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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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148. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 13. Oktober 2016

 

 


Stenographisches Protokoll

148. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode       Donnerstag, 13. Oktober 2016

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 13. Oktober 2016: 9.06 – 21.12 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erste Lesung: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2017 (Bundesfinanzgesetz 2017 – BFG 2017) samt Anlagen

2. Punkt: Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Irak andererseits

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1760/A(E) der Abgeordneten Michael Pock, Karl­heinz Kopf, Petra Bayr, MA, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung eines Denkmals für die aus Österreich stammenden Opfer bei Maly Trostinec

4. Punkt: Bericht über die Bürgerinitiative Nr. 73/BI: „Errichtung und Finanzierung eines Grabmals für die Opfer von Maly Trostinec“

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1856/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neustart der Rüstungskontrolle in Europa

6. Punkt: Bericht über den Antrag 1661/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Menschenrechtslage in der Türkei

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1813/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abbruch der Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei

8. Punkt: Bericht über den Antrag 1843/A(E) der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kooperation Österreichs mit der „Visegrad-Gruppe“

9. Punkt: Bericht über den Antrag 1765/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Geld für UN-Organisationen für Projekte zum Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt

10. Punkt: Bericht über das Stenographische Protokoll der parlamentarischen Enquete zum Thema „Was kommt nach Paris? – Diskussion zur Umsetzung des Klimavertrags von Paris in Österreich“

11. Punkt: Bericht über den Grünen Bericht 2016 der Bundesregierung


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 2

12. Punkt: Ersuchen des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien um Zustimmung zur be­hördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Klubobfrau Dr. Eva Glawischnig-Piesczek

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 13

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Aus­schussberichtes 1297 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung ...................................................................................... 14

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 14

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung ................................. 226

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 226

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 13

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  13, 116

Verhandlungen

1. Punkt: Erste Lesung: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2017 (Bundesfinanzgesetz 2017 – BFG 2017) samt Anlagen (1260 d.B.) ............................. 15

Redner/Rednerinnen:

Mag. Andreas Schieder .......................................................................................... ..... 15

Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................. ..... 17

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 19

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 22

Mag. Dr. Matthias Strolz ......................................................................................... ..... 25

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ..... 28

Bundeskanzler Mag. Christian Kern .................................................................... ..... 30

Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner ................................................................. ..... 37

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 40

Gabriele Tamandl .................................................................................................... ..... 42

Anton Heinzl (tatsächliche Berichtigung) ..................................................................... 44

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ..... 44

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ..... 46

Dr. Rainer Hable ....................................................................................................  48, 78

Leopold Steinbichler .............................................................................................  50, 92

Bundesminister Dr. Johann Georg Schelling ..................................................... ..... 52

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ..... 55

August Wöginger .................................................................................................... ..... 56


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 3

Herbert Kickl ........................................................................................................... ..... 58

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ..... 60

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ..... 62

Ing. Waltraud Dietrich ............................................................................................ ..... 64

Angela Lueger ......................................................................................................... ..... 65

Werner Amon, MBA ................................................................................................ ..... 66

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 67

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ..... 70

Mag. Nikolaus Alm .................................................................................................. ..... 71

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 72

Otto Pendl ................................................................................................................ ..... 73

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................ ..... 74

Dr. Reinhard Eugen Bösch .................................................................................... ..... 75

Dr. Peter Pilz ........................................................................................................... ..... 76

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ........................................................................... ..... 79

Johann Höfinger ..................................................................................................... ..... 80

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ..... 81

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................ ..... 82

Michael Bernhard .................................................................................................... ..... 83

Ulrike Weigerstorfer ............................................................................................... ..... 85

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ..... 86

Peter Haubner ......................................................................................................... ..... 87

MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. ..... 88

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ..... 90

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ..... 91

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................ ..... 94

Andreas Ottenschläger .......................................................................................... ..... 95

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ..... 96

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ..... 97

Mag. Christoph Vavrik ............................................................................................ ..... 99

Christoph Hagen ........................................................................................................ 100

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 102

Brigitte Jank ............................................................................................................ ... 102

Wendelin Mölzer ..................................................................................................... ... 103

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 105

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) ....................................................................... ... 106

Rainer Wimmer ....................................................................................................... ... 107

Jakob Auer .............................................................................................................. ... 108

MMag. DDr. Hubert Fuchs ..................................................................................... ... 109

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 110

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 111

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 112

Anton Heinzl ............................................................................................................ ... 113

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 113

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ... 114

Dr. Susanne Winter ................................................................................................ ... 115

Zuweisung der Regierungsvorlage 1260 d.B. an den Budgetausschuss ..................... 116

2. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (1253 d.B.): Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Irak andererseits (1264 d.B.) ......................................................................... 116

Redner/Rednerinnen:

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................ ... 117

Mag. Andreas Schieder .......................................................................................... ... 117


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 4

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 118

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 122

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 123

Entschließungsantrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Verstärkung der Abschottungs- und Flüchtlings­abwehr-Politik der EU durch Missbrauch der Migrationsklausel des Partner­schafts- und Kooperationsabkommens zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und der Republik Irak – Ablehnung .....................................................................  119, 124

Genehmigung des Staatsvertrages in 1264 d.B. ......................................................... 124

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1760/A(E) der Abgeordneten Michael Pock, Karlheinz Kopf, Petra Bayr, MA, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung eines Denkmals für die aus Österreich stammenden Opfer bei Maly Trostinec (1265 d.B.)                        124

4. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Bürgerinitiative Nr. 73/BI: „Errichtung und Finanzierung eines Grabmals für die Opfer von Maly Trostinec“ (1266 d.B.) ............. 124

Redner/Rednerinnen:

Rouven Ertlschweiger, MSc .................................................................................. ... 125

Petra Bayr, MA ............................................................................................................ 126

David Lasar ................................................................................................................. 127

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 128

Michael Bernhard .................................................................................................... ... 129

Hermann Krist ......................................................................................................... ... 129

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1265 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Errichtung eines Denkmals für die aus Österreich stam­menden Opfer bei Maly Trostinec (E 173)         ............................................................................................................................. 130

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1266 d.B. .................................................... 130

5. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1856/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neustart der Rüstungskontrolle in Europa (1267 d.B.) ..................................................................... 130

Redner/Rednerinnen:

Dr. Georg Vetter ...................................................................................................... ... 131

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................ ... 132

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ... 133

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 133

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 134

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 134

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1267 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Neustart der Rüstungskontrolle in Europa (E 174) ..................................................................... 135

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1661/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Menschenrechtslage in der Türkei (1268 d.B.)      ............................................................................................................................. 135


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 5

7. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1813/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abbruch der Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei (1269 d.B.) .................................................................................. 135

Redner/Rednerinnen:

Wendelin Mölzer ..................................................................................................... ... 135

Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................. ... 136

Mag. Aygül Berivan Aslan ..................................................................................... ... 137

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 139

Mag. Christoph Vavrik ............................................................................................... 140

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 141

Bundesminister Sebastian Kurz ........................................................................... ... 142

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 143

Gerhard Schmid ...................................................................................................... ... 143

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ... 144

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1268 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 1661/A(E)               145

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1268 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Menschenrechtslage in der Türkei (E 175) .................................................................. 145

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1269 d.B. .................................................... 145

8. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1843/A(E) der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kooperation Österreichs mit der „Visegrad-Gruppe“ (1270 d.B.) ..................................................................................................... 146

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 146

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................. ... 147

Dr. Harald Troch ..................................................................................................... ... 148

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 149

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ... 150

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1270 d.B. .................................................... 151

9. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1765/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Geld für UN-Organisationen für Projekte zum Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt (1271 d.B.) .......................................... 151

Redner/Rednerinnen:

Carmen Schimanek ................................................................................................ ... 151

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ... 153

Dr. Jessi Lintl .............................................................................................................. 154

Petra Bayr, MA ............................................................................................................ 155

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 156

Dr. Franz-Joseph Huainigg ................................................................................... ... 157

Entschließungsantrag der Abgeordneten Carmen Schimanek, Petra Bayr, MA, Dr. Reinhold Lopatka, Tanja Windbüchler-Souschill, Mag. Christoph Vavrik, Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauen und Kinder auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung – Annahme (E 177)         152, 158

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1271 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend mehr Geld für UN-Organisationen für Projekte zum Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt (E 176)              ............................................................................................................................. 157


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 6

10. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über das Stenographische Protokoll der parlamentarischen Enquete zum Thema „Was kommt nach Paris? – Diskussion zur Umsetzung des Klimavertrags von Paris in Österreich“ (III-286/1274 d.B.) ..................................................................................... 158

Redner/Rednerinnen:

Mag. Günther Kumpitsch ....................................................................................... ... 158

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 159

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ........................................................................... ... 160

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................ ... 161

Michael Bernhard .................................................................................................... ... 171

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 173

Bundesminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter ................................................... ... 176

Ing. Mag. Werner Groiß .......................................................................................... ... 178

Mag. Karin Greiner ................................................................................................. ... 178

Georg Willi ............................................................................................................... ... 179

Dipl.-Ing. Georg Strasser ....................................................................................... ... 180

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 182

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ....................................................................... ... 183

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ... 184

Mag. Maximilian Unterrainer .................................................................................. ... 185

Erwin Preiner .......................................................................................................... ... 187

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend: Klimavertrag von Paris umsetzen – Klimaschutz­gesetz novellieren – Ablehnung  164, 188

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend: Klimavertrag von Paris umsetzen – Sofortmaß­nahmen für Österreich – Ablehnung  165, 188

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend: Klimavertrag von Paris umsetzen – klimaschädliche Subventionen streichen – Ablehnung           168, 188

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend: Kanzler-Versprechen umsetzen: 100 Prozent Öko­strom bis 2030 – Ablehnung  170, 188

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lebensmittel- und Rohstofftransporte aus Übersee“ – Ablehnung ....................  175, 188

Kenntnisnahme des Stenographischen Protokolls III-286 d.B. .................................... 187

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2016 der Bundesregierung (III-307/1280 d.B.) ............................................................................ 188

Redner/Rednerinnen:

Harald Jannach ....................................................................................................... ... 188

Jakob Auer .............................................................................................................. ... 196

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ....................................................................... ... 197

Erwin Preiner .......................................................................................................... ... 199

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 201

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 206

Leopold Steinbichler (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 207

Josef A. Riemer ....................................................................................................... ... 208

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 209


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 7

Bundesminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter ................................................... ... 210

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 212

Hermann Gahr ......................................................................................................... ... 213

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 214

Mag. Maximilian Unterrainer .................................................................................. ... 215

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................. ... 216

Hermann Lipitsch ................................................................................................... ... 217

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 218

Cornelia Ecker ......................................................................................................... ... 219

Ing. Manfred Hofinger ............................................................................................ ... 220

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 221

Fritz Grillitsch ......................................................................................................... ... 223

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................ ... 224

Dietmar Keck (tatsächliche Berichtigung) .................................................................. 225

Entschließungsantrag der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend gerechte Verteilung der Agrarförderungen und deren Be­schränkungen – Ablehnung (namentliche Abstimmung)               192, 226

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiedereinführung der Mineralölsteuerbefreiung bei Agrardiesel“ – Ablehnung  204, 228

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Qualitätsgütesiegel-Gesetz“ – Ablehnung ..........................................................  204, 228

Kenntnisnahme des Berichtes III-307 d.B. ................................................................... 225

12. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Bezirks­gerichtes Innere Stadt Wien, 15 U 90/16h-14, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Klubobfrau Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (1297 d.B.) .................................................................. 228

Annahme des Ausschussantrages ............................................................................... 228

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bericht über das Projekt RIO 2016 (1865/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionsanpassung 2017 um 1,3 Prozent, eine Ausgleichszulagenanpassung, die Abschaffung der Ruhensbestim­mungen für ASVG-Versicherte sowie die jährliche Valorisierung des Pflegegeldes (1866/A)(E)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gastronomie entlasten – Allergeninformationsverordnung aufheben! (1867/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kosten der GKKS für Asylwerber (1868/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Struktur­plan Gesundheit (ÖSG) (1869/A)(E)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Sozial- und Weiterbildungsfonds (SWF) (1870/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 8

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung des Prin­zips „Schulsprache Deutsch“ (1871/A)(E)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Budgetpfad für inter­nationale Klimafinanzierung erstellen (1872/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auswir­kungen der aktualisierten Einheitswerte auf die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (1873/A)(E)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Errichtung weiterer Gefäß­zentren und meldepflichtiges Amputationsregister“ (1874/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abbruch der Beitritts­verhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei (1875/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Zuwendungen an Gemeinden für die Schaffung oder die Sanierung von Infrastruk­tureinrichtungen (1876/A)(E)

Dietmar Keck, Franz Leonhard Eßl, Kolleginnen und Kollegen betreffend freiwillige Informationen über Lebensmittel hinsichtlich der Eignung für Vegetarierinnen und Vegetarier oder Veganerinnen und Veganer gemäß der EU-Lebensmittelinfor­mations­verordnung (1877/A)(E)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme der Justizwache als „Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes“ (1878/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Lärmschutzmaßnahmen an der A 3 für die Gemeinden Großhöflein und Müllendorf (10488/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Drogenkriminalität an Schulen in Judenburg (10489/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Besuchsrecht eines verurteilten tunesischen Vergewaltigers trotz aufrech­tem Einreiseverbot (10490/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Staatsverträge zur Haftverbüßung der in Österreich verurteilten Ausländer in deren Heimatstaat (10491/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend: 16-jähriges Mädchen im Zug von aggressivem Afghanen sexuell belästigt (10492/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (10493/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Evaluierung des Sozial- und Weiterbildungsfonds(SWF) (10494/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 9

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit und Frauen betreffend 10-Punkte-Programm der Wiener Ärzte­kammer (10495/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit und Frauen betreffend Zika-Erkrankungsfälle (10496/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit und Frauen betreffend Gesundheitskosten der WGKK für Asylwerber (10497/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Fiskalratsana­lyse zu den Flüchtlingskosten für Österreich (10498/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit und Frauen betreffend Fiskalratsanalyse zu den Flüchtlingskosten für Österreich (10499/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Landesverteidigung und Sport betreffend Weitergabe von Adressen (10500/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Umfeld von Senioreneinrichtungen (10501/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Hizb ut-Tahrir (10502/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend das Einkommenssteueraufkommen nichtösterreichischer Staatsbürger (10503/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Führerscheinklasse D1 sowie Fahrerqualifizie­rungsnachweis D95 (10504/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Inneres betreffend österreichische Beamte bei Amoklauf in München (10505/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Rechnungshofes betreffend Anzeige wegen Compliance-Verstößen gegen BM Mag. Drozda (10506/J)

Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Klage KZ-Überlebender gegen ,Aula‘ abgewiesen“ (10507/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Reformbereitschaft des BMVIT und der ÖBB (10508/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Antrags- und Befragungsformular im Familienverfahren gemäß § 35 Abs. 3 Asylgesetz 2005“ (10509/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend „Kriegsgefahr im Irak“ (10510/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend meldepflichtige Krankheiten (10511/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Gesundheit und Frauen betreffend finanzielle Mehrbelastung durch Asylanten im Gesundheitssystem (10512/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 10

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Wartezeiten für Psychotherapiepatienten (10513/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Platzmangel an Polizeischule (10514/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Wildunfälle (10515/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Wildunfälle (10516/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Amtshaftung/Kosten (10517/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Amtshaftung/Kosten (10518/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Amtshaftung/Kosten (10519/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Amtshaftung/Kosten (10520/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Amtshaftung/Kosten (10521/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Amtshaftung/Kosten (10522/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Amtshaftung/Kosten (10523/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betreffend Amtshaftung/Kosten (10524/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Amtshaftung/Kosten (10525/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Amtshaftung/Kosten (10526/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Amtshaftung/Kosten (10527/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Amtshaf­tung/Kosten (10528/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Amtshaftung/Kosten (10529/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Frühpensionierungen (10530/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betreffend Frühpensionierungen (10531/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Frühpensionierungen (10532/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 11

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Frühpensionierungen (10533/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Frühpensionierungen (10534/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Frühpensionierungen (10535/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Frühpensionierungen (10536/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Frühpensionierungen (10537/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Frühpensionierungen (10538/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Frühpensionierungen (10539/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Frühpensionierungen (10540/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Frühpensionierungen (10541/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Frühpensionierungen (10542/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Frühpensionierungen (10543/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend zurückgewiesene Fremde (10544/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verwendung von Erlösen veräußerter Ehrengeschenke (10545/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Verwendung von Erlösen veräußerter Ehrengeschenke (10546/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verwendung von Erlösen veräußerter Ehrengeschenke (10547/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verwendung von Erlösen veräußerter Ehrengeschenke (10548/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Verwendung von Erlösen veräußerter Ehrengeschenke (10549/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betreffend Verwendung von Erlösen veräußerter Ehrengeschenke (10550/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verwendung von Erlösen veräußerter Ehren­geschenke (10551/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 12

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Verwendung von Erlösen veräußerter Ehren­geschenke (10552/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Verwendung von Erlösen veräußerter Ehrengeschenke (10553/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verwendung von Erlösen veräußerter Ehrengeschenke (10554/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Drogen-Testgerät (10555/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Verwendung von Erlösen veräußerter Ehrengeschenke (10556/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend Verwendung von Erlösen veräußerter Ehrengeschenke (10557/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Verwendung von Erlösen veräußerter Ehrengeschenke (10558/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Verwendung von Erlösen veräußerter Ehren­geschenke (10559/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Amtshaftung/Kosten (10560/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Working Holiday Programme (10561/J)

Petra Bayr, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend das zukünftige Engagement in Afghanistan und dem Irak (10562/J)

Petra Bayr, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend den neuen Schwerpunkt Migration und Entwicklung in der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (10563/J)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 13

09.06.13Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Doris Bures, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Werte Mitglieder der österreichischen Bundesregierung! Ich eröffne die 148. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Bacher, Köchl, Mag. Wurm, El Habbassi, Dr. Töchterle, Walter Rauch, Schrangl, Themessl, Zanger und Julian Schmid.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Doris Bures: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mit­glied­staat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Rupprechter wird durch den Bundesminister für Justiz Dr. Brandstetter und der Bundesminister für Inneres Mag. Sobotka wird durch den Bundesminister für Finanzen Dr. Schelling vertreten.

09.07.06Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Schriftliche Anfragen: 10488/J bis 10563/J

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Gewebesicherheitsgesetz geändert wird (1293 d.B.)

Justizausschuss:

Exekutionsordnungs-Novelle 2016 – EO-Nov. 2016 (1294 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Rechtspflegergesetz geändert wird (1295 d.B.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 14

Verfassungsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertragsbediensteten­ge­setz 1948 geändert werden (Besoldungsrechtsanpassungsgesetz) (1296 d.B.)

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr live übertragen wird. ORF III wird diese Sitzung live übertragen, wobei jener Teil der Sitzung, der über 19.45 Uhr hinausgeht, zeitversetzt gesendet wird.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsidentin Doris Bures: Um Punkt 12 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Ausschussberichtes abzusehen.

Dabei handelt es sich um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek, 1297 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für die­sen Ausschussbericht ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 3 und 4 sowie 6 und 7 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 128 Minuten, FPÖ 119 Minuten, Grüne 100 Minuten sowie NEOS und STRONACH je 52 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 26 Minuten; darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Hinsichtlich der Redeordnung zu Tagesordnungspunkt 1 besteht zwischen den Mitglie­dern der Präsidialkonferenz Einvernehmen über folgende Vorgangsweise: Redner-/Rednerinnenrunde 1 und 2: Generaldebatte; ab Redner-/Rednerinnenrunde 3 nach Schwerpunktthemen gegliedert: Arbeit und Soziales, Inneres, Landesverteidigung, Um­welt, Wirtschaft, Äußeres, Bildung; im Anschluss sind weitere Wortmeldungen möglich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 15

09.10.131. Punkt

Erste Lesung: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2017 (Bundesfinanzgesetz 2017 – BFG 2017) samt Anlagen (1260 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Mag. Schieder. – Bitte.

 


9.10.27

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Dame und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Budgetdebatte hier im Nationalrat ist ja im Guten wie im Schlechten eine traditionelle Übung. Sie beinhaltet das Element, dass die Budgetrede gehalten wird, und am nächsten Tag haben die Abgeordneten des Hauses dann die Gelegenheit, die Bewertung dieser Budgetrede vorzunehmen.

Oft ist es ein Ritual, eine Debatte, die nicht sehr wirtschaftspolitisch geführt wird, denn eine richtige wirtschaftspolitische Debatte würde ja bedeuten, dass man die Probleme der Gegenwart im Fokus hat und die Chancen der Zukunft zu beantworten versucht. Manchmal, auch in der medialen Berichterstattung, wird der Fehler gemacht, dass eine eindimensionale Sichtweise eingenommen und das auf eine Einnahmen-Ausgaben­rechnung reduziert wird.

Die Zahlen dieses Budgets – auch das zu sagen ist wichtig – gehen aber in die richtige Richtung: Das Defizit sinkt auf 1,2 Prozent, das strukturelle Nulldefizit ist in Reichweite und für 2017 angepeilt, die Verschuldung wird knapp über 80 Prozent liegen und in den Folgejahren wieder auf 75 Prozent sinken. Das ist ein wichtiges Ziel. Ich möchte namens meiner Fraktion ganz besonders eines betonen: Das Ziel der Sparsamkeit, des sparsamen Umgangs mit Steuerschilling und Steuereuro ist ein Ziel (Zwischenruf des Abg. Kickl), das wir nicht nur teilen, sondern ganz massiv auch selbst verfolgen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Moser. – Abg. Strache: Schilling!)

Eine wirtschaftspolitische Diskussion muss natürlich weiter gehen, es gilt nämlich auch die Wirkungen und Effekte zu bewerten. Es geht nicht nur darum, zu sagen: Wird Geld ausgegeben, dann ist es schlecht; wird weniger Geld eingenommen, dann ist es gut oder schlecht!, sondern es geht darum, die wirtschaftlichen Effekte dahinter zu bewer­ten, es geht darum, die wirtschaftspolitischen Herausforderungen zu meistern.

Für uns Sozialdemokraten ist die größte Herausforderung – um das auch ganz klar anzusprechen – die Arbeitslosigkeit. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist für uns eines der zentralen wirtschaftspolitischen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein) und damit auch budgetpolitischen und regierungspolitischen Themen. Da sind Maßnahmen ganz wichtig, so zum Beispiel die Ausbildungspflicht bis 18 Jahre, die eingeführt worden ist, und die Belebung der Konjunktur über mannigfaltige Aktivitäten wie das Start-up-Paket, aber auch alle anderen Maßnahmen, die wir in diesem Bereich setzen, etwa dass 2017 1,6 Milliarden € für aktive Arbeitsmarktpolitik budgetiert sind, damit die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt eingeleitet werden kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Holt euch den Faymann als Experten!)

Es ist auch richtig, wenn wir Hunderte Millionen Euro mehr als im Vorjahr ausgeben, damit Langzeitarbeitslose, Menschen, die älter als 50 Jahre sind, auf dem Arbeitsmarkt eine Chance haben und bekommen. Genauso bekommen – altersmäßig am anderen Ende der Bevölkerungspyramide – die Jungen, die 16-, 17-, 18-Jährigen mit der Aus­bildungspflicht ihre Chance.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 16

Eines ist uns aber auch klar: Neue Arbeitsplätze entstehen erst dann, wenn die Wirt­schaft wachsen kann; und die Wirtschaft wird nur dann wachsen, wenn es Investitionen gibt. Daher sind folgende drei ökonomische Faktoren wichtig für die Investitionen:

Erstens die Konsumnachfrage. – Da hat die Steuerreform, die sich natürlich auch in diesem Budget wiederfindet, aber schon aus dem letzten Budget kommt, mit den 5 Milliarden € einen ganz entscheidenden konjunkturellen Beitrag geleistet. Das Wirtschaftsforschungsinstitut hat uns ja erst jüngst bestätigt, dass es durch die Steuerreform zu einem Anstieg von Konsum und Binnennachfrage kommt.

Zweitens: Investitionen in Unternehmen. – Diese ziehen zum Glück langsam wieder an; das sind, wie ich schon erwähnt habe, das Start-up-Paket – das sind auch sinnvolle Ausgaben in Höhe von fast 200 Millionen € –, die Innovationsförderungen, die For­schungsförderungen. All diese Punkte sowie Investitionen in die öffentliche Infrastruk­tur sind wesentlich.

Betreffend öffentliche Investitionen, weil auch diesbezüglich die Sicht der sprich­wörtlichen schwäbischen Hausfrau oder des buchhalterisch orientierten Finanzpoliti­kers eine falsche ist: Das sind natürlich hohe Ausgaben, es sind aber auch richtige Ausgaben, vor allem wenn wir damit den Breitbandausbau, den Schienenausbau, den Infrastrukturausbau, den Ausbau unserer Energie-, Verkehrs- und Versorgungsinfra­struktur fördern.

Dritter Faktor: die Investitionen in den Menschen, Investitionen in die Bildung, in ein Bildungssystem vom Kindergarten über die Schule, die Lehrlingsausbildung bis zu den Universitäten. Investitionen in all diesen Bereichen sind Investitionen in Humankapital, in Menschen. Das sind richtige Ausgaben, und es ist gut, dass dieses Budget dafür wieder mehr vorsieht als in den vergangenen Jahren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Damit komme ich zu dieser manchmal eigenartig geführten wirtschaftspolitischen Diskussion, in der man sagt: Man muss spoarn! Um es ganz klar zu sagen: Wer in den Bereichen, die ich gerade erwähnt habe, spart, der spart nicht, der kürzt. (Beifall bei der SPÖ.) Oder, um es in Worten von jemandem anderen zu sagen: Wer dort kürzen will, der ist Ideologieträger des Sozialabbaus. – Das wollen wir auf keinen Fall (Abg. Kickl: … Klassenkampf!), denn wir kämpfen gegen die Arbeitslosigkeit und für öffent­liche Investitionen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Korun.)

In den Zeitungen habe ich heute gelesen, einer der „Hauptkostentreiber im Budget (…) seien nun einmal die Pensionen“. Das war ja gestern sehr literarisch angelegt, es wurde Shakespeare zitiert: „Worte zahlen keine Schulden“. – Ja, Worte machen vieles nicht, muss ich Kollegen Shakespeare hier nachwerfen. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP sowie des Bundesministers Schelling. – Abg. Strache: „Kollege Shakespeare“ ist gut! – Vizekanzler Mitterlehner: William Schieder!) Ich bringe Ihnen aber zur Pensionsdebatte ein weiteres Zitat von Shakespeare, an jene Kollegen gerichtet, die finden, der „Hauptkostentreiber im Budget (…) seien nun einmal die Pensionen“. In Shakespeares Othello heißt es: „Behauptung ist nicht Beweis“. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Ich möchte daher ein paar Fakten betreffend Pensionen bringen. (Abg. Strache: Der „Kollege Shakespeare“, der kann was!)

Wahr ist nämlich, dass der Budgetbeitrag für Pensionen 2017 im Vergleich zum Finanz­rahmen um 870 Millionen € sinkt. Warum? – Weil die Maßnahmen zur Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters greifen, weil die in den letzten Jahren und Mo­naten durchgeführten Reformmaßnahmen – auch unseres Sozialministers – Wirkung zeigen und weil wir hohe Beschäftigungszahlen und damit natürlich auch Einnahmen im Pensionssystem haben. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)


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Daher ist mein Appell: Lassen wir lieber die Fakten sprechen, machen wir Schluss mit dieser Angstdebatte betreffend Pensionen, und stärken wir die Kaufkraft, indem wir den Pensionisten heute Geld zur Verfügung stellen, das sie dann ohnehin sehr schnell in die Wirtschaft fließen lassen!

Eines ist auch noch interessant: Ich habe gestern im Zusammenhang mit Wirt­schaftspolitik gehört, der New Deal solle kein Kuhhandel sein. Jetzt weiß ich nicht, woher dieses Zitat ist, ob es aus „Der Bauer als Millionär“ oder eher aus „Einen Jux will er sich machen“ ist (Bundesminister Schelling: … Shakespeare! – Zwischenruf des Abg. Höbart – Ruf bei der ÖVP: Shakespeare!), aber es ist ein interessantes Zitat, und ich darf Ihnen in aller Ernsthaftigkeit eines sagen: Ich glaube, ich werde Sie sehr oft daran erinnern können, dass ein Kuhhandel natürlich kein gutes wirtschaftspolitisches Moment ist. Das nennt man dann Bumerangzitat, denn es wird noch sehr oft daran zu erinnern sein, dass es richtig ist, dass man in der Politik keinen Kuhhandel, sondern faktenorientiert, wachstumsorientiert und orientiert auf die soziale Sicherheit, mit den Menschen im Fokus, Budget-, Finanz- und generell Politik machen soll. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Korun.)

9.19


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Lopatka. – Bitte. (Ruf: Jetzt wird’s spannend! – Zwischenruf des Abg. Strolz. – Abg. Kickl: Jetzt kommen die Fakten zur ÖBB!)

 


9.20.02

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Herr Finanzminister! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestern hat Finanzminister Hans-Jörg Schelling sein zweites Budget hier vorgelegt, und es war schon spürbar im Haus, dass der richtige Mann am richtigen Ort in der richtigen Position unsere Finanzen hauptverantwortlich führt. Was meine ich damit? – Hans-Jörg Schelling ist nicht nur einer, der die Politik kennt, er ist auch ein Mann, der aus der richtigen Privatwirtschaft kommt (allgemeine Heiterkeit) und der einen ganz entscheidenden Vorteil hat. (Abg. Strache: Gibt es auch eine falsche Privatwirtschaft?) – Ja, es gibt auch die falsche Privatwirtschaft, und das ist die, die in den Steuertopf greifen kann, wenn es nicht ganz passt. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist die Semiprivatwirtschaft, Kollege Strache! (Abg. Krainer: Meinen Sie damit die Landwirtschaft? Die Landwirtschaft, oder? Das kann doch nur die Landwirtschaft sein!)

Was ich damit meine, ist, dass uns Kollege Schelling klar gesagt hat, dass wir unsere Ziele nur dann verwirklichen können, wenn wir ein Wirtschaftswachstum von 1,6 Pro­zent erreichen. Daher ist es das Wichtigste und Vordringlichste, alles zu tun, den Wirtschaftsstandort zu stärken (Beifall bei der ÖVP), denn haben wir nur um 0,5 Pro­zent weniger Wirtschaftswachstum, haben wir sofort um 1 Milliarde € mehr Defizit. Das heißt, der entscheidende Punkt ist, alles dafür zu tun, dass das wirtschaftspolitische Klima stimmt, und jedes Gerede von neuen Steuern, von neuen Bürokratien schadet diesem Bemühen. Das ist Gift! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Sie meinen die Registrierkassen!)

Daher sage ich Ihnen – und ich bin darüber sehr froh –, dass ein erster Punkt, der unseren Standort schon belastet hat (Zwischenruf des Abg. Krainer), von Finanz­minister Schelling abgeschlossen werden konnte, und das ist das Kapitel HETA. Die HETA ist ein für alle Mal vom Tisch. (Abg. Lugar: Das sagen alle …!) Das heute hier am Beginn dieser Debatte sagen zu können, freut mich! (Beifall bei der ÖVP.) Da ist auf das Vertrauenskonto der Republik Österreich einbezahlt worden.

Finanzminister Schelling hat nach der Steuerreform die HETA-Lösung gefunden (Abg. Lugar: Was ist denn das für eine Lösung, wenn man …?) und jetzt ein Budget


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vorgelegt, mit dem er auf dem Weg ist – was ich ihm gestern schon gesagt habe –, der Austro-Schäuble werden zu können. Mit diesem Budgetkurs kann er es schaffen. Schäuble war in Deutschland der erste Finanzminister nach 1969, der es jetzt schon mehrere Jahre hindurch geschafft hat, ohne Neuverschuldung auszukommen und einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. (Abg. Krainer: Falsch! Das war der Eichel!) Diese schwarze Null ist das Ziel von Finanzminister Schelling, und wenn wir diszipliniert sind, schaffen wir das bis 2020 auch, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Wir schaffen das!)

Der Budgetsprecher der Grünen hat gestern getwittert – und ich sehe es als Kom­pliment, den Budgetsprecher allerdings sehe ich heute noch nicht, aber ich nehme an, er wird kommen. (Abg. Rossmann – aus der ersten Sitzreihe –: Guten Morgen, Herr Kollege!) – Er sitzt schon ganz vorne. Ja, wenn das Gute so nahe ist, soll man nicht in die Ferne schweifen. Sie haben recht. Und das Gute gestern war, als Rossmann gemeint hat, die schwäbische Hausfrau mit Schnauzbart habe gesprochen. – Das sehe ich als Kompliment (Beifall bei der ÖVP), aber ein Kompliment allein für die schwä­bische Hausfrau ist zu wenig. Was der Finanzminister braucht, ist unsere Unter­stützung, wenn es darum geht, in Budgetfragen diszipliniert vorzugehen, wenn es darum geht, ihn zu unterstützen, wenn neue Begehrlichkeiten kommen wie etwa schon an dem Tag, an dem wir die erste Lesung des Budgets durchführen, Forderungen in dreistelliger Millionenhöhe, die von dem abweichen, was gestern hier vorgelegt worden ist.

Was wir brauchen, ist beides: auf der einen Seite Budgetkonsolidierung, an diesem Kurs festhalten, auf der anderen Seite alles zu tun, Wirtschaftswachstum zu schaffen. Ohne Wirtschaftswachstum können wir die Herausforderungen – und die sind groß – nicht bewältigen, sind wir nicht für die Zukunft unseres Landes gerüstet!

Die Folgen der Finanzkrise haben wir noch nicht endgültig bewältigt. Die Flüchtlings­welle, die im letzten Jahr über unser Land geschwappt ist, die demographische Ent­wick­lung, die wir alle kennen, der verstärkte Sicherheitsbedarf schlagen sich im Budget nieder, sowohl im Innenressort als auch im Verteidigungsressort. Die Herausforderun­gen dahin gehend, dass unsere Landwirtschaft weiterwirtschaften kann, der Klima­wandel – alles muss bedeckt werden, und das geht nur, wenn wir wirtschaftlich stark bleiben! Die ÖVP mit Finanzminister Schelling wird alles tun, dass wir wirtschaftlich stark bleiben! Daher müssen wir auch darangehen, die eine oder andere Ausgabe einzudämmen. Was Finanzminister Schelling gestern gesagt hat, ist, dass wir einzelne Budgetposten haben, die bis 2020 nicht dreistellige Millionenbeträge brauchen, sondern bei denen es um Milliardenbeträge geht.

Meine Damen und Herren! Finanzminister Schelling hat die Pensionen angesprochen, hat die Verpflichtungen angesprochen, die wir gegenüber den ÖBB eingegangen sind, und es gibt auch andere Bereiche, in denen wir heuer erstmals die Milliardengrenze überschritten haben – das weiß ich spätestens, seit sich die zuständige Sozialstadträtin in der Bundeshauptstadt Wien dazu zu Wort gemeldet hat –, und das ist die Mindest­sicherung. Wenn wir da nicht rechtzeitig Reformen einleiten, dann werden wir am Ende des Tages Einschnitte machen müssen, die tatsächlich sehr weh tun. Noch sind wir in der Situation, dass wir verträgliche Einschnitte machen können. Meine Damen und Herren, wir müssen schon bereit sind, Reformen umzusetzen! (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Schieder! Bei den Pensionen geht es uns nicht darum, in bestehende einzu­greifen, überhaupt nicht, aber es kann kein guter Zustand sein, wenn der Rech­nungshof uns vorlegt, dass von 2002 bis 2013 bei den ÖBB das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bei 52,49 Jahren lag. Das ist kein guter Zustand, wenn man vom gesetzlichen Pensionsantrittsalter so weit weg ist! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Schieder.) – Nein, Kollege Schieder! Das hat sich auch 2012/2013 fortge-


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setzt. (Abg. Schieder: Ist jetzt 2013 oder ist heute 2016?) – Von 2016 habe ich die Zahlen von den ÖBB noch nicht, aber ich habe sie von 2012/2013, da lag das Antritts­alter bei unter 53 Jahren. Ich habe die Zahlen von 2014, da lag das Durchschnitts­antrittsalter bei unter 54 Jahren, um das ganz direkt zu sagen. (Abg. Schieder: Bitte, kommen Sie in der Gegenwart an!) Uns geht es nicht darum, bestehende Pensionen zu kürzen, überhaupt nicht, das ist eine Schimäre, wenn das behauptet wird. (Abg. Schwentner: Aber zukünftige Pensionen werden Sie kürzen!) Uns geht es darum, zu einem gerechten Pensionssystem in Österreich zu kommen – mit einem annähernd gleichen Antrittsalter für alle und ohne Sonderrechte für einzelne Gruppen! (Beifall bei der ÖVP.)

Das gilt auch für die Bundeshauptstadt Wien. Beim Finanzausgleich seinerzeit, unter Finanzminister Molterer, hat der Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien unterschrieben, die Pensionsreform finanziell gleichwertig umzusetzen. Bis heute ist das nicht gemacht worden (Abg. Schieder: Oh ja!), und Molterer ist schon lange nicht mehr Finanzminister. (Abg. Schieder: Das war das einzig Richtige vom Molterer!)

Was ich damit sagen möchte, meine Damen und Herren, ist: Wir müssen den Heraus­forderungen ins Auge blicken und dürfen uns nicht dorthin flüchten, dass wir sagen: Alles ist paletti! Daher sage ich Ihnen: Ja, die schwarze Null, unser Ziel im Jahr 2020, ist erreichbar! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich habe lieber eine schwarze Null als rote Zahlen, sage ich Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist mir beim Budget lieber als rote Zahlen. Diese schwarze Null ist das Markenzeichen von Finanzminister Schelling. (Heiterkeit bei SPÖ und FPÖ.) Wir unterstützen ihn dabei, die gesamte Bundesre­gierung sollte ihn dabei unterstützen, und es wäre auch kein Schaden, wenn die Oppo­sitionsparteien bei der einen oder anderen Frage mit dabei sein könnten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

9.28


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Strache. – Bitte. (Abg. Krainer: Ich finde, das war jetzt ordnungsrufverdächtig, den Herrn Finanzminister als schwarze Null zu bezeichnen!)

 


9.28.51

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Herr Finanzminister! Wir haben jetzt schon durchaus einiges von den Vorrednern gehört. Der „Kollege Shakes­peare“ wurde zitiert: Wir zahlen keine Schulden beziehungsweise „Worte zahlen keine Schulden“ – so hat er ihn zitiert.

Das stimmt schon, und das ist etwas, was wir bei den Budgetreden leider Gottes seit Jahren auch immer wieder wahrnehmen müssen. Es gibt wundervolle Worte – die „schwarze Null“ etwa hat Herr Lopatka zitiert. Ich weiß nicht, was genau er mit „der schwarzen Null“ gemeint hat, aber das hören wir schon seit Jahren, dass es dieses Nulldefizit geben soll. In Wirklichkeit klaffen dann die gesprochenen Worte und die Zielvorgaben und die Realität, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, weit auseinander.

Finanzminister Schelling hat gestern seine zweite Budgetrede gehalten. Wie viele noch folgen werden, wird man sehen. Ich hoffe, dass nach den nächsten Wahlen doch endlich eine Veränderung in diesem Hohen Haus möglich sein wird, denn diese ist drin­gend notwendig.

Herr Finanzminister, Sie haben gestern gesagt, dass es gelungen sei, zum dritten Mal ein strukturiertes Nulldefizit zu erreichen (Abg. Krainer: Ein strukturelles!) und die Neuverschuldung gegenüber 2016 um ein Drittel … (Abg. Krainer: Nicht strukturiert!


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Strukturell! Aber – Kleinigkeit!) – Ein strukturelles Nulldefizit habe ich gesagt! Haben Sie mir zugehört? – Ein strukturelles Nulldefizit ist erreicht worden. Das habe ich gesagt und nichts anderes. (Abg. Rossmann: Ich habe „strukturiert“ verstanden!) Sie sollten vielleicht die Ohren spitzen!

Wenn Sie sagen, dass die Neuverschuldung gegenüber 2016 um ein Drittel verringert wurde, dann sind das schöne Worte, man muss aber auch schauen, ob das wirklich den Tatsachen entspricht. Sie reden ja auch über die Höhe des Defizits, dazu gibt es unterschiedliche Angaben. Sie reden davon, dass das Defizit in Zukunft bei 4,3 Milliar­den € oder 1,2 Prozent des BIP liegen wird. Das ist aber nur das Defizit laut Finan­zierungshaushalt. Das Defizit laut Ergebnishaushalt beträgt 9 Milliarden €, und somit ist schon wieder eine ganz andere Situation gegeben. Noch dubioser sind die Angaben für das strukturelle Defizit, in das mutwillig Einmalzahlungen angeblich nicht einge­rechnet werden, unter anderem eben die Kosten für Asylwerber, worauf ich später noch gesondert zu sprechen kommen werde.

Fakt ist, auch die Maßnahmen, die nicht in das strukturelle Defizit eingerechnet wer­den, müssen natürlich finanziert werden, und das führt in der Regel zu einem weiteren Ansteigen der Staatsschulden. Und wir haben leider auch ein weiteres Ansteigen bei den Staatsschulden zu verzeichnen. Das ist Realität, obwohl wir seit Jahren bei den Budgetreden immer wieder eine andere Zielsetzung hören. Die Realität ist eine andere. Wir haben Glück, dass wir zurzeit wenig Zinsen zahlen, aber auch das wird sich wieder ändern. Und dann gnade uns Gott, wenn diese Zinsenbelastung irgendwann wieder einmal ansteigen wird und wir sie wieder entsprechend werden bedecken müssen, um hoffentlich irgendwann einmal auch die Verschuldung reduzieren zu können! Wie das dann bei gestiegenen Zinsen angesichts des jetzigen Budgets und der Zielvorgaben funktionieren wird, das sei dahingestellt. (Beifall bei der FPÖ.)

Selbst wenn die Neuverschuldung 2017 tatsächlich noch einmal geringer sein sollte als 2016, haben wir, wie gesagt, eine realistische Neuverschuldung, und das ist das Drama.

Wenn man sich Ihr Budget weiter etwas näher ansieht, dann ist festzustellen, dass es einen höchst mysteriösen Punkt darin gibt, nämlich den Finanzausgleich. Wir hören ja seit einiger Zeit, dass mit Jänner 2017 ein neuer Finanzausgleich in Kraft treten soll, bis dato gibt es aber keine konkreten Vorlagen dazu. Laut Medienberichten gibt es Verhandlungen, die stattfinden, aber bis heute gibt es kein Ergebnis. Es gibt auch kein Ergebnis, das im Budgetentwurf erkennbar wäre. Für ein neues Finanzausgleichs­ge­setz ist ein Gesetzentwurf notwendig – dieser fehlt. Die Frage wird sein: Rechnen Sie damit, dass das kein großer Wurf wird, oder werden Sie das dann im Nachhinein sozusagen budgetär einrechnen und das Budget wieder abändern? – Das ist ein offenes Fenster, das nach wie vor vorhanden ist.

Ein weiteres Thema, das ich vermisse, ist natürlich die Bekämpfung der kalten Pro­gression. Auch diese ist seit Jahren Thema. Immer wieder haben Sie angekündigt, Sie werden das als eines Ihrer Hauptaufgabenfelder in Angriff nehmen und die kalte Progression bekämpfen. Die Beseitigung der kalten Progression ist in der Budgetrede natürlich wieder einmal angekündigt worden, so wie auch in den letzten Jahren, aber wir haben eben nichts von Ankündigungen! Da sind wir wieder bei den „Worten“, die heute angesprochen worden sind, die natürlich keine Schulden abbauen werden und auch keine Veränderungen herbeiführen können, wenn sie nicht in Taten umgesetzt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

So gesehen ist es natürlich wichtig, endlich auch gegen die kalte Progression konkrete Maßnahmen zu setzen. Das fordern wir seit Jahren. Natürlich gibt es Maßnahmen wie insbesondere das Senken des Eingangssteuersatzes oder die regelmäßige Anpassung


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der Steuertarife an die Inflation sowie allenfalls die Einziehung zusätzlicher Tarifstufen, wodurch man rasch Erfolge erzielen könnte, aber ich muss leider sagen, das ist bis dato nicht der Fall. Deshalb bringen auch die Lohnerhöhungen für die Bürger nicht das, was eigentlich notwendig wäre.

Man redet davon, den Wirtschaftskreislauf anzukurbeln. Ja, natürlich ist der Wirt­schafts­standort als solcher attraktiver zu gestalten, denn dieser ist heute in Österreich besonders unattraktiv. Wir haben eine Höchststeuerbelastung, wir haben mit 45,2 Pro­zent eine so hohe Abgabenquote wie nie zuvor. (Abg. Rossmann: Stimmt doch nicht!) Das heißt, natürlich braucht es deutliche Steuersenkungen. Wir müssen den Standort attraktiver machen. Wir dürfen etwa im Bereich der Bürokratie nicht derartige Maß­nahmen setzen, wie sie im letzten Jahr sozusagen Ihr Schwerpunkt waren, Stichwort Registrierkassenverpflichtung, womit man in Wirklichkeit neue Arbeitslosigkeit geschaffen hat, sondern wir müssen den Wirtschaftsstandort Österreich attraktiver machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir müssen die Arbeitslosigkeit aktiv bekämpfen, und dazu braucht es – und das ver­misse ich bis heute – natürlich ein Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Industrieoffensive­paket 2017 und keine Agenda 2025, denn das Problem haben wir jetzt und heute. Wir müssen so rasch als möglich den Standort attraktiver machen, damit man in Österreich auch wieder investiert, damit sich Betriebe auch wieder bei uns ansiedeln und eben nicht abwandern, wie das heute der Fall ist.

Es ist heute auch schon über Investitionen gesprochen worden. Ja, wir haben nach wie vor ein Investitionsproblem. Wir haben auch eine Kreditklemme in Österreich, damit muss man auch ehrlich umgehen. Wenn die Unternehmer in der Regel Kredite nur mehr dann bekommen, wenn sie sie auch zu 100 Prozent besichern können, dann führt das natürlich letztlich dazu, dass immer weniger investiert wird, und da eben aufgrund der Basel-II- und Basel-III-Vorgaben eine gewisse Kreditklemme vorhanden ist, müssen wir überlegen, wie wir da gegensteuern können.

Es wurde auch die Einmalzahlung für Pensionisten diskutiert. Ich empfinde es zunächst einmal grundsätzlich als positiv, dass man an die Pensionisten denkt und sich überlegt, wie man den Pensionisten, die oftmals wirklich massiv unter die Räder kommen, unter die Arme greifen kann, nur: Eine Einmalzahlung von 100 € ist mit Sicherheit nicht das, was die Pensionisten benötigen! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie brauchen wirklich eine nachhaltige Pensionistenpreisindex-Anpassung, sie brauchen eine nachhaltige Erhöhung. Wir sagen, man muss in Wirklichkeit eine Mindestpension von 1 200 bis 1 250 € sicherstellen, und man braucht eine laufende Pensionistenpreis­index-Anpassung, auf die sich die Pensionisten auch verlassen können. Das sind keine Bittsteller, das sind Menschen, die über Jahrzehnte hart gearbeitet und viel geleistet haben, die in das System eingezahlt haben und heute wirklich oftmals an der Armuts­grenze leben müssen. Das ist einfach ungerecht, und wir haben alle Verantwortung zu übernehmen, um dem gegenzusteuern. (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir auch auf die Asylkosten zu sprechen! 2 Milliarden € sollen dafür im kommenden Jahr aufgewendet werden. Da ist dann viel, viel Geld notwendig, wie wir sehen; wahrscheinlich – das kann man aus leidvoller Erfahrung sagen – wird es mehr sein, als man prognostiziert. Und natürlich muss man auch die Auswirkungen der Zuwanderungsströme auf den Arbeitsmarkt und damit auf das Budget entsprechend bedenken. Wir sagen dazu sehr klar, wir müssen endlich auch Stopp sagen, denn das ist eine Migrationspolitik. Bei der Aufnahme von Asylwerbern, bei der Zuwanderung, beim Zugang auch zu den Sozialleistungen für Fremde muss man einfach immer im Blick haben, dass jene, die noch keine Stunde gearbeitet haben, niemals in dieses


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System eingezahlt haben, nicht jeden Anspruch an dieses Sozialsystem stellen kön­nen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da muss man sich im Sinne der Gerechtigkeit auch endlich etwas überlegen, weil es nicht sein kann, dass andere, die jahrzehntelang gearbeitet und eingezahlt haben, dann am Ende mit 57, 60 € Notstand im Monat auskommen müssen, weil das Einkommen des Partners mitberücksichtigt wird.

Das alles sind Entwicklungen, die eben nicht gerecht sind. Österreich ist weder das Arbeitsmarktservice noch das Sozialamt für Migranten aus aller Herren Länder. Die finanzielle, soziale, sicherheits- und gesellschaftspolitische Belastbarkeitsgrenze der Österreicher ist auch schon lange überschritten. Es braucht in Wirklichkeit ein Umden­ken, es braucht auch einen Kassasturz, wobei man ehrlich damit umgehen soll, was wahrscheinlich noch alles an Kosten in den Ressorts versteckt wird. Die Belastbar­keitsgrenze ist, wie gesagt, längst überschritten. Wir müssen umdenken und dürfen nicht weiterwurschteln und auch nicht auf verbale Ankündigungen aufbauen, die, wie man permanent erlebt, dann nicht in die Realität umgesetzt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

In Wirklichkeit kann man sagen, wir haben wieder einmal eine starke Ankündigung gehört, aber es wird eine schwache Umsetzung geben. Das ist das, was wir in den letzten Jahren ja auch bei allen Budgetdebatten und auch bei der Generaldebatte erlebt haben. Die Überschriften, die Kommunikationsüberschriften, stimmen schon, aber sie halten der Realität leider Gottes nicht stand. (Beifall bei der FPÖ.)

9.38


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Klubvorsitzende Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


9.38.52

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Meine ge­schätzten Damen und Herren Abgeordneten! Werte Minister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe zu Beginn das Gefühl gehabt, dass eigentlich ein gemeinsames Budget hätte vorgelegt werden sollen, ein von der Bundesregierung gemeinsam beschlossenes Budget, habe aber nach den gestrigen Spitzen des Finanzministers, aber auch nach den Ausführungen der beiden Klub­obleute heute eher den Eindruck, dass da ein Budget gegeneinander vorgelegt worden ist und diese Bundesregierung von einem gemeinsamen Wollen sehr weit entfernt ist. Und das ist mit Sicherheit bedauerlich, weil es nicht im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher ist. (Beifall bei Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Traditionell beginnen wir Grüne unsere Bewertung des Budgets auch mit vorsichtigen positiven Bemerkungen, und was wir positiv bewerten, möchte ich kurz anführen.

Selbstverständlich ist es in dem Sinn ein konservatives Budget. Es werden im Wesentlichen die fiskalpolitischen Ziele der Europäischen Union erreicht, angestrebt, es gibt da und dort leichte Verbesserungen. 

Ich möchte die Erhöhung der Mittel bei der Entwicklungszusammenarbeit erwähnen – Klammer auf: Ich möchte aber nicht, dass diese zusätzlichen Mittel für Rückfüh­rungs­maßnahmen verwendet werden, sondern es sollte damit wirkliche Armutsbekämpfung und Entwicklungszusammenarbeit geschafft werden, Klammer zu –, eine leichte Aufstockung, was das Integrationsbudget betrifft, eine leichte Aufstockung, was den Arbeitsmarkt betrifft, und endlich wurden im Bildungsbereich zumindest einmal für das Jahr 2017 300 Millionen € eingestellt. Das ist jedenfalls einmal positiv.


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Was ausgeblieben ist, ist eine Verständigung über die großen Fragen, die großen Zukunftsherausforderungen und das, was tatsächlich jetzt angegangen werden muss, um bis 2020, 2025 Zukunftssicherheit für die nächste Generation zu schaffen.

Wir haben da sehr klare Vorstellungen, und ich denke, dass diese Vorstellungen von vielen hier im Haus geteilt werden könnten, wenn man sich einmal dazu durchringen kann, das gegenseitige Verhindern, das gegenseitige Haxl-Stellen wegzulassen und sich wirklich auf die zentralen Zukunftsfragen zu konzentrieren. Diese betreffen jeden­falls den gesamten Bildungsbereich, Investitionen von der Kinderbetreuung bis zu den Universitäten, Forschung und Entwicklung als absolute Prioritätensetzung, Arbeitsplät­ze und Investitionen in Arbeitsplätze – da haben wir auch ganz konkrete Vorstellungen, das mit Klimaschutz direkt zu verknüpfen, ich komme dann später noch darauf zu sprechen –, Senkung der Abgaben auf den Faktor Arbeit – ich glaube, das hören wir schon seit 15 bis 20 Jahren –, Investitionen in die soziale Absicherung und vor allem auch die Notwendigkeit, die größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich auch in Österreich nicht aus den Augen zu verlieren. Ich glaube, das sind Ziele, die wir alle gemeinsam unterschreiben können. (Beifall bei den Grünen.)

Einen kleinen Seitenhieb oder Sidestep kann ich Ihnen nicht ersparen: Was den Punkt Investitionen in die soziale Absicherung betrifft, haben Sie, Herr Klubobmann Lopatka, wiederholt die Diskussion über die Mindestsicherung aufgemacht. Sie haben wieder von einem Deckel gesprochen, und ich möchte das in aller Entschiedenheit noch einmal zurückweisen und einmal betonen, um wen es da geht. Wenn Sie von einem Deckel bei der Mindestsicherung sprechen, dann sprechen Sie in erster Linie von Familien, die in Not sind und die mehrere Kinder haben. Und für Familien, die in Not sind, die mehrere Kinder haben – ich habe zwei Kinder, das ist mit Sicherheit eine Herausforderung, aber wenn jemand drei Kinder oder gar vier Kinder hat –, ist das Meistern des Alltags eine wahnsinnige Leistung. Und wenn man in einer sozialen Notsituation ist und sich auf etwas nicht mehr verlassen kann, nämlich unterstützt zu werden – das ist das, was Sie wollen, Sie wollen kürzen, Sie wollen einschränken (Abg. Wöginger: Brauchen keine 3 000 € …!) –, dann passiert das ausschließlich auf dem Rücken der Kinder. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wöginger: Geh!)

Was bedeutet das? – Das heißt, dass diese Kinder dann nicht mehr bei Ausflügen mitfahren können, dass sie nicht mehr zu Geburtstagsfeiern eingeladen werden, denn da muss man nämlich ein Geschenk mitbringen (Abg. Wöginger: So ein Blödsinn! – Zwischenruf der Abg. Tamandl), das kostet wieder 15 bis 20 €. Das sind genau die Ausgaben, um die es geht. (Abg. Lugar: So ein Blödsinn! Das glauben Sie selbst nicht!) Man kann sich die Nachhilfe nicht mehr leisten. Das sind genau die Themen, und jeder Bürgermeister wird es Ihnen bestätigen: Diesen Familien muss man trotzdem helfen, auch wenn Sie die Mindestsicherung deckeln wollen. Man muss diesen Mehrkindfamilien trotzdem helfen (Abg. Kickl: Es kann kein Erwerbsmodell sein, Mehrkindfamilien zu …!), man kann sie nicht einfach hängen lassen. Das meine ich mit Investitionen in die soziale Absicherung. (Beifall bei den Grünen.)

Der Arbeitsmarkt ist mit Sicherheit die große Herausforderung, und wir haben da ein sehr klares Konzept. Leider sind im Budget 2017 der Umweltbereich, der Klima­schutz­bereich und alle Klimaschutzmaßnahmen mit weniger Mitteln eingestellt als noch im Jahr 2016. Das mag jetzt einigermaßen verwundern, weil wir im Dezember des letzten Jahres alle sehr erfreut zur Kenntnis genommen haben – bis auf die Freiheitlichen, die haben es nicht mitratifiziert –, dass sich die Staatengemeinschaft, alle Staaten dieser Erde, gemeinsam auf ein Weltklimaabkommen geeinigt haben. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Das heißt, wir beginnen jetzt mit einem großen Umbau unserer Industriegesellschaft – wir beginnen jetzt, Häuser zu bauen, jetzt eine Mobilität zu konstruieren, jetzt Autos zu


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bauen –, der im Wesentlichen darauf hinausläuft, dass diese 2050 CO2-frei ist. Dieses Ziel, weniger als 2 Grad Erwärmung weltweit, zu erreichen, würde für Österreich im Übrigen auch einen wahnsinnigen Vorteil nicht nur für die Landwirtschaft, auch für den Tourismus und für die Wirtschaft bedeuten.

Dieses Ziel können wir nur mit Investitionen erreichen, und ich glaube, dass wir uns hier auch sehr gut darauf verständigen können, dass diese Investitionen Zukunfts­inves­titionen sind und auch zusätzliche Jobs bringen. Paul Krugman hat jetzt in Salz­burg bei seinem Besuch gesagt: „Wir sollten mehr über das Klima reden. Alles andere ist in der Relation völlig unbedeutend. Das Klima könnte auch eine Lösung für die wirtschaftspolitischen Probleme sein, die wir haben. Eine aktive Klimapolitik wäre ein wirtschaftlicher Stimulus für die nächsten fünf bis zehn Jahre. Es ist erstaunlich, wie wenig wir darüber reden, auch wenn die Evidenz immer größer wird, dass wir auf eine Katastrophe zusteuern.“

Immer weniger darüber reden – Ihr einziger Satz gestern, Herr Finanzminister, zum Klima, zum Klimaschutz, zum Klimaabkommen war: Ja, das ist schon wichtig und richtig, aber Sie warten jetzt einmal auf nächstes Jahr, da wird der Umweltminister eine Klimastrategie vorlegen, und dann diskutieren wir ein bisschen über Maßnahmen.

Ich finde, das Thema mit einem Satz so abzuhandeln ist in Anbetracht der Heraus­forderung wirklich, wirklich, wirklich schwach, wirklich, wirklich, wirklich ignorant und wirklich, wirklich zukunftsblind. Geld dafür ist vorhanden. Wir orientieren uns da sehr stark am Wirtschaftsforschungsinstitut, dessen Experten einmal berechnet haben, wie viel an klimaschädlichen Subventionen tagtäglich in Österreich beim Fenster hinausge­worfen werden und welche Arbeitsplatz- und Beschäftigungseffekte wir mit Investitio­nen in diesen Bereich tatsächlich hätten. Sie sprechen jährlich von 16 000 bis 40 000 neuen Arbeitsplätzen – zusätzlich. Und das ist, finde ich, eine Option, die Sie mit diesem Budget leider vollkommen außer Acht lassen. Das bedauern wir, das bedauere ich, und ich würde mir wünschen, dass genau diese Zukunftsverträglichkeit einen sehr viel höheren Stellenwert in den Diskussionen, auch jetzt im Ausschuss, bekommt.

Abschließend: Was mich beziehungsweise uns auch etwas verwundert hat, sind der Stil untereinander und auch die offene Feindseligkeit, was einen Vorschlag des Bundeskanzlers betrifft, der an und für sich interessant war, nämlich die Frage des New Deal. Bis auf sehr vage Ankündigungen haben wir da zu wenig gehört. Wir haben gehört, es soll um Reformideen gehen, Investitionen, darum, öffentlich und privat zu verzahnen, dann kam ein Vorschlag zur Flexibilisierung der Arbeitszeit, aber eine echte, sozusagen gemeinsame Stoßrichtung in dieser durchaus diskussionswürdigen Frage vermisse ich, und das ist schade.

Beim Finanzrahmen haben die neuen Mitglieder der Bundesregierung, hat der Bun­deskanzler noch keine Möglichkeit gehabt, Akzente zu setzen. Jetzt wäre eigentlich die Möglichkeit gewesen, neue Akzente zu setzen und wirklich Schwerpunktsetzungen vorzunehmen, aber davon verspürt man im Budget leider Gottes überhaupt nichts. Es ist extrem konservativ, es werden in erster Linie die Finanzrahmenausgaben und -vorschreibungen fortgeführt, und die großen tatsächlichen Herausforderungen sind im Wesentlichen ausgespart.

Ich glaube, dass die Kommentatoren, die beschrieben haben: Hier wärmen sich Rot und Schwarz schon für den nächsten Wahlkampf auf!, recht haben. Ich habe nicht den Eindruck, dass es hinsichtlich der Zukunftsfragen noch ein großes gemeinsames Wollen gibt, dass es ein großes gemeinsames Verständnis gibt, und das ist bedauer­lich. Ich denke, wenn die Bevölkerung in Österreich eines satthat (Zwischenruf des Abg. Amon), dann ist es diese ewige Streiterei, das ewige Sich-nicht-verständigen-Können auf Reformen vom Bildungsbereich über den Integrationsbereich bis hin zum


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Budget, und ständig mit unterschiedlichen Positionen von Rot und Schwarz konfrontiert zu sein und keine Lösungen zu sehen.

Wir würden das anders anbieten, und ich würde mir wünschen, dass wir in den Ausschussverhandlungen den einen oder anderen Schwerpunkt, allen voran den Um­weltschwerpunkt, vielleicht noch ausbauen können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

9.47


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Strolz. – Bitte. (Abg. Strolz stellt eine Tafel in Form einer Spielstandsanzeige auf das Rednerpult, auf der „SPÖVP“ und „Steuerzahler“ und darunter „0 : 0“ zu lesen ist. – Vizekanzler Mitterlehner: Ist das die Tischtenniszählweise? – Abg. Wöginger: Hat Herr Haselsteiner wieder überwiesen? – Bundesminister Schelling: Geschnitzt aus Kastanienholz! – Zwischenrufe der Abg. Tamandl.)

 


9.48.07

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Staatssekre­tärin! Geschätzte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde jetzt viel über Nullen gesprochen, über die ominöse schwarze Null. Es bleibt noch offen, ob das die Ansammlung der Abgeordneten beschreibt oder das Vorhaben des Finanz­ministers, aber ich möchte hier auch über das Phänomen Null genauer referie­ren, weil wir jetzt, Herr Finanzminister, über die zweite Budgetrede von Ihnen dis­kutieren, und ich glaube, die Debatte von gestern und heute zeigt eines, nämlich dass wir in diesem Land ein Rekorddefizit haben, und das ist ein sehr ernsthaftes: Wir haben ein Rekorddefizit an Gemeinsamkeit.

Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es noch nie eine Regierung in diesem Land, die so wenig Gemeinsamkeit demonstriert hat wie diese Regierung. Diese Partnerschaft ist kaputt, und diese kaputte Partnerschaft macht dieses Land krank, wenn Sie so weiter­machen. Das ist ein echtes Problem für dieses Land. (Beifall bei den NEOS.)

Herr Finanzminister, ich habe beide Reden von Ihnen sehr aufmerksam verfolgt und mir auch noch einmal angesehen, und es ergeben sich jetzt zum zweiten Mal erkennbar klare Muster, weil ich große Sympathien für die Worte habe, die du bringst, allerdings haben die Worte, die hier vom Finanzminister gebracht werden, nichts mit der Realität zu tun. Ich versuche, die letzten zwei Budgetreden des Finanzministers aufzurollen.

Im letzten Jahr war die große Überschrift: „Jeder Tag ohne Reform ist ein verlorener Tag.“ Ich zitiere Finanzminister Schelling: „Jeder Tag, an dem wir mit der Umsetzung warten, kostet noch mehr Geld. Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – für das ich verantwortlich bin. Jeder Tag, an dem wir den Staat und seine Ausgaben und Leistungen nicht in Ordnung bringen, ist ein verlorener Tag.“

Das ist alles richtig, das alles unterschreibe ich.

„Wir haben einen klaren Reformplan vereinbart“, sagt Schelling. Und weiter: „Wir brauchen diese Reformen, um die Budgets der Folgejahre erstellen zu können. Denn: Die Herausforderungen auf der Ausgabenseite in Bezug auf Pflege, Pensionen und Sozialleistungen werden mehr, und nicht weniger!“

All das ist richtig, Herr Minister, all das ist richtig, geschätzte Bundesregierung! Der Punkt ist nur: Sie sind Behauptungskünstler, wie sie diese Republik noch nicht ge­sehen hat. Sie liefern nicht, Sie sind Reformvortäuscher, Sie zählen Reformen auf, die dann nicht stattfinden.


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Zu Schelling als Person: Für dich habe ich Sympathien, das habe ich immer gesagt, aber du bist und bleibst der prominenteste Häftling dieses Landes. Du bist in Geiselhaft von strukturversteinerten Parteien und von einem verkrusteten System, das dich offensichtlich nicht zu dem kommen lässt, was du vorhast. Das ist die positivste aller Interpretationen. Die negative wäre, dass uns hier wirklich etwas vorgegaukelt wird. (Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Ich kann es auch belegen. Ich kann belegen, dass dieses Budget eine weitere Nullnummer für die Bevölkerung ist. Wir haben im letzten Jahr gehört, und das zieht sich dann durch: fünf große Reformen. (Abg. Lugar: Wann kommt er jetzt, der …?) Auch heuer sagt Schelling: „Wir brauchen entschlossene Schritte vorwärts. Wir brauchen konkrete Verbesserungen, und wir brauchen Mut, und ‚Mut‘, das steht für M wie Machen, U wie Umsetzen und T wie Tun.“

„Habe Mut“ – das war schon unser Kampagnenslogan, und dass Sie zunehmend unsere Sprache übernehmen, das freut uns. Nur: Wir wollen, dass Taten folgen! Den Mut können Sie leider nicht an Ihren Federkranz stecken, Herr Minister! Sie können die Null an Ihren Federkranz stecken, denn das, was Sie hier präsentieren, ist natürlich unzureichende, lustlose Limbovorstellung – null; natürlich unzureichend, lustlos, Limbo.

Sie legen sich Latten und tanzen dann unten durch. Es gibt fünf Latten, die Sie sich gelegt haben. (Abg. Brosz: Wie war das mit dem Positiven? – Abg. Lugar: Positives!) Latte Nummer 1: Finanzausgleich. (Der Redner blättert auf der Spielstandsanzeige um, sodass „SPÖVP“ und „Steuerzahler“ und „1 : 0“ zu lesen ist. – Abg. Strache: Jetzt geht’s los!)

Das wurde jetzt mehrere Jahre – zwei Jahre Finanzausgleichsverhandlungen – ver­schoben. Der Finanzminister sagt im letzten Jahr: Jetzt kommt der Finanzausgleich, er kommt bis Herbst 2016. – Wir haben jetzt Herbst 2016, vom Finanzausgleich ist nichts zu sehen! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) Herr Schelling, was kommen wird, ist wahrscheinlich ein Verlängern dieses Elends, das wir derzeit haben, ein Verlängern dieses Elends. Es geht um klare Bund-Länder-Gemeinde-Kompetenzen und klare Bund-Länder-Gemeinde-Verantwortlichkeiten. „Bis jetzt ist in Österreich jeder für etwas zuständig, aber niemand für etwas verantwortlich“ – Zitat Schelling. Und ihr werdet das verlängern. Das ist eine Behauptung, und es ist eine Nullnummer für die Bevölkerung – leider. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kickl und Lugar. – Vizekanzler Mitterlehner: Wer hat den Punkt …?)

Punkt 2: kalte Progression. Sie haben im letzten Jahr versprochen: Wir widmen uns der kalten Progression. Wir geben den Menschen endlich das Geld zurück, das wir ihnen durch das automatische Inkassobüro Schelling/kalte Progression jedes Jahr wegnehmen. – Sie haben Ihr Versprechen nicht gehalten. Auch heuer verkünden Sie es wieder, und Sie halten es wieder nicht im nächsten Jahr, sonst wäre es abgebildet. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) Sie müssen die kalte Progres­sion mit einer halben Milliarde Euro abbilden. Sie ist nicht abgebildet, das heißt, Sie werden den Leuten wieder Geld wegnehmen. Wir haben die zweithöchste Steuerabga­benquote in Europa und sind munter unterwegs an die Spitze. Das ist nicht okay, und das ist mit ein Grund dafür, dass wir die höchste Arbeitslosigkeit seit dem Zweiten Weltkrieg haben. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Schenk und Steinbichler.)

Zweiter Vorschlag, zweite Behauptung: Nullnummer für die Bevölkerung. (Der Redner blättert auf der Spielstandsanzeige ein weiteres Mal um, sodass „2 : 0“ zu lesen ist. – Vizekanzler Mitterlehner: 2 : 0! – Zwischenruf des Abg. Strache.)

Dritte Behauptung: Sie haben behauptet, es gibt eine Bildungsreform. Sie haben im letzten Jahr gesagt: 17. November, und dann kommt die große Bildungsreform. (Zwi-


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schenrufe der Abgeordneten Wöginger und Moser.) Am 17. November wurde präsentiert: High five, fast geile Bildungsreform. Und dann wurde gesagt: Wir setzen bis Juni 2016 um. – Sie haben nur ein Sechzehntel bis ein Sechstel, wenn man es gut schätzt, umgesetzt; 0,2 ungefähr, abgerundet null. Die Bildungsreform ist und bleibt eine Nullnummer für die Bevölkerung. Drittes Versprechen – Behauptungskünstler SPÖ und ÖVP. (Der Redner blättert auf der Spielstandsanzeige ein weiteres Mal um, sodass „3 : 0“ zu lesen ist. – Abg. Strache: Wieder ein Tor!) – Ja, Sie schießen hier Tore auf der Wortebene, aber für die Bevölkerung schaut null raus. So müssen Sie das lesen, Herr Strache! Es ist ein bisschen … (Ruf bei der FPÖ: 3 : 0 für die …!) – Wieso?

Bürokratieabbau: Sie haben im letzten Jahr einen umfassenden Bürokratieabbau versprochen, Herr Minister! (Bundesminister Schelling: Kommt ja!) – Ja, kommt, kommt! Sie sagen jedes Mal: Kommt, kommt, kommt! Und derweil keilen Sie mit dem eigenen Koalitionspartner. Es ist im Budget nichts von Bürokratiereform abgebildet, während der Klein- und Mittelbetrieb an der Überforderung leidet. Vierte Behauptung von Schelling – Nullnummer für die Bevölkerung. (Der Redner blättert auf der Spielstandsanzeige ein weiteres Mal um, sodass „4 : 0“ zu lesen ist.)

Schlussendlich: Pensionsreform. Herr Minister, Sie haben Ende Februar 2016 ange­kündigt, es gibt eine große Pensionsreform. Und da muss sich auch die SPÖ anhalten, denn die Zahlen sind natürlich gewaltig. Der Herr Minister zeigt es auch auf. – Wir gehen von 20 Milliarden € Pensionsfinanzierung auf 23,4 Milliarden € im Jahr 2020. Es kommt keine Reform. (Der Redner blättert auf der Spielstandsanzeige ein weiteres Mal um, sodass „5 : 0“ zu lesen ist. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Es kommt keine Reform. Sie behaupten: Pensionsreform – einmal mehr die ÖVP, so wie die ÖVP seit 10 858 Tagen in der Regierung ist und immer Dinge behauptet. Sie behauptet gegenüber der Bevölkerung: Wir senken die Steuern, keine neuen Steuern – seit über 10 000 Tagen. Und was haben Sie gemacht? – Die höchste Steuerquote, die wir gesehen haben! (Abg. Tamandl: Und die Steuerreform ist nichts?) – Die kalte Progression frisst auch diese Steuerreform. Innerhalb von drei Jahren ist die Steuer­reform weg, futsch. Das wissen Sie haargenau. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Ich komme zum Schluss. (Abg. Rädler: Halbzeit!) Herr Minister, Sie liefern hier wirklich ein Zahlenvoodoo, und das ist wild. Der nächsten Regierung bürden Sie Dinge auf, die gewaltig sind. Wenn ich nur aufzähle: Sie haben jetzt 1 Milliarde € aus dem Banken­paket, damit Sie einen einmaligen Effekt haben. Sie haben die kalte Progression ange­kündigt, Sie bilden aber nicht ab, wie Sie sie finanzieren. (Bundesminister Schelling: … Budget!) Das sind 0,5 Milliarden € pro Jahr für die nächste Regierung, wo Sie ein Loch ausweisen. Sie haben zusätzlich pro Jahr ab 2020 4 Milliarden €. Wenn die Zinsen wieder auf das Niveau von vor der Krise ansteigen (Bundesminister Schelling: Bei 30-jährigen …!), dann haben wir zusätzlich 4 Milliarden € Zinsen pro Jahr. Das heißt: Der nächsten Regierung ab 2019 fehlen 10 Milliarden €, einmal nur locker hingeschaut.

Das heißt, es wird fast unmöglich sein, einen Kurs so weiter abzubilden wie bisher. Sie machen mit dem Budget des nächsten Jahres ein 5 : 0 gegen die Bevölkerung (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitterlehner), das 54. Jahr in Folge Schulden, und das halte ich für verantwortungslos, zutiefst verantwortungslos, und für eine Ent­täuschung, eine volle Nullnummer für die Bevölkerung. (Beifall bei den NEOS. – Vizekanzler Mitterlehner: Wer hat jetzt gewonnen?) – 5 : 0! (Vizekanzler Mitterlehner: … Tischtennis! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

9.57


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Lugar. – Bitte.

 



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9.57.17

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte einmal kurz aus der Budgetrede des Finanzministers zitieren: Abschaffung der kalten Progression, die Pensionen gehören reformiert, Lohnnebenkosten gesenkt, Entrümpelung, Entbürokratisierung, Verwaltungsreform, krempeln wir die Ärmel hoch! (Bundesminister Schelling: Das habe ich nicht gesagt! – Heiterkeit.) – Er kommt schon drauf, worauf ich hinauswill.

Jetzt fragen sich viele, warum ich das zitiere, was in der Budgetrede steht. Das war nicht die Budgetrede von diesem Jahr, das war seine erste, die er hier gehalten hat. Und das ist genau das, was Sie auch in Ihrer aktuellen gesagt haben. Wir haben das Gefühl, dass wir in einer Zeitschleife sind, und Sie haben gesagt, wir haben recht. (Vizekanzler Mitterlehner: Immer wieder grüßt das Murmeltier! – Abg. Krainer: Das Gefühl haben wir immer, wenn Sie reden! – Abg. Strache: Immer Ärger mit Bernie!)

Wissen Sie, warum wir dieses Gefühl haben? – Weil Sie bei der ersten Budgetrede, die Sie hier gehalten haben, die Probleme erkannt haben, und wir haben damals Beifall geklatscht und haben gesagt: Endlich kommt ein Finanzminister, der die Probleme erkennt. Und Sie haben damals gesagt, Sie werden jetzt in die Umsetzung kommen.

Und was machen Sie bei der aktuellen Budgetrede? – Sie wiederholen das einfach noch einmal. Sie hätten Ihre erste Budgetrede 1 : 1 wiederholen können, denn es hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert. (Abg. Wöginger: Na geht’s dir schlecht?)

Und jetzt fragen Sie sich einmal, Sie, als Unternehmer: Was hätten Sie für eine Freude, wenn Sie Eigentümer in einer Firma wären und der Geschäftsführer sich jedes Jahr hinstellt und Ihnen erzählt: Die Umsätze gehen zurück, die Erträge gehen zurück, die Produkte sind nicht das, was sie sein sollten, die Verwaltung funktioniert nicht, wir haben zu viel Bürokratie, und, und, und!? Und jedes Jahr erzählt er Ihnen das Gleiche, es passiert aber nichts. Was würden Sie mit so einem Geschäftsführer machen? – Ich glaube, Sie würden ihn in die Wüste schicken. (Abg. Kickl: Was bedeutet denn das für das Team Stronach?)

Genau das ist das Problem: Wir können Sie nicht in die Wüste schicken, aber die Frage bleibt, warum Sie nichts umsetzen. Jetzt ist natürlich die Argumentation auch von Ihrer Seite, man hört das ja immer wieder so zwischen den Zeilen: Ja, wenn ich nur könnte, aber ich habe halt die SPÖ am Hals, da geht halt nichts weiter, ich werde so behindert. (Abg. Wöginger: … am Hals!) Ich weiß ja, was zu tun wäre, aber die SPÖ will halt nicht mitmachen, was soll ich denn tun? – Okay, gehen wir davon aus, dass das stimmt, dass Sie wissen, was zu tun ist, und dass Sie motiviert sind, aber die SPÖ so stark bremst.

Dann frage ich mich, warum Sie in der aktuellen Budgetrede folgende Dinge gesagt haben: Sie haben nämlich gesagt, wir müssen endlich wissen, wohin die Steuergelder fließen. Sie haben gesagt: „Es gibt […] Löcher, in denen Geld versickert“. Wir wissen nicht, wohin dieses Geld versickert. Wo sind diese Löcher? Wir müssen sie dingfest machen. – Herr Minister, was hindert Sie daran, das zu tun? Wenn Sie nicht wissen, wo das Geld hinfließt, wenn Sie diese Löcher nicht kennen, wer soll sie dann kennen?

Dann sagten Sie in Ihrer aktuellen Budgetrede, wir müssen die Ausgaben endlich danach prüfen, ob sie zeitgemäß sind, ob sie notwendig sind und ob sie die gewünschten Resultate erzielen. – Wer, wenn nicht Sie, kann das machen, wer? Was hindert Sie daran? Was zum Henker hindert Sie daran, genau das zu tun? (Abg. Wöginger: Schön sprechen!) Und jetzt sagen Sie uns allen Ernstes, Sie haben eine Arbeitsgruppe in Ihrem Ministerium eingerichtet, die genau das tun soll. (Bundes­minister Schelling: Zuhören!) Können Sie mir erklären, warum Sie das nicht schon gleich im Anschluss an Ihre letzte Budgetrede gemacht haben? Warum mussten wir


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hier wieder ewig warten, bis das endlich passiert? Deshalb können Sie sich nicht auf die SPÖ ausreden.

Ich weiß, mit der SPÖ ist es schwierig, aber ich bin überzeugt, wenn Sie es wirklich ernst nähmen und wirklich ernst meinten, dann schafften Sie auch mit der SPÖ Reformen, davon bin ich überzeugt. Und wenn das schon nicht geht, dann machen Sie wenigstens dort Reformen, wo Sie es in der Hand haben! Da gibt es einige Beispiele, wo Sie es wirklich in der Hand haben.

Da spreche ich jetzt nicht von der HETA, denn das, was Sie bei der HETA gemacht haben, ist kein Verdienst. (Abg. Wöginger: Was denn?) Sie sind hergegangen und haben sich eines Problems auf die altmodische Art entledigt, indem Sie einfach den anderen alles gegeben haben, was sie wollten. (Bundesminister Schelling: Wie hätten Sie es denn gemacht?) Sie sind dagestanden, Sie haben gewusst, dass die Gläubiger 50 Prozent ihrer Forderungen abgeschrieben haben, das wussten Sie. Auch die Banken, die jetzt noch HETA-Anteile haben, haben 50 Prozent abgeschrieben, das wissen Sie. Und was machen Sie? – Sie geben ihnen fast 100 Prozent und lassen sie auch noch einen Gewinn machen, und das Ganze auf Kosten der Steuerzahler! Das ist kein Verdienst. (Beifall beim Team Stronach.)

Das ist die altmodische Art, so nach dem Motto: Ich will das vom Tisch haben, mir geht das auf die Socken, und jetzt lassen wir die zahlen, die sich ohnehin nicht wehren können. Genau das ist das Problem in dieser Regierung.

Auch was die Beamten betrifft: Sie wissen ja, dass jetzt zum zweiten Mal dieses Gesetz gekippt wurde, wonach die Beamten immer noch auf 3 Milliarden € an Ansprüchen warten. Was machen Sie? – Sie murksen herum, machen wieder ein Ge­setz, wieder ein Gesetz, das wird wieder aufgehoben, Sie spielen auf Zeit. Sie spielen einfach nur auf Zeit und gehen die Probleme nicht an. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) – Aha, der Schelling ist nicht zuständig. Na, sicher! Wer ist denn dann zuständig? Wer ist dann zuständig, wenn es darum geht, mit dem Geld ordentlich umzugehen? Sie haben es selbst gesagt – ich habe es aufgeschrieben, und es steht auch hier –: Wir verwalten die Arbeitslosigkeit nur. – Das ist nicht im Sinne einer ordentlichen Bilanzierung beziehungsweise nicht im Sinne eines ordentlichen Finanz­ministers.

Sie sind doch derjenige, der das in der Hand hat. Wenn Sie tatsächlich nichts tun können, wenn Sie also mit der SPÖ nicht können, wenn Sie im eigenen Bereich nichts zusammenbringen, wenn Sie diese Löcher nicht finden, wenn Sie gar nicht heraus­finden können, wo das Geld hinfließt, wenn das alles unmöglich ist, wenn das wirklich so ist, so frage ich: Was machen Sie dann in dem Job? Warum sind Sie dann Finanz­minister? (Abg. Wöginger: Selbstfindungsprozess!) Ich glaube, dass einiges möglich ist, es ist einiges möglich – und der Druck ist gewaltig.

Ein Punkt noch am Schluss, was die Mehrkosten betrifft: Sie haben gesagt, wir haben Gewinner, das sind Inneres, Äußeres, die Justiz und auch die Bildung. – Wenn man genau hinsieht: Die einzigen Gewinner in diesem Budget sind die Flüchtlinge, denn die gesamten 2 Milliarden €, die da hineinfließen, fließen eins zu eins in die Bewältigung der Flüchtlingskrise. Da habe ich noch nichts von Ihnen gehört, dass man möglicher­weise einmal den Verstand ein bisschen einschaltet und sagt, jetzt haben wir hier 100 000 Flüchtlinge, die eben da sind, dann haben wir noch einmal 100 000 Illegale, die gar nicht da sein dürfen. Sie überlegen sich nicht, was Sie mit denen überhaupt machen, bevor Sie da weiter Geld hineinschöpfen und weiter Geld ins Budget hineinschaufeln. Aber auf der anderen Seite, dort, wo wir es wirklich brauchen, nämlich in der Bildung, gibt es zwar zusätzliches Geld, aber das geht wieder in die Flücht-


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lingsbetreuung hinein. In die Strukturen geht wieder nichts hinein. Das ist ja das Prob­lem.

Deswegen: Wenn Sie das als Finanzminister ernst nehmen, dann ist es höchst an der Zeit, dass Sie endlich die SPÖ ein bisschen zwicken, damit sie sich einmal ein bisschen bewegt (Abg. Strache: Wo zwicken?) – ich weiß, das ist schwierig mit der SPÖ –, und dass Sie einmal mit gutem Beispiel vorangehen und im eigenen Bereich etwas tun. Dort, wo die Probleme tatsächlich liegen und wo Sie es in der Hand haben, wo Sie etwas bewegen können, können Sie beweisen, dass Sie ein Finanzminister sind, der mutig ist, der nicht nur immer wieder behauptet, bei jeder Budgetrede immer wieder behauptet, dass er mutig in die neuen Zeiten geht und mutig etwas anpackt, aber in Wirklichkeit alles beim Alten lässt. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.04


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundeskanzler Mag. Kern. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


10.05.01

Bundeskanzler Mag. Christian Kern: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrte Besucher auf den Galerien und vor den Fernsehschirmen zu Hause! Für mich ist es die erste Budgetdebatte, die ich auf dieser Regierungsbank erlebe, und ich muss sagen, es ist durchaus erkenntnisreich gewe­sen, wie wir diskutiert haben und wie wir die einzelnen Problemfelder in unserer Re­publik skizzieren.

Lassen Sie mich deshalb die Gelegenheit nützen, die eine oder andere Klarstellung vorzunehmen! Eines scheint mir besonders wichtig zu sein: Das ist ein Budget, das die Regierung gemeinsam erarbeitet hat, wir stehen zu diesem gemeinsam erarbeiteten Budget, es ist unser Budget – genauso wie jenes des Finanzministers. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn man sich die großen Linien darin ansieht – und es ist viel diskutiert worden –, dann erkennt man, dass hier seit dem Frühjahr, seit dem letzten Bundesfinanz­rah­mengesetz Verbesserungen eingetreten sind. Wir sind sehr froh, dass diese Verbes­serungen eingetreten sind, weil sie zeigen, dass es hier die Bereitschaft und den Willen gibt, sorgfältig und sparsam mit dem Steuergeld umzugehen.

Wenn Sie sich die Zahlen im Detail anschauen: Die Halbierung des strukturellen Defizits gegenüber dem Frühjahr ist so ein Punkt, den man betonen kann. Eine schnellere Reduktion der Staatsschuldenquote ist der zweite Punkt, mit dem wir recht zufrieden sind. Sehr wichtig – ich habe es mehrfach unterstrichen – ist auch der Um­stand, dass wir für die Finanzierung der Pensionen im nächsten Jahr 600 Millionen € weniger ausgeben werden, als wir noch im Frühjahr gedacht haben. Das geschieht nicht von alleine, sondern das ist das Ergebnis von Maßnahmen.

Lassen Sie es mich aber folgendermaßen zusammenfassen: Ich bin der Meinung, dieses Budget ist solide, aber ein solides Budget ist nicht gut genug. Ich bin der Auffassung, dass wir unsere Politik weiter fortsetzen müssen, dass wir dieses Projekt der Konsolidierung des Staatshaushalts betreiben müssen, aber gleichzeitig die Notwendigkeit besteht, die Wirtschaft zu beleben und konsequent in den Standort und in die Wirtschaft zu investieren.

Wenn Sie sich die Schwerpunkte dieses Budgets ansehen, dann sehen Sie, dass diese Handschrift an manchen Stellen ganz gut lesbar ist. Da ist zunächst einmal unsere größte Herausforderung der Arbeitsmarkt, denn am Ende geht es immer um Beschäftigung, darum, Menschen in Lohn und Brot zu bringen. Wir haben die Finan-


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zierung der Ausbildungspflicht, der aktiven Arbeitsmarktpolitik, wir haben das Start-up-Paket, und – was ganz wichtig ist, das betone ich immer wieder – wir haben hier auch klar Akzente, wenn es darum geht, öffentliche Investitionen voranzutreiben. Wir haben 5,2 Milliarden € an öffentlichen Investitionen in die Zukunft dieses Standorts, dieses Landes, das sind 800 Millionen € mehr als im vergangenen Jahr. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir haben den wichtigen Schwerpunkt der Bildung vorangetrieben – unzureichend, wie ich meine, aber immerhin erste Schritte –, wir haben deutlich mehr Geld für die Dotierung des Bildungssektors vorgesehen und genauso mehr Geld für die Dotierung der Sicherheitsnotwendigkeiten, weil wir alle wissen, wie wichtig das den Menschen in unserem Land ist.

Das führt dann auch zu einer Erhöhung des Standes der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, aber nicht sozusagen in den gemütlichen beheizten Stuben, sondern das sind Menschen, die im Bereich der Sicherheit, der Bildung, des Bundesheers, des Bundes­asylamts ihren Mann und ihre Frau stehen. Wir haben versucht, die zentralen Verwal­tungsbereiche nicht weiter wachsen zu lassen.

Aber, wenn man diese Positiva aufzählt, wenn man diese Erfolge aufzählt, ich muss sagen, ich bin durchaus der Meinung der Wirtschaftsforscher von WIFO und IHS, die sich gestern mit dem Budget auseinandergesetzt haben und die zur Einschätzung gelangt sind, das ist kein großer Durchbruch, aber es sind Akzente enthalten, die in die richtige Richtung weisen.

Für den großen Durchbruch werden wir mehr Zeit brauchen, die hatten wir dieses Mal nicht. Dieses Budget ist bestenfalls eine Pflicht, aber die Kür hat noch zu kommen. (Abg. Kickl: Das ist jetzt der neue Schmäh! – Abg. Strache: Kein großer Wurf also!) Diese Kür wird im nächsten Bundesfinanzrahmengesetz stattzufinden haben; der Zeitpunkt ist das nächste Frühjahr, wie wir wissen. Da geht es dann um den konsequenten Test dieser Regierung – da gebe ich der Opposition recht –, ob wir reformfähig, -willig und auch in der Lage sind, das, was wir sagen, umzusetzen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir hatten ja Gelegenheit, auch zu verstehen, dass die Präsentation des Budgets das Vorzeigen klassischer Bildung ist, und das ist etwas Wichtiges, wir wollen ja da investieren. Ich persönlich darf auch ein Zitat vom großen Elvis Presley anfügen, der einmal gemeint hat: „A little less conversation, a little more action“. Auf Deutsch übersetzt: Ein bisschen weniger reden, ein bisschen mehr Action. (Beifall bei der SPÖ.)

Ehrlich gesagt, Reformrhetorik ist das eine, und Reformposen sind das andere, aber was uns wirklich weiterbringen wird, sind mit Sicherheit nicht Reformen im Schlaf­wagentempo, das wird nicht reichen, das wird nicht ausreichend sein. Ich habe keine Lust, mich bei den nächsten Budgets hinzustellen und mir die durchaus berechtigte Kritik der Opposition auf Dauer anzuhören. Ja, Sie haben richtige Punkte erwischt und ich kann Ihnen sagen, der Lackmustest wird sein, ob wir diesen Ball auffangen, aufnehmen und vorantreiben.

Was müssen wir also tun? – Aus meiner Sicht ist es relativ einfach: Wenn du ein Unternehmen bist, eine große Volkswirtschaft bist und deine größte Herausforderung ist es, zu wachsen, den Umsatz voranzubringen – in unsere Sprache übersetzt: Beschäftigung zu forcieren, für Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum zu sorgen –, dann ist ja klar, dass das die Schlüsselherausforderung ist. Beschäftigung zu schaffen, das löst unsere Probleme auf dem Arbeitsmarkt, löst unsere Probleme mit den Pensionen, löst unsere Probleme im Gesundheitssystem und wird dazu führen, dass wir auch noch die Zukunftsprojekte leichter finanzieren können, als das heute der Fall ist; deshalb brauchen wir dieses Wirtschaftswachstum.


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Da ist der Punkt auch folgender: Wenn wir beobachten, wie sich unsere Wirtschafts­räume und unsere Welt entwickeln, dann sehen wir, dass wir seit 2008 in Europa und jetzt zunehmend auch in den wachsenden Ökonomien der Emerging Markets oder in den Vereinigten Staaten unzureichendes Wirtschaftswachstum haben, das sich negativ auf die Beschäftigung niederschlägt.

Ich kann nur den konservativen – ich betone es: den konservativen – Ökonomen, den Nobelpreisträger Robert Lucas zitieren, der einmal gemeint hat: Wenn wir in einem Erdloch sitzen, sind wir alle Keynesianer. – Was er damit sagen möchte, ist völlig klar: Die wichtigste Aufgabe der Politik in einer solchen Situation ist es, Beschäftigung zu schaffen, Beschäftigung zu schaffen und Beschäftigung zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wöginger.)

Wer das nicht ernst nimmt, betreibt eine Politik der Zukunftsvergessenheit; deshalb ist es für uns so wichtig, noch einmal zu betonen: Ja, wir bekennen uns dazu, wir brauchen die Kooperation mit den Privaten, wir brauchen ein Umfeld, in dem Unter­nehmen investieren, aber der Staat, die öffentliche Hand hat die Aufgabe, voranzu­gehen, wenn es einmal nicht gut läuft, und zu sagen: In dieser Situation machen wir etwas und schauen nicht bloß zu!

Wenn Sie sich die Infrastrukturinvestitionen anschauen, dann, muss man sagen, sieht man da meiner Meinung nach eine sehr positive Entwicklung. Wir investieren im Bereich Verkehr, Straßen und Bahn ganz wesentlich, aber vor allem auch im Telekom­munikationssektor. Breitbandausbau ist zum Beispiel so ein Stichwort. Das ist ent­scheidend, denn die Digitalisierung wird kommen. Wir haben ja überhaupt keine Chance, uns zu entscheiden, ob uns das passt oder nicht. Die Technologie wird sich weiterentwickeln, und wir können sie nicht in eine Kiste stellen, zusperren und sie am Dachboden verräumen, sondern wir müssen uns aktiv dieser Notwendigkeit und dieser Herausforderung stellen.

Da braucht es wiederum nicht ökonomische Binsenweisheiten, sondern einen klugen Mix aus verschiedenen Maßnahmen. Dieser kluge Mix aus verschiedenen Maßnah­men – wenn Sie wissen wollen, was ich meine, wenn ich davon rede – ist: Wir müssen öffentliche Investitionen mit privaten verschränken, um das Beste für den Standort zu machen. Ich kann Ihnen empfehlen – ich bin dort vor 14 Tagen gewesen –: Schauen Sie sich einmal den Lakeside Park am Wörthersee in Klagenfurt an! Das ist ein Campus, wo sich Unternehmen ansiedeln, der vom Infrastrukturministerium massiv finanziert worden ist – gemeinsam mit dem Land Kärnten und gemeinsam mit der Gemeinde Klagenfurt. 1 100 Arbeitsplätze sind dort in acht Jahren geschaffen worden, 64 Unternehmen haben sich angesiedelt. (Abg. Kickl: Wer hat es erfunden? – Abg. Kassegger: Eine Kärntner Erfolgsgeschichte!) – Ja, ja, Sie haben recht. Fair enough, ist so!

Wenn man sich das anschaut und mit den Leuten dort redet – das sind tolle Unter­nehmen mit kreativen Ideen, die sensationelle Zukunftsperspektiven haben –, dann erfährt man, die sind alle deshalb dort, weil wir ihnen bei der Finanzierung über die aws, über die FFG und die einzelnen Förderinstrumente helfen. Das müssen wir weiter ausbauen und weiter verschränken.

Es gibt in diesem Land, wenn man Anschauungsunterricht will, wie die Wirtschaft in Österreich wirklich läuft, noch ein paar andere gute Beispiele. Eines kenne ich ganz gut – das ist nicht nur bei mir so ein bisschen eine Lebensidee, sondern offenbar auch bei anderen Abgeordneten –, das sind die ÖBB. Wenn Sie sich das Thema anschauen, was da dahintersteckt, dann sehen Sie, dass das österreichische Bahnsystem etwas ist, auf das wir unglaublich stolz sein können. Wir haben eine der innovativsten Industrien. Wir haben zig Unternehmen, die enorme Exporterfolge in der ganzen Welt


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erreicht haben, weil wir ihnen in Österreich bei der Bahn, bei den ÖBB einen stabilen Heimmarkt geben, wo sie Produkte entwickeln und ausbauen können.

Wenn man sich jetzt hinstellt und darüber klagt, dass die Aufwendungen für die ÖBB zu hoch sind – das ist ja passiert und in den letzten Tagen gesagt worden –, dann habe ich erstens einmal ein grundsätzliches Verständnisproblem damit, wie man einen Rahmenplan, eine langfristige Finanzierung beschließen und sagen kann: Wir wollen das und bekennen uns zum öffentlichen Verkehr! – tausendfach beim Durchschneiden roter Bänder durch die Politik bewiesen, von allen Fraktionen (Abg. Moser: Nein!) –, und sich hinterher hinstellt und sagt: Na, das passt uns eigentlich alles nicht, das ist alles viel zu viel!

Ich sage Ihnen jetzt etwas zu diesen Investitionen in die ÖBB: Wenn Sie sich einmal die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung angeschaut haben, dann sehen Sie, dass die Infrastrukturinvestitionen und die Gelder, die der Steuerzahler da zur Ver­fügung stellt, für das Wohl und Wehe der ÖBB selbst das kleinste Problem sind.

Wenn Sie aber sagen, Sie wollen diese Infrastrukturinvestitionen nicht, dann darf ich Ihnen zwei Gedanken formulieren: Dann brauchen wir wirklich den Mut, und den müssen wir dann nicht nur buchstabieren, sondern den müssen wir auch leben, und dann muss jemand nach Tirol fahren und dem Landeshauptmann erklären, warum das mit dem Brenner Basistunnel nichts wird; dann muss jemand in die Länder und Gemeinden fahren und erklären, warum wir Bahnhöfe und Strecken nicht renovieren. Das ist Mut, und zu dem darf ich alle Anwesenden einladen. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Gedanke, und das ist der Grund dafür, dass ich persönlich von dieser Art der Kritik nichts halte und wir diese Investitionen brauchen: In den ÖBB ist das ein Durchläufer in der Bilanz, aber das ist Geld, das in Investitionen geht, das in die österreichische Wirtschaft fließt, zuallererst Kapsch – wir kennen dieses Unterneh­men –, Voest, Siemens, Plasser & Theurer und so weiter und so fort. Das sind jene, die davon profitieren, eine PORR, eine Strabag. (Abg. Strache: Haselsteiner! Der freut sich!) Da stecken Zehntausende Arbeitsplätze dahinter, da stecken Produkte dahinter, die diese Unternehmen erfolgreich in die ganze Welt exportiert haben.

Ja, man kann das alles abdrehen, aber dann schadet man nicht den ÖBB, sondern der österreichischen Wirtschaft in höchstem Maße. Und, ehrlich gesagt, für mich ist das der wunderbare Beweis dafür, wer in diesem Land wirklich der Partner der Wirtschaft ist und wer wirklich die Wirtschaftspartei ist. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Wir brauchen jetzt aber die Emotionen gar nicht überzubewerten, denn was ich bei dieser Budgetdebatte in den letzten zwei Tagen gelernt habe, ist, dass es da die Rhetorik gibt und dort die Wirklichkeit (Zwischenruf des Abg. Wöginger), da das Beiwerk und dort den Tabellenband.

Jeder, der das Budget verstehen möchte, soll sich tunlichst den Tabellenband an­schauen, denn dort sieht man die ganze Wahrheit, nämlich dass wir diesen Kurs der Stärkung der österreichischen Wirtschaft auch durch öffentliche Investitionen kon­sequent fortsetzen. Das hat nichts mit Schuldenmachen zu tun. Wenn man sich darüber beklagt und sich darüber aufregt und sagt: Schulden, Schulden, Schulden! – Ja, niemand will Schulden. Wir wollen auch keine Schulden. Wir wollen auch ein Nulldefizit haben, aber von Pauschaldiffamierungen in diesem Kontext an der falschen Stelle halte ich wahrlich gar nichts.

Ich möchte aus dem Gesagten ein paar Ableitungen vornehmen. Ich bin der Meinung, wir müssen diesen Weg fortsetzen. Wenn wir an die Wirtschaftspolitik der Zukunft und der nächsten Monate und Jahre denken, dann geht es mir um zwei, drei Prinzipien, die


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wir nicht aus den Augen verlieren sollen. (Zwischenruf des Abg. Strache.) Das Erste ist: Was bedeutet Wirtschaft? – Wirtschaft besteht nicht nur aus Excel-Sheets, nicht nur aus Dividenden, nicht nur aus Kapital und Renditen, sondern die Wirtschaft hat in erster Linie den Menschen in unserem Land zu dienen. (Beifall bei der SPÖ.)

Unser Ziel muss es sein, eine Wirtschaft zu gestalten, von der alle profitieren und eben nicht nur einige wenige. Wenn wir heute über die großen Zukunftsfragen und über die großen sozialen Fragen reden, dann sage ich: Ja, die Pensionsreform ist notwendig, wir kennen die demografische Entwicklung, aber man muss auch sehen, dass diese 100 € Einmalzahlung zum Beispiel, über die wir so intensiv diskutieren, ein Bruchteil dessen sind, was wir heuer weniger an Pensionsausgaben haben; also über die Finanzierung dieser Maßnahme sollten wir uns eigentlich nicht allzu lange sorgen müssen.

Die eigentliche Pensionsfrage – und das ist das, was wir in Angriff nehmen müssen – ist aber eine ganz andere: Wir haben in Österreich die Situation, dass 1,4 Millionen Menschen Teilzeit arbeiten oder in Einpersonenunternehmen agieren und ihre Arbeits­kraft anbieten. Wir wissen, dass viele von denen das nicht freiwillig tun, dass sie in diese Rolle gezwungen sind, weil sie keine ordentlichen Jobs gefunden haben, die ihnen ein Auskommen und ein sinnvolles Dasein erlauben.

Die wirkliche Herausforderung bei der Pensionsreform ist aber: Was tun wir jetzt für diese Leute? Jeder von uns weiß genau, sie zahlen natürlich nicht in die Pensionstöpfe ein, und jeder von uns weiß genau, dass das der Stoff ist, aus dem Altersarmut gemacht ist. Wenn wir über die Pensionsreform reden, dann reden wir nicht nur über die Tabellen und die Zahlen, dann reden wir über die Menschen, die eines Tages davon nachhaltig und negativ betroffen sein werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein wichtiger Punkt: Meine Aufgabe ist klar definiert, ich bin der Bundeskanzler der Republik Österreich und verantwortlich für die gesamte Regierungsarbeit. Das ist mein Verständnis.

Für mich ist klar: Wenn wir über Effizienz und Wirtschaft reden, darf es keine roten und schwarzen Ressorts, keine roten und schwarzen Projekte, sondern nur österreichische Projekte geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wenn wir darüber reden, dass wir effizienter werden müssen, dann sage ich: Ja, genau, der Finanzminister hat recht, schauen wir uns die großen Ausgabenbrocken an! Schauen wir uns an, wie effizient das Bildungssystem ist! Schauen wir uns – gerne – die ÖBB an! Schauen wir uns den Gesundheitssektor an! Schauen wir uns auch alle anderen Sektoren an, die dort genannt worden sind, aber machen wir das wirklich konsequent und gründlich!

Wenn wir bei dieser Aufgabe sind, schauen wir uns dann bitte auch an, wie gut und wertvoll die Wirtschaftsförderungen in Österreich sind – das ist ja nicht wenig Geld. Wenn wir in Zukunft Geld dafür ausgeben, möchte ich die Frage beantworten können: Wie viele Arbeitsplätze schaffen wir denn wirklich damit, oder geben wir nur das Geld her, wissen, was es uns kostet, und haben eigentlich keine Ahnung, was der Effekt der Maßnahmen ist? (Abg. Kickl: So macht ihr Zuwanderungspolitik!)

Oder bei der Familienpolitik: Stellen wir uns doch die Frage, warum es so ist, dass wir eine der höchsten Auszahlungen im OECD-Bereich haben und die Reproduktionsrate in Österreich trotzdem so niedrig ist, dass die Österreicherinnen und Österreicher so wenige Kinder kriegen, trotz der hohen Investitionen.

Oder schauen wir uns den Bereich Forschung und Entwicklung an. Ich bin ein großer Anhänger des Plans, die 3 Prozent, den Prozentsatz, den wir in Forschung und Ent­wicklung in diesem Land investieren, noch weiter zu erhöhen, aber ich möchte genau


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wissen, was wir eigentlich dafür bekommen (Zwischenruf des Abg. Rossmann), und warum es so ist, dass wir bei den Patenten schwächeln und dass wir seit Jahrzehnten keinen Nobelpreisträger hervorgebracht haben – mit dem vielen Geld, das wir da investieren.

Es gibt ein Dauerthema, und es wäre mir viel zu billig, das gegeneinander aufzu­rechnen; Sie kennen ja dieses alte, wie ich meine, höchst unsinnige Spiel: Der eine schimpft über die Bahn, der andere schimpft über die Landwirtschaft. Das ist unsinnig. Und wenn es eine Tradition Bruno Kreiskys gibt, die mir wirklich etwas bedeutet, dann ist das jene, dass er für die kleinen Bauern viel erreicht hat und vor allem für die Bäuerinnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Strache: Aber Sie haben die Jelinek vergessen, die wird keine Freude haben!)

Ich kann Ihnen sagen, ich halte das für extrem wichtig, und es ist ein Problem, dass die Bauern in dieser Art und Weise unter der Einkommensentwicklung leiden, wie wir es gerade erleben. (Beifall der Abgeordneten Pirklhuber und Steinbichler.) Ich kenne mich bei diesem Thema ein bisschen aus, weil meine Schwiegereltern von einem kleinen Bauernhof kommen, und ich habe ihnen bei der Buchhaltung geholfen. Ich kann Ihnen sagen, von den Mitteln, die wir da in unserem Budget drinnen haben, kommen bei denen ein paar Euro an; deshalb bin ich wirklich an der Frage interessiert, wie wir auch diesen Sektor so effizient fördern können, dass jene, die es brauchen, profitieren und wir nicht nur traditionelle Strukturen weiterführen. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen sowie des Abg. Steinbichler. – Bravoruf des Abg. Pirklhuber.) Aber missverstehen Sie mich nicht: Ich bin nicht der Meinung, dass wir zu viel in diesen Sektor investieren, ich rede nur über die Struktur, wie das erfolgen soll.

Dritter Punkt, dritte Ableitung aus dem Gesagten: Die ausgestreckte Hand, mit dem Klientelismus aufzuräumen, würde ich gerne annehmen. Und wenn wir das tun, dann sollten wir auch in diesem Fall sagen: Schauen wir nicht auf die eine Seite, schauen wir nicht auf die andere Seite, sondern betreiben wir es doch konsequent im Sinne eines Reformprojekts gegen den Stillstand! Ich bin der Auffassung, in diesem Zusammenhang werden wir Sozialdemokraten vielfach über unseren Schatten springen müssen, aber es werden auch andere versuchen müssen, diese Latte mit uns zu überqueren.

Wenn wir über Klientelismus reden: Wir haben einen Vorschlag gemacht, wie wir die Finanzierung der Ganztagsschulen so gestalten können, dass wir eine Ebene ausschalten. Klientelismus abschaffen heißt, dass wir das ernst nehmen, diesen Ball aufnehmen, die Verwaltung effizienter machen, gerade im Bildungsbereich. Wir wis­sen, mit wem wir diese Diskussionen zu führen haben.

Wenn wir schon dabei sind, die Finanzierung der Ganztagsschulen auf neue Beine zu stellen und vernünftig zu gestalten, dann, schlage ich vor, tun wir das doch gleich im ganzen Bildungsbereich und nehmen den Gesundheitsbereich und alle anderen Bereiche, wo wir eine hypertrophe staatliche Struktur haben, auch noch mit. – Das heißt, gegen den Klientelismus aufzutreten; der Lackmustest wird kommen.

Start-ups: Ich bin der Meinung, was wir in diesem Bereich getan haben, ist entschei­dend. Da geht es um Tausende Unternehmensgründungen, Tausende Unter­nehmen, denen wir unter die Arme greifen wollen. Das ist wichtig, da ist große Dynamik drinnen, ein riesiges Potenzial, Arbeitsplätze zu schaffen. Wir haben ein Projekt vorgelegt, das, glaube ich, sehr gut, sehr wertvoll ist, und es muss der Grundidee folgen, dass in Zukunft österreichische Unternehmen nach einer erfolgreichen Gründungsphase nicht abwandern, sondern in Österreich einen Standort vorfinden, an dem sie sich wohl­fühlen, an dem sie produktiv und konsequent arbeiten können.


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Interessant ist, dass das ja ein Thema ist, das in ganz Europa relevant ist, und es muss uns bewusst sein: Auch wenn wir eine Maßnahme setzen, die Welt zieht schon wieder weiter, die Entwicklung beschleunigt sich, die anderen schlafen nicht, die machen auch viel. Wir sind also gezwungen, permanent an dieser Schraube zu drehen und bessere Standortbedingungen zu schaffen.

Wenn wir das tun wollen und sagen, dass wir Klientelismus nicht mehr wollen, dann sollten wir, schlage ich vor, diesen jungen Unternehmern weiterhelfen, zum Beispiel indem wir sagen: Bis zu einer Umsatzgrenze von 10 Millionen € könnt ihr in Zukunft mit der digitalen Signatur eure Dinge erledigen und müsst nicht mehr zum Notar gehen! – Das heißt, mit dem Klientelismus aufräumen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Willi.)

Oder schauen wir uns die Ökostromförderung an: Abgeordnete Glawischnig hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, der Klimaschutz ist unser Generationenthema. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Deswegen wird es gekürzt! Das Budget wird gekürzt, 2016 und 2017!) Das ist eine riesige Chance und ein riesiges Potenzial, in Wirtschafts­wachstum zu investieren. Das halte ich für eine ganz wesentliche Idee.

Eine der Entsprechungen in Österreich ist die Ökostromförderung. Diese kostet die Österreicherinnen und Österreicher mittlerweile fast 1 Milliarde €. Das ist positiv und sinnvoll. Wir haben unsere Ziele im Bereich der erneuerbaren Energie damit erreicht, das ist eine besonnene, gute Politik gewesen; aber jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, wo wir sehen, dass die Kosten weiter wachsen, und wir wissen, dass da ein Segment enthalten ist, wo wir 300 Millionen € für die Förderung von Biomasse und Biogas ausgeben.

Diese Technologie ist etwa doppelt so teuer wie Windstrom, den wir fördern, oder Solarstrom, den wir fördern. Und wenn wir sagen, wir wollen keinen Klientelismus haben und wir wollen bewusst etwas für die Umwelt machen, wir wollen Investitionen anstoßen, wir wollen für den Umweltschutz Gutes machen, dann, schlage ich vor, schauen wir uns an, was wir da wirklich fördern und was uns in Zukunft bei unseren Klimazielen wirklich weiterbringt, und schauen wir uns das an, was in Wirklichkeit nur verdeckte Subventionen sind. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Glawischnig-Piesczek.)

Ich möchte zum Schluss kommen – Sie entschuldigen die Deutlichkeit meiner Sprache (Abg. Brosz: Deutlichkeit im Budget wäre interessanter gewesen!), aber wir haben da einen Diskurs geführt, der, glaube ich, eine deutliche Antwort erfordert hat. Wenn hier gesagt wird, die SPÖ bremse: Ich habe versucht, Ihnen anhand einiger weniger Beispiele zu zeigen, dass das Gegenteil der Fall ist (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Die ÖVP bremst!) und dass wir bereit sind, unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft nachhaltig zu verändern. (Abg. Lugar: Sagen Sie einmal etwas zum Problem!)

Mit dem heutigen Budget sind wir auf einem Weg, mit dem wir angesichts der Kürze der Zeit zufrieden sein können, aber wir wissen im Sinne dessen, dass das Budget in Zahlen gegossene Politik ist, dass wir hier noch eine viel klarere Handschrift brauchen, und insofern weiß ich im Finanzminister hiefür einen entschlossenen Unterstützer. – Danke. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

10.27


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vizekanzler Dr. Mitterlehner. – Bitte, Herr Vizekanzler. (Abg. Brosz: Was sagt Kapfenberg zu Simmering? – Heiterkeit.)

 



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10.28.23

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Regie­rungskollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz ehrlich gesagt, ich tue mich beinahe schwer, diese Ausführungen jetzt zu bewerten! (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ. – Beifall bei der ÖVP.)

Bei allem Respekt, Herr Bundeskanzler, das war jetzt keine Darstellung, was das Budget oder die gemeinsamen Vorhaben anlangt (Abg. Rädler: So ist es! Das ist Parteitag!), das war – sehr stark an allen Themen orientiert – eine Standpauke. Für wen? – Okay, für uns, wir nehmen das mit.

Ich möchte trotzdem mit ein paar Vorbemerkungen zum Thema Budget beginnen, denn das ist der Anlass für diese Debatte. (Beifall bei der ÖVP.)

Weil vorhin gerade einige Befindlichkeiten dargestellt worden sind, wie wir uns in der Regierung insgesamt tun, möchte ich Folgendes zum Ausdruck bringen: Das Budget ist das Gesamtwerk der gesamten Bundesregierung (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Merkt man!) und ist das Zahlenwerk, das die Aktivitäten der Bundesregierung abbildet (Abg. Strache: Ein Gesamtkunstwerk, sozusagen!), das ist klar. Dass es ideologische Unterschiede gibt, haben Sie mittlerweile bemerkt (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ), aber trotzdem, finde ich, ist es in schwierigen Zeiten ein ganz gelungener Schritt, um den Problemen der Leute zu begegnen.

Zweiter Punkt: Sie werfen dem Finanzminister, der in diesen Tagen sein zweites Budget vorstellt, vor, es wäre ähnlich angelegt wie das, was in den letzten Jahren war. Meine Damen und Herren, kennen Sie das Bundesministeriengesetz, kennen Sie die anderen Bundesgesetze? Kennen Sie die Struktur? – Der Herr Finanzminister kann im Wesentlichen nicht anders und muss das abbilden, was die Gesetze sind und was die Aktivitäten der Ministerien anlangt. Und aus diesem Blickwinkel ist es ein sehr, sehr gutes Budget! (Abg. Rossmann: Ich habe mir gedacht, Gesetze kann man auch ändern! – Abg. Lugar: Aha, die Gesetze sind schuld! – Abg. Moser: Das ist das Neueste!)

Sicherlich ist das ein Budget – und das ist die dritte Vorbemerkung –, das Potenzial nach oben hat. Herr Bundeskanzler, auch ich könnte bei diesem dritten Punkt – vielleicht kennen Sie das Buch „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“ von  Watzlawick – einmal so ansetzen und fragen: Was ist Rhetorik und was ist Action, was ist Aktion oder sind Aktivitäten? – Ja, wir sind meines Erachtens bei der Pflicht angelangt, die haben wir noch gar nicht abgeschlossen, denn wir sollten im Bereich Pensionen, im Bereich Arbeitsmarkt das tun, was die anderen gerade als Pflichtprogramm erledigen. Von der Kür sind wir noch weit entfernt. (Beifall bei der ÖVP.)

Mir geht es jetzt nicht darum, da billig aufzurechnen und zu sagen, da ist diese Ressortzuständigkeit und dort ist jene – da gibt es Unterschiede. Und aufgrund dieser unterschiedlichen Auffassungen kommt es auch dazu, dass ein Pensionsreformpaket schon über ein Jahr lang vorliegt. Die Umsetzung könnte jetzt durchaus etwas dynamischer erfolgen.

Was den Arbeitsmarkt anlangt, hat der Herr Finanzminister zu Recht darauf hingewie­sen: Das ist unser Sorgenpaket! Wir werden auf der europäischen Ebene durch­gereicht und waren schon besser. Es nützt nichts, immer mehr Geld in dieses System hineinzuschütten – es werden jetzt 8,6 Milliarden € dafür aufgewendet, das ist viel; das ist mehr, als der Bildungsbereich hat –, sondern wir müssen uns auch mit den Effizien­zen im System auseinandersetzen.


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Das ist nicht allein meine Anschauung oder die Anschauung von irgendjemandem, sondern die gemeinsame Anschauung der Regierung. Sie haben uns also auf Ihrer Seite, wenn es darum geht, von der Rhetorik in die Aktion zu kommen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Cap.)

Damit, meine Damen und Herren, bin ich bei dem, was die heutige Debatte eigentlich prägen sollte: die Diskussion über das Budget. Wir haben nun sieben Jahre lang eine Wirtschaftskrise gehabt, und trotzdem haben wir jetzt das dritte Jahr ein Budget – zweimal unter Finanzminister Schelling –, das ein strukturelles Nulldefizit aufweist. Ein strukturelles Nulldefizit! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das weist auf eine bestimmte Kontinuität hin, was unsere Finanzpolitik anlangt, das weist aber auch darauf hin – das stellen Sie fest, wenn Sie die Daten anschauen –, dass die richtige Politik verfolgt wurde. Wir arbeiten uns mittlerweile aus der Wirt­schaftskrise heraus, und das ist gar nicht so einfach.

Sie zitieren ja selbst immer gerne Rankings. Wir haben uns in drei Rankings nach vorne gearbeitet. Das letzte Ranking war jenes des World Economic Forum, wo wir uns von Platz 23 auf Platz 19 verbessert haben. Interessanterweise wird kaum erwähnt – es ist angesprochen worden –, warum: weil Forschung und Entwicklung positiv bewertet worden sind und weil auf der anderen Seite sehr positiv bewertet worden ist, dass wir jetzt im sogenannten Mint-Bereich – Mathematik, Informatik und so weiter – insgesamt mehr Qualifikationen bei Studierenden aufweisen als vorher. In jedem Bereich liegen wir um über 5 Prozent über dem OECD-Durchschnitt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, worum geht es jetzt? – Es geht jetzt darum, dass wir die Infrastrukturmaßnahmen setzen. – Richtig, ich bin nicht gegen die Bundesbahnen, überhaupt nicht, aber im Endeffekt muss man die richtige Gewichtung haben. Und was die richtige Gewichtung anlangt, ist es gut, dass wir jetzt, gerade hinsichtlich Start-ups, die richtigen Maßnahmen treffen. Wir haben in diesem Budget insgesamt 62 Millio­nen € vorgesehen und für die nächsten Jahre ein Paket von fast 200 Millionen € verabschiedet. Ich glaube, das ist der richtige Ansatzpunkt: Wir brauchen neue, junge, innovative Unternehmen, die die Zukunft bewältigen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Frau Glawischnig, ich glaube, Sie haben heute die Senkung der Arbeitskosten ange­sprochen. In diesem Zusammenhang möchte ich sagen: Ja, das ist im Budget auch genau abgebildet. Wir haben jetzt das erste Mal die Senkung der Lohnneben­kosten um 1 Milliarde €, ganz konkret um 0,4 Prozentpunkte, und das ist laut WIFO dafür verantwortlich, dass wir 12 000 zusätzliche Arbeitsplätze in diesem Bereich schaffen. Wir reden daher nicht nur von der Absenkung der entsprechenden Kosten, sondern wir tun es auch! Sagen Sie das bitte weiter! (Beifall bei der ÖVP.)

Nächster Punkt: Herr Kollege Strolz, Sie haben hier eine wunderbare – ich habe lange Tischtennis gespielt – Butterfly-Zählliste gehabt, und wer 5 : 0 vorne ist, der führt. Also: Die ÖVP führt! Sie haben da ja uns apostrophiert. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Strolz: Auf Kosten der Bürger!)

Ich habe den Eindruck bekommen, Sie wollen damit eigentlich gar nichts beweisen, sondern das waren die Orientierungspunkte für Ihre Rede, damit Sie keinen Punkt vergessen – ein kleiner rhetorischer Kniff. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Hauptsächlich haben Sie hier die Frage der kalten Progression angesprochen und gesagt, der Finanzminister habe das voriges Jahr angesprochen, er habe das heuer angesprochen, er habe es nicht realisiert. Blöderweise haben Sie dann aber dazu­gesagt, das, was wir in diesem Jahr mit der Steuerreform eigentlich erreicht haben, werde in drei Jahren aufgebraucht sein. – Komplett richtig! Daraus leitet sich aber die


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Frage ab: Soll das jetzt schon im Budget 2017 sein, oder geht es nicht darum, ein Modell gegen die kalte Progression zu entwickeln, das dann im Budget für das Jahr 2018 abgebildet ist? (Abg. Strolz: Aber den Spielraum muss er vorbereiten! … Milliarden!) Das hat der Finanzminister vorgeschlagen, das liegt vor.

Da Sie die Milliarden angesprochen haben: Wissen Sie, wie hoch die Inflationsrate ist? Die kalte Progression bildet ja die Inflationsrate ab, und es soll nun dafür gesorgt werden, dass man da nicht bestraft wird, weil man in die nächste Steuerklasse kommt. Die Inflationsrate liegt bei 0,6 Prozent. (Abg. Peter Wurm: 1 Prozent!) – Geh, was denn?

Sie haben die Steuerreform nicht gewürdigt. Es wird in diesem Zusammenhang aber immer gesagt, dass nichts Neues gemacht werde und dass es keine Verbesserung hinsichtlich des Steueraufkommens gebe. Genau da hat jedoch der Herr Finanz­minister im Rahmen der Steuerreform etwas gemacht, nämlich bei den Steuerein­nahmen und was Schwarzarbeit betrifft. (Abg. Rossmann: Das war Budget 2016!)

Weil Sie immer schimpfen – irgendjemand hat die Registrierkassen angesprochen: Das ist genau jene Maßnahme, wo jetzt die ersten Unternehmen kommen und sagen: Eigentlich war es eine gute Einführung, ich habe endlich einen Überblick über mein Unternehmen! (Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Strache: Aber das ist der Witz des Tages!) Das hat nicht Arbeitslosigkeit geschaffen, wie Sie meinen, sondern das hat Gleichberechtigung aller Unternehmer geschaffen. (Abg. Strache: Wie viele Kleinst­betriebe haben zugesperrt?) Jeder arbeitet unter denselben Prinzipien.

Wissen Sie, Herr Strache, was dadurch noch erreicht wurde? (Abg. Lugar: So weltfremd waren Sie auch noch nie!) – Das hat dem einzelnen Unternehmer endlich einmal einen betriebswirtschaftlichen Überblick ermöglicht, den er vorher manchmal selbst nicht gehabt hat, das ist also ein durchaus wichtiger Punkt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte auch noch bei einem Punkt ansetzen, den der Finanzminister gestern angesprochen hat: Er hätte eigentlich gerne weniger Verschuldung. Im Großen und Ganzen ist es so, dass jeder von Ihnen hier zum Rednerpult geht und mehr fordert. Ich glaube, Sie, Herr Strache, haben gesagt, eigentlich brauchten wir eine Mindestpension von 1 200 € oder so. Und im Gegenzug wird dem Finanzminister vorgeworfen, dass er gegen die Verschuldung zu wenig tut, dass wir zu wenig abbauen. Im Endeffekt ist das ein Widerspruch in Ihren Aussagen – das ist Ihr Problem. (Abg. Strache: Aber bei der Migrationspolitik haben Sie die Milliarden!)

Das (eine Grafik in die Höhe haltend) ist von Herrn Schellhorn, dem Bruder des Herrn Abgeordneten, eine Darstellung, was die Verschuldung in den letzten Jahren anlangt. Da Sie das aufgrund der großen Entfernung wahrscheinlich nicht erkennen, darf ich es verbal illustrieren: Österreich ist bei jenen Ländern, die in den letzten fünf Jahren – insgesamt sind es sieben Jahre – die Verschuldung am wenigsten angehoben haben, es liegt an sechster Stelle. (Abg. Haider: „Angehoben“!) – Sie lachen in diesem Zu­sammenhang und motzen, aber wissen Sie, warum? – Wir haben eine Wirtschaftskrise gehabt (Abg. Lugar: Ja, vor acht Jahren!), und in der Wirtschaftskrise haben selbst die EU und die Experten empfohlen, auf Basis der automatischen Stabilisatoren ent­sprechende Aktivitäten zu setzen, damit die Einkommen und die Arbeitsplätze nicht gefährdet werden. Das haben wir getan! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lugar: Und wo sind die Reformen?)

Zusammenfassend: Wir werden ja die Detailkapitel, was Forschung … (Abg. Lugar: Sagen Sie, wo bleiben die Reformen?) – Bitte? (Abg. Lugar: Sagen Sie uns einmal, wo die Reformen bleiben! Wo bleiben die Reformen?) – Ich habe gerade die Reform


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betreffend den Steuerbereich angesprochen, die kalte Progression ist das nächste Thema.

Lieber Andreas Schieder, was die Investitionen anlangt – das kann ich euch jetzt nicht ersparen –, teile ich die Meinung, die angesprochen worden ist: Investitionen sind eigentlich die Grundlage für Arbeitsplätze, und selbstverständlich hat der Konsum die Investitionstätigkeit belebt – leider sind es nur Ersatzinvestitionen, keine Erweiterungs­inves­titionen. Im Endeffekt ist das aber die entscheidende Größe. Warum? – Dazu gibt es viele Umfragen und Studien auch des WIFO: Warum tätigen Unternehmer Inves­titionen? – Es ist der Blick in die Zukunft, die Einschätzung der Zukunft, optimistisch oder negativ, und da muss ich Ihnen schon sagen: Eine Maschinensteuer oder Ähnliches bewirkt keinen positiven Blick in die Zukunft. Wir machen uns daher auch keine Sorgen darüber, wer die wirkliche Wirtschaftspartei ist – um auch das nicht im Raum stehen zu lassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Last but not least … (Abg. Strache: 30 Jahre Regierungsverantwortung haben’s gezeigt! Die Wirtschaft wird es Ihnen danken!) 30 Jahre Regierungsverantwortung haben bewirkt, dass unser Land die Krise besser als andere Länder bewältigt hat, dass wir von den Grunddaten her gut aufgestellt sind (Beifall bei der ÖVP) und dass wir die Reformen, die notwendig sind – und mit diesen möchte ich schließen –, machen. Was Deregulierung und Entbürokratisierung anlangt, haben wir gemeinsame Zielsetzungen.

Ich hoffe, dass wir es bei den großen Strukturvorhaben auch zustande bringen (Zwischenrufe bei der FPÖ), von der Rhetorik zur Umsetzung zu kommen. Wir sind mitten dabei. (Abg. Strache: Mittendrin und nicht mitten dabei!) Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

10.40


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


10.40.52

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich kann man eine Budgetdebatte auch für Wahlkampfrhetorik missbrauchen. (Abg. Lopatka: Sie kritisieren …! Das ist ja wirklich …! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Man kann auch eine Budgetrede dafür missbrauchen. (Rufe bei der ÖVP: Der traut sich was! – Abg. Lopatka: Mutiger Mann! – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ob das irgendeinen Sinn hat, ob irgendjemand davon profitiert, ist eine andere Frage.

Es kann natürlich eine Regierungspartei oder ein Regierungspartner zu Recht sagen, das, was wir erleben, ist eine Veränderung der Wirtschaft, eine Veränderung der Welt. Es gibt nämlich zwei wesentliche volkswirtschaftliche Faktoren: Einkommen gibt es durch Arbeit, und Einkommen gibt es durch Kapital. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das, was wir sehen, ist, dass der Anteil des Geldes – also quasi das Einkommen – aus Arbeit kleiner wird und der Anteil des Geldes aus Kapital größer wird.

Unser gesamtes Sozialsystem und der Staat finanzieren sich mehr oder weniger fast ausschließlich, jedenfalls zu einem großen Teil, durch Besteuerung von Arbeit. Alle sind der Meinung, wir müssen die Besteuerung von Arbeit reduzieren. Das heißt aber natürlich, dass dann das Kapital einen höheren Anteil wird zahlen müssen. Das ist einfach nur logisch: Wer A sagt, der muss auch B sagen. (Zwischenruf des Abg. Lopatka.) Das heißt, da sind wir natürlich bei einer ganz pragmatischen Frage. (Abg. Lopatka: Ja, bei der Partei!)

Jetzt gibt es eine Partei, die sagt, wir müssen uns dem stellen, und einen Vorschlag macht, wie man einen ganz kleinen Teil unserer Besteuerung von Arbeit auch auf


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Kapital ausweitet. Und bei diesem Vorschlag wird vieles besteuert, nur keine Maschinen. (Ruf bei der ÖVP: Wo?) Natürlich kann man dann diesen Vorschlag als Maschinensteuer diffamieren, aber ob das irgendetwas bringt (Zwischenruf des Abg. Wöginger), ob das irgendeinen Sinn macht, ist eine andere Frage. Ich würde meinen, gerade wenn man in der Regierung ist, sollte man ein bisschen intellektuell redlich argumentieren und sich ein bisschen vernünftig auch den Problemen der Zukunft stellen.

Und ganz ehrlich: Ich bin froh, dass wir einen Bundeskanzler haben, der hier den richtigen Ton findet, die richtigen Antworten gibt (Abg. Rädler: Maschinensteuer!), der sieht, welche Probleme es gibt, und auch darüber nachdenkt, wie wir diesen begegnen sollen, der nicht mit Diffamierungen operiert oder hier mit irgendwelchen Parteitags­reden auftrumpfen will. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Ich bin natürlich der Meinung, dass wir über wichtige Fragen diskutieren müssen, zum Beispiel – und da nehme ich gerne den Arbeitsmarkt her – über das größte Problem, vor dem wir stehen, und das sind der Arbeitsmarkt und die Arbeitslosigkeit. (Abg. Rädler: Wer ist Sozialminister? Wer ist der zuständige Minister?) Das ist unser größtes Problem, und zwar für uns in der Politik ist das das größte Problem – nicht nur in Österreich, sondern an und für sich auch in der Europäischen Union. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja, das ist ein logischer Schluss!)

Wenn ich analysiere, was die Probleme in Österreich sind, dann komme ich zu dem Schluss, dass das auch etwas damit zu tun hat, dass bei uns die Arbeitslosigkeit steigt, weil wir erfolgreich waren, nämlich in mehreren Bereichen erfolgreich waren. (Zwi­schen­rufe bei der FPÖ.) Erstens waren wir erfolgreich in unserem Bestreben, dass mehr Frauen arbeiten gehen, einen Platz auf dem Arbeitsmarkt haben und einen Job finden, was heute auch der Fall ist. Das ist einer der Gründe dafür, dass die Arbeits­losigkeit gestiegen ist: weil mehr Frauen auf dem Arbeitsmarkt sind.

Ein zweiter Grund, warum die Arbeitslosigkeit gestiegen ist, ist der Umstand, dass die Menschen länger in Beschäftigung sind. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt nicht!) Das ist die Folge davon, dass wir gesagt haben, wir wollen das effektive Pensionsantrittsalter heraufsetzen, wir wollen, dass die Leute länger arbeiten, dass sie später in Pension gehen; die Folge davon ist, dass mehr über 50-Jährige auf den Arbeitsmarkt sind und weniger Menschen in Pension sind.

Der dritte Grund ist, dass es bei uns mehr Jobs gibt, dass wir eine steigende Be­schäftigung haben. Und ja, wir sind ein Magnet für viele Menschen aus unseren Nachbarstaaten, in erster Linie aus Deutschland, aber auch aus Ungarn und aus der Slowakei (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das vor allem!), die nach Österreich kommen um bei uns einen Job zu suchen, weil sie wissen, da finden sie einen Job, da finden sie gut bezahlte Jobs. Und das ist ein Bereich, wo der Arbeitsmarkt wächst.

Wir haben nicht nur eine steigende Arbeitslosigkeit, sondern wir haben vor allem auch eine steigende Beschäftigung; das ist einmal die Analyse, die man machen muss. Da mit dem Einwand zu kommen, die Arbeitslosigkeit koste zu viel, finde ich auch nicht besonders intelligent. Das kann doch nicht die erste Schlussfolgerung sein, die man da zieht (Abg. Wöginger: Ich bringe dir dann einen Vorschlag!), sondern es ist die Frage zu stellen: Wie können wir dafür sorgen, dass die Beschäftigung stärker steigt? Und da muss man auch bereit sein, sich anzusehen, wie das in anderen Teilen der Welt funktioniert.

Da sage ich schon eines: Wenn man sich anschaut, wie man in Europa bezie­hungsweise wie die Europäische Union mit der Krise umgegangen ist und wie das zum Beispiel die USA gemacht haben, dann sieht man, dass wir uns in Europa – was ich


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nicht für völlig falsch halte, aber von der Schwerpunktsetzung her kritisiere – wahn­sinnig darauf konzentriert haben, die Verschuldung gering zu halten, also quasi die alten Schulden nicht zu erhöhen beziehungsweise das Defizit gering zu halten, und nicht oder wesentlich weniger auf den Arbeitsmarkt und die Arbeitslosigkeit geschaut haben.

Die USA haben das Gegenteil gemacht. Die USA haben gesagt: Das Wichtigste für uns sind Beschäftigung und Arbeitsplätze, und uns sind – vereinfacht gesagt – die Schulden im Moment ziemlich wurscht (Aha-Rufe bei der ÖVP), wir kümmern uns zuerst um das eine und dann um das andere. (Abg. Lopatka: Das stimmt ja nicht!) Das klingt etwas platt, das gebe ich zu, aber im Kern ist es das, was passiert ist.

Jetzt muss man natürlich schauen: Welche Politik war erfolgreicher? Wo war man erfolgreicher? Wo ist das Wirtschaftswachstum höher: in den USA oder in Österreich? (Abg. Lopatka: In Deutschland ist es heuer höher als in den USA!) Wo ist die Arbeitslosigkeit niedriger: in den USA oder in Österreich? Wo ist das Wirtschafts­wachstum höher: in den USA oder in der Europäischen Union? (Abg. Lopatka: Deutschland ist am erfolgreichsten!) Da muss man ehrlicherweise sagen: Anscheinend haben wir nicht alles richtig gemacht und anscheinend die USA nicht alles falsch! Und ganz ehrlich: Zu sagen: Ich verschließe meine Augen vor der Realität, weil das meiner Ideologie widerspricht!, bringt Österreich auch nicht weiter. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Lopatka und Rossmann.)

Bitte, seien wir auch selbstkritisch bei der Analyse, was an der Politik, die wir gemacht haben, funktioniert hat, was erfolgreich war, wo wir Schwächen haben und wo es andere besser machen! Unser Augenmerk mehr auf die Frage der Arbeitslosigkeit und der Beschäftigung zu lenken und nicht nur – ich sage nicht: gar nicht!, sondern ich sage: nicht nur! – auf Verschuldung und Defizit zu schauen, diese Vorgangsweise ist wahrscheinlich der richtigere Weg. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rädler: Der Krainer ist ein Träumer!)

10.47


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


10.47.36

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Finanzminister und weitere Regierungsmitglieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Natürlich, man kann auch eine Budgetrede für Parteitagsreden verwenden, man kann sie für Grund­satzreden verwenden, aber eines ist auch klar (Abg. Rossmann: Das wird jetzt eine Parteitagsrede!): Wir sprechen hier über Österreich, und wir sprechen hier darüber, wie wir das Land wieder nach vorne bringen können. Ich glaube, das muss allen hier in diesem Raum wichtig sein – nicht nur der ÖVP!

Wenn wir von Wirtschaft sprechen und von der Stärkung des Standorts, dann wird uns, Kollege Krainer, eines wahrscheinlich nicht helfen: neue Steuern einzuführen und weiterhin auf einen Schuldenkurs zu setzen! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir werden uns in den einzelnen Bereichen verbessern, das geht aber nicht schnell genug. Wir werden ab dem Jahr 2017 in 2-Prozentpunkt-Schritten den Schuldenabbau vorantreiben. Das ist natürlich überhaupt noch nicht erfreulich, denn wir wollten ja eigentlich bis 2020 eine Schuldenquote von 60 Prozent schaffen. Das wird uns wahrscheinlich noch nicht gelingen, aber wir sollten intensiv daran arbeiten. Wir gehen den Wachstums- und Konsolidierungspfad weiter, und zwar konsequent, aber wir investieren auch in die Zukunft.


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Es sind genügend zukunftsorientierte Investitionen auch in diesem Budget enthalten, beispielsweise für den Bereich Sicherheit. Und weil das immer so abgetan wird mit den Worten, das brauche man doch alles nicht, es gäbe auch noch andere Bereiche, möchte ich Sie um eines bitten: Sagen Sie doch der Bevölkerung einmal, dass wir für die Sicherheit kein Geld zusätzlich ausgeben! (Abg. Lugar: … Flüchtlinge arbeiten!) Da bin ich gespannt, ob sich die Bevölkerung dann bei Ihnen bedankt, Kollege Lugar.

Eines ist in diesem Hohen Haus bei Budgetdebatten besonders bemerkenswert: Man sagt immer, wir würden den Faktor Arbeit nicht entlasten. Also erstens einmal haben wir eine Steuerreform beschlossen, die mit 1. Jänner 2016 in Kraft getreten ist – da haben ja Sie alle (in Richtung Oppositionsparteien) gar nicht mitgestimmt, es war Ihnen ja überhaupt nicht wichtig, dass wir die arbeitenden Menschen mit 5,2 Milliarden € entlasten –, und zweitens haben wir die Lohnnebenkosten gesenkt, und zwar wird das bis zum Jahr 2018 1 Milliarde € pro Jahr sein – das ist nicht nichts –, und außerdem werden wir diesen konsequenten Weg der Steuersenkung weiter weitergehen.

Heute sind schon ein paar Mal die Begriffe Steuerprogression beziehungsweise kalte Progression gefallen. Der Herr Finanzminister – und er ist ein Garant dafür, da bin ich mir sicher; er ist ein guter Verhandler und hat von uns auch alle Unterstützung, die er braucht – hat ein Konzept für eine Erhöhung bei den Steuerstufen in allen Bereichen vorgelegt: in jeder Steuerstufe eine Erhöhung ab einer gewissen Inflationshöhe. Nur: Unser Koalitionspartner ist der Meinung, dass man nur denen etwas geben soll, die weniger in das System einzahlen, und nicht auch denen, die viel ins System einzahlen. (Abg. Walter Rosenkranz: Liegt die Betonung auf „Koalition“?) Und wir sind der Meinung: Jemand, der mehr verdient, der mehr Steuern zahlt, muss auch mehr entlas­tet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich da die Forderung nach mehr Umverteilung höre, dann muss ich sagen: Wir haben in Österreich so viel Umver­teilung, dass ich meine, wir brauchen nicht noch mehr Umverteilung von oben nach unten. Es ist schon genug. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Lugar und Hagen.)

In den vergangenen Jahren haben wir in den Budgets, und zwar auch im Jahr 2015, beim Bundesrechnungsabschluss, das Phänomen gesehen – und es ist in den letzten Jahren extrem geworden –, dass die Umsatzsteuer weniger stark gestiegen ist als die Lohnsteuer. Das wurde auch immer sehr stark kritisiert. Wir haben gesagt: Das ist auch der kalten Progression geschuldet und auch dem Umstand, dass die Menschen weniger Kaufkraft haben. Das stimmt, deshalb haben wir die Steuerreform gemacht, und die Steuerreform wirkt auch, das kann man sehen!

Wenn Sie sich die Zahlen im Budget 2016 und auch die im Budget 2017 ansehen, dann werden Sie feststellen: Es kehrt sich dieses Verhältnis wieder um. Das heißt, wir haben wieder mehr Umsatzsteuervolumen budgetiert – schon im Jahr 2016 zeichnet sich das ab – und weniger Lohnsteuer, weil sich die Leute durch die Steuerreform eben etwas ersparen und dadurch mehr Kaufkraft haben.

Es wird ja immer gesagt, die Opposition müsse das Budget kritisieren; das wurde heute auch von Frau Kollegin Glawischnig wieder gesagt, die ja immer nach ihrer Rede weggeht, genauso wie Herr Strache, weil sie die weitere Debatte offensichtlich nicht interessiert. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Na selbstverständlich muss die Opposition das Budget kritisieren, und Kollege Rossmann scharrt schon in den Startlöchern und kann es kaum erwarten, es wieder zu kritisieren. Wenn die Opposition das Budget einmal nicht mehr kritisiert, dann hat sich die Opposition abgeschafft – seid doch ehrlich! –, also ihr könnt kein gutes Haar an diesem Budget lassen.


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Dennoch zum Abschluss, weil das auch immer so belächelt wird: Die schwarze Null – das ist ein Ausdruck, der in der Buchhaltung und in der Wirtschaft verwendet wird –, das wird gerne kritisiert und belächelt (Zwischenruf des Abg. Lugar), aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben im Jahr 2015 im Bundesrechnungsabschluss mit einem strukturellen Defizit von 0,3 Prozent ein positives Ergebnis erzielt. Darüber redet aber beispielsweise keiner. Jeder redet immer nur darüber, wir hätten etwas nicht erreicht, wir wären schlechter gewesen, als wir es budgetiert haben. Wahr ist: Wir waren im Jahr 2015 besser!

Im Übrigen waren wir in jedem Jahr – 2015, 2014 und 2013 – besser, als budgetiert wurde. Das wird uns auch 2016 und 2017 gelingen. Wir werden das strukturelle Nulldefizit erreichen – ob es Ihnen passt oder nicht! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

10.53


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


10.53.34

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Klubobmann Lopatka hat in seiner Rede behauptet, ÖBB-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter gingen durchschnittlich mit 54 Jah­ren in Pension und das belaste das Budget stark. (Abg. Lopatka: 2012, Bundesrech­nungsabschluss: 2 Milliarden Zuschuss!)

Ich berichtige tatsächlich: Die von Herrn Klubobmann Lopatka gemachte Behauptung ist tatsächlich unwahr und zugleich falsch. (Abg. Lopatka: Was?)

Tatsache ist: Die altersbedingte Ruhestandsversetzung bei den Österreichischen Bundesbahnen lag zuletzt bei rund 60 Jahren (Abg. Lopatka: Was?), und im Bereich der ÖBB-Pensionen kam es zu keiner Kostenexplosion, vielmehr wurden in den ver­gan­genen Jahren, eingeleitet von der damaligen Ministerin Bures, massive Maßnah­men gesetzt, die zu großen Einsparungen geführt haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lopatka: Ja, zu „großen Einsparungen“!)

10.54


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


10.54.41

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Frau Präsident! Meine Herren Bun­des­minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon bezeich­nend, dass nach dem Wahlkampfgeplänkel des Kanzlers und des Vizekanzlers dieselben genau in dem Moment diese Veranstaltung hier verlassen, wo auch der Livestream im ORF, aus welchen Gründen auch immer, abbricht. – Das nur nebenbei zum Einstieg. Es gibt also keinen Livestream mehr, nach dem, was die beiden genannten Herren hier geliefert haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Finanzminister Schelling hat gestern in seiner Budgetrede viel über Vertrauen ge­sprochen. Er hat gesagt, gefragt sei eine Politik, die das Vertrauen der Österreicherin­nen und Österreicher verdient, und damit hat er zweifellos auch recht. Mit Ihrer Politik, Herr Finanzminister – es tut mir leid, das jetzt so harsch ausdrücken zu müssen –, haben Sie aber inzwischen jedes Vertrauen verspielt. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Gerade Ihnen, der aus der Wirtschaft und nicht aus einem Parteiapparat kommt, ist ja zu Beginn Ihrer Amtszeit als Finanzminister sehr viel Vertrauen entgegengebracht


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worden. Übrig geblieben ist davon nichts mehr. Und wie sehr Ihr eigener Anspruch und die Koalitionswirklichkeit auseinanderklaffen, das haben Sie mit Ihrer gestrigen Bud­getrede nur allzu deutlich gemacht.

Ja, Herr Finanzminister, Sie haben in Ihrer Rede die wirklichen Probleme durchaus erkannt: massives Ausgabenproblem, fehlende Strukturreformen, steigende Arbeitslo­sig­keit, explodierende Pensionskosten, immer weiter steigende Staatsverschuldung, und das bei Rekordsteuereinnahmen und bei Niedrigzinsen, die den Namen Zinsen ja gar nicht mehr verdienen. Andere Staaten, wie etwa Deutschland oder die Schweiz, schaffen es unter solchen Vorzeichen, Überschüsse, Gewinne zu erwirtschaften – nicht aber diese österreichische Bundesregierung! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Finanzminister! Sie wissen genau, wo es in diesem Land krankt, und dann legen Sie uns ein derartiges Budget vor: Auszahlungen von 77,5 Milliarden € gegenüber Einzahlungen von 73,2 Milliarden € im Finanzierungshaushalt, das macht ein Defizit von 4,3 Milliarden € oder von 5,78 Prozent, berechnet von den Einnahmen und nicht vom BIP, wie es euphemistisch immer gemacht wird.

Noch schlimmer wird es, wenn man sich den Ergebnishaushalt, also quasi die betriebs­wirtschaftliche GuV, die Gewinn- und Verlustrechnung, der Republik anschaut. Da stehen Erträgen von 73,2 Milliarden € Aufwendungen von 82,1 Milliarden € gegenüber. Das macht ein Defizit von fast 9 Milliarden € aus; 12,3 Prozent der Einnahmen. Das sind die wirklichen Zahlen! (Beifall bei der FPÖ.)

Damit das Ganze nicht ganz so grauslich ausschaut, vergleicht man diese Zahlen eben nicht mit den Einnahmen, so wie ich es jetzt gemacht habe und wie es auch jede Firma in Österreich machen muss, nein, sondern mit dem BIP, mit dem Bruttoinlandsprodukt; dann sind es nicht mehr fast 6 Prozent im Finanzierungshaushalt, sondern nur noch 1,2 Prozent Maastricht-Defizit. Ich weiß, Herr Finanzminister, dafür können Sie nichts, das ist eine EU-Vorgabe. Weil das aber immer noch nicht schön genug ist, rechnet man die Einmaleffekte und die Sonderausgaben heraus, dann hat man das strukturelle Defizit – dann sind wir bei 0,5 Prozent strukturellem Defizit, und dann sind alle glücklich.

Herr Finanzminister, Sie haben selbst einmal gesagt – ich zitiere –: „Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar. Ich gehe sogar weiter: Es ist unsere Pflicht, den Menschen reinen Wein einzuschenken.“ – Zitat von Ihnen selbst. Da frage ich Sie – obwohl Sie mit diesem Zitat zweifellos recht haben –, warum Sie sich dann nicht an Ihre eigenen Worte halten.

Ich spreche jetzt gezielt das Herausrechnen der Integrations- und Migrationskosten aus dem strukturellen Defizit an. Die Definition des strukturellen Defizits lautet: „eine um konjunkturelle und Einmalfaktoren bereinigte Maßgröße für die Finanzierungslücke in den öffentlichen Haushalten“.

Alle in diesem Haus wissen – und das weiß auch jeder Österreicher und jede Öster­reicherin –, dass es sich bei den Ausgaben für diese Massenzuwanderung eben nicht um einen Einmal- oder von mir aus auch Zweimalfaktor handelt. Das Gegenteil ist der Fall! (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Der Fiskalrat, Herr Finanzminister, Ihr eigenes Beratungsgremium, hat zu diesem Thema eine Studie veröffentlicht, die eine ganz deutliche Sprache spricht.

Ich zitiere wörtlich: „Die analysierte Flüchtlingszuwanderung führt somit jedes Jahr bis zum Jahr 2056 zu einem Defizit, das durch einen Anstieg der Verschuldung finanziert wird (…) Der Anstieg der Verschuldung beträgt inklusive Zinszahlungen bis zum Jahr 2060 rund 23 Mrd Euro oder 6,5% des BIP (…) Pro aufgenommenen Flüchtling ergeben sich somit über den Zeitraum 2015 bis 2060 Kosten von rund 277 000 Euro.“


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Es tut mir leid, Herr Finanzminister, das ist auch bei allem Wohlwollen kein Ein­maleffekt, wenn Ihr eigenes Beratungsgremium von 45 Jahren spricht – kein Einmal­effekt! (Beifall bei der FPÖ.) Das ist Budgettrickserei, und die Belastung für die heimischen Steuerzahler wird dadurch um keinen Cent geringer.

Auch auf das angekündigte Ende der kalten Progression warten wir vergeblich. Wir werden sehen, was sich da bis zum nächsten Budget tut. Ich sage es aber ganz offen, Herr Finanzminister, meine Hoffnung, dass die kalte Progression noch von dieser Regierung abgeschafft wird, hält sich in Grenzen, sie ist sehr gering.

Österreich kommt unter dieser rot-schwarzen Koalition einfach nicht vom Fleck. Die Wirtschafts- und Budgetlage verschlechtert sich sogar noch. Wir warten vergeblich auf die von Ihnen angesprochenen Reformen. Verwaltungsreform, Strukturreform, Bundes­staatsreform, Zusammenfügung von Einnahmen- und Ausgabenverwaltung – seit Jahren passiert nichts, Herr Finanzminister! Obwohl OECD und auch EU seit Jahren die überbordenden Förderungen kritisieren, ist die Transparenzdatenbank ein Witz, weil die Länder sich weigern, ihre Daten einzuspeisen. Die Zuschüsse zu den Pen­sionen steigen zwischen 2015 und 2020, in fünf Jahren, um satte 30 Prozent, von 10 auf über 13 Milliarden € jedes Jahr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Finanzminister! Sie haben in Ihrer gestrigen Rede viele Punkte angesprochen, bei denen ich Ihnen durchaus zustimmen kann. Allein, den schönen Worten folgen keine Taten. Sie haben es gestern richtig gesagt: Es geht um Fakten und nicht um populistische Aussagen. Die Fakten jedoch sprechen gegen Sie. Die Staatsschulden sind auf Rekordniveau, das reale Budget­defizit, Herr Bundesfinanzminister, bekommen Sie nicht in den Griff. Sie bringen Schlagworte, aber keinerlei Reformen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Schere zwischen Ihrem eigenen Anspruch und der Wirklichkeit ist eklatant. Dieser vorliegende Budgetentwurf, Herr Finanzminister, ist ein in Zahlen gegossenes Bild des Scheiterns. (Beifall bei der FPÖ.)

11.02


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann zu Wort. – Bitte.

 


11.03.09

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Hohes Haus! Herr Finanzminister, Sie haben gestern sehr eindrücklich von „altgewohnten Trampelpfaden“ gesprochen und „frische Denkansätze“ gefordert. – Ja, ich bin gestern noch lange darüber gesessen und habe nachgedacht, wo im Budget eigentlich diese frischen Denkansätze zum Tragen kommen. Ich muss sagen, ich bin nicht fündig geworden; tut mir leid, Herr Minister!

Ein Beispiel: Wie immer reden Sie davon, dass wir ein Ausgabenproblem haben. Sie wollen sich ganz einfach nicht der Tatsache stellen, dass die Fakten ganz anders ausschauen. Die Konsolidierungspakete von 2011, 2012, 2014 haben gegriffen und dazu geführt, dass die Ausgabenquote zwischen 2010 und 2015 um einen Prozent­punkt zurückgegangen und nicht gestiegen ist, Herr Minister!

Einen Punkt greifen Sie in diesem Zusammenhang immer heraus, nämlich die Pen­sionen, und da fordern Sie immer Reformen. Sie haben uns gestern in Form einer Milchbubenrechnung zu erklären versucht, warum das Pensionssystem langfristig unfinanzierbar ist. Aber bitte, Herr Finanzminister, ich ersuche Sie schon, die von Ihnen in Auftrag gegebenen Studien zur langfristigen Finanzierung des Pensionssystems ernst zu nehmen. Das haben Sie uns in der langfristigen Prognose im Frühjahr hier in diesem Haus präsentiert, und da kommt ganz eindeutig heraus – wie auch im Ageing


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Report –, dass die Zuschüsse zum Pensionssystem bis 2050 um etwa 1,5 Prozent des BIP steigen werden. Ja wenn das Unfinanzierbarkeit heißt, dann weiß ich nicht?! (Beifall bei den Grünen.)

Das nehmen Sie im Übrigen immer zum Anlass, um eben eine Pensionsreform zu fordern, um Ihre neoliberale Agenda durchzusetzen, um nicht nur im Pensionsbereich Kürzungen durchzusetzen, sondern auch in den anderen sozialen Systemen. (Abg. Loacker: Wenn er wenigstens eine neoliberale Agenda hätte!) – Herr Loacker, Sie kommen dann später dran.

Gestern haben Sie gesagt, Sie wollen den Pensionszuschuss um ein Drittel kürzen. – Herr Minister, wollen Sie allen Ernstes bei diesen Durchschnittspensionen im Land Altersarmut in Österreich erzeugen? Ich will das nicht, ganz ehrlich gesagt. Darauf kann ich wirklich verzichten. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Dort, wo es um Ausgaben für ein überdimensioniertes Sicherheitspaket geht, haben Sie keine Probleme, da ist alles paletti, Herr Minister! Ich bin nicht bereit, das hinzu­nehmen. (Abg. Rädler: Herr Professor! Lösungsansätze, Herr Professor!)

Der zweite Punkt: „Machen wir (…) die Schuldenbremse zum Motor eines modernen Staates!“ (Abg. Rädler: Er hat keine!) – Das ist eine leere Phrase und sonst gar nichts. Aber sie hat natürlich ihren Hintergrund, Herr Minister, denn das Ziel Ihres Voran­schlags – wie im Vorjahr – ist auch heuer wieder ausschließlich die Konsolidierung des Haushaltes, wenn man so will, die schwarze Null; Frau Tamandl hat es ja angekündigt. (Bundesminister Schelling: Jetzt weiß ich, dass Sie es nicht verstehen!) Aber, Herr Minister, reden wir einmal über die schwarze Null im Bereich der Armut, reden wir einmal über die schwarze Null im Bereich der Arbeitslosigkeit, reden wir einmal über die großen Herausforderungen in diesem Land, und beten Sie nicht immer das nach, was Ihnen der Herr Schäuble und die Europäische Union mit ihrer Austeritätspolitik vorbeten! (Bundesminister Schelling: … traumatisiert!) – Ich habe kein Trauma, Sie haben ein Trauma!

Dort, wo es darum geht, sich mit der Frage der europäischen Austeritätspolitik aus­einanderzusetzen und sich mit dem Artikel von Kanzler Kern, den er in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ geschrieben hat, auseinanderzusetzen, dort verweigern Sie ganz einfach die Debatte und werfen ihm vor, er sei ein linker Ideologieträger. Ich kann Ihnen jetzt leicht vorwerfen: Sie sind ein rechter Ideologieträger. So schaut es nämlich aus. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling. – Abg. Rädler: Lösungen!)

Aber zielführend, Herr Minister, wäre eine Debatte über die Budgetpolitik hierzulande und in der Europäischen Union. Es ist ja kein Zufall, dass Christine Lagarde bei der Tagung des Währungsfonds vergangene Woche der Staatengemeinschaft zugerufen hat: Tut etwas! Sie hat gemeint, tut etwas im Sinne einer nachhaltigen Wachstums­politik. – Aber Sie tun da leider nichts. Wenn ich mir dieses Budget anschaue, dann muss ich sagen, da ist leider nichts vorhanden, da wird nicht gestaltet, da wird nichts getan. Da wird vor den großen Herausforderungen kapituliert. Sie verzichten mit dieser Konsolidierungsstrategie auf das mächtigste Instrument der Wirtschafts-, der Sozial- und der Umweltpolitik. Sie beschreiten nichts anderes als die alten Trampelpfade. (Abg. Rädler: Sie wollen bei der Sicherheit sparen!)

Nehmen wir den Bereich Arbeitsmarkt her: Da wird ein bisschen mehr Geld zur Verfügung gestellt, aber die großen Investitionen bleiben aus. Herr Kanzler Kern sagt, und Sie haben es gestern gesagt, 800 Millionen € mehr an Infrastrukturinvestitionen investiert der Bund. Diese Tabelle 16 habe ich mir sehr genau angesehen, Herr Minister, das wird hier schöngerechnet, denn da sind drinnen: Zahlungen an den BIG-Konzern, Mieten – aha, Mieten sind jetzt schon Investitionen, ein ganz interessanter


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Aspekt –, der klinische Mehraufwand. Da mögen vielleicht ein paar Investitionen drinnen sein, das ist schon richtig, aber mit Investitionen hat das im Großen und Ganzen nichts zu tun. Und was darin die Annuitätenzuschüsse der ÖBB verloren haben, das müssen Sie mir erst erklären. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Schelling: Fragen Sie, was die Annuitäten anlangt, Ihre Kollegin Moser!)

Legen Sie uns für die Debatte im Ausschuss eine Tabelle vor, die nicht schönge­rechnet ist, Herr Minister, dann können wir nämlich auf sachlicher Basis diskutieren! Und dann schauen wir, wie viel in diesem Land tatsächlich investiert wird. (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Schelling.)

Dort, wo Sie investieren könnten, Herr Minister, im Bereich des Klimaschutzes, ist überhaupt tote Hose. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Ja, da ist tote Hose. Die Ausgaben im Bereich Umweltschutz werden wieder einmal gekürzt. Ich glaube, es sind so um die 19 Millionen €, obwohl dort das Potenzial hoch ist. Frau Glawischnig hat Paul Krugman zitiert, und dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Das kann man auch tun, ohne neue Schulden einzugehen, Herr Minister! Das Wirt­schaftsforschungsinstitut hat uns ja vorgerechnet, dass es umweltschädliche Subven­tionen in der Größenordnung von 3,7 bis ungefähr 4,5 Milliarden € gibt. Investiert man mit diesem Geld jährlich 1,5 Milliarden € bis 2020 – das hat uns auch das Wifo vorgerechnet –, dann können wir 16 000 bis 40 000 Arbeitsplätze schaffen. Damit könnten wir den Turnaround am Arbeitsmarkt schaffen, aber nicht mit dem Budget, das Sie uns vorlegen, Herr Minister! (Beifall bei den Grünen.)

Sie sagen, Sie haben die Lohnnebenkosten gesenkt. Ich sage: Ja gut, 1 Milliarde € – lächerlich! (Abg. Rädler: Für die Arbeiterkammer nichts? – Abg. Wöginger: 1 000 Millionen € sind das!)

Wir haben bereits 1998 ein Konzept einer ökosozialen Steuerreform vorgelegt, wo­durch man die Lohnnebenkosten deutlich substanzieller entlasten könnte. (Zwischen­be­mer­kung von Bundesminister Schelling.) Herr Rupprechter hat neuerlich in einem Interview gefordert, die nächste Etappe der Steuerreform müsse eine ökosoziale Steuerreform sein. Also her damit, Herr Minister Schelling!

Ein letzter Punkt noch: Was tun Sie, um die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen? – Nichts. Sie debattieren über die Deckelung der Mindestsicherung. Sie debattieren aber nicht darüber, etwa Vermögensteuern, Erbschaftssteuern in diesem Land einzuführen, aufkommensneutral, und die Einnahmen aus diesen Steuern auf die niedrigen Einkommen und auf jene umzulegen, die dieses Geld tatsächlich brauchen, um ein Leben in Würde in diesem Land führen zu können. (Beifall bei den Grünen.)

Zusammenfassend würde ich meinen, das ist überhaupt kein großer Wurf. Es ist ein Entwurf, der im Wesentlichen auf die Einhaltung der Vorgaben aus Maastricht abzielt, ohne diese zu hinterfragen und auf europäischer Ebene zu diskutieren. Die großen Herausforderungen bleiben leider auf der Strecke. So schaut’s aus! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.11


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte.

 


11.11.57

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Minister! Werte Bürgerinnen und Bürger! Wir haben heute im NEOS Lab, in unserer Akademie, eine Morgenveranstaltung zum Budget 2017 gehabt, und da hat mich jemand aus dem Publikum gefragt, ob wir auch etwas Gutes am Budget 2017 finden. (Abg. Rädler: Frühpensionisten!) Das hat mich ein bisschen an die Abschlussfrage bei der letzten Präsidentschaftsdebatte in den USA erinnert, als auch jemand fragte, ob


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denn Clinton und Trump noch irgendetwas Gutes aneinander finden. Jedenfalls ist es eine berechtigte Frage, deswegen möchte ich zumindest etwas Positives voranstellen. Positiv kann man zumindest vermerken: Griechenland, Italien, Portugal geht es schlechter. Unser Budget ist im europäischen Vergleich nicht ganz unten in der Tabelle, Orientierung am Klassenbesten ist es allerdings auch nicht, deswegen muss man leider mit dem Loben auch schon wieder relativ schnell aufhören.

Das Jahr 2017 wird das 55. Jahr in Folge sein, in dem dieses Land ein Budgetdefizit hat, in dem dieses Land Schulden auf Schulden aufeinander häuft. Diese Tatsache wird verschleiert, indem man ein ursprünglich gutes Konzept, nämlich struktureller Saldo, missbraucht, ich würde sagen, politisch missbraucht. Das war einmal eine gute Idee, als man gesagt hat: Na ja, eigentlich sollte man ja, um ein Budget zu bewerten, konjunkturelle Effekte herausrechnen, um zu schauen, ob es strukturell nachhaltig aufgestellt ist. – Eine kluge Idee. Was hat man daraus gemacht? – Es wird dazu verwendet, vorzugaukeln, dass in Wirklichkeit die Finanzen im Bund ohnehin aus­geglichen wären, dass von einem Defizit ohnehin nicht mehr geredet werden könnte; minus 0,5 Prozent wären das im nächsten Jahr laut Voranschlag.

0,5 Prozent sind nichts, das klingt immer so wenig, wenn man es in Prozent nimmt, doch in Wirklichkeit sind das 1,7 Milliarden €. Aber auch das ist ja nicht die Wahrheit. Die Wahrheit findet man im Ergebnishaushalt, jenem Haushalt, den wir seit der durchaus begrüßenswerten Haushaltsreform 2013 haben, der wesentlich realistischer und ehrlich die wahre Lage des Haushaltes darstellt. In diesem ist von minus 0,5 Prozent oder minus 1,7 Milliarden € Defizit nicht die Rede, in diesem steht die Wahrheit, nämlich minus 9 Milliarden € für das Jahr 2017. Das ist die Realität und die Wirklichkeit, die man verschleiern will.

Strukturell geben wir dauerhaft mehr aus, als wir einnehmen, und das trotz regel­mäßiger Steuerrekorde. Herr Finanzminister, das sagen Sie zwar auch immer wieder, dass wir ein Strukturproblem haben, dass wir Reformen brauchen – das können wir einmal zur Kenntnis nehmen –, allerdings höre ich auch, wenn ich an die Rede von Bundeskanzler Kern denke, dass es da nicht unbedingt Gemeinsamkeiten gibt. Bundeskanzler Kern spricht davon, dass wir zu wenig Wirtschaftswachstum hätten. Das Problem wäre das Wirtschaftswachstum, wenn wir denn mehr Wachstum hätten, dann wäre ja haushaltsmäßig ohnehin alles in Ordnung.

Das blendet die letzten Jahre und Jahrzehnte völlig aus, denn wir haben auch in Jahren, in denen das Wirtschaftswachstum gut war, immer ein Defizit gemacht, deswegen haben wir ja seit 55 Jahren in Serie ein Defizit. (Bundesminister Schelling: Sie haben nicht zugehört!) – Herr Finanzminister, das Problem ist, Sie hören auch nicht zu, deswegen merken Sie auch gar nicht, wenn ich argumentativ eigentlich auch einmal auf Ihrer Seite bin! Aber das ist auch das Problem, Sie hören sich ja selbst in der Bundesregierung auch nicht mehr zu, deswegen haben wir diese Wahlkampfreden statt Budgetreden erlebt.

Insofern ist es auch verständlich, dass wir außer Ankündigungen nichts hören, dass die Umsetzungen de facto null sind. Auch diese sogenannte Steuerreform ist keine Re­form, es war nur eine rückwirkende Vergütung der kalten Progression. (Abg. Wöginger: Aber schlecht war’s nicht, oder? – Abg. Rossmann: Für die gut Verdienenden war’s sehr gut! – Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz. – Zwischenbemerkung von Bun­desminister Schelling.) – Ich würde gerne darauf antworten, leider blinkt es schon wieder rot hier, ich habe immer zu wenig Zeit.

Herr Finanzminister, dass Sie in dieser Koalition vielleicht Strukturreformen nicht weiterbringen, das kann ich ja verstehen, das will ich Ihnen auch nicht vorwerfen, aber was man Ihnen schon persönlich vorwerfen kann, ist, dass Sie eine Jahrhundertchance


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verpasst haben. Sie hätten über die Hypo Alpe-Adria die Möglichkeit gehabt, als nicht nur Kärnten vor dem finanziellen Abgrund stand, sondern als auch alle anderen Länder noch im Jahr 2009 mit 10 Milliarden € an Kohaftungen drinstanden – auch jetzt sind noch einige Milliarden übrig –, endlich Reformen einzufordern. Da hätten Sie dafür einen Hebel in der Hand gehabt. Sie hätten nicht die Zustimmung der SPÖ gebraucht, Sie hätten einfach nur einmal Nein sagen müssen, Nein dazu, dass das so gemacht wird, dass die Gläubiger durch die Steuerzahler rausgeboxt werden, dass ohne Weiteres Kärnten die Schulden abgenommen werden. Sie hätten nur Nein sagen müssen. Und wenn die Steuerzahler schon einspringen, dann hätten Sie Reformen einfordern müssen. Das haben Sie nicht gemacht. (Bundesminister Schelling: Der Konkurs war …!)

Warum haben Sie es nicht gemacht? – Entweder wollten Sie es nicht, und wenn Sie es wollten, dann konnten Sie es nicht. Offenbar ist Ihre eigene Partei in dieser Sache auch nicht hinter Ihnen gestanden. Ich frage mich, Herr Finanzminister: Warum tun Sie sich diesen Job überhaupt noch an? (Bundesminister Schelling: Warum sind Sie noch im Parlament?)

Zusammengefasst: Ihre Budgetrede war mehr Wahlkampfrede als Budgetrede. (Ruf bei den Grünen: Nicht einmal das!) Dasselbe muss man auch zur heutigen Rede von Herrn Kanzler Kern konstatieren. Parteipolitisch macht das für Sie vielleicht Sinn, aber mutige, reformorientierte, zukunftsgerichtete Politik schaut anders aus! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

11.18


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steinbichler. (Abg. Wöginger: Leo nimmt das Schmalz nicht mehr mit?! – Bundesminister Schelling: Keine Banane? Nichts dabei heute, Leo?)

 


11.18.39

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher auf der Besuchergalerie! Liebe Steuerzahler und Steuerzahlerinnen vor den Fernsehgeräten! Diese Tafel (eine Tafel, auf der unter der Überschrift „Arbeiter verlieren, Beamte gewinnen“ in drei Blöcken die finanzielle Situation von Arbeitern, Angestellten und Beamten dargestellt wird, vor sich auf das Rednerpult stellend) habe ich deshalb mitgenommen, weil sie seit dem 23. Dezember des Vorjahres Bedeutung hat. Die Klientelpolitik, die mit diesem Budget fortgesetzt wird, stellt genau diese Entwicklung dar, dass nämlich die Arbeitnehmer und Unter­nehmer verlieren und die Beamten gewinnen. Damit geht die Wirtschaftskraft beson­ders in den ländlichen Gebieten, in den Industriegebieten zurück.

Ganz kurz zu dieser heutigen interessanten Debatte: Es ist wunderbar, von Elvis Presley durch Bundeskanzler Kern bis zu William Shakespeare durch Andreas Schieder wurden heute schon viele Zitate geliefert. Der alte Shakespeare hat wahr­scheinlich nie vermutet, dass er in der Budgetrede 2017 eine Rolle spielen wird. (Bundesminister Schelling: Er würde sich freuen!) Ich denke, das passt aber sehr gut, da Klubobmann Schieder meinte, dass Shakespeare gesagt hatte: Eine Behauptung ist noch lange kein Beweis.

Ich denke, was Shakespeare gesagt hat, gilt auch für Wahlversprechen und Budget­reden. Herr Minister, wenn man die Rede im vorigen Jahr und die heurige gehört hat, dann kann man wahrscheinlich auch schon ahnen, wie die für 2018 aussehen wird. (Zwischenruf der Abg. Schimanek. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.)


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Ich denke, das ist nicht das, das Sie gestern angesprochen haben. Ich habe mit großem Interesse zugehört und mitgelesen. Da wurde der Mut angesprochen, und das wäre natürlich ideal. Mut heißt: machen, umsetzen, tun. Dem muss ich entgegenhalten, wie der ehemalige Herr Vizekanzler und Finanzminister Androsch diesen Kraftzustand der Bundesregierung bei einem Vortrag in der Oberbank umschrieben hat. Er hat gesagt, dass sie irrsinnig stark im Unterlassen und ganz schwach im Umsetzen ist.

Ich werde dann einige Punkte von Kanzler Kern zitieren, die mir eigentlich gefallen haben. Die müssten dir auch gefallen, denn du redest auch immer vom Umsetzen, und davon, dass die Ministerien nicht mehr eingefärbt werden, dass es nicht mehr heißt: Das ist unsere Klientel, das ist eure Klientel, und da machen wir ein bisschen Klientelpolitik und teilen uns diese Torte Österreich.

Ich denke, das kann so nicht sein, aber heute hat sich der Herr Vizekanzler hier etwas geleistet, und auch gestern ist mir seine Nervosität schon aufgefallen. (Zwischenruf des Abg. Höfinger.) Er hat so anscheinend nach dem Motto „Hände falten, Goschn halten“ jeden Einzelnen, der nicht seiner Meinung ist, namentlich kritisiert, namentlich diffamiert, und das ist eines Staatsmannes nicht würdig. (Beifall beim Team Stronach.) Das geht auch in einer Ehe nicht, und ich denke, eine Regierung ist wie eine Ehe. Heute hat sich eindeutig gezeigt, welcher Partner diese Ehe momentan sehr stört.

Das ist diese Verantwortungslosigkeit. Wir haben dieses Österreich nicht einzufärben, wir haben dieses Österreich nicht nach Klientel zu versorgen, sondern wir haben die Zukunft dieses Österreichs zu gestalten, und dabei haben wir eben in den grund­sätzlichen Ansätzen nichts zustande gebracht. Eben genau bei den versprochenen Reformen, die wieder und wieder in jedem Wahlkampf strapaziert werden, wurden keine Taten gesetzt. Du hast selbst gesagt, dass ein Tag, an dem keine Reformen, keine Taten gesetzt werden, ein schlechter Tag ist.

Wir sind jetzt so weit – das muss man sich einmal vorstellen bei dieser Staats­ver­schuldung, da gibt es manche, die sagen, es gehe in die richtige Richtung, das können aber nur solche sein, die bergab fahren –, dass bei 292 Milliarden € Staatsver­schul­dung der Zinsvorteil bei der derzeit niedrigen Zinspolitik circa 9 Milliarden € aus­macht.

Direktor Gasselsberger von der Oberbank hat dazu auch etwas gesagt. Du hast gestern gesagt, du wünschst die Mitarbeit der Opposition. Da muss man bei diesem Staat, bei dieser Regierung klar unterscheiden. Bitte, die Mitarbeit wird uns ja verweigert! Vorige Woche haben wir vier Ausschüsse gehabt, und alle Anträge der Opposition wurden vertagt. (Abg. Rädler: Dann waren sie schlecht!) Ich meine, man sollte diese Bundesregierung umbenennen, Herr Kollege Rädler! Vertagungsregierung wäre ein ganz passender Ausdruck. (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenruf des Abg. Rossmann.) Damit hätten wir nämlich den Nagel auf den Kopf getroffen.

Ich denke, das Entscheidende ist: Wir brauchen Maßnahmen. Ich zitiere noch – ich habe dann noch die Möglichkeit, beim Kapitel Wirtschaft über die Lohnnebenkosten zu sprechen – den Chef von KTM, Stefan Pierer. Er sagt bereits: „Ich rede nicht mehr von Lohnnebenkosten,“ – bei annähernd 50 Prozent – „sondern von Lohnhauptkosten.“

Was wir an Zukunftsentwicklung nicht umsetzen, das nehmen wir mit diesen ange­sprochenen 9 Milliarden € plus die neuen viereinhalb Milliarden Schulden unseren Enkerln für die Zukunft an Gestaltungsraum weg. Wir brauchen ganz klar eine enkerl­gerechte Politik. Uns muss bewusst sein, dass wir mit der Scheckkarte unserer Kinder, unserer Enkelkinder zahlen, und das, was uns hier vorgelegt wurde, ist nicht gut für die Zukunft unserer Enkerl. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir brauchen Mut, das ist das Wichtigste. Du hast davon gesprochen, und da kann ich dich unterstützen, dass ein ganz wesentliches Konto für die Politik das Vertrauens-


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konto ist. Dieses Vertrauenskonto ist deshalb momentan so klein, weil die Bürger berechtigte Sorge haben, dass diese Regierung zu wenig umsetzt, dass diese Regie­rung zu wenig gestaltet, und, wie sich heute gezeigt hat, zu viel streitet. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

11.24


Präsident Karlheinz Kopf: Nun ist Herr Bundesminister Dr. Schelling zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


11.25.00

Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mit einem Dank an den Bundes­kanzler beginnen. Er hat gesagt, niemand will neue Schulden, und dieses Beispiel zeigt, dass wir uns darüber im Klaren sind, was das Ziel ist. Was Sie versuchen, hier herauszuarbeiten, ist die Diskussion über die Methodik, wie wir dort hinkommen. Es ist, denke ich, gerechtfertigt, dass wir hier eine durchaus konstruktive Auseinandersetzung führen. Ich meine, dass viele hier, im Prozentsatz doch mehrere, offensichtlich so etwas wie eine selektive Wahrnehmung haben. Jeder sucht sich heraus, was gerade für ihn günstig ist, und sieht das große Ganze offensichtlich nicht mehr.

Der zweite Punkt ist: Ich sage in aller Offenheit und habe das gestern auch im „ZIB 2“-Interview gesagt, dass das überhaupt nichts mit der Zuordnung der Ministerien zu tun hat. Wäre jemand, der aus der ÖVP kommt, Sozialminister, würde ich genau dieselbe Kritik anbringen. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, sondern der Grund dafür, dass wir das noch einmal herausgestrichen haben, ist, dass wir gefragt haben: Wo sind die ganz großen Entwicklungen und Brocken, die wir angehen müssen? Das hat also überhaupt nichts damit zu tun.

Wenn alle aufmerksam zugehört hätten, dann wäre klar: Es wird keine Arbeitsgruppe zum Spending Review geben. Wir setzen das im Ministerium, in meinem Haus, bereits um. Ich sage: Wenn wir wollen, dass alle anderen diese Methodik anwenden, um die Ausgaben auf ihre Effizienz und Wirksamkeit zu überprüfen, dann muss gerade mein Haus das erste sein, das das tut, um ein Beispiel zu geben, dem auch alle folgen sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein weiterer Vorbemerkungspunkt, damit das auch gleich klargestellt ist, das kann man auch alles nachlesen: Es hat überhaupt keine Kritik an den Investitionen in die Infrastruktur gegeben. Meine Kritik war, dass wir Vorbelastungen in Höhe von 140 Milliarden € haben, und wir sollten in Zukunft mit diesen Vorbelastungen sorgsamer umgehen, um nicht – wie von allen gefordert wird – die nächste Generation damit zu belasten. Ich habe ausdrücklich gesagt, dass ich die Frage der Investitionen, die bisher beschlossen wurden – der Brenner Basistunnel wurde erwähnt –, überhaupt nicht infrage stelle. (Abg. Moser: Finanzieren können wir es nur nicht!) Auch in diesem Bereich haben wir also offensichtlich so ein Problem der selektiven Wahrnehmung.

Eine letzte Vorbemerkung noch, bevor ich auf einige Details eingehe: Herr Rossmann, ich betrachte es als Lob, wenn Sie mich als schwäbische Hausfrau mit Schnauzbart bezeichnen. Ich würde mich aber an Ihrer Stelle bei den schwäbischen Hausfrauen entschuldigen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Loacker.) Würden wir uns nämlich so verhalten – das ist Ihr alter Slogan, das haben Sie übrigens Herrn Schäuble auch schon einmal vorgeworfen – wie die Schwaben und würden wir uns so verhalten wie die schwäbischen Hausfrauen, dann hätten wir die Hälfte der Budget­probleme mit Sicherheit nicht. Deshalb stehe ich auch dazu … (Abg. Rossmann: Nein, das teile ich überhaupt nicht!) – Sie müssen es ja nicht teilen, das ist ja ganz klar. Wenn Sie mir eine „neoliberale Agenda“ vorwerfen, halte ich das aus, aber wahr-


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schein­lich bin ich vom Neoliberalismus weniger entfernt als Sie von der ganz linken Struktur. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Loacker. – Zwischenruf des Abg. Rossmann.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen Punkt erwähne ich dazu noch: Herr Abgeordneter Rossmann, Sie kommen immer mit der Sparpolitik in Europa. Ich weiß nicht, ob Sie sich jemals die Schuldenentwicklung angeschaut haben, aber dann könnten Sie vielleicht sehen, dass mit Ausnahme jener Länder, die wie Griechenland komplett in den Graben gefahren wurden, im Wesentlichen kein einziges Land die Schulden heruntergefahren hat, sondern alle aus der Krise heraus investiert haben. Daher: Wenn Sie sich das wirklich anschauen, dann möchte ich schon auf einen Punkt, der von Ihnen immer kommt, eingehen. Ich sage das bei den Pensionen gleich ganz generell: Das macht doch Spaß, wenn jemand sagt, im Jahr 2050 sind es nur 1,5 Pro­zent mehr. Würden Sie nicht gerne diese 1,5 Prozent in Forschung, Entwicklung und Bildung investieren? (Abg. Rossmann: Sind das die einzigen …?) Diese Frage müssen Sie sich stellen.

Rechnen Sie hoch, Sie sind ja ein gewiefter Rechner, Herr Professor Rossmann! (Ruf bei der FPÖ: Professor?!) – Ja, natürlich, bei den Ausführungen ist er sehr professoral, ich habe keine Probleme damit. Wenn Sie das wirklich durchrechnen und eine Hoch­rech­nung machen, wie das BIP nach heutiger Annahme, die möglicherweise völlig falsch ist, bis 2050 prognostiziert wird, dann können Sie sich die Summe errechnen, die wir zusätzlich benötigen. Ich sage auch noch dazu – und das habe ich damit gemeint, und Sie haben das ja auch kritisiert –, dass ich gesagt habe, dass wir diese Zuschüsse reduzieren können; nicht kürzen, sondern reduzieren.

Ich nenne Ihnen folgendes Beispiel: Wir haben eine Beamtenpensionsreform gemacht, die schwierig war. Die Folge dieser Beamtenpensionsreform ist, dass in den Jah­ren 2015 bis 2020 für die Beamtenpensionen nur 15 Prozent mehr benötigt werden, aber dort, wo wir keine Reformen gemacht haben, werden um 30 Prozent mehr benö­tigt. Das muss doch ein Ansatzpunkt sein, dass wir sagen: Schauen wir uns das an! Was können wir da machen, ohne in bestehende Strukturen einzugreifen?

Sie haben das faktische Pensionsalter angesprochen. (Abg. Rossmann: Das habe ich nicht gemacht!) – Nein, ich bin schon weg von Ihnen, es dreht sich nicht die ganze Antwort um Sie.

Zum faktischen Pensionsalter: Wir kommen nicht schnell genug voran, wenn man sich die statistische Herausrechnung anschaut, die auf die Rehageldbezieher bezogen ist.

Schauen wir uns noch einzelne Punkte an! (Zwischenruf des Abg. Schieder. Herr Klubobmann, Sie können dann gerne eine Berichtigung machen, ich habe gar kein Problem damit! (Abg. Schieder: Ich kann auch einen Zwischenruf machen!)

Ich darf vielleicht noch auf ein paar Punkte hinweisen: Es ist natürlich leicht, sich hier herzustellen und zu sagen, das Budget und der Finanzminister seien an allem schuld. Ich nehme das auch gerne auf mich, schauen Sie sich aber doch einmal unsere Gesetzeslage, das Bundesministeriengesetz an! Schauen Sie sich einmal genau an, welche Eingriffsmöglichkeiten ein Finanzminister eigentlich in das Budget der einzel­nen Ressorts hat! Schauen Sie sich einmal an, warum manche Lösungen so entste­hen, wie sie entstehen!

Ein zweiter Punkt dazu: Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass ich nach dem Haus­haltsrecht keine Budgetierungen ohne gesetzliche Grundlage vornehmen kann. Wenn es keine gesetzliche Grundlage gibt, dann kann ich das auch nicht budge­tieren. – Sie können jetzt darüber diskutieren, ob das richtig ist.


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Zum Klima: Wenn Sie aufmerksam zugehört haben, dann wissen Sie, dass ich gesagt habe: Wenn die Klimastrategie vorliegt, wird das im Bundesfinanzrahmen realisiert. (Abg. Brunner: Das ist zu spät! Sie sollten wissen, dass …!) – Es ist nicht zu spät. Wir diskutieren das auch im Ausschuss immer, Sie machen immer mich für die Klima­strategie verantwortlich. Ich finde, das ist eigentlich eine sehr spannende Geschichte. (Abg. Brunner: Nein! – Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Was die Herausrechnungsfrage in Bezug auf die Flüchtlinge anlangt, so haben Sie vollkommen recht, dass wir da eine längerfristige Entwicklung zu berücksichtigen haben. Herausrechnen darf ich sie aber nur für 2016 und 2017, dann ist es vorbei und nicht mehr in dem strukturellen Defizit, das wir Ihnen zurzeit vorlegen.

Die Frage, die sich daraus ergibt, ist auch: Wie setzen sich denn eigentlich diese Gesamtkosten, die wir für die Herausrechnung heranziehen, zusammen? – Sie setzen sich aus Grundversorgung, Asylverfahren, Grenzmanagement, Integration durch das Außenministerium, Hilfe vor Ort durch das Außenministerium, zusätzlichen Sicher­heitskosten für die Landesverteidigung und aktiver Arbeitsmarktpolitik, die wir benö­tigen, zusammen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Daher kann man nicht die jetzige Situation damit vergleichen, wie das vor einem Jahr war, weil es damals diese Maßnahmen, wie zum Beispiel den Assistenzeinsatz, den wir finanzieren, gar nicht gegeben hat.

Eine Frage, die auch im Rahmen der Budgeterstellung aufgeworfen wurde, möchte ich noch einmal klarstellen: Wir finanzieren derzeit diese Republik so, dass wir langfristige Finanzierungsverträge abschließen. Je nach Halbwertszeit des Finanzministers oder der Finanzministerin würde ich meinen, dass durch die Abschlüsse, die wir jetzt tätigen, ungefähr die siebente Finanzministerin oder der siebente Finanzminister nach mir noch von unseren Verträgen mit den Niedrigzinsen profitieren wird, genauso wie wir jetzt noch einen Nachteil aus den Verträgen, die aus früheren Jahren kommen, haben. Ich denke schon, dass wir, wenn man diesen Weg beschreitet, auch in der Frage der Zinsenentwicklung auf der sicheren Seite sind.

Der Finanzausgleich wurde angesprochen: Was kann ich im Finanzausgleich ohne Rechtsgrundlage budgetieren? – Aktuell nichts, und ich werde Sie auf dem Laufenden halten, wie die Ergebnisse dann aussehen werden. Machen Sie sich keine Sorgen, es wird dieses Ergebnis dann geben!

Zur kalten Progression: Ja, mein Vorschlag liegt auf dem Tisch. Herr Klubobmann Strolz hat gemeint, wir müssen das im nächsten Budget drinnen haben. Jetzt haben wir Vorkehrungen über die Steuerreform getroffen, damit die kalte Progression abgegolten ist.

Nun zur Frage: Kommen wir herunter, kommen wir auf den richtigen Weg? – Dazu möchte ich noch einmal aus dem Budget zitieren: Wir haben um 827 Millionen € weniger Auszahlungen und um 2,2 Milliarden € weniger Verschuldung, als wir im Bundesfinanzrahmen, den dieses Haus beschlossen hat, eingetaktet hatten. Daher denke ich, dass wir mit Fug und Recht sagen können, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wenn Sie noch einmal hören wollen, was ich auch gestern gesagt habe: Wir sollten diesen Weg nicht nur fortsetzen, sondern wir sollten das beschleunigen, dann kommen wir auch so weit, dass wir uns Spielräume schaffen können, um in die Zukunft zu investieren.

Ein letzter Punkt noch, weil Herr Klubobmann Lugar und Herr Hable über die HETA gesprochen haben: Ich war gestern einigermaßen entsetzt, dass nach eineinhalb Jahren Untersuchungsausschuss eigentlich niemand bereit war, bei der Debatte zum Ausschussbericht zuzuhören. Ich denke, die Arbeit hat sich ausgezahlt. Wenn dann aber – wie eben gestern – sowohl Hable als auch Kogler in einem Interview meine


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Ankündigung einer Finanzmarktreform als Ablenkungsmanöver bezeichnen, dann weiß ich nicht, ob sich die Arbeit wirklich gelohnt hat, denn genau das war doch die Argu­mentation im Untersuchungsausschuss: Die Aufsicht hat nicht hundertprozentig funktioniert, und deshalb müssen wir dort etwas ändern. Jetzt gehen wir das an.

Das ist eigentlich symbolhaft für das Politikverständnis: Etwas, das noch nicht auf dem Tisch liegt, wird kritisiert. Davor wurde es gefordert, und wenn es dann kommt, wird gesagt: Das brauchen wir alles nicht, das wollen wir alles nicht!

Ein Thema, das uns Gott sei Dank in Zukunft nicht mehr belasten wird, ist das Thema der HETA-Lösung. Ich würde gerne einmal mit jenen diskutieren, die weiterhin der Meinung sind, die bessere Lösung wäre es gewesen, die HETA samt Kärnten in Konkurs zu schicken und damit Österreich in eine Situation zu bringen, in der wir nachhaltig viel größere Budgetprobleme bekommen hätten als jetzt.

Ich denke, wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass dieses Budget das, was machbar war, darstellt. Die Einzelfragen sind in den Ausschüssen bei den Kapiteln zu lösen, und es werden sicherlich alle Fragen ausreichend beantwortet werden.

Ich meine daher: Wenn wir das wirklich ernst meinen, was auch heute hier gesagt wurde, dann sehe ich keinen Streit über die Ziele, wo wir dieses Land hinbringen wollen, sondern ich sehe nur einen Diskurs darüber, mit welchen Maßnahmen wir diese Ziele erreichen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

11.36


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


11.36.40

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr ge­schätzte Frau Bundesministerin! Sehr geschätzte Frau Staatssekretärin! Sehr ge­schätzter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Herr Bundesminister, ich habe dir gestern sehr genau zugehört und gewisse Aussagen mitgeschrieben, die außerhalb dieses Budgets von dir gekommen sind. Deshalb möchte ich nicht den Kollegen Shakespeare oder den Kollegen Presley zitieren, sondern den Kollegen Schelling.

Kollege Schelling hat in einem Zwischensatz gesagt, er stelle sich die Frage, wo er verdient, wo er spart und wo er investiert. Es ist wichtig, das bei der Erstellung des Budgets mitzuberücksichtigen. Der Herr Bundesminister hat sehr entschlossen und voller Stolz darauf hingewiesen, dass es wichtig und richtig ist, 2017 für den Bereich innere und äußere Sicherheit zusätzliche Mittel vorzusehen. Dazu stehen wir auch, es ist auch richtig, für Sicherheit zu sorgen, was Polizei und Landesverteidigung betrifft.

Neben der inneren und äußeren Sicherheit gibt es aber noch ein Sicherheitskapitel, bei dem ich diese Entschlossenheit und diese Überzeugung ein bisschen vermisst habe. Es geht um das Kapitel Soziales. Wir haben auch eine Verantwortung, über Maßnah­men zu reden, damit die soziale Sicherheit in diesem Land gewährleistet ist und sich im Budget 2017 findet. Wenn wir uns die betreffenden Kapitel im Bereich Arbeit, Soziales, Konsumentenschutz und Pensionsversicherung anschauen, dann können wir auch ein bisschen stolz darauf sein, dass wir sagen: Ja, wir nehmen in manchen Bereichen mehr Geld in die Hand, weil es uns wichtig ist, Maßnahmen am Arbeitsmarkt zu setzen! Es gibt Menschen in diesem Land, die wenig Chancen auf einen Job haben, es gibt ganz spezielle Gruppen, zum Beispiel die über 50-Jährigen, es gibt Menschen, die langzeitarbeitslos sind, es gibt Asyl- und Schutzberechtigte. Für diese Menschen wollen wir mehr Mittel und auch mehr Personal beim AMS einsetzen.


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Im ersten Halbjahr hat das AMS in Österreich knapp 400 000 Menschen wieder in Beschäftigung gebracht, und das ist ein guter Erfolg. Letztendlich führt das auch dazu, dass wir Rekordbeschäftigung in diesem Land haben, was wir viel zu wenig erwähnen.

Im Bereich der Pensionen habe ich eigentlich gedacht, dass durch all diese Maß­nahmen, die wir seit 2009 gesetzt haben, durch die wir seit Jahren die Budgetansätze betreffend Pensionen unterschreiten, der Pfad ganz klar vorgegeben ist. Ich war auch zuversichtlich, da man sich auf dem Pensionsgipfel im Februar dieses Jahres auf die nächsten Schritte geeinigt hat, wie wir im Bereich der Pensionen in Zukunft vorgehen werden. Deswegen finde ich es nicht richtig, dass wir hier bei jeder Debatte innerhalb der Koalition das Thema Pensionen wieder aufschnüren. Wir haben uns darauf ge­einigt, wie mit den Pensionen in den nächsten Jahren umzugehen ist, wie die Spiel­regeln sind – und wenn wir schon aufgrund der Rekordbeschäftigung eine Übererfül­lung unserer Budgetziele bei den Pensionen haben, dann haben sich die Menschen, die Pensionistinnen und Pensionisten, diesen Hunderter, den wir vorgeschlagen haben, auch verdient. Diese Unterschreitung ist da!

Genauso wichtig ist es – diese Zusage gibt es ja, und wir werden sie auch umsetzen –, dass die Ausgleichszulage für Menschen, die mindestens 30 Jahre in diesem Land gearbeitet haben, auf 1 000 € hinaufgesetzt wird. Es gibt also um 117 € mehr, um sie auf 1 000 € zu bringen. (Abg. Schwentner: Aber mehr Leute, mehr!) Ich denke, das sind wichtige Maßnahmen, zu denen wir stehen sollten, und wir sollten nicht ständig das Thema Pensionen dazu verwenden, alles schlechtzureden und alles als unfinan­zierbar hinzustellen.

Wenn wir schon eine Kosten-Nutzen-Rechnung anstellen, was ich auch für sinnvoll halte, dann schauen wir doch einmal, was die Pensionistinnen und Pensionisten an Wertschöpfung in unserem Land lassen. Das ist ein Wirtschaftsfaktor, den man immer wieder unterschätzt und auch nicht entsprechend anführt.

Abschließend: Wir stehen beim Kapitel Soziales – wie bei den anderen Kapiteln – natürlich zu diesem Budget. Es geht uns wirklich darum, auch hier, in diesem Budget, die soziale Sicherheit wiederzufinden, und das tun wir, und es geht darum, dass die soziale Sicherheit auch ein wichtiger Garant für sozialen Frieden in diesem Land ist, auf das wir alle miteinander recht stolz sein können. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.41


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Wöginger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.41.46

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Besucherinnen und Besucher! Wir sind mit diesem Budget auf dem richtigen Weg, und ich erkläre Ihnen auch, warum das so ist.

Das Defizit sinkt von 1,4 auf 1,2 Prozent, laut Prognose für 2020 soll es dann bei 0,4 Prozent liegen. Die Schuldenquote sinkt von 83 auf 81 Prozent – an dieser Stelle möchte ich aber schon auch anmerken, dass da vor allem in den letzten beiden Jahren auch das Hypo-Debakel aus Kärnten abgebildet wurde, was uns diese hohe Verschul­dungsquote eingebrockt hat –, und wir erreichen insgesamt die Vorgaben, die von der Europäischen Union gestellt werden.

Die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen geht zusammen – und das muss auch so sein, denn es ist ja völlig unverständlich, dass man immer mehr ausgibt, als man einnimmt. Wir gehen auch in den Rankings nach oben: im Ranking der EU-Kom­mis-


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sion von Platz 11 auf 10; im Ranking des World Economic Forum – der Herr Vize­kanzler hat es auch angesprochen – von Platz 23 auf Platz 19. Das ist prinzipiell erfreulich, aber wir sind nicht dort, wo wir hingehören.

Auch dazu, dass man sagt, es seien keine Reformen gemacht worden, eine Bemer­kung: Wir haben eine Steuerreform im Ausmaß von 5 Milliarden € durchgeführt, meine Damen und Herren, und ich verstehe überhaupt nicht, was man daran noch schlecht findet! Wir haben die Menschen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler, wir haben diese Menschen im Ausmaß von 5 Milliar­den € entlastet, und das stärkt die Kaufkraft in diesem Land. Das ist im Budget auch ganz klar als eine richtige Maßnahme abgebildet. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir haben uns, um den Standort und damit auch die Arbeitsplätze abzusichern, auch auf eine Lohnnebenkostensenkung in Höhe von 1 Milliarde € geeinigt, die 2017 und 2018 umgesetzt wird. Das war nicht einfach, weil ja auch irgendwo bei den Dienst­geberbeiträgen gekürzt werden muss und wir trotzdem unseren sozialen Standard aufrechterhalten müssen. Daher bitte ich, diese Maßnahme schon auch anzu­erkennen! Es ist uns wichtig, dass der Standort geschützt ist und bleibt, und deshalb haben wir diese Lohnnebenkostensenkung auch mit 1 Milliarde € im Budget abgebildet.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Budgetkapitel Soziales, und (den Ausdruck eines Tortendiagramms mit der Überschrift „Budget 2017 im Überblick“ in die Höhe haltend) diese Grafik zeigt, dass wir in diesem Land über 51 Prozent für Arbeit, Soziales, Pensionsversicherung, Gesundheit und Familie ausgeben, aber bei manchen Rednern hier hat man den Eindruck, wir leben irgendwo in Zentralafrika, weil alles so furchtbar ist. (Abg. Kickl: Na, na, na!)

Ich bin stolz auf diese Leistungen, die wir in diesem Land haben. Wir haben einen der höchsten sozialen Standards weltweit, und das ist eine Errungenschaft der letzten Jahrzehnte und deshalb auch jener 30 Jahre, seit die ÖVP mitregiert. Ja, wir sind stolz darauf! Wir haben in diesem Land viel zustande gebracht, das möchte ich einmal betonen, auch im Rahmen dieser Debatte über das Budget. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Die Herausforderung, vor der wir stehen, ist, dass wir diese Systeme für die Zukunft nachhaltig gestalten, dass wir sie auch für die kommenden Generationen absichern.

Ein Wort zum Pensionsbereich, weil der Herr Bundeskanzler gesagt hat, das sinke: Ja, heuer sinkt das ein bisschen, aber natürlich steigt das in den nächsten Jahren auf über 13 Milliarden €, was den Bundeszuschuss anlangt; heuer sind es 10,7 Milliarden €. Das muss man einfach im Auge behalten, darum geht es ja. Nichts anderes hat auch der Herr Finanzminister angesprochen. Wir greifen nicht in bestehende Pensionen ein, wir wollen aber haben, dass die jetzt arbeitenden Menschen auch noch eine Pension bekommen. (Zwischenruf der Abg. Schwentner.) Das ist unser Credo.

Nun zu den ÖBB, meine Damen und Herren, weil Kollege Heinzl sich hier um eine Richtigstellung bemüht hat: Also entweder stimmt der Rechnungshofbericht nicht oder du hast uns hier nicht die Wahrheit erzählt – zumindest nicht die ganze Wahrheit! (Zwischenruf des Abg. Heinzl.)

Es sind im vierten Quartal 2015 133 Mitarbeiter der ÖBB in Pension gegangen; 80 davon aus der Situation eines Krankenstands heraus und nur 15 aufgrund ihres Alters. Also jetzt muss man einmal fragen … (Abg. Heinzl: … Alterspension!) – Ja, Alterspension! Bei den ÖBB ist es so, dass man nach einem Jahr Krankenstand in die Pension geschickt wird. Die Mitarbeiter können ja gar nichts dafür, sie werden geschickt! Sie sollten sich einmal dafür einsetzen, dass diese Mitarbeiter nicht zwangs­weise nach Hause geschickt werden, denn da gibt es nämlich viele, die weiterarbeiten


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möchten. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Heinzl und Königsberger-Ludwig.) Darum geht es in dieser Angelegenheit! (Abg. Königsberger-Ludwig: … Sozialsprecher der ÖVP!)

Es ist einfach ungerecht, wenn wir diese unterschiedlichen Systeme in diesem Bereich haben. Wissen Sie, was mir wichtig ist? – Ich muss jedem Arbeiter und jedem Ange­stellten erklären, dass er mindestens bis 62 arbeiten muss, und die verstehen nicht, warum der Eisenbahner mit 54 und derjenige, der in Wien Gemeindebediensteter ist, mit 53 Jahren in Pension geht. Das verstehen die Menschen in diesem Lande nicht. – Das ist Ihre Aufgabe! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Heinzl und Königsberger-Ludwig.)

Abschließend noch ein Punkt zur Mindestsicherung (Abg. Heinzl: … Politikerpen­sion! – Ruf bei der ÖVP: … Privilegien!): Wir haben unsere Vorschläge vorgelegt, und es geht uns darum, dass es zwischen Erwerbseinkommen und dem, was wir an Sozialleistung zur Verfügung stellen, einen klaren Unterschied gibt. Es muss sich auszahlen, wenn jemand zur Arbeit geht, meine Damen und Herren! Wir können die Sozialleistung nicht überbordend hoch ausbezahlen; das ist der Grund. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Heinzl.)

Die Vorschläge liegen auf dem Tisch, sie müssen nur angenommen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Königsberger-Ludwig: … gute Vorschläge! – Abg. Heinzl: … das Einzige, was ein Politiker hat!)

11.47


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


11.47.15

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Es ist schon richtig, Kollege Wöginger, dass die Bevölkerung vieles nicht versteht – Sie haben auch einige Punkte angesprochen, bei denen ich Ihre Kritik durchaus teilen kann –, sie versteht aber auch nicht, warum jetzt in der Zwischenzeit in weiterer Folge auch dieser gesamte Bereich der Budgetpolitik von einer völlig unverantwortlichen Willkommenspolitik überlagert wird (Abg. Rädler – in Richtung SPÖ –: Dort hinüber! Die Grünen und die SPÖ!): im Allgemeinen eine Willkommenspolitik für Schulden, neue Schulden und noch mehr Schulden, und dann im Besonderen, wenn es um einzelne Bereiche in diesen Budgetkapiteln geht, um die Sie heute interessanterweise (eine entsprechende Handbewegung machend) so einen Bogen gemacht haben. Sie haben nämlich über alles und jedes gesprochen, was das Budget belastet, nur zu der Frage der Flüchtlingsbewegung, dieser Massenzuwan­derung von Wirtschaftsflüchtlingen unter dem Deckmantel des Asyl, dazu habe ich von Ihnen (in Richtung SPÖ) und von Ihnen (in Richtung ÖVP) heute kein Wort gehört. Warum überrascht mich das nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren?! (Beifall bei der FPÖ.)

Schulden, Schulden, neue Schulden! – Man muss zurückgehen in die Ära Kennedy, der war damals Präsident in den Vereinigten Staaten, als es in Österreich das letzte Mal schwarze Zahlen im Budget gegeben hat. Und dann stellt sich Herr Lopatka hier her und sagt, es seien die richtigen Männer am richtigen Ort zur richtigen Zeit?! (Abg. Lopatka: Genau!) Ich glaube, wenn man sich die Ahnengalerie der schwarzen Finanzminister anschaut, dann findet man dort die schwarzen Nullen, die Sie so vergeblich suchen. (Beifall bei der FPÖ.) Und der Gerechtigkeit halber möchte ich ergänzen: Es sind dort auch ein paar rote Nuller zu finden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Rädler.)


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Zur Sozialpolitik: Die kann man so zusammenfassen, dass man sagt: In diesen Bereich wird so viel Geld wie noch nie investiert, und trotzdem gibt es eine Talfahrt, die immer ärgere Dimensionen annimmt und die Sie nicht stoppen können. Das ist doch die Wahrheit!

Ich erwähne nur die Massenarbeitslosigkeit: Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war es so schlimm wie jetzt, obwohl Sie so viel Geld hineinstecken. Ich erwähne nur die Sozialsysteme, die am Krachen sind; ein Zustand im Bereich der Mindestsicherung, dass dieses System in dieser Art und Weise schlicht und ergreifend nicht mehr finanzierbar ist. – Schöne Grüße aus dem roten Wien!, kann ich da nur sagen.

Und ich erwähne auch die steigende Armut, die steigende Armut insbesondere auch bei immer mehr Pensionistinnen und Pensionisten in diesem Land. Die haben nichts von Ihrem statistischen Wohlstand, sondern das sind Leute, die am unteren Ende der sozialen Skala leben müssen, existieren müssen. Das ist der Dank und die Aner­kennung eines Staates, den sie großgemacht haben, den sie wiederaufgebaut haben und dem sie zu Wohlstand verholfen haben. So bedankt sich die Politik von Rot und Schwarz bei den Pensionistinnen und Pensionisten in diesem Land. Das ist ein Skandal für ein Land, dessen Vertreter immer wieder behaupten, Österreich sei eines der reichsten Länder. So geht das nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Das sind Menschen – weil hier auch gerne von Altern in Würde die Rede ist –, die am Ende ihres Lebens am unteren Ende der sozialen Skala leben müssen, die gleich viel oder gleich wenig bekommen für die Leistungen, die sie für dieses Land erbracht haben, wie andere, die noch keinen einzigen Tag eine Leistung für dieses Land erbracht haben, die noch nie auch nur einen Cent hier eingezahlt haben und die sich in vielen Fällen dann auch noch dazu weigern, von sich aus auch nur irgendeine Form der Integrationsleistung zu erbringen. Das ist der Zustand, mit dem wir es in diesem Land zu tun haben, und das ist aus unserer Sicht ungerecht und unhaltbar. (Beifall bei der FPÖ.)

Damit bin ich bei der SPÖ mit ihrem Seniorenhunderter, mit der Einmalzahlung, wofür man sich dann auf die Brust klopft und das als große sozialpolitische Errungenschaft anpreist. (Abg. Loacker: Ihr stimmt dagegen, oder?) Ich muss Ihnen ein bisschen auf die Sprünge helfen, Ihr Gedächtnis wieder aktivieren. Ihr Herr Kalina von der SPÖ hat gesagt, Einmalzahlungen würden Pensionisten in die Armut treiben – jawohl, Herr Kalina! –, Ihre Frau Csörgits hat gesagt, Einmalzahlungen würden nicht nachhaltig wirken, und Ihre Frau Bures, die in der Zwischenzeit Präsidentin hier im Hohen Haus geworden ist, hat gesagt, Einmalzahlungen seien bereits nach einem Jahr verpufft – weg sind sie.

Jawohl, genau so ist es! Deshalb sollten Sie sich für diese Einmalzahlung nicht auf die Brust klopfen, wenn Sie auf der anderen Seite die Spendierhosen anziehen und das Geld an Menschen verteilen, die es sich schlicht und ergreifend in Österreich nicht verdient haben, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist eine Schieflage, die man endlich einmal in Angriff nehmen muss! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Loacker: Also stimmen Sie gegen den Hunderter?)

Ich habe gestern dem Herrn Finanzminister genau zugehört. Er hat gesagt, wir müssen uns die Frage stellen: „Welche Aufgaben soll denn der Staat erfüllen?“ – Das ist ein wichtiges Kriterium bei der Gestaltung eines Budgets, das kann ich nur unterschreiben. Ich hätte hier eben auch eine Anregung zu machen, die ich bei Ihnen leider vermisse: Wie wäre es denn damit, wenn der österreichische Staat zuallererst einmal die Aufgabe erfüllt, für seine österreichischen Staatsbürgerinnen und österreichischen Staatsbürger am Arbeitsmarkt, bei den Pensionen und im Sozialsystem Sorge zu


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tragen? – Das wäre dann eine rot-weiß-rote Politik, von der ich heute gehört habe, dass sie notwendig ist. (Beifall bei der FPÖ.) Von all diesen Dingen habe ich von Ihnen in der Budgetdebatte überhaupt nichts gehört.

Ich weiß nicht, wo die hohe Kante ist. Wo ist die hohe Kante? Wo ist das Sparguthaben der Republik, das es Ihnen ermöglicht, hier das Füllhorn auszuschütten? Wo ist das alles? – Ich sehe nur einen Schuldenberg! Und bei der „Geschwindigkeit“ – unter Anführungszeichen –, mit der Sie sich der schwarzen Null annähern – und da rede ich noch gar nicht von einem Schuldenabbau –, wird vorher das passieren, was sich die Grünen wünschen: Bei dem Tempo, in dem das vorangeht, wird sich aufgrund der Kontinentalverschiebung eine Landbrücke zwischen Europa und Afrika gebildet haben, bevor wir diesen Schuldenberg abgebaut haben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Moser.) – Ja, ja.

Jetzt sage ich Ihnen, was Sie noch machen. Sie machen etwas ganz Hinterlistiges, möchte ich sagen (Abg. Lopatka: Na geh!), Sie treiben nämlich selbst diese negativen Entwicklungen permanent voran. Sie lassen diese negativen Entwicklungen zu und befeuern sie.

Stichwort Öffnung des Arbeitsmarkts: Sie wehren sich nicht, Sie lassen das alles weiter geschehen. Gestern habe ich gehört, die Russlandsanktionen seien auch so ein Faktor, der negativ wirke: Sie wehren sich nicht, Sie lassen das alles zu. Die Banken-, die Eurokrise, auch einer dieser Faktoren: Sie wehren sich nicht, Sie machen dort überall mit! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) Und letzten Endes die Frage der Massenzuwanderung: Sie wehren sich nicht, sondern Sie treiben dieses Spiel schlicht und ergreifend unter einem anderen Namen weiter.

Und dann gehen Sie her und machen sich selbst zum Opfer dieser Entwicklungen, die Sie selbst vorantreiben. Das ist die neue Art und Weise der Erklärungen. Das muss jetzt dafür herhalten, dass Sie Schulden haben. Das ist eine unzulässige Täter-Opfer-Umkehr, Herr Finanzminister, die Sie hier gestern unter die Bevölkerung zu bringen versucht haben! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesminister Schelling: Lernen Sie Volks­wirtschaft!)

Abschließend, weil der Klub der Freunde Shakespeares immer größer wird, habe auch ich ein Zitat von Shakespeare mitgebracht. Sie können sich jetzt aussuchen, wer vonseiten der SPÖ die Rolle des Cassius und wer jene des Brutus übernimmt. Das Zitat lautet jedenfalls – Cassius spricht zu Brutus –: „Nicht durch die Schuld der Sterne, lieber Brutus, durch eigne Schuld nur sind wir Schwächlinge.“ – Genau so ist es, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.)

11.55


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


11.55.17

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Werte Frau Ministerin! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Zuschauerinnen und Zu­schauer! Ich möchte jetzt wieder ein bisschen herunterkommen und weg von den 5-Minuten-Wortkaskaden der Angst und der Panik (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Königsberger-Ludwig und Loacker – Ruf: Mein Gott! – Ruf: Na geh!), vielleicht reden wir ein bisschen konstruktiver über das Budget und die Herausfor­derungen, die vor uns liegen.

Es war gestern schon mehrmals die Rede vom Pensionsbudget, von den Pensionen, die das Sozialbudget sehr belasten. Ich möchte mit dem Bild aufräumen, dass wir nur


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Angst haben müssen – und auch Sie, Herr Minister, beteiligen sich am Zeichnen dieses Bildes. Ich möchte unterstreichen, dass wir noch immer in einem der reichsten Länder der Welt leben. Wir leben noch immer in einem Land mit hoher sozialer Sicherheit, und die Pensionen sind ein Teil davon. Wir stehen aber jetzt vor einer riesengroßen Herausforderung: dass – ja, tatsächlich – jetzt schön langsam viele Menschen in Pension gehen, nämlich wenn man die nächsten 30 Jahre betrachtet, eine Million Menschen mehr. Eine Million Menschen werden in 30 Jahren über 65 Jahre alt sein und in Pension gehen. Das ist eine der großen Herausforderungen, die wir gemeinsam bewältigen müssen.

Die Frage ist, wie wir das jetzt angehen und wie wir diese große Frage angehen, ohne Panik und Angst zu verbreiten, wie es von dort (in Richtung FPÖ) sehr gerne kommt, und auch ohne unlautere Beispiele zu verwenden, wie Sie, Herr Finanzminister – da möchte ich Sie schon beim Wort nehmen –, das gestern in Ihrer Rede, wie ich meine, getan haben. Wenn Sie sagen, 1971 war eine Person durchschnittlich acht Jahre in Pension und jetzt sind es 22 Jahre, dann ist das so – und Sie haben gestern in Ihrer Rede betont, dass Sie Unternehmer sind und auch als Unternehmer und Finanz­minister sprechen –, als würde ich jetzt ungefähr 360 neue Äpfel, das entspricht nämlich den Milliarden im BIP, mit 130 alten Birnen vergleichen – Sie vergleichen sie nämlich mit 45 Jahre alten Birnen – und das hernehmen, um seriöse Politik zu machen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) – Ja, jetzt haben wir ein Problem. Wir haben ein Problem, weil Sie neue Äpfel mit alten Birnen vergleichen. (Bundesminister Schelling: Jetzt haben wir eine Pensionsexpertin am Rednerpult! Lernen Sie Volkswirtschaft!) Nein, Sie haben ein Problem! (Abg. Rädler: Die Grünen haben ein Problem!) Rechnen Sie nach, was Sie uns da betreffend alte und neue Pensionen in den Raum stellen! (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Also der Most, der da grad angerichtet wird, is net zum Trinken!)

Wir stehen nämlich vor zwei Herausforderungen, und das sind eigentlich zwei Gründe zur Freude, nämlich: dass die Menschen älter werden und dass die Menschen länger im Erwerbsleben sind und auch viel mehr zur Produktivität des Landes beitragen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) Insofern ist das kein unseriöses Beispiel, sondern ein richtiges Beispiel: Sie vergleichen neue Äpfel mit alten Birnen, die sind 45 Jahre alt, und das halte ich für unlauter. (Abg. Lopatka: Lesen Sie die Statistiken!)

Ich kann auch ein anderes Beispiel bringen. Sie sind Unternehmer, Sie haben ein Möbelhaus gehabt. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) Es ist nicht entscheidend, wie viele Menschen in Ihr Möbelhaus kommen und Teelichter kaufen, sondern es ist entscheidend, dass diese wenigen Menschen viel kaufen. Und ungefähr so verhält es sich jetzt: dass die, die für die Pensionen in Zukunft Beiträge einzahlen, mehr beitragen als die vielen davor. Rechnen Sie uns also nicht etwas mit falschen Zahlen vor! (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.)

Ich möchte auch auf Herrn Lopatka und die Panikmache, die von rechts kommt, noch einmal zu sprechen kommen. Herr Lopatka ist irgendwie ganz gern Nikolaus und Krampus in einem. Sie sagen einerseits: Nein, nein, wir greifen nicht in bestehende Pensionen ein! – das geht auch gar nicht, man kann nicht in bestehende Pensionen eingreifen (Abg. Lopatka: Doch, doch! Das machen wir gerade bei den Sonderpen­sionen!); das heißt, Sie spielen den Krampus – und sagen dann gleichzeitig: Oh, ich bin der Nikolo, wir schenken euch … (Abg. Lopatka: Das haben wir gemacht bei den Sonderpensionen!) – Das kann man auch nur bis zu einem gewissen Grad bei Sonder­pensionen machen, die unverschämt und unlauter hoch waren, aber man kann nicht in die normalen bestehenden Pensionen eingreifen, also erzählen Sie den Menschen


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nicht falsche Dinge! (Abg. Lopatka: Also Sie sind nicht der Meinung, dass wir eingreifen sollen? Na gut! – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Erzählen Sie den Menschen, was Sie wirklich wollen! (Abg. Rädler: Sind Sie Schaff­nerin?) Entweder Sie wollen zukünftige Pensionen massiv kürzen oder Sie wollen, dass wir künftig in den Finanzmarkt investieren und da Casino spielen. Was wollen Sie genau? (Abg. Lopatka: Wir wollen das Antrittsalter langsam an das gesetz­liche heranführen!) – Wir alle wollen, dass Menschen länger in Beschäftigung bleiben, dass Menschen länger erwerbstätig sind, und das wollen wir ihnen auch ermöglichen. Wir wollen ermöglichen, dass Menschen länger arbeiten, deswegen müssen wir alles dafür tun.

Ich möchte jetzt auch noch eines zum Hunderter der SPÖ sagen: Das ist ein Pen­sionstropfen auf den heißen Stein. Wenn man jetzt einen Hunderter auszahlt, ist das schön und gut, aber es sind viele Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter unter Ihnen, auch Kollege Muchitsch, der vorhin den Hunderter angesprochen hat, und für Gewerkschafter sind Einmalzahlungen nicht das, was man als Gewerkschafterin oder Gewerkschafter will. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, der am 31. Dezember verpufft ist.

Deswegen bitte ich Sie darum: Lassen Sie uns gemeinsam über ein wirklich gerechtes Pensionssystem nachdenken! Wir haben ein Modell vorgelegt, von dem wir meinen, dass die gleichen Beiträge, die gleichen Leistungen für alle herauskommen sollen. Es ist ein seriöses Modell, schauen Sie sich das doch an, und sorgen Sie dafür, dass tatsächlich die Menschen, die im Alter arm sind, mehr herausbekommen! Da geht es um die AusgleichszulagenempfängerInnen, um die MindestpensionistInnen, und für die müssen wir sorgen. Schauen Sie dahin, und vermischen Sie nicht Äpfel mit Birnen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.01


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


12.01.04

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich glaube, wenn Klubobmann Lopatka da als Nikolaus bezeichnet wird, dann ist das zumindest gegenüber Nikolaus Alm und Nikolaus Scherak eine ziemliche Gemeinheit. (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS.)

Kommen wir aber nach den grünen sozialpolitischen Blümchen wieder zurück zu den Zahlen: Bei den Pensionen geht es in Summe um 20 von 77 Milliarden €. Mehr als jeder vierte Budgeteuro fließt in die Pensionen, und das ist zu viel! Und wenn Abge­ordneter Rossmann gerne Investitionen hätte, dann überlegen Sie sich einmal Folgendes: Wenn wir nicht so ein großes Pensionsloch hätten, dann gäbe es sehr viel Raum und sehr viel Geld für Investitionen, aber Sie verlochen es ja lieber in nicht gedeckten Pensionszahlungen.

Der Feng-Shui-Minister ist leider nicht da, er dreht die Zahlen im Sozialbudget immer so hin, bis sie so schön ausschauen, dass es ihm gefällt. Was er gut gemacht hat, ist, dass er die Hundstorfer-Tricks eins zu eins übernommen hat, und zwar: Wenn man im Vorfeld die Budgetansätze hoch genug nimmt, dann hat man auch eine gute Chance, hinterher darunter zu landen, um sagen zu können: Ja, wir haben eh weniger verbraucht, da ist ja genug übrig, da können wir noch einen Hunderter – und ich weiß nicht, was alles – ausgeben!


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Und tatsächlich, wenn im Jahr 2017 der Pensionszuschuss niedriger ausfallen sollte als im Jahr 2016, dann hat das einen einzigen Grund: den dreckigen Bank-Austria-Pensionsdeal, den Sie Anfang dieses Jahres abgeschlossen haben, nach dem erst 2017 die 730 Millionen € fließen werden. Wenn Sie die tatsächlichen Ausgaben 2016 den tatsächlichen Ausgaben 2017 gegenüberstellen, werden Sie definitiv eine Steige­rung verzeichnen.

Es gibt aber noch mehr Tricks, wie man sich das Pensionsbudget schönrechnet, und zwar mit der Arbeitslosenversicherung. Die Beschäftigung ist ja hoch, das haben wir heute schon gehört, und durch hohe Beschäftigung fließen schöne Beiträge. Gleichzeitig steigt die Arbeitslosigkeit, und dadurch fließen im Jahr 1,5 Milliarden € aus der Arbeitslosenversicherung in die Pensionsversicherung hinein – das sind soge­nannte Teilversicherte. Das heißt, mit Geldern aus der Arbeitslosenversicherung stopft man das Pensionsloch und rechnet es künstlich klein.

Ein weiterer Faktor bleibt unbeachtet, nämlich dass die Pensionisten von diesem riesigen Pensionsloch gar nichts haben. Wenn nämlich keine Pensionsreform stattfindet, kein Nachhaltigkeitsfaktor eingebaut wird, wenn das Pensionsalter nicht an die Lebenserwartung angepasst wird, dann produzieren Sie Altersarmut, weil das System immer niedrigere Ersatzraten produzieren wird, weil die Menschen immer weniger von ihrem Letztbezug als Pension bekommen werden. Nur längeres Arbeiten ermöglicht, dass die Pensionen auch vernünftig den Bedarf decken, den die älteren Menschen haben.

Herr Finanzminister, Sie wollen die Pensionsausgaben reduzieren, das ist sehr lobenswert. Beim Pensionsgipfel im Februar hat das leider ziemlich lächerlich ausgesehen, das Gegenteil ist der Fall: Durch höhere Ausgleichszulagen werden wir noch höhere Ausgaben produzieren. Ein bisschen erwecken Sie schon mein Mitleid, weil Sie es natürlich in der eigenen Partei auch nicht leicht haben: Wenn es um die Angleichung des Frauenpensionsalters an jenes der Männer geht, geht Ihre Partei nicht mit; wenn es um den Pensionsautomatismus geht, geht Ihre Partei nicht mit – als ob der Koalitionspartner nicht schwierig genug wäre.

Zu diesem schwindligen Hunderter, der da von den Roten ins Spiel gebracht wird, möchte ich auch noch etwas sagen: Wenn Sie etwas Gerechtes machen wollen, dann nehmen Sie den Hunderter, um Schulden zurückzuzahlen, denn jetzt wollen Sie den Hunderter jenen Menschen geben, die zu besonders günstigen Konditionen in Pension gegangen sind, und die, die in 20 Jahren zu viel schlechteren Konditionen in Pension gehen werden, die dürfen den Hunderter finanzieren. Das ist nicht gerecht!

Wir haben außerdem immer mehr Arbeitslose, und wir haben immer mehr Langzeit­arbeits­lose – und da läuft uns in der Zwischenzeit die Zahl der Notstandshilfebezieher davon. Wir haben 45 Prozent mehr Notstandshilfebezieher als Arbeitslosengeld­bezie­her. Da muss man sich fragen, ob es richtig ist, dass die Notstandshilfe zeitlich unbefristet gewährt wird, oder ob es nicht besser wäre, die Systeme Notstandshilfe und Mindestsicherung zusammenzuführen. Wenn jemand einmal zwei Jahre Arbeitslosen­geld und Notstandshilfe bezogen hat, dann gehört er in die Mindestsicherung über­geführt, ein System zur sozialen Grundsicherung.

Das sind Punkte, Herr Minister, die darf man nicht nur anschauen, die muss man auch umsetzen! (Beifall bei den NEOS.)

12.05


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ing. Dietrich. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 64

12.05.58

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler Kern hat vom Lackmustest gesprochen. Würde man einen Lack­mustest beim Arbeitsmarkt machen, so würde der Streifen tiefrot aufleuchten, tiefrot wie eine Ampel auf Stopp. Das, was die Bundesregierung in den letzten Jahren abgeliefert hat, das war keine Verbesserung, das war kein Beitrag, um den Arbeits­markt zu beleben, sondern das war ein Beitrag, um die Arbeitslosenzahlen in die Höhe zu bringen.

Herr Bundesminister für Finanzen, Sie selbst haben gesagt, immer mehr Geld wird in dieses System hineingepumpt und der Output ist immer schlechter. Das heißt: immer mehr Geld, immer mehr Verwaltung der Arbeitslosen. (Abg. Rädler: Dank Stöger!) – Kollege Rädler, dafür ist nicht nur der Sozialminister zuständig, dafür ist auch der Wirtschaftsminister zuständig! Er trägt maßgeblich Verantwortung dafür, dass der Standort Österreich abgesandelt ist, „abgesandelt“, wie selbst Wirtschaftskam­merprä­sident Leitl gesagt hat. (Beifall beim Team Stronach.)

Man macht es sich als ÖVP zu leicht, wenn man sagt, die Verwaltung funktioniere nicht. Das ist das Ergebnis Ihrer verfehlten Wirtschaftspolitik, das ist das Ergebnis der verfehlten Steuerpolitik, denn: Nur die Wirtschaft schafft Arbeitsplätze, und die Wirtschaft wurde von dieser Regierung gefesselt und behindert.

Meine geschätzten Damen und Herren, Kollege Krainer meinte, die USA haben es sich leichter gemacht, die haben einfach Geld hineingepumpt: Wir brauchen nicht nach Amerika zu schauen. Schauen wir nach Deutschland: Deutschland hat seit 35 Jahren die niedrigste Arbeitslosenrate – seit 35 Jahren! Österreich hat seit den fünfziger Jahren die höchste! Da frage ich Sie wirklich: Woran hapert es? – Es hapert nicht an den fleißigen Arbeitnehmern. Es hapert nicht an den tüchtigen Unternehmern. Es hapert an den Rahmenbedingungen, die die Wirtschaft in diesem Land vorfindet. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Doppler.)

In diese Richtung zeigt auch das WEF-Ranking. Bei den Investitionsanreizen durch Steuern liegen wir von 138 Staaten auf Platz 120, wir bieten also keine Anreize, dass die Unternehmer tatsächlich Investitionen vornehmen. Bei der Dauer von Betriebs­gründungen liegen wir auf Platz 105, total hinten im Ranking, und das als moderner Staat, als der wir uns immer bezeichnen.

Oder: die steuerlichen Arbeitsanreize. Ich glaube, das ist Kollegen Wöginger wichtig, weil er immer sagt, es gebe keine Anreize zur Arbeit. (Abg. Steinbichler: Der hat sich auch 20 Jahre nicht bewegt!) Wenn es aber darum geht, steuerliche Rahmenbedin­gungen zu schaffen, durch die Arbeitsanreize entstehen, sind wir sage und schreibe auf Platz 133 von 138 – gemeinsam mit Senegal und Uganda. Meine geschätzten Damen und Herren, wenn da nicht die Alarmglocken läuten, dann weiß ich nicht, wann.

Der nächste Punkt ist das Pensionssystem: Ja, Pensionen müssen garantiert werden, Pensionen müssen sicher sein, und wir haben eine Lücke in der Finanzierung, da gibt es nichts wegzudiskutieren. Was wir aber auch haben, das ist ein äußerst ungerechtes System. Wir haben ein Mehrklassensystem, das dafür sorgt, dass am Ende des Tages unterschiedlich hohe Pensionen herauskommen, je nachdem wo man beschäftigt ist, ob man Beamter ist oder vielleicht das Glück hat, in der Nationalbank gelandet zu sein.

Wir treten für ein faires System ein, ein faires System, das jeden Österreicher und jede Österreicherin gleich behandelt. Es kann doch in Zeiten wie diesen nicht sein, dass die ASVGler seit 2014 das Pensionskonto haben, während es bei den Beamten noch dauert. Wir müssen doch schauen, die Menschen fair und gleich zu behandeln. Diese


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Ungleichheit in der Behandlung, das ist der Stoff, der dazu führt, dass sich die Gesell­schaft auseinanderdividiert. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir wollen – und das ist uns ganz wichtig – das Abschaffen der Privilegien. Wir wollen, dass Privilegien nicht weiter vergoldet werden, was mit dieser prozentuellen Erhöhung passiert, denn wenn ich dem, der 10 000 € hat, den gleichen Prozentsatz gebe wie jenem, der 1 000 € hat, dann geht die Kluft immer weiter auseinander. Aus unserer Sicht sollte die höchste Pension maximal das Vierfache der niedrigsten Pension ausmachen.

Wir wollen nicht, dass es Privilegien gibt, für die nie einbezahlt wurde und die dann am Ende des Tages durch die prozentuelle Erhöhung noch mehr vergoldet werden. Wir wollen nur eine prozentuelle Erhöhung bis zur ASVG-Höchstgrenze, da dafür eine ordentliche, dann haben alle Pensionisten im unteren Bereich etwas davon. Und dann brauchen wir auch diesen Hunderter nicht, der ja ohnehin nur als Wahlkampfgeschenk zu sehen ist. Wir wollen ein faires System, das vielen dient und nicht nur einigen wenigen. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Doppler.)

12.12


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


12.12.17

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf den Galerien und vor den Fernsehschirmen! Ich komme nun zum nächs­ten Bereich, den wir hier im Rahmen der Budgetdebatte zu besprechen haben, und zwar zum Ressort Inneres.

Wir haben ein Gesamtbudget von 77,5 Milliarden €, und davon gehen 12,6 Prozent in den Bereich Recht und Inneres. Was heißt das? – Es ist heute schon sehr oft erwähnt worden: 2 Milliarden € für Flüchtlinge, Asylwesen und Integration – ja, das stimmt –, und fürs Innenministerium sind über 884 Millionen € für die Grundversorgung, 138 Mil­lio­nen € für die Asylverfahren und 69 Millionen € für das Grenzmanagement vorge­sehen. Das bedeutet aber, dass das Innenministerium in diesem Budget um 440 Millionen € mehr bekommen hat und in Summe 3,47 Milliarden € erhält.

Wenn ich noch kurz auf die FPÖ replizieren darf: Österreich hat und hatte eine große Herausforderung mit der außergewöhnlichen Flüchtlingsbewegung zu bewältigen, das hat sich niemand ausgesucht. (Abg. Höbart: „Flüchtlingsbewegung“!) Das haben wir uns nicht ausgesucht! (Abg. Bösch: Selbst verschuldet! Durch eine unfähige Regierung! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ein hehres Ziel muss aber sein – und dafür stehe ich als Sozialdemokratin ein –: Es ist ein geordneter Ablauf im Frem­den­wesen zu gewährleisten, es ist die besondere Beachtung der Rechtsstaatlichkeit sicherzustellen, und vor allen Dingen sind die menschenrechtlichen Grundwerte einzuhalten. Dafür stehen wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Man hat bereits 2015 offiziell auf die Terroranschläge von Paris reagiert und als Sicherheitsoffensive 72 Millionen € pro Jahr dazugegeben. Man hat zusätzlich neue Grenzpolizisten und 500 neue MitarbeiterInnen für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aufgenommen. Alleine mit der Aufnahme ist es aber nicht getan, die Leute gehören eingeschult, damit ordentliche und korrekte Verfahren gewährleistet sind.

Man hat die polizeiliche Präsenz – und das hat der Herr Innenminister auch so veran­lasst – an neuralgischen Punkten wie Bahnhöfen, Flughäfen und öffentlich stark frequentierten Plätzen erhöht. Das ist ein wichtiger Aspekt. Diese vermehrte Leistung erfordert nicht nur mehr Personal, diese vermehrte Leistung erfordert auch eine bes-


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sere Ausrüstung für die Polizistinnen und Polizisten. Darum bin ich sehr froh, dass unser Bundeskanzler beim GÖD-Kongress erstmalig, aber auch heute in der Budget­debatte gesagt hat, dass es in diesem Bereich zusätzlich 1 258 Planstellen geben wird.

Ich denke, dass das eine gute und wichtige Entscheidung ist, denn die Bewältigung der wachsenden Aufgaben, die ich jetzt auszugsweise zu beschreiben versucht habe, der immer größer werdenden Herausforderungen kann nicht mit gleichbleibenden Res­sourcen funktionieren. Dem wird Rechnung getragen, indem es eine gewisse Anzahl an zusätzlichen Exekutivbediensteten, Justizwachebeamten und Kolleginnen und Kollegen im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gibt.

Eines lassen Sie sich ins Stammbuch schreiben: Innere Sicherheit und soziale Sicherheit, das ist die Basis für sozialen Frieden, aber auch die Basis für eine gute und gesunde Wirtschaft, und das lassen wir uns ganz einfach nicht schlechtreden.

Eines möchte ich Ihnen bitte noch mitgeben: Organisatorisch muss man bei der Polizei noch darauf achten, dass es für die Grundausbildung E2a genug Menschen gibt, die diese noch machen können, denn es nützt uns nichts, wenn wir dann die Polizisten haben und keine Kommandanten. Und die zweite Geschichte ist, dass für die E2b-Ausbildung auch genügend Lehrer, die entsprechenden Räumlichkeiten und alle notwendigen Ressourcen vorhanden sein müssen, denn sonst geht uns das Delta zwischen der Zahl der Pensionierungen und der Zahl der Neuaufnahmen weiter auseinander. Darauf ist Rücksicht zu nehmen, daher ersuche ich den Herrn Innen­minister, in zukünftigen Gesprächen auch darauf Rücksicht zu nehmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.16


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Amon zu Wort. – Bitte.

 


12.16.50

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Politik, heißt es, ist die Kunst des Möglichen. (Abg. Steinbichler: Es gibt aber auch Künstler, die nicht viel können! – Abg. Strache: Freiheit der Kunst!) In diesem Sinne hat der Herr Finanz­minister hier wirklich das Menschenmögliche getan, um Ihnen unter den nicht ganz einfachen Rahmenbedingungen – das hat man heute, denke ich, bei der Präsentation auch gemerkt – ein wirklich gutes Budget vorzulegen, das den euro­päischen Standards entspricht, das aber in seiner Gesamtheit auch jenen Anforderun­gen gerecht wird, die wir für notwendig halten: konsequenter Schuldenabbau, Entlas­tung dort, wo sie nötig ist – natürlich würden wir uns da noch deutlich mehr wünschen, da gibt es noch Spielraum nach oben –, und ein Budget, das auch klug ist im Hinblick auf nachhaltige Investitionen. Dazu, Herr Bundesminister, möchte ich Ihnen einleitend gratulieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Kollegin Lueger hat schon zum Bereich innere Sicherheit übergeleitet, auf diesen Bereich möchte ich mich auch konzentrieren, möchte es aber etwas breiter sehen, so wie Sie das auch angesprochen haben, als Sie gesagt haben, innere Sicherheit und soziale Sicherheit seien letztlich der Garant für den sozialen Frieden. Da müssen wir natürlich schon sehr aufpassen, denn wir haben augenblicklich eine schwierige Debatte um die Frage der Mindestsicherung.

Ich hatte heute Vormittag hier im Haus wieder eine Diskussion mit Damen und Herren aus meinem Wahlkreis, und ich sage Ihnen, die Menschen verstehen nicht, dass jemand, der sein ganzes Leben lang für dieses Land gearbeitet hat, das Gleiche herausbekommt wie jemand, der gerade erst einen Asylstatus erhalten hat und


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Mindestsicherung bezieht. Das wird nicht akzeptiert! (Abg. Peter Wurm: Das sagen wir Ihnen schon seit Jahren! Seit Jahren! Das ist keine Überraschung! Späte Erkennt­nis!) – Seien Sie nicht so aufgeregt! Sie sind ja, glaube ich, eh zu Wort gemeldet, Sie können dann ja gerne darauf replizieren.

Die Menschen verstehen das nicht und sehen das nicht als gerecht an – und das, Frau Kollegin Lueger, ist aus meiner Sicht ein wirklicher Sprengstoff für den von Ihnen zu Recht eingeforderten sozialen Frieden.

Jetzt werden Sie sagen: Na ja, um Gottes willen, dann tun wir halt dort einiges mehr dazu, dann wird sozusagen wieder ein Mehr an Ungleichheit hergestellt. – Da möchte ich Ihnen dagegen halten, und zwar deshalb, weil es schon reicht, ein wenig über die Grenze zu blicken, in die Bundesrepublik Deutschland, die bitte heuer einen Budget­überschuss von 17 Milliarden €, glaube ich, erwirtschaftet hat, und dort ist die Höhe der Mindestsicherung die Hälfte von jener in Österreich; und ich glaube nicht, dass man die Bundesrepublik Deutschland als unsoziales Land bezeichnen kann. Also den sozialen Frieden erhalten wir dann, wenn wir ein Verhältnis herstellen, das von den Öster­reicherinnen und Österreichern auch akzeptiert wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Eine Kollegin von den Grünen hat angesprochen und kritisiert, dass wir bei einer Kumulierung von Sozialleistungen für eine Deckelung eintreten. Und ich sage Ihnen: Ja, wir sind für diese Deckelung, wenn es zu einer Kumulierung von Sozialleistungen kommt, weil es auf der anderen Seite auch keinen Kollektivvertrag gibt, der Rücksicht etwa auf die Frage nimmt, wie viele Kinder ein Alleinverdiener oder eine Alleinver­dienerin hat; deshalb, sage ich Ihnen, ist dieser Deckel bei einer Kumulierung von Sozialleistungen, wie wir ihn vorgeschlagen haben, auch notwendig und richtig und wichtig. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neubauer.)

Im Bereich der inneren Sicherheit sind die Aufgaben sehr, sehr vielfältig. Sie haben das Zahlenwerk völlig richtig dargestellt, Frau Kollegin Lueger, wir investieren da wirklich viel, sowohl in den Bereich der Landesverteidigung – darauf wird mein Kollege noch eingehen – als auch in den Bereich der inneren Sicherheit. Und wir tun es auch rechtzeitig – ich möchte das auch sagen.

Es ist ein Faktum: Wir leben im viertsichersten Land der Welt. Wir haben nun alle Maßnahmen vorbereitet, um den Grenzschutz ordentlich hochfahren zu können, wenn das notwendig ist. Es fehlt uns noch die Sonderverordnung, aber das werden wir auch noch zustande bringen, und dann, davon bin ich überzeugt, können wir auch in der Zukunft in einem der sichersten Länder der Welt leben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.22


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


12.22.20

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Vorab – abseits der Zusicherung, dass ich Sie nicht in irgendeiner Form mit „Schlag nach bei Shakespeare“ belästigen werde – zur Frage der Wahlkampfrhetorik: Also ich glaube, das ist nicht deswegen der Fall, weil in Waidhofen an der Ybbs, der Heimatstadt unseres verehrten Herrn Innenministers – den ich heute bei dieser Debatte, insofern als diese sein Ressort betrifft, gerne hier gesehen hätte –, eine vorgezogene Gemeinderatswahl stattfindet. Sie müssen uns erklären, welchen Wahlkampf Sie meinen. Waidhofen an der Ybbs hat aber durchaus auch eine gewisse Bedeutung.


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Zur zweiten Frage – und die möchte ich im Nachhang sehen an die Sozialdebatte, die vorhin geführt wurde, unter anderem betreffend die Frage der Schaffung von Arbeits­plätzen –: Wir haben gerade ein aktuelles Beispiel aus dem Arbeitsmarktservice Waidhofen an der Thaya gehört. Dort wurde einer arbeitslosen Frau der Arbeitsplatz angeboten, als Putzfrau im nahe gelegenen Asylheim zu arbeiten, und sie meint, sie putze, während die Asylwerber dort in ihren Betten liegen und mit dem Handy spie­len. – Wenn das die Schaffung von Jobs ist, dann verstehe ich Ihre Zuwan­de­rungs­politik im Ganzen. Das wird aber von uns – wie Sie unschwer erkennen werden – eindeutig abgelehnt. (Beifall bei der FPÖ.)

So etwas kann doch in einem Staat wie Österreich nicht stattfinden! Wir werden die Fakten dazu entsprechend nachliefern.

Zur Situation der Sicherheit, Kriminalität, erstes Halbjahr 2016: Steigerung der Krimi­nalitätsrate, österreichweit 6,6 Prozent, in meiner Heimatstadt Krems 27 Prozent, in St. Pölten 28 Prozent, in Linz 33 Prozent und in den Wiener Bezirken sind es unterschiedliche zweistellige Prozentzahlen, um die sich die Kriminalitätsraten dort steigern. Und da muss gegengesteuert werden.

Illegale Zuwanderung: Im ersten Halbjahr 2016 wurden 130 000 Personen, die sich illegal in Österreich befinden, von den Sicherheitsbehörden aufgegriffen. Was ist aber geschehen? – Es hat im ersten Halbjahr dazu 5 163 Außerlandesbringungen gegeben, wobei da alles zusammengezählt wird, also Dublin-Abschiebungen, freiwillige Rück­kehr et cetera. In Wirklichkeit ist das das Armutszeugnis dieser Bundesregierung in der Bekämpfung der illegalen Zuwanderung. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn jemand hier im Land ist, dann bleibt er da und dann bekommt er die Möglichkeit, entweder vom Staat sozial unterstützt zu werden oder kriminell zu werden; das sind die beiden Möglichkeiten, die er hat. Oder – Sie schlagen diesen Weg ja vor – wir machen die Integration und versorgen sie mit billigen österreichischen Arbeitsplätzen, so wie es Teile der Industrie ja verlangen. Das sind aber vordergründige Ziele, da geht es nicht um den österreichischen Arbeitsmarkt, sondern nur um billige Arbeitskräfte, die österreichische Arbeitnehmer verdrängen sollen. Und da sind wir durchaus eins mit den österreichischen Gewerkschaftern, die diese Entwicklungen ganz genauso sehen.

Was passiert? – Herr Bundesminister Sobotka hat im Zuge seiner Äußerungen erst unlängst gesagt: Es gibt in Österreich Asylwerber, die die Asylbehörden anlügen! (Abg. Lausch: So was!) Die sagen nicht die Wahrheit! (Abg. Lausch: Das ist ganz was Neues!) – Ja, meine Damen und Herren, Zitate von genau solchen Aussagen, wie sie der Herr Innenminister da gemacht hat, können Sie in freiheitlichen Parlamentsreden aus den letzten Jahren zu Dutzenden finden. Damals allerdings kamen die Zwischen­rufe: Hetze!, Rechtspopulismus!, Rechtsextremismus! – Jetzt haben genau diese Äußerungen, diese Analysen und Ableitungen Eingang in die Rhetorik des öster­reichischen Innenministers gefunden. (Abg. Steinhauser: Das ist bedenklich, ja!)

Kollege Steinhauser hat gemeint, das sei bedenklich, man sieht aber, wie der stete Tropfen den Stein höhlt. Es wird halt nur notwendig sein, dass es auch einen freiheit­lichen Innenminister gibt, der dann diese Worte, die gesprochen worden sind, auch in Taten umsetzen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Um einen freiheitlichen Innenminister zu haben, wird eines notwendig sein: ein Bundespräsident, der ganz nach demokratischen Gepflogenheiten auch freiheitliche Minister angeloben wird – und nicht einer, der von vornherein sagt, ich akzeptiere Wahlergebnisse und Mehrheiten nicht. (Beifall bei der FPÖ.) Am 4. Dezember wird es daher notwendig sein, ihm die Stimme zu geben. (Zwischenruf des Abg. Amon.)


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Nun, Papier ist absolut geduldig. In einem Gesundheitssystem braucht man nicht nur Zahlen, sondern da braucht man Ärzte, pflegendes Personal und weiteres medizini­sches Personal. Im Bildungssystem braucht man Lehrpersonen. In der Landesver­teidigung braucht man auch nicht nur Planstellen auf dem Papier, sondern man braucht Soldaten. Und genauso verhält es sich bei den Polizisten: Man braucht Polizisten, die gut ausgebildet und ausgerüstet sein müssen.

Im Oktober 2015 wurde von Innenministerin Mikl-Leitner – manche können sich sogar noch an sie erinnern – angekündigt: 2 000 Polizisten und 500 Asylbeamte mehr im nächsten Jahr. Im Jänner 2016 hieß es, es werden 1 500 Polizisten aufgenommen, davon 700 für die Pensionierungen. Am 7. Februar war vonseiten des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit Kogler zu hören: 1 500 neue Polizisten, dafür 750 für die Grenzpolizei und 750 für den sonstigen Polizeidienst. – Wir haben derzeit aber nur 1 000 Polizisten in Ausbildung! Angeblich sollen 700 für die Exekutive und 300 für die Grenzpolizei eingesetzt werden. Es gibt 2016 28 000 Planstellen und für heuer 650 mehr. 600 Planstellen zu den 750 bis 800 Pensionierungen, das bedeutet einen kon­kreten Mannbedarf von 1 350 bis 1 400 Polizisten. 1 000 sind in Ausbildung.

Ich möchte jetzt nicht auf die Bildungsdebatte vorgreifen, aber jetzt sind wir schon bei der Frage der Grundrechnungsarten: Es geht sich einfach nicht aus! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hagen.) Alles, was Sie da auf dem Papier schreiben: Es geht sich mit den Fakten nicht aus!

Wir können uns daher vorstellen – und es ist dringend notwendig –, in der Ausbildung der Polizei etwas Grundlegendes zu verändern. Wir brauchen zusätzliche Ausbildungs­plätze, damit wenigstens irgendwann einmal diese Polizeidienstposten besetzt werden – nicht nur auf dem Papier, sondern mit wirklichen, engagierten Polizistinnen und Polizisten, die auch ein neues Berufsbild bekommen müssen. Früher hat es zum Beispiel auch den Lehrberuf des Polizisten gegeben. Sehr viele Polizisten, die heute Dienst versehen, haben diese Lehre absolviert. Da muss man ansetzen und jungen Menschen jetzt schon eine Perspektive geben, so in den Staatsdienst hineinzukom­men. Das wäre notwendig!

Man muss auch eine Unterscheidung machen zwischen den Polizisten, die es gibt. Da gibt es die, die Terror bekämpfen müssen – wir kennen die Bilder: voll ausgerüstet mit Helmen, mit schusssicheren Westen –, die wirklich einen ganz, ganz harten Job machen, bis hin zu Polizisten, die vielleicht mit der Radarpistole besser umgehen können, oder anderen, die vielleicht nur das sektorale Bettelverbot vollziehen müssen. Da gibt es auch Unterschiede vom Sicherheitsrisiko her.

Es gibt sogar Polizisten, die eingesetzt werden müssen, um einen Wiener Ball vor linken Chaosdemonstranten und Steinewerfern zu beschützen. In diesem Zusammen­hang kann ich nur sagen: Es ist schön, zu lesen, wie dieser Ball, der freiheitliche Akademikerball – ich freue mich schon auf seine Eröffnung durch HC Strache –, von der Tageszeitung „Österreich“ gestern in einem Bericht über die Wiener Ballsaison bezeich­net wurde; die Zeitung „Österreich“ schreibt: „Am 3. Februar feiert die intellek­tuelle Elite beim Wiener Akademikerball.“ (Beifall bei der FPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Ihr Neidkomplex: Sie dürfen halt nicht hinein, weil Sie die Eintrittsvoraussetzungen nicht erfüllen! (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: „Österreich“, ein Qualitätsmedium! – Abg. Walter Rosenkranz – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Darum inseriert die Sozialdemokratie so gern darin! – Ruf bei der FPÖ: Und die Stadt Wien!)

12.30


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 70

12.30.35

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Ein Budget ist immer ein Mosaikstein für eine langfristige Politik.

Wenn ich mir dieses Budget anschaue, stelle ich mir die Frage: Wie wird unser Land in 30 Jahren ausschauen? Wird es uns gelungen sein, jedem Kind gerechte Bildungs­chancen zu geben? Wird es gelungen sein, dass die Schutzsuchenden von heute ein gut integrierter Teil unserer Bevölkerung, unserer Gesellschaft sind? (Abg. Höbart – die Hände zusammenschlagend –: „Schutzsuchenden“! Ich halte das nicht aus!)

Angesichts dieser Fragen möchte ich mit Ihnen eine Vision teilen, wie es mit einem guten Zusammenwachsen und Zusammenleben in 30 Jahren in unserem Land aus­schauen könnte – zwar eine Vision, aber ausgehend von einem ganz konkreten Menschenleben, vom Leben eines ehemaligen Flüchtlingskindes. Ich spreche nicht von Alexander Van der Bellen, der gerade für das höchste Amt im Staat kandidiert, denn auch er ist ein Flüchtlingskind. Seine Familie wurde mehrfach vertrieben und hat in Österreich Schutz und Aufnahme und auch eine neue Heimat gefunden. (Zwischenrufe der Abgeordneten Deimek und Strache.) – So viel zur Integration von Flüchtlingen, die bis jetzt auch gut bis sehr gut gelungen ist. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Strache: …! Damals gab es noch das okkupierte Österreich! – Abg. Steinbichler: …! Das waren andere Zeiten!)

Ich möchte von einem Start-up-Gründer, von einem Unternehmer und EU-Jugend­bot­schafter erzählen. Sein Name ist Ali Mahlodji. Er ist vor circa 30 Jahren als zweijäh­riges Flüchtlingskind in Österreich, in Traiskirchen angekommen. Er ist als zweijähriges Kind mit seinen Eltern aus dem Iran geflüchtet, hat mehrere Monate in Traiskirchen verbracht und ist in diesem Land, in Österreich, aufgewachsen. Trotz großer Widrig­keiten – er hat nämlich auch die Schule abgebrochen – hat er es geschafft, nach vielen, vielen Jobs, die er hier als anerkannter Flüchtling gemacht hat, ein Start-up-Unternehmen zu gründen, mit dem er versucht, jungen Menschen, nicht nur hier bei uns, sondern in Europa und eigentlich weltweit, Hoffnung zu machen, ihre Potenziale zu nutzen, weil es immer um Menschen und um ihr Potenzial geht – auch bei diesem Budget, über das wir hier diskutieren.

Weil immer wieder die Frage kommt: Wie sollen die Kosten für Einschulung, für Deutschkurse, für Orientierungskurse aufgebracht werden?, möchte ich eine konkrete Zahl nennen: 244 Milliarden € entgehen der EU jährlich durch Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Geld wäre also da, wenn man zum Beispiel die internationalen Konzerne endlich gerecht besteuern würde – ohne bei Familien, die in der Mindestsicherung sind, drei oder vier Kinder haben, den Betrag zu deckeln.

Da die Budgets immer ein Mosaikstein für gelebte und langfristige Politik sind, liegt es in unserem Wollen und in unserer Macht, in 30 Jahren viele Ali Mahlodjis zu haben, viele Menschen, die diesem Land sehr viel zurückgeben, die zum Beispiel ein Unternehmen gründen, die viele Menschen beschäftigen, die aber vor allem für Inno­vation, für Hoffnung und für eine bessere Zukunft sorgen. In diesem Sinne ist es positiv, dass vorgesehen ist, auch die Gelder für Deutsch- und Orientierungskurse für Flüchtlinge und Schutzsuchende zu erhöhen. Das ist zu begrüßen.

Ich möchte abschließend – noch einmal – an uns alle appellieren, weil wir alle gewählt sind, um an einer besseren Zukunft für Österreich und für Europa zu arbeiten: Es liegt in unserer Macht, viele Erfolgsgeschichten zu produzieren, viele Ali Mahlodjis zu haben. In diesem Sinne: Lasst uns zusammen an einer guten Zukunft arbeiten! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.35



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 71

Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 


12.35.21

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr, sehr geehrte Damen auf der Regierungsbank! Liebes Hohes Haus! Danke, Frau Kollegin Korun – ich muss als Disclaimer natürlich vorausschicken, dass das nicht abge­sprochen war und dass Sie keine Gegenleistung dafür erhalten, für ein Unternehmen, an dem ich beteiligt bin, Werbung zu machen –, Sie haben ja über Whatchado gesprochen. Vielen Dank dafür!

Es geht um das Budget für das Innenressort, das ja um sagenhafte 14,5 Prozent erhöht wurde, das sind 440 Millionen €. Es ist natürlich niemals eine gute Idee, hier Dinge, die schwer vergleichbar sind, gegeneinander aufzurechnen, trotzdem sollte man, mit einem Blick auf meine anderen politischen Aufgabenfelder, diese Größen­ordnung einmal in Relation setzen: 440 Millionen €, das ist in etwa so viel, wie das Kulturbudget ausmacht. Oder – weil es auch gerade um Start-ups gegangen ist –: Wir werden hier bald ein Start-up-Paket in der Größenordnung von 185 Millionen € zu verhandeln haben. Also diese Aufstockung ist in etwa dreimal so viel. Wir sprechen und verhandeln hier über eine Ausweitung der sich auf nicht einmal 10 Millionen € belaufenden Presseförderung, deren Erhöhung im neuen Budget noch nicht berück­sichtigt ist.

Da stellt sich schon auch die Frage: Wofür wird dieses Geld verwendet? Und wenn ich den Finanzminister aus seiner Budgetrede zitieren darf hinsichtlich der Frage, was mit diesen 440 Millionen € geschieht, so geht es da um das Aufrechterhalten des hohen Niveaus der öffentlichen Ruhe und Ordnung. – Ja, wir wollen alles, nur keinen Bahöl.

Ein wesentlich besserer Beitrag oder ein anderer sinnvoller Beitrag zur Erhaltung dieser öffentlichen Ruhe wäre – und da bin ich wieder bei der Presseförderung –, dem Boulevard heute die Inserate in Österreich zu entziehen, damit dort nicht ständig Unruhe geschürt wird. Das wäre auch einmal ein sinnvoller Ansatz.

Ich bin natürlich überzeugt, dass jeder Euro, der hier investiert wird, auch gut aufge­hoben ist. Allerdings ist es ja auch immer interessant, zu sehen, was in diesem Budget fehlt. Bundeskanzler Christian Kern meinte, „die Digitalisierung wird kommen“. Mit „kommen“ meint er wahrscheinlich so eine Art Prozess, der sich länger zieht und schon vor einigen Jahrzehnten begonnen hat. Wir arbeiten ja nach wie vor eher am Status quo. Manchmal hat man den Eindruck, wir erfinden noch Gegenmaßnahmen für den Y2K-Bug, auf den wir uns da vorbereiten. Dementsprechend ist es auch schade, dass der Bereich Cyberkriminalität in diesem Budget nicht explizit erwähnt wird beziehungs­weise sich auch bei genauerer Sichtung der Zahlen nicht wirklich herauslesen lässt – denn das müsste ja in den Zahlen irgendwo auftauchen, wenn für diesen Bereich auch entsprechende Mittel verwendet würden.

Das heißt, Digitalisierung fördert neue Kriminalitätsphänomene zutage, die durch dieses Budget nicht wirklich adressiert sind. Der Verdacht ist, dass es da keine neuen Aktivitäten gibt. Kriminalprävention, IT-Sicherheit stellen einen immer höheren Aufwand dar und haben einen immer höheren Stellenwert in der täglichen Arbeit, auch was die Sicherheitsagenden betrifft, und dementsprechend sollten sie auch berücksichtigt werden. Wir wünschen uns hier mehr Transparenz hinsichtlich der budgetären Aufwen­dungen und natürlich auch mehr Aufwendungen an sich sowie eine Gesamtzusam­menschau dessen, was das BKA und das Verteidigungsministerium da mit dem Innenministerium leisten. (Beifall bei den NEOS.)

12.38


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 72

12.39.07

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Wir sprechen jetzt über das Thema innere Sicherheit. Es klingt ganz gut, wenn man sich hier herstellt und sagt, im Budget sind 440 Millionen € mehr für die innere Sicherheit vorgesehen. Wenn man jedoch dem Ganzen ein bisschen auf den Zahn fühlt und es ein bisschen mit der Lupe betrachtet, dann zeigt sich eine ganz andere Situation, nämlich dass die innere Sicherheit durch diese 440 Millionen € nicht erhöht wird, sondern das Geld ganz woanders hineinfließt, in Bereiche, die mit Sicherheit nichts zu tun haben.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auf diese schwarze Null, die heute schon oft angesprochen worden ist, nämlich die schwarze Null für die Polizei, für die innere Sicherheit zurückkommen! Wenn wir das Budget betrachten, sehen wir, dass die gesamten 440 Millionen € in Bereiche gehen, in denen Asylgeschichten abgewickelt werden. Das heißt, bei innerer Sicherheit ist es hier mit einer schwarzen Null getan. Wenn ich als Polizeibeamter mit Kollegen spreche, dann höre ich immer wieder, dass zwar im Asylbereich, im Fremdenbereich aufgestockt wird, da sehr viele Verwaltungs­tätigkeiten abzuwickeln sind – dort wird aufgebläht, dort wird aufgestockt, damit es schneller geht –, aber für die innere Sicherheit ist kein Geld vorhanden.

Ich möchte das an einem Beispiel erklären: Vor Kurzem habe ich mit jemandem von einer Tatortgruppe einer Landespolizeidirektion in einem großen Bundesland ge­sprochen, und diese Person hat mir Folgendes erzählt: Sie haben lediglich zwei Laptops für die Abwicklung der Abnahme von Fingerabdrücken. Jeder, der herein­kommt, muss seine Fingerabdrücke abgeben und wird in die erkennungsdienstliche Evidenz eingespeichert. Sie haben dazu jedoch nicht die notwendige Ausstattung, da kein Geld zur Verfügung steht. Das heißt, sie müssen das auf die alte Art und Weise mit den schwarzen Farbtupfern auf den Papierformularen machen. Und dann wird es immer ganz lustig, denn dann, wenn ein internationaler Terrorfall behandelt wird, kommen die Kollegen aus den anderen Ländern, aus China, aus Deutschland, aus Frankreich, aus Amerika, von überall her, klappen ihre Laptops auf und wollen ver­gleichen, und dann sagen die Österreicher: Es dauert leider ein bisschen, in etwa einem halben Jahr dürften wir die Fingerabdrücke eingespeichert haben, denn wir sind leider technisch nicht so weit, da wir kein Geld dafür haben!

Herr Bundesminister, auch wenn Sie es vielleicht gut gemeint haben, aber da ist in Österreich mit Sicherheit keine Sicherheit gegeben – auch nicht, wenn gesagt wird, wir haben mehr Personal, was vorhin auch schon von Kollegin Lueger angesprochen worden ist: Dieses Personal wird in jenen Bereichen eingesetzt, in denen Tätigkeiten betreffend Asylwerber stattfinden, und nicht bei der Polizei.

Es gibt mir auch zu denken, wenn ich in mein Bundesland schaue, wo haufenweise junge Beamtinnen und Beamte kündigen, weil sie mit der Arbeit nicht mehr zurande kommen, weil sie den Stress nicht mehr aushalten und weil sie, da nur wenig Nach­wuchs kommt und viele davon innerhalb kurzer Zeit wieder gehen, sagen, unter diesen Bedingungen sei ein normales Arbeiten, ein vernünftiges Arbeiten bei der Polizei nicht möglich. Dann haben wir das Problem, dass es Pensionierungen gibt, keine oder wenige Junge nachkommen – und dann geht die Schere auf. Diejenigen Beamten, die den Dienst noch verrichten müssen, sind so ausgebrannt, dass sie körperliche Prob­leme bekommen und entweder in den Innendienst gehen, sich versetzen lassen oder gar kündigen. Da müssten wir an der Wurzel des Übels ansetzen, ich glaube nicht, dass mit diesem Budget etwas für mehr Sicherheit getan wird.

Auf das Asylthema werde ich im Rahmen meiner zweiten Wortmeldung, nämlich zum Thema Äußeres, zurückkommen, da werde ich Ihnen noch Sachen erzählen, bei denen Sie wahrscheinlich mit den Ohren wackeln, denn dort läuft so viel schief und


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wird so viel Geld verlocht, das kann ich jetzt nicht mehr erzählen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Doppler und Gerhard Schmid.)

12.43


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


12.43.37

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus, Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Als Sicherheitssprecher meiner Partei sage ich, in allen drei Sicherheitsbereichen haben wir ein ordentliches Budget. Ich bin überhaupt der Meinung, dass wir insgesamt ein gutes Budget haben – in schwierigen Zeiten, das ist überhaupt keine Frage.

Ich möchte mich bei der Bundesregierung insofern bedanken, als man auf alle unsere Argumente im Sicherheitsbereich eingegangen ist. Kollege Hagen, so, wie du es erzählt hast, stimmt es nicht, denn die Frage ist, wie man die einzelnen Personal­ressourcen innerhalb der Ressorts verteilt. Ich glaube, budgetmäßig kann man nichts dagegen sagen, denn beide Ressorts haben nicht nur ein ordentliches Budget für das kommende Jahr, sondern da sind bis 2020 Vereinbarungen getroffen worden, die auf die Aufgabenstellung, die auf die Sicherheitsbereiche zukommt, Rücksicht nehmen.

Wenn ich kurz etwas zum Militär sagen darf: Wir haben ein Budget mit über 2,3 Milliar­den €, wir haben die rund 900 Millionen € bis 2020. Die Bundesregierung hat ein Sicherheitspaket gemacht, bei dem versucht wird, die Aufgaben, die heute auf die Sicherheitsbereiche zukommen, gemeinsam, was die zwei Ressorts betrifft, zu lösen. Ich glaube, dass das eine gute Grundlage ist, auf der man aufbauen kann, um für unsere Bürgerinnen und Bürger die Sicherheit auch effizienter gewährleisten zu können. Das muss man sehen, das ist keine Selbstverständlichkeit.

Betreffend das Verteidigungsressort darf ich sagen, dass das nach vielen Jahren – weil du (in Richtung des Abg. Schönegger) mich gerade anschaust – erstmals gelungen ist. Wir haben viele Gespräche geführt, und ich möchte mich bei allen bedanken, die dabei mitgeholfen haben. Wir haben im letzten Jahr mit einem einstimmig beschlossenen Antrag auch einen nicht unwesentlichen Beitrag geleistet.

Es muss uns klar sein – Kollegin Lueger hat es richtigerweise schon gesagt –, die Sicherheit ist ein umfassender Begriff, da kann man nicht immer nur den klassischen Bereich sehen. Wir dürfen den klassischen Bereich der Sicherheit aber auch nicht aus den Augen verlieren, das ist überhaupt keine Frage. Wenn es uns nun gelingt, das, was die Organisationsfragen, die Ausrüstungsfragen, die Nachwuchsprobleme in den einzelnen Bereichen betrifft, in einer eher dynamischen, raschen Phase umzusetzen, dann kann ich nur sagen, die Bundesregierung und wir haben gemeinsam einen wesent­lichen Beitrag geleistet, der in die richtige Richtung geht. Das soll man auch sehen.

Ich möchte mich explizit auch bei der Frau Staatssekretärin noch einmal bedanken, ich mache das bei jeder Gelegenheit. Ich bin einer, der über viele Jahre immer wieder darüber verhandelt und versucht hat, die notwendigen Planstellen zu bekommen. Es ist vollkommen richtig, wenn hier von mehreren Vorrednern die Frage aufgeworfen wurde, wie schnell man jene, die jetzt aufgenommen werden, ausbilden kann – nicht nur bei den Grundausbildungslehrgängen, sondern auch berufsbegleitend und fort- und weiter­bildend –, aber das sind organisatorische Fragen, die müssen die Ressorts lösen.

Vom Budgetansatz her, würde ich aber meinen, hat diese unsere Bundesregierung ein gutes Budget vorgelegt. Jetzt müssen wir alles umsetzen und mit Leben erfüllen. Ich lade Sie dazu sehr herzlich ein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.47



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 74

Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schönegger. – Bitte.

 


12.47.25

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Titelseite der heutigen „Kleinen Zeitung“ ansieht – „Der neue Trend zum Heer“ –, dann muss man feststellen, dass eine derartige Schlagzeile vor einem Jahr wahrscheinlich die Allermeisten unter uns nicht für möglich gehalten hätten.

Ich bin sehr stolz darauf, dass diese Schlagzeile auch genau heute Platz greifen kann, und denke, es können alle hier in diesem Haus stolz darauf sein, insbesondere jene, die dem Entschließungsantrag für die budgetäre Ausgestaltung, mit dem im Grunde vor einem Jahr der Turnaround für das Bundesheer begonnen hat, im Namen ihrer Fraktion zugestimmt haben und als Antragsteller mitgegangen sind: Das waren Otto Pendl – ich möchte sie namentlich erwähnen, denn die Herrschaften, die das unterschrieben haben, haben voriges Jahr erkannt, wie wichtig dieses Thema ist –, Peter Pilz für die Grünen – es war bemerkenswert, dass er mitgegangen ist; ich bedanke mich noch einmal dafür –, Kollege Bösch von der Freiheitlichen Partei, Kollege Hagen und Kollege Alm von den NEOS. Ich glaube, das ist ein deutliches Zeichen des Parlaments, darauf kann man auch stolz sein, und damit hat es begon­nen.

Wir haben es gemeinsam geschafft, dass das österreichische Bundesheer budgetär wieder als das behandelt wird, was es ist, nämlich die strategische Handlungsreserve der Republik. Das österreichische Bundesheer budgetär zu stärken bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als einen essenziellen Beitrag für die Sicherheit in diesem Land, für die Demokratie zu leisten.

Die Österreicherinnen und Österreicher können gewiss sein, dass jeder Cent, jeder Euro, der im Bundesheer verwendet wird, für ihre Sicherheit verwendet wird. Endlich werden die dringend benötigten Investitionen in die Truppe, in die Ausrüstung vorge­nommen, um unsere Männer und Frauen in Uniform auf jede denkbare Bedrohung und geforderte Hilfeleistung vorzubereiten.

Dass Geld allein nicht die Lösung sein kann, ist hoffentlich jedem klar, es braucht auch wichtige Reformen. Ich nenne den Grundwehrdienst Neu, ich nenne die Auflösung der SIVBEG und die Übertragung der Aufgaben in das heeresintern bereits bestehende Militärische Immobilienmanagementzentrum – derartige Reformen sind wesentliche Wegmarken auf dem Weg zu einer modernen Armee, die im 21. Jahrhundert ge­braucht wird.

Das klassische Bild unserer Armee hat sich in den letzten 50 Jahren verändert. Natürlich ist die Kernaufgabe die klassische Landesverteidigung, zu den Aufgaben gehören aber auch der Schutz der kritischen Infrastruktur, die Assistenz im Bereich Terrorismusbekämpfung, im Grenzschutz, bei der Bewältigung von Katastrophen und nicht zuletzt auch die Auslandseinsätze, für die wir zu Recht weltweit gelobt werden. Unsere Soldaten sind immer dann zur Stelle, wenn man sie braucht. Und klar ist, um diese Herausforderungen zu bewältigen, bedürfen wir im Rahmen der Landesvertei­digung auch eines stabilen Budgets.

Ich komme noch einmal zurück zur Titelseite der „Kleinen Zeitung“ und wiederhole sie: „Der neue Trend zum Heer“. Da darf ich auch feststellen, dass es dieses Haus war – wie immer gemeinsam mit dem Finanzminister –, das das Bundesheer auch wieder zu einem attraktiven Arbeitgeber gemacht hat: Besoldungsreform, das bedeutet eine


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Anhebung der Besoldung in dem so wichtigen Bereich der Unteroffiziere und der Chargen. All das haben wir gemeinsam gemacht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mich beim Finanzminister, besonders aber und ganz bewusst bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in seinem Haus bedanken. Dieses Budget schafft nämlich Vertrauen und gibt Sicherheit – nicht nur, aber auch, weil in diesem Budget dem Bundesheer wieder eine besondere Bedeu­tung zugedacht wird. Wir sind vom Ankündigen ins Umsetzen gekommen, und das ist die Art von Politik, die Vertrauen schafft und den Menschen Sicherheit gibt. Und Sicherheit ist die Antwort in unsicheren Zeiten.

Aristoteles hat gesagt: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“ – Minister Doskozil, Minister Sobotka, Finanzminister Schelling haben die Segel richtig gesetzt, während der Bundeskanzler sich heute in seiner Rede etwas vertan hat, es war eine Parteitagsrede. Diese drei Herren haben im Bereich der Sicherheit aber gezeigt, die Segel sind richtig gesetzt. Dafür bedanke ich mich, das ist der Weg, den wir brauchen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.52


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bösch. – Bitte.

 


12.52.15

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat für dieses Budget eine Sicherheitsmilliarde aufge­stellt, eine knappe Sicherheitsmilliarde, in etwa die Hälfte wird dem Innenministerium zugeteilt und die andere Hälfte dem österreichischen Bundesheer.

Für die finanziellen Zuwendungen war es in beiden Bereichen höchst an der Zeit – mein Kollege Rosenkranz ist auf den Bereich des Inneren schon eingegangen –, wir müssen uns vor Augen halten, was alles passieren musste, bis die österreichische Bundesregierung diese Maßnahmen gesetzt hat. Und es ist nicht so, wie SPÖ-Kollegin Lueger erklärt hat, dass diese illegale Massenzuwanderung einfach geschehen ist. Wir müssen uns das wieder in Erinnerung rufen: Diese illegale Massenzuwanderung wurde durch verantwortungslose Aussagen der deutschen Bundeskanzlerin provoziert, gemeinsam mit ihrem kongenialen Kollegen Werner Faymann, der damals Bundeskanzler dieser Republik war! (Beifall bei der FPÖ.)

Als dann diese Massenzuwanderung geschah, hatten wir eine unwillige und unfähige Bundesregierung. Unwillig! Die österreichische Bundesregierung hatte nicht den politischen Willen, unsere Grenzen zu schützen, geschweige denn zu schließen. Das hat dazu geführt, dass wir heute 2 Milliarden € für diesen Bereich aufwenden müssen; 2 Milliarden €, die im Sicherheitsbereich besser aufgehoben wären als in der gesamten Flüchtlingsbetreuung, als in der Administrierung dieser illegalen Massenzuwanderung, wie wir sie derzeit haben. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Für das österreichische Bundesheer sind für das kommende Jahr insgesamt 2,3 Mil­liar­den € ausgewiesen, Herr Bundesminister. Das wird, wenn ich es in Relation zu den letzten Jahren setze, in denen wir bei 0,56 Prozent des Bruttoinlandsproduktes waren, etwa 0,6 bis 0,7 Prozent ausmachen. Das ist nicht sehr viel. Ich darf Sie alle daran erinnern, dass die Bundesheer-Reformkommission 1 Prozent des Bruttoinlandspro­duktes als Minimum für ein effizientes Landesverteidigungsbudget vorgeschlagen hat.

Die Wirkungsziele, die Sie, Herr Bundesminister, im Budget nennen, sind richtig: die Sicherstellung der Landesverteidigung, die Gewährleistung der Katastrophenhilfe, den Schutz der kritischen Infrastruktur und die internationalen Einsätze. Die strukturellen Änderungen, die der Landesverteidigungsminister vorgenommen hat, mit den vier


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großen Kommandos, Luftstreitkräfte, Landstreitkräfte, Logistik und Führungsunterstüt­zung, weisen in eine gute Zukunft. Die Territorialkräfte mit den neun Militärkom­mandos, von denen jedes ein präsentes Jägerbataillon bekommen soll, plus ein Miliz­bataillon, und die Pionierkompanien, das Kommando Gebirgskampf, das Kommando Schnelle Einsätze, die schwere Brigade und die leichte Brigade weisen darauf hin, dass der Landesverteidigungsminister seine Aufgabe ernst nimmt und versucht, die notwendigen Strukturen zu schaffen, um diese Herausforderungen auch bewältigen zu können.

Es muss aber klar gesagt werden, dass wir eine kontinuierliche Budgetierung dieses Bereiches brauchen, Herr Finanzminister, denn ohne kontinuierliche Budgetierung wird alles, was Doskozil da vorgeschlagen hat, ein Kartenhaus bleiben – ein Kartenhaus, das in wenigen Jahren wieder zusammenbrechen wird, da es notwendig sein wird, alle budgetären Mittel in eine vor allem personelle Aufrüstung des österreichischen Bun­desheers zu lenken.

Die materielle Verbesserung ist, wie sie stattfindet, begrüßenswert, ebenso die Erhal­tung der Kasernenstruktur, vor allem auch im Hinblick auf die Errichtung eines Netzes im Katastrophen- und Zivilschutz, nicht nur in Bezug auf die Organisation der Streit­kräfte. Die Modernisierung und Erweiterung des Fuhrparks, Fahrzeuge des Typs Pandur und Husar, Quads und Hägglunds, ist begrüßenswert. Dies wird dazu führen, dass das österreichische Bundesheer bei der Bewältigung all der Herausforderungen, die an das Bundesheer gestellt werden, handlungsfähig wird.

Wir brauchen dazu aber ein nachhaltiges Budget, sonst wird das nicht gelingen. (Beifall bei der FPÖ.) Herr Bundesminister, Sie müssen darauf achten, dass das Landesver­teidigungsbudget in den kommenden Jahren in Richtung dieses Vorschlags von 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes gelenkt wird.

Wir brauchen auch Organisationsformen, die die Erreichung der Ziele, die der Vertei­digungsminister formuliert hat, sicherstellen. Wir brauchen neue Organisationsformen in den Milizübungen, in der Ausgestaltung der Miliz selbst, die ja den Schutz der kritischen Infrastruktur übernehmen soll. Richtigerweise soll das die Miliz übernehmen, denn wer sonst in dieser Republik wäre in der Lage, das zu tun? Das österreichische Bundesheer muss diese Leistung erbringen können.

Herr Bundesminister, wir werden auch die Gehaltssituation – beim Grundwehrdiener beginnend – verbessern müssen. Wir haben heute schon ein gutes Beispiel aus der Steiermark gehört, das in diese Richtung geht, aber wir brauchen die nachhaltige Finanzierung dieser Maßnahmen, damit wir auch jene Struktur, die jetzt geplant ist, aufstellen können. Das ist die Forderung der Freiheitlichen.

Wir sind für eine Stärkung der Sicherheitsstrukturen der Republik und verlangen von Ihnen, Herr Finanzminister, dass Sie sicherstellen, dass in den kommenden Jahren diese Aufbauarbeit, die jetzt begonnen worden ist, durch eine ausreichende Budge­tierung mit mindestens 1 Prozent fortgesetzt werden kann. (Beifall bei der FPÖ.)

12.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.58.08

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte dort anschließen, wo Otto Pendl aufgehört hat: mit einem Lob für den Minister. Ich glaube, dass wir mit Hans Peter Doskozil einen der qualifiziertesten Innenminister der letzten 20 Jahre haben. Das Problem ist nur, dass er Verteidigungs­minister ist. Das ist das wirkliche Problem, das sich auch in diesem Budget abbildet:


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dass jemand, der um jeden Preis Innenminister sein will, das Verteidigungsministerium führt.

Jetzt lese ich Ihnen ein paar Zitate vor und hoffe, dass insbesondere die Kollegen und Kolleginnen von der SPÖ dabei nachdenklich werden. Das alles sind offizielle Ankündi­gungen aus dem Verteidigungsministerium, aus dem Büro für Sicherheitspolitik, aus der Revisionsabteilung, aus Material für die Öffentlichkeit und Videos des BMLV.

Erstes Zitat: „Es gilt nunmehr, unter einer Vorwarnzeit von nahezu ‚null‘, genügend Streitkräfte mit der bestmöglichen Ausrüstung zur Verfügung zu haben, um die Exekutive zu unterstützen, wenn sie eine eskalierende Lage nicht mehr unter Kontrolle halten kann. Beispiele wären etwa gegen Österreich gerichtete Großdemonstrationen, Gewalttätigkeiten zwischen verfeindeten Zuwanderergruppen oder Auseinandersetzun­gen extremistischer Formationen etc.“

Das sagt ein Brigadier des Bundesheers in einer offiziellen Publikation. Er sagt also, wir brauchen das Bundesheer für den Einsatz im Inneren. Er sagt es nicht Wort für Wort, aber es geht etwa um die Demonstrationen gegen den Akademikerball, die Erdoğan-Demonstrationen und so weiter. All das sind keine Veranstaltungen, die meine Sympathie genießen, aber ich frage mich: Was hat das Bundesheer dort verloren, und warum soll das Bundesheer Demonstrationen bekämpfen?

Zweites Zitat aus dem Büro für Sicherheitspolitik: „Oder man erweitert den Begriff der militärischen Landesverteidigung und streicht den Außenbezug als notwendige Voraussetzung für einen Einsatz des Bundesheeres im Inneren.“

Das ist eine Ankündigung: nicht mehr Bundesheer im Inneren als Assistenzeinsatz, sondern als eigene Aufgabe des österreichischen Bundesheeres. Das heißt Soldaten, Militärs gegen Demonstrationen und Kundgebungen, ohne Polizei, ohne Assistenz, auf Befehl des Verteidigungsministers.

Der dritte Punkt, drittes Zitat: „In der ‚Schweren Brigade‘ werden alle schweren Panzer­fahrzeuge des Bundesheeres zusammengefasst. Ihr Aufgabengebiet: Sogenannte ‚robuste Einsätze‘ im In- und Ausland. Einsätze, bei denen auch schwere Waffen unerlässlich sind, um für Sicherheit und Ordnung zu sorgen.“

Die „Schwere Brigade“ ist die Einheit mit den Kampfpanzern und den schweren gepanzerten Fahrzeugen – ohne Innenministerium. Der Wunsch des Verteidigungs­ministeriums: Einsatz im Inneren, etwa gegen Demonstrationen. (Ruf: Räterepublik!)

Viertens, ich zitiere aus einem Generalstabspapier, das dem Verteidigungsausschuss vorgelegt worden ist und wir alle kennen: „… für den Ordnungseinsatz zur Erhöhung der Kapazitäten im Bereich CRC (Crowd and Riot Control) im Ausmaß von 3 leichten Jägerkompanien …“

„Crowd and Riot Control“ ist der erwähnte Einsatz gegen Demonstrationen, Kund­gebungen und Menschenansammlungen.

Im Generalstabspapier heißt es weiters, ich zitiere: „Minder Letale Wirkmittel“.

Der Vorgänger des jetzigen Verteidigungsministers, Bundesminister Klug, hat in einer Anfragebeantwortung angeführt, was diese minder letalen Wirkmittel sind – ich zitiere –: „Pfefferspray, Gummikugeln und Impulsgeschoßpatronen, ,Flashbang‘-Granaten und Blitz/Knall-Patronen, Blitz-Knallkörper, Lautsprecheranlagen (,Acustic Hailing-System‘), Alarmpatronen, Irritationswurfkörper, Tränengas-Einsatzkörper für Mehrfachwurfanla­gen, Tränengas Granaten sowie Reizstoffhandgranaten“.

Das wollen Sie jetzt finanzieren? Das ist die Sicherheitsmilliarde? Das bekommt die Zustimmung der Sozialdemokraten und der Österreichischen Volkspartei? Die Aufrüs-


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tung des österreichischen Bundesheeres für den Einsatz im Inneren? – Fragen Sie einmal Ihren Verteidigungsminister – wir werden ihn sehr genau fragen –, was er wirk­lich vorhat!

Ich bin mir nicht sicher, ob das nur ein Konkurrenzversuch mit dem Innenministerium ist, denn wenn das Innenministerium schwarz ist – das kennen wir ja aus dieser streitsüchtigen Regierung –, muss es auch ein rotes Innenministerium geben, und das ist – Pech gehabt – das Verteidigungsministerium. Das ist die harmlose Erklärung.

Die nicht harmlose Erklärung ist: Diese Aufrüstung geht viel weiter. – Zu dem, was hier vorliegt, wird uns der Verteidigungsminister im Parlament Rede und Antwort stehen müssen. Das werden wir nicht akzeptieren! (Beifall bei den Grünen.)

Öffentliche Ordnung und Sicherheit in der Republik Österreich sind ausschließlich Aufgabe des Innenministeriums und der Polizei und sonst niemandes. Ich ersuche Sie, Herr Finanzminister, auch dem Herrn Verteidigungsminister und der SPÖ mitzuteilen, dass wir diese Pläne diskutieren werden und dass ich mit voller Zuversicht davon ausgehe, dass eine große Mehrheit des Nationalrates diesen Plänen keine Zustim-mung geben wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


13.04.19

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Bürgerinnen und Bürger! Das Budget 2017 im Bereich Landesverteidigung steht zur Debatte. Was ist die Ausgangslage? – Die Ausgangslage ist, dass das Bundesheer in den letzten Jahren ein Drittel seines Personals verloren hat. 60 Prozent der schweren Waffen sind verloren gegangen, Treibstoff musste rationiert werden, Munitionsmangel hat zu massiven Behinderungen in der Ausbildung geführt, große Übungen waren eingeschränkt, der Flugbetrieb musste stark reduziert werden, nur eines von zehn Milizbataillonen ist einsatzbereit, weil schlichtweg die Ausrüstung fehlt.

Zusammengefasst: 2015 ist das Bundesheer vor dem Kollaps gestanden. Der Grund dafür ist ein jahrelanges, geradezu jahrzehntelanges Ignorieren der sicherheitspoliti­schen Lage, ein völliges Versagen der Regierungen in der Sicherheitspolitik! Erst das sicherheitspolitische Trauma des Jahres 2015 hat zu einem gewissen Umdenken geführt.

246 Millionen € mehr sollen es im Jahr 2017 sein. Die Frage, wenn es „mehr“ heißt, ist immer: Von welchem Ausgangsniveau? Dabei sollten wir nicht vergessen, dass das Bundes­heerbudget in den letzten Jahren, und überhaupt seit 1985, eine Aneinan­der­reihung von Sparpaketen war. Das heißt, dass es seit über 30 Jahren stetig gesunken ist. Wir sollten nicht vergessen, dass das Bundesheer in den letzten zehn Jahren 2 Milliarden € – ein gesamtes Jahresbudget – einsparen musste. Es gibt kein einziges anderes Ressort, das einem solchen Sparprogramm ausgesetzt gewesen ist.

Aber insgesamt: Trotz der Trendwende, die es jetzt gibt, soll das Budget – sofern die Ankündigungen überhaupt umgesetzt werden – bis 2020 auf nur 0,68 Prozent des BIP erhöht werden. Das ist noch unter dem Niveau von 2010, um einmal die Relationen richtig zu benennen. Somit ist es natürlich weit entfernt von dem einen Prozent Mindestmaß, das auch die Bundesheer-Reformkommission gefordert hat.

Wir haben einen erheblichen Nachholbedarf bei Investitionen und in der Infrastruktur. Daher ist es natürlich sehr wichtig, dass zusätzliches Geld, welches das Bundesheer


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bekommt, auch für Investitionen und Personalentwicklung in diesem Bereich eingesetzt wird und nicht primär für Dienstleistungen anderer Ressorts.

Somit muss man auch die erwähnten zusätzlichen 246 Millionen € für das nächste Jahr relativieren, denn in Wirklichkeit gehen von diesen 246 Millionen € nur 150 Millionen € in Investitionen für Personal und Betrieb. Der Rest geht in Dienstleistungen für andere Ressorts. Da sind wir beim Thema der Botschaftsbewachung – das auch von der grünen Fraktion angesprochen worden ist –, die jetzt offenbar eine Aufgabe des Bun­desheeres ist. Ich frage mich, warum Soldaten jetzt als Aufgabe haben, Botschaften zu bewachen. Das ist nur deshalb so, weil der Herr Verteidigungsminister am liebsten innenpolitisch tätig ist – deswegen diese Umorientierung.

Dieses Geld fehlt dann allerdings in der Landesverteidigung. Dieses Geld fehlt dem Bundesheer. Daher kann man zusammenfassend sagen: Der Kollaps des Bundes­heeres ist vorerst abgewendet, aber eine ernsthafte und nachhaltige Landesverteidi­gungspolitik sieht anders aus. Davon kann ich am Horizont leider noch nichts erkennen. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

13.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Mag. Dr. Feichtinger gelangt zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.08.24

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Um ein modernes englisches Zitat abzuwandeln: Und nun zu etwas ganz anderem! – Nämlich zum Bereich Umwelt.

Herr Bundesminister, Sie haben gestern in Ihrer Budgetrede festgehalten, dass der Bereich Umwelt mit mehr als einer halben Milliarde Euro dotiert wird. Das ist eine sehr wohlformulierte Mitteilung an uns. Sieht man sich die UG 43 an, so weist diese Auszahlungen in Höhe von 608,2 Millionen € auf. Das sind um 19,3 Millionen € weniger, als im Bundesvoranschlag 2016 steht, der 627,5 Millionen € vorsieht.

Wir verzeichnen einen höheren Ansatz im Bereich der Altlastensanierung: plus 1 Mil­lion €. Unverändert sind die Bereiche Strahlenschutz, Chemie und Abfall. Es gibt aber Reduzierungen. Wir finden sie in den Bereichen der Förderungen der Sied­lungs­wasserwirtschaft um 8,7 Millionen € und des nachhaltigen Natur- und Umwelt­schutzes von rund 50 Prozent oder 7,5 Millionen €.

Wir debattieren heute noch den Bericht über das Stenographische Protokoll der Enquete zum Klimaschutzvertrag von Paris, den Sie gestern in der Debatte als einen historischen Durchbruch bezeichnet haben. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht.

Sie haben auch gesagt, wir müssen in den nächsten Jahren Maßnahmen setzen, und haben auf die Klima- und Energiestrategie verwiesen, die der Umweltminister, wie er uns im Ausschuss versprochen hat, spätestens im Frühjahr des nächsten Jahres vorlegen wird. Ziel ist es, Ihrer Aussage nach, dies bei der Erstellung des nächsten Bundesfinanzrahmens zu berücksichtigen.

Ehrlich gesagt, wäre die Optik oder die Signalwirkung besser gewesen, wenn im Hinblick darauf, was im Rahmen des Klimaschutzvertrages alles umzusetzen ist, erste Ansätze bereits im Bundesbudget 2017 erkennbar gewesen wären.

Das heißt: Wir werden die vorliegenden Zahlen mit dem Umweltminister und mit Ihnen im Budgetprozess sehr intensiv diskutieren. Ich hege die Erwartung, dass die Ankündigungen, die der Umweltminister und Sie geäußert haben, in den kommenden Jahren entsprechend umgesetzt werden.


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Um nun mit einem englischen Klassiker – wieder einmal Shakespeare – zu schließen: Er hat gesagt: „Es steigt der Mut mit der Gelegenheit.“ – Herr Bundesminister, die Gelegenheit wäre günstig. Lassen Sie uns alle im Bereich Klimaschutz Mut zeigen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Höfinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.11.39

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen, Herr Bundesminister auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme nicht mit einem Zitat, ich komme mit Fakten.

Eines gleich vorweg: Ich halte fest, dass alle Aufgaben, die zu den erwähnten Um­weltagenden gehören, mit diesem Budget erledigt – ordnungsgemäß erledigt und umgesetzt – werden können.

Zweitens: Auch wenn es auf den ersten Blick den Anschein hat, als würde das Budget kleiner werden, muss man wissen – und das erklären wir auch immer wieder –, dass dieses Budget durch Querfinanzierungen beziehungsweise durch das Einfließen von Rücklagen nochmals um circa 130 Millionen € aufgestockt wird.

Was sind denn – kurz skizziert – die Aufgaben, die im Umweltbereich zu erledigen sind? – Es geht um das Kapitel Allgemeine Umweltschutzpolitik. Darin gibt es die Umweltförderung im Inland, den Klima- und Energiefonds sowie den nachhaltigen Umwelt- und Naturschutz und den Strahlenschutz.

Das zweite Kapitel sind die Abfallwirtschaft, die Altlastensanierung und die Siedlungs­wasserwirtschaft. Im Detail heißt das – Kollege Feichtinger, du hast es angesprochen –, dass die Umweltförderung im Inland und der Klima- und Energiefonds zusätzlich mit rund 100 Millionen € aus den Rücklagen im laufenden Vollzug finanziert werden.

Das ist keine leere Phrase, das wissen wir. Schauen wir uns das Jahr 2015 an! Im Jahr 2015 betrug der Voranschlag 156,5 Millionen €, aber der sogenannte Erfolg oder Jahresabschluss hat 209,4 Millionen € ausgewiesen. Das heißt: Es war zum Schluss ein Plus von 52,9 Millionen €, die mehr aufgebracht wurden. Diese Mittel sind aus den Rücklagen laufend eingeflossen. So ist das auch hier.

Also, wie gesagt: Es ist dem ersten Anschein nach vielleicht ein etwas geringerer Betrag, aber es stehen uns ausreichend Mittel aus den Rücklagen zur Verfügung.

Das Zweite ist, dass es auch eine Querfinanzierung gibt. Denken wir an die Umwelt­schutzmaßnahmen, die im Rahmen der ländlichen Entwicklung im Kapitel Landwirt­schaft vorgesehen sind! Man kann und muss diese 30 Millionen zum Umweltbudget dazurechnen. (Abg. Brunner: Zeigen Sie mir das einmal vor! Davon wird seit Jahren geredet!)

Ein großes Kapitel, das du erwähnt hast und auf das wir uns vorbereiten, ist die Umsetzung des Klimavertrages von Paris. Es bedarf dazu in Zukunft natürlich einiger Investitionen.

Dieser Klimavertrag von Paris wird viele Lebensbereiche von uns tangieren und verän­dern. Denn: Wenn wir gänzlich aus den fossilen Energieträgern aussteigen wollen, bedarf es eines Schwerpunktes. Der Einwand war da und wird sicherlich auch noch von vielen Oppositionssprechern und -parteien kommen, dass diesbezüglich im Budget nichts zu finden ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 81

Du hast es bereits skizziert: Wir befinden uns in der praktischen Umsetzung. Es läuft ein Stakeholder-Prozess. Wenn der Fahrplan, wie die Maßnahme greifen soll, wie sie aufgestellt sein soll, vorliegt, wird auch die Finanzierung im kommenden Frühjahr im Bundesfinanzrahmen aufscheinen und festgelegt sein.

Dieser Finanzrahmen wird sich dann über mehrere Jahre erstrecken und Gültigkeit haben. Ich denke, das ist eine gute Grundlage, um all die Aufgaben sicher erledigen zu können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek gelangt zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.14.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Diese Budgetdebatte zum Thema Umwelt zeigt, dass wir ein paar Basisdinge brauchen, wie zum Beispiel Ehrlichkeit – Ehrlichkeit im Um­gang mit den Zahlen und Ehrlichkeit vor allem mit der Bevölkerung, dass wir einmal klar sagen, was wir wollen und was wir nicht wollen.

Wir haben beispielsweise zwei Punkte, bei denen ich mir nicht vorstellen kann, dass wir das wirklich so wollen, wie es rein zahlenmäßig erfasst ist.

Ein Punkt ist unter den Themen und Geldern für die EU zu finden und zeigt, dass wir dort noch immer Atomkraft fördern. Ich glaube nicht, dass das ein Ziel ist, das uns rund um den Vertrag von Paris und Ähnliches weiterbringt.

Ein zweiter Punkt, den ich kritisieren möchte, ist der Zertifikate-Handel. Das ist eine Geschäftemacherei, die uns aber im Endeffekt nicht wirklich weiterbringt. (Abg. Brunner: Das hat mit dem Budget nichts zu tun!)

Was aber ist wirklich das Ziel, das wir bis 2050 anstreben sollten? – Nettoautarkie nicht brutto, nicht das, was uns immer wieder vorgezeichnet wird, dass wir absolut null CO2 produzieren!

Warum ist es nur die Nettoautarkie? – Wir haben zwei Bereiche, die sehr proble­matisch sind. Das ist auf der einen Seite die energie- und rohstoffintensive Industrie. Sie zu eliminieren, was wir vielleicht wollen, ist mit den derzeitigen Technologien nicht möglich. Herr Dr. Ederer von der voestalpine hat es aufgezeigt: Es wird auch in den nächsten fünf bis zehn Jahren noch nicht so weit sein. Wenn wir in Österreich nicht deindustrialisieren wollen, müssen wir uns kräftig etwas einfallen lassen. Das heißt, nicht nur das zu betreiben, was die voestalpine derzeit macht, nämlich die CO2-Produktion von Österreich in die USA zu verschieben, nicht aber CO2 zu reduzieren. Wenn wir das so wollen, dann bitte sagen wir das aber auch laut und ehrlich!

Wie gesagt: Für den Problempunkt rohstoff- und energieintensive Industrie ist derzeit und für die nächsten fünfzehn Jahre keine Lösung in Sicht. (Abg. Brunner: Das stimmt doch nicht!) – Nein? Es stimmt nicht? – Sie haben wahrscheinlich schon ein Verfahren erfunden, Frau Brunner, wie man Stahl reduziert, ohne dazu Kohle zu brauchen. Tausende Metallurgen denken seit 1960 darüber nach. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Brunner.) Die haben nichts gefunden, Sie haben etwas gefunden: Das ist die grüne Strahle-Kraft. Erzählen Sie das bitte nicht den Fachleuten, die lachen ja nicht einmal mehr darüber!

Der zweite Punkt ist der Verkehr. Wir haben ungefähr 4,8 Millionen Pkws in Österreich. Wenn sie – und das kann man jetzt einmal billig und günstig ansetzen – nur 10 000 Kilometer im Jahr fahren und derzeit 5 Liter Treibstoff auf 100 Kilometer brauchen, dann brauchen wir dazu die Energie von 2,7 Gigawatt. Das ist eineinhalb


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 82

Mal das Donaukraftwerk Greifenstein, das muss bereitgestellt werden. Wenn wir auch das bis 2050 nicht realisieren können, sollten wir nicht mit allen möglichen Zwangs­maßnahmen in diese Richtung arbeiten, sondern der Wirtschaft Zeit geben, die Politik zu unterstützen, an Strategien zu arbeiten. Mehr als diese Strategien kann ich mir für 2017, 2018 und 2019 nicht vorstellen. Alles andere, das in den Bereich der Muss-Regelungen, des Geldhinausschmeißens für Zwangsregelungen, die dem Staat und der Wirtschaft schaden, fällt, kann ich mir nicht vorstellen.

Ich weiß noch nicht, ob der Umweltminister das wirklich so sieht, wie er es gesagt hat, denn das scheint eher in Richtung Zwang zu gehen. Ich hoffe, dass die Vernunft waltet und dass man sich als Erstes gut überlegt, was wirklich möglich ist, und wenn es nicht geht, alle rechtlichen Voraussetzungen nutzt, um am Ende des Tages aus verschie­denen Vertragswerken auch auszusteigen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.  Brunner. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.19.33

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Nationalratspräsident! Sehr geehrte MinisterInnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Bevor ich zurück zum Umweltbudget komme, möchte ich die Grüne Bildungswerkstatt Niederösterreich und Tirol – das Burgenland sehe ich auch noch – herzlich bei uns begrüßen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Herr Finanzminister, ich weiß, Sie sind noch im Haus, ich würde jetzt gerne über Ihr Budget reden. Vielleicht können Sie an der Diskussion wieder teilnehmen (Rufe bei der ÖVP: Er ist eh da!), ich rede nur ungern ums Eck.

Ich beginne mit etwas Positivem, und zwar hat es das Thema Klimaschutz gestern zum ersten Mal überhaupt zumindest mit einem Absatz in die Budgetrede geschafft. Das ist etwas Neues, bisher ist das nicht vorgekommen, das ist ein Fortschritt. Es kommen positive Dinge vor wie: Das Ziel ist klar, keine Emissionen, die Zukunft gehört den Erneuerbaren – steht schriftlich da, mündlich ist es gestern nicht erwähnt worden, und im Budget finde ich dieses Ziel leider auch nicht.

Der letzte Satz sagt dann aber leider ganz klar: Ziel ist es, dies bei der Erstellung des nächsten Bundesfinanzrahmens zu berücksichtigen – und dieses Ziel finde ich im Budget leider schon. Die massiven Kürzungen, die wir im Umweltbudget im letzten Jahr erlebt haben, werden nämlich fortgeschrieben, und das bedeutet, dass der Um­weltschutz weiter verschoben wird.

Es muss dann immer die sogenannte Klima- und Energiestrategie herhalten. Ich finde, das ist die billigste Ausrede überhaupt. Ja, wir brauchen eine Klima- und Energie­strategie, um den Umbruch unseres Gesellschaftssystems, unseres Verkehrssystems und unseres Energiesystems bis zum Jahr 2050 auf zu 100 Prozent erneuerbare Energie stemmen zu können. Wie wir wohnen, wie wir uns fortbewegen, wie wir produzieren, das müssen wir bis 2050 auf Erneuerbare umgestellt haben, und dafür brauchen wir ganz sicher eine Strategie. Wir brauchen aber ganz sicher keine Strategie, um klimaschädliche Subventionen jetzt zu streichen. Wir brauchen keine Strategie, wenn es darum geht, dass wir eine Ökologisierung des Steuersystems brauchen. Wir hatten vor dem Sommer eine Enquete hier im Parlament, und alle ExpertInnen haben uns eindrücklich gesagt: Handeln Sie jetzt, diese Dinge sind wissenschaftlich durch! (Beifall bei den Grünen.)

Der kritische Faktor beim Klimaschutz ist die Zeit, und Sie, Herr Finanzminister, sollten wissen, dass gerade im Klimaschutz early action, sprich frühzeitiges Handeln, auch


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kosteneffizienter ist. (Abg. Lichtenecker: Genau!) Je früher wir handeln, umso besser wirken die Maßnahmen, umso mehr Wirkung entfalten sie und umso kostengünstiger werden sie sein.

Dieses Verschieben erleben wir ja nicht nur im Budget, mit dem Budget wird es nur leider fortgesetzt. Sie haben gestern der Opposition vorgeworfen, dass wir blockieren. (Abg. Rossmann: Bitte zuhören, Herr Minister!) Nichts für ungut, selbst wenn eine Oppositionspartei die Regierungsarbeit im Bereich Klimaschutz blockieren wollte, ist das gar nicht möglich, weil von der Regierung seit dem Klimavertrag von Paris keine einzige Vorlage dazu vorgelegt wurde. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Im Gegenteil! Die zahlreichen Vorschläge von uns wurden blockiert und von Mal zu Mal vertagt. Das Ergebnis sehen wir: Die Treibhausgasemissionen in Österreich steigen.

Am 4. November wird der erste Weltklimavertrag, bei dem alle Staaten dabei sind, in Kraft treten. Das ist wirklich ein historisches Ereignis und ein großes Aufbruchsprojekt, an dem sich alle Mitbürgerinnen und Mitbürger beteiligen, wobei alle mitarbeiten können, das große Chancen bietet. Der Bundeskanzler hat heute die Chancen durch Windräder angesprochen. Die Bundesregierung ist aber seit eineinhalb Jahren nicht fähig, uns eine Vorlage des Ökostromgesetzes zu übermitteln, mit der wir diese Chancen auch verwirklichen können. Wir sagen seit eineinhalb Jahren, bitte, wir sind verhandlungsbereit.

Ich bin nicht hier, um krampfhaft irgendetwas zu kritisieren. (Abg. Schatz: Der tratscht die ganze Zeit!) Ich bin hier, damit wir gemeinsam dieses Aufbruchsprojekt angehen, weil ich der Überzeugung bin, dass es gerade auch für Österreich große Chancen bietet.

Alle Wirtschaftswissenschafterinnen und -wissenschafter werden Ihnen sagen – und wir haben es auch hier im Parlament gehört –: Wenn wir den Standort Österreich zukunftsfähig gestalten wollen, dann braucht es jetzt Investitionen in Umwelt, Umwelt, Umwelt! (Anhaltender Beifall bei den Grünen.)

Meine große Befürchtung ist, dass wir mit diesem Budget einen falschen Weg ein­schlagen, einen Weg in die Vergangenheit. Wir brauchen einen Weg in die Zukunft, der Umweltinvestitionen steigert, der uns unsere moralische Verpflichtung aus dem Klima­vertrag erfüllen lässt, wo wir die Chancen für Österreich auch nützen können. Das sehe ich derzeit nicht. Ich ersuche Sie, das nochmals massiv zu überdenken, und bin der Überzeugung, Österreich braucht dafür auch ein eigenständiges, starkes, enga­giertes Umwelt-, Klima- und Energieministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bernhard. – Bitte.

 


13.25.00

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! (Bundesminister Schelling nimmt auf der Regierungsbank Platz. – Zwi­schenrufe bei den Grünen.) – Meine lieben KollegInnen von den Grünen, ich bin jetzt am Wort.

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte um Ruhe, um dem Redner die nötige Aufmerksamkeit zu geben. (Weitere Zwischenrufe bei den Grünen. – Abg. Lopatka: Wo ist die Glawischnig? Wo war die Klubobfrau gestern bei …? Die ist schon zurückgetreten!)

Meine Damen und Herren! Ein Bundesminister hat sehr viel zu tun und kann auch einmal Gespräche mit anderen Personen führen. Ich kann mich nicht erinnern, dass ein Bundesminister einmal während einer gesamten Debatte permanent und immer


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 84

anwesend gewesen wäre. Ich kenne keinen einzigen solchen Fall und ich bitte Sie jetzt, Herrn Abgeordneten Bernhard sprechen zu lassen. (Abg. Rossmann: Er war ja im Saal!)

Ja, er war im Saal, beruhigen Sie sich, Herr Abgeordneter! Er war im Saal, aber ich kenne keinen Fall, dass einem Minister verboten wird, mit seinen Mitarbeitern zu sprechen. (Abg. Pilz: Sie kämpfen wohl um jede Stimme!) Also ich bitte wirklich, sich zu beruhigen! – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Abgeordneter Michael Bernhard (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! Ich bin es ja gewohnt, dass die Leidenschaft erst ausbricht, wenn ich zu reden anfange.

Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Ich fange an und bitte um die Disziplin, die auch wir an den Tag legen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.) Ich hoffe, diese Zeit wird von unserer Redezeit abgezogen. (Ruf bei der ÖVP: Ja, die wird abgezogen!)

Drei Erkenntnisse, wenn man sich das Umweltbudget im Detail ansieht: Wir haben einen ausgezeichneten Bauernminister, wir haben aber anscheinend keinen Umwelt­minister. Wenn ich mir jetzt den Bereich des Kollegen Minister Rupprechter anschaue, so kann ich sagen, er macht anscheinend ausgezeichnete Landwirtschaftspolitik – dazu wird mir Kollege Schellhorn etwas anderes sagen –, aber ich kann jedenfalls nirgendwo erkennen, dass etwas für die Umweltpolitik getan wurde.

Es ist extrem kurzsichtig. Wenn wir das Thema Klimawandel nicht in irgendeiner Form angehen, dann haben wir höhere Kosten in der Gesundheitsvorsorge, höhere Kosten im Wirtschaftsbereich, in der Volkswirtschaft auf jeden Fall und höhere Kosten für die Landwirtschaft. Jeder Euro, den wir jetzt investieren, spart uns zu einem späteren Zeitpunkt zumindest 2 €.

Das wird nicht getan. Es ist aktuell keine einzige Maßnahme enthalten, die nicht schon im letzten Jahr enthalten gewesen wäre. Diese Kurzsichtigkeit führt zu einer weiteren Erkenntnis: Das nicht vorhandene Umweltministerium, das es derzeit anscheinend nur auf dem Papier gibt, braucht in Wirklichkeit auch keinen Umweltminister, denn ganz ehrlich – ich habe jetzt keinen Gegenstand, aber vielleicht das hier (ein leeres Trink­glas in die Höhe haltend) –: Würde ich dieses Glas als Umweltminister einsetzen, würde ich die Ziele, die heute am Papier stehen, im nächsten Jahr erreichen. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Wissen Sie, warum, Herr Kollege Höfinger? (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nein, es ist tatsächlich so. Es ist linear fortgeschrieben.

Ich nenne jetzt drei Beispiele, was die Wirkungsziele betrifft.

Das Ziel für den Gesamtumsatz der österreichischen Wirtschaft im Bereich Umwelt­tech­nologie: 8,2 Milliarden € waren es 2013; 8,3 Milliarden € im Jahre 2014; 8,4 Milliar­den € hätten es 2015 sein sollen. Die Wirtschaft entwickelt sich schneller als die Ziele des Ministeriums, denn wir nehmen uns für das nächste Jahr das vor, was wir in diesem Jahr schon erreicht haben.

Ähnlich verhält es sich im Übrigen auch bei den Exportzahlen. Da haben wir 6,0 Milliar­den €, 6,1 Milliarden € und 6,2 Milliarden € pro Kalenderjahr. Auch da erreichen wir dieses Jahr schon, was wir uns für das nächste Jahr vorgenommen haben. Das heißt, es braucht keinen Minister, um die Ziele im nächsten Jahr zu erreichen.

Anders verhält es sich bei den Arbeitsplätzen. Da ist es so, dass wir zuerst 174 000, dann 185 000 und in weiterer Folge ansteigend bis zum Jahr 2019 195 000 Arbeits­plätze vorgesehen hatten. Allerdings haben wir im letzten Jahr 3 000 Arbeitsplätze verloren. Da ist anscheinend auch nicht viel vom Wirkungsbereich des Ministers zu spüren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 85

Schlussendlich – das ist besonders spannend –: Über Bereiche, wo wir wirklich schlecht sind, wenn es nämlich um Ressourcen und Produktivität geht, das heißt, wie wir mit unseren Ressourcen umgehen, darüber haben wir kaum Daten. Das Problem ist, dass das Ministerium die Daten derzeit einfach nicht erhebt – obwohl es ein Wir­kungsziel ist –, weil man sonst schwarz auf weiß hätte, dass man dieses Wirkungsziel nicht erreicht hat.

Das heißt, wir nehmen uns entweder Ziele vor, die wir schon in der Vergangenheit erreicht haben, weshalb wir uns nicht mehr anstrengen müssen, oder wir nehmen uns Ziele vor, wo wir nachher vielleicht der Arbeitsmarktpolitik die Schuld geben können, oder wir erheben die Daten von Wirkungszielen nicht mehr, weil es peinlich ist, dass wir sie nicht erreichen.

Wofür brauchen wir einen Minister, der solche Budgets vorlegt? – Das ist nicht zufriedenstellend! Wie gesagt, ein leeres Glas würde den gleichen Zweck erfüllen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

13.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Weigerstorfer gemeldet zu Wort ist. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.29.28

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Also ich muss jetzt vorab einmal sagen: Der Herr Minister hat es auch nicht leicht, aus einem Geldbörsel, wo nichts drinnen ist, zu verteilen, wobei jedes Ressort natürlich sagt, dass es zu wenig hat.

Es stellt sich die Frage: Was brauchen wir, um Österreich in Zukunft gut hinzustellen? Meines Erachtens ist da die Umweltpolitik ein ganz, ganz wichtiges Thema. Jetzt gerade im Hinblick auf die Herausforderung, dass wir in Paris den Klimavertrag unterschrieben haben, ist das Umweltbudget natürlich besonders gefordert.

Aber lassen Sie uns einmal gemeinsam einen Blick in die Vergangenheit werfen! Es ist ja letztes Mal das Umweltbudget extrem gekürzt worden, was klimapolitisch und natürlich auch wirtschaftspolitisch ziemlich kontraproduktiv war. Man hat uns damals erzählt, dass mit 100 Millionen € pro Jahr eine Konjunkturbelebungsmaßnahme mitver­kauft worden ist. Fakt ist, dass zum Beispiel mit dem Budget 2016 nur mehr 43 Millionen € für thermische Sanierungen zur Verfügung gestanden sind. Das Budget für den Klimafonds wurde gekürzt, ebenso auch die Umweltförderung im Inland.

Gut, das war so. Aber es gab da natürlich auch Auswirkungen. Wollen wir uns die einmal gemeinsam anschauen? – Es brachte 2,5 Millionen Tonnen weniger CO2-Einsparungen. Das sind, bitte schön, mehr, als wir uns bis 2020 an Einsparungen vorgenommen haben. Jetzt frage ich mich: Hat diese Kürzung etwas gebracht?

Wir haben es auch nicht geschafft, diesen Schulterschluss von Wirtschaft und Umwelt zu schaffen. Es waren mindestens 7 500 Arbeitsplätze weniger, die durch diese Kürzungen geschaffen werden konnten, und das in Anbetracht der Tatsache, dass man genau weiß, dass es hier sehr wohl Wertschöpfungen gibt. Jeder Euro, der hier hineinfließt, geht sechsfach an den Staat zurück. – So viel aus der Vergangenheit.

Jetzt die Frage: Hat man daraus gelernt? Man sagt, man versucht, das Budget im Umweltbereich ein bisschen nachzubessern. – Dem ist leider nicht so. Unter dem Strich bleibt eine Kürzung von rund 20 Millionen €, und die Bundesregierung scheint da der Linie treu zu bleiben, einfach nichts zu tun, abzuwarten und zu schauen, was da kommt. Das sieht man leider auch in den Umweltausschusssitzungen. Wir hatten keine einzige Regierungsvorlage, und alle Oppositionsanträge sind vertagt worden.


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Also ich glaube, enkelfitte, zukunftsorientierte Umweltpolitik muss eindeutig anders ausschauen. Die Herausforderungen, die wir nicht nur durch den Klimavertrag haben, sind ganz, ganz große. Ein paar Vorredner haben es schon angesprochen: Es ist hier dringender Handlungsbedarf gegeben, aber da weiter am Umweltbudget zu sparen halte ich für einen falschen Ansatz; denn da ist einiges an Potenzial drinnen, um innovativ in die Zukunft zu gehen.

Als Gewinner möchte ich dieses Umweltbudget leider nicht erkennen. Der Weg zu den Klimazielen ist mit diesem Budget leider ein noch unüberwindbarerer geworden. – Schade drum! (Beifall bei Team Stronach und Grünen sowie des Abg. Bernhard.)

13.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter ist der nächste Red­ner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.33.40

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren Zuseherinnen und Zuseher! Ich meine, dass die Opposition kritisiert, den Umweltminister mit einem leeren Glas vergleicht, sich beschwert, dass der Finanzminister im Eck statt auf der Regierungsbank ist, gehört ja alles zur Folklore dazu. Interessant ist nur (Abg. Lugar: Dass er recht hat!): Diese Bundesregierung – und das haben sowohl der Kanzler als auch der Vizekanzler klar festgestellt – legt ein gemeinsames Budget vor, das bei aller Kritik eigentlich auch zugestandenermaßen ein sehr, sehr solides ist.

Schauen wir uns den Überblick über die Verteilung an: Mehr als die Hälfte dieses Budgets geht in den Bereich Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familien (Abg. Lichtenecker: Was ist mit Bildung, Kunst und Kultur?), ein Anteil von 18 Prozent geht in den Bereich Bildung, Forschung, Kunst und Kultur, 12 Prozent gehen in den Bereich Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt, 12,6 Prozent gehen in den Bereich Recht und Sicherheit, 6,1 Prozent an Kassa und Zinsaufwendungen. – Das ist ein gutes Budget. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Was ich dabei nicht ganz verstehe, ist – und das hat mich gestern schon gewundert –, dass der Herr Klubobmann heute unseren Bundesminister für Finanzen zu Recht gelobt und gesagt hat: Du kommst aus der Wirtschaft, doch als Marketingvorstand wirst du dich nicht mehr bewerben können; denn du hast uns gestern ein gutes Produkt gebracht und es gleichzeitig selber kritisiert als, sagen wir einmal, verbesserungs­würdig. (Bundesminister Schelling: Das hat der Kanzler heute auch gesagt! – Abg. Pirklhuber: Das hat doch der Bundeskanzler heute auch gemeint!) – Das macht es ja noch immer nicht besser, auch nicht, wenn dein eigener Klubobmann von „schwarzer Null“ redet.

Freunde, könntet ihr ein Produkt bitte loben, wenn ihr ein gutes Produkt habt, noch dazu mit guten Performancewerten?! Schaut euch bitte das Wirtschaftswachstum an: Wir waren aus der Krise raus. Wir hatten doch 2013 nur 0,1 Prozent Wachstum, dann 0,6 Prozent, voriges Jahr 1 Prozent, jetzt kommen wir auf 1,5 bis 1,7 Prozent. Das muss man nicht verstecken, das kann man proaktiv positiv verkaufen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Eßl. – Abg. Lugar: …, ist ja unglaublich!) Mir ist diese Taktik manchmal rätselhaft, warum man sein eigenes Licht unter den Scheffel stellt.

Ehrlich gesagt, Herr Klubobmann Lopatka: Jetzt stellt die ÖVP seit 30 Jahren den Wirtschaftsminister, seit gefühlten 20 Jahren den Finanzminister, auch wenn es nicht so lange ist. Ich meine, es gab in meiner Jugendzeit so eine maoistische Studenten­gruppe an der Uni, die haben das Maß der sogenannten Selbstkritik, die war immer zu


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machen, selbst dann, wenn es nichts zu kritisieren gab. Aber ganz ehrlich, Erfolgs­rezept war das keines. Also ich möchte die Motivation für euch setzen: Verkauft das, was gut ist, kritisiert dort, wo es nicht so gut ist! (Abg. Amon: Herr Kollege Matznetter, du warst … guter Staatssekretär!)

In der Frage Pensionen, ehrlich, ihr habt es wirklich … (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Entschuldigung! Diese Regierung hat es geschafft, das effektive Pensionsantrittsalter in ganz kurzer Zeit auf über 60 Jahre zu heben; aber anstatt sich hierher zu stellen und zu sagen, wir sind erfolgreicher, als wir es uns vorgenommen haben, stellen wir uns hin und sagen: Alles nicht finanzierbar! Denen können wir nichts mehr geben, wir haben ein Problem für die Zukunft!

Man muss diesen Teil sorgenvoll angehen, aber wir haben ein gutes System, es ist gut bewirtschaftet. Und ehrlich, für das Marketing ist es wichtig, ein bisschen mehr selber das, was man gut macht, auch zu verkaufen. Das würde allen gut tun. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich glaube, dieses Motto können sich beide Regierungsparteien durch­aus zu Herzen nehmen. Wir haben ein gutes Budget, wir haben eine gute Performance als Land (Abg. Lopatka: Also alles bestens, keine Arbeitslosigkeit?!), und wir sollten uns bemühen, die Stimmung im Land zu verbessern, die ist nämlich schlechter, als man denkt.

Wenn wir jetzt unsere Maßnahmen mit Investitionsbegünstigungen nach einem guten Start-up-Paket vom Sommer machen, dann werden wir auch beim Wachstum noch stärkere Erfolge erzielen. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.) Wir brauchen uns nicht zu schämen, wir haben gute Arbeit gemacht! Bitte nicht immer selbst Nestbeschmut­zung üben! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lopatka: Alles paletti auf der Titanic!)

13.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.37.55

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Frau Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Christoph Matznetter! Es ist ein stabiles Budget, da stimmen wir überein, aber Reformbedarf sehen wir wahrscheinlich stärker als du, das ist unsere Stärke.

Wenn man Reformbedarf sieht, ist das allerdings noch keine Nestbeschmutzung, also darauf lege ich schon größten Wert, sondern ein bisschen mehr wäre schon drinnen gewesen. Das hat der Herr Finanzminister gemeint, aber da hättet ihr euch wahr­scheinlich auch ein bisschen mehr bewegen müssen. – Aber gut. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme zum Budget und auch zum Kapitel Wirtschaft in der Hinsicht, dass ich sage: Es sind ja sehr viele Maßnahmen in diesem Budget, die mit Wirtschaft zusam­menhängen. Das sind die Stärkung der Regionen, der Breitbandausbau mit der Digita­lisierungsoffensive, die Programme für die ländliche Entwicklung, in der Forschung und Wissenschaft, wo viele Punkte drinnen sind, Forschungsprämie, Forschungsquote ausbauen und mehr Geld auch für die Unis und für die Fachhochschulen. Das sind ganz wichtige Maßnahmen, die ja auch dem Wirtschaftsbereich zugutekommen.

Oder: auch mehr Geld für die Sicherheit. Da denke ich zum Beispiel an die Kasernen­ausbauten, auch in meinem Bundesland. Ich glaube, das sind wichtige Maßnahmen, die auch für die Wirtschaft wesentlich sind.

Aber direkt zum Kapitel Wirtschaft: Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der öster­reichi­schen Unternehmen durch die Verbesserung der Wachstumsbedingungen ist


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sicher eines der wichtigsten Elemente dieses Budgets; und da sehen wir natürlich, dass wir den Fokus auf die KMUs und auf die Unternehmensgründer gerichtet haben, und gerade dieser Bereich liegt uns ja sehr am Herzen.

Die wirtschaftspolitischen Schwerpunkte, die dieses Budget setzt, sind ja heute schon des Öfteren erwähnt worden. Das eine ist natürlich die Lohnnebenkostensenkung, die auf den Weg gebracht worden ist. Es ist die größte Lohnnebenkostensenkung seit zig Jahrzehnten, das ist ein ganz wichtiger Punkt in diesem Bereich. 2017 setzen wir da mit 0,4 Prozentpunkten den nächsten entscheidenden Schritt, und die Gesamtsum­me – haben ja heute die Vorredner auch schon teilweise erwähnt – von einer Mil­liarde Euro ist ein wesentlicher Schritt in diese Richtung.

Natürlich haben wir auch die Förderung der Start-ups. Gerade Österreich hat sich zu einer wirklich guten Start-up-Szene entwickelt. Es gibt viele junge Unternehmer, junge Menschen, die sich etwas trauen und mit ihren Ideen und neuen Innovationen auf den Markt kommen. Darauf können wir wirklich stolz sein, denn sie leisten sicher einen entscheidenden Beitrag dazu, dass Österreich künftig in die Gruppe der Innovation-Leader-Länder vorstoßen wird, und das verdient auch kräftige Unterstützung, weshalb in diesem Bereich ein Bündel von Maßnahmen gesetzt wird.

Meine Damen und Herren! Ein Thema, das heute auch öfters angeschnitten worden ist, waren die Steuern und neuen Steuern. Ich glaube, für Investitionen und Impulse ist es ganz wichtig, dass gute Stimmung herrscht und Unternehmer und Investoren Sicherheit haben. (Abg. Matznetter: Welche neuen Steuern?)

Und spricht man – so wie der Herr Bundeskanzler und andere – dauernd von neuen Steuern, dann trägt das sicherlich weder zur guten Stimmung noch zu mehr Inves­titionssicherheit bei. Wir brauchen keine neuen Steuern (Abg. Matznetter: Welche neuen Steuern?), denn der Herr Finanzminister hat es schon gesagt: Wir haben schon genügend Steuern. Wir sind ein Hochsteuerland und wir sollten schauen, dass wir die Steuern senken und nicht weiter anheben. Das muss unser erklärtes Ziel sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch ein Wort zu der überstrapazierten Idee der Maschinensteuer: Ich kann diese in keiner europäischen wettbewerbsfähigen Volkswirtschaft finden. Und wie wir alle wissen: Nicht die Maschinen zahlen die Steuern, sondern schlichtweg die Unter­nehmer, und diese zahlen inzwischen schon genug Steuern. Deshalb sagen wir ganz klar Nein dazu. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) In dieser Hinsicht gehen wir, glaube ich, den sicheren Weg des Herrn Finanzministers und konzentrieren uns auf das Hauptziel, denn dieses bleibt der Schlüssel zum Erfolg: Konsolidierung und Wachstum. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

13.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter MMMag. Dr. Kassegger zu Wort. – Bitte.

 


13.42.17

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte vorab dem Kollegen Matznetter etwas sagen: Ein Budget, das nach betriebswirtschaftlichen Grundlagen berechnet, nämlich in der Ergebnisrechnung, faktisch ein Defizit von 9 Milliarden € vorsieht, als ein solides und gutes Budget zu bezeichnen, das sei als Aussage einmal so dahingestellt. Unseres Erachtens ist das alles andere als solide und gut. Die faktische Zahl – ich wiederhole es noch einmal –, das tatsächliche Budget in der Ergebnisrechnung: Das Budgetdefizit beträgt 9 Milliarden €! Davon reden wir. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 89

Ich möchte kurz auf einige Aussagen des Herrn Finanzministers eingehen, die er in seiner Rede getätigt hat und wir durchaus gut finden und befürworten, nämlich jene, dass unser Staatshaushalt an einem Ausgabenproblem krankt. Ich zitiere: Wir geben zu viel aus, und zwar vorwiegend für die Vergangenheit, anstatt für Investitionen in die Zukunft. – Das ist absolut richtig.

Ebenso richtig ist folgende Mahnung des Herrn Finanzministers: Vergessen Sie nicht, die Politiker machen die Schulden, aber die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler müssen sie zurückzahlen! – Aus der Vergangenheit wissen wir: Die Schulden von heute sind die Steuern und Belastungen von morgen.

Zum Thema Wirtschaft wird die Senkung der Lohnnebenkosten angemerkt. Kollege Haubner hat es schon gesagt: 0,4 Prozent. Wir müssen uns aber schon ein bisschen im Detail anschauen, wo gesenkt wird, nämlich beim Beitragssatz zum Familienlas­tenausgleichsfonds. In Wirklichkeit habe ich den leisen Verdacht, dass hier wieder ein Linke-Tasche-rechte-Tasche-Spiel stattfindet. (Abg. Tamandl: Bei gleichzeitiger Erhöhung der Familienbeihilfe!) Wir werden uns das in Zukunft genauer ansehen. Der Ausgleichsfonds, der FLAF war mit 3 Milliarden € überschuldet, und es hat einen Plan gegeben, diese Schulden bis zum Jahr 2018 auszugleichen. (Zwischenruf der Abg. Tamandl.) Wie gesagt, wir werden uns die Entwicklung dieses Ausgleichsfonds genau ansehen. Ich bezweifle, dass hier ein Abbau der Schulden stattfindet. Eher findet wiederum eine auf Schulden basierende Senkung der Lohnnebenkosten statt.

Das ist klar, auch Sie, Herr Minister, sagen in Ihrer Rede, dass auch internationale Organisationen uns vorwerfen, dass diese Regierung – und darum geht es – nicht in der Lage ist, die dringend notwendigen Reformen in den Bereichen Pensionen, Gesundheit, Bildung und Effizienz in der Verwaltung wirklich strukturell anzugehen, und deshalb haben wir bei den Budgetreden des Finanzministers immer diese „Und täglich grüßt das Murmeltier“-Effekte. Es ist heute auch zu Recht schon angesprochen worden, dass der Unterschied zwischen der Rede des Vorjahres und der diesjährigen Rede kaum erkennbar ist.

Was zu tun wäre, müsste sich auch im Budget niederschlagen, nur sehe ich in diesem Budgetentwurf nichts davon. Es wäre zum Beispiel für alle Neugründer eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten in den ersten drei Jahren zu machen. Warum soll das nur für die innovativen Unternehmen gelten? Sind andere Unternehmen nicht förde­rungswürdig? Das verstehe ich nicht. Es wäre als Erleichterung im Bereich des priva­ten Risikokapitals wirklich einmal etwas zu machen – steuerliche Begünstigungen. Sie wissen, es hat die Regelung mit der atypischen stillen Beteiligung gegeben, dann eine Einbringung in eine GesmbH und Verkauf, das war attraktiv, ist aber abgeschafft worden. (Beifall bei der FPÖ.)

Wichtig wären wirkliche Steuer- und Abgabenentlastungen, eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten, und zwar nicht im Null-Komma-Bereich.

Die kalte Progression ist schon mehrfach angesprochen worden. Was hindert Sie daran, das sofort anzugehen? Zumal wir heute auch gehört haben, dass das Thema nicht so heiß ist, wie es tatsächlich in den vergangenen Jahren war. Wir haben sehr niedrige Inflationsraten.

Warum streichen Sie nicht die Mindest-KÖSt? Warum erhöhen Sie nicht deutlich den Steuerfreibetrag für Betriebsübergaben? Warum vereinfachen Sie das Steuerrecht nicht deutlich? Warum schaffen Sie nicht die Bagatellsteuern wie etwa Werbeabgabe, Schaumweinsteuer et cetera ab? Warum schaffen Sie nicht die Rechtsgeschäfts­gebühren ab? Warum machen Sie nicht einen grundsätzlichen Vorsteuerabzug für betrieblich genutzte Fahrzeuge? Und so weiter und so fort. Warum heben Sie die


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Grenze für die geringwertigen Wirtschaftsgüter …? (Bundesminister Schelling: Weil das eine Schuldenexplosion ergibt!)

Ich habe ja gerade vorhin gesagt: Das setzt natürlich voraus – Sie wissen es –, dass Sie sich für diese Maßnahmen Freiräume schaffen, und das geht eben nur, indem Sie die strukturellen Reformen, von denen ich vorhin gesprochen habe, auch tatsächlich angehen und umsetzen. Aber da passiert ja eben nichts. Also ich hätte noch eine Liste – das Licht blinkt schon – von echten Wachstumsimpulsen, deren Umsetzung ich auch nicht sehe.

Ich möchte noch kurz die Finanzierungssituation ansprechen: Erleichterungen bei der Innenfinanzierung wären notwendig. Denken wir doch über steuerliche Absetzbarkeit nach, zum Beispiel für die Kosten des Eigenkapitals, denken wir über einen Inves­titions­freibetrag nach! Sorgen wir dafür, dass mehr Cashflow im Unternehmen bleibt! Das wird man sicher nicht durch Verlängerungen der Abschreibungsdauer und Erhöhung von Gewinnbesteuerung erreichen. Schauen wir auf die Außenfinanzierung, auf echte steuerliche Anreize für die Eigenmittelzufuhr. Die Crowdfunding-Gesetzge­bung ist gut, aber viel zu mutlos und nicht weitreichend genug.

Schauen wir uns Basel III an! Machen wir uns Gedanken über einen Mittelstandsfinan­zierungsfonds des Bundes, machen wir uns wirklich ernsthafte Gedanken darüber, wie man konkret den Finanzplatz Wien stärken könnte! Ich hätte noch einiges anzubringen, leider reicht die Redezeit nicht. Ich müsste mir da selbst noch einmal 10 Minuten eintragen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker gelangt als Nächste zu Wort. – Bitte.

 


13.48.39

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Damen und Herren! Es mag sein, dass das hier präsentierte Budget als kleinster gemeinsamer Nenner den Stillstand in dieser Form bewirtschaften und verwalten kann, aber es wird zu wenig sein, um tatsächlich die Zukunft zu gestalten. Es gibt enorme Herausforderungen im Bereich Arbeitsmarkt und im Bereich Wirtschaft, und einer der großen Punkte wird selbstverständlich das Thema der Lohnkosten sein. Wir wissen, ein Wissensstandort muss in diesem Bereich die entsprechenden Akzente setzen und tatsächlich große Schritte machen. Es wird darum gehen, das Steuer­system maßgeblich zu reformieren und zu modernisieren. Selbstverständlich ist dabei die Ökologisierung ein wichtiger Schritt, bei gleichzeitiger Senkung der Lohnneben­kosten. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister, das ist es, was wir dringend brauchen, denn genau diese Lohnneben­kostensenkung wird für die klein- und mittelständischen Unternehmen den Anreiz schaffen, weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen und Arbeitsplätze zu schaffen.

Es wird darum gehen, die Rahmenbedingungen für die Unternehmen zu verbessern. Es geht um die Vereinfachung in den verschiedensten Bereichen, von der Verwaltung bis hin zur Modernisierung der Gewerbeordnung. Und ja, die Förderungen machen insbesondere dann Sinn, wenn man auf die Zukunftsbereiche – auch im Unterneh­menssektor – fokussiert. Man muss die Schwerpunkte in den Bereichen setzen, von denen man weiß, dass es sich um Zukunftsbranchen handelt, dort sollten die ent­sprechenden, guten Rahmenbedingungen gesetzt werden.

Und selbstverständlich ist es wichtig, die entsprechenden Maßnahmen und Unterstüt­zungen auch für Start-ups und Ein-Personen-Unternehmen zu gestalten. Die Frage ist


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nur, wie man das macht. Damit komme ich auf ein Thema, das durchaus direkt mit dem Budget zusammenhängt: die längst überfällige Transparenzdatenbank. Das wäre ein guter und wichtiger Begleitschritt für die Budgets, um genau diese Effizienz in dieser Form zu forcieren. (Beifall bei Grünen und Neos.)

Es sind einige Bereiche im Wirtschaftsbudget gut dotiert worden. Letztendlich gilt es dennoch, noch einmal den Fokus darauf zu richten, wie es mit den innovativen zukunfts­orientierten Branchen aussieht, und zu klären, was das in Bezug auf Venture-Capital und für Start-ups heißt. Wir werden in den nächsten Wochen noch Gelegenheit haben, das näher und intensiver zu diskutieren.

Wir kommen nun zum großen Bereich der Investitionen in die Zukunft. Und dabei geht es natürlich darum – wir haben gerade Herbst –, dass, wenn im Herbst in der Landwirtschaft nicht gesät wird, im Sommer und nächsten Herbst nicht geerntet werden kann. (Abg. Eßl: Ernte gab es schon im Frühjahr!) Es gilt gegenwärtig die Investitionen in die Forschung zu tätigen. Und auch wenn die Budgets in einem Bereich erhöht worden sind, muss ganz klar gesagt werden: Herr Minister, sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, das ist zu wenig! (Zwischenrufe bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie haben selbst beschlossen, dass Sie 2020 eine Forschungsquote von 3,76 Prozent haben wollen. Da gibt es einen Riesen-Gap, eine riesige Lücke. Genau das ist ein Bereich, den ich schmerzlich vermisse, denn darin braucht es tatsächlich einen großen Wurf, selbstverständlich auch in Bezug auf eine moderne Infrastruktur. (Abg. Haubner: Wir sind schon sehr gut vorbereitet!)

Wir haben gestern eine intensive Debatte zum Breitband geführt, und es hat allgemein ein Bekenntnis dazu gegeben. Natürlich ist die Zielorientierung eine klare: Wir wissen, dass das Tempo, was die Digitalisierung betrifft, enorm zunimmt, und was erforderlich ist, damit das Breitband ausgebaut werden kann. Und was haben wir da? – Wir haben gerade einmal 110 Millionen € für 2017. Rechnen Sie das jetzt kurz einmal auf alle Bundesländer um. Was davon übrig bleibt, ist ein Tropfen auf den heißen Stein, das ist eindeutig zu wenig. Stattdessen hätte hier tatsächlich ein großer Wurf stattfinden sollen.

Das sind die Bereiche, die ich in diesen Zukunftsthemen Forschung und Wirtschaft vermisse, und wir werden die Budgetdebatte mit den entsprechenden Vorschlägen auch konkret begleiten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Schellhorn zu Wort. – Bitte.

 


13.53.33

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Finanz­minister! Frau Staatssekretär! Lassen Sie mich eingangs anmerken: Irgendwie wäre es doch wünschenswert, dass die Ressortchefs zugegen sind. Wir sprechen zwar über das Gesamtbudget, aber die einzelnen Ressorts werden auch besprochen, und die zuständigen Minister sind eigentlich nie mit an Bord, also eigentlich können wir nicht ordentlich darüber reden.

Gestern kamen große Worte von Ihnen, Herr Minister: Es waren Worte, die vermittel­ten, wie eine Ansprache zum Budget zu halten ist und wie man es machen sollte. Ich habe Sie für die Reformen, die Sie umsetzen möchten, und die Richtung, die Sie einschlagen wollen, bewundert. Sie haben auch den Begriff Mut irgendwie aufgedröselt und neu definiert. Nach dem heutigen Schlagabtausch am Vormittag kann man Mut noch einmal interpretieren: Es war eine mäßige Unterhaltung, telegen gemacht, es ist nämlich nichts anderes dabei herausgekommen.


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Ich habe mich auch gewundert, da ich selbst ein Unternehmer bin und mir denke: Jetzt reden wir über diese 260 Leitbetriebe, die ÖBB und die großen Betriebe, und unten reden wir über die Start-ups, aber das Herz dieses Landes machen eigentlich die Klein- und Mittelbetriebe aus. (Beifall bei den Neos und bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) Es sind immerhin 330 000 mit fast zwei Millionen Beschäftigten. Das sind die Steuerzahler in diesem Land. Das ist die sogenannte Mittelschicht, die wir immer wieder vergessen zu erwähnen. (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Sie kommen schon noch dran, passen Sie auf, dass alles drinnen bleibt! Sie dürfen später noch reden!

Natürlich ist das Budget im Wirtschaftsressort ziemlich eng geschnürt. Natürlich ist es auch so, dass wir darüber reden sollten, wie wir von diesen Rankings wegkommen, nämlich von jenen, die Sie gestern nicht erwähnt haben. Wie kommen wir zum Beispiel von dem Ranking weg, in dem wir an vorletzter, an 60. Stelle liegen, nämlich bei dem Ranking betreffend die wirtschaftlichen und sozialen Reformen? Davon sollten wir wegkommen, und dazu bieten wir Ihnen auch unsere Hilfe an. Wir tun etwas dafür, dass Sie die nötigen Reformen angehen können.

Wie kommen wir zum Beispiel davon weg, dass Österreich beim European-Innovation-Scoreboard stabil in dem Bereich liegt, der uns nur mehr als Innovation-Follower ausweist? Wir sollten, wie Bundeskanzler Kern auch angesprochen hat, wirklich viel mehr Geld investieren, um wieder Nobelpreisträger hervorzubringen.

Lassen Sie mich noch zwei Dinge erwähnen, die einfach essenziell sind, nämlich die Reformen, die angegangen werden sollten und von denen immer gesprochen wird: Bürokratieabbau und Gewerbeordnungsreform. Darüber sollten wir uns unterhalten. – Ja, darüber unterhalten wir uns schon, seitdem ich hier Abgeordneter bin! Aber wenn einer meiner Mitarbeiter 72 Arbeitstage – zugegebenermaßen, es sind fünf Betriebe an fünf Standorten – für das Abheften, das Niederlegen, die Vorschriften und das Doku­mentieren braucht, dann ist das ein bisschen zu viel. Es ist ein Faktum, dass die Gewerbeordnung dringendst neu geschrieben werden sollte. In keinem anderen westeuropäischen Industrieland brauchen angehende Unternehmer so viele Befähi­gungsnachweise wie in Österreich – das ist Faktum. Schreiben wir die Gewerbeord­nung neu! Damit schaffen wir Arbeitsplätze, damit hat die Wirtschaft und damit hat die Regierung etwas davon! Nur dann geht es weiter, nur dann können wir davon leben, dass unsere Mitarbeiter auch entsprechend Steuern zahlen können. – Danke vielmals. (Beifall bei den Neos.)

13.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler zu Wort. – Bitte. (Abg. Steinbichler stellt eine Tafel auf dem Rednerpult ab. – Abg. Lichtenecker: Das haben wir schon einmal gesehen!)

 


13.57.53

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Danke, Frau Kollegin, für den Hinweis. Ich darf den berühmten Bundeskanzler Kreisky zitieren, der gesagt hat, ein Thema muss man zehn Mal thematisieren, bis es auch wirklich diskutiert wird. (Abg. Krainer: Aber nicht hier herinnen!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseher auf den Tribünen und vor den Fernsehschirmen! Diese fehlenden Reformen wurden heute bereits ausführlich diskutiert, und ich darf noch einmal auf einen Bereich zurückkommen. Heute wurde sehr oft während dieser Budgetdebatte als Auslöser die Hypo Alpe-Adria erwähnt. Das ist die billigste Ausrede. Ich bin neugierig, welche es dann nächstes Jahr sein wird. Diese sollte scheinbar davon ablenken – und Klubobmann Lopatka hat sie auch verwendet –, dass man die Reformen einfach nicht umsetzt, denn diesen Betrag, den die Hypo Alpe-Adria kostet,


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könnte man mit den notwendigen Zusammenlegungen der Sozialversicherungen – und das steht jährlich im Bereich Pflege und Gesundheit an – einsparen. Es gibt so viele Möglichkeiten, die auch immer wieder aufgezeigt werden. Ich darf die neue Rech­nungshofpräsidentin Kraker erwähnen, die in der „Zeit im Bild 2“ bei einer Diskussion ganz klar die Reformunwilligkeit und Reformnotwendigkeit der Bundesregierung erwähnt hat.

Ich darf noch einen Punkt erwähnen, weil er heute bereits einige Male angesprochen wurde: Asyl. Hierbei ist es notwendig, einmal ganz klar zu deklarieren, was Asylanten, was Kriegsflüchtlinge und was Klima- und Wirtschaftsflüchtlinge sind. Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die Berichte und Prognosen anschaut, sind zurzeit 200 Millionen Leute unterwegs. Wir werden das durch unsere Konzernwirtschaft nicht verhindern, und deshalb dieses Bild (auf die Tafel auf dem Rednerpult zeigend), das manche schon gesehen haben: Die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen – das ist ein Kernthema, auch für eine Budgetierung. 

Warum können 62 000 Frachtschiffe täglich unbesteuert über die Weltmeere fahren? Warum wird da nicht fair besteuert? Warum wird dem kleinen Mopedfahrer das Kennzeichen abmontiert, wenn er seine Versicherungsprämie nicht bezahlt? – In die­sem Spannungsfeld wird Finanzpolitik gemacht, das ist Steuergerechtigkeit, nicht nur bei den neuen Steuersystemen oder dem von Kollegin Dietrich bereits angesproche­nen fairen Pensionssystem.

100 € können für einen Pensionisten sehr viel sein. Ich bringe ein Beispiel: 45 Beitrags­jahre, aktuelle Pension – ich nehme das nächste Mal den Bescheid mit – 647 €; ein Bauer aus Ungenach. (Abg. Schopf: … hat er nicht eingezahlt!) Den gibt es, der hat eingezahlt, Walter, jawohl, der hat eingezahlt! –: Mir hat das, was Kanzler Kern heute zur Sozialpolitik gesagt hat, sehr gefallen. Das können wir heute noch beim Grünen Bericht diskutieren; es ist richtig, dass damals die Sozialversicherung eingeführt wurde. Aber braucht diese 100 € auch jemand, der 7 000 € Pension hat? Für den ist das nämlich sehr wenig und nicht notwendig, deshalb ist eine Pauschalregelung, eine Gießkannenregelung immer die schlechteste (Beifall beim Team Stronach), deshalb brauchen wir endlich einmal Sockelbeträge, damit man zu einer Anpassung, zu einem fairen System kommt.

Kurz darf ich noch die Familien- und Bildungspolitik ansprechen, da die auch sehr in die Wirtschaft hineinspielt; selbstverständlich, das ist ja ganz wesentlich, denn: Wenn wir keine Familien mehr haben, die sich Kinder leisten können, wenn wir keine jungen Facharbeiter mehr haben, die wir selbst rekrutieren können, dann haben wir das Malheur, das wir jetzt im ländlichen Raum haben: 100 000 Bauernhöfe geschlossen, vor Ort fehlen die Leute für die großen Industriebetriebe. Wo haben denn die ihre Fachkräfte rekrutiert?

Oder die Bildungspolitik: Gestern hat der Herr Finanzminister und heute der Herr Bundeskanzler angesprochen, dass wir im OECD-Vergleich hinsichtlich Effizienz  seien es die Klassenschülerzahlen oder seien es die Vergleiche in den Statistiken nachhinken; deshalb sind wir hier gefordert.

Ich erwähne noch ganz kurz das wird heute noch ein Thema werden und ist schon von den Kolleginnen und Kollegen der grünen Fraktion angesprochen worden –, dass es im Bereich des Ökostroms ganz genauso wie in vielen anderen Bereichen hinkt. Es werden die Biohackschnitzelheizungen stillgelegt, die werden zum Teil nicht mehr betrieben, zum Teil sogar mit dem Bagger geschleift und durch Atomstrom und Rus­sengas ersetzt. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das sind die Fakten! 30 Atomkraftwerke werden neu erbaut. Wenn wir da zu keiner fairen Lösung kommen – auch da gilt dasselbe: wir müssen die Kreisläufe regionalisieren –, haben wir ein Problem.


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Deshalb wiederholt und zum letzten Mal: Wir dürfen nicht alles der Globalisierung, den Konzernen opfern, deshalb brauchen wir als Gegenpol die Regionalisierung. Der Mensch muss im Mittelpunkt, im Vordergrund stehen, für die Menschen haben wir zu arbeiten, daher, Herr Minister: Volle Unterstützung für die notwendigen Reformen! (Beifall beim Team Stronach.)

14.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Muttonen. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.03.18

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Jetzt ein großer Sprung zur Außenpolitik: Die Aufgaben der Außenpolitik und der EU-Politik haben sich in den letzten Jahren massiv verändert, das zeigt zum Beispiel die neue Sicherheitsstrategie ganz deutlich.

In der Sicherheitsstrategie von 2003 hieß es – ich zitiere –: „Nie zuvor ist Europa so wohlhabend, so sicher und so frei gewesen. Die Gewalt der ersten Hälfte des 20. Jahr­hunderts ist einer in der europäischen Geschichte beispiellosen Periode des Friedens und der Stabilität gewichen.“

Heute, einige Jahre später, 2016 heißt es: „Der Zweck, ja die Existenz (…) unserer Union wird in Frage gestellt.“ Unsere Region ist instabiler und unsicherer geworden. „Die Krisen innerhalb und außerhalb unserer Grenzen wirken sich direkt auf das Leben unserer Bürger aus.“ – Also das ist doch ein ziemlicher Unterschied.

Dieser Veränderung muss auch unsere Außenpolitik Rechnung tragen, und Österreich muss mehr Engagement in der EU- und Außenpolitik leisten. Das heißt, Österreich muss sich mehr Engagement leisten können, mehr finanzielles Engagement, um mit seinen Partnern Antworten auf die vielen Herausforderungen finden zu können, durchaus im Sinne unserer eigenen Sicherheit und Stabilität; Herausforderungen wie zum Beispiel der Brexit und seine Folgen, die Kriege und Konflikte in der Ostukraine und in Syrien und die hohe Migration in Afrika.

Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass die Gelder für die EZA und den Auslands­katastrophenfonds wie auch die Gelder für den Afrikanischen und Asiatischen Entwick­lungsfonds angehoben werden. Auch wenn wir in die Ausstattung der Flüchtlingslager investieren oder die syrischen Nachbarländer unterstützen, damit dort nicht weitere Konflikte und Krisen aufbrechen, dann ist das gut investiertes Geld für unsere Sicherheit. Das Gleiche gilt natürlich für Projekte zur Bildung, zur wirtschaftlichen Ent­wicklung und zum Wiederaufbau in Afrika oder Asien. Allerdings, meine Damen und Herren, werden kurzfristige Zuwendungen weder vor Ort helfen noch die Migrationsbe­wegungen stoppen.

Mit Blick auf den Konflikt in der Ostukraine und die zunehmenden Spannungen zwischen Russland und der NATO ist aber auch der österreichische OSZE-Vorsitz 2017 ein diplomatisches Großprojekt, das ausreichend finanziert werden muss. Die OSZE wird nächstes Jahr eine zentrale Rolle dabei spielen müssen, eine weitere Eskalation in der Ostukraine zu verhindern und eine Alternative zur gefährlichen neuen Konfrontationspolitik zwischen Russland und der NATO aufzuzeigen.

Um eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur zu strukturieren, zu finden, werden neue Initiativen notwendig sein, wie etwa Gespräche über eine neue europäische Rüstungs­kontrolle. Als neutrales Land hat Österreich ein großes Potenzial, um solche Initiativen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 95

zu lancieren und voranzutreiben. Die entsprechenden Ressourcen dafür wären in jedem Fall ein gut angelegtes Geld. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

14.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.

 


14.07.12

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zu­nächst möchte ich mich bei Finanzminister Hans Jörg Schelling und seinen Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern sehr herzlich für ihre Arbeit bedanken. Es ist natürlich grundsätzlich herausfordernd, ein solches Budget zu erstellen.

Selbstverständlich unterstütze ich, unterstützen wir den von Ihnen eingeschlagenen Weg mit dem Ziel, in Zukunft keine neuen Schulden mehr zu machen, denn das ist auch als Signal für den Finanzstandort und für den Wirtschaftsstandort Österreich wichtig. Das schafft Vertrauen, und Vertrauen ist das, was wir brauchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte auch kurz auf das Budget für Integration und Äußeres eingehen. Die Bundesregierung investiert kräftig in die Schlüsselbereiche, auch für ein sicheres Österreich. Infolge der Flüchtlingskrise gilt es nun verstärkt in die rasche Integration zu investieren, Parallelgesellschaften zu verhindern und den Menschen eine Chance zu geben. Integration wird eine der vordringlichsten Aufgaben unserer Gesellschaft blei­ben. Die Mittel dafür sind Investitionen in die Zukunft unseres Landes, daher wird auch das Budget für 2017 mit 250 Millionen € auf hohem Niveau bleiben. Diese Mittel sollen vor allem gezielt für Deutsch- und Wertekurse eingesetzt werden.

Zusätzliche Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit und Österreichs Einsatz für Frieden, Menschenrechte und sozialen Fortschritt sollen die Ursachen für die Flücht­lingsbewegungen bereits an der Wurzel eindämmen.

Die Mittel für die Projektarbeit – beispielsweise in der ADA – werden bis 2021 verdop­pelt, auch das Ziel dahinter ist ein doppeltes: Lokale Entwicklung muss zu lokalem Wohlstand führen, die jungen Menschen sollen den Wohlstand und die soziale Sicher­heit nicht im Ausland suchen müssen. Zusätzlich wird der Auslands­katastro­phen­fonds als wichtiges Werkzeug, um rasch und effizient betroffenen Menschen in der ganzen Welt helfen zu können, aufgestockt; der Auslandskatastrophenfonds und die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit werden um 112,5 Millionen € erhöht. 

Bereits 2015 und 2016 richtete sich der Fokus des Außenministeriums auf die huma­nitäre Krise in Syrien, den Irak und die umliegenden Regionen. Dieser Schwerpunkt wird wohl auch für 2017 aufrechterhalten werden müssen. Weiters gilt es, für die humanitären Notsituationen in Afrika – zum Beispiel im Südsudan oder auch in Äthiopien und Uganda – gerüstet zu sein. Es wird daher die Dotierung des Auslands­katastrophenfonds, der 2016 signifikant aufgestockt wurde, auf 20 Millionen €, für 2017 in unveränderter Höhe beibehalten werden.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei einem anderen Regierungsmitglied, nämlich bei Bundesminister Sebastian Kurz, und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Außenamt und allen Botschaftern für ihre hervorragende Arbeit bedanken. Sie sind sozusagen die erste Visitenkarte unseres Landes, und sie tragen wesentlich zu einem positiven Bild im Ausland bei. Der Bundesminister ist natürlich auch ein ausge­zeichneter Door Opener für unsere Wirtschaft, und das ist bekanntlich enorm wichtig für unsere exportorientierten Unternehmen. Damit schafft er im In- und Ausland Ver-


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trauen in diese Republik, und wie gesagt: Vertrauen ist die wichtigste Währung, die wir haben. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.11.25

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Ottenschläger! Ja, die Ausführungen des Kollegen Ottenschläger dahin gehend, dass die Aufstockung der Mittel für inter­nationale Organisationen und Entwicklungszusammenarbeit krisendämpfend seien, sind richtig, wenn man das Wort könnten dazusagt. Dass sie es sind, ist natürlich nicht richtig.

Der Herr Minister hat zwar in seinem Budget sehr markige Worte verwendet und klar ausgesprochen, dass mehr Geld nicht hilft, wenn dahinter nicht mehr Leistung steht, und dass man gegenüber dem Steuerzahler verantwortlich ist und so weiter. Bei den Mitteln für das Ausland hat er sogar geschrieben, dass es ein Gebot der Stunde sei: „Als Gebot der Stunde haben wir die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit erhöht“, als Gebot der Stunde haben wir die Beiträge an die internationalen Organi­sationen auf 104 Millionen € ausgeweitet. (Abg. Rasinger: 114, Herr Kollege!) – 104! In meinem schriftlichen Konzept des Herrn Ministers steht 104.

Die Frage ist aber: Was passiert mit dem Geld? Kommen jetzt neue Dinge dazu, Initiativen für Syrien oder für den Irak oder für Afghanistan oder für dort, wo die Flüchtlingswellen herkommen? Da muss man sich die untersten Untergliederungen, die Kontenlisten und was mit dem Geld geschieht, anschauen.

Wenn der Herr Minister das gemacht hat, wovon ich ausgehe, dann müsste er sehen, dass da gar nichts geschieht, denn es wird das fortgeschrieben, was in den vergan­genen Jahren geschehen ist, nämlich eine gigantische Geldvernichtungsmaschinerie. Es werden Aktionen, Einsätze, Tribunale, die seit Jahren oder zwei bis drei Jahr­zehnten tätig sind, die einfach existieren, weil sie existieren und niemand bereit ist, sie aufzulösen, weiterfinanziert.

Sprechen wir einmal über die internationalen Organisationen: Was finanzieren wir zum Beispiel? – Natürlich finanzieren wir weiterhin die UN-Nahostkontingente im Rahmen der Mission UNIFIL mit 2,9 Millionen €. Nahostkontingent klingt einmal gut, das könnte ja etwas tun. – Tut es aber nicht, denn die UNIFIL steht zwischen dem Libanon und Israel, und das ist eines der wenigen Gebiete, wo sich überhaupt nichts tut, da weder Israel ein Interesse hat, den Libanon anzugreifen, und andersrum muss ich gar nichts dazu sagen.

Dann haben wir UNDOF, das Kontingent auf den Golanhöhen. Auch dieses ist an der einzigen Linie, nämlich an der israelischen Grenze, wo nichts passiert. Keine dieser Organisationen kann auch nur einen Finger für die Schaffung oder Erhaltung oder Förderung des Friedens in Syrien oder für humanitäre Dinge rühren. Gar nicht! Das geht unverändert weiter.

2 Millionen € gehen zum Beispiel in die Beobachtermission der Vereinten Nationen in Liberia. Wie jedes Jahr gehen da 2 Millionen € hinein. Dort gab es vor mittlerweile mehr als zehn Jahren tatsächlich einen Bürgerkrieg, damals hat es eine Beobachter­mission gegeben, die eben einfach weiterlebt. Was die beobachten und berichten, weiß ich gar nicht, aber zur Friedenssicherung oder zur Vermeidung von Asylanten­strömen aus Nigeria werden sie mit der Beobachtung nicht wesentlich beitragen. Ich


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glaube auch nicht, dass die Entwicklung in Liberia durch diese Beobachtermission besonders gefördert wird.

Das geht munter weiter: Wir geben zum Beispiel je knapp 600 000 € für das inter­nationale Jugoslawientribunal und das internationale Ruandatribunal aus. Beide Kriege beziehungsweise Völkermorde liegen über 20 Jahre zurück. Wozu muss es da ein Tribunal geben, das allein Österreich jeweils fast 600 000 € im Jahr kostet?

So könnte man weitermachen: Wir zahlen zum Beispiel auch einen – wenn auch be­scheidenen, aber die Relevanz ist mir nicht klar – Betrag für die Organisation inter­nationale de la Francophonie. Was das mit der Stabilisierung der Welt und der Friedenssicherung zu tun hat, ist ebenso interessant wie eine Ausgabe von 1,15 Millio­nen € für die Mission der Vereinten Nationen in Abyei. Das wird keiner kennen! Abyei, das ist eine winzige Ortschaft im Südsudan, wo sich bei der Teilung in Nord- und Südsudan die beiden Seiten nicht einigen konnten. Seit der Teilung gibt es an dieser winzigen Stelle, wo nichts passiert, wo kein Konflikt ist, eine Beobachtermission, die allein 1,1 Millionen € kostet.

Würde der Herr Minister das ernst nehmen, was in der Budgetrede gesagt wurde oder in der schriftlichen Version steht, dann würde er sagen: Okay, schauen wir einmal, was da mit unserem Steuergeld passiert! Macht das einen Sinn? Ist es ein Gebot der Stunde, etwas weiter zu finanzieren, das niemand braucht? Oder gehört das abge­stellt? Das sehe ich nicht.

Genauso die Erhöhung der Entwicklungshilfe: Es könnte ja sinnvoll sein, wenn man dort Maßnahmen zur tatsächlichen Verbesserung der Strukturen in den betroffenen Ländern setzt. Das geschieht aber nur in sehr, sehr geringem Ausmaß. Die österreichi­sche Entwicklungshilfe ist ein Musterbeispiel der Ineffizienz. Trotz aller Bemühungen und Kritik, die nicht nur ich formuliert habe, ist es unmöglich, zu erreichen, dass sich Österreich mit seinen circa 100 Millionen € an bilateraler Hilfe – da stehen wir jetzt – auf nur ein oder zwei Länder fokussiert und dort konzentrierte und daher wirkungsvolle und Auswirkung zeigende Maßnahmen setzt.

Stattdessen haben wir zehn verschiedene Schwerpunktländer und verschiedene andere Länder, die Schwerpunktregionen sind, haben dort Miniteams mit Minibudgets, die Miniprojekte verwirklichen, isoliert und ohne nennenswerten Einfluss auf die Entwicklung dieser Länder. Im Budget gibt es dazu keine Erwähnung, keine Kontrolle der Effizienz, sondern nur das „Gebot der Stunde“.

Das Gebot der Stunde wäre aber, Effizienz walten zu lassen, ein Zero-Budgeting zu machen, alles, was den vorgeblichen Zielen – nämlich der Stabilisierung der Welt, der Verhinderung von Migrantenströmen durch Schaffung stabiler und sicherer Bedingun­gen vor Ort – nicht dient, aus den Ausgabenlisten herauszustreichen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

14.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.17.12

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Aufgaben, die durch bewaffnete Konflikte und die Auswirkungen des Klimawandels entstehen, sind die größten Herausforderungen, die nicht nur Österreich, sondern die interna­tionale Staatengemeinschaft tatsächlich zu bewältigen haben.

Es braucht maßgebliche Lösungen, die auch in der gemeinsamen Arbeit mit der UNO und mit den UNO-Hilfsorganisationen umgesetzt werden müssen. Es geht nicht darum,


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dass die UNO möglicherweise falsche Prioritäten setzt – ganz und gar nicht! –, son­dern es geht darum, dass Österreich der UNO und den UNO-Hilfsorganisationen viel zu wenig Geld zur Verfügung stellt, damit tatsächlich friedenssichernde und -stabilisie­rende Maßnahmen gesetzt werden können. (Beifall bei den Grünen.)

Die schweren Luftangriffe auf Aleppo, die Fortsetzung der Ukraine-Krise, die Fortset­zung des Krieges im Jemen, die Auswirkungen des Hurrikan Matthew – vor allem auf Haiti, aber auch in den USA –, die Abschaffung demokratischer Strukturen, der Rechts­staatlichkeit, menschenrechtlicher Strukturen vor allem in der Türkei, die Hungersnöte in Äthiopien oder in Sierra Leone, bewaffnete Konflikte und die Auswirkungen des Klimawandels gehen uns alle etwas an. Das hat nicht nur damit zu tun, dass 65 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht sind und nur ein Bruchteil den Weg nach Europa schafft. Es geht darum, auf der Welt tatsächlich Frieden zu sichern.

Die UNO, wie schon gesagt, die einzige weltumspannende friedenspolitische Organi­sation, versucht ja tatsächlich, weltweit gemeinsam mit der internationalen Staaten­gemeinschaft Akzente zu setzen. Es gibt vonseiten der UNO zwei wichtige friedens­politische Agreements, die umgesetzt gehören: Das eine sind die Sustainable Develop­ment Goals, nämlich die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung für jeden Staat, der Teil der UNO ist. Und das zweite Agreement ist das Paris Agreement, damit der Klimawandel tatsächlich gestoppt werden kann und die Klimaziele auch tatsächlich eingehalten werden können. Beide Agreements der UNO brauchen auch eine finan­zielle Ausstattung. Dieses Budget sieht diese finanzielle Ausstattung in keinem der Punkte vor.

Deshalb brauchen wir uns nicht darüber zu wundern, dass die UNO weiter nach mehr Geldern ruft, dass die UNO weiter nach Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft ruft. Wir brauchen uns auch nicht darüber zu wundern, dass die Auswirkungen der bewaffneten Konflikte und des Klimawandels tatsächlich auch nach Europa reichen und auch wir hier diese Auswirkungen spüren. Deshalb braucht es hier ganz klar finanzielle Unterstützung.

Mantraartig wird erzählt, dass die Entwicklungszusammenarbeit aufgestockt wird. Ja, auch ich persönlich habe mich – zumindest kurz – darüber gefreut, dass endlich einmal ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt wird. Wenn man es sich aber genau anschaut, hat das nichts mit der Entwicklungszusammenarbeit und mit den bilateralen Zusammenhängen zu tun.

17,1 Millionen € mehr, ja – aber keine Schwerpunktregionen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, keine Schwerpunktsetzungen wie im Dreijahrespro­gramm, das in einem breiten Diskurs mit Zivilgesellschaft und Parlament beschlossen wurde. Das sind nicht die Schwerpunkte dieser Aufstockung der Entwicklungszusam­menarbeit. Ganz im Gegenteil, hier werden humanitäre Hilfe und Entwicklungszusam­menarbeit für eine Abschottungspolitik der Europäischen Union instrumentalisiert, die nicht die tatsächlichen Ursachen bekämpft, sondern die Symptome von Krieg und Klimawandel. Das ist eine klar verfehlte internationale Politik.

Die Beiträge für internationale Organisationen sollen auch aufgestockt werden. Wenn man sich das Budget genauer anschaut, Herr Minister, finden sich darin wenig klare Hinweise, wohin denn die Gelder tatsächlich kommen. Es gibt keine Erhöhung für UNICEF, das Kinderhilfswerk, keine Erhöhung für UN Women, keine Erhöhung für UNHCR – gerade die drei Organisationen, die jetzt, in Zeiten von Krieg und Krisen, tatsächlich wichtige Aufgaben übernehmen würden! UNFPA, die sich tatsächlich für die Belange von Frauen und Kindern einsetzen, sind herausgestrichen – null –, und auch, wenn man ins Lebensministerium schaut: Die Mittel für das World Food Programme sind 2017 mit 0 € beziffert.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 99

Das heißt, Sebastian Kurz hat anscheinend viel Geld von Ihnen gewollt, und Sie haben zugesagt, diese Gelder zu geben, ohne eine Strategie einzufordern. Das ist das, was ich hier auch stark kritisiere. Sie wissen, Herr Finanzminister, hinsichtlich der inter­nationalen Finanzinstitutionen genau, was es an Strategie, an Herausforderung, aber auch an einer klaren Linie braucht, um das in Ihrem Haus auch umzusetzen. Das Außenministerium hat Ihnen diese Strategie nicht vorgelegt, und ich frage mich schon, wieso, denn ohne Strategie können humanitäre Hilfe und Entwicklungszusam­men­arbeit nicht langfristig und nachhaltig funktionieren. (Beifall bei den Grünen.)

14.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Vavrik. – Bitte.

 


14.22.50

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister, Frau Bundesministerin und Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ein paar Gedanken zum Budget des Außenministeriums: Es ist unter allen Ressorts das kleinste Budget, und zwar bei Weitem. Vielleicht ist das auch einer der Gründe dafür, dass unser Herr Außenminister offensichtlich nach Höherem strebt.

Es werden im Jahr 2016 nur 430 Millionen € sein. Das deckt die bilaterale Entwick­lungszusammenarbeit ab, Integration, Zahlungen an internationale Organisationen – zumindest einen Teil davon –, auch die Zentrale und das gesamte Netz der Vertre­tungsbehörden im Ausland, also Botschaften, Konsulate, Kulturinstitute. Dieser Betrag ist kleiner als der Fehlbetrag im Bildungsministerium. Nur um ein bisschen die Relation zu zeigen: Der Fehlbetrag im Bildungsministerium sind 500 Millionen €, das Außen­ministerium bekommt 430 Millionen €. Mit anderen Worten: Das gesamte Budget des Außenministeriums ist also ein Rundungsfehler im Bildungsressort!

Es ist übrigens auch kleiner als das Budget des BKA: Dort sind 900 Millionen € veranschlagt. Ich weiß nicht, wo das Geld hingeht, aber das ist vielleicht einer der Gründe dafür, dass der Herr Bundeskanzler noch immer Business Class nach New York fliegen kann, während unser Außenminister Holzklasse fliegt.

Das Budget wurde aber erhöht, und zwar um mehr als 20 Prozent. Das sehen wir wohlwollend an, obwohl die Erhöhung prozentuell hoch ist, und zwar deswegen, weil wir glauben, dass die Vertretung der Republik nach außen und auch die Wahrnehmung der Interessen bilateral und multilateral eine der ureigensten Aufgaben des Staates ist, die notwendig ist und an niemanden sonst delegiert werden kann. Deswegen haben wir uns das ganz wohlwollend angeschaut. Auch unter Bedachtnahme darauf, dass Österreich weder wirtschaftlich noch militärisch eine Großmacht ist – wir sind eher ein Fliegengewicht, sagen wir es ganz ehrlich! –, ist es ganz wichtig, dass unsere Diplomatie personell, qualitativ und auch finanziell gut aufgestellt ist.

Nur zum Vergleich: Die jährlichen Betriebsausgaben einer Flugzeugträgergruppe betragen über 2 Milliarden €. Also für die, die nostalgisch sind: Es ist vielleicht gut, dass wir Triest nicht mehr haben, das würde den Steuerzahler noch viel, viel teurer kommen.

Wenn man sich jetzt die Zahlen anschaut: EZA-Mittel erhöht – das ist gut; inter­nationale Organisationen, Türkei-Fazilität: plus 20 Millionen € – okay, das ist auch notwendig. Das sind alles Durchlaufposten. Ich habe mir angeschaut, was für das Vertretungsnetz wirklich ausgegeben wird: Das ist ein bisschen knapp. Das ist seit Jahren stabil, und ich glaube, da könnten wir ein bisschen großzügiger sein.

Es wird vorne und hinten gespart, bis es nicht mehr geht. Inzwischen ist es so, dass unsere Diplomaten fünf Jahre im Ausland verweilen müssen, nicht mehr vier – nicht,


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weil fünf Jahre notwendig sind, nicht, weil man erkannt hat, dass fünf Jahre besser sind, sondern damit weniger oft umgezogen wird! Man spart sich 20 Prozent der Umzugskosten.

In vielen Vertretungen ist nur mehr ein Botschafter, sonst kein Diplomat. Manche Botschaften decken bis zu 20 Länder ab. Das ist, denke ich, zu wenig. Ich möchte ein ganz konkretes Beispiel nennen: Wir sind in neun Schwerpunktländern wie zum Beispiel Afghanistan oder Irak, wo sich Österreich über die EZA, über Entsendungen von Militärs und auch auf andere Weise jetzt mehr einbringen möchte, nicht vertreten. In diesen Ländern sind nicht nur die Großmächte vertreten, sondern – ich nenne ein Beispiel – die Niederlande; sie sind sowohl im Irak als auch in Afghanistan mit einer Botschaft vertreten. Auch Schweden – denn man könnte sagen, die Niederlande sind ein NATO-Land – ist im Irak und in Afghanistan vertreten und ist auch mit einer großen Vertretung in Amman, wo wir nur einen Botschafter und einen Zugeteilten haben. Ich denke also, da ist noch ein bisschen Luft nach oben.

Vielleicht sollten wir uns auch, wie Kollege Hübner gesagt hat, andere Posten ganz akribisch anschauen. Es geht nicht unbedingt nur um eine Erhöhung, sondern auch um eine bessere Aufteilung der Mittel, damit unser Vertretungsnetz quantitativ und qualitativ wieder das wird, was es einmal war. – Danke vielmals. (Beifall bei den NEOS.)

14.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


14.27.01

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren hier im Plenum und vor den Fernsehschirmen! Ich möchte zum Budget für den außenpolitischen Bereich ein paar Daten aus dem entsprechenden Teilheft zitieren, da steht: Am 1. Jänner 2016 lebten insgesamt 8 700 421 Menschen in Österreich, um 115 545 Personen mehr als 2015. Das heißt: 1,35 Prozent Steigerung.

Der Großteil sind Zuwanderer, das heißt, sogenannte Flüchtlinge. Ob diese tatsächlich Asylwerber oder Wirtschaftsflüchtlinge sind, darauf werden wir noch zurückkommen. Aber da steht auch drin: 21 903 Personen aus Syrien, 18 609 Personen aus Afgha­nistan und 10 002 Personen aus dem Irak.

Warum möchte ich auf diese Personen beziehungsweise auf diese Zuwanderung eingehen? – Meine Damen und Herren, wir wissen, dass wir letztes Jahr von einer Flüchtlingswelle überrollt worden sind. Wir haben die Problematik, dass unter dem Titel Asyl sehr viele Menschen mitgekommen sind, die nur aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich zugewandert sind.

Unsere Politik war überfordert, das kostet Sie als Steuerzahler eine Menge Geld. Wie wir heute schon gehört haben, werden vom Finanzminister 2 Milliarden € für diesen Bereich zur Verfügung gestellt. Das sind 2 Milliarden €, die wir vielleicht anderweitig besser brauchen und besser investieren könnten, nämlich für eine kontrollierte Zuwanderung derer, die unsere Wirtschaft braucht, und nicht für eine Zuwanderung ins Sozialsystem.

Lassen Sie mich jetzt auf einen Antrag zurückkommen, den ich schon eingebracht habe, und zwar mit Bezug auf die Schweiz. Sie, Herr Finanzminister, wissen als Vorarl­berger Landsmann: Sparsamkeit ist eine Tugend, eine Vorarlberger Tugend, eine alemannische Tugend, und drüben in der Schweiz kann man Sparen lernen! Man muss ja das Rad nicht neu erfinden, Herr Finanzminister, man kann auch einmal über die Grenze schielen und dort drüben ein paar Impressionen aufnehmen.


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Mein Antrag läuft genau auf Folgendes hinaus: In der Schweiz sind die Asylverfahren jetzt neu geregelt. Dort stellt der Bund die Asylanwälte zur Verfügung. Das heißt, die können sich nicht mehr das Rennen geben, wer da mehr verdient, wer die Verfahren noch länger hinauszieht und noch mehr kassiert, meistens durch die öffentliche Hand bezahlt, sondern dort gibt es einen Asylanwalt, der vom Bund bezahlt wird und der das Verfahren schnellstmöglich abwickelt. Das bedeutet, es gibt schnelle Verfahren, sie sind kostengünstiger, und das hat sich bewährt.

Herr Finanzminister! Ich kann Ihnen als sparsamem Vorarlberger also Folgendes mitgeben: Schauen Sie dort über die Grenze! Sie müssen das Rad nicht neu erfinden. Das wäre eine gute Maßnahme, um die Asylpolitik etwas zu verbessern. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Doppler.)

Der Herr Außenminister hat im Außenpolitischen Ausschuss letzte Woche folgende Aussage getätigt: In Österreich gibt es eine Community von Nigerianern. Diese Nigerianer sind eine kleine Community in Österreich, aber – man höre und staune – sie sind ein Wirtschaftsfaktor für ihr Heimatland! 170 Millionen € werden von diesen Nige­rianern jährlich nach Nigeria geschickt, 170 Millionen € aus Österreich. Das ist nur eine kleine Community. Rechnen Sie einfach einmal nach, was das für ein Wirtschaftsfaktor ist und warum diese Länder kein Interesse daran haben, zurückgewiesene Asylwerber wieder zurückzunehmen! Da muss der Herr Außenminister beziehungsweise unsere Regierung handeln, um diesen Ländern einmal klarzumachen, dass sie diese Menschen auch zurückzunehmen haben.

Ich möchte das auch mit etwas vergleichen, das mir letzte Woche in Moldau zu denken gegeben hat. Ich habe dort mit einem Polizeioffizier gesprochen, einem Oberstleutnant. Er hat mir erzählt, dass ein Oberstleutnant in Moldau bei der Polizei 150 Dollar verdient. 200 € benötigt eine Familie in Moldawien zum Überleben. Ich denke daran, was unser Herr Innenminister oder unsere Regierung gesagt hat: dass man jedem Asylwerber, der hier ist, obwohl er freie Kost und Logis hat, noch 5 € pro Stunde geben möchte. Das sind bei einer 40-Stunden-Woche 200 € in der Woche – das muss man einmal vergleichen! (Abg. Rädler: Die gehen …!) – Na ja, das ist die Frage, das kann man ja einmal diskutieren. (Rufe und Gegenrufe zwischen ÖVP und FPÖ.) Aber egal, es geht darum, dass da ein Haufen Geld zusätzlich verdient wird, das dann hinun­tergeschickt wird. Das ist also ein Wirtschaftsfaktor. Was tun wir damit? – Wir öffnen die Büchse der Pandora, denn da werden sich noch viel, viel mehr auf den Weg nach Österreich machen, um hier gutes Geld zu verdienen (Beifall beim Team Stronach), gratis ausgehalten zu werden und das Geld in die Heimat zu schicken.

Das ist unser System, wie wir es hier haben, und das gehört abgelehnt. Deswegen haben wir vom Team Stronach immer wieder diese Wartecamps in Nordafrika verlangt. Die Anträge dazu liegen in den Ausschüssen, Sie müssen sie nur einmal beschließen. Fakt ist, dass diese Asylwerber oder diese Fremden, die hierherkommen und kein Recht auf Asyl haben, wieder zurückgeschickt gehören. Dort können sie dann bei freier Kost und Logis leben, nach Hause gehen oder wohin sie wollen, aber nicht mehr nach Österreich.

Jetzt ist die Lage so, dass wir jene Asylwerber, die unter dem Titel Asyl hierher­kommen, nicht mehr loswerden und dass die Gelder, die wir hier investieren, in diese Länder hinuntergeschickt werden, in die Herkunftsländer, wo sie der Familie ein Überleben sichern können. Das kann ich auch verstehen, aber ich denke, das ist nicht unsere Aufgabe.

Wir müssen auf unsere Steuerzahler, auf unsere Österreicher schauen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Doppler.)

14.33



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 102

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


14.33.09

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, die wichtigste Ressource eines Landes sind die Menschen. Mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten sind sie die Basis für wirtschaftlichen Erfolg und auch für ein friedliches Miteinander. Genau diese Fähigkeiten und Fertigkeiten werden in unseren Bildungseinrichtungen entwickelt, daher ist voranzustellen, dass jeder Euro, der in Bildung fließt, gut angelegtes Geld ist, eine Investition in die Zukunft.

Dementsprechende Schwerpunkte enthält auch dieses Budget, aus dem ersichtlich ist, dass Bildung einen ganz zentralen Stellenwert hat. Natürlich müssen wir auch alles daran setzen und gemeinsam konsequent arbeiten, beide Regierungsfraktionen gemeinsam, um einen effizienten und zielgerichteten Mitteleinsatz zu gewährleisten, damit das Geld zur Gänze in den Klassenzimmern, in unseren Bildungseinrichtungen ankommt.

Darauf beziehen sich die Empfehlungen des Rechnungshofes, nämlich Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung in eine Hand zu legen oder mehr Verant­wortung direkt an die Schulstandorte zu verlagern. Das ist eine Botschaft, die wir gemeinsam umsetzen müssen. Es ist auch dringend notwendig, entsprechende Überzeugungsarbeit zu leisten. Da richte ich mich an Ihre Fraktion, Herr Minister, wenn es darum geht, Klientelpolitik, aber auch überzogenen Föderalismus zu überwinden. Ich ersuche Sie, gerade bei den Landeshauptleuten, aber zum Beispiel auch beim neuen GÖD-Vorsitzenden mit uns gemeinsam Überzeugungsarbeit zu leisten.

Genau diese Punkte wollen wir auch gemeinsam umsetzen, keinesfalls wollen wir aber im Klassenzimmer den Sparstift ansetzen, weil das die teuerste Sparform ist. Deshalb weise ich Unterstellungen zurück, dass nur die Hälfte – Sie haben es wörtlich so gebracht – des Geldes, das irgendwie in die Bildung gesteckt wird, tatsächlich im Klassenzimmer ankommt. In Wirklichkeit ist es so, dass mehr als 80 Prozent in die Gehälter der Lehrerinnen und Lehrer fließen – das sind für mich, bitte, die Haupt­akteurInnen der Bildungsarbeit! Ihnen müssen wir auch die entsprechende Wertschät­zung entgegenbringen.

Ich bin aber natürlich auch motiviert, sämtliche Spargelüste zurückzuweisen, die in die Richtung gehen, die Klassenschülerhöchstzahl anzuheben. Das würde den Sparstift direkt im Klassenzimmer ansetzen. Ebenso ist es eine Sparmaßnahme, die zurück­zuweisen ist, die gute Verhältniszahl Lehrer/Lehrerin – Schüler/Schülerinnen zu ver­schlechtern.

Wenn man sich schon auf OECD-Studien beruft, dann nehmen wir den Haupt­kritik­punkt heraus, nämlich die frühe Trennung der Schülerinnen und Schüler, und setzen wir alles daran, dass die Bildungsqualität in Österreich weiter gehoben wird! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Jank. – Bitte.

 


14.36.42

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Staats­sekretärin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Welche Aufgaben soll denn der Staat erfüllen?“, war gestern die Frage unseres Herrn Finanzministers. Ich bin als Bildungssprecherin der Meinung: selbstverständlich jene, die sicherstellen, dass unsere Kinder von Anfang an die beste Unterstützung erhalten – unsere Kinder-


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gärten, unsere Schulen, unsere Hochschulen sollen, werden und müssen das sicher­stellen –, damit sie ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben führen können, damit sie jene Mitglieder unserer Gesellschaft werden, die wir brauchen, um den hohen Standard, den wir uns in all den Jahren erarbeitet haben, auch für die Zukunft aufrecht zu erhalten.

Dazu braucht es neben der Befriedigung von Grundbedürfnissen ein gutes Bildungs­system und ein Bildungssystem, das selbstverständlich auch budgetär gut ausgestattet ist. Ich stelle mich nicht in die Reihe derer, die meinen, mehr Geld allein würde schon alles verändern und besser machen. Ich meine, dass das vorliegende Bildungsbudget gut ausgestattet ist, gut aufgesetzt ist, dass wir aber – und auch dazu hat sich die Regierung bekannt – Reformen in manchen Bereichen brauchen, um Effizienzen, die noch vorhanden sind, zu heben, um Strukturen, die eingefahren sind, aufzubrechen.

Es ist heute auch schon gesagt worden, dass wir zu Innovationen nicht mehr fähig sind und vieles mehr. Wir haben die Tendenz, uns immer selbst schlechtzureden. Ich beziehe mich da auf eine Aussage eines unserer führenden Wissenschaftler, des Herrn Professor Zeilinger. Er sagte: „Um die Quantenphysik zu verstehen, müssen wir ungewöhnlich denken, und ich bezweifle, ob diese Bahnen […] schon beschritten wurden.“

Ich bin der Meinung, dieses Ungewöhnlich-Denken, einmal in anderen Bahnen, in anderen Kategorien zu denken und nicht nur in denselben Mustern, würde uns allen guttun. Es ist gerade in der Bildungspolitik entscheidend, zu erkennen, was alles möglich ist. Ich hoffe sehr, dass die Grundsätze unseres Bildungsreformprozesses, nämlich den Schulen Autonomie zu geben, dazu führen werden, dass sich Wissen und Können der Agierenden in den Schulen tatsächlich entfalten können.

8,5 Milliarden €, die in das Budget fließen, sind ein guter Polster, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Ja, jeder neunte Euro, also mehr als 80 Prozent, fließen in die Lehrergehälter. Obwohl die Schule eine Bildungseinrichtung ist, ist sie auch eine Dienstleistungseinrichtung, und in der Dienstleistung zählen, wie das Wort schon sagt, Dienst und Leistung der Menschen. Das ist eben auch in der Schule so.

Wir befinden uns mit der Selbstkritik an unserem Bildungssystem immer ganz weit vorne, und in diesem Haus wird diese Kritik immer ganz stark hervorgestrichen. Ich breche heute eine Lanze dafür, dass wir mit dem Wissen, dass wir budgetär ent­sprechend ausgestattet sind, auch selbstbewusst sein können und in dieser Frage unser Licht nicht unter den Scheffel stellen müssen, sondern ganz einfach dafür einstehen können, dass wir dieses Geld richtig und gut einsetzen.

Ich richte das Ersuchen an uns alle: Machen wir das in der kommenden Debatte zur Bildungsreform! Dass das noch eine große Herausforderung wird, ist mir selbstver­ständlich bewusst, aber öffnen wir unsere Gedanken im Sinne von Zeilinger: Denken wir ungewöhnlich! – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Grossmann.)

14.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte.

 


14.41.00

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Werte Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehbildschirmen! Es ist sehr lustig, finde ich, wenn die Vertreter der Regie­rungsparteien hier jedes Jahr wieder darüber lamentieren, dass wir als Opposition dieses Budget jedes Jahr aufs Neue kritisieren und nur herumnörgeln würden. Ich verstehe das nicht, weil es ja eigentlich die Pflicht der Opposition, überhaupt des


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Nationalrates als Gesamtes ist, konstruktiv Kritik zu üben, aber natürlich auch Alternativen aufzuzeigen. Also ich weiß nicht, was daran so ungewöhnlich sein soll.

Abgesehen davon, meine Damen und Herren, ist es ja so, dass es – wie Sie heute schon selbst und gestern bei der Rede des Finanzministers haben durchsickern lassen – eben kein perfektes Budget ist und da vieles zu kritisieren ist. Das hat der Herr Finanzminister gestern in seiner Budgetrede selbst schon getan. Es sind wohl Vorboten eines heraufdräuenden Wahlkampfs, die da schon erste Funklichter zeigen.

Zum konkreten Bereich des Unterrichts- und Bildungswesens hat der Herr Finanz­minister gemeint, wir haben es heute schon kurz gehört, dass er sich von Experten habe erzählen lassen, dass nur die Hälfte eines jeden Euros, der in den Bildungs­bereich fließt, tatsächlich in den Klassenzimmern ankommt. Diese Erkenntnis ist aber nichts Neues, wir wissen nicht erst seit gestern, dass da eine grobe Ineffizienz herrscht. Das, was mich nachdenklich stimmt, ist, dass der Herr Finanzminister auch in seiner Rede zugegeben hat, dass von diesen 8,6 Milliarden €, die in die Bildung fließen, eben nur die Hälfte tatsächlich effizient ankommt und er nicht weiß, wohin der Rest des Geldes fließt. Das ist natürlich ein Angriff der ÖVP auf die SPÖ, auf ein SPÖ-Ressort, aber es ist sehr bedenklich, dass man diesbezüglich keine Antworten finden kann.

Wir wissen das nicht erst seit gestern, die Kennzahlen sprechen ja auch dafür: Seit 2005, in den letzten zehn Jahren, sind die Ausgaben im Unterrichtsbereich um über ein Drittel, um 35 Prozent, gestiegen, bei gleichzeitigem Absinken der Schülerzahlen um 14 Prozent. Es ist also ganz klar, dass da irgendetwas nicht stimmen kann.

Jetzt erwartet man sich natürlich nach der Ansage des Herrn Finanzministers in der Budgetrede, dass da Effizienzsteigerungen passieren. Blickt man dann in das Budget beziehungsweise in diese Teilhefte, sieht man auch ein Wirkungsziel, bei dem Folgen­des steht: „Steigerung der Effektivität und Effizienz in der Bildungsverwaltung“, und die Information, wie dieses Wirkungsziel verfolgt wird. Da steht dann: „Erweiterung der Schulautonomie“, „Straffung der Verwaltungsstrukturen“, „Aufbau eines pädago­gischen Übergangsmanagements“, „Ausbau“ et cetera.

Da steht aber nichts von Abbau oder dergleichen, da steht nichts von Reduzierung. Da stellen sich mir dann natürlich Fragen, auch hinsichtlich der Diskrepanz zu dem, was der Herr Bundeskanzler heute Vormittag gesagt beziehungsweise in den letzten Tagen in den Medien verkündet hat, dass man nämlich den öffentlichen Dienst auf der einen Seite ausbauen will, sich auf der anderen Seite aber von der Klientelpolitik verabschie­den will. Also für mich passt das hinten und vorn nicht zusammen, es hat auch nichts mit dem zu tun, was hier angekündigt wird. Man bleibt da also im Bereich des Ankün­digungskaisers, des Schönredens und bewegt sich keineswegs in die Richtung, etwas zu verbessern.

Wenn mehr Geld in den Bildungsbereich fließt, dann wissen wir alle – das ist auch in anderen Bereichen, etwa im Sicherheitsbereich, so –, dass das leider Gottes in erster Linie der enormen Zuwanderungswelle des letzten Jahres geschuldet ist. Es fließt also tatsächlich wenig Geld in echte Bildungsmaßnahmen, die österreichischen Schüler haben also sehr wenig davon. Wir hören etwa aus berufsbildenden Schulen wie HTLs, dass die Zahl der Schüler in Werkstättengruppen erhöht wird. Es ist zwar vom Unter­richt her kein Problem, das zu bewerkstelligen, allerdings fehlen dafür die Werkstät­tengrößen. Das führt dazu, dass es zum Beispiel theoretischen und prak­tischen Unterricht gibt – eine sehr skurrile Sache. Gleiches gilt für Tourismusschulen, wo Kochunterricht nur mehr theoretisch stattfindet; da wird offensichtlich gespart. Das kann es ja wohl wirklich nicht sein! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Dietrich.)


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Dazu kommen Dinge wie etwa die Tatsache, dass die Abdeckung durch LAN und WLAN an Pflichtschulen und Schulen in Österreich sehr gering ist. Da geht es jetzt nicht unbedingt darum, dass jeder Schüler in der Volksschule bereits mit dem Handy ins WLAN kann, sondern rein darum, dass eine Schule überhaupt einen vernünftigen Internetanschluss hat, um etwa Lehrmittel weiterzuleiten. Das ist überhaupt nicht gegeben. Da wären dringend Zukunftsinvestitionen notwendig.

Die Kosten für Nachhilfe, die die Eltern zu tragen haben, sind immens – ich glaube, eine halbe Milliarde € oder 200 Millionen € werden in Österreich jährlich von Eltern ausgegeben. Kosten für Arbeitsbehelfe im Unterrichtsbereich – Taschenrechner et cetera – müssen die Eltern selbst tragen. Da wären unserer Ansicht nach dringend steuerliche Erleichterungen nötig beziehungsweise sozial gestaffelte Zuschüsse.

Wie kann man diese Dinge finanzieren? – Meiner Meinung nach muss man natürlich in der Zuwanderungspolitik restriktiver sein, aber das Wichtigste, glaube ich, wäre ein tatsächlicher Abschied von der Klientelpolitik, wie ihn der Bundeskanzler gefordert hat, bei gleichzeitigem Abbau von Bürokratie und Verwaltung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


14.45.54

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Staats­sekretärin! Herr Minister, ein gemeinsamer Landsmann von uns, Johannes Huber, hat auf „dieSubstanz.at“ eine interessante Statistik veröffentlicht. Ich weiß schon: Statistiken sind im Bereich Bildung immer eine schwierige Angelegenheit und müssen interpretiert werden, aber ich finde sie ganz witzig und interessant. Er hat nämlich Ihre Budgetrede vom letzten Jahr mit jener von heuer verglichen. Letztes Jahr ist das Wort Reform oder Reformen 24-mal aufgeschienen, heuer 14-mal.

Mir scheint das ein bisschen symptomatisch zu sein für den Elan, den die Regierung in diesem Bereich an den Tag legt; dieser ist nämlich deutlich abnehmend. Wenn es in dieser Form weitergeht, was wir nicht hoffen, dann wissen wir, wo wir in ein, zwei Jahren stehen: Es tendiert direkt gegen null. (Zwischenruf des Abg. Neubauer. – Abg. Berlakovich: Wenn das daraus ablesbar ist …!)

Ich möchte kurz auf einige Aspekte eingehen, die von Vorrednern auch schon erwähnt worden sind.

Zentral ist bei diesem Budget, und wir haben Ihnen das letztes Jahr vorrechnen können, dass über 500 Millionen € fehlen – ein strukturelles Defizit von über 500 Millio­nen €! Sie alle von ÖVP und SPÖ haben letztes Jahr für den Bildungsbereich ein Budget beschlossen, von dem wir im Vorhinein wussten, dass es nicht halten kann; das ist schon erwähnt worden. Über 90 Prozent des Budgets sind Fixausgaben. Diese betreffen nicht nur die Lehrergehälter und Lehrerinnengehälter, auch die Mieten sind beispielsweise absolute Fixposten, die man beachten muss. Diese Ausgaben machen über 90 Prozent aus, und wenn da bei einem Budget von 8 Milliarden € über 500 Millionen € fehlen, dann ist klar, dass das nicht halten kann.

Heuer ist es nicht mehr ganz so dramatisch, aber nach wie vor wissen wir, dass das Budget, das Sie in ein paar Wochen wahrscheinlich beschließen werden, im Bildungs­bereich wieder nicht halten kann und wir wieder werden nachschießen müssen.

Da fragt man sich natürlich schon, wie es um die Ernsthaftigkeit von solchen Budgetentwürfen bestellt ist oder ob das, was wir erleben, nämlich einen Kleinkrieg zwischen Rot und Schwarz, auf der Regierungsbank und auch hier unter den Abgeordneten, nicht das Prägende ist und wir deshalb nicht weiterkommen.


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Vonseiten der ÖVP ist ungewöhnliches Denken verlangt worden. Das wäre eine ganz tolle Geschichte, meine Damen und Herren von der ÖVP, wenn ungewöhnliches Denken im Bildungsbereich Platz greifen könnte. Ich sehe schon, Frau Kollegin Fekter schaut, schmunzelt und freut sich, hat wahrscheinlich ungewöhnliches Denken im Bildungsbereich im Sinn. Wir hätten da ein paar Vorschläge für Sie.

Wir fahren nächste Woche mit der Ministerin nach Südtirol und könnten dort studieren, was die Südtiroler deutlich besser machen als wir. (Bundesminister Schelling: Mit weniger Geld übrigens!) – Ja, mit weniger Geld, Herr Minister! Das ist genau das Problem, denn die Südtiroler verzichten beispielsweise darauf, dass es im Bereich der Zehn- bis 14-Jährigen drei verschiedene Verwaltungssysteme gibt, drei unterschied­liche Arten von Lehrkräften, drei unterschiedliche Inspektionssysteme und, und, und. Da versickert das Geld, Herr Minister, und da könnten wir mit weniger Einsatz eventuell wirklich mehr Effizienz erreichen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Gamon. – Abg. Moser: Ganz in Ihrem Sinne! – Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.)

Wir haben in den nächsten Wochen noch die Möglichkeit, darüber zu diskutieren. Wir werden auch im Ausschuss entsprechende Vorschläge einbringen. Ich hoffe, dass die Regierungsparteien bereit sind, ungewöhnlich zu denken, und dann vielleicht wirklich auch jene Reformen angehen, die im Bildungsbereich zu einem effizienteren Einsatz des Geldes führen, denn da gebe ich Ihnen durchaus recht: Da ist Handlungsbedarf angesagt, da müssen wir etwas tun, damit wir im österreichischen Bildungssystem künftig die Ergebnisse haben, die wir alle gerne hätten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 


14.50.22

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Bildungsministerin ist in ihren ersten Monaten doch durch relativ gute Reformvorschläge und auch ein flottes Tempo sehr positiv aufgefallen.

Was mich persönlich dabei kurz ein wenig gestört hat, war eine Aussage, die sie, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, im Ö1-„Morgenjournal“ getätigt hat. Darin meinte sie, dass all diese strukturellen Debatten, die Kollege Walser jetzt auch gerade ange­sprochen hat, mehr oder weniger nebensächlich seien, weil es ja darum ginge, was dann letztendlich im Klassenzimmer passiere. – Das stimmt. Das ist auch eine schöne Geschichte, die man erzählen kann, aber es gibt wahrscheinlich keinen anderen Bereich, in dem es eine so aufgeblasene, teilweise überflüssige Verwaltung gibt, die alles, aber auch gar nichts damit zu tun hat, was letztendlich wirklich im Klassenzim­mer ankommt.

Wie schon im letzten Jahr haben wir auch heuer wieder das strukturelle Budgetloch, das jetzt doch nicht gestopft wurde, natürlich wieder mithilfe einer relativ kurzfristigen Überschreitungsermächtigung in letzter Sekunde, und wir haben wieder ein Budget, das eigentlich nicht gedeckt ist. Da ist keinerlei Strategie erkennbar, wie das kurz-, mittel- oder langfristig letztendlich wirklich gelöst und in den Griff bekommen werden soll. Das Grundproblem, das wir da haben, sind die Mehrauszahlungen bei den LandeslehrerInnen, und das ist ein Bereich, in dem der Bund Geld an die Länder überweist, ohne wirklich zu wissen, wie es dann schlussendlich ausgegeben wird. Da ist man vollkommen im Blindflug unterwegs. Das kann nicht als sinnvolle Budgetpla­nung bezeichnet werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 107

Im April hat man im Strategiebericht 2017–2020 zum Finanzrahmen lesen können: „Im Rahmen der Verhandlungen zum FAG sowie der Umsetzung der Bildungsreform werden im Herbst 2016 die tatsächlichen finanziellen Erfordernisse der UG 30 für die Jahre 2016 bis 2020 evaluiert und (…) bedeckt.“ – Na gut; die wortgleiche Passage findet sich nun auch schon wieder im am Mittwoch veröffentlichten Budgetbericht. Allerdings hat sich der Zeitpunkt ein wenig verschoben, auf Februar 2017, was wiederum darauf zurückzuführen ist, dass der Finanzausgleich immer noch nicht in trockenen Tüchern ist, weil sich die Landesfürsten da weiterhin querlegen, und das gilt auch für Fragen der Elementarpädagogik. Diese Vorgehensweise ist ja insgesamt ein schlechter Witz.

Wenn der Finanzminister in seiner Rede kritisiert, dass nur 50 Cent von jedem Euro in den Klassenzimmern ankommen, dann ist das ja auch eine Aussage über die eigene Arbeit in diesem Bereich, eben weil es um dieses große Prestigeprojekt Födera­lismusreform geht, um die Reform des Finanzausgleichs, bei dem man keinen Meter weitergekommen ist.

Ich kann mich an eine doch sehr interessante Debatte im Rechnungshofausschuss dazu erinnern, in der sehr schöne Pläne aufgelegt wurden, wie man den Finanzaus­gleich, insbesondere auch im Hinblick auf solche Dinge, reformieren kann. – Da ist noch nichts passiert, und wir können ja nur befürchten, dass sich auch weiterhin nichts tun wird, auch bei diesem Finanzausgleich. (Bundesminister Schelling: Der Finanz­ausgleich löst keine Bundesstaatsreform aus, ja?) – Na gut! Okay! (Zwischenbemer­kung von Bundesminister Schelling.)

Im Endeffekt ist ja offensichtlich niemand zuständig. Die Bildungsministerin ist nicht zuständig, weil das ein Problem ist, das jemand anderer lösen muss; da braucht man Geld vom Finanzminister. Der Finanzminister kann nichts machen, weil sich die Lan­des­fürsten irgendwie querlegen; also ist er auch nicht zuständig. Wer ist denn zustän­dig? Der Heilige Geist?! – Irgendjemand muss das ja wohl lösen können! (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Schelling.)

Was die andere Seite betrifft: Wenn Frau Hammerschmid sagt, dass sie schon weiß, wo die 50 Cent landen, dann stimmt das eben nicht – weil sie nicht weiß, wo das Geld hingeht, weil sie nicht weiß, wie es verwendet wird. Da vermissen wir ein klares Bekenntnis im Rahmen der Wirkungsziele im Budget. Wo wird das Geld ausgegeben? Wie wird es verwendet? Erfüllt es auch den eigentlichen Zweck, für den wir das Geld in das Bildungsbudget geben?

Das erste Ziel muss sein – und das hat der Rechnungshof, was die Verwaltung im Bildungsbereich betrifft, schon oft gesagt –, Kostenwahrheit zu schaffen, aber auch mit diesem Budget schaffen wir das leider schon wieder nicht. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

14.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.

 


14.54.26

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Gestern und heute wurde der Wirtschaftsstandort Österreich sehr positiv dargestellt, und das zu Recht, wie ich meine. Im Budget sind ja einige Maßnahmen vorgesehen, wodurch dieser Effekt noch verstärkt werden soll.

Ich muss nur ein bisschen schmunzeln, weil wir gerade Kollektivvertragsverhandlungen führen, in der Metallindustrie natürlich, und wir von den Arbeitgebern da ein ganz anderes Bild vermittelt bekommen: Da gibt es die schwarzen Wolken am Horizont. Da


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gibt es die Situation, dass die Auftragslage massiv zurückgeht, die Wettbewerbs­fähigkeit sinkt und überhaupt alles zusammenbricht – gerade, dass sich nicht ab und zu ein Arbeitgeber von der Brücke stürzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage das deshalb, weil dieses Schlechtreden einfach gefährlich ist und weil dieses Schlechtreden fast fahrlässig ist, weil es einfach nicht stimmt. Der Standort Österreich ist erfreulich stark. Wir haben eine sehr hohe Wettbewerbsfähigkeit. Wir haben dieses Mal ein stärkeres Wirtschaftswachstum, und das sollte uns freuen. Wir haben eine sehr hohe Produktivität, die wiederum um 1,6 Prozent gestiegen ist, und auch die Exporte haben wieder zugelegt.

In der Metallindustrie haben wir wieder steigende Gewinne. Wir haben auch steigende Dividenden, und die Arbeitgeber waren da ja nicht zimperlich, auch gehörige Entnah­men vorzunehmen. Rund 70 Prozent der Gewinne wurden entnommen, also mehr als 1,6 Milliarden €. Und wenn man sich die neue Kienbaum-Studie anschaut, dann merkt man, dass die Manager auch nicht zimperlich gewesen sind, wenn es darum gegangen ist, sich eine Lohnerhöhung zu genehmigen.

Wir haben daher in der Metallindustrie für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 3 Prozent mehr Lohn und Gehalt gefordert, denn diese Kolleginnen und Kollegen sind es, die diesen Erfolg der Unternehmen erst möglich gemacht haben. Wir brauchen daher kräftige Lohnerhöhungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das ist wichtig für die Kaufkraft, das ist wichtig für den Wirtschaftsstandort, und das ist auch gut für das Budget. (Beifall bei der SPÖ.)

14.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


14.56.50

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist unbestritten, dass Österreich die Wirtschaftskrise des Jahres 2008 besser bewältigt hat, und es ist interessant, und das sollte uns auch ein bisschen optimistisch stimmen, dass trotz einer schwierigen Phase, ausgelöst durch die Hypo Alpe-Adria, durch die Kommunalkredit und durch die wirtschaftlichen Begleitumstände, die Finanzierung Österreichs durchaus machbar ist, wenngleich auch mit dementsprechenden Aufgaben.

Wir haben daher trotz dieser Rahmenbedingungen – Hypo Alpe-Adria, Russland-Sanktionen, Flüchtlingsbewegungen, Brexit – ein ausgewogenes Budget fertigge­bracht, einen Bundesvoranschlag mit einem strukturellen Nulldefizit. Man könnte sagen: Ja, wir sind auf dem richtigen Weg! Die eine oder andere Verbesserung ist durchaus notwendig, und wir brauchen auch gar nicht so zu tun, als wäre alles bestens. Nein, es gibt Notwendigkeiten, aber für eine Weltuntergangsstimmung ist auch kein Anlass gegeben, meine Damen und Herren.

Wenn Kollege Strache, der schon längere Zeit nicht im Saal ist, heute meint, es gäbe eine Kreditklemme, dann halte ich dem entgegen: Wir haben im Bankensektor regulatorische Vorschriften. Wenn ein Kredit zum Teil aufgrund der Auslegung des Untreue-Paragrafen dazu führt, dass Bankvorstände vor Gericht stehen, dann frage ich mich, was das soll. Zum Zweiten: Das Risiko ist natürlich zu begrenzen, aber Kreditvergaben sind eben auch mit Risiko verbunden. Das sollte man wissen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man sich die Bilanzen der Banken in den letzten Jahren ein bisschen ansieht – da könnte man 2009, 2010 nachschauen –, dann sieht man: Da gab es Wertberichti­gungs­bedarf von knapp 9 Milliarden €. Da wäre die Frage zu stellen: War es zugunsten der Bank? War es zugunsten der Firmen? Oder war es nicht auch zugunsten der dort


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Beschäftigten? – Wenn ich nämlich als Bank eine Firma zudrehe, dann haben auch die Beschäftigten ein Riesenproblem. Das sollte man einmal festhalten, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gab – und das ist durch nichts zu entschuldigen – Bankenprobleme, und die gibt es weiterhin. Denken Sie daran, was derzeit in Deutschland passiert! Da brauchen wir nicht herumzudeuteln. Selbst in der Schweiz gab es mit Banken riesige Probleme. Und jenen, die meinen, dann in den Medien lesen zu können, in Amerika habe man rascher reagiert, nur in Europa sei man säumig, empfehle ich, sich diesen Film anzusehen (eine DVD in die Höhe haltend): „Inside Job“ – dieser Inside Job hat 20 Billionen Dollar gekostet. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Wissen Sie, was die Amerikaner gemacht haben? – Die haben einen Haufen Banken, über 500, in Konkurs geschickt, haben viel Geld vernichtet, haben Sparer um ihr Vermögen gebracht, haben also eine Immobilienblase aufgezogen, die sich ge­waschen hat, durch die zig Millionen amerikanischer Familien um ihre Häuser gekom­men sind, aber selbst haben sie keine Regulatorien eingeführt, das überlässt man Europa. Man diskutiert schon wieder über Basel IV und hat Basel III noch nicht einmal bewältigt. Darüber sollte man auch einmal nachdenken, geschätzte Damen und Herren.

Vielleicht noch ein Wort zu Ihnen, Herr Bundesminister: Ich bedanke mich bei Ihnen für die Aussagen, die Sie in Ihrer gestrigen Budgetrede zur Landwirtschaft gemacht haben. Ja, Landwirtschaft ist Wirtschaft auf dem Land, und die hart arbeitende Bevöl­kerung im landwirtschaftlichen Bereich verdient es, genauso am Wohlstand teilhaben zu können. Die Bauern und Bäuerinnen haben derzeit ein schwieriges Jahr, schwie­rigste Bedingungen und brauchen dringend Unterstützung. Für dieses klare Bekenntnis bedanke ich mich bei Ihnen, weil es wichtig ist, auch dieser Bevölke­rungsgruppe die entsprechende Aufmerksamkeit zu widmen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.00


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fuchs. – Bitte.

 


15.00.55

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Finanzminis­ter! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! „Worte zahlen keine Schulden“ war im gestrigen Eingangsstatement des Finanzministers zu hören. – Budgettricks zahlen aber auch keine Schulden, Herr Finanzminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir zum ersten Budgettrick des Finanzministers: dem Schönrechnen. Im Bundesfinanzrahmengesetz 2017 bis 2020 ist der Finanzminister für 2017 noch von einem strukturellen Defizit in der Höhe von 1 Prozent des BIP ausgegangen. Das war im Mai dieses Jahres. Im Bundesfinanzgesetz 2017, welches wir heute hier disku­tieren, ist das strukturelle Defizit bereits um die Hälfte auf 0,5 Prozent des BIP geschrumpft. Und wie macht das unser Finanzminister? – Er rechnet einfach die Zusatzkosten für Flüchtlinge und für Terrorbekämpfung heraus, und schon sinkt das strukturelle Defizit auf die von der EU geforderten 0,5 Prozent des BIP. (Bun­desminister Schelling: … die Kosten dafür auch, oder?) Der Finanzminister schließt also die Augen und tut so, als ob niemand diese Flüchtlingskosten zahlen müsste. Das ist keine seriöse Budgetpolitik, Herr Finanzminister, sondern eine Vogel-Strauß-Politik. (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir zum zweiten Budgettrick des Finanzministers: den Fantasiebuchungen. Im Budgetjahr 2017 greift ja zum ersten Mal die Schuldenbremse, die wir 2011 hier im Parlament beschlossen haben. Aufgrund der Schuldenbremse darf das strukturelle


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Defizit des Bundes maximal 0,35 Prozent des BIP betragen. Aufgrund der massiven Kosten für Flüchtlinge und Sicherheit kann dieser Wert vom Bund nicht eingehalten werden. Was macht also unser Finanzminister, um die Vorgaben durch die gesetzliche Schuldenbremse einhalten zu können? – Er bucht einfach 0,15 Prozent des struk­turellen Defizits auf ein Fantasiekorrekturkonto (Zwischenbemerkung von Bundes­minister Schelling – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das steht hier drinnen!), welches in den Folgejahren angeblich wieder auf null gestellt wird, und schon sind wir bei einem strukturellen Defizit von 0,35 Prozent des BIP. (Bundesminister Schelling: … soll ich das Gesetz brechen, oder was?) Das heißt, unser Finanzminister ist in der Lage, ein strukturelles Defizit in der Höhe von 1 Prozent innerhalb von fünf Monaten auf 0,35 Prozent herunterzuzaubern. (Bundesminister Schelling: Ich hätte erwartet, dass Sie ein Gesetz lesen können!) Offenbar ist unser Finanzminister auch ein Zauberminister. (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir zum dritten Budgettrick: zur systematischen Unterbudgetierung. Der Rechnungshof hat bei seiner Prüfung des Bundesrechnungsabschlusses 2015 auf massive Mängel im Rahmen der Budgetierung hingewiesen, wie zum Beispiel die systematische Unterbudgetierung im Bildungsministerium, im Justizministerium, aber auch im Bundeskanzleramt. Diese systematischen Unterbudgetierungen werden im Budget 2017 offenbar nahtlos fortgesetzt. Bereits jetzt fehlen dem Bildungsministerium 100 Millionen €. Das spricht nicht wirklich für die Qualität dieses Budgets, Herr Finanzminister. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Jarolim: Kann das stimmen, Herr Minister? Ich bin jetzt irritiert!)

15.04


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


15.04.30

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Wohnbau ist Querschnittmaterie. Das heißt, er ist Sozial-, Investitions-, Verkehrs-, Wirtschafts- und Umweltpolitik, generationenüber­greifende Politik. Das ist vielleicht auch der Grund dafür, dass von Finanzminister Schelling in seiner Budgetrede der Wohnbau nicht extra erwähnt wurde. Aber dennoch ist das Budget ein Bekenntnis zur Wohnbauförderung, die ein wichtiges Steuerungs­element ist und dadurch auch eine Stärkung des Erfolgsmodells Österreich.

Wenn wir einen Blick innerhalb Europas werfen, so sehen wir, es sind viele Dinge, die für uns selbstverständlich sind, woanders nicht so selbstverständlich. Zum Beispiel ist es nicht überall möglich, dass man in der Stadt, in der man arbeitet, auch wohnt. Das ist in London zum Beispiel nicht möglich, ein Großteil von London ist bereits fest in der Hand von Spekulanten, und die arbeitenden Menschen müssen außerhalb wohnen.

Daher ist dieses Bekenntnis zur Wohnbauförderung sehr wichtig, denn es ist auch ein Bekenntnis zum geförderten Wohnbau, der im Dienste der Menschen steht. Ein Blick auf den Budgetentwurf zeigt, dass 2017 erstmals über eine Milliarde Euro an Wohn­bauförderungsbeiträgen erreicht wird. Denn: Eine wachsende Bauleistung mit Blick auf eine wachsende Bevölkerung, immer noch bei einer schwachen Konjunkturlage, ist besonders wichtig. Wir haben 2015 – da sind bereits Statistiken vorhanden – Rekord­baubewilligungen von über 65 700 Wohneinheiten erreichen können.

Einen wichtigen Punkt finden Sie wahrscheinlich nicht im Budget: Das ist die bereits erfolgte Gründung der Wohnbau-Investitionsbank. Dadurch ist es dem gemeinnützigen Wohnbau möglich, langfristig Investitionen zu fixen Konditionen zu tätigen und somit sicheres Wohnen und auch vorhersehbare Mieten zu garantieren. Ohne das Budget zu belasten sind da 30 000 Wohnungen zusätzlich möglich.


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Die thermische Sanierung ist im beinahe gleichen, wenn auch gekürzten Umfang wie im Vorjahr mit 43 Millionen € beinhaltet. Sie ist nicht nur für die Erreichung des Klima­zieles wichtig, sondern sie ist auch ein wichtiger Impuls für den Arbeitsmarkt. Wenn noch immer 300 Millionen Quadratmeter an nicht beziehungsweise schlecht ge­dämmten Fassaden zu sanieren sind, so ist das insofern interessant, als man weiß, dass 1 Quadratmeter Fassade eine Arbeitsstunde schafft. Also da ist noch ein unermess­liches Reservoir an Beschäftigung vorhanden.

Zum Schluss ein Wort zum Mietrecht – und da meine ich all jene Wohnungen, die vor 1945 erbaut worden sind –: Das ist natürlich auch kein eigener Budgetposten. Aber abhängig von der Miete ist auch die Verfügbarkeit des Haushaltseinkommens. Daher ist es volkswirtschaftlich enorm wichtig, ob die Menschen auch noch konsumieren können, wenn sie Miete bezahlt haben.

Ein einheitliches Mietrecht, das transparente und leistbare Mieten garantiert, ist meiner Meinung nach unerlässlich, ist ein großes Thema und eine wichtige Aufgabe für die Zukunft. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.08


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


15.08.13

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Seit ein paar Wochen gehöre ich auch zum Klub der Großeltern, wie unser Herr Finanzminister und wie einige von Ihnen auch. (Allgemeiner Beifall.) Wenn man so einem Winzling in die Augen schaut, dann fragt man sich unwillkürlich: Was kommt auf dieses Kind zu? Nehmen wir die Verantwortung auch für diese nächsten Generationen wahr? Wenn ich Kollegen Fuchs vorhin gehört habe, der von Zaubertricks, Taschenspielereien im Budget und so weiter gesprochen hat, dann muss ich sagen: Ich glaube, wir können schon vertrauen – denn Vertrauen ist wirklich die wichtigste Währung – und unserem Finanzminister vertrauen, der selbst Enkelkinder hat, dass er hier einen seriösen Weg geht. Für eine lebenswerte Zukunft tragen wir alle hier die Verantwortung.

Wie schaffen wir dieses Vertrauen? Wie können wir es aufbauen? – Indem wir nicht alle Ressourcen verprassen und den Jungen nicht einen XXL-Schuldenrucksack umhängen! Das wollen wir nicht. Da bin ich unserem Finanzminister sehr dankbar, dass er als Budgetziel genannt hat: keine neuen Schulden, Schulden reduzieren, hin zu einer schwarzen Null, keine neuen Steuern. Da sind wir auf einem guten Weg.

Damit wir das schaffen, brauchen wir allerdings Reformen. Unsere ältere Generation hat ein Recht darauf, ihren Lebensabend sicher verbringen zu können. Derzeit wird jeder vierte Euro aus dem Budget für Pensionen ausgegeben. Das ist im grünen Bereich. Aber wie schaut es in den nächsten Jahrzehnten aus? Damit wir künftig auch noch sichere Pensionen haben können, braucht es Reformen.

Halten wir uns bitte vor Augen: 1971 verbrachten die Österreicher im Schnitt acht Jahre in der Pension, 2011 waren es schon 22 Jahre. Wenn ich an mein Enkelkind denke – wenn wir nichts tun –, so wird es 30 Jahre in Pension sein, und irgendwann wird sich das alles nicht mehr ausgehen. Daher: vernünftige, kluge Reformen.

Ich erlebe immer wieder, dass viele Senioren jeden Euro dreimal umdrehen müssen, bevor sie ihn ausgeben. 1,1 Millionen Pensionen liegen unter 1 053 €. Damit muss man einmal auskommen, das heißt, diese Menschen brauchen dringend eine Abgel­tung der Teuerung. Wie viel das konkret im nächsten Jahr sein wird – es wurde schon


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länger darüber diskutiert –, das ist in Verhandlung, aber ich bin davon überzeugt, es wird uns auch für 2017 eine gute, eine sehr gute Lösung gelingen.

Fix ist – ich darf daran erinnern –, dass Hunderttausende Bezieher niedriger Pensionen im Jahr 2017 von einer Entlastung profitieren können, die schon im Zuge der Steuer­reform fixiert worden ist, nämlich wer keine Ausgleichszulage bezieht, wer keine Steu­ern bezahlt, der erhält bis zu 110 € im Jahr vom Finanzminister als Steuergutschrift. Geld vom Finanzminister, das ist schon etwas Feines!

Noch einmal zum aktuellen Budget: Für uns ist wichtig: keine neuen Schulden, Sicher­heit für die Älteren, aber auch Sicherheit für die nächsten Generationen, für unsere Kinder und Enkelkinder. Und weil Sie gefragt haben: Wo bleibt der Mut, das alles umzusetzen? – Den Mut, den haben wir! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.12


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hauser. – Bitte.

 


15.12.25

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Frau Aubauer, Sie haben vollkommen recht: Niemand möchte neue Schulden! Das unterstreicht jeder, aber es wird zu wenig sein, zu versuchen – und es ist ja nur der Versuch –, im Bun­deshaushalt keine neuen Schulden zu machen, wenn die Konsolidierung zum Beispiel auf kommunaler Ebene nicht gelingt. Das wird dann der Fall sein, wenn der Finanz­ausgleich weiterhin so wie bisher, Herr Finanzminister, so ungerecht zulasten des ländlichen Raumes verlaufen wird. (Abg. Rossmann: Das stimmt aber so nicht!)

Wir wissen ja, und das seit 1945, dass der ländliche Raum beim Finanzausgleich schwer benachteiligt wird, und das immer mit dem Argument, dass nach dem Weltkrieg natürlich die Städte schwere Zerstörungen zu beseitigen hatten, Infrastruktur aufzu­bauen war, aber gerade dieses Argument wird weiterhin strapaziert. Jetzt wird es so dargestellt, dass zum Beispiel die Städte ein großes öffentliches Verkehrsnetz zu erhalten haben, dass viele Kultureinrichtungen zu erhalten sind – Kultureinrichtungen, die vielfach mit dem zusätzlichen Geld aus dem Finanzausgleich geschaffen wurden, egal, ob sie notwendig sind oder nicht. Jetzt müssen sie erhalten werden, während 45 Prozent der Gemeinden österreichweit kein positives Budget erstellen können. Das ist das eigentliche Desaster.

Die Kommunen und der ländliche Raum sind auch wichtig zur Schaffung von Arbeits­plätzen, zur Sicherung des ländlichen Raumes überhaupt. Da muss jetzt endlich auch eine Änderung im Finanzausgleich her.

Sehr geehrter Herr Finanzminister! Ich bedauere sehr, dass Sie zum Finanzausgleich, dessen Neuverhandlung unmittelbar bevorsteht, im Rahmen Ihrer Budgetrede kein Wort verloren haben. Ich weiß, Sie bemühen sich, im Sinne des Rechnungshofes einen Finanzausgleich dergestalt zusammenzubringen, dass zukünftig diejenigen, die das Geld ausgeben, auch die Verantwortung dafür haben, und nicht so wie bisher: Jemand schafft an und der andere bezahlt es! Dass das nicht funktionieren kann, ist plausibel und klar. Aber es wird Ihnen nicht gelingen, was wir natürlich bedauern, aber eines muss klar sein: Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel, der massiv ungerecht ist – und noch einmal: zulasten des ländlichen Raumes geht –, muss sich ändern.

Ein Beispiel dazu – Sie wissen das, ich kann das nicht oft genug hier im Parlament wie­derholen –: In Kommunen, in Städten bis 10 000 Einwohner gibt es im Schnitt pro Einwohner 677 €. In Städten mit 10 000 bis 20 000 Einwohnern steigt dieser Betrag auf


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791 €, während er zum Beispiel in Städten über 50 000 Einwohnern bereits bei 1 300 € pro Einwohner liegt. Damit ist dieses Ungleichgewicht klar.

Herr Finanzminister! Ich bitte Sie wirklich: Setzen Sie sich dafür ein, dass dieser abge­stufte Bevölkerungsschlüssel, der den ländlichen Raum und viele kleine Gemeinden massiv zugunsten der Städte benachteiligt, geändert wird! Es kann einfach nicht sein, dass der Einwohner auf dem Land wesentlich weniger wert ist als jener in der Stadt. Das versteht niemand, das wird auch die Investitionsbereitschaft in den Gemeinden zukünftig lähmen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Doppler.)

15.16


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


15.16.31

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine leistungs­fähige und zukunftsorientierte Infrastruktur zu schaffen ist eine der wesentlichsten Aufgaben eines Staates. Eine marode oder schlechte Infrastruktur ist für jede Volks­wirt­schaft – ich glaube, da sind wir uns einig – nicht von Vorteil. Ohne leistungsfähige Schiene und Straße und ohne schnelles Internet wird sich keine internationale Firma in Österreich ansiedeln oder bei uns investieren.

Das heißt also, Investitionen in die Infrastruktur schaffen Arbeitsplätze, stärken den Wirtschaftsstandort Österreich und sichern vor allem auch Steuereinnahmen für Jahre und Jahrzehnte. Da gibt es nichts herumzudiskutieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Das Budgetkapitel Verkehr und Infra­struktur wird für das Jahr 2017 mit 800 Millionen € mehr budgetiert, wobei 110 Millio­nen € davon allein für den Ausbau des Breitbandes gehen. Bis 2022 werden 15,2 Mil­liarden € in den Ausbau des Schienennetzes und in die Modernisierung von Bahnhöfen investiert. Es werden dadurch mehr als 40 000 Arbeitsplätze gesichert. Es werden aber nicht nur die großen Achsen ausgebaut, sondern auch zahlreiche lokale Projekte in Angriff genommen, wie zum Beispiel die Errichtung von Park-and-ride-Anlagen, die Modernisierung von Bahnhöfen, wie ich schon gesagt habe, oder wie in meinem Heimatbezirk St. Pölten die Elektrifizierung der Strecke Herzogenburg–Krems.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Als niederösterreichischen Abgeord­neten freut es mich besonders, dass von 2017 bis 2022 die Summe von 5,2 Milliar­den € in mein Heimatbundesland investiert wird, das sind über zwei Drittel der Gesamtinvestitionen des Bundes. Weitere 7 Milliarden € werden in das hochrangige österreichische Straßennetz investiert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zusammen mit einem klaren Bekenntnis zur Förde­rung der Elektromobilität und der Förderung neuer Technologien wird so die Grundlage für die hohe Standortqualität Österreichs geschaffen und somit die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Sicherung von Arbeitsplätzen ermöglicht.

Schlusssatz: Investitionen in die Infrastruktur sind Investitionen in eine gute Zukunft für Österreich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Aubauer.)

15.19


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


15.19.32

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst vielleicht noch zum Kollegen Hauser: Jawohl, lieber Kollege Hauser, der Finanzausgleich ist für die


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ländliche Region eine Existenzgrundlage – so ist es, meine Damen und Herren! – und daher ein ganz, ganz wichtiger Faktor.

Herr Minister Schelling! Ich darf mich bei Ihnen bedanken, denn Sie sind während der gesamten Debatte anwesend gewesen. Das ist nicht selbstverständlich. Ein herzliches Danke dafür, dass Sie während dieser Debatte anwesend waren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Walser.)

Nun ein paar Zahlen zum Bundesfinanzgesetz 2017. Das Budget ist die Kunst der Möglichkeiten, haben wir heute schon öfters gehört. Einnahmen von 73,16 Milliarden und Ausgaben von 77,46 Milliarden ergeben ein Defizit von 4,3 Milliarden €.

Herr Finanzminister! Es ist gut und richtig, dass die Neuverschuldung gegenüber 2016 um ein Drittel verringert wurde. Das Maastricht-Defizit liegt bei 1,2 Prozent. Die Schul­denquote beträgt laut Aussage des Herrn Ministers 2017 80,9 Prozent, also um 2,3 Prozentpunkte weniger als heuer.

Ganz wichtig ist – das haben wir heute auch gehört – die Aufstockung der finanziellen Mittel des Innenressorts um 440 Millionen € auf 3,47 Milliarden. Es ist mir wichtig – das ist auch vom Kollegen Hagen angesprochen worden –, dass dieses Geld auch bei der Polizei ankommt, nämlich für den normalen Dienst und nicht nur, was die Flüchtlings­sache betrifft. Auch für den normalen Dienst, für die Sicherheit muss das Geld bei der Polizei ankommen. Das ist ein wichtiger Bereich.

Für den Bereich Arbeit sind für 2017 insgesamt 8,6 Milliarden € dotiert. Jedes Jahr pumpen wir mehr Mittel in diesen Bereich, und trotzdem haben wir die höchste Arbeits­losigkeit. Mehr Geld für ein schlechteres Ergebnis! Meine Damen und Herren, das ist nicht in Ordnung!

Herr Finanzminister, ich sage es ganz deutlich: Es ist schwierig, in der heutigen Zeit ein entsprechendes Budget zu erstellen, noch dazu, wenn man die Kosten für die moderne Völkerwanderung herausnimmt beziehungsweise nicht hineinrechnet. Da­durch ist natürlich dieses Budget nicht sehr aussagekräftig.

Ganz, ganz wichtig ist, dass wir auch eine Verwaltungsreform, eine Verwaltungs­verein­fachung angehen, damit Österreich auch in Zukunft noch gut dasteht. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

15.22

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


15.22.13

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Im Budget ist der Bereich Gesundheit beziehungsweise die Finanzierung des Gesundheitsbereiches nur ein kleiner Posten. Das hat den einfachen Grund, dass das österreichische Gesundheitssystem über die Sozialversicherungen und Krankenkassen finanziert wird. Aber wir müssen an einem Tag wie heute auch darüber reden, denn das Gesundheitsbudget, das also über die Kassen umgesetzt wird, beträgt immerhin 36 Milliarden €, 75 Prozent davon sind öffentliche Ausgaben, insgesamt 11 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das ist also ein mächtiger Brocken, den man an einem solchen Tag nicht außer Acht lassen darf, weil ja die gesamte Finanzierung des Gesundheitssystems im öffentlichen Bereich über Kassenbeiträge funktioniert, die wiederum von der Wirtschaftslage abhängig sind, die derzeit ja nicht die allerbeste ist.

Wir haben heute vom Herrn Bundeskanzler gehört, dass die SPÖ eine Wirtschafts­partei ist. Mir persönlich ist das neu, vielen von Ihnen wahrscheinlich auch. Ich sehe, in Wien jedenfalls ist die SPÖ eine Misswirtschaftspartei. Das kann man gerade im


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Gesundheitsbereich eindeutig belegen. Man ist gerade dabei, das Wiener Gesund­heits­system an die Wand zu fahren, und das ist symptomatisch für ganz Österreich, denn Wien ist ja eine Region, wo es eine starke Überalterung gibt und die sehr unter der Zuwanderung leidet und sehr viele soziale Mittel aufwenden muss für die Versor­gung von Leuten, die in Österreich noch nichts eingezahlt haben, aber die Gelder verbrauchen, die die Österreicher erwirtschaften.

Und meine Frage und meine Botschaft an die Regierung ist: Wie kann es eine Regierung verantworten, dass Beitragszahler in Österreich sukzessive schlechter­gestellt werden, und zwar nachweislich schlechtergestellt werden? Man braucht sich nur die Wartezeiten für Arzttermine im öffentlichen Bereich anzuschauen, Wartezeiten für Operationen, Wartezeiten für MR-Termine, et cetera, et cetera, you name it. Man kann es überall sehen: Überall wird eingeschränkt. Die erste Maßnahme der Ein­schränkung ist immer, die Wartezeit zu verlängern.

Meine klare Frage an die Bundesregierung und natürlich auch an die Wiener, die da an der vordersten Front sind: Wie kann man es verantworten, dass österreichische Bei­tragszahler definitiv schlechtergestellt werden als Leute, die aus dem Ausland kommen und noch nie einen Cent eingezahlt haben? (Beifall der Abgeordneten Doppler, Schenk und Gerhard Schmid.)

Wie kann man es verantworten, dass 2 Milliarden € dafür bereitgestellt werden in einer ohnehin sehr angespannten wirtschaftlichen Lage? Und wie kann man es verant­worten, dass im Budget nicht das Budgetziel null Migration steht? – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Schenk.)

15.24


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Winter. – Bitte.

 


15.24.48

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Ge­schätzte Minister auf der Regierungsbank! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich weiß nicht, ob es Ihnen auch so geht, aber jedes Mal, wenn Budgetdebatten kommen, fühle ich mich irgendwie gestresst und überfordert. Vielleicht liegt es ganz einfach daran, dass ich Zahlen und Zahlenspiele so was von gar nicht mag und weil dieses riesige Konvolut an Unterlagen tatsächlich schwer bewältigbar beziehungsweise verdaubar ist – Minister Schelling nennt dieses riesige Unterlagenpaket sehr gerne Budget­ziegel –, obwohl ja eigentlich fast immer etwas Ähnliches drinsteht, nur eben individuell abgestimmt auf die jeweilige Ideologie des entsprechenden Ministers bezie­hungsweise auf die aktuelle politische Situation und die Erfordernisse.

Dass man dieses Konvolut als „Budgetziegel“ bezeichnen kann, verstehe ich nicht. Ich würde es wohl eher und lieber als einen großen Schuldenrucksack bezeichnen. Wie kann man das erklären? – Vielleicht am besten mit einem Spruch eines Unbekannten, der sagte: Ein Budgetziegel auf dem Tisch ist besser als ein Ziegelstein um den Hals.

Wie ich darauf komme? – Ganz einfach: Die Zinseszinsen, die in diesem Budgetziegel enthalten sind, sind der Ziegelstein um den Hals unseres Geldsystems.

Aber eines möchte ich sagen: Einen recht erfreulichen Moment gab es heute am Vor­mittag, als Jan Krainer seinen Redebeitrag leistete, denn er war derjenige, der lautstark erklärte, dass die SPÖ nicht Verschuldung und Defizit, sondern vor allem Wirtschafts­wachstum und Beschäftigungsquote beobachte und beachte. Das finde ich sehr po­sitiv, denn wir leben, wie Sie alle ja wissen, in und mit einem Schuldsystem, mit einem Geld-Schuld-System. Die Schulden sind gleich hoch wie die Vermögen, die Schulden des einen sind das Haben des anderen. Beide Größen wachsen exponentiell gleich schnell. Das bedeutet und hat zur Folge, dass die Reichen immer reicher werden und


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der Mittelstand als solcher ausstirbt. Und die Reduzierung der Schulden – na ja, de facto ist es ja eigentlich eine Verschiebung von einem Sektor der Volkswirtschaft in den anderen. Es gibt fünf Sektoren der Volkswirtschaft, aber das möchte ich hier eigentlich gar nicht hinterfragen.

Wenn man dann sagt, die Schulden in unserem System wachsen, dann muss ich sagen: Ja, das stimmt, aber das ist ganz einfach ein Systemfehler unseres Geldsys­tems. Das Positive an dem Ganzen ist aber, dass dieses System von Menschenhand gemacht wurde, und alles, was von Menschenhand gemacht werden kann, kann als solches auch wieder geändert werden. Das heißt, es gibt immer einen Plan B und es ist eigentlich gar nichts alternativlos.

Um kurz auf das Budget zurückzukommen: Die Medien unisono und auch Wirt­schafts­forscher Felderer und der Chef des IHS, Martin Kocher, meinten, das Budget sei konservativ, phantasielos, bieder und nicht gerade mutig – wobei sie das nicht negativ meinten, denn sie meinten, Politik sei eben die Kunst des Möglichen. Genau unter diesem Grundsatz, glaube ich, steht auch dieses Budget, denn es ist leider nicht zu verleugnen, dass es eben Staatsschulden in der Höhe von 294 Milliarden € gibt, dass es ein strukturelles Defizit von 0,5 Prozent gibt, wobei es ja eigentlich 0,95 Prozent wären, aber die Rechnungsweise, mit der man auf 0,5 Prozent kommt, ist eben ein Budgettrick, den die EU initiiert, genehmigt und auch, ja, mehr oder minder quasi vorgibt. Und das ist als solches eigentlich als positiv zu bewerten.

Eines möchte ich noch sagen: Am Vormittag wurde relativ heftig über die Erhöhung der Pensionen um 0,8 Prozent diskutiert. Wissen Sie, wie viel Euro diese 0,8 Prozent bei einer Pension von 1 000 € ausmachen? – Das sind 8,33 €! Und wenn man die 100 €, die von den entsprechenden Vertretern gefordert werden, dazugibt, dann sind das pro Pensionist 15 € pro Monat. Puh, das ist schon eine gewaltige Leistung, es zeigt, mit welch geringer Wertschätzung wir diesen Menschen gegenüberstehen, die ihr Leben lang gearbeitet haben und die eigentlich darauf vertrauen können sollten, dass sie ihren Lebensabend in Ruhe verbringen.

Das Wort Vertrauen als solches kommt im Budget relativ oft vor. Ich meine, dass Vertrauen eigentlich etwas ist, das nicht in ein Budget und in die Finanzwissenschaft gehört, denn dort geht es um Fakten, klare, harte, eindeutige Fakten, Zahlen und Daten. Vertrauen ist eine Herzensangelegenheit, und ich glaube, darum muss jede Regierung bei der Bevölkerung kämpfen. – Danke schön. (Beifall der Abgeordneten Doppler und Gerhard Schmid.)

15.29

15.29.49

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich danke Herrn Bundesminister Schelling.

Gemäß § 69 Abs. 6 der Geschäftsordnung weise ich die Regierungsvorlage 1260 der Beilagen dem Budgetausschuss zu.

15.30.022. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1253 d.B.): Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Irak andererseits (1264 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 117

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Winzig. – Bitte.

 


15.30.37

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Die Globalisierung hat Vor- und Nachteile, aber das beste Mittel, um aktiv und positiv zu gestalten, sind Verträge mit anderen Staaten.

Dazu dient auch dieser Vertrag zwischen der EU und dem Irak, der sowohl auf die politische als auch auf die wirtschaftliche Ebene abzielt, das heißt Förderung von Frieden, Förderung von Demokratie, von Menschenrechten auf der einen Seite und Handel, Investitionen und der Wiedereingliederung des Irak in die Weltwirtschaft auf der anderen Seite, wobei klar festgelegt ist, dass die Wirtschaftsprogramme an die Einhaltung der Menschenrechte geknüpft sind.

Wie Sie sehen, handelt es sich um ein gemischtes Abkommen, und es ist Ihnen wahrscheinlich schon aufgefallen, dass das Abkommen bereits seit 2012 vorläufig in Anwendung ist. Es ist ein nicht präferenzielles Handelsabkommen, das, auch wenn der Irak nicht WTO-Mitglied ist, die grundlegenden WTO-Richtlinien enthält sowie einige Präferenzklauseln für den öffentlichen Beschaffungsmarkt, Dienstleistungen und Investitionen.

Der Irak kann in Zukunft ein interessanter Markt werden, obwohl er ein sehr kleiner Markt und derzeit noch sehr Asien-affin ist. Die österreichischen Exporte belaufen sich auf eine Höhe von 141 Millionen €, und unsere Unternehmen werden vor Ort durch das Außenwirtschaftscenter Amman/Damaskus sowie durch eine lokale Konsulentin in Erbil serviciert. Auch wenn unsere Unternehmer verstärktes Interesse am Export in den Irak haben, so gibt es natürlich viele Unsicherheiten – ob das die Ausbreitung des Islamischen Staates ist, die angespannte Sicherheitslage, der niedrige Ölpreis oder nicht zuletzt die Korruption im Land.

Nichtsdestotrotz ist dieses Abkommen sehr wichtig, denn es schafft einen verbind­lichen Rahmen für den politischen Dialog, aber auch für die wirtschaftliche Zusam­menarbeit. Solche Abkommen bieten darüber hinaus natürlich die Möglichkeit, Länder, die nicht der WTO angehören, an die grundlegenden WTO-Regeln zu binden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.33


Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann Schieder ist als Nächster zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


15.33.14

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich schließe an die inhaltlichen Ausführungen meiner geschätzten Vorrednerin an, die ich unterstütze. Die Region Irak ist ja eine der schwierigen Weltgegenden, ein Ausgangspunkt und eines der Zentren des Islamischen Staates. Nicht zuletzt der Zerfall des Irak hat die Ausbreitung des Islamischen Staates ermöglicht, und damit ist natürlich auch – umgekehrt – die Frage der Stabilität im Irak entscheidend.

Der Irak ist davon bedroht, weiter zu zerfallen, denn es gibt in diesem Land nicht nur den Islamischen Staat, sondern auch viele andere auseinandertreibende Kräfte. Es gibt aber trotz all dieser Schwierigkeiten in jenem Teil, in dem die kurdische Bevöl­kerungsmehrheit gegeben ist, relativ stabile staatliche Strukturen, die natürlich wieder


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eine Chance sind, den Irak als Staat – das ist mitunter auch innerhalb der kurdischen Gruppe umstritten –, jedenfalls aber als Region zu stabilisieren.

Ich denke, dass es außenpolitisch sinnvoll ist – neben den Gesprächen im Zusam­men­hang mit dem Syrienkonflikt, mit den schrecklichen Ereignissen in den vielen Städten dort –, solch ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europä­ischen Union und ihren Mitgliedstaaten, damit auch Österreich, einerseits und der Republik Iran andererseits zu unterfertigen und zu ratifizieren. Damit schaffen wir die Möglichkeit, dass Wiederaufbau- und Demokratiebemühungen von unserer Seite so weit wie möglich unterstützt werden und unterstützt werden können.

Politisch ist es vielleicht auch die Chance, dass über die jährlichen Dialogforen, die in diesem Abkommen vorgesehen sind, der notwendige Dialog geführt wird und wir damit vielleicht auch einen Beitrag dazu leisten können, dass die Ursachen des Terrorismus bekämpft werden.

Ob das gelingt oder nicht, kann man nicht sagen. Jedenfalls ist das Abkommen richtig und ein Versuch, das zu ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lopatka.)

15.35


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill gelangt als Nächste zu Wort. – Bitte.

 


15.35.52

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dialog ist mit allen Mitteln zu unterstützen, das ist überhaupt keine Frage. Insbesondere in einer solch instabilen Situation, wie sie gerade im Irak herrscht, ist es umso wichtiger, klar und deutlich zu zeigen, dass Dialog und Dialogbereitschaft auch vonseiten der Europäischen Union wirklich forciert werden.

Dieses EU-Irak-Abkommen, das heute hier beschlossen wird, stammt ja schon aus dem Jahr 2012. Es ist ein gemischtes Abkommen, das in bestimmten Punkten teil­weise schon in Kraft getreten ist, teilweise aber noch nicht, da die nationalstaatlichen Parlamente hiezu auch noch ihre Zustimmung geben sollen.

Wie schon meine Vorredner erwähnt haben, geht es schon auch darum, auf breiter Ebene den Dialog zu forcieren, Stabilität und Demokratie zu erreichen, darüber zu reden, Terrorbekämpfung stattfinden zu lassen. Es geht um die Bekämpfung von Mas­sen­vernichtungswaffen, des Verkaufs von Kleinwaffen und Leichtwaffen und natürlich auch um die Zusammenarbeit betreffend Menschenrechte, Armutsbekämpfung, Ge­sund­heitsvorsorge, Bildung und Beschäftigung. All das sind wichtige Punkte gerade für diese Region. Das heißt, im Großen und Ganzen geht es um Stabilität und Demokratie.

Dennoch muss man genau hinschauen, auch auf menschenrechtliche und demokra­tiepolitische Aspekte. Seit 2012 hat sich international sehr, sehr viel getan. Wir wissen, dass viele Flüchtlinge aus dem Irak nach Europa gekommen sind und die Frage der Rücknahmeabkommen immer wieder ein großes Thema darstellt, nicht Rücknah­me­abkommen als rechtsstaatliches Instrument der menschenrechtsbasierten Rückfüh­rung, sondern Rückübernahmeabkommen, die in diesem Fall, wie sie jetzt geschlossen werden, von Kommission über Rat mit den einzelnen Ländern, bilateral geschlossen werden. Und da muss man genau schauen, unter welchen Bedingungen Rückfüh­rungs­abkommen geschlossen werden und Rückführungen stattfinden und inwiefern Menschen, die rückgeführt werden, nicht vielleicht noch mehr möglicher Gewalt, Folter oder Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt werden.

Prinzipiell gibt es eine Zustimmung vonseiten der Grünen, ich bringe aber auch im Hinblick auf weitere Rückübernahmeabkommen, die über Kommission und Rat verhan­delt werden müssen, einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Windbüchler-


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Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verstärkung der Abschottungs- und Flüchtlingsabwehr-Politik der EU durch Missbrauch der Migrationsklausel des Part­nerschafts- und Kooperationsabkommens zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und der Republik Irak ein, der an Sie verteilt wird, weil er sehr umfassend ist.

Im Großen und Ganzen geht es darum, dass EU-Migrationspolitik und Men­schen­rechtspolitik zusammengehören und die Europäische Union auch dafür steht und wir insbesondere den Kanzler, aber auch den Außenminister auffordern, diesbezüglich ganz klare Zeichen zu setzen.

Um auch ein Zeichen dafür zu setzen, dass die Grünen tatsächlich eine oder die einzige Menschenrechtspartei in diesem Parlament sind, haben wir nicht nur diesen umfangreichen Entschließungsantrag hier eingebracht, sondern wird es auch zwei Gegenstimmen aus unserem Klub geben, da die Rückführungsabkommen einfach weiterverhandelt werden müssen und auf menschenrechtsbasierter Basis erfolgen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

15.39


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag wurde in den Kernpunkten erläutert und zur Verteilung gebracht, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Alev Korun, Freundinnen und Freunde betreffend Verstärkung der Abschottungs- und Flüchtlingsabwehr-Politik der EU durch Missbrauch der Migrationsklausel des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und der Republik Irak

eingebracht im Zuge der Debatte eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1253 d.B.): Partner­schafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Irak andererseits (1264 d.B.)

Begründung

Die Verhandlungen der EU mit Irak über ein Partnerschafts- und Kooperations­abkom­men begannen im November 2006 und wurden im November 2009 abgeschlossen. Anschließend wurde der Text des Abkommens im Jahr 2010 paraphiert. Die Unter­zeichnung des Abkommens erfolgte am 11. Mai 2012.

Seit 1. August 2012 sind bereits Teile des Kooperationsabkommens, da es sich um ein gemischtes Abkommen handelt, vorläufig in Kraft:

Artikel 2 (Wahrung der Grundsätze der Demokratie, Achtung der Menschenrechte, Wahrung des Rechtsstaatsprinzips) sowie

Titel II "Handel und Investitionen",

Titel III "Bereiche der Zusammenarbeit" und

Titel V "Institutionelle, Allgemeine und Schlussbestimmungen"

Andere Teile, darunter jene zur Migrationspolitik, zur Bekämpfung der Korruption und Geldwäsche können zusätzlich nur dann in Kraft treten, wenn die Mitgliedstaaten ihre Zustimmung einzeln geben. Dabei geht es um die Inkraftsetzung folgender Teile: Titel I


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(Politischer Dialog und Zusammenarbeit im Bereich Außen- und Sicherheitspolitik), Titel IV (Recht, Freiheit und Sicherheit, inkl. der Migrationsklausel).

Grundsätzlich wäre das Abkommen positiv zu bewerten, da es als erste Vertrags­beziehung zwischen der EU und Irak die Basis bereitstellt, auf politischer, wirt­schaft­licher, und sozialer Ebene zusammenzuarbeiten. Dazu gehören u.a. die Einführung eines jährlichen Dialogs auf Ministerebene und auf Ebene hoher Beamter über Frieden, Außen- und Sicherheitspolitik, nationalen Dialog und Aussöhnung, Demo­kratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, verantwortungsvolle Staatsführung, regio­nale Stabilität und Integration, sowie Klauseln über Terrorismusbekämpfung, Bekämp­fung von Massenvernichtungswaffen und  des unerlaubten Handels mit Klein- und Leichtwaffen. Das Abkommen beinhaltet zudem eine spezielle Klausel über die Zusammenarbeit hinsichtlich des Beitritts Iraks zum Römischen Statut des Internatio­nalen Strafgerichtshofs und eine Klausel über die Zusammenarbeit bzgl. Menschen­rechte, die einen Vorbehalt umfasst, dass sich Versäumnisse seitens des Iraks, Men­schen­rechte zu achten, negativ auf Programme für die Zusammenarbeit und wirtschaft­liche Entwicklung auswirken können.

Das vorliegende Kooperationsabkommen ist jedoch auch der allgemeine Rahmen, in dem die Verpflichtung zum Abschluss eines Rückübernahmeabkommens für den Irak festgeschrieben wird. Im Artikel 105 des Kooperationsabkommens zur "Zusammen­arbeit im Bereich Migration und Asyl" ist anfangs von einem umfassenden "Dialog" zu Migration, irregulärer Migration und Schlepperei die Rede. Der Kern der Sache (Abs. 2 (d) bis (g) und Abs. 3) ist es jedoch eine wirksame "Präventionspolitik" zur Verhin­derung der irregulären "Migration, Schleuserkriminalität und Menschenhandel" zu verankern. Rück- und Abschiebungen sollen bereits auf Basis dieses Abkommens forciert und der Grenzschutz - wohl auch vor Schutzsuchenden, wobei diesen kein legaler Weg für eine Asylantragstellung zur Verfügung steht - verstärkt von der EU und den EU- Mitgliedstaaten unterstützt werden. Artikel 105 Abs. 5 beinhaltet schließlich die Verpflichtung, so bald als möglich ein Abkommen über die Verhinderung und Bekämpfung der irregulären "Einwanderung und die besonderen Verfahren und Pflichten für die Rückübernahme" zu schließen, inklusive der Rückübernahme von Drittstaatsangehöriger und Staatenloser.

Rückübernahmeabkommen sind menschenrechtlich bedenklich, wenn diese zu einem fahrlässigen Umgang mit Asylverfahren durch Schnellabwicklungen, oberflächlichen Prüfungen von Anträgen bzw. nur oberflächlichen Prüfungen des Refoulement-Verbots führen. Das Problem der uneinheitlichen Asylverfahren, der völlig unterschiedlichen Asylanerkennungsraten innerhalb der EU und die hohe Fehleranfälligkeit der derzeiti­gen Asylsysteme werden durch immer rascher verhängte Rück- und Abschiebungen weiter verschärft. Möglichkeiten, ein effektives Rechtsmittel zu ergreifen, bleiben oft kaum. Solange die Asylsysteme in der EU so unterschiedliche Schutzniveaus und Aner­kennungsquoten haben - als Beispiel sei die aktuelle Anerkennungsquote schutzsuchender SyrerInnen in Rumänien mit 49%, in Frankreich jedoch mit 96% genannt, verschärft ein EU- Rückführungsabkommen weiter die vorherrschenden natio­nale Ungerechtigkeiten. Weiters beinhalten die standardisierten EU-Rücküber­nahmeabkommen Versprechen seitens der EU, die nicht eingehalten werden, wie z.B. "die Möglichkeiten der legalen Migration für Staatsangehörige", wiewohl die Möglich­keiten legaler Zuwanderung in die EU immer schmäler statt breiter werden.

Die EU benutzt genau diese Kooperationsabkommen mit Koppelung an Rückübernah­meforderungen, um selbst die Rückführung in Staaten, die derzeit unsichere Bürger­kriegsstaaten, failed states oder autoritäre Regime sind, zu ermöglichen. Menschen­rechtlich und völkerrechtlich ist die Rückschiebung in solche Staaten wegen des Refoulement-Verbots (Gefahr für Leib und Leben) mehr als fragwürdig. Solche


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Abkommen machen eine gefährliche Parallelstruktur auf, indem sie die men­schen­rechtlichen Mindeststandards umgehen und de-facto Abschiebungen auch in solche Staaten erleichtern.

Die Lage im Irak spitzt sich nun dramatisch zu: Eine Offensive auf Mossul soll laut Medienberichten in naher Zukunft beginnen, die zweitgrößte irakische Stadt, die sich seit mehr als zwei Jahren unter der Kontrolle von IS befindet. Was das für die Bevölkerung vor Ort bedeutet, kann sich jeder ausmalen: Hundertausende Menschen wären, wenn sie es nicht schon bereits sind, auf der Flucht, haben kein Dach über dem Kopf und haben kein Wasser und Lebensmittel.

Vor diesem Hintergrund, und im Lichte der restriktiven Abschottungspolitik der EU müssen die Entwicklungen in Menschenrechtsfragen - gerade in Koppelung mit wirt­schaftlichen und politischen Rahmenabkommen - hinterfragt werden. Es besteht die Gefahr, dass die Migrationsklausel der EU-Partnerschafts- und Kooperations­abkom­mens dazu missbraucht wird, Drittstaaten in Rückübernahmeabkommen zu pressen, die aufgrund der derzeitigen Schieflage im EU-Asylsystem in menschenrechtlich bedenklichen Rückschiebungen münden. Das muss unter allen Umständen verhindert werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, werden aufgefordert, sich auf EU-Ebene mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen,

1) dass eine gemeinsame, zwischen den Mitgliedsstaaten akkordierte, langfristig angelegte EU-Migrationspolitik statt einzelstaatlicher, sich widersprechender Fleckerl­teppichpolitik durchgesetzt wird

2) dass eine auf Grund- und Menschenrechten basierende Flüchtlingspolitik mit einheitlichen Standards in der EU durchgesetzt wird

3) dass unter dem Titel "Migrationspartnerschaft" eine im Interesse beider Seiten stehende, echte Partnerschaft angestrebt wird statt einseitiger Rückübernahme­ver­pflich­tung für ärmere Länder, während das Versprechen von legalen Migrations­möglichkeiten ein Lippenbekenntnis bleibt

4) dass bei allen Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und Drittstaaten, die sich in bürgerkriegsähnlichen oder menschen­rechtlich kritischen Lagen befinden,  die Migrationsklausel  nicht angewendet wird

5) dass die Migrationsklausel in Artikel 105 des Partnerschafts- und Koope­rations­abkommens zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und der Republik Irak nicht in Geltung kommt, solange sich die dramatische Lage im Land nicht stabilisiert hat

6) dass - solange die Migrationsklausel Teil eines Partnerschafts- und Koope­rations­abkommens ist - die Umsetzung der Migrationsklausel hinsichtlich der Einhaltung aller menschenrechtlicher Standards in regelmäßigen Abständen von einem unabhängigen Gremium eigens überprüft wird. Sollte das Gremium eine Verletzung von Menschen­rechtsstandards bei der Durchführung von Rückführungen feststellen, wird sich die österreichische Bundesregierung mit aller Kraft dafür einsetzen, die Migrationsklausel mit sofortiger Wirkung außer Kraft zu setzen


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7) dass alle EU-Rückübernahmeabkommen und EU-Partnerschafts- und Kooperations­abkommen, die Migrationsklauseln beinhalten, einen regulären Überprüfungsmecha­nismus erhalten, der nicht, wie bisher vorgesehen, nur auf Anfrage einer der Vertrags­parteien initiiert werden kann, sondern der automatisch, in regelmäßigen Abständen aktiviert wird, um eine Überwachung von Rückführungen durchzuführen

8) dass sichergestellt wird, dass die Gelder der Entwicklungszusammenarbeit nicht für die Abschottungspolitik der EU zweckentfremdet werden, sondern zielgerichtet der Armutsbekämpfung dienen, und sich an den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen orientieren.  Finanzielle Mittel zur Armutsminderung dürfen keines­falls als Druckmittel für Rückführungen zweckentfremdet werden 

9) dass - auch bilateral - alle Anstrengungen unternommen werden, um die Lage der Hunderttausenden von Flüchtlingen im Irak zu verbessern: Die Unterstützungs­leistungen an UN-Hilfsorganisationen, wie das World Food Programme, UNICEF, UNHCR, UNWomen und UNFPA sind sofort zu erhöhen

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


15.39.41

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Anlässlich der Debatte über den Vertrag lohnt es sich, ein wenig über die Geschichte des Irak nachzulesen. Es ist eine sehr blutige, eine sehr dramatische Geschichte.

Es ist ein Gebiet, in dem die europäischen Mächte – vor allem Großbritannien – in erster Linie präsent waren, weil es um Erdöl gegangen ist. Der Irak ist der zweit­wichtigste Erdöllieferant in dieser Region. Dort haben mit harter Hand die Türken geherrscht, und Großbritannien war dort immer wieder präsent. Auf diese Art und Weise hat man viel Schuld auf sich geladen.

Wir haben alle verfolgt, wie es dann zum Irakkrieg gekommen ist, bei dem wieder Großbritannien, und zwar mit Tony Blair, dabei war. Das Ganze hat auf einer Lügen­geschichte basiert, bei der es kein UNO-Mandat gegeben hat und bei der die USA, Großbritannien und andere völkerrechtswidrig agiert haben. Und das scheint etwas zu sein, was dann am Endpunkt – mit den vielen Interventionen im Irak selbst – zur Heraus­bildung des Islamischen Staates geführt hat, zu Gewaltexzessen, zu einer Auseinandersetzung zwischen Sunniten und Schiiten.

Man darf dabei eines nicht vergessen: Auch der Westen war nicht immer ganz wäh­lerisch bei der Unterstützung von Potentaten, und Saddam Hussein, der in diesem Krieg als Verbrecher gebrandmarkt und daher auch getötet wurde – das ist ja unbe­stritten –, war zugleich der Liebling der Akteure im Kampf gegen den Iran und wurde mit Waffen und mit Geld und mit allen möglichen Leistungen unterstützt.

Diese Geschichte muss man sich vor Augen halten, wenn man sieht, welch einge­schränktes Vertrauen man dort genießt.

Es war vor Kurzem eine Delegation des State Department hier im Parlament, und ich hatte die Gelegenheit, mit diesen Leuten zu sprechen, auch mit Leuten von der amerikanischen Botschaft. Sie haben hier die gemeinsamen Werte Europas und der USA dargestellt, und da musste ich ein bisschen kritisch anmerken, dass die Trump-Wahlkampagne nicht ein Ausdruck von Werteautorität oder Wertetradition ist, sondern etwas radikal anderes. Nicht nur das habe ich angemerkt, sondern auch, dass George W. Bush diese völkerrechtswidrige Intervention zu verantworten hatte.


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Ich habe das hier auch deswegen ein wenig dargestellt, weil ich glaube, dass es wichtig ist, dass mit diesen und ähnlichen Verträgen die Europäische Union und auch Europa als Ganzes versuchen muss, mit dieser Region in einen anderen Kontakt, in eine andere Zusammenarbeit zu treten und wirklich auf Basis von Werten zu agieren und diese Länder nicht immer nur danach zu taxieren, welche Bodenschätze sie haben, was man da herausholen kann und welche korrupte Oberschicht man dort heranzüchten kann, die dafür sorgt, dass die ökonomischen Interessen der Wohl­standszonen gewahrt sind.

Das ist – abschließend gesagt – natürlich auch eine der vielen Ursachen, warum es dann zu diesen Wanderungsströmen gekommen ist: aus wirtschaftlichen Gründen, wegen Kriegen, wegen Gewalt, wegen all der genannten Dinge, bei denen sicherlich, historisch betrachtet, wir alle eine Mitverantwortung haben. Und daher sind wir auch gefordert, vor Ort dafür zu sorgen, dass es zu Veränderungen kommt, damit die Menschen eine Perspektive haben, um dort zu leben und dort zu bleiben.

Das ist die Geschichte des Irak. Wir können diese Geschichte bei vergleichbaren Län­dern in dieser Region ähnlich darstellen. Ich sage das hier nur deshalb, weil ich glaube, dass es notwendig ist, dass das auch einmal hier erwähnt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

15.43


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


15.43.42

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das vorliegende Abkommen erhebt den Anspruch, ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zu sein und sowohl in den Bereichen Kultur und Soziales als auch im Bereich Wirtschaft eine verbesserte Kooperation zwischen dem Irak und der EU zustande zu bringen. Diese Ziele sind selbstverständlich zu unterstützen, daran besteht kein Zweifel. Dazu haben auch meine Vorredner und Vorrednerinnen einiges gesagt.

Gleichzeitig ist es so, dass mit dem Artikel 105 im Partnerschafts- und Kooperations­abkommen eine Migrationsklausel eingeführt wird, die den verpflichtenden Abschluss eines Rückübernahmeabkommens zwischen dem Irak und der EU festlegt, und dazu gibt es schon Erfahrungswerte. Derzeit wird ja ein Rückübernahmeabkommen zwi­schen der EU und Afghanistan verhandelt. Sie alle konnten den Medien entneh­men, dass die Terrormiliz Taliban vor circa zehn Tagen einen neuen Angriff auf die Stadt Kundus gestartet hat. Gleichzeitig finden aber Verhandlungen darüber statt, dass Menschen, und zwar nicht nur abgelehnte Asylwerber, die afghanische Staatsbürger sind, sondern auch Drittstaatsangehörige und sogar Staatenlose, in dieses kriegszer­rüttete Land, das alles andere als sicher ist und in dem Menschenrechtsverletzungen noch immer an der Tagesordnung sind, zurückgeschoben werden.

Die politische Praxis der letzten Jahre zeigt, dass die Abschottungs- und Flüchtlings­abwehrpolitik der EU immer stärker wird. Und in diesem Zusammenhang ist auch dieser Artikel 105, diese Migrationsklausel, zu sehen. Das heißt, es ist von dem bis­herigen politischen Geschehen her davon auszugehen, dass ein ähnliches Rücküber­nahmeabkommen wie mit Afghanistan auch mit dem Irak abgeschlossen werden wird, was in der Praxis dazu führen wird, dass sogar Staatenlose nach Afghanistan, in ein Land, das noch immer von Terror und Krieg zerrüttet ist und das alles andere als sicher ist, zurückgeschickt werden. (Ruf: Sehr gut!)

Das wäre eine ganz krasse Menschenrechtsverletzung, nämlich die Verletzung des Grundrechts auf Leben … (Abg. Lugar: Das ist ein Blödsinn!) – Ein Blödsinn sei das,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 124

sagt Herr Abgeordneter Lugnar. (Abg. Lugar: Lugar!) Okay, das heißt, bei der Men­schenrechtskonvention und der Flüchtlingskonvention muss man sich getäuscht haben. Ich glaube aber, es steht für viele hier im Raum nicht infrage, dass das Men­schenrecht auf Leben eines der grundlegendsten Menschenrechte ist und deshalb auch verteidigt gehört. In diesem Sinne warnen wir vor der Verschärfung der Abschot­tungs- und Flüchtlingsabwehrpolitik der EU (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Lugar), und deshalb werden zwei KollegInnen aus der grünen Fraktion diesem Abkommen nicht zustimmen.

Wir weisen darauf hin, dass solche Rückübernahmeabkommen in den nächsten Jahren immer mehr auf der Tagesordnung stehen werden, und wenn wir als gewählte Parlamentarierinnen und Parlamentarier dort, wo es im wahrsten Sinne des Wortes um Menschenleben geht, bewusst wegschauen, dann werden wir die Menschenrechts­konvention mit Füßen treten. – In diesem Sinne: Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

15.47

15.47.11

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1253 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verstärkung der Abschottungs- und Flüchtlingsabwehr-Politik der EU durch Missbrauch der Migrations­klausel des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und der Republik Irak.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

15.48.163. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1760/A(E) der Abgeordneten Michael Pock, Karlheinz Kopf, Petra Bayr, MA, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung eines Denkmals für die aus Österreich stammenden Opfer bei Maly Trostinec (1265 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Bürgerinitiative Nr. 73/BI: „Errichtung und Finanzierung eines Grabmals für die Opfer von Maly Trostinec“ (1266 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 und 4 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Ertlschweiger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 125

15.48.59

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Ich spreche heute über eines der dunkelsten Kapitel in der österreichischen Geschichte, nämlich über die Verbrechen und die Gräueltaten im Nationalsozialismus. Und wenn man über die Verbrechen und die Gräueltaten im Nationalsozialismus spricht, dann ist damit unmittelbar ein Ort verbunden, und das ist Maly Trostinec.

Vielen von Ihnen – wie auch mir selbst – war Maly Trostinec bis vor wenigen Wochen kein Begriff. Es ist jener Ort in Weißrussland – 10 Kilometer von der weißrussischen Hauptstadt Minsk entfernt –, an dem in den Kriegsjahren 1942 bis 1944 zwischen 40 000 und 60 000 Menschen ermordet wurden.

Es ist jener Ort, an dem die meisten Österreicherinnen und Österreicher ermordet wurden: 10 000 Jüdinnen und Juden, vorwiegend aus Wien, wurden in Maly Trostinec vernichtet. Sie wurden in zehn Sonderzügen à 1 000 Personen nach Maly Trostinec gebracht, mussten dort aussteigen, mussten zu den Gruben gehen, die bereits ausgehoben waren – riesige Gruben! –, mussten sich nackt ausziehen, ihre Kleider vor sich hinlegen und ordnen, und sie wurden dann mittels Genickschuss hingerichtet. Das älteste Opfer war Therese Füchsel mit 86 Jahren, das jüngste Opfer war Gerson Schwarz mit gerade einmal sieben Wochen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bis heute ist es leider nicht gelungen, in Maly Trostinec ein sichtbares Zeichen der Erinnerung für die 10 000 getöteten Öster­reicherinnen und Österreicher zu errichten.

Vergangene Woche haben wir im Außenpolitischen Ausschuss eine Bürgerinitiative behandelt und einen entsprechenden Entschließungsantrag beschlossen, der sich mit der Errichtung eines Denkmals befasst. Ich bin froh darüber, dass sich nach einigem Hin und Her schließlich alle Fraktionen dazu bekannt haben, die Errichtung dieses Denkmals zu ermöglichen. Ich bedanke mich dafür.

Ich möchte mich auch bei Frau Waltraud Barton bedanken, der Vorsitzenden des Vereins IM-MER, die seit Jahren die Errichtung dieses Shoah-Denkmals in Weißruss­land forciert und vorantreibt. Frau Barton ist heute auch hier bei uns, auf der Galerie, und ich möchte Sie im Hohen Haus sehr herzlich begrüßen. Grüß Gott! (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass es wichtig und richtig ist, dass man an die getöteten Menschen in Maly Trostinec erinnert. Im Moment ist das nicht der Fall, im Moment hängen an Bäumen vereinzelt gelbe Namenszettel, lami­nierte Zettel, die an die Toten erinnern. An manchen Bäumen hängen weniger Zettel, an anderen Bäumen hängen mehr Zettel. An einem Baum hängt sogar das Bild eines Vaters ganz oben und darunter sieben Zettel mit dem Bild der Kinder.

Ich glaube, dass es wichtig ist – auch im Sinne von Österreich – und dass es auch eine wichtige und richtige Aufgabe der Republik Österreich ist, ein deutliches Zeichen zu setzen und dort einen Grabstein zu errichten, denn mit der Errichtung dieses Grab­steins verorten wir die Getöteten. Wir geben ihnen damit ihre Identität zurück und schließen sie wieder in jene Gesellschaft ein, aus der sie damals von den National­sozialisten ausgeschlossen wurden.

Meine Damen und Herren! Dieses Mahnmal, dieses Denkmal – nennen Sie es, wie Sie wollen – wird dazu beitragen, Maly Trostinec im kollektiven Gedächtnis Österreichs zu verankern.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 126

Unsere Generation der Spätgeborenen hat diese Last der Verantwortung nicht mehr zu tragen. Aber unsere Generation sowie nachfolgende Generationen haben die Ver­pflich­tung, das im Nationalsozialismus geschehene Unrecht nicht vergessen zu machen, damit es nie wieder so weit kommt.

Ich möchte meine Rede mit einem Zitat schließen: „Wer sich nicht an die Vergan­genheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ 

Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, appelliere ich an Sie, dass Sie die Zustimmung, die Sie im Ausschuss getätigt haben, auch hier im Plenum geben.

Ich möchte Ihnen noch dieses Buch (das Exemplar in die Höhe haltend) mit auf den Weg geben. Es ist das Totenbuch, das Frau Barton herausgegeben hat. Darin sind die Namen aller 10 000 getöteten Jüdinnen und Juden angeführt, der Frauen, Kinder und älteren Menschen. Sie hat das mühsam zusammengetragen. Ich glaube, es ist ein wichtiges und richtiges Zeichen, dass die Republik Österreich in Maly Trostinec einen Grabstein errichtet und die getöteten Österreicherinnen und Österreicher damit verortet. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

15.54


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


15.54.14

Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Barton, auch von meiner Seite herzlichen Dank. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie Sie am 27. Jänner des Vorjahres bei der Gedenkkundgebung am Heldenplatz anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenk­tages sehr eindringlich und sehr emotional über Ihr Projekt betreffend Maly Trostinec geredet haben, und ich glaube, dass sehr viele der dort zu Hunderten Anwesenden das erste Mal mit diesem Teil unserer Geschichte konfrontiert worden sind, und ich freue mich sehr, dass Ihre Arbeit, die für uns alle sehr wichtig ist, hier heute manifest wird. Das ist sehr schön. Ich danke Ihnen für die lange und kontinuierliche Arbeit dazu. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen, NEOS und Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Mit der Errichtung einer Gedenkstätte in Maly Trostinec für die ermordeten Opfer des Holocaust kommen wir spät, aber doch – sofern sie tatsächlich errichtet wird – dem Einlösen von Verantwortung nach. Ich diskutiere sehr oft mit jüngeren und älteren Menschen über die Frage der historischen Verantwortung, und da höre ich sehr oft: Wir sollten doch endlich einen Schlussstrich unter die Geschichte ziehen!, oder: Ich selbst trage ja keine Schuld, ich war ja nicht dabei!, oder: Wir sollten doch die Vergangenheit endlich ruhen lassen!

Sosehr diese Gefühle und diese Befindlichkeiten zu diesem sehr schwierigen und mit viel Schmerz behafteten Kapitel unserer Vergangenheit auch nachvollziehbar sind, sie sind trotzdem diskussionswürdig bis falsch, würde ich einmal sagen.

Zum einen ist es so, dass moderne Geschichts- und Gedächtniskultur nicht davon ausgeht, dass es einen Schlussstrich unter die Geschichte oder ein Ende der Ge­schichte gibt. Geschichte ist ein Kontinuum, und unsere Gegenwart ist ein Produkt genau dieser Geschichte. Es geht auch nicht – ich will nicht sagen: nie!, aber so gut wie nie oder ganz selten – um individuelle Schuld. Natürlich trage ich oder tragen Sie keine Schuld, aber wir tragen gemeinsam bis jetzt und auch bis in die Zukunft Verant­wortung für das, was passiert ist. Es wird auch nicht funktionieren, die Vergangenheit ruhen zu lassen.

Ich selbst – und sicher haben viele andere ähnliche Erlebnisse – habe mit circa 18 Jahren das erste Mal Yad Vashem, die Holocaust-Gedenkstätte in Israel, besucht,


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und für mich war das unsagbar ergreifend. Und da ist für mich das erste Mal auch die Verantwortung ganz klar geworden. Für all die Ausstellungsstücke dort, wie zum Beispiel für Schilder mit der Aufschrift „Hunde und Juden dürfen hier nicht hinein“, habe ich keine Übersetzungstafeln gebraucht. Das war meine Sprache – eine Sprache, die absolut menschenverachtend mit denen, die damals nicht nur unterdrückt, sondern gedemütigt und auch ermordet worden sind, umgegangen ist.

Der Umgang mit kollektiver Erfahrung und mit der Vergangenheit im Generellen ist komplex und ist schmerzhaft, aber er wird uns nicht erspart bleiben – gerade dann, wenn es schmerzhaft wird! Ich hoffe sehr, dass diese Gedanken und diese Verant­wortung sich auch im konkreten Denkmal in Maly Trostinec manifestieren werden. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen, NEOS und Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.57


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lasar. – Bitte.

 


15.57.32

Abgeordneter David Lasar (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin an und für sich sehr froh, dass wir heute auch einmal über eines der dunkelsten Kapitel von Österreich sprechen können. Mein Vorredner hat ja schon gesagt, dass es eines der dunkelsten Kapitel war. Ich kann nur sagen: Endlich sprechen wir auch hier darüber. Endlich geht man auch daran, für die rund 10 000 von den Nazis in dem kleinen Ort Maly Trostinec ermordeten Menschen – dieser Ort war ja bis heute fast niemandem bekannt – ein würdiges Denkmal zu errichten.

Noch eine kleine Replik, die wir zum Teil schon gehört haben, aber ich möchte sie vielleicht um eine weitere Information ergänzen: Zwischen November 1941 und Oktober 1942 rief die sogenannte Zentralstelle für jüdische Auswanderung dazu auf, die Israelitische Kultusgemeinde zu benachrichtigen, die jüdischen Menschen aufzu­fordern, dass sie sich in einem Sammellager einzufinden haben. Von dort aus ging es zum Bahnhof Aspang, von wo aus dann die Züge in Richtung Maly Trostinec abgefahren sind. Unmittelbar nach der Ankunft in Maly Trostinec wurde diesen Men­schen ihr letztes Hab und Gut abgenommen. Dann wurden sie zu den Erschießungs­plätzen gebracht. Sie mussten sich vor Gruben aufstellen, wurden erschossen und in die Gruben geworfen.

In dem Waldstück von Maly Trostinec wurden von den insgesamt 65 000 von den Nazis ermordeten österreichischen Jüdinnen und Juden rund 10 000 ermordet.

Maly Trostinec, meine Damen und Herren, war – und das ist ganz wichtig – kein Kon­zentrationslager. Maly Trostinec war ein Vernichtungslager. Allein zum Zweck der Er­mor­dung von Juden ist das dort gemacht worden.

Von den aus Wien deportierten Jüdinnen und Juden überlebten rund 17. Aufgrund der Tatsache, dass es fast keine Überlebenden gibt, blieb der Ort natürlich auch sehr lange unbekannt.

Meine Damen und Herren, ich sage es Ihnen in aller Deutlichkeit: Es ist unsere Pflicht, vor allem die Pflicht des offiziellen Österreichs hier im Parlament, für unsere Wiener Jüdinnen und Juden, die in Maly Trostinec ermordet wurden, dort eine Gedenkstätte zu errichten. Ich glaube, das ist mehr denn je unsere Pflicht, denn eines muss man auch sagen: Leider hat es sehr, sehr lange gedauert. Man muss bedenken, dass heuer der 75. Jahrestag der ersten Deportationen ist; das wissen die wenigsten, vor 75 Jahren wurden die ersten Deportationen durchgeführt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 128

Es ist heute wichtiger denn je, nicht zu vergessen und dieser auf schreckliche Art Ermordeten zu gedenken. – Ich danke Ihnen vielmals. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.01


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


16.01.11

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Vor allem aber auch sehr verehrte Frau Barton! Es könnte heute ein Highlight in meiner politischen Karriere werden, wenn sich herausstellt, dass wir wirklich in der Lage sind, Nägel mit Köpfen zu machen und etwas zu beschließen, das überfällig ist. Ich glaube, es ist selbstverständlich, dass wir heute in der NS-Zeit Ermordeten Respekt zollen, dass wir ihnen das Mindeste gewähren, nämlich dass man ihre Namen nicht vergisst.

Dass wir diese Namen überhaupt kennen, das haben wir Frau Barton zu verdanken. Ich möchte dieses Buch – es ist schon erwähnt worden (das genannte Buch geöffnet in die Höhe haltend) – auch hier vorzeigen. Wir haben hier auf 550 Seiten eine Schreckens­bilanz. Auf diesen 550 Seiten stehen die Namen der österreichischen Juden und Jüdinnen, die in Maly Trostinec oder im nahen Wald ermordet worden sind – Men­schen, die wir namentlich nicht gekannt haben, ein Verbrechen, von dem wir lange, lange Zeit nichts gewusst haben. Es war ihre Initiative, dass es diesen Tagesord­nungspunkt heute überhaupt gibt und wir über dieses Kapitel sprechen können.

Die Forschung, wie notwendig es ist, solche Bücher herauszugeben, zeigt, dass die Zahl der Opfer, von der wir gehört haben, 10 000, inzwischen dank der Forschung leider schon erhöht werden musste: Es sind etwa 13 000 Opfer. Viele Österreiche­rinnen und Österreicher, die dort ermordet worden sind, kamen nicht direkt aus Wien, waren nicht Teil jener zehn Transportzüge, die aus Wien nach Maly Trostinec ge­schickt worden sind, sondern kamen beispielsweise aus dem Konzentrationslager in Theresienstadt.

Dass wir die Pflicht haben, dieser Toten zu gedenken, ist, glaube ich, klar. Das Österreichische Schwarze Kreuz bemüht sich seit Kriegsende um die Kriegsgräber im Ausland, aber vor allem natürlich in Österreich. Das Schwarze Kreuz hat es sich übrigens auch zur Aufgabe gestellt, die Gräber von politisch oder sogenannten rassisch Verfolgten zu pflegen.

Das ist ganz klar unsere Aufgabe, es ist ganz klar unsere Pflicht, zu dieser Pflicht haben sich Politikerinnen und Politiker in den letzten Monaten und Jahren mehrfach bekannt. Ich erinnere daran, dass auch Bürgermeister Häupl sich vor zwei Jahren am Heldenplatz ganz klar für so ein Grabmal ausgesprochen hat. Es handelt sich um ein Grabmal, es geht darum, diese Menschen namentlich zu erwähnen, ihrer zu gedenken und sie nicht zu vergessen.

Ich glaube, es ist – und wie es scheint, wird es auch so sein – ein sehr, sehr positives Zeichen, das der österreichische Nationalrat heute aussendet. Ich bin dafür sehr dankbar.

Wir dürfen uns aber nicht selber auf die Schulter klopfen, es ist unsere Pflicht, das zu tun. Ich erinnere daran, die Zeit drängt auch ein bisschen, denn nächstes Jahr im Oktober ist jener Jahrestag, den wir uns alle für die Errichtung dieses Grabmals zum Ziel gesetzt haben. Wir haben also somit noch ein Jahr Zeit, das umzusetzen, Nägel mit Köpfen zu machen. Dazu braucht es die entsprechenden finanziellen Mittel. Es gibt auch von weißrussischer Seite her durchaus das Angebot zur Unterstützung. Frau


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 129

Anna Aksonova hat beispielsweise mitgeteilt, dass es so ein Grabmal auf einem bereits gewidmeten Platz geben könnte, sie hat auch Hilfe bei der Erstellung zugesagt.

Beschließen wir das! Schauen wir, dass dieses Geld zügig bereitgestellt wird und diese Toten endlich ein würdiges Grabmal haben! – Danke. (Beifall bei Grünen, SPÖ, ÖVP und NEOS.)

16.05


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bernhard. – Bitte.

 


16.05.45

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzter Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Frau Barton! Es ist jetzt einein­halb Jahre her, dass wir uns das erste Mal getroffen haben und Sie damals in einer recht ausweglosen Situation analysiert haben, dass Sie schon jahrelang im Kreis laufen, bei allen Ministerien, bei allen Parlamentsfraktionen, bei der Stadt Wien.

Es war für mich ein spannendes Lehrstück als noch sehr junger Abgeordneter, dass es Dinge in unserer Republik gibt, für die wir zweifellos die Verantwortung übernehmen müssen, die wir schon viel früher als erst nach 75 Jahren hätten übernehmen müssen. Alle entscheidenden Institutionen in diesem Land haben gesagt, dass es eine richtige, gute und notwendige und de facto auch sofort umzusetzende Maßnahme sein muss, da die nächsten Schritte zu gehen, über das Außenministerium mit Minsk zu verhandeln, um eine entsprechende Gedenkstätte für 10 000 österreichische Staats­bür­gerinnen und -bürger zu erreichen.

Das Lehrstück für mich war, dass wir alle in unserer Republik in einem bestimmten Bereich das Gleiche, nämlich diese Gedenkstätte in Maly Trostinec, wollten, aber die Menschen nicht miteinander gesprochen haben beziehungsweise eine Bürgerin mit großen Engagement charmant in die Warteschleife gehängt haben. Das dürfen wir heute nicht vergessen. Das ist das Lehrstück, welches ich von Ihrer Bürgerinitiative mitgenommen habe. Ich bin dankbar und demütig, dass wir das heute beschließen können.

Alle sechs Fraktionen sollten sich aber auch mitnehmen, dass uns diese Themen jeden Tag wieder begegnen können, wenn jemand zu uns kommt und uns ein Thema serviert. Wir sollten genauer zuhören und rascher reagieren, das ist das, was wir davon mitnehmen sollten. – Danke. (Beifall bei NEOS, SPÖ, ÖVP und Grünen.)

16.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


16.07.45

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Der vorliegende Entschließungsantrag betreffend Errichtung eines Denkmals für die aus Österreich stammenden Opfer bei Maly Trostinec hat seinen Ursprung in einer sehr wichtigen Bürgerinitiative mit dem Ziel der Errichtung einer würdigen Gedenkstätte in Weißrussland.

Auschwitz und Mauthausen, meine Damen und Herren, sind uns im Gegensatz zu Maly Trostinec ein Begriff. In dem kleinen weißrussischen Dorf war ebenfalls ein Todeslager, in dem die Nazis von 1942 bis 1944, also innerhalb von nur zwei Jahren, 60 000 deportierte Menschen ermordet haben. Eine große Opfergruppe waren, wie schon öfters erwähnt, Juden aus Wien. Von 10 000 deportierten jüdischen Wienerin­nen und Wienern überlebten nur 17.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 130

Das Kapitel Maly Trostinec ist noch nicht abgeschlossen, vor allem nicht für jene, die Angehörige oder Freunde in dem Todeslager verloren haben. Frau Waltraud Barton mit ihrer Gedenkinitiative IM-MER erinnert an genau diese Opfer:

„An keinem anderen Ort sind während der NS-Zeit so viele ÖsterreicherInnen als Opfer der Shoa ermordet worden wie in Maly Trostinec. Trotzdem ist dieser nahe Minsk in Weißrussland gelegene Ort mit den dort begangenen Verbrechen in Österreich nahezu unbekannt. Der Verein IM-MER hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Gedenken an die über 10 000 im zweiten Weltkrieg nach Minsk und Maly Trostinec deportierten und im Großraum Minsk ermordeten ÖsterreicherInnen zu bewahren, Maly Trostinec als Ort der Vernichtung im kollektiven Gedächtnis Österreichs zu verankern und durch Bildungsarbeit – besonders im Bereich der Menschenrechte und in Fragen der Zivilcourage – dazu beizutragen, dass nie wieder derartiges im Namen des Rechts geschehen kann.“ – Dies ist auf der Homepage der Initiative nachzulesen.

Meine Damen und Herren, in wenigen Tagen ist Allerheiligen und Allerseelen, Tage, an denen wir unserer Verstorbenen gedenken – etwas, das auch jedem und jeder der Tausenden in Maly Trostinec ermordeten Menschen zusteht. Mit der im Antrag gefor­derten Finanzierung und Errichtung eines würdigen Denkmals für die aus Österreich stammenden Opfer wollen wir den Opfern ihre Namen und ihre Identität zurückgeben und sie nicht in Vergessenheit geraten lassen.

Darüber hinaus ist das geplante Denkmal auch Mahnmal, nie wieder ein solch faschis­tisches, autoritäres und alle Menschenrechte missachtendes Regime zuzulassen. – Vielen Dank der Gedenkinitiative IM-MER! Vielen Dank Frau Waltraud Barton an der Spitze dieser Initiative! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen, NEOS und Team Stronach.)

16.10

16.10.47

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3, über die dem Ausschuss­bericht 1265 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Errichtung eines Denkmals für die aus Österreich stammenden Opfer bei Maly Trostinec.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 173.)

Jetzt gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Außen­politischen Ausschusses, seinen Bericht 1266 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

16.11.405. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1856/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neustart der Rüstungskontrolle in Europa (1267 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 5. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 131

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Vetter. – Bitte.

 


16.12.15

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (ÖVP): Grüß Gott, Frau Präsidentin! Herr Minister! Damen und Herren Kollegen! In diesem Entschließungsantrag geht es um eine Auf­forderung an den Außenminister, einen Neustart der Rüstungskontrolle in Europa zu unterstützen, und es wird insbesondere auf den österreichischen OSZE-Vorsitz im Jahr 2017 verwiesen.

Im Text dieses Entschließungsantrages wird auf den bisherigen Vertrag über Kon­ventionelle Streitkräfte in Europa, den KSE-Vertrag, verwiesen, der im Laufe der Zeit leider versandet ist. Der KSE-Vertrag aus dem Jahr 1990 und die OSZE sind in einem doppelten Sinne miteinander verbunden: Einerseits verbindet sie die Stadt Wien, und andererseits haben beide einen gemeinsamen Ursprung.

Was meine ich damit? – Im Jahr 1972, mitten während des Vietnamkrieges, brauchte Richard Nixon einen Erfolg. Er ist in dieser Zeit mit seinem Sicherheitsberater Kissinger nach Moskau gereist, im Mai 1972, und es wurde damals eine Entspannungsinitiative gestartet. Diese Entspannungsinitiative ging in zwei Richtungen, einerseits in eine politische Richtung und andererseits in eine militärische Richtung. Der politische Arm dieser Entspannungsinitiative hat sich auf die KSZE, die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit, konzentriert, die damals im Entstehen war, aber einen Schub bekommen hat. Seit dieser Zeit gab es Vorbereitungskonferenzen, was dann letztlich 1975 in das berühmte Dokument von Helsinki gemündet hat.

Es gab Nachfolgekonferenzen, und schließlich ist aus der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa im Jahr 1995 eine ständige Institution geworden, die OSZE, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit. Diese hat bekanntlich heute ihren ständigen Sitz in Wien.

Der militärische Teil der Initiative von 1972 war die Übereinkunft, dass es Gespräche über die Begrenzung der konventionellen Rüstung in Europa geben soll. Vielen von uns ist die Zeit der siebziger und achtziger Jahre bezüglich Abrüstung, vor allem in Bezug auf Kernwaffen, in Erinnerung: Salt I, Salt II, START I, START II.

Es gab aber auch Gespräche über die Begrenzung der konventionellen Rüstung in Europa zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt. Diese Gespräche gab es institutionalisiert zwischen 1973 und 1989, 16 Jahre lang, MBFR-Talks hat das damals geheißen. Damals haben sich die Verhandler der beiden Militärmächte jede Woche getroffen, bis es dann letztlich zu dem Vertrag über Konventionelle Streitkräfte von 1990 gekommen ist: Es gab Limitierungen der Panzeranzahl, es gab Limitierungen der Raketen, also der Artillerie, der gepanzerten Fahrzeuge et cetera, et cetera. Dieser Vertrag ist dann von Russland suspendiert worden und letztlich im Sande verlaufen.

Wenn wir nun den Außenminister auffordern, eine Initiative zu ergreifen, dann ist das eigentlich mehr eine Unterstützung als ein Denkanstoß, und dafür haben wir einen guten Boden in Österreich. Wir alle wissen, wir sind gerne Brückenbauer und betreiben – um mit Bismarck zu sprechen – die ehrliche Maklerei.

Ich möchte allerdings – weil das Lämpchen schon leuchtet – nur noch einen Gedanken äußern: Auch die Abrüstung als solche kann im Rahmen österreichischer Außenpolitik nicht Selbstzweck sein, sondern muss auch interessengeleitet sein, interessengeleitet insofern, als es in Europa eine geringere Wahrscheinlichkeit eines konventionellen Krieges gibt, natürlich insbesondere, wenn es Österreich betreffen sollte. Insofern wünsche ich dem Außenminister viel Erfolg. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.17



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 132

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.17.15

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Werte Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wir erleben in den letzten Jahren die zunehmende Erosion unserer europäischen Sicherheitsarchitektur. Jüngstes Beispiel dafür – Sie haben das in den Zeitungen sicher gelesen – ist das von Russland in der letzten Woche ausge­setzte Abkommen zur Plutoniumvernichtung. Gemäß dem Abkommen wollten die USA und Russland eigentlich auf beiden Seiten 34 Tonnen waffenfähiges Plutonium vernichten und entschärfen. Mit dieser Menge kann man ungefähr 17 000 Atombom­ben bestücken. Auch die USA haben wegen der immensen Kosten, die das verursacht, den Vertrag zuletzt nicht mehr wirklich umgesetzt.

Derzeit ist unsere europäische Sicherheitsarchitektur weltweit einzigartig, entworfen in der Hochphase des Kalten Krieges – das hat mein Vorredner schon ausgeführt –, auch aus der Erkenntnis, dass keine Seite Frieden und Sicherheit für sich schaffen kann, ohne mit der anderen Seite zu kooperieren und auch Kompromisse zu schließen. Diese Sicherheitsarchitektur hat den Rüstungswettlauf beendet und den Ost-West-Konflikt großteils friedlich beigelegt. Noch heute profitieren wir von dieser Friedens­dividende.

Bereits in den neunziger Jahren haben wir uns aber nicht mehr wirklich um die Pflege dieser Architektur gekümmert. Russland war militärisch, wirtschaftlich, politisch ge­schwächt, der Westen zeigte damals kein wirkliches Interesse daran, russische Sicher­heits­interessen ernst zu nehmen, nachhaltig auszutarieren und auf Kompromisse einzugehen.

2001 kündigte Präsident Bush einseitig den ABM-Vertrag auf, der Raketenab­wehr­systeme weitgehend verbot. Auch der KSE-Vertrag, der für eine stärkere Abrüstung und mehr Transparenz bei den konventionellen Streitkräften sorgen sollte, wurde nie an die neuen Kräfteverhältnisse nach Auflösung von Sowjetunion und Warschauer Pakt angepasst. Die neuen baltischen NATO-Länder sind dem Vertrag nach ihrer Unabhängigkeit gar nicht erst beigetreten. Mittlerweile wenden weder Russland auf der einen noch die NATO-Länder auf der anderen Seite, auch nicht Georgien, die Ukraine und Moldau, den Vertrag an.

Die Folgen sind wie erwartet langsamer Vertrauensverlust, schwindende Koope­rationen, schwindende Kompromissbereitschaft und eben auch eine zunehmende Schwächung und Auflösung der alten Sicherheitsordnung.

Wollen wir einen neuen Rüstungswettlauf in Europa verhindern und auch Lösungen für die Ukraine und Syrien finden, dann werden Sanktionen, NATO-Manöver und auch das Minsker Abkommen allein nicht reichen. Wir werden wieder zu einem umfassenden, neuen und ehrlichen Sicherheitsdialog, auch mit Russland, kommen müssen.

Der deutsche Außenminister und derzeitige Vorsitzende der OSZE hat im August ange­kündigt, genau aus diesem Grund einen Dialog über den Neustart der konven­tionellen Rüstungskontrolle beginnen zu wollen. Das wird nicht einfach werden und auch nicht gleich Erfolge bringen, aber angesichts der aktuellen Entwicklungen wäre es verantwortungslos, das nicht wenigstens zu versuchen.

Ich denke, Österreich sollte diese Initiative bestmöglich unterstützen und während des eigenen OSZE-Vorsitzes nächstes Jahr, also 2017, weiterführen. Ich ersuche Sie daher, diesen Antrag zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.21



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 133

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Haider zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.21.37

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kollegin Muttonen, seitens der Freiheitlichen kann ich dir die Zusicherung geben, dass wir diesen Antrag unterstützen werden, den ihr, du und Kollege Lopatka, eingebracht habt.

Einerseits ist es wirklich hoch an der Zeit, auch angesichts des bevorstehenden OSZE-Vorsitzes Österreichs im nächsten Jahr. Andererseits hat sich der Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa aus dem Jahr 1990, abgeschlossen zwischen den NATO-Mitgliedstaaten und dem Warschauer Pakt – der durchaus seine Verdienste, seine Meriten hat, er hat zur Zerstörung von 60 000 schweren Waffensystemen geführt –, überlebt, den Warschauer Pakt gibt es nicht mehr. Du hast es ohnehin schon aufgezeigt, einige Nachfolgestaaten haben ihn auch gar nicht ratifiziert.

Unter diesem Gesichtspunkt ist es höchst an der Zeit, auch im Rahmen der OSZE einen Neustart für die Rüstungskontrolle in Europa zu versuchen. Dazu eignet sich natürlich auch der österreichische OSZE-Vorsitz im nächsten Jahr. Wir werden daher diesem Antrag zustimmen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Weninger.)

16.23


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.23.11

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich begrüßt auch die grüne Fraktion den Vorstoß der Kollegin und des Kollegen, die Rüstungskontrolle wieder neu zu starten, gerade auch im Rahmen der OSZE.

Die OSZE ist eine der wichtigsten Organisationen unseres Raumes geworden, gerade wegen der Auswirkungen von Krieg und Krisen in unseren Nachbarländern. Ukraine, Georgien, Moldau sind Länder, die Unterstützung brauchen. Ich denke, damit da Lösungen gefunden werden können, ist es auch eine große Herausforderung für den OSZE-Vorsitz Österreichs 2017, das fortzuführen, was jetzt der deutsche Vorsitz macht, nämlich Dialoginitiativen zu forcieren.

Wenn die Zivilgesellschaft, die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die Journa­listen und Journalistinnen von allen Seiten nicht miteinander reden, werden wir ein Problem haben, Lösungen zu finden. Ich selbst war erst vor Kurzem gemeinsam mit der ADA in der Ukraine und in Moldau, und da war das Thema, dass Dialoginitiativen auf dieser zivilgesellschaftlichen Ebene unterstützt werden sollen. Ohne Zivilgesell­schaft gibt es keine Lösung, das wissen wir aus der Geschichte. Wir sind davon überzeugt, dass gerade auch die Ukraine, Moldau und Georgien diese Dialoginitiativen brauchen, um für sich selbst eine Lösung zu finden.

Weiters würde ich es auch sehr begrüßen, endlich wieder im Dreieck, nämlich Russland, Europäische Union und Ukraine, ins Gespräch zu kommen. Das Minsker Abkommen ist das eine, und die Einhaltung des Minsker Abkommens, natürlich auch beobachtet von der OSZE, ist ein wichtiger Schritt. Dennoch braucht es auch die verschiedenen Dialoginitiativen auf politischer Ebene, keine Frage, damit endlich eine Lösung für diese gesamte Region, für diese Kriege und Krisen gefunden werden kann. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Cap und Weninger.)

16.25



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 134

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Weninger zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.25.22

 


Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh über diese fundierte außenpolitische Debatte und sehe in der Übernahme des OSZE-Vorsitzes im nächsten Jahr eine Chance für die österreichische Außenpolitik, wieder Sprachrohr für Frie­densinitiativen, für eine offensive Außenpolitik, für eine europäische Sicherheitsarchi­tektur zu werden. Ich danke daher auch Kollegin Christine Muttonen, die Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung der OSZE ist, für diese Initiative, und ich bedanke mich auch für die Einstimmigkeit in diesem Haus.

Einige oder viele von uns wurden in den achtziger Jahren in der europäischen und österreichischen Friedensbewegung politisiert; das war damals am Höhepunkt der Aufrüstung, des NATO-Doppelbeschlusses, der Installierung von SS-20-Raketen und Cruise-Missiles in Europa.

Wenn ich auf ein Dokument des schwedischen Friedensforschungsinstituts verweisen darf (ein Schriftstück, auf dem eine Grafik zu sehen ist, in die Höhe haltend), so sieht man, dass es in den achtziger Jahren ein absolutes Hoch an Rüstung gegeben hat, danach ein Absinken und leider seit 2005 wieder ein permanentes Ansteigen. Hier sind auch die Daten belegt, es werden 14 Prozent mehr an Waffenexporten vorgenommen. Die größten Importeure sind leider noch immer die Krisenzonen im Mittleren Osten mit 61 Prozent mehr an Rüstung, also gerade jene Regionen, in denen die blutigsten Konflikte zu beobachten sind.

Ich möchte aber noch eine Bemerkung anschließen, weil wir den Jahrestag des Bom­bardements des Krankenhauses von Kunduz begehen. Seit diesem Ereignis im Oktober des Vorjahres hat es insgesamt 75 Angriffe auf medizinische Einrichtungen und Krankenhäuser in Afghanistan, in Syrien, im Jemen und im Südsudan gegeben. Allzu oft wird das als Kollateralschaden hingenommen, und ich denke, es ist auch eine Aufgabe der Vereinten Nationen und der österreichischen Außenpolitik, bei jedem Angriff auf ein Krankenhaus, bei dem Patientinnen und Patienten, Angehörige und Ärztinnen und Ärzte ums Leben kommen, schärfsten politischen und diplomatischen Protest einzulegen.

Gezielte Angriffe gegen medizinische Einrichtungen, Schulen, Kindergärten, aber auch Kulturstätten dürfen nicht als unvermeidlicher Kollateralschaden hingenommen wer­den, sondern sind als inakzeptable Missachtung der Menschenrechte zu brand­marken. Auch das wäre ein Auftrag für eine offensive Außenpolitik im nächsten Jahr im Rahmen des OSZE-Vorsitzes. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Aslan und Windbüchler-Souschill.)

16.28


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Doppler zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


16.29.01

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Neustart der Rüs­tungskontrolle in Europa“, so steht es in diesem Entschließungsantrag. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, es stimmt, Europa steht vor dringenden sicherheits­politischen Herausforderungen. Wenn man sich ansieht, wie es auf der Welt, nicht nur im Nahen und Mittleren Osten, sondern auch in Europa, zugeht, so droht Europa durch


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 135

die Spannungen zwischen Ost und West ein Rückfall in alte Konfliktmuster und damit verbunden ein gefährlicher und kostspieliger Rüstungswettlauf.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wird sich Österreich gemeinsam mit ande­ren Staaten für einen Neustart der Rüstungskontrolle in Europa einsetzen. Das ist ein richtiger, wichtiger und leider notwendiger Schritt. – Herzlichen Dank. (Beifall der Abgeordneten Lopatka und Schenk.)

16.29

16.30.13

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1267 der Beila­gen angeschlossene Entschließung betreffend Neustart der Rüstungskontrolle in Europa.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen. (E 174.)

16.30.366. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1661/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Menschenrechtslage in der Türkei (1268 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1813/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abbruch der Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei (1269 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 und 7 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte.

 


16.31.20

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Was wir hier verhandeln, sind im Grunde genommen drei verschiedene Anträge: Zum einen geht es um unseren freiheitlichen Antrag, der ganz klar einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen zwischen der Europäischen Union und der Türkei einfordert.

Des Weiteren besprechen wir einen Antrag der NEOS, der grundsätzlich zwar in die richtige Richtung geht, weil er auch die Menschenrechtslage in der Türkei ent­sprechend kritisiert und in weiterer Folge einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen fordert, aber vielleicht ein bisschen zu wenig scharf ist.

In weiterer Folge gibt es einen Antrag der beiden Regierungsparteien, der im Grunde genommen diesen NEOS-Antrag völlig verwischt und zwar vorgibt, gegen einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union zu sein, aber in Wirklichkeit, wenn man die Zeilen genau liest, eher eine Wischiwaschigeschichte ist.

Dabei gäbe es wirklich viele gute Gründe, gegen einen Beitritt der Türkei zu sein. Aus unserer Sicht ist das ja nicht erst seit gestern so, sondern schon grundsätzlich, weil die


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Türkei weder geografisch noch kulturell zur Europäischen Union beziehungsweise zu Europa gehört. Des Weiteren wissen wir aber auch, dass der Grad der Demokratisie­rung ein Problem darstellt. Wir wissen, dass die aktuellen Entwicklungen des heurigen Sommers das Ganze noch verschlimmert, noch verschärft haben. Wir wissen auch aus den Monitoringberichten der Europäischen Kommission seit Jahr und Tag, dass die Menschenrechtslage in der Türkei alles andere als rosig ist.

Das führt dazu, dass nicht nur sozusagen rationale Gründe dagegen sprechen, sondern auch die Mehrheit der Österreicher ist gegen einen Beitritt. Wahrscheinlich ist auch die Mehrheit der Bevölkerung in vielen anderen europäischen Ländern dagegen, und auch die Mehrheit der Türken will wohl nicht unbedingt in die Europäische Union.

Wir treten schon länger für eine maßgeschneiderte Partnerschaft ein, das ist nichts Neues. Dennoch muss man sagen, dass seit Jahr und Tag nur herumgeeiert wird, dass nur versucht wird, auf Zeit zu spielen, und die Beitrittsverhandlungen weiter­laufen. Ich habe noch im Ohr, wie Wolfgang Schüssel vor ein paar Jahren in einem Außenpolitischen Ausschuss noch dafür eingetreten ist, wie er gesagt hat: Ja, natürlich sind wir gegen einen Beitritt, aber wir verhandeln weiter, denn das baut Druck gegenüber der Türkei auf, damit sich die Menschenrechtslage verbessert! – Wenn man das jetzt, ein paar Jahre später, Revue passieren lässt, dann sehen wir, wir haben recht behalten, die Menschenrechtslage hat sich dadurch keineswegs verbessert. Diese Beitrittsverhandlungen führen zu nichts.

Das Traurige ist, dass die Regierung dennoch – wenn wir die vorliegende Verhandlung und das Abstimmungsverhalten im Ausschuss, das wir wahrscheinlich auch heute hier erwarten dürfen, betrachten – nicht bereit ist, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. Man will einen Antrag beschließen, der de facto nichts aussagt, außer dass man die Bundesregierung in ihrer Meinung unterstützt. Man fordert die Bundes­regierung nicht auf, diese Beitrittsverhandlungen abzubrechen oder alles dafür zu tun, dass sie abgebrochen werden. Herr Minister Kurz hat vor zwei Tagen in den Medien oder in einem Interview wieder verlauten lassen, dass er dagegen ist, aber von Taten sieht man nichts.

Wir, meine Damen und Herren, fordern Sie auf, sich nicht zu verhalten wie bei CETA und Co und nur Sand in die Augen zu streuen, groß zu reden und in Wirklichkeit auf europäischer Ebene nichts zu tun. Wir werden da weiterhin dranbleiben, wir werden weitere Anträge einbringen, damit da etwas weitergeht. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.34


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Lopatka. – Bitte.

 


16.34.32

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Türkei steht in den letzten Monaten eigentlich stärker im Fokus als jeder andere Nachbarstaat der EU. Einerseits haben wir mit der Türkei gute wirtschaftliche Beziehungen, andererseits war im Zusammenhang mit den Flüchtlingen neben der Schließung der Balkanroute natürlich entscheidend für die Entspannung der Situation, dass es der deutschen Kanzlerin gelungen ist, zu einem Abkommen mit der Türkei zu kommen. Das sehe ich durchaus als positiv.

Was aber katastrophal negativ ist, ist die Entwicklung der Menschenrechtslage in der Türkei. Der türkische Präsident Erdoğan hat ja ein umstrittenes Immunitätsgesetz unter­zeichnet – das möchte ich an alle Abgeordneten gerichtet sagen –, das dazu führt, dass ein türkischer Abgeordneter aufgrund regierungskritischer Aussagen inhaf-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 137

tiert werden kann. Das passt absolut nicht zum Ansinnen der Türkei, der Europäischen Union beitreten zu wollen. Das passt nicht zusammen!

Wenn ich Mitglied der Europäischen Union werden möchte, dann muss ich Mindest­standards erfüllen. Die Türkei entfernt sich immer mehr von diesen Mindeststandards. Da ist es dann kein Argument, wenn die Türkei darauf hinweist, dass die Verhand­lungen in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts und die Beitrittsgespräche offiziell Anfang Oktober 2005 begonnen haben.

Nach den Vorkommnissen in den letzten Monaten stehe ich nicht im Widerspruch zu meinem freiheitlichen Vorredner, sondern ich kann ihm zustimmen, das muss man sagen: Einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union sehe ich nicht, das halte ich nicht für möglich. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wenn der Außenminister das anspricht, dann empfinde ich das als positiv, weil es ein ehrlicherer Zugang ist als bei vielen anderen, die sagen: Ja, wir müssen verhandeln und verhandeln! – Das ist die offizielle Position. Wenn man dann aber unter vier Augen mit führenden Vertretern anderer Länder spricht – wir kommen immer wieder auch mit Parlamentariern anderer Nationalstaaten zusammen –, sagt jeder, dass es ohnehin klar ist, dass es einen Beitritt momentan nicht geben kann. Da halte ich es für ehrlicher, zu sagen: Es wird keinen Beitritt der Türkei zur EU geben.

Ich habe zu Beginn schon gesagt, dass die Türkei ein wichtiger Nachbar der Euro­päischen Union ist – wirtschaftlich und natürlich auch, wenn man den Krisenherd sieht. Die Türkei gehört trotz aller Bedenken, die ich angesprochen habe, noch immer zum Stabilsten, das wir in dieser Region vorfinden. Daher: Nein zum Beitritt, aber gleich­zeitig gilt es das, was seinerzeit auch schon Außenministerin Ursula Plassnik und Bundeskanzler Schüssel angesprochen haben, nämlich diese maßgeschneiderte Partnerschaft, anzustreben. Das ist im Interesse der Europäischen Union, aber auch im Interesse der Türkei als wichtiger wirtschaftlicher und regionaler Partner.

Es ist gut, dass wir uns hier im Hohen Haus immer wieder mit der Menschenrechts­situation in der Türkei befassen, denn eine ganz große Minderheit dort darf auch nicht von uns vergessen werden, das ist die kurdische Minderheit, und das ist das nächste Problem. Es ist mehr als ein Problem, denn wie Präsident Erdoğan in der Kurdenfrage agiert, ist eigentlich das Nächste, das man dem türkischen Präsidenten vorzuwerfen hat.

Zusammenfassend gibt es von unserer Seite eine klare Positionierung: Nein zum Beitritt der Türkei zur Europäischen Union! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mölzer.)

16.38


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aslan. – Bitte.

 


16.38.59

Abgeordnete Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um den Erdoğan’schen Machterhalt über­haupt nachvollziehen zu können, ist es wichtig, sich einmal anzuschauen, was sich in den letzten Jahren in der Türkei abgespielt hat.

Punkt eins: Der IS hat ausgeprägte Netzwerke in der Türkei, und das hat er der AKP-Regierung, personifiziert durch Präsident Erdoğan, zu verdanken. Sie haben ja ge­mein­same Interessen. Ein gemeinsames Interesse ist es natürlich, eine starke islamis­tische Region zu sein. Ein weiteres gemeinsames Interesse ist es, dass sie keine kurdischen oder anderen religiösen Strukturen im Mittleren Osten haben wollen. Ein gemeinsames Interesse ist auch der Sturz von Assad.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 138

Wenn wir für einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen stimmen, würde das also heißen, dass genau diese radikalislamistischen Netzwerke in der Türkei gestärkt würden, was wir alle natürlich nicht wollen.

Punkt zwei: Unter dem Deckmantel Terrorismusbekämpfung – konkret benannt: PKK-Bekämpfung – deklariert Erdoğan alle seine Gegner zu Terroristen oder zu Staats­feinden. Er suspendiert sie, er inhaftiert sie, und es wird ihnen kaum politischer Raum gelassen, um ihre Kritik auch offen vorzutragen.

Warum er das macht, das hat sehr viele verschiedene Gründe. Ein Grund dafür ist natürlich, dass er die gesamte ultranationalistische türkische Wählerschaft nicht verlie­ren will, er ist auf ihre Unterstützung angewiesen. Ein weiterer Grund ist, dass er verantwortlich dafür ist, dass die Friedensverhandlungen mit der PKK und auch mit der HDP gescheitert sind.

Was viele vergessen, ist einfach, dass die Türkei nie ein demokratisches Land war. (Abg. Schimanek: Wenn sie kein demokratisches Land ist, dann …!) Es stimmt nicht, dass die armenische oder die kurdische Frage mit der PKK begonnen hat. Es hat in der Geschichte der Türkei immer schon Massaker und Genozide an Minderheiten gegeben. Das ist auch der Grund dafür, dass Erdoğan auch all seine Gegner diesbezüglich sozusagen als Terroristen oder Staatsfeinde deklariert.

Die PKK ist, wenn wir das so auslegen würden, natürlich nur eine Folge dieser Unter­drückungs- und Assimilierungspolitik. Wenn Erdoğan heute seine wichtigsten Verhand­lungspartner im Friedensprozess als Terroristen oder als Staatsfeinde deklariert, dann ist das einfach ein offenes Zeichen, dass er kein Interesse am Friedensprozess, an den Friedensverhandlungen hat. Da sollten wir ansetzen, da können wir wirklich Druck ausüben.

Punkt drei: Unter dem Deckmantel der Demokratisierung der Türkei sperrte Erdoğan auch die letzten objektiven Medien einfach zu. Die AKP ist auch gerade dabei, die letzten kritischen Abgeordneten – damit meine ich jene der HDP – einfach zu inhaftieren. Diese Inhaftierungen darf man nicht unterschätzen, denn ich denke, diese Inhaftierungen können wirklich dazu führen, dass in der Türkei der nächste Bürgerkrieg ausbricht.

Aufgrund der Ausgangssperren, die Erdoğan – unter Anführungszeichen – „Säube­rungs­aktion“ nennt, sind schon über eine Million Kurden und Aleviten in die Westtürkei gereist.

Ein Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wird Präsident Erdoğan sicher­lich nicht unter Druck setzen, weil ihm das, wie ich denke, gerade irgendwie recht sein würde, denn dann kann er sich isolieren und sein eigenes islamistisches Imperium gründen.

Damit ist uns aber natürlich nicht geholfen, damit lassen wir alle demokratischen Kräfte und alle Minderheiten in der Türkei im Stich. Die Beitrittsgespräche sind ein Garant für die Minderheiten und auch für all die demokratischen Kräfte in der Türkei. (Zwischenruf des Abg. Hübner.) Ich finde, ein Abbruch ist wirklich kein guter strategischer Weg, um Erdoğan mit diesem Mittel unter Druck zu setzen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich rede klar und offen: Präsident Erdoğan ist schon an und für sich eine Fluchtur­sache, aber dieser Weg ist nicht gerade der richtige strategische Weg. Wenn man wirklich die Demokratisierung der Türkei will, dann muss man einfach andere Hebel ansetzen, andere politische Maßnahmen setzen – und das wäre die Reaktivierung des Friedensprozesses, denn nur eine effektive Friedenspolitik kann auch die Flüchtlings­zahl reduzieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.44



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 139

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.44.14

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Irgendwie kommt man auch um symbolische beziehungsweise reale politische Schritte nicht herum. Ich finde, es ist zwar richtig, dass wir uns jetzt mit der Türkei äußerst kritisch auseinandersetzen, aber in einem Halbsatz sei auch Saudi-Arabien erwähnt. (Abg. Schimanek: Bravo!) Das halte ich nämlich auch für das übelste Land vom Üblen mit seiner Doppelzüngigkeit und mit seiner Doppelpolitik (Zwischenruf der Abg. Korun), das mit Sicherheit Kräfte hat, die ihre Finger in der Unterstützung des Islamischen Staates und des Terrors drinnen haben. Nicht umsonst haben die USA jetzt sogar einen Beschluss gefasst, der die Saudis ziemlich empört hat – aber Letzteres ist mir gleichgültig.

Zur Türkei möchte ich Folgendes sagen: Die beginnen jetzt nicht nur Menschenrechts­verletzungen zu machen, sondern die beginnen einfach auch einen Re-Islamisie­rungsprozess, angesichts dessen sich Kemal Atatürk im Grabe umdrehen würde. Er hat nämlich wirklich versucht, Reformen zu setzen und die Türkei stärker an Europa und an die europäischen Werte heranzuführen. Das ist seit Jahren völlig gegenläufig. Im Gegenteil: Man versucht jetzt sogar, über die Türkinnen und Türken, die in anderen europäischen Ländern leben und arbeiten, auch noch Netzwerke aufzubauen. Also irgendwie – ich habe das auch im Außenpolitischen Ausschuss gesagt – hat diese Feier zum Fall von Konstantinopel 1453 auch antichristliche, gegen den Rest Europas gerichtete kulturelle Signale beinhaltet. Ich finde, das muss man auch sehen und dazu kann man sich auch kritisch äußern. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Man muss hier nicht immer nur eine Art von Zurückhaltung üben, oftmals verbunden mit pädagogischen Argumenten wie: Wir müssen aus pädagogischen Gründen weiterverhandeln, vielleicht werden sie dann einsichtig. Irgendwann interessiert mich das Argument nicht mehr! Es ist einfach so – und ich habe das immer ganz anders begründet –: 68 Millionen Einwohner, eine Landwirtschaft, wo wir uns zu Tode finanzie­ren, wenn es zum Beitritt käme – das ist einfach nicht möglich! Und wir kommen auch noch geopolitisch in die Situation, dass sämtliche Krisenherde der Region dann plötzlich Krisenherde am Rand der Europäischen Union sind, wo wir sozusagen auch noch zusätzlich präsent sein sollen. Also ich sehe das eigentlich nicht ein.

Ich finde, dass die deutlichen Worte hier richtig sind. Auch ich bin gegen den Beitritt der Türkei, das sage ich ganz offen; aber ich habe auch noch ganz andere Gründe dafür, muss ich sagen, und nicht nur die Frage der Menschenrechte.

Ich finde, man hat sie natürlich auch längere Zeit hingehalten, ihr den Kandidatenstatus verliehen und immer wieder gesagt, wir reden darüber, wenn sie brav sind, und was weiß ich. – Im Endeffekt hat das vom Ergebnis her nie die grundsätzliche Frage berücksichtigt, warum und ob die Türkei ein Teil der Europäischen Union sein soll und kann, und das geht über das Wirtschaftliche hinaus, das geht auch ins Kulturelle, das ist auch in vielfältiger Weise breiter gefächert. Man sollte sich da hinstellen und auch einmal eine offene Diskussion darüber führen. Das machen wir jetzt gerade, und ich finde, dass das auch ziemlich deutlich – auch hier im Parlament – dargestellt wurde.

Ein letzter Satz: Niemand hat Verständnis für Herrn Gülen, und niemand hat Ver­ständnis für einen Militärputsch dort, aber das gleich zu verwenden, um gegen Zehntausende, die man ohnehin schon die längste Zeit auf den Listen hat, aus den Medien, aus der Richterschaft, aus den Reihen der Lehrer vorzugehen?! Ich meine, so einen Säuberungsprozess muss man sich einmal vorstellen! Daher war es völlig richtig, wie die Kritik und die Reaktion von vielen von uns darauf war. – Das sei festgestellt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 140

Nichtsdestotrotz sollen die aber dafür sorgen, dass der Pakt mit der Europäischen Union auch eingehalten wird. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Lintl.)

16.48


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Vavrik zu Wort. – Bitte.

 


16.48.24

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Über die Aussichten eines EU-Beitritts der Türkei herrscht ausnahms­weise in der Regierung und auch zwischen den Regierungsparteien Konsens. Ich brauche niemanden mehr zu zitieren, obwohl ich es vorhatte. Das steht fest.

Wir NEOS haben allerdings schon im April dieses Jahres, also drei Monate vor dem Putschversuch, einen Antrag eingebracht, die Regierung möge ein Prüfverfahren auf europäischer Ebene einleiten, durch das einfach festgestellt wird, ob die Türkei die sogenannten Kopenhagen-Kriterien noch einhält oder nicht. Falls es nicht so ist, dann müsste der Türkei eigentlich der Beitrittskandidatenstatus abgesprochen werden, und zwar laut Artikel 5 des Verhandlungsrahmens vom Oktober 2005.

Mit einem Staat verhält es sich ein bisschen wie mit einem Menschen: Der wahre Charakter und die Natur des Menschen oder des Staates offenbaren sich in der Not. Beim Putsch kann man eigentlich von der Nagelprobe sprechen, und diese Nagelprobe hat die türkische Regierung nicht bestanden – ich stimme da mit Kollegen Cap überein. Die Gelegenheit, die es in der Türkei gegeben hätte, da einen Schulterschluss zu schaffen, nachdem doch die gesamte Zivilgesellschaft und alle Parteien den Putsch verurteilt haben, hat Herr Erdoğan nicht genützt. Im Gegenteil: Er hat das als ein „Geschenk Gottes“ betrachtet – seine Worte –, um die Demokratie noch weiter in Richtung Diktatur zu schwächen.

Daher ist für mich klar, dass die Türkei endgültig belegt hat, dass sie auf absehbare Zeit schlicht und einfach keinen Platz in der Interessen- und Wertegemeinschaft hat, die das Wesen der Europäischen Union ausmacht.

Ich möchte an dieser Stelle aber schon betonen, dass es uns NEOS nicht darum geht, die Gespräche und die Beziehungen zur Türkei zu kappen. Ganz im Gegenteil! Wir wollen sie – umgekehrt – auf eine ehrliche Ebene zurückbringen. Die Türkei wird nicht der EU beitreten, das wissen wir alle – lügen wir uns selbst und unseren türkischen Freunden nichts vor! Das heißt, anstatt eine Scheindebatte über einen Beitritt zu führen, der einfach nicht stattfinden wird, müssen wir an dieser maßgeschneiderten Partnerschaft arbeiten, die dann die Interessen und die Möglichkeiten beider Seiten berücksichtigt. Das Festhalten an der Schimäre der EU-Mitgliedschaft ist aber einfach ein Hindernis, um auf diese nächste Ebene zu kommen.

Der Schritt dorthin – und da unterscheiden wir NEOS uns von der ÖVP und auch von der SPÖ – verlangt einfach ein bisschen Mut. Und ja, es wird kurzfristig Herr Erdoğan einen seiner üblichen Wutanfälle haben, aber das werden wir aushalten; aber der vollkommen inhaltslose Alternativantrag der SPÖVP bringt uns einfach keinen Zenti­meter weiter, schon allein deswegen, weil das, was er eigentlich von der Kommission einfordert, ohnehin schon wortwörtlich – ich vermute sogar, dass der Antrag kopiert wurde – in Artikel 4 des Verhandlungsrahmens steht.

Das heißt, auch wenn unser Antrag im Ausschuss abgelehnt wurde, mein Appell an dich, Herr Bundesminister, lautet, deine klare Aussage mit Taten zu untermauern und den Prozess einer Überprüfung des Kandidatenstatus einzuleiten – wie vertraglich geboten. – Danke vielmals. (Beifall bei den NEOS.)

16.52



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 141

Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner zu Wort. – Bitte.

 


16.52.22

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir stehen ja heute vor der einmaligen Situation, dass alle – mit Aus­nahme der Kollegin Berivan Aslan von den Grünen – hier sagen, die Verhandlungen seien abzubrechen. Der Herr Außenminister sagt es medial, die anderen Vertreter sagen es immerhin im Hohen Haus. Der Herr Außenminister hat sogar klar gesagt, alle wollen es und keiner sagt es. Und trotz dieser klaren Aussagen haben wir die Situation, dass wir heute unter anderem über die Ablehnung eines Antrags durch beide Regierungsparteien verhandeln, der den Abbruch der Verhandlungen zum Ziel hat.

Das ist eine interessante Geschichte, sie ist aber ganz typisch für die Gründe, die zum Vertrauensverlust in die Politik führen: auf der einen Seite, wenn es irgendwo gehört wird, zu sagen: Ja, wir sind alle für den Abbruch, alle für den Abbruch!, wenn es aber darum geht, ob wir für den Abbruch stimmen: Nein. – Das ist genau die Politik, die nicht sein sollte!

Herr Kollege Vavrik hat es ohnehin gerade gesagt: Es liegt jetzt ein Wischiwaschi-Antrag, ein No-na-Antrag der Koalitionsparteien vor, der genau dieser Frage aus dem Weg geht und alles offenlässt. – Das verstehe ich nicht. (Abg. Fekter: Das haben jetzt die Zuhörer nicht verstanden! – Ruf: Das ist eh gut so!) – Na, die Zuhörer verstehen viel mehr, Frau Kollegin, als Ihnen lieb ist, das können Sie mir glauben! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Zuhörer haben einen ziemlich deutlichen Eindruck von der Regierungspolitik und vom Lavieren, sei es in der sogenannten Flüchtlingsfrage, in der Frage der Massen­immigration, sei es in der Türkei-Frage oder vielen, vielen anderen Fragen.

Und eines noch zu den Menschenrechten, weil das immer kommt: Ja, Menschenrechte sind natürlich wichtig, aber das ist ja nicht das Kriterium, warum man für oder gegen den Türkei-Beitritt sein kann. Dann könnte man ja wirklich sagen, wir verhandeln weiter, bis die Menschenrechtssituation in Ordnung ist, und wenn die einmal passt, dann treten die Türken bei. – Das ist eine prinzipielle Entscheidung, denn sonst müsste man sagen, führen wir einmal Beitrittsverhandlungen mit dem Libanon – die haben eine relativ gute Menschenrechtslage – oder mit den Kapverdischen Inseln oder mit Senegal oder Ghana! Überall dort haben wir derzeit eine bessere Menschenrechtslage als in der Türkei, aber das ist ja nicht der Sinn dessen, das will ja wirklich niemand!

Bei der Türkei ist es die prinzipielle Frage: Wollen wir diesen Staat, der außer­euro­päisch ist, der nichteuropäisch ist, der in die größten Krisenzonen – nicht des Univer­sums, aber zumindest der asiatischen Welt – hineinreicht, in der EU haben oder nicht?, und alle sagen Nein. Und wenn es darum geht, Nein auf den Wahlzetteln zu sagen, dann sagen alle wieder Jein – das kann es nicht sein.

Deswegen würde ich hier einmal beide ersuchen – das Ersuchen geht an beide Großparteien –, dem negativen Ausschussbericht über unseren Antrag auf Abbruch der Verhandlungen, der ja genau das beinhaltet, was hier verbal gefordert wird, nicht zuzustimmen. Das ist es. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kassegger: Zweimal minus ist plus!)

16.54


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Kurz. – Bitte, Herr Minister.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 142

16.55.01

Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich würde ganz gerne mit dem Punkt Türkei starten, da er gerade diskutiert wird. Herr Abgeordneter Hübner hat ja gesagt, viele haben hier eine klare Haltung. – Ich denke, es braucht eine klare Haltung zur Türkei, nicht nur in der Frage Beitritt ja oder nein, sondern in ganz vielen Bereichen.

Wir haben zum Beispiel ganz klar den Putschversuch verurteilt. Warum? – Weil ein Militärputsch nie richtig oder gut sein kann. Wir haben schon vor dem Putschversuch die Verschlechterung der Menschenrechtslage in der Türkei verurteilt, weil sich die Türkei in den letzten zehn Jahren zwar wirtschaftlich sehr gut entwickelt hat, sich aber, was die menschenrechtliche Situation betrifft, in den letzten Jahren definitiv von Europa weiter wegentwickelt hat. Und wir haben auch nach dem Türkei-Deal, was die Flüchtlingsfrage betrifft, und auch nach dem Putschversuch nicht gezögert, zu sagen, was sich in der Türkei zum Negativen entwickelt. Ich meine, das ist wichtig: Wenn wir, Europa, glaubwürdig sein wollen, dann dürfen wir da nicht wegsehen. Es gibt klare Interessen, was die Zusammenarbeit mit der Türkei betrifft, aber es gibt auch die Notwendigkeit, unsere Werte hochzuhalten, und das tun wir auch.

Was die Beitrittsverhandlungen betrifft, hat Herr Abgeordneter Hübner gesagt, es brauche da mehr als nur Worte, und diese Einschätzung teile ich. Ich bin nicht im Gremium der Staats- und Regierungschefs, aber der Bundeskanzler hat da die Linie der österreichischen Bundesregierung vertreten, und ich habe bei den Außenministern eine sehr starke Möglichkeit, nämlich mitzuentscheiden, ob neue Kapitel in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei eröffnet werden sollen, ob die Verhandlungen intensiviert und dynamisiert werden sollen, so wie das im Rahmen des Türkei-Deals den Türken ja auch zugesagt wurde. Ich sage da ganz klar, die Entwicklung der Türkei ist eine so negative, dass es aus meiner Sicht überhaupt keinen Grund gibt, weitere Kapitel zu eröffnen, und ich stehe auch nicht zur Verfügung, das mitzutragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte auch, da es der nächste Tagesordnungspunkt ist, die Möglichkeit nutzen, ein paar Worte zu unserer Beziehung zu den Visegrád-Staaten zu sagen. Aus meiner Sicht ist die Kooperation wichtig (Beifall der Abg. Kitzmüller), und als ich ins Amt gekommen bin, war es eine meiner ersten Aktionen, direkten Kontakt mit diesen Staa­ten aufzunehmen und die Zusammenarbeit zu intensivieren, weil das für uns nicht nur politisch von Vorteil ist, sondern insbesondere wirtschaftlich Sinn macht. Nach Deutschland ist das die Region, mit der wir wirtschaftlich den stärksten Austausch haben.

Was einen Beitritt zu den Visegrád-Staaten betrifft, kann ich aber nur sagen, dass es diese Möglichkeit nicht gibt und sich daher die Frage gar nicht stellt. Die Visegrád-Staaten sind ein abgeschlossener Klub ohne Möglichkeit, neue Staaten aufzunehmen, insofern gibt es gar keine Möglichkeit des Beitritts zu den Visegrád-Staaten. Was es aber gibt, ist die Möglichkeit des intensiven Kontakts, und das ist auch gut und richtig. Österreich ist in Westeuropa fest verankert, ist aber gleichzeitig ein Tor in den Osten, und insofern ist es sinnvoll, dass wir diesen guten Kontakt, den wir haben, in beide Richtungen auch weiterhin pflegen. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Letzter Punkt von meiner Seite: Sie haben sicher heute schon sehr ausführlich über das Budget diskutiert; ich glaube nur, dass es sinnvoll ist, trotzdem zu meinem Bereich auch noch ein paar Zahlen zu nennen, die uns Freude bereiten. Ich möchte daher ganz besonders dem Finanzminister für das Entgegenkommen in unserem Bereich danken. (Abg. Windbüchler-Souschill: Sie hätten da sein können! – Abg. Brosz: Das ist jetzt


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 143

aber ein Scherz! Zuerst waren die Minister nicht bei der Debatte, und dann will man sie jetzt?!)

Es gibt große Herausforderungen in unserem Bereich, insbesondere was die Entwick­lungszusammenarbeit betrifft, was die Hilfe vor Ort betrifft, wenn man sich die Situation in Syrien und anderen Staaten anschaut, und ich bin sehr dankbar, dass es da eine positive Entwicklung gibt: die Vervierfachung der Mittel für den Auslandskatastro­phenfonds, aber auch die Verdopplung der Mittel für die bilaterale Entwicklungs­zusam­menarbeit. Das sind wichtige Schritte in die richtige Richtung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

16.59


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. – Bitte.

 


17.00.01

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abbruch der Beitrittsver­handlungen der Europäischen Union mit der Türkei: Wenn diese EU weiter an diesen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei festhält, verliert sie auch noch die letzte Glaub­würdigkeit, meine Damen und Herren. Unsere Bevölkerung hat dafür kein Verständnis und kein Vertrauen mehr in diese EU. Und die jüngsten Entwicklungen in der Türkei haben mit Demokratie nichts zu tun, aber schon überhaupt nichts! Die Auswirkungen sind und waren auch bei uns in Österreich spürbar.

Europa würde einen EU-Beitritt der Türkei nicht verkraften. Das steht außer Frage. Die Türkei ist kein verlässlicher Partner, weder für Österreich noch für die EU. Aber die EU will trotz dieser großen Ablehnung der Bevölkerung an diesen Beitrittsverhandlungen festhalten, und das ist nicht in Ordnung.

Herr Kollege Lopatka, der EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn hat gesagt: Die Türkei war und ist ein Kandidatenland. – Ich sage Ihnen dazu, diese Aussage und diese Ansicht ist nicht in Ordnung. Die Türkei ist in dieser Form kein Kandidat für einen EU-Beitritt. – Danke schön.

17.01


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


17.01.24

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Zum Thema Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei: Bei den Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei stellt sich primär die Frage nach der geographischen Lage der Türkei, welche definitiv nahezu gänzlich in Asien und nicht in Europa liegt.

Die Flüchtlingswellen führen bereits heute zu einer gefährlichen Vermischung der Kulturen und Religionen, welche augenscheinlich von der EU und einigen Mitglied­staaten zwar gewünscht ist, aber deren negative Folgen kaum abschätzbar sind. Eine Visa-Freiheit für die Türkei oder gar eine Vollmitgliedschaft würden auch dieses Fass zum Überlaufen bringen.

Die Türkei unter Erdoğan kann auch nicht als demokratisch bezeichnet werden. Der selbst sogenannte Putsch und seine Folgen als auch der Umgang mit den Kurden sprechen für sich und entsprechen keinesfalls unserer Kultur und unseren Werten.

Ebenso zu hinterfragen ist, wie weit sich das türkische Diktat bereits nach Europa erstreckt. Als Beispiel sind hier auch die Vernetzung und Mobilisierung Tausender in Österreich lebender Türken anzusprechen, welche es schafften, binnen kürzester Zeit


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 144

organisiert, unangemeldet und illegal zu Tausenden für Erdoğan unsere Straßen un­sicher zu machen.

Für die Bewältigung der Flüchtlingskrise wird die Türkei von der EU und deren Mitglied­staaten bezahlt, trotzdem wird eine Visa-Freiheit gefordert, welche schlussendlich in einem Vollbeitritt enden soll. Das Verhalten der Türkei gegenüber einigen EU-Mitgliedstaaten als auch gegenüber Minderheiten und deren eigenen Beamten, Medien und Intellektuellen ist einer EU-Mitgliedschaft unwürdig, sodass die Beitrittsverhand­lungen sofort einzustellen sind. – Danke.

17.03


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster: Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


17.03.43

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja grundsätzlich heute bereits viel Richtiges gesagt worden. Wir Freiheitlichen haben von Beginn an fest­gehalten, dass Beitrittsverhandlungen gar nicht stattfinden dürften. – Nur zur Erinne­rung.

Grundsätzlich muss man festhalten, die Europäische Union sollte ja auch an den historischen, geographischen und kulturellen Grenzen Halt machen. Und das ist immer auch unsere grundsätzliche Position gewesen, wir haben es daher in keiner Weise verstanden, warum überhaupt Beitrittsverhandlungen eröffnet worden sind und man nicht von vornherein nur Partnerschaftsgespräche geführt hat, weil ein Vollbeitritt einfach schon aus diesen grundsätzlichen Überlegungen nicht stattfinden soll.

Wir haben natürlich alle die gesamte Entwicklung der Menschenrechtslage vor Ort kritisiert. Wenn da Redaktionen von Oppositionszeitungen polizeilich gestürmt werden, besetzt werden, aufgelöst werden, verboten werden, Journalisten festgenommen werden, wenn Frauen vor dem Weltfrauentag mit Gummigeschoßen beschossen wer­den, mit Gewalt konfrontiert werden, wenn wir erleben müssen, dass militärisch gegen die Minderheit im Land, gegen die Kurden, brutalst vorgegangen wird, wenn ein Putsch brutal niedergeschlagen wird, dann ist das natürlich zu verurteilen.

Dieser Putsch ist aber schon auch zu hinterfragen, denn man hat schon ein bisschen den Eindruck, das schaut aus wie ein bestellter Putsch, wie ein sogenannter Fake-Putsch auf Bestellung, sodass man dann erst so richtig durchgreifen kann, um die Zehntausenden Oppositionellen, die sich schon auf vorbereiteten Listen gefunden haben, auch entsprechend ausschalten zu können. Das muss man auch einmal kritisch hinterfragen, neben all den geostrategischen Punkten, die angesprochen worden sind. Ebenso, dass es nicht nur ganz konkrete Verdachtsmomente gibt, sondern es eine Tatsache ist, dass die Türkei mit dem Herrn Erdoğan ein neues imperiales osmani­sches Gehabe an den Tag legt und den Islamischen Staat mehr oder weniger offen unterstützt und auch Erdölgeschäfte in dieser Region macht. Das natürlich wieder im Verbund mit geostrategischen Interessen anderer Länder, ob das jetzt die Saudis sind oder auch die Amerikaner, die aus wirtschaftlichen und ökonomischen Interessen heraus dort in Zukunft Pipelines sicherstellen wollen.

Das muss man alles sehen und das ist natürlich Anlass für berechtigte Kritik und auch für ein Umdenken. So gesehen freut es mich, wenn alle bis auf wenige heute in dem Haus sagen: Abbruch der Verhandlungen! Ich frage mich nur: Warum bricht man sie dann nicht ab, und warum lehnt man unsere Anträge, die wir diesbezüglich einbringen, ab? Warum spricht man in der Öffentlichkeit anders, als man dann hier im Haus handelt? Das ist eben nicht ehrlich, und das nennt man dann Falschspielerei. Anders kann man es nicht bezeichnen. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 145

Wenn sich heute auch ein Kollege von den NEOS hier herausgestellt und gesagt hat: Ein Beitritt der Türkei ist ja überhaupt kein Thema!, ja, dann frage ich Sie, wenn es kein Thema ist: Warum wird dann weiter in Richtung Beitritt verhandelt? Weil es eben ein Thema ist und weil man irgendwann einmal sozusagen Fakten schaffen will, auch wenn man jetzt sagt, es ist kein Thema. Wenn man Ehrlichkeit leben will und es kein Thema ist, dann muss man auch die Beitrittsverhandlungen abbrechen.

Wir haben es ja mitbekommen bei dem Wiener Kongress, der unlängst stattgefunden hat, dass die Frau Merkel offenbar wieder nach Wien zur Befehlsausgabe gekommen ist. Da dürften wieder alle apportiert haben. Da dürfte die Frau Merkel schon vorge­geben haben, dass weitere Beitrittskapitel zu eröffnen sind. Und da ist großes Schwei­gen im Walde gewesen. So habe ich das auch vom einen oder anderen Teilnehmer bestätigt bekommen, der da zugegen war. Da ist vonseiten der Regierungsspitze nichts Kritisches zum Besten gegeben worden. Da hat man apportiert, wenn verlangt worden ist, dass weitere Beitrittskapitel mit der Türkei eröffnet werden sollen, auch der Herr Hahn, der das ja auch forciert und einfordert.

Oder: die Visa-Freiheit für die Türkei. Die Frau Merkel hat es sehr deutlich gesagt: Ab Jänner 2017 soll die Visa-Freiheit für die Türken kommen. – Ja, wo ist da die österreichische Regierung, die sagt: Mit uns nicht!? Das ist eben genau diese Unehr­lichkeit, die man aufzeigen muss.

Herr Außenminister, wenn Sie sagen, dass ein Beitritt zur geschlossenen Gruppe der Visegrád-Staaten kein Thema ist: Das ist eine Frage des Wollens. Eine geschlossene Gruppe kann sich auch öffnen. Und selbstverständlich gibt es in den Visegrád-Staaten auch durchaus sehr ernst zu nehmende Gesprächspartner, die durchaus offen sind, wenn wir das wollen. Man muss es halt wollen. Man muss es auch artikulieren und die Gespräche suchen. Da würden sich viele in der Visegrád-Gruppe freuen, wenn Österreich hier einen Schritt auf sie zumachen würde, und dann würde sich wahr­scheinlich die geschlossene Gruppe wieder öffnen, wenn man das Wollen von unserer Seite hätte. Wir wollen es, und wir würden das gerne vorantreiben, und ich glaube, das wäre auch in der historischen Tradition Österreichs durchaus ein guter Schritt. (Beifall bei der FPÖ.)

17.08

17.08.46

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über jeden Ausschussantrag getrennt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, seinen Bericht 1268 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsan­trags 1661/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1268 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Menschenrechtslage in der Türkei.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Mehrheit und somit angenommen. (E 175.)

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, seinen Bericht 1269 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 146

17.10.108. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1843/A(E) der Abge­ordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Koope­ration Österreichs mit der „Visegrad-Gruppe“ (1270 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Erste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


17.10.15

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Zum Thema Visegrád haben ja sowohl der Herr Außenminister als auch Herr Klubobmann Strache schon ein bisschen etwas gesagt, aber da darf ich doch noch in die Tiefe gehen, Herr Außen­minister.

Die Visegrád-Staaten sind keinesfalls ein geschlossener Klub, die sind keine EU, die haben keine Verfassung, das ist ein loser Verbund von Staaten. Was der Herr Außen­minister vermutlich anspricht, ist, dass sich im Jahr 2014 der ungarische Außenminister gegen eine Erweiterung der Gruppe um Österreich und Slowenien ausgesprochen hat. Das stimmt, und Österreich hat dann so ein Alternativformat mit einigen anderen Staaten gegründet. Das war aber 2014, und heute haben wir das Jahr 2016. Seither hat sich die Welt, zumindest in Europa, in der EU, in den Mitglied- und unseren Nach­barstaaten, erheblich gedreht.

Heute hat die Visegrád-Gruppe eine neue Dimension und eine neue Aktualität bekom­men, die 2014 überhaupt noch nicht vorstellbar war. Heute haben wir eine Gruppe, einen Block, der – um die Aussage des tschechischen Präsidenten Zeman zu verwen­den – durch seine Existenz die Kraft und den Einfluss der Mitgliedstaaten vervielfältigt. Das heißt, die Visegrád-Gruppe ist heute ein Block in der EU, über den niemand drüberfahren kann und der de facto eine Vetomacht darstellt.

Das sehen wir in der völlig verunglückten und meiner Ansicht nach unfassbaren Politik der EU, ein Zwangsquotensystem für die Masseneinwanderung von Dritte-Welt-Migran­ten zwangsweise in Europa zu installieren. Dieses System ist gescheitert. Es ist zwar formell noch in Kraft, und es wird immer wieder in Sonntagsreden mit Sanktionen gegen die nicht kooperativen Staaten gedroht, es wird mit dem Europäischen Gerichtshof gedroht und so weiter, aber de facto ist seit einem Jahr nichts passiert, weil der Block der Visegrád-Staaten steht und weil er das, was der tschechische Prä­sident gesagt hat, bewirkt: eine Vervielfachung des Einflusses der einzelnen Mitglied­staaten, und so ein effektives Gegengewicht gegen Juncker und Co in Brüssel dar­stellt.

Jetzt mag es dahingestellt bleiben, ob wir dieser Gruppe formal beitreten wollen. Ich wage die Wette, Herr Außenminister: Wenn wir ein solches Ersuchen stellen, wird es nicht negativ behandelt werden. Ich wage die Behauptung: Wenn Sie nach Ungarn fahren und mit dem ungarischen Außenminister sprechen und klarstellen, dass wir jetzt dabei sein wollen, dann werden wir in diese Gruppe aufgenommen werden. (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Kurz.) Und selbst wenn Sie bisher gescheitert sind, dann wäre es wohl möglich, hier in eine enge Kooperation zu treten. Da wage ich nicht die Behauptung, sondern das ist für mich ausgeschlossen, dass die Visegrád-Staaten es ablehnen, in wichtigen EU-politischen Fragen mit Österreich zu kooperieren.

2014 waren andere Leute an der Macht, die Leute, die in Ungarn die Macht des Dunkeln gesehen haben, die in Orbán einen Politiker gesehen haben, der sie an die finstersten Zeiten Europas erinnert hat, und so weiter. Das waren andere Leute als heute. Selbst der Herr Kern hat diese Erinnerungen an die finstersten Zeiten nicht


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mehr, wenn er von Orbán und Ungarn spricht oder an sie denkt; der Außenminister hat sie ja nie gehabt, das wissen wir ja.

Daher meine Einladung, unabhängig vom gegenständlichen Antrag, auch einmal Anträge, die von der FPÖ kommen, als sinnvoll zu erachten, wenn sie dies sind. Ich glaube nämlich, um mit den Worten des Herrn Außenministers zu sprechen, wenn man das, was er wirklich denkt, zu lesen versucht, dass auch er diesen Antrag unterstützen würde. Auch hier bin ich daher versucht, dafür zu plädieren, gegen den negativen Ausschussbericht über unseren Antrag zu stimmen und damit indirekt unserem Antrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.14


Präsident Karlheinz Kopf: Ich hoffe, diese doppelte Verneinung haben jetzt alle verstanden.

Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 


17.14.20

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn Kollege Strache weite Teile des Hohen Hauses hier als „Falschspieler“ bezeichnet, nur weil wir einem FPÖ-Antrag nicht zustimmen, dann ist das nicht fair, nicht in Ordnung, denn der Außenminister hat es heute einmal mehr klar gesagt (Abg. Strache: Was man sagt, muss man auch tun!), und nicht nur hier, sondern auch anderswo, dass Österreich sagt: Nein, es kann keinen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union geben unter diesen Umständen, wie sich die Dinge entwickeln. (Abg. Strache: Und warum wird dann weiterverhandelt?) Es nicht nur zu sagen, sondern auch politisch zu vertreten ist natürlich ein wichtiger Schritt, denn es ist ja nicht so, dass dann sofort die ganze EU oder andere Länder in der EU so denken. Daran muss man konsequent arbeiten, und heute hat es Sebastian Kurz einmal mehr gesagt.

Im Übrigen: Mit Ihren Anträgen ist es so eine Sache, Herr Kollege Hübner. Sie sagen, wir sollen diesem Visegrád-Antrag zustimmen, aber da ist die Sprache ein bisschen seltsam. Sie sprechen in der Einleitung des Antrags von der jetzt „real existierenden EU“ mit ihren „typischen Vertretern der EU-Nomenklatura“ und führen Angela Merkel als eine solche an. Das erinnert mich an eine Diktion, wie es sie im real existierenden Sozialismus mit der dortigen Nomenklatura Sowjetunion gegeben hat, die dann gekippt ist. (Abg. Strache: Sie haben es erkannt!) Das heißt, meine Interpretation, die Sie bestätigen, ist, dass Sie eigentlich ein Kippen der EU wollen, das heißt letztendlich einen Austritt aus der Europäischen Union, was sich daraus ableitet, weil Sie sie in ein schiefes Licht rücken wollen. Daher ist diese Intention abzulehnen und letztendlich auch dieser Antrag.

Natürlich ist Zusammenarbeit in Europa wichtig, das steht ja außer Frage. Bei den anstehenden wirtschaftlichen Problemen und bei dieser unglaublichen Migrationskrise eindeutig ja. Aber es hat Außenminister Kurz ja schon erwähnt, dass diese Gruppe gar nicht unbedingt Wert darauf legt, dass neue Mitglieder dazukommen. Gegründet wurde ja die Visegrád-Gruppe seinerzeit von Havel, Walesa und dem ungarischen Premier­minister Antall, um gemeinsam die Anstrengungen zu harmonisieren, die Veränderung der Staaten von ehemaligen kommunistischen Republiken hin zu Demokratien durch­zuführen, und um den gemeinsamen Weg in die Europäische Union und in die euro­päischen atlantischen Strukturen vorzubereiten. (Abg. Hübner: Das war vor 25 Jahren! Die Zeit ist ja fortgeschritten!) Das ist gelungen, sie sind NATO-Mitglied, sie sind Mitglied der Europäischen Union und vertreten jetzt die gemeinsamen Interessen.


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Aber gerade in dieser Frage, die Sie ansprechen – Migration –, ist Österreich eigentlich Frontrunner und mit Sebastian Kurz engagierter, als es diese Länder selbst sind. Die haben kritische Anmerkungen gemacht und wollen EU-Regelungen betreffend die Flüchtlinge nicht akzeptieren, aber Österreich ist hier Frontrunner, indem von uns gesagt wurde, wir schließen die Balkanroute, damit nicht noch mehr Leute kommen. Das heißt, wir müssen gar nicht irgendeiner Gruppierung beitreten, wir haben gemein­same Interessen, und gerade in dieser wichtigen Frage treibt Österreich das Thema voran.

Und im Übrigen: Dass die Kooperation mit diesen Staaten von entscheidender Bedeu­tung ist, sieht man ja an den Zahlen: Tschechien ist der sechstwichtigste Handelspart­ner Österreichs, Ungarn der siebentwichtigste, die Slowakei der neuntwichtigste. Es gibt in schwierigen Zeiten enorme Zuwachsraten österreichischer Exporte in diese Länder: 8,5 Prozent nach Tschechien, 8,2 Prozent nach Polen, 4 Prozent in die Slo­wakei.

Das heißt, Kooperationen ja, nicht nur im wirtschaftlichen Bereich, sondern auch in vielen anderen Bereichen, zum Beispiel in den Bereichen Energiesicherheit, Gesund­heits­versorgung, Landwirtschaft, Infrastruktur. Das passiert, das wird auch intensiviert, und ich finde, das ist eine gute Kooperation, die man auch vorantreiben kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.18


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Troch. – Bitte.

 


17.18.13

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Antrag der Freiheitlichen, dem osteuropäischen Klub der Visegrád-Staaten, Polen, Slowakei, Ungarn und Tschechien, beizutreten: Die FPÖ argumentiert ja hier, im Interesse der Bürger zu handeln. Schauen wir uns einmal an, was die österreichischen Gemeinsamkeiten mit den Visegrád-Staaten ausmacht! Ich nenne als Erstes das Stichwort Arbeitslosigkeit und das EU-Prinzip der Freizügigkeit.

Faktum ist, dass Arbeitskräfte aus Osteuropa in großer Zahl nach Österreich strömen und somit auf unsere Lohn- und Sozialstandards drücken. Die SPÖ hat darauf reagiert, wir haben am Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz gearbeitet; SPÖ und ÖVP setzen das gemeinsam in der Regierung um.

Die Frage ist jetzt: Wie haben sich hier die neuen Freunde der FPÖ, die Visegrád-Staaten, verhalten? – Die Visegrád-Staaten haben sich ablehnend zu dieser Schutz­maß­nahme österreichischer Arbeitskräfte verhalten, es gab negative Reaktionen der Freunde der FPÖ, insbesondere eine durchaus rabiate Reaktion eines slowakischen Ministers.

Zur Entsenderichtlinie: Auch das ist eine Frontlinie, würde ich sagen, in der Politik zu den Visegrád-Staaten. Insbesondere osteuropäische Firmen mit osteuropäischen Be­schäftigten versuchen, sich hier Wettbewerbsvorteile zu sichern. Na, das schaue ich mir an, wie man sich in dieser Frage mit den Visegrád-Staaten einigt! Herr Abgeord­neter Hübner, viel Glück dabei! (Beifall bei der SPÖ.)

Noch im Februar 2016 hat die FPÖ den Antrag zur sektoralen Schließung des Arbeits­marktes auch für EU-Bürger gestellt. Da geht es vor allem um osteuropäische Arbeitskräfte. Dazu kann man auf der Website der FPÖ noch immer lesen, dass der Abgeordnete Kickl feststellt: „Unser Arbeitsmarkt muss vor den Arbeitnehmern aus den Oststaaten geschützt werden“ und „Fehler der übereilten EU-Ostöffnung“.

Ich sage, das ist unredlich! Es ist unehrlich, wenn Sie einerseits die Visegrád-Staaten, diesen Osteuropa-Klub umwerben, peinlich umwerben, da fix beitreten wollen, und


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andererseits richten Sie ihnen über die eigene blaue Homepage aus: Ihr seid eigentlich in der EU nicht erwünscht. – Ich glaube, so funktioniert Zusammenarbeit in Europa nicht, auch nicht nachbarschaftliche Zusammenarbeit.

Ich sage einmal: Die frische Liebe der FPÖ zu den Visegrád-Staaten beruht ja nur auf einem Feld, und dieses eine Feld ist die Flüchtlingskrise. Sonst gibt es ja wenige Überschneidungen, auch nicht in der Friedens- und Militärpolitik in Europa. Das Ver­hältnis zu Russland, der Raketenschild, Herr Strache, sind Realität. Der Raketenschild in Polen und Tschechien ist von den Amerikanern geschaffen worden und hat eine ganz klare Ausrichtung: Die Raketen sind gegen Russland gerichtet. – Das sollten Sie wissen. (Ruf bei der FPÖ: Das ist ja das Gefährliche!)

Und ich sage auch: Das ist für Österreich nicht zukunftsweisend. Oder wollen Sie diesen Raketenschild der Polen bis ins Burgenland verlängern? Ich halte das nicht für gut.

Die SPÖ sagt hier Ja zu Gesprächen mit den Visegrád-Staaten, Ja zu nachbar­schaft­lichen Kooperationen, aber ein klares Nein zu diesem blauen Antrag, dass wir diesem Osteuropa-Klub fix beitreten sollen. Dieser Antrag der FPÖ ist eine außenpolitische Sackgasse. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Öllinger: Eine russische …! – Abg. Haider: Das gefiele dir als Kommunist!)

17.21


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


17.22.15

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, die EU steht natürlich vor großen Herausforde­rungen, aber das hat nicht nur mit den Auswirkungen von Krieg und Krisen auf der Welt zu tun, sondern auch mit dem Brexit, mit der Arbeitslosigkeit, mit der Jugend­arbeitslosigkeit, auch mit dem sozialen Gefälle innerhalb Europas. Und diese vielen, vielen offenen Fragen müssen natürlich gelöst werden.

Aber im Gegensatz zur FPÖ sehe ich keinen Grund, eine eigene Vetomacht, so wie es Kollege Hübner bezeichnet hat, innerhalb der Europäischen Union neu zu installieren. Ganz und gar nicht! Es braucht sogar in verstärktem Ausmaß einen Schulterschluss zwischen den europäischen Mitgliedstaaten, um tatsächlich Lösungen zu erreichen.

Es wurde in den Ausführungen jetzt so dargestellt, als ob Polen, die Slowakei, Tschechien und Ungarn tatsächlich eine gemeinsame Politik vermitteln würden. Das tun sie aber nicht, und das wissen Sie genau. Außenpolitisch, europapolitisch stehen die vier Staaten auf unterschiedlichen Standpunkten.

Der Umgang mit Russland – so wie mein Kollege vorhin auch schon gesagt hat –, gerade auch nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim, war auch innerhalb der V4 extrem unterschiedlich. Manche haben sich eher zu Russland hingezogen gefühlt oder tun es noch weiter, andere aber nicht. Und andere sind ganz klar auf der Seite der Ukraine und auch in territorialer Hinsicht auf der Seite der Ukraine. Das heißt, ein solch gemeinsames Bild der vier Staaten gibt es klarerweise nicht.

Herr Minister, noch eine ganz kurze Replik auf Ihre Ausführungen: Dieses Parlament, die gewählten Abgeordneten, die gesetzgebende Körperschaft des Bundes, diskutierte heute von 9 Uhr in der Früh bis um halb drei Uhr am Nachmittag das Budget in der ersten Lesung. Sie hätten die Möglichkeit gehabt – weil es auch das erste Mal so war, dass es tatsächlich ein Radl gegeben hat (Zwischenbemerkung von Bundesminister Kurz – Abg. Brosz: Wir wollten, dass Sie reden!) –, hier in diesem Hohen Haus während der Budgetdebatte Ihre Ausführungen zu machen!


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Darum geht es, und es wird auch auf jeden Fall darüber gesprochen werden, denn das ist ungeheuerlich und respektlos diesem Parlament gegenüber! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Fekter: Geh, …! – Abg. Brosz: Die Minister haben den Vorschlag, zu reden, abgelehnt, aus Zeitmangel! – Gegenrufe bei der ÖVP. – Abg. Brosz: Sie hätten ja länger reden können! Sie wollten ja nicht!)

17.24


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


17.24.50

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wenn man über Visegrád und Europa debattiert, ist es immer gut, einmal in der Geschichte zurückzublicken: Was wollten die Konstrukteure Europas nach dem Zweiten Weltkrieg damit eigentlich erreichen? Und wer waren die Herren, die das damals gemacht haben? – Das waren praktizierende Katholiken, Christen. Die wollten ein christliches Europa haben. Das war im Denken damals verhaftet, es war nicht einmal notwendig, es täglich auszusprechen und zu hinterfragen, sondern das war einfach im Blut dieser Menschen drin, die das damals wollten – im Sinne der Beendigung des Zweiten Weltkriegs und im Sinne eines dauerhaften Friedens.

Das, was wir heute sehen, ist eine völlige Änderung der inneren Haltung der euro­päischen Kulturen – und ich sage mit Absicht „Kulturen“. Die Leitkultur, die damals entstanden ist – obwohl dieser Ausdruck damals noch nicht geprägt war –, war christlich und aufklärerisch. Das, was heute geschehen ist, zugunsten einer neuen, modernistischen Bewertung des Alltags und des Daseins, ist, dass man diese Leitkultur ausgetauscht hat gegen einen Liberalismus, der nur eine Beliebigkeit ist, und gegen eine Toleranz, die nur eine Feigheit ist. Und da stehen wir als westlicher Teil Europas!

Wer das anders lebt und den damaligen Geist von Europa, nämlich aus einem christ­lichen und aufklärerischen Hintergrund heraus, wieder reaktiviert hat, aufgrund der eigenen sehr schweren Geschichte mit dem Ostblock, das sind die Visegrád-Staaten. Das kann man in allen Statements, speziell von Viktor Orbán, nachlesen. Das sind Regierungschefs und Minister, Außenminister, die sich etwas zu sagen trauen, die sich trauen, sich hinzustellen und ganz klar zu sagen: Europa ist etwas anderes als das, was jetzt nach Europa importiert wird!

Und ich glaube, es ist für Österreich wirklich wichtig, diesem geschlossenen – aus meiner Sicht nicht geschlossenen, aber laut dem Herrn Außenminister noch geschlos­senen – Klub beizutreten und alles daranzusetzen, sich als Österreich mit diesen Leuten zusammenzutun, die sich auszusprechen trauen, was Sache ist. Und ich orte heute mit Freude auch in den Ausführungen des Kollegen Cap – der hat das schon anklingen lassen – den Hinweis auf die antichristlichen Signale, die in einem Kultur­kampf, der entbrannt ist, bereits gesetzt werden.

Wir müssen uns mit Leuten, mit Regierungen zusammentun, die sich trauen, diesen Konflikt auszutragen! Und damit meine ich nicht, dass wir die Gewehre aufnehmen und schießen müssen, sondern wir müssen einmal darüber reden, was überhaupt Sache ist: Was ist los in diesem Land Österreich? Was ist los in Deutschland? Was ist mit der Grenzöffnung geschehen? – Wir wissen, dass das eine falsche Politik war. Das wurde schon amtlich vom Minister in Richtung Merkel bestätigt.

Ich glaube, wir müssen uns hier noch viel mehr explizit gemeinsam mit den Oststaaten positionieren. Und, noch einmal, die haben ja einen Grund, warum sie so klar auftreten: Die haben eine sehr schwierige Geschichte durchlebt, nicht nur den Weltkrieg, sondern die haben jahrzehntelang den Sozialismus durchmachen müssen. Und die wissen,


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worum es geht! Die haben sich etwas Neues erarbeitet, und die wissen, wohin die Reise gehen könnte!

Daher müssen wir da mit aller Macht und allen uns zu Gebote stehenden Mitteln auftreten und uns mit den Oststaaten zusammentun, die sich konturiert positionieren und eine konturierte Außenpolitik gegenüber unsinnigen migrationspolitischen Wahn­vor­stellungen machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte abschließend ein Zitat von Otto von Habsburg wiedergeben, der gesagt hat: „Europa wird christlich sein oder es wird nicht sein.“ (Abg. Öllinger: Ui!) – Und dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

17.28

17.28.15

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, seinen Bericht 1270 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

17.28.409. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1765/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betref­fend mehr Geld für UN-Organisationen für Projekte zum Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt (1271 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Erste Wortmeldung dazu: Frau Abgeordnete Schimanek. – Bitte.

 


17.29.13

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Hohes Haus! Der ehemalige Militärberater von Noch-UN-Generalsekretär Ban Ki-moon Patrick Cammaert hat einmal gesagt, dass es in Zeiten wie diesen und in den gegenwärtigen Kriegen gefährlicher sei, eine Frau zu sein als ein Soldat. Allein diese Aussage spricht für sich und bereitet mir Gänsehaut.

Aus diesem Grund haben wir Frauensprecherinnen aller im Haus vertretenen Parteien im letzten März einen gemeinsamen Antrag für den Schutz von Frauen und Kindern auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung eingebracht.

Und um dieses wichtige Anliegen von uns Frauensprecherinnen noch einmal zu unter­streichen, bringe ich den Entschließungsantrag im Namen der Abgeordneten Schimanek, Dr. Hübner und weiterer Abgeordneter noch einmal ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Carmen Schimanek, Petra Bayr, MA, Dr. Reinhold Lopatka, Tanja Windbüchler-Souschill, Mag. Christoph Vavrik, Martina Schenk, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Frauen und Kinder auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, sich dafür einzusetzen, dass


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der UNHCR sich weiterhin dafür einsetzt, die Gefahrenquellen für Frauen in den Flüchtlingslagern, insbesondere nahe den Krisenregionen, so gut wie möglich zu redu­zieren und die Frauen bestmöglich zu schützen und zu versorgen;

die österreichische Unterstützung für humanitäre Hilfe die besondere Situation und Bedürfnisse von Frauen berücksichtigt;

Frauen und Kinder, die Opfer von Menschenhandel oder anderer Formen von ge­schlechtsspezifischer Gewalt und Missbrauch geworden sind, Zugang zu Schutz- und Hilfsmaßnahmen u.a. im Einklang mit dem Übereinkommen des Europarats zur Ver­hütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (,Istanbul Konvention‘) erhalten.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber wovon sprechen wir hier eigentlich? Vor wem müssen wir diese Frauen schützen? – Vor ihren eigenen Männern, vor den gegnerischen Soldaten oder sogar, wie im Fall von Südsudan, vor UN-Soldaten.

Vergewaltigungen von Frauen und Kindern sind aber auch in Österreich und in Deutschland in den Flüchtlingsheimen jetzt vermehrt vorgekommen, und mir bereitet ein Fall besonders Kopfweh. Das ist jener Vorfall, der sich unlängst in Berlin zuge­tragen hat, wo ein sechsjähriges Mädchen durch einen Asylwerber vergewaltigt wurde. Der Asylwerber, der das Mädchen vergewaltigt hat, wurde dann von der Polizei abgeführt. Und der Vater des vergewaltigten Mädchens wollte sich rächen, die Ehre der Familie erhalten, wollte auf den Vergewaltiger seiner Tochter losgehen und wurde von der Polizei erschossen. Dieses Mädchen muss jetzt nicht nur das Trauma der Ver­gewaltigung, sondern auch den Tod des Vaters verkraften, und das ist wirklich schrecklich für dieses kleine Kind.

An dieser Stelle möchte ich deshalb noch einmal meine bereits mehrfach gestellte Forderung unterstreichen: In solchen Fällen muss der straffällige Asylwerber abge­schoben werden, und es muss ihn die volle Härte unseres Gesetzes treffen! In Fällen wie diesen darf es keine falsch verstandene Toleranz geben! (Beifall bei der FPÖ.)

17.33


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Schimanek eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schimanek, Dr. Hübner, Bayr, MA, Dr. Lopatka, Windbüchler-Souschill, Mag. Vavrik, Schenk und weiterer Abgeordneter betreffend Frauen und Kinder auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1765/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend mehr Geld für UN-Organisationen für Projekte zum Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt (1271 d.B.), TOP 9, in der 148. Sitzung des Nationalrates in der XXV. GP am 13.10.2016

Die aktuellen Konflikte und die davon ausgehende Flüchtlingsbewegung haben das Risiko für Frauen, Opfer von Gewalt oder Diskriminierung zu werden, drastisch erhöht.


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Das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und andere Organisationen wie IOM, verzeichnen zudem auch einen Anstieg von Frauen unter den Flüchtlingen. Zudem sind Frauen sowohl in den Lagern für Flüchtlinge und Binnenvertriebene in der Konfliktregion und den Nachbarstaaten als auch auf den aktuellen Fluchtrouten mit spezifischen Bedürfnissen unter anderem in der Gesund­heits­versorgung konfrontiert und leiden aufgrund der gemachten Erfahrungen an psychischen Langzeitfolgen.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, sich dafür einzusetzen, dass

der UNHCR sich weiterhin dafür einsetzt, die Gefahrenquellen für Frauen in den Flüchtlingslagern, insbesondere nahe den Krisenregionen, so gut wie möglich zu reduzieren und die Frauen bestmöglich zu schützen und zu versorgen;

die österreichische Unterstützung für humanitäre Hilfe die besondere Situation und Bedürfnisse von Frauen berücksichtigt;

Frauen und Kindern, die Opfer von Menschenhandel oder anderer Formen von ge­schlechtsspezifischer Gewalt und Missbrauch geworden sind, Zugang zu Schutz- und Hilfsmaßnahmen u.a. im Einklang mit dem Übereinkommen des Europarats zur Ver­hütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt („Istanbul Konvention“) erhalten.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Durchschlag. – Bitte.

 


17.33.36

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte für die Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie, aber auch vor den Fern­sehschirmen noch einmal die Absicht dieses Antrags klarmachen.

Es geht um nichts weniger als darum, Frauen und Kinder in Kriegs- und Krisen­gebieten, in den Flüchtlingslagern, auf der Flucht vor massivster sexueller Gewalt zu schützen. Dazu gibt es ausreichend Berichte, es gibt Informationen, die zum Teil so drastisch vor Augen führen, mit welcher Brutalität und wie menschenverachtend da gegen Frauen vorgegangen wird, dass einem fast schlecht werden kann, wenn man diese Dinge liest.

Jeder mitfühlende Mensch, der diese Informationen hat, wird sich natürlich dann auch die Frage stellen: Wie kann man da unterstützen? Und wir ersuchen mit diesem Antrag an den Außenminister, dass die Organisationen, die diese Arbeit tun, also Hilfe für diese Frauen und Kinder leisten – das sind zum Beispiel UN Women, UNHCR und viele andere –, auch wirklich unterstützt werden.

Herr Kollege Hübner hat in der letzten Awepa-Sitzung durchaus zu Recht einge­fordert, weniger zu reden, weniger zu analysieren und mehr zu tun. Und wir sind jetzt genau beim Tun. Diese Organisationen übernehmen das, die schaffen beispielsweise


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Safer Spaces für diese Frauen in den Flüchtlingslagern, damit sie in dieser Situation geschützt werden.

Kollegin Schimanek hat ja diesen Antrag eingebracht, und ich bin sehr froh, dass sie entgegen ihrem Verhalten im Ausschuss – da waren Sie ja noch nicht beim Antrag dabei – jetzt … (Abg. Schimanek: Wir stimmen nur für unseren Antrag – für diesen sind wir nicht!) – Aber Sie haben jetzt zumindest einen gemeinsamen Antrag einge­bracht. Das finde ich grundsätzlich einmal sehr positiv.

Weil Sie auch diesen Asylwerber erwähnt haben: Ich denke, man soll auch aus frauen­politischer Sicht nicht zwischen Frauen unterscheiden, die vielleicht österreichische Staatsbürgerinnen sind, und Frauen, die das Pech hatten, in Afghanistan, im Irak, im Südsudan auf die Welt gekommen zu sein. Die brauchen genauso unsere Hilfe, und darum ist unser Antrag auch ein sehr, sehr wichtiger. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ sowie der Abg. Windbüchler-Souschill. – Abg. Schimanek: Sie wis­sen genau, was ich …! Falsch verstandene Toleranz in diesem Fall!)

Sie haben auch den Südsudan erwähnt. Ich unterstütze immer wieder das Projekt MiakWadang im Südsudan, und ich hatte letzte Woche ein Gespräch mit der beim Projekt MiakWadang im Südsudan für Frauen und Bildung zuständigen Projektver­antwortlichen. Sie war heuer im April oder Mai wieder unten. Wenn man diese Schil­derungen hört von Massenvergewaltigungen, von Frauen, die zum Teil sieben, acht, neun, zehn, elf Kinder nach Vergewaltigungen bekommen haben, von Massenmorden, von Köpfungen, die dort stattfinden, wenn man von diesem Grauen hört, dann bleibt einem, glaube ich, wirklich nichts anderes übrig, als all diese Maß­nahmen zu ergreifen, die helfen, das Leid dieser Frauen zu mindern. Und ich bin sehr froh, wenn wir zumindest einen Antrag mit allen sechs Parteien durchbringen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Windbüchler-Souschill.)

17.36


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Lintl. – Bitte.

 


17.37.02

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie meine Vorrednerinnen schon gesagt haben, macht uns dieses Thema besonders betroffen. Es betrifft gerade Frauen, die in vom Islam geprägten Gesellschaften leben und ihren Männern gehor­sam sein müssen. Der Koran lässt ja keinen Zweifel an der Unterordnung und Benach­teiligung der Frau. Das gilt umso mehr, wenn es sich um in der Wahrnehmung der Muslime ungläubige Frauen handelt. Denen darf dann im Namen des Islam jede Gräueltat angetan werden.

Gerade die bestialische Verfolgung von Christinnen wird als Kriegsmittel eingesetzt. Gerade die christlichen und jesidischen Minderheiten in den muslimisch dominierten Ländern sind die Ärmsten der Armen. Es war letzte Woche eine syrisch-orthodoxe Klosterschwester, Hatune Dogan, in Deutschland und hat ein Interview in „Baden online“ gegeben, in dem sie das bestätigt hat. Und wir alle erinnern uns an Nadia Murad – ich glaube, der Herr Minister hat sie getroffen –, jenes tapfere jesidische Mädchen, das die Sex-Sklaverei des IS überlebt hat. Sie hat jetzt den Václav-Havel-Menschenrechtspreis bekommen und ist als Goodwill Ambassador für die UNO unterwegs.

Das heißt: Natürlich müssen internationale Programme die Frauen stärken. Und wir müssen diese Programme unterstützen, weil sie Frauen wirklich helfen und auch aufmerksam machen auf das Martyrium, das sie durchmachen. Aber in Wirklichkeit ist das nur die Bekämpfung eines Symptoms, denn das Problem liegt viel tiefer: Solange


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der Islam ein derartiges Frauenbild vertritt, ist es ja ganz klar, dass gläubige Muslime dieses Frauenbild, das ihre Religion vorgibt, so leben. Der Islam ist aber nicht nur eine Religion, sondern auch ein Gesellschaftsbild, wie wir in Saudi-Arabien oder in anderen islamischen Ländern sehen, wo der Welt immer wieder vor Augen geführt wird, wie weit der Glaube, die Scharia überhaupt gehen.

Dass gläubige Muslime, die sich entsprechend ihrer Religion den Frauen gegenüber verhalten, in Österreich Schwierigkeiten bekommen, ist auch klar. Bei uns gibt es immer mehr verschleierte Frauen – und das sind nicht nur Touristinnen –, Zwangsver­heiratungen, Kinderehen – von jener einer Neunjährigen haben wir unlängst erst ge­hört –, Mädchen, die in der Schule verschleiert sind, Frauen, die sich von Ärzten nicht untersuchen lassen dürfen, Väter, die Lehrerinnen ihrer Kinder in der Schule nicht die Hand geben. Deshalb ist es dringend notwendig, dass österreichische Behörden kon­trollieren können, welches Frauenbild auch hier bei uns in den Moscheen verbreitet wird.

Verschiedene UN-Organisationen leisten in den Kriegsregionen und Flüchtlingslagern hervorragende Arbeit, um Frauen und Kinder zu schützen. Daher ist die ursprüngliche Forderung des Antrags der Grünen, den jährlichen Beitrag für UN Women und UNFPA zu erhöhen, nachvollziehbar. Aber auch, wenn jetzt 75 Prozent der ADA-Projekte und ADA-Programme mit OECD-Gender-Marker 1 und 2 gekennzeichnet werden, so wie es der im Ausschuss eingebrachte Abänderungsantrag der Regierungsparteien vor­sieht, stellt sich mir schon die Frage, ob das wirklich die Situation der Frauen und Mädchen verbessert.

Wir sind dafür, alles dafür zu tun, um Opfer vor sexueller Gewalt zu schützen und zu unterstützen. Aber eines hilft ganz sicher nicht: wenn wir uns dabei auf Genderpolitik mit Binnen-I beschränken. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.40


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


17.40.51

Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Frauen sind sehr unterschiedlichen Arten von Gewalt ausgesetzt. Das beginnt bei körperlichen Übergriffen und reicht bis zur Verletzung ihrer sexuellen Integrität oder auch der massiven Verletzung ihrer Würde. Wenn sie flüchten, sind sie meistens auf dem ganzen Weg der Flucht Gewalt ausgesetzt, bis hin zu vermeintlich sicheren Flüchtlingslagern oder -unterkünften – durchaus auch in Österreich, wo die Übergriffe oft auch nicht aufhören. Es gibt natürlich mannigfaltige Arten und Mög­lichkeiten, wie man dieser Gewalt am besten begegnen kann und wie man Frauen am besten davor schützen kann, auf zwei davon möchte ich konkret eingehen.

Erstens ist es wichtig, quasi im Sinne eines Mainstreamings die Situation von Frauen und die besondere Verletzlichkeit von Mädchen und Frauen während der Flucht und am Ende ihrer Flucht wirklich immer mit zu bedenken. Das wäre zum Beispiel dadurch möglich, indem man etwa, wenn die Austrian Development Agency Calls macht und NGOs einlädt, sich dafür zu bewerben, konkrete Arbeit in Flüchtlingslagern zu machen, gleich bei der Ausschreibung dazu auffordert, die spezielle Situation von Frauen und Mädchen zu berücksichtigen. Das kann sich in der Realität dann so abbilden, dass etwa die medizinische Betreuung von Schwangeren von vornherein mitbedacht wird, dass psychologische Betreuung für Frauen, die vergewaltigt worden sind oder anders in ihrer Würde oder ihrer sexuellen Integrität verletzt worden sind, angeboten wird oder dass es einfach einen sinnvollen niederschwelligen Zugang zu Gesundheitsein­rich­tungen gibt, da das den Frauen dann sehr entgegenkommt.


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Es wäre aber auch wichtig, und da stehen wir noch sehr am Anfang – nicht nur in Österreich, sondern generell –, die Arbeit mit gewalttätigen Männern einzubeziehen, respektive mafiöse Strukturen zu bekämpfen, die zum Teil sechs-, sieben- acht-, neun-, zehnjährige Mädchen verkaufen und mit ihnen Geschäfte machen. Das wäre alles sehr wichtig im Sinne eines Mainstreamings.

Die zweite Herangehensweise wäre eine stabile, dauerhafte und verlässliche finan­zielle Dotierung jener UN-Organisationen, die sich ganz speziell mit der Situation von Frauen und Mädchen auseinandersetzen. Das ist einerseits UN Women, andererseits UNICEF – das Kinderhilfswerk –, aber auch UNFPA, der Weltbevölkerungsfonds, die alle einen großen Fokus darauf legen, wie man Frauen und Mädchen dazu empowern kann, sprich, sie stärken kann, um unerwünschte Sexualkontakte oder Übergriffe von vornherein erfolgreich abweisen zu können. Aber auch, wenn ich jetzt an UNFPA denke, die zum Beispiel für Frauen auf der Flucht einen Dignity Kit zur Verfügung stellen, das heißt einen Würde-Kit, in dem – angefangen von Tampons und Binden bis hin zu Seife und Handtüchern – Dinge enthalten sind, die Frauen dabei helfen, in den Lagern menschenwürdig leben zu können. Darüber hinaus arbeiten all diese Institutionen auch gegen weibliche Genitalverstümmelung, gegen strukturelle Gewalt an Frauen und vieles mehr.

Wenn wir jetzt schon über das Budget diskutieren: dass UNFPA im Budgetentwurf überhaupt nicht mehr dotiert wird, ist nicht gerade kohärent mit den Anträgen, die wir heute beschließen, und ich hoffe sehr, dass es im Zuge der Budgetdebatte noch möglich sein wird, da nachzujustieren, da ich es für fundamental wichtig halte, zum Beispiel UN-Organisationen wie UNFPA auch von Österreich zu dotieren, und das dauerhaft. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

17.44

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


17.44.41

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Ich möchte noch einmal zur Klärung dieser verschiedenen Anträge beitragen. Die Grünen haben einen Antrag eingebracht und die Bundesregierung dazu aufgefordert, den Kampf gegen sexuelle Gewalt an Frauen auf der Flucht zu forcieren. Das war der ursprüng­liche Antrag, und dieser ursprüngliche Antrag hatte auch die finanzielle Unterstützung für die zuständigen UN-Organisationen vorgesehen. Die Regierungsparteien haben dem inhaltlich zwar zugestimmt, dann aber gesagt, das mit den finanziellen Unter­stützungen gehe leider nicht, diese müsse man wieder herausstreichen, und haben sozusagen einen Antrag über den Antrag der Grünen gestülpt. Jetzt gibt es einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen, in dem die Bundesregierung auch noch einmal ganz klar aufgerufen wird, die UN-Organisationen zu unterstützen.

Das heißt, es gibt insgesamt drei Anträge – das nur zur Klärung dieses parlamenta­ri­schen Prozedere. Das alles ist aber nur dem geschuldet, dass die Regierungsparteien nicht zugeben wollen und nicht sagen wollen, dass tatsächlich finanzielle Unterstüt­zung für UN und UN-Hilfsorganisationen notwendig ist. Es erklärt sich auch ganz leicht mit dem Budget 2017: keine Erhöhung der jährlichen Beitragszahlungen, weder für UNICEF, das Kinderhilfswerk, noch für UN Women, also für jene Organisation, die sich tatsächlich für den Schutz der Frauen einsetzt, und – anschließend an die Ausfüh­rungen meiner Vorrednerin Kollegin Bayr – auch nicht für UNFPA, jene Organisation, die auch für Kinder und Frauen da ist, und dann, weiter gesehen ins Lebens­minis­terium, World Food Programme 2017, wieder null Euro.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 157

Meine Herrschaften und Frauschaften, einen Antrag zu formulieren, um einfach nur schöne Worte zu produzieren, ist viel zu wenig. Es braucht endlich die finanzielle Unterstützung für UN-Hilfsorganisationen und für die UN, sonst wird es schwierig werden, tatsächlich Frauen, Kinder, aber auch die Männer vor Ort zu unterstützen. Das müssen Sie endlich einsehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

17.47


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 


17.47.31

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die Mittel für die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit werden 2017 um 17,1 Millionen auf 92,5 Millionen € erhöht. Ich glaube, das ist ein ganz großer und wichtiger Schritt, und ich möchte Außenminister Kurz dazu gratulieren, dass er es geschafft hat, das aus dem Finanzminister in den Verhandlungen herauszubekommen.

Ich glaube, dass es nicht so ist, wie Kollege Hübner heute gesagt hat, dass die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit nicht effektiv ist, da wir so ein kleines Land seien und ohnehin nichts erreichen könnten. Es gab vor Kurzem eine Studien­reise der entwicklungspolitischen Sprecher aller Parteien – die FPÖ war nicht dabei – nach Moldawien, und da hat sich gezeigt, wie effektiv die Austrian Develop­ment Agency arbeitet. Wir haben eine Berufsschule besucht, die gegründet worden ist, oder eine Wasseraufbereitungsanlage, mit der 1 500 Haushalte mit Wasser versorgt werden.

Dabei war auch feststellbar, dass alle Mitarbeiterinnen dieser Wasseraufbereitungs­anlage Frauen waren oder zumindest 90 Prozent. Das zeigt auch, dass es wichtig ist, dass die Frauen hier Perspektiven bekommen und nicht, wie es leider sehr oft passiert, unter falschen Versprechungen ins Ausland verschleppt werden und dann in der Prostitution landen.

Kollegin Windbüchler hat gesagt, dass Österreich nichts zu UN-Projekten beiträgt. Das ist nicht richtig. Vor Kurzem hat auch Bundesminister Rupprechter 5 Millionen € an das World Food Programme überwiesen. Das ist eine ganz wichtige Maßnahme für Menschen in Syrien, insbesondere für Frauen, denn 60 Prozent der hungerleidenden Menschen sind Frauen. In Syrien gibt es 13 Millionen Menschen, die Hunger leiden, und sechs Millionen davon sind Kinder.

Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit ist wirklich effektiv, und Österreich setzt Zeichen. Auch mit diesem Entschließungsantrag, den wir heute verabschieden, wollen wir ein Zeichen setzen für Frauen, die verfolgt werden, die vergewaltigt werden, die auch getötet oder versklavt werden. Es ist im Sinne der Menschenwürde, dass sich Österreich dafür einsetzt, und deshalb bin ich auch der Meinung, dass wir die Menschenwürde in der österreichischen Verfassung als politische Zielsetzung verankern sollten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.52

17.52.36

Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1271 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend mehr Geld für UN-Organisationen für Projekte zum Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 176.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 158

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schimanek, Bayr, MA, Dr. Lopatka, Windbüchler-Souschill, Mag. Vavrik, Schenk, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Frauen und Kinder auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung.

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Das ist einstimmig angenommen. (E 177.)

17.54.12 10. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über das Stenographische Protokoll der parla­mentarischen Enquete zum Thema „Was kommt nach Paris? – Diskussion zur Umsetzung des Klimavertrags von Paris in Österreich“ (III-286/1274 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kumpitsch. – Bitte.

 


17.54.35

Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir Freiheitlichen wissen, dass es in den kommenden Jahren und Jahrzehnten enormer Anstrengungen bedarf, um die fortschreitende Klimaerwärmung zu verlangsamen beziehungsweise auf ein erträgliches Ziel zu reduzieren. Wir werden auch alle Maßnahmen mittragen, die vernünftig sind und die nicht nur zulasten der heimischen Wirtschaft oder derjenigen gehen, die sich derartige moderne Technologien nicht leisten können, die gezwungen sind, weiterhin mit Öl zu heizen, oder die gezwungen sind, weiterhin zu pendeln.

Wenn der Weltklimavertrag von Paris von vielen als Meilenstein im Klimaschutz oder als epochale Energiewende gesehen wird, so gibt es auch andere Klimaorgani­sationen, die dies durchaus kritisch betrachten. Ich möchte da nur die österreichische Umweltbewegung „System Change, not Climate Change!“ mit ihren zwölf Schritten gegen den Klimawandel beziehungsweise für Klimagerechtigkeit erwähnen. Ich meine, dass diese Kritik durchaus angebracht ist, in Wirklichkeit enthält nämlich dieser Vertrag keinerlei verpflichtende oder gar einklagbare Sanktionen für nicht erfolgte Emissions­reduktionen, keine konkreten Maßnahmen und keinen Ausstieg aus fossiler Energie. Auf der einen Seite will man zur Zielerreichung langfristige Verbindlichkeiten schaffen, auf der anderen Seite weicht man diese wieder auf. Erwähnen möchte ich hier nur die Möglichkeit, dass eine Vertragspartei drei Jahre nach Inkrafttreten des Vertrages auch sanktionslos wieder aussteigen kann.

Bei den Gesprächen wurde auch der Brexit nicht erwähnt, wie es nämlich mit Groß­britannien aussieht. Finanzminister Schelling hat gestern bei seiner Budgetrede schon in Aussicht gestellt, dass das mittelfristige Auswirkungen auf das Budget der EU, aber auch Österreichs haben kann. Er hat auch gesagt, dass er nicht bereit sei, diese entstehende Lücke aus heimischen Steuergeldern zu schließen. – Sein Wort in Gottes Ohr.

Für die Erfüllung des Klimavertrags sei es Ziel, bei der Erstellung des nächsten Finanz­rahmens Mittel zur Verfügung zu stellen. Was heißt das konkret? Ein Blick auf den Schuldenrechner gestern hat gezeigt, dass wir eine Verschuldung von 294 Milliarden €, stark ansteigend, haben. Damit stehen wir mit dem Rücken zur Wand, was aber auch heißt, dass die zur Verfügung stehenden Mittel mit Sicherheit sehr gering ausfallen werden. Was wiederum weiters bedeutet, dass man zur Finanzierung dieser Klimaziele wieder auf den Steuerzahler zurückgreifen wird wollen und letztendlich wahrscheinlich wieder der Autofahrer die Melkkuh der Nation werden wird. – Davor warne ich. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 159

Denn wir brauchen nicht immer in vorauseilendem Gehorsam Musterknabe oder Musterschülerin zu sein und dabei gleich über die vorgegebenen Ziele hinaus­zuschießen. (Abg. Öllinger: Nein!) Das brauchen wir nicht, denn dann laufen wir Gefahr, dass wir anstatt des Zieles, dass wir die Wirtschaft anregen, in moderne Technologien zu setzen und sie voranzubringen, die Wirtschaft schwächen und gleichzeitig unsere armen Mitmenschen noch ärmer machen.

Wir Freiheitlichen sind daher gegen eine solche Standort- und Wirtschaftspolitik, die nur auf Kosten der Österreicherinnen und Österreicher geht. Was wir wollen, ist dagegen ein internationaler Schulterschluss und – jetzt konkret – die Verwendung der Einnahmen aus der Mineralölsteuer – ich weiß (in Richtung Grüne), Sie würden die Mineralölsteuer gerne für die Verkehrsinfrastruktur und für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs verwenden –, damit die Menschen nicht gezwungen werden, aus ihren ländlichen Räumen abzuwandern.

Unsere Antwort auf diese Energiewende lautet: Energieautarkie. Wir wollen Wind­energie fördern, wir wollen Solarstrom und die Wasserkraft fördern und ausbauen. Aus diesem Grunde und um weiteren Missverständnissen vorzubeugen, werden wir auch diesem Bericht nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.59


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Höfinger. – Bitte.

 


18.00.02

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege von den Freiheitlichen, man könnte ja sagen: sehr bemüht, aber auch sehr beschämend, bei so einem essenziellen, wichtigen Thema für die Zukunft so um den heißen Brei herumzureden, solche an den Haaren herbeigezo­genen Ausreden zu suchen, warum man als einzige Fraktion, als einzige Partei da nicht mitgeht – und nicht nur hier im Haus, auch im Europaparlament haben eure Vertreter gegen diesen Vertrag gestimmt. Das ist in dieser Art und Weise wirklich nicht annehmbar. Es ist beschämend; ich kann nur das dazu sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe es bei der Diskussion zur Ratifizierung gesagt, ich sage es heute, und ich sage es auch in Zukunft: Der Beschluss, den wir hier gefasst haben, war einer der bedeutendsten der letzten Jahrzehnte in diesem Haus, denn dieser Vertrag von Paris wird enorme Veränderungen in allen Lebensbereichen bringen. Das sind große Herausforderungen, die da vor uns stehen, aber wir müssen die Sache ambitioniert angehen. Wir müssen sie mit Willen angehen, dann haben wir auch die Möglichkeit, aus diesen großen Herausforderungen Chancen zu machen. (Abg. Brunner: Wann?!) Der Klimavertrag von Paris bedeutet den kompletten Ausstieg aus der fossilen Energieversorgung mit Kohle, Erdöl oder Erdgas, und diese freiwerdende Energie­versorgung müssen wir kompensieren – für die Haushalte, für den Verkehr, egal, ob Individualverkehr oder öffentlicher Verkehr, für die Wirtschaft, für die Industrie. Dazu haben wir gerade in Österreich große Chancen, die wir jetzt nutzen müssen.

Jetzt komme ich auf die Enquete zu sprechen: Diese Enquete war ein hervorragender Spiegel dessen, was uns in Zukunft bevorsteht. Wir hatten Vertreter der Industrie, der Wirtschaft hier. Wir hatten Visionäre in dieser Frage hier, und ich denke, alle Meinungen, die hier eingebracht werden, müssen wir bündeln, um einen konkreten Weg formulieren zu können. Die große Herausforderung in den nächsten Jahren wird es sein, die Balance zu schaffen, die Ziele zu erreichen, die wir erreichen müssen – wir sind das unserer Erde, unseren Kindern schuldig –, aber gleichzeitig auch den Wirtschaftsstandort abzusichern und auszubauen, die Arbeitsplätze zu vermehren und die Versorgung mit den erneuerbaren Energien zu sichern.


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Es kommt auf die Frage an: Wie geht es weiter? Es wird momentan ein Fahrplan erstellt – Sie, Kolleginnen und Kollegen, wissen das –, der mit Experten erarbeitet und jetzt auch in Bahnen, wie man zur Umsetzung gelangen kann, gelenkt wird. Mitte des Jahres wird es das Weißbuch geben, und es läuft ein Stakeholder-Prozess, in den sich viele Experten zu diesem Thema einbringen wollen, einbringen können und einbringen müssen, damit wir aus den theoretischen Ansätzen die praktischen Ansätze auch wirklich herausfiltern können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kenne eure Ungeduld, ich verstehe das ja zu einem Teil. Es ist eine große Errungenschaft, dass dieser Vertrag wirklich zustande gekommen ist, dass er ratifiziert wurde, dass er realisiert werden kann, aber es ist ein komplexes Thema, das haben wir in den letzten Diskussionen immer wieder gemerkt. Daher ist das sehr geordnet aufzustellen, denn es gibt eine Fülle von Forderungen und Wünschen, aber auch Zurufe von verschiedensten Seiten.

Ich habe das Ganze bei der letzten Ausschusssitzung mit einem Hausbau verglichen: Viele von euch – ich weiß das – wollen schon mit dem Bauen beginnen. Sie sehen sich schon am Bau, sie sehen sich schon die Fenster einbauen, sie sehen sich schon den Dachstuhl aufsetzen, aber ohne dass der Keller gebaut ist, kann man all diese Arbeiten nicht machen. (Zwischenruf des Abg. Lugar.)

Wir müssen dieses komplexe Thema geordnet planen, und diese Planungsphase läuft, und dann können wir beginnen, das Ganze umzusetzen. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Lugar.)

Wie ist der Zielpfad? – Es wird so ausschauen, dass wir die Ziele, die im Vertrag definiert sind, auch für uns in Österreich festlegen müssen. Das wird unter Einbindung der Experten geschehen. Das Zweite wird sein, die Zeiträume festzusetzen, in denen diese Ziele umgesetzt werden können, und das Dritte – denn das wird auch notwendig sein –, die Finanzierung aufzustellen. Ich denke, in dieser Art und in dieser Abfolge wird das funktionieren.

Es wartet jede Menge Arbeit auf uns. Ich freue mich darauf und lade euch ein, mit dabei zu sein. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.04


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Feichtinger zu Wort. – Bitte.

 


18.04.29

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist heute schon mehrfach erwähnt worden: Am 4. November, nicht einmal ein Jahr nach Unterzeichnung, erleben wir das Inkrafttreten des Abkommens von Paris. Wer sich noch daran erinnert, wie lange es gedauert hat, bis das Kyoto-Protokoll in Kraft getreten ist, kann sich, glaube ich, mit mir gemeinsam freuen, dass wir das Inkrafttreten dieses Abkommens so schnell erleben dürfen.

Wie ich heute bereits bei der Budgetdebatte erwähnt habe, soll die Klima- und Ener­giestrategie des Bundesministers und seines Ministeriums im Frühjahr 2017 fertigge­stellt sein und dann in Umsetzung gebracht werden. Herr Bundesminister, Sie und Ihr Ministerium sind damit, glaube ich, sehr gefordert. Wir erhoffen und erwarten uns aber auch, dass das dann wirklich in Umsetzung gelangt. Die Opposition drängt auf Maßnahmen, wie Kollege Höfinger schon angemerkt hat. Ich verstehe das durchaus, es geht allen nicht schnell genug.

Ich möchte nochmals auf meine Ausführungen im Ausschuss Bezug nehmen, in denen ich feststellte, dass einerseits die Statements der Experten im Zuge der Enquete an


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Klarheit nichts zu wünschen übrig gelassen haben, es aber andererseits auch Aufgabe und Ziel der Politik sein muss, das Verständnis der Menschen für die Anliegen des Klimaschutzes zu gewinnen.

Ein Beispiel dafür: Der Begriff der Dekarbonisierung – und die damit verbundenen notwendigen Maßnahmen – ist zwar vielen hier im Haus sicher geläufig, aber einem Gutteil der Menschen draußen ist der Begriff nicht bekannt. Sie wissen auch nicht, welche Konsequenzen in ihrem persönlichen Lebensumfeld damit verbunden sein werden. Wir brauchen eine breite Diskussion darüber. Es geht auch um Fragen der Industriepolitik, der Wirtschaftspolitik und der Arbeitsplätze. Die Menschen müssen verstehen, was es für das Weltklima, aber auch für sie persönlich bedeutet, wenn sie am 24. Dezember mit dem SUV noch rasch in den nächsten Supermarkt fahren, um dort Kiwis aus Neuseeland oder Äpfel aus Chile zu kaufen.

Es werden viele Maßnahmen notwendig sein, die nicht auf ungeteilte Zustimmung treffen werden, aber eine bessere Information und ein tieferes Verständnis der Men­schen für Klimaschutzmaßnahmen werden für eine breitere Akzeptanz dessen sorgen, was wichtig und vor allem notwendig sein wird.

Zum Kollegen Kumpitsch noch eine Bemerkung, was das Thema Windenergie, Solar­strom, Wasserkraft betrifft: Darüber, glaube ich, können wir uns sehr gerne verstän­digen. Zum Rest der Rede bis zu diesem Zeitpunkt passt wieder einmal Shakespeare: „The rest is silence“. (Beifall bei der SPÖ.)

18.07


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner zu Wort. – Bitte.

 


18.07.53

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Umwelt­minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir sprechen heute über die Klima-Enquete, die vor dem Sommer in diesem Haus stattgefunden hat. Sie trug den Titel  „Was kommt nach Paris? – Diskussion zur Um­setzung des Klimavertrags von Paris in Österreich“. Die Antwort auf diese Frage sollten wir hier heute geben.

Ich möchte mich zuerst einmal bei allen bedanken, die an dieser Enquete teilgenom­men haben. Es haben sich sehr viele Menschen Zeit genommen, einen ganzen Tag hier mit uns im Haus verbracht, uns ihre Expertise zur Verfügung gestellt. Ich habe das wirklich sehr bereichernd für die klimapolitische Diskussion in unserem Haus gefun­den. – Vielen Dank.

Beginnen möchte ich mit einem Zitat, das zu Beginn der Enquete gefallen ist. Es lautet: „Wir müssen also etwas tun – nichts zu tun ist keine Option. (…) Umsetzung heißt die Devise – Umsetzung auf internationaler Ebene, Umsetzung in Europa und Umsetzung in Österreich. (…) Dem Parlament kommt bei der Lösung des Klimaproblems eine Schlüsselrolle zu. Die Bundesregierung arbeitet Vorschläge aus, aber hier im Hohen Haus werden die Gesetze von morgen diskutiert und formell beschlossen. Hier im Hohen Haus werden die Weichenstellungen für die Zukunft gestellt.“ – Ich frage Sie: Wer war das? (Rufe: Shakespeare! Shakespeare!) – Umweltminister Rupprechter!

Ich stimme Ihnen zu, dass dem Parlament eine Schlüsselrolle zukommt und wir heute Beschlüsse fassen sollten – das war nämlich das Ergebnis der Enquete –, aber Sie, Herr Minister, sagen: „Die Bundesregierung arbeitet Vorschläge aus“. Ich frage Sie: Wo sind Ihre Vorschläge? Seit dem Beschluss des Klimavertrags ist ein Jahr vergangen, und es liegen keine Vorschläge der Bundesregierung dazu vor.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 162

Zuerst haben Sie unsere Anträge vertagt, man hat gesagt: Warten wir die Enquete ab, bevor wir etwas beschließen! Diese ist jetzt vorbei; jetzt ist die Klimastrategie die Ausrede. Wenn ich Ihre Interviews oder auch die Reden des Finanzministers oder Ihre Rede heute anhöre, habe ich irgendwie das Gefühl, das Motto oder die Frage, von der Sie sich leiten lassen, lautet: Wie oft muss ich das Wort Klima- und Energiestrategie sagen, damit niemand merkt, dass dahinter nichts passiert?

Ihre Klimastrategie ist eine einzige Irreführung. Ich zitiere Professor Steininger aus der Enquete, der gesagt hat: „Nach Durchsicht des aktuellen Grünbuchs für eine integrierte Klima- und Energiestrategie muss ich leider feststellen, dass die Fragen dort noch meilenweit davon entfernt sind, uns zu diesen Chancen hinzuführen.“

Was der Klimavertrag bedeutet, ist auch ganz klar aus der Enquete hervorgegangen.  Professor Nakicenovic hat darauf hingewiesen, dass wir die Emissionen bis 2050 auf null bringen müssen, spätestens bis 2070 weltweit. Für uns in Österreich heißt das also, dass wir die Art, wie wir leben, wie wir produzieren, wie wir unsere Mobilität gestalten, auf ein erneuerbares System umbauen müssen, und das bis zum Jahr 2050.

Das erfordert große Rahmenbedingungen. Wir sollten heute hier den Rahmen dafür festlegen. Ich bringe dazu einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Chris­tiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Klimavertrag von Paris umset­zen – Klimaschutzgesetz novellieren, ein.

Der Antrag wurde an Sie verteilt. Es geht darum, dass das Klimaschutzgesetz den Zielen des Vertrags von Paris entsprechen soll.

Es geht aber nicht nur um den Rahmen, es geht auch um die Maßnahmen. Dazu haben wir in der Enquete einige Vorschläge bekommen, ich zitiere jetzt einige:

Georg Rebernig, Geschäftsführer des Umweltbundesamts, stellte fest: „Für die 2030-Ziele [] kommen wir mit dem bestehenden und dem zusätzlichen, vor allem dem zusätzlichen Maßnahmenszenario nicht aus.“ – Das heißt, wir haben also Handlungs­bedarf, wir müssen mehr tun.

Dr. Heinz Kopetz, der Ihnen, glaube ich, bekannt ist, hat uns gesagt: „Was Österreich anlangt: Während wir hier debattieren, stiegen die Emissionen im letzten Jahr um 3 Prozent.“ – Also das sagt schon ganz klar: Wir haben keine Zeit mehr, ewig zu debattieren. Während wir debattieren, geht die Treibhausgasbilanz Österreichs in die falsche Richtung. Wir müssen handeln.

Zur Frage, was alles ausgearbeitet werden muss, bevor wir etwas tun müssen: Ein Punkt, der sicher keine Strategie mehr braucht, ist eine Ökologisierung des Steuer­systems. Ich zitiere dazu Universitätsprofessorin Dr. Sigrid Stagl von der Wirtschafts­universität Wien, sie sagt: „Eine ökologische Steuerreform ist längst überfällig. Ich kenne niemanden mehr an der Uni, der dazu forscht; akademisch ist das Thema tot. Wir wissen, wie wir es tun müssen. Es muss einfach umgesetzt werden. Die Ressour­cen teurer zu machen und Arbeit billiger zu machen ist aus akademischer Sicht ein No-Brainer. Bitte, tun Sie es!“ – Das heißt also: Wir brauchen hier keine Strategie, wir müssen es einfach nur tun. (Bundesminister Rupprechter: … geht ohne nicht!)

Wir brauchen eine Strategie, da stimme ich Ihnen zu, aber um zu entscheiden, ob ich eine ökologische Steuerreform mache, dazu brauche ich keine Strategie. Ich zitiere Frau Professorin Dr. Helga Kromp-Kolb von der Universität für Bodenkultur, die hier ganz klar gesagt hat: „Von der Wissenschaft bekommen Sie ganz klare, eindeutige Signale. [] Zum einen hat sie den Sachstandsbericht in freiwilliger, unbezahlter Arbeit gemeinsam erstellt []“. – Vielen Dank an alle KlimawissenschaftlerInnen Österreichs!


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Das ist nur die Kurzfassung. Wir haben diesen Bericht auch im Umweltausschuss mit einem Hearing dazu behandelt. Er ist eine sehr wertvolle Grundlage, aus der wir unsere Schlüsse ziehen sollten. (Beifall bei den Grünen.)

Das Signal, das hiervon ausgeht, heißt: Das, was wir bisher tun, reicht nicht. Wir haben noch 14 Jahre, um emissionsfrei zu werden. Wir können nicht mehr darüber reden, was wir vielleicht tun, wir müssen es einfach tun.

Daher bringe ich einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Klimavertrag von Paris umsetzen – Sofortmaßnahmen für Österreich, ein.

Es geht darum, wesentliche Maßnahmen in unterschiedlichen Bereichen umzusetzen.

Ich bringe einen weiteren Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Klimavertrag von Paris umsetzen – klimaschädliche Subventionen streichen, ein.

Da bin ich gespannt, ob Sie nur um den heißen Brei herumreden oder ob Sie auch handeln.

Ein weiteres wichtiges Thema ist das Thema Ökostrom. Wir stehen vor einer Situation, dass Biogasanlagen zusperren, dass Windräder nicht gebaut werden können, dass Unternehmen sagen, wenn jetzt die Politik nicht handelt, müssen wir Arbeitskräfte entlassen. Ich denke, das kann nicht in unserem Sinn sein. Wir brauchen eine Novellie­rung des Ökostromgesetzes. Wir sind seit eineinhalb Jahren dazu bereit und haben nichts von Ihnen bekommen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Kanzler-Versprechen umsetzen: 100 Prozent Ökostrom bis 2030

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft werden aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Ökostrom­gesetzes vorzulegen, die die Erreichung des neuen Ausbauzieles von 100 Prozent Ökostrom bis 2030 gewährleistet sowie die Vorlage des jährlichen Berichts zur Ent­wicklung von Ökostrom und Stromverbrauch (Ökostrombericht) an den Nationalrat vorschreibt.“

*****

Ich warne davor, dass Klimaschutz immer gegen Wirtschaftsinteressen und gegen soziale Interessen ausgespielt wird. Ich frage mich, wo Ihre Sozialkompetenz und Ihre Wirtschaftskompetenz bleiben, die haben Sie offenbar im letzten Jahrhundert gelas­sen.

Klimaschutz ist das Projekt für dieses Jahrhundert. Es ist die Chance, die wir nutzen können, wir müssen sie nur erkennen. Jede und jeder in Österreich kann da einen Beitrag für eine positive Gestaltung unserer Zukunft leisten. Ich hoffe, Sie beenden heute Ihre Blockade, damit wir heute als Antwort auf die Frage: Was kommt nach Paris?, nicht Nichts sagen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 164

Das klare Ergebnis dieser Enquete war: Dieses Haus muss handeln. Also handeln wir! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

18.16


Präsident Karlheinz Kopf: Alle vier von Frau Abgeordneter Brunner eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die vier Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde

betreffend Klimavertrag von Paris umsetzen - Klimaschutzgesetz novellieren

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Umweltausschusses über das Stenographische Protokoll der parlamentarischen Enquete zum Thema „Was kommt nach Paris? – Diskussion zur Umsetzung des Klimavertrags von Paris in Österreich“ (III-286 d.B.) (1274 d.B.)

Begründung

Im völkerrechtlich verbindlichen Weltklimaabkommen von Paris hat sich die Staaten-gemeinschaft zu einer Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius und Anstrengungen, um eine Begrenzung auf 1,5 Grad zu erreichen, ver­pflichtet. Dafür sieht das Abkommen von Paris vor, dass die globalen Treibhaus­gasemissionen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts Netto-Null betragen. Für Industriestaaten bedeutet dies eine vollständige Dekarbonisierung aller Sektoren bis spätestens zum Jahr 2050. („Paris Agreement“, UNFCCC, Decision-/CP.21, 12.12.2016). Der Weltklimavertrag tritt am 4. November 2016 in Kraft.

Den Klimavertrag gilt es nun in Österreich umzusetzen. Die Implementierung des Klimaabkommens von Paris verlangt von Industriestaaten wie Österreich, den Netto-Ausstoß jeglicher Treibhausgase (THG) bis zum Jahr 2050 auf Null zu reduzieren. Wir wissen: Je früher der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieressourcen eingeleitet wird, desto kosteneffizienter wird diese Umstellung von statten gehen und desto größer sind die wettbewerblichen Vorteile für Wirtschaftstreibende und Industrie. Dabei ist außerdem zu beachten, dass die heutigen Weichenstellungen in Bezug auf die Entwicklung des Energie- und Mobilitätssystems („lock-in Effekt“) wesentlich für den Trend der Emissionen bis 2030 und 2050 sind. Eile ist also geboten.

Das Bundesklimaschutzgesetz (KSG) schreibt in seiner aktuellen Fassung für die Sektoren außerhalb des Emissionshandels eine lediglich maßvolle Reduktion von insgesamt 3,83 Mio. t CO2-Äquivalent für den Zeitraum 2013 bis 2020 vor (KSG Maßnahmenprogramm des Bundes und der Länder, Mai 2015). Bereits bis zum Jahr 2030 wird gemäß Kommissionsvorschlag zur Aufteilung der EU-Klimaziele auf die einzelnen Mitgliedsstaaten jedoch eine Reduktionsleistung von 36 Prozent durch Österreich zu erbringen sein. Dabei ist zu bedenken, dass die 2030-Ziele der EU noch nicht einmal mit dem Pariser Klimavertrag in Einklang sind, sondern zu dessen Erfüllung noch erheblich angehoben werden müssen.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verständlich, warum in Österreich bis zum Jahr 2020 lediglich wenig mehr, als eine Stabilisierung der THG-Emissionen im „Effort-Sharing“-Bereich angestrebt wird. Eine kontinuierliche und stetige Senkung der Treibhausgasemissionen über einen längeren Zeitraum ist einem abrupten und notgedrungen steilen Reduktionspfad in jeder Hinsicht vorzuziehen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 165

Vor dem Hintergrund der Beschlüsse von Paris und dem Kommissionsvorschlag  für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung ver­bindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021-2030 ist es im Sinne einer kosteneffizienten und wirksamen Klima­schutz­politik angezeigt, das KSG um weitere Etappenziele alle fünf Jahre bis 2050 zu ergänzen, sowie das aktuelle 2020-Ziel schnellstmöglich an einen linearen Reduktions­pfad im Einklang mit dem Pariser Klimavertrag aber zumindest mit dem Kommis­sionsvorschlag betreffend 2030-THG Ziel anzupassen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, im Einklang mit dem Welt­klimavertrag von Paris, dem Kommissionsvorschlag für eine Verordnung des Euro­päischen Parlaments und des Rates zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahres­ziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021-2030 sowie mit einer kosteneffizienten und wirksamen Klimaschutzpolitik dem Nationalrat eine Novelle des Klimaschutzgesetzes (KSG) mit den folgenden Inhalten vorzulegen:

Festschreibung eines langfristigen Dekarbonisierungsziels bis spätestens 2050 im Einklang mit den Reduktionserfordernissen des Weltklimaabkommens von Paris für Industriestaaten gemäß aktuell besten wissenschaftlichen Erkenntnissen;

Festlegung von Emissionshöchstmengen für Fünfjahresperioden im Non-ETS-Sektor ab 2020 im Einklang mit den sich aus dem Weltklimaabkommen von Paris ergebenden Reduktionserfordernissen für Industriestaaten gemäß aktuell besten wissenschaft­lichen Erkenntnissen

Sofortige Korrektur der zulässigen Emissionshöchstmengen im Non-ETS Sektor bis 2020 im Einklang mit den Reduktionserfordernissen des Klimavertrags von Paris

jedoch mindestens in einem Maße, sodass das 2020-Ziel auf einen linearen Pfad zum 2030-Ziel gemäß Kommissionsvorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021-2030 zu liegen kommt;

Die Übertragung von Emissionsgutschriften aus einer allfälligen „Übererfüllung“ aus der Zielperiode bis 2020 in eine spätere Zielperiode soll ausgeschlossen sein.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde

betreffend Klimavertrag von Paris umsetzen - Sofortmaßnahmen für Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Umweltausschusses über das Stenographische Protokoll der parlamentarischen Enquete zum Thema „Was kommt nach Paris? – Diskussion zur Umsetzung des Klimavertrags von Paris in Österreich“ (III-286 d.B.) (1274 d.B.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 166

Begründung

Im Dezember 2015 hat sich die Staatengemeinschaft in dem völkerrechtlich ver­bindlichen Weltklimaabkommen von Paris zu einer Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius und nach Möglichkeit auf 1,5 Grad verpflichtet. Dafür sol­len die globalen Treibhausgasemissionen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts Netto-Null betragen. Für Industriestaaten bedeutet dies eine vollständige Dekarbonisie­rung aller Sektoren bis spätestens 2050.

Am 4. November 2016 tritt das Abkommen in Kraft. In Österreich gilt es nun durch die Schaffung entsprechender gesetzlicher Rahmenbedingungen den Klimavertrag umzu­setzen. Je früher der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieressourcen eingeleitet wird, desto kosteneffizienter wird diese Umstellung von statten gehen und desto größer sind die wettbewerblichen Vorteile österreichischer Wirtschaftstreibenden und der Industrie. Die heutigen Weichenstellungen in Bezug auf die Entwicklung des Energie- und Mobilitätssystems sind wesentlich für den Trend der Emissionen bis 2030 und 2050. Daher ist es von höchster Wichtigkeit, dass schnellstmöglich Maßnahmen mit langfristiger Ausrichtung und tiefgreifender Wirkung zur Umsetzung eingeleitet werden.

In Österreich sind in der Vergangenheit die Weichenstellungen auf diese Ener­giewende nur unzureichend vorgenommen worden. So liegen die Treibhausgas­emis­sionen hier immer noch über dem Stand von 1990, während sie in der Europäischen Union bereits um minus 24% gefallen sind. (Europäische Umweltagentur (EEA), Nowcast THG-Emissionen, 2016). Seit Beschluss des Pariser Klimaabkommens im Dezember 2015 ist durch die Bundesregierung keine einzige Klimaschutzmaßnahme gesetzt worden. Die CO2-Emissionen stiegen in einem Jahr um 3,2%. (EEA 2016)

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, unter Koordinierung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft umgehend ein Bündel von wirksamen und treffsicheren kurz- und langfristigen Klimaschutzmaßnahmen verbind­lich zu verankern und sofort mit der Umsetzung zu beginnen.

Diese Klimaschutzoffensive zur Umsetzung des Klimavertrags von Paris muss die folgenden Elemente umfassen:

Ökologische Steuerreform umsetzen:

Fossile Energie aus Kohle, Öl und Gas sowie andere umweltbelastende Stoffe (CO2-Emissionen) bzw. Tätigkeiten (Straßenverkehr) werden durch Schadstoffsteuern ver­teuert. Abgaben auf Arbeitseinkommen für private Haushalte und die Lohnneben­kosten für Unternehmen werden im Gegenzug gesenkt. Dies belebt die Wirtschaft und nutzt dem Klima.

Novellierung des Klimaschutzgesetzes:

Verankerung eines Dekarbonisierungsziels für das Jahr 2050 im Einklang mit dem Klimaabkommen von Paris

Verankerung eines im Einklang mit den EU 2030-Zielen linearen Zielpfads im Klimaschutzgesetz ab 2017

Verbindliche Aufteilung der angepassten Reduktionsziele auf Sektoren


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 167

Vereinbarung eines verursachergerechten Sanktionsmechanismus zwischen den Res­sorts und den Bundesländern

Klimamaßnahmen in allen Sektoren setzen:

Energie/Industrie

Einführung einer Abgabe für CO2-Emissionen (zusätzlich zu ETS) aus der Nutzung fossiler Energie

Verbindliche Ausbaupläne von Fernwärme aus Erneuerbaren Energien

Neuauflage der Verordnung zur Umsetzung des Energieeffizienzgesetzes ohne Rechen­tricks und Luftbuchungen

Novellierung des Ökostromgesetz zur Erreichung des neuen Ausbauziels von 100 Pro­zent Erneuerbarer Strom bis 2030

Aufstockung der Fördermittel für Umweltförderung, thermische Sanierung und Klima­fonds

Verkehr

massiver Ausbau des öffentlichen Verkehrs: Elektrifizierung statt Stilllegung von Regio­nal­bahnstrecken, Integrierter Taktfahrplan mit mehr Zugs- und Busangebot, Senkung der Hürden für den Umstieg auf Öffis (365 €-Ticket für alle Bundesländer, E-Ticketing)

Güterverlagerung auf die Schiene durch Verbesserung der Bedingungen für die Bahn und mehr Kostenwahrheit auf der Straße, (flächendeckende LKW-Maut), volle Ausnützung der Spielräume der Eurovignetten-RL

Abschaffung der Steuerprivilegien in der Luftfahrt vom Treibstoff bis zu den Tickets

MöSt-Anhebung auf Niveau der Nachbarländer gegen Tanktourismus’

Weitergehende Ökologisierung von NoVA und Pendlerpauschale

Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung

Reduktion des Geschwindigkeitsniveaus im Straßenverkehr

Vorbereitung eines frühestmöglichen Zulassungsverbots von Diesel- und Benzinbe­triebenen PKW und einspurigen KfZ nach Vorbild Norwegen und Deutschland aber spätestens 2030

Gebäude

Energieraumplanung österreichweit etablieren

Thermische Gebäudesanierung forcieren, Aufstockung der Bundesförderung und Verlängerung bis 2020, bei Nachschärfung der Qualitätskriterien

Umstiegshilfe für Wechsel auf Heizanlagen auf Basis erneuerbarer Energie

Verpflichtender Einsatz von Heizungen auf Basis erneuerbarer Energie im Neubau und nach Sanierung

Verlängerung und Reform der 15-a B-VG Vereinbarung für die Zeit ab 2017

Vollständige Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie 2010 bereits ab 2017

Landwirtschaft

Bedarfsgerechte Düngung und Bodenbewirtschaftung

Bodenverbrauch eindämmen, Bodenschutz durchsetzen, Landgrabbing unterbinden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 168

Steuerung des Konsumverhaltens hin zu regionaler, saisonaler, biologischer und fleisch­reduzierter Ernährung

Kreislauforientierte Bodenbewirtschaftung mit Leguminosenanbau für Humusaufbau und CO2-Speicherung

Aktionsplan Biolandbau 2015-2020 zur Verdopplung der Bio-Landwirtschaft in Österreich

Naturnahe Waldbewirtschaftung stärken

Investitionen in Klimaanpassungsmaßnahmen ausbauen

Abfallwirtschaft

Abfallvermeidung zur Priorität machen, inkl. Quantitative Ziele zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen

Recycling von Kunststoffen und Metallen forcieren

Optimierung des Abfallmanagements im Bereich Mülltrennung

Novelle Verpackungsverordnung

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christiane Brunner, Georg Willi, Freundinnen und Freunde

betreffend Klimavertrag von Paris umsetzen - klimaschädliche Subventionen streichen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Umweltausschusses über das Stenographische Protokoll der parlamentarischen Enquete zum Thema „Was kommt nach Paris? – Diskussion zur Umsetzung des Klimavertrags von Paris in Österreich“ (III-286 d.B.) (1274 d.B.)

Begründung

Im völkerrechtlich verbindlichen Weltklimaabkommen von Paris hat sich die Staaten-gemeinschaft zu einer Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius und zu Anstrengungen verpflichtet, eine Begrenzung auf 1,5 Grad zu erreichen. Dafür sollen die globalen Treibhausgasemissionen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts Netto-Null betragen. Für Industriestaaten bedeutet dies eine vollständige Dekarbonisierung aller Sektoren bis spätestens 2050.

Der Klimavertrag von Paris tritt am 4. November 2016 in Kraft. Ihn gilt es in Österreich durch die Schaffung entsprechender gesetzlicher sowie steuer- und abgabenpolitischer Rahmenbedingungen umzusetzen. Je früher der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieressourcen eingeleitet wird, desto kosteneffizienter wird diese Umstellung von statten gehen und desto größer sind die wettbewerblichen Vorteile österreichischer Wirtschaftstreibender und der Industrie.

Wie eine aktuelle Untersuchung des Wirtschaftsforschungsinstituts ergab, setzt die aktuelle Steuerpolitik jedoch Anreize in die entgegengesetzte Richtung. Rund 4 Mrd. Euro werden allein im Zusammenhang mit den in dieser Studie erfassten Materien jährlich für umwelt- und klimaschädliche Subventionen aufgewendet. (Kletzan, D., Köppl, A., Subventionen und Steuern mit Umweltrelevanz in den Bereichen Energie und Verkehr, Februar 2016)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 169

Zu den prominenten Fehlanreizen im Sinne der klimapolitischen Herausforderungen gehören die Energieabgabenvergütung, die Steuerbefreiung auf fossile Stromerzeu­gung, die steuerliche Begünstigung von Dieselkraftstoff, die ökologisch-klimapolitisch (und darüber hinaus auch verteilungspolitisch) dringend reformbedürftige Ausge­staltung der Pendlerpauschale sowie die steuerlichen Begünstigungen für Dienstwagen und gewerblich genutzte KFZ.

Diese Fehlanreize führen nicht nur zu erheblichen Mindereinnahmen im Budget, son­dern hemmen Anreize für energieeffizientes Handeln von Unternehmen und Einzel­personen. Über zeitliche Kaskadeneffekte werden zudem unnötig klimabelastende Strukturen auch weit in die Zukunft festgeschrieben – so fallen aufgrund der steuer­lichen Bedingungen Dienstwagen mit Privatnutzung gern eine Klasse größer und leistungs- wie verbrauchsstärker als bei Privatkauf aus und landen nach einigen Jahren in der Gebrauchtwagenflotte, die dadurch ebenso in diesem Sinn verzerrt wird.

Entsprechend ernüchternd sind die Zahlen zur Treibhausgasbilanz. Während CO2-Emissionen EU-weit seit 1990 um 24,4 Prozent zurückgegangen sind, liegen sie in Österreich immer noch knapp über dem Stand von 1990. (Europäische Umweltagentur, GHG-Emissions in the European Union, Trends and Projections, 2016)

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert,

in Umsetzung des Klimavertrags von Paris,

zur kosteneffizienten Erreichung unionsrechtlich verbindlicher Ziele im Rahmen des EU-2030 Klima- und Energiepakets,

in Antizipation eines unionsrechtlich verbindlichen Treibhausgas-Minderungsziels für Österreich in den Sektoren außerhalb des Emissionshandels von minus 36 Prozent bis 2030,

zur kosteneffizienten Erreichung des vom damaligen Bundeskanzler Werner Faymann im Rahmen der UN-Klimakonferenz angekündigten Ökostrom-Ausbauziels von 100 Pro­zent bis 2030,

im Sinne einer Lenkungswirkung in Richtung energie- und emissionseffizienter Ge­staltung der Sektoren Verkehr, Industrie und Energieaufbringung

die pauschale Besteuerung und damit steuerliche Besserstellung privat genutzter, fossil betriebener Dienstwagen schnellstmöglich vollständig zu beenden;

die im Ergebnis klimaschädlichen Begünstigungen für die Anschaffung bzw. den Betrieb von Kraftfahrzeugen im gewerblichen Bereich und für Dienstfahrten, wenn diese mit dem Kfz erfolgen, schnellstmöglich zu beseitigen,

die steuerliche Besserstellung von Diesel gegenüber Benzin aus verkehrs-, umwelt- und gesundheitspolitischen Gründen unverzüglich zu beenden und dem Nationalrat einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen,

die im Sinne einer Lenkungswirkung in Richtung energie- und emissionseffizienter Gestaltung des Sektors Verkehr ökologisch und verteilungspolitisch kontraproduktiven Komponenten der Pendlerförderung schnellstmöglich zu beseitigen,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 170

im Sinne einer Lenkungswirkung in Richtung energie- und emissionseffizienter Pro­duktionsprozesse die Energieabgabenrückvergütung schrittweise bis zum Jahr 2020 zu beseitigen,

dem Nationalrat zum ehestmöglichen Zeitpunkt eine Novelle des Mineralölsteuer­gesetzes, des Kohleabgabegesetzes und des Erdgasabgabegesetzes zum Zweck der Abschaffung steuerlicher Vergünstigungen für die Erzeugung von Elektrizität auf Basis von Kohle, Mineralöl oder Erdgas in Herstellungsbetrieben vorzulegen.

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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde

betreffend Kanzler-Versprechen umsetzen: 100 Prozent Ökostrom bis 2030

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Umweltausschusses über das Stenographische Protokoll der parlamentarischen Enquete zum Thema „Was kommt nach Paris? – Diskussion zur Umsetzung des Klimavertrags von Paris in Österreich“ (III-286 d.B.) (1274 d.B.)

Begründung

"Austria continues to maintain its ambitious target of increasing the share of renewable energy in electricity generation to 100% by the year 2030"

BK Faymann zum Klimaabkommen von Paris, 13.12.2015

In seiner Plenarrede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen anlässlich des Klimagipfels von Paris am 30.11.2015 hat Bundeskanzler Faymann für Österreich das Ziel einer zu Hundertprozent erneuerbaren Stromversorgung bis zum Jahr 2030 ausgegeben. Nach Beschluss des Weltklimavertrags bekräftigte er dieses Ziel noch­mals per Aussendung aus dem Bundeskanzleramt.

Das Klimaabkommen von Paris tritt am 4. November 2016 in Kraft.

Das neue Ausbauziel für Ökostrom gilt es nun – fast ein Jahr nach der Ankündigung vor den Vereinten Nationen und dem Beschluss des Weltklimavertrags – in die Umset­zung zu bringen. Dafür sind die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen und Förderregime anzupassen und um die neue Zielgröße zu ergänzen. Im Lichte des kurzen Zeithorizonts bis 2030 ist es entscheidend, dass diese Anpassungen schnellstmöglich umgesetzt werden.

Die Grundlage für die Förderung von Ökostrom in Österreich bildet das Ökostrom­gesetz (ÖSG) und die dazugehörigen Verordnungen. Das Ökostromgesetz kann bereits jetzt die dynamische Entwicklung der erneuerbaren Energien in Österreich nicht mehr zu vollständiger Entfaltung bringen. Der Anteil am Erneuerbaren Strom am Gesamtstromverbrauch stagniert bzw. ist seit 2012 (nach einem kurzen Boom durch das ÖSG NEU) wieder gesunken - von 77 auf 73 Prozent (E-Control: Ökostrombericht 2016).

Eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen an die aktuellen Rahmenbedingungen des Strommarktes zur Erreichung des Ziels bis zum Jahr 2030 ist dringend notwendig. Flankierend zur Reform des Ökostromgesetzes wäre im Sinne der größtmöglichen Kosteneffizienz die Einführung einer CO2-Abgabe sinnvoll.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 171

Um zu gewährleisten, dass der Ökostrom-Ausbau bis 2030 bestmöglich umgesetzt wird und notwendige Korrekturen in den Rahmenbedingungen erfasst und zeitnah vorgenommen werden können, sollte der jährlich von der E-Control erstellte Öko­strombericht, vergleichbar mit dem E-Control Geschäftsbericht auch im Wirtschafts­ausschuss behandelt werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft werden aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Ökostrom­gesetzes vorzulegen, die die Erreichung des neuen Ausbauzieles von 100 Prozent Ökostrom bis 2030 gewährleistet sowie die Vorlage des jährlichen Berichts zur Ent­wicklung von Ökostrom und Stromverbrauch (Ökostrombericht) an den Nationalrat vorschreibt.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bernhard. – Bitte.

 


18.16.42

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Die Frage ist, was wir gegen den Klimawandel machen. Wir haben heute Vormittag schon beim Umweltbudget in aller Kürze darüber diskutiert, ich war auch sehr hart in der Kritik. So hart möchte ich jetzt am Nachmittag nicht sein. Aber ich habe darüber nachgedacht. Also ich muss auch ehrlich sagen, ich habe bei dem einen oder anderen Minister oder der Ministerin in der Vergangenheit das Gefühl gehabt, dass sie nicht so können, wie sie sollten. Das würde ich aber Herrn Minister Rupprechter nicht unterstellen, weil ich weiß, dass er im Bereich der Umwelt- und im Bereich der Landwirtschaftspolitik international einen sehr guten Ruf, eine hohe Reputation hat.

Ich weiß auch, dass Sie, Herr Minister, in Paris im Dezember des letzten Jahres für die Europäische Union einen zentralen Beitrag geleistet haben. Aber Sie machen seither einfach nichts mehr. Das tut mir leid, aber es ist von den vielen Worten, die in Paris im letzten Jahr gemacht wurden, nichts übrig geblieben. Da gibt es eine ganze Reihe von Dingen, die passen überhaupt nicht zusammen.

Ich möchte jetzt auf die Ausführungen des Kollegen Höfinger eingehen. Kollege Höfinger verwendet das Beispiel: Wir haben einen Architekten angestellt, jetzt gibt es einen Plan für ein Haus, und dann bauen wir das Haus „Kampf gegen den Klima­wandel“; es gibt einen großen Stakeholder-Prozess, und im nächsten Jahr im Sommer ist es dann so weit, da können wir mit einer Strategie richtig loslegen.

Fakt ist, er vergisst einmal, die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses einzuladen, nämlich diejenigen Fraktionen im Parlament, die durch die Bevölkerung gewählt wurden, aber in den Stakeholder-Prozess nicht eingebunden sind. SPÖ und ÖVP, plus Wissenschaft, plus NGOs – das ist der Stakeholder-Prozess, aber es sind weder die Grünen noch die NEOS noch die Freiheitlichen noch das Team Stronach in irgendeiner Form eingebunden. (Abg. Brunner: Ich habe mich schon eingebunden!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 172

Nächster Punkt: Wir warten – nachdem wir gesagt haben, wir unterschreiben den Vertrag – einmal ein Jahr auf die Nachfolgekonferenz; wir warten darauf, dass wir unterschreiben können. Wir sagen dann, wir machen das – wieder nach der nächsten Konferenz und dem Unterschreiben – ein Jahr später. Kollege Feichtinger sagt, es wird im kommenden Jahr ab Frühling – das haben Sie gesagt; die ÖVP sagt ab Sommer – auch tatsächlich in die Maßnahmen gehen.

Die Maßnahmen werden nicht im nächsten Jahr kommen, denn sie finden sich im Budget nicht wieder. Im Budget ist die Politik festgeschrieben, aber das bedeutet, 2017 erfolgen diese Maßnahmen nicht.

Es war in der Enquete sehr unterhaltsam, denn die Wissenschaft hat uns gesagt, es gibt gar keine Diskussion darüber, welche Maßnahmen getroffen werden müssen. Man kennt sie alle. Es gibt keinen Diskurs: Gibt es den Klimawandel, ja oder nein? Trifft er Österreich, ja oder nein? Das ist definiert. Selbst wenn es weltweit eine Erwärmung von nur 2 Grad gibt, bedeutet das für Österreich 4 Grad.

Das bedeutet für Salzburg, für Tirol, für Vorarlberg, für Oberösterreich, das Salz­kam­mergut und für Oberkärnten Vermurungen, sodass die Bevölkerungen absiedeln müs­sen, weil dort Lebensräume nicht mehr bewohnbar sind. Das bedeutet, dass die Bergbäuerinnen und -bauern deutlich an Fläche verlieren, dass sie deutlich mehr an Versicherungen bezahlen müssen, weil sie viel mehr Schäden haben. – Das alles passiert, selbst wenn wir unsere Ziele erreichen.

Das bedeutet aber auch, dass wir jetzt schon Gegenmaßnahmen treffen müssen. Die Regierung hat in den letzten eineinhalb Jahren nichts gemacht, null, keinen einzigen Antrag. Es gab im Steuerreformbereich nicht einmal eine Diskussion über eine ökoso­ziale Reform. Es gibt im Verkehrsbereich zarte Blüten, die dann gleich wieder gekillt werden, wo man von Elektromobilität redet, was aber viel zu wenig ist, das ist nur ein Teilbereich. Der Gesamtbereich wird überhaupt in keinerlei Form angegangen, null, kein einziger Antrag. Es gab bei jedem Plenum Reden, aber null Anträge, null gesetzliche Maßnahmen, nicht einen einzigen Schritt.

Die Frage ist: Wer ist dafür verantwortlich? – In erster Linie das Ministerium, das da vorsteht; und da gab es nur Worte, nichts. Es reicht! Da muss man irgendetwas machen, das Parlament ist nicht einmal eingebunden.

Letzter Punkt, der mir aber nicht weniger wichtig erscheint: Wenn es schon keine Raketenwissenschaft ist, was man jetzt machen muss – denn wir machen in geringem Umfang viele Maßnahmen, die wir größer machen müssten –, was machen denn die anderen? – Norwegen hat umfassende Beschlüsse dazu gefasst, wie man aus den Emissionen herauskommt, nämlich durch CO2-freien Individual- und Schwerverkehr, und hat auch deutliche Schritte für die Schifffahrt und den Luftverkehr gesetzt.

Betreffend Luftfahrtbranche: Airbus entwickelt Flugzeuge, die in 15 bis 20 Jahren sehr lärmarm und fast emissionsfrei sein sollen. Die Wirtschaft ist in vielen Bereichen so weit – in der Stahlproduktion noch nicht, das wissen wir, aber in vielen Bereichen ist sie es –, nur die Politik nicht. Die Politik in Europa ist so weit, die Politik in Norwegen ist so weit, die Politik in Deutschland ist so weit, aber wir in Österreich machen nichts, weder für die ländliche Bevölkerung noch für die Bergbäuerinnen und Bergbauern, noch für die Volkswirtschaft, wir versagen auf voller Länge. Mit „wir“ meine ich die Bun­desregierung! – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Willi.)

18.21


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Steinbichler.)

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 173

18.22.01

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Der Zwischenruf war geeignet, Kollege Rädler! Es genügen schon langsam diese Frittierfettkübel nicht mehr (eine Tafel mit der Abbildung eines voll beladenen Containerschiffs sowie einen mit Lebensmitteln gefüllten Kübel mit der Aufschrift „Frittierfett halbflüssig“ auf das Red­nerpult stellend), man braucht ja einen Rucksack und einen Koffer, um nur eine kleine Auswahl dieser Produkte mitzunehmen, die mit sinnlosen Transporten verbunden sind!

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Nach getaner Arbeit, ich glaube, besonders am Abend, haben die Bürgerinnen und Bürger, wenn sie Zeit haben, das Recht auf Information von uns hier in diesem Hohen Haus. Wir diskutieren einen ganz wichtigen Beitrag: Was ist aus den Pariser Klima- und Um­welt­schutzzielen geworden?

Wir haben immer großartige Klimatreffen, großartige Enqueten, großartige Ziele wer­den dargestellt und ins Auge gefasst; in Wirklichkeit aber – und das wurde von vielen Vorrednern schon gesagt – treten wir auf der Stelle.

Eigentlich wollte ich auf die rechte Seite ein brennendes Grablicht stellen – nicht nur angesichts der auf uns zukommenden Adventszeit, wenn die Regale wieder voll sind mit Kerzen, Teelichtern und Grablichtern, sondern weil es auch hier überall um Palmöl geht. (Zwischenruf des Abg. Höfinger.) – Ja, Kollege Höfinger, ihr werdet ja nur Bie­nen­wachs haben in Niederösterreich.

Schauen wir uns diesen Hurrikan in Haiti an, wo es tausend Todesopfer und einen fürchterlichen volkswirtschaftlichen Schaden gibt! Kolleginnen und Kollegen, wovor verschließen wir die Augen? Sind wir nicht fähig, einzuschätzen, was passiert, wenn wir nichts tun? Es passiert ja bereits auf der ganzen Welt – und wir roden täglich, stündlich 1 000 Hektar Regenwald. 1 000 Hektar Regenwald!

Wir schneiden dieser Erde, diesem Planeten, auf dem wir leben, die Lunge weg. Wir haben dann herrliche Transporte. Das (auf die Tafel auf dem Rednerpult deutend) ist eines dieser 62 000 Schiffe, die steuerfrei durch die Weltmeere fahren und dann alles bringen, was unsere natürlichen Lebensmittel, unsere gesunden Lebensmittel substitu­iert und ersetzt.

Das (auf den von ihm mitgebrachten Kübel deutend) wird natürlich als regionales, hervorragendes, gesundes Braten- und Frittierfett verkauft, deswegen bin ich Kollegen Obernosterer gar nicht böse, wenn er mir sagt, die Hotellerie kauft ohnehin alles im Umkreis von 30 Kilometern. – Ja, dort wird es dann vom Frischelieferanten angeboten! Der ganze Kübel ist voll mit einer kleinen Auswahl von Produkten, sonst müssten wir da mit dem Lkw hereinfahren – und dann gibt es diese fatalen Auswirkungen, die wir haben, auch auf die Gesundheit!

Dieses Zeug – dazu kann man ja, um genau zu sein, nicht Lebensmittel sagen – belastet ja nicht nur die Umwelt, das Klima, sondern ganz besonders auch die Gesundheit der Konsumenten. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.) Das ist 18-mal so schwer verdaulich wie gesundes, regionales Butter- und Schweinefett. Ganz wesentlich sind jedenfalls – wie, glaube ich, bereits ange­sprochen – der volkswirtschaftliche Schaden und das menschliche Leid.

Ich darf ganz kurz noch, weil es von den Vorrednern angesprochen wurde, zum Ökostromgesetz und zu den fehlenden Maßnahmen etwas sagen. Diese Biogas­anlagen, wo man für die Erzeugung von Gas Lebens- und Futtermittel nimmt, sind eine Fehlentwicklung. Eine Fehlentwicklung sind auch diese Biogasanlagen, die mit Dünger von Tieren und mit gebrauchten Ölen betrieben werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 174

Ganz wesentlich ist aber, was momentan im Biomassebereich bei den Hackschnitzeln geschieht. Es werden, Herr Minister, diese oftmals mit viel Steuergeld groß errichteten Hackschnitzelheizungen stillgelegt. Ich denke da an die Energie AG Oberösterreich, ich denke wieder an dieses abgerissene Werk bei der FACC in Ried oder an jenes beim Lebensmittelerzeuger Spitz, die dann stillstehen und ersetzt werden, nämlich zum Teil durch Atomstrom beziehungsweise durch Gas aus Russland und diversen anderen fernen Ländern.

Davon kommen wir immer weiter weg. Ich vergleiche das mit der Werbung in der Nahrungs- beziehungsweise Lebensmittelwirtschaft: Je mehr dort die Natur und die Nähe beworben werden, desto weiter kommen wir von der Wirklichkeit, von der Realität weg. Deshalb darf ich an die bereits von Kollegin Brunner zitierte Expertin, Klimaforscherin Kromp-Kolb, erinnern und ich darf auch an einen Beitrag von der ehemaligen grünen Abgeordneten Monika Langthaler erinnern.

Eine weitere, eine teure Facette dieser Entwicklung ist: Zwei Millionen Klima- und Wirtschaftsflüchtlinge sind infolge dieser Entwicklung unterwegs, weil sie vor Ort keine Chance haben, weil sie vor diesen Klimakatastrophen, vor neuen Dürren, vor diesen Witterungseinflüssen flüchten müssen und natürlich in Richtung Ernährung, Richtung Lebensmöglichkeit flüchten. Das wird zu Kosten führen, die wir nicht mehr werden tragen können!

Deshalb: Schnellstens die Ziele umsetzen, Herr Minister, regionalisieren, und dann haben wir wieder Steuerungsmöglichkeiten! (Beifall beim Team Stronach.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Kollege Steinbichler, der Entschließungsantrag! Lassen Sie uns das gleich erledigen! (Abg. Steinbichler: Mein Gott na! Herr Rädler hätte mich fast vom Entschließungsantrag abgebracht! – Abg. Diesner-Wais: Der ist doch gar nicht da! – Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Steinbichler: Doch, der ist schon da gewesen!) – Bitte.

 


Abgeordneter Leopold Steinbichler (fortsetzend): Ich bedanke mich, Herr Präsident! Wir wollen zu diesem Thema folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lebens­mittel- und Rohstofftransporte aus Übersee“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich für die regionale Produktion zum Schutz der Umwelt und des Klimas einzusetzen und sich gegen spekulative Importe aus­zusprechen und entsprechende Maßnahmen zu setzen.“

*****

Wir begründen das damit: „Bei Importware wird elfmal mehr Energie verbraucht, elfmal mehr CO2 ausgestoßen und 28-mal so viel Schwefeldioxid verbraucht wie bei ein­heimischen Produkten.“

Wir bitten um Zustimmung. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.28


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Steinbichler eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 175

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Lebensmittel- und Rohstofftransporte aus Übersee“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 10.: „Bericht des Umweltausschusses über das Stenographische Protokoll der parlamentarischen Enquete zum Thema „Was kommt nach Paris? – Diskussion zur Umsetzung des Klimavertrags von Paris in Österreich“ (III-286/1274 d.B.)“ in der Sitzung des Nationalrates vom 13.10.2016

Wie in jedem anderen Industriezweig wird auch in der Lebensmittelbranche oft dort produziert, wo es am billigsten ist. Erdäpfel aus Ägypten, Eierschwammerln aus der USA, Erdbeeren aus China – die Globalisierung auf dem Teller ist nichts Neues, bringt aber viele Probleme mit sich. Die Zerstörung der heimischen Landwirtschaft und der Umwelt wird einfach in Kauf genommen.

Die Transporte der Lebensmittel um die ganze Welt verursachen viele verschiedene Umweltprobleme, vor allem der hohe Energieverbrauch und der hohe Schad­stoffausstoß (hauptsächlich CO2 und Schwefeldioxid) sind zu nennen. Auf der Internetseite für den CO2-Emissionen-Vergleich findet sich folgende Aufstellung der Lebensmitteltransporte und deren CO2-Ausstoß (http://www.co2-emissionen-vergleichen.de/Lebensmittel/Transport/CO2-Transport-Lebensmittel.html):

 

Täglich werden tausende Tonnen Lebensmittel aus Übersee nach Europa gebracht. Wie aus den Tabellen ablesbar, sind für die Umwelt die Flugtransporte am bedenklichsten. Ware aus Übersee wird größtenteils zwar mit dem Schiff transportiert, wo der geringste CO2-Ausstoß pro Kilometer stattfindet, jedoch sind die Wegstrecken vergleichsweise lang:

Bei Importware wird elfmal mehr Energie verbraucht, elfmal mehr CO2 ausgestoßen und 28-mal so viel Schwefeldioxid verbraucht wie bei einheimischen Produkten (http://nachhaltig-sein.info/privatpersonen-nachhaltigkeit/wirkung-von-lebensmittel-transporten-auf-umwelt-infografik). Dazu kommt bei der Schifffahrt auch die Verschmutzung der Meere durch Schiffsabfälle, die nirgends aufgezeichnet wird – d.h. in der Ökobilanz nicht aufscheint. Will man nachhaltig handeln, müsste man immer, wenn es möglich ist, die regionale Produktion bevorzugen (siehe zweite Tabelle).


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 176

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich für die regionale Produktion zum Schutz der Umwelt und des Klimas einzusetzen und sich gegen spekulative Importe auszusprechen und entsprechende Maßnahmen zu setzen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Rupprechter zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


18.28.40

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir diskutieren den Bericht des Umweltausschusses zum Teil Klimavertrag und zur Parlamentarischen Enquete, die hier im Hohen Haus am 23. Juni stattgefunden hat.

Ich war selbst mit dabei und muss sagen, ich habe diese Enquete als sehr positiv, sehr konstruktiv und als eine an Expertise sehr reiche Enquete wahrgenommen. Ich muss sagen, dass wir bei der grundsätzlichen Einschätzung, in welche Richtung wir gehen müssen, nicht weit voneinander abweichen; und ich glaube, so denkt auch eine breite Mehrheit hier im Hohen Haus. (Abg. Brunner: Aber die Frage ist: Wann wird gehandelt?)

Dass der Klimawandel zu den größten Herausforderungen dieses Jahrhunderts gehört, steht, glaube ich – mit Ausnahme einiger weniger –, auch hier im Hohen Haus, außer Streit. Dass wir mit dem Pariser Übereinkommen, mit dem Weltklimavertrag ein his­torisches Abkommen geschaffen haben, dass wir es innerhalb sehr kurzer Zeit ge­schafft haben, die Ratifikation und das Inkrafttreten voranzubringen, ist auch dem Hohen Haus zu verdanken.

Den Ratifikationsprozess, der für ein internationales Abkommen normalerweise an die zwei Jahre dauert, haben wir in weniger als einem halben Jahr zuwege gebracht. Ich denke, darauf können wir auch ein bisschen stolz sein. Ich sage das, weil Herr Abgeordneter Bernhard, der leider jetzt nicht da ist, gemeint hat, es sei nichts geschehen. Österreich hat da sehr viel getan, nämlich gerade was die Ratifikation und was das Inkrafttreten des Weltklimavertrags anlangt.

Wir haben es auch geschafft, das dritte EU-Mitgliedsland gewesen zu sein, das die Ratifikation verabschiedet hat. Wir waren daher auch Frontrunner und waren auch treibende Kraft, etwa beim außerordentlichen Umweltministerrat am 30. September (Zwischenruf des Abg. Bernhard), sodass die Europäische Union einen einstimmigen Beschluss treffen konnte, dass die Union die Ratifikation im Schnellverfahren verabschiedet. Damit wurde die Grundlage dafür geschaffen, dass die Union und auch die Mitgliedstaaten wie Österreich, die bereits ratifiziert haben, zeitgerecht mit 7. Okto­ber die Hinterlegung der Ratifikationsurkunde zuwege bringen konnten. Da waren wir treibende Kraft, und ich denke, darauf können wir mit Stolz verweisen.

Wir, die Europäische Union, und wir, Österreich, waren Auslöser für das Inkrafttreten, für die Überschreitung der Threshold; das wissen Sie sehr gut, also den Vorwurf, dass wir untätig geblieben sind, lasse ich einfach weder auf Österreich noch auf der Regierung sitzen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Bernhard.) Es wird auch so sein, dass wir bei der COP 22 in Marrakesch als aktive Vertragspartei am


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Verhandlungstisch der ersten Vertragsstaatenkonferenz sitzen werden; und ich denke, das ist eine beträchtliche Leistung, die wir da erbracht haben.

Meine Überzeugung ist, dass der Pariser Weltklimavertrag insgesamt breit ange­nommen wurde und dass die Umsetzung klar ist, dass klar ist, in welche Richtung wir gehen müssen, nämlich in Richtung Dekarbonisierung unserer Gesellschafts­systeme, vor allem der Energie- und der Mobilitätssysteme. Das ist unstrittig. Es ist auch weitestgehend unstrittig, in welche Richtung das gehen muss. Der Weg ist klar. Wir brauchen aktive Klimaschutzpolitik, und wir brauchen Klimawandelanpas­sungsstra­tegien.

Angesichts der Tatsache, dass wir eine integrierte Klima- und Energiestrategie in einem breit angelegten Dialogprozess aufsetzen, verstehe ich, muss ich ehrlich sagen, die Kritik der Grünen nicht ganz und auch nicht jene der NEOS, die sich eigentlich schon immer für eine solche prozessbegleitende Erarbeitung unter breiter Einbindung aller Stakeholder ausgesprochen haben. (Abg. Brunner: Für die offenen Fragen!) Da reden Sie ein bisschen gegen Ihre eigene Ideologie. Also wir machen das, wir binden breit ein, und wir werden eine integrierte Klima- und Energiestrategie auf breiter Konsensbasis erstellen.

Es ist klar, dass wir eine Energiewende brauchen, die die Erneuerbaren im Fokus hat. Wir sind in dieser Hinsicht Nummer eins in Europa mit 34 Prozent Anteil an Erneuerbaren, mit 78 Prozent beim Strom. Bis 2030 werden wir 100 Prozent des Stroms in Österreich aus Erneuerbaren erzeugen, also da können wir schon auch auf Leistungen verweisen.

Da heute Elvis schon mehrmals zitiert worden ist: Wer glaubt, dass die Energiewende ohne feste Biomasse erreicht werden kann, der ist ganz entschieden auf dem Holzweg. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lugar: Ist das ein Elvis-Zitat?) Wir haben in Österreich bei der Stromerzeugung zu 78 Prozent Erneuerbare (Abg. Brunner: Seit 30 Jahren!), 50 Prozent davon ist Biomasse. Liebe Freunde, ich wiederhole es: Wer glaubt, dass bei der Energiewende die Stärkung und Forcierung der Erneuerbaren ohne Biomasse erfolgen kann, ist auf dem Holzweg. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Brunner.) Ich zitiere Elvis: „Return to Sender“! Ihr habt es gehört, oder? „Return to Sender“! (Zwischenrufe der Abgeordneten Krainer und Wittmann.)

Liebe Freunde, dass wir eine Ökostromnovelle brauchen, eine große Novelle gerade auch zur Stärkung der Erneuerbaren, zur Stärkung der Biomasse, der festen Bio­masse, auch von Biogas, das ist ja wohl völlig unumstritten.

Liebe Freunde, liebe Abgeordnete, wenn es darum geht, dass wir eine Mobilitätswende brauchen, dass wir viel stärker noch auf E-Mobilität setzen müssen, da bin ich mit Jörg Leichtfried wirklich auf einem gemeinsamen Weg. Wir werden Ihnen noch heuer unser Förderungspaket für die Stärkung der E-Mobilität vorlegen.

Eines sei schon gesagt, Frau Abgeordnete Brunner: Ein 100-Millionen-€-Paket für die Stärkung der Erneuerbaren, für die E-Mobilität und für die thermische Sanierung, das werden nicht einmal die Grünen schlechtreden können. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brunner: Aber Vorschläge habe ich kaum gehört! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

18.35


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Mag. Groiß. – Bitte. (Abg. Krainer: Aber „Return to Sender“ ist, weil der Absender verzogen ist! Heißt das, Sie verziehen? Ich habe das Bild jetzt nicht ganz …!)

Kollege Krainer! Wir werden anstelle der Berichterstattung, die eh nie stattfindet, vielleicht einmal so etwas wie eine Nachkommentierung einführen; darüber müssen wir


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in der Präsidiale vielleicht einmal diskutieren. (Abg. Krainer: Wenn Sie das wünschen, ich stelle mich gerne zur Verfügung!) – Nein, wünschen nicht, das war nur meine Interpretation Ihrer Tätigkeit. – Bitte, Herr Abgeordneter Groiß.

 


18.35.43

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Klimawandel endet nicht an der Staatsgrenze, er endet nicht an den Küsten, er endet auch nicht an den politischen Systemen, daher finde ich die Einstellung der FPÖ, die eine Insellösung für Österreich möchte, doch nicht so besonders geeignet. Es ist genau dieser internationale Schulterschluss durch den Vertrag von Paris notwendig, um dieses ökologische Ziel voranzutreiben.

Herzlichen Dank, lieber Herr Minister, dass wir bei der Ratifizierung Vorreiter sind, dass wir das vorangetrieben haben, dass Österreich da von Anfang an dabei ist. Wir Österreicher sind in der Umwelttechnologie ja immer im Spitzenfeld gewesen und bleiben es. (Abg. Brunner: Ratifikation heißt Verpflichtung zum Handeln!) – Richtig! (Weitere Zwischenrufe bei Grünen und Team Stronach.)

Dieses Klimaziel ist jetzt für uns festgeschrieben, wir haben dem zugestimmt. Es ist ein Teil des gesamten Ziels (Abg. Lugar: Wo sind die Maßnahmen?), nämlich der öko­logischen, ökonomischen und sozialen Ziele. (Abg. Lugar: Sag einmal was!) Es ist eines von vielen Zielen, es muss da eingeordnet sein. (Abg. Lugar: Nicht die Ziele, Maßnahmen?) – Komm dann raus und rede, dann kannst du deine Maßnahmen erzäh­len!

Die Ziele müssen wir ausgewogen abarbeiten, da gehört auch die Lebensqualität, da gehört das wirtschaftliche Wachstum, da gehören die Eigenvorsorge, die soziale Ausgewogenheit, die Armutsbekämpfung und so weiter dazu. (Abg. Lugar: Das wissen wir alle! Wo sind die Maßnahmen?)

Durch diesen Vertrag, den wir jetzt hier ratifiziert haben und dem wir zugestimmt haben, sind wir als Parlamentarier, als Abgeordnete dafür verantwortlich, dass wir bei den einzelnen Gesetzen schauen, ob diese Gesetze in die richtige Richtung gehen. Wir reden davon, was in der Pipeline ist, wir reden vom Ökostromgesetz, wir reden vom Budgetgesetz, wir reden vom Budgetbegleitgesetz, wo es immer einige Punkte genau zu diesem Thema gibt. (Zwischenruf der Abg. Brunner.)

Die Zusammenfassung wird das Klimaziel, die Klimastrategie des Herrn Bundes­ministers sein. Wir müssen auch viele Sachen machen, die kein Geld kosten. Es kann auch sein, dass wir einfach einmal etwas erlauben (Abg. Lugar: Wirklich, was erlau­ben?), dass wir bei der Bürgerbeteiligung weiterarbeiten, dass wir unsere Rechts­systeme so ändern, dass wir vielleicht nicht den Konsumentenschutz, sondern den Klimaschutz in den Vordergrund stellen, um gewisse Punkte umzusetzen.

Bei vielen dieser Punkte sind wir jetzt gefordert. Wir als Abgeordnete müssen fordern, dass das Klimaziel, ein wichtiger Punkt, einer von vielen Punkten, umgesetzt wird. Wenn wir das gemeinsam machen, werden wir auch bei diesen Klimazielen ent­sprechend weiterkommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.38


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Greiner. – Bitte.

 


18.38.55

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Österreich war eines der ersten Länder, die den Klimaver­trag von Paris ratifiziert haben.


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Was ist das Ziel dieses Vertrags? – Eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau, das heißt eine deutliche Senkung der Treibhausgasemissionen. Für Österreich lautet das Einspa­rungsziel minus 36 Prozent bis 2030. Wie kann man dieses Ziel erreichen? – Generell durch eine Steigerung der Energieeffizienz und durch den Ausbau erneuerbarer Energie.

Im Folgenden greife ich konkrete Maßnahmen auf: Wir wissen, das Verkehrsauf­kommen bewirkt 45 Prozent der gesamten Umweltbelastungen. Wie kann man dem konkret entgegenwirken? – Durch gangbare Alternativen, wie zum Beispiel Elektromo­bilität. Ich denke an E-Carsharing-Modelle und dergleichen.

Experten attestieren der Elektromobilität ein hohes Potenzial. Wir alle wissen, der Um­stieg erfolgt schleppend und langsam, nicht zuletzt durch hohe Anschaffungskosten und technisch nicht ausgereifte Details – ich denke dabei an zu schwache Batterien. Kolle­ge Bernhard hat schon erwähnt, dass Norwegen in dieser Sache ein Vorzeigeland ist.

Lassen Sie mich eine Überlegung unseres Bundeskanzlers Christian Kern ansprechen: Eine Erhöhung der Ökosteuern, und zwar vor allem der Steuern auf fossile Energien, würde entscheidende Anreize schaffen, um auf alternative Energiequellen umzustei­gen. Dabei schaut die SPÖ auf Verteilungs- und Steuergerechtigkeit und nimmt Bedacht auf lokale Gegebenheiten. Ich spreche konkret Arbeitsplätze an, Frau Kollegin Brunner, das ist die soziale Kompetenz der SPÖ. (Abg. Brunner: Dann legen Sie eine Maßnahme vor!)

Der Weg in Richtung erneuerbare Energien ist erfolgversprechend. Das belegt bei­spielsweise folgende Zahl: 2015 ist die Stromproduktion durch Windkraft und durch Fotovoltaik um 25 Prozent gestiegen. Und erinnern wir uns an die heutige General­debatte zum Budget: Bundeskanzler Christian Kern hat eine Novellierung der Öko­strom­förderung angesprochen – Sie sind herzlich eingeladen, daran mitzuarbeiten! (Zwischenruf der Abg. Brunner. – Abg. Glawischnig-Piesczek: Seit eineinhalb Jahren warten wir, dass Sie sich in Ihrer Koalition einigen! Das ist unfassbar!) – Sie sind nach wie vor eingeladen, mitzuarbeiten.

Es ist sinnvoll, Förderungen punktgenau einzusetzen. Aus Fachkreisen verlautet, dass eine Energiewende bis 2050 umsetzbar ist. Das ist ein ambitioniertes Ziel und betrifft den Wandel in mehreren Sektoren.

Ich spreche noch einmal die Mobilität, aber auch den Produktionssektor an: Was brauchen wir, um eine Energiewende zu vollziehen? – Wir brauchen Innovationen. Das heißt, es ist sinnvoll, speziell in Energieforschung und generell in Forschung zu investieren. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Die Warteschlange für Windkraft ist schon Hunderte Kilometer lang!) Es hat auch positive Effekte auf die Arbeitsplatzsituation, wenn in Forschung investiert wird, Frau Kollegin Brunner! (Zwischenruf der Abg. Brunner.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist möglich, die angestrebten Klimaziele mit einer ressortübergreifenden Diskussion und Maßnahmenfindung sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene zu erreichen. Österreich wird sich aktiv einbringen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.42


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Willi zu Wort. – Bitte.

 


18.42.48

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie können zwei Dinge sehr gut: Erstens, Sie können gut feiern.


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Seit einem Jahr feiern Sie jetzt die Unterschrift unter dem Klimavertrag. Und ich zolle Ihnen Respekt, Sie waren ein Motor dafür, dass dieser Klimavertrag a) zustande kam und b) schnell ratifiziert wurde. (Abg. Brunner: Nicht nur er!) Aber es ist zu wenig, nur das Setzen einer Unterschrift zu feiern, während der Klimavertrag auf dem Tisch liegt und alle wissen, was zu tun ist!

Das Zweite, das Sie auch können – großer Respekt –, ist, die Klima-Enquete unter Druck der Grünen organisiert zu haben. Wir haben ständig gesagt: Herr Minister, tun Sie etwas! Um den Druck abzufangen, haben Sie gesagt: Machen wir eine Enquete! Diese haben Sie in Windeseile und sehr kompetent organisiert. Wir saßen dann alle da, und die Expertinnen und Experten haben im Kern gesagt: Es ist alles bekannt, es ist alles klar, die Wissenschaft hat alles gesagt, bis hin dazu, wie eine ökosoziale Steuerreform ausschauen müsste.

Und nun sagen Sie: Wir müssen eine Klima- und Energiestrategie entwickeln! Und Kollege Höfinger kommt mit dem Bild: Wir wollen ein Haus bauen, und dafür braucht man einen Plan. Nur, wer sind denn die Planer? – Das sind wir hier! Wir müssen die Gesetze machen, sprich den Plan, die besagen, wie man den Klimavertrag von Paris umsetzt. Und während Sie nicht bereit sind, etwas zu tun, sperren Planungsbüros für Windräder und erneuerbare Energien zu. Wir verlieren den Anschluss an Europa, weil Sie nicht bereit sind oder zu wenig Macht haben, oder was immer, dafür Sorge zu tragen, dass in dieser Frage etwas weitergeht.

Jetzt zu den Freiheitlichen: Kollege Kumpitsch sagt: Wir Freiheitlichen sind für den Klimaschutz!, aber das wichtigste Klimaabkommen unterstützt ihr nicht. Ihr sagt: Wir sind für erneuerbare Energien!, aber es darf sich nichts verändern. (Zwischenruf des Abg. Kumpitsch.) Es darf niemand etwas spüren: Die Wirtschaft darf nichts spüren, der Einzelne darf nichts spüren. So wird es nicht gehen.

Was uns bevorsteht, ist eine riesige Revolution. Wir haben den Übergang vom Kohle­zeitalter zum Erdölzeitalter erlebt, und das muss nun zu Ende gehen. Wir nähern uns dem Zeitalter der erneuerbaren Energien. Und was in „Laudato si’“ steht, ist ein einzi­ges grünes – sage ich – Klimaschutzprogramm (Bundesminister Rupprechter: Öko­sozial!), ein ökosoziales Programm. Und ich frage mich, Herr Minister – Sie wissen genau, was das heißt –: Wo sind die Maßnahmen dahinter?

Nun rede ich als Verkehrssprecher: Ich habe gestern einen Finanzminister erlebt, der plötzlich auf die ÖBB einhaut, obwohl die ÖBB der größte Elektromobilitätsanbieter Österreichs sind. Wir alle wissen, dass die Bahn in Zukunft eine viel größere Rolle spielen muss, als sie es heute schon tut. Das heißt, wir brauchen viel Investitionen in die Bahn, damit diese umweltfreundliche Mobilität anbieten kann. Und heute gibt es das Match wieder: Wegen den ÖBB hauen die sich fast die Schädel ein und werfen sich gegenseitig Dinge vor. Meine Damen und Herren, so kommen wir nicht weiter.

Herr Minister, es liegt an Ihnen, aus der Phase des segensreichen Sprechens in das segensreiche Wirken zu kommen, denn Ihr politischer Anspruch ist: Ich als Minister Rupprechter will segensreich wirken! Wir Grüne warten darauf, wir applaudieren, wenn Sie es tun, aber bitte, Herr Minister, fangen Sie endlich an! Das Abfeiern einer Unterschrift, die es seit einem Jahr gibt, ist zu wenig. (Beifall bei den Grünen.)

18.46


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Strasser zu Wort. – Bitte.

 


18.47.03

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Es


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ist heute ein wenig der Tag der Zitate (Abg. Neubauer: Frank Sinatra fehlt noch! Bob Dylan wäre auch gut!), und ich darf mit einem Zitat von Herrn Bundesminister Rup­prechter einsteigen: Der Klimavertrag ist ein historisches Abkommen und „der Start­schuss für eine ambitionierte globale Klimapolitik“. – Es ist ein Startschuss, aber nicht für nationale Schnellschüsse.

Es ist ein Startschuss, wenn es um Zusammenarbeit und soziale Dinge geht, denn die Menschen, die unsere Maßnahmen betreffen werden, sollen ja auch von ihnen profitie­ren. Es geht darum, einen Startschuss für mehr internationale wirtschaftliche Zusam­menarbeit, mehr fairen globalen Handel und mehr Entwicklungszusammenarbeit zu setzen. Es wird um eine intensivere Zusammenarbeit gehen, wenn wir von der Ökologie sprechen und es um die Pflege und den Erhalt unserer Lebensräume geht.

Ich möchte den Einschätzungen und Meinungen der Opposition entgegenhalten, dass wir in Europa und Österreich Vorreiter sind, wenn es um Effizienz, Sparsamkeit und erneuerbare Energiequellen geht. (Abg. Lugar: Ja, wo denn?) Und, Frau Kollegin Brunner, wir haben auch schon sehr viele Mitstreiter und Mitstreiterinnen auf europä­ischer Ebene gefunden, wenn es um den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern und der Atomenergie geht. (Abg. Brunner: In Dänemark gibt es ein Ölheizungsverbot!)

Lassen Sie mich ein paar Gedanken zu den erneuerbaren Energiequellen, im Speziel­len zur Biomasse ausführen: Die ÖVP und besonders der Bauernbund unterstützen die Windenergie, Fotovoltaik, Solarthermie zur Erzeugung von Strom und Wärme. Solch eine Energieversorgung eines Landes oder eines Kontinents wird immer ein Energie­mix sein, das hat seine Gründe im Preis und der technischen Machbarkeit. Aus diesem Grund braucht es auch stabilisierende Elemente, darum sagen wir Ja zur Biomasse und zur Wasserkraft. (Zwischenruf der Abg. Brunner.)

Ich darf die Grünen an ihre zweifelhafte Rolle erinnern – mit den besten Grüßen von Präsident Auer –, die sie im Zusammenhang mit dem Bau des Wasserkraftwerks in Lambach gespielt haben. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber. – Abg. Auer: Lambach habt ihr blockiert!) Die Wasserkraft ist ja schon relativ gut ausgebaut, aber bei der Biomasse haben wir noch Luft nach oben, weil es Situationen gibt, in denen keine Sonne scheint und kein Wind weht, auch nicht, Frau Kollegin, im Burgenland. (Abg. Brunner: Danke für die Aufklärung!) Aus diesem Grund brauchen wir die Nutzung von Biomasse und Biogas, was in diesen Tagen äußerst kontroversiell diskutiert wird. Ich hoffe, dass wir in diese Richtung auch noch etwas zusammenbringen, wenn es um die Erzeugung von Strom und Wärme geht.

Wir sagen ganz klar Nein zur Nutzung von fossilen Energien und auch zur Atomkraft. Aus diesem Grund verstehe ich den Herrn Bundeskanzler nicht ganz. Er hat heute am Vormittag die Nutzung der Biomasse sozusagen infrage gestellt; wenn man aber die Biomasse ablehnt, unterstützt man indirekt die Atomkraft- und Fossillobby.

Abschließend wünsche ich den Kollegen Bernhard und Pirklhuber und Frau Kollegin Brunner ein bisschen mehr Zuversicht und mehr Augenmaß. Ich schließe mit einem Zitat unserer lieben Kollegin Elli Köstinger aus dem EU-Parlament: „Das fossile Zeitalter ist vorbei. Die Energiezukunft beginnt jetzt und wir werden die Pioniere dieser Energiewende sein.“ (Abg. Steinbichler: Das wird nichts!) – Danke schön und alles Gute. (Beifall bei der ÖVP.)

18.51


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Becher zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 182

18.51.29

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor wenigen Monaten hat hier, in diesem Haus der Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki-moon als internationaler Gast zu uns gesprochen, und auch er hat auf die Dringlichkeit des Klimaschutzes aufmerksam gemacht und das vehement unterstrichen.

Nun frage ich: Welche Rolle kommt dem Wohnbau auf dem Weg zur Netto-Null-Emis­sion zu? Es wurde natürlich bereits eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, und der Anteil erneuerbarer Energie am Gesamtenergieverbrauch ist gewachsen. Es ist aber selbst­verständlich auch eine Reihe von Maßnahmen notwendig, um das gesteckte Ziel zu erreichen, und das muss in den nächsten Jahren sehr, sehr rasch gehen.

Ich möchte auch erwähnen, dass Österreich bei der Entwicklung umweltschonender Technologien ein globaler Player ist, zum Beispiel bei den Heizsystemen, von Fotovoltaik bis hin zu den Bau- und Dämmstoffen. Es wurden in den letzten zehn Jahren insgesamt über 3 000 neue Patente im Bereich der erneuerbaren Energie in Österreich vergeben.

In meinem Wahlkreis, in der Donaustadt, im 22. Bezirk, hat die Zukunft des Wohnens bereits begonnen, nämlich in der Seestadt. Das ist ein Stadtteil, in dem insgesamt 20 000 Menschen wohnen werden, wenn er fertig ausgebaut ist. Das ist die Stadt der kurzen Wege, wo wohnen, arbeiten und Freizeit sehr eng beisammen liegen, wo man das alles in einem genießen kann, die Menschen Zeit sparen und der Umwelt vermeidbare Belastungen erspart werden.

Es gibt dort eine Reihe von Forschungseinrichtungen zum Energieverbrauch, für neue Baustoffe bis hin zu einem Haus, einem Gebäude, das aspern IQ, das ein Plusener­giehaus ist und mehr Energie erzeugt, als es verbraucht. Ich glaube, das ist ein Beispiel für die Zukunft und dafür, wie es gehen kann.

Bei der Enquete hat Dr. Prutsch vom Grazer Umweltamt eines auf den Punkt gebracht; er hat gesagt: „Nicht alles rechnet sich, was hier gemacht wird. Da spielt eben der […] niedrige Energiepreis […] hinein“. – Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Es sind zwei Faktoren, die zurzeit mehr Klimafreundlichkeit im privaten Wohnbau entgegenstehen: Das ist einerseits die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank – dadurch wird frei finanzierter Wohnbau für viele attraktiver, und natürlich werden dadurch viel weni­ger Maßnahmen und Auflagen eingehalten –, und es sind andererseits die historisch niedrigen Energiepreise, bei denen viele auf Investitionen für energiesparende Maßnahmen verzichten. Da, denke ich, gibt es nur eine Antwort, und diese heißt: Kurs halten!, denn niedrige Zinsen und niedrige Energiepreise haben auch ein Ablaufdatum. Wer heute unter dem Eindruck dieser günstigen Preise frei finanziert, billiger baut, tut das mit wesentlich weniger Nachhaltigkeit.

Ganz zum Schluss noch eine Bemerkung: Wenn es stimmt, dass alle Landeswohn­baureferenten eine Lockerung der Auflagen bei den Verhandlungen zu Artikel 15a verlangen – das wären alle energiesparenden Maßnahmen in diesem Bereich, im Wohnbaubereich, die im Rahmen der Wohnbauförderung dann von den Ländern geför­dert werden –, so beschränkt sich meine Antwort auf ein klares Nein, das ist aus meiner Sicht nicht möglich. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.55


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 183

18.55.43

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Minister! Hohes Haus! Vorneweg – Kollege Strasser, nicht am Handy tippen, sondern kurz zuhören! – zum Thema Zuversicht und Augenmaß: Ich bin Mitglied der Bürgerenergie­genos­senschaft Traunviertel, und wir haben in zwei Jahren durch die Beteiligungen von Bürgerinnen und Bürgern in unserer Region 25 kommunale Fotovoltaikanlagen finanziert. (Zwischenruf des Abg. Strasser.) – Ja, Herr Kollege, so ist es.

Das sind konkrete Projekte, die wir aktiv unterstützen, mit den Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam aufbauen, selbstverständlich auch mit der regionalen Politik, denn ich bin auch Mitglied im Vorstand des Regionalforum Steyr-Kirchdorf im Traunviertel. Und wir haben auch begonnen, ein neues Pilotprojekt zu starten, es gibt nämlich in fünf Gemeinden Elektroautos auf Carsharing-Basis. Das wollte ich zum Thema Tätigkeit und Möglichkeiten, die Abgeordnete in ihrem Wahlkreis auch umsetzen können, anmerken.

Wir warten im Parlament aber auf gesetzliche Maßnahmen, auf echte Umsetzungs­schritte des Klimaabkommens. Meine Damen und Herren, wir haben im letzten Umwelt­ausschuss, wenn ich mich richtig erinnere, keine einzige Regierungsvorlage gehabt. Wir haben nichts zur Umsetzung bekommen, nach der Enquete gab es keinen Antrag von der Regierung, nicht einmal eine Entschließung. (Abg. Neubauer: Das ist in allen Ausschüssen so!) Meine Damen und Herren, so geht es nicht weiter, mit dieser Geschwindigkeit lösen wir die Probleme nicht.

Auch zu den Worten des Herrn Bundesministers möchte ich etwas sagen, denn ich habe etwas nicht verstanden, oder ich habe es nur teilweise verstanden: Wenn Sie in Richtung „Return to Sender“ gehen und die Biomasse verteidigen, weise ich Sie darauf hin, dass Sie Partner hier im Haus haben. Hinsichtlich Biomasse werden wir immer gesprächsbereit sein, Herr Minister, aber es geht dann um das Wie, und darum, dass es endlich umgesetzt und das Ökostromgesetz endlich novelliert wird. Das ist die Herausforderung unserer Zeit.

Ich denke mir: Einer der Pioniere der solaren Revolution, Hermann Scheer – den ich noch persönlich kennengelernt habe, der leider schon verstorben ist –, hat wirklich engagiert über Jahrzehnte getrommelt, und die deutsche Energiewende hat eine Energiewende in Europa gestartet – und nun werden hier zögerlich, zaudernd die Dinge gegeneinander aufgerechnet, es wird sozusagen Kleingeld gemacht! Natürlich brauchen wir eine Transformation, die sozial ist, Herr Minister. Wir brauchen einen Prozess der Energiewende, der die Menschen mitnimmt. Daher sind wir für partizi­pative Prozesse, für eine breite BürgerInnenbeteiligung, aber nicht für Stillstand. Das geht nicht, so geht es nicht weiter, und Sie können nicht immer eine Ankündigung nach der anderen machen, und nichts geschieht.

Die Expertinnen und Experten haben in der Enquete auch ganz klar gesagt, Professor Nakicenovic zum Beispiel: Es sind „radikale Veränderungen notwendig und möglich.“ – Es ist möglich, Herr Bundesminister!

Wir – Kollegin Brunner hat das ausgezeichnet vorbereitet – haben die Möglichkeit, vier Anträge hier im Plenum zu beschließen; vier Anträge, die das Angebot machen, wirk­lich einzusteigen, um Arbeitsprogramme zu erarbeiten. Das ist ja noch kein Detail­arbeits­programm, es ist aber eine Richtung. Wir brauchen endlich eine Richtung in der Klimapolitik, und zwar, um die Dinge umzusetzen. Kein Cent mehr für fossile Energien, kein Steuergeld mehr, keine Förderungen mehr für eine Technologie, die veraltet ist – und das heute und nicht überüberübermorgen, nur weil sich einige Landeshauptleute oder irgendeine Firma auf die Zehen gestiegen fühlen. So geht es nicht, Herr Minister!


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Ich erwarte mir von Ihnen aktive Politik in der Bundesregierung. Sie müssen mit Ihrem Parteikollegen Mitterlehner halt auch einmal ein klares Wort sprechen, wenn es darum geht, den Vorrang für erneuerbare Energien umzusetzen und durchzusetzen – und Nachrang für fossile Energien –; nur dann werden wir die Dekarbonisierung umsetzen können.

Noch ein Wort dazu: Haben sie sich schon einmal überlegt, dass wir auch eine staatliche Beteiligung an der OMV haben? – 28 Prozent gehören der Republik. Was tun wir mit diesem Konzern? Wie bauen wir diesen in einen Konzern für erneuerbare Energien um?   

Das geht in beide Richtungen, meine Damen und Herren – auch an die Gewerkschaft ein Appell: Machen Sie sich dazu Gedanken! Der ehemalige  Vorstandsvorsitzende Ruttenstorfer hat es damals ganz klar versucht. Er hat gesagt, wir brauchen auch für die OMV eine neue Orientierung, in zehn Jahren müssen wir erneuerbare Energien voranbringen. Das sind Projekte, Herr Minister! (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Ich erwarte endlich Vorschläge und nicht nur Ankündigungspolitik. Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Diesner-Wais zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


19.00.28

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kollegen im Hohen Haus! Von meinem Kollegen Hermann Gahr gehen die besten Grüße an den Tiroler Forstverein. Sie sind genau zu dieser Debatte passend da, denn es geht um Bioenergie, in der Sie tätig sind. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich denke, wir alle stimmen darin überein, dass es eine gelungene Enquete war – über die wir auch heute noch einmal diskutieren. Nun ist endlich die Erkenntnis da, dass die von Menschen verursachte Klimaveränderung und ihre Folgen die Lebensgrundlagen von uns allen weltweit gefährden.

Die Unterzeichnung des Weltklimavertrages hat klare Zeichen gesetzt: Ein historischer Durchbruch bei den Klimaverhandlungen ist passiert, alle Staaten haben erkannt, dass man nur durch gemeinsames Handeln etwas bewirken kann.

Am Beispiel Chinas und der USA sehen wir, dass sich das Bewusstsein gewandelt hat. Das Klimaschutzabkommen zeigt, dass es einfach notwendig ist – wir haben das heute schon sehr oft gehört –: Das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas muss ein Ende finden. Auch die EU-Staaten haben sich dazu bekannt, klar, denn sonst können wir das Ziel, innerhalb von 30 Jahren unter 2 Grad Erderwärmung zu kommen und das globale Ziel der Netto-Null-Treibhausemissionen ab 2050 (Abg. Brunner: Nicht ab! Bis!) – bis, Entschuldigung! – bis 2050 nicht erreichen. Ein schrittweiser Ausstieg ist ein unbedingtes Muss, sodass sich der Kohlekreislauf wieder schließt.

Wir sind in Österreich in einer guten Startposition. 78 Prozent des Stromes erzeugen wir bereits aus erneuerbarer Energie, davon 50 Prozent aus Biomasse. (Abg. Brunner: Umso weniger verständlich, dass nichts passiert!) In Niederösterreich sind es sogar 100 Prozent, die wir erreichen. Seit dem Jahr 2005 ist es gelungen, das Wirtschafts­wachs­tum vom Energieverbrauch abzukoppeln.

Ich möchte jetzt besonders auch auf die Rolle unserer Landwirtschaft und unserer Bau­ern hinweisen, denn sie ernähren die Bevölkerung. Sie sind auch in Paris gesondert


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hervorgehoben worden, denn sie wirtschaften in kurzen Kreisläufen und leisten damit einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der CO2-Bilanz.

Wir haben natürlich den Vorteil, dass wir eine gute Waldausstattung und eine effiziente Land- und Forstwirtschaft mit hoher Kompetenz und natürlich auch unseren Wasser­reichtum haben. Daher sind wir bevorteilt (Abg. Glawischnig-Piesczek: Stimmt!), in der Energiewende wirklich Vorreiter zu sein.

Ich möchte jetzt auch nochmals besonders auf die Bioenergie hinweisen, denn die rohstoffabhängigen Anlagen sind dadurch, dass die Tarifförderung im Auslaufen ist, natürlich in Bedrängnis gekommen. Wenn wir die Windenergie und die Fotovoltaik wollen, dann brauchen wir auch eine Regelenergie dazu. Damit das passt, muss einfach eine Grundlast da sein, und da spielt die Bioenergie eine entscheidende Rolle.

Seit mehr als zwei Jahren werden die Verhandlungen für einen Nachfolgetarif geführt, es gibt schon einen fertigen Entwurf. Ich sage, es handelt sich um viele Betriebe, wo Familien in ihrer Existenz sehr stark bedroht sind. Da gibt es Handlungsbedarf.

Für die Windenergie, Sie haben es schon angesprochen, entfällt die Förderwürdigkeit nach drei Jahren, wenn bis dahin kein positiver Bescheid erfolgt ist. Das kann es auch nicht sein! Also ist das Gebot der Stunde, dass die fossilen Stromerzeuger wie Kohle und Atomenergie aus dem Kraftwerksportfolio verschwinden müssen. Die kleine Ökostromnovelle muss erfolgen, sie muss heuer noch passieren.

Da bitte ich natürlich alle, die heute gesagt haben, dass sie mithelfen, auch tatsächlich mitzuhelfen, und unseren Koalitionspartner bitte ich, dass er unterzeichnet. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Ja!)

Ich denke, wir müssen den Rückenwind von Paris jetzt konsequent nutzen. In Österreich haben wir viel Know-how in der Umwelttechnik, in der erneuerbaren Ener­gie, und große Chancen, dass durch den Klimaschutz auch Beschäftigung und Wert­schöpfungseffekte hervorgerufen werden können. Das wird auch schon sehr oft von Ihnen angesprochen und das ist so.

Ich denke, wir müssen die zukunftsorientierte Chance ergreifen und mit Tatkraft die Energiewende im Sinne unserer Kinder herbeiführen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Unterrainer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.05.38

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Meine Damen und Herren, wir sind heute in der Früh mit einem Feuerwerk an Zitaten, an Bildern in die Budgetdebatte gestartet. Da war die Rede vom Austro-Schäuble, von dem mit der schwarzen Null, von der schwäbischen Hausfrau mit Bart (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm), Shakes­peare wurde zitiert – und angepasst –, unter anderem mit: „Worte zahlen keine Schulden“.

Ich möchte daran anknüpfen und das weiterführen: Worte zahlen nicht nur keine Schulden, sondern sie retten auch nicht die Welt und auch nicht unser Klima, denn dazu braucht es nämlich Taten. Das bringt mich zu dem Thema, das wir heute auf dem Tisch haben, nämlich den Klimavertrag von Paris.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmgeräten! Beim Klimawandel stehen die Zeichen auf Sturm. Die letzten 35 Jahre haben die heißesten 20 Jahre seit Beginn der Aufzeichnung mit sich gebracht. Das Jahr 2015 hat dabei alle Rekorde gebrochen.


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Der globale Meeresspiegel ist bereits um 17 Zentimeter gestiegen, bei uns schrumpfen die alpinen Gletscher zu Schneefeldern zusammen. Die Weltklimakonferenz in Paris war ein Startschuss und ein Zeichen dafür, dass sich die Welt der immensen Bedrohung durch die Klimaerwärmung bewusst ist – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Der Klimaschutz selbst und die notwendigen Maßnahmen liegen aber bei den einzelnen Staaten, also bei uns selbst. Es wird uns nichts nützen, mit dem Finger auf die anderen zu zeigen. Wir sind verpflichtet, mit gutem Beispiel voranzugehen. Das ist ja auch das, was du, Herr Minister Rupprechter, immer wieder anführst.

Für mich als Touristiker gibt es in diesem Zusammenhang einige interessante, aber auch kontroversielle Entwicklungen. Der Klimawandel betrifft uns in Österreich schon seit Jahren, die warmen Winter haben die Schneesicherheit in vielen Skigebieten immens gefährdet. Diese Woche erst wurde das Skigebiet am Arlberg zusammen­geschlossen, es werden dafür 40 bis 50 Millionen € investiert. Gleichzeitig sagt aber die Vorarlberger Landesregierung in einer Presseaussendung, dass sie sich darauf vorbereit, sich mit einer Erderwärmung von über 4,5 Grad zu beschäftigen.

Man sieht ganz klar, die Interessen und die Ansichten driften ganz weit auseinander. Wenn etwa die Wirtschaftskammer meint, dass die Ziele des Klimavertrages für den Standort schädigend sind, dann muss ich dem ein ganz entschiedenes Nein entgeg­nen. Das ist ein Denkfehler!

Lassen Sie mich da an Präsident Obama anknüpfen: Die nächsten Generationen werden uns daran messen, was wir jetzt umsetzen. Die Einschränkung fossiler Brenn­stoffe ist kein Hindernis für das Wirtschaftswachstum, Wirtschaftswachstum und die Einschränkung fossiler Brennstoffe stehen erwiesenermaßen nicht in Widerspruch. Dazu möchte ich aber auch noch sagen, dass der Klimawandel die größte Heraus­forderung unserer Zeit ist.

Diesbezüglich möchte ich gern den österreichischen Nationalökonomen und Politiker Joseph Schumpeter, einen der größten und herausragendsten Ökonomen des 20. Jahr­hunderts, zitieren: „Die Schöpferische Zerstörung (auch kreative Zerstörung, engl. creative destruction) ist ein Begriff aus der Makroökonomie, dessen Kernaussage lautet: Jede ökonomische Entwicklung (im Sinne von nicht bloß quantitativer Entwick­lung) baut auf dem Prozess der schöpferischen bzw. kreativen Zerstörung auf. Durch eine Neukombination von Produktionsfaktoren, die sich erfolgreich durchsetzt, werden alte Strukturen verdrängt und schließlich zerstört. Die Zerstörung ist also notwendig – und nicht etwa ein Systemfehler –, damit Neuordnung stattfinden kann.“

Volkswirtschaftlich gesehen heißt das: Es dreht sich primär um Boden und Umwelt, um Arbeit und Kapital, Verteilungsgerechtigkeit und vor allen Dingen auch um Wissen und technologische Erneuerung. Das sind nämlich die volkswirtschaftlichen Produktionsfak­toren, die Schumpeter meint. Das Wissen ist der Brennstoff der Zukunft, allen Punkten ist aber gemeinsam, dass sie im Einklang zueinander stehen müssen. Wenn sich 1 Prozent der Bevölkerung am Reichtum labt und die Umwelt zerstört, kann etwas nicht stimmen und nicht im Sinne des Gemeinsamen sein.

Um globale Veränderung zu bewirken, müssen wir lokal aktiv werden. Eines muss uns nämlich klar sein: Europa ist noch weit davon entfernt, Klimaziele umzusetzen, sowohl im Ausbauvolumen als auch bei der politischen Zielsetzung und im technischen Bereich. Ich möchte – und das ist wirklich ein Ziel von mir , dass das kleine Österreich wieder mit gutem Beispiel vorangeht. Das heißt aber auch: Wir brauchen eine klare Analyse mit entsprechendem Umsetzungsplan. Anschließend gilt es, die Ärmel hochzukrempeln.

Meine Damen und Herren, die nächsten Generationen werden auf uns blicken und uns entweder danken oder verdammen, denn die Realität der Gegenwart ist die Summe


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 187

der umgesetzten Visionen und Ziele der Vergangenheit. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.10.18

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Besucher auf der Galerie! Werte Fernseh­zuseher! Auch meinerseits ein herzliches Willkommen! Der Schutz der Umwelt ist meiner Meinung nach eine globale Herausforderung. Wir alle sind gefordert, für einen intakten Lebensraum zu sorgen, um eine intakte Natur und Umwelt auch unseren nachfolgenden Generationen übergeben zu können.

Daher ist das Pariser Klimaschutzabkommen von entscheidender Bedeutung für den globalen Umweltschutz. (Abg. Moser: Bitte etwas Neues!) Österreich war einer der ersten Staaten, die den Klimaschutzvertrag unterzeichnet haben. Das war auch richtig, wir sind mit gutem Beispiel vorangegangen.

Ich möchte nun einige Schwerpunkte der Pariser Klimaschutzziele, des Pariser Klima­schutzabkommens nennen, die aus meiner Sicht notwendig und wichtig sind: Begren­zung der Erderwärmung auf 2 Grad – wir haben uns maximal 1,5 Grad zum Ziel ge­setzt –, Reduktion der Treibhausgasemissionen.

Ganz entscheidend ist auch die Novellierung des Klimaschutzmaßnahmenprogramms, die nur in Kooperation und Zusammenarbeit mit den Bundesländern erfolgen kann. Eine besondere Herausforderung ist eine gerechte Finanzierung auch in den Be­reichen Verkehr und thermische Sanierung von Gebäuden.

Geschätzte Damen und Herren! Das Burgenland geht in puncto Klimaschutzmaß­nahmen bereits mit guten Beispielen voran. (Zwischenruf der Abg. Brunner.) – Frau Kollegin Brunner, das Burgenland ist bereits zu 100 Prozent stromautark. Es ist auch das Ziel des Burgenlandes, bis 2020 zu 100 Prozent energieautark zu sein, durch die Errichtung von Windrädern, indem die Kraft des Windes nachhaltig und positiv genutzt wird.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Gegenwärtig haben wir in Österreich circa 20 000 Green Jobs. Diese leisten 11 Prozent des BIP, in Summe sind das über 35 Milliar­­den €. Eine zeitnahe Erstellung von Klimaschutz- und Energiestrategien zur nationalen Umsetzung ist meiner Meinung nach besonders wichtig. Ich möchte auch an Sie, Herr Umweltminister, appellieren, die entsprechenden Schritte möglichst bald einzuleiten, auch mit dem Schwerpunkt in der Elektromobilität.

Die Enquete, die wir in puncto Klimaschutz hier im Parlament abgehalten haben, sehe ich als Auftakt und Impuls, um das Bewusstsein in der Bevölkerung hinsichtlich Klima­schutzmaßnahmen zu schärfen und zu stärken. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.13

19.13.18

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, das Stenographische Protokoll der parlamentarischen Enquete zum Thema „Was kommt


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 188

nach Paris?  Diskussion zur Umsetzung des Klimavertrags von Paris in Österreich“ (III-286/1274 der Beilagen) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Klimavertrag von Paris umsetzen – Klimaschutzgesetz novellieren.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Klimavertrag von Paris umsetzen – Sofortmaßnahmen für Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Klimavertrag von Paris umsetzen – klimaschädliche Subventionen streichen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Kanzler-Versprechen umsetzen: 100 Prozent Ökostrom bis 2030.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lebensmittel- und Roh­stoff­transporte aus Übersee“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

19.15.2311. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Be­richt 2016 der Bundesregierung (III-307/1280 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jannach. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 


19.15.40

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir diskutieren heute wieder einmal über die Situation der Landwirtschaft, über den Grünen Bericht. Ich bin froh, dass wir heute nicht nach Mitternacht diskutieren; in den letzten Jahren war es ja so, dass diese Berichte nach Mitternacht diskutiert wurden. Aufgrund der Berichte und der Einkommenssituation in der Landwirtschaft verstehe ich das auch.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 189

Bevor wir aber zu den Zahlen des Grünen Berichts und der Einkommenssituation in der Landwirtschaft kommen, ein paar Anmerkungen zum Grünen Bericht selbst. Der Grüne Bericht wurde ja gemeinsam mit dem Ministerium vom österreichischen Rechnungshof überprüft, der die Erstellung des Grünen Berichts und vor allem die Finanzierung aus dem Ministerium massiv kritisiert hat. Er hat de facto von Geld­verschwendung, vom – wie sagt man in Österreich? – Zuschanzen von Aufträgen gesprochen. Ich verweise hier auf den Bericht und auf das „WirtschaftsBlatt“ und die „Kleine Zeitung“.

Trotz Ausschreibung wurde kein Wettbewerb erzielt. Seit 55 Jahren – das muss man sich vorstellen! – beauftragt das Ministerium ein und dieselbe Firma, die LBG Öster­reich GmbH, mit der Erstellung des Grünen Berichts. Das sagt eigentlich schon alles aus. Heuer wurde auch die Zahl erhoben: 3,8 Millionen € wurden für diesen Bericht ausgegeben. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Kurze Zitate aus der „Kleinen Zeitung“ dazu: „Dieses Unternehmen wird vom Minis­terium seit 55 Jahren (…) betraut.“ (Abg. Tamandl: Das ist eine renommierte Steuer­beratungskanzlei! Was ist daran auszusetzen?) – Das ist eine renommierte Steuer­beratungskanzlei. Das ändert aber nichts daran, dass das Ministerium ordnungsgemäß ausschreiben und Konkurrenz und Wirtschaftlichkeit gewährleisten sollte. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Kritik richtet sich gegen die nicht zeitgerechte Ausschreibung, die nicht aus­reichenden Leistungsbeschreibungen und gegen den Umstand, dass sich keine ande­ren Firmen beteiligen konnten, dass keine anderen gültigen Angebote vorgelegt wer­den konnten. Zusätzlich seien an die LBG, an dieses renommierte Unternehmen, „zahlreiche Zusatzleistungen ohne gesetzliche Grundlage vergeben worden. Es habe zahlreiche Anhaltspunkte gegeben, dass die vereinbarten Pauschalvergütungen wirtschaftlich nicht angemessen waren. Das Landwirtschaftsministerium sei somit dem im Bundesvergabegesetz 2006 verankerten Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nicht nachgekommen“.

Hinzu kommen noch – und das hat der Rechnungshof auch kritisiert – die Kosten für die Personen, die diesen Grünen Bericht erstellen: 96 000 € pro Mitarbeiter. Dem­gegenüber steht das Einkommen der Landwirte mit 23 000 €. Da besteht keine Verhält­nismäßigkeit. Wir haben das im Ausschuss kritisiert und verlangen, dass ordnungs­gemäß ausgeschrieben und vergeben wird und dass nicht notwendige Erhebungen, da sie ohnehin von der Statistik Austria und anderen Instituten gemacht werden, unter­lassen werden und auf vorhandene Daten zurückgegriffen wird.

Jetzt kommen wir aber zu den Zahlen in Bezug auf Landwirtschaft. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das fünfte Jahr in Folge hält der Grüne Bericht eine negative Einkom­mensentwicklung für die Landwirtschaft fest. Das ist an und für sich schlimm genug. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Im Jahr 2013 hat der ehemalige Landwirt­schaftsminister Berlakovich gesagt: Einkommensminus, ganz schlecht, aber wir sind auf dem richtigen Weg, die Maßnahmen werden greifen! – Das Gleiche gilt für 2014: Einkommensminus bei den Bauern. Wieder hören wir: Wir sind auf dem richtigen Weg! – 2015: das Gleiche. 2016 waren die Einkommen um 17 Prozent geringer. Was schreibt Landwirtschaftsminister Rupprechter in seinem Vorwort für diesen Grünen Bericht? – „Wir sind auf dem richtigen Weg“ – bei 17 Prozent Einkommensminus! Es ist eine gefährliche Drohung, wenn der Landwirtschaftsminister sagt: „Wir sind auf dem richtigen Weg“; dann ist nämlich ein Minus bei den Einkommen zu befürchten. (Beifall bei der FPÖ.)

Nächstes Jahr haben wir wieder ein Einkommensminus, das kann ich euch jetzt schon prognostizieren, so wie wir das auch voriges Jahr prophezeit haben. (Zwischenruf des


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 190

Abg. Berlakovich.– Der ehemalige Landwirtschaftsminister sollte nicht groß reden, denn wäre seine Agrarpolitik so erfolgreich gewesen, wäre er ja noch Landwirtschafts­minister.

Ich höre schon den Bauernbund und auch den Minister sagen: In Rumänien und in Malta ist es noch viel schlimmer, dort sind die Einkommen der Landwirte noch viel geringer. Auch für die Russlandsanktionen können wir nichts, die EU ist da leider schuld. Auch für die Milchkrise können wir nichts. Für die Schweinekrise können wir auch nichts. Das Wetter war auch so schlecht, und deswegen können wir nichts dafür. – Das ist nicht der richtige Zugang!

Wir haben vom Herrn Bundeskanzler gehört, wir brauchen einen New Deal. Wir hören das zwar seit einem halben Jahr, aber wir haben die Hoffnung noch nicht verloren, dass er kommt. Diesen brauchen wir für die Landwirtschaft. Dann kommt der Einwand, den der Landwirtschaftsminister a. D., Herr Berlakovich, uns immer gebracht hat, auch Herr Minister Rupprechter und die Bauernbund-Fraktion: Ihr Freiheitlichen habt auch keine Vorschläge dafür, wie es besser werden könnte! – Ich werde nur kurz einmal die Vorschläge bringen, die wir in den letzten Jahren in den Ausschüssen eingebracht haben.

Wir waren und sind gegen die Abschaffung der Milchquote. Wir halten die Milchquote für ein ideales Steuerungsinstrument zur Regelung des Milchpreises, es ist nämlich ein kostengünstiges Instrument. Dieser Antrag wurde von den Freiheitlichen eingebracht – abgelehnt von der Bauernbund-Fraktion, auch von der SPÖ.

Wir sind gegen die unsäglichen Russlandsanktionen. Die Russlandsanktionen sind auch zum Schaden der heimischen Landwirtschaft, und zwar massiv zum Schaden. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Deswegen haben wir Anträge für die Abschaffung der Russlandsanktionen einge­bracht – abgelehnt von der Bauernbund-Fraktion.

Wir sind für die Wiedereinführung des Agrardiesels gewesen. Wir haben hier Anträge eingebracht; diese wurden abgelehnt. In der letzten Ausschusssitzung kommt aller­dings der Präsident der österreichischen Landwirtschaftskammern, Hermann Schultes, und sagt: Vielleicht sollten wir doch wieder den Agrardiesel einführen! – Das, nachdem Sie zwei Jahre lang diesen Agrardiesel und unsere Anträge in diesem Bereich massiv abgelehnt haben!

Wir haben uns auch massiv gegen das Sparpaket 2012 ausgesprochen. Das Spar­paket 2012 – und das wird immer vergessen – regelt auch die Erhöhung der Sozial­versicherungsbeiträge bis 2017. Auch das ist eine massive Belastung für die heimi­schen landwirtschaftlichen Betriebe. Auch das haben wir eingebracht, auch das ist abgelehnt worden. Das hat nichts mit der EU zu tun, schädigt aber die heimische Land­wirtschaft unmittelbar. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Wir sind dafür eingetreten, dass es eine klare Produktkennzeichnung gibt, damit die österreichischen Konsumenten wissen, dass sie heimische Produkte kaufen können, denn heute wird noch immer alles Mögliche, von Fleisch- bis Milchprodukten, aus dem Ausland unter Rot-Weiß-Rot verscherbelt. Wir haben keine einheitliche Regelung, diese brauchen wir aber. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Nicht zuletzt haben wir auch Anträge in unzähliger Form gegen diesen unglaublichen Bürokratiewahn eingebracht, der die österreichische Landwirtschaft belastet. Auch da ist keine Bereitschaft seitens des Ministeriums gegeben, keine Bereitschaft seitens des Bauernbundes, wirklich einzuschreiten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 191

Jetzt komme ich zu dem Antrag, den wir heute im Rahmen des Grünen Berichts wieder einbringen: Wir sind für eine gerechte Verteilung der Agrarförderungen. Diesen Antrag haben wir schon zweimal eingebracht. Wir werden heute auch noch einmal darauf hinweisen, für wie notwendig wir das erachten.

Ich war heute sehr erfreut: Ich habe dem Herrn Bundeskanzler zugehört, und es war seit Langem der erste Bundeskanzler, der gesagt hat, dass die kleinen landwirt­schaftlichen Betriebe von den Förderungen nichts erhalten. Das ist eine unglaubliche Erkenntnis. Dafür möchte ich dem Herrn Bundeskanzler wirklich danken.

Wir bieten hier der SPÖ-Fraktion wie schon in den letzten zwei Jahren an, wirklich einzuschreiten. Wenn Sie unseren Antrag durchlesen, dann sehen Sie einzelne Be­triebe, die wirkliche Unsummen an Agrarförderungen erhalten; aber wie gesagt, ich mache diesen Betrieben keinen Vorwurf. Diese Betriebe haben recht, denn sie wären dumm, würden sie diese Förderungen nicht abholen. Sie sind aber unverhältnismäßig, und deswegen wollen wir eine Reduktion.

Im Übrigen sieht man auch im Grünen Bericht pauschal, dass der Großteil der 112 000 Förderbetriebe in Österreich aus dem landwirtschaftlichen Bereich mit einem Bettel von unter 10 000 € abgespeist wird und ganz wenige Betriebe, 100 bis 200, Hunderttausende Euro an Förderungen erhalten.

Deshalb bringe ich hier einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend gerechte Verteilung der Agrarförderun­gen und deren Beschränkungen ein. Im Übrigen hat auch Kollege Preiner in einer Aussendung befürwortet, dass wir die Förderungen kürzen. Ich werde wieder kurz die Zahlen zu einigen Betrieben vorlesen, damit einem das bewusst wird. Das ist auch für die Zuhörer interessant.

Die Stiftung Fürst Liechtenstein erhält pro Jahr 1,3 Millionen € aus dem Agrarför­dertopf; 1,3 Millionen für die Stiftung Fürst Liechtenstein, die den Sitz nicht einmal in Österreich hat. Dann haben wir Ehrenhofer GmbH: 553 000 €. Stift Heiligenkreuz: 550 000 €; Otto Pendl ist, glaube ich, Bürgermeister dieser Gemeinde. (Abg. Rädler: Nein, nein!) – Nicht? (Weitere Nein-Rufe.) – Dann täusche ich mich. Auf jeden Fall bekommt das Stift Heiligenkreuz 550 000 € an Förderungen aus dem Agrarbudget. Domaine Albrechtsfeld: 591 000 € an Förderung. Landgut Allacher und Allacher Land­bau: über 700 000 € an Förderungen. Das ist einfach nicht gerecht. Wir haben diesmal noch mehr Betriebe ausgegraben: Gut Kranzlhofen: 580 000 €, Schloss Halbturn: 926 000 € pro Jahr an Förderung.

Ich frage die Arbeitnehmervertreter hier im Haus, was ein Angestellter und ein Arbeiter im Durchschnitt in Österreich verdienen. Wir finanzieren mit Steuergeld die Mitarbeiter auf diesen landwirtschaftlichen Gutsbesitzungen. Das ist nicht gerecht, und deswegen wollen wir eine massive Einschränkung. Dann haben wir noch … (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Transparenz? – Bitte, in der Transparenzdatenbank „www.transparenzdatenbank.at“ kann jeder nachsehen, wie viel Förderung jemand bekommt. Ich habe exemplarisch einige Großbetriebe herausgenommen. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was sehr lustig ist, ein kleines Bonmot: Der „Golfclub über den Dächern von Passau“ mit 300 000 € an Förderungen ist mir auch untergekommen. Das hat jetzt nichts mit der Größe zu tun; es ist kein landwirtschaftlicher Betrieb. Das ist ein Golfclub, der 300 000 € an Förderungen aus dem landwirtschaftlichen Bereich erhält.

Noch eine Antwort auf eure Frage: Wenn der ehemalige Landeshauptmann­stell­vertreter Scheuch 500 000 € bekommen würde, dann würde ich auch das kritisieren –


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 192

ganz einfach! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich habe es nicht erhoben – ganz einfach! Wo ist hier das Problem? (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen eine gerechte Verteilung dieser Förderungen, wir wollen eine Reduktion, und wir wollen ein Mehr an Förderung für die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe im Berggebiet und damit für diese das Überleben sichern. Dieser Vorschlag – und damit komme ich zum Abschluss – wird eingebracht, und wir wollen namentlich abstimmen.

Noch ein Wort zum Kollegen Schultes: Er hat als Lösungsvorschlag für die derzeitige Krise im Landwirtschaftsbereich die Einführung einer Bundeslandwirtschaftskammer gefordert. Das ist ja wohl die Krönung! Wir haben eine überbordende Verwaltung in der österreichischen Landwirtschaft. Wir haben immer mehr Menschen, die mit der Verwaltung der Landwirtschaft beschäftigt sind – in der AMA, im Ministerium, in den Landwirtschaftskammern –, und jetzt kommt der oberste Agrarvertreter daher und möchte eine Bundeslandwirtschaftskammer zur Stärkung der heimischen Landwirt­schaft einführen.

Dafür braucht es zum Glück eine Zweidrittelmehrheit. Wir Freiheitliche werden diesem Vorschlag nicht zustimmen, und ich ersuche auch die Grünen, diesem Vorschlag nicht zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

19.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert und zur Verteilung gebracht, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Jannach und weiterer Abgeordneter

betreffend gerechte Verteilung der Agrarförderungen und deren Beschränkungen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2016 der Bundesregierung (III-307/1280 d.B.), Tagesordnungspunkt 11, in der 148. Sitzung des Nationalrates in der XXV. GP am 13.10.2016.

Im Zuge der Beschlussfassung über die Novelle des Marktordnungsgesetzes wurde zukünftig unter anderem eine Obergrenze für Direktzahlungen in der Höhe von 150.000 € festgelegt. Trotzdem können landwirtschaftliche Gesellschaften und Stiftungen auch weiterhin mehr aus dem Titel „Betriebsprämienregelung“ erhalten, da sie sämtliche Lohnkosten und Sozialabgaben geltend machen können.

Nicht berücksichtigt bei den Obergrenzen werden Zahlungen aus der 2. GAP-Säule (Ländliche Entwicklung). Damit ist es für einige wenige landwirtschaftliche Gesell­schaften und Stiftungen wie schon seit vielen Jahren nun weiter bis zum Jahr 2020 möglich, hunderttausende Euro an Agrarfördermitteln zu lukrieren. Gerade diese weni­gen Institutionen sind durch die Fortführung des bisherigen Systems bis 2020 weiterhin massiv begünstigt.

Die Transparenzdatenbank zeigt hier die enormen Beträge, die an vielfach steuerlich begünstigte Gesellschaften und Stiftungen ausgezahlt werden.

Im Sinne einer transparenten und gerechten Verteilung der Agrarfördermittel gilt es, die Arbeitskraft vor allem auf den kleinen und mittleren Landwirtschaften entsprechend stärker zu unterstützen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 193

Im Sinne einer Verteilungsgerechtigkeit unter den Landwirten stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die in Zukunft Förderungen an landwirtschaftliche Gesellschaften und Stiftungen, wie beispielsweise folgende (entnommen aus der Transparenzdatenbank)

Stiftung Fürst Liechtenstein Zweigniederlassung Wilfersdorf Guts- und Forstbetrieb Stiftung, Wilfersdorf

 

Zahlung

Betrag

Ausgleichszulage für andere benachteiligte Gebiete

2.032,88 EUR

Agrarumweltmaßnahmen

496.110,94 EUR

Betriebsprämienregelung

878.933,38 EUR

Summe der Zahlungen von 16.10.2014 bis 15.10.2015

1.377.077,20 EUR

 

Ehrenhofer Robert GmbH, Jennersdorf

Zahlung

Betrag

Ausgleichszulage für andere benachteiligte Gebiete

5.644,98 EUR

Agrarumweltmaßnahmen

213.923,89 EUR

Betriebsprämienregelung

333.866,48 EUR

Summe der Zahlungen von 16.10.2014 bis 15.10.2015

553.435,35 EUR

 

Stift Heiligenkreuz ORK, Trumau

Zahlung

Betrag

Ausgleichszulage für andere benachteiligte Gebiete

5.604,98 EUR

Agrarumweltmaßnahmen

138.934,10 EUR

Betriebsprämienregelung

410.405,63 EUR

Summe der Zahlungen von 16.10.2014 bis 15.10.2015

554.944,71 EUR

 

Domaine Albrechtsfeld GmbH, Andau

Zahlung

Betrag

Ausgleichszulage für andere benachteiligte Gebiete

5.794,13 EUR


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 194

Agrarumweltmaßnahmen

278.348,30 EUR

Betriebsprämienregelung

283.847,36 EUR

Zahlungen für Rindfleisch

11.830,93 EUR

Verbesserung des wirtschaftlichen Wertes des Waldes

4.939,00 EUR

Teilnahme von Landwirten an Qualitätsprogrammen

393,00 EUR

Tierschutzmaßnahmen

3.834,62 EUR

Erstaufforstung landwirtschaftlicher Flächen

2.349,00 EUR

Summe der Zahlungen von 16.10.2014 bis 15.10.2015

591.336,34 EUR

 

Landgut Allacher GmbH, Gols

Zahlung

Betrag

Ausgleichszulage für andere benachteiligte Gebiete

1.939,25 EUR

Agrarumweltmaßnahmen

209.048,22 EUR

Betriebsprämienregelung

161.774,29 EUR

Teilnahme von Landwirten an Qualitätsprogrammen

393,00 EUR

Summe der Zahlungen von 16.10.2014 bis 15.10.2015

373.154,76 EUR

 

Allacher Landbau GmbH, Gols

Zahlung

Betrag

Ausgleichszulage für andere benachteiligte Gebiete

3.123,77 EUR

Agrarumweltmaßnahmen

218.728,01 EUR

Betriebsprämienregelung

133.720,23 EUR

Teilnahme von Landwirten an Qualitätsprogrammen

491,00 EUR

Summe der Zahlungen von 16.10.2014 bis 15.10.2015

356.063,01 EUR

 

F. E. Familien-Privatstiftung-Familien Stiftung, Donnerskirchen

Zahlung

Betrag

Ausgleichszulage für andere benachteiligte Gebiete

5.635,24 EUR

Agrarumweltmaßnahmen

208.054,89 EUR

Betriebsprämienregelung

245.030,89 EUR

Zahlungen für Rindfleisch

8.655,13 EUR

Tierschutzmaßnahmen

1.792,43 EUR

Summe der Zahlungen von 16.10.2014 bis 15.10.2015

469.168,58 EUR

 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 195

Domänen Privatstiftung (Biobetrieb) Stiftung, Eisenstadt

Zahlung

Betrag

Ausgleichszulage für andere benachteiligte Gebiete

5.640,47 EUR

Agrarumweltmaßnahmen

178.265,81 EUR

Betriebsprämienregelung

223.957,44 EUR

Summe der Zahlungen von 16.10.2014 bis 15.10.2015

407.863,72 EUR

 

Landwirtschaftsbetriebe Des Stiftes Schotten ORK, Wien

Zahlung

Betrag

Agrarumweltmaßnahmen

120.411,52 EUR

Infrastruktur zur Entwicklung und Anpassung der Land-
 und Forstwirtschaft

50.851,00 EUR

Betriebsprämienregelung

157.829,72 EUR

Summe der Zahlungen von 16.10.2014 bis 15.10.2015

329.092,24 EUR

 

Stift Altenburg ORK, Altenburg

Zahlung

Betrag

Ausgleichszulage für andere benachteiligte Gebiete

5.616,57 EUR

Agrarumweltmaßnahmen

141.999,67 EUR

Betriebsprämienregelung

124.396,75 EUR

Summe der Zahlungen von 16.10.2014 bis 15.10.2015

272.012,99 EUR

 

Agronia GmbH, Grosswarasdorf

Zahlung

Betrag

Agrarumweltmaßnahmen

58.937,74 EUR

Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe

61.000,00 EUR

Betriebsprämienregelung

136.129,81 EUR

Summe der Zahlungen von 16.10.2014 bis 15.10.2015

256.067,55 EUR

 

Gutsdomäne Essling (Ma 49) ORK, Gross-Enzersdorf

Zahlung

Betrag

Betriebsprämienregelung

177.634,76 EUR

Summe der Zahlungen von 16.10.2014 bis 15.10.2015

177.634,76 EUR

 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 196

auf ein gerechtfertigtes Ausmaß beschränkt.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


19.27.15

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst vorweg jenen Bäuerinnen und Bauern, welche die Daten für den Grünen Bericht liefern, ein besonderes Danke, weil dafür auch eine besondere Qualität der Erhebung notwendig ist. Herzlichen Dank all jenen Bäuerinnen und Bauern! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Pirklhuber.) Genauso danke ich auch den Beamten, die dieses Nachschlagewerk für uns fertig­stellen, weil es eine durchaus offene, ehrliche Grundlage der Diskussion ermöglicht, wenn man hier die wirklichen Fakten auf dem Tisch hat.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Jannach, ja, es ist nicht erfreulich, und es ist unbestritten: Das vierte Einkommensminus ist ein Problem! Es gibt bei den Milch­bauern, bei der Schweinehaltung, bei den Marktfruchtbetrieben durchaus große Schwierigkeiten – durchaus große Schwierigkeiten! –, und da ist es entsprechend notwendig, zu helfen. Daher bleiben wir bei unserem Vorschlag, dass es wichtig wäre, ein Quartal der Sozialversicherung auszusetzen. Das haben andere Versicherungen in ähnlicher Form auch schon gemacht, und daher ist das, denke ich, ein gerechtfertigtes Anliegen. (Beifall bei der ÖVP.)

In einem Punkt muss ich den Kollegen Jannach ein wenig ergänzen: Er hat hier, zu Recht oder zu Unrecht, einige Subventionsträger aus dem Bereich der Landwirtschaft zitiert. Ja, mich ärgert es auch immer, wenn man im Rucksack der Bauernförderung alle möglichen Subventionen versteckt. Ich darf Ihnen ein wenig nachhelfen: Ober­österreichischer Naturschutz – Landesrat Haimbuchner, FPÖ –: 1,766 Millionen € (Oh-Rufe bei der ÖVP); Amt der Salzburger Landesregierung, Natur- und Umwelt­schutz – Kollegin Rössler von den Grünen –: 1,829 Millionen €. (Neuerliche Oh-Rufe bei der ÖVP.) Aber Kollege Holub von den Grünen in Kärnten darf ja nicht nachstehen: Das ist ein kleineres Bundesland, er erhält nur gerundet 409 000 €, meine Damen und Herren.

Dann kommt es, und da wird es besonders spannend, Herr Kollege: Ich entnehme das den „Oberösterreichischen Nachrichten“, die einmal aufgelistet haben, dass rund 54 Fördernehmer mehr als 1 Million € erhalten haben, aber nur zwei sind landwirt­schaftliche Betriebe. (Abg. Jannach: Eine Schweinerei!) Nur zwei sind landwirt­schaftliche Betriebe. (Abg. Jannach: Das habt ihr erlaubt!) Wirtschaft, Tourismus, Gewerbe, ja selbst die Telekom, selbst die EVN fahren hier im Rucksack der Bauern­förderung mit. (Abg. Jannach: Ja!) Im Rucksack der Bauernförderung! (Abg. Lausch: Ihr lasst das zu! Ihr lasst das seit Jahrzehnten zu!) Das könnte man durchaus ein wenig richtigstellen, meine Damen und Herren. Dann würde die Agrarförderung bei Weitem nicht so groß erscheinen, dann gäbe es ein bisschen mehr Gerechtigkeit.

Ich höre von all diesen Betrieben, die davon profitieren, und ich habe gar nichts dage­gen, dass sie Unterstützung gekommen, wenn sie Beschäftigung, Aufträge, ent­sprechende Möglichkeiten bieten. Ich habe nichts dagegen – aber nicht unter dem Titel der Agrarförderung! Das ist mein Problem, das ich dabei habe. Das sei einmal ganz offen gesagt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lausch: Dann ändern Sie es!)

Meine Damen und Herren! Das müsste sich auch der Herr Bundeskanzler ansehen, der heute Vormittag zu Recht darauf hingewiesen hat, dass er aus der Erfahrung seiner Schwiegereltern festgestellt hat, dass ein kleinerer Betrieb nicht sehr viel erhält.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 197

Das müsste er sich genauso ansehen, damit wir ein bisschen bei einer gerechteren und objektiveren Diskussion bleiben.

Geschätzte Damen und Herren! Weil auch die Landwirtschaftskammern sehr oft kritisiert werden: Wissen Sie, wer diese am notwendigsten braucht? – Die kleinen Betriebe! Sie brauchen Hilfestellung, sie brauchen Unterstützung, sie brauchen Bera­tung. Ein Großbetrieb braucht die am wenigsten; die machen ihre Geschichten online. Wir brauchen diese Einrichtungen unbedingt für die kleinen Betriebe, um gerade diesen Bäuerinnen und Bauern zu helfen, mit Beratung, mit Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP.)

Vielleicht haben wir tatsächlich auch ein Problem der Aufklärung. Heute habe ich in einer Zeitung gelesen, dass man den Schulkindern in Wien sozusagen erklären muss, dass der Salat nicht auf den Bäumen wächst, weil sie noch nie einen bäuerlichen Betrieb gesehen haben. Sie wissen nicht, dass Schweinefleisch, Rindfleisch, Milch nicht automatisch aus dem Kühlschrank kommen, sondern dass dahinter ungeheuer viel Arbeit von Bäuerinnen und Bauern steht. Vielleicht haben wir in der Aufklärung noch Handlungsbedarf.

Vielleicht haben wir aber auch ein Problem in der Aufklärung bei jenen Handelsketten, die uns großartige Dinge verkünden wie ein Herr Drexel von SPAR, der um die österreichische Landwirtschaft besorgt ist. Er braucht nur ein bisschen mehr zu bezahlen, nur einen gerechten Preis zu fixieren, dann haben die österreichischen Bauern ein Einkommen, von dem sie auch leben können! (Beifall bei der ÖVP.)

19.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


19.32.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne)|: Ja, halb acht ist eine gute Zeit: „Zeit im Bild“. Die Frage ist, sich heute ein Bild über die Landwirtschaft zu machen. Was bedeutet das? Ich möchte den letzten Diskussionsbeitrag vom Kollegen Auer noch einmal beleuchten, um ein paar Dinge klarzustellen. Was du angesprochen hast, Kollege Auer, ist die ländliche Entwicklung. Ja, die ländliche Entwicklung, das sind nicht Agrarförderungen im engeren Sinn. (Abg. Auer: Das hat Jannach kritisiert im Antrag! Lest es!) Mir scheint es wichtig – in dem Punkt gebe ich dir nämlich recht (Abg. Auer: Lest den Antrag!) –, die Mittel der ländlichen Entwicklung gesondert darzustel­len. Was die einzelnen Landesräte bekommen, sind Mittel für den Naturschutz, die sie an Landwirte vergeben, die Naturschutzmaßnahmen durchführen. Damit das hier auch noch einmal klipp und klar gesagt ist. So viel einmal zur Klarstellung, was die Fakten betrifft. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Grüne Bericht ist eine Analyse der Struktur der österreichischen Landwirtschaft. Lassen Sie mich ein paar Eckzahlen nennen: Circa 166 000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe haben wir noch. Davon wirtschaften 37 Prozent im Haupterwerb, 55 Prozent – also mehr als die Hälfte – im Nebenerwerb. Das ist eine wichtige Größenordnung, da sind viele Kleinbetriebe, von denen auch der Herr Bundeskanzler heute gesprochen hat. Das sind Betriebe, die – aus steuerlichen Gründen müsste man sie vielleicht als Liebhaberei bezeichnen – mit Herz und Seele Landwirtschaft betreiben, aber am Überleben gehindert werden. Sie werden daran gehindert, in der Landwirtschaft mehr als ein Standbein zu haben, weil die Agrarpolitik ungerecht ist, nämlich ungerecht in jeder Hinsicht, Kollege Auer! Du weißt das genauso gut wie deine Kolleginnen und Kollegen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 198

Warum? – Es gibt viele Betriebe im Berggebiet, die von vornherein geografisch be­nachteiligt sind. Wir haben im vierten Jahr hintereinander ein Minus bei den bäuer­lichen Einkommen. Wenn man die Zahlen der Statistik Austria konkret anschaut, Herr Kollege Auer, dann sind es seit 2011 Verluste je Arbeitskraft von 33 Prozent. Ein Drittel ihres Einkommens, ihrer Arbeitskraft haben diese Betriebe verloren. Ein Drittel, meine Damen und Herren! Das ist der Grund dafür, warum die Bäuerinnen und Bauern ganz einfach zornig sind. Sie sind wütend über eine Art von Politik, die sie nicht mehr mittragen können.

Sie können sie nicht mehr mittragen, Kollege Auer, und Sie sind mitverantwortlich, Sie von der ÖVP und vor allem Sie von der Landwirtschaftskammer, Kollege Schultes! Sie wären verantwortlich, die Interessenpolitik gerade für jene kleinen Betriebe zu machen, und die vermissen wir! (Beifall bei Grünen, FPÖ und Team Stronach.) Die vermissen wir seit Jahren. Hier im Plenum gibt es keine Positionierung für die vielen Kleinbe­triebe, die eben negative Ergebnisse haben. Schauen Sie es sich an, Sie brauchen nur die Seite 79 des Grünen Berichts aufzuschlagen! Auf dieser Seite 79 werden Sie erfahren, dass 25 Prozent aller land- und forstwirtschaftlichen Betriebe negative Ein­künfte haben. Ein Viertel hat negative Einkünfte!

Eines muss ich immer wieder dazusagen, denn das wissen die wenigsten: Bei den landwirtschaftlichen Einkünften sind die Sozialversicherungsbeiträge noch nicht abge­zogen. Das heißt, die Bauern, die negative Einkünfte haben, müssen dann noch Sozialversicherung leisten. Wenn man das berücksichtigt, ist mindestens ein Drittel der österreichischen landwirtschaftlichen Betriebe negativ im Betriebsergebnis. Meine Damen und Herren, das ist erschütternd. Das ist erschütternd!

Das ist auch der Grund dafür, warum der Herr Bundeskanzler, wenn er sich so eine Buchhaltung anschaut, zu Recht die Welt nicht mehr versteht. Wieso sollen solche Betriebe so hohe Sozialversicherungsbeiträge leisten, wenn sie im Nebenerwerb sind, wenn sie ihren Betrieb negativ führen müssen? – Kollege Auer, erklären Sie mir das! Kollege Schultes, sagen Sie, was Sie als oberster Vertreter der Landwirtschafts­kammern dagegen unternehmen! Was tun Sie für 33 Prozent der Betriebe, mindestens ein Drittel, die jetzt negative Betriebsergebnisse haben? Was tun Sie für sie?

Ja, Sie können den Kopf schütteln. Das ist aber die Frage der Bäuerinnen und Bauern, die sie sich tagtäglich stellen. (Beifall bei Grünen und Team Stronach.) Diese Frage stellen sie sich tagtäglich: Muss ich den Betrieb zusperren? Kann ich irgendwie eine Perspektive haben? Und wie soll das gehen, meine Damen und Herren, bei den Preisen im Milchsektor, bei der Preisentwicklung auf dem Schweinemarkt?

Dann bekommen die Betriebe in den letzten Wochen die Einheitswertbescheide zugestellt. Die neuen Einheitswertbescheide: Mindestens 40 Prozent der Betriebe haben deutliche Erhöhungen. Da muss man wissen: Ab nächstem Jahr zahlen sie dann auf Basis dieser neuen Einheitswertbescheide deutlich höhere Sozialversiche­rungsbeiträge! Und wissen Sie was? – Der Skandal ist, dass vor allem die Klein­betriebe deutlich mehr zahlen! Die zahlen die Zeche, die Kleinbetriebe werden wieder zur Kasse gebeten. Wer ist verantwortlich dafür? – Dort sitzt er: der oberste Vertreter der Landwirtschaftskammern, Kollege Schultes. Er ist der Präsident dieser Vereini­gung. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn ein Arbeiterkammerpräsident so etwas vertreten würde, würde er mit einem nassen Fetzen von allen anderen Kammerpräsidenten weggejagt werden! So ist es. (Abg. Loacker: … Bank-Austrianer verraten!) Und worin besteht der Unterschied? – In dem ganz einfachen Tatbestand, dass ein Bundesarbeiterkammerpräsident gewählt ist, ein gewählter Repräsentant. Der oberste Vertreter der Landwirtschaftskammern ist kein von den Mitgliedern gewählter Präsident, sondern er wird im Rahmen eines Ver-


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eines gewählt. In diesem Verein sitzen auch zwei Vertreter des Raiffeisenkonzerns. Meine Damen und Herren, mit welcher Legitimation? Da können wir auch den Spar­kassenverein hineinsetzen oder sonst irgendeine Unternehmung, oder die Landespro­duktenhändler. Warum sitzen dort zwei Vertreter? Kollege Auer, du kennst dich mit der Raiffeisenorganisation aus, du bist ein Spezialist: Warum sitzen zwei Vertreter des Raiffeisenverbandes in der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern? Das ist die Frage, meine Damen und Herren, und da wird Politik auf dem Rücken der Bäuerinnen und Bauern gemacht!

Da bin ich jetzt bei dem Punkt, warum wir heute gegen diesen Bericht stimmen wer­den, der sonst gut ist. Auf Seite 126 lesen Sie dann nämlich über CETA, dass das ein tolles Abkommen ist. Ich glaube, ich höre nicht recht, ich lese nicht recht! Das kann doch nicht sein! Dieser Herr Minister hat sich auch vor einigen Tagen noch hingestellt und hat gesagt: Natürlich, Freihandel, wunderbar für die Landwirtschaft! Was soll denn das bedeuten, meine Damen und Herren? Fühlen Sie sich Ihren Bäuerinnen und Bauern verpflichtet oder der Industrie oder irgendeiner Exportwirtschaft? Das ist die Frage.

Es steht in diesem Grünen Bericht, das Vorsorgeprinzip sei positiv verankert worden. – Meine Damen und Herren, das ist falsch! Wenn etwas Falsches in einem Grünen Bericht steht, dann muss man dagegen aufstehen, auftreten und sagen: Herr Minister, das lassen wir Abgeordnete uns nicht gefallen, und das lassen sich vor allem auch die Bäuerinnen und Bauern nicht gefallen!

Meine Damen und Herren, Kollege Schultes, so geht’s nicht! (Abg. Brunner in Richtung ÖVP : Das ist euer Problem, dass ihr glaubt, das reicht …!) Sie können doch nicht gegen Ihre eigenen Mitglieder eine Position vertreten, die der Landwirtschaft nicht dient! Sagen Sie doch, warum Sie für CETA eintreten und was die Vorteile für die Bäuerinnen und Bauern sind! Die Bäuerinnen und Bauern sehen keine Vorteile in CETA – aber wirklich nicht! Wo sollen diese sein? Die 16 000 Tonnen, die wir mehr an Käse exportieren können? – Meine Damen und Herren, dem stehen auf der anderen Seite Zollfreikontingente für Kanada gegenüber: 100 000 Tonnen Weizen, 45 000 Ton­nen Rindfleisch und 75 000 Tonnen Schweinefleisch. Also bitte, die andere Waag­schale ist nicht einmal halbvoll! Das ist kein positives Ergebnis angesichts ange­spannter Märkte.

Die Bäuerinnen und Bauern haben überhaupt kein Interesse daran, auf dem Weltmarkt zu Schleuderpreisen zu vermarkten. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.) Ich bin gleich fertig, Herr Präsident. Man muss ja dazusagen: Zu welchen Preisen wird in Kanada produziert? – Schweinepreise minus 25 Prozent gegenüber dem europäischen Durchschnitt, Rindfleischpreise minus 35 Prozent gegenüber dem europäischen Durch­schnitt. – Das ist keine Option, meine Damen und Herren! Daher: Zurück an den Start! Eine Bundeslandwirtschaftskammer ja, aber eine demokratische. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Neubauer.)

19.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


19.41.18

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Fernsehzuseher! Auch meinerseits ein herz­liches Willkommen zu einer wichtigen Debatte, Herr Kollege Berlakovich, nämlich jener zum Grünen Bericht 2016, der sich auf das Arbeits- und Wirtschaftsjahr 2015 bezieht.

Ich bedanke mich sehr herzlich bei den Beamten im Landwirtschaftsministerium, aber auch in der AMA für die Erstellung des Grünen Berichts. Ich danke auch sehr herzlich


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 200

den Bäuerinnen und Bauern für ihre Arbeit. Wir wissen auch, dass das laufende Jahr 2016 ein wirtschaftlich besonders herausforderndes war und ist, vor allem auch aufgrund der Frost- und Hagelkatastrophe, die wir im heurigen Jahr hatten. Auch 2016 wird es daher bei den Landwirten im ostösterreichischen Raum wahrscheinlich wieder einen Einkommensverlust geben.

Geschätzte Damen und Herren, die UNO hat das Jahr 2014 zum Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe erklärt. Davon ist – das geht aus dem Grünen Bericht 2015 hervor – nicht mehr allzu viel zu bemerken. Wir wissen, dass vor allem die kleinbäuerlichen Familienbetriebe, die Nebenerwerbslandwirte, die Bergbauern der Kategorie 3, aber auch die milchproduzierenden Betriebe im konventionellen Milchbereich finanziell unter die Räder gekommen sind.

Natürlich wissen wir andererseits auch, dass es Schwierigkeiten im agrarischen Exportmarkt gibt und gegeben hat. Ich möchte eine Frage an Sie, Herr Minister, richten, was die Schlachthöfe in Österreich betrifft: Wie viele Schlachthöfe besitzen gegenwärtig Zertifikate, um Fleischexporte nach Asien durchführen zu können? (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Geschätzte Damen und Herren, auch das ist eine Frage, die es wert ist, näher beleuchtet zu werden.

Es wurde vorhin bereits angesprochen, dass die durchschnittlichen Einkommens­verluste bei den österreichischen Landwirten 17 Prozent betragen; bei den Neben­erwerbslandwirten sind es noch um etliche Prozentpunkte mehr. Ich möchte auch erwähnen, dass Herr Bundeskanzler Kern sehr recht damit hat, wenn er sagt, dass die Agrarförderungen gerechter verteilt werden sollen, und zwar zu jenen, die sie notwen­dig brauchen, nämlich die kleinen bäuerlichen Familienbetriebe.

Ich darf Ihnen auch die Information geben, dass das Programm für ländliche Entwick­lung in Summe 7,8 Milliarden € umfasst. Für die Verteilung dieser 7,8 Milliarden € ist unser Landwirtschaftsminister Rupprechter verantwortlich. Ich richte daher die Auffor­derung an Sie, Herr Minister, im Rahmen des Programms für ländliche Entwick­lung danach zu trachten, dass die kleinbäuerlichen Familienbetriebe und die Neben­erwerbsbetriebe eine entsprechend höher dotierte Förderung bekommen.

Noch einen Satz zum Antrag des Kollegen Jannach: Es ist bekannt, dass es gegen­wärtig als Basis die Flächenförderung gibt. Wir haben den Fokus darauf und wollen auch im Zuge der Evaluierung des Programms für ländliche Entwicklung und auch im Zuge der Neuausrichtung der neuen Förderperiode 2020 erreichen, dass es mehr Förderschwerpunkte in Richtung Arbeitskräfteeinsätze gibt und wir von der groß­räumigen Flächenförderung wegkommen. Das wäre auch ein wesentlicher Beitrag zu mehr Fördergerechtigkeit.

Ich hoffe, dass das auch aufseiten der ÖVP auf fruchtbaren Boden fällt.

Geschätzte Damen und Herren, ich bedanke mich abschließend nochmals bei den Bäuerinnen und Bauern für ihren Arbeitseinsatz auch in schwierigen Zeiten, hoffe, dass das Jahr 2016 trotz allem Ungemach finanziell und wirtschaftlich halbwegs positiv über die Bühne geht, und hoffe auch, dass wir zukünftig gemeinsam zu mehr Verteilungsge­rech­tigkeit kommen.

Die Basis für die Flächenförderung besteht übrigens nicht seit dem Jahr 2013 oder 2014, sondern bereits seit über 15 Jahren – nur so viel als Information dazu gesagt, falls manche vergessen, wie diverse Fördergegebenheiten jetzt und auch in den vergangenen 15 Jahren zustande gekommen sind. – Ich danke Ihnen. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

19.45



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 201

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte. (Abg. Rädler in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Steinbichler, der einige Zettel und Tafeln in der Hand hält : Schau, dass du mit den vielen Zetteln nicht durcheinanderkommst!)

 


19.46.06

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseher und Zuseherinnen auf der Besuchergalerie und vor den Fernsehgeräten! Der Grüne Bericht wird heuer erstmals zu einer Zeit diskutiert, zu der auch sehr viele Praktiker die Möglichkeit haben, nach getaner Stallarbeit zuzusehen, und natürlich sehr viele Konsumentinnen und Konsumenten, die ich ganz besonders begrüßen möchte, weil dieser Grüne Bericht eine ganz wesentliche Aussagekraft über die Ernährungs­souve­ränität in unserem Land hat.

An vorderster Stelle gilt mein Dank allen Bäuerinnen und Bauern, der bäuerlichen Jugend und den Bauern-Pensionistinnen und -Pensionisten, die trotz dieses Preis­niveaus bereit sind, diese Höfe jetzt durch diese schwierige Zeit zu tragen und die Arbeit trotz solch demütigender Preise zu machen. Wenn man sich die Ergebnisse der letzten Jahre anschaut: 2012 – minus 8 Prozent, 2013 – minus 6 Prozent, 2014 – minus 5 Prozent und 2015 – minus 17 Prozent, dann sieht man, dass das ein Minus von 36 Prozent ergibt. Wir diskutieren heute aber den letzten Grünen Bericht. Der neue, den wir eigentlich diskutieren müssten, wird leider wieder ein Minus ausweisen – und wenn es ein sattes Minus wird, so wie es sich jetzt abzeichnet, werden wir minus 50 Prozent überschreiten.

Herr Minister, wenn du davon sprichst, dass wir auf dem richtigen Weg sind, dann weiß ich nicht, welchen Weg du mit den Bäuerinnen und Bauern gehen willst. Ich glaube, das ist die entscheidende Frage, die bereits angesprochen wurde.

Wenn dann zu diesem Zeitpunkt noch die Erhöhung der Einheitswerte in diesem Haus diskutiert und beschlossen wird, dann weiß ich wirklich nicht mehr, was man damit bewegen will, wenn man da noch zusätzliche Bürden auferlegt und, wie Kollege Pirklhuber gesagt hat, die Sozialversicherungsbeiträge als Einkommen rechnet.

Aber, Herr Minister, weil Freunde aus der Forstwirtschaft da sind und es in Österreich sehr viele Waldbauern gibt, eine kleine Ergänzung zum Übereinkommen von Paris: Das ist genau diese Schönrederei, auch bei den Klimaverträgen, so wie du es beim Holz gerade gemacht hast! Du sagst, ja, da haben wir eine gute Situation, da sind wir so bemüht, und wir werden Richtung 100 Prozent heimischer Strom und heimische Energie kommen. Ja  und dann bin ich munter geworden! Die Realität ist: Wir haben die ukrainische Buche. Der Exportradius bei Holz beträgt heute 3 700 Kilometer.

Wir haben die ukrainische Buche in Oberösterreich, wir haben das Schnittholz aus allen Ostländern in ganz Österreich, wir haben ausländisches Brennholz in allen Baumärkten und in allen Lagerhäusern, Kollegen vom Bauernbund und von der Land­wirtschaftskammer! Das sind die Realitäten, und wenn man dann den Bauern und Bäuerinnen erklärt, dass eh alles paletti ist, dann braucht man sich nicht zu wundern –Finanzminister Schelling hat erwähnt, dass das Vertrauenskonto ganz wesentlich ist –, dass ihr das Vertrauenskonto bei den Bäuerinnen und Bauern verspielt habt. Das ist das praktische Ergebnis. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

Ich möchte das vielleicht gleich bringen, weil Kollege Rädler auf die Taferl Bezug genommen hat: Da bringen wir gar nichts durcheinander!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 202

Das (eine Tafel mit der Überschrift „AMA Merkblatt (mit Ausfüllanleitung), Milch­reduktionsmaßnahmen 2016/2017“ vor sich auf das Rednerpult stellend, auf der eine Wiese mit Blumen und einem zur Hälfte gefüllten Glas Milch abgebildet ist) ist eine ganz logische Entwicklung dieser Agrarpolitik: Zu einem Zeitpunkt, zu dem man die Milchquote abgeschafft hat – eine völlig falsche Entscheidung! –, mit der staat­lichen AMA ein Milchreduktionsmodell zu fahren und dann zu sagen, die Bäuerinnen und Bauern werden dafür belohnt, dass sie weniger produzieren, so etwas gibt es in keinem Wirtschaftszweig auf dieser Welt! Jeder Unternehmer weiß, dass er Zuwächse braucht, wenn er seinen Betrieb nur weiterführen will – und wenn er Gewinne erzielen will, braucht er größere Zuwächse. Das ist nichts anderes als ein staatlich unterstütztes Palmöl-Programm. Das ist ein Palmöl-Förderungsprogramm! (Beifall beim Team Stronach.)

Das ist nichts anderes als ein staatlich gefördertes Milchkuhschlachtungsprogramm, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Ich bin gespannt, wann mich Volksanwalt Kräuter unterstützt, und zwar nicht bei den Haltungssystemen, sondern bei der Rettung der Milchkühe.

Dazu gibt es natürlich die richtige Karikatur, Kolleginnen und Kollegen! Da (eine weitere Tafel vor sich auf das Rednerpult stellend, auf der die Karikatur eines Bauern mit einer Milchkanne abgebildet ist, der von drei Männern mit Anzug, Hut, Sonnenbrille, Zigarre und Geldkoffer, die in einem kleinen Palmenwald stehen, mit einer Geste abgewiesen wird) steht der kleine Milchbauer mit seiner Milchkanne bettelnd vor den Mafiosi mit der dicken Zigarre auf der Palmeninsel und sagt: Lasst mich mit dem Milchfett ein bisschen mittun, wir wollen auch im Lebensmittel vorkommen! Das sind die Themen: Die Konsumentinnen und Konsumenten wollen wissen, was drinnen ist, aber es fehlt schlichtweg die Kennzeichnung. (Abg. Rädler in Richtung FPÖ : So einen bräuchtet ihr bei der FPÖ!)

Damit kriegen sie auch jede Menge Glyphosat direkt ins Lebensmittel. Wir diskutieren bei uns in Österreich ein Glyphosatverbot (eine weitere Tafel mit der Aufschrift „Chemische Keule Glyphosat – weltweit in Millionen Tonnen“ vor sich auf das Rednerpult stellend, die ein Diagramm mit ansteigenden Balken zeigt) – und mischen das Glyphosat dann den Konsumentinnen und Konsumenten über das Palmöl, über das Kokosfett direkt ins Lebensmittel!

Aber das ist kein Problem. Ich darf ganz kurz noch erwähnen: Präsident Schultes wird das erledigen, davon bin ich überzeugt. Herr Präsident, ich bitte um Aufmerksamkeit! Du bist der Chef von neun Kammeramtsdirektoren, du bist der Chef von neun Kam­merpräsidenten, du bist der Chef von neun Kammervizepräsidenten, du bist der Chef von neun Pflanzenbaudirektoren, du bist der Chef von neun Tierzuchtdirektoren, du bist der Chef von neun Hauswirtschaftsabteilungen – und ich frage mich, an wen du in diesem Haus appellieren willst, etwas zu tun! Einfach tun wäre die Devise. Mut, hat der Finanzminister gesagt. Das heißt: machen, umsetzen, tun! Das sind die ganz einfachen Aufgaben: nur den Kollegen zuhören! (Beifall bei Team Stronach und FPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aufgrund der vorgeschrittenen Redezeit möchte ich mich ganz kurz fassen: Es gibt dann natürlich jede Menge Botschaften in den Medien. Auch Präsident Auer hat gesagt, die Bauern haben eine Bringschuld gegenüber der Bevölkerung. Der Minister appelliert, dass man mit den Lebensmitteln sorgfältig umgehen sollte.

Und das ist das Größte: Der Bauernbund ruft zu einem Protest bei den SPAR-Märkten auf, und zwar gegen Butter aus Bayern. Ja, Kolleginnen und Kollegen, warum demonstriert ihr nicht einmal gegen Palmöl? Es wäre gescheiter, wenn man einmal die


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 203

Substitute und die anderen Dinge aus den Lebensmitteln hinausbringt als die Butter von den Kolleginnen und Kollegen aus Bayern.

Aber macht nichts, nichtsdestotrotz: Die Oberösterreichische Landwirtschaftskammer – Präsident Reisecker mit einer eigenen Zeitung, so werden die Bauern informiert (ein Exemplar einer Zeitung mit dem Titel „Der Bauer“ in die Höhe haltend) – berichtet, dass Entlastungsmaßnahmen beschlossen wurden. Jawohl, und deshalb wollen wir ihn auch unterstützen.

Die haben bei der letzten Vollversammlung am 28. September beschlossen, dass aufgrund dieser schwierigen Preissituation der Agrardiesel wiedereingeführt wird.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wieder­einführung der Mineralölsteuerbefreiung bei Agrardiesel“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, um den Agrardiesel wieder von der Mineralölsteuer zu befreien.“

*****

Und ergänzend dazu, weil das auch dankenswerterweise von den Kolleginnen und Kollegen bejammert wird (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen) – ich bin schon fertig, Herr Präsident –, soll auch das Qualitätsgütesiegel-Gesetz eingeführt werden, denn, liebe Konsumentinnen und Konsumenten, wie sollt ihr wissen, was drinnen ist, wenn überall eine rot-weiß-rote Fahne drauf ist? Seit 2009 wird das Qualitäts­güte­siegel-Gesetz vertagt. Deshalb stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Quali­tätsgütesiegel-Gesetz“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, dem Nationalrat in Einvernehmen mit den in der gegenständlichen Angelegenheit relevanten Ressorts einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der geeignet ist, die Einführung eines rechtlich verbindlichen, einheitlichen Qualitätssiegels für alle in Österreich angebotenen Lebensmittel zu ermöglichen.“

*****

Ich denke, das ist ein Ziel. So können wir die Krise am schnellsten lösen. Wir bitten um Unterstützung. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

19.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 204

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiederein­füh­rung der Mineralölsteuerbefreiung bei Agrardiesel“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11.: „Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2016 der Bundesregierung (III-307/1280 d.B.)“ in der Sitzung des Nationalrates vom 13.10.2016

Mit dem Sparpaket 2012 - 2016 wurde die Mineralölsteuerbefreiung für den Agrardiesel abgeschafft. Dieser Umstand führt dazu, dass die landwirtschaftliche Produktion teurer und der Preisdruck auf die Betriebe noch extremer wird.

Die Umsetzung der Exportinitiative mit dem Ziel, unsere bäuerlichen Betriebe, die noch zusätzlich mittelbar durch die Russlandsanktionen bestraft wurden, zu stärken, hat sich als nicht erfolgreich erwiesen. Die Abschaffung der Milchquote, die zusätzliche Bei­mengung von Palm- und Kokosfett wie auch die allgemeine Wirtschaftssituation haben weiter dazu beigetragen, dass immer mehr Betriebe finanzielle Probleme haben.

Die Struktur der bäuerlichen Betriebe verändert sich.

Auf einer Seite ist die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe insgesamt seit den 1980er kontinuierlich zurückgegangen (um über 100.000 Betriebe).

Auf der anderen Seite ist die durchschnittliche Betriebsgröße angestiegen, d.h. die kleinen Betriebe gehen zurück und die großen werden immer mehr.

Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft beliefen sich im Jahr 2015 im Durchschnitt aller Betriebe auf 19.478,- Euro, was um 17 % weniger ist als im Jahr 2014. (Grüner Bericht)

Gerade in dieser schwierigen Marktlage für die landwirtschaftlichen Betriebe wäre eine Entlastung durch den Wegfall der Mineralölsteuer auf Agrardiesel mehr als notwendig. Nur so können unsere Bäuerinnen und Bauern mit den anderen EU-Ländern (die zum Großteil Begünstigungen für Agrartreibstoffe anbieten) mithalten.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, um den Agrardiesel wieder von der Mineralölsteuer zu befreien.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Qualitätsgüte­siegel-Gesetz“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11.: „Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2016 der Bundesregierung (III-307/1280 d.B.)“ in der Sitzung des Nationalrates vom 13.10.2016

Seit Jahren wird die Realisierung und rechtliche Verbindlichkeit eines einheitlichen Gütesiegels für die Lebensmittelkennzeichnung in Österreich diskutiert. In Österreich


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 205

sind Produktion und Handel von Nahrungsmitteln durch eine Vielzahl von Vermerken, Aufdrucken, Gütesiegeln, Biosiegeln und anderen rechtlich nicht einheitlich geregelter Kennzeichnungen geprägt. Die Konsumenten sehen sich einer Kennzeichnungs­inflation ausgeliefert, die statt Anleitung zum sicheren Einkauf von Lebensmitteln Verwirrung und Unsicherheit stiftet. Verarbeiter und Endverbraucher können nicht 100%ig sichergehen, woher die von ihnen bezogenen Lebensmittel tatsächlich stam­men, wie und wo sie verarbeitet wurden und unter welchen Bedingungen die Aufzucht bzw. der Anbau erfolgt ist. Die in Österreich kursierenden Kennzeichnungen sind unter­einander nicht vergleichbar und haben damit für die Konsumenten keine Aussagekraft über tatsächliche Qualität und den fairen Preis der angebotenen Produkte.

So sind neben dem AMA-Gütesiegel über 100 weitere „Gütezeichen“ und Eigenmarken in Verkehr, die das AMA-Gütesiegel zu einem unverbindlichen Scheinsiegel degradie­ren. Aus Konsumentensicht ermöglicht aber auch das AMA-Gütesiegel keinen echten Qualitätsvergleich, da nur ein kleiner Teil der in Österreich angebotenen Lebensmittel den AMA-Richtlinien folgt.

Dessen ist sich auch der Landwirtschaftsminister bewusst:

„In Österreich gibt es derzeit im Bereich der Lebensmittelkennzeichnung nur das AMA- Gütesiegel und das AMA – Biozeichen sowie in diesem Bereich auch die Zeichen BOS, SUS und OVUM, welche rechtlich relevant sind. Alle anderen Auslobungen auf Lebensmitteln sind reine Wort-Bildmarken, die keine rechtlich verbindliche Güte­aussage treffen. Es gibt kein Instrument, mit dem die AMA die Verwendung von anderen Wort-Bildmarken unterbinden könnte. Die Auslobung unwahrer Angaben ist allenfalls nach patentrechtlichen oder strafrechtlichen Vorschriften zu beurteilen.“ (108/AB XXV. GP (Steinbichler an Berlakovich, BA durch Rupprechter))

Darüber hinaus kann die derzeitige Handhabung des AMA-Gütesiegels ebenso keine Sicherheit für die 100%ige österreichische Herkunft des damit versehenen Lebens­mittels garantieren. Eine einheitliche, verbindliche Kennzeichnung für alle in Österreich angebotenen Lebensmittel muss daher endlich umgesetzt werden.

In der Vergangenheit hat es bereits mehrere Anläufe gegeben, um die Bun­des­regierung zu einer einheitlichen, rechtlich verbindlichen Kennzeichnung von Lebens­mitteln zu bewegen. So gab es im November 2009 einen Fünfparteienantrag für eine Reform der Gütezeichenverordnung. Damals forderten die Abgeordneten aller im Parlament vertretenen Parteien die Umsetzung der im Regierungsprogramm von 2010 zwischen SPÖ und ÖVP vereinbarten Reform der Gütezeichenverordnung. Im derzeit aktuellen Regierungsprogramm steht im Kapitel Gesundheit, dass „die Umsetzung einer klaren Herkunftskennzeichnung der Produkte und Rohstoffe auf EU-Ebene KonsumentInnen verlässliche und gesicherte Informationen sowie Schutz vor Täuschung bieten“ (Arbeitsprogramm der Österreichischen Bundesregierung 2013-2018 S.59 ) soll.

Von einer echten Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel kann trotz aller Bemü­hungen und Anläufen leider noch immer nicht die Rede sein. Im Gegenteil, die geheim gehaltenen Verhandlungen um TTIP & CETA lassen Schlimmstes für Konsumenten und heimische Lebensmittelproduzenten erwarten. Die Globalisierung und Industria­lisie­rung der Lebensmittelproduktion führen zu einer für die Konsumenten nicht mehr nachzuvollziehenden „Reisetätigkeit“ von Lebensmittel. Denn Lebensmittel haben zu einem großen Teil bereits mehrere tausend Kilometer hinter sich, bevor sie in den österreichischen Supermärkten oftmals mit rot-weiß-roter Fahne zum Verkauf ange­boten werden. Bei Obst und Gemüse ist noch leicht erkennbar, dass etwa Bananen aus Kolumbien, Weintrauben aus der Türkei, Ananas aus Costa Rica, Clementinen aus Spanien, Kiwis aus Neuseeland, Mangos aus Brasilien oder Papayas aus Thailand


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„mehr von der Welt gesehen haben“ als diejenigen, die sie kaufen und verzehren. Bei Fleischprodukten wird es schon schwieriger, denn die wenigsten Konsumenten wissen, dass Lamm aus Neuseeland, Rindfleisch aus Brasilien und Argentinien, Shrimps und Geflügel aus China oder Fisch (Pangasius) aus dem Mekong-Delta nach tausenden Reisekilometern u.a. als Gefrierware in Österreichs Supermärkten landen. Selbst die Fertigbackmischungen für die vorgebliche Frischware aus dem Supermarktauf­back­ofen beinhalten zum größten Teil Rohstoffe, die nicht aus Österreich stammen.

Und auch bei so Alltäglichem wie Kartoffeln gibt es negative Beispiele. Im Frühjahr bot eine renommierte österreichische Supermarktkette heurige Kartoffeln aus Ägypten an, obwohl zu diesem Zeitpunkt mit der Sorte „Eferdinger Landl“ ausreichend inländische Kartoffeln höchster Qualität vorhanden waren. Solche Vorgehensweisen führen dazu, dass heimische Ware nicht konkurrenzfähig angeboten werden kann und vernichtet wird oder zu Spottpreisen exportiert wird. Ausländische Ware ist trotz tausender, klimaschädigender Transportkilometer und fehlender Umweltstandards sowie frag­würdiger Produktionsweisen (Kinderarbeit, etc.) in Österreich billiger zu haben als die heimische Qualitätsproduktion. Den österreichischen Konsumenten wird dabei tunlichst verheimlicht, wieviel Klimaschädigung und soziales Leid mit dem Angebot solcher Produkte verursacht wird. Solche Beispiele ließen sich für alle Bereiche der Lebens­mittelproduktion fortsetzen.

Wir brauchen daher eine rechtlich verbindliche Regelung, die garantiert, dass auf allen angebotenen Lebensmitteln, wo Österreich drauf steht, auch Österreich drinnen ist. Es muss Schluss sein mit Produkten, die als „österreichisch“ ausgeben werden dürfen, obwohl lediglich die Schlachtung oder die Verarbeitung bzw. die Verpackung in Österreich erfolgt. Österreich braucht ein transparentes Qualitätsgütesiegel-Gesetz für alle in Österreich angebotenen Lebensmittel, das Herkunft, Erzeugungsart, Verarbei­tung, Transport und Lagerung ausweist, um den Konsumenten den fairen Vergleich von Qualität und Preis zu ermöglichen. Nur so kann den österreichischen Konsu­menten Lebensmittelwahrheit garantiert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, dem Nationalrat in Einvernehmen mit den in der gegenständlichen Angelegenheit relevanten Ressorts einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der geeignet ist, die Einführung eines rechtlich verbindlichen, einheitlichen Qualitätssiegels für alle in Österreich angebotenen Lebensmittel zu ermöglichen.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


19.54.15

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir disku­tieren den Grünen Bericht, und ich habe den Vorteil, das schon oft miterlebt zu haben, was den Nachteil bedeutet, dass man den Herrn Pirklhuber schon nicht mehr hören kann. Ihm fällt nichts Neues ein. Traurig ist, dass Kollege Steinbichler so lange gebraucht hat, bis ihm der Knopf aufgeht. Mit dem Palmöl hast du wenigstens ein


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 207

Thema, denn solange du Bauernpolitiker warst, ist dir ja nichts eingefallen. Ich habe einen Trost für dich: Die Palmölernte war heuer schlecht, Palmöl wird teuer, und das wird uns vielleicht helfen. (Abg. Steinbichler: Fahr einmal nach Vöcklabruck, damit du einmal weißt, wie das ist …!)

Jetzt zum wirklichen Problem: Hohes Haus, es ist eine wirklich grausame Umstellung der Weltagrarmärkte im Gange – nicht nur bei uns, sondern überall. Das, was wir hier über die Situation der Bauern diskutieren, erleben wir in Serbien, in Amerika, in China, in Thailand, in Brasilien, in Argentinien. Überall auf der Welt ist alles gut gewachsen, und überall auf der Welt hat die Nachfrage eine Einschränkung erlebt. Dasselbe, was beim Stahl passiert, dasselbe, was beim Öl passiert, was beim Strompreis passiert, passiert bei uns. Die Antwort der Politik muss sein: Verständnis für die österreichischen Bauern.

Ich hätte mir erwartet, dass wenigstens unser Koalitionspartner Verständnis zeigt (Heiterkeit bei der FPÖ), aber das Problem ist, dass auch Kollege Preiner ein bisschen ein Durcheinander mit den Zahlen hat. Es wäre schön, wenn wir aus der ländlichen Entwicklung 7,8 Milliarden € hätten, es sind aber leider nur 640 Millionen €, und die sind schwer verdient, weil davon, wie wir gehört haben, auch viele andere bedient werden müssen.

Der Punkt ist folgender: Wir haben rund 500 Millionen € weniger an Einkommen, weil unsere Produkte weniger wert sind. Das fehlt. Und das ist der Vorteil der Konsumenten in ganz Österreich: Die müssen weniger zahlen. (Abg. Pirklhuber: Das stimmt ja überhaupt nicht!) Wenn wir jetzt sagen: Bitte lasst uns wenigstens einmal eine Sozial­versicherungsrate nicht einzahlen!, machen sie uns ein Problem, wenn wir die stornieren. Und wenn ich dann sage, lassen wir wenigstens die Agrardieselbesteue­rung weg, die es nur in Österreich gibt, nicht in Ungarn, nicht bei den anderen, sagt mir Kollege Schopf von der SPÖ drauf: Was wollt ihr denn?! Die Nebenerwerbslandwirte haben eh 80 € im Monat Vorteil aus der Steuerreform, da brauchen wir über das gar nicht zu reden. – Das sagt er im Ausschuss öffentlich!

Unser Problem ist, dass in diesem Haus die anderen Fraktionen ihren Spaß mit den Bauern machen, keinen konkreten Lösungsvorschlag bringen, der Jannach alle Jahre dieselben Scherze treibt und unser Koalitionspartner in der Frage leider selbst nicht versteht, wie ernst das ist. Das Bundesheer habt ihr totgespart. Passt auf, bei den Bauern könnte es auch bald so sein! Wir brauchen jetzt rasch ernsthaftes Verständnis für das, was wirklich passiert. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich bin Interessenvertreter und gewählter Abgeordneter, ich darf das hier für meine Bäuerinnen und Bauern sagen: Sagt nicht scheinheilig danke, sondern helft ihnen! Ich sage ihnen danke, weil ich weiß, wofür ich kämpfe. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Strache: Wie viele Bauern haben zusperren müssen durch Ihre Politik?)

19.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemel­det ist Herr Abgeordneter Steinbichler. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäfts­ordnung, Herr Abgeordneter. – Bitte.

 


19.57.50

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident Schultes hat soeben gewagt, zu sagen: Während Leo Steinbichler in Vöcklabruck Bauernvertreter war, ist ihm nichts eingefallen.

Ich berichtige tatsächlich: Auf meine Tätigkeit als Bezirksobmann im Bezirk Vöckla­bruck …

19.58



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 208

Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, es tut mir leid, das ist keine tat­sächliche Berichtigung. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. Abg. Tamandl: Das ist doch keine tatsächliche Berichtigung!) Herr Abgeordneter, das ist leider keine tatsäch­liche Berichtigung, das kann ich leider nicht zulassen.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Riemer. – Bitte.

 


19.58.33

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das war schon ganz schön, aber eines weise ich sofort zurück, Herr Präsident Schultes, nämlich, dass man sich auf Kosten der Bäuerinnen und Bauern lustig macht. Also das ist wahrlich, muss ich sagen, eine Entgleisung. Seltsamerweise steht im Grünen Bericht nämlich genau das Gegenteil von dem, was Sie da so sagen.

Wenn Sie den Grünen Bericht genau lesen, können Sie sich nämlich vorstellen, dass wir seit dem EU-Beitritt ungefähr um 70 000 Betriebe weniger haben. Wir haben seit ungefähr, wenn ich mir das so anschaue, 2013 noch 166 000 Betriebe. Wenn wir jetzt rechnen, jedes Jahr 2 500 Betriebe weniger, dann – rechnen Sie sich das aus! – sind es wieder 4 800 Betriebe, und nächstes Jahr wieder 4 000 Betriebe, und übernächstes Jahr? Bitte, wo soll denn das hinführen? Da reden wir von ländlicher Entwicklung! Wenn alle Leute weg sind, sind die Kindergärten weg, dann sind die Schulen weg, dann sind die Gasthäuser weg, und dann sterben Regionen aus.

Was helfen Milliarden irgendwo im Universum, wenn wir keine Leute mehr dort haben?! Sie können in die Südsteiermark ins Grenzland schauen: Traurig schaut es aus! – Das ist ein Verdienst! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abg. Dietrich.)

Der nächste Punkt – es ist ja schon alles erwähnt worden – ist das Einkommensminus, also eine ganz klare Geschichte; aber vielleicht noch eine Zahl dazu. Wenn wir hören, dass im Bereich der Bäuerinnen und Bauern 93 Prozent Familienbetriebe sind, denen aber in Wirklichkeit nur mehr 60 Prozent des gesamten Grundes gehören, und dass Personalgesellschaften juristischen Personen sind und 7,3 Prozent ausmachen, denen in Wirklichkeit schon 40 Prozent des Grundes gehören, dann liegt darin nämlich auch etwas begraben.

Wollen wir überhaupt noch eine kleinstrukturierte Landwirtschaft? – Wenn wir es nicht wollen, dann soll man es sagen, dann machen wir ein ganz anderes Konstrukt daraus, aber nur zu reden bringt nichts, sondern wir müssen die Ursachen bekämpfen und nicht nachher pausenlos ein bisschen eine Behandlung mit Fördergeldern darüber­legen. Die Fördergelder lösen das Problem schon lange nicht mehr.

Reden wir aber einmal über etwas Positives: Positiv ist die Wirtschaftsleistung. Wenn ich mir das so anschaue, zum Beispiel die Landmaschinen, und das alles mit den weni­ger werdenden bäuerlichen Betrieben: 43 Landmaschinenbetriebe setzen mit 5 600 Beschäftigten 1,9 Milliarden € um. Nehmen wir die Genossenschaften: 90 Lagerhaus­genos­senschaften mit 12 000 Mitarbeitern und 120 000 Mitgliedern.

Bei den Pflanzenschutzmitteln müsste man wieder nachdenken. Da gibt es sehr viele Anträge. 2013 haben wir 10 728 Tonnen verstreut, 2015 12 928 Tonnen; gegenüber dem Vorjahr sind das 1 300 Tonnen mehr, und das geht immer weiter. Auch diese setzen 11 Prozent mehr Umsatz um, das ist keine schlechte Geschichte; aber wohin führt das, wenn wir immer mehr Tonnen Pflanzenschutzmittel auf die Felder ver­streuen? – Das ist doch unlogisch: weniger Betriebe, mehr Pflanzengift – das durch­schaue ich persönlich nicht mehr.

Lebensmittel herstellende Betriebe haben Einnahmen in Höhe von 8,16 Milliarden € – da muss doch etwas für die Bauern abfallen. Das ist ja keine Sache. Die Kontrollen


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lasse ich jetzt alle weg, diese sind mehrheitlich zufriedenstellend. Es ist vielleicht 1 Pro­zent, das vielleicht nicht ganz so hinhaut, außer bei den Transporten auf der Straße.

Herr Schultes, ich habe mir vom vorigen Jahr etwas herausgesucht, da steht nämlich drinnen – Herr Schultes am 10. November 2015 : „Tierwohl ist ein gemeinsames Anliegen von uns allen und die Landwirtschaft gestaltet das Wohlbefinden. Doch Billig­preise setzen Grenzen und höhere Standards müssen erwirtschaftet werden.“

Ja, Sie haben recht, und Sie führen zu Recht an, dass täglich 2,5 Millionen Essens­portionen ausgegeben werden, in Regierungsgebäuden, Krankenhäusern, Schulen et cetera. Meine Frage: Was haben Sie in diesem einen Jahr als Präsident der Land­wirtschaftskammer gemacht? – Das würde mich wirklich interessieren, denn was passiert, wenn die Produktion ins Ausland verlagert wird? – Unsere hohen Standards bringen unsere Bauern um; Sie haben ja recht. Was geschieht dagegen? – Also ich muss sagen: Anträge der Opposition sind bis jetzt hier nicht zum Tragen gekommen.

Genauso CETA: Wenn heute gesagt wird, das deutsche Höchstgericht hat entschie­den, CETA widerspricht überhaupt nichts, dann wissen wir schon, dann kommt der Kern-Express und wird das Ganze bestätigen. Das ist aber auch eine Empfehlung: CETA, TTIP – die §-7-Kommission empfiehlt das im Grünen Bericht. Das soll bitte kritisch sein?! Was ist da geschehen? – Diese §-7-Kommission ist offensichtlich nur ein Beistrich zu dem ganzen Bericht. Das ist eine Schande.

Wenn wir vom Tierwohl reden, dann möchte ich abschließend auch etwas Negatives sagen: Man muss auch kritisch gegenüber den Bauern sein, die sich nicht an dieses bäuerliche Grundverhalten der Republik halten. Damit kommen wir zum illegalen Schächten. Immer mehr Bauern lassen ihre Schafe offensichtlich ohne Tierärzte et cetera schlachten, wegen billigen Geldes. Das ist eine Schande. Ähnliches gilt für die Katzenkastration in Oberösterreich, wo Bauern das Gesetz aushebeln; auch das ist nicht in Ordnung. (Abg. Pirklhuber: Na geh, das ist ein Blödsinn!)

Abschließend: Kleinstbäuerliche Struktur, quo vadis? – Wir stehen hinter den Klein­bauern, und wenn Österreich sagt, es steht auch dazu, dann müssen uns die Bauern, so wie das Bundesheer, auch etwas wert sein. – Danke. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach sowie des Abg. Berlakovich.)

20.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 


20.04.07

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kollegin­nen! Liebe Kollegen! Ich möchte ganz kurz auf den Redebeitrag des Herrn Kammer­prä­sidenten eingehen. (Ruf bei der SPÖ: Jawohl!) Es ist nicht richtig, dass wir – die Sozialdemokratie und auch ich persönlich – nicht für die Bauern eintreten, im Gegen­teil: Wir stehen zur österreichischen Land- und Forstwirtschaft; sie ist wichtig. Sie ist für den ländlichen Raum wichtig, sie ist für die gesamte Bevölkerung wichtig, jedoch stehen wir auch dafür, dass die Fördermittel, die verwendet werden, immerhin 1,3 Mil-liar­den €, gerechter verteilt werden. Das ist der Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei SPÖ, Grünen und Team Stronach.)

Ich sage gleich vorweg: Auch von unserer Fraktion gibt es ein herzliches Dankeschön an jene, die den Bericht erstellt haben, vor allem an jene Bäuerinnen und Bauern, die auch die notwendigen Daten zur Verfügung gestellt haben. Wir als Sozialdemo-kratische Partei werden diesen Grünen Bericht heute akzeptieren und zur Kenntnis nehmen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 210

Meine Damen und Herren, apropos Förderungen: Ich habe gesagt, insgesamt sind Förderungen von 1,3 Milliarden €, letztendlich aus Steuergeld, ausbezahlt worden. Durchschnittlich hat im letzten Jahr jeder Betrieb circa 11 500 € erhalten. Während ein Drittel der Betriebe – und das ist der Punkt – im unteren Förderbereich durchschnittlich nur etwa 2 300 € je Betrieb erhalten hat, was einen Förderanteil von 7 Prozent aus­macht, bekamen 1,5 Prozent der Betriebe am oberen Ende satte 10 Prozent aller För­der­mittel und damit im Durchschnitt 78 300 €. Das ist das Problem dabei: Da wird eine ungerechte Förderpolitik betrieben, und die Sozialdemokratie tritt eindeutig dagegen auf. (Beifall der Abg. Königsberger-Ludwig. – Zwischenrufe der Abgeord­neten Eßl und Schimanek.)

Wir haben es also mit einem Fördersystem zu tun, das die großen Bauern im Vergleich zu den Kleinbauern bevorzugt, und das wollen wir vonseiten der Sozialdemokratie nicht. Im Gegenteil: Wir wollen, dass die Kleinbauern stärker als in der Vergangenheit gefördert werden. (Zwischenruf des Abg. Riemer.)

Meine Damen und Herren, sie machen den ländlichen Charakter unseres Landes aus, und sie hätten es sich auch verdient, dass diese gerechtere Verteilungspolitik im Fördersystem, vor allem auch auf europäischer Ebene, ihren Niederschlag findet. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kitzmüller: Und was ist mit unseren Anträgen?)

20.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Rupprechter. – Bitte.

 


20.06.43

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Hohes Haus! Ihnen liegt der 57. Grüne Bericht von 2016 mit der Einkommenssituation 2015 vor, und, wie das auch in den Debattenbeiträgen von allen Sprechern klar zum Ausdruck gebracht wurde, mit einem Minus von 17 Prozent der Durchschnitte aller Einkünfte der Land- und Forstwirtschaft ist das tatsächlich eine dramatische, negative Entwicklung, die man nicht schönzureden braucht. Darüber gibt es nichts zu diskutieren, vor allem auch im Hinblick darauf, dass es bereits das vierte Jahr in Folge ist, dass wir eine negative Einkommensentwicklung haben.

Die Debatte im Ausschuss zu diesem Bericht, die übrigens aus meiner Sicht sehr konstruktiv gewesen ist, war von der gemeinsamen Sorge aller im Parlament vertre­tenen Fraktionen um die notwendigen Maßnahmen für die Erhaltung unserer bäuer­lichen Familienbetriebe getragen.

Die Ursachen sind sehr ausführlich diskutiert worden. Gerade im letzten Jahr war es natürlich der Einbruch bei den Milchpreisen und den Schweinepreisen, aber auch die Entwicklung der Getreidepreise ist relativ negativ verlaufen. Bei Milch und Schweine­fleisch kennen wir die Ursachen eindeutig: Es lag insbesondere am Wegfall eines unserer wichtigsten Drittlandmärkte, Russland. 25 Prozent der europäischen Käse­exporte sind nach Russland gegangen. Aufgrund dessen ist uns auch 2014 der Schweinemarkt weggebrochen. Diese Maßnahmen haben vor allem dazu beigetragen, dass es einen massiven Preisdruck gegeben hat – nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa. Sie wissen das, Sie kennen das.

Zusätzlich hatten wir natürlich im Jahr 2015 auch extrem schwierige Witterungs­bedin­gungen: eine sehr lang anhaltende Dürre, die zu nachdrücklichen Auswirkungen vor allem auf die Ernteergebnisse der Herbstkulturen geführt hat und in dieser Kombination eben zu diesen Ergebnissen bei den Einkünften. Fast alle Betriebsformen waren davon betroffen, vor allem natürlich die Veredelungsbetriebe mit fast minus 30 Prozent der


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 211

Einkommen. Das braucht man nicht zu beschönigen. Was mich als jemanden, der aus einem Berggebiet kommt, besonders schmerzt, ist auch, dass vor allem die Bergbau­ernbetriebe in besonderem Maße betroffen waren, weil diese vor allem im Milchsektor im Grünlandgebiet tätig sind.

Die §-7-Kommission hat die sieben Empfehlungen mit großen Mehrheiten verabschiedet, diese sind ja auch Bestandteil des Grünen Berichts. Ich bedanke mich bei dieser Gelegenheit auch bei allen Bäuerinnen und Bauern, die trotz der schwie­rigen Situation durch ihre Beiträge, vor allem die freiwillige Aufzeichnung in Form der doppelten Buchführung, dazu beigetragen haben, dass wir einen sehr umfassenden Bericht erhalten haben, und auch bei den Mitgliedern, bei den Experten der §-7-Kom­mission und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die zu diesem umfassenden Nachschlagewerk beigetragen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Maßnahmen, die zu setzen sind und die gesetzt worden sind, tragen auch dazu bei, dass es zu Marktentlastungen kommt. Wir haben uns auf europäischer Ebene nachdrücklich dafür eingesetzt, dass es insbesondere im Milchbereich zu einer freiwilligen Milchlieferrücknahmeaktion kommt, auch mit Beteiligung der Europäischen Union. Im Sommer dieses Jahres ist es definitiv gelungen, diese freiwillige Lieferrück­nahme auf den Weg zu bringen, und die österreichischen Bauern und Bäuerinnen, vor allem im Milchsektor, beteiligen sich daran.

Wir setzen diese Maßnahmen in diesem und im kommenden Quartal um, und wir spüren auch bereits, dass sie zu greifen beginnen. Wir haben im Rahmen des Milch­dialogs hier im Hohen Haus eine sehr umfassende Debatte über die notwendigen Begleitmaßnahmen abgeführt, und wir haben auch schon eine Reihe dieser Maßnahmen umgesetzt, etwa kurzfristig notwendige Maßnahmen, um die Liquidität der Betriebe zu stärken. Die AIK-Stundung haben wir umgesetzt.

Wir haben uns in der Regierung grundsätzlich auf das Aussetzen der Sozialver­sicherungsbeiträge im letzten Quartal dieses Jahres geeinigt. Das muss bis zum Ende dieses Jahres legistisch umgesetzt werden. Dazu steht die österreichische Bundes­regierung, dazu haben wir ein gemeinsames Verständnis. Das ist auch die notwendige Solidarität, die die Landwirtschaft zu Recht einfordern kann und gerade in diesen schwierigen Zeiten auch einfordern muss. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben mit einer Anpassung des ländlichen Entwicklungsprogramms eine Neuaus­richtung von Maßnahmen vorgenommen, mit einem Volumen von 70 Millionen € für Tierwohlmaßnahmen, für tierhaltende Betriebe, investive Maßnahmen auch als Beitrag zur Klimawandelanpassungsstrategie, und für den Sektor Biolandbau eine Stärkung beschlossen.

Wir haben im investiven Bereich 50 Millionen € für strategische Zukunftsinvestitionen im milchverarbeitenden Bereich vorgesehen, und wir werden noch mehr Mittel ein­setzen müssen, um eine forcierte Exportbemühung zu unterstützen. Wir haben die Exportservicestelle eingesetzt. Wir werden diese um eine weitere Einrichtung ergän­zen, eine Art Exportagentur in meinem Ressort, mit der wir vor allem auch im Export­marketing nach Best of Austria noch verstärkt professionell die Exportbe­mühungen unterstützen werden.

Wir haben die Ernteversicherung in diesem Jahr im Hohen Haus mit einer sehr breiten Mehrheit verabschiedet und die Eigenvorsorge gegen entsprechende Wetterextreme vorgesehen, damit die Ernteversicherung gestärkt werden kann.

Wir sind im Bereich des Bestbieterprinzips erfolgreich gewesen. Im letzten Jahr ist es gelungen, mehr Lebensmittel aus heimischer Herkunft in der öffentlichen Beschaffung


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 212

umzusetzen, und durch die Reform des Bundesbeschaffungsgesetzes noch in diesem Jahr sollte uns da auch noch mehr gelingen.

Es ist zugegebenermaßen eine schwierige Ausgangslage für die heimische Landwirt­schaft, da gibt es nichts zu beschönigen. Wir haben Maßnahmen gesetzt, und ich bin auch zuversichtlich, dass diese greifen werden, dass es wieder eine positive Perspek­tive für unsere bäuerlichen Betriebe gibt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Hauser. Die Restredezeit der Fraktion beträgt 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Schönegger – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Hauser –: Muss aber nicht ausgeschöpft werden! Abg. Hauser auf dem Weg zum Rednerpult : Ich krieg noch ein paar Minuten von dir!)

 


20.13.37

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Situation in der Landwirtschaft ist wirklich hart. Herr Präsident Schultes, es würde Ihnen wirklich anstehen, sich hier und heute für Ihre Aussage zu entschuldigen. Sie haben uns allen vorgeworfen, dass wir im Hohen Haus einen Spaß mit den Bauern treiben. Diese Aussage ist unerträglich. (Beifall bei FPÖ, Grünen und Team Stronach sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schultes.) Den Vorwurf der Schein­heiligkeit weise ich zurück. Das ist kein Anspruch.

Die Situation ist wirklich hart, wie ich schon erklärt habe, ohne näher auf die Zahl einzugehen. Allein der Rückgang um 23 Prozent für die Bergbauernbetriebe in diesem Jahr ist in Wirklichkeit ein Desaster.

Sie wissen, was es heißt, im ländlichen Raum Bauer zu sein. Das Einkommen, das man außerhalb der Landwirtschaft erzielt und das notwendig ist, um die Landwirtschaft zu erhalten, wird voll und ganz in die Landwirtschaft gesteckt. Um 6 Uhr in der Früh heißt es, aufzustehen, in den Stall zu gehen, dann zur Arbeit, nach der Arbeit wieder in den Stall. (Zwischenrufe der Abgeordneten Schmuckenschlager und Schultes.) Es kann schon passieren, dass – und da ein Kompliment und ein Dankeschön an die Frauen – die Frauen aushelfen. (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!) Wir möchten uns also hier bei allen Bäuerinnen und bei allen Bauern für ihre Arbeit an 365 Tagen im Jahr bedanken. Sie bedürfen unserer Unterstützung. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Die einzige Chance, die wir im ländlichen Raum haben, um die Bergbauern und die Bauern zu erhalten, ist, die Kooperation zwischen Landwirtschaft, Gastronomie und Tourismus zu intensivieren. Diesbezüglich hat es auch in den Ausschüssen unzählige Anträge gegeben, die leider Gottes von der Koalition, von SPÖ und ÖVP immer wieder vertagt werden.

Es ist höchste Zeit, zum Beispiel einmal in den Dschungel der Gütesiegel Klarheit hineinzubringen. Wir haben in etwa 240 Gütesiegel allein für landwirtschaftliche Pro­dukte. Kaum jemand kennt sich aus. Das muss reduziert werden. Was möchte der Gast, was möchte der Konsument haben? – Dort, wo Österreich draufsteht, muss Österreich drinnen sein, von der Geburt über die Schlachtung bis zur Verpackung. Das müssen wir schaffen.

Ich habe hier eine aktuelle Studie der Tourismuswirtschaft mitgenommen, die soge­nannte T-MONA-Studie, eine gemeinsame Studie der Österreich Werbung mit den Landestourismusverbänden, mit den regionalen Tourismusverbänden – Sample: 35 900 Personen. Was da in den Befragungen herauskommt, sollte uns positiv stim­men.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 213

Zu den Gründen, Urlaub bei uns in Österreich zu verbringen, sagen von der Zielgruppe Natur und Kulinarik 54 Prozent: Regionale Getränke und Speisen sind für uns wichtig, damit wir den Urlaub in Österreich verbringen können. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen. – Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Für alle Befragten sind die Vielfalt und die Qualität des gastronomischen Angebots absolut wichtig. Deswegen muss diese Schiene Landwirtschaft, Tourismus und Gastro­nomie intensiv genutzt werden. Da stimmt der Preis, da stimmt die Produktzu­frie­denheit, und unter dem Strich kommt dann auch die Zufriedenheit für unsere Bäuerin­nen und Bauern heraus. (Präsident Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Bitte vertagen Sie nicht weiterhin unsere Anträge, die zu einer Qualität auch in Sachen Gütesiegel führen werden! – Ich bedanke mich. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

20.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


20.17.38

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Grüne Bericht 2016 spiegelt die schwierige Lage in der Landwirtschaft wider, aber ich glaube, es bringt uns nicht weiter, wenn wir hier nur emotional diskutieren und gegenseitige Schuldzuweisungen aussprechen.

Ja, Österreichs Landwirtschaft produziert unter schwierigen Rahmenbedingungen, sei es von den Strukturen, sei es vom Klima aus gesehen, aber auch, was die Umwelt­standards betrifft, die wir alle einfordern, oder in Bezug auf das Thema Tierschutz. Österreichs Landwirtschaft steht im Wettbewerb mit industrialisierter Landwirtschaft und mit Landwirtschaft, bei der es ein niedriges Lohnniveau gibt. Es gibt also – das wurde heute hier schon eingangs erläutert, auch vom Herrn Bundesminister – durch­aus Gründe, aber ich glaube, wir müssen das Beste aus der Situation machen. Wir können die Landwirtschaft nicht verschieben. Wir müssen versuchen, die Landwirt­schaft mit allen Mitteln flächendeckend und nachhaltig aufrechtzuerhalten.

Es sei mir erlaubt, hier einmal drei Wünsche oder Vorschläge einzubringen.

Wir haben gerade im Bereich der Milchproduktion, in dem es einen Preisverfall gibt, durchaus Chancen und Möglichkeiten. Bei uns in Tirol entsteht die Hälfte der Milch durch Spezialproduktion, das heißt als Biomilch, als Heumilch oder eben auch als Almmilch. Ich glaube, da sind die Produkte, mit denen wir uns von Mitbewerbern absetzen können.

Wir müssen versuchen, unsere Wälder verstärkt zu bewirtschaften. Wir haben Durch­forstungsrückstände, in diesen Bereich fällt auch das Thema Biomasse. Es wird immer wieder eingefordert, und es muss dazu beitragen, unsere Klimaziele zu erreichen.

Kollege Hauser hat es erwähnt: Ja, wir brauchen neue Kooperationen mit dem Touris­mus, wir brauchen aber auch neue Kooperationen und Solidarität mit dem Konsu­menten – österreichisches Fleisch auf dem österreichischen Teller und keine Steaks aus Argentinien und Amerika!

Österreichs Landwirtschaft, und das wurde heute hier noch nicht erwähnt, sichert sehr viele Arbeitsplätze im nachgelagerten Bereich. Über 500 000 Arbeitsplätze werden durch eine aktive Landwirtschaft aufrechterhalten. Man sieht es genau: Wenn es den Bauern nicht gut geht, dann haben eben auch die Wirtschaft und die Industrie Probleme – das sieht man derzeit im Landtechnikbereich.

Wir müssen also auch in Zukunft eine gewisse Solidarität mit der Landwirtschaft zeigen, und diese erwarte ich mir auch hier herinnen, denn der Nutzen geht weit über


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 214

das Ganze hinaus. Wir haben ein schönes Land, wir haben ein gepflegtes Land, wir haben hohe Umweltstandards. Österreichs Landwirtschaft soll auch in Zukunft Lebens­mittel produzieren, die es wert sind, als Lebensmittel bezeichnet zu werden, und nicht Lebensmittel, die mit industriellen Produkten vergleichbar sind.

Es ist eine schwierige Zeit, aber ich glaube, wir alle sind gefordert, unsere Bäuerinnen und Bauern, die tagtäglich, jahraus, jahrein dafür arbeiten, auf diesem Weg zu beglei­ten und die Situation zu meistern. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


20.20.29

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Grünen Bericht 2016: Die Situation ist ernst genug, und wir müssen diese Diskussion über den Grünen Bericht ernst nehmen, denn da hängt sehr viel dran.

Zuerst darf ich mich bei jenen Bäuerinnen und Bauern bedanken, die freiwillig Auf­zeich­nungen machen, sodass es überhaupt möglich ist, dass uns dieser Grüne Bericht vorliegt.

Die Situation der österreichischen Land- und Forstwirtschaft – Land- und Forstwirt­schaft! – bleibt weiterhin angespannt, hat sich nicht gebessert, im Gegenteil, sie hat sich massiv verschlechtert.

Die Förderungen ausgleichen – Herr Kollege Walter Schopf, ich glaube, das ist richtig, dieser Ansatz ist richtig, da bin ich hundertprozentig bei dir, aber bitte, machen Sie es! Sie sind auch Teil der Koalition, lieber Herr Kollege! Ich glaube, es ist dringend notwen­dig, dass die Umsetzung erfolgt.

Die Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe sanken um sage und schreibe 17 Pro­zent. Es stimmt schon, es gibt Schwierigkeiten, vor allem was die Schweine­mast, den Milchsektor, aber auch die Getreideernte betrifft. Im Milchsektor ist es ganz extrem, dort sind massive Einbußen zu verzeichnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist heute auch schon angesprochen worden: Vor allem die Sanktionen gegen Russland sind ein maßgeblicher Faktor für die Einbußen in unserer Landwirtschaft. – Herr Minister, setzen Sie sich bitte dafür ein, dass diese Sanktionen endlich beseitigt und eingestellt werden, denn dadurch haben wir in jeder Hinsicht massive Einbußen, was die landwirtschaftlichen Produkte betrifft!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei den Bergbauernbetrieben sind 23 Pro­zent an Einbußen zu verzeichnen! Die Bergbauern, das habe ich schon bei der Behandlung des vorigen Grünen Berichts gesagt, sind nicht nur Bauern, sondern auch Garanten für die Bevölkerung, was die Verhinderung von Murenabgängen, Lawinen oder dergleichen betrifft. Wir müssen daher die Bergbauernbetriebe unbedingt entsprechend unterstützen, damit die ländliche Struktur erhalten bleibt.

In diesem Sinne möchte ich Sie, Herr Minister, darum ersuchen, sich massiv dafür einzusetzen, dass die Sanktionen gegen Russland eingestellt werden. – Herzlichen Dank. (Beifall der Abgeordneten Franz und Gerhard Schmid.)

20.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Unterrainer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 215

20.23.17

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Kollege Schultes, den Vorwurf, dass die SPÖ das Heer zu Tode gespart hätte, weise ich auf das Schärfste zurück (Ruf: Das stimmt aber!), denn der Minister kann nur jenes Geld investieren, das ihm auch zugestanden wird; und da gibt es drei Namen, die in Verbindung damit einfach zu nennen sind: Fekter, Spindelegger und Schelling – und sonst niemand! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Präsident! Herr Minister! 2015 war für die österreichische Landwirtschaft ein desaströses Jahr. Es war das vierte Jahr in Folge, in dem die Bauern mit Einkom­mensverlusten konfrontiert waren. Am ärgsten hat es wieder einmal die Bergbauern getroffen, die mit einem Minus von insgesamt 23 Prozent zu kämpfen haben.

Wir sind damit konfrontiert, dass Jahr für Jahr mehr Menschen die Höfe verlassen. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass man mehr Förderungen braucht, sondern das bedeutet, dass man die Förderungen gerechter verteilen muss. Wie schon Kollege Schopf gesagt hat: 42 Prozent der gesamten Fördermittel gehen bereits jetzt in die Landwirtschaft. Da geht es einfach um eine gerechte Verteilung und nicht um ein Mehr.

Wenn die Almen nicht mehr bewirtschaftet werden, verliert Österreich auch eine seiner schönsten Kulturlandschaften und jene Almwiesen, auf die wir nicht nur stolz sind, sondern die auch touristisches Markenzeichen sind.

Genau dort droht uns aber jetzt – nach 2014 – auch schon wieder entsprechendes Ungemach, nämlich im Bereich der Almflächen. Es gibt eine Meldung vom Mitglied des EU-Rechnungshofes Oskar Herics, in der es heißt:

„,Es gibt weiterhin bestehende Mängel. Das System funktioniert noch immer nicht im Bereich Almflächen‘, sagte Herics. Es gehe um die Abgrenzung der nicht beihilfe­fähigen Almflächen wie etwa Ödland. ,Da ist Österreich zu wenig sorgsam.‘

Nach Auffassung der EU-Kommission würden Risiken für den Landwirtschaftsfonds bestehen, Finanzkorrekturen habe die EU-Behörde nicht ausgeschlossen, sagte Herics.“

Das heißt, wir sind dann wieder dem Risiko ausgesetzt, dass unter Umständen 10 Pro­zent an Strafzahlungen notwendig sind. – Das kann nicht im Sinne der Bauern sein. Ich bitte den Minister diesbezüglich um Aufklärung und rasches Handeln.

Ich möchte noch ein ganz anderes Thema zur Sprache bringen: Seit Langem kämpfe ich gegen das sehr wahrscheinlich krebserregende Unkrautvertilgungsmittel Glyphosat. Wie wir wissen, hat die Europäische Kommission in einer bedenklichen Vorgehens­weise das Mittel wieder – zwar nur befristet, aber immerhin – zugelassen. Wie unab­hängige Studien belegen, besteht bei diesem Mittel der Verdacht, dass es krebser­regend ist. Wir sprechen da nicht von irgendeinem Mittel, das ein bisschen ausge­bracht wird, sondern von einem Mittel, das in Österreich am meisten verwendet wird: 431 Tonnen sind allein im Jahr 2015 ausgebracht worden. Und die Mär, den Großteil verbrauchen die ÖBB, können wir gleich vergessen, denn 80 bis 90 Prozent werden in der Landwirtschaft verwendet, nur 1 Prozent verbrauchen die ÖBB.

Für mich ist ganz klar: Es ist nichts anderes passiert, als dass sich die Lobby der Chemieriesen durchgesetzt und gewonnen hat. Eines ist aber auch klar: Die Anwendung obliegt den Mitgliedstaaten und sonst niemandem. In Österreich gibt es in Salzburg und in Innsbruck bereits positive Beispiele dafür, dass es nicht eingesetzt wird.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 216

Daher die Forderung und die Bitte an den Herrn Minister: Bitte, verbiete das Mittel! Setzen wir diesem Treiben endlich ein Ende! – Die Gesundheit der Menschen muss uns einfach mehr wert sein als das Wohl der Chemieriesen.

Ich darf dich daran erinnern, dass du im April wörtlich gesagt hast: Österreichs Land­wirtschaft braucht kein Glyphosat. – Wenn das stimmt, dann gehen wir doch beispiel­gebend voran! Unterstützen wird die biologische Landwirtschaft entsprechend stark, dann brauchen wir Glyphosat nicht mehr!

Verbieten wir doch ganz einfach den Einsatz von Glyphosat inklusive aller Nebenstoffe, wie etwa das POE-Tallowin, was sogar der Durchführungsverordnung der EK ent­sprechen würde. Dort steht nämlich drinnen:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Glyphosat enthaltende Pflanzenschutzmittel nicht den Beistoff POE-Tallowin (…) enthalten.“

Da geht es einfach nur darum, diese Durchführungsverordnung auch entsprechend umzusetzen. Es liegt schlicht und ergreifend an uns, speziell an dir, Herr Minister! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berlakovich gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


20.27.22

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Grüne Bericht ist eines der umfassendsten Werke, die es für einen Sektor gibt – in altbewährter Form. Ein Danke an die Bäuerin­nen und Bauern und ein Danke auch an die Beamten, die ihn erstellt haben; das haben schon mehrere Vorredner gesagt.

Ich möchte auf ein paar Themen eingehen. Zum Strukturwandel: Strukturwandel bedeutet, dass Betriebe aufhören zu wirtschaften. – Wir müssen das ehrlich disku­tieren. Ja, es gibt den Strukturwandel. Es hätte viele Wirtschaftsbereiche in Österreich nicht gegeben, wenn nicht Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft in andere Bereiche gegangen wären. Aber warum kommt es zu diesem Aufhören der Betriebe? – Weil der Marktdruck so groß wird und der Druck auf die bäuerlichen Betriebe so groß ist, dass sie immer billiger produzieren müssen, damit die Lebensmittel immer billiger werden. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.) Der Lebensmittelhandel macht da gewaltigen Druck! Das ist die Wahrheit. Das ist kein Vorwurf an jemanden, sondern das ist die Wahrheit.

Ein bäuerlicher Betrieb, der zwei Kühe oder drei Schweine hält, kann nicht mehr existieren. Daher sind die Betriebe gezwungen – ob sie wollen oder nicht –, größer zu werden. Und trotzdem, trotz dieses permanenten Drucks, ist es uns in Österreich gelungen, kleinere Strukturen als in vielen anderen europäischen Ländern zu erhalten. Die deutschen Landwirtschaftsbetriebe sind viermal größer als die österreichischen, die tschechischen sind zehnmal größer, die dänischen fünfzehnmal größer.

Wir haben nach wie vor bäuerliche Betriebe, und diese werden, was vor allem wichtig ist, auch dann, wenn sie größer werden, viel öfter von bäuerlichen Familien geführt als anderswo. Also haben wir eine Struktur, die gesund ist, die aber natürlich unter Druck steht.

Der jetzige Bericht zeigt ein Minus von 15 bis 17 Prozent in den letzten Jahren auf. 2010 hat es ein Plus von 20 Prozent beim Einkommen gegeben, 2011 ein Plus von


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28 Prozent. Das zeigt, wie volatil die Preise sind, wie sie hinauf- und hinuntergehen. Natürlich besteht aktuell Handlungsbedarf.

Der zweite Punkt ist das ständige Thema der Zahlungen. Manche in der SPÖ sind da auf einem Holzweg. Wir werden mit diesen alten Retrodiskussionen nicht weiter­kommen, Herr Kollege Schopf. Wir kommen da nicht weiter! Da gibt es nämlich einen großen Trugschluss, und ich muss daher sagen: Diese europäischen Zahlungen sind kein Sozialprogramm, das gerecht oder ungerecht verteilt wird. (Abg. Pirklhuber: Die ersten 30 Hektar können wir besser fördern!) Diese europäischen Zahlungen sind auch nach der letzten Reform ein ökologisches Leistungsprogramm.

Herr Pirklhuber, Sie haben ja schon geredet. Sie verzapfen seit Jahren das Gleiche, und es geht nichts weiter! (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

In Wirklichkeit ist das ein ökologisches Leistungsprogramm, Greening the Common Agricultural Policy. Das heißt, ein Bauer irgendwo in Europa, auch in Österreich – das gilt für ganz Europa –, bekommt nur mehr dann eine Direktzahlung, wenn er sich öko­logisch verhält. Und erklären Sie der steuerzahlenden Bevölkerung, warum ein 10-Hektar-Betrieb im Ackerbau mehr Geld bekommen soll als ein 20-Hektar-Acker­baubetrieb! – Einer, der für die Umwelt mehr tut, ein Biobauer, bekommt mehr als einer, der nichts tut.

Es gibt Bauern, die nicht am Umweltprogramm teilnehmen. Fragen Sie, warum der Pflanzenschutzmitteleinsatz steigt! – Weil manche sagen, diese Programme sind bürokratisch, ich steige aus und produziere auf dem Markt. (Abg. Pirklhuber: Weniger Sozialversicherung zahlen die Betriebe!) Natürlich muss das Umweltprogramm attraktiver sein, aber wenn man Mittel kürzt, dann kann man nicht erwarten, dass das Umweltprogramm attraktiv ist.

Aber noch einmal: Das, wogegen ich mich wehre und wogegen wir uns wehren, ist, dass diese bäuerlichen Zahlungen Sozialprämien werden, denn dann wäre der Bauer ein Almosenempfänger: Da hast du Geld, weil du ein Bauer bist! Es muss eine leistungsbezogene Komponente sein, und das ist die Ökoleistung, und daher kämpfen wir dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

20.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


20.31.17

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Grüne Bericht 2016, eine gute Grundlage für die Diskussion, zeigt viele Problem­be­reiche auf. Man kann darauf aufbauen und schauen, wie man etwas verändern kann, denn die Einkommenssituation der Bäuerinnen und Bauern ist ja wirklich nicht die beste.

Ich möchte aber eine kleine Korrektur zu den Ausführungen eines meiner Vorredner anbringen, der gesagt hat: Wenn die Nebenerwerbsbauern arbeiten gehen, dann helfen die Frauen aus. Ich möchte das in die Richtung korrigieren, dass meistens die Frauen in den landwirtschaftlichen Betrieben – und sehr viele sind Direktvermarkter – die Hauptlast tragen, und ich möchte mich daher bei den Bäuerinnen ganz besonders dafür bedanken, dass sie diese Last tragen und dem Mann die Möglichkeit geben, etwas anderes zu machen oder einer anderen Arbeit nachzugehen. Ein recht herzliches Dankeschön dafür! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und Team Stronach.)

Herr Präsident Schultes, Sie haben etwas Verständnis eingefordert. Ich möchte nur ein Beispiel bringen – Verständnis gibt es immer –: In Kärnten haben wir gemeinsam mit


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der Landwirtschaftskammer dafür gesorgt, dass in den Landesspitälern bäuerliche Produkte angekauft und verarbeitet werden. Das ist eine ganz wichtige Sache, denn das sind die besten Produkte, aber sie kosten halt ein paar Cent mehr.

Was ich dann aber nicht verstanden habe, ist, dass der Wirtschaftskammerpräsident postwendend gesagt hat: Aber beim Personal in den Landesspitälern müssen wir sparen! – Ich glaube, das ist nicht richtig. Wir sollten den Weg gehen: Die beste Qualität für unsere Österreicherinnen und Österreicher!, aber wir sollten dann nicht auf der anderen Seite auf irgendetwas hinhacken und sagen, dass wir das woanders wieder einsparen. Verständnis ja, aber bitte nicht in dieser Form! (Beifall bei der SPÖ.)

Eines muss uns klar sein: Das ländliche Entwicklungsprogramm wird ja evaluiert, bis 2020, wenn ich das jetzt richtig gelesen habe. Und ich glaube, es ist wichtig, dass wir weg von den Flächenprämien und hin in den Bereich Arbeitskraft gehen, denn damit werden wir die Bäuerinnen und Bauern dazu anregen, mehr Direktvermarktung zu betreiben und offensiver in den österreichischen Markt hineinzugehen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.33.38

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte mich zunächst bei allen Bäuerinnen und Bauern und der bäuerlichen Jugend bedanken, aber auch bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den bäuerlichen Genossenschaften, denn nur durch die Zusammenarbeit der BäuerInnen und der MitarbeiterInnen ist es möglich, tagtäglich so hervorragende Pro­dukte auf den Markt zu bringen, die wir alle schätzen und die leider in den Supermärk­ten viel zu billig verkauft werden.

Meine Damen und Herren, die Einkommenssituation 2015 war wahrlich dramatisch: 17 Prozent weniger gegenüber dem Vorjahr, ein Drittel weniger im Schnitt der vergangenen vier Jahre. Die Gründe sind relativ klar: Es hat viele Unwetter gegeben – die Umwelt hat zugeschlagen –, aber vor allem auch fallende Preise haben durchge­schlagen, weil weltweit die Märkte aus den Fugen geraten sind.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns aber von der Illusion verabschieden, dass die Politik da alles ausgleichen kann. Wir müssen aufhören mit der Selbstgeißelung: dass die Politik schuld ist, wenn es schlecht läuft, und dann, wenn es gut läuft, die Politik damit nichts zu tun hat.

Die Situation in den Bergbauernbetrieben ist ebenfalls ganz dramatisch und soll hier auch herausgearbeitet werden. Die Einkünfte sind im Vorjahr auf im Durchschnitt 16 722 € pro Betrieb gefallen. Das ist ein Minus von 23 Prozent. Das heißt, dass die bergbäuerlichen Betriebe 14 Prozent unter dem Durchschnitt aller Betriebe liegen und 26 Prozent unter dem Durchschnitt der nicht-bergbäuerlichen Betriebe.

Meine Damen und Herren, ich habe heute sehr hoffnungsfroh die Worte des Herrn Kanzlers vernommen, nämlich dass er diese Situation erkannt hat und dass er da eine Einkommensverbesserung erreichen will. Aber er hat nicht dazugesagt, dass dafür frisches Geld in die Hand genommen werden muss.

Er hat gesagt, es muss eine Umverteilung gemacht werden, aber, meine Damen und Herren, ich habe in diesem Grünen Bericht (diesen in die Höhe haltend) keine Gruppe


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 219

in der Landwirtschaft gefunden, der ich Geld wegnehmen möchte, weil sie zu viel hat. (Abg. Pirklhuber: Langsam! Langsam!) Okay, wenn wir das diskutieren wollen, dann nehmen wir die industriellen Betriebe heraus. Nehmen wir sie heraus! Und wenn es rechtlich möglich ist, nehmen wir ihnen das Geld auch weg. (Abg. Krainer: Aber woher soll das Geld kommen?) Diskutieren wir darüber, dass wir die Ausgleichszahlungen für die großen Betriebe in Österreich noch weiter deckeln! (Abg. Krainer: Wollen Sie die Steuern erhöhen …?) Die Ausgleichszahlungen, die sie bekommen, sind ohnedies schon degressiv berechnet, aber deckeln wir sie noch weiter, und hoffen wir, dass sie dann auch noch in Zukunft ihre ökologische Arbeitsweise weiterführen! Das wird aber nicht zusammengehen!

Meine Damen und Herren, wir müssen erkennen, dass das Leistungsabgeltungen sind, die wir in der Landwirtschaft auch wollen und wünschen. (Beifall bei der ÖVP. – Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Vieles wurde von meinen Kolleginnen und Kollegen bereits vorgeschlagen, es wurde gesagt, was wir gemacht haben und was wir machen müssen. Und die Nagelprobe, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, wird das Aussetzen eines Quartalsbeitrags zur Sozialversicherung sein. Ob wir hier wirklich ein Aussetzen ohne Rückerstattung durchbringen? – Ich hoffe sehr! (Abg. Loacker: Das wäre ein Wahn­sinn!) Wir stehen dafür bereit, weil wir für die Bäuerinnen und Bauern in Österreich arbeiten. Ich hoffe, Sie sind dabei! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Aber das Geld ist nicht abgeschafft, oder?)

20.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte.

 


20.37.01

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ja, wir entnehmen dem Grünen Bericht, wie es um die Landwirtschaft bestellt ist. Ich möchte mich auch noch einmal für die Erstellung bedanken.

Leider – und das konnten wir in den Ausführungen meiner Vorredner hören – schaut es im Bereich Landwirtschaft nicht gut aus. Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe müssen zusperren, und die Bäuerinnen und Bauern bekommen immer weniger für ihre Erzeugnisse.

Wenn mich jemand fragt, wie es mit der landwirtschaftlichen Förderung ausschaut, dann muss ich sagen, dass ich da nicht Ihrer Meinung bin, Herr Berlakovich, denn die Förderungen sollen, nein, müssen gerechter verteilt werden, dann kann der klein­strukturierte Betrieb gerade im Westen konkurrenzfähig bleiben. Und ich glaube, das ist die entscheidende Frage.

Es ist für mich unakzeptabel, wenn die Kleinbauern, die bereits jetzt nichts mehr ver­dienen, mit noch weniger auskommen müssen, so auch bei den Förderungen.

Ich sehe nicht ein, warum Großbetriebe bei gleichem Arbeitseinsatz im Schnitt das Sechsfache an Förderungen zugesprochen bekommen. Niemand kann erklären, warum ein Großbetrieb durchschnittlich 78 300 € an Förderung im Jahr bekommt, und im Gegensatz dazu der kleine Betrieb durchschnittlich 11 564 € im Jahr.

Herr Schultes, nein, wir haben kein Zahlenproblem, denn wir wissen, dass unter dem Strich ein Viertel aller Betriebe negativ wirtschaftet. Lassen Sie uns daher in dieser Frage endlich zusammenrücken, um dem entgegenzuwirken! (Beifall bei der SPÖ.)

Dazu kommt noch eine Ungerechtigkeit bezüglich der Frauen. Und es freut mich, dass ich als Sozialdemokratin heute die einzige Frau bin, Herr Minister, die zu diesem


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 220

Thema sprechen darf. 23 Redner – ich als einzige Frau. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Tamandl und Schimanek.)

Die Ungerechtigkeit gegenüber den Frauen ist, dass sie im Verhältnis noch immer zu wenig verdienen – gerade auch in der Landwirtschaft. Wir sprechen bei den Frauen in der Landwirtschaft oft von einer Zweifach- oder sogar von einer Dreifachbelastung: Mutter, Landwirtschaft und zusätzlicher Job. Die Daten zeigen es ganz, ganz deutlich: Je größer ein Betrieb ist, umso unwahrscheinlicher ist es, dass er von einer Frau geführt wird – also auch da eine Ungerechtigkeit.

Dazu kommen die vielfältigen Beiträge der Frauen zum Sozialleben, und zwar nicht nur am Hof, sondern auch in den Dorfgemeinschaften. Wir tun also alle miteinander gut daran, wenn die Arbeit der Frau gerade in der Landwirtschaft in Zukunft öffentlich mehr an Akzeptanz erfährt. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das lege ich gerade Ihnen, Herr Schmuckenschlager, ans Herz, denn Sie haben sich vorhin so unqualifiziert geäußert, und das hat mich persönlich sehr geärgert. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist eine stärkere Unterstützung für die Biobetriebe. Aus meiner täglichen Arbeit weiß ich, biologische Landwirtschaft zahlt sich aus. Das konnten wir am Milchpreis beobachten: Biologische Milch hält den Preis stabil, während der Preis der konventionellen in den Keller rasselte.

Biologische Landwirtschaft zahlt sich für die Qualität aus – letztendlich als Konsequenz für uns alle –, sie zahlt sich auch deshalb aus, weil die Bäuerinnen und Bauern in diesem Segment viel mehr verdienen, aber auch, um die Natur intakt zu halten.

Zusammenfassend möchte ich Ihnen jetzt sagen: Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass nicht die Hektar gefördert werden, sondern dass der Mensch gefördert wird – und da ganz besonders die Frauen (Beifall bei der SPÖ)  und dass auch biologische Landwirtschaft weiterhin gefördert wird, denn ich wünsche mir für alle Menschen in diesem Land einen Zugang zu hochqualitativen, gesunden, biologischen Lebensmitteln. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofinger. – Bitte.

 


20.40.46

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ecker, darf ich, Ihre Rede im Ohr, zusammenfassen: Die Frauen in der Landwirtschaft leisten sehr viel, und dafür sind auch wir sehr dankbar! (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

Wir reden jetzt über den Grünen Bericht, und ich muss sagen, leider ist es im ver­gangenen Jahr wieder so gewesen, dass das Einkommen der Landwirte zurückgegan­gen ist. Zwangsläufig ergeben sich da zwei Fragen für mich: Ist die Landwirtschaft auch in Zukunft leistungsfähig, lebensfähig und konkurrenzfähig?, und: Stimmen die Rahmenbedingungen?

Zum Ersten: Leistungsfähig sind wir. Wir konnten nämlich den Inlandsabsatz verstär­ken beziehungsweise erhöhen, und zwar durch AMA-Gütesiegel, durch Sensibilisie­rung der Konsumenten, durch Vergaberichtlinien, die wir geändert haben, und durch Programme, im Rahmen welcher wir freiwillig mit den Gastronomien und Hotellerien


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 221

zusammenarbeiten, was besser funktioniert, und wir konnten auch den Export steigern. Also: Leistungsfähig sind wir!

Wie schaut es mit den Rahmenbedingungen aus? – Da wird es schon etwas schwieriger. Ich könnte es mir auch leicht machen, wie es die gesamte Opposition tut, indem sie alles in dem Satz zusammenfasst: Nix is was!, aber so leicht ist das nicht. Das Entscheidende für unsere Landwirte ist der Preis, und der ist leider in den letzten Jahren zurückgegangen, und die Preisschwankungen sind in der Landwirtschaft immer stärker zu spüren. Dem müssten wir entgegenwirken, und da spielen der Export und auch der Inlandsabsatz eine ganz entscheidende Rolle. Ich glaube, daran müssen wir noch stärker arbeiten, um diese Preisschwankungen besser ausgleichen zu können und damit mehr Stabilität für die Investitionen unserer Landwirte zu bieten.

Es ist aber nicht nur der Preis, sondern wir haben mehrere Probleme in der Landwirt­schaft. Die steigenden Auflagen im Tier- und Pflanzenschutz überfordern oft unsere Landwirte. Und was macht es für einen Sinn, wenn wir die Rahmenbedingungen in diesem Bereich erhöhen, nicht mehr kostendeckend produzieren können und dann all die Agrarprodukte aus dem Ausland hereinkommen, bei denen wir überhaupt nicht wissen, wo sie tatsächlich produziert werden? (Abg. Pirklhuber: Wer stimmt für CETA? – Abg. Steinbichler: Wer ist für CETA?) Ich glaube, das ist etwas ganz Entscheidendes. Der Klimawandel macht aber auch einen ganz entscheidenden Beitrag bei uns in der Landwirtschaft aus. Mit der Ernteversicherung haben wir jedoch ein Instrument geschaffen, mit dem wir auch diese Schwankungen ausgleichen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Wo wir sicher noch Handlungsbedarf haben, ist im Bereich Bürokratieabbau. Das sind Dinge, die die Bauern wirklich noch immer sehr belasten.

Eines können wir wirklich sagen: Unsere Bäuerinnen und Bauern produzieren Lebens­mittel in höchster Qualität, und das unter sehr hohen Auflagen. Dafür müssen wir ihnen wirklich einmal unseren herzlichen Dank aussprechen. Was wir jedoch in der momentanen Situation, in der die Preise so niedrig sind, am wenigsten brauchen, ist der traurige Umstand, dass unsere Bauern und Bäuerinnen als Umweltvergifter und als Tiermörder dargestellt werden. Das ärgert die Landwirte maßlos. Ich glaube, da sind wir besonders gefordert, einen noch besseren Zugang zu unseren Konsumenten herzustellen. Wenn man das im Netz ein bisschen verfolgt, dann sieht man, da gibt es Fragen, die sicher nicht repräsentativ sind. So wird zum Beispiel die Frage gestellt: Brauchen wir die österreichische Landwirtschaft eigentlich noch? Daran sieht man, wie weit der Konsument schon von der Landwirtschaft entfernt ist.

Daher lade zu einem stärkeren Diskurs mit uns und mit den Konsumenten ein und danke den Bäuerinnen und Bauern für ihre Leistung bei der Erstellung des Grünen Berichts. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


20.45.00

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Lieber Kollege Sieber, ich denke, du bist so weit Demokrat, dass du deine Forderung, die du in Bezug auf das Aussetzen eines Quartalsbeitrags zur Sozialversicherung bei den Bauern erhoben hast, auch auf alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und alle Pensio­nistinnen und Pensionisten in Österreich ausweiten wirst, denn die hatten genauso wie die Bauern Reallohneinkommensverluste. Dann müssten wir, Kollege Sieber, das auch für diese Bevölkerungsgruppen machen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wie dann das


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 222

Budget von deinem Finanzminister finanziert werden kann, das habt ihr zu klären! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das hat euch getroffen, das merkt man am Reinschreien!

Aber, meine Damen und Herren, mir geht es jetzt um einen ganz anderen Punkt, der auch den Grünen Bericht betrifft, und zwar um die Empfehlungen der §-7-Kommission. Die §-7-Kommission ist eine Expertenkommission, die aus Experten aus verschie­denen Bereichen zusammengesetzt ist, und diese §-7-Kommission gibt Empfehlungen an den Herrn Landwirtschaftsminister ab. Die §-7-Kommission hat die Empfehlung 3 abgegeben, und diese Empfehlung 3, Herr Bundesminister, betrifft das Thema Großraubtiere und Almweiden sowie deren Auswirkungen auf die Berglandschaft. Das ist eingebracht worden, und es wird da gefordert, dass … (Zwischenbemerkung von Bundesminister Rupprechter.) – Ich komme schon dazu, Herr Minister. – Es wird da erklärt, dass Großraubtiere wie der Bär, der Wolf oder der Luchs wieder in größeren Beständen in Österreich zu finden sind, und es wird gefordert, dass der Minister die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie für 2017 nicht mehr zustimmend zur Verlängerung bringen soll.

Auch wenn das von einem Experten, den wir in die §-7-Kommission geschickt haben, eingebracht wurde, muss ich sagen: Die Angaben sind falsch, die da gemacht wurden, denn wir haben in Österreich keine größeren Bestände von Großraubtieren. Bären haben wir gar keine mehr. Der letzte Bär ist ja in Bayern geschossen worden. Zu den Luchsen muss man sagen, dass es auch keine mehr gibt, weil die Luchse, die im Nationalpark Hohe Tauern angesiedelt wurden, von Jägern geschossen worden sind. Also auch Luchse gibt es nicht mehr. Und zum Thema Wolf steht da, dass nur wandernde einzelne Wölfe unsere Regionen durchstreifen und dass von diesen Wölfen Schafe gerissen worden sind, und zwar 68 von 130.

Wenn man sich das jetzt auf „Salzburgwiki“ anschaut – und da stehen wirklich alle Ergebnisse von allen Tieren, die in den letzten Jahrzehnten in Österreich von Wölfen gerissen wurden –, so sieht man, dass fast keine Schafe darunter waren, denn diese 68 Schafe, die da gerissen wurden – und das haben Experten aufgrund von DNA-Proben festgestellt –, sind von wildernden Hunden und nicht von Wölfen gerissen worden. Das heißt, sie sind nicht von Wölfen gerissen worden, sondern es waren wildernde Hunde. (Beifall bei der SPÖ.)

Und 2016 seien, wird behauptet, zehn Schafe gerissen worden. Daher soll man jetzt auf diese Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie verzichten und diese Tiere wieder zum Ab­schuss freigeben.

Meine Damen und Herren, ich denke, dass das nicht der richtige Weg sein kann. Wir brauchen diese aufwendigen Schutzmaßnahmen unbedingt. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Rupprechter.) – Ich habe schon gesagt, dass es unser Experte war, aber auch unser Experte muss nicht immer recht haben.

Meine Damen und Herren, ich kann nur eines sagen: Das, was dieser Experte da gesagt hat … (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminister Rupprechter.– Noch einmal: Das ist mir ganz egal, Herr Minister. Das, was unser Experte da gesagt hat, ist nicht die Linie unserer Partei, sondern wir wollen, dass Sie der Verlängerung der FFH-Richtlinie, der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, bis 2017 zustimmen, denn wir glauben, dass die Ansiedelung dieser Tiere sehr wohl notwendig ist, dass wir diese wieder brauchen, denn damit funktioniert der ganz normale Umweltbereich. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

20.48



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 223

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


20.48.32

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Also oftmals wundere ich mich – auch aufgrund solcher Diskussionen –, was alles die Bäuerinnen und Bauern in Österreich tagtäglich zustande bringen und leisten. Nämlich: Sie liefern genau das, was sich die Konsu­menten in Österreich wünschen: gesunde, nachhaltig, tierschutzgerecht und umwelt­schutz­gerecht produzierte Lebensmittel, die Sie tagtäglich auf dem Tisch haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie halten die Landschaft intakt, insbesondere in den Berggebieten. Das ist auch eine wesentliche Grundlage für den Tourismus in Österreich, für die Belebung der länd­lichen Regionen. Und die Bäuerinnen und Bauern schaffen, wenn sie investieren können, 530 000 Arbeitsplätze. Das ist eine unglaubliche Leistung!

Und dann haben wir hier einen Grünen Bericht vorliegen, in Bezug auf welchen man sich hier in gegenseitige Vorwürfe verstrickt, wo ich sagen muss: Das ist ewiggestrig, so kann man nicht diskutieren, vor allem dann nicht, wenn in diesem Grünen Bericht festgestellt wird, dass vier Jahre hindurch große Einkommensverluste vorgezeichnet sind, meine Damen und Herren!

Da gibt es nur eine Konsequenz: Hier in diesem Parlament nachzudenken, welches Maßnahmenpaket wir für die Bäuerinnen und Bauern parteiübergreifend und in Form eines nationalen Schulterschlusses schnüren können, meine Damen und Herren (Beifall bei der ÖVP – Abg. Pirklhuber: Handeln! Handeln! Handeln!), zum Beispiel eine entsprechende Abgaben- und Kostenentlastung. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.Ja, Sozialversicherungsbeiträge: Dann soll man nicht dagegen sein, wenn man sie aussetzen will, meine Damen und Herren, und soll nicht sagen, dass das nicht gerecht ist. Die Bäuerinnen und Bauern brauchen das gerade jetzt sehr dringend. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Loacker: Auf Kosten der anderen!)

Herr Kollege Jannach, ich schätze dich wirklich sehr, aber ich frage dich: Welche Milchpreise haben wir in den Jahren 2007 und 2008 gehabt (Abg. Jannach: Vor dem EU-Beitritt!), als wir eine Milchquote gehabt haben? Welchen Milchpreis haben wir damals gehabt? – Genau den gleichen wie jetzt ohne Milchquote, Herr Kollege Jannach! Daher ist die Milchquote nicht das Heil für die Bäuerinnen und Bauern, meine Damen und Herren!

Meine lieben Freunde, gehen wir hier wirklich einen gemeinsamen Weg, beschäftigen wir uns mit einer Strategie, bei der es zu einer Abgaben- und Kostensenkung und zu fairen Preisen für die Bauern kommt! Wir können nicht auf Knopfdruck die Preise bestimmen – es bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis –, aber stärken wir beispiels­weise Aktionen wie: 10 Prozent mehr heimische Lebensmittel sichern 10 000 Arbeitsplätze in diesem Land. (Zwischenruf des Abg. Jannach.) Machen wir eine Energiestrategie! Schaffen wir neue Märkte für die Bäuerinnen und Bauern, beispielsweise mit dem Ökostromgesetz! Erteilen wir nicht der festen Biomasse als einem wesentlichen Teil für die Klimastrategie sofort eine klare Absage! Da brauchen wir entsprechende Lösungen, damit wir für die Forstwirtschaft und für Biomasse einen neuen Markt schaffen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Allesentscheidende für unsere Bäuerinnen und Bauern wird aber sein, dass sie auch an der wichtigsten Technologie für den ländlichen Raum, an der Informations­tech­nologie, teilhaben können. Sorgen wir für einen verstärkten Ausbau des Glas-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 224

fasernetzes, der in Österreich unteilbar für jeden, wo immer er auch zu Hause ist, nutzbar sein muss. (Beifall bei der ÖVP.)

20.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


20.52.57

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Die Einkommen der Bauern sind gesunken – und das schon das vierte Jahr in Folge! Das ist sicherlich eine dramatische Entwicklung, die man nicht schönreden soll.

Die allgemeine Marktlage ist ja auch 2016 nicht viel besser. Bei der Milch hoffen wir, dass wir die Talsohle durchschritten haben. Bei den Rindern ist der Druck noch immer vorhanden.

Und da ist es natürlich verständlich, dass die Opposition versucht, Kritik an der österreichischen Agrarpolitik zu üben. Die Frage, ob das gerechtfertigt ist oder nicht, ist erlaubt. Ich sage: Nein, denn die Krise beschränkt sich nicht nur auf Österreich, sondern die Krise betrifft ganz Europa und reicht darüber hinaus.

Gerade Minister Rupprechter hat Initiativen gesetzt, um den Markt positiv zu beein­flussen, ich erinnere zum Beispiel an die vielen Kontakte zur Akquirierung zusätzlicher Märkte. Eine starke Vermarktungsaktivität und daneben Produktinno­vatio­nen und Qualitätsproduktion sind natürlich zuallererst wirksam.

Wenn man aber sieht, meine geschätzten Damen und Herren, dass vor allem bei den Futterbaubetrieben, insbesondere im Hochalpengebiet und bei den Bergbauern, die größten Einkommensverluste erfolgt sind, und zwar in Höhe von 23 Prozent, dann muss man sagen, dass man da Schwerpunkte setzen muss. Wenn man sich die abso­luten Zahlen anschaut – und da ist auch zu berücksichtigen, dass es da oft auch eine nicht entlohnte Familienarbeitskraft gibt –, dann sieht man: Bei einem Berg­höfe­kataster-Gruppe-4-Betrieb sind es 9 973 €, die man im Jahr verdient. Als Vergleich dazu: Ein unselbständig Erwerbstätiger verdient 26 273 €. In Anbetracht dessen muss man, glaube ich, dieser Gruppe wirklich massive Unterstützung zukom­men lassen. Das ist keine ordentliche finanzielle Abgeltung ihrer Leistungen, auf der einen Seite über die Lebensmittel und auf der anderen Seite über die Umwelt­leistungen, sondern diese gehen auch darüber hinaus.

Wenn ich sage Umweltleistung, dann darf ich wirklich auch in diese Richtung (in Richtung SPÖ) schauen. Herr Kollege Schopf und Frau Kollegin Ecker, ich könnte mit euch das Thema gerechte Verteilung von Förderungen diskutieren, wenn diese Zah­lun­gen wirklich Förderungen wären. Das sind sie aber nicht. Diese Zahlungen, die zu den Bauern kommen, sind eine Abgeltung für Leistungen, die sie erbringen. Es werden ihre Umweltleistungen abgegolten, und dafür bekommen sie eben Zahlungen. Das ist der wesentliche Unterschied: Es sind keine Sozialleistungen! Und die Bauern sind keine Sozialhilfeempfänger, sondern wollen eine gerechte Entlohnung für ihre Lebens­mittel und ihre Umweltleistungen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Na ja, das stimmt nicht ganz!)

Und dann gibt es den Versuch, dass man die Agrarpolitik für alles verantwortlich macht – da schaue ich jetzt auch in eure Richtung (in Richtung Grüne), Herr Kollege Pirklhuber. Da gibt es Parteien, die alles verschärfen wollen. Die wollen zum Beispiel praxisfremde Vorschriften und Auflagen im Tierschutz. Ja glaubst du, dass es wirklich gescheit ist, wenn der Amtstierarzt mit dem Meterstab kommt – eigentlich Zentimeter-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 225

stab oder Millimeterstab – und misst, ob das Tierwohl gegeben ist? – Das ist absolut praxisfremd und gehört überdacht. Glaubst du wirklich, dass es praxisorientiert ist, wenn man Natura-2000-Gebiete, wie zum Beispiel Biotope, in jeder Vielfalt ausweisen will, kartieren will, festschreiben will, kontrollieren will, den Bauern Auflagen auferlegen will, ihnen aber für ihre Leistung keine Entschädigung geben will? (Abg. Schieder: Ich glaube schon!) Ich glaube nicht! (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Und jetzt auch ein Wort zu meinem Kollegen Dietmar Keck: Da hat dir irgendjemand etwas ganz Falsches ins Ohr gesetzt. Da hat ausnahmsweise einmal Robert Zehentner recht gehabt, denn diese 68 Schafe sind weit weg von wildernden Hunden gewesen. Da war wirklich der Wolf der Täter, und das ist nachgewiesen. Und ich behaupte jetzt von dieser Stelle aus: Der Wolf ist mit Almwirtschaft und mit Berglandwirtschaft, wie wir sie in Österreich in der alpinen Landwirtschaft betreiben, nicht kompatibel. (Beifall bei der ÖVP.) Er braucht wirklich einen Lebensraum, aber er soll diesen woanders in Europa, wo er ihn wirklich haben kann, suchen. (Abg. Schieder: Das ist das Erste, was richtig ist!)

Mein Vorschlag lautet: Entlasten wir die Bauern! Wir wollen praxisorientierte Produk­tionsbedingungen. Es geht dabei nicht nur um die Bauern, sondern es geht auch um Versorgungssicherheit und um die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bedanke mich bei den Bäuerinnen und Bauern und nicht zuletzt auch bei den Konsumentinnen und Konsumenten und möchte noch einmal den Aufruf tätigen: Kau­fen Sie unsere heimischen Produkte! Damit helfen Sie nicht nur den Bäuerinnen und Bauern, sondern Sie sichern damit auch Ihren eigenen Arbeitsplatz und geben Ihrem eigenen Lebensraum entsprechende Lebensqualität! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Rufe: Zugabe!)

20.58


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keck. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


20.58.41

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Kollege Eßl hat behauptet, die 68 Schafe, die ich in meiner Rede erwähnt habe, wurden von Wölfen gerissen und ich hätte eine falsche Aussage gemacht.

Ich berichtige tatsächlich: „Almsommer 2015: Im Gebiet des Imbachhorns, das zwi­schen dem Fuscher Tal und dem Kapruner Tal liegt, werden von Bauern eine Reihe toter Schafe aufgefunden, die vermutlich von einem Wolf gerissen wurden. Wild­kame­ras zeigten zwar Bilder eines Wolfes, DNA-Spuren konnten jedoch keine gefunden werden“.  – Bei keinem einzigen gerissenen Schaf. (Beifall bei der SPÖ. – Ah-Rufe bei der ÖVP.)

20.59

20.59.31

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forst­wirtschaft, den vorliegenden Bericht III-307 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für dessen Kenntnisnahme aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 226

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend gerechte Verteilung der Agrarförderungen und deren Beschränkungen.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher auch so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeord­neten­pulte und tragen die Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abgabe der Stimme können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag des Abgeordneten Jannach stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie auch darauf, dass Sie nicht zwei Stimmzettel verwenden.

Ich bitte die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Lueger, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Gahr wird sie später dabei ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Lueger beziehungsweise den Schrift­führer Gahr werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Ich unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung für einige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 21.04 Uhr unterbrochen und um 21.08 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 137; davon „Ja“-Stimmen: 44, „Nein“-Stimmen: 93.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 227

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Jannach, Kolleginnen und Kollegen betref­fend gerechte Verteilung der Agrarförderungen und deren Beschränkungen ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Angerer, Aslan;

Bösch, Brosz, Brückl, Brunner;

Deimek, Dietrich, Doppler;

Glawischnig-Piesczek;

Hafenecker, Haider, Hauser, Höbart, Hübner;

Jannach, Jarmer;

Karlsböck, Kassegger, Kitzmüller, Klinger, Korun, Kumpitsch;

Lasar, Lausch, Lintl, Lugar Robert;

Maurer, Mölzer, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Pirklhuber;

Riemer, Rosenkranz Walter, Rossmann;

Schellenbacher, Schimanek, Schmid Gerhard, Steinbichler, Steinhauser, Strache;

Walser, Windbüchler-Souschill, Wurm Peter.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Alm, Antoni, Aubauer, Auer;

Bayr, Becher Ruth, Berlakovich, Bernhard, Buchmayr, Bures;

Cap;

Diesner-Wais, Durchschlag;

Ecker, Eßl;

Feichtinger Klaus Uwe, Fekter, Fichtinger Angela, Franz;

Gahr, Gerstl, Gessl-Ranftl, Greiner Karin, Grillitsch, Groiß, Grossmann, Gusenbauer-Jäger;

Hable, Hakel Elisabeth, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechtl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Hofinger Manfred, Höfinger Johann, Holzinger-Vogtenhuber, Huainigg;

Jank, Jarolim;

Karl, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klug, Knes, Königsberger-Ludwig, Krainer Kai Jan, Krist, Kucharowits, Kucher, Kuntzl;

Lipitsch, Loacker, Lopatka, Lueger Angela;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 228

Matznetter, Muttonen;

Obernosterer, Ofenauer, Ottenschläger;

Pendl, Pfurtscheller, Preiner, Prinz;

Rädler, Rauch Johannes;

Schabhüttl, Schellhorn, Scherak, Schieder, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger, Schopf, Schultes, Sieber Norbert, Singer Johann, Strasser;

Tamandl, Troch;

Unterrainer;

Vavrik, Vetter;

Weninger, Winzig, Wittmann, Wöginger;

Yilmaz;

Zakostelsky.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Wiedereinführung der Mineralölsteuerbefreiung bei Agrardiesel“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Qualitätsgütesiegel-Gesetz“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein zustim­mendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

21.09.2212. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, 15 U 90/16h-14, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Klubobfrau Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (1297 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Mir liegt keine Wortmeldung vor.

21.10.21

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 1297 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, 15 U 90/16 h-14, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Klubobfrau Dr. Eva Glawischnig-Piesczek wegen des Verdachtes einer strafbaren


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 229

Handlung nach § 111 Abs. 1 StGB wird gemäß Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit der Abgeordneten zum Nationalrat Klubobfrau Dr. Eva Glawischnig-Piesczek besteht. Daher wird einer behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Klubobfrau Dr. Eva Glawischnig-Piesczek nicht zugestimmt.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig so angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

21.11.46Einlauf

 


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1865/A(E) bis 1878/A(E) eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 21.12 Uhr – das ist sogleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

21.12.14Schluss der Sitzung: 21.12 Uhr

 

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