im Beruf. Die Bildungsteilzeit, die mit dem heutigen Beschluss neu kommt, setzt darauf, dass man die Arbeitszeit reduziert. Man stellt die Arbeit also nicht gänzlich ein, sondern reduziert um mindestens ein Viertel, höchstens die Hälfte der normalen Arbeitszeit. Zudem be­kommt man einen entsprechenden Ersatz für den Einkommensverlust. Es ist also ein teilweiser finanzieller Ausgleich, der von der reduzierten Stundenanzahl und natürlich auch von der Einkommenshöhe abhängig ist. Wenn man beispielsweise als Teilzeitbe­schäftigter seine Arbeitszeit um 50 Prozent reduziert, dann bleibt unter dem Strich nur ein Einkommensverlust von etwa 20 Prozent übrig. Man bekommt also im Durchschnitt 80 Prozent, wenn man nur die Hälfte arbeitet, sich aber dafür weiterbildet.

Ich denke, es ist ein guter Mix, der gefunden wurde. Es ist ein gutes Gesetz. Der Be­weis dafür, dass es ein gutes Gesetz ist, liegt auch darin, dass es im Ausschuss alle Fraktionen unterstützt haben. Ich gehe davon aus, dass es auch heute bei der Be­schlussfassung so sein wird.

Es bleibt daher nur mehr übrig, aufzufordern: Werben wir alle für dieses neue Modell, egal, wo wir mit Menschen zusammenkommen! Weisen wir darauf hin, bewerben wir diese neue Möglichkeit der Weiterbildung! Ich denke, es ist eine gute Werbung, die wir dadurch machen können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


11.46.04

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich eingangs bei meiner Zuhörer-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 65

gruppe aus Laßnitzhöhe ein wenig für die leeren Sitzplätze hier im Haus entschuldigen. (Abg. Dr. Kräuter: Sag, dass ich da bin!) – Ja, mein Kollege Kräuter ist da, er hat da­rum gebeten, dass ich das sage. Er wird jetzt dann die Volksanwaltschaft vertreten – alles Gute! Ich kann nur sagen: Der Beschluss zu diesem Gesetz ist so einstimmig, auch wenn nicht alle mitgehen können, dass es kein Streitthema ist, deswegen die lee­ren Hallen. Die nächsten Gesetze werden schon außerhalb des Plenarsaales behan­delt. Also, wir arbeiten hier. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt aber zum eigentlichen Thema: Ja, es ist ein ganz wichtiges Thema. Gerade in der Arbeitswelt, die sich sehr rasch ändert, ist das lebensbegleitende Lernen ein Schlüssel zum Aufstieg und zum beruflichen Erfolg. Die Evaluierung der Bildungskarenz im Zuge der Wirtschaftskrise 2009/ 2010 hat das auch ergeben, was man eigentlich schon im­mer wusste und in vielen Gesprächen auch bestätigt bekommen hat. Die, die sich wei­terbilden wollten, sich es aber eben durch die Bildungskarenz nicht leisten konnten, mussten entweder aussteigen oder arbeitslos sein, um umzusatteln oder sich umschu­len zu lassen. Das ist einfach schwierig.

Nunmehr ist es so: Mit dieser Bildungsteilzeit wird eine zweite ganz wichtige Schiene geschaffen – insbesondere natürlich auch für diejenigen, die möglicherweise keine Lehre abgeschlossen haben oder in einem Hilfsberuf arbeiten –, um durchzustarten und in der Arbeitswelt zu bestehen. Das Arbeitsleben dauert jetzt auch länger als frü­her und in den letzten Jahren.

Diese neu geschaffene Bildungsteilzeit wird die Wahlfreiheit, den Beruf wechseln zu können, erleichtern. Die Arbeitslosigkeit soll mit diesem neuen Modell auch entschei­dend verringert werden. Das Neue am Instrument der Bildungsteilzeit gegenüber der Bildungskarenz ist eben, dass man sich in einem aufrechten Dienstverhältnis weiterbil­den kann.

Die Bildungsteilzeit ist auch für mindestens vier Monate und höchstens zwei Jahre zu vereinbaren. Es hat die Diskussion gegeben: Wer kann sich das leisten? – Natürlich ist das ein freiwilliges Abkommen zwischen Arbeitgeber und ArbeitnehmerInnen. Aber ich denke, dass Unternehmer sehr wohl wissen, was sie an qualifizierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen haben. Das AMS leistet auch während der Bildungsteilzeit wie bei der Bildungskarenz das Weiterbildungsgeld.

Zusammengefasst: Dieses neue Instrument, dieses neue Modell soll es Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmern ermöglichen, sich im Beruf weiterzubilden. Ich sage na­türlich dem Herrn Bundesminister danke, der auf eine Forderung seitens des ÖAAB eingegangen ist und gemeinsam mit Herrn Bundesminister Mitterlehner und unserer Obfrau des ÖAAB Mikl-Leitner diesen guten Wurf vorbereitet hat, der heute zur Abstim­mung kommen wird.

Ich möchte noch sagen: Wenn sie auf die Homepage www.oeaab.com schauen, be­kommen sie alle Informationen zu diesem Thema. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: War das jetzt eine Wahlwerbung?)

11.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 


11.50.13

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Die praxisorien­tierte Ausbildung ist eine wesentliche Entscheidungshilfe für die künftige Berufswahl. Schnuppertage, Schnupperpraxis, Volontariate und Ferialpraxis haben sich durchaus bewährt, weil junge Menschen einen Einblick ins künftige Berufsleben bekommen.

Interessant ist, dass die Sozialversicherungen in drei Bereiche unterscheiden: Die ech­ten Ferialpraktikanten, die eine Ferialpraxis ablegen müssen, ein klassisches Beispiel


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sind die HTL-Schüler. In diesem Bereich wird schon einmal unterschiedlich geregelt: Sie können alles, von keinem Entgelt – wie bei einem Volontariat – über ein Taschen­geld bis hin zu einem angemessenen Entgelt je nach Tätigkeit, bekommen. Das heißt, es gibt von der Sozialversicherung unterschiedliche Regelungen für diese Pflichtprakti­kanten.

Eine Sonderregelung gibt es im Hotel- und Gastgewerbe. In diesem Bereich wird der entsprechende Kollektivvertrag angewendet, und die Ferialpraktikanten haben An­spruch auf ein Entgelt in der Höhe der jeweils geltenden Lehrlingsentschädigung für das dem Schuljahr korrespondierende Lehrjahr. Ich denke, das wäre eine Regelung, die man generell für alle Praktikanten heranziehen könnte.

Dann gibt es für die Sozialversicherung noch die Praktikanten mit Hochschulausbil­dung beziehungsweise in Ausbildung. Diese werden im ASVG gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 geregelt und bekommen 728,40 €.

Interessant ist – Kollege Katzian hat das im Ausschuss angesprochen –, dass die Gewerkschaft von einer Grauzone spricht, aber trotzdem keine Regelung treffen will. Neben dem Pflichtpraktikum gibt es auch keinerlei Regelung für freiwillige Prakti­kanten. Ich denke jetzt zum Beispiel an Absolventen der Handelsakademie bezie­hungsweise an Absolventen eines kaufmännischen Studiums.

Herr Minister! Um Rechtssicherheit für Unternehmer und Arbeitnehmer, Schüler und Studenten zu erhalten, sollte die Ferialpraxis gesetzlich und kollektivvertraglich ge­nauer geregelt werden, um auch soziale Gerechtigkeit – Stichwort: gleicher Lohn für gleiche Arbeit – zu erhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

11.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Bundesminister Hundstorfer zu Wort. – Bitte.

 


11.52.27

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ud meine Damen und Herren auf der Galerie! Ich danke erstens einmal für die Einstimmigkeit. Ich darf Ihnen versichern: Wir haben hier wirklich einen Meilenstein gesetzt!

Ich habe viele Nachfragen beim Fachkräftestipendium bekommen: Bin ich auf der Liste der Mangelberufe oder der jener Ausbildungseinrichtungen, die zu den Mangelberufen dazugehören, im Gesundheits- und Sozialbereich? Es ist eine sehr umfangreiche Liste geworden, ein sehr umfangreiches Konglomerat. Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass es zu leben beginnen wird. Nicht gleich mit 1. Juli, es wird einige Wochen dauern, bis das Ganze in die Gänge kommt. Aber wir haben ein sehr gutes Modell gefunden.

Zur Frage der Praktika kann ich nur das wiederholen, das wir im Ausschuss bespro­chen haben. Ich habe angeboten, dass wir zu weiteren Gesprächen einladen werden, denn wir haben unterschiedlichste Definitionen, was ein Praktikum ist. Wir haben Pflichtpraktika, die man im Rahmen einer HTL- oder HAK-Ausbildung, aber primär im HTL-Bereich, machen muss. Wir haben Praktika, die man im Rahmen von Gesund­heits- und Krankenpflege-Ausbildung machen muss.

Demzufolge müssen wir schauen, wie wir das alles gemeinsam gestalten. Ich glaube, wir sind uns einig, dass der Berufseinstieg, wenn ich ein Studium absolviert habe, nicht gleich mit einem Praktikum stattfinden sollte. Das ist leider vor allem im Rechtsbereich derzeit der Fall. Da ist nicht genau definiert, ob das jetzt ein Dienstvertrag ist oder ob das jetzt irgendwo im luftleeren Raum ist. Das müssen und wollen wir in den Griff krie­gen.


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Danke schön, und Sie gestatten: Wenn Sie, die auf der Galerie sitzen, gerade eine Ausbildung machen, darf ich Ihnen als zuständiger Arbeitsminister eine Botschaft ver­mitteln: Bitte fertigmachen! – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


11.54.33

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Mit dem Fachkräftestipendium und der Bildungsteilzeit beschließen wir heute zwei wichtige Maßnahmen. Das ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg.

Österreich ist nicht nur ein ausgezeichneter Wirtschaftsstandort, sondern auch in der beruflichen Aus- und Weiterbildung ein Vorzeigeland. Die ganze Europäische Union beneidet uns um unser System der dualen Ausbildung. Es ist ja ganz erfreulich, dass Österreichs Fachkräfte auf der ganzen Welt gefragt sind, aber ganz wichtig ist es, dass wir auch genügend Fachkräfte im eigenen Land haben. Dazu leistet natürlich die duale Ausbildung einen ganz entscheidenden Beitrag. Die hohe Qualität der dualen Ausbil­dung zeigt sich auch darin, dass unsere Lehrlinge Europameister bei den EuroSkills sind. Das ist, glaube ich, ein Titel, den sich die jungen Menschen fleißig erarbeitet und aufgrund der Leistung auch verdient haben.

Wir wissen, dass der große Erfolg jedes Berufslebens die fundierte Ausbildung ist. Ge­rade die berufliche Ausbildung ist da ein ganz wesentlicher Faktor. Mit dem Fach­kräftestipendium und der Bildungsteilzeit runden wir unser Gesamtangebot ab.

Ich denke, dass es ganz wichtig ist, dass die Unternehmer mit ihren Mitarbeitern in der beruflichen Ausbildung gemeinsam diesen Weg gehen. Höherqualifizierung und Wei­terqualifizierung sind für die Betriebe und für den Wirtschaftsstandort eine ganz wich­tige Maßnahme, aber auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganz essentiell.

Deshalb denke ich, dass wir uns mit dieser Maßnahme, die wir heute wahrscheinlich alle gemeinsam beschließen, glücklich schätzen können. Sie ist ein weiterer Garant dafür, dass der Wirtschaftsstandort Österreich, die österreichischen Unternehmer und die Arbeitsplätze weiter an der Spitze im europäischen Konzert bleiben.

Meine Damen und Herren! Das ist eine klassische Situation in der Hinsicht, dass alle gewinnen: die Unternehmer, die Mitarbeiter und der Standort. Ich denke, das ist eine Maßnahme, die wir alle nur begrüßen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


11.56.48

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir haben einen akuten Personalmangel im Pflegebereich. In Österreich gibt es gut 430 000 Menschen, die Pflege brauchen. Ihnen muss auch Pflege gewährt werden. Diese Menschen haben es sich mehr als verdient, dass sie gut versorgt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, österreichweit fehlen tausende Pflegekräfte. Viele Stellen im Pflegebereich in den Krankenhäusern und Pflegeheimen können aus Personalmangel nicht besetzt werden. Das Stammpersonal, das fast schon Über­menschliches leistet, muss zusätzlich noch die nicht besetzten Stellen einarbeiten und ausgleichen. Das ist ein Zustand, der nicht tragbar ist.

Alleine in Salzburg sind zusätzlich 900 Pflegekräfte nötig. Das zeigt eine Studie, die im Auftrag des Landes durchgeführt wurde. Es muss alles unternommen werden, es braucht eine zusätzliche Ausbildungsoffensive, was den Umstieg beziehungsweise


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Wiedereinstieg in den Pflegeberuf betrifft. In diesem Bereich, Herr Minister, ist etwas geschehen, und das ist gut so.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird ja von dieser Bundesregierung so gerne behauptet, dass wir so ein reiches Land sind. Nur die Menschen merken wenig davon. So einem reichen Land steht es nicht gut an, viel zu wenig Pflegekräfte zu ha­ben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

11.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


11.58.28

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf einen besonderen As­pekt lenken, nämlich auf die älteren Arbeitnehmer.

Wir wünschen uns, dass die Österreicher länger arbeiten, jedenfalls bis zum Regelpen­sionsalter. Das gelingt in zu vielen Fällen leider nicht. Warum? – Es fehlen genug al­tersgerechte Jobs, und für die Jobs, die auf dem Markt sind, fehlt den Arbeitnehmern oft die richtige Qualifikation.

Wie schaut denn derzeit ein Arbeitsleben aus? – In der Regel: Schulausbildung, Beruf, aber mit der Weiterbildung ist rund um 50 oft Schluss. Es beginnt in den Betrieben und bei den Arbeitnehmern ein neues Denken Platz zu greifen. Immer mehr erkennen, dass sie nur durch lebensbegleitendes Lernen am Ball und damit konkurrenzfähig blei­ben können.

Die Frage ist: Kann man sich diese Weiterbildung auch finanziell leisten? Daher gibt es dieses neue Bildungsteilzeitangebot. Wenn jemand zum Beispiel 1 700 € netto verdient und seine Arbeitszeit um die Hälfte reduziert, so bleiben ihm immerhin noch rund 1 500 € netto.

Auch das neue Fachkräftestipendium möchte ich als gutes Angebot hervorheben, um zum Beispiel einem Mangel an Pflegekräften vorzubeugen, wie das der Herr Minister gesagt hat.

Es zeigt sich, dass immer mehr Ältere sich beruflich neu orientieren wollen. Jenseits der 50 kann und soll man auch einen ganz neuen Job angehen! Warum ist uns das so wichtig? Es fügen sich bereits eine Reihe von Puzzleteilen zusammen: Die Reform der I-Pension mit dem Ziel, die Gesundheit wiederherzustellen – Motto: Aktivieren statt Pensionieren!; das ist ein wichtiger Teil! –, und dazu kommen nun die neuen Bildungs­angebote.

Mit all diesen Maßnahmen zusammen wollen wir das Ziel erreichen: weniger Frühpen­sionisten, mehr Arbeitnehmer 50 und 60 plus. Lebensbegleitendes Lernen in jedem Alter – warum nicht? Warum nicht noch einmal mit 50 beruflich Gas geben? – Das kann und wird auch die Normalität sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.00

12.00.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt über jeden Ausschussantrag getrennt.

Zunächst: Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend Sozial­rechts-Änderungsgesetz 2013 samt Titel und Eingang in 2220 der Beilagen.

Wer für diesen Entwurf ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ein­stimmig angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 69

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenso Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen weites zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsanspruch und Kündi­gungsschutz auch für Bildungskarenzmodelle.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zei­chen. – Dieser Antrag findet keine Mehrheit. Abgelehnt.

Weiters: Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Dieser betrifft den Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2221 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2222 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihr zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2223 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihr zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Das ist der Bericht des Ausschusses für Ar­beit und Soziales 2224 der Beilagen.

Ich bitte um Ihr zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

12.02.468. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2163 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Behinderteneinstellungsgesetz geändert werden (2225 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


12.03.14

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister, es wird Sie nicht besonders überraschen: Wir werden dieser Gesetzesmaterie nicht unsere Zu­stimmung geben.

Ich weiß auch nicht, welchen großartigen Sinn es jetzt noch haben soll, die Rot-Weiß-Rot-Karte zu novellieren – das Ganze steht ohnehin sozusagen vor einer Neugestal­tung. Der Koalitionspartner hat sie ja auch schon massiv kritisiert, und wir Freiheitli­chen haben von Anfang an darauf hingewiesen, dass diese Rot-Weiß-Rot-Karte das nicht bringen wird, das nicht halten wird, was Sie uns versprochen haben.

Sie war dazu gedacht, hoch qualifizierte Menschen ins Land zu holen – genau das ist natürlich nicht passiert. Österreich ist weiterhin ein Magnet für wenig Qualifizierte, ein Magnet für Personen, die nur in das Sozialsystem einwandern wollen; Österreich ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 70

offensichtlich nicht attraktiv genug für hoch Qualifizierte. Im Übrigen ist ja ein Indiz dafür auch, wie viele fertige Akademiker, die in Österreich ausgebildet werden, in Wahrheit ins Ausland gehen, um im Ausland Karriere machen zu können. – Da besteht also ein ganz, ganz großer Mangel in unserem eigenen Land, und da sollten wir eigent­lich ansetzen.

Wir haben von Anfang an davor gewarnt, dass es nicht so kommen wird, wie Sie das möchten. Und wissen Sie, Herr Bundesminister, ich würde mir einmal wirklich wün­schen, dass Sie sich auch für die Österreicher einsetzen! Wir hatten jetzt mit Stichtag 28. Februar weit über 400 000 Arbeitslose in Österreich. Das sind Schicksale, dahinter stehen Familien, und über diese Menschen sollten Sie sich einmal Gedanken machen!

Und Sie sollten sich auch darüber Gedanken machen, warum Sie im Zuge dieser Ge­setzesänderung jetzt eigentlich auch die Bundeshöchstzahl der Ausländer abschaffen können. – Sie haben uns im Ausschuss erklärt, das ist so, weil wir sie aufgrund der Ostöffnung ohnehin nicht mehr erreichen. Wir lassen jetzt praktisch ohnehin so viele Leute ins Land, die dann alle nicht mehr in diese Quote hineinfallen. Wir brauchen das alles nicht mehr; das alles ist nur noch Makulatur.

Des Weiteren stehen wir sozusagen vor der Erweiterung der Ostöffnung: Der Arbeits­markt soll nämlich mit 1. Jänner 2014 jetzt auch noch für Bulgarien und Rumänien ge­öffnet werden. Das heißt, hier kommt ein zusätzlicher Strom an Arbeitskräften – auch wieder nicht gerade die hoch Qualifizierten, die ins Land kommen werden – nach Ös­terreich.

Herr Bundesminister, genau da sollten Sie ansetzen! Sie sollten sich einmal dafür starkmachen, dass wir nicht weitere Ostgrenzen öffnen (Beifall bei der FPÖ), dass es nicht weiterhin dazu kommt, dass wir billige Arbeitskräfte ins Land holen!

Und Sie wissen es ganz genau – auch wenn Sie es heute in der Fragestunde schon so gelobt haben –: Ihr Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz ist in Wahrheit löch­rig und es ist in Wahrheit nicht effizient, denn nach wie vor gibt es keine Möglichkeit, dass Sie überhaupt überprüfen, ob ausländische Arbeitskräfte in ihrem Heimatland wirklich sozialversichert sind. Das wissen Sie ganz genau! Da gibt es massive Mängel und da wäre auch einmal eine Novellierung notwendig, denn es kann nicht sein, dass Firmen sagen: Na ja, die sind in der Firma in Polen angemeldet und dort sozialversi­chert!, und sie werden zwei Tage später ohnehin abgemeldet. – Es gibt keinerlei Kon­trollen! Dementsprechend ist dieses Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz, das Sie permanent sozusagen so anpreisen, löchrig. Es ist nicht so sinnvoll, wie Sie das sagen.

Da müssten Sie ansetzen! Dafür sollten Sie sich endlich einmal starkmachen, und nicht permanent dafür, dass es noch weitere Erleichterungen für den Zuzug von Ausländern nach Österreich gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau das, Herr Bundesminister, würden wir uns im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher von Ihnen erwarten, und daher werden wir dieses Gesetz ablehnen. Die­ses Gesetz bewirkt nämlich genau das Gegenteil: Es zielt nämlich genau darauf ab, dass wir noch mehr Personen haben, die nach Österreich einwandern werden, nämlich vor allem niedrig Qualifizierte, die in unser Sozialsystem einwandern werden, auch wenn Sie das immer in Abrede stellen. Und genau das wollen wir nicht, und daher wer­den wir dieses Gesetz ablehnen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

12.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 71

12.07.00

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierungsvorlage betreffend das Bundesge­setz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Behinderteneinstellungsge­setz geändert werden, ist für uns – inhaltlich bewertet – eine Bereinigung und eine Ver­einfachung von bestimmten Arbeitsverhältnissen ausländischer Arbeitskräfte, welche in Österreich schon ordnungsgemäß arbeiten.

Mit dieser Beschlussfassung setzen wir eine Rahmenrichtlinie der Europäischen Union um, welche wir sowieso bis Ende 2013 umsetzen müssen. Darüber hinaus beinhaltet diese Regierungsvorlage, dass die Steuerungsfunktion von ausländischen Arbeitskräf­ten, die an eine Bundeshöchstzahl gekoppelt ist, verbunden mit der Arbeitsmarktöff­nung nicht mehr aktuell ist – das wissen Sie – und damit auch verloren geht.

Für uns wesentlich ist, dass im Hinblick auf die nicht von der Richtlinie erfasste Per­sonengruppe – insbesondere Saisonniers, Betriebsentsandte, also genau jene Grup­pen, die hier natürlich verstärkt auf den Arbeitsmarkt drängen – die weiteren Zulas­sungsverfahren und Bewilligungsformen beibehalten werden müssen. Das ist wichtig, wenn Sie seitens der FPÖ hier auch anschneiden, was Lohn- und Sozialdumping be­trifft, was fairen Wettbewerb betrifft.

Ich darf Ihnen sagen, dass wir diese Formen der Umgehung eines fairen Wettbewerbs bisher sehr offen diskutiert haben, dass wir viele Maßnahmen für einen fairen Wett­bewerb gesetzt haben, dass aber auch jene Firmen, die sich dieser legalen, aber un­fairen Methoden bedienen, sehr erfindungsreich sind und immer wieder neue Möglich­keiten finden.

Ich lade Sie daher wirklich ein, diesen Weg weiterzugehen, an weiteren Maßnahmen zu arbeiten, was den fairen Wettbewerb betrifft, weil letztendlich die österreichische Wirtschaft, die österreichischen Firmen und letztendlich auch die Arbeitnehmer mit Hauptwohnsitz in Österreich – ich sage das ganz bewusst – in diesem unfairen Wett­bewerb auch dementsprechend geschützt werden müssen.

Frau Kollegin Dr. Belakowitsch-Jenewein, Sie haben die Kontrollen angesprochen. – Die Kontrollen finden statt! Mir wäre es lieber, wenn wir weniger Kontrollen bräuchten, ich sage das hier auch ganz offen, aber die Kontrollen finden statt, und zwar mehr denn je! (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Die Aufstockung bei der Finanzpolizei, aber auch die Einrichtung der Sozialbetrugsbekämpfungsstelle der BUAK, wo wir im Jahr 2012 4 200 Baustellen überprüft haben – 4 200, die nur im Sek­tor Bauwirtschaft überprüft wurden! –, zeigen schon, dass es da sehr große Bemühun­gen gibt. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Und es gibt auch Initiativen der Politik. – Ich möchte zwei Beispiele erwähnen:

Es gibt im Burgenland die Initiative „Bau auf Burgenland“. Diese Aktion hat der SPÖ-Klub gemeinsam mit Landeshauptmann Niessl im Vorjahr gestartet und treibt sie jetzt so weit voran, dass bei öffentlichen Ausschreibungen – gesetzeskonform – burgenlän­dische Firmen mit ihren Arbeitnehmern im Burgenland bevorzugt werden – aber im Rahmen der gesetzlichen Normen.

Es gibt aber mit der Winterbauoffensive auch eine Initiative in der Steiermark. Dabei werden Winterbauprojekte mit Landesgeldern gefördert, es erhalten aber nur jene För­derwerber diese Geldmittel, die Firmen mit dem Firmensitz Steiermark beschäftigen. – Das sind die Länderinitiativen.

Abschließend erwähne ich noch die Initiative unserer Bundesregierung: Über Vor­schlag unseres Bundeskanzlers hat die Bundesregierung die Schwellenwerteverord­nung bis Ende des Jahres verlängert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 72

Es liegt immer wieder an den österreichischen Auftraggebern – an den österreichi­schen Auftraggebern! –, sich dieser Maßnahmen zu bedienen und Auftragsvergaben von bis zu 1 Million € auch der heimischen Wirtschaft zukommen zu lassen.

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass die Änderungen dieser Richt­linie auch dem Behinderteneinstellungsgesetz dienen; die Umsetzung dieser Richtlinie zielt nämlich auch darauf ab, den Kreis der begünstigten Drittstaatsangehörigen be­hindertenrichtlinienkonform zu erweitern. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


12.11.20

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie! Das Verfahren zum Ausländerbeschäftigungsgesetz soll an die neue Verwal­tungsgerichtsbarkeit angepasst werden. Das ist jetzt das – ich weiß nicht – dritte, vierte oder fünfte Anpassungsgesetz, das notwendig geworden ist aufgrund der neuen Ver­waltungsgerichtsbarkeit. Das ist für uns in Ordnung, das war auch notwendig. Und dass die umzusetzende sogenannte „Single Permit-Richtlinie“ der EU mit dieser Vor­lage in österreichisches Recht umgesetzt werden soll, ist natürlich auch zu begrüßen. Wie mein Vorredner, Herr Kollege Muchitsch, es gesagt hat, wäre diese EU-Richtlinie, die Single Permit-Richtlinie, sowieso heuer umzusetzen gewesen. – Das ist alles der positive Teil.

Was uns dabei weniger gefällt, ist, dass die Bundesregierung mit diesem Gesetzes­paket die Möglichkeit nicht genutzt hat, weitere Modernisierungen beim Ausländerbe­schäftigungsgesetz vorzusehen. Die Frage, dass es weiterhin Hunderte und teilweise sogar ein paar Tausend Asylwerber gibt, die seit mehreren Jahren im Asylverfahren und seit mehreren Jahren mit einem faktischen Arbeitsverbot belegt sind, das ist in­zwischen ... (Abg. Scheibner: Wieso dauern die Verfahren so lange? Das ist das Pro­blem!) – Ja, das müsste man den Ex-Innenminister Strasser fragen: In seiner Zeit ha­ben die Asylanträge zahlenmäßig zugenommen; vielleicht können Sie sich erinnern, Herr Kollege. Die Reaktion des damaligen Innenministers Strasser war eine Nicht-Re­aktion. (Abg. Scheibner: Aber wieso dauern die so lange?)

Wenn Asylantragszahlen steigen, der Personalstand aber gleich bleibt, dann kommt es zu einem Rucksack, dann kommt es zu einem Stau. Und mit diesem Stau haben die Asylbehörden bis heute zu kämpfen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Es ist im Haus ja seit Jahren sehr viel die Rede von schnellen Verfahren. Ich möchte die schnellen Verfahren, die es bis heute zur Gänze noch nicht gibt, um den wichtigen Punkt qualitätsvolle Verfahren ergänzen (Abg. Scheibner: ... auch akzeptieren, wenn jemand keine Asylgründe hat!), denn man kann mit jemandem auch ein schnelles Ver­fahren machen, wo das Ergebnis aber kein rechtsstaatlich einwandfreies ist, und dann braucht man sich aber auch nicht zu wundern, dass Menschen von ihrem Berufungs­recht oder Beschwerderecht Gebrauch machen und dass es dann mehrere Berufungen und Beschwerden gibt, die es zu bearbeiten gilt. (Abg. Scheibner: Die Frage ist, ha­ben sie Gründe oder haben sie keine?)

Fazit ist, diese Baustelle, dass wir Menschen haben, die seit Jahren zur Untätigkeit verdammt sind und den ganzen Tag herumsitzen müssen – nicht dürfen, sondern müssen! – und denen es gesetzlich untersagt ist, ihren Lebensunterhalt selbst zu ver­dienen, diese Baustelle wird auch mit dieser Vorlage nicht angegangen, sehr geehrter Herr Bundesminister. Das ist ein Grund, warum wir dem Teil dieser Vorlage zum Aus­länderbeschäftigungsgesetz in einer getrennten Abstimmung nicht zustimmen werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 73

Eine nächste Baustelle ist die sogenannte Rot-Weiß-Rot-Karte. Diese haben wir heute auch bei der Fragestunde besprochen. Meine Frage an den Herrn Bundesminister wur­de beantwortet – beziehungsweise quasi beantwortet – mit: Das werden wir uns an­schauen, aber wir wissen nicht, ob wir mit der geforderten Einkommensgrenze wirklich hinuntergehen können. – Faktum ist, dass damit das, was Sie vor eineinhalb Jahren beim Beschluss der Rot-Weiß-Rot-Karte angekündigt haben, nämlich dass sie dafür sorgen würde, qualifizierte, gut ausgebildete Menschen nach Österreich zu holen und diese legal in Österreich arbeiten zu lassen, dass dieses Ziel nicht erreicht wurde – und das wissen wir auch alle.

Ich möchte nicht alles an der sogenannten Rot-Weiß-Rot-Karte in Bausch und Bogen schlechtreden oder schlechtmachen. Wir haben eine differenzierte Kritik, die wir vor dem Beschluss im Haus – sowohl im Ausschuss als auch im Plenum – auch detailliert vorgetragen haben, wo wir damals schon gesagt haben: Diese Karte in dieser Form wird nicht das Ergebnis bringen, womit Sie sich jetzt schon – damals, vor eineinhalb Jahren – schmücken. – Und genau so ist es auch eingetreten.

Trotzdem versäumen Sie mit der jetzigen Gesetzesvorlage, mit dieser Novelle, die heute zur Abstimmung ansteht, die Möglichkeit, auch da eine Verbesserung um- und durchzusetzen.

Zum Teil Behinderteneinstellungsgesetz wird meine Kollegin Helene Jarmer detailliert Stellung nehmen. – Da sehen wir durchaus Verbesserungen, weshalb wir bei getrenn­ter Abstimmung diesem Teil der Vorlage auch zustimmen werden.

Aber noch einmal zusammenfassend: Was die Beschäftigungsverhältnisse von Dritt­staatsangehörigen betrifft, versäumen Sie mit dieser Vorlage leider einmal mehr die Chance, eine bessere Reform zu machen und dem Elend von jahrelangen Asylver­fahren und dem Arbeitsverbot, das damit einhergeht, ein Ende zu setzen. Wir können nur hoffen und in die Richtung appellieren, dass bald eine entsprechende Novelle kommen wird, die dieses Problem löst.

Wenn Menschen jahrelang zum Nichtstun verdammt sind und es ihnen gesetzlich verboten ist, für ihren Lebensunterhalt selbst aufzukommen, dann bringt das nicht nur finanzielle Probleme, das bringt erfahrungsgemäß auch viele psychische Probleme für die Menschen mit sich – man braucht sich nur zwei Sekunden lang vorzustellen, wie es unsereinem gehen würde, wenn wir jahrelang nichts lernen dürften, nichts studieren dürften, aber auch nicht arbeiten dürften. Das ist schwer vorstellbar für uns, und ge­nauso schwer vorstellbar sollte es auch für andere Menschen sein, die sich im Land aufhalten, sprich: Asylsuchende, Schutzsuchende. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

12.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


12.17.31

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe meiner Vorrednerin genau zugehört, und ich kann auch ihre Emotion zum Teil verstehen. Sie müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, Frau Kollegin, dass wir nicht alle Problem lösen können, das ist undenkbar! Ein gewisses Maß an Eigenverantwortung muss jeder Mensch schon auch wahrneh­men, und damit muss er auch zurande kommen.

Die gute Botschaft vorweg: Wir haben eine gute Wirtschaftsentwicklung, an der wir alle interessiert sind, denn nur dadurch können wir auch die Sozialsysteme, die Bildungs­systeme und vieles andere in unserem Land weiter ausbauen. Und ich denke, das ist ganz entscheidend.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 74

Wir haben auch als eines der wenigen Länder in der Europäischen Union eine hervor­ragende Beschäftigung. Die Arbeitslosenzahl, die wir aufweisen, ist, glaube ich, her­zeigbar. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Über 400 000 sind „herzeigbar“?!) Den­noch werden wir uns alle hier bemühen, dass wir sie auch noch weiter senken. Ich denke, Arbeitslosigkeit ist etwas, das jeder Mensch doch mit einer gewissen Betrof­fenheit zur Kenntnis nehmen muss, und da müssen wir Hilfe anbieten.

Hier wurde heute von der illegalen Beschäftigung gesprochen. – Ich weiß aus meiner Arbeit, dass die KIAB sehr korrekte Arbeit leistet und dass regelmäßig Kontrollen stattfinden. Ich denke aber, dass wir diese Themen hier wirklich mit der gebotenen Sorgfalt, aber auch mit einer klaren Ausrichtung bearbeiten müssen.

Dieses vorliegende Gesetz nimmt auf einige Bereiche Bezug. Es ist, wie heute schon ausgeführt wurde, eine Maßnahme, die aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 notwendig war, weil auch hier die Zuständigkeiten anders geregelt wer­den.

Für mich wichtig ist, dass es auch in Zukunft bei Entscheidungen eine sozialpartner­schaftliche Beteiligung gibt, in die der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer mit eingebun­den sind, weil ich denke, dass sich das nicht nur als gute österreichische Tradition dar­stellt, sondern das hat sich bewährt, und andere Staaten kommen zu uns und nehmen Notiz von dem, was wir hier in Wahrheit auch ordentlich vormachen.

Manche Personengruppen sind von dieser Maßnahme jedoch nicht erfasst: Saison­niers, Betriebsentsandte, Rotationsarbeitskräfte, auf der Grundlage eines Visums be­schäftigte Künstler, Schüler und Studenten und andere notwendige Arbeitskräfte.

Ich persönlich glaube, dass wir auch in diesem Bereich noch Nacharbeit brauchen, weil die zurzeit vorliegende Regelung zwar umfassend, aber nicht endgültig befriedigend ist. Schließlich ist auch die Bundeshöchstzahl davon berührt. – Das ist jene Regelung, die wir anlässlich des EU-Beitritts von acht Staaten beschlossen haben.

Persönlich glaube ich, dass das sicherlich nicht die optimale Lösung war, denn es sind sehr viele Arbeitnehmer aus den neuen acht EU-Staaten an Österreich vorbei in an­dere Länder gezogen, und das waren Facharbeiter, die auch unserer Wirtschaft gut an­gestanden wären. (Abg. Dolinschek: Wer zahlt?) Wir haben, um den Arbeitsmarkt be­decken zu können, aus anderen Regionen Menschen herbeigeholt. Aber das ist mehr oder weniger Vergangenheit. Nun ist diese Maßnahme mit diesem Gesetz klar gere­gelt.

Dass auch das Behinderteneinstellungsgesetz mitvollzogen wird und davon berührt ist, finde ich persönlich positiv, weil wir auch da neue Regulative eingeführt haben.

Letzten Endes ist damit auch in Kraft gesetzt, dass die Übergangsbestimmungen für Rumänien und Bulgarien nun auch eine Regelung finden und dass für Kroatien nach dem Beitritt eine Neubestimmung getroffen wird.

Für mich ist wesentlich, dass nun die Rot-Weiß-Rot-Karte und die Genehmigung nicht nur von Arbeitnehmern zu beantragen ist, sondern dass sie auch der Arbeitgeber be­antragen kann. Ich denke, dass das sicherlich eine bessere Funktionalität gewährleis­tet und wir somit den Arbeitsmarkt in Österreich für einen dynamischen Arbeitsprozess weiterentwickeln können, aber in einer geordneten Situation. (Beifall bei der ÖVP.)

12.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


12.21.54

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Probleme sind da, um gelöst zu werden. Wir haben


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 75

jetzt von einigen Vorrednern gehört, wie das so ist. Mein Vorredner hat gesagt: Na ja, es gibt 27 Staaten in der Europäischen Union, und wir haben durch die siebenjährige Übergangsbestimmung einiges verabsäumt, in deren Folge viele Schlüsselarbeitskräfte in andere Länder gegangen sind. – Das ist die eine Sichtweise.

Man braucht den Leuten nur mehr zu zahlen, dann kommen sie zu uns. Wir haben heute eine Einkommensgrenze von 1 998 € brutto für Schlüsselarbeitskräfte, und ich warne davor, dieses Mindesteinkommen zu senken, denn das wäre nichts anderes als Lohndumping im Bereich der gehobenen, qualifizierten Arbeitsplätze und auch im Akademikerbereich. (Demonstrativer Beifall des Abg. Strache.) Es ist aber kein Unter­nehmen, das Schlüsselarbeitskräfte sucht, daran gehindert, einfach mehr zu bezahlen. Dann werden sie hoch qualifizierte Schlüsselarbeitskräfte auch bekommen. Für wenig Geld bekommt man keine Schlüsselarbeitskräfte.

Diese Rot-Weiß-Rot-Card – es ist dazu schon vieles gesagt worden – ist aber nicht das Gelbe vom Ei. Ich habe gestern der Frau Kollegin Königsberger-Ludwig, die ich sonst sehr schätze, genau zugehört. Sie hat in ihren Ausführungen gesagt, die Rot-Weiß-Rot-Card werde eigentlich schlecht angenommen, weil wir in Österreich ein Klima schaffen, in dem sich Fremde ganz einfach nicht wohlfühlen. – Ich glaube nicht, dass das etwas damit zu tun hat, sondern das hat einfach nur etwas mit der Bereitschaft der Unternehmen zu tun, jene Schlüsselarbeitskräfte über dieser Einkommensgrenze von 1 998 € zu bezahlen. Sie kann ruhig so bleiben, aber freiwillig kann man doch mehr zahlen, und das ist, glaube ich, der Schlüssel dabei.

Deshalb bleiben bei diesem Modell sehr viele Fragen offen. Es hat sich einfach nicht bewährt. Wir vom BZÖ haben ein Modell, das bewirken würde, dass von den Guten die Besten zu uns kommen, und zwar nach einem Punktesystem, wie das auch in Austra­lien oder in Kanada gemacht wird, sodass wir jene Schlüsselarbeitskräfte hereinholen, die wir brauchen, sie aber auch entsprechend bezahlen, denn Billigarbeitskräfte brau­chen wir da eigentlich nicht.

Wir haben einfach höhere Sozialstandards als in vielen anderen Ländern, und da kom­men die Menschen halt gerne, um das dann auch in Anspruch zu nehmen. Das ist ja ganz normal. Wir wissen auch, dass es viele Österreicher sind, die diese Sozialleis­tungen in Anspruch nehmen, weil wir höhere Sozialstandards haben, als es sie in an­deren Ländern gibt. Das muss man auch wissen. Aber das hat alles etwas mit der Eu­ropäischen Gemeinschaft zu tun. Entweder es ist überall alles gleich, oder eben nicht, aber die Leute gehen dorthin, wo sie besser fahren. – Und genau diese Probleme müs­sen wir lösen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

12.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nun erteile ich Herrn Bundesminister Hundstorfer das Wort. – Bitte.

 


12.25.00

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu zwei Dingen Stellung nehmen.

Wenn hier gesagt wird, die Rot-Weiß-Rot-Card sei eine Missgeburt, so kann ich das nur zurückweisen. Ich habe das heute auch in der Fragestunde schon gesagt. (Zwi­schenrufe bei der FPÖ.) – Ich habe nicht behauptet, dass Sie das gesagt haben. Wir haben über 3 000 positive Gutachten. Im Vordergrund stehen Fachkräfte, Manager, ja, es gibt auch 300 Sportler, die über die Rot-Weiß-Rot-Card bei uns in Österreich sind. Sie wissen, welche Sportarten das sind, und das wird wahrscheinlich weiterhin so sein. Seien wir sehr froh, dass diese Sportler völlig ordnungsgemäße Arbeitsverträge haben. Das gibt auch dort viel Sicherheit. Das ist das eine.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 76

Dass wir im Zusammenhang mit dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz Tausende Menschen überprüfen, ist auch bekannt, das habe ich heute schon bekannt­gegeben. Dass wir da oder dort in der Rechtsvollziehung im Ausland weitermachen, wissen Sie auch, so wie wir das zwischenzeitlich auch in einigen Bundesländern be­reits bei der Sozialhilfe tun, wo wir über Vertretungsbehörden im Ausland entsprechend auch in Grundbüchern nachschauen. Auch beim Lohn- und Sozialdumping wird diese Verflechtung mit den ausländischen Nachbarstaaten sicher stärker werden. Nicht um­sonst darf ich noch einmal darauf hinweisen: Es gibt bereits ausländische Firmen, die durch alle Instanzen in Österreich ein rechtskräftiges Verbot haben. Das heißt, das Ge­setz greift, das Gesetz wirkt. Demzufolge können wir hier, glaube ich, wirklich festhal­ten, wir sind auf dem richtigen Weg.

Was bei der Rot-Weiß-Rot-Card noch zu berücksichtigen ist: Die Rot-Weiß-Rot-Card ist eine Ergänzung für Drittstaatsangehörige. Wir haben ja auch einen durchaus gro­ßen Zuzug von sehr qualifizierten Menschen aus den europäischen Nachbarländern. Ich weiß, manche können es nicht mehr hören, aber der größte Zuzug ist und bleibt je­ner aus der Bundesrepublik Deutschland. Was auch zu bemerken ist: Bei diesem Zu­zug ist der Anteil derer, die eine akademische Ausbildung oder eine FH-Ausbildung ha­ben, doppelt so hoch wie beim Durchschnitt der Österreicher. Auch das bedeutet na­türlich für uns einen Arbeitsauftrag, nämlich zu schauen, dass mehr Menschen, die hier sind, akademische Ausbildungen machen können. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Ab­geordneten der ÖVP.)

12.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruck­berger. – Bitte.

 


12.27.29

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es geht ganz einfach um die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Jemandem, der bestimmte Voraussetzungen er­füllt, kann der unbeschränkte Arbeitsmarktzugang gewährt werden. Das betrifft vor al­lem Drittstaatsangehörige, aber auch Menschen, die im Rahmen der Familienzusam­menführung nach Österreich gekommen sind. Außerdem betroffen sind Ausländer, die mindestens zwei Jahre einen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich haben.

Wir persönlich glauben, dass es wichtig ist, dass man diese Menschen in den Ar­beitsprozess eingliedert, weil sie dadurch unter anderem einen Beitrag zum Beispiel ins Pensionskassensystem leisten, und das ist auch für die Gesamtwirtschaft Öster­reichs von großer Bedeutung.

Ein weiterer Vorteil ist natürlich auch, dass man ausländischen Künstlern einen er­leichterten Zugang zum Arbeitsmarkt bietet. Begrüßenswert ist aber auch – das wurde auch schon ein paar Mal erwähnt –, dass Arbeitgeber die Möglichkeit haben, stellver­tretend für ihre künftigen Mitarbeiter in den Bereichen Schlüssel- und Fachkräfteposi­tionen die Rot-Weiß-Rot-Karte zu beantragen. Das fördert vor allem den gewollten Zu­gang, und dafür stehen wir auch.

Wir vertreten auch die Meinung, dass Menschen, die nach Österreich kommen und hier rechtmäßig leben, einen Anspruch haben sollen, auf dem Arbeitsmarkt tätig zu werden. Eine geregelte Zuwanderung im Bereich qualifizierter Menschen fördert also auch deren Integration, wenn sie einen Arbeitsplatz haben. Das unterstützen wir, und daher findet diese Novelle unsere Unterstützung. (Beifall des Abg. Hagen. Abg. Riepl: Schwacher Applaus!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 77

12.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. – Bitte.

 


12.29.39

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meinen Bereich, und zwar den Bereich der behinderten Per­sonen, nehme ich hier aus. § 2 besagt, dass der Personenkreis auf Drittstaatsangehö­rige ausgeweitet worden ist, und da sind wir Grünen dafür.

Wir Grünen begrüßen auch, dass das Recht zugesprochen wurde, dass man nicht min­destens fünf Jahre in Österreich sein muss. Der Vorteil davon ist, dass die Menschen den Status der sogenannten begünstigten behinderten Personen bekommen. Das heißt, sie haben die Möglichkeit, einen Behindertenausweis zu bekommen, erhöhten Kündigungsschutz zugesprochen zu bekommen und auch mögliche Förderungen für Integration und Inklusion am Arbeitsmarkt zu bekommen. Sie bekommen auch das Recht, persönliche Assistenz und Gebärdensprachdolmetsch-Leistungen in Anspruch zu nehmen, sie werden durch den Fahrtendienst unterstützt und so weiter. Ich denke, in dieser Sache ist das positiv, es ist ein kleiner Schritt.

Dennoch, Herr Minister, interessiert mich etwas ganz anderes: Wie sieht es denn mit der persönlichen Assistenz generell aus? Da ist ja die Arbeitsgruppe am Laufen. Wie sieht es da aus? Gibt es da schon etwas, worüber wir sprechen können? Wie sieht es mit dem persönlichen Budget aus? Für mich ist auch ein wichtiger Punkt, dass wir einen Rechtsanspruch auf persönliche Assistenz bekommen. – Wir haben ja schon darüber gesprochen.

Jeder Mensch soll das Recht haben, eine persönliche Assistenz zu bekommen, so wie Kollege Huainigg das ja auch hier bekommt. Das ist ganz wichtig. Es kann nicht sein, dass man Überlegungen anstellen muss wie: Ich brauche eine Assistenz; vielleicht be­komme ich eine für drei Stunden, vielleicht auch nicht. – Menschen müssen gleichbe­handelt werden, gleichberechtigt werden, egal, ob sie Staatsbürger sind oder nicht. Sie müssen die Möglichkeit bekommen, auf gleicher Ebene chancengleich leben zu kön­nen. (Beifall bei den Grünen.)

Nächster Punkt: Gebärdensprachdolmetsch-Leistungen. Rechtsanspruch – so stelle ich mir das vor! Das ist mein klares Anliegen auch an Sie, sehr geehrter Herr Minister, dass auch der NAP die Menschenrechte für alle Menschen – und zwar gleiches Recht für alle – beinhaltet. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.32

12.32.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2225 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Jarmer, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Verlangen auf getrennte Ab­stimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 2 in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesem Teil ihre Zustimmung ge­ben, um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 78

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

12.33.229. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2193 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opfer­fürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Ver­brechensopfergesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungs­gesetz, das IEF-Service-GmbH-Gesetz, das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991, das Arbeitsruhegesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Kinder- und Jugendlichen-Be­schäftigungsgesetz 1987, das Landarbeitsgesetz 1984, das Mutterschutzge­setz 1979, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Gleichbehand­lungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpas­sungsgesetz, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsinspektionsge­setz 1993 und das Produktsicherheitsgesetz 2004 geändert werden und das Bun­desberufungskommissionsgesetz aufgehoben wird (Verwaltungsgerichtsbar­keits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsu­mentenschutz) (2226 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2195 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsge­setz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversiche­rungsgesetz 1972 und das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert werden (Verwal­tungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Sozialversicherung) (2227 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2231/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Datener­fassung durch die Sozialversicherungsträger (2228 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 9 bis 11 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Eine Berichterstattung wurde nicht erwünscht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


12.33.58

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Ich möchte zunächst einmal Stellung zum Antrag meines Kollegen Ing. Hofer betreffend Datenerfassung durch die Sozialversicherungsträger nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 79

Es soll dem Nationalrat ein Gesetzentwurf zugeleitet werden, der die Erfassung der Daten in ihrer Gesamtheit beinhaltet, aufgeschlüsselt nach Staatsbürgern, Drittstaats­angehörigen und EU-Bürgern.

Der Herr Bundesminister hat uns ja im Ausschuss wortreich erklärt, warum er das nicht machen möchte, nämlich weil es ja nicht die Aufgabe der Sozialversicherungen ist. Hintergrund für diesen Antrag war, dass der Herr Bundesminister auf eine Anfrage des Kollegen Hofer im November vorigen Jahres als Antwort gegeben hat, dass diese Da­tenlage nicht erfasst wird und er daher die Anfrage nicht beantworten kann.

Interessant ist in diesem Zusammenhang schon, Herr Bundesminister – und das habe ich Ihnen schon im Ausschuss gesagt –, dass Sie hier immer wieder sagen, die Aus­länder zahlen sehr viel mehr in das Sozialsystem hinein, als sie herausnehmen.

Ich habe mir das Stenographische Protokoll der Nationalratssitzung vom 15. Okto-
ber 2009 herausgesucht. Herr Bundesminister, Sie haben damals wörtlich gesagt:

„Wollen Sie wirklich die Österreicherinnen und Österreicher zu mehr Beitragszahlun­gen verpflichten? [] – Ich darf Ihnen das anhand eines Beispiels aufzeigen:

Im Jahr 2008 haben die Sozialversicherungsbeiträge aller ausländischen unselbständig Beschäftigten 2,2 Milliarden € an Einnahmen gebracht, die Ausgaben für die gleiche Personengruppe betrugen 1 Milliarde €. [] Sie können das alles nachrechnen; kein Problem! Für alle anderen monetären Sozialleistungen haben ausländische Arbeitneh­mer im Jahr 2008 rund 2 Milliarden € eingezahlt, die Leistungen, die sie für diese So­zialleistungen bezogen haben, haben 1,7 Milliarden ausgemacht. – Nach Adam Riese: ein Zahlungsplus von 1,5 Milliarden, und diese 1,5 Milliarden landen in den diversen Sozialversicherungen.“ – Und so weiter.

Herr Bundesminister, das ist Ihre Rede aus dem Jahr 2009. Auf die Anfrage im
Jahr 2012, wo auch die Zahlen des Jahres 2008, die Sie in Ihrer Rede verwenden, ab­gefragt werden, erklären Sie uns: Datenlage nicht erfasst.

Jetzt stellen wir einen Antrag, dass diese Datenlage erfasst werden soll, und Sie sa­gen: Nein, das brauchen wir überhaupt alles nicht, das ist ja alles nicht interessant, die­sen Gefallen tu ich Ihnen nicht!

Herr Bundesminister, das müssen Sie mir jetzt erklären: Woher beziehen Sie Daten im Jahr 2009, die Sie im Jahr 2012 nicht haben? Also irgendetwas stimmt da offensicht­lich nicht ganz. Das ist ja wirklich ein Widerspruch. Entweder werden die Daten erfasst und Sie wollen sie uns nicht sagen, weil Sie ganz genau wissen, dass diese Daten nicht so sind, wie Sie sie uns darstellen, dass also sehr wohl die Ausländer aus dem Sozialsystem weit mehr herausnehmen, als sie hineinbezahlen, wie es auch viele internationale Studien belegen. Entweder ist es das, oder Sie haben uns im Jahr 2009 irgendein Rechenbeispiel dargelegt, um zu sagen, die bösen Freiheitlichen sind es. Das müssten Sie uns erklären.

Allein aufgrund Ihrer persönlichen Widersprüche bin ich der Meinung, Sie sollten dem Entschließungsantrag des Abgeordneten Hofer sehr wohl beitreten, damit wir auch endlich im Sinne einer Kostenwahrheit wirklich Argumente und Zahlen auf dem Tisch haben. Dann können wir ein für alle Mal sagen: Ja, Sie haben recht!, oder: Wir haben recht! – oder es hat niemand recht, die Wahrheit liegt in der Mitte. So aber, Herr Bun­desminister, ganz ehrlich, haben Sie einmal die Unwahrheit gesagt: entweder in Ihrer Rede oder aber in der Anfragebeantwortung! (Abg. Öllinger: So wird es sein!) Das überlasse ich jetzt Ihnen, das aufzuklären.

Tatsache ist jedenfalls: So, wie Sie mit den Zahlen umgehen, ist dieser Antrag höchst notwendig, und es ist schon ein Zeichen, wenn Sie den jetzt ablehnen. Das heißt aber, Herr Bundesminister, Sie sind nicht bereit dazu, wirklich im Sinne der Kostenwahrheit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 80

und im Sinne der wahrheitsgemäßen Information der Bevölkerung zu handeln, die auch ein Recht darauf hat, zu erfahren, wie es denn wirklich um die Sozialleistungen steht und wie das Verhältnis von dem, was Ausländer in den Topf hineinbezahlen, zu dem ist, was sie herausnehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Bevölkerung hat ein Anrecht darauf, das zu erfahren. Sie verweigern es, und das finde ich nicht nur verwerflich, sondern im Sinne Ihrer persönlichen Widersprüche ist das natürlich schon sehr vielsagend. (Beifall bei der FPÖ.)

12.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


12.37.59

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätz­te Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit dem Gesetzesantrag in 2195 der Beila­gen erfolgt eine Anpassung der sozialversicherungsrechtlichen Verfahren an die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit. Damit wird eine, wie ich meine, wichtige Verwaltungsver­einfachung und eine wichtige und richtige Reform bei sozialversicherungsrechtlichen Verfahren umsetzbar. Im Detail wird festgelegt und geregelt, dass nunmehr das Bun­desverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide der Sozialversicherungs­träger und der Aufsichtsbehörden zu entscheiden hat.

Auch das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz wird in vollem Umfang für Sozial­versicherungsträger anwendbar sein. Dass nunmehr Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Sozialversicherungsträgern vom zuständigen Bundesminister entschieden werden, halte ich für eine sehr richtige Entscheidung. Auch geht damit die Kompetenz der Lan­deshauptleute auf den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über und es tritt dadurch eine Vereinfachung ein.

Ich bin überzeugt davon, geschätzte Damen und Herren, dass mit dieser Gesetzesvor­lage die Verfahren im Sozialversicherungsrecht handhabbarer, leichter abwickelbar und auch transparenter werden.

Geschätzte Damen und Herren, ich möchte dazu folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Hechtl, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses, 2227 der Beilagen, über die Regierungsvorlage 2195 der Beilagen betreffend ein Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Sozialversicherung

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 2 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt ge­ändert:

a) Nach der Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

1a. Im § 194 Z 4 entfällt der Ausdruck „in Verbindung mit § 410 Abs. 2 ASVG“.«

b) Im § 349 in der Fassung der Z 4 wird vor dem Ausdruck „224a samt Überschrift“ der Ausdruck „194 Z 4,“ eingefügt.

Art. 5 (Änderung des Notarversicherungsgesetzes 1972) wird wie folgt geändert:

In der Überschrift zu § 118 in der Fassung der Z 3 wird nach dem Ausdruck „xx/2013“ der Klammerausdruck „(14. Novelle)“ eingefügt.

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 81

Geschätzte Damen und Herren, ich möchte außerdem noch auf den Antrag des Kolle­gen Hofer 2231/A(E), womit die Aufgliederung der Beiträge und Leistungen der Sozial­versicherung nach der Staatsbürgerschaft gefordert wird, eingehen.

Ich möchte festhalten, dass die Mittelverwendung der Sozialversicherung genau im § 81 Abs. 1 ASVG geregelt ist und auch in diesem Teil vorgeschrieben ist. Die Mittel dürfen nur für zulässige Zwecke verwendet werden und werden auch nur für diese zu­lässigen Zwecke verwendet. Die Sozialversicherung in Österreich, die nach dem Ter­ritorialitätsprinzip organisiert ist, sieht keine Daten wie die Staatsbürgerschaft vor und macht diese Daten auch nicht notwendig.

Ich halte auch fest, dass die jetzigen Daten ausreichend sind, um die Beiträge und Leistungen der Sozialversicherung zuordnen zu können. Auch würde die Erfassung einer solchen Datenmenge wesentliche Mehrkosten für die Sozialversicherungsträger wie auch für die Betriebe mit sich bringen. Ich bin überzeugt, geschätzte Damen und Herren, dass diese Datenerfassung, wie sie jetzt in der Sozialversicherung stattfindet, jedenfalls ausreichend ist und wir vonseiten der sozialdemokratischen Fraktion jeden­falls das Ansinnen haben, dass keine Mehrkosten, weder den Sozialversicherungsträ­gern noch den Betrieben, entstehen dürfen.

Ich bin auch der Meinung, dass es gilt, den Faktor Arbeit zu entlasten und nicht den Faktor Arbeit mit Bürokratie und sonstigen Maßnahmen zu belasten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dolinschek: Da hast du recht!)

Geschätzte Damen und Herren, deshalb wird die sozialdemokratische Fraktion den negativen Ausschussbericht zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Abänderungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Johann Hechtl, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 2227 der Beilagen über die Re­gierungsvorlage 2195 der Beilagen betreffend ein Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpas­sungsgesetz – Sozialversicherung

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 2 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt ge­ändert:

a) Nach der Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

1a. Im § 194 Z 4 entfällt der Ausdruck „in Verbindung mit § 410 Abs. 2 ASVG“.«

b) Im § 349 in der Fassung der Z 4 wird vor dem Ausdruck „224a samt Überschrift“ der Ausdruck „194 Z 4,“ eingefügt.

Art. 5 (Änderung des Notarversicherungsgesetzes 1972) wird wie folgt geändert:

In der Überschrift zu § 118 in der Fassung der Z 3 wird nach dem Ausdruck „xx/2013“ der Klammer-ausdruck „(14. Novelle)“ eingefügt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 82

Begründung

Zu Art. 2 lit. a (§ 194 Z 4 GSVG):

Auf Grund der Aufhebung des § 410 Abs. 2 ASVG hat auch die einschlägige Zitierung im § 194 Z 4 GSVG zu entfallen.

Zu Art. 5 (§ 118 NVG 1972):

Systemkonform soll die Novellenkurzbezeichnung auch in der Überschrift zur Schluss­bestimmung aufscheinen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfinger. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.43.07

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte junge Gäste, die Sie heute bei uns sind! Lassen Sie mich auf den Tagesordnungspunkt 10 eingehen, die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle, dieses Anpassungsgesetz, wo es aufgrund der bevorstehenden Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit mit Anfang des kommenden Jahres um eine Veränderung von gesetzlichen Normen im Bereich Arbeit und Soziales geht.

Gleich vorweg: Ich denke, es sind bestehende Rechte, die eben durch diesen neuen Instanzenzug schneller und auch effizienter erledigt werden können. Im Detail geht es eben um die Verankerung dieses neuen Instanzenzuges. Für den Vollzug ist das So­zialministerium zuständig. Es geht um die Festlegung besonderer Beschwerdefristen, die Einbindung fachkundiger Laienrichter in Entscheidungen des Bundesverwaltungs­gerichtes oder auch um die Präzisierung von Datenschutzbestimmungen, und der So­zialminister soll in bestimmten Fällen die Befugnis erhalten, gegen Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte Revision beim Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Was natürlich auch wichtig ist, ist die Beteiligung von Arbeitgeber-, aber auch Arbeitnehmervertretern in Beschwerdeverfahren. Die wird damit auch weiterhin sichergestellt.

Im Konkreten sieht diese Gesetzesnovelle etwa ein Berufungsrecht gegen die Be­scheide des Bundessozialamts und des Sozialministeriums beim Verwaltungsgericht vor. Dabei sollen abweichend vom Verwaltungsgerichtsbarkeits-Verfahrensgesetz die derzeit geltenden Beschwerdefristen von sechs Wochen aber erhalten bleiben. Ich denke, das ist auch wichtig, dass diese sechs Wochen mitgenommen werden.

Und es ist sichergestellt, dass BehindertenvertreterInnen und andere Interessenvertre­terInnen an Berufungsentscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts mitwirken kön­nen.

Das alles klingt zunächst ein wenig trocken, aber ich sage Ihnen, das ist eine sehr le­bendige Materie, die jeden von uns betrifft, betreffen kann und die sehr wesentlich für Lebensabschnitte ist, in denen man einer Veränderung gegenübersteht. Auch da kann nun begleitend mitgewirkt werden, denn auch im Bundespflegegeldgesetz wird klarge­stellt, dass gegen verfahrensrechtliche Bescheide künftig eine Beschwerde an die Ver­waltungsgerichte der Länder und nicht wie bisher ein Rechtsmittel an den Landes­hauptmann möglich ist.

Insgesamt bringt dies also eine Beschleunigung und Vereinfachung der Abläufe, ohne die Rechte des Einzelnen zu schmälern. Im Gegenteil: Diese werden dadurch, denke ich, noch verstärkt und verbessert! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.45



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 83

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


12.45.45

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, vorbehaltlos, weil es eine Verbesserung ist, weil es gut ist, dass im Bereich der Berufungsverfahren mehr Rechtsstaatlichkeit durch die Berufungsinstanz Verwaltungsgerichte entsteht, stimmen wir dieser Novelle, diesem Gesetz zu.

Da gibt es keine Einwände. Der einzige Einwand wäre, man hätte diese Änderung auch dazu nützen können, um einige materiell-rechtliche Probleme im Allgemeinen So­zialversicherungsgesetz – und die gibt es – auch zu revidieren. Das ist nicht passiert. Das betrifft rechtsstaatliche Verfahrensregelungen bei den sogenannten Pflichtaufga­ben im ASVG – bei der Rehabilitation, bei der Prävention.

Aber einen Punkt gibt es, den haben wir im Ausschuss auch eingebracht, und das schmerzt schon sehr, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Sie dazu nicht einmal eine Wortmeldung gemacht haben im Ausschuss. Das betrifft einfach den Um­stand, dass Sie es offensichtlich nach wie vor mit einem Schulterzucken zur Kenntnis nehmen  obwohl Sie, glaube ich, genau wissen, nämlich alle Fraktionen, dass es so nicht gehen kann , dass unbegleitete Jugendliche, die hier aufhältig sind und einen ordentlichen Rechtsstatus haben, unter Umständen vier oder fünf verschiedene Ge­burtsdaten haben – weil der Amtsschimmel in Österreich nach wie vor so wiehert, dass es kafkaeske Auswirkungen für die Betroffenen, nämlich für diese Jugendlichen, haben kann! Diese verschiedenen Einrichtungen stellen diese unterschiedlichen Geburtsda­ten für sich genommen fest, egal, ob es da zum Beispiel um das Arbeitsmarktservice, die Sozialversicherung oder irgendeine andere Einrichtung geht.

Ich kann Ihnen dieses eine Beispiel kurz schildern: Ein Jugendlicher hat in seinen Do­kumenten vier unterschiedliche Geburtsdaten. Aufgrund der unterschiedlichen Ge­burtsdaten auf der e-card, auf der Aufenthaltsberechtigungskarte, beim Obsorgebe­schluss und dem Meldezettel hat es Probleme gegeben, zum Beispiel bei dieser einen konkreten Person bei einer Impfung in der Schule. Der Arzt fragt ihn nach dem Ge­burtsdatum, und dann sagt der Jugendliche: 1.13.1996, weil es zu dieser Festsetzung durch die Behörde kommen kann. Der Arzt glaubt ihm natürlich nicht  1.13.1996, da sagt ja jeder normale Mensch: Na bitte, wie soll das gehen?  und verweigert die Imp­fung.

Daraufhin wird in einem absurden Prozess ein weiteres Geburtsdatum für diesen Ju­gendlichen festgelegt, nämlich der 13.1.1996. Im Endeffekt hat er jetzt fünf verschie­dene Geburtsdaten, und dieser Jugendliche fragt sich zu Recht: Welche Auswirkungen hat das, wenn ich mit Ämtern zu tun habe? (Abg. Dr. Pilz: Fünfmal Geschenke! Fünf­mal Geburtstag!)

Sie, meine Damen und Herren, wissen genau, dass es so nicht geht. Und es wäre nichts einfacher, als das durch eine entsprechende Bestimmung im ASVG zu ändern.

Deshalb gibt es auch von uns folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde zum Verwaltungsgerichts­barkeits-Anpassungsgesetz – Sozialversicherung

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 84

versicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das No­tarversicherungsgesetz 1972 und das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Sozialversicherung; 2195 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Sozialausschusses (2227 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 Z 7 erhält der Text des § 358 die Bezeichnung (1) und wird folgender Ab­satz 2 angefügt:

„(2) Unbeschadet des Abs. 1 ist das Geburtsdatum einer versicherten Person jeden­falls zu ändern, wenn ein Beschluss des Pflegschaftsgerichtes vorliegt, in dem das Ge­burtsdatum der betreffenden Person festgestellt wird.“

2. In Art. I Z 11 werden in § 360b Abs.1 die Zeichenfolge „37,“ gestrichen sowie die Zahl „40“ durch die Zahl „44a“ ersetzt.

*****

Das wäre eine einfache Sache, eine klare Situation oder Perspektive für diesen Ju­gendlichen. Und ich frage mich, warum Sie dazu nicht Stellung nehmen, warum Sie nicht sagen: Ja, es ist gut, wenn das Pflegschaftsgericht dann einen Geburtstermin für den Jugendlichen festsetzt! Warum stimmen Sie dem nicht zu? Erklären Sie sich!

Ich frage mich, warum es nicht einmal in so einer einfachen Sache, die für den Be­treffenden nur mit Nachteilen verbunden ist, von Ihrer Seite eine Bereitschaft gibt, in diesem Fall für Jugendliche, die hier aufhältig sind, die rechtmäßig aufhältig sind, die hier bleiben werden, die sich mit drei, vier oder fünf verschiedenen Geburtsdaten  ab­surd!  herumschlagen müssen, eine Bereinigung durchzuführen und zu sagen: Ja, eine Instanz, nämlich das Pflegschaftsgericht, setzt letztendlich das Geburtsdatum fest!  Nein, ist offensichtlich mit Ihnen nicht zu machen. Das ist schon wieder ein zu großer Aufwand für dieses Plenum. Ich sage das ganz zynisch, denn das ist wirklich absurd.

Jetzt noch eine abschließende Bemerkung zu dem Antrag der Freiheitlichen, ich habe das schon im Ausschuss gesagt: Man kann natürlich das Thema wie eine Ziehharmo­nika hin- und herziehen. Ich sage es noch einmal: Es gab Untersuchungen vom Wifo. Und es gibt Untersuchungen aus der Bundesrepublik  die haben Sie auch zitiert –, nämlich die von Hans-Werner Sinn, einem Ökonomen, und der hat gesagt, so, wie es die Freiheitlichen interpretieren, sei das Ganze nicht zu sehen. Daraufhin haben Sie dann Hans-Werner Sinn nicht mehr zitiert, aber bleiben nach wie vor bei Ihrem Stand­punkt, dass die Erhebung dieser Daten einen unheimlichen Vorteil und Klarheit bringen würde.

Nein, das bringt sie nicht, denn Sie wissen genauso gut wie ich, dass es Versiche­rungsbeiträge gibt und daraus Leistungen entstehen können – wie etwa bei der Pen­sion –, die erst 30 oder 40 Jahre später fällig werden. Das heißt, wenn, dann braucht man nicht nur einen synchronen Schnitt, wo man die Beiträge und die Leistungen er­hebt, sondern man braucht einen diachronen Schnitt über 50 Jahre (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan), darunter braucht man gar nicht zu reden. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Warum fängt man das dann nicht an?)

Das wurde auch teilweise versucht in den entsprechenden Untersuchungen. Das ist für Sie noch immer nicht befriedigend, weil nicht das für Sie gewünschte Ergebnis heraus­kommt. Das für Sie gewünschte Ergebnis heißt: Die Ausländer profitieren übermäßig von unserem Sozialsystem! Nur: Da können Sie 20 Untersuchungen machen, die wer­den Ihnen immer wieder bestätigen, dass das nicht stimmt, was Sie sagen. Dann wer­den Sie sagen: Na ja, da ist wahrscheinlich der Sozialminister schuld, oder diejenigen, die die Untersuchung gemacht haben!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 85

Nur ist es absurd und grotesk, denn – und das halte ich fest – derjenige, der hier Ver­sicherungsbeiträge zahlt, derjenige, der hier Steuern zahlt  um diese Personengruppe geht es , hat einen Anspruch auf die entsprechenden Versicherungsleistungen und auch auf die entsprechenden sonstigen Sozialleistungen, wenn er oder sie davon be­troffen ist. So einfach ist manchmal die Sache! (Beifall bei den Grünen.)

12.53


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Sozialaus­schusses über die Regierungsvorlage Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das No­tarversicherungsgesetz 1972 und das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Sozialversicherung; 2195 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das No­tarversicherungsgesetz 1972 und das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Sozialversicherung; 2195 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Sozialausschusses (2227 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 Z 7 erhält der Text des § 358 die Bezeichnung (1) und wird folgender Ab­satz 2 angefügt:

„(2) Unbeschadet des Abs. 1 ist das Geburtsdatum einer versicherten Person jeden­falls zu ändern, wenn ein Beschluss des Pflegschaftsgerichtes vorliegt, in dem das Ge­burtsdatum der betreffenden Person festgestellt wird.“

2. In Art. I Z 11 werden in § 360b Abs.1 die Zeichenfolge „37,“ gestrichen sowie die Zahl „40“ durch die Zahl „44a“ ersetzt.

Begründung

Zu 1. Art. 1 Z 7: Geburtsdaten

Junge AsylwerberInnen haben immer wieder das Problem, dass sie bei verschiedenen Behörden mit unterschiedlichen Geburtsdaten registriert werden. So kann es sein, dass ein Obsorgebeschluss des Bezirksgerichts eine Person als Minderjährigen aus­weist, das Bundesasylamt allerdings (aufgrund einer medizinischen Altersbegutach­tung) von seiner Volljährigkeit ausgeht.

Auch die Sozialversicherungsnummer (bzw., die von der Sozialversicherung eingetra­genen Geburtsdaten) trägt zur Verwirrung bei. Die Eintragung erfolgt entsprechend der von den Asylbehörden zunächst aufgenommenen Daten. Dabei kommt es häufig zu Fehlern, da viele Jugendliche nur ihr Geburtsjahr, nicht aber ihr exaktes Geburtsdatum wissen; oder nur angeben können, dass sie z.B. 16 Jahre alt sind. Auch Fehler bei der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 86

Umrechnung (Islamischer Kalender/Gregoriantischer Kalender) oder bei der Überset­zung sind keine Seltenheit. Regelmäßig bekommen die Jugendlichen in diesen Fällen die Sozialversicherungsnummer. XXXX 01.01.XX - bzw. wenn bereits alle möglichen Nummern vergeben sind die SVNr. XXXX01.13.XX - zugewiesen. Unterschiedliche Da­ten auf Sozialversicherungskarte und Identitätsausweisen sind aber Ursache für zahl­reiche Probleme im Alltag:

Das Arbeitsmarktservice (AMS) zieht für allfällige zu gewährende Maßnahmen gemäß einer Weisung ausschließlich die SVNR zur Festlegung des Geburtsdatums heran, was dazu führt, dass Maßnahmen entweder nicht gewährt werden, oder die falschen Tagsätze (DLU) ausbezahlt werden.

Viele ArbeitgeberInnen weigern sich Flüchtlinge einzustellen, weil sie hinter den diver­gierenden Daten auf verschieden Dokumenten illegales Vorgehen vermuten.

Es kommt zu Problemen bei der medizinischen Versorgung, da Ärzte die Behandlung verweigern oder jedenfalls zunächst genauere Erkundungen einholen.

Probleme bei Polizeikontrollen (Vermutung der Dokumentenfälschung)

Probleme bei der stationären Aufnahme in ein Krankenhaus (Kinderabteilung oder Abteilung für Erwachsene?)

Zu 2. In Art. I Z 11: Eingeschränkte Geltung des AVG in Leistungssachen

Der historische Grund für die eingeschränkte Geltung des AVG liegt in der Idee des ab­gekürzten Verfahrens. Da es eine Vielzahl von Verfahren in der SV zu bearbeiten gibt (z.B. Pensionsanträge), sollten die schnell und daher mit eingeschränkten Verfahrens­rechten abgewickelt werden. Die vollen Verfahrensrechte gibt es in der Folge im Ver­fahren beim Arbeits- und Sozialgericht. In der Mehrheit der ausgeschlossenen AVG-Paragrafen ist es nachvollziehbar, dass sie nicht gelten, weil einzelne Begriffe (etwa je­ner des „Angehörigen“) im AVG wesentlich weiter gefasst ist als im ASVG oder man­che Verfahrensregeln im ASVG schlicht besser sind.

Es ist dringend notwendig, die Verfahrensrechte der Betroffenen im Verfahren vor den SV-Trägern auszudehnen, denn die eingeschränkten Verfahrensrechte haben eine Fortwirkung im Verfahren vor dem ASG. Sinnvoll ist auch die Schaffung der Möglich­keit einer mündlichen Verhandlung zumindest in jenen Fällen, in denen ein negativer Bescheid verpflichtend zu erlassen ist (§§ 40 bis 44 AVG).

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


12.53.56

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das BZÖ begrüßt grundsätzlich die Schaffung der Verwaltungsgerichte und den vorgesehenen Instanzenzug. Erfreulich ist auch, dass aufgrund einheitlicher Rechtsprechung das Bundesverwaltungsgericht für Beschwer­den gegen Bescheide der Sozialversicherungsträger in Verwaltungssachen sowie in Aufsichtsangelegenheiten zuständig sein soll.

Für mich als Behindertensprecher ist besonders erfreulich, dass bei Berufungsent­scheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes auch Behindertenvertreter bei diesem Bereich eingebunden werden. Deswegen werden wir dem auch gerne unsere Zustim­mung geben. (Beifall beim BZÖ.)

12.54



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 87

Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Bundesminister Hundstorfer zu Wort. – Bitte.

 


12.54.41

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei Antworten: Herr Abgeordneter Öllinger, der Abänderungsantrag wird bei uns derzeit, so wie vereinbart, geprüft. Es muss ja geprüft werden, was ihr da möchtet. Wir reden jetzt mit den Versicherungs­trägern und werden schauen, wie wir das weiterentwickeln können. – Punkt eins. (Abg. Öllinger: Immerhin! Danke!)

Punkt zwei: Frau Abgeordnete, Sie müssen nur ganz genau zuhören, was ich Ihnen gesagt habe! Ich habe 2009 gesagt, das ist das Ergebnis von Studien, die wir gemacht haben, es ist das Ergebnis von einer Querschnittstudie, die mit EU-SILC-Daten  (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das haben Sie nicht gesagt!) – Ich habe das sehr wohl gesagt, ich bringe Ihnen ein Stenographisches Protokoll von 2009, wo ich das ge­sagt habe. Fakt ist, dass ich dem, was ich bereits 2009 und 2010 gesagt habe, nichts hinzuzufügen habe, denn das gilt auch 2013. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wo­her nahmen Sie 2009 die Daten?)

Wie Herr Abgeordneter Öllinger schon gesagt hat: Nehmen Sie zur Kenntnis, Men­schen, die hierher kommen, Menschen, die einen ordnungsgemäßen, aufrechten Auf­enthaltstitel haben, demzufolge hier arbeiten, zahlen ihre Versicherungsleistung ein! Und diese Menschen haben auch das Recht, wenn sie eine Leistung brauchen, dass sie die auch bekommen. Und unterstellen Sie nicht mit einer Paranoia (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ich habe keine Paranoia! Das ist ja unglaublich!), dass alle, die eine ausländische Staatsbürgerschaft haben, automatisch Sozialbetrüger sind! Das möchte ich zurückweisen! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. Abg. Mag. Ste­fan: Und deswegen brauchen wir keine Zahlen! Weitere Zwischenrufe der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

12.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


12.56.32

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Besucher! Ich hoffe, dass die Jugend einen guten Eindruck von diesem Parlamentsbesuch mitnimmt und draußen auch die Diskussion mit den Freunden führt. Wir beraten zurzeit Sozialgesetze, wie Sie gemerkt haben, und der vorliegende erste Antrag umfasst fast alle Bereiche. Es ist ein Anpassungsprozess, der aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 notwendig ist. Mit dieser No­velle haben wir erreicht, dass eine Reihe von Administrationsstellen geschlossen wird und dass der Rechtslauf klar normiert ist.

Ich denke, dass es für den ganzen Prozess wichtig ist, es ist eine wesentliche Ver­einfachung. Persönlich glaube ich auch, dass man damit einen besseren Überblick im Verfahrenslauf als solchen bekommt.

Mit berührt es auch das Soziale Entschädigungsrecht, wo ganz klar auch die Zu­ständigkeit gegeben und vornormiert ist. Die Beschwerdefrist wird auch weiterhin so gehalten, wie es bisher war.

Weiters soll eine Beteiligung von Laienrichtern vor dem Bundesverwaltungsgericht mit einer Entscheidung durch einen Senat vorgesehen werden. Persönlich halte ich das Mitwirken von Laienrichtern im Sozialrecht für eine sehr, sehr gute Sache, wiewohl ich persönlich glaube, dass manche in die Materie besser eingeschult werden sollten. Aber


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 88

ich denke, das ist deshalb ganz entscheidend, weil da vor allem aus der Praxis doch einige Inputs kommen.

Zu dem Vorschlag des Herrn Kollegen Öllinger – ich habe Ihnen sehr genau zugehört, Herr Kollege –: Im gegenständlichen Fall dürfte es sich um einen Einzelfall handeln. Ich persönlich glaube, dass wir da in der Datenmeldung etwas konkreter vorgehen müssen, denn wenn eine Datenmeldung falsch gemacht wird, und es läuft die ver­schiedenen Administrationsstellen durch, dann ist eben dieses Missverhältnis gege­ben. Vielleicht ist es wichtig, dass man im Hauptverband, wo ja alle Daten gespeichert sind, die Nacharbeit schleunigst macht, damit solche Irritationen, die natürlich auch Fallweise zum Verlust des Anspruchsrechtes, des Leistungsrechtes führen könnten, nicht vorkommen. Ich habe Ihnen genau zugehört, was Sie gesagt haben, aber ich wollte Ihnen nur meine Meinung dazu kundtun.

Wesentlich ist auch, dass im ganzen Verfahrenslauf, vor allem, wo es um verfahrens­rechtliche Themen geht, die Länder ihre Zustimmung gegeben haben. Herr Minister, ich denke, die Verhandlungen waren nicht einfach, denn ich kenne die föderale Kultur in unserem Land, wo jeder mit dabei sein will. Das zu vereinfachen war sicherlich wich­tig und auch richtig.

Zum Entschließungsantrag der Freiheitlichen Partei: Mein Gott, schauen Sie, da kann man einen unterschiedlichen Zugang haben. Persönlich glaube ich, dass dieser Antrag für Sie eine emotionale Beruhigung ist. Er kann nicht gelöst werden.

Es ist ganz einfach. Schauen Sie sich unser Sozialsystem an: Die Beitragspflicht baut auf einer Beschäftigung auf, und sobald einer Beiträge zahlt, ist er, mit dem normierten Personenkreis, der im Gesetz klar geregelt ist, auch anspruchsberechtigt.

Ich denke, dass wir hier eigentlich kaum etwas erreichen, außer dass wir vielleicht wie­der eine neue Statistik vorgelegt bekommen. Ich halte unser Recht insofern für richtig, weil die Versicherungspflicht nicht nur die Beitragspflicht, sondern auch das Leistungs­recht mit beinhaltet.

Natürlich kenne ich Ihre Anträge. Wir haben die Angelegenheit auch schon geprüft. Ich weiß daher, wovon ich rede. Die Missbrauchsfälle in Österreich sind so minimal, dass wir diesen Aufwand, Frau Kollegin, wirklich nicht brauchen. Deshalb können wir auch diesem Ihren Antrag, wenn er von Ihnen auch noch so gut gemeint ist, nicht zustim­men. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.00

13.00.30

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeit-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz samt Titel und Eingang in 2193 der Beinlagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstim­mig beschlossen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 89

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betref­fend Verwaltungsgerichtsbarkeit-Anpassungsgesetz – Sozialversicherung in 2195 der Beilagen.

Hiezu liegen folgende Zusatz- bzw. Abänderungsanträge vor:

Abänderungsantrag der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen sowie

Zusatz- bzw. Abänderungsantrag der Abgeordneten Hechtl, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- bzw. Abänderungsan­trägen betroffenen Teile – entsprechend der Systematik des Gesetzentwurfes – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen lassen.

Die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 eingebracht.

Wer diesen Änderungen beitritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das findet keine Mehrheit. Abgelehnt. (Rufe bei SPÖ und ÖVP: He, Öllinger ganz alleine! – Abg. Riepl: Das ist ja peinlich!)

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über den Entwurf in der Fassung der Regie­rungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Hechtl, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 und 5 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist Einstimmigkeit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2228 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

13.03.2912. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2138 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über soziale Sicherheit (2229 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 90

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2139 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vorbereiten­den Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Ver­bot von Nuklearversuchen über soziale Sicherheit (2230 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2159 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik In­dien über soziale Sicherheit (2231 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 12 bis 14 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. – Bitte.

 


13.04.06

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Herr Bundesminister! Werte ZuhörerInnen auf der Galerie! Ich möchte mich heute auf das Abkommen zwischen Österreich und Indien fokussieren, das von Minister Hundstorfer und dem indischen Minister für Überseeangelegenheiten am 4. März in Österreich unterzeichnet wurde. Zweck dieses Abkommens ist im Prin­zip, einen umfassenden Schutz im Rahmen der Pensionsversicherung im bilateralen Austausch zu bieten. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Wenn wir uns die Beziehungen zwischen Österreich und Indien anschauen, so wissen wir, dass hier ein wachsender Markt gegeben ist. Minister Hundstorfer hat uns be­richtet, dass ungefähr 120 österreichische Firmen bereits Tochterunternehmen in In­dien haben, unter anderem haben Andritz, Böhler, Wienerberger und Swarovski bereits Niederlassungen in Indien. Wir wissen auch, dass zirka 150 bis 160 Österreicher in Indien leben. Von der Botschaft wissen wir, dass zirka 5 000 Business-Visa ausgestellt worden sind, das heißt, Visa, die über eine normale Urlaubsreise hinausgehen. Es gibt also Beziehungen, Arbeitsbeziehungen zwischen Österreich und Indien.

Es gibt auch Hightech made in Austria, was in Indien seinen Zuschlag findet. So gab es im Oktober 2012 das sogenannte Austrian Showcase, das von der Wirtschafts­kammer gemeinsam mit Ministerin Bures in New Delhi präsentiert wurde. Dort haben 13 heimische, österreichische Firmen ihre Leistungen präsentiert.

Noch ein kleines Bonmot am Rande: Am 25. Februar 2013 sind Austro-Satelliten, ös­terreichische Satelliten von Indien aus ins Weltall gestartet. Das heißt, wir sehen, dass die Beziehungen zwischen Österreich und Indien weit über den Werbespot „Frag doch den Inder“ hinausgehen und wir gute Beziehungen haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Weltraumnation Österreich! Die Raketen starten aber ganz ohne die Regierung! – Abg. Dr. Oberhauser – das Rednerpult verlassend –: Sie hätten mit­fliegen können, das hätte uns einiges erleichtert!)

13.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Fürntrath-Moretti. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 91

13.06.04

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Meine Vorrednerin hat es schon angesprochen: Es geht bei die­sen Beschlüssen um soziale Abkommen, einerseits zwischen Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein und andererseits zwischen Österreich und der Republik In­dien.

Über die Wirtschaftsbeziehungen, die Österreich mit Indien pflegt, wurde schon einiges gesagt. Ergänzen darf ich dazu, dass es im Moment zirka 3 000 indische Staatsbürger gibt, die bisher in Österreich beschäftigt waren und dass finanzielle Auswirkungen laut Sozialministerium daher nur sehr schwer abschätzbar sind. Die Durchschnittspension beträgt etwa 295 €. In den kommenden vier Jahren ist daher mit einem Kostenaufwand von rund 1,24 Millionen € für die Pensionsversicherung zu rechnen.

Das Abkommen mit dem Fürstentum Liechtenstein ersetzt das derzeit geltende Ab­kommen über soziale Sicherheit aus dem Jahre 1996 sowie das Abkommen über die Arbeitslosenversicherung aus dem Jahr 1991.

Durch dieses Abkommen sollen auch für Staatsangehörige von Drittstaaten, die den Sozialrechtsvorschriften zumindest eines der beiden Vertragsstaaten unterliegen oder unterlegen sind, die Bestimmungen der neuen Koordinierungsverordnungen zur An­wendung kommen.

Was ist nun damit gemeint? – Hinkünftig wird auch die letzte verbliebene Gruppe der nicht Erwerbstätigen aus Drittstaaten im Abkommen erfasst. Die Vertragsstaaten ha­ben nach wie vor das Recht, die Erteilung einer Bewilligung zur Einreise, zum Aufent­halt, zur Niederlassung oder zur Arbeit zu verweigern. Die Anwendung der Verordnung gilt nur bei Rechtmäßigkeit des Wohnsitzes. Das Abkommen findet keine Anwendung auf Sachverhalte, die nur einen einzigen Vertragsstaat betreffen, insbesondere für Drittstaatsangehörige, die ausschließlich Verbindungen zu einem Drittstaat und einem einzigen Vertragsstaat haben.

Außerdem berührt das Abkommen keine Rechte und Pflichten aus mit Drittstaaten ge­schlossenen Übereinkünften, wenn der Vertragsstaat Vertragspartei ist und Leistungen der sozialen Sicherheit vorgesehen sind.

Da es auch im Ausschuss keine Wortmeldungen dagegen gegeben hat und alle Frak­tionen diesen Anträgen zustimmen, bedanke ich mich jetzt schon für Ihre Zustim­mung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Öllinger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.08.42

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin Frau Kollegin Oberhauser durchaus dankbar für die Erläuterungen, die sie zu Indien abgegeben hat. Es ist ja sehr interessant, dass wahrscheinlich in wenigen Jahren tendenziell mehr Österreicher in Indien arbeiten werden als umgekehrt Inder oder In­derinnen in Österreich. Das steht schon in einem gewissen Gegensatz zu den Prog­nosen, die vor zirka zehn Jahren, wenn ich mich recht erinnere, ein Herr Innenminister Strasser gemacht hat, um Verschärfungen im Fremdenrecht zu rechtfertigen. Er hat vor zehn Jahren davon gesprochen, dass sich hunderte Millionen von Chinesen und Indern in Richtung Österreich in Bewegung setzen werden. (Abg. Riepl: Jetzt hat er andere Sorgen, der Strasser!)

Das war ein Innenminister dieser Republik mit einem absurden Vergleich, mit einem absurden Bild. Und jetzt sind wir in einer Realität angekommen, in der eigentlich,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 92

glaube ich, von niemandem bestritten wird, dass der Austausch zwischen Österreich und Indien vermutlich für beide Seiten ein sehr fruchtbarer sein kann, und dass ten­denziell in Indien im Moment mehr Hightech angesiedelt ist, jedenfalls größenord­nungsmäßig. Es ist also für Österreicher, die gut ausgebildet sind, durchaus interes­sant, dort hinzugehen und dort zu arbeiten, im Gegensatz zu dem, was der Herr Ex-Innenminister vor zehn Jahren mit einem ziemlich grausamen Bild für Österreich be­fürchtet hat. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

13.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.10.34

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Auch wir begrüßen das Sozialabkommen mit Indien. Ich habe mich selbst in Indien davon überzeugen können, wie viele Österreicherinnen und Österreicher dort tätig sind. Ganz Südostasien ist ein aufstrebender Markt, es werden das also einige Länder sein, mit denen wir Sozialabkommen treffen werden. Es geht dabei um die Ver­meidung von Doppelversicherungen, es geht darum, dass die Leute aus Österreich, die dort beschäftigt sind, auch einen Pensionsanspruch haben. Die rechtliche Grundla­ge in Indien ist jene, dass man, wenn man in Indien beschäftigt war und nach Öster­reich zurückkommt, dort also keinen Wohnsitz mehr hat und die Pension nur über eine Bankverbindung in Indien ausbezahlt bekommt, auf diese Bankverbindung in Indien keinen Zugriff hat, wenn man nicht vor Ort einem Wohnsitz hat. Das ist einmal die grundlegende Sache.

Wir haben vor Jahren mit Japan ein Sozialabkommen getroffen, das in diesem Bereich ebenfalls wichtig war. Das jetzige Abkommen mit Indien kann ich nur begrüßen, weil viele, viele Österreicher und Firmen, die dort tätig sind – wovon ich mich selbst über­zeugen konnte –, davon profitieren werden. (Beifall beim BZÖ.)

13.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger zu Wort gemeldet. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.12.51

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Seit 50 Jahren werden die internatio­nalen Beziehungen Österreichs auf dem Gebiet der Sozialversicherungen ständig aus­gebaut, und das ist auch gut so. In diesem Abkommen geht es um Indien. Indien ist ein besonders wichtiger Handelspartner für Österreich, vor allem aber auch eine der größ­ten aufstrebenden Volkswirtschaften.

Es sind bereits mehr als 120 österreichische Firmen in Indien tätig, es sind rund 5 200 Österreicher in Indien tätig. Im Gegenzug sind es gut rund 3 000 indische Staats­bürger, die einen legalen Aufenthaltstitel in Österreich haben. Im Großen und Ganzen geht es in diesem Abkommen um die Gleichbehandlung der Staatsangehörigkeiten, um die Gewährleistung von Leistungen aus den Pensionsversicherungen, vor allem aber auch um die Vermeidung von Doppelversicherungen. Deshalb ist diese Novelle auf jeden Fall zu begrüßen. (Beifall beim Team Stronach.)

13.13

13.13.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 93

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertra­ges: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über soziale Sicherheit, in 2138 der Beilagen gemäß Artikel 50 Absatz 1 Ziffer 1 Bun­des-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertra­ges: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vorbereitenden Kommis­sion für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearver­suchen über soziale Sicherheit, in 2139 der Beilagen gemäß Artikel 50 Absatz 1 Zif­fer 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des gegenständlichen Staats­vertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Indien über soziale Sicherheit, in 2159 der Beilagen gemäß Artikel 50 Absatz 1 Ziffer 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

13.15.1315. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2232/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Untersa­gung des Gebietsschutzes im Bereich der mobilen Pflege in Oberösterreich und der Steiermark (2232 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Vock. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.15.45

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wie ein Bericht der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt – BAG – aufzeigt, ist die mobile Pflege in Oberösterreich und der Steiermark aufgrund des Gebietsschutzes mit Abstand am teuersten.

In Vorarlberg bezahlt man 16 € pro Stunde, in Salzburg 17 € pro Stunde, in Wien 25 € pro Stunde. Überall ist die mobile Pflege günstiger, nur in Oberösterreich zahlen die Bedürftigen 29 € pro Stunde und in der Steiermark 30 € pro Stunde, also 5 bis 13 € pro Stunde mehr.

Nun weiß man, Konkurrenz belebt den Markt und dient meist dazu, die Kosten für den Konsumenten zu senken.

Herr Minister, wenn ich mir dann ansehe, dass durch die Erhöhung des Zuganges beim Pflegegeld die Förderung bei der Pflegestufe 1 maximal 2,57 € pro Stunde be-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 94

trägt, bei der Pflegestufe 2 maximal 3,34 € pro Stunde und bei der Pflegestufe 3 maxi­mal 3,69 € pro Stunde, dann erkennt man, was diese Differenz von 5 bis 13 € für den Bedürftigen bedeutet.

Herr Minister, finden Sie es wirklich sozial gerecht, wenn pflegebedürftige Menschen in Oberösterreich und der Steiermark aufgrund des Gebietsschutzes mehr bezahlen sol­len? Wenn nicht, dann sorgen Sie dafür, dass der Gebietsschutz aufgehoben wird, da­mit auch in Oberösterreich und der Steiermark die mobile Pflege kostengünstiger und somit leistbarer wird! (Beifall bei der FPÖ.)

13.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lapp. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.17.21

Abgeordnete Mag. Christine Lapp, MA (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Der Kollege Vorredner war anscheinend nicht im Sozialausschuss, als wir das Thema behandelt haben. (Abg. Dr. Jarolim: Da war er aber nicht der Einzige aus der Gruppe!) Vor allem aber ist er nicht in diesem Themenbereich tätig, denn das zahlen nicht die Menschen selbst, wie Sie das hier darlegen, sondern das sind die Kosten, die die Länder haben. (Abg. Kitzmüller: Und woher nehmen die Länder das Geld?) Hier gibt es Unterschiede, wie die soziale Staffelung bei den betroffenen Menschen erfolgt.

Wir haben heute schon in der Fragestunde sehr intensiv über die Weiterentwicklung im Pflege- und Betreuungsbereich in Österreich gesprochen. Da ist es Minister Hunds­torfer in sehr vielen Arbeitsgruppen, mit sehr vielen Initiativen gelungen, auf der einen Seite den Pflegefonds einzurichten, diesen mit mehreren hundert Millionen Euro zu do­tieren und auf die Bundesländer aufzuteilen.

Wie heute bereits dargestellt wurde, geht es im nächsten Schritt um die Vereinheit­lichung der Standards, der Qualität in sämtlichen Bundesländern, denn Fragen der Pflege und der Betreuung werden in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich ge­handhabt. Da wollen wir schauen, dass es im gesamten Bundesgebiet einheitliche Re­geln und Standards, und vor allem auch die gleiche Qualität gibt, denn es darf keinen Unterschied machen, ob man am Bodensee Betreuung bekommt, oder am Neusiedler See.

Auch die Steuerung des Angebotes ist heute schon angesprochen worden. Das heißt, eine sehr gute Verzahnung und die Schaffung von synergetischen Maßnahmen sollen dazu führen, dass das Geld, das zur Verfügung steht, für die Menschen, die Pflege und Betreuung brauchen, optimal angeboten wird.

Werte Kolleginnen und Kollegen von den Freiheitlichen! Die Unterstellung, dass Orga­nisationen aufgrund von politischen Punzierungen einen unterschiedlichen Gebiets­schutz haben oder sich Monopole einrichten, müssen wir auf das Schärfste zurück­weisen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das ist keine Unterstellung, das ist eine Tatsache!)

Die Organisationen teilen sich den Markt nicht auf, sondern Einsätze und Zuschläge werden von den Ländern und Gemeinde gesteuert, und nicht von den Organisationen. (Abg. Vock: Dann schaffen wir sie doch ab!) Was Sie behaupten, ist eine große De­savouierung der zahlreichen Beschäftigten, die in diesen Bereichen tätig sind, die je­den Tag bei älteren Menschen vor Ort für Pflege und Betreuung sorgen, unter einem sehr großen Leistungsdruck, einem sehr großen Druck stehen, sodass die finanzielle Dotierung immer ein bisschen nachhinkt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Werte Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, versuchen Sie einmal, ein bisschen sachlicher zu werden und die Dinge für die Menschen zu verändern! Hetzen Sie nicht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 95

Menschen gegeneinander auf! Vor allem Organisationen, die wichtige Arbeit leisten, hier zu desavouieren, das finde ich nicht richtig. (Beifall bei der SPÖ.)

13.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Ab­geordnete Haubner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.20.00

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zur Klarstellung: Mir geht es überhaupt nicht darum, Men­schen gegeneinander aufzuhetzen oder irgendwelche Organisationen gegeneinander auszuspielen. Trotzdem unterstützen wir vom BZÖ diesen Antrag, denn ich sage Ihnen ganz ehrlich, dieser Antrag, auch wenn er vielleicht etwas anders formuliert hätte sein können, zeigt ein großes Problem auf. Das gibt es nicht nur in der Steiermark oder in Oberösterreich.

Sie haben Oberösterreich und die Steiermark als Beispiel genommen und gezeigt, dass sich da die Organisationen die Gebiete aufteilen. Es ist so! In Oberösterreich ist es so und es kann zum Beispiel, was ich auch immer sehr kritisch sehe, ein privater Anbieter da gar nicht hinein, weil er natürlich in der Tarifgestaltung anders ist. Er muss mehr verlangen, weil er nicht die Mittel über den Sozialhilfeverband bekommt. Das ist ein unfairer Wettbewerb. Das ist nicht richtig.

Ich sage, wir sind alle praktisch denkende Menschen. Wir wissen ja, dass Österreich nach wie vor von oben bis unten nach dem Proporz aufgeteilt ist (Abg. Grosz: Stimmt! Rot-schwarz!), und das hat nichts mit der Qualität der Leistungen der einzelnen Or­ganisationen zu tun. Daher sage ich, es wird hier mit diesem Antrag ein Problem auf­gegriffen, das dringend gelöst werden muss, und zwar gelöst in dem Sinn, dass wir einheitliche Tarife in Österreich haben. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Herr Bundesminister, ich weiß schon, Sie können nicht den Gebietsschutz abschaffen. Das ist eh ganz klar. Pflege, mobile Pflege ist Ländersache, das wissen wir auch. Der Bund ist „nur“ – unter Anführungszeichen – für das Pflegegeld und den Pflegefonds verantwortlich. Aber wenn ich mir das anschaue, beim Pflegefondsgesetz haben Sie ja ganz klare Ziele definiert; da steht zum Beispiel: „Harmonisierung im Bereich Betreu­ungs- und Pflegedienstleistungen der Langzeitpflege“.

Herr Minister, Sie haben heute in der Fragestunde gesagt, Sie arbeiten daran oder Sie wollen das forcieren. Ich glaube, es ist einer der wichtigsten Punkte überhaupt in die­sem Pflegefondsgesetz, dass wir zu einheitlichen Tarifen kommen. Dann steht auch bei den Zielen: Verbesserung der Transparenz, Validität und Vergleichbarkeit von Pfle­gedienstleistungsdaten im Wege einer österreichweiten adäquaten Pflegedienstleis­tungsdatenbank und -statistik.

Meine Frage: Was ist mit dieser Pflegedienstleistungsdatenbank und -statistik? Gibt es die schon? Die ist ja schon einige Male angekündigt worden. Wenn ja, dann wäre es einmal interessant, über diese auch Informationen zu bekommen und darüber zu dis­kutieren.

Also ich würde sagen, verteufeln wir jetzt nicht alles und jammern. Den Gebietsschutz gibt es nicht. Es gibt ihn in einigen Bundesländern, in anderen Bundesländern ist es wieder anders. Die Tarife sind von Bundesland zu Bundesland verschieden, weil die öf­fentliche Hand, die Länder entsprechend mitzahlen. Bei uns in Oberösterreich ist es der Sozialhilfeverband, der in den einzelnen Regionen bestimmt, wie viel zugeschos­sen wird. Das zeigt in erster Linie, wie wichtig es ist, dass wir ein funktionierendes Ge­samtpflegekonzept haben, mit einheitlichen Tarifen, damit dieser Wildwuchs beendet wird. Aber wir dürfen auch nicht vergessen, wir brauchen dringend eine Wertanpas­sung des Pflegegeldes. (Beifall beim BZÖ.)

13.23



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 96

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Klikovits. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.23.55

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Dass das Thema Pflege ein sehr wichtiges und durchaus ein immer in Diskussion stehendes ist, zeigt ja schon die Diskussion, die heute den ganzen Tag über läuft, bei der Frage­stunde beginnend. Ich möchte versuchen, das Thema ein bisschen aus der Sicht von jemandem, der im System arbeitet, als Obmann des Burgenländischen Hilfswerks, als Betreiber von sechs Altenheimen, für die Bevölkerung zu beleuchten und zu zeigen, wo das eigentliche Problem liegt.

Dieses Problem liegt in den neun Ländergesetzgebungen und in einer zehnten Ge­setzgebung auf Bundesebene, liegt in den unterschiedlichen Förderungen, durch den Föderalismus in den Bundesländern bedingt, und es liegt in der unterschiedlichen Vorgehensweise bei Förderungen auf der einen Seite für die betroffenen Patienten, Klienten, Kunden, wie immer man sie auch nennen möge, und auf der anderen Seite für die Institutionen.

Bei uns im Burgenland zum Beispiel haben wir die niedrigste Förderung in der Haus­krankenpflege für den Kunden selbst durch das Land Burgenland. Es muss 50 Prozent an Selbstkostenanteil vom Betroffenen geleistet werden. In anderen Bundesländern, Wien zum Beispiel oder Oberösterreich, sind es 11 beziehungsweise 9 Prozent Selbst­kostenanteil, die zu leisten sind.

In Wien und in Oberösterreich und in anderen Bundesländern werden Organisationen teilweise gefördert. Bei uns im Burgenland werden die Organisationen überhaupt nicht gefördert, sondern ausschließlich der Kunde bekommt über die Förderung des Landes und die Sozialhilfe das Geld aus den öffentlichen Mitteln. Daher ist es natürlich sehr, sehr schwierig, weil hier tatsächlich Äpfel mit Birnen in der Diskussion vermengt wer­den.

Ich könnte Ihnen jetzt ein Beispiel nennen, das ich mir von meinen Mitarbeitern er­rechnen habe lassen: eine Kundin, weiblich, Pflegestufe 3, Pension 950 € netto, Be­treuung drei Mal pro Woche jeweils 45 Minuten von der Hauskrankenpflege und einmal pro Monat kommt eine diplomierte Krankenschwester. Das ist in der mobilen Haus­krankenpflege ein durchaus üblicher Verlauf.

Da sehen Sie die Unterschiede: Im Burgenland betragen diese Kosten 186,60 €, in Oberösterreich 75,90 € und in Wien 77,91 €. Die anderen liegen sozusagen plus/minus auf der Höhe. Wenn ich jetzt vom Durchschnitt Österreichs, das sind 100 Prozent, aus­gehe, dann zahlt man im Burgenland 163,93 Prozent, in Oberösterreich 66,68 Prozent und in Wien 68,44 Prozent.

Geschätzte Damen und Herren, dieses oft herangezogene Beispiel zeigt, wie unter­schiedlich die Gesetzgebung die einzelnen Bürger behandelt. Es zeigt einmal mehr, dass wir, glaube ich, auch mit dem Instrumentarium des Pflegefonds darüber nachden­ken müssen, wie wir hier ein bisschen mehr Gerechtigkeit schaffen können.

Ich weiß schon, dass Sie, Herr Bundesminister, dazu natürlich nicht alleine imstande sind, das durchzuführen, weil das in erster Linie Länderkompetenz ist. Es sollte uns aber schon gelingen, so wie wir es zumindest bei den Pflegestandards zustande ge­bracht haben, nämlich dass die Ausbildung für eine Heimhelferin jetzt endlich einmal im Burgenland und in Oberösterreich und in Wien gleich ist, weil es absurd ist, dass sie in Niederösterreich nicht das Gleiche tun darf aufgrund von unterschiedlichen Ausbil­dungen wie im Burgenland. Das ist jetzt weg. Wir haben diese Standards in der Ausbil­dung gleichgeschalten. Wir haben sie natürlich auch beim diplomierten Pflegepersonal.


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Wir sollten jetzt darangehen, diese Unterschiede möglichst zu verringern, wobei ich als Föderalist nach wie vor der Auffassung bin, dass der Gestaltungsspielraum der einzel­nen Bundesländer dadurch nicht im Besonderen eingeschränkt werden kann, weil auch hier, glaube ich, unterschiedlichste Sozialleistungen in den einzelnen Ländern gegeben bleiben müssen.

Wir werden diesem Antrag des Kollegen Hofer daher auch nicht die Zustimmung ge­ben können, weil er einfach nicht richtig ist, denn er geht sachlich von einer völlig an­deren Voraussetzung aus. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

13.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Hundstorfer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.28.53

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich probiere es bitte noch einmal und ich kann die Damen und Herren der Freiheitlichen Partei nur bitten und ersuchen, sich wirklich anzuschauen, was der leider heute nicht hier anwesende – ich hoffe, es geht ihm bald wieder besser – Ing. Hofer versucht hat, aufzuzeigen, und in Wirklichkeit nicht ganz alles übernommen hat, was in dem Zeitungsartikel drinsteht.

Das sind nämlich die Nettoausgaben der Länder. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, was die Menschen zahlen. Der Herr Abgeordnete Klikovits hat Ihnen das jetzt vor­gerechnet. Das sind die Nettoausgaben der Länder. Das steht in der Studie, die in der Zeitung zitiert wurde, drinnen. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, was die Tarife sind, was der Anbieter verrechnet. Das hat damit alles nichts zu tun.

Es gibt sehr unterschiedliche Nettoausgaben, eklatantestes Beispiel ist der Pflege­heimsektor. Das habe ich Ihnen schon das letzte Mal erklärt: Wien hat beschlossen, in jedem Pflegeheim, welches von der Stadt geführt wird, soll rund um die Uhr ein Me­diziner anwesend sein. Und in dem Augenblick rasselt man mit den Kosten hinauf. Das ist eben so. Dann kommen auch diese Kostendifferenzen heraus, weil man gesell­schaftspolitisch diesen Beschluss gefasst hat.

Das Gleiche ist auch in Vorarlberg. Dort verrechnet man gewisse Dinge nicht über die Sozialhilfe, was noch lange nicht heißt, dass Vorarlberg nicht die gleichen Kostenbe­lastungen hat wie die Steiermark. Die verrechnen nur aus einer anderen Logik heraus gewisse Dinge anders.

Wenn Sie zum Beispiel nach Vorarlberg fahren und in ein neu errichtetes Geriatrie­zentrum gehen, dann werden Sie draufkommen, dass da überall der Gemeindekinder­garten drinnen ist. In dem Augenblick hat man eine andere Kostentangente bei den Be­triebskosten und in dem Augenblick hat man eine andere Kostentangente bei den Ge­samtkosten. Die machen das dort eben explizit.

Zwischenzeitlich zieht halb Österreich nach. Jeder, der ein neues Geriatriezentrum baut, baut den Kindergarten in der Regel jetzt auch schon bald mit, aus vielen Grün­den, aus tollen Gründen, aus super Gründen. Natürlich ist die Kostenberechnung da­durch gleich eine ganz andere. Das ist ja völlig klar. – Das war Punkt eins.

Punkt zwei: Natürlich gibt es in einigen Bundesländern eine gewisse Gebietsaufteilung für Trägerorganisationen. In Oberösterreich sind es 13. Sie wissen das, (in Richtung der Abg. Ursula Haubner) Frau ehemalige Landesrätin. Ja warum? Was ist denn so schlecht daran, wenn wir uns bemühen, den betriebswirtschaftlich optimalen Einsatz im Interesse von allen, im Interesse der Kundinnen und Kunden und im Interesse des Landes zu verfolgen? Die Differenz zahlt man dann über die Sozialhilfe. Was ist da so schlecht dran?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 98

In Wirklichkeit geht es doch schlichtweg darum, dass die Qualität passt, das Angebot immer verfügbar ist, wenn die Menschen es brauchen, und dass die Qualität per­manent überprüft wird, man aber nicht ein Auge zudrückt, weil die vielleicht irgendwie befreundet sind. Es lässt sich zum Beispiel in der Steiermark die Caritas nicht unter­stellen, dass da irgendetwas ist.

Worum es mir wirklich geht: Denken Sie doch einmal, gerade Sie, Herr Abgeordneter Vock, der vom Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender kommt, auch betriebswirt­schaftlich! Wir haben doch heute schon das Problem, dass viele derer, die in der mo­bilen Hauskrankenpflege tätig sind, deshalb keine 40-Stunden-Verträge haben, weil wir nicht so viele Kundinnen und Kunden in den Regionen und in Gebietsteilen haben, und wir mit Müh und Not 20 oder 25-Stunden-Verträge zusammenbringen, damit einerseits jene, die dort in der Region leben, ihre optimale Versorgung haben und jene, die die Versorgung leisten, auch einigermaßen einen Dienstvertrag haben. Das ist ja der Hin­tergrund, warum man sagt: Bitte schauen wir, wie das geht!

Übrigens: Der oberösterreichische Landesrechnungshof hat erst unlängst wieder ein­mal geprüft: Es ist alles in Ordnung. Mir geht es wirklich darum: Denken Sie doch bitte einmal um eine Spur betriebswirtschaftlicher im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler!

Denken Sie einmal in die Richtung! Und dann werden Sie draufkommen, dass eine ge­wisse Gebietseinteilung auch ihre Vorteile hat, denn wo  (Abg. Vock: Das hängt aber immer von den Kosten ab!) – Nein, Sie reden schon wieder von etwas Falschem! Was heißt dann die Kosten? Ich weiß nicht, ich glaube, Sie haben wirklich keine Ahnung. Ich lade Sie ein: Gehen Sie nach Wien! In Wien gibt es eine sehr FPÖ-nahe Firma oder GesmbH, die auch mobile Dienstleistungen anbietet. Schauen Sie sich dort bitte die Kostenkalkulation an und dann vergleichen Sie sie mit der Volkshilfe und der Cari­tas (Zwischenruf des Abg. Grosz) und wie sie alle heißen mögen! Dann werden Sie draufkommen, alle haben die gleiche Kostenkalkulation und alle haben das gleiche Problem, nämlich betriebswirtschaftlich optimal zu arbeiten.

Gerade die Betreiber von diesen Kleinen Sozialen Netzen haben sich in Wien auch be­müht, haben einen Teil dessen zu betreuen und sie haben die gleichen betriebswirt­schaftlichen Probleme, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ordnungsgemäß anzustellen – was sie auch tun, damit wir uns ja nicht missverstehen – in einem gewissen Stunden­ausmaß. Das ist ja alles nicht Jux und Tollerei, sondern das hat seine Hintergründe. Darum kann ich Sie nur einladen, sich einmal hinzusetzen und sich das anzuschauen. Kalkulieren Sie das mit, dann vergleichen Sie es und dann sagen Sie hier noch einmal, es sei zu teuer. – Ich danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


13.35.27

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Kritik kommt ja nicht, wie Sie meinen, von unwissenden Abgeordneten, son­dern die Kritik wurde ja auch am 20. Dezember 2012 in der Tageszeitung „Die Presse“ auf Seite 1 medial publiziert:

„Dabei offenbart der Bericht einen bürokratischen Wildwuchs auf dem Gebiet der Pfle­geheime und Hauskrankenpflege, wie er schlimmer nicht sein könnte. Misswirtschaft, aufgeblasene Verwaltung und politische Einflussnahme sind an der Tagesordnung und führen zu Intransparenz und überbordenden Kosten.“

Weiters: „() oft fressen die Kosten der Pflege das gesamte Vermögen auf.“ „Auf der Strecke bleiben oft jene Menschen, die der Pflege bedürfen.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 99

Das ist eine massive Kritik am derzeitigen System, die durch diesen Antrag und die Unterstützung des BZÖ nur manifestiert wird und eigentlich dazu führen sollte, dass die Regierungspolitik in diesem Bereich sensibilisiert wird.

Ich komme aus dem Bundesland Steiermark, Herr Minister, und Sie wissen, dass wir in der Steiermark ein Riesenproblem haben. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Da werden die Kosten der Pflegeheime durch die zuständige Landesrätin Edlinger-Ploder von der Österreichischen Volkspartei nicht abgegolten. Allein in den letzten drei Jahren sind die Personalkosten im Pflegeheimbereich, Herr Sozialminister, um 3 Prozent gestie­gen. Die Energiekosten sind in den letzten drei Jahren um 30 Prozent gestiegen, die Lebensmittelpreise sind gestiegen.

Immer mehr Kosten werden auf die privaten Träger der Pflegeheime abgewälzt und eine Abgeltung ihrer Kosten wird seit drei Jahren durch die zuständige Landesrätin verhindert. Und dann wundert man sich, warum man im Pflegeheimsektor in der Stei­ermark mittlerweile ein Insolvenzchaos hat, und dass immer mehr Betriebe, immer mehr private Pflegeanbieter in Konkurs gehen oder auf der Strecke bleiben sowie jene, die sie eigentlich in ihren Institutionen optimal zu betreuen hätten. Da wird die Qualität über kurz oder lang untergraben.

Wir wollen eine qualitativ hochwertige Pflege, höchstwertig, und sie soll auch andau­ernd kontrolliert werden, im öffentlichen Bereich wie auch im Bereich der privaten An­bieter. Aber wenn wir diese optimale qualitative Versorgung im Pflegebereich endlich wollen, dann müssen wir uns auch dazu durchringen, dass wir jenen, die in dem Be­reich die Anbieter sind, die Kosten abgelten, sehr geehrte Damen und Herren, sehr ge­ehrter Herr Sozialminister.

Da fordere ich Sie schon auf, dass Sie auch Ihren Einfluss geltend machen, damit in Zukunft solche Problematiken wie in der Steiermark einfach nicht entstehen. Da wer­den die Pflegeheimbetreiber wirtschaftlich an die Wand gefahren, und Sie wissen das. Ich ersuche Sie, dass Sie mit der zuständigen Landesrätin Edlinger-Ploder darüber re­den, dass das, was der Bund bestellt, das, was die Länder bestellen, auch bezahlt wer­den muss, und dass die Länder nicht Zechpreller gegenüber den Heimbetreibern in Österreich sind. (Beifall beim BZÖ.)

Verfassungsrechtlich ist garantiert, sehr geehrter Herr Bundesminister – Sie wissen es auch –, dass der Bund, dass die Republik Österreich die Daseinsvorsorge älterer Men­schen zu übernehmen hat. Und selbstverständlich auch: In dem Bereich sind die Län­der die Besteller und die müssten gleichzeitig auch der Zahler sein. Es kann nicht so sein, dass wir die Kosten, die natürlich entstehen – ich habe sie genannt: Lebensmit­telkosten, Personalkosten, die Inflation, Energiekosten –, auf die Pflegeheimbetreiber abwälzen, sondern dass wir das optimal abgelten, wiewohl unsere Forderung auch ist, dass wir endlich einmal diesen Wildwuchs dieser einzelnen Länderbereiche abstellen und endlich eine bundeseinheitliche Regelung finden, quer durch alle Bundesländer.

Dieser „Presse“-Bericht offenbart ja relativ Suboptimales: „4117 Euro kostet den Steu­erzahler ein Pflegeheimplatz in Wien pro Monat. Für dieselbe Leistung bezahlt die öf­fentliche Hand in Salzburg 923 Euro, in Tirol 1076 Euro und im bundesweiten Schnitt 1926 Euro.“

Ich gehe jetzt nicht davon aus, dass in Salzburg die Pflege um 923 € schlechter wäre als die Pflege in Wien. Ich gehe davon aus, dass die zu betreuenden Klienten der ein­zelnen Pflegeorganisationen in Salzburg genauso optimal betreut werden wie in Wien. Aber diese Kostenunterschiede müssen eben endlich getilgt werden. Da setzen wir auch unsere Hoffnung in Sie, Herr Bundesminister, denn ich gehe davon aus, dass Sie dieser Logik ja folgen können und es auch unterstützen, dass wir endlich zu einem ein­heitlichen System kommen. (Beifall beim BZÖ.)

13.39



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 100

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öl­linger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.40.05

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Kollege Grosz, Sie haben es mit Ihrem Bei­trag, der im Wesentlichen die Pflegeheimsituation in der Steiermark behandelt, jetzt endgültig geschafft, das Thema dorthin zu bringen, wo es eigentlich mit dem Antrag nichts mehr zu tun hat.

Der Punkt ist doch der: Wir diskutieren über einen Antrag der Freiheitlichen, in dem die Freiheitlichen sagen, im Bereich der mobilen Pflege, und da geht es nicht um Pfle­geheime (Abg. Grosz: Aber er gibt mir Anlass, über alle Probleme zu diskutieren!), im Bereich der mobilen Pflege kann die Situation nur verbessert werden, wenn der Ge­bietsschutz aufgehoben wird (Abg. Grosz: Glauben Sie, ich werde Sie fragen, was ich sagen werde?) und Konkurrenz zwischen den Organisationen hergestellt wird. (Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Sie können sich ohnehin noch einmal melden, aber es war völlig deplatziert. Es war völlig deplatziert! Ich meine, ich kann immer etwas zu irgendetwas sagen, aber ich schaffe es nicht, in diesem Punkt, wo zumindest einige der Vorredner, inklusive des Mi­nisters, versucht haben, argumentativ, sachlich auf den Antrag einzugehen, mehr Klar­heit zu schaffen. Das haben Sie mit Sicherheit zerstört! (Abg. Grosz: Haltungsnote: nicht genügend! Danke!)

Wir reden von der mobilen Pflege und vom Gebietsschutz bei diesem Antrag. Es ist durchaus legitim, auch über Pflegeheime zu reden, aber bitte in einem Zusammenhang mit dem Thema. Sie können nicht Forderungen verknüpfen, die auf den Antrag der Freiheitlichen rekurrieren – das haben Sie gemacht –, die aber mit dem überhaupt nichts zu tun haben, denn die Konkurrenz im Bereich der Pflegeheime werden Sie wohl auch nicht wollen, oder?

Oder wollen Sie Konkurrenz im Bereich Pflegeheime? Dass man sozusagen in  (Abg. Ursula Haubner: Ich dachte, wir reden nicht über Pflegeheime!) – Wir reden nicht von Pflegeheimen, Frau Kollegin Haubner. (Abg. Grosz: Jedes zweite Wort ist „Pflegeheim“! – Abg. Ursula Haubner: Bis jetzt haben Sie nur von Pflegeheimen ge­redet!)

Wir reden von dem Antrag der Freiheitlichen über den Gebietsschutz. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Grosz.) – Es hören ja einige andere zu, Herr Kollege Grosz, es gibt ja auch ein Publikum (anhaltende Zwischenrufe des Abg. Grosz), und auch dieses fragt sich, was Ihre Einwürfe mit dem Thema zu tun haben. Und sie haben überhaupt nichts damit zu tun, um das noch einmal klarzustellen. (Abg. Grosz: Glauben Sie, ich frage bei Ihnen nach, was ich sagen werde?)

Zum Thema Gebietsschutz  (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grosz.) – Geh, hal­ten Sie doch einmal den Mund! (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei den Grünen. – Zwi­schenrufe beim BZÖ.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Öllinger, für diese direkte Anspra­che – das ist nicht der Würde entsprechend – erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. – Bitte, setzen Sie fort. (Anhaltende Zwischenrufe beim BZÖ.)

*****

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Dann erteilen Sie mir gleich einen zweiten Ordnungsruf dafür, dass ich durchaus der Meinung bin, dass Sie als vorsitzführender


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 101

Präsident die Aufgabe haben, jemanden, der dauernd, ohne Unterbrechung dazwi­schenredet, zurechtzuweisen. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP. – Abg. Scheibner: Lassen Sie Ihren Frust über die grüne Fraktion nicht bei uns aus!)

Ich habe nichts gegen Zwischenrufe, aber wenn jemand pausenlos dazwischenredet und nicht aufhört und auch nicht eingeht auf das, was gesagt wurde, sondern einfach nur glaubt, er ist gut, weil er irgendwie den Mund offen hat, dann ist es zu viel, finde ich. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Jetzt zum eigentlichen Thema – wir haben versucht, das auch im Ausschuss zu dis­kutieren –, nämlich zum Gebietsschutz. Ich teile nicht die Meinung der Kollegin Lapp, dass man nicht darüber diskutieren soll und darf, dass es im Bereich der Pflegediens­te – beziehungsweise allgemeiner: der Hilfsdienste – auch politische Organisationen gibt, dass man das nicht kritisch hinterfragen darf. Natürlich soll man es kritisch hin­terfragen können. Nur, in welcher Relation steht das zu dem Thema?

Wir sind uns wahrscheinlich darin einig, unabhängig davon, ob es sich um die Volks­hilfe, um das Hilfswerk, um die Diakonie oder die Caritas handelt, dass das nicht Or­ganisationen sind, die in erster Linie die Politik einer Partei machen und die zweitens sicher nicht die Cashcow jeweiliger Parteien oder sonstiger Interessenverbände sind.

Was in diesem Bereich an Arbeit geleistet wird, ist eine Arbeit, die teilweise mit knappsten Kosten kalkulieren muss, die mit viel ehrenamtlicher Arbeit verbunden ist, die es Gott sei Dank in diesem Bereich auch noch gibt, die es gerade deswegen gibt, weil die Leute entweder religiös, politisch oder sonst wie motiviert sind, für ihre Organi­sation einzustehen. Man kann sich kritisch damit auseinandersetzen, aber es ist ein Faktum, dass es so ist.

Jetzt komme ich zum Thema Gebietsschutz, zu einem Anliegen, das Sie hoffentlich ha­ben und mit uns teilen, dass es einheitliche Qualitätsstandards in Österreich gibt, dass es eine optimale Versorgung der Pflegebedürftigen im Bereich mobiler Dienste gibt. Einer optimalen Versorgung ist damit nicht gedient, wenn ich den Gebietsschutz, den es in einigen Regionen eingestanden gibt, in einigen Regionen uneingestanden gibt, aufheben würde.

Warum? – Derzeit ist die Situation so, dass vor allem im ländlichen Bereich, Gott sei Dank, eine Organisation relativ umfassend die Dienstleistungen anbietet. Würde ich die einzelnen Dienstleistungen auf verschiedene Träger aufteilen oder sie für verschiedene Träger ermöglichen, dann hätte ich unter Umständen das Problem, dass ein Kunde, ein Konsument, der ausschließlich nach seinen individuellen Kosten kalkuliert, drei oder vier verschiedene Dienstleister beanspruchen müsste – auch deswegen, weil eine Organisation beispielsweise bestimmte Dienstleistungen gar nicht anbietet.

Das wollen wir aber eigentlich nicht, und vor allem gerade auf dem Land nicht. In der Stadt ist das alles wesentlich einfacher und wesentlich besser zu organisieren, weil ich aus einem größeren Angebot auswählen kann. Aber auf dem Land – ich komme auch vom Land – habe ich das Problem, dass die betroffenen Pflegekräfte oder Dienstleister oft 20, 30, 40 Kilometer Fahrtaufwand haben, um dann eine Arbeitsstunde oder zwei Arbeitsstunden vor Ort zu organisieren.

Jetzt stellen Sie sich vor, was das kosten würde, wenn ich, um Ihrem Anspruch gerecht zu werden, sagen muss, jeder, der als Dienstleister tätig werden kann, soll zunächst einmal vom Staat – in dem Fall vom Land – mit den entsprechenden Subventionen ausgestattet werden, um hier tätig werden zu können! – Der Aufwand würde sich po­tenzieren, das wissen Sie.

Sehr nützlich war die Darstellung des Kollegen Klikovits. Aus dieser ist hervorgegan­gen – wenn Sie aufgepasst haben –, dass die Kosten für den Betroffenen (Abg. Grosz:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 102

Redezeit!) in Bundesländern wie dem Burgenland, die keinen Gebietsschutz haben, wesentlich höher sind als etwa in einem Bundesland wie Oberösterreich. (Abg. Grosz: Redezeit!)

Herr Kollege Grosz, können Sie sich ein bisschen zurückhalten?! Geht das?! Sie kön­nen dann ohnehin wieder weiterreden. (Beifall bei den Grünen.)

13.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Sie wissen, Herr Kollege Grosz, dass das eine frei­willige Redezeitbeschränkung ist, und es gibt eine Geschäftsordnung, der zufolge man 20 Minuten reden kann. Es gibt auch eine Usance im Haus, dass man Zwischenrufe nur vom eigenen Sitzplatz aus macht. Ihre Fraktion wird schon gewusst haben, warum sie Sie in die vierte Reihe gesetzt hat. (Allgemeine Heiterkeit.)

Wenn Sie weiter von der zweiten Reihe permanent Zwischenrufe machen, unterstelle ich Ihnen, dass Sie die Sitzung stören wollen. Zwischenrufe also bitte von dort machen, so wie es vereinbart ist, wo man auch sitzt. (Abg. Scheibner: Das werden Sie aber hoffentlich in Zukunft bei allen so anwenden!)

Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist Herr Abgeordneter Markowitz zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.48.47

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Herr Präsident! Werte Bundesregie­rung! Hohes Haus! Ich versuche, wieder zurück zum Thema zu kommen, zur mobilen Pflege.

Prinzipiell ist anzumerken, dass wir natürlich dafür stehen, dass die Gesundheitsver­sorgung in ganz Österreich geleistet werden muss, dass alles in Ordnung sein muss und dass dies auch so geht, dass die Wettbewerbsfähigkeit angekurbelt werden muss, das ist ganz klar; aber es darf nie auf Kosten der Bürger gehen und nie auf Kosten der zu Pflegenden.

Ein wichtiger Punkt bezüglich der mobilen Pflege ist sicher, dass es im ländlichen Raum schwierig ist, sie durchzusetzen und durchzuführen, weil es einfach nicht leistbar ist; das muss man sagen. Das haben wir alles schon gehört, in den Städten ist das si­cher einfacher zu handeln.

Was man hier zu steigern versucht, ist natürlich die Wettbewerbsfähigkeit. Das sehe ich ein, da gebe ich Ihnen prinzipiell recht. Dort, wo viel Wettbewerb ist, gehen die Prei­se nach unten, und das soll prinzipiell so sein. Das ist gut.

Dass Kollege Grosz vorhin die Pflege angesprochen hat, kann ich verstehen. Es ist prinzipiell zu begrüßen, dass es – wie etwa beim Kollegen Fischl in der Steiermark – verschiedene Betriebe gibt, die Pflege ausüben. Es gibt auch gute Qualitätsstandards, die das immer wieder zeigen.

Im mobilen Bereich allerdings ist die Kostenfrage das Problem, und es ist einfach nicht leistbar, wenn in abgelegenen Gebieten mehrere Anbieter die Grundversorgung ma­chen. Ich glaube, das wird sich niemand leisten können, und mit großen Zuschüssen vom Bund wird das auch nicht machbar sein.

Ich denke, das ist das Hauptproblem, warum der Antrag auf lange Sicht einfach keine Zustimmung finden wird. Obwohl wir prinzipiell dafür stehen, dass es einen guten Wett­bewerb geben muss, kann man diesen Antrag nur ablehnen. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

13.50

13.50.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 103

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2232 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

13.51.2816. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (2131 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 geändert wird (DSG-No­velle 2013) (2245 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung. Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. 6 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


13.51.54

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Novelle zum Datenschutzgesetz ist die Folge einer Entscheidung auf europäischer Ebene. Der Europäische Gerichtshof hat kritisiert, dass der Datenschutzkommission in Österreich die notwendige Unabhängigkeit fehlt. Es steht außer Frage, wenn es ein Urteil des EuGH gibt, dass das in Österreich umzu­setzen ist.

Trotzdem bin ich als Kontraredner gemeldet, weil die Art und Weise, wie dieses Urteil umgesetzt wird, mangelhaft ist, weil es mit der österreichischen Bundesverfassung kollidiert. Es ist nämlich so, dass dieses Gesetz vorsieht, dass das Unterrichtungsrecht des Bundeskanzleramts gegenüber der Datenschutzkommission unterbrochen sein soll.

Das Problem aber ist, dass Artikel 20 der österreichischen Bundesverfassung etwas ganz anderes sagt, nämlich dass bei weisungsfreien Behörden – und das ist die Daten­schutzkommission – zumindest das Recht bestehen soll, „sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung der weisungsfreien Organe zu unterrichten“. – Alle Gegenstände sind alle Gegenstände und nicht bloß ein Teil. Insofern ist die vorgeschlagene Lösung, nämlich das Unterrichtungsrecht im Sinne der Richtlinie einzuschränken, schlichtweg verfassungswidrig, und für verfassungswidrige Gesetze stehen wir grundsätzlich nicht zur Verfügung. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt zwei grundsätzliche Möglichkeiten: Die eine hat der Herr Staatssekretär durch­aus ehrenhaft im Ausschuss versucht, nämlich eine kreative Interpretation der Verfas­sung. Er sagt nämlich: Ja, es steht zwar „alle Gegenstände“ drin, aber die österreichi­sche Bundesverfassung kann damit ja nicht meinen, dass davon auch europarechts­widrige Gegenstände umfasst sein können. – Das ist kreativ, reicht uns aber nicht.

Es hätte eine zweite Möglichkeit gegeben, man hätte sagen können: Hier kollidieren Europarecht und Verfassungsrecht, also müssen wir es mit einer verfassungsrechtli­chen Bestimmung verfassungsrechtlich konform regeln. Das heißt, wir müssen in Be­zug auf die Datenschutzkommission eine Verfassungsbestimmung beschließen, die das Unterrichtungsrecht neu regelt, anders als bei anderen weisungsfreien Behörden.

Diesen Weg geht man nicht. Warum geht man ihn nicht? – Ich kann es nur mutmaßen: Wenn eine Zweidrittelmehrheit hier im Haus auf der Tagesordnung steht, dann braucht man die Opposition, und wenn man die Opposition für eine Zweidrittelmehrheit braucht, dann wird verhandelt; und offensichtlich wollte man nicht verhandeln.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 104

Ich glaube, es hat einen guten Grund, warum man bei dieser Sache nicht verhandeln wollte: nicht, weil wir nicht bereit wären, grundsätzlich in dieser Frage bei einer Zwei­drittelmehrheit mitzustimmen, sondern aus einem ganz anderen Grund. Wenn man über die Datenschutzkommission redet, dann wird man bei Verhandlungen unweiger­lich beim Hauptproblem der Datenschutzkommission landen. Das Hauptproblem der Datenschutzkommission ist die mangelnde Ressourcenausstattung, und an diesem Missstand – und das ist das Hauptproblem im gesamten österreichischen Daten­schutz – kann oder will man nichts ändern.

Ich bin nicht allein mit der Analyse. Dass die Opposition sagt, da und dort gibt es Miss­stände, das liegt in der Natur der Sache, das ist unsere Aufgabe. Ich will aber den Ab­geordneten Maier zitieren, der durchaus als Datenschutzrechtler einen Ruf hat, wenn auch sein Abstimmungsverhalten nicht immer mit dem Ruf hat mithalten können. In der Sache sagt er mitunter aber durchaus, was Sache ist, auch wenn da die Schwierigkei­ten entstehen – sei es so.

Ich zitiere aus einem Artikel:

„Zur ‚Datenschutzkommission neu‘,“ – also genau das, was wir heute diskutieren – „welche durch ein EuGH-Urteil erzwungen worden war, merkte Maier an, dass man mit den bestehenden Ressourcen kaum das Auslangen finden werde. So müsse sicher­gestellt werden, dass auch genügend Personal zur Verfügung steht – vor allem Tech­niker seien gefragt, da die Kommission künftig auch Kontrollen vor Ort vornehmen werde.“

Er hat es auf den Punkt gebracht: Ohne die Lösung des Ressourcenproblems bei der Datenschutzkommission wird der österreichische Datenschutz nicht funktionieren. – Und das hätten wir bei den Verhandlungen zu einer Zweidrittelmehrheit thematisiert – ich vermute, auch andere Parteien –, deswegen hat man diese etwas wankelmütige und nicht sehr verfassungskonforme Auslegung gewählt.

Zusätzlich sorgt diese Bestimmung auch nicht gerade für Rechtssicherheit, denn die kreative Bestimmung sagt nichts anderes, als dass das Unterrichtungsrecht besteht, aber eben nur so weit, soweit es nicht der völligen Unabhängigkeit im Sinne der Richt­linie widerspricht. Also es wird gesagt, das Unterrichtungsrecht tastet man nicht an, au­ßer die Richtlinie sagt, da soll man völlig unabhängig sein.

Das heißt, jetzt wissen wir nicht viel mehr als vorher, denn wann muss die Daten­schutzkommission jetzt völlig unabhängig sein – oder nicht?

Aber ich versuche jetzt etwas, Herr Minister. Ich stelle Ihnen eine Frage, und Sie sagen mir dann, ob so eine Auskunft zukünftig noch zulässig ist im Sinne des Unterrichtungs­rechts, das eingeschränkt weiter besteht.

Im Zuge der Vorratsdatenspeicherung hat die Datenschutzkommission die Aufgabe, die speicherungspflichtigen Provider zu prüfen. Wenn wir jetzt wissen wollen, ob die Datenschutzkommission dieser Aufgabe nachkommt und wie viele Provider geprüft wurden, und das Bundeskanzleramt im Rahmen des Unterrichtungsrechts nachfragt, wie viele Provider geprüft wurden, darf dann diese Auskunft noch gegeben werden oder widerspricht das der völligen Unabhängigkeit, wie sie die Richtlinie erfordert?

Beantworten Sie mir diese Frage! Da das Gesetz aus Ihrem Haus kommt, kann das ja kein Problem sein. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 105

13.57.42

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich kann mich der Interpretation meines Vorred­ners nicht anschließen, denn das würde beinhalten, dass man den Artikel 20 Abs. 2 letzter Satz B-VG nicht unionsrechtskonform auslegen müsste, um zu dieser Schluss­folgerung zu kommen, die hier möglich ist.

Das ist eigentlich nicht möglich, weil das Unionsrecht bei der Auslegung eine gewisse Rolle spielt, und daher ist es dem Gesetzgeber auch möglich, eine derartige Form der Informationspflicht auf einfachgesetzlicher Basis zu machen, weil es natürlich unions­rechtlich geboten ist. Also das ist schon eine sehr restriktive Auslegung eines Halb­satzes, die weder in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung einen Niederschlag findet noch in irgendwelchen Auslegungsnormen der EU.

Daher: Das ist möglich, daher hat man sich zu diesem Entschluss durchgerungen.

Das Zweite ist: Es wurde vorgeworfen, dass das geschäftsführende Mitglied der Daten­schutzkommission ein der Dienstaufsicht unterliegender Bundesbediensteter ist. Das hat man geändert, es ist nun als Dienstbehörde und Personalstelle eingerichtet. Die Dienstaufsicht und die fachliche Weisung über die Bediensteten hat nunmehr der Vor­sitzende der Datenschutzkommission. Damit ist dieses Problem gelöst. Es wurde auch die Geschäftsstelle aus dem Bundeskanzleramt herausgelöst und letztendlich die In­formationspflicht an den Bundeskanzler massivst eingeschränkt. Damit ist dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes Genüge getan.

Die große Datenschutzreform steht an. Da gibt es natürlich verfassungsrechtliche Be­stimmungen. Die Diskussion werden wir im April führen, und da haben wir dann die entsprechenden Kompromisse zu finden. (Beifall bei der SPÖ.)

13.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hammer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.00.13

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Mit dieser Datenschutzgesetz-Novelle – das haben meine beiden Vorredner bereits gesagt – reagieren wir auf ein Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes, welches im Wesentlichen die Unabhängigkeit der Datenschutzkommis­sion als nicht ausreichend gewährleistet gesehen hat. Das wird jetzt geändert, indem die Datenschutzkommission nicht mehr dem Bundeskanzleramt direkt angegliedert ist, das Unterrichtungsrecht eingeschränkt und auch sichergestellt wird – das ist in einem vorangegangenen Beitrag auch bereits angesprochen worden –, dass der Daten­schutzkommission auch die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt wer­den müssen.

Der Datenschutz muss uns wichtig sein und ist uns wichtig, und diese Unabhängigkeit ist ein Gebot der Stunde. Von Kollegem Wittmann ist angesprochen worden, dass an einer größeren Novelle gearbeitet wird. Damit stellen wir den Datenschutz in Österreich auf hohem Niveau sicher.

Gestatten Sie mir noch, ein paar Sätze zum vorigen Tagesordnungspunkt zu sagen, in dem es um die Gebietsaufteilung bei den mobilen Diensten in Oberösterreich gegan­gen ist. Da ich selber beim Land Oberösterreich im Sozialressort beschäftigt und damit unmittelbar befasst bin, möchte ich festhalten, dass wir Diskussionen hier herinnen nicht basierend auf irgendwelchen Zeitungsartikeln führen sollten, sondern man das eine oder andere ein bisschen genauer recherchieren sollte. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 106

In Oberösterreich gibt es – und das ist ein sehr innovativer Zugang, der in Oberöster­reich gerade ausgestaltet wird – Multiprofessionalisierung in den mobilen Pflegediens­ten. Heimhilfe, Altenfachbetreuung und auch Diplomkrankenpflege werden von einer Anbieterorganisation erbracht, damit die Weg- und Rüstzeiten, die weniger produktiven Zeiten eingeschränkt werden können. Alle Anbieter werden mittels Normkostenmodell gleichgestellt. Damit wird ein wirklich wirtschaftliches und effizientes Arbeiten sicher­gestellt. Das ist der richtige Zugang und nicht das Zitieren von Zeitungsartikeln, die von komplett falschen Tatsachen ausgehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.02.17

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Wir werden diese DSG-Novelle 2013 mittragen, weil wir sie als richtigen, als wichtigen ersten Schritt sehen, damit die Datenschutzkommission als eigenständige Dienstbehörde mit Personalhoheit einmal grundsätzlich Autonomie erlangt, eine Autonomie, die sie bis dato nicht hatte, weil sie ja direkt dem Bundes­kanzleramt unterstellt ist. Auch das Unterrichtungsrecht des Bundeskanzlers wurde mit der Novelle weitgehend eingeschränkt.

In Zukunft stellen wir uns die völlige Unabhängigkeit vor. Kollegen Wittmann hat bereits angesprochen, dass es Gespräche und Verhandlungen darüber gibt, wie denn diese neue Datenschutzbehörde aussehen könnte. Da wird es dann wohl auch die nötigen verfassungsrechtlichen Bestimmungen geben, damit eine gänzliche Unabhängigkeit sichergestellt werden kann. So sehen wir die Zukunft dieser neuen Datenschutzbehör­de. Die Fortschreibung der Datenschutzkommission mit diesen legistischen Änderun­gen ist einmal ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Kollege Steinhauser, wir teilen die verfassungsrechtlichen Bedenken, die Sie geäußert haben, nicht. Zwar ist Ihr Zugang grundsätzlich richtig, allerdings denken wir, dass man den hier auf diese Art und Weise, nämlich mit letzter Konsequenz, nicht anwen­den beziehungsweise nicht nachvollziehbar machen kann. Der Weg muss vielmehr sein, diese DSG-Novelle als Zwischenschritt zu sehen, als vorläufige Autonomie-Er­klärung der Datenschutzkommission. Die völlige Selbständigkeit der Datenschutzkom­mission werden wir dann mit der Schaffung einer neuen Datenschutzbehörde errei­chen, mit einem neuen Datenschutzgesetz, das die Selbständigkeit dann gänzlich si­cherstellt.

Daher: Ja zu diesem ersten Schritt, und Ja zu jedem weiteren Selbständigkeits- und Autonomiegewinn mit der künftigen gesetzlichen Regelung für die Datenschutzkom­mission beziehungsweise die künftige Datenschutzbehörde. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.05.02

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es geht bei dieser kleinen Datenschutzgesetz-Novelle ja nur da­rum, einem Vertragsverletzungsverfahren seitens der Europäischen Union zu entge­hen. Wir werden dieser kleinen Novelle zustimmen. Ich meine, dass der zeitliche Druck, der jetzt entstanden ist, durchaus vermeidbar gewesen wäre, wenn man sich schon etwas früher mit der Vorlage beschäftigt hätte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 107

Wir erwarten mit großer Freude den Entwurf einer großen Datenschutzgesetz-Novelle. Es ist legistisch interessant, dass ins vorliegende Gesetz, wenn man sich manche Nummerierungen der Absätze ansieht, schon die nächste Novelle mit hineinspielt. Das ist vielleicht ein bisschen ungewöhnlich, aber auch kein großes Malheur.

Das, Herr Staatssekretär, erinnert mich allerdings an verschiedene Punkte, von denen wir in den Debatten gestern gehört haben und die auch in der Öffentlichkeit immer wie­der diskutiert werden, die sich die derzeitige Bundesregierung noch zu erledigen vor­nimmt. Wir wissen, es hat zwei, drei Jahre – ich will jetzt nicht Stillstand sagen, denn dann heißt es wieder, das ist Polemik – so ein bisschen Ruhe in manchen Bereichen gegeben.

Wir sind monatelang in verschiedenen Arbeitskreisen und Untergruppen gesessen – Stichworte: Verwaltungsreform, Österreich-Gespräche, Sicherheitsdoktrin, Geschäfts­ordnung, direkte Demokratie. Alles Mögliche hat da einige Zeit geschlummert, und plötzlich erweckt man das eine oder andere. Dieser neue Aktivismus findet vielleicht nur zufällig zeitgleich mit dem Näherrücken der kommenden Wahlen statt. Der Zeitho­rizont ist jedoch schon zu hinterfragen, denn Sie wissen, Anfang Juli wird der Natio­nalrat – zumindest nach Ihrem Zeitplan – das letzte Mal vor der nächsten Nationalrats­wahl tagen.

Herr Staatssekretär Ostermayer, Sie sind ja nicht unmaßgeblich an der strategischen Planung der Bundesregierung beteiligt; Sie sind ja auch im Nahebereich des Herrn Bundeskanzlers tätig. Sie werden also auch eine Idee, eine Planung im Kopf haben, wie denn all das, was jetzt überlegt und angekündigt wird, auch umgesetzt werden könnte. Das Parlament wird ja nicht ganz auszuschalten sein; es werden ja auch Ge­setze notwendig sein, wie im gerade debattierten Fall eine weitere Datenschutzgesetz­novelle. Das heißt, da werden Verhandlungen stattfinden müssen. Vielleicht braucht man sogar, wie Kollege Steinhauser das deutlich gemacht hat, das eine oder andere Mal vernünftigerweise ein Verfassungsgesetz. Da muss man dann sogar den unange­nehmen und steinigen Weg gehen und mit der Opposition verhandeln. – Ich weiß schon, man macht das nicht gerne, aber es wäre ja sinnvoll.

Ich habe mit Überraschung festgestellt, dass man das Spekulationsverbot nur deshalb ad acta gelegt hat, weil es gestern keine Einigung darüber gegeben hat. Das verstehe ich nicht! Hat man darauf gewartet oder gehofft, dass die Opposition da nicht zustim­men wird, um dann sagen zu können, wir hätten es eh gerne gehabt? Die Länder ha­ben auch darauf gewartet, dass es da keine Zustimmung geben wird. Damit hätte man diese Front auch begradigt, und jetzt geht es eben nicht.

So leicht sollte man es sich meiner Ansicht nach jedoch nicht machen. Wir wollen bis zum letzten Tag, der möglich ist, arbeiten. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Staatssekretär Ostermayer, auch im Hinblick auf die große Datenschutzgesetz-Novelle, an der wir sehr konstruktiv mitarbeiten wollen, wäre es schon auch interes­sant, auch von Ihrer Seite her zu sagen, wie sich das parlamentarisch ausgehen soll. Wenn auch Sie vorhaben, und das hoffe und glaube ich, dass man das alles jetzt noch umsetzen soll, was Sie angekündigt haben, dann werden wir dahin kommen – und da hätten wir auch die große Mehrheit der Bevölkerung hinter uns –, dass man eben dies­mal nicht Mitte Juli Schluss macht mit der Tagung und dann erst irgendwann im Ok­tober bei der Konstituierung des neuen Nationalrates weitermacht. Man könnte statt­dessen sagen, dass heuer noch so viele Vorhaben der Bundesregierung in der Pipe­line sind, dass wir eben einmal den Sommer in den Ausschüssen und auch hier im ös­terreichischen Nationalrat durcharbeiten müssen. (Beifall beim BZÖ.)

Wir wären dazu bereit. Eine große Mehrheit der Bevölkerung würde das unterstützen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.) Die SPÖ auch. – Hurra! Dann beschließen wir


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das, dann brauchen wir heuer die Tagung nicht zu beenden, Herr Staatssekretär. (Bei­fall beim BZÖ.) Wir werden alles umsetzen, wir werden in den Ausschüssen arbeiten. Dann bin ich sehr hoffnungsfroh, dass auch noch das große Datenschutzgesetz be­schlossen werden kann. (Beifall beim BZÖ.)

14.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.10.01

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist bereits angesprochen worden, die Änderung des Datenschutzgesetzes wurde aufgrund des EuGH-Urteils vom 16. Oktober 2012 not­wendig. Die darin aufgezeigten Fehler wurden repariert. Wir vom Team Stronach be­grüßen mehr Transparenz und Unabhängigkeit für die Datenschutzkommission und werden deshalb natürlich gerne zustimmen.

Datenschutz ist sehr wichtig, denn es sollte dem Missbrauch von Daten nicht Tür und Tor geöffnet werden. Deshalb ist die Datenschutzkommission eine wichtige Institution, die zu unterstützen ist. Bei allem Respekt für Datenschutz sollten wir jedoch nicht ver­gessen, dass unter dem Mantel des Datenschutzes auch Straftaten verübt werden. Da muss der Datenschutz dann aufgehoben werden, weil die Aufklärung von Straftaten natürlich höherwertig ist als gewisse Ideen von Datenschützern.

Meine Damen und Herren, ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass sehr viele Straftaten durch die Videoüberwachung aufgeklärt werden. Wir haben hier vor einiger Zeit über dieses Thema diskutiert, es ist zwei, drei Jahre her. Man hat auf öffentlichen Plätzen Videoüberwachung installiert, um die Polizeiarbeit zu unterstützen. Mittlerweile werden sehr, sehr viele Straftaten mithilfe dieser Videoüberwachung aufge­klärt. Sie erinnern sich sicherlich an die Schlagzeilen über die Übergriffe und Überfälle in der U6. In den Waggons waren Kameras installiert, und durch die Aufnahmen konn­ten die grässlichen Straftaten, diese Vergewaltigungen aufgeklärt und die Täter ausge­forscht werden. Das ist der richtige Weg. (Beifall beim Team Stronach.)

Die Grünen haben damals dieses Gesetz kritisiert und gesagt, es wird in der Öffent­lichkeit zu viel gefilmt und was weiß ich noch alles. Sie haben den Datenschutz sehr in den Vordergrund gerückt. Sie sehen heute, dass sie damit auf dem Holzweg waren.

Datenschutz dort, wo er notwendig ist, auf jeden Fall. Unbescholtene Bürger sollten nicht ausspioniert werden, das ist richtig. Dort, wo dies notwendig ist, um Straftaten aufzuklären, muss man mit dem Datenschutz ein bisschen zurückhaltender sein, um die Arbeit der Polizei nicht zu verhindern und Straftaten gut aufklären zu können. Da sind Sie auf dem richtigen Weg, und wir werden dem, wie gesagt, gerne zustimmen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

14.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.12.57

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Scheibner, ich danke für die lobenden Worte – falls sie so gemeint waren. Ich hoffe, sie waren so gemeint. Ich habe mehrfach bewiesen, dass ich keine Angst davor habe, Verfassungsgesetze vorzulegen und mit der Opposition zu verhandeln. Wir haben in dieser Legislaturperiode über einige sehr große Bereiche verhandelt und das zum Teil dann auch tatsächlich einstimmig beschlossen. Ich erwähne nur die Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Umsetzung von


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OPCAT, was jahrelang nicht funktioniert hat, das Volksgruppengesetz, also die Ortsta­fellösung und so weiter, das Parteiengesetz, das wir als Verfassungsgesetz konzipiert haben, um auch die Länder mitzunehmen. Wir haben eine unabhängige Medienbehör­de geschaffen. Da ist lange darüber diskutiert worden. Wir haben es dann hier gemein­sam mit einer Zweidrittelmehrheit geschafft.

Dass wir die vorliegende Novelle aus Angst nicht als Verfassungsgesetz oder mit einer Verfassungsbestimmung gestaltet haben, wie das Herr Kollege Steinhauser unterstellt hat, ist schlicht und einfach falsch. Vielmehr reden wir jetzt über eine Novelle, mit der es um eine temporäre Reparatur bis Ende des Jahres geht. Das musste rasch gesche­hen. Ich bin daher dankbar dafür, dass wir vor zwei Tagen den Ausschusstermin hatten und es jetzt schon auf der Tagesordnung ist, denn unser Ziel ist, die Umsetzung dieser EuGH-Entscheidung und damit die Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens so rasch wie möglich zu erreichen.

Wir haben uns natürlich angeschaut, ob eine Verfassungsbestimmung notwendig ist. Falls die Unterstellung gewesen ist, dass da nicht sorgfältig gearbeitet worden wäre, dann weise ich das ausdrücklich zurück. (Abg. Mag. Steinhauser: Sie haben sehr kreativ geurteilt!) Der Verfassungsdienst arbeitet sehr sorgfältig. Die haben genau überlegt, ob eine Verfassungsbestimmung notwendig ist oder nicht. Artikel 20 des Bun­des-Verfassungsgesetzes sieht vor, dass durch ein Gesetz zu regeln ist, wie diese Auskunftspflicht zu gestalten ist. Das Gesetz und damit auch die Verfassung ist natür­lich in der Form umzusetzen, dass auch europarechtliche Vorgaben oder in dem Fall die Vorgabe des Europäischen Gerichtshofs mitberücksichtigt wird. Genau deshalb ist dieser Weg im § 38 Abs. 2 eingeschlagen worden.

Wir reden, wie gesagt, über eine temporäre Lösung. Eine dauerhafte Lösung haben wir vor ungefähr einem Monat im Ministerrat beschlossen. Herr Abgeordneter Scheibner! Wir haben auch schon einen Ausschusstermin am 16. April. Ziel ist, in der Zeit bis zum 16. April mit allen Oppositionsparteien Gespräche zu führen, wie wir das ja bei ver­schiedenen anderen Gesetzen, die ich vorhin erwähnt habe, auch getan haben. Ziel ist, am 16. April eine dauerhafte Lösung zu beschließen.

Wir haben noch eine andere Regelung im Datenschutzgesetz vorbereitet, die leider noch nicht so weit ist. Wir haben natürlich auch überlegt – und das ist auch eine Ant­wort darauf, was Kollege Steinhauser gesagt hat –, wie man mit dem vorhandenen Personal – derzeit sind es, glaube ich, 27 Personen – die Aufgaben bewältigen kann, ohne dass es einen Rückstau gibt. Eine Variante ist immer, den Personalstand aufzu­stocken. Die Alternative ist, über die Aufgaben nachzudenken und zu überlegen, ob Verwaltungsvereinfachungen möglich wären. Das wäre ein breit geteiltes Ziel, das un­ter dem Schlagwort „Verwaltungsreform“ immer so plakativ dargestellt wird.

In Summe geht es dabei natürlich um viele einzelne Detailmaßnahmen, die umgesetzt werden müssen. Im Konsolidierungspaket des letzten Jahres haben wir auch festge­legt, dass wir im Bereich des Personals im Bundesbereich konsolidieren wollen, daher der Aufnahmestopp. Damit geht dann selbstverständlich nicht zusammen, dass man den Personalstand aufstocken will.

Daher haben wir überlegt, wo man in der Aufgabenerfüllung effizienter werden kann, vielleicht auch bestimmte Aufgaben nicht mehr in dem Ausmaß wahrnehmen wird und anderes nachschärft. Da gibt es momentan noch keinen Konsens, sodass wir das nicht beschließen können. Aber, glauben Sie mir, wir werden auch an diesem Thema wei­terarbeiten, damit eine zufriedenstellende Lösung zustande kommt.

Im Übrigen danke ich allen, die an der Ausarbeitung dieser, aber auch an der Ausar­beitung der kommenden Novelle mitgearbeitet haben, und ich hoffe, dass wir bei den Gesprächen mit den Oppositionsparteien genauso konstruktiv vorgehen und konstruk-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 110

tive Lösungen und Ergebnisse finden können, wie das bei vielen anderen Gesetzen im Verfassungsrang der Fall gewesen ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.18.20

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren im Hohen Haus! Die heutige Beschlussfassung dient allein dazu, das EuGH-Urteil zeitnah umzusetzen. Im Verfassungsausschuss führen wir schon seit jeher sehr gute Verhandlungen mit der Opposition. Das hat man zum Beispiel auch bei den Verhandlungen über die Verwal­tungsgerichtsbarkeits-Novelle gesehen. Ich bin daher sehr zuversichtlich, dass wir auch beim Datenschutzgesetz auf einen grünen Zweig kommen werden. (Abg. Mag. Steinhauser: Das ist eine gute Zielvorgabe!) – „Grüner Zweig“, Herr Kollege Steinhau­ser, ist eine direkte Einladung an Sie und die Verfassungssprecherin der Grünen. – Spaß beiseite! Wir werden mit allen Oppositionsparteien gute Gespräche führen.

Kollege Hagen vom Team Stronach hat heute einen interessanten Aspekt zur Sprache gebracht. Ich denke nicht, dass man den Datenschutz derart aushebeln kann, Herr Kollege, wie Sie das dargestellt haben. Zum Zweck der Strafverfolgung können wir jetzt nicht überall Videokameras und was weiß ich noch aufstellen. Wir stehen da in einem herausfordernden Spannungsfeld, da wir auch die Bürgerrechte, die Rechte der Bürgerinnen und Bürger schützen müssen.

Einerseits geben auch viele Bürgerinnen und Bürger ihre Rechte freiwillig preis – siehe Facebook, siehe Internet, aber auch, wenn man an die verschiedensten Kundenkarten denkt, so lapidar das klingen mag –, und auf der anderen Seite versucht man dann auch mit Mitteln der Strafverfolgung, mit Terrorismusbekämpfung und was auch immer, verschiedenste BürgerInnenrechte auszuhebeln. Ich glaube, da müssen wir mit gro­ßem Augenmaß an die Frage herangehen, welche Eingriffe wir in die Bürgerrechte vor­nehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.20

14.20.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2245 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.

14.21.0417. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2191 d.B.): Bundes­gesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kin­der und Jugendliche (Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 – B-KJHG 2013) (2202 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 111

18. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1406/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend ein Bundes-Kinder- und Ju­gendhilfegesetz (2203 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1560/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Hilfen für junge Erwachsene“ im neuen Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz (2204 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1489/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einarbeitung der Erkenntnisse der ExpertInnenkommission zum „Fall Cain“ in das Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz (2205 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 846/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesetzent­wurf über die Grundsätze für soziale Arbeit mit Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (2206 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 17 bis 21 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kitzmüller. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.22.47

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuschauer zu Hause! Diese Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erzie­hungshilfen für Kinder und Jugendliche ist schon einmal ein erster Schritt in die richtige Richtung, in Richtung Verbesserung. Aber dieses Gesetz die Jugendwohlfahrt betref­fend bedeutet alles andere als tatsächlich einen Innovationsschub nach vorne für die Jugendhilfe.

Im Vordergrund steht natürlich immer wieder das Kindeswohl und das Jugendwohl. Ei­ne wesentliche Verbesserung können wir hier allerdings nur dann erreichen, wie wir meinen, wenn das Vier-Augen-Prinzip, das heißt, zwei Fachkräfte von Anfang an, he­rangezogen wird, um eine Gefährdungseinschätzung vorzunehmen, zu begutachten und so weiter. Daher wäre es wichtig, von Anfang an ein Vier-Augen-Prinzip einzufüh­ren. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir glauben, dass in dieser Fassung eine Wortänderung schon reichen würde. Daher bringen wir, die Abgeordneten Kitzmüller, Mühlberghuber, Gartelgruber und weitere Abgeordnete, folgenden Abänderungsantrag ein:

„Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 112

1. Der § 22 Absatz 5 wird wie folgt geändert:

,Die Gefährdungseinschätzung ist jedenfalls im Zusammenwirken von zumindest zwei Fachkräften zu treffen.‘“

*****

Auf jeden Fall glauben wir, dass dies eine ganz besonders wichtige Abänderung ist, die diese Fälle Cain und Luca eben verhindern könnte. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben hier einen weiteren Punkt anzuführen, und zwar die Evaluierung, das alte und leidige Thema Evaluierung. Vorgesehen ist, erst 2018 die erste Evaluierung vor­zunehmen. Wir glauben, dass das eine viel zu lange Zeit ist, die Überprüfung müsste zumindest alle zwei Jahre vorgenommen werden. Es gibt ja hier schon einen Antrag, der vorsieht, ab 2016 eine Evaluierung zu beginnen, wobei wir glauben, beginnen ist ja wunderbar, aber beginnen kann man lang.

Es müsste von vornherein alle zwei Jahre evaluiert und nicht erst 2016 begonnen wer­den, wiewohl wir meinen, dass das schon einmal ein richtiger Schritt ist. (Abg. Steibl: Frau Kollegin, da gibt es unseren Antrag ...!) Wir haben auch die Kinder- und Jugend­anwaltschaft in der Steiermark, die das meint, und die Caritas, die ebenfalls meint, dass die Evaluierung alle zwei Jahre vorgenommen werden soll. Ich glaube, das wäre eben auch schon einmal ein richtiger Schritt.

Was die Verschwiegenheitspflicht betrifft, sind das neue Hürden mit dieser gelockerten Verschwiegenheitspflicht in diesem Fall. Wir haben uns hier auch die Meinung der Plattform Kinder- und Jugendhilfegesetz oder die Einwände des Psychologenverban­des angeschaut. Ich glaube, wenn man sich diese kompetenten Stellen zum Partner nehmen würde, mit ihnen eine Kooperation bildet und sich auch einmal die Bedenken dieser Organisationen anhört, kann man in diesem Fall eine wesentliche Verbesserung erzielen.

Kurz gesagt: an sich ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, ein erster Schritt, wie wir meinen, allerdings nur eine halbherzige Lösung. Warum versuchen wir hier nicht, eine Lösung zu machen, die eine komplette, umfassende Besserstellung des Kindes­wohls betrifft, anstatt immer nur Schritt für Schritt kleine Änderungen, kleine Verbes­serungen zu machen? – Wir sind für das Kindeswohl und hoffen, dass wir eine endgül­tige, ordentliche Lösung zustande bringen werden. Dann werden wir auch unsere Zu­stimmung geben. (Beifall bei der FPÖ.)

14.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der eingebrachte Abänderungsantrag ist ausrei­chend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

§ 53 Abs. 3 GOG-NR

der Abgeordneten Kitzmüller, Mühlberghuber, Gartelgruber und weiterer Abgeordneter

zu dem Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2191 d.B.): Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kin­der und Jugendliche (Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 – B-KJHG 2013).

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 113

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Der § 22 Absatz 5 wird wie folgt geändert:

„Die Gefährdungseinschätzung ist jedenfalls im Zusammenwirken von zumindest zwei Fachkräften zu treffen.“

Begründung

In der derzeitigen Fassung ist das Vier-Augen-Prinzip eine zahnlose Kannbestimmung, diese Änderung sieht ein verpflichtendes Vier-Augen-Prinzip bei der Gefährdungsein­schätzung vor.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.27.34

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte schon sagen, dass es nach jah­relangen Verhandlungen unter unterschiedlichsten Ministerien nun unserem Bundes­minister Reinhold Mitterlehner gelungen ist, ein einheitliches Bundes-Kinder- und Ju­gendhilfegesetz zu erstellen. Ich hoffe, dass wir das heute beschließen.

Wenn Sie, Frau Kollegin, sagen, na ja, die Evaluierung sollte 2016 beginnen: Der Herr Bundesminister hat das auch im Ausschuss erwähnt. Sie hätten nur – wir haben Sie eingeladen – unseren Entschließungsantrag, den Frau Kollegin Binder-Maier einbrin­gen wird, zu unterschreiben brauchen. Sie hätten gerne mitgehen können. (Abg. Kitz­müller: 2016, wann denn? Sie beginnen 2016 ...!) Kritik ist immer einfacher, als mit et­was – auch wenn es Kompromisse sind, und Sie wissen ganz genau, dass wir mit den Ländern einen Kompromiss schließen mussten – mitzugehen.

Ich möchte jetzt aber Folgendes sagen. Das derzeit geltende Jugendwohlfahrtsgesetz stammt aus dem Jahre 1989 und wurde zuletzt 1999 geändert. Es war also ein langer Weg, aber es ist, glaube ich, ein guter Vorschlag, eine gute Vorlage, die heute hier vor­liegt. Die nun mit den Ländern vereinbarte Fassung der Regierungsvorlage bringt sehr wohl eine wesentliche Verbesserung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen mit sich. Die professionelle Überprüfung von Fällen, in denen der Verdacht einer Kindes­wohlgefährdung besteht, wird gesichert, und Standards für angemessene Hilfen wer­den geschaffen.

Die jetzige Reform umfasst hauptsächlich – zusammengefasst – folgende Maßnah­men: erstens die Einführung der Gefährdungsabklärung und Hilfeplanung unter dem Vier-Augen-Prinzip – das ist sehr wohl da und gut ausgelotet –; eine Neuformulierung der Mitteilungspflicht bei vermuteter Kindeswohlgefährdung; genauere Definition von Aufgaben und Standards in den einzelnen Leistungsbereichen; und auch eine detail­lierte Regelung von Verschwiegenheit, Auskunftsrechten, Dokumentation und Daten­schutz.

Ziele der Reform sind eine Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt in der Familie und anderen Gefährdungen; Impulse für einheitliche Stan­dards und weitere Professionalisierung der Fachkräfte – das ist immens wichtig, ja, wir wissen, dass es immer noch Schwierigkeiten gibt, auch in Ämtern –; Stärkung der Prä­vention von Erziehungsproblemen, ein Thema, dem wir noch mehr Augenmerk schen­ken sollten; Prävention bei den Eltern, um Hilfe zu geben, Kinder ins Leben zu be-


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gleiten; Konkretisierung der Ziele und Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe; und eine Verbesserung des Schutzes von personenbezogenen Daten.

Wichtig ist auch die Mitfinanzierung des Bundes, das muss man sagen. 2013 und 2014 gibt es schon Zweckzuschüsse zu den Mehraufwendungen der Länder. Ich hoffe auch, dass die Länder spätestens bis April 2014 dieses Gesetz auch in den Ländern um­setzen.

Ich möchte dazu noch erwähnen, dass das neue Gesetz Impulse setzt für einheitliche Standards hinsichtlich der Bewilligung privater Träger und sozialpädagogischer Einrich­tungen für die Betreuung von Kindern sowie auch für die Eignungsbeurteilung von Pflegeeltern und Adoptivbewerbern.

Abschließend kann ich nur bitten beziehungsweise appellieren, trotz manch unter­schiedlicher Sichtweise mit vereinten Kräften zum Schutz und zum Wohl unserer Kin­der und Jugendlichen zusammenzuarbeiten und zusammenzuhalten. Ich möchte an dieser Stelle auch einen Dank an die Beamten und Beamtinnen weitergeben, die sich jahrelang bemüht haben, mit den Ländern einen Kompromiss zu finden. Wir sollten heute im Parlament, wenn es möglich ist, dieses Gesetz bitte geschlossen beschlie­ßen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.32.02

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Sehr geehrter Minister! „Es soll nicht heißen, wir hätten nicht gewarnt“ – so beginnt das sorgenvolle Schreiben einer Plattform für ein modernes Kinder- und Jugendhilfe­gesetz, das uns allen vorliegt und das uns allen geschickt wurde: „Es soll nicht heißen, wir hätten nicht gewarnt.“

Seit Jahren weisen Experten und Expertinnen darauf hin ... (Abg. Krainer: Sagen Sie ...!) Seit Jahren weisen Experten und Expertinnen, Praktiker und Praktikerinnen, Gerichte und Opferschutzeinrichtungen darauf hin, dass es unbedingt eine Novellie­rung des Jugendwohlfahrtsgesetzes aus dem Jahr 1989 geben muss und dass es ein­fach dringenden Handlungsbedarf gibt. Tragische Fälle von Tötungen, von Morden, tra­gische Todesfälle von Kindern rütteln immer wieder die Öffentlichkeit auf, rütteln die Medien auf, rütteln die Politik auf. Es ist wichtig, darauf nicht nur kurzfristig zu reagie­ren, sondern tatsächlich auch langfristig zu reagieren, nämlich unter Einbindung aller Experten und Expertinnen und Praktiker und Praktikerinnen.

Aus diesem Grund wurde in der letzten Gesetzgebungsperiode – das noch einmal zur Geschichte – ganz klar ein Anlauf gestartet mit Experten/Expertinnen, dieses Gesetz zu novellieren: breite Beteiligung, ein wahres Vorzeigeprojekt, was Partizipation anbe­langt, was Bürger-/Bürgerinnenbeteiligung und die Einbindung von Praktikerinnen und Praktikern anbelangt. Dieser Entwurf war einerseits wirklich inhaltlich und fachlich top und andererseits partizipativ sehr gut aufgestellt.

Jetzt liegt uns schlussendlich der fünfte Entwurf vor, der mit dem ersten, sehr guten Entwurf wenig gemeinsam hat, leider sehr, sehr wenig gemeinsam hat. Ich bin sehr be­sorgt ob dieser Entwicklung, besorgt als Praktikerin, als Sozialarbeiterin, besorgt als ehemalige Mitarbeiterin einer Opferschutzeinrichtung und besorgt als Kinder- und Ju­gendpolitikerin.

„Es soll nicht heißen, wir hätten nicht gewarnt“, das sagen der Bundesverband der Kin­derschutzzentren, der Dachverband der Jugendwohlfahrtseinrichtungen, der Berufsver­band der Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen, der Bundesverband für Psychothe-


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rapie, die Politische Kindermedizin. Ich persönlich gehe einen Schritt weiter und sage: Es soll nicht heißen, wir alle, wir Abgeordneten, hätten es nicht gewusst!

Seit Jahren wird dieses Gesetz diskutiert, seit Jahren werden die Entwürfe diskutiert, und nun liegt tatsächlich ein verwässerter Entwurf vor, der eben mit den Ländern als Kompromiss beschlossen wurde. Mir ist das zu wenig, Herr Minister! Nur die Länder­kooperation in den Vordergrund zu stellen, ist noch lange nicht gleichbedeutend mit ei­nem Gesetz, das Kinder und Jugendliche tatsächlich schützt.

Die Hauptkritikpunkte: Die Verankerung von unabhängigen Kinder- und Jugendhilfebe­auftragten mit jährlicher Berichtslegung an das Parlament fehlt vollkommen. Es gibt keine Möglichkeit der Kontrolle der Ländergesetzgebung über das Parlament. Das wä­re hier jetzt die Chance gewesen, Herr Minister, auch ganz klar zu sagen: Wir als Par­lament, wir auch als Familienausschuss wollen schauen, wie sich die Datenlage ent­wickelt, wollen schauen, wie sich das Gesetz entwickelt, und wollen dafür unabhängige Jugendhilfebeauftragte installieren, die auch eine Außenevaluierung tatsächlich ge­währleisten.

Prävention als handlungsanleitendes Prinzip fehlt. Das ist nicht nur meine Kritik, son­dern auch die Kritik der Caritas. Prävention bedeutet nämlich Nachhaltigkeit. Es geht dabei um Gewalt, Drogen, Verwahrlosung, Missstände, Schulden in den Familien, so­ziale Problematik in der Familie. Prävention ist ein Kerngebiet der sozialen Arbeit, ge­rade in der Jugendwohlfahrt. Das wird mit keinem Wort und schon gar nicht nachhaltig erwähnt.

Das Vier-Augen-Prinzip bei Gefährdungsabklärung ist nur eine Kann-Bestimmung ge­worden. Der Erstentwurf sah ganz klar vor: erforderlichenfalls; jetzt ist es eine Kann-Bestimmung, anscheinend aus finanziellen Gründen. Das ist einfach strikt abzulehnen!

Die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge fehlen vollkommen in diesem Gesetzes­text. Sie wissen alle, dass der Kinderrechteausschuss in Genf klare Vorgaben gegeben hat, was auch vonseiten der Regierung an Verpflichtungen bei minderjährigen unbe­gleiteten Flüchtlingen eigentlich vorliegen sollte. Dieses Gesetz wäre auch die Chance gewesen, hier ganz klar die Regeln aufzuzeigen.

Die Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht: Die Verschwiegenheitspflicht wird aufge­hoben an Gerichten, an allen Gerichten, Zivilgericht sowie Strafgericht, und an Staats­anwaltschaften, und die vertraulichen Informationen müssen weitergegeben werden.

Ich möchte da einen Brief zitieren, der auch an alle Abgeordneten ergangen ist, vom Bundesweiten Netzwerk Offene Jugendarbeit, also jenen Sozialarbeitern/Sozialarbeite­rinnen und Pädagogen/Pädagoginnen, die sich tagtäglich mit Jugendlichen beschäfti­gen in niederschwelligen Einrichtungen, in Jugendzentren, die auch die Freizeitbetreu­ung übernehmen. Sie sagen:

Die Zusicherung der Verschwiegenheit ist auch in der offenen Jugendarbeit unabding­bare Voraussetzung für den Aufbau und die Aufrechterhaltung eines Vertrauensver­hältnisses mit den Jugendlichen. Durch dieses Gesetz ist diese Grundbedingung mas­siv beeinträchtigt. Wir, die bOJA, unterstützen die Bemühungen um eine erneute Über­arbeitung der Vorlage.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir alle wissen Bescheid darüber, wie ein gutes, modernes Kinder- und Jugendhilfegesetz ausschauen sollte und auch aus­schauen könnte. Dieses Gesetz, das jetzt vorliegt, ist einfach nur für die Länder ge­macht, aber meiner Ansicht nach nicht für Kinder und Jugendliche. Deshalb stelle ich den Antrag auf Rückverweisung an den Familienausschuss, um noch einmal darüber zu diskutieren, noch einmal darüber zu debattieren, aber vor allem – und das ist doch das Wichtigste – die Experten/Expertinnen, die Praktiker/Praktikerinnen noch einmal einzuladen, noch einmal mit ihnen genau die Rahmenbedingungen abzuklären.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 116

Wir beschließen in diesem Haus Gesetze. Aber wir arbeiten nicht tagtäglich mit diesem Gesetz, und wir müssen die Experten und Expertinnen diesbezüglich hören und ernst nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

14.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Binder-Maier. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.38.49

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ein großer Bogen wird heute gespannt, nämlich in der Grundsatzgesetzgebung zum Thema Jugendhilfe und Kinderhilfe. Die Ausführung obliegt, wie schon erwähnt wurde, natürlich den Bundesländern. Es gibt zusätzliche Mittel für die Bundesländer vom Bund, damit dieses Gesetz auch den finanziellen Rah­men hat.

Auch meine Fraktion, meine Damen und Herren, hat sehr genau das Pro und Contra abgewogen. Wir arbeiten schon viele, viele Jahre, der Herr Minister gemeinsam mit den Länderbeauftragten, mit den Expertinnen und Experten in den Ländern, in seinem Ministerium, an diesem Gesetz.

Ein erster Schritt ist getan. Die Tür ist offen zu mehr Schutz, zu mehr Transparenz, zu einheitlichen Standards, zu einer Stärkung der Prävention, zur Konkretisierung von Zie­len und Aufgaben für die Kinder- und Jugendhilfe und zur Verbesserung des Schutzes durch personenbezogene Daten. Zusammengeführt bedeutet das auch, dass es in Zu­kunft eine bundeseinheitliche Kinder- und Jugendhilfestatistik geben wird.

Wir kennen die Kritikpunkte, wir nehmen die Kritikpunkte auch sehr, sehr ernst, wie zum Beispiel „erforderlichenfalls das Vier-Augen-Prinzip“. Ich denke, die Verantwortung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird in diesem Fall unter anderem dann zum Tra­gen kommen, wenn es erforderlich ist, dieses Vier-Augen-Prinzip anzuwenden. In die­sem Zusammenhang wirklich ein großes Danke an all die Kolleginnen und Kollegen, die in den unterschiedlichsten Einrichtungen zum Schutz, zum Wohle der Kinder ar­beiten.

Die Neuformulierung der Mitteilungspflicht und der Verschwiegenheitspflicht ist ein gro­ßer Kritikpunkt, meine Damen und Herren, und ich bin sehr interessiert, genau zu be­obachten, wie sich das neue Gesetz auswirkt. Es darf nicht dazu führen, dass es durch diese Mitteilungspflicht zu einer neuerlichen Gefährdung durch das Kind kommt, näm­lich bei Gericht durch die Begegnung mit dem Täter. (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Für das Kind!) – Pardon, natürlich für das Kind; das Kind und dessen Schutz stehen immer im Vordergrund.

Wir werden uns Kontrolle und Begleitung des neuen Gesetzes sehr genau anschauen und werden darauf achten, dass die erläuternden Punkte auch eingehalten werden.

Da wir das ernst meinen – ich bedanke mich für das Einhalten Ihrer Zusage, Herr Mi­nister –, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ridi Steibl, Gabriele Binder-Maier, Mag. Silvia Fuhrmann, Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Bundes-Kinder- und Ju­gendhilfegesetzes

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 117

„Der zuständige Bundesminister wird ersucht, sobald das erforderliche Datenmaterial durch die Länder zur Verfügung gestellt wird sowie auf Basis des Informations- und Er­fahrungsaustausches im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Jugendwohlfahrt so rasch wie möglich, spätestens im Laufe des Jahres 2016, mit der Evaluierung des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes zu beginnen und im Zuge dessen speziell die Auswir­kungen der §§ 6 und 37 B-KJHG einer Überprüfung zu unterziehen.“

*****

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie waren eingeladen, diesen Entschlie­ßungsantrag zu unterstützen, Sie haben das zu meinem Bedauern leider nicht ge­macht. Es ist eine Maßnahme für eine verstärkte Kontrolle des Gesetzesbeschlusses, und ich bin guter Hoffnung, dass dieser Verhandlungsentwurf weiterentwickelt wird, das derzeit Mögliche beziehungsweise Machbare heute beschlossen wird. Wir geben natürlich jeder Weiterentwicklung im Rahmen dieses Gesetzes unsere Zustimmung und werden auch gerne daran weiter mitarbeiten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abg. Ridi Steibl, Gabriele Binder-Maier, Mag. Silvia Fuhrmann, Angela Lueger, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Bundes-Kinder-und Jugendhilfege­setzes

eingebracht im Zuge der 194. Nationalratssitzung am 21. März 2013 bei der Debatte zum Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2191 d. B.): Bun­desgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 – B-KHJG 2013) (2202 d. B.)

Mit dem zur Beschlussfassung vorliegenden Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz wurde den gesellschaftlichen und rechtlichen Veränderungen der letzten 20 Jahre im Jugendwohlfahrtsbereich Rechnung getragen und eine grundlegende Überarbeitung der grundsatzgesetzlichen Vorschriften vorgenommen. Zentrales Ziel der Reform ist die Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt in der Fa­milie und anderen Gefährdungen. Dies soll vor allem durch die Einführung der Gefähr­dungsabklärung und Hilfeplanung im Vier-Augen-Prinzip sowie durch die Präzisierung der Mitteilungspflichten erfolgen. Weiters werden Impulse für einheitliche Standards insbesondere hinsichtlich der Bewilligung privater Träger und sozialpädagogischer Ein­richtungen sowie für die Eignungsbeurteilung von Pflegeeltern und Adoptivwerbern/-in­nen gesetzt. Um die Effizienz der neuen Bestimmungen überprüfen und im Sinne des Wohles unserer Kinder und Jugendlichen sicherstellen zu können, ist eine Evaluierung der neuen Rechtsgrundlage geplant, die allerdings auf Grund der bestehenden Kompe­tenzlage - der Bund ist in Angelegenheiten der Jugendwohlfahrt für die Grundsatzge­setzgebung zuständig, die Bundesländer für die Ausführungsgesetzgebung, Vollzie­hung und Finanzierung - das Mitwirken der Bundesländer erfordert.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 118

„Der zuständige Bundesminister wird ersucht, sobald das erforderliche Datenmaterial durch die Länder zur Verfügung gestellt wird sowie auf Basis des Informations- und Er­fahrungsaustausches im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Jugendwohlfahrt so rasch wie möglich, spätestens im Laufe des Jahres 2016, mit der Evaluierung des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes zu beginnen und im Zuge dessen speziell die Auswir­kungen der §§ 6 und 37 B-KJHG einer Überprüfung zu unterziehen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 5 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.43.33

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! (Die Rednerin stellt einen Flyer mit zehn Forderungen zum Kinderschutz vor sich auf das Rednerpult.) Kinderschutz ist für uns vom BZÖ eines der wichtigsten Themen überhaupt. Seit 2011 haben wir zehn Forderungen für ein umfassendes Kinderschutzpaket aufgestellt.

Eine der ersten Forderungen ist ein bundeseinheitliches Kinder- und Jugendhilfege­setz, auch im Wissen, dass ein bundeseinheitliches Gesetz, an das sich alle Länder bei ihren Kriterien und Umsetzungen zu halten haben, ein funktionierendes Frühwarn­system ist, damit Fälle wie „Cain“ oder „Luca“, die jeden Einzelnen von uns entspre­chend erschüttern, möglichst nicht mehr passieren.

2011 haben wir auch einen diesbezüglichen Antrag eingebracht. Unser Antrag wurde dreimal vertagt; heute steht auch er zur Abstimmung, und wir haben heute den vierten Entwurf eines bundeseinheitlichen Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Es ist jetzt we­nigstens geglückt, dass alle Bundesländer mit an Bord sind. Sie, Herr Bundesminister, haben die entsprechenden öffentlichen Gelder und Steuergelder zur Verfügung ge­stellt. Ich meine, es sind Gelder, die auch gut investiert sind, ähnlich wie in der Bildung. Wenn es um den Schutz unserer Kinder und die Begleitung der Familien geht, dann müssen die notwendigen Mittel auch vorhanden sein.

Ich bin froh darüber, dass nicht wieder ein Entwurf – wie viele andere – schubladisiert wird, denn das erleben wir ja beim Jugendschutzgesetz, wo erst einmal alle Bundes­länder jubelnd dabei waren, dann springen einzelne ab, und wir wissen, es landet für diese Legislaturperiode wieder in der Schublade.

Das vorliegende Kinder- und Jugendhilfegesetz ist modern, auch was die Begriffsbe­stimmungen anbelangt, es ist zeitgemäß, und das war dringend notwendig. Positiv se­hen wir auch die Professionalisierung der Fachkräfte, auch für die privaten Träger und Vereine. Positiv sehen wir die einheitlichen Standards für sämtliche Einrichtungen, aber auch die einheitlichen Qualitätskriterien, wenn es darum geht, Adoptiveltern und Pflegeeltern zur Verfügung zu stellen. Und positiv sehen wir auch die klare Aufgaben­beschreibung der Kinder- und Jugendanwaltschaft, die natürlich auch weiter weisungs­frei bleibt.

Auch wir kennen die Bedenken der einzelnen Organisationen, die sich speziell und sehr engagiert für den Kinderschutz einsetzen, und wir können teilweise verstehen – vor allem auch, was das Vier-Augen-Prinzip anbelangt –, dass man mit dem nicht zu­frieden sein kann und zufrieden sein will. Die Neuformulierung der Mitteilungs- und Verschwiegenheitspflicht bei begründetem Verdacht ist aber jetzt vielleicht genauer definiert. Daher denke ich, man soll nicht von vornherein sagen, das wird so nicht funk­tionieren, und Bedenken äußern, dass die Vertrauensbasis dann nicht mehr gegeben ist. Ich glaube, man muss im Zweifelsfall für das Kind entscheiden, und wenn etwas


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 119

passiert, dann muss einfach ein Netzwerk rasch und schnell und professionell funk­tionieren, damit Kinder nicht weiter gefährdet sind.

Unverständlich, wie gesagt, und zahnlos ist für uns dieses Vier-Augen-Prinzip, das jetzt bei der Gefährdungsabklärung und bei der Hilfsplanung mit dem Wort „erforderlichen­falls“ zum Tragen kommt. Das ist ein Wort, das sehr viel offen lässt, und ich frage mich, wer letztendlich entscheidet, ob es erforderlich ist. Ich habe mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Jugendwohlfahrt geredet, auch in meinem Bezirk, die gesagt ha­ben, dass sie in diesem Fall schon gerne eine klare Regelung und nicht diese „Mög­lichkeit“ hätten.

Sie lassen es zwar offen, denn die Länder, die es sich leisten wollen, können darüber hinausgehen, aber dann gibt es wieder Länder, die sich das nicht leisten wollen oder auch nicht leisten können.

Daher bringe ich einen Abänderungsantrag ein, zu dem wir auch eine getrennte Ab­stimmung verlangen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen

eingebracht im Zuge der Debatte betreffend Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2191 d.B.): Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Fami­lien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (Bundes-Kinder- und Jugendhil­fegesetz 2013 – B-KJHG 2013) (2202 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. 3. Abschnitt § 22 (5) lautet:

„Die Gefährdungsabschätzung ist jedenfalls im Zusammenwirken von zumindest zwei Fachkräften zu treffen.“

*****

Wir werden, wie gesagt, eine getrennte Abstimmung verlangen, werden aber in dritter Lesung diesem Gesetz zustimmen. Und das tun wir dann nicht zähneknirschend, wie es irgendeine Kollegin einmal gesagt hat, sondern einfach im Wissen, dass wir hier eine Verbesserung des Status quo haben, vor allem auch in Hinblick darauf, dass sich die Kompetenzen ja nicht geändert haben. Die Kompetenzen sind gleich geblieben, und daher ist aus unserer Sicht auch in diesem Fall nicht mehr möglich. Aber ich hoffe sehr, dass gerade unser Abänderungsantrag – und ein ähnlicher ist auch von der FPÖ eingebracht worden – doch noch eine Mehrheit findet.

Wir begrüßen auch, dass die Evaluierung vorgezogen wurde. Das ist absolut wichtig, denn wir müssen in den kommenden Jahren wirklich schauen, was gut ist und wo wir absolut noch nachbessern müssen. Das ist etwas, was wir auch im Ausschuss disku­tiert haben und was uns als BZÖ besonders wichtig war.

Daher sage ich, wir müssen alles tun, damit Familie als System der Sicherheit und der Geborgenheit erhalten bleibt, und wenn Kinder in Gefahr sind, dann müssen wir rasch, schnell und professionell helfen. Und ich hoffe sehr, dass dieses Gesetz einen Beitrag dazu leistet. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.50



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 120

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen

eingebracht im Zuge der Debatte betreffend Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2191 d.B.): Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Fami­lien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (Bundes-Kinder- und Jugendhil­fegesetz 2013 – B-KJHG 2013) (2202 d. B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. 3. Abschnitt § 22 (5) lautet:

"Die Gefährdungsabschätzung ist jedenfalls im Zusammenwirken von zumindest zwei Fachkräften zu treffen."

Begründung

Gerade bei einem Erstbesuch zwecks Gefährdungsabklärung ist es unmöglich im Vor­hinein zu wissen, welche Umstände die Fachkräfte vorfinden werden, weshalb es beim Erstkontakt von besonderer Wichtigkeit ist, diesen Besuch zu zweit zu absolvieren und die Lage einzuschätzen bzw. die weitere Vorgehensweise abzuklären.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesmi­nister Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.50.49

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich deswegen jetzt nach der Frau Kollegin Ursula Haubner gemeldet, weil ich mich nicht nur für den sehr konstruktiven und sachlichen Redebeitrag bedanken wollte, sondern auch für die Unterstützung in der gesamten Angelegenheit, die eben längere Zeit in Anspruch ge­nommen hat. Wir haben hier eine sehr sensible Angelegenheit entwickelt, und sie hat wesentlich dazu beigetragen, dass wir dort sind, wo wir uns jetzt befinden. Ich sehe das genauso, wie Sie es auch geschildert haben, als deutliche Verbesserung, denn, meine Damen und Herren, bei dem Thema haben wir ganz einfach das Auseinander­klaffen zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

Sie haben auch das Jugendschutzgesetz angesprochen. Bei dem Thema haben Sie bemerkt, wie unterschiedlich die Meinungen in den Bundesländern aufeinanderprallen und wie schwierig es ist, hier einen gemeinsamen Nenner zu finden – noch dazu in ei­ner Angelegenheit, wo die Kompetenz bei den Bundesländern liegt. Ähnliches gilt für diese noch sensiblere Materie, bei der es darum geht, das Bundes-Kinder- und ‑Ju­gend­hilfegesetz festzulegen und vor allem zu novellieren.

Frau Kollegin Kitzmüller, ich hätte mir, was Veränderungsprozesse anbelangt, einfach ein bisschen mehr Verständnis von Ihnen erwartet. Das Problem, wie schwierig es so­gar ist, intern irgendetwas zu verändern, kennen Sie derzeit ja sicher auch in Ihrer ei-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 121

genen Partei. Hier haben Sie aber Interessen, die offensichtlich weit darüber hinausge­hen und natürlich bestimmte Gegensätze betreffen. – Nicht mir jetzt deuten, sondern das durchaus so bewerten!

Die Gegensätze sind folgende: Sie haben hier das Recht des Kindes und die Gefähr­dung des Kindes und auf der anderen Seite eine Abwägung, was die Achtung des Pri­vat- und Familienlebens anbelangt. Daher haben Sie dann auch genau diesen Gegen­satz gesehen, was die Verschwiegenheitspflicht und was die Meldepflicht anbelangt.

Ich sage Ihnen, dass wir mit dieser Regelung eine deutliche Verbesserung zum Status quo haben, da sie im Interesse der Kinder und Jugendlichen ist. Damit können über fünfjährige Verhandlungen beendet und darunter ein Schlussstrich gezogen werden.

Was die Sachlage selbst anbelangt, wurden drei Problembereiche angesprochen. Der erste ist, dass die Gefährdungsabklärung und Hilfsplanung mit dem Wort „erforderli­chenfalls“ verbunden wird. Und wegen des Wortes „erforderlichenfalls“ schließen Sie in der Entwicklung vom Erstentwurf bis zu diesem fünften Entwurf auf eine Art Abschwä­chung oder Aufweichung.

Wenn Sie sich die Mühe machen und den Inhalt des ersten und jenen des jetzigen Ent­wurfs vergleichen, dann ist auch im ersten Entwurf von einer Kann-Bestimmung die Rede und keine substanzielle Änderung zu dem gegeben, was wir jetzt festlegen, näm­lich „erforderlichenfalls“.

Sie haben die Frage gestellt, wer das definiert. Ich sage Ihnen, dass das Wort „erfor­derlichenfalls“ sehr klar mit einem Kriterienkatalog definiert ist. Ich gehe davon aus, dass die Fachkräfte in diesem Bereich gute Fachkräfte sind und dass sie bei einem Problemfall klar beurteilen können, ob eine Abklärung durch eine Fachkraft genügt oder ob eine komplexe Situation nach den Kriterien vorliegt und dann das Vier-Augen-Prinzip anzuwenden ist.

Daher ist das eine klare Verbesserung im Sinne der Jugendlichen und Kinder, aber auch ein klares Eingehen darauf, dass Sie ja sonst überall – bei jedem Einschreiten, auch beim Routineeinschreiten – mit zwei Personen antreten würden.

Und jetzt muss ich Ihnen noch eines sagen – und das war der Grund, warum wir auch die Verzögerung gehabt haben –: Die Mittel der Länder sind teilweise gegeben, aber nicht unbeschränkt. Daher war das mit ein Grund, warum wir jetzt seitens des Bundes eine Vorauszahlung leisten, eine Finanzierung leisten, und auf der anderen Seite dann im Finanzausgleich gewährleistet ist, dass die Finanzierung auch in Zukunft sicherge­stellt ist. Das ist eben die Situation: Grundsatzgesetzgebung durch den Bund und auf der anderen Seite Ausführungsgesetzgebung durch die Länder. Und weil Sie ja später dann noch einmal über Zweckbindungen diskutieren: Der Vertrag ist nach dem Motto „Pacta sunt servanda“ auch einzuhalten. Ähnliches gilt auch in diesem Bereich. Die Gefährdungsabklärung, die Hilfeplanung ist „erforderlichenfalls“ klar geregelt, eine ein­deutige Verbesserung.

Zum Zweiten haben wir eine Präzisierung, was das Verschwiegenheitsprinzip anbe­langt. Auch dort werden Sie, obwohl es teilweise Einwendungen gibt, eine klare Ver­besserung deswegen feststellen, weil die Verschwiegenheit und das Verschwiegen­heitsprinzip auch jetzt noch gelten, nur ist klar geklärt, dass von der öffentlichen Ein­richtung zu den privaten Einrichtungen eine Verpflichtung zur Information besteht, und umgekehrt von den öffentlichen Einrichtungen zu den Gerichten hin.

Da geht es um nichts anderes als um die komplette Aktenvorlage. Das war bis jetzt sehr diffus geregelt. In Zukunft ist ganz klar geklärt, dass eben alles zu übermitteln ist, was einen besseren Überblick ermöglicht. Daher ist das auch eine solidere Vorgangs­weise. Und im Endeffekt ist ganz klar dort abzugrenzen, wo es Einwendungen gibt, die auch zum Wohl des Kindes gemacht werden können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 122

Ein weiterer Punkt betrifft die Mitteilungspflichten, die bis jetzt ebenfalls schwammig abgeklärt waren. Das heißt im Klartext, wir haben das in Richtung einzelner Branchen gehabt, beispielsweise war die Beratungseinrichtung der Psychologen mitteilungs­pflichtig, die der Sozialarbeiter nicht mitteilungspflichtig. Das hat bei den einzelnen Stellen, wo Beratung geleistet worden ist, dazu geführt, dass der eine das auf den an­deren geschoben hat. Jetzt wird auf die Anstalt oder auf die Einrichtung insgesamt abgestellt. Daher ist das auch eine klare Verbesserung, was die Mitteilung anlangt. – Könnten Sie bitte (Bundesminister Dr. Mitterlehner dreht sich um in Richtung Präsi­dium) etwas leiser hinter mir sein, das ist eine wichtige Materie!

Was die Evaluierung betrifft, Frau Windbüchler-Souschill, muss ich Ihnen sagen, dass ich Ihre Einwendung nicht verstehe, dass angeblich im Entwurf gestanden ist: jährliche Berichterstattungspflicht ans Parlament. – Das habe ich ja bei allen Materien, dass das Parlament interessiert sein wird. Sie haben die Möglichkeit, einmal anzufragen. Aber darüber hinaus haben wir uns natürlich, nachdem sensible Materien zur Debatte ste­hen, auch selber verpflichtet, dass wir das Thema evaluieren. Und die Evaluierung liegt ja dann vor. Daher können Sie dann sehen, was konkret gemacht wurde, und haben den vollen Überblick.

Ich weiß nicht, warum es notwendig sein sollte, hier noch eine weitere Komponente einzuziehen – die wird Sie dann wahrscheinlich irgendwann einmal, vor lauter Kompo­nenten, worüber im Parlament berichtet werden soll, selber überfordern. Es ist eine ob­jektive Möglichkeit gegeben, sich zu informieren.

Auf der anderen Seite haben wir mit diesem Gesetz klare Verbesserungen, was die Qualitätsstandards anbelangt, eine Professionalisierung, was die Fachkräfteausbildung betrifft, und auch verschiedene Verbesserungen, was die Information und Dokumenta­tion anbelangt. Heute sind schon sehr oft der „Fall Cain“ und andere Fälle erwähnt wor­den. Hätten wir diese Informationspflicht, diese bessere Dokumentation, wie wir sie jetzt vorliegen haben, gehabt, wären all die Fälle wahrscheinlich im Ansatz erstickt und möglicherweise nicht passiert. Garantieren kann man das leider nicht.

Betreffend den Bereich der Prävention, die auch angemerkt worden ist, darf ich Ihnen sagen, dass das Gesetz natürlich auch präventive Ziele hat. Auch wenn hier nicht deut­lich auf den Präventionsformulierungsvorschlag eingegangen wird, ist es natürlich den sozialen Diensten und anderen verpflichtend vorgeschrieben, hier auch die Prävention entsprechend zu berücksichtigen.

Daher, meine Damen und Herren, wenn Sie all das bewerten und Anspruch und Wirk­lichkeit miteinander verbinden, werden Sie sehen, dass dieser Gesetzentwurf eine deutliche Verbesserung zum Status quo darstellt. Damit das nicht nur eine Behauptung meinerseits ist, werden wir das auch evaluieren und Sie damit auch objektiv feststellen können, ob ich etwas sage, was unrichtig ist, oder ob das beweisbar ist.

Da Sie das alles bewerten können, bleibt Ihnen aus meiner Sicht inhaltlich nicht viel anderes übrig, als dem auch wirklich zuzustimmen. Sonst müssen Sie verantworten, dass der Status so bleibt, wie er ist, und dass die Kinder und Jugendlichen keine ent­sprechende Gefährdungsabklärung und Hilfeplanung haben.

In diesem Sinne darf ich aber auch noch einmal allen Experten – es ist breit diskutiert worden –, vor allem auch den Kollegen und Kolleginnen vom Koalitionspartner und al­len anderen danken, die beteiligt waren.

Es ist eine ziemlich sensible Problematik, eine komplexe Problematik, die jetzt einer Erledigung zugeführt werden konnte. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 17 bis 21 zur Durchführung einer kurzen Debatte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 123

15.00.09Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zur Durchführung einer kurzen Debatte.

Die kurze Debatte betrifft den Antrag des Herrn Abgeordneten Mag. Widmann, dem Fi­nanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1866/A(E) der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der Zweckbindung für Wohnbaufördermittel der Länder eine Frist bis 24. April 2013 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesre­gierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Widmann. Ich er­teile es ihm. – Bitte.

 


15.00.59

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir sei­tens des BZÖ haben diese Woche sehr viele wichtige und richtige Themen vorgege­ben. Da wäre einerseits das Spekulationsverbot, das an der Regierung und auch an der FPÖ gescheitert ist, wir haben vorgegeben – erzwungen – die Diskussion über den Sparbuchklau im Zusammenhang mit der Lage in Zypern und wir geben heute das Thema Zweckbindung der Wohnbaugelder vor, denn die Regierung ist offenbar drauf und dran, ein Polittheater abzuführen, will aber keine Nägel mit Köpfen machen, um das leistbare Wohnen in Österreich wirklich auch dauerhaft abzusichern. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Daher haben wir heute einen Fristsetzungsantrag eingebracht. Wir wollen, dass unser Antrag auf Zweckbindung der Wohnbaufördermittel, den unser Klubobmann Josef Bu­cher bereits vor einem Jahr eingebracht hat (Abg. Riepl: Wo ist er? Er ist ja gar nicht da!), nämlich am 8. März 2012, nunmehr endgültig beraten wird, und zwar bis zur nächsten Sitzung. Das wäre kein Problem, denn wir haben ja auch eine Finanzaus­schusssitzung in der Zwischenzeit.

Wenn Sie gewillt sind, hier nicht nur Geplänkel abzuführen, um den Wähler und die Medien zu irritieren, sondern wirklich leistbaren Wohnraum dauerhaft abzusichern, dann müssten Sie auch dieser Fristsetzung zustimmen. (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

Inhaltlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt es eigentlich keinen Unter­schied zwischen dem, was wir bereits vor über einem Jahr beantragt haben, und dem, wovon Sie nunmehr infolge des Wahlkampfes draufgekommen sind, dass es richtig wäre.

Dass der Wohnbau ein wichtiger Faktor am Arbeitsmarkt ist, ist unbestritten. Dass Wohnbaupolitik auch Sozialpolitik ist, ist auch unbestritten. Aber der Punkt ist: Man muss es auch tun, nicht nur davon reden und hier ein Regierungsgeplänkel aufführen, sondern es auch umsetzen. – Kollege Krainer von der SPÖ, zu Ihnen komme ich gleich. Sie haben dabei eine ganz unrühmliche Rolle, Sie sind nämlich ein Oberverhin­derer in diesem Zusammenhang.

Der Wohnbau an sich ist ja davon gekennzeichnet, dass wir bei der Sanierung, aber auch bei der Förderzusicherung einen massiven Rückgang haben. Das bedeutet, die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 124

Leute wollen leistbares Wohnen haben, aber wir haben zu wenig Wohneinheiten dafür. Das heißt, wir haben hier akuten Handlungsbedarf.

Das Ganze ist auch eine Folge des Sparpaketes, denn wie wir alle wissen, haben Sie von der Bundesregierung die Bausparprämie um die Hälfte gekürzt. Es trifft ja 5 Millio­nen Bausparer, die Sie dafür abstrafen, dass sie Gelder zurücklegen, um sich Wohn­raum schaffen zu können. Das ist Ihre Leistung von der SPÖ und von der ÖVP.

Und was machen die Länder? Dann haben sie noch eines draufgesetzt. 2008 haben sie die Zweckbindung der Wohnbaugelder für Länder überhaupt abgeschafft. Was ha­ben die Länder gemacht, Kollege Krainer von der SPÖ? Die Länder haben mit diesen Mitteln ihre Budgetlöcher gestopft. (Abg. Dr. Matznetter:  Grasser!) Kollege Matznet­ter, die Länder haben noch eines gemacht: Sie haben mit diesen zweckgebundenen Wohnbaugeldern spekuliert, das wissen Sie! (Beifall beim BZÖ.)

Aber der Angriff geht in diese Richtung: In Niederösterreich, Herr Kollege Matznetter, hat man mit Wohnbaugeldern spekuliert. (Abg. Dr. Matznetter: Sie haben ! Schä­men Sie sich!) Ich sage Ihnen eines: Wenn pro Jahr den leistungswilligen Menschen 800 Millionen € an Wohnbauförderungsbeitrag abgezogen werden, und Sie mit diesem Geld spekulieren oder Budgetlöcher stopfen, dann ist das unzulässig, Kollege Matz­netter, und das gilt es auch in Zukunft hintanzuhalten!

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, ich sage Ihnen eines: 800 Millionen € Wohnbaufördergelder zweckwidrig zu verwenden, das ist Veruntreu­ung, Kollege Matznetter! Es ist Veruntreuung, was da stattgefunden hat! (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Dr. Moser. – Abg. Krainer: Das waren aber 4 Milliarden!)

800 Millionen Wohnbaufördergelder zweckwidrig einzusetzen, das dient eigentlich auch nur der ÖVP. Das ist ein Selbstbedienungsladen für die Länder, liebe Kollegen von der ÖVP. Das wissen wir, das haben Sie vorgelebt in Niederösterreich, dort haben Sie das Geld verspekuliert. Und ich unterstreiche das jetzt. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von BZÖ, ÖVP und SPÖ.) – Ich höre Empörung bei der ÖVP und auch bei der SPÖ.

Ich unterstreiche das mit zwei Zitaten. Die Zitate sind nicht von mir, liebe Kollegen von der SPÖ. Ich zitiere zunächst einmal eine Stelle: „Die eindeutig zweckgewidmet einge­hobenen Gelder dürften nicht für andere Dinge verwendet werden (...). Man habe den Ländern die Beiträge anvertraut. ,Das Wort kommt von vertrauen und nicht von ver­untreuen.‘“ Das sagt hier jemand. Nächstes Zitat: „,Das Geld sickert in verschiedene Kanäle hinein, ein erheblicher Anteil geht verloren. Wir wollen die Zweckbindung der Wohnbauförderung zurück.‘“

Wer sagt denn das? – Herr Kollege Leitl sagt das, und der dürfte der ÖVP nicht ganz unbekannt sein.

Und weil die Erregung da drüben bei der SPÖ vorhin so groß war, noch ein Zitat. Da sagt jemand:

„Die Lockerung und Abschaffung der Zweckbindung bei den Wohnbaufördermitteln war ein folgenschwerer politischer Fehler. Dadurch wurde ein ‚Selbstbedienungsladen für die Landespolitik eröffnet.“

Wer sagt das, Kollege Matznetter? – Kollege Muchitsch von der SPÖ, Ihr Nationalrat sagt das! (Abg. Dr. Matznetter: Wir waren in der Opposition! Sie sind schuld!  Scheib­ner!)

Na dann reparieren Sie es! Dann machen Sie es wieder gut, Kollege Matznetter von der SPÖ! Jammern Sie hier nicht dauernd herein, sondern setzen Sie endlich Taten, dass das Wohnen in Österreich wieder leistbar wird. (Abg. Krainer – in Richtung BZÖ


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 125

deutend –: Dort sind die! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von BZÖ und SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Meine Damen und Herren, können wir wieder etwas mehr Disziplin an den Tag legen?! – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (fortsetzend): Danke, Frau Präsident! Es ist auch gut, wenn die SPÖ einmal zur Räson gerufen wird, denn dieses Theater kann man sich wirklich nicht länger anhören, wenn hier nämlich nur herumgemault wird und keine Fakten, keine Taten gesetzt werden. (Beifall beim BZÖ.)

Ich lese Ihnen noch etwas vor, Kollege Matznetter, nämlich aus einem Antrag zur Zweckbindung der Wohnbaufördermittel. Darin heißt es etwa:

„Die Bundesministerin für Finanzen wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Re­gierungsvorlage vorzulegen, mit der eine Zweckwidmung der Wohnbauförderungsgel­der wieder eingeführt wird, um mehr leistbaren Wohnraum zu schaffen und zur Stabi­lisierung der Mieten beizutragen ()“.

Ich unterstreiche das. Das ist Ihr Klubobmann Josef Cap. – Das war der erste Antrag. (Abg. Dr. Matznetter: Der Bucher ist nicht da! Abgetaucht!)

Zweiter Antrag, Kollege Matznetter, ich lese wieder vor:

„Die Bundesministerin für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend ei­nen Gesetzesentwurf zuzuleiten, mit dem die Bindung der den Ländern seitens des Bundes gewährten Mittel für Zwecke des Wohnbaus, der Wohnbausanierung, der Fi­nanzierung von Maßnahmen zur Erhaltung oder Verbesserung der Infrastruktur und zur Finanzierung von Maßnahmen zur Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen wiedereingeführt wird.“

Das ist inhaltlich genau dasselbe, nur etwas präziser, weil dieser Antrag ja vom BZÖ ist, etwas umfassender, aber inhaltlich auf Punkt und Beistrich genau dasselbe. Da fra­ge ich mich jetzt, warum Sie dem nicht zustimmen. Ich verstehe das einfach nicht.

Jetzt komme ich zum Kollegen Krainer. Wir haben letzte Woche im Finanzausschuss dieses Thema diskutiert und wollten mit einer Zweidrittelmehrheit das Thema bereits im Finanzausschuss auf die Tagesordnung setzen. Kollege Westenthaler hat das bean­tragt, und was hat der Kollege Krainer damals gesagt? – Nein, das wollen wir nicht im Finanzausschuss diskutieren. Klammer auf: Das wollen wir mit den Medien parteipoli­tisch verkaufen, und dann beschließen wir das vielleicht in der nächsten Periode – Klammer zu. Das sage ich jetzt einmal, Kollege Krainer. (Abg. Krainer: Das stimmt ja gar nicht!) – Herr Kollege Krainer, Sie können noch herauskommen.

Ihre Begründung im Finanzausschuss war: Nein, ein Entschließungsantrag wäre uns zu seicht, wäre uns zu wenig. Und jetzt bringen Sie selbst einen Entschließungsantrag ein. Wie scheinheilig ist denn das, meine Kollegen von der SPÖ und von der ÖVP?! Was müssen denn die Zuschauer vor den Fernsehschirmen für eine Meinung haben von dieser SPÖ, die so umfällt und nur aus parteitaktischen Gründen hier etwas ver­zögern und nicht zustimmen will?! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht weiter. Wenn diese Grundlage, wenn diese Basics der Zweckwidmung der Wohnbauförderung nicht geschaffen sind, sind al­le weiteren Diskussionen im Zusammenhang mit der Wohnbauförderung – und da gibt es viele Vorschläge, gute Vorschläge auch seitens der ÖVP, der SPÖ, der Grünen, der Blauen, vom BZÖ – obsolet.

Das sind die Basics. Wir könnten etwa über einen Gehalts-Check für Wohnen im Ge­meindebau diskutieren. Das werden die Grünen gerne machen wollen, zusammen mit


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dem Kollegen Pilz. Ich nehme an, dass der Kollege Pilz, der in einer billigen Gemein­dewohnung lebt, dafür Verständnis haben wird. Es geht darum, die Treffsicherheit zu erhöhen und einmal zu fragen, ob jemand, der Wohnbaufördergeld erhält, es auch nach einigen Jahren noch verdient und ob man da Checks machen kann.

Es geht um die Kontrolle im gesamten Wohnbausektor. Der Revisionsverband ist be­setzt mit Funktionären aus den Wohnbaugenossenschaften. Das heißt, die Kontrollore sind die, die da letztendlich auch anschaffen, die kontrollieren sich selbst. Aber das funktioniert nicht! Das hat auch der Rechnungshof kritisiert.

Es geht um den Politsumpf in den Ländern: 20, 30 Wohnbaugenossenschaften in Oberösterreich, in Niederösterreich, im Burgenland, in Vorarlberg, wo auch immer, be­setzt nach dem rot-schwarzen Prinzip, besetzt mit hochdotierten Posten! Da muss man einmal hineinfahren. Da sind noch Milliarden an Rücklagen vorhanden, die keiner an­greifen will, weil Sie nicht den Mut haben, diese freizusetzen, anstatt die Bürger weiter zu schröpfen und zu belasten.

Es geht auch darum, unsere Vorschläge vom BZÖ umzusetzen. Schaffen wir doch die Mietvertragsgebühr ab, die braucht kein Mensch, die stammt aus der k. u. k. Zeit! Schaffen wir doch die 10 Prozent Umsatzsteuer auf die Mietverträge ab! Damit würde man sofort die Wohnkosten für die gesamte Wohnungsmiete um 10, 12 Prozent pro Jahr senken! (Abg. Dr. Matznetter:  steigen! Sie haben ja keine Ahnung!)

Herr Kollege Matznetter, der Gipfel ist ja der: Was wird denn die Frau Schmauswaberl im 10. und 11. Bezirk sagen, wenn ich Ihnen jetzt als Gipfel überhaupt aus dem Bezü­gegesetz den § 17 vorlese?! Darin steht:

„Dem Bundespräsidenten und dem Bundeskanzler gebührt eine Amtswohnung. Wird eine Amtswohnung nicht in Anspruch genommen, so sind die nachgewiesenen Miet- und Betriebskosten für die Haltung einer angemessenen Wohnung zu ersetzen.“

Was sagt die Frau Schmauswaberl im 10. oder 11. Arbeiterbezirk in Wien dazu? Sie bekommt nicht einmal einen Zuschuss, sie bekommt keine Unterstützung – und die bekommen sogar das Geld refundiert! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.) Dieser Paragraph ist sofort ersatzlos zu streichen!

Wir werden Sie heute daran messen, ob Sie diesem Antrag zustimmen und nicht nur vor Wahlen groß daherblubbern, sondern konkret die Miete in Österreich senken wol­len! (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Dr. Moser. Abg. Krainer: Wovon reden Sie bitte?!)

15.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Re­dezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten 5 Minuten beträgt.

Frau Abgeordnete Mag. Becher gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Abg. Dr. Matznetter:  Bu­cher! Der soll reden und nicht verschwinden! – Ruf beim BZÖ: Kümmer dich um deine eigene Fraktion! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von BZÖ und SPÖ.)

 


15.11.38

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute das Problem der nicht zweckgebundenen Wohnbauförde­rungsmittel hier im Plenum diskutieren; denn ich denke, das gibt auch der ÖVP die Möglichkeit, sich im Sinne ihres Parteiobmanns heute zur Wiedereinführung der Zweckbindung zu äußern. (Beifall bei SPÖ, BZÖ und Grünen.)

Die Positionen der SPÖ sind ja bekannt. Die ÖVP-Vorschläge hingegen, die in den letzten Tagen über die Presse und Medien bekannt geworden sind, sind für mich ein Ablenkungsmanöver, weil sie keinerlei Verbesserungen für die Mieter bringen. Es ist kein einziger mietrechtlicher Vorschlag bei dem dabei, was öffentlich vorliegt.


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In Bezug auf die Wohnbauförderung hoffe ich doch noch auf einen gemeinsamen Be­schluss über eine Zweckbindung in dieser Legislaturperiode.

Die Wohnbauförderungsmittel, die zur Schaffung von Wohnungen zur Verfügung ge­stellt werden, haben in Österreich eine lange Tradition, das geht schon in die Zeit der Ersten Republik zurück. 1989 wurde das Wohnbauförderungs-Zweckzuschussgesetz in Kraft gesetzt und dann 2002, das ist heute schon angesprochen worden, in Zweck­zuschussgesetz umbenannt, wobei es um eine Zweckbindung auf Maßnahmen der In­frastruktur erweitert wurde und auch die Finanzierung von Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen eingeführt wurde. Gleichzeitig wurden aber die Rückflüsse nicht mehr zweckgebunden, was ein großer Fehler war.

Später – und das ist noch unter Finanzminister Grasser vereinbart worden – ist der Zweckzuschuss komplett außer Kraft gesetzt worden. Gleichzeitig sind ab 2002 die Darlehen verkauft worden, und das viel zu billig, muss man sagen, denn bei diesen Verkäufen wurde der Nominalwert nur mehr zu 54 Prozent erreicht. Das ist natürlich eine Schwächung der Finanzierungskraft. Es ist weniger Geld für den Wohnbau zur Verfügung gestanden. Es waren Darlehen im Wert von 10 Milliarden €, die da verkauft wurden.

Nun zum Antrag des BZÖ, der wieder eine Zweckbindung fordert, mit der Rückkehr zur Rechtslage von 2002. Das ist aus unserer Sicht nur eine marginale Verbesserung, weil es eine Zweckbindung-light ist. Ich werde das auch begründen.

Es sind die Rückflüsse aufgehoben, die sind da nicht inkludiert. Wiederhergestellt wer­den sollen Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur und auch Maßnahmen zur Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen. Uns Sozialdemokraten geht es in ers­ter Linie um die Schaffung von neuem, leistbarem Wohnraum, und das ist entschei­dend. (Abg. Grosz: Ja, das schafft ihr dann mit der Zweckbindung!) Für Verbesse­rungsmaßnahmen für die thermische Sanierung gibt es eine Reihe anderer Töpfe. Da ist zum Beispiel der Sanierungsscheck, der zur Verfügung steht, der leider nicht ganz ausgeschöpft wird.

Wenn wir uns zum Beispiel die gemeinnützigen Bauvereinigungen ansehen, die eine ganz, ganz hohe Sanierungsrate haben, wo 6 Prozent im Jahr erreicht werden, wobei über 90 Prozent der Wohnungen, die vor 1980 gebaut wurden, bereits thermisch sa­niert sind, sehen wir, dass das also auch mit geringen, begrenzten Mieten geht. Des­halb wollte ich das als Beispiel nennen.

Wohnen hat bei den Treibhausemissionen überhaupt nur einen Anteil von 13 Prozent, Verkehr hingegen von 27 Prozent, die Industrie von 29 Prozent. Und von 1990 bis 2002 ist der Anteil an Treibhausemissionen, der durch das Wohnen beziehungs­weise durch die Raumwärme verursacht wird, deutlich zurückgegangen. Aus diesem Grund lehnen wir diesen Antrag ab, weil er für uns eben nicht dafür geeignet erscheint, die Wohnbauförderung anzukurbeln.

Wir treten für eine echte Zweckbindung der Wohnbauförderung ein, für ein sich selbst tragendes Finanzierungssystem, das unabhängig von der Konjunktur Sicherheit beim Wohnen schafft, wobei Rückflüsse aus den Darlehen wieder hereinkommen und somit auch Steuergeld im Wohnbautopf bleibt und so leistbare Wohnungen geschaffen wer­den.

Das ist ein Aspekt, aber leistbare Wohnungen setzen sich aus mehreren Aspekten zu­sammen. Das ist in unserem Wohnbauprogramm nachzulesen. Ich nenne noch zwei aus unserer Sicht wichtige Forderungen. Das sind transparente Mietverträge mit einer Begrenzung von 25 Prozent der Zu- und Abschläge – das würde im Wiener Bereich zirka 6,50 € ausmachen – und eine Abschaffung der befristeten Verträge, deren Zahl


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natürlich auch viel zu hoch ist, dreiviertel aller neuen Mietvertragsabschlüsse sind be­fristet. So fordere ich den Koalitionspartner auf, dies mit uns auch umzusetzen! (Beifall bei der SPÖ.)

15.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Sin­ger. – Bitte.

 


15.16.56

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Ich freue mich und wir freuen uns, dass die Vorschläge der ÖVP, unseres Obmannes Michael Spindelegger zum Thema leistbares Wohnen, er­schwingliches Eigentum und bezahlbare Mieten eine breite Diskussion ausgelöst haben. Das ist wichtig, weil das Thema Wohnen die Menschen bewegt, weil das The­ma Wohnen den Menschen immer mehr Geld kostet und viele Menschen, ob sie al­leine wohnen oder mit ihren Familien, einen Großteil des Einkommens für Wohnkosten ausgeben müssen. (Abg. Mag. Gaßner: Was hat der Pröll gesagt?! – Abg. Mag. Wid­mann: Führt die Zweckbindung wieder ein!)

Ein Vorschlag aus dieser Fülle von Vorschlägen betrifft auch die Förderzusicherung beziehungsweise die Wohnbauförderung beziehungsweise das Thema Zweckbindung. Kollegin Becher hat es schon angesprochen: Wie ist denn die Aufhebung der Zweck­bindung entstanden? Zuerst gab es eine Aufweichung 2001, und da hat es eine kon­krete Begründung gegeben, die bereits angesprochen wurde. Es sollte nämlich Zu­schüsse geben für Infrastrukturmaßnahmen und für Maßnahmen zur Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen.

Weiters wurde – auch das wurde bereits angesprochen – mit dem Finanzausgleichs­gesetz 2008, de facto mit 1. Jänner 2009, die Zweckwidmung für den Wohnbau durch die Umgestaltung des Wohnbaufördersystems aufgehoben.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Aufhebung war Teil des Finanzausgleiches. Da­her soll durch die Wiedereinführung die Steigerung der Förderzusagen – auch wieder in Verhandlung mit den Ländern im Rahmen des nächsten Finanzausgleiches – erfol­gen. (Abg. Dr. Moser: Ja, darum wollen wir das ja beschließen!)

In der Diskussion der letzten Wochen und Tage konnte man den Eindruck gewinnen, die Wiedereinführung der Zweckwidmung sei das Allheilmittel für die Senkung der Kos­ten für das Wohnen. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Mehr Förderzusagen sind ei­ne Maßnahme von vielen. Es braucht aber eine Fülle von Maßnahmen, um die Kosten­situation zu verbessern.

Beweis dafür ist für mich die Stadt Wien. Wie aus einer Aussendung von Wohnbau­stadtrat Dr. Ludwig zu erfahren ist, gibt die Stadt Wien deutlich mehr an Fördermitteln für den Wohnbau aus, als sie früher durch den Finanzausgleich zur Verfügung gestellt bekommen hat. Das heißt: mehr Mittel und trotzdem eine weit unter dem Bedarf lie­gende Neubauleistung. (Abg. Mag. Kuzdas:  spekuliert!)

In Wien fehlen im Gegensatz zu den Bundesländern mindestens 3 000 Neubauwoh­nungen pro Jahr (Zwischenruf des Abg. Riepl), daher schlagen wir weitere Maßnah­men vor. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Wir müssen neuen Wohnraum schaffen. Wir brauchen eine Mobilisierung des Wohnungsmarktes, und wir wollen Österreich zu ei­nem Land der Haus- und Wohnungseigentümer machen. (Beifall des Abg. Mag. Gerstl. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dazu ein paar konkrete Vorschläge: Die Pensions- und Vorsorgekassen sollen die Möglichkeit bekommen, bis zu 10 Prozent ihres Kapitalvolumens in den gemeinnützi­gen Wohnbau zu investieren. (Abg. Mag. Kuzdas:  Zweckbindung zu tun! – Abg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 129

Krainer: Wie hoch ist die Rendite?) Das bedeutet ein Ankurbeln der Neubauleistung. (Abg. Krainer: Wer zahlt die Rendite? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Mehr Gerechtigkeit im Gemeindebau: Wir brauchen – und das ist vom Kollegen Wid­mann auch schon angesprochen worden – klare Regelungen und transparente Verfah­ren bei der Vergabe von Gemeindewohnungen. Wir brauchen einen Stopp der Ge­meindebau-Zweitwohnungen. (Abg. Krainer: Gibt es gar keine!) Und wir brauchen re­gelmäßige Überprüfungen der Vergabekriterien, das heißt: Die Voraussetzungen für die Vergabe von Sozialwohnungen müssen regelmäßig überprüft werden. (Abg. Krai­ner: ... 300 000 Gehaltsbestätigungen kontrollieren!  gute Idee!)

Wenn diese Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind (Abg. Krainer: 300 000!), schlage ich entweder die Anpassung des Mietpreises oder die Rückstellung der Woh­nung oder eine Kaufoption vor. Durch diese Wahlmöglichkeit kommt es mit Sicherheit nicht zu einer Gettobildung, wie dies in den Diskussionsbeiträgen der letzten Tage immer wieder zu hören war. (Abg. Krainer: Ich dachte, Sie sind für Bürokratieabbau! – Ruf bei der ÖVP: Rote Bonzen!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ! (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Ich darf Ihnen zu diesem Thema den Leitartikel von Helmut Brandstätter im „Kurier“ (Abg. Krainer:  300 000 Gehaltsbestätigungen !) zur Lektüre empfehlen, er schreibt: „Es soll ja niemand aus seiner angestammten Umgebung vertrieben werden, aber warum dürfen Preise im sozialen Wohnbau nicht sozial gestaffelt sein?“ (Beifall des Abg. Mag. Gerstl. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Reihe von Maßnahmen sind notwendig, um Wohnen kostengünstig gestalten zu können. (Abg. Krainer: Der Kindergarten in Wien ist gratis!  keine soziale Staffelung!) Wir sind natürlich für den Einsatz der Wohnbau­förderungsmittel für den Wohnbau (Zwischenruf des Abg. Krainer), befinden aber den Finanzausgleich für zuständig und lehnen daher den Fristsetzungsantrag ab. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Der Kindergarten in Wien ist nicht gestaffelt, sondern gratis! – Ruf bei der ÖVP: Ja, aber auch erst seit Kurzem!)

15.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgor­schek. – Bitte.

 


15.22.37

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­te Damen und Herren! Wir erleben ja gerade wieder ein Lehrbeispiel für ein koali­tionäres Schattengefecht in Vorwahlzeiten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der SPÖ.) Alle wollen die Wiedereinführung der Zweckbindung, letzten Endes aber wird von vornherein abgelehnt, dass wir im Finanzausschuss darüber diskutieren.

Wir wissen, dass die Mieten steigen, und es ist natürlich klar, dass das die Folge des­sen ist, dass diese Zweckbindung abgeschafft worden ist. Mag sein, dass sie Anfang der 2000er Jahre abgeschafft wurde beziehungsweise erst im Jahre 2008 durch den Finanzausgleich. Letzten Endes ist die Urheberschaft aus meiner Sicht völlig sekundär. Entscheidend ist, dass jetzt Vizekanzler Spindelegger vorgeprescht ist, nachdem Prä­sident Leitl festgestellt hat, die Zweckbindung müsse wieder eingeführt werden.

Die SPÖ – und das gestehe ich zu – ist ja dafür und hat sich auch dementsprechend klar geäußert. Jetzt zieht der Vizekanzler seine Meinung wieder etwas zurück, weil er draufgekommen ist, dass die Länder da nicht ganz mitspielen. Da wird er also wieder gebremst, denn die Länder brauchen natürlich teilweise die Wohnbaugelder zum Stop­fen ihrer Budgetlöcher und können vor allem ihre Budgets nicht sofort ändern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 130

Jetzt heißt es, wir müssen eine große Wohnbauinitiative starten. – Was dabei heraus­kommen wird, wissen wir; ich gehe einmal davon aus, dass es in dieser Gesetzge­bungsperiode nicht mehr über die Bühne gehen wird. Dabei hätten wir durchaus eine Win-win-Situation, wenn wir die Zweckbindung wieder einführen würden, denn das führt einerseits zu verstärktem Wohnbau und letzten Endes zur Senkung der Mieten, fördert andererseits die Bauwirtschaft und bringt neue Arbeitsplätze. Und ich glaube, da sind alle der hier anwesenden Abgeordneten einer Meinung, dass das durchaus ein positiver Aspekt wäre.

Ich schaue mir jetzt mein Heimatbundesland Oberösterreich an: Wir haben zwar keine Zweckbindung, aber die Gelder fließen Gott sei Dank eins zu eins in das Wohnbau­ressort – zufällig unter freiheitlicher Verantwortung. Wir können feststellen, dass wir zum Beispiel in Oberösterreich dadurch eine stabile Bauleistung haben.

Das ist aus meiner Sicht aber nur ein Beitrag zu leistbarem Wohnen und nur eine von vielen Fragen in dieser Problematik, denn wir haben genug andere Probleme, durch die das Wohnen verteuert wird.

Das Wohnen wird zum Beispiel vom Staat selbst verteuert. Es steigen nämlich nicht nur die Mieten, sondern vor allem die gesamten Betriebskosten durch Abgaben und Gebühren, und da machen sich manche Länder durchaus  (Abg. Krainer: Kann nur eine Gemeinde sein !) – Danke für den Hinweis, lieber Kollege Krainer! Gerade Wien ist ja beispielgebend, wie Sie mit den Gebühren angefahren sind und den Wohnbau dadurch radikal erhöht haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen aber auch, dass es bei der Zweckbindung für den Wohnbau nicht zu Quer­subventionen kommt, denn letzten Endes wird aus den Wohnbaumitteln auch die Wohnbeihilfe ausgezahlt. Die Wohnbeihilfe gehört aus unserer Sicht eher in den So­zialbereich und höhlt dann wieder die Mittel für den Wohnbau radikal aus.

Der Verkauf von Wohnbaudarlehen ist ebenfalls sehr problematisch, denn gerade mit dem Verkauf der Wohnbaumittel hat man einerseits Budgets saniert, wie wir wissen, und die Erlöse dadurch zweckentfremdet; oder man hat – und da gebe ich der SPÖ vollkommen recht, ich habe den Zwischenruf ja vernommen – diese Gelder zum Spe­kulieren hergenommen, wie es in Niederösterreich geschehen ist. (Abg. Mag. Kuzdas: Das ist aber keine Empfehlung?!) – Ich habe das kritisiert, Herr Kollege. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Summa summarum kann man eines sagen: Es muss langfristig und mittelfristig das Ziel sein, dass die Gelder wieder in den Wohnbaukreislauf zurückgeführt werden, denn nur dann erzielen wir mittelfristig gerechte Mieten, die sich unsere Bevölkerung auch leisten kann. (Beifall bei der FPÖ.)

15.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Ab­geordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


15.27.50

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren hier im Plenum, auf der Galerie und vielleicht auch zu Hause! Sie werden ja jetzt wieder Zeugin oder Zeuge einer völlig absurden Situation: Alle Frak­tionen in diesem Haus sind dafür, dass die Zweckbindung der Wohnbauförderung wie­der eingeführt wird. Immerhin hat jeder diesen Weg der Vernunft inzwischen wieder­gefunden. (Rufe beim BZÖ: Aber! Aber!)

Aber: Da heißt es: der Finanzausgleich!, da heißt es: Der Koalitionspartner will noch nicht! Wir können aber jederzeit abstimmen, Herr Kollege, wir brauchen ja nur einen Antrag. Momentan haben wir aber keinen Antrag. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 131

Momentan können wir nur darüber diskutieren, wann dieser hier vorliegende Entschlie­ßungsantrag endlich einmal behandelt wird. Der liegt ja schon seit dem Jahr 2012; ich glaube, der liegt schon seit Oktober 2012 und wurde immer auf die Seite geschoben.

Ich selber habe 2001 – und vor 2001 – schon gesagt: Es wird zu einem Eigentor, wenn wir die Zweckbindung der Wohnbaufördergelder beseitigen. Und 2001/2002 war ja der erste Schritt die Öffnung in Richtung Infrastrukturabgaben, die Öffnung in Richtung thermische Sanierung, was ja beim Wohnbau Sinn macht.

2008 kam es halt dann unter Molterer zur wohnbaupolitischen – bleiben wir im katholi­schen Bereich – Todsünde, muss man sagen. Man hat die Zweckbindung völlig aufge­löst.

Und jetzt kommt der nächste absurde Zustand: Nehmen Sie – Danke, Kollege Dolin­schek! –, das Heftchen „Die österreichische Sozialversicherung in Zahlen“ zur Hand! (Die Rednerin zeigt das genannte Schriftstück.) Schlagen Sie bitte Seite 7 auf, „Beiträ­ge und Umlagen ab 1. Jänner 2010“!

Was zahlen Sie persönlich, Sie alle, alle Angestellten, alle ArbeiterInnen, alle BeamtIn­nen, alle Nationalratsabgeordneten? – Sie zahlen praktisch 1 Prozent als sogenannten Wohnbauförderungsbeitrag ein. Das hat einen Titel, Ihre Abgabe hat den Titel „Wohn­bauförderungsbeitrag“. Der Unternehmer hat auch 0,5 Prozent Wohnbauförderungsbei­trag zu zahlen.

Sie zahlen es ein, dann kommt es in die Kassa, dann kommt das Mascherl weg, dann ist die Zweckbindung weg. Und dann – und das ist das Interessante – sagt die In­dustriellenvereinigung, sagt Herr Wirtschaftskammerpräsident Leitl – meines Erachtens mit völlig stringenter Logik –: Wenn es keine Zweckbindung der Wohnbauförderung mehr gibt, dann brauchen wir nicht mehr einzuzahlen! (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Wozu zahlen wir denn ein, wenn wir unter einem Titel einzahlen, den es gar nicht mehr gibt? Wozu sollen wir weiter einzahlen? – Und das ist eine Negativspirale, die zum Ver­hängnis wird. Bei der Aufhebung der Zweckbindung haben wir schon das halbe Ver­hängnis. Wir hatten ja schon einen Rückgang der Neubauwohnbauleistung vom Jahr 2010 auf das Jahr 2011 um 20 Prozent; von 24 000 Wohnungen auf 17 335 Woh­nungen. Das ist inzwischen wieder ein bisschen besser geworden, aber es hat uns ja gefehlt.

Was uns noch mehr fehlt von diesem ursprünglich wirklich genialen Konzept – ich kom­me dann später noch darauf zurück – der Wohnbauförderung und der rückfließenden Darlehen, das ist natürlich der Rückfluss der Darlehen, denn da haben die Bundeslän­der schon damals, ab 2001, verkauft und verspekuliert.

Verkauft wurde zum halben Preis, logisch. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Wenn also wie in Niederösterreich die Darlehen 8 Milliarden wert sind, hat man sie um 4 Milliarden verkauft, weil sie ja noch ausstehend waren, und die 4 Milliarden hat man dann ange­legt und verspekuliert. Der Rechnungshof stellt fest: 1 Milliarde Fehlbetrag – kann man nachlesen.

In Salzburg – das habe ich Ihnen gestern schon gesagt – ist man zur Bundesfinanzie­rungsagentur gegangen und hat gesagt: Gebt uns Wohnbaugeld! Über 1 Milliarde ha­ben sie bekommen, 600 Millionen in den Wohnbau, 440 Millionen Veranlagung. Heute heißt es, die Veranlagung sei eigentlich nicht mehr ersichtlich. Man weiß nicht, wo und wie und was eigentlich verloren ist. Morgen heißt es wieder, es sei schon da; über­morgen heißt es wieder, nein, es sei weg. Man kennt sich nicht mehr aus. Es ist auf dubiose Art und Weise veranlagt worden – Wohnbaugelder, oder Gelder, die unter dem Titel „Wohnbau“ ausgeborgt worden sind.

Jede und jeder von Ihnen weiß, wie dringend notwendig es ist, dass Wohnen leistbar bleibt und wieder leistbar wird. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 132

Gerade die jungen Menschen, gerade die Studentinnen und Studenten stehen unter ei­nem besonderen Mietendruck. Auf der einen Seite ist der verbesserte Neubau, der ver­stärkte Neubau, das bessere Angebot bei den Gemeinnützigen oder auch bei den Ge­meindewohnungen Voraussetzung. Unserer Meinung nach heißt Verbilligen beim Bau­en auch billigere Grundkosten, billigere Finanzierungskosten; daher heißt das auch: die Förderbeiträge nützen, die Förderbeiträge erhöhen, eine Bundesagentur einrichten. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Auf der anderen Seite sagen wir: Leistbares Wohnen ist nur dann möglich, wenn es auch bei den Mieten Transparenz gibt und wenn es auch bei den Mieten Obergrenzen gibt.

Frau Kollegin Becher, ich bin immer auf Ihrer Seite, aber über eines haben wir nie dis­kutiert; das ist einzigartig in dieser Legislaturperiode. Fünf Jahre sitzt diese Regie­rung – heute nicht, aber normalerweise schon (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuer­lich das Glockenzeichen) – auf der Regierungsbank, und kein einziges Mal wurde im Bautenausschuss über das Thema Mieten gesprochen – weil die nicht wollen.

Rennen Sie sich Ihre Stirn – man sieht es nicht, aber vielleicht ist es wirklich so – blu­tig, und Herr Kollege Singer vielleicht nicht die Stirn, sondern die Nase 

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Sie sind schon eine Minute über der Redezeit.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne) (fortsetzend): Entschuldigung, Frau Präsi­dentin! (Beifall bei den Grünen. – Heiterkeit beim BZÖ.)

15.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Grosz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.34.06

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Frau Präsidentin! Im Gegensatz zu manch ande­ren Rednern hat Frau Abgeordnete Moser hier das vollkommen Richtige gesagt, was die Wohnbauförderung betrifft. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Was mich wundert, ist, dass Abgeordnete der Österreichischen Volkspartei und der Sozialdemokratie sich hier herstellen und sich würgen, um zu erklären, warum sie dem Antrag, der nicht im Oktober 2012, sondern exakt am 8. März 2012 bereits von Josef Bucher eingebracht wurde – nämlich betreffend die Wiedereinführung der Zweckbin­dung für Wohnbaufördermittel der Länder –, nicht zustimmen.

Sehr geehrte Damen und Herren, Rot und Schwarz haben nach dem Wahlerfolg der Kommunisten in Graz – und auch aus Angst vor Protestbewegungen – gemerkt: Hopp­la, im sozialen Wohnbau sollten wir etwas tun!

Der soziale Wohnbau wird immer mehr zum Schauplatz ethnischer Auseinanderset­zungen und Konflikte. Der soziale Wohnbau wird von den einzelnen Städten, die die Zuweisung machen, mit Zuwanderern vollgepfropft, wodurch wir dann massive ethni­sche Konflikte und eine Zuwandererrate von über 90 Prozent im sozialen Wohnbau haben. Und jetzt kommen Sie – sechs Monate vor der Wahl – daher und bringen den Vorschlag der Zweckwidmung der Wohnbaufördermittel, den wir 2012 eingebracht ha­ben.

Ich frage Sie wirklich, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ und von der ÖVP, wieso Sie diesem Entschließungsantrag, auch der Fristsetzung, dass wir überhaupt einmal darüber diskutieren, nicht zustimmen können?

Der Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl von der Österreichischen Volkspartei sagt im Hinblick darauf, dass Ihre Parteien, ÖVP wie SPÖ, in Niederösterreich und


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Salzburg Wohnbaugelder verspekuliert haben (Rufe beim BZÖ: Und veruntreut!), dass man den Ländern das Geld anvertraut hat, aber nicht zum Veruntreuen.

Der sozialdemokratische Abgeordnete Josef Muchitsch meint: „Die Lockerung und Ab­schaffung der Zweckbindung bei den Wohnbaufördermitteln war ein folgenschwerer politischer Fehler. Dadurch wurde ein ‚Selbstbedienungsladen‘ für die Landespolitik er­öffnet.“

Sie sind nicht in der Lage und auch nicht bereit, heute, hier in dieser Debatte einer Fristsetzung überhaupt einmal zuzustimmen, damit wir die Wohnbaufördermittel end­lich wieder zweckwidmen. – Ja, wissen Sie denn, was Sie mit Ihrer Untätigkeit dem so­zialen Wohnbau in Österreich antun?

Alleine in Graz haben wir eine Wohnungsnot: Mehr als 1 000 Familien warten auf eine Sozialwohnung in der zweitgrößten Stadt Österreichs, und die Gelder dafür, dass wir in der Steiermark, in Graz beispielsweise den sozialen Wohnbau endlich ausbauen kön­nen, fehlen.

So wie es in Graz aussieht, sieht es in Klagenfurt aus, und das gleiche Dilemma haben wir auch in Wien. Wir haben zu wenig finanzielle Mittel für den sozialen Wohnbau, aber ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen zahlen gemeinsam Monat für Monat 1,5 Pro­zent, damit Sie – Ihre Landesfürstin Burgstaller in Salzburg und Ihr Landesfürst Pröll in Niederösterreich – die Wohnbaugelder verspekulieren und am Altar der internationalen Finanzmärkte opfern. (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Dr. Moser.)

Dafür zahlen die ArbeitnehmerInnen und die ArbeitgeberInnen, die Wirtschaft, das Rückgrat dieses Landes nicht 1,5 Prozent, damit Sie in Ihrer Casino-Manier das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verzocken! Wir wollen die Wiedereinführung der Zweckbindung, und wir sind auch massiv entsetzt darüber, was im Rahmen des Fi­nanzausgleichsgesetzes 2008 geschehen ist.

Jetzt ist ja Herr Matznetter Gott sei Dank wieder im Saal, denn vorhin hat er schon ge­schrien, das sei alles 2002 schon abgeschafft worden. – Ein Blödsinn! Ich habe alle Regierungsvorlagen mitgenommen, zur Beweisführung. (Der Redner hält mehrere Schriftstücke in die Höhe. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Im Jahr 2008 lautete § 1: „Der Bund gewährt den Ländern zum Zwecke der Finanzie­rung der Förderung des Wohnbaues und der Wohnhaussanierung“ folgende Mittel. Wenn mich nicht alles täuscht, waren Sie damals als Staatssekretär im Finanzminis­terium mit den Finanzausgleichsverhandlungen betraut (Abg. Dr. Matznetter: Sie müs­sen das  lesen!) und noch dazu mitverantwortlich für diesen Wahnsinn, der da pas­siert ist, Herr Matznetter, und da schreien Sie in der siebenten Reihe der Sozialdemo­kratie am lautesten über Ihre eigene Untat, nach dem Motto: Haltet den Dieb! (Anhal­tender Beifall beim BZÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Erinnern Sie sich doch, was Sie da 2008 verbrochen haben, indem Sie die Zweckwid­mung abgeschafft haben! Und versuchen Sie nicht Ihre Schuld, Ihr leidiges Dilemma hier auf andere abzuwälzen (Zwischenruf des Abg. Riepl), sondern versuchen Sie, Einfluss zu nehmen auf Ihre Fraktion, aber auch auf Ihren Regierungspartner, das end­lich umzusetzen, was Ihre Parteivorsitzenden im Vorfeld von kuriosen Nationalratswah­len in Ihren Sonntagsreden immer predigen!

Herr Spindelegger schlägt nach dem Herrn Leitl in befehlsartiger Manier die Zweckwid­mung der Wohnbauförderung vor und macht dann einen Rückzieher. Und heute will eine Legion von Sozialdemokraten von ihrem Vorstoß und dem des Herrn Muchitsch nichts mehr wissen.

Ja, wann wollen Sie das denn machen, wenn nicht in den nächsten drei Plenarsit­zungen?! In vier Monaten ist dieser Nationalrat aufgelöst. Erklären Sie uns, wann der


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Ausschuss diesen Antrag behandeln soll, wann wir den Beschluss machen! Nach der Wahl? (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Oder wieder in einer ku­riosen Dreitagessitzung vor der Nationalratswahl, wo Sie das Füllhorn öffnen und das Geld des Steuerzahlers missbrauchen?

Da spielen wir nicht mit! Wir wollen die Zweckbindung für Wohnbaufördermittel! (Beifall beim BZÖ sowie der Abgeordneten Dr. Moser und Dr. Lichtenecker. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

15.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lu­gar. – Bitte.

 


15.40.02

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir sprechen heute über die Wohnbauförderung. Es hat ja einen Sinn gehabt, dass wir die Wohnbauförderung eingeführt haben: Sie soll den Preisdruck, der entsteht, die Preis­steigerungen, die jedes Jahr auf uns zukommen, etwas abfedern. Mehr macht die Wohnbauförderung nicht. Sie ist einfach ein Teil der Gesamtkosten und federt die Ge­samtkosten im Wohnbau etwas ab, und dadurch werden die Kosten für die Eigentümer beziehungsweise für die Mieter einfach geringer. Das ist der Sinn der Wohnbauför­derung, und das ist auch gut so. In letzter Zeit hat man zum Beispiel auch in die ther­mische Sanierung investiert. Auch das ist gut, kommt aber nicht dem ursprünglichen Zweck entgegen, nämlich Wohnen möglichst leistbar zu halten.

Früher wurde die Wohnbauförderung relativ stark vom Bund aus geregelt. Anfang der Achtzigerjahre war es noch so, dass der Bund die Regeln vorgegeben hat und die Länder das einfach exekutiert haben. Man ist dann in den Achtzigerjahren immer mehr davon abgegangen, die Länder haben ihr eigenes Süppchen gekocht. Mittlerweile ist es so, dass die Wohnbauförderung in jedem Land komplett anders geregelt ist. Auch das müssen wir einmal hinterfragen, ob das so sein muss. Muss es so sein, dass jedes Land eine eigene Wohnbauförderung hat?

Aber das ist noch gar nicht das Schlimmste, dass jeder sein eigenes Süppchen kocht. Irgendwann ist man draufgekommen, dass die Budgets immer mehr Löcher haben, und dann ist man auf die glorreiche Idee gekommen, einfach überschüssige Mittel von der Wohnbauförderung – weil man da sehr restriktiv war – abzuzweigen. Anstatt das zu machen, was man hätte machen sollen, nämlich das Geld der Wohnbauförderung stärker in den Wohnbau zu investieren, um die Preise zu dämpfen, hat man es zuge­lassen, dass wir in Österreich jedes Jahr 8 000 Wohnungen zu wenig haben, allein in Wien 4 000. Das hat sich mittlerweile auf über 30 000 Wohnungen akkumuliert, die ge­rade in den Ballungsräumen fehlen. Schauen Sie sich doch einmal die Preisentwick­lung an! Wir haben eine Preisexplosion gerade in den Ballungsräumen. Ich spreche jetzt nicht nur von Wien, sondern auch Graz und andere Städte haben Riesenpro­bleme.

Dazu kommt das Problem des Pendlers. Das heißt, wenn sich eine Jungfamilie in den Ballungsräumen keine Wohnung mehr leisten kann, dann wird nach außen abgewan­dert, was dann wiederum das Pendler-Problem erzeugt.

Deshalb müssen wir jetzt endlich die Wohnbauförderung öffnen und sie natürlich auch wieder zweckwidmen, keine Frage. Die Länder aber wollen das nicht, weil sie Pro­bleme mit ihren Budgets haben. Die Länder wollen diese Gelder für alles Mögliche ein­setzen, aber nicht für den Wohnbau, weil es ihnen anscheinend egal ist, ob die Men­schen sich das Wohnen noch leisten können. Daher müssen wir diese Kompetenz wie­der an uns ziehen. Es sagt ja niemand, dass nicht auch der Bund die Wohnbau­förderung einheitlich regeln kann, dass nicht auch der Bund die Wohnbauförderung


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vergeben kann. Das wäre ja kein Problem. Das heißt, wir hätten es in der Hand, mit einer Verfassungsbestimmung die Wohnbauförderung wieder an uns zu ziehen und endlich eine Maßnahme zu setzen, um wieder günstigeres Wohnen zu ermöglichen.

Im Moment schaut es so aus, dass wir einfach viel zu wenig Wohnraum haben. Wenn wir in andere Städte schauen, wo dieses Problem auch verschlafen wurde – da gibt es ja einige –, dann wissen wir, was wir zu erwarten haben. Schauen Sie einmal nach München oder schauen Sie einmal in andere Großstädte! – Eine Preisexplosion! Wien, ganz Österreich liegt im Verhältnis noch weit hinter den anderen Städten, wo diese Entwicklungen auch verschlafen wurden.

Wir haben jetzt die Möglichkeit, rechtzeitig einzugreifen, und das sollten wir auch tun. Wenn sich die Länder querlegen, wenn die Länder mit diesem Geld lieber spekulieren oder wenn die Länder dieses Geld lieber in die Budgetlöcher stopfen, dann müssen wir so mutig sein und diese Kompetenzen an uns ziehen und ein Verfassungsgesetz aus­arbeiten, um endlich wieder leistbares Wohnen zu ermöglichen.

Zweiter Punkt: Gemeindewohnungen und sozialer Wohnbau. Es ist doch niemandem zu erklären, dass jemand vor Jahren oder Jahrzehnten eine Wohnung erworben be­ziehungsweise eine Wohnung gemietet hat, sie dann vielleicht noch weiter vererbt hat zu einem ganz geringen Mietsatz und dass niemals überprüft wird, ob überhaupt noch die Bedürftigkeit gegeben ist. Das heißt, es gibt Menschen – und nicht nur Herr Pilz ist einer von jenen –, die in einer Gemeindewohnung wohnen, es kann uns aber niemand erklären, warum gerade sie – ein Herr Pilz zum Beispiel – von der Allgemeinheit ge­fördert werden müssen. Niemand kann uns das erklären. (Beifall bei Team Stronach und BZÖ.)

Das heißt, wir müssen regelmäßig überprüfen, ob jene, die im Gemeindebau wohnen, noch förderungswürdig sind. Sind sie es nicht mehr, so müssen sie nicht ausziehen, wie das viele in den Raum stellen, nein, aber sie müssen eine höhere Miete bezahlen, denn wie kommt die Allgemeinheit dazu, jemanden zu finanzieren, der es offensichtlich nicht braucht. Darum geht es. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Es geht darum, dass wir bei jenen ansetzen, die in Mietwohnungen wohnen und noch einen Friedenszins oder Sonstiges zahlen, obwohl das nicht mehr gerechtfertigt ist. Dort müssen wir ansetzen, dann haben wir auch wieder Geld für Neubauten, dann ha­ben wir auch wieder Geld, um mehr Wohnraum zu schaffen, und dann wird Wohnen auch wieder leistbar. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

15.44

15.44.55

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den An­trag 1866/A(E) der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wie­dereinführung der Zweckbindung für Wohnbaufördermittel der Länder eine Frist bis 24. April 2013 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das findet nicht die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

15.45.36Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über die Punk­te 17 bis 21 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 136

15.45.57

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Zurück zum Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz. Nach ei­nem jahrelangen und auch sehr zähen Ringen – das wurde bereits von Vorrednern an­gesprochen – wird nun ein neues Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz auf den Weg gebracht – ein Gesetz, das den Kinderschutz in Österreich verbessern wird, ein Ge­setz, das eine Änderung im Bereich der Jugendwohlfahrt mit sich bringen wird, vor allem im Bereich des Vier-Augen-Prinzips. Es werden zukünftig Entscheidungen im Rahmen eines Vier-Augen-Prinzips dann zu treffen sein, wenn besonders komplexe Materien vorliegen.

Den Fachkräften der Jugendwohlfahrt ist selbstverständlich zuzutrauen, richtig zu ent­scheiden, und zwar zum Wohle des Kindes zu entscheiden, so, dass das Vier-Augen-Prinzip zur Anwendung kommt, wenn es widersprüchliche Angaben, schwierige Dar­stellungen gibt und wenn vor allem auch sehr komplexe Probleme vorliegen. Wenn das Kindeswohl bedroht zu sein scheint, sollen zwei Fachkräfte entscheiden. Das heißt, es obliegt den Fachkräften, das auch richtig einzuschätzen, und das ist ihnen selbstver­ständlich zuzutrauen. Einfachere Entscheidungen werden natürlich auch weiterhin von einer Fachkraft abzuklären sein, so wie das schon bisher der Fall ist. Ich bin davon überzeugt, dass das ein richtiger und wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist.

Es gibt natürlich noch weitere Änderungen, die auch schon erläutert wurden. Es geht um eine Präzisierung der besonders sensiblen Melde- und Verschwiegenheitspflichten, die mehr Rechtssicherheit für die Familien, aber auch für die Partner der Jugendwohl­fahrt bringen wird.

Ganz unabhängig von den neuen bundeseinheitlichen Standards bleibt es den Bun­desländern überlassen, bei den Ausführungsgesetzen strengere Vorgaben zu machen, das heißt, auch im Bereich des Vier-Augen-Prinzips andere Vorschläge zu machen, andere Maßnahmen zu setzen. Aber es ist einmal ein Standard geschaffen, der auf je­den Fall im Sinne der Jugendwohlfahrt wesentliche Verbesserungen bringen wird und vor allem auch den Kinderschutz verbessern wird.

Ich möchte vielleicht auch noch darauf eingehen, dass die Jugendwohlfahrt in den Bundesländern eine wichtige Anlaufstelle darstellt und vor allem auch Maßnahmen im Bereich der Prävention setzt und ein breites Leistungsspektrum anbietet. Das reicht von der Beratung der Eltern über die Unterstützung bei der Bewältigung familiärer Pro­bleme bis hin auch zur Hilfe in schwierigen Lebenssituationen. Aber nach wie vor die ganz oben gereihte und wichtigste Aufgabe der Jugendwohlfahrt ist es, den Kindern jenen Schutz zu bieten, den sie brauchen, und zwar ganz besonders in akuten Krisen­situationen.

Auf Basis des neuen Kinder- und Jugendhilfegesetzes ist es natürlich auch möglich, den Kinderschutz qualitativ zu verbessern, vor allem auch deshalb, weil eine Bundesfi­nanzierung gegeben wird.

An dieser Stelle kann gesagt werden: Was lange währt, wird endlich gut! Nach jahre­langen Vorarbeiten und vor allem auch nach der beharrlichen Ausdauer in den Ver­handlungen, die Herr Bundesminister Mitterlehner gezeigt hat, ist es nun gelungen, dieses Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz zu verabschieden.

Vielleicht gelingt es eines Tages, auch ein bundeseinheitliches Jugendschutzgesetz auf den Weg zu bringen. Ich wünsche unserem Bundesminister Mitterlehner viel Erfolg bei den entsprechenden Verhandlungen, vor allem auch viel Geduld und Ausdauer. Al­les Gute! (Beifall bei der ÖVP.)

15.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Walser gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



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15.50.10

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätz­te Mitglieder des Hohen Hauses und Zuseher zu Hause und hier auf der Zuschauer­galerie! Frau Kollegin Höllerer, was lange währt, wird nicht immer so gut, wie es gut werden könnte und sollte und müsste. Das ist leider so bei diesem Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz, das Sie heute verabschieden. Da fehlt einiges.

Wir haben vor zwei Jahren diesen fürchterlichen Fall in Vorarlberg gehabt (Zwischenruf der Abg. Höllerer) – Sie erinnern sich sicherlich, Frau Kollegin –, nämlich den Fall Cain, ein Kind, das zu Tode geprügelt worden ist. Es gab davor Fälle in Innsbruck und in anderen Gegenden Österreichs. Somit ist das heute ein bisschen das, was wir An­lassgesetzgebung nennen würden.

Ich würde einmal meinen – und in diesem Zusammenhang möchte ich schon auch die politischen Parteien, und zwar sämtliche, in Vorarlberg loben –, in Vorarlberg hat das dazu geführt, dass man sich sehr genau mit der Materie auseinandergesetzt hat, sehr bewusst, sehr konsequent und sehr verantwortungsbewusst an die Sache herange­gangen ist. Man hat eine Kommission aus Expertinnen und Experten gebildet. Man hat lückenlose Aufklärung verlangt, und man hat auch verlangt, dass es zu einer Aufar­beitung der behördlichen Informationsflüsse kommt. Das Ergebnis war, dass diese Kommission 14 Vorschläge erarbeitet hat, von denen inzwischen 13 bereits umgesetzt sind; der 14. Vorschlag ist sozusagen im Status der Umsetzung. Also in Vorarlberg ist wirklich einiges weitergegangen, auch – wenn ich das so betonen darf – dank der wirklich konsequenten Arbeit der gesamten Opposition in Vorarlberg.

Worum geht es im Kern? – Wir haben heute schon mehrfach darüber diskutiert, dass es besonders heftige Widerstände vor allem im Zusammenhang mit der Verschwiegen­heits- und der Meldepflicht gibt; eine sehr, sehr problematische, sehr sensible Angele­genheit, die in diesem Gesetz, das Sie beschließen wollen, nicht optimal gelöst ist, wie Sie wissen. Was wir befürchten, ist eine Durchführungsgesetzgebung in den Ländern, die sich eher an den budgetären Möglichkeiten orientiert und nicht so sehr am Kindes­wohl.

Es fehlt ein entsprechender Datenaustausch. Es fehlt das, was wir im Zusammenhang mit dem sogenannten Fall Cain jetzt in Vorarlberg haben, nämlich ein Kompetenzzen­trum für Kinderschutzfragen und natürlich die Situation, dass wir das Vier-Augen-Prinzip nicht nur dann anwenden wollen, wenn es „erforderlichenfalls“, wie es im Ge­setz heißt – und davon, Herr Minister, mit Verlaub, haben Sie mich wenig überzeugt –, notwendig sein sollte, sondern es zum Wohl unserer Kinder durchgehend anwenden wollen.

In diesem Zusammenhang muss ich schon auch Folgendes deutlich sagen: Die Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaften sind derzeit schlicht nicht in der Lage, diese Arbeit so auszuüben, wie sie das gerne machen würden. Wir brauchen wirklich eine grundlegende Verbesserung der Arbeitsbedingungen, sodass Sozialarbei­terInnen das tun können, was aus ihrer Sicht auch notwendig ist.

Herr Minister, Sie haben gesagt, gute Fachkräfte können das! – Das ist richtig, aber es ist die Aufgabe des Staates, diesen guten Arbeitskräften auch Arbeitsbedingungen zu garantieren, die sie in die Lage versetzen, ihre Aufgabe wahrzunehmen.

Wir brauchen ein durchgehendes Vier-Augen-Prinzip, der bessere Schutz der Kinder in Österreich sollte uns das wert sein, meine Damen und Herren! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 138

15.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


15.54.55

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal ganz kurz darauf zurückkommen, dass es beim Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz so ist, dass wir ausschließlich für die Bundesgesetzgebung zuständig sind und die Ausführungsgesetzgebung bei den Län­dern liegt. Das heißt, wir diskutieren nicht nur hier im Haus, sondern wir diskutieren auf den verschiedensten Ebenen und müssen versuchen, für diese verschiedenen Ebenen einen gemeinsamen Nenner zu finden. Dass dieser Nenner aus der Logik heraus nicht der größte gemeinsame Nenner ist – obwohl ich sagen muss, dass ich viele, viele For­derungen, die heute hier genannt worden sind, auch unterstreiche –, ist Ziel des Gan­zen.

Seit fünf Jahren ist dieses Gesetz in der Pipeline, der tragische Fall Luca war damals der Auslöser. Zwei Minister, zwei Staatssekretärinnen haben sich damit befasst. Be­gonnen hat damals, 2008, Frau Ministerin Kdolsky, die das Gesetz zu novellieren be­gann, und Kollegin Marek hat es weitergeführt. Staatssekretärin Remler war die Erste, weil die Länder den Konsultationsmechanismus ausgelöst haben, die gesagt hat: Okay, dann muss der Bund Geld in die Hand nehmen und mit hineinpumpen, um die Länder beim Vier-Augen-Prinzip zu unterstützen!

Weitergegangen ist es so, dass auch Herr Minister Mitterlehner den Betrag noch einmal aufgestockt, schlichtweg verdreifacht hat. Es ging damals um 3,6 Millionen, die den Ländern zugeschossen worden wären, und im jetzigen Entwurf sind es letztendlich 3,9 Millionen, die für die Umsetzung des Vier-Augen-Prinzips vorhanden sind.

Nichtsdestotrotz würde ich mir natürlich wünschen, dass wir den Ländern auch bei der Personalhoheit Unterstützung anbieten könnten. Es gibt Bundesländer – und das stimmt mich ein bisschen traurig –, in denen für die Landwirtschaft mehr Dienstposten zur Verfügung stehen als für Kinder und Jugendwohlfahrt. Da müsste man überdenken und korrigieren.

Die drei Hauptkritikpunkte, die wir heute hier schon gehört und auch diskutiert haben, sind gegeben.

Auch wir haben versucht, noch zusätzlich Abänderungsanträge einzubringen, aber es war nicht möglich, das im Einklang mit dem Koalitionspartner und den Ländern zu ma­chen. Es stimmt mich auch ein bisschen traurig – und daher noch einmal der Appell an die Opposition –, dass der Abänderungsantrag, den wir jetzt eingebracht haben, damit es zu einer rascheren Evaluierung kommt, von Ihrer Seite ebenfalls nicht unterstützt wird, sehr wohl im Wissen, dass das Gesetz mit Mai in Kraft tritt. Sie wollen ebenso wie wir eine rasche Evaluierung, wir brauchen sie auch. Bis die Länder umgesetzt haben, vergeht noch Zeit. Schade, dass Sie nicht zustimmen.

Dieser Entwurf ist der kleinste gemeinsame Nenner – ich bin auch nicht zufrieden –, und es heißt: Ärmel aufkrempeln und auf Basis dessen, was wir hier heute beschlie­ßen, weiterarbeiten – im Sinne des Wohles der Kinder und Jugendlichen und der Kol­leginnen und Kollegen, die in der Jugendwohlfahrt arbeiten! (Beifall bei der SPÖ.)

15.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Marek gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.58.16

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich kann gleich an meine Vorrednerin anschließen: Wenn dieser Kompromiss nicht zustande gekommen wäre, hätte es gar keine Weiterentwicklung des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes gegeben. Ich glaube, das ist wichtig, zu sagen. Das muss man auch anerkennen, meine Damen und Herren!


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Meine Vorrednerin hat jetzt sehr detailliert erläutert, wie schwierig und mühsam die Verhandlungen über diesen langen Zeitraum waren. Das Gesetz ist nicht das Gelbe vom Ei im Sinne von: Alles ist gelöst!, aber es ist ein ganz wesentlicher und wichtiger Schritt in Richtung mehr Qualität, mehr Kinderschutz, bessere Rahmenbedingungen im Sinne des Kindeswohls. Es geht uns jetzt auch darum, dass wir nicht aufhören dürfen, darum zu kämpfen und dafür zu arbeiten, dass es hier weitere Verbesserungen gibt. Das ist ja, glaube ich, auch, selbstredend, klar.

Meine Damen und Herren, auch Herr Kollege Walser: Alle Bundesländer haben beim ersten Entwurf den Konsultationsmechanismus ausgelöst, inklusive Vorarlberg (Abg. Pendl: Hört, hört!), aber ich gebe Ihnen recht: In Vorarlberg ist sehr, sehr vieles sehr positiv, Vorarlberg ist in vielerlei Hinsicht gerade im Bereich der Kinder- und Jugend­wohlfahrt ein absolutes Vorbild. Es ist, glaube ich, wichtig, wenn es sehr positive Bei­spiele gibt, diese auch zu nennen und anzuerkennen.

Wir haben ja auch – auch das wurde erläutert – eine schwierige Gesetzgebungssitua­tion, nämlich wer wofür zuständig ist: der Bund für den Rahmen, die Länder für die Vollziehung und die Finanzierung. Und es hat sicher auch geholfen, dass sich der Bund da – Herr Bundesminister, ich möchte Ihnen vom Herzen zu der Einigung gratu­lieren und dazu, dass Sie das finalisieren konnten – finanziell beteiligt.

Zu den konkret angesprochenen Kritikpunkten, zum Vier-Augen-Prinzip, meine Damen und Herren: Ehrlich gesagt, wenn man die Forderung nach einem absoluten, in jedem Fall erforderlichen Vier-Augen-Prinzip erhebt, dann hat man sich damit, glaube ich, nicht im Detail beschäftigt. Denn: Das Vier-Augen-Prinzip haben wir drinnen, das wur­de schon mehrfach angesprochen, und das ist, Frau Kollegin Kitzmüller, keine Soll-Be­stimmung, sondern in komplexen Fällen ist das verpflichtend anzuwenden. Es ist wich­tig, auch das zu sagen.

Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben schon gesagt, dass es, wenn der Druck sehr groß ist – und gerade nach der Verurteilung der Sozialarbeiterin im Fall Cain ist der Druck auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendwohlfahrt groß –, dann, wenn es erforderlich ist, das Vier-Augen-Prinzip gibt. Es gibt aber auch Fälle, in denen das Vier-Augen-Prinzip vielleicht sogar kontraproduktiv ist, nämlich wenn Gefahr im Verzug ist, wenn man sofort entscheiden muss, denn dann macht das Vier-Augen-Prin­zip einfach keinen Sinn und ist auch nicht notwendig.

Etwas, das im Vorfeld sehr intensiv diskutiert wurde, sind Bedenken einzelner Jugend­wohlfahrtsorganisationen im Zusammenhang mit der neuen Regelung hinsichtlich der Meldepflicht und der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht. Dazu kann ich klar­stellen, dass die Informations- und Meldepflicht nur für öffentliche Dienststellen und Körperschaften öffentlichen Rechts in Kinderschutzfällen besteht und nicht in jedem Fall. Und wenn es für den Kinderschutz notwendig ist, dann ist auch – es tut mir leid, das allen Kritikern sagen zu müssen – die Entbindung von der Verschwiegenheits­pflicht sinnvoll.

Meine Damen und Herren! Die Jugendwohlfahrt kann sich nur dann ein umfassendes Bild machen und damit eine Gefährdungseinschätzung vornehmen, wenn sie auch ein umfassendes Bild über die Lebenssituation, die Situation in der Familie und so weiter hat.

Es ist auch wichtig, zu sagen – das ist noch nicht gefallen –, dass dann, wenn die Ein­richtung selbst durch ihre professionelle Arbeit, durch eine Intervention das Kindeswohl sicherstellen kann, die Gefahr vom Kind abwenden kann, keine Meldepflicht besteht.

Zur Forderung nach Kinder- und Jugendhilfebeauftragten: Ich frage mich, welchen Mehrwert das haben soll, meine Damen und Herren – abgesehen davon, ist es wahr­scheinlich auch verfassungswidrig, weil die Zuständigkeit für die Ausführung und Voll-


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ziehung bei den Ländern ist. Es gibt wahrscheinlich auch die Informationen und Daten nicht, und wir haben ausgezeichnete Kinder- und Jugendanwaltschaften in den Län­dern, die einen guten Job machen.

Meine Damen und Herren von der Opposition, mit Ihrer heutigen Nicht-Zustimmung stimmen Sie auch wesentlichen Verbesserungen im Bereich der Kinder- und Jugend­wohlfahrt nicht zu, und ich finde, das ist sehr, sehr bedauerlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Schönpass gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.03.14

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Geschätzte Damen und Herren! Das unermüdliche Bemühen um bessere und einheitliche Standards in der Kinder- und Jugendhilfe scheint doch von Erfolg gekrönt zu sein. Nach langem Tauziehen zwischen dem Bund und den Ländern über die Finan­zierung fand das Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz am 5. März endlich eine Mehr­heit im Familienausschuss.

Es enthält neben einer Neuregelung der Gefährdungsabklärung und Hilfeplanung auch eine genaue Definition der Mitteilungspflichten bei vermuteter Kindeswohlgefährdung. Auch sind detaillierte Regelungen von Verschwiegenheit, Auskunftsrechten, Dokumen­tation und Datenschutz enthalten.

Im Familienausschuss wurden mehrere Oppositionsanträge diskutiert, denn natürlich gibt es weiterhin offene Fragen. Das Grundproblem der unterschiedlichen Kompetenz­verteilung bleibt unverändert. Wir dürfen auch die bessere Verankerung der Prävention nicht aus den Augen verlieren.

Geschätzte Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist meines Erachtens ein Kompromiss, ein erster Schritt in die richtige Richtung und eine gute Ausgangs­basis, auf der weitergearbeitet werden muss. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.04

16.04.56

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Zunächst ist über den vorliegenden Rückverweisungsantrag abzustimmen.

Zum Tagesordnungspunkt 17 liegt ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich lasse sogleich darüber abstimmen, den Gesetzentwurf betreffend Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 in 2191 der Beilagen an den Familienausschuss rückzu­verweisen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das findet nicht die Mehrheit.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über die Ausschussanträge, die ich über jeden getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Entwurf betreffend Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 in 2191 der Beilagen.

Hiezu wurden folgende Abänderungsanträge eingebracht:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 141

Abänderungsantrag der Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen und

Abänderungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Ursula Haub­ner vor.

Ich werde daher zunächst über den von den erwähnten Abänderungsanträgen sowie dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Ur­sula Haubner, Kolleginnen und Kollegen haben jeweils gleichlautende Abänderungs­anträge betreffend § 22 Abs. 5 eingebracht.

Wer diesen Anträgen beitritt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur getrennten Abstimmung über diesen Teil des Gesetzent­wurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Steibl, Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 299.)

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Fami­lienausschusses, seinen Bericht 2203 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Antrag des Fami­lienausschusses, seinen Bericht 2204 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Antrag des Fami­lienausschusses, seinen Bericht 2205 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 2206 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 142

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

16.09.2222. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2192 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (2207 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1744/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Vereinheitlichung von An­trags- und Auszahlungsmodalitäten der Familienleistungen in Österreich sowie direkte Auszahlung der Familienbeihilfe an Studierende (2208 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 22 und 23 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


16.10.12

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin in dieser Debatte als Kontrarednerin eingetragen, da ein eigentlich guter Antrag, eine eigentlich gute Idee mehr als kritisch beleuchtet werden muss.

Es ist jetzt fünf Jahre her, dass ein Antrag der Jugendsprecherinnen der SPÖ, Laura Rudas, und der ÖVP, Silvia Fuhrmann, eingebracht wurde betreffend direkte Ausbe­zahlung der Familienbeihilfe an junge Erwachsene ab dem 18. Lebensjahr. Und darin steht, dass eine direkte Ausbezahlung der Familienbeihilfe für junge Menschen einen weiteren Schritt in Richtung selbstbestimmtes Leben darstellen würde, womit Jugendli­che auch finanziell bestmöglich unterstützt würden.

Eine gute Idee, ein guter Antrag, der jetzt in einem Gesetz mündet und der von vielen Seiten – gerade vonseiten der Bundesjugendvertretung und vonseiten der Österreichi­schen Hochschülerschaft – als erster kleiner Schritt gesehen wird. Es hat fünf Jahre gedauert, die Auszahlungsmodalität zu ändern.

Es geht im Endeffekt nur um die Auszahlungsmodalität, es gibt keine Änderung der Antragsberechtigung für die Familienbeihilfe. Es geht nur um die Auszahlungsmoda­lität.

Das bedeutet, ab September sollen rund 270 000 Volljährige in Ausbildung diese Di­rektauszahlung bekommen können. Wie schon gesagt, das ist ein guter erster Schritt, ich bin da ganz bei der Österreichischen Hochschülerschaft und bei der Bundesjugend­vertretung, aber es ist halt nur ein wirklich kleiner Schritt der Änderung der Auszah­lungsmodalität.

Voraussetzung ist – und das ist der große Kritikpunkt – die Zustimmung der Eltern. Das bedeutet, wenn die Eltern, unabhängig davon, ob der junge Erwachsene/die junge Er­wachsene zu Hause lebt, also noch bei den Eltern hauptgemeldet ist oder nicht, nicht zustimmen, kann sich der Jugendliche/die Jugendliche auf den Kopf stellen und muss die Eltern um die Familienbeihilfe anbetteln – es wird nicht funktionieren. Und das ist unserer Ansicht nach nicht richtig, da es darum geht, jungen Erwachsenen, die in Aus­bildung sind, ein wirklich selbstbestimmtes Leben zu gewährleisten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 143

Wir werden diesem Gesetz als erstem kleinen Schritt zustimmen, werden aber genau beobachten, wie sich dieses Gesetz entwickelt, wie Jugendliche tatsächlich zu „ih­rem“ – unter Anführungszeichen; in diesem Fall: noch „ihrem“, unter Anführungszei­chen – Geld kommen, und werden dann auch wieder entsprechende Schritte einleiten. (Beifall bei den Grünen.)

16.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ta­mandl. – Bitte.

 


16.13.02

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es sehr gut, dass wir heute dieses Gesetz vorliegen haben, auch wenn es bereits vor fünf Jahren mit einem Entschließungsantrag meiner Kollegin Silvia Fuhrmann und der Kollegin Laura Rudas hier eingebracht wurde.

Ich erinnere mich noch gut an die damaligen Diskussionen, warum das so lange dau­ert, warum man sich nicht gleich, wie Frau Windbüchler-Souschill das jetzt geschildert hat, darauf geeinigt hat. Es hängt nämlich mehr dran, Frau Kollegin Windbüchler-Sou­schill. Es hängt beispielsweise die Geschwisterstaffelung am Anspruch auf Familien­beihilfe dran. Es hängt der Alleinerzieherabsetzbetrag dran. Es hängt der Alleinverdie­nerabsetzbetrag dran. Der Mehrkindzuschlag und die erhöhten Sonderausgaben hän­gen dran.

Und daher sollten wir, auch wenn wir eine solch gute Maßnahme wie diese, dass die Familienbeihilfe auf Antrag direkt an die volljährigen Jugendlichen ausbezahlt werden kann, beschließen wollen, daran denken, die Eltern finanziell nicht schlechter zu stel­len, denn steuerrechtlich ist es so, dass dieser Anspruch den Eltern beispielsweise auch den Alleinverdienerabsetzbetrag oder die Mehrkindstaffelung ermöglicht. Das ist mit diesem Gesetz gewährleistet, und darüber bin ich wie meine Fraktion sehr erfreut.

Ich kenne auch die Kritik vonseiten der Eltern, die fragen: Was mache ich, wenn die Kinder dann vielleicht nicht dem entsprechen und nicht fleißig studieren oder was auch immer, was tue ich dann? – Mit diesem Gesetz ist durchaus die Möglichkeit gegeben, dass die Eltern ihre Zustimmung widerrufen, aber Gott sei Dank nicht nachträglich, das heißt, nur für künftige Auszahlungen.

Demgegenüber steht die Kritik, die Sie angebracht haben: dass die Kinder dann, wenn die Eltern nicht zustimmen – die Eltern sind ja weiterhin anspruchsberechtigt –, betteln müssen. Ich glaube nicht, dass das der Fall sein wird, da jetzt schon gesetzlich gere­gelt ist, dass beispielsweise dann, wenn die Eltern ihren Unterhaltsverpflichtungen ge­genüber den Kindern nicht nachkommen, den Kindern automatisch der Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht. Das ist jetzt schon Gesetz, viele wissen das nicht. Ich glaube, es ist ein Anspruch an die Hochschülerschaft, solche Informationen an die Studenten weiterzugeben, damit diese wissen, dass das so ist.

Ich denke, es ist wichtig, dass die Eltern auch beantragen dürfen, dass die Direktaus­zahlung an die Kinder geht. Und außerdem finde ich es sehr wichtig und gut, dass in Zukunft auf Antrag der Eltern auch 17-jährige Lehrlinge die Familienbeihilfe direkt aus­bezahlt bekommen können.

Ich glaube, dass mit der vorliegenden Regelung all die Probleme, die man seinerzeit gesehen hat, als der Antrag der beiden Kolleginnen eingebracht wurde, beseitigt sind und dass dadurch den Familien eben die Wahlfreiheit, wie die Familienbeihilfe ausbe­zahlt werden soll, und auf der anderen Seite den jungen Menschen mehr Selbständig­keit und Eigenverantwortung, mit Geld umzugehen, gegeben wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 144

Wir begrüßen das sehr und hoffen auf Ihre Zustimmung. Sie, Frau Kollegin Windbüch­ler-Souschill, haben Ihre bekundet, und wir hoffen, dass alle anderen Fraktionen auch zustimmen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Haubner gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.16.34

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Diese neuen Auszahlungsmodalitäten für in Ausbildung stehende junge Menschen ab dem 18. beziehungsweise 17. Lebensjahr, je nachdem, ob sie studieren oder Lehrlinge sind, sind eine Forderung, die auch wir vor zwei Jahren im Ausschuss eingebracht haben. Wir haben diesen Vorschlag, der jetzt vorliegt, auch entsprechend bewertet und werden dieser Variante zustimmen, denn letztendlich geht es nicht nur darum, dass junge Menschen selbstverantwortlich und eigenbestimmt mit den finanziellen Mitteln der Familienleistungen umgehen lernen sol­len und können, sondern auch darum – und das finde ich absolut positiv –, dass die El­tern als Anspruchsberechtigte, und so ist es eben im Gesetz, auch weiter ihre Zustim­mung geben sollen und geben müssen. Denn letztendlich ist es, wenn jemand in Aus­bildung ist, in den meisten Fällen so, dass die Eltern auch mitgestalten beziehungs­weise mitunterstützen.

In Verhandlung steht auch unser Entschließungsantrag, der die Auszahlungsmodali­täten bezüglich der Familienbeihilfe und des Kinderbetreuungsgeldes – zwei wichtige familiäre Leistungen – vereinheitlichen soll. Wir sehen da absoluten Handlungsbedarf, und zwar Handlungsbedarf in dem Sinn, dass das sehr zersplittert ist. Das Kinderbe­treuungsgeld wird über die Gebietskrankenkasse abgewickelt und ausbezahlt und die Familienbeihilfe über das Finanzamt. Es sind auch die Zeiträume unterschiedlich, das eine monatlich, das andere zweimonatlich.

Wir meinen, dass da eine Vereinheitlichung absolut Sinn machen würde, eine Verein­heitlichung im Sinne einer Auszahlungsstelle und auch eines einheitlichen Zahltages, um bessere Planbarkeit für die Familien, für das Familienbudget zu gewährleisten.

Ich hoffe, unser Antrag findet Zustimmung. – Danke schön. (Beifall des Abg. Wind­holz.)

16.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Rudas gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.18.57

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, das ist ein erster, ganz wesentlicher Schritt. Es ist eine wesentliche Verbesserung für die 270 000 jungen Menschen, die in Ausbildung sind, und auch, das wurde schon erwähnt, für jene unter 18-jährigen Lehrlinge, die nicht mehr zu Hause wohnen und so die Familienbeihilfe direkt ausbezahlt bekommen kön­nen.

Frau Kollegin Windbüchler-Souschill, Sie haben natürlich mit Ihrer Kritik recht, und es war auch im ursprünglichen Antrag die Forderung, es war die Zielsetzung, eine echte Direktauszahlung der Familienbeihilfe an alle 18-Jährigen in Ausbildung zu schaffen, da es dafür gedacht ist, die jungen Menschen in der Ausbildung zu unterstützen. Wir alle wissen, wie es in der Realität ausschaut: Wenn die Eltern nicht dafür sind, gehen die wenigsten Kinder vor Gericht und klagen ihre Familienbeihilfe ein.

Trotzdem – ich möchte das nochmals betonen –: Es ist dies ein erster Schritt, das Ziel bleibt eine echte Direktauszahlung beziehungsweise die Direktauszahlung als Norm,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 145

aber – das sollte man sich schon auch immer bei Zustimmung zu oder Ablehnung von Gesetzen überlegen –: Ist es eine Verbesserung oder ist es eine Verschlechterung? – Es ist eine große Verbesserung.

Deshalb freue ich mich, dass wir heute, nach fünf Jahren des Forderns, dieses Gesetz beschließen, aber bitte die gleiche Zustimmung auch zu den weiteren Schritten, wenn es darum geht, eine Direktauszahlung als Norm einzuführen.

Ich möchte mich auf diesem Weg auch bei der Verhandlerin Andrea Kuntzl und bei Mi­nisterin Heinisch-Hosek herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

16.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kauf­mann-Bruckberger. – Bitte.

 


16.20.54

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich glaube, im Laufe des heutigen Ta­ges haben wir gemerkt, es gibt immer Gesetze, denen man voll und ganz zustimmen kann, Gesetze, denen man nur teilweise zustimmen kann, mit anderen Worten, es gibt eben keine perfekten Gesetze, aber zumindest ist dieses Gesetz ein Gesetz, das in die richtige Richtung geht. (Abg. Steibl:  auch nicht perfekt!)

Ich muss ganz ehrlich sagen, ich gratuliere Ihnen jetzt einmal zu diesem Entwurf, er ist durchaus positiv und wir werden ihn auch unterstützen. Ich denke, dass es wichtig ist, dass man gerade die Selbständigkeit von jungen Menschen fördert. Von dieser Novelle sind rund 270 000 volljährige junge Menschen betroffen. Sie werden in Zukunft die Möglichkeit haben, sich ihre Familienbeihilfe direkt auf das eigene Konto überweisen zu lassen.

Bei der Lösung mit dem Widerspruchsrecht der Eltern bin ich jetzt – alle Gesetze sind nicht perfekt – beim nicht perfekten Teil, aber auch das werden sich die Eltern und Ju­gendlichen schon untereinander ausmachen.

Dass die Jugend das größte Kapital der Gesellschaft ist, ich glaube, da sind wir uns alle einig. Speziell diese Novelle bietet auch die Möglichkeit, dass junge Menschen ei­ne wirtschaftliche Verantwortung übernehmen. Auch eine Modernisierung des Systems wird erreicht und vor allem mehr Transparenz bei den Empfängern.

Es sind auch die Umstellungskosten von rund 500 000 € angesprochen worden. Dazu muss ich sagen, dass man vielleicht in Zukunft den Antrag auf Gewährung bezie­hungsweise auf Auszahlung der Beihilfe über FinanzOnline machen könnte. Im Zeit­alter des Internets beziehungsweise des E-Mails dürfte das kein Problem sein.

Herr Bundesminister! Sie haben auch angedeutet, dass Sie sich für eine Valorisierung nach dem Verbraucherpreisindex einsetzen werden, aber erst dann, wenn der FLAF entschuldet ist. Da wurde das Jahr 2018 genannt. Ich glaube, das ist zu spät, das sollte schon früher erfolgen, denn wenn wir uns die Inflation von 2000 bis 2011 ansehen, dann beträgt sie immerhin satte 25,9 Prozent. Ich möchte jetzt nicht auf die steigenden Mietpreise oder Energiepreise eingehen, aber ich glaube, vier Beispiele aus dem tägli­chen Leben sollten klarmachen, wie die Inflation in den Jahren 2000 bis 2011 zuge­schlagen hat. So ist Milch um 29 Prozent teurer geworden, Brot um satte 44 Prozent, Butter um 28 Prozent und Diesel um 84 Prozent.

Diesen Preiswahnsinn müssen wir uns gefallen lassen, wir können nicht dagegen an­kämpfen, aber ich meine, dass die Anhebung der Familienbeihilfe sinnvoll ist, zweck­mäßig ist, notwendig ist, vor allem aber auch ein wichtiger Beitrag für die Familien und auch für die Alleinerzieher und Alleinerzieherinnen ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 146

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Kollegin und Kollegen betreffend Valorisierung der Familienbeihilfe

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Natio­nalrat eine Regierungsvorlage zukommen zu lassen, welche vorsieht, die Familienbei­hilfe in dem Umfang zu erhöhen, dass der Wertverlust, der in den letzten Jahren ent­standen ist, ausgeglichen wird.

*****

Zum Antrag der Kollegin Haubner. Diese Initiative würde zwar für mehr Transparenz, auch für eine Verwaltungsvereinfachung sorgen, allerdings ist darin nur die Auszahlung der Familienbeihilfe an Studierende gefordert, die nicht mehr im Haushalt der Eltern le­ben.

Wir werden dem nicht zustimmen, da das aus unserer Sicht eine Ungleichbehandlung der jungen Menschen ist. (Beifall beim Team Stronach.)

16.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Elisabeth Kaufmann-Bruckberger und Kollegen betreffend Valori­sierung der Familienbeihilfe

Eingebracht im Zuge der Debatte zu TO 22 über die Regierungsvorlage (2192 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (2207 d.B.)

Staatliche Geldzuwendungen für Familien, beispielsweise in Form der Familienbeihilfe, wurden seit über einem Jahrzehnt nicht mehr valorisiert.

Die direkte Unterstützung je Kind wurde ausgehend von 2000 bei einer Inflation von 25,9 Prozent (2011) nicht mehr erhöht.

Wie auch eine OECD Studie von 2011 dokumentierte, belegte Österreich von 33 Staaten den wenig glanzvollen 16. Platz bei den Familienleistungen.

Die folgende Grafik dokumentiert die Diskrepanz zwischen Verbraucherpreisindex und Familienbeihilfe seit 2000.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 147

Um Entlastungsmaßnahmen für Familien zu setzen, stellen die unterfertigten Abgeord­neten daher den nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Natio­nalrat eine Regierungsvorlage zukommen zu lassen, welche vorsieht, die Familienbei­hilfe in dem Umfang zu erhöhen, dass der Wertverlust, der in den letzten Jahren ent­standen ist, ausgeglichen wird.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mühl­berghuber. – Bitte.

 


16.25.26

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren! Es wurde zu diesem Tagesordnungspunkt schon ausführlich berichtet, ich möchte die wichtigsten Punkte noch einmal hervor­heben.

Bei dieser Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes soll die Möglichkeit ge­schaffen werden, dass die Familienbeihilfe an Volljährige direkt ausbezahlt werden kann. Grundsätzlich bewerten wir Freiheitliche diese Änderung positiv und begrüßen diese auch. Die neue Regelung ermöglicht Jugendlichen einen weiteren Schritt auf dem Weg, erwachsen zu werden, damit auch ihre Selbstbestimmtheit und Eigenverant­wortung gestärkt wird.

Bei dieser Änderung können die rund 270 000 Volljährigen in Ausbildung eine Direkt­auszahlung beantragen, darunter fallen Studierende sowie Lehrlinge, die eine Berufs-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 148

reifeprüfung absolvieren. Aber Voraussetzung für diese Direktauszahlung der Familien­beihilfe ist die Zustimmung der Eltern beziehungsweise der Anspruchsberechtigten. Und genau diesen Punkt sehen wir kritisch.

Die Tatsache, dass die Eltern ihre Zustimmung jederzeit widerrufen können, käme letztendlich einer Bevormundung der jungen Menschen gleich, und das sehen wir kritisch. Unserer Meinung besteht hier Verbesserungsbedarf, das Gesetz noch weiter zugunsten der volljährigen Kinder anzupassen, und zwar für jene, die nicht mehr im Haushalt der Eltern oder jener Person hauptgemeldet sind, die Anspruch auf die Fami­lienbeihilfe hat.

Dazu bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller, Mühlberghuber, Gartelgruber und weiterer Abgeordneter

zu dem Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2192 der Beila­gen): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In § 14 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Wenn das volljährige Kind nicht im Haushalt der anspruchsberechtigten Person haupt­gemeldet ist, bedarf es keiner Zustimmung.“

*****

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass dieser Abänderungsantrag eine Mehrheit findet. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

16.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller, Mühlberghuber, Gartelgruber und weiterer Abgeordneter

zu dem Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2192 der Bei­lagen): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In § 14 Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:

„Wenn das volljährige Kind nicht im Haushalt der anspruchsberechtigten Person haupt­gemeldet ist, bedarf es keiner Zustimmung.“

Begründung

In der derzeitigen Fassung kann die Auszahlung der Familienbeihilfe an das volljährige Kind nur mit Zustimmung der anspruchsberechtigten Person durchgeführt werden. Die-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 149

se geänderte Fassung sieht eine Auszahlung an das volljährige Kind ohne Zustimmung der anspruchsberechtigten Person vor, wenn das volljährige Kind nicht mehr im glei­chen Haushalt hauptgemeldet ist.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner hat sich nun zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.28.17

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An sich ist, was die Grund­intention anbelangt, de facto von allen Fraktionen Zustimmung gekommen. Ich glaube, es gibt auch kein Thema in diesem Haus, das nicht schon irgendwann von jemandem als Forderung erhoben oder in einem Entschließungsantrag behandelt wurde. Mich freut, dass jetzt dennoch die technischen Schwierigkeiten und andere Probleme be­reinigt werden konnten, sodass auch die Umsetzung möglich ist.

Es ist auch, was die Intention anlangt, klar: Wir wollen rund 270 000 Betroffenen – das sind etwa 15 Prozent aller Familienbeihilfebezieher – eine Chance bieten, dass über mehr Transparenz und mehr Eigenverantwortung auch eine bessere Steuerung der ei­genen Lebensbedingungen möglich ist.

Was die Beiträge anbelangt, sind diese, wie Sie wissen, gestaffelt: 18-Jährige erhalten 130,90 €, ab dem 19. Lebensjahr erhält man 152,70 €, dann kommt noch die Ge­schwisterstaffel dazu, also in etwa knapp 6,4 € mehr. Allein aus diesen Kommabeträ­gen können Sie ersehen – und wir haben ja Vorschläge gemacht –, dass es auch not­wendig ist, das System der Familienbeihilfen insgesamt transparenter zu gestalten und dann auch die Frage abzuklären, die gerade die Frau Kollegin vom Team Stronach angesprochen hat, wenn es darum geht, eventuell eine Indexierung festzulegen.

„Indexierung“ klingt wunderbar, wenn ich die Möglichkeiten finanzieller Art dazu habe. In diesem Zusammenhang ist Ihnen vielleicht noch in Erinnerung, dass wir auch eine Entschuldung des FLAF vorzunehmen haben, da er Maastricht-relevant ist, was die Grundvoraussetzung dafür ist, dass wir auch die Indexierung vornehmen können.

Meiner Meinung nach wäre auch eine Entwicklung der Beschäftigung, die ja dafür ausschlaggebend ist, was die Einnahmen des FLAF anbelangt, eine Möglichkeit neben der Indexierung, eine Objektivierung und auch eine Anbindung an die finanzielle Ent­wicklung des FLAF zu erreichen. Wir werden das in den nächsten Wochen ja auch mit dem Koalitionspartner verhandeln.

Der Weg ist relativ unkompliziert. Die Frage, warum wir das nicht gleich als Anspruch für den Betroffenen festgelegt haben, hat Frau Kollegin Tamandl schon relativ ausführ­lich dargestellt, ich kann mich dem nur anschließen. Es sind vor allem steuerliche Gründe, aber auch Fragen des Unterhaltsrechts, die dafür sprechen, diese Vorgangs­weise eben so wie bisher abzuwickeln, dass der Berechtigte auch eine entsprechende Zustimmung geben muss.

In diesem Zusammenhang hat sich auch im Ausschuss die Frage gestellt: Was ist mit der Widerrufsmöglichkeit? – Ich darf darauf hinweisen, die Widerrufsmöglichkeit wird nur in wenigen Fällen tatsächlich zum Tragen kommen, aber das gehört auch exakt ge­regelt.

Der Vorschlag war, dass Herr Kollege Hofer gemeint hat, Eltern von Kindern, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben und diese Beihilfe eben schon haben, sollen eine an­dere Art der Behandlung erfahren als Kinder, die noch im gemeinsamen Haushalt le-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 150

ben, was den Widerruf anbelangt. Das haben wir vom Verfassungsdienst des Bundes­kanzleramtes begutachten lassen, der verneint hat, dass eine derartige Vorgangsweise sinnvoll und rechtlich möglich ist, denn es sollte keinen Unterschied machen, ob je­mand im Haushalt oder nicht im Haushalt der Eltern lebt, was den Widerruf anbelangt. Anders und einfacher ausgedrückt: Die Eltern sollen die Möglichkeit des Widerrufs ha­ben.

Meiner Meinung nach ist das gar nicht so unsinnig, abgesehen von den rechtlichen Be­denken, denn wenn man nachher nicht mehr die Möglichkeit hat, zu widerrufen, dann wird das Problem bei den Eltern schon dann entstehen, wenn sie ihre Zustimmung ge­ben sollen. Also Eltern werden sich dann dreimal überlegen, ob sie überhaupt zustim­men, wenn das wirklich eine Schwierigkeit sein sollte. Daher glaube ich, dass die Vor­gangsweise, die wir jetzt haben, relativ pragmatisch ist und in den meisten Fällen auch überhaupt kein Problem verursachen wird.

Frau Kollegin – Entschuldigung, ich muss den Namen nachschauen – Kaufmann-Bruckberger, weil Sie das angeregt und die Kosten angesprochen haben: Wir haben nicht 500 000 € Kosten, was die Umstellung betrifft, sondern 300 000 €. Das ist immer noch genug, aber im Endeffekt, im Verhältnis zu Kosten, die bei anderen Umstellungen entstehen, würde ich sagen, durchaus verkraftbar und argumentierbar.

Daher: Da das ein erster Schritt zu weiteren Maßnahmen und Verbesserungen sein könnte und sollte, freue ich mich, dass das der Großteil der Beteiligten auch so sieht, bin mir aber jedenfalls sicher, dass die Betroffenen im Sinne von mehr Transparenz und Eigenverantwortung das genauso sehen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

16.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti. – Bitte.

 


16.33.33

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Ja, ich begrüße diese Neuerung selbstverständlich auch, begrüße es, dass es für junge Menschen möglich ist, sich die Familienbeihilfe direkt auszahlen zu lassen. Die Kriterien wurden schon erwähnt. Der Herr Minister hat auch gesagt, was für mich wesentlich ist, dass wir nämlich gleichzeitig auch die Geschwis­terstaffelung neu regeln, um diese im Falle der Direktauszahlung erhalten zu können.

Anzumerken ist vielleicht noch, dass mit Ende des nächsten Jahres eine Evaluierung stattfinden wird, damit wir auch wissen, wie das abgewickelt wird und wie viele junge Menschen das in Anspruch nehmen.

Es wurde schon gesagt, dass das im Hinblick auf Selbständigkeit, Eigenverantwortung und Selbstbestimmung eine sehr gute zukunftsorientierte Lösung ist. Und ich freue mich auf Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


16.34.35

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich glaube, man braucht nicht viel zu wiederholen: Der heutige Beschluss fördert Eigenverantwor­tung und Selbständigkeit – man muss fairerweise dazusagen –, soweit es die Eltern er­lauben, aber jedenfalls ist das ein positiver Schritt.

Ich möchte aber die Gelegenheit wahrnehmen, Herr Bundesminister, noch einmal – ich habe das schon mehrmals getan – auf ein Problem, das wir auch im Ausschuss disku­tiert haben, hinzuweisen: Das ist die Frage der Zuverdienstgrenze.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 151

Wir haben schon ein paar Jahre lang die Zuverdienstgrenze mit 10 000 € fixiert. Es wä­re natürlich schön, zu überlegen und zu prüfen, ob man nicht ab dem nächsten Jahr, also für das kommende Kalenderjahr eine Anpassung vornehmen könnte. Ich denke, das wäre gerechtfertigt.

Das Zweite in diesem Zusammenhang ist die Frage, ob es wirklich unser aller Wunsch ist, sehr verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses, dass, wenn ein Student heu­te auch nur geringfügig über die Zuverdienstgrenze drüberkommt, dann plötzlich die gesamte Familienbeihilfe des ganzen Kalenderjahres zurückzuzahlen ist. Ich denke, das ist einfach nicht zeitgemäß und nicht gerecht.

Ich habe heute am Vormittag mit zwei Finanzämtern telefoniert und habe gefragt: Was macht ihr diesbezüglich? – Ich habe jetzt einen Fall – ich habe ihn wirklich –, wo der Betreffende 10 € mehr als 10 000 € in dem Jahr verdient hat, durch einen Zufall, weil im Herbst dort, wo der Student arbeitet, der Chef gesagt hat: Wir müssen noch ein Projekt fertigmachen. Kannst du nicht öfter kommen? Kannst du nicht mehr arbeiten? Da verdienst du dir vor Weihnachten noch ein paar Hunderter mehr. – Und auf einmal war er knapp über der Zuverdienstgrenze.

Jetzt droht in diesem Fall, dass er fast 2 000 € zurückzahlen muss, weil er über die 10 000 €  (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Mitterlehner.) – Ja, na­türlich, klar, ist so. – Wenn er das vorher weiß und mitkriegt und immer mitrechnet, dann kann er sagen, zahlt mir das Geld nächstes Jahr aus oder gebt mir Zeitausgleich oder sonst irgendetwas, aber in diesem Fall ist es gelaufen. Und wegen 10 € mehr muss er 2 000 € zurückzahlen, die er ja gar nicht hat.

Also da brauchen wir eine Einschleifregelung oder irgendeine andere Lösung. Das kann es ja nicht sein, dass wir hier sagen, das ist halt so, man kann das nicht ändern.

Ich bitte alle Fraktionen im Haus, gemeinsam nachzudenken. Vielleicht ist der Herr Bundesminister auch willens, das mit der Frau Finanzministerin abzusprechen. Viel­leicht finden wir da eine Vorgangsweise, die zu einer vernünftigen und gerechten Lö­sung führt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhr­mann. – Bitte.

 


16.37.12

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich möchte als voraussichtlich letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt noch einmal die Gelegenheit ergreifen, alle Fraktionen hier im Haus zu ersuchen, dieser Maßnahme auch zuzustimmen, nicht nur, weil es Jahre gedauert hat, das so zu vorzu­bereiten, dass es auch wirklich organisatorisch reibungslos funktioniert, sondern weil ich meine, dass es sehr wohl – auch das wurde schon gesagt – ein wichtiger Schritt ist, um junge Menschen auf dem Weg in die Selbständigkeit, in die Eigenständigkeit zu unterstützen.

Unser Ansatzpunkt war damals – und das ist eine langjährige Forderung der Jungen ÖVP gewesen –, so wie die Studienbeihilfe, wo es Studierenden möglich ist, diese selbst zu beziehen, auch die Familienbeihilfe direkt an Jugendliche zu überweisen. Das ist jetzt der Fall, wenn die Eltern dem zustimmen.

Ich denke, alle Vorteile sind genannt worden. Dem ist auch nichts mehr hinzuzufügen, außer ein großes Dankeschön, Herr Bundesminister! Vielen Dank! Ich glaube, das ist eine wichtige und richtige Maßnahme. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

16.38

16.38.10

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 152

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird, in 2192 d.B.

Hiezu haben die Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzent­wurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag betreffend § 14 eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist nicht die Mehrheit und da­mit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das findet die Mehrheit und ist angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wiederum Einstimmig­keit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kaufmann-Bruckberger, Kollegin und Kollegen betreffend Valorisierung der Familien­beihilfe.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist nicht die Mehrheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Antrag des Familien­ausschusses, seinen Bericht 2208 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

16.40.5024. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2190 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Familienberatungsförderungsgesetz geändert wird (2209 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 153

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Herr Abgeordneter Prinz gelangt als Erster zu Wort. – Bitte.

 


16.41.11

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Im Jahr 2006 wurde mit dem Bundes-Behindertengleichstellungs­gesetz der Abbau von baulichen Barrieren beschlossen und eine Übergangsfrist bis Ende 2015 vereinbart. Was damals als ausreichende Übergangsfrist gedacht war, stell­te jedoch viele Beratungsstellen vor große finanzielle Probleme, denn heuer, 2013, al­so zwei Jahre vor Ende dieser Übergangsfrist, ist erst rund die Hälfte der 400 Bera­tungsstellen barrierefrei zugänglich.

Es bestand daher dringender Handlungsbedarf. Und dank Minister Mitterlehner ist es mit der Novelle des Familienberatungsförderungsgesetzes nun möglich, dass rückwir­kend ab Jahresbeginn bis zum Jahr 2015 jährlich rund 1 Million € zur Förderung von Maßnahmen betreffend Behindertengerechtigkeit und Barrierefreiheit zur Verfügung steht.

Obwohl diese gesetzliche Fixierung und Umsetzung nicht aus dem Familienministe­rium stammt, hat das ÖVP-geführte Ministerium seine Verantwortung im Sinne der Un­terstützung von Familien und der Beseitigung von Diskriminierung wahrgenommen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Der barrierefreie Zugang zur Familienberatung wird damit erstmals gezielt gefördert. Auch im Regierungsprogramm ist eindeutig der Ausbau der Barrierefreiheit bei den Fa­milienberatungsstellen vorgesehen. Rund 1,6 Millionen Menschen mit Behinderung, darunter viele Eltern, Großeltern und Kinder, können somit sichergehen, dass ab 2016 die Beratungsstellen barrierefrei zugänglich sind. Derzeit gibt es in Österreich rund 400 Familienberatungsstellen. Somit ist unser Land praktisch flächendeckend damit versorgt.

Die Zahl der Beratungen hat sich von rund 200 000 Beratungen im Jahr 1988 auf rund 435 000 Beratungen im Jahr 2010 erhöht. Ein Beratungsgespräch dauert durchschnitt­lich statistisch 45 Minuten. Die Familienberatungsstellen helfen Familien in Notlagen und unterstützen in professioneller Art und Weise Familien bei der Krisenbewältigung sowie beispielsweise bei der Lösung von innerfamiliären Konflikten.

Ich möchte daher diese Gelegenheit nützen, allen Fachkräften, die in den Familienbe­ratungsstellen einen wertvollen Dienst am Menschen leisten, zu danken. Mit ihrer täg­lichen Arbeit, der professionellen Beratung, und einfach durch das Zuhören und das Anhören von Problemen und durch Geduld helfen sie Menschen in Not. Dafür ein herz­liches Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP.)

Familienberatung, die kostenlos, bedarfsgerecht und nahe am Menschen, nämlich in unmittelbarerer Wohnumgebung angeboten wird, kostet Geld. Die Gesamtkosten zur Finanzierung der Beratungsstellen betragen knapp 50 Millionen € pro Jahr. Aus dem Familienlastenausgleichsfonds werden im Jahr 2013 rund 12,6 Millionen € dazuge­zahlt, das ist um 1 Million € mehr als zum Beispiel im letzten Budgetvoranschlag. Und genau diese 1 Million € wird eingesetzt, um eine österreichweite Umsetzung der Bar­rierefreiheit zu ermöglichen. Es entstehen somit keine Mehrbelastungen für das Bud­get, aber es ist gewährleistet und sichergestellt, dass alle Beratungsstellen bis zum Jahr 2016 ohne fremde Hilfe erreichbar sind.

Wenn das nicht möglich wäre, wären die Konsequenzen fatal, vor allem auch für Hilfe und Rat Suchende in ländlichen Bereichen, denn die Familienberatungsstellen dort


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 154

müssten mit Ende 2015 geschlossen werden. Es freut mich daher ganz besonders, dass im Familienausschuss einstimmig diesem Gesetzesvorschlag zugestimmt wurde. Damit zeigen wir alle gegenüber Eltern von behinderten Kindern und behinderten El­ternteilen, wie wichtig uns deren Anliegen und der barrierefreie Zugang zu den Fami­lienberatungsstellen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

16.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


16.45.06

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Kol­leginnen und Kollegen! Ja, Kollege Prinz, es ist im Regierungsprogramm festgeschrie­ben gewesen, aber es ist ein Zusatz dabei gewesen, dass den Anliegen von Eltern mit behinderten Kindern und behinderten Elternteilen ein besonderes Augenmerk ge­schenkt wird, und das setzen wir mit diesem Gesetz jetzt um. Ich glaube, dass das ganz wichtig ist, denn von den 450 Stellen sind rund 200 noch nicht barrierefrei, und die müssen in den nächsten Jahren dementsprechend adaptiert werden, um die Mög­lichkeit zu schaffen, dass jede/jeder zur Beratung kommen kann.

Dankenswerterweise gibt es 2013, 2014 und 2015 zusätzlich jeweils 1 Million €, um diese Beratungsstellen auf Barrierefreiheit umbauen zu können. Wenn es nicht möglich ist, diese Adaptierung durchzuführen, werden Übersiedlungskosten in andere Bereiche ebenfalls aus dieser Million finanziert. Ich glaube, das ist wichtig, um die Möglichkeit zu schaffen, dass wirklich jede einzelne Stelle erhalten bleibt, denn das ist für die Men­schen von großer Wichtigkeit.

Ich bedanke mich, dass diese Materie heute einstimmig hier beschlossen wird. Das ist ein klares Bekenntnis aller Fraktionen zur Schaffung von Barrierefreiheit, um für die Menschen die Möglichkeit zu schaffen, dass sie ohne Barrieren diese Beratungsstellen besuchen können, um Information, aber auch Hilfestellung, das heißt, Hilfe in all ihren Lebensbelangen, zu erhalten und nicht ausgesperrt zu sein. (Beifall bei der SPÖ.)

16.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartel­gruber. – Bitte.

 


16.47.00

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Auch wir werden diesem Gesetzentwurf betreffend die Änderung des Familien­beratungsförderungsgesetzes unsere Zustimmung erteilen.

Es ist begrüßenswert, dass für den Ausbau von Barrierefreiheit bei den Familienbera­tungsstellen weitere Mittel zur Verfügung gestellt werden, weil diese Maßnahmen not­wendig sind. Der Umbau muss nämlich, wie mein Vorredner schon gesagt hat, bis En­de 2015 erfolgt sein.

Natürlich ist die bessere Erreichbarkeit von Familieneinrichtungen in den Vordergrund zu stellen. Das betrifft aber nicht nur die behinderten Menschen, sondern auch Fami­lien, und deshalb ist es besonders wichtig, beim Ausbau der Barrierefreiheit auf den besseren Zugang für Familien mit kleineren Kindern und auf die Kinderwagentauglich­keit zu achten.

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass viele Familienberatungsstellen nicht immer den Umbau so schnell, wie dies notwendig wäre, durchführen können, weil häufig die Büros in denkmalgeschützten Gebäuden untergebracht sind und dort da­durch der Umbau natürlich erschwert ist. Das hat oft einen Umzug zur Folge. Und wenn man sich ein Ersatzquartier suchen muss, dann ist das doch mit erheblichen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 155

Mehrkosten verbunden. Diese sind zwar abgedeckt, aber trotzdem ist es nicht einfach, dass der laufende Betrieb ungestört weitergeführt werden kann.

Ein weiterer kritischer Punkt ist auch der Umbau auf Rollstuhltauglichkeit in den Sani­täreinrichtungen. Dieser ist sehr kostenintensiv und stellt die Familienberatungsstellen vor große Herausforderungen. Aber ich denke, Herr Minister, Sie sind sich dieser Tat­sache bewusst und werden auch darauf Ihr Augenmerk legen, denn die Familienbera­tungsstellen leisten in Österreich hervorragende Arbeit.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei Ihnen bedanken und denke, wir müssen Sie wirklich noch mehr unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jar­mer. – Bitte.

 


16.49.20

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Bezüglich der Frauenberatungsstellen möchte ich sagen, es gibt auf jeden Fall einen sehr positiven Schritt, und zwar, dass die Frauenbe­ratungsstellen auf jeden Fall eine Subvention bekommen. Das begrüße ich und sollte auch für andere Bereiche übernommen werden.

Grundsätzlich ist es positiv, dass subventioniert wird im Bereich der Frauenberatungs­stellen, der Familienberatungsstellen, dass in Umbaumaßnahmen und andere in die­sem Zusammenhang notwendige Maßnahmen investiert wird. Das ist auch im Sinne der UNO-Konvention für Menschen mit Behinderungen.

Trotzdem möchte ich eine Frage stellen, die für mich mit der Frage: Was bedeutet Bar­rierefreiheit?, zusammenhängt: Ist die rollstuhlgerechte Barrierefreiheit ausreichend? Oder: Wie sollen wir das in Zukunft sehen? Soll die Barrierefreiheit auch verstanden werden als die Erleichterung der Leichtleseversion zum Beispiel? Oder wenn Frauen keine Möglichkeit haben zu kommunizieren, sollte dann auch möglich sein, dass ein Gebärdensprachdolmetscher vorhanden ist?

Nun zu anderen Themen: Wird mit diesen Subventionen die Möglichkeit geschaffen, mehrere Umbaumaßnahmen durchzuführen, oder wird das nur einmal möglich sein? Ich hätte gerne gewusst, welche Kriterien da notwendig sind, welche Definitionen da zu beachten sind, in welchen Fällen Kosten übernommen werden. Das zu wissen wäre sehr wichtig.

Ziel ist, wirklich überall die Barrierefreiheit zu erreichen. Es geht nicht darum, dass nur der Titel „Barrierefreiheit“ vorhanden ist, sondern, dass wirklich die notwendigen Maß­nahmen auch durchgeführt werden.

Ziel ist es, dass Menschen wirklich Barrierefreiheit genießen können. Im Bundes-Be­hindertengleichstellungsgesetz steht, dass bis zum Jahre 2015 die Umbaumaßnahmen fertig sein müssen. Ab dem Jahr 2016 müssten wirklich alle Maßnahmen zur Schaffung von Barrierefreiheit durchgeführt sein. Wissen die Frauenhäuser, dass das die Dead­line ist? Informieren Sie darüber auch die Frauenhäuser?

Ich hoffe, ich werde meine Fragen beantwortet bekommen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

16.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Haubner gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 156

16.53.05

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Familienberatungsstellen sind ein wichtiger Teil, sage ich jetzt einmal, einer funktionierenden Politik für Familien ohne Beratung, ohne Unterstüt­zung. Oft kommt es zu einer sehr schwierigen Situation in manchen Familien, und für diesen Fall haben wir seit Jahren ein, wie ich meine, qualitativ hochwertiges Angebot für diese Familien. Wir sind in Österreich auch relativ flächendeckend mit Familienbe­ratungsstellen ausgestattet.

Dass es nun zusätzliche Mittel für den Ausbau der Barrierefreiheit gibt, ist richtig und gut und war, wie ich meine, auch längst fällig. Denn: Wir haben ja auch die UNO-Kon­vention ratifiziert, die gerade Menschen mit Behinderungen gewährleisten soll, dass sie ohne jegliche Diskriminierung aufgrund ihrer Behinderung den Zugang zur Information, den Zugang zur Beratung erhalten. Das muss ohne Hilfe möglich sein, denn letztend­lich ist es ein Menschenrecht, dass man nicht ständig auf Hilfe angewiesen ist.

Vieles ist von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern schon gesagt worden, und auch Sie, Herr Minister, werden sicher noch erklären, welche Art der Barrierefreiheit im Be­sonderen gemeint ist. Sofern ich mich richtig erinnere, haben wir im Ausschuss gesagt, gemeint ist damit sowohl die rollstuhlgerechte Barrierefreiheit, aber genauso Barriere­freiheit für jene, die Sinnesbehinderungen haben. Auch diese Menschen sollen keine zusätzlichen Hürden vorfinden.

Für uns kann ich sagen: Wir werden dieser Vorlage unsere Zustimmung geben. (Beifall beim BZÖ.)

16.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kauf­mann-Bruckberger. – Bitte.

 


16.55.15

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Prinz hat es auf den Punkt gebracht. Inhaltlich können wir ihm vollinhaltlich zustimmen. Deshalb wer­den auch wir dieser Novelle zustimmen. (Beifall beim Team Stronach.)

16.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.56.00

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Wir sind 2005 mit dem jetzigen Bundesminister Mitterlehner – damals war er Abgeordneter – zusammengesessen und haben das Bundes-Behindertengleich­stellungsgesetz verhandelt und skizziert und haben festgelegt, dass die Grenze, wo eine umfassende Barrierefreiheit sichergestellt ist, 2015 sein soll.

Es freut mich die Initiative von Bundesminister Mitterlehner, dass auch jetzt die Fami­lienberatungsstellen sukzessive barrierefrei gemacht werden durch eine besondere Förderung, nämlich dass die Familienberatungsstellen jährlich 1 Million € zusätzlich für Adaptierungen bekommen.

Es gibt einen Bericht des Ministeriums, dass ein Drittel bereits jetzt barrierefrei ist. Ein Drittel der 400 Beratungsstellen ist weiters durch leichte Maßnahmen zu adaptieren. Und das letzte Drittel erfordert größere Maßnahmen beziehungsweise einen Umzug der Familienberatungsstellen.

Ich finde es wichtig, dass auch Eltern, die behindert sind, diese Beratung in Anspruch nehmen können, oder auch dann, wenn sie ein behindertes Kind haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 157

Barrierefreies Bauen ist auch menschengerechtes Bauen. Es werden alle davon profi­tieren.

Noch einmal vielen Dank, Herr Minister Mitterlehner, für diese Initiative. Die Familien­beratungsstellen wären gut beraten, wenn sie rasch diese Förderungen in Anspruch nehmen würden, damit sie alle möglichst bald barrierefrei werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Bundesminister Dr. Mitter­lehner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


16.59.13

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf anknüpfen an das, was viele von den Kollegen schon gesagt haben, zuletzt auch der Kollege Huainigg, und danke dafür. Das Ganze hat eine Vorgeschichte. Wir haben schon vor einigen Jahren über die insgesamt bestehende Problematik gesprochen, die dann auch zu der Schwierigkeit geführt hat, dass wir, was die Familienberatungsstellen anbelangt, eine auf Personalkostenunterstützung ausgerichtete Gesetzessituation haben und keine Möglichkeit, auf Investitions- und Umbaumaßnahmen ausgerichtet Unterstützung zu leisten. Deswegen auch die Notwendigkeit, das Gesetz und damit die Förderrichtlinien zu ändern, wobei ich dazusagen muss, dass das auch sehr oft von den Bundeslän­dern – von Landeshauptmann Pühringer oder der Frau Stadträtin Frauenberger und anderen – angeregt worden ist.

Wir stellen damit jetzt sicher, dass wir für die 140 Familienberatungsstellen, die noch nicht umgebaut haben, die Barrierefreiheit ermöglichen, wobei – um auch diese Frage der Frau Haubner oder der Frau Jarmer zu beantworten, wie im Ausschuss auch ange­dacht – hier Barrierefreiheit auch umfassend verstanden wird, also nicht nur im Sinne von Kinderwagen- oder Rollstuhltauglichkeit, sondern auch im Hinblick auf Bedürfnisse von sinnesbehinderten Menschen. Es ist auch in den entsprechenden Erläuterungen präzisiert, welche Maßnahmen in diesem Zusammenhang gefördert werden.

Im Endeffekt also ein ganzheitlicher Ansatz, wobei wir uns, was die Einzelförderung, die noch nicht angesprochen worden ist, betrifft, an den Richtlinien, die für die Unter­stützung von Menschen mit Behinderungen aus Mitteln des Ausgleichstaxfonds ange­wendet werden, ausgerichtet und orientiert haben. Das heißt, da gibt es auch schon Erfahrungswerte, die hier auch angewendet werden können. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Im Klartext: Wir glauben, dass mit den 3 Millionen €, die zur Verfügung stehen, auch wirklich das Auslangen gefunden werden kann. Es stand auch noch die Frage im Raum: Kann man mehrmals ansuchen? – Wir gehen davon aus, dass eigentlich mit einem Ansuchen, da die Problematik ja jetzt schon erkennbar ist, auch das Auslangen gefunden werden kann und eine Erledigung erfolgen kann.

Eine noch nicht angesprochene Frage, die sich im Ausschuss gestellt hat, war auch: Ist das eine Zweckwidmung, oder kann das auch für etwas anderes verwendet werden? – Es ist keine Zweckwidmung. Wir gehen aber davon aus, dass wir eigentlich genau mit dieser Maßnahme und ihrer Präzisierung auch das Auslangen finden werden. Also die Frage, ob man das dann eventuell auch für personelle Unterstützung verwenden kann, wird sich in der Praxis mit relativ großer Wahrscheinlichkeit nicht stellen.

Im Endeffekt handelt es sich daher um einen pragmatischen Ansatz, um den betrof­fenen Beratungsstellen auch wirklich Unterstützung geben zu können. Zur Frage, ob auch alle informiert waren und sind: In unserem Bereich ja. Auch dort, wo Frauenbe­ratung von den Familienberatungsstellen angeboten wird, ja. Die andere Umsetzung,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 158

wo zum Beispiel reine Frauenhäuser Beratungsleistungen und Unterstützung anbieten, fällt nicht in unseren Kompetenzbereich. Diesbezügliche Fragen kann ich daher nicht beantworten. Ich nehme aber an, dass man auch dort entsprechende Vorsorge für die Umbaumaßnahmen getroffen und entsprechende Unterstützung sichergestellt hat.

In diesem Sinne vielen Dank für Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

17.03

17.02.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2190 der Beilagen.

Ich ersuche jene Kolleginnen und Kollegen, die für diesen Entwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung dem Entwurf zustimmen, bitte ich Sie um Ihr Zei­chen. – Das ist ebenso einstimmig beschlossen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

17.03.3225. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 61, 148, 158, 164, 168, 171, 174 bis 178 und 183 sowie über die Bür­gerinitiativen Nr. 41, 47, 50 bis 52 (2210 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winter. – Bitte.

 


17.04.06

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Werte Kollegen und Kolle­ginnen! Als Erstredner zu diesem Tagesordnungspunkt steht es mir vermutlich nicht schlecht zu Gesicht, ein wenig über die Arbeitsweise und den internen Aufbau des Ausschusses für Bürgerinitiativen und Petitionen zu sagen.

Wie immer ist dieser Ausschuss auf knapp zwei Stunden bemessen, und ebenfalls wie immer werden die Tagesordnungspunkte immer mehr – zuletzt waren es 46 an der Zahl.

Ich als Vertreterin der Opposition freue mich natürlich immer sehr darüber, denn diese Tagesordnungspunkte sind doch mehr oder minder eine Kritik am System der Regie­rung und an den Vorschriften beziehungsweise an der Gesetzgebung und an der Ver­waltung der Regierung. Ich wundere mich allerdings immer wieder, warum gerade die Regierungsparteien sich auch darüber freuen. Was denken Sie sich? Wie bewerten Sie das? – Das würde mich sehr interessieren.

Vielleicht meinen Sie, das ist ein Ausschuss der Querulanten. Oder wie sehen Sie das? Denn: Es ist eindeutig ein Ausschuss, der die Kritik der Bürger wiedergibt, und ich stehe nicht an, auch zu sagen, dass ebendieser Ausschuss ein Seismograph für die Gesetzgebung und die Verwaltung der Regierung ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn vielleicht noch einige versprengte Zuschauer zu Hause vor ihren Fernsehge­räten sitzen und zuhören, dann wäre es für sie vielleicht interessant zu wissen, was in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 159

diesem Ausschuss mit ihren Bürgerinitiativen und Petitionen geschieht. Es gibt da ei­nige Möglichkeiten:

Die erste Möglichkeit ist die Kenntnisnahme im Ausschuss. Und dann kommt Ihre Bür­gerinitiative oder Ihre Petition hierher in das Plenum, und hier kann – muss aber nicht – darüber debattiert werden.

Die zweite Möglichkeit ist: Sie wird vertagt. Nun gut, vertagt wird sie dann, wenn diese Materie oder diese Thematik bereits in einem anderen Ausschuss anhängig ist, es un­ter Umständen eine entsprechende Regierungsvorlage geben soll oder grundsätzlich in einem anderen Ausschuss darüber bereits gesprochen oder verhandelt wird.

Wir können auch all Ihr Begehr weiterleiten und um diverse Stellungnahmen ersu­chen – verpflichtend abzugebende Stellungnahmen von den Ministerien, weniger ver­pflichtend von der Volksanwaltschaft und den Sozialpartnern. Wir können Ihr Begehr an die diversen Ausschüsse zuweisen – und ich glaube, das ist wohl die Krönung des jeweiligen Bürgerwunsches, denn dort kann auch darüber gesprochen werden, ob die­ser Wunsch, dieses Vorbringen in irgendeiner Weise in der Gesetzgebung und/oder in der Verwaltung seinen Niederschlag findet.

Damit Sie vielleicht auch wissen oder sich ein bisschen ein Bild darüber machen kön­nen, welche Thematiken in diesem Ausschuss behandelt werden, möchte ich Ihnen zwei oder drei dieser Bürgerinitiativen und Petitionen vorstellen.

Da gibt es einerseits die parlamentarische Bürgerinitiative betreffend „Die Wiedergut­machung des Unrechts in der Fürsorge- und Heimerziehung.“ Wir haben diese dem Sozialausschuss zugewiesen, haben allerdings vorher diverse Stellungnahmen einge­holt.

Einerseits vom Finanzministerium: Das Finanzministerium hat uns kurzfristig mitgeteilt, dass es diesem Bürgerbegehr ganz sicher nicht zustimmen kann, denn es würde allzu große finanzielle Folgen nach sich ziehen – das heißt, es würde teuer werden.

Andererseits vom Justizministerium: Von diesem haben wir die Nachricht bekommen, dass man gedenkt, darüber nachzudenken, wie denn eine Anpassung von zivilrecht­licher und strafrechtlicher Verjährung noch möglich wäre, ob man das vereinen könnte.

Wir haben auch eine recht interessante Petition. Bei dieser geht es – und ich glaube, das ist für die Standesvertretung der jeweiligen Hebammen sehr interessant – um Mut­ter-Kind-Pass-Untersuchungen, die auch von Hebammen durchgeführt werden kön­nen. Und ich muss sagen, 1 300 Standesvertreterinnen haben diese Petition unter­schrieben, und das ist schon eine ganz tolle Leistung.

Da das Licht auf dem Rednerpult schon wieder blinkt, möchte ich nur noch eine Peti­tion hervorheben, und zwar jene, die mein Kollege Hofer – ich sage: dankenswerter­weise – eingebracht hat, wahrscheinlich schon zum wiederholten Male. Es geht darin um die eugenische Indikation.

Viele Menschen werden vermutlich gar nicht wissen, was eine eugenische Indikation ist, und ich möchte dazu den Vorstand der Wiener Universitätsklinik für Frauenheil­kunde, Dr. Peter Husslein, zitieren, der sagt:

„Die gesetzliche Regelung ist sehr, sehr unbefriedigend. In der Praxis“ –

und man stelle sich das bitte vor! –

„können diese“ – behinderten –

„Kinder vor der Geburt durch Herzstich getötet werden. Überlebt das Kind dennoch, muss derselbe Arzt lebenserhaltende Maßnahmen setzen.“

Ich denke, dass es hier eine unmittelbare und schnelle Regelung geben sollte. Das, glaube ich, liegt auf der Hand. Und wir sollten uns im 21. Jahrhundert wirklich überle-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 160

gen, ob behindertes Leben unter Umständen als unwertes Leben betrachtet wird. – Diese Maßnahme weist wohl wirklich darauf hin.

Ich möchte meine Ausführungen mit einem Satz beenden, der vermutlich das aus­drückt, was in dieser Hinsicht eigentlich unser moralisches Bild in der Zukunft sein sollte:

„Die Würde des Menschen und seine unbedingte Schutzwürdigkeit, ganz gleich auf welcher Stufe seiner Entwicklung, müssen auch in Zukunft die Grundlage unserer Ge­sellschaft bilden.“ (Beifall bei der FPÖ.)

17.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. – Bitte.

 


17.10.34

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Bürger und Bürgerinnen können sich mit ihren Anliegen in Form von Petitionen und Bürgerinitiati­ven an das Parlament wenden. Dieses Petitionsrecht ist seit Mitte des 19. Jahrhun­derts bei uns verfassungsrechtlich verankert. Für die Einbringung einer Petition braucht es derzeit einen Abgeordneten oder eine Abgeordnete. Bei Bürgerinitiativen sind 500 Unterschriften von wahlberechtigten Bürgerinnen beziehungsweise Bürgern not­wendig. Bei den Bürgerinitiativen ist auch notwendig zu erwähnen, dass sie in die nächste Gesetzgebungsperiode mitgenommen werden.

Wir haben in den letzten Wochen wieder zahlreiche Bürgeranliegen im Petitionsaus­schuss behandelt. Der vorliegende Sammelbericht umfasst zwölf Petitionen und fünf Bürgerinitiativen; davon konnten drei Petitionen und zwei Bürgerinitiativen zur weiteren Behandlung Fachausschüssen zugewiesen werden.

In den vergangenen Ausschusssitzungen waren Themen wie die gemeinsame Obsor­ge, Wiedergutmachung des Unrechts in der Fürsorge- und Heimerziehung, Streichung der bisherigen Regelung zur eugenischen Indikation, aber auch zahlreiche verkehrs- und agrarpolitische Fragestellungen auf der Tagesordnung.

Zum Thema Obsorge wurden ja zuletzt bereits gesetzliche Maßnahmen ausgearbeitet. Das Thema wurde auf Experten- und politischer Ebene ausführlich diskutiert und abge­wogen. Wir wissen, dass dies ein sehr konfliktreiches und sensibles Thema ist. Es wur­de eine Gesetzesänderung beschlossen, bei der Hilfe in der Kommunikation zwischen den Betroffenen im Vordergrund stehen soll. Im Trennungsfall ist zentrales Ziel, die Zukunft so zu gestalten, dass Eltern wie Kindern ein Miteinander ermöglicht wird, auch wenn getrennte Wege gegangen werden.

Eine weitere Petition, die Kinder und Jugendliche betrifft, war jene betreffend „Die Wie­dergutmachung des Unrechts in der Fürsorge- und Heimerziehung“. Zu diesem The­menbereich wurde im letzten Sozialausschuss das Verbrechensopfergesetz diskutiert, und wir haben ja heute auch schon Novellierungen dazu beschlossen.

Wichtig ist, in der Gegenwart und zukünftig Institutionen, in denen Menschen auf an­dere Menschen angewiesen sind, besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Hier ist eben die Kontrolle besonders wichtig, um derartiges Leid in Zukunft zu verhindern. Ein sehr wichtiger Schritt erfolgte dazu im Rahmen von OPCAT mit der Einrichtung des Menschenrechtsbeirates in der Volksanwaltschaft, die die Kontrolle und Prüfung von vielen sozialen Einrichtungen möglich gemacht hat.

Der Petitionsausschuss ist mit unterschiedlichsten Materien befasst, und zahlreiche Anliegen, die oft von einer beträchtlichen Zahl von Menschen unterstützt sind, wurden in den Diskussionen rund um Gesetzesnovellen eingebunden und konnten zum Teil auch berücksichtigt werden. Den öffentlichen Diskurs im Parlament zulassen, zusätz-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 161

lich Experten und Sachverständige einladen, das Augenmerk verstärkt auf Themen lenken – das sind Aspekte, die, wie ich glaube, in dieser Gesetzgebungsperiode in un­serer Ausschussarbeit auch ernst genommen wurden. Ich meine, dass dies sicher ein Beitrag auch dazu war, die Transparenz des Verfahrens im Petitionsrecht zu erhöhen.

Die Frage bezüglich der Einbringung von Resolutionen von Gemeinden, die an das Parlament gerichtet sind, hat im letzten Ausschuss eine sehr heftige Debatte ausge­löst. Ich meine, wir werden uns damit und auch mit anderen Fragen in den verblei­benden Monaten, in Abstimmung mit der Parlamentsdirektion, noch zu beschäftigen haben.

Hinweisen möchte ich noch – und auch meinen Dank an die Parlamentsdirektion aus­sprechen – auf diesen sehr informativen Folder (die Rednerin hält diesen in die Höhe), der ausgearbeitet wurde und nun vorliegt. Ich meine, das ist ein wichtiges Medium, mit dem wir auch auf das Petitionsrecht hinweisen und aufmerksam machen können. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

17.14


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Pirklhu­ber. – Bitte.

 


17.14.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Her­ren! Herr Präsident! Werte ZuseherInnen auf der Galerie! Kollegin Lohfeyer hat schon angesprochen, dass wir uns im Petitionsausschuss wirklich sehr intensiv bemühen, die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen und vor allem auch diesen Ausschuss aufzuwerten, das heißt, die Petitionen und Bürgerinitiativen, soweit immer dies nur möglich ist, auch tatsächlich den Fachausschüssen zur Behandlung zuzu­weisen.

Wir verhandeln derzeit auch fraktionsübergreifend einen gemeinsamen Antrag, den wir hoffentlich zustande bringen, nämlich was die Geschäftsordnung betrifft, damit wir hier noch Verbesserungen zuwege bringen. Das betrifft insbesondere die Öffentlichkeits­rechte, nämlich dass wir auch Hearings abhalten können im Beisein der Petitionsein­bringer, der Bürgerinitiativen-Einbringer, dass diese hier im Haus mitdiskutieren kön­nen und dass es auch für den Fall einer bestimmten Anzahl von Unterstützungen be­stimmte Regelungen gibt.

Man kann nämlich Petitionen und Bürgerinitiativen jetzt online unterstützen. Das haben wir vor gut eineinhalb Jahren umgesetzt, gemeinsam mit der Parlamentsdirektion, und wir haben eine tolle Beteiligung. Die derzeit „aktivste“ – unter Anführungszeichen – Bürgerinitiative, die unterstützt wird, ist die von Heini Staudinger, bekannt als GEA-Chef, der ja mit der Finanzmarktaufsicht in einem heftigen Schlagabtausch steht und eben sein Finanzierungsmodell, nämlich sein BürgerInnenbeteiligungsmodell, auch auf neue gesetzliche Füße stellen will. Das können Sie und das können die Bürgerinnen und Bürger online unterstützen, auch wenn sie die Bürgerinitiative bisher nicht unter­schrieben haben. Das ist ein großer Fortschritt.

In diesem Sammelbericht ist wieder alles Mögliche enthalten. Wir werden diesem Sam­melbericht aber trotzdem nicht unsere Zustimmung geben, weil das, was wir wollen, nämlich dass verbindlich eine Zuweisung an die Fachausschüsse zu erfolgen hat, leider immer noch nicht geschieht. Wir haben unsere Arbeitsweise verbessert, aber wir haben keine Verpflichtung. (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) – Kollegin Königsberger-Ludwig, du weißt genau, dass wir dazu immer wieder Diskussionen füh­ren.

Ich nenne als Beispiel die Bürgerinitiative betreffend „Keine Patente auf Tiere und Pflanzen“. Da geht es darum, dass das Europäische Patentamt 900 Patente auf Tiere


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 162

und etwa 1 800 Patente auf Pflanzen erteilt hat, und die Bürgerinitiative fordert hier eben entsprechende gesetzliche Änderungen. Gleichzeitig gibt es im Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie einen Antrag dazu, der noch nicht behandelt ist. Ich habe gesagt, weisen wir doch diese Bürgerinitiative diesem Ausschuss zu, dann können dort die Abgeordneten gemeinsam darüber beraten und auf Basis dieser Bür­gerinitiative eine Beschlussfassung vornehmen.

Wir hatten vor Kurzem ein ähnliches Beispiel im entwicklungspolitischen Unteraus­schuss. Da hat eine Schule in Oberösterreich, in Perg, ein Schulprojekt gemacht und gesagt: Wie gibt es das? Seit 1970 schon fordern wir, dass 0,7 Prozent des Bruttona­tionalprodukts für Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben werden sollen! – Diese Petition haben wir zugewiesen, und auf Basis dieser Schülerinitiative ist es zu einem Fünfparteienantrag zur Erreichung des 0,7-Prozent-Zieles gekommen.

Es ist damit eine Absichtserklärung des Parlaments wieder einmal festgeschrieben worden, und es geht natürlich darum, dass die Bundesregierung solche Entschlie­ßungen auch ernst nimmt und dass diesen gewisse Schritte folgen. Aber unsere Auf­gabe als Abgeordnete ist doch jene, die Bürgerinnen und Bürger bestmöglich hier im Parlament zu vertreten und auch darauf hinzuwirken, dass diese Anliegen wirklich dort­hin kommen, wo sie hingehören.

Eine ähnliche Fragestellung ist jene im Zusammenhang mit Resolutionen von Gemein­den. Ich nenne dazu ein Beispiel: Die Gemeinde Inzersdorf in Oberösterreich hat im Gemeinderat eine gemeinsame Resolution gegen den Fiskalpakt beschlossen und for­dert von der Bundesregierung weiter gehende beschäftigungspolitische Maßnahmen. – Eine interessante Resolution! Bisher ist es allerdings so, dass Resolutionen von Ge­meinderäten beziehungsweise von Gemeinden gar nicht in den Ausschuss kommen.

Ich habe das zu meiner Aufgabe gemacht und habe diese Resolution eingebracht, wie auch viele andere, die von Gemeinden an das Haus herangetragen werden. Und auch an diesem Beispiel sieht man: Wir brauchen in diesem Punkt eine Geschäftsordnungs­änderung. Diese Resolutionen werden nämlich nicht automatisch dem Ausschuss zu­gewiesen, sondern sie brauchen einen Abgeordneten, der sich dann darum kümmert, dass diese Resolutionen der Gemeinden an den Nationalrat auch dort verhandelt wer­den, wo sie hingehören.

Das ist also auch eine wichtige Fragestellung, die wir im Zuge der Änderung der Ge­schäftsordnung unbedingt noch behandeln sollten, denn es ist ja völlig unlogisch, dass sich BürgerInnen, noch dazu politische Akteure, auf lokaler Ebene über Dinge einigen oder gemeinsam politische Inhalte verhandeln und diese dann an den Nationalrat herantragen – und niemand kümmert sich darum. Das ist doch absurd. Also das sind Dinge, wo wir mit einfachen Mitteln etwas erreichen können, und das sollten wir tun.

Ganz in diesem Sinne, so meine ich, sollten wir weiterarbeiten. Wir haben ja nicht mehr viele Ausschusssitzungen in dieser Legislaturperiode, aber ich bin überzeugt davon – Ausschussobfrau Kollegin Haubner ist gerade nicht da –, dass wir noch ein Hearing abhalten sollten, zumindest auch zu jener Initiative, die der Unternehmer Staudinger im Waldviertel losgetreten hat und die nicht nur diesen Betrieb betrifft, sondern inzwischen wirklich zahlreiche Organisationen im Energiebereich, im Sozialbereich und andere Ini­tiativen, die versuchen, auf Basis von BürgerInnenprojekten bürgernahe Finanzierun­gen für gemeinnützige Projekte aufzustellen. Und in diesem Sinne hoffe ich auf ein Hearing und auch auf eine Beschlussfassung zu diesem Thema noch in dieser Legis­laturperiode. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 163

17.21.06

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrte Damen und Herren! Werter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was den Ausschuss wirklich eint, und das ist heute auch schon einige Male angesprochen worden, das ist unser gemeinsames Anliegen, den Petitionsausschuss weiter aufzuwerten. Wir haben schon einiges er­reicht. Wenn ich daran denke, was wir seit Beginn dieser Legislaturperiode zustande gebracht haben, dann muss ich sagen, da sind wir auf einem sehr guten Weg.

Einige Probleme sind bereits aufgezeigt worden und auch Ideen, vieles wird einge­bracht. Ich denke, dass wir noch in dieser Legislaturperiode eine geschäftsordnungs­mäßige Änderung oder einen Vorschlag dazu verabschieden können, Herr Abgeordne­ter Pirklhuber. Da sind wir uns ja alle einig. Und wir arbeiten auch gemeinsam daran und haben auch viele gemeinsame Treffen, wo die Bereichssprecher auf Einladung der Frau Vorsitzenden zusammensitzen. Und ich denke, dass da eine gute Arbeit geleistet wird, die man auch entsprechend würdigen und loben kann.

Der Ausschuss ist vielleicht politisch und medial nicht so unbedingt im Interesse der Öffentlichkeit. Er ist aber ein wichtiges Instrument der direkten Demokratie, und ich denke, er hat sich auch zu einem Dienstleister für die Bürgeranliegen entwickelt. Das ist unser aller Verdienst, die wir in diesem Bereich tätig sind. Und es ist auch unsere Aufgabe, die Bürgerinnen und Bürger darauf aufmerksam zu machen, die Instrumente dieses Ausschusses bestmöglich zu nützen.

Dazu wurde von der Parlamentsdirektion der Folder „Bürgerinnen und Bürger bringen Themen ein“ neu aufgelegt; das wurde von meiner Kollegin Abgeordneter Lohfeyer be­reits angesprochen. Auch ich bedanke mich dafür. Das war eine Initiative der Parla­mentsdirektion, die bestens vorbereitet war und jetzt auch in Umsetzung ist.

Vermehrtes Interesse am Ausschuss und auch an der Arbeit des Petitionsausschusses ist auch aufgrund der zahlreichen Anliegen, die an uns, an die Mitglieder des Aus­schusses, herangetragen werden, zu erkennen. 46 Tagesordnungspunkte mussten, wie bereits gesagt, im letzten Ausschuss bearbeitet werden. Das haben wir auch nach bestem Wissen und Gewissen gemacht.

Es gab zahlreiche Initiativen und vor allem auch einen regen Gebrauch der elektroni­schen Unterstützung, das ist sehr erfreulich. So erfuhr die Petition betreffend die vier­jährige öffentliche Bundesfachschule für Flugtechnik in Langenlebarn 1 183 Unterstüt­zungen.

Die Schule ist in Österreich einzigartig, die Absolventen bekommen an der Fachschule eine hervorragende Ausbildung in einer der von der EU forcierten Schlüsseltechnolo­gien. Die Petenten, das ist die Schulgemeinschaft, die dahinter steht, wollen sich für die Fortführung, die positive Weiterentwicklung dieser Fachschule und vor allem auch für den Standort am Fliegerhorst Brumowski einsetzen. Wir werden das auch bestmög­lich unterstützen. Diese Petition konnte dem Fachausschuss zugewiesen werden.

3 580 Online-Unterstützungen weist auch die Petition betreffend Anerkennung der Qualifikation und der Leistung der Hebammen im Mutter-Kind-Pass auf – ein Thema, das die Menschen weit über den Kreis der Berufsgruppe hinaus interessiert. Die hohe Qualität der Betreuung von werdenden Müttern durch Hebammen ist unumstritten, und ich denke, dass diese Leistung, die erbracht wird, durch die Aufnahme in den Mutter-Kind-Pass Anerkennung finden soll.

Wir haben noch eine weitere Petition und auch zwei Bürgerinitiativen Ausschüssen zu­weisen können. Auch diese wurden heute bereits genannt. Und ich denke, dass dieser Ausschuss auf eine vermehrte Zuweisung von Materien an Fachausschüsse verweisen kann. Natürlich kann man, Herr Abgeordneter Pirklhuber, sagen, immer noch zu wenig, oder wie es die Frau Abgeordnete Winter gemacht hat. Aber wir sind, wie ich meine,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 164

auf einem guten Weg. Und die Materien, die zugewiesen werden, werden natürlich in den Fachausschüssen auch bestens betreut und beraten.

Viele Themen finden auch mit der Debatte heute hier im Plenum ihren Abschluss, wo Stellungnahmen von Ministerien vorliegen, die sich detailliert mit den Inhalten beschäf­tigen, die auch bestens abgehandelt sind und wo genau erklärt ist, wie mit diesen Maß­nahmen umgegangen wird. Und es gibt Petitionen oder auch Bürgerinitiativen, wie die Obsorgeanliegen, wo bereits ein neues Gesetz auf den Weg gebracht wurde. Viele der Themen, die heute angesprochen wurden, zeigen jetzt nur einen kleinen Ausschnitt aus der Themenvielfalt des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen. Und ich denke, dass wir auf einem guten Weg sind und dass wir eine hervorragende Arbeit im Sinne der Bürgerinnen und Bürger leisten.

Es ist ein interessanter Ausschuss, und ich freue mich, dass auch so viele Anteil daran nehmen, und vor allem freue ich mich über diese positive Entwicklung, die der Aus­schuss nimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

17.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


17.26.27

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürger­initiativen, eine richtige und wichtige Einrichtung. Ich nehme Stellung zur Bürgerinitia­tive Nr. 52 betreffend „Schluss mit der Zeitumstellung“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mag sein, dass der Grundgedanke in Ord­nung war, aber die Störung des inneren Zeitgefüges macht krank. Das steht außer Fra­ge. Man kann darüber diskutieren, ob die bisherige Normalzeit oder die bisherige Som­merzeit als Normalzeit festgelegt werden soll. Es gibt verschiedene Studien dazu, die entweder dafür oder dagegen sprechen. Eines ist auf jeden Fall klar: Das wirtschaft­liche Argument, dass es sich um eine Energieersparnis handelt, ist längst widerlegt. (Beifall bei der FPÖ.)

In Österreich wurde 1976 mit dem Zeitzählungsgesetz eine Grundlage geschaffen. Es steht aber auch außer Frage, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass bei Tier und Mensch, und hier vor allem bei älteren Menschen, durch diese Zeitumstellung Pro­bleme auftreten. Das soll man in dieser Angelegenheit auch nicht außer Acht lassen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

17.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. – Bitte.

 


17.28.06

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zu einer Petition Stellung nehmen, die ich eingebracht habe, und zwar habe ich am 3. Oktober 2012 eine Petition, die von 19 Motorradklubs unterzeichnet wurde, einge­bracht, in der diese Klubs fordern, dass die Rechtslage dahin gehend geändert wird, dass den einspurigen Kraftfahrzeugen die Benützung der Busspur gestattet wird.

Ich glaube, es gilt als erwiesen, dass die einspurigen Kraftfahrzeuge eine bessere Um­weltbilanz haben als die mehrspurigen. Ebenso ist erwiesen, dass sie eine geringere Verkehrsflächen- und CO2-Belastung verursachen. Weiters ist durch die Schaffung der vorgezogenen Haltelinien mit einer Behinderung des Busverkehrs durch einspurige Fahrzeuge nicht zu rechnen. Trotzdem werden diese daran gehindert, die oft freie Bus­spur zu benützen oder den fließenden oder den stehenden Verkehr im Sinne des § 12 Abs. 5 Straßenverkehrsordnung zu umfahren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 165

Die Kenntnisnahme der Stellungnahme des Verkehrsministeriums zu dieser Petition im Petitionsausschuss ist für mich nicht zufriedenstellend, da es darin zu keiner ausdrück­lichen Ablehnung kommt.

Um diese Petition aber im Verkehrsausschuss diskutieren zu können, bringe ich fol­genden Antrag an.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Dolinschek, Kollegin und Kollegen betreffend Mitbenüt­zung der Busspur durch einspurige Kraftfahrzeuge

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, rasch einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine Änderung der österreichischen Straßenver­kehrsordnung im § 53 Abs. 1 Z 24 und 25 vorsieht, damit die Busspur auch von ein­spurigen Kraftfahrzeugen benützt werden kann.

*****

(Beifall beim BZÖ.)

17.29


Präsident Fritz Neugebauer: Der eben vorgetragene Entschließungsantrag wird mit behandelt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mit­benützung der Busspur durch einspurige Kraftfahrzeuge

eingebracht im Zuge der Debatte über den Sammelbericht des Ausschusses für Peti­tionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 61, 148, 158, 164, 168, 171, 174
bis 178 und 183 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 41, 47, 50 bis 52 (2210 d.B.)

Nach der derzeit geltenden Straßenverkehrsordnung dürfen bei den Hinweiszeichen „STRASSE FÜR OMNIBUSSE“ und „FAHRSTREIFEN FÜR OMNIBUSSE“ neben den Fahrzeugen des Kraftfahrlinienverkehrs auch Taxi- und Krankentransportfahrzeuge diese Flächen generell benützen. Sie können auch von Fahrzeugen des Straßendiens­tes und der Müllabfuhr, des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei Dienstfahrten sowie von Einsatzfahrzeugen außerhalb von Einsatzfahrten benutzt werden.

Andere Fahrzeuge dürfen diese Verkehrsflächen aber nur dann befahren, wenn ihnen dies durch eine Zusatztafel ausdrücklich erlaubt wird. Dies gilt auch für einspurige Kraftfahrzeuge. Obwohl derzeit für die zuständigen Behörden diese Möglichkeit be­steht, unter bestimmten Voraussetzungen bei der Verordnung von Busspuren auch ei­ne Benutzung durch andere Kraftfahrzeugkategorien vorzusehen, wird von dieser Aus­nahmeregelung kaum Gebrauch gemacht.

Dadurch werden Fahrer von einspurigen Kraftfahrzeugen trotz besserer Umweltbilanz und deutlich geringerer Verkehrs-, Flächen- und CO2-Belastung oft daran gehindert die freie Busspur mitzubenützen. Diese praxisfremde Regelung muss daher rasch geän­dert werden. Es muss endlich zur generellen Mitbenützung der Busspur durch ein­spurige Kraftfahrzeuge kommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 166

Auch zahlreiche Motorrad-Clubs wie der Motorrad-Club Los Azules und weitere unter­stützende Organisationen haben sich in einer Petition an den Nationalrat für die Mitbe­nützung der Busspur durch einspurige Kraftfahrzeuge eingesetzt und eine Änderung der geltenden Straßenverkehrsordnung gefordert.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, rasch einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der eine Änderung der österreichischen Straßen­verkehrsordnung im § 53 Abs. 1 Z 24 und 25 vorsieht, damit die Busspur auch von einspurigen Kraftfahrzeugen benützt werden kann.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 


17.30.25

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Heute sprechen wir unter anderem über die Petition 176 des Ringes Freiheitlicher Wirtschaftstreibender Niederösterreich, wo der Vorsteuerabzug für alle betrieblich genutzten PKW gefordert wird – eine langjährige Forderung der freiheitlichen Wirtschaftstreibenden, die aber in der Zwischenzeit vom Wirtschaftsbund und von der Wirtschaftskammer Österreich und Niederösterreich übernommen wurde.

Umso interessanter ist, dass diese Petition im Ausschuss gerade von der ÖVP ge­blockt wurde. Das Einholen einer Stellungnahme der Wirtschaftskammer Österreich oder des Wirtschaftsministeriums wurde von der ÖVP verweigert. Es sollte gleich hier enderledigt werden.

Ich darf die Damen und Herren von der ÖVP an Folgendes erinnern: Am 15. Jän-
ner 2007 gab es ein Forderungspaket der Wirtschaftskammer Österreich für EPUs. Un­ter Punkt 5 finden Sie genau diese Forderung.

Am 5. Dezember 2008 gab es einen Antrag des Österreichischen Wirtschaftsbundes im niederösterreichischen Wirtschaftsparlament, der einstimmig angenommen wurde – genau zu dieser Forderung.

Am 8. Mai 2009 gab es einen Forderungskatalog der Wirtschaftskammer Österreich – ebenfalls dieser Punkt drinnen –, heute wird er hier enderledigt.

Am 30. September 2009: eine Forderung der Wirtschaftskammer Oberösterreich.

Im Jänner 2011 ist die Präsidentin der Wirtschaftskammer Niederösterreich, die Bun­desrätin Zwazl, von Neujahrstreffen zu Neujahrstreffen gefahren und hat diese Forde­rung immer wieder vehement erhoben und gesagt, wie wichtig das für die österreichi­schen Unternehmen wäre.

Am 3. März 2013, also heuer, hat Präsidentin Zwazl im Zuge des Landtagswahlkamp­fes noch einmal die Forderung erhoben, dass der Vorsteuerabzug endlich möglich sein soll.

Meine Damen und Herren von der ÖVP, insbesondere vom Österreichischen Wirt­schaftsbund! In der Öffentlichkeit eine Forderung zu erheben und den Unternehmern Hoffnungen zu machen, indem gesagt wird, dass im Parlament etwas geschehen soll,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 167

und sich dann gleichzeitig dafür einzusetzen, dass das hier im Parlament enderledigt und nicht weiter darüber diskutiert wird, das finde ich unehrlich.

Als Unternehmervertreter muss ich mich für diese Handlung der ÖVP sehr fremdschä­men. (Beifall bei der FPÖ.)

17.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Tadler. – Bitte.

 


17.32.56

Abgeordneter Erich Tadler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Über das technische Procedere im Petitionsausschuss wurde ja von meinen Vorrednern schon so ziemlich alles gesagt. Mir bleibt nur noch übrig, der Ausschuss­vorsitzenden für ihre Spitzfindigkeit und ihr diplomatisches Gespür zu danken. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir vom Team Stronach werden den Sammelbericht zur Kenntnis nehmen. Ich würde mir wünschen, dass Bürgerinitiativen und Petitionen nicht nur in Wahlkampfzeiten, sondern immer sehr ernst genommen werden. – Danke sehr. (Beifall beim Team Stro­nach.)

17.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


17.33.43

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen behandelte in seiner letz­ten Ausschusssitzung eine breite Palette von Anliegen vieler Bürgerinnen und Bürger in Österreich. Die Themen im aktuellen Sammelbericht reichen von gemeinsamer Ob­sorge über Verkehrsthematiken bis hin zur freien Studienwahl.

Die Resolutionen und Petitionen, die von den Gemeinden kommen, von den Gemein­deräten beschlossen werden, werden sehr wohl im Ausschuss im Hohen Haus behan­delt, ernst genommen und teilweise auch zur weiteren Behandlung den Fachausschüs­sen zugeführt.

Herr Kollege Pirklhuber, nicht nur Sie, sondern auch ich habe in der Vergangenheit, wie man weiß, entsprechende Resolutionen im Ausschuss eingebracht und werde das in nächster Zeit natürlich auch weiterhin tun – selbstverständlich zum Wohle der Bür­ger, die sich im Vorfeld damit inhaltlich beschäftigen. Das ist auch eine wichtige Bot­schaft für die Menschen in Österreich, dass ihre persönlichen Anliegen sehr wohl the­matisiert und ernst genommen und nicht automatisch ad acta, in die Schublade, gelegt werden.

Kolleginnen und Kollegen! Was die Forderung nach einer verpflichtenden gemeinsa­men Obsorge betrifft, möchte ich auf die Neuerungen im Familienrechtsgesetz ver­weisen, das unter anderem ein Antragsrecht für ledige Väter auf gemeinsame Obsorge beinhaltet, des Weiteren diverse Neuerungen im Obsorgerecht, Kontaktrecht und Na­mensrecht sowie die neue Familiengerichtshilfe.

Aus aktuellem Anlass möchte ich mich aber auch mit der Frage der Atomenergie be­schäftigen. Das wäre beim nächsten Plenum bereits zu spät. Was meine ich damit? Die ungarische Staatsregierung hat angekündigt, am Standort Paks, 180 Kilometer von der österreich-ungarischen Grenze entfernt, einen Reaktorblock in Betrieb zu nehmen. Wir wissen, dass in Paks bereits jetzt ein AKW mit zwei Reaktorblöcken in Betrieb ist. Das, denke ich, ist den Österreichern, besonders den Burgenländern nicht zumutbar. Es gibt momentan die Möglichkeit, bei den Landesregierungen in Österreich Einspruch dagegen zu erheben, aber eine kurze Fristsetzung: von 15. März bis inklusive 4. Ap­ril 2013.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 168

Ich hoffe, dass mein Appell nicht nur hier im Plenum, sondern auch bei den übrigen Österreicherinnen und Österreichern auf positiven Boden fällt und von den Menschen in Österreich, besonders von den BurgenländerInnen, die Möglichkeit wahrgenommen wird, ihren Unmut gegen das AKW in Paks schriftlich auszudrücken.

Kolleginnen und Kollegen! Die BOKU Wien hat, was AKW-Stromerzeugung betrifft, eine internationale Studie in Auftrag gegeben. In der vergangenen Woche wurden vom Projektleiter Professor Kromp die Ergebnisse präsentiert. Sie besagen, dass es bereits ab 2020 zu Uranengpässen und, das wissen wir ebenfalls, zu explodierenden Sicher­heitskosten im AKW-Bereich kommen wird, ganz zu schweigen von den Haftungen und den Versicherungen Drittstaaten gegenüber. Des Weiteren meinen die Risikoforscher, dass die Katastrophenfälle in Fukushima und in Tschernobyl bei Weitem nicht der ÜberGAU gewesen sind, den man sich vorstellen kann.

Ich glaube, wir haben Verantwortung nicht nur für die jetzige, sondern auch für die zu­künftige Generation wahrzunehmen, und zwar insofern, als europaweit, ja weltweit und endlich mit mehr Nachdruck ein Impuls gesetzt wird, aus der AKW-Stromerzeugung auszusteigen. Dass es Alternativen dazu gibt, zeigt zum Beispiel das Burgenland auf. Ab September 2013 sind wir zu 100 Prozent stromautark – eine Vorzeigeregion in Eu­ropa und darüber hinaus.

Ich möchte auch unseren Umwelt- und Lebensminister Berlakovich in die Pflicht neh­men und ihn daran erinnern, dass er auch selbst Verantwortung hat gegenüber der zu­künftigen Generation und sich in den diversen internationalen Gremien, hier vor allem auch in den einschlägigen EU-Gremien, mit mehr Vehemenz dafür einsetzen möge, dass es endlich zu einem Stopp der AKW-Ausbauten auf EU-Ebene kommt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

17.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


17.38.16

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Meine Ausführungen beziehen sich auf die Petition be­treffend „Studierendenfreundliche Tarife im öffentlichen Fernverkehr“ der Aktionsge­meinschaft. Diese fordert kostengünstige Studententickets bei den ÖBB und WEST­bahn und zeigt auf, dass es für Studierende, die zwischen Heimatort und Studienort am Wochenende pendeln, zu hohen Kosten kommt. Sie bezahlen nicht nur für Woh­nung und Lebensunterhalt am Studienort, sondern eben auch für diese Fahrten. Für manche wird das Studium dadurch fast unfinanzierbar, meinen sie.

Nun gibt es wohl die Möglichkeit des Kaufs einer VORTEILScard bei den ÖBB für Ju­gendliche unter 26, die es möglich macht, dass Fahrkarten zum halben Preis erworben werden können. Trotzdem ist das Pendeln – und manche pendeln ja nicht nur zum Pri­vatvergnügen, sondern eben auch, um eine ehrenamtliche Tätigkeit ausüben zu kön­nen, beispielsweise beim Roten Kreuz oder beim Musikverein – sehr teuer.

Gerade für Studierende, die beispielsweise aus meinem Bundesland, aus Vorarlberg, kommen, wo es keine Universität gibt, ist das ein großer Nachteil. Die Anfahrtswege nach Innsbruck sind am günstigsten, aber jene nach Wien oder Graz sind ja nicht oh­ne. Und deshalb ist dieses Anliegen sehr berechtigt.

Leider wurde diese Petition aufgrund mangelnder Finanzierbarkeit gerade einmal zur Kenntnis genommen.

Ich möchte mich noch auf die Bürgerinitiative betreffend „Die Erhaltung und Erleich­terung der freien Studienwahl“ beziehen. In dieser Bürgerinitiative geht es darum, Ge­setzesinitiativen zur Beschränkung des Hochschulzugangs zu unterlassen und somit die freie Studienwahl zu ermöglichen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 169

Wir alle wissen, grundsätzlich ist der Zugang zu österreichischen Universitäten frei, und die freie Studienwahl ist uns allen ein wichtiges Anliegen, geht es doch auch da­rum, dass junge Menschen jenen Beruf ergreifen können, für den sie Interesse, Talent und besondere Fähigkeiten haben.

Wir kennen ja alle das Phänomen der Massenfächer, aber auch der Mangelberufe. Es ist nun die große Kunst, da einen Ausgleich zu schaffen, der ohne Zwang erfolgt. Die Frage ist: Wie schaffen wir es, Studierende für jene Fächer zu begeistern, die nur we­nig nachgefragt werden, um die überlaufenen Studienfächer dabei zu entlasten?

Diese Bürgerinitiative wurde dem Wissenschaftsausschuss zugeleitet, und ich bin schon gespannt auf die Diskussionen zu diesem Thema. (Beifall bei der ÖVP.)

17.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


17.41.20

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich beziehe mich auf die Petition zur Mitbenützung der Busspur durch einspurige Kraftfahrzeuge. Als begeisterter Motorradfahrer und im Zivilberuf Polizeibeamter kenne ich die Problematik sehr gut.

Die Busspur darf von Mopedfahrern benützt werden, von Taxifahrern, wenn sie einen Fahrgast an Bord haben, von Bustransporten und, und, und. Nun liegt die Problematik sicher in folgendem Umstand – und das kenne ich aus der Bodensee-Region –: Wenn Sie den Bodensee entlangfahren und nach Bregenz hinein wollen, dann gibt es dort eine Busspur – der dortige Stau wird Ihnen aus dem Ö3-Verkehrsfunk sicherlich be­kannt sein, der ist dort ständiger Begleiter.

Nun sitzen Sie dort in der schwarzen Kluft auf dem Motorrad, es ist sehr heiß, die Son­ne brennt herunter und der See tut seinen Teil dazu. Die Problematik dort ist, dass Sie in der Motorradkluft fast einen Kollaps kriegen, und es ist für mich nicht einsehbar, wa­rum dann auf der rechten Seite, auf der Busspur, die Mopedfahrer mit 45 bis 50 km/h – wie schnell die Dinger eben laufen – vorbeiflitzen können, und der Motorradfahrer, wo dort ohnehin nur 50 beziehungsweise 60 km/h erlaubt sind, steht brav in der Kolonne. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.) Das ist für mich nicht ganz nachvollziehbar.

Dasselbe gilt zum Beispiel für Wien, wenn man den Verkehr beobachtet: Auch in Wien ist die Busspur immer frei.

Nun haben wir doch gesetzlich Möglichkeiten geschaffen, dass es zum Beispiel vorne bei der Ampel einen Bereich gibt, wohin die einspurigen Kraftfahrzeuge vorfahren und dort warten können, weil sie schneller wieder beschleunigen können und dann vor den zweispurigen Fahrzeugen losflitzen können. – Also da schaut man schon auf die Mo­torradfahrer, dort nicht.

Natürlich gibt es noch mehr Probleme – auch beim Punkt Jugendschutzgesetz wissen wir ja, wie es ausschaut: In Vorarlberg ist es etwas strenger, in Innerösterreich ist es etwas weniger streng. Auch dort wollen wir ein einheitliches System, das heißt, dass der Jugendliche aus Wien in Vorarlberg dasselbe machen darf wie der Jugendliche aus der Steiermark oder der aus Vorarlberg. Die Problematik ist, wenn ich überall verschie­dene Gesetze habe, wird sich bald niemand mehr auskennen, und darum geht es hier.

So wie es vom Verkehrsministerium im Petitionsausschuss erklärt wurde, nämlich dass da jedes Land selbst entscheiden kann, das finde ich nicht gut, denn dann kennt sich kein Mensch aus, und deswegen soll das bundeseinheitlich vernünftig und ordentlich gemeinschaftlich gelöst werden.

Ich möchte deshalb auch – weil es ja hier nur diskutiert wurde und im Verkehrsaus­schuss ein wichtiges Thema wäre – folgenden Antrag einbringen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 170

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Hagen, Erich Tadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Benutzung der Busspur durch einspurige Kraftfahrzeuge“

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, eine Änderung der gesetzlichen Regelung des § 53 Abs. 1 Z 24 und 25 StVO in dem Sinne herbeizuführen, dass eine Benutzung der Busspur durch einspurige Kraftfahrzeuge zu­lässig ist.“

*****

Ich glaube, das wäre vernünftig. Das ist im Sinne der Flüssigkeit des Verkehrs, im Sin­ne des Umweltgedankens, denn wenn man in der Kolonne steht, dann verpufft man sehr viel an Sprit, dann gibt es mehr Schadstoffausstoß. Ich glaube, das wäre eine ver­nünftige Lösung.

Meine Damen und Herren der Regierungsparteien, geben Sie Ihrer Frau Verkehrsmi­nisterin einen Stups, auf dass sie hier tätig wird! Das ist eine vernünftige Sache und davon haben wir alle etwas. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

17.45


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Hagen, Erich Tadler und Kollegen betreffend „Benutzung der Busspur durch einspurige Kraftfahrzeuge“

eingebracht im Zuge der Debatte zum Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 61, 148, 158, 164, 168, 171, 174 bis 178 und 183 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 41, 47, 50 bis 52 (2210 d.B.)

Einspurige Kraftfahrzeuge haben insgesamt eine besser Umweltbilanz und weisen eine deutlich geringerer Verkehrs-, Flächen- und C02-Belastung auf.

Der Motorrad-Club Los Azules und die unterstützenden Organisationen fordern in ihrer Petition zur Mitbenützung der Busspur durch einspurige Kraftfahrzeuge den Gesetzge­ber auf, eine Änderung der Rechtslage in dem Sinn herbeizuführen, dass es einspuri­gen Kraftfahrzeugen generell möglich ist, die Busspur zu benützen.

Eine Mitbenutzung der oft freien Busspur hilft jedenfalls das Verkehrsaufkommen bes­ser zu regeln, den Verkehr insgesamt zu beschleunigen und verbessert die Sicherheit einspuriger Fahrzeugnutzer

Unbeschadet davon, können im Fall von Interessenskonflikten mit weiteren Benützern der Busspur, z.B. in der Nähe von Krankenhäusern, selbstverständlich von den Behör­den stellenweise Benutzungsverbote ausgesprochen werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 171

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, eine Änderung der gesetzlichen Regelung des § 53 Abs. 1 Z 24 und 25 StVO in dem Sinne herbeizuführen, dass eine Benutzung der Busspur durch einspurige Kraftfahrzeuge zu­lässig ist.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


17.45.31

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Geschätzte Frau Kollegin Winter! Ich denke mir, Petitionen und Bürgerinitiativen sind Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern, die eingebracht werden können, die zum Teil sehr spezifisch sind, sehr regionalen Stellenwert haben, zum Teil werden aber auch sehr globale Anliegen eingebracht. Ich empfinde es nicht so, dass Anliegen, die Bürgerinnen und Bürger einbringen, per se die Unzufriedenheit mit der Verwaltung oder der Regierung zum Ausdruck bringen. Also ich habe da ein anderes Verständnis. (Zwischenruf der Abg. Dr. Winter.)

Ich finde auch, dass die Bürgerinitiativen und Petitionen sehr wohl sehr ernst genom­men werden, sei es durch die Stellungnahmen, die von Ministerien eingeholt werden, durch die Kenntnisnahme – dann werden sie ja im Plenum behandelt – oder auch durch die Zuweisung zu Ausschüssen.

Ich denke mir auch, wie das Kollege Pirklhuber gesagt hat, wenn es eine verbindliche Zuweisung zu den Fachausschüssen geben sollte, würde das ja aus meiner Sicht be­deuten, dass sich der Ausschuss ad absurdum führt, wenn man also die Bürgerinitia­tiven und Petitionen dann gleich dem Ausschuss zuweisen kann und unser Ausschuss mehr oder weniger keine Arbeit mehr hätte. Da denke ich mir, es ist schon ein guter Weg, dass man manches zuweist und manches hier im Plenum behandelt und zur Kenntnis nimmt.

Natürlich kann man immer daran arbeiten, dass sich der Petitionsausschuss weiterent­wickelt. Das wird auch von der Vorsitzenden aus meiner Sicht sehr gut wahrgenom­men.

Ich möchte noch auf die Petition des Kollegen Hofer eingehen, die auch von Kollegin Winter angesprochen wurde, betreffend „Streichung der bisherigen Regelung der Eu­genischen Indikation“. – Wir alle wissen, dass das ein sehr sensibles Thema ist, dass das ein Thema ist, das uns ja schon des Öfteren auch hier im Plenum beschäftigt hat und wo ich mir denke, wir tun gut daran, wenn wir dieses Thema nicht moralisierend – ich sage das ohnehin so: nicht moralisierend – behandeln, sondern es uns tatsächlich von unterschiedlichen Gesichtspunkten aus ansehen.

Und wenn Sie, Frau Kollegin Winter, sich die Stellungnahme des Gesundheitsminis­teriums durchlesen, dann werden Sie auch ganz genau sehen (Zwischenruf der Abg. Dr. Winter), dass der Gesundheitsminister sehr eindrucksvoll oder sehr eindrücklich dargelegt hat, dass diese Schwangerschaftsabbrüche bis kurz vor der Geburt wirklich nur in ganz wenigen Einzelfällen gemacht werden, durchgeführt werden, nur bei nach­gewiesenen schwersten Fehlbildungen mit aussichtsloser Prognose – so ist es eben in der Stellungnahme beschrieben. Und „aussichtslose Prognose“ bedeutet, dass das Kind unmittelbar nach der Geburt oder in den ersten Lebenswochen sterben wird. In


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 172

diesen Fällen wird diese eugenische Indikation in Einzelfällen durchgeführt. (Abg. Dr. Winter: Das weiß man doch ... Woche!)

Sie wissen genauso, Frau Kollegin Winter, dass die Durchführung eines solchen Spät­abbruches durch einen Arzt oder eine Ärztin ohne eindeutig belegbare Anzeichen für eine schwere Schädigung strafbar ist und auch den Verlust der Möglichkeit zur Aus­übung des Berufes zur Folge hätte. Ich bin wirklich überzeugt davon, dass sich kein Arzt, keine Ärztin die Entscheidung zu diesem Abbruch leicht macht, und ich bin auch hundertprozentig davon überzeugt, dass sich keine schwangere Frau diese Entschei­dung wirklich leicht macht. Ich bin aber schon der Überzeugung, dass man diese Letztentscheidung einfach der Frau – im besten Fall der Familie: dem Mann und der Frau – überlassen sollte.

Ich möchte auch Folgendes betonen: Wenn man „nur“ – unter Anführungszeichen – den Abs. 1 Z 2 Fall 2, wie der Kollege Hofer das auch in der Petition eingebracht hat, streicht, würde noch immer die medizinische Indikation möglich sein, die darauf abzielt, dass ein Schwangerschaftsabbruch auch möglich ist, wenn er „zur Abwendung einer nicht anders abwendbaren ernsten Gefahr für das Leben oder eines schweren Scha­dens für die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren erforderlich ist“.

Ich denke mir, wie schon gesagt, das ist keine leichte Entscheidung. Die eugenische Indikation ist ein Thema, das sehr sensibel zu behandeln ist. Und ich bin auch dafür, dass wir uns in Zukunft hier im Parlament gemeinsam überlegen, wie man Familien, die sich für ein behindertes Kind entscheiden, wenn das behinderte Kind auf der Welt ist, noch viel besser unterstützt, denn ich denke, da haben wir Aufgaben genug, die wir zu erledigen hätten. (Beifall bei der SPÖ. – Bravoruf des Abg. Weninger.)

17.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


17.49.42

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Sammelbericht zeigt uns eine Flut und ein breites Spektrum an Bürgeranliegen auf.

Ich möchte mich eingangs bedanken: Gerade der letzte Ausschuss hat wieder bewie­sen, dass die Frau Vorsitzende gemeinsam mit den Fraktionsführerinnen und Frak­tionsführern hier gute Vorbereitungsarbeit leistet, sodass wir diese ganzen Petitionen und Bürgerinitiativen überhaupt in diesem Tempo und in dieser Nachhaltigkeit behan­deln können.

Es geht einerseits um wirtschaftliche Anliegen, um Gesundheitsthemen, um Bürgerser­vice, Verkehrssicherheit, aber auch um Familienkonflikte und persönliche Positionen. Es ist ja heute schon viel über diese Petitionen und Bürgerinitiativen berichtet worden.

Ich möchte dem Kollegen Auer über die Parteigrenzen hinweg für die Petition be­treffend „Erhaltung des Bezirksgerichts Rattenberg“ danken. Wir wissen, dass es eine Organisationsreform bei den Bezirksgerichten gibt und dass es da die Zustimmung des Landeshauptmannes braucht, aber ich glaube, es ist durchaus berechtigt, dass man hier auch bei Petitionen auf regionale Anliegen und auf Bürgerservice Rücksicht nimmt. Mit dieser Petition, welche wir zur Kenntnis genommen haben, wurde, so glaube ich, wieder bewiesen, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern zuhören, dass wir ihre Anlie­gen ernst nehmen und dass wir den Menschen, die unterschreiben, hier zu ihrem Recht verhelfen.

Zum Anliegen der Hebammen betreffend Aufnahme in den Mutter-Kind-Pass: Ich glaube, es geht darum, in der Schwangerenvorsorge die Begleitung und die Beratung zu verbessern und dass man werdende Mütter bis hin zum Wochenbett unterstützt.


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Und ich bin auch froh darüber und bedanke mich dafür, dass diese Petition dem Fami­lienausschuss zugewiesen wurde und demnächst im Familienausschuss weiter disku­tiert, behandelt und – so hoffe ich – auch positiv erledigt wird.

Die Petition „gemeinsame Obsorge“ wurde zur Kenntnis genommen. Es geht dabei, wie im Familienrechtspaket beschlossen, um schnellere und gerechtere Entscheidun­gen, Kontinuität für Kinder, Besuchsrecht wird zum Kontaktrecht, und es geht auch da­rum, dass wir Menschenrechte wahren.

Kollegin Anna Franz hat schon über die Petition betreffend „Studierendenfreundliche Tarife im öffentlichen Fernverkehr“ berichtet. Es geht dabei wirklich darum, dass gera­de für Studierende aus entlegenen Gebieten durchaus Nachteile durch die Anreise zum Studienort entstehen. Derzeit gibt es ja verschiedenste Initiativen – vom Senioren­ticket bis zum Jugendticket –, daher sollte auch das, sage ich jetzt, Studierendenticket auf längerer Sicht oder mittelfristig umgesetzt werden, denn ich glaube, es geht darum, dass wir benachteiligte Regionen gerechter behandeln.

In diesem Sinne: Danke für die eingebrachten Petitionen! Sie sind eine Bereicherung für die politische Auseinandersetzung und natürlich auch für politische Ideen – und ich glaube, Ideen sind in der Politik immer willkommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


17.52.38

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen, werte Kollegen! Die besondere Entwicklung des Ausschusses in den letzten fünf Jahren ist schon unterstrichen worden. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg, und ich hoffe, dass es auch so weitergeht.

Zum Kollegen Pirklhuber nur ganz kurz: Also wir haben noch nie so viele Petitionen und Bürgerinitiativen in einem Ausschuss zugewiesen, wie gerade in der letzten Aus­schusssitzung: drei Petitionen und zwei Bürgerinitiativen, die wir dem Unterrichtsaus­schuss, dem Familienausschuss, dem Sozialausschuss und dem Wissenschaftsaus­schuss zugewiesen haben.

Mein Vorredner hat ja gesagt, dass es auch darum geht, Ideen zu sammeln oder Dis­kussionsunterstützung zu bekommen. Ich möchte hier bezüglich der Petition von Mag. Josef Auer betreffend die Erhaltung des Bezirksgerichts in Rattenberg kurz an­merken, dass die Stellungnahme klar und deutlich gezeigt hat, dass eine Einsparung eigentlich keine Kosteneffizienz bringt, sondern dass es wichtig ist, dass die Menschen das Gericht vor Ort haben.

Und es ist heute fast so angeklungen, als hätte die Kenntnisnahme in etwa die gleiche Funktion wie ein Rundordner, aber ich meine, wenn eine Kenntnisnahme vorgenom­men wird, wurde darüber diskutiert. Es wurden die Anregungen mitgenommen, und Teile sind schon oft einmal in Verhandlungen bei Gesetzwerdungen oder auch teil­weise in schon abgeschlossene Gesetze aufgenommen worden.

Kollegin Lohfeyer hat dieses Einbringen von Resolutionen von Gemeinden in den Aus­schuss für Petitionen und Bürgerinitiativen kurz angemerkt. – Ich glaube, dass es wich­tig ist, dass wir da eine Lösung finden, damit jetzt nicht jeder Abgeordnete alle Reso­lutionen aus seinen Gemeinden einbringt, denn sonst werden wir davon erschlagen. Hier gehört eine klare Richtlinie her, wie das Ganze behandelt wird. Ich glaube, dass wir das noch vor dem Sommer in dieser Form hinüberbringen werden. Diesbezüglich bin ich mir sicher, denn dieser Ausschuss hat schon vieles erreicht.

Ich möchte mich in diesem Zusammenhang bei der Parlamentsdirektion für diesen Fol­der (der Redner hält einen Folder in die Höhe), der heute neu herausgekommen ist, recht herzlich bedanken. Es ist ein sehr guter Folder.


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Ich darf die Österreicherinnen und Österreicher einladen, ihre Stimme für die Bürger­initiativen und Petitionen, die über die Internetseite der Parlamentsdirektion abrufbar sind, abzugeben, damit sie sehen, was auf der anderen Seite von Österreich passiert und was in ihrem Interesse passiert  denn die Anliegen im Ausschuss werden wirklich ernst genommen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Marek. – Bitte.

 


17.55.09

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf ein paar Details in den Petitionen eingehen.

Zur Bundesfachschule für Flugtechnik, meine Damen und Herren, da hat es eine breit unterstützte Petition gegeben: Dabei geht es um eine Flugtechnikschule in Langenle­barn mit einer wirklich exzellenten Ausbildung, und das ist für mich auch ein gutes Bei­spiel, wie man eine Petition hier ins Parlament einbringen kann und wie ein Anliegen dann auch wirklich nachhaltig für eine ganz konkrete Sache – in dem Fall geht es um diese Bundesfachschule – hoffentlich auch zu einer positiven Beschlussfassung führen kann.

Es geht um eine Schule, die eine sehr hochwertige Ausbildung im Bereich der Flug­zeugtechnik anbietet. Diese Schule in Langenlebarn ist eine Kooperation zwischen Un­terrichtsministerium und dem Bundesministerium für Landesverteidigung, und man steht einfach vor der Situation, dass man nicht weiß, ob es sie in der Form weiter gibt.

Ich glaube, dass es hier auch an uns ist, dass wir im Unterrichtsausschuss – diese Pe­tition wurde dem Unterrichtsausschuss zugewiesen – darüber nachdenken, wie wir die­se hochwertige Ausbildung – die Absolventinnen und Absolventen haben de facto alle einen fixen Job, wenn sie mit der Schule fertig sind – auch tatsächlich erhalten können.

Ohne diese Petition würden wir wahrscheinlich gar nicht wissen, dass es dieses gro­ßes Thema gibt und würden uns dessen auch gar nicht so bewusst sein, und deswe­gen freue ich mich sehr, dass hier auch die Bürgerinnen und Bürger – in dem Fall die Repräsentanten der Schule – aktiv geworden sind.

Ich möchte noch ein Thema ansprechen: Es gibt eine Petition, wo es darum geht, dass HTL-Ingenieurinnen und -Ingenieure auch auf Bachelorniveau eingestuft werden – so­zusagen die akademische Frage.

Grundsätzlich finde ich es wichtig, dass wir hier darüber diskutieren, denn wir wissen, dass unsere Absolventinnen und Absolventen der berufsbildenden höheren Schulen in anderen Ländern auf Akademikerniveau sind. Die Ausbildung ist sehr, sehr gut, aber diese Forderung, wie sie in der aktuellen Petition vorgebracht wird, nämlich dass wir ausschließlich über die HTL-Ingenieure diskutieren und diese auf akademischem Ni­veau sehen, wäre einfach eine Ungleichbehandlung der anderen berufsbildenden hö­heren Schulen, die ja eine gleichwertige Ausbildung haben – es gibt nur keinen Titel danach. Dieses akademische Niveau auch international anzuerkennen, wird aber si­cher eine Diskussion sein, die wir zu führen haben.

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch noch zwei Petitionen beziehungsweise Bürgerinitiativen ansprechen, in denen es um Familienangelegenheiten, die gemeinsa­me Obsorge und vieles mehr geht – wir diskutieren das seit langer Zeit. Diesbezüglich ist einfach zu sagen, dass diese beiden Anliegen sich insofern erledigt haben, weil wir mit dem Familienrechts-Änderungsgesetz eine gute, fundierte Basis geschaffen haben, gerade wenn es um die Anerkennung beider Elternteile geht, wenn es um wesentliche Weiterentwicklungen geht – wobei ich schon sagen muss, dass gerade bei der Bür­gerinitiative der Plattform „vaterverbot.at“ vieles nicht realistisch und in Wirklichkeit auch in der Praxis so nicht umsetzbar ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 175

Trotzdem wurde vieles erreicht und umgesetzt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der Grünen.)

17.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


17.58.32

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Das Faszinierende an diesem Ausschuss – und das hat man jetzt auch in der Debatte gemerkt – ist die inhaltliche Breite, die diesen Ausschuss von den sogenannten Fach­ausschüssen unterscheidet. Die Themenpalette in diesem Sammelbericht reicht von der gemeinsamen Obsorge über Verkehrsfragen bis hin zur Umstellung der Sommer­zeit oder zur Bürgerinitiative „Rettet Griaß di“.

Das ist eine Breite, die natürlich auch einer besonderen Anstrengung und Vorbereitung bedarf, und ich will ebenfalls der Vorsitzenden und den FraktionsführerInnen sehr herz­lich danken, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die bei der Einholung der Stellungnahmen und bei der Aufbereitung der Ausschüsse sehr viel an breiter inhalt­licher Kompetenz erkennen lassen, aber auch den Kolleginnen und Kollegen, die im Spannungsfeld sind zwischen Verzweiflung, wie das Frau Winter formuliert hat, und der Hoffnung des Kollegen Pirklhuber, der eben alles Mögliche, was er irgendwo auf­schnappt, als Petition in diesen Ausschuss einbringt.

All das ist legitim und macht die Arbeit besonders reizvoll. Ich glaube nicht nur, dass man dieses Instrument noch intensiver nutzen muss, sondern auch, dass man den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang weiter erleichtern sollte. Dafür ist die Sozialde­mokratie auf jeden Fall ein Partner.

Inhaltlich nur noch ein paar Worte zur Petition bezüglich Mitbenützung der Busspuren für einspurige Fahrzeuge. Es wurde ja ein Antrag dazu eingebracht. Ich wollte nur in Erinnerung rufen, dass es einen einstimmigen Ausschuss-Beschluss gibt, dass wir die entsprechende Bürgerinitiative zur Kenntnis nehmen. Deshalb wundert mich jetzt die­ser Entschließungsantrag.

Es gibt unter den Verkehrsexperten, vor allem in den skandinavischen Ländern, eine Diskussion darüber, ob es sinnvoll ist, sogenannte Busspuren für einspurige Fahrzeu­ge zu öffnen. Wie immer bei Experten-Meinungen sind diese sehr differenziert. Es gibt viele Pro- und viele Kontra-Argumente. Tatsächlich wurden diese Busspuren im urba­nen Gebiet eingerichtet, um den öffentlichen Nahverkehr attraktiver und schneller zu machen und zu bevorzugen. Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, solange die Ver­kehrssicherheit gegeben ist, auch einspurige Fahrzeuge auf diesen Busspuren fahren zu lassen. Die Frage ist aber, ob damit der ursprünglichen Intention zukünftig wirklich noch Rechnung getragen wird.

Jedenfalls kann eine derartige Entscheidung weder spontan im Plenum noch im Pe­titionsausschuss geklärt werden, sondern dieser Antrag muss irgendwann einmal im Verkehrsausschuss eingebracht werden, wenn das das Anliegen der Kolleginnen und Kollegen ist.

In diesem Sinn: Herzlichen Dank für die intensive Arbeit, auch an die Obfrau Ursula Haubner, an Frau Kollegin Lohfeyer als Obfraustellvertreterin und an die MitarbeiterIn­nen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


18.01.35

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie wissen und wie wir alle wissen, sind wir seit nahezu 18 Jahren bei der Euro-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 176

päischen Union und betreiben seitdem eine sehr erfolgreiche Agrarpolitik (ironische Heiterkeit beim BZÖ), und es tut mir geradezu weh, wenn ständig versucht wird, diese vorbildhafte Politik, die wir in Österreich in den letzten Jahren betrieben haben, insbe­sondere auch als Schrittmacher in Europa, schlechtzureden, Herr Kollege Pirklhuber. Wir haben in Österreich nämlich ein Umweltprogramm mit der höchsten Teilnahme entwickelt. In Österreich gibt es die meisten Biobauern in Europa. Wir sind Spitzen­reiter! Hören wir damit auf, ständig das, was wir in Österreich erfolgreich machen, so schlechtzureden.

Ich bin wirklich froh, dass es diese Gemeinsame Agrarpolitik gibt. Gerade die Ergeb­nisse des letzten Agrar-Ministerrates haben gezeigt, dass die Agrarpolitik Österreichs mit Einkommenskombination, mit Erwerbskombinationen, mit diesem Umweltpro­gramm, mit diesem Biobauern-Programm, mit dieser Politik für den ländlichen Raum in Europa als vorbildhaft angesehen wird und dass es gerade jetzt auch in diesen neuen Programmen entsprechende Berücksichtigung für jene Gruppen gibt, die unter wirt­schaftlich schwierigsten Bedingungen, unter topografisch schwierigen Bedingungen wirtschaften müssen.

Darauf können wir stolz sein, meine Damen und Herren! Tragen wir das weiter und versuchen wir auch weiterhin, eine gute, tolle Europapolitik auch für die Menschen in den ländlichen Regionen zu machen! (Beifall bei der ÖVP. Abg. Dr. Jarolim: Fritz Grillitsch, ihr dürft’s die Bienen nicht vergiften!)

18.03

18.03.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht in 2210 der Beilagen über die Petitionen Nr. 61, 148, 158, 164, 168, 171, 174 bis 178 und 183 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 41, 47, 50 bis 52 zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich komme weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Mitbenützung der Busspur durch einspurige Kraftfahrzeuge.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zu Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ha­gen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Benutzung der Busspur durch einspurige Fahrzeuge“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

18.05.0026. Punkt

Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 1815/A der Abge­ordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), idF BGBl. l Nr. 114/2011, ge­ändert wird (2242 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 26. Punkt der Tagesordnung.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort. – Bitte.

 



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18.05.15

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Da­men und Herren! Heute bin ich wieder mit zwei SchülerInnen-Gruppen und einer zu­sätzlichen StudentInnen-Gruppe durchs Haus gegangen. Alle drei Gruppen haben un­sere Plenardebatte von der Besuchergalerie aus verfolgt. (Abg. Dr. Cap: Und waren begeistert!)

Was glauben Sie, was alle drei Gruppen gefragt haben? Was glauben Sie? (Rufe bei der ÖVP: Wo sind die Grünen? Rufe bei den Grünen: Wo sind die Abgeordneten? Weitere Zwischenrufe.) – Ja, das ist ja interaktiv! Wir haben ja schon einen Sitzungstag hinter uns.

Erstens haben sie gefragt: Wie können Sie das als Opposition so lange aushalten, dass Ihre Vorschläge ignoriert werden? Da tue ich mir ja nicht leicht. Und die zweite Frage war: Wie halten Sie es insgesamt als Politikerin aus, wenn das Image der Politik so schlecht ist? (Abg. Grillitsch: Aber das können sie ja euch gar nicht fragen!)

Herr Kollege Prinz ist mein Zeuge, wir haben ja gemeinsam die erste Gruppe betreut und standen Rede und Antwort. Wir haben gesagt, erstens einmal ist uns die Arbeit ein Herzensanliegen. Wir sind begeistert am Werk, wir wollen die Menschen ja bewegen und davon überzeugen, wie man Reformen ansetzt. Und zweitens wollen wir gemein­sam auch dazu beitragen, dass das Image der Politik besser wird (Abg. Rädler: Ge­rade Sie?) und dass die Menschen insgesamt wieder Vertrauen in unsere Tätigkeit ge­winnen. Dazu braucht es einfach auch Wissen, Einblick und die Öffentlichkeit unserer Arbeit.

Unsere Arbeit muss nachvollziehbar sein, nicht nur durch punktuelle Besuche hier im Plenum, wo die Menschen sozusagen dann Zeitzeugen für das Geschehen hier sind, für das, was wir hier beschließen und so auch vorantreiben, sondern auch, wenn die Menschen zu Hause vor den Fernsehschirmen sitzen. Darum begrüße ich es ja, dass von ORF III der gesamte Ablauf einer Plenardebatte live übertragen wird. Das ist ein Fortschritt.

Sie wissen auch: Politik steht dann besonders im Interesse der Medien, wenn es Un­tersuchungsausschüsse gibt, wenn die ureigenste Aufgabe des Parlaments, nämlich die Kontrolle von Vorgängen ausgeübt wird, wenn Vorwürfe oder vermutete Verdachts­momente – zum Beispiel Korruptionsverdachtsmomente, wie im letzten Fall – unter­sucht werden und das politisch aufgearbeitet wird. Das steht im zentralen Medienin­teresse, das steht im zentralen Interesse der Bevölkerung, und es gibt ja oft auch eine Wechselwirkung zwischen dem Mediengeschehen und dem Interesse der Bevölke­rung. – Und dann ist auf einmal der Vorhang geschlossen!

Dann gibt es keine Möglichkeit, wie in der Plenardebatte auf der Galerie Platz zu neh­men, denn in den hinteren Reihen der Untersuchungsausschuss-Lokalität, des Lo­kals VI, geht das nicht. Nur JournalistInnen dürfen als ausgewählte VertreterInnen der Öffentlichkeit an dieser wesentlichen Aufklärungs- und Aufdeckungsarbeit direkt teil­nehmen.

Wir haben ja alle gemeinsam ein Vorbild – sowohl die ÖVP als auch die SPÖ und selbstverständlich auch die Oppositionsparteien –, nämlich das Minderheitsrecht für Untersuchungsausschüsse. Es sind ja die Verhandlungen schon sehr weit gediehen. Wir haben Deutschland als Vorbild. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es die Be­teiligung der Öffentlichkeit an den Untersuchungsvorgängen, und zwar direkt über das Fernsehen und auch teilweise über Tonaufnahmen.

Da ist Öffentlichkeit geschaffen, und zwar in den spannendsten Phasen politischer Tä­tigkeit. Es wird auch kein Missbrauch betrieben, denn da ist durch die Präsenz der Öffentlichkeit, durch die Direktübertragungen auch sichergestellt, dass qualitätsvoll be-


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fragt wird, dass korrekt befragt wird, dass seriös befragt wird, dass die Auskunftsper­sonen ordentlich behandelt werden (Abg. Pendl: Bravo!), dass also die Öffentlichkeit insgesamt kontrollierend an der Qualität der Untersuchungsvorgänge mitwirkt – und auch an der Qualität des Untersuchungsendergebnisses.

Ich verstehe nicht, warum wir hier in Österreich auf diese Möglichkeit verzichten – auf diese Möglichkeit, dass die Bevölkerung durch Einblick, durch Öffentlichkeit, durch Mit­beteiligtsein an der Qualität der Aufklärungsarbeit in breiten Bereichen Anteil nehmen kann. (Beifall bei den Grünen.)

Das brauchen wir, und das ist das Kernanliegen des Antrages. Dieser Antrag ist kein Freibrief. Es beschließt der Ausschuss, es ist kein Generalbeschluss des Parlaments, sondern wir wollen nur, dass der Ausschuss jeweils punktuell beschließt, wann und in welchem Umfang die Öffentlichkeit teilnimmt. Wir wollen aber, dass sie auf Beschluss prinzipiell teilnehmen kann und dass dann auf diese Art und Weise Personen, die es nicht gewohnt sind, im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu stehen, auch geschützt wer­den. Das wäre unser Vorschlag, und bitte lehnen Sie ihn nicht ab, sondern diskutieren wir von mir aus weiter. (Beifall bei den Grünen.)

18.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


18.10.43

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Kollegin Moser, wir haben im Ausschuss, glaube ich, ganz ordentlich auf einige Punkte hingewiesen, und ich glaube, dass die derzeitigen Exper­tengespräche – so sehe ich es – sehr ernsthaft geführt werden. Ich meine, dass das Vorpreschen mit diesem grünen Antrag, dass man jetzt einmal vorweg, also vor einer echten Reform des Untersuchungsausschusses, Lichtbild- und Tonaufnahmen zulas­sen soll, nicht wirklich Sinn ergibt.

Wir bekennen uns zu einer Reform des Untersuchungsausschusses, denn so brau­chen wir keinen Untersuchungsausschuss mehr zu machen. Ich glaube, da sind wir uns einig. Es müssen aber einige zentrale Fragen in diesem Zusammenhang miterle­digt werden. Sie haben gerade angesprochen – und ich habe dazu „Bravo!“ gesagt –, dass eine Auskunftsperson das Recht hat, ordentlich behandelt zu werden. – Darin waren wir uns immer einig, Frau Kollegin Moser.

Es sind ja einige Auskunftspersonen so behandelt worden, wie es bei keiner Gerichts­verhandlung in Österreich passiert wäre. Wir müssen auch unterscheiden, ob es um einen Politiker geht – das haben Sie aber auch gerade selber gesagt, da bin ich froh – oder um einen Nicht-Politiker.

Wir müssen uns auch die Position des Verfahrensanwalts anschauen, überhaupt all die Verfahrensabläufe: Was können wir intern entscheiden? Was brauchen wir unbedingt extern um das Wort „VfGH“ nicht in den Mund nehmen zu müssen? Das sind ein paar Knackpunkte.

Ich würde meinen, wenn wir diese Fragen zielstrebig weiter abarbeiten (Abg. Öllinger: Schnell!), haben wir – das kann ich namens meiner Fraktion sagen – überhaupt nichts dagegen, dass wir das öffentlich machen – überhaupt nichts, ganz im Gegenteil, denn ich glaube, es ist ein Wechselspiel. Vielleicht würden sich einige unserer Kollegen dann auch nicht so benehmen, wie sie sich während der letzten Untersuchungsaus­schüsse benommen haben. (Abg. Kopf: Das bezweifle ich zwar, aber bitte!) Ich glau­be, darin sind wir uns auch einig, nicht?

Es sind also noch einige sehr interessante Punkte offen. Dass das aus Zeitgründen – und das wisst ihr ja alle; es sind ja lauter Profis, die dort sitzen – im letzten Ausschuss


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nicht anders gegangen ist, als dass wir heute einen negativen Ausschussbericht zur Kenntnis nehmen werden, ist auch ein Faktum, aber namens meiner Fraktion sage ich: Diesen Inhalt werden wir ohne Probleme in einer Reform unterbringen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


18.13.26

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich ist das BZÖ natürlich dafür – wir haben das auch selber schon bean­tragt –, dass es diese Übertragung von Sitzungen des Untersuchungsausschusses gibt. Wir sagen aber auch dazu, dass diese Maßnahme natürlich in eine Reform des gesamten Instrumentes Untersuchungsausschuss eingebettet sein sollte.

Ich erinnere daran, dass sich gerade im Zuge des sehr langen und intensiven Korrup­tions-Untersuchungsausschusses eigentlich alle Parteien darüber einig waren, dass dieser Untersuchungsausschuss sehr erfolgreich war, aber auch die Schwachpunkte der derzeitigen Ausgestaltung dieses Instrumentes offenbart hat und daher dringend eine Reform des Instrumentes Untersuchungsausschuss notwendig ist. Umso bedau­erlicher ist es, dass man feststellen muss, dass sich in dieser Gesetzgebungsperiode diese Reform nicht mehr ausgehen kann und nicht mehr ausgehen wird – und das, obwohl sich die Bundesregierung bereits 2009 beziehungsweise 2008 das entspre­chende Vorhaben selbst gestellt hat.

Ich erinnere an den Herrn Klubobmann Cap, der mit seiner eigenen Unterschrift im Jahr 2009 versprochen hat, dass die Reform des Instrumentes Untersuchungsaus­schuss kommt und dass der Untersuchungsausschuss ein Minderheitsrecht wird. 2009 war das!

In ein paar Monaten wird gewählt. Herr Kollege Cap, wird dieses Minderheitsrecht vor der Wahl noch kommen oder nicht? Na, wird es noch kommen oder nicht? (Abg. Dr. Cap: Wir bemühen uns sehr!) – Sie bemühen sich sehr! Okay, er bemüht sich sehr, sagt er. Sie bemühen sich aber schon sehr lange! Sie bemühen sich schon seit 2009. Halten Sie uns nicht am Schmäh! Sie wollen es schlichtweg nicht, gemeinsam mit der Österreichischen Volkspartei, und das ist sehr, sehr ärgerlich. Das zeigt aber auch, dass eine Unterschrift der SPÖ nichts wert ist, meine Damen und Herren! Das muss man an dieser Stelle auch gesagt haben. (Abg. Dr. Cap: He, he, he! Abg. Pendl: Ein Trumm Haus baust du ja auch nicht über Nacht!) – Na Entschuldigung, es ist ja so, Otto! Der Cap hat das unterschrieben, und jetzt haben wir es noch immer nicht, also was sollen wir da sonst feststellen?

Ich darf schon auch festhalten, dass jetzt genau jene diese Reform des Untersu­chungsausschusses kritisieren, die am lautesten geschrien haben, wie wichtig die Re­form dieses Instruments wäre, weil der Ausschuss so überhaupt nicht funktioniert.

Die ÖVP ist jeden zweiten Tag dahergerannt und hat gesagt: So kann es nicht weiter­gehen, das geht nicht so, wir müssen das alles auf ganz neue Füße stellen, so können wir nicht weiterarbeiten, da werden Leute kriminalisiert und ich weiß nicht was alles noch! – Und dann seid ihr die ersten und die vehementesten Bremser der Reform die­ses Instrumentes Untersuchungsausschuss gewesen, also das ist ein sehr doppelbödi­ges, unehrliches Spiel, das ich sehr bedaure.

Ich hoffe, dass die Unterschriften der Klubobmänner der nächsten Gesetzgebungspe­riode – auch des roten – wieder einen Wert haben werden und dass die nächste Bun­desregierung gemeinsam mit dem Parlament die dringende Reform dieses Instruments angehen wird. All jenen, die diese Reform seit 2009 blockiert haben, sage ich hier und


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heute schon, dass sie auf ewige Zeiten das Recht verwirkt haben, jemals noch ir­gendeinen Untersuchungsausschuss in irgendeiner Form zu kritisieren, weil ihr schlichtweg selber schuld seid, weil ihr die Reform nicht zusammengekriegt habt oder gar nicht zusammenkriegen wolltet. (Beifall beim BZÖ.)

18.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


18.17.04

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Kol­lege Petzner! Ein bisschen hat das jetzt schon nach Kindesweglegung geklungen, denn so einfach kann man es sich nicht machen, den Regierungsparteien vorzuwerfen, sie brächten keine Reform des Untersuchungsausschusses zustande. Es haben sich alle Fraktionen in vielen Sitzungen sehr intensiv um eine Reform des Untersuchungs­ausschusses bemüht und mit der Reform auseinandergesetzt – die Frau Präsidentin weiß das –, und es gab unterschiedliche Positionen im Sinne dieser Vereinbarung, im Zuge derer man gesagt hat: Ja, Minderheitsrecht nach deutschem Vorbild, nach dem Vorbild, wie Untersuchungsausschüsse in der Bundesrepublik Deutschland laufen.

Die Meinungen gingen nicht nur bei den beiden Regierungsparteien auseinander, etwa in der Frage, welche Schlichtungsstelle es werden soll, ob es eine im Haus sein soll oder ob es eine externe Schlichtungsstelle sein soll, sondern auch die Opposition, lieber Kollege Petzner, war sich im Geschäftsordnungsausschuss nicht einig. (Abg. Petzner: An uns ist es nicht gescheitert!) Die Opposition war auch gespalten, und das sollte man der Wahrheit halber auch dazusagen. Es ist also nicht an den Regierungs­parteien alleine gescheitert, sondern sehr wohl auch an den Oppositionsparteien.

Frau Kollegin Moser hat eine Reihe von Argumenten gebracht, die für eine Übertra­gung, für die Möglichkeit von Ton- und Bildaufzeichnungen im Untersuchungsaus­schuss sprechen. Es gibt aber auch Argumente dagegen, wie bei allen Dingen. Ich glaube nur, dass man es nicht alleinig betrachten soll. Das Problem ist – und wir haben das beim letzten Untersuchungsausschuss erlebt –, dass es da zum Teil ja durchaus sehr dramatische Momente gibt, die man vorher nicht abschätzen kann. Also im Vorhi­nein zu sagen, heute übertragen wir, und dann ist die Entscheidung gefallen, das halte ich für problematisch.

Wir hatten  Sie wissen das, Frau Dr. Moser – Momente, wo Auskunftspersonen wirk­lich in dramatische psychische Situationen gekommen sind, und ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich weiß nicht, ob ich das im Fernsehen übertragen haben will. Aus guten Gründen werden in Österreich bei Gerichtsverhandlungen keine Bilder gemacht. Das muss man sich sehr gut überlegen, auch im Zusammenhang mit der Frage, welche Rechte künftig Auskunftspersonen haben.

Wir dürfen ja nicht übersehen, dass der Abgeordnete unter dem Schutz der Immunität frägt, jeden nur erdenklichen Vorhalt erheben kann, beschuldigen und verleumden kann, und die Auskunftsperson kann sich im Grunde genommen nicht wehren.

Wir müssen uns die Frage stellen, ob wir nicht bei einer solchen Reform die Möglich­keit schaffen, dass auch die Vertrauensperson einen anderen Rechtsstellenwert im Un­tersuchungsausschuss bekommt, denn die Vertrauensperson kann heute nicht inter­venieren und eingreifen, sondern kann ja nur auf Aufforderung der Auskunftsperson dieser einen Rat geben, kann aber nicht einschreiten, wenn zum Teil geschäftsord­nungswidrig vorgegangen wird.

Wir haben in der Verfahrensordnung nicht einmal die Möglichkeiten der zeitlichen Be­fristungen festgelegt. Alles, was wir an zeitlichen Befristungen gemacht haben, waren ja quasi interfraktionelle Vereinbarungen, und wenn sich dann was ja durchaus in Ih-


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rer Fraktion vorgekommen sein soll  jemand nicht an diese Vereinbarung hält, haben wir keine Handhabe dagegen.

Gleichsam das Pferd von hinten aufzuzäumen und zu sagen: Jetzt beschließen wir einmal schnell vorab die Ton- und Bildaufnahmen, und alles andere kommt vielleicht später!, das, glaube ich, wäre der falsche Ansatz.

Daher lehnen wir diesen Antrag auch ab. Aber nicht, weil wir das grundsätzlich pro futuro ausschließen, dass es Ton- und Bildaufzeichnungen gibt, aber es sollte einher­gehen mit einer Reform des Untersuchungsausschusses und vor allem mit der Frage der Rechte, die den Auskunftspersonen zukommen sollen.  Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Dr. Cap und Pendl.)

18.21

18.21.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Geschäftsordnungsausschusses, seinen Bericht 2242 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

18.21.4227. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (091 Hv 5/13s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Günther Kräuter (2248 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 27. Punkt der Tagesordnung.

Es liegt dazu keine Wortmeldung vor.

Daher komme ich zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 2248 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichts für Strafsachen Wien, GZ. 091 Hv 5/13s, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Günther Kräuter wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Günther Kräuter besteht. Daher wird einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Na­tionalrat Dr. Günther Kräuter nicht zugestimmt.“

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die sich diesem Antrag anschließen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

18.22.5128. Punkt

Neuwahl von Ausschüssen

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 28. Punkt der Tagesordnung.

Aufgrund der Veränderung im Stärkeverhältnis der Klubs ergibt sich eine neue Zusam­mensetzung der gemäß § 32 der Geschäftsordnung gewählten Ausschüsse mit 26 Mit­gliedern. Nach Rücksprache mit den parlamentarischen Klubs werden die Ausschüsse neu gewählt. Es ist vorgeschlagen, die Ausschussgröße der von der Veränderung be­troffenen Ausschüsse wiederum mit 26 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern festzusetzen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 182

Die Aufteilung der Ausschussmitglieder und Ersatzmitglieder auf die Klubs errechnet sich nach dem d’Hondt’schen System nunmehr wie folgt:

Je 9 Mitglieder und Ersatzmitglieder entfallen auf die SPÖ, je 8 Mitglieder und Ersatz­mitglieder auf die ÖVP, je 5 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die FPÖ, je 3 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die Grünen, je 1 Mitglied, Ersatzmitglied auf das BZÖ.

Eine Neuwahl des Hauptausschusses erfolgt nicht, da hinsichtlich der Wahlliste im Sinne des § 30 GOG bislang keine Änderung eingetreten ist.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse über die Festsetzung der Ausschussgröße mit wiederum 26 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern abstimmen und ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Namen der von den Klubs der Präsidentin als Mitglieder beziehungsweise als Er­satzmitglieder bekannt gegebenen und damit als gewählt geltenden Abgeordneten sind dem Ausschussverzeichnis zu entnehmen.

*****

(Die Mitglieder und Ersatzmitglieder sind im Internet unter „Parlament Aktiv>Aus­schüsse>Nationalrat>Ausschüsse und Unterausschüsse“ abrufbar.)

*****

Ein Teil der neu gewählten Ausschüsse wird entsprechend einer Vereinbarung der Mit­glieder der Präsidialkonferenz am 3. April 2013, um 10.30 Uhr, konstituiert werden.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

18.24.35Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeord­neten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung hinsicht­lich des Tagesordnungspunktes 28 – Neuwahl von Ausschüssen – zu verlesen, damit dieser Teil mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich verlese nunmehr den entsprechenden Teil des Amtlichen Protokolls:

„TO-Punkt 28: Neuwahl von Ausschüssen

Aufgrund der Veränderungen im Stärkeverhältnis der Klubs ergibt sich eine neue Zu­sammensetzung der Ausschüsse mit 26 Mitgliedern.

Die Ausschussgröße der von der Veränderung betroffenen Ausschüsse wird einstim­mig wiederum mit 26 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern festgesetzt. Es entfallen nun­mehr auf die SPÖ je 9, auf die ÖVP je 8, auf die FPÖ je 5, auf die Grünen je 3 Mit­glieder und Ersatzmitglieder sowie auf das BZÖ je 1 Mitglied und Ersatzmitglied.

Es liegt ein Verlangen gemäß § 51 Abs. 6 GOG von 20 Abgeordneten auf Verlesung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 28 vor.“

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt des Amtlichen Proto­kolls? – Das ist nicht der Fall.

Der entsprechende Teil des Protokolls gilt daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsord­nung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 183

18.25.47Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2239/A(E) bis 2246/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 14291/J bis 14300/J eingelangt.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 18.26 Uhr, das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

18.26.14Schluss der Sitzung: 18.26 Uhr

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Parlamentsdirektion

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