Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

80. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Mittwoch, 12. Juni 2019

 

XXVI. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

80. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVI. Gesetzgebungsperiode                    Mittwoch, 12. Juni 2019

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 12. Juni 2019: 9.07 – 17.25 Uhr

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Tagesordnung

Ergänzung und Neureihung der Tagesordnung ............................................................. 27

1. Punkt: Erklärungen der Bundeskanzlerin und des Vizekanzlers gemäß § 19 Ab­satz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich des Amtsantrittes der neuen Bundesregierung

2. Punkt: Bericht über den Antrag 850/A der Abgeordneten August Wöginger, Dr. Pa­mela Rendi-Wagner, MSc, Herbert Kickl, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXVI. Gesetzgebungspe­riode des Nationalrates vorzeitig beendet wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 773/A der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz (B-VG) geändert wird

4. Punkt: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Kinder- und Jugendhilfe

5. Punkt: 42. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2018)

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz geändert wird (786/A)

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Angela Fichtinger, Franz Hörl und Jo­hann Rädler                        25

Angelobung der Abgeordneten Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß, Lukas Brand­weiner, Elisabeth Köstinger, Dr. Josef Moser und Dr. Christian Stocker ............................................ 25

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 25


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Ordnungsruf ................................................................................................................... 56

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Jörg Leichtfried, Hans-Jörg Jenewein, MA und Dr. Nikolaus Scherak, MA gemäß § 49 Abs. 5 GOG, den Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (573 d.B.): Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Kinder- und Jugendhilfe (632 d.B.), auf die Tagesordnung zu setzen – Annahme ........................................  27, 27

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Aus­schussberichte 632 und 630 d.B. gemäß § 44 Abs. 2 GOG ........................................................................................  27, 29

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 GOG             ............................................................................................................................... 29

Antrag der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 310/A der Abge­ordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesver­fassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. Juli 2019 zu setzen – Ablehnung ...............................................................................................  29, 163

Antrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 576/A der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Väter-Karenzgesetz und das Landarbeitsge­setz 1984 geändert werden“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 13. Juni 2019 zu setzen – Annahme ...............................................................................................................  29, 163

Antrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstattung über den An­trag 18/A der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 ge­ändert wird, womit ein sofortiges nationales Verbot betreffend Pflanzenschutzmit­tel mit dem wahrscheinlich krebserregenden Wirkstoff Glyphosat erlassen wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. Juli 2019 zu setzen – Annahme .................................................................................................  30, 163

Antrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 274/A der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz, das Gutangestelltengesetz, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Landarbeitsgesetz 1984 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 13. Juni 2019 zu setzen – Annahme  30, 163

Antrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 629/A der Abgeordneten Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Überlassung von Ar­beitskräften geregelt wird (Arbeitskräfteüberlassungsgesetz – AÜG), geändert wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. Juli 2019 zu setzen – Ablehnung ..................................................  30, 164

Antrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 324/A der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz zur Einhaltung unternehmerischer Sozial-


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verantwortung (Sozialverantwortungsgesetz – SZVG) erlassen wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. Juli 2019 zu setzen – zurückgezogen ...............................................................  30, 163

Antrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 338/A der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. Juli 2019 zu setzen – Annahme ......................  30, 164

Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 852/A der Abge­ordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesver­fassungsgesetz zum Schutz der Trinkwasserversorgung vor Privatisierung“, ge­mäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. Juli 2019 zu setzen – Ablehnung ....................  30, 164

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers a.D. Hartwig Löger betreffend Amtsenthebung der Bundesregierung und der Staatssekretärin im Bundesministerium für Inneres sowie Betrauung seiner Person mit der Fortführung der Verwaltung des Bun­deskanzleramtes und mit dem Vorsitz in der einstweiligen Bundesregierung so­wie der Mitglieder der Bundesregierung bis zur Bildung einer neuen Bundesregie­rung mit der Fortführung der Verwaltung durch den Bundespräsidenten .................................................................... 26

Schreiben der Bundeskanzlerin Dr. Brigitte Bierlein betreffend Amtsenthebung der Bundesregierung sowie Ernennung ihrer Person zur Bundeskanzlerin, von Herrn Universitätsprofessor Dr. Dr. h.c. Clemens Jabloner zum Vizekanzler und zum Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, Frau Mag. Elisabeth Udolf-Strobl zur Bundesministerin für Digitalisierung und Wirt­schaftsstandort, Frau Dipl.-Ing. Maria Patek zur Bundesministerin für Nachhalt­igkeit und Tourismus, Frau Mag. Dr. Brigitte Zarfl zur Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, Herrn Dkfm. Eduard Müller, MBA zum Bundesminister für Finanzen, Herrn Mag. Thomas Starlinger zum Bundes­minister für Landesverteidigung, Herrn Dr. Wolfgang Peschorn zum Bundesmi­nister für Inneres, Herrn Mag. Andreas Reichardt zum Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie, Herrn Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. zum Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und Frau Mag. Dr. Iris Eliisa Rauskala zur Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie Betrauung von Bundesminister Dkfm. Eduard Müller, MBA mit der Leitung des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport und Ernennung von Frau Mag. Ines Stilling zur Bundesministerin ohne Portefeuille durch den Bun­despräsidenten ......................................................................................................................................... 26

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  27, 163

Auslieferungsbegehren

Modifizierung des Auslieferungsbegehrens gegen den Abgeordneten Dr. Markus Tschank                       28

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärungen der Bundeskanzlerin und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich des Amtsantrittes der neuen Bundesregierung                30

Bundeskanzlerin Dr. Brigitte Bierlein ........................................................................ 31


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Vizekanzler Dr. Dr. h.c. Clemens Jabloner ............................................................... 33

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 GOG ......................... 30

RednerInnen:

August Wöginger ......................................................................................................... 34

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ................................................................................. 36

Ing. Norbert Hofer ........................................................................................................ 38

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES .............................................................................. 41

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ............................................................................................ 43

Peter Haubner ............................................................................................................... 44

Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................... 46

Dr. Walter Rosenkranz ................................................................................................ 47

Dr. Irmgard Griss ......................................................................................................... 51

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA ......................................................................... 52

Bundesminister Mag. Thomas Starlinger .................................................................. 53

Bundesminister Dr. Wolfgang Peschorn .................................................................. 54

Karl Mahrer, BA ............................................................................................................ 55

Rainer Wimmer ............................................................................................................. 57

Hans-Jörg Jenewein, MA ............................................................................................ 60

Josef Schellhorn .......................................................................................................... 62

Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................................................... 64

Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. ............................................. 66

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 68

Angela Lueger .............................................................................................................. 70

Mag. Roman Haider ...................................................................................................... 71

Dr. Nikolaus Scherak, MA ........................................................................................... 73

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 74

Bundesminister Dkfm. Eduard Müller, MBA ............................................................. 77

Dr. Angelika Winzig ..................................................................................................... 79

Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................................................. 80

MMag. DDr. Hubert Fuchs ........................................................................................... 82

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 84

Mag. Bruno Rossmann ................................................................................................ 87

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann .................................................................................. 91

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Mag. Mi­chael Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt der Sicherheits­schule Wiener Neustadt“ – Annahme (E 76)         50, 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lehre für Asylwerbende ermöglichen“ – Ablehnung ..............................................................  63, 93

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „die Freilassung von Murtaja Qureiris und die Schließung des Ab­dullah-Zentrums“ – zurückgezogen               75, 93

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umgehende Konstituierung der Alterssicherungskom­mission und Erstellen des ,Langfristgutachtens‘“ – Ablehnung ................................................................................................................  85, 93

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbot des Inverkehrsetzens von Kunststofftrageta­schen“ – Ablehnung .............  89, 93


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Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Ing. Norbert Hofer, Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Freilassung von Murtaja Qureiris und die Schließung des Abdullah-Zentrums“ – Annahme (E 77) .................................................................................  90, 93

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 850/A der Ab­geordneten August Wöginger, Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Herbert Kickl, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die XXVI. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird (630 d.B.) ................................................................................................................ 93

RednerInnen:

Dr. Alfred J. Noll ........................................................................................................... 93

Mag. Wolfgang Gerstl .................................................................................................. 95

Dr. Peter Wittmann ....................................................................................................... 96

Mag. Harald Stefan ....................................................................................................... 98

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ............................................................................ 100

Dipl.-Ing. Georg Strasser .......................................................................................... 101

Eva Maria Holzleitner, BSc ........................................................................................ 102

Claudia Gamon, MSc (WU) ........................................................................................ 104

Mag. Thomas Drozda ................................................................................................. 105

Karlheinz Kopf (tatsächliche Berichtigung) ................................................................ 106

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 107

Melanie Erasim, MSc .................................................................................................. 108

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................. 110

Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 112

Annahme des Gesetzentwurfes in 630 d.B. ................................................................. 113

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 773/A der Ab­geordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­verfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (631 d.B.) .................................................................................. 114

RednerInnen:

Dr. Peter Wittmann ..................................................................................................... 114

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 115

Dr. Nikolaus Scherak, MA ......................................................................................... 116

Mag. Philipp Schrangl ................................................................................................ 116

Dr. Alfred J. Noll ......................................................................................................... 117

Mag. Philipp Schrangl (tatsächliche Berichtigung) .................................................... 118

Vizekanzler Dr. Dr. h.c. Clemens Jabloner ............................................................. 118

Mag. Klaus Fürlinger .................................................................................................. 119

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................. 120

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 631 d.B. ...................................................... 121

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (573 d.B.): Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Kinder- und Jugend­hilfe (632 d.B.) .................................... 121

RednerInnen:

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ............................................................................. 121

Mag. Friedrich Ofenauer ............................................................................................ 122

Eva Maria Holzleitner, BSc ........................................................................................ 123

Werner Herbert ........................................................................................................... 124

Dipl.-Ing. Alois Rosenberger .................................................................................... 12


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5

Genehmigung der Vereinbarung in 632 d.B. ................................................................ 125

5. Punkt: Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 42. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2018) (III-240/628 d.B.) ................................................................... 126

RednerInnen:

Martina Diesner-Wais ................................................................................................. 126

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................... 127

Carmen Schimanek .................................................................................................... 129

Dr. Stephanie Krisper ................................................................................................ 132

Dr. Gudrun Kugler ..................................................................................................... 137

Sabine Schatz ............................................................................................................. 138

Mag. Günther Kumpitsch .......................................................................................... 139

Mag. Peter Weidinger ................................................................................................. 140

Petra Wimmer ............................................................................................................. 141

Werner Herbert ........................................................................................................... 142

Rebecca Kirchbaumer ............................................................................................... 144

Andreas Kollross ....................................................................................................... 145

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 146

Ing. Manfred Hofinger ................................................................................................ 146

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 148

Christian Lausch ........................................................................................................ 148

Karl Mahrer, BA .......................................................................................................... 150

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................... 151

Dr. Josef Moser .......................................................................................................... 152

Klaudia Friedl .............................................................................................................. 153

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................. 154

Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................ 155

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek .......................................................................... 156

Volksanwalt Dr. Günther Kräuter ............................................................................. 158

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Carmen Schimanek, Dr. Stephanie Krisper, Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Bekenntnis zur Volksanwaltschaft und ihrer langfristigen Ausfi­nanzierung“ – Annahme (E 78) ..............................................  128, 159

Entschließungsantrag der Abgeordneten Carmen Schimanek, Dr. Stephanie Krisper, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aus­weitung der Prüfkompetenz der Volksanwaltschaft“ – Ablehnung ............................................................................................................  131, 159

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unabhängige Untersuchungsstelle in Fällen mutmaßli­cher Polizeigewalt“ – Ablehnung  133, 159

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sonderzuständigkeiten bei der Staatsanwaltschaft in Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt“ – Ablehnung               135, 159

Kenntnisnahme des Berichtes III-240 d.B. ................................................................... 159

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bun­des-Verfassungsgesetz geändert wird (786/A)               ............................................................................................................................. 160

RednerInnen:

Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................. 160

Dipl.-Ing. Alois Rosenberger .................................................................................... 161

Dr. Peter Wittmann ..................................................................................................... 161

Dr. Alfred J. Noll ......................................................................................................... 162

Zuweisung des Antrages 786/A an den Verfassungsausschuss ................................. 163


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 7

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative ............................................................................................................. 28

Bürgerinitiative betreffend „,Nachtgutstunden‘ für alle ArbeitnehmerInnen in Pfle­geeinrichtungen“ (Ordnungsnummer 64)

Gesetzesantrag des Bundesrates .............................................................................. 27

627: Gesetzesantrag der Bundesräte David Stögmüller, Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen vom 29. Mai 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Organisationsgesetz (SV-OG) in der Fassung des BGBl. I Nr. 100/2018 abgeändert wird

Berichte ......................................................................................................................... 28

Vorlage 48 BA: Bericht gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 31. März 2019; BM f. Finanzen

Vorlage 49 BA: Bericht über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis April 2019; BM f. Finanzen

Vorlage 50 BA: Bericht über die wirkungsorientierte Folgenabschätzung 2018 ge­mäß § 68 Abs. 5 BHG 2013 iVm § 6 Wirkungscontrollingverordnung; BM f. öffent­lichen Dienst und Sport

III-289: Bericht betreffend Instrumente zur finanziellen Steuerung der Kranken­versicherung; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/24; Rechnungshof

III-290: Bericht betreffend Vollzug der Schubhaft mit Schwerpunkt Anhaltezen­trum Vordernberg; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/25; Rechnungs­hof

III­291: Bericht betreffend Flächennutzung im Bereich der Neuen Donau, der Do­nauinsel und des Donaukanals; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/26; Rechnungshof

III-296: Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde für das Jahr 2018; BM f. Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................ 28

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und der Republik Tunesien über die polizeiliche Zusammenarbeit

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und der Tschechischen Republik über wissenschaftlich-technische Zusam­menarbeit

Anträge der Abgeordneten

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Mag. Gerald Loacker, Daniela Holzinger-Vogten­huber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und ver­wandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Er­zeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtrau­cherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG) geändert wird (859/A)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 8

Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren und damit zusammenhängen­den Vorgängen (Tiertransportgesetz 2007 – TTG 2007) geändert wird (860/A)

Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteienge­setz 2012 – PartG) und das Bundesgesetz über Vereine (Vereinsgesetz 2002 – VerG) geändert werden (861/A)

Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (862/A)

Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Tätigkeit der Klubs der wahlwerbenden Parteien im Nationalrat und im Bun­desrat erleichtert wird (863/A)

Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung des Bundes für politische Parteien geän­dert wird (864/A)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsruhegesetz, das Feiertagsruhegesetz 1957, das Bäckereiarbeiter/innenge­setz 1996, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz und das Landarbeitsge­setz 1984 geändert werden (865/A)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entfall des Säumniszuschlags bei falscher Berechnung einer Bundesgebühr (866/A)(E)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines ermäßigten Steuersatzes für Heilbehelfe (867/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsge­setz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 194/1999, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 14/2019, geändert wird (868/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tier­schutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebens­mittelversorgung und die Forschung geändert wird (869/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsge­setz, mit dem das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger geändert wird (870/A)

Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bildungsinvestitionsgesetz geändert wird (871/A)

Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden (872/A)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 8. März 1979, mit dem Bestimmungen zum Schutz der Verbrau­cher getroffen werden (Konsumentenschutzgesetz – KSchG), geändert wird (873/A)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen betreffend schuldnerfreundliche Regelun­gen im Bereich der Inkassogebühren (874/A)(E)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 9

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung eines un­abhängigen Bundesstaatsanwaltes als Weisungsspitze gegenüber den staatsanwaltli­chen Behörden (875/A)(E)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 geändert wird (876/A)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG) geändert wird (877/A)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG) geändert wird (878/A)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend Grundsätze für die Sozialhilfe (So­zialhilfe-Grundsatzgesetz) geändert wird (879/A)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Vorschüssen auf den Unterhalt von Kindern (Unterhaltsvorschussgesetz 1985 – UVG), BGBl. Nr. 451/1985, geändert wird (880/A)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation, Aufgaben und Befugnisse des polizeili­chen Staatsschutzes (Polizeiliches Staatsschutzgesetz – PStSG) geändert wird (881/A)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem eine Flugabgabe eingeführt wird (Flugabgabege­setz – FlugAbgG), geändert wird (882/A)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Steigerung der Energieeffizienz bei Unternehmen und dem Bund (Bundes-Energieeffizienzgesetz – EEffG) geändert wird (EEffG-Novel­le 2019) (883/A)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Führung des Bundeshaushaltes (Bundeshaushaltsge­setz 2013 – BHG 2013) geändert wird (884/A)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Zu­ständigkeit des Rechnungshofes (885/A)(E)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert wird (886/A)

Elisabeth Köstinger, Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Rechts­bereinigungsnovelle 2019) (887/A)

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesver­fassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Le­bensmittelversorgung und die Forschung geändert wird (888/A)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsge­setz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (889/A)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 10

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) (890/A)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personen­bezogener Daten (Datenschutzgesetz – DSG) geändert wird (891/A)

Dr. Johannes Jarolim, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz zur Rücknahme der Überwachung verschlüsselter Nachrichten, mit dem das Bundesgesetz Strafprozeßordnung 1975 und das Staatsanwaltsgesetz abgeändert werden (892/A)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend alternative Beurteilung in der Volksschule (893/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fertigstellung des Nationalen Energie- und Klimaplans (894/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ökologisierung des Steuersys­tems (895/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lehre für junge Asylwerbende ermöglichen (896/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Stär­kung der Effizienz und Unabhängigkeit der Ermittlungen in Fällen mutmaßlicher Poli­zeigewalt (897/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend umgehende Konstituie­rung der Alterssicherungskommission und Erstellen des „Langfristgutachtens“ (898/A)(E)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umweltbil­dung in der Schule stärken (899/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 11. Mai 1921 über den Dienstvertrag der Privatange­stellten (Angestelltengesetz) geändert wird (900/A)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Rechnungshof (Rechnungshofgesetz 1948 – RHG) geän­dert wird (901/A)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend gemeinsame Erarbeitung ei­nes Erneuerbaren Ausbaugesetzes (902/A)(E)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­verfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 14/2019, geändert wird (903/A)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsge­setz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), sowie ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz (Rechnungshofgesetz 1948 – RHG) geändert wird (904/A)

August Wöginger, Werner Neubauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wer­den (905/A)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 11

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) BGBl. I Nr. 102/2002, zu­letzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 46/2019, geändert wird (906/A)

Johann Singer, Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz – WGG), BGBl. Nr. 139/1979, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 69/2018, geändert wird (907/A)

Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Schlie­ßung des KAICIID und Förderung des internationalen interreligiösen Dialogs in Öster­reich (908/A)(E)

Dipl.-Ing. Georg Strasser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011, BGBl. I Nr. 10/2011 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 163/2015, geändert wird (909/A)

Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das SE-Gesetz, das Übernahmegesetz und das Unternehmensgesetzbuch geändert werden (Aktien­rechts-Änderungsgesetz 2019 – AktRÄG 2019) (910/A)

Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung einer weltanschaulich neutralen Sexualerziehung (911/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Entscheidungen des BVwG über Beschwerden gegen Bescheide des BFA im Jahr 2018 (3620/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Entscheidungen des BFA und Evaluation aktueller Maßnahmen im Bereich des Asylwesens (3621/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend fällige Ausgleichszahlungen aufgrund des EuGH-Urteils betref­fend Vordienstzeitenanrechnung (3622/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend fällige Ausgleichszahlungen aufgrund des EuGH-Urteils betreffend Vordienstzeitenanrechnung (3623/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend fällige Ausgleichszahlungen aufgrund des EuGH-Urteils betreffend Vordienstzeitenanrechnung (3624/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digi­talisierung und Wirtschaftsstandort betreffend fällige Ausgleichszahlungen aufgrund des EuGH-Urteils betreffend Vordienstzeitenanrechnung (3625/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend fällige Ausgleichszahlungen aufgrund des EuGH-Urteils betreffend Vor­dienstzeitenanrechnung (3626/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 12

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhal­tigkeit und Tourismus betreffend fällige Ausgleichszahlungen aufgrund des EuGH-Ur­teils betreffend Vordienstzeitenanrechnung (3627/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend fällige Ausgleichszahlungen aufgrund des EuGH-Urteils betreffend Vordienstzeitenanrechnung (3628/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend fällige Ausgleichszahlungen auf­grund des EuGH-Urteils betreffend Vordienstzeitenanrechnung (3629/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend fällige Ausgleichszahlungen aufgrund des EuGH-Urteils betreffend Vordienstzeitenanrechnung (3630/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für öffent­lichen Dienst und Sport betreffend fällige Ausgleichszahlungen aufgrund des EuGH-Ur­teils betreffend Vordienstzeitenanrechnung (3631/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend fällige Ausgleichszahlungen aufgrund des EuGH-Ur­teils betreffend Vordienstzeitenanrechnung (3632/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend fällige Ausgleichszahlungen aufgrund des EuGH-Urteils betreffend Vordienstzeitenanrechnung (3633/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend fällige Ausgleichszahlungen aufgrund des EuGH-Urteils betreffend Vordienstzeitenan­rechnung (3634/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend fällige Ausgleichszahlungen aufgrund des EuGH-Urteils betreffend Vor­dienstzeitenanrechnung (3635/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Rauchverbot im Auto (3636/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend die erneute Zerstörung der Portraits von NS-Opfern auf der Wiener Ringstraße (3637/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Energieabgabenvergütung – Folgeanfrage zu 3081/J vom 13.03.2019 (3638/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Kreislaufwirtschaft (3639/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend „Inserate des Bundesministeriums für Inneres in rechten Zeitschriften“ (3640/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für öffentlichen Dienst und Sport betreffend „Inserate des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport in rechten Zeitschriften“ (3641/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 13

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend „Inserate des Bundesministeriums für Landesverteidigung in rechten Zeitschriften“ (3642/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend „Inserate des Bundesministeriums für Verkehr, Inno­vation und Technologie in rechten Zeitschriften“ (3643/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend „Inserate des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz in rechten Zeitschriften“ (3644/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend „Inserate des Bundesministeriums für Europa, Inte­gration und Äußeres in rechten Zeitschriften“ (3645/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend ein Hakenkreuz bei der Autobahnauffahrt Wolkers­dorf Süd (3646/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Re­formen, Deregulierung und Justiz betreffend die erneute Zerstörung der Portraits von NS-Opfern auf der Wiener Ringstraße (3647/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung betreffend eine rassistische Bachelorarbeit an der Fachhoch­schule Joanneum in Graz (3648/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Bewerbung der Steuerreform „Entlastung Österreich“ (3649/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aufarbeitung des mutmaßlichen polizeilichen Misshandlungsvorfalles am Freitag den 1.06.2019 im Zuge der Klima-Demonstration (3650/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Aufarbeitung des mutmaßlichen polizeilichen Misshandlungsvorfalles am Freitag den 1.06.2019 im Zuge der Klima-De­monstration (3651/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend „Mögliche Intervention bei Foreign Policy“ (3652/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­fassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend „Entscheidung über den Grund­stücksverkauf am Heumarkt?“ (3653/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend die neonazistischen Aktivitäten des Polizeibeamten K. (3654/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Mutmaßliche exzessive Polizeigewalt gegen Klima-Aktivisten“ (3655/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zukunft der „Prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge“ (PbZV) (3656/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 14

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Verletzung des Amtsgeheimnis­ses durch Generalsekretär Pilnacek (3657/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Fraktionsförderungen der Ar­beiterkammer 2016, 2017 und 2018 (3658/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend Fraktionsförderungen der Wirtschaftskam­mer 2017 und 2018 (3659/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend vom BMNT beauftragte Glyphosat-Studie (3660/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Versorgung psychisch erkrankter Menschen (3661/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betref­fend vom BKA in Auftrag gegebene Studien 2018/19 (3662/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ar­beit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend vom BMASGK in Auf­trag gegebene Studien 2018/19 (3663/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend vom BMVIT in Auftrag gegebene Stu­dien 2018/19 (3664/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Euro­pa, Integration und Äußeres betreffend vom BMEIA in Auftrag gegebene Studien 2018/19 (3665/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin im Bundeskanzleramt betreffend vom BMFFJ in Auftrag gegebene Studien 2018/19 (3666/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für In­neres betreffend vom BMI in Auftrag gegebene Studien 2018/19 (3667/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend vom BMBWF in Auftrag gegebene Stu­dien 2018/19 (3668/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend vom BMF in Auftrag gegebene Studien 2018/19 (3669/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffent­lichen Dienst und Sport betreffend vom BMÖDS in Auftrag gegebene Studien 2018/19 (3670/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend vom BMNT in Auftrag gegebene Studien 2018/19 (3671/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 15

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­fassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend vom BMVRDJ in Auftrag ge­gebene Studien 2018/19 (3672/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend vom BMDW in Auftrag gegebene Studien 2018/19 (3673/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung betreffend vom BMLV in Auftrag gegebene Studien 2018/19 (3674/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Broschüre zum Zustand des ÖBH – Folgeanfrage (3675/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Einstufung des Bundestrojaners als „geheim“ (3676/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Klärungsbedürftige Entwicklun­gen in der Causa Dr. L (3677/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Versorgung ehemaliger Kabi­nettsmitglieder im Ressort (3678/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Versorgung ehemaliger Ka­binettsmitglieder im Ressort (3679/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Versorgung ehemaliger Kabinettsmitglie­der im Ressort (3680/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Versorgung ehemaliger Kabinettsmitglieder im Ressort (3681/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Versorgung ehemaliger Kabinettsmitglieder im Ressort (3682/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend Versorgung ehemaliger Kabinettsmitglieder im Res­sort (3683/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend Versorgung ehemaliger Kabinettsmitglieder im Ressort (3684/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend Versorgung ehemaliger Kabinettsmit­glieder im Ressort (3685/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Versorgung ehemaliger Kabinettsmitglieder im Res­sort (3686/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Versorgung ehemaliger Kabinettsmitglieder im Ressort (3687/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 16

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Versorgung ehemaliger Kabinettsmitglie­der im Ressort (3688/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend Bezügegesetz (2018/19) (3689/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin im Bun­deskanzleramt betreffend Versorgung ehemaliger Kabinettsmitglieder im Ressort (3690/J)

*****

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des National­rates betreffend Bezügegesetz (2018/19) (32/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (3182/AB zu 3218/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3183/AB zu 3219/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Klaus Uwe Feich­tinger, Kolleginnen und Kollegen (3184/AB zu 3164/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3185/AB zu 3227/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Kol­leginnen und Kollegen (3186/AB zu 3187/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolle­ginnen und Kollegen (3187/AB zu 3226/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (3188/AB zu 3244/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3189/AB zu 3250/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (3190/AB zu 3235/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfra­ge der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (3191/AB zu 3167/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (3192/AB zu 3172/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen (3193/AB zu 3186/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 17

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3194/AB zu 3199/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3195/AB zu 3197/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (3196/AB zu 3216/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (3197/AB zu 3162/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (3198/AB zu 3236/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3199/AB zu 3239/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (3200/AB zu 3247/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3201/AB zu 3315/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (3202/AB zu 3324/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (3203/AB zu 3331/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3204/AB zu 3189/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3205/AB zu 3352/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (3206/AB zu 3205/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (3207/AB zu 3363/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3208/AB zu 3376/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (3209/AB zu 3406/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3210/AB zu 3449/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 18

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (3211/AB zu 3206/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3212/AB zu 3508/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3213/AB zu 3544/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (3214/AB zu 3207/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (3215/AB zu 3209/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (3216/AB zu 3210/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (3217/AB zu 3211/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (3218/AB zu 3212/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3219/AB zu 3231/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen (3220/AB zu 3166/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen (3221/AB zu 3184/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Konrad Antoni, Kolleginnen und Kollegen (3222/AB zu 3224/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. (FH) Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen (3223/AB zu 3220/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen (3224/AB zu 3234/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (3225/AB zu 3203/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (3226/AB zu 3204/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen (3227/AB zu 3214/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3228/AB zu 3358/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3229/AB zu 3228/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (3230/AB zu 3213/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 19

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3231/AB zu 3200/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (3232/AB zu 3237/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (3233/AB zu 3238/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3234/AB zu 3260/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolle­ginnen und Kollegen (3235/AB zu 3263/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (3236/AB zu 3281/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (3237/AB zu 3202/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen (3238/AB zu 3223/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (3239/AB zu 3201/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3240/AB zu 3230/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordne­ten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (3241/AB zu 3407/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (3242/AB zu 3256/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3243/AB zu 3262/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (3244/AB zu 3284/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (3245/AB zu 3400/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3246/AB zu 3424/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3247/AB zu 3241/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 20

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schell­horn, Kolleginnen und Kollegen (3248/AB zu 3233/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schell­horn, Kolleginnen und Kollegen (3249/AB zu 3232/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (3250/AB zu 3192/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3251/AB zu 3240/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ge­rald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3252/AB zu 3268/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Pe­ter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3253/AB zu 3273/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Pe­ter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3254/AB zu 3276/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (3255/AB zu 3229/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3256/AB zu 3291/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (3257/AB zu 3245/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (3258/AB zu 3257/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3259/AB zu 3270/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (3260/AB zu 3277/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (3261/AB zu 3278/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3262/AB zu 3280/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3263/AB zu 3288/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. (FH) Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen (3264/AB zu 3248/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (3265/AB zu 3258/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3266/AB zu 3267/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 21

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (3267/AB zu 3307/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (3268/AB zu 3611/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (3269/AB zu 3246/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (3270/AB zu 3452/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3271/AB zu 3470/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3272/AB zu 3428/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3273/AB zu 3415/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (3274/AB zu 3414/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3275/AB zu 3319/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (3276/AB zu 3343/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (3277/AB zu 3517/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen (3278/AB zu 3322/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (3279/AB zu 3313/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (3280/AB zu 3249/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3281/AB zu 3274/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (3282/AB zu 3308/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loa­cker, Kolleginnen und Kollegen (3283/AB zu 3259/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3284/AB zu 3285/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (3285/AB zu 3361/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 22

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3286/AB zu 3353/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3287/AB zu 3301/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3288/AB zu 3312/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3289/AB zu 3498/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (3290/AB zu 3362/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3291/AB zu 3485/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3292/AB zu 3369/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen (3293/AB zu 3323/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (3294/AB zu 3338/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3295/AB zu3290/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (3296/AB zu 3329/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3297/AB zu 3484/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolle­ginnen und Kollegen (3298/AB zu 3474/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kol­leginnen und Kollegen (3299/AB zu 3482/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Nurten Yılmaz, Kolleginnen und Kollegen (3300/AB zu 3486/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (3301/AB zu 3591/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kol­leginnen und Kollegen (3302/AB zu 3603/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (3303/AB zu 3242/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (3304/AB zu 3309/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 23

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3305/AB zu 3265/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3306/AB zu 3293/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3307/AB zu 3311/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3308/AB zu 3264/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3309/AB zu 3272/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3310/AB zu 3266/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (3311/AB zu 3255/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3312/AB zu 3261/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3313/AB zu 3269/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3314/AB zu 3254/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3315/AB zu 3304/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3316/AB zu 3271/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yil­dirim, Kolleginnen und Kollegen (3317/AB zu 3282/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3318/AB zu 3289/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3319/AB zu 3303/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzin­ger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3320/AB zu 3310/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (3321/AB zu 3299/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 24

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3322/AB zu 3286/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kol­leginnen und Kollegen (3323/AB zu 3298/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Za­dić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3324/AB zu 3294/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3325/AB zu 3283/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3326/AB zu 3297/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kolle­gen (3327/AB zu 3292/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (3328/AB zu 3306/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3329/AB zu 3295/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (3330/AB zu 3314/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3331/AB zu 3316/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3332/AB zu 3321/J)


 


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 25

09.07.01Beginn der Sitzung: 9.07 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritte Präsidentin Anneliese Kitzmüller.

09.07.04*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf die 80. Sitzung des Nationalrates für eröffnet erklären.

Ich begrüße recht herzlich die Damen und Herren Abgeordneten, ich begrüße recht herzlich die Bundesregierung, an der Spitze Bundeskanzlerin Dr. Brigitte Bierlein mit ihren Ministerinnen und Ministern, und ich darf die Besucherinnen und Besucher auf der Galerie, die zahlreichen Medienvertreter und die Zuseher vor den Fernsehgeräten herzlich willkommen heißen.

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 78. sowie das Amtliche Proto­koll der 79. Sitzung vom 27. Mai sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wur­den nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Johanna Jachs, Mag. Andreas Schieder und Herbert Kickl.

Ich darf, bevor ich die Angelobungen vornehme, der Mannschaft des Nationalrates recht herzlich gratulieren. Wir dürfen uns freuen, dass wir Fußballeuropameister ge­worden sind. (Allgemeiner Beifall.) Das bemerkenswerte Endspiel gegen Deutschland endete mit 4 : 0 – also wirklich eine Revanche für Cordoba –, und das in der neutralen Schweiz, das heißt etwas. (Allgemeiner Beifall.)

Mit diesem sportlichen Ereignis fängt es schon gut an, ich darf nun wieder zum Ernst der Sache kommen.

09.08.55Mandatsverzicht und Angelobung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Von der Bundeswahlbehörde sind die Mitteilun­gen eingelangt, dass die Abgeordneten Angela Fichtinger, Franz Hörl und Johann Rädler auf ihre Mandate verzichtet haben.

Das Mandat des Abgeordneten Hörl wird von Frau Kira Grünberg angenommen bezie­hungsweise dieser zugewiesen. Anstelle der Abgeordneten Fichtinger wurde Herr Lu­kas Brandweiner und anstelle des Abgeordneten Rädler Dr. Christian Stocker in den Nationalrat berufen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich verstehe, Abgeordneter Rädler geht manchen ab. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Von der Bundeswahlbehörde sind weiters die Mitteilungen eingelangt, dass den Bun­desministerInnen a.D. Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß, Elisabeth Köstinger und Dr. Josef Moser jeweils das Mandat, welches sie aus Anlass ihrer Ernennung zu Mit­gliedern der Bundesregierung zurückgelegt haben, erneut zugewiesen wurde; damit sind die Abgeordneten Dr. Josef Smolle und Angelika Kuss-Bergner, BEd aus dem Nationalrat ausgeschieden.

Da die Wahlscheine bereits vorliegen und die Genannten im Hause anwesend sind, werde ich sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach der Verlesung der Gelöbnisformel und über Namensaufruf durch die Schriftfüh­rerin werden die neuen Abgeordneten ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 26

Ich darf Schriftführerin Mag. Steinacker um Verlesung der Gelöbnisformel ersuchen.


Schriftführerin Mag. Michaela Steinacker: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Steinacker leisten die Abgeordneten Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß, Lukas Brandweiner, Elisabeth Köstinger, Dr. Josef Moser und Dr. Christian Stocker die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.)

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke, darf die neuen Abgeordneten in unse­ren Reihen herzlich willkommen heißen und freue mich auf eine konstruktive Zusam­menarbeit. (Allgemeiner Beifall.)

09.11.08Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Am 28. Mai 2019 ist von Bundeskanzler a.D. Hartwig Löger folgende Mitteilung eingelangt:

„Hiermit darf ich mitteilen, dass Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen mit Ent­schließung vom 28. Mai 2019 [...] gemäß Artikel 74 Absatz 1 Bundes-Verfassungsge­setz die Bundesregierung sowie gemäß Artikel 74 Absatz 1 in Verbindung mit Arti­kel 78 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz die Staatssekretärin im Bundesministerium für Inneres des Amtes enthoben hat.

Gleichzeitig hat mich der Herr Bundespräsident bis zur Bildung einer neuen Bundesre­gierung gemäß Artikel 71 Bundes-Verfassungsgesetz mit der Fortführung der Verwal­tung des Bundeskanzleramtes und mit dem Vorsitz in der einstweiligen Bundesregie­rung betraut.

Weiters wurden bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung [...] die Mitglieder der scheidenden Bundesregierung [...] mit der Fortführung der Verwaltung betraut.“

Ich darf mich an dieser Stelle, gerade in dieser Situation auch bei den Mitgliedern der Übergangsregierung recht herzlich für ihre umsichtige Arbeit bedanken. (Allgemeiner Beifall.)

Am 4. Juni dieses Jahres ist ein Schreiben von Bundeskanzlerin Dr. Brigitte Bierlein eingelangt:

„Hiermit darf ich mitteilen, dass Bundespräsident Dr. Alexander VAN DER BELLEN mit Entschließung vom 3. Juni 2019 [...] die Bundesregierung des Amtes enthoben hat.

In der Folge hat mich der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 3. Juni [...] ge­mäß Artikel 70 Absatz 1 Bundes-Verfassungsgesetz zur Bundeskanzlerin ernannt.

Weiters wurden durch den Herrn Bundespräsidenten gemäß Artikel 70 Absatz 1 Bun­des-Verfassungsgesetz auf meinen Vorschlag hin Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens JABLONER zum Vizekanzler und zum Bundesminister für Verfassung, Reformen, De­regulierung und Justiz, Mag. Elisabeth UDOLF-STROBL zur Bundesministerin für Digi­talisierung und Wirtschaftsstandort, Dipl.-Ing. Maria PATEK, MBA zur Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus, Mag. Dr. Brigitte ZARFL zur Bundesministerin für Ar­beit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, Dkfm. Eduard Müller, MBA zum


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 27

Bundesminister für Finanzen, Mag. Thomas STARLINGER zum Bundesminister für Landesverteidigung, Dr. Wolfgang PESCHORN zum Bundesminister für Inneres, Mag. Andreas REICHARDT zum Bundesminister für Verkehr, Innovation und Techno­logie, Mag. Alexander SCHALLENBERG, LL.M. zum Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres und Mag. Dr. Iris Eliisa RAUSKALA zur Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung ernannt.

Zudem hat Bundespräsident Dr. Alexander VAN DER BELLEN Dkfm. Eduard MÜL­LER, MBA gemäß Artikel 70 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 77 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz mit der Leitung des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport betraut sowie Mag. Ines STILLING gemäß Artikel 70 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 78 Absatz 1 Bundes-Verfassungsgesetz zur Bundesministerin ohne Portefeuille ernannt.“

Antrag gemäß § 49 Abs. 5 GOG


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es liegt ein Antrag der Abgeordneten Wöginger, Leichtfried, Jenewein und Scherak gemäß § 49 Abs. 5 der Geschäftsordnung vor, die Tagesordnung um den Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvor­lage 573 der Beilagen, Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Kinder- und Jugendhilfe, zu ergänzen – dies bedarf einer Zweidrittelmehrheit –, diesen als Punkt 4 der Tagesordnung in Verhandlung zu nehmen und den bisherigen Tagesordnungs­punkten 4 und 5 die Bezeichnungen 5 und 6 zuzuordnen.

Dies setzt jedoch voraus, dass von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des gegen­ständlichen Ausschussberichtes gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung abgesehen wird.

Ich darf die Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zu­stimmung ersuchen. – Das scheint einstimmig zu sein, niemand ist sitzen geblieben. Das ist einstimmig angenommen.

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3620/J bis 3690/J

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 32/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 3182/AB bis 3332/AB

3. Regierungsvorlage:

Gesetzesantrag der Bundesräte David Stögmüller, Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Korinna Schumann, Kollginnen und Kollegen vom 29. Mai 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Organisationsgesetz (SV-OG) in der Fassung des BGBl. I Nr. 100/2018 abgeändert wird (627 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 28

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 31. März 2019 (Vor­lage 48 BA)

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis April 2019 (Vorlage 49 BA)

Bericht über die wirkungsorientierte Folgenabschätzung 2018 gemäß § 68 Abs. 5 BHG 2013 iVm § 6 Wirkungscontrollingverordnung, vorgelegt von der Bundesministerin für öffentlichen Dienst und Sport (Vorlage 50 BA)

Immunitätsausschuss:

Modifizierung des Ersuchens der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption, GZ. 17 St 2/19p, um Zustimmung zur behörd­lichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Markus Tschank

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 64 betreffend ""Nachtgutstunden" für alle ArbeitnehmerInnen in Pflegeeinrichtungen"

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend Instrumente zur finanziellen Steuerung der Krankenversicherung; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/24 (III-289 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Vollzug der Schubhaft mit Schwerpunkt Anhal­tezentrum Vordernberg; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/25 (III-290 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Flächennutzung im Bereich der Neuen Donau, der Donauinsel und des Donaukanals; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/26 (III­291 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:

Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde für das Jahr 2018, vorgelegt von der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (III-296 d.B.)

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Tunesien über die polizeiliche Zusammenarbeit

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit

*****

Ich darf wie üblich bekannt geben, dass die Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr und von ORF III bis 17 Uhr übertragen wird; alles, was darüber hinausgeht, wird online in der TVthek zur Verfügung gestellt.

Wiederum wird heute ein Fotograf der Parlamentsdirektion unterwegs sein.


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Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Um Punkt 2 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzusehen.

Es handelt sich dabei um den Bericht des Verfassungsausschusses über den An­trag 850/A der Abgeordneten Wöginger, Rendi-Wagner, Kickl, Meinl-Reisinger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem die XXVI. Gesetzgebungs­periode des Nationalrates vorzeitig beendet wird“, 630 der Beilagen.

Ich darf jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zu­stimmung ersuchen. – Das ist mit Zweidrittelmehrheit angenommen.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt.

Gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung wurde eine Tagesblockzeit von 7,5 „Wie­ner Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP 139, SPÖ und FPÖ jeweils 124 sowie NEOS und JETZT jeweils 41 Minuten. Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit jener Abgeordneten, die keinem Klub an­gehören, für die gesamte Tagesordnung jeweils 21 Minuten. Es wird darauf hingewie­sen, dass deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt ist.

Für Tagesordnungspunkt 1 haben wir folgende Redeordnung vereinbart: Es besteht Einvernehmen, dass die Klubs im Anschluss an die Erklärung der Bundeskanzlerin und des Vizekanzlers nach Klubstärke zu Wort gelangen; je fünf Rednerrunden im gesam­ten. Es ist auch vorgesehen, dass der Innen-, der Außen- und der Finanzminister im Zuge der Debatte je einen Redebeitrag abgeben.

Dazu darf ich ergänzend festhalten, dass für die Bundeskanzlerin und den Vizekanzler eine Sollredezeit von jeweils 20 Minuten und für die Redebeiträge der Bundesminister in der Debatte eine Redezeit von jeweils 10 Minuten vorgesehen ist. Im Anschluss da­ran finden drei Klubrunden statt, jeweils eine nach den Redebeiträgen des Ministers für Inneres, des Ministers für Europa, Integration und Äußeres und des Finanzministers.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die Gestaltung der Redezeit. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig.

Fristsetzungsanträge


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Frau Abgeordnete Griss beantragt hat, dem Verfassungsausschuss zur Berichter­stattung über den Antrag 310/A der Abgeordneten Griss, Kolleginnen und Kollegen be­treffend weisungsfreier Bundesstaatsanwalt eine Frist bis 1.7.2019 zu setzen. Der ge­genständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Ver­handlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht.

Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich weiters mitteilen, dass die Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 576/A der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Väter-Ka­renzgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden“, eine Frist bis 13. Juni 2019 zu setzen. Gleiche Vorgangsweise: Der Antrag wird gemäß der Geschäftsord-


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nung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung ge­bracht.

Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich weiters festhalten, dass Abgeordneter Leicht­fried beantragt hat, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstattung über den Antrag 18/A der Abgeordneten Schieder, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 geändert wird, eine Frist bis 1. Juli 2019 zu setzen. Gleiche Vorgangsweise: Der gegenständliche An­trag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen zur Ab­stimmung gebracht.

Die Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen haben beantragt, dem Aus­schuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 274/A der Ab­geordneten Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz und andere Gesetze geändert werden, eine Frist bis 13. Juni 2019 setzen. – Die gleiche Behandlung ist vorgesehen.

Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass die Abgeordneten Mu­chitsch, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Ausschuss für Arbeit und So­ziales zur Berichterstattung über den Antrag 629/A der Abgeordneten Ing. Vogl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Arbeitskräfteüberlassungsgesetz eine Frist bis 1. Juli 2019 zu setzen. Dieser Antrag wird ebenfalls geschäftsordnungsgemäß abgestimmt.

Weiters darf ich mitteilen, dass die Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 324/A der Abgeordneten Stöger, Kolleginnen und Kollegen betreffend So­zialverantwortungsgesetz eine Frist bis 1. Juli 2019 zu setzen. Die Abstimmung darü­ber erfolgt ebenfalls am Ende der Sitzung.

Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich weiters mitteilen, dass die Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 338/A der Abgeordneten Schieder, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzge­setz 1979 geändert wird“, eine Frist bis 1. Juli 2019 zu setzen. – Die gleiche Behand­lung ist vorgesehen.

Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich schließlich einen Antrag der Abgeordneten Noll, Kolleginnen und Kollegen zur Kenntnis bringen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 852/A der Abgeordneten Noll, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz zum Schutz der Trinkwasserversor­gung eine Frist bis 1.7.2019 zu setzen. Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstim­mung gebracht.

Nun gehen wir nach diesem Redemarathon in die Tagesordnung ein.

09.21.421. Punkt

Erklärungen der Bundeskanzlerin und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich des Amtsantrittes der neuen Bun­desregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu Tagesordnungspunkt 1.

Im Anschluss an diese Erklärung wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung ent­sprechend dem vorliegenden ausreichend unterstützten Verlangen eine Debatte statt­finden.

Ich darf der Frau Bundeskanzlerin das Wort erteilen. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 31

9.22.11

Bundeskanzlerin Dr. Brigitte Bierlein: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Ab­geordnete zum Nationalrat! Vor allem aber verehrte Bürgerinnen und Bürger! „Nichts hält das Gemeinwesen besser zusammen als die Verlässlichkeit.“ – Diese Worte des bekannten römischen Staatsmannes Cicero haben bis heute Bedeutung. Lassen Sie mich das Zitat um den Begriff Vertrauen ergänzen: Für Verlässlichkeit stehen und um Vertrauen werben wir!

Ich stehe heute als Bundeskanzlerin vor Ihnen, gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank werde ich eine Regierungserklärung abgeben. Dies ist in dieser Form eine einmalige Situation in der Geschichte der Zweiten Re­publik. Erstmals haben wir eine vom Bundespräsidenten eingesetzte Übergangsregie­rung.

Unsere nächstes Jahr 100 Jahre alt werdende Bundesverfassung hatte in diesen Ta­gen Gelegenheit, zu zeigen, was alles in ihr steckt. Wir konnten die neue Regierungs­situation reibungslos meistern. Die vergangenen Wochen haben eindrucksvoll bewie­sen, wie verlässlich unsere österreichische Verfassung, die darin festgeschriebene Ge­waltenteilung und unsere Institutionen sind.

In diesem Hohen Haus als erste Bundeskanzlerin zu sprechen stand nicht in meiner Lebensplanung, wie Sie wahrscheinlich alle wissen. Ich wurde davon überrascht. Umso mehr übernehmen ich und meine Kolleginnen und Kollegen in der Bundesre­gierung diese Aufgabe mit großer Demut. Ich danke dem Herrn Vizekanzler sowie den fünf Ministerinnen und den fünf Ministern, dass sie so rasch bereit waren, unserem Land zu dienen. Ich bin sicher, ich spreche in unser aller Namen, wenn ich dem Herrn Bundespräsidenten für sein umsichtiges, ruhiges und vertrauensvolles Vorgehen herz­lich danke.

Es ist für mich ein großes Privileg, dass ich in den letzten 16 Jahren mit an der Spitze des Verfassungsgerichtshofes tätig sein durfte. Ich habe diese Funktion – das dürfen Sie mir glauben – schweren Herzens aufgegeben, dies aber in dem Wissen, dass der österreichische Verfassungsgerichtshof in den Händen des Herrn Vizepräsidenten sehr gut aufgehoben ist.

In meiner Antrittsrede habe ich auf die Bedeutung eines möglichst breiten Dialogs hin­gewiesen – mit Vertretern und Vertreterinnen der politischen Parteien, der Zivilgesell­schaft und der Religionsgemeinschaften. Ich habe bereits in den ersten Tagen zahlrei­che persönliche Gespräche führen können: mit dem Präsidenten und den Präsiden­tinnen des Nationalrates, Klubobleuten, Vertreterinnen und Vertretern von NGOs. Die­sen Dialog möchte und werde ich in meiner gesamten Amtszeit aufrechterhalten.

In diesem Hohen Haus schlägt das Herz der österreichischen Demokratie und, meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Herz schlägt lebendig und kräftig. Die durch den Nationalrat bestimmten Gesetze geben uns den Rahmen, in Freiheit und Frieden leben und Probleme gemeinsam lösen zu können.

Diese Bundesregierung wurde im Gegensatz zu Ihnen, geschätzte Abgeordnete, we­der direkt noch indirekt gewählt. Meine Worte müssen sich daher von jenen anderer Regierungen unterscheiden. Wir haben kein Programm abzuarbeiten, wir haben keine Wahlversprechen einzulösen, wir haben keine tagespolitischen Aktualitäten zu kom­mentieren. Sehr wohl aber haben wir die Aufgabe, Stabilität und Sicherheit für die Men­schen in diesem Land zu gewährleisten. In diesem Sinn ist diese Bundesregierung voll handlungsfähig und garantiert den Bestand aller Dienstleistungen des Staates für die Bürgerinnen und Bürger.

Wir werden mit all unseren Kräften das Vertrauen der Menschen in diesem Land zu ge­winnen suchen. Wir werden die Arbeit für unser Land mit höchstmöglicher Qualität er-


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ledigen. Wir werden auf tagespolitisches Kalkül verzichten. Wir werden jene Initiativen einbringen, die Schaden von unserer Republik abwenden. Und wir halten das Prinzip der größtmöglichen Sparsamkeit ein. Vor allem aber werden wir unsere Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern nie aus den Augen verlieren, denn wir dienen in erster Linie den Menschen in diesem Land und respektieren, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Ihre besondere Verantwortung als gewählte Volksvertreter in diesem Hohen Haus.

Wichtige und absehbare politische Fragen sollen und müssen von der kommenden Bundesregierung beantwortet, besonders wichtige Personalentscheidungen von ihr ge­troffen werden.

Im Anschluss an unsere Vorstellung findet die Debatte über den eingebrachten Antrag betreffend die vorzeitige Beendigung dieser Gesetzgebungsperiode statt. Ich darf Sie bitten, alle Vorkehrungen rasch und gemeinschaftlich zu treffen, um einen Wahltermin festlegen zu können. Wie auch der Herr Bundespräsident gesagt hat, hätten wir uns einen früheren Termin gewünscht, aber wir respektieren natürlich die Entscheidung des Nationalrates. Es gehört zu unserem Selbstverständnis, dass wir als Exekutive die Beschlüsse der Legislative – Ihre Beschlüsse, sehr geehrte Damen und Herren Abge­ordnete – nach bestem Wissen und Gewissen vollziehen werden.

Wir werden auch unsere Interessen in Europa und in der Welt in bewährter Weise wahrnehmen. Dabei vertrauen wir auf die Expertise unserer Diplomatinnen und Diplo­maten und die gut eingespielten Abstimmungsprozesse. Genau am heutigen Tag vor 25 Jahren hat die Volksabstimmung über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union stattgefunden. Nach einem Vierteljahrhundert können wir mit Stolz und Dank­barkeit feststellen: Österreich ist und bleibt ein verlässlicher Partner in Europa und in der Welt.

Es ist mir und uns bewusst, dass die Außen- und Europapolitik auf innerösterreichische Entwicklungen wenig Rücksicht nehmen kann. Nach den Europawahlen werden Wei­chen auf europäischer Ebene gestellt. Diese Weichen werden unser Land für die nächsten Jahre maßgeblich beeinflussen. Das betrifft die Verhandlungen zum nächs­ten Mehrjährigen Finanzrahmen ebenso wie die Abwicklung des Brexits und vor allem wichtige Personalentscheidungen.

Die Europäische Kommission ist kein reiner Verwaltungsapparat, sie ist eine hochpoliti­sche Institution. Die Auswahl der österreichischen Kandidatin oder des österreichi­schen Kandidaten sollte dementsprechend von fachlicher Expertise und politischem Können geleitet sein. Es liegt im Interesse Österreichs, in Brüssel weiterhin als starke Stimme für Europa und in Europa wahrgenommen zu werden. Ich appelliere an Sie, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, in diesem Prozess Einigkeit zu zeigen, und ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam eine gute Entscheidung im Interesse Österreichs treffen können.

Wir leben in einer globalisierten Welt, in der unsere wichtigsten Lebensbereiche vor großen Herausforderungen stehen; beispielhaft seien die Digitalisierung, der Klima­wandel, ein nachhaltiges und finanzierbares Sozialsystem oder demografische Verän­derungen erwähnt. Das sind nur einige Punkte, die für die Zukunft unseres Landes von entscheidender Bedeutung sein werden. Es liegt an uns, wie wir mit diesen Herausfor­derungen umgehen. Unser Ziel ist ein lebenswertes, wirtschaftlich erfolgreiches, weltof­fenes Österreich.

Diese Regierung verfügt über keine Mehrheit, es gibt daher keine Unterscheidung zwi­schen Regierungs- und Oppositionsparteien. Umso mehr liegt der politische Diskurs, das Abwägen der unterschiedlichen Interessen und das Finden eines Konsenses in Ih­rer aller Verantwortung; es liegt in der Verantwortung des Parlaments.


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Wir alle, sehr geehrte Damen und Herren, haben unterschiedliche politische Einstel­lungen, wir sind von unterschiedlicher ethnischer Herkunft, wir haben verschiedene re­ligiöse Überzeugungen, Geschlechter oder sexuelle Orientierungen. – Ja, wir sind ver­schieden. Für mich als Frau, als langjährige Juristin und Richterin gilt es, bei all dieser Unterschiedlichkeit ein verbindendes Element zu beachten, nämlich die Menschlich­keit.

Das Miteinander war und ist gute österreichische Tradition. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, Feindbilder gar nicht erst entstehen zu lassen, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen und Vorbild vor allem für die Jugend zu sein – für unser Land, für seine Menschen, für unsere gemeinsame Zukunft.

Am Beginn habe ich mit den Worten von Cicero unseren Leitsatz formuliert: „Nichts hält das Gemeinwesen besser zusammen als die Verlässlichkeit.“ Für Verlässlichkeit stehen, um Vertrauen werben wir: In diesem Sinn freue ich mich auf die gute Zusam­menarbeit mit dem Hohen Haus. (Allgemeiner Beifall.)

9.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke der Frau Bundeskanzlerin für ihre Ausführungen und bitte nun den Herrn Vizekanzler um seinen Redebeitrag.


9.33.41

Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Vizekanzler Dr. Dr. h.c. Clemens Jabloner: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete zum Nationalrat! Wir, die Republik, alle Menschen, die in diesem Land leben, durchlaufen derzeit eine ungewöhnliche und heikle Zeit. Zwar verlor die Bundesregierung ihre Stabilität und nach dem Misstrauensvotum vor­zeitig auch ihr Amt, von einer Verfassungs- oder Staatskrise konnte allerdings nie die Rede sein; vielmehr befinden wir uns in einer Situation, für die unsere Bundesverfas­sung in der Stammfassung von 1920 und insbesondere in der Fassung der Novelle von 1929 kluge Vorkehrungen trifft. Demnach war es Sache des Herrn Bundespräsidenten, in Anwendung von Art. 69 Abs. 1 B-VG eine Bundeskanzlerin und auf ihren Vorschlag die übrigen Mitglieder der Bundesregierung zu ernennen.

Die Besonderheit besteht darin, dass diese neue Bundesregierung nicht auf eine ge­sicherte Mehrheit im Hohen Haus zurückgreifen kann. Ich möchte aber dennoch – und das ist meiner Herkunft als Verfassungsrechtler zu danken – hervorheben, dass diese Bundesregierung demokratisch legitimiert ist, weil der Bundespräsident vom Bundes­volk gewählt wird und die von ihm vorgenommenen Ernennungen den Mitgliedern der Bundesregierung daher die demokratische Legitimation verleihen. (Beifall bei JETZT.) Allerdings bezieht sich dies nur quasi auf die Bundesregierung als solche, nicht auch auf ihre Aktivitäten. Infolge des Prinzips der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung und im Hinblick auf die ständige Kontrolle der Bundesregierung durch das Parlament sind die Handlungsmöglichkeiten einer solchen Expertenregierung, eines solchen Übergangs­kabinetts beschränkt, und dies halte ich auch für richtig und angebracht.

Den Mangel eines positiven Vertrauensvotums in unserer Bundesverfassung deute ich so, dass die Bundesregierung, wenn kein Misstrauensantrag gestellt wird, noch nicht automatisch das Vertrauen des Nationalrates genießt; vielmehr steht sie unter der Be­obachtung des Nationalrates und ist darauf angewiesen, dieses Vertrauen täglich zu erwerben. Deshalb ist mir der Austausch mit Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ein besonders großes Anliegen.

Ich glaube, für die ganze Bundesregierung sprechen zu können, wenn ich Ihnen in die­sem Sinn versichere, dass wir unsere Aufgabe in einer sachkundigen Fortführung der Verwaltung sehen. Die Bundesregierung muss aber dort initiativ werden, wo es gilt, Schaden abzuwenden, etwa bei einer Versäumnis bei der Umsetzung des Unions-


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rechts. Die Bundesregierung wird aber von Initiativen absehen, denen gesellschaftliche Wertentscheidungen zugrunde liegen, die nur parlamentarisch – und das heißt, nur nach der Wahl eines neuen Nationalrates – legitimiert sein können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In meiner Funktion als Vizekanzler ist es mei­ne verfassungsrechtliche Aufgabe, die Bundeskanzlerin, wenn sie verhindert ist, in ih­rem gesamten Wirkungsbereich zu vertreten. Darüber hinaus werde ich mich stets be­mühen, sie in ihrer Koordinationstätigkeit zu unterstützen, und ich identifiziere mich mit jedem Wort, das die Bundeskanzlerin vor mir gesagt hat.

Als Justizminister sind für mich der Rechtsstaat und die Grundrechte oberste Hand­lungsmaxime. Wenn es auch in einem trivialen Sinn richtig ist, dass letztlich die Politik das Recht bestimmt, so muss dies im Verfassungs- und Rechtsstaat in jenen Formen erfolgen, die die Verfassung, insbesondere die Grundrechte, und die völker- und uni­onsrechtlichen Verpflichtungen vorgeben. Besonders die Europäische Menschen­rechtskonvention mit ihrer beispiellosen Erfolgsgeschichte steht für mich ganz unver­rückbar im Zentrum des politischen Handelns.

Der Justizminister trägt die Verantwortung für die Justiz, die dritte Staatsfunktion. Es ist meine Kernaufgabe, sowohl die Unabhängigkeit als auch die Funktionsfähigkeit der Gerichtsbarkeit zu stärken. Dabei dürfen andere Bereiche des großen Ressorts freilich nicht ins Hintertreffen gelangen; ich nenne hier nur die Anklagebehörden und den Strafvollzug.

Den verfassungsrechtlichen Aufgaben meines Ressorts, dem Föderalismus und der Verwaltungsreform, wird in den nächsten Monaten nicht die gleiche Bedeutung zukom­men wie in der nun zu Ende gehenden Gesetzgebungsperiode. Das kann aber nicht bedeuten, dass da sämtliche Überlegungen eingestellt werden. Ich werde mich also auch um diesen Bereich bemühen.

Lassen Sie mich, Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Ab­schluss sagen, dass ich dieses Amt pflichtgemäß mit großer Ehrfurcht, aber auch mit einer gewissen Heiterkeit übernommen habe. Ich bin mir der großen Verantwortung sehr bewusst. Ich bitte um Ihr Vertrauen, und ich danke auch für Ihr Vertrauen. (Allge­meiner Beifall.)

9.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf mich auch für die Ausführungen des Herrn Vizekanzlers herzlich bedanken, insbesondere für den Schlusssatz: Die Eleganz der Verfassung legt es auch nahe, dieses Amt mit Heiterkeit zu übernehmen. – Vielen herzlichen Dank.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klubobmann Wöginger. – Bitte.


9.39.34

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Bür­gerinnen und Bürger! Ich möchte zu Beginn noch einmal die letzten Wochen Revue passieren lassen und auch erklären, warum sich heute im Hohen Haus eine Über­gangsregierung vorstellt.

Der 17. Mai 2019 hat Österreich verändert. Das unfassbare Ibizavideo hat Neuwahlen zur Notwendigkeit gemacht, denn für die Volkspartei war klar, dass es – aufgrund der ungeheuerlichen Aussagen im Video – einen parteiunabhängigen Innenminister zur voll­ständigen und lückenlosen Aufklärung aller Vorfälle braucht. Man kann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, wenn beispielsweise vom damaligen Vizekanzler und FPÖ-Obmann gesagt wird, dass er unser Wasser verkaufen will, oder wenn er Aussa­gen tätigt, mit denen die Pressefreiheit mit Füßen getreten wird. (Abg. Schimanek: Mein


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Gott! Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Meine Damen und Herren, das geht sich für uns nicht aus, und deshalb waren Neuwahlen eine Notwendigkeit. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: So ein Schwachsinn! Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es muss alles auf den Tisch, es braucht eine lückenlose Aufklärung, und deshalb wur­den Neuwahlen ausgerufen. Infolgedessen hat sich dann aber ein rot-blauer Pakt ent­wickelt (Heiterkeit bei SPÖ und FPÖ), der in der Zweiten Republik einzigartig ist. (Abg. Hauser: Das glaubst ja selber nicht! – Zwischenrufe der Abgeordneten Linder und Schimanek.– Meine Damen und Herren, ich weiß ja nicht, was Ihnen die Menschen in den Wahlkreisen erzählen, aber dass Rot-Blau eine Bundesregierung abgewählt hat, die vom Herrn Bundespräsidenten eingesetzt wurde, das versteht die Mehrheit der Be­völkerung jedenfalls nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das müssen ohnedies Sie Ihren eigenen Wählerinnen und Wählern erklären.

Ich habe kürzlich eine Eisenbahnerwitwe getroffen, die zeit ihres Lebens die SPÖ ge­wählt hat, und die hat gesagt: Ich verstehe auch nicht, was unsere Parteivorsitzende mit dem Abwählen dieser Bundesregierung eigentlich wollte! Ich kenne mich nicht mehr aus in meiner Partei, und ich werde sie auch nicht mehr wählen! – Das ist etwas, das man in Tagen wie diesen nicht selten hört. (Beifall bei der ÖVP.)

Für uns war klar, dass das eine Aktion aus Emotionen heraus war. Wut und Hass sind schlechte Ratgeber, meine Damen und Herren, und bei der EU-Wahl hat Ihnen die Bevölkerung auch gezeigt, dass die Menschen in Österreich das anders sehen. (Abg. Schimanek: Das glauben Sie ja selber nicht!)

Nun sind wir aber bei dieser Übergangsregierung angelangt, die sich heute hier vor­stellt, und, meine Damen und Herren, wir von der Volkspartei werden diese Regierung im Sinne der Staatsverantwortung und auch der Stabilität unterstützen – das ist für uns keine Frage (Beifall bei der ÖVP) –, und zwar so lange, bis eine neue, vom Volk legiti­mierte Regierung angelobt wird.

Zuerst sind nämlich die Wählerinnen und Wähler am Wort, und betreffend den Wahltag haben wir zum zweiten Mal einen rot-blauen Pakt erlebt (Heiterkeit der Abg. Schima­nek), denn vom Bundespräsidenten abwärts – die Frau Bundeskanzlerin hat es bereits angesprochen – gab es den Wunsch nach einem möglichst frühen Wahltermin, näm­lich den 15. September. Ich habe dann in einer Verhandlungsrunde auch noch den 22. September angeboten – Vorarlberg hätte sich mit der Landtagswahl danach gerich­tet –; nein, es war nicht möglich. Rot und Blau wollen einen späteren Wahltermin, Ende September, gegen den Willen des Bundespräsidenten. Eine Wahl Ende September be­deutet einen längeren Stillstand und auch einen unnötig langen Wahlkampf. Das ist nicht im Sinne der Menschen in diesem Land, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht darum, dass wir rasch wieder Handlungsfähigkeit und Stabilität herstellen. Was heißt das nun für die kommenden Wochen? Ich sage dazu, wir sind stolz auf das, was wir gemeinsam mit der FPÖ in den letzten eineinhalb Jahren hier verabschieden konnten – das ist keine Frage –, und wir sind auch bereit, die Projekte, die wir gemein­sam noch auf den Weg gebracht haben, die bereits den Ministerrat passiert haben, Projekte, die gemeinsam präsentiert wurden – wie zum Beispiel die Anhebung der Min­destpensionen, das Plastiksackerlverbot oder auch das Bildungsinvestitionsgesetz, bei dem es um den Ausbau der Ganztagsschulen in Österreich geht –, noch gemeinsam abzuarbeiten. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Was wir aber nicht wollen, meine Damen und Herren, ist eine Art Casinoparlamenta­rismus, wie wir ihn 2008 und 2017 zum Teil schon erlebt haben. Es ist unverantwortlich gegenüber den nachkommenden Generationen, wenn hier Steuergelder verschleudert werden und wir Österreich in eine Schuldensituation bringen; jetzt haben wir keine


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Schulden, wir können im Jahr 2019 einen Überschuss erzielen. Ich appelliere an alle im Parlament vertretenen Fraktionen, solche Vorhaben nicht einzubringen und schon gar nicht zuzustimmen! (Beifall bei der ÖVP.)

Unsere Vorhaben, die wir noch gemeinsam einbringen werden – davon gehe ich aus, und ich hoffe das auch, weil es gute Vorschläge sind –, sind in der mittelfristigen Haus­haltsplanung des Bundes, der Länder und der Gemeinden berücksichtigt. Wir ver­schleudern kein neues Geld, meine Damen und Herren! Im Sinne der Stabilität des Landes hoffe ich auch auf einen geordneten und vernünftigen Ablauf bei den kommen­den Sitzungen, und darauf, dass wir hier keine sündteuren Wahlzuckerl beschließen.

Wir haben die Verantwortung – und gerade in Zeiten wie diesen stehen der Nationalrat und der Bundesrat an der Spitze dieses Landes –, und wir sind vom Volk gewählt, um auch in herausfordernden Zeiten Verantwortung zu zeigen. Ich appelliere abschließend noch einmal an alle: Beschließen wir jene Projekte, die wir noch gemeinsam auf den Weg gebracht haben, verschleudern wir kein Geld und halten wir hier keine Wahlzu­ckerlreden für die Menschen! Wir sind in der Verantwortung und dürfen diesen Staat nicht wieder in eine Schuldensituation bringen; das sind wir den Österreicherinnen und Österreichern schuldig.

Wir werden diese Übergangsregierung unterstützen, und ich appelliere an Ihre Ver­nunft im Sinne der Stabilität in Österreich! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

9.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Rendi-Wag­ner. – Bitte.


9.46.43

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin! Sehr geehrte Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Da­men und Herren! In der Medizin spricht man von einer Krise, wenn es zu einer dra­matischen Wende im Krankheitsverlauf eines Patienten oder einer Patientin kommt, und genau in solchen medizinischen Fällen kommt es auf Menschen an, auf Menschen in Gesundheitsberufen, die mit Empathie, ihrem Können, ihrer Expertise, ihrem Wissen richtig entscheiden. Es sind Menschen, die im richtigen Moment Verantwortung über­nehmen.

Ich möchte im Rahmen dieser Regierungserklärung die Gelegenheit nützen, heute hier etwas zu tun, das in der Politik viel zu selten Platz hat, nämlich Danke zu sagen. Wir alle wissen, aus dem Auseinanderbrechen der türkis-blauen Bundesregierung vor eini­gen Wochen entstand eine Regierungskrise in Österreich. Und wenn in so einer kriti­schen Situation, meine sehr geehrten Damen und Herren, niemand Verantwortung übernimmt, ist es oft nur ein sehr kleiner Schritt, bis sich diese Krise zu einer größeren auswächst, und deshalb braucht es – nicht nur in der Medizin, nicht nur im Bereich der Gesundheit, sondern auch in der Politik, und gerade dort – Menschen, die Verantwor­tung übernehmen, um die Krise zu überwinden und sie nicht zu verschärfen. (Abg. Haub­ner: ... SPÖ ...!)

Aus diesem Grund bin ich Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, wirklich sehr dankbar, dass Sie dieser großen Verantwortung für un­ser Land gerecht geworden sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, Frau Dr. Bierlein, Frau Bundeskanzlerin – eine Anrede, die mir übrigens sehr gut gefällt (Beifall bei der SPÖ) –, ich freue mich vor allem persönlich und von Herzen sehr, dass erstmals eine Frau an der Spitze der österreichischen Bundesre­gierung steht. Das ist ein historischer Tag für Österreich! (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT.)


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Ja, Sie haben trotz aller Herausforderungen diese große Aufgabe übernommen, Sie haben Verantwortung im Sinne des Staatsganzen und der Menschen in unserem Land übernommen, und das gilt auch für jede Ministerin und jeden Minister heute hier auf der Regierungsbank. Das ist nicht selbstverständlich, und das verdient unser aller Respekt für Sie alle in dieser neuen Bundesregierung. Statt Inszenierung herrscht nun Sachlichkeit, statt Dialoglosigkeit steht endlich wieder das Gespräch im Mittelpunkt.

Es gab in den letzten Tagen, seit ungefähr einer Woche, sehr wertschätzende Gesprä­che mit allen Fraktionen – Sie haben es erwähnt. Es gab vor allem ein spürbares Be­mühen, für jetzt und die nächsten vier Monate gemeinsame Lösungen zu finden. Man sollte glauben, dass das eine Selbstverständlichkeit ist, dennoch ist es genau das, was wir als Abgeordnete dieses Hohen Hauses in den letzten 18 Monaten schmerzlich ver­misst haben.

Ich war immer der Meinung, dass genau in dieser Krise Österreichs eine unabhängige Expertenregierung der beste Weg ist, um Stabilität und Sicherheit wiederherzustellen. Ich kann Ihnen sagen, ich fühle mich heute hier mehr als bestätigt, dass diese Meinung und dieser Ansatz, den wir von Anfang an gehabt haben, der richtige war. (Beifall bei der SPÖ.)

Das bisher Gezeigte – und ich bin sicher, es wird so weitergehen – ist die beste Basis für die Arbeit in den kommenden Monaten. Ich verspreche Ihnen, meine Hand und die Hand der Sozialdemokratie ist ausgestreckt, um konstruktiv mit Ihnen zusammenzuar­beiten, um das Vertrauen der österreichischen Bevölkerung in die Politik wiederherzu­stellen. Wir können zeigen, dass wir im Dialog – gemeinsam – eine Meinung bilden und gemeinsam daran arbeiten, diese auch umzusetzen, damit das Leben der Öster­reicherinnen und Österreicher besser wird.

Wir Abgeordnete des Hohen Hauses, sehr geehrte Damen und Herren, sind gewählt worden, um zu arbeiten, nicht um vier Monate Stillstand zu haben. Wir nehmen diese Verantwortung mit allem Respekt den Österreicherinnen und Österreichern gegenüber wahr. Wir können mit sinnvollen und vernünftigen Gesetzesinitiativen, wie wir sie heute und in den nächsten Wochen diskutieren werden, auch das Vertrauen in die Politik zu­rückgewinnen und stärken.

Lassen Sie mich einige dieser Initiativen kurz ansprechen: Wir alle wissen, dass das Ibizavideo das Vertrauen in die Politik insgesamt schwer erschüttert hat. Da wird es neue Regeln brauchen, was die Parteientransparenz und die Parteienfinanzierung be­trifft.

In diesem Video war vieles zu sehen und zu hören, über einiges wurde berichtet, so auch über den möglichen Verkauf des österreichischen Trinkwassers. Auch wenn man jetzt lesen kann, dass das vielleicht nicht so gemeint war, wir wollen eines sicher­stellen: Unser Wasser darf nicht verkauft werden! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.) Um das zu garantieren, schlagen wir vor, den Schutz unseres Wassers in die Verfassung zu schreiben und damit die Privatisierung gesetzlich unmöglich zu machen.

Ein anderer Punkt: Wir alle wissen, dass 900 000 Menschen für den NichtraucherIn­nenschutz in Österreich unterschrieben haben. Was ist passiert? – Ihre Meinung wurde ignoriert. In den kommenden Wochen haben wir hier im Hohen Haus die Möglichkeit, für die Gesundheit der Menschen zu stimmen und nicht den kleinkarierten Abtausch der Interessen in den Vordergrund zu stellen. (Abg. Haubner: Wie soll das gehen?) Keine Mutter, kein Vater würde eine Sekunde zögern, wenn man sie fragt, ob ihr Kind in einer rauchfreien Umgebung aufwachsen soll oder nicht. Ich frage mich wirklich: Wa­rum tun sich manche Politiker und Politikerinnen mit dieser einfachen Frage so schwer? (Beifall bei der SPÖ.)


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Es ist auch wichtig, die freiwilligen Helferinnen und Helfer in Österreich, die täglich – und auch nächtens – Verantwortung übernehmen, zu stärken und zu unterstützen. Sie wissen, dass der Erfolg unseres Landes auch untrennbar mit dem freiwilligen Engage­ment von Millionen von Österreicherinnen und Österreichern verbunden ist. Hundert­tausende von ihnen sind Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die ihre Freizeit – jetzt gerade in Kärnten im Kampf gegen die Waldbrände –, ihren Urlaub bereitwillig zur Ver­fügung stellen, um diese notwendige freiwillige Arbeit zu leisten. Unterstützen wir sie, stärken wir dieses freiwillige Engagement und ermöglichen wir diesen Menschen eine Freistellung von fünf Tagen mit Entgeltfortzahlung! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ja, es ist möglich, arbeiten wir gemeinsam daran, das Vertrauen in die Politik in Österreich wiederherzustellen! Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen! Lassen Sie uns beweisen, dass Politik anders ist, als wir es im Ibizavideo gesehen haben! Das ist nicht nur unsere Pflicht, das ist unsere Verant­wortung.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, ich wünsche Ihnen und Ihrer gesamten Bundesre­gierung viel Kraft, viel Freude und da und dort auch Heiterkeit bei Ihrer Arbeit. Ich freue mich von Herzen auf die kommenden Monate und auf unsere Zusammenarbeit. Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei JETZT. – Abg. Rendi-Wagner begibt sich zur Regierungsbank und reicht Bundeskanzlerin Bierlein die Hand.)

9.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobmann Norbert Ho­fer. – Bitte.


9.55.54

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundeskanzlerin! Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Unsere neue Bundeskanzlerin ist – ich glaube, das ist völlig unbestrit­ten – eine hoch angesehene Persönlichkeit. Sie ist fachlich sehr, sehr kompetent, wahrscheinlich – wenn ich an meine bisherige Teilhabe am politischen Leben zurück­denke – die kompetenteste Persönlichkeit an der Spitze einer Bundesregierung. (Abg. Rosenkranz: Richtig!)

Ich darf auch ihre soziale Kompetenz unterstreichen. Die Gespräche, die wir führen durften, waren von großer Zielorientiertheit geprägt. Es ist sehr rasch gelungen, Eini­gung zu erzielen, als es darum ging, eine Bundesregierung zu finden, die den Respekt des Hohen Hauses genießt, damit auch eine Mehrheit sichergestellt ist.

Frau Bundeskanzlerin, Sie haben gesagt, Sie wollen keine Inszenierung, Sie wollen Fachkompetenz in den Vordergrund stellen. Oliver Hassencamp hat einmal gesagt: „Wer ein Theater füllen will, bedient sich der Dramaturgie. Um es zu leeren, genügt Ideologie.“ Ich glaube aber, dass wir das so nicht im Raum stehen lassen dürfen, denn Ideologie ist doch das, was dieses Haus ausmacht. Verschiedene Parteien, verschie­dene weltanschauliche Ansichten und auch das Verständnis für weltanschauliche Ansichten einer anderen Partei – das macht die Demokratie in diesem Haus aus. Da­her glaube ich, dass wir die Ideologie als Leuchtturm unseres Handelns immer brau­chen. Auch wenn in der Politik die Frage der Inszenierung natürlich bis zu einem ge­wissen Grad eine Rolle spielt – ich bin nicht der Meinung von Herrn Kern, der sagt, dass sie fast 100 Prozent ausmacht –, denke ich, dass man die Sachpolitik stark in den Vordergrund stellen muss. Die Inszenierung, die Show, das Schauspiel, taktische Überlegungen – das alles steht bei uns, glaube ich, zu stark im Vordergrund. Ich habe den Eindruck, dass von vielen sehr gerne Machiavelli gelesen wird; ich würde Hesse empfehlen, das macht das Leben wesentlich leichter.


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Frau Bundeskanzlerin, Sie haben Verlässlichkeit, Vertrauen, Stabilität, Sicherheit und Menschlichkeit angesprochen. Glaubwürdigkeit, Aufrichtigkeit und Verlässlichkeit sind in der Opposition und in der Regierung wichtig. Wir haben uns daher dazu entschlos­sen, einmal beschlossene Gesetze nicht rückgängig zu machen. Die bisherigen Koali­tionsparteien haben die Beschlüsse, die gefasst wurden, ja durch ihre Rednerinnen und Redner hier am Rednerpult wortreich verteidigt und die Vorteile aller neuen Be­schlüsse unterstrichen. Das betrifft auch die Raucherregelung, meine Damen und Her­ren.

Es ist völlig unbestritten, dass Rauchen ungesund ist, dass Rauchen tötet. Wir haben aber gemeinsam eine Regelung beschlossen, die sicherstellt, dass der Jugendschutz ausgebaut wird, die sicherstellt, dass Wirte – die auch selbst in ihr Unternehmen in­vestieren – die Wahlfreiheit haben, das Lokal als Raucher- oder als Nichtraucherlokal zu führen; wenn es als Raucherlokal geführt wird, dann mit getrennten Bereichen und mit entsprechenden Entlüftungsanlagen. – Das alles haben wir hier wortreich verteidigt.

Ich habe den Eindruck, dass es da ein hohes Maß an Unaufrichtigkeit gibt. Denken Sie etwa nur an die Aussage des Präsidenten der Wirtschaftskammer, der sagt: Wenn die jetzige Regelung fallen sollte, dann müssen den Gastronomen, den Wirtinnen und den Wirten alle Investitionen, die bisher getätigt wurden, zurückbezahlt werden – sowohl je­ne für bauliche Investitionen in Raucher- und Nichtraucherbereiche als auch jene für Entlüftungsanlagen.

Es sagt uns der Klubobmann der ÖVP heute: keine Beschlüsse, die zu hohen Ausga­ben führen! – Ist Ihnen bewusst, in welchem Ausmaß das Budget belastet wird, wenn Sie die bisherige Raucherregelung zu Fall bringen und wenn dann jedem Gastronomen die Investitionen rückerstattet werden sollen? Vielleicht kann heute noch jemand sa­gen, was das den Herrn Finanzminister wirklich kosten würde. Ich bin gespannt, wie Sie dann abstimmen, wenn es tatsächlich um diesen Punkt geht, und ob der Herr Prä­sident der Wirtschaftskammer ungehört bleibt oder nicht.

Sie werfen uns vor, eine Koalition mit der SPÖ eingegangen zu sein. Nun, ich darf un­terstreichen, dass wir bei der Frage des Raucherschutzes eine ähnliche – ich will nicht Unaufrichtigkeit sagen –, eine nicht stringente Vorgangsweise der SPÖ erkennen. Den­ken Sie an das Donauinselfest: Das Donauinselfest ist eine erfolgreiche Veranstaltung der SPÖ mit vielen Besuchern, vielen begeisterten Menschen. Es gibt eine Gastrono­menfibel für das Donauinselfest, und in dieser Fibel steht: „ACHTUNG!!! Jeder Ver­kaufsstand muss sämtliche unten angeführte Produkte aus dem Haus BAT (British American Tobacco) zum Verkauf anbieten und diese in ausreichender Menge lagernd haben.“ – Man sieht hier unten dann verschiedene Zigarettenpackungen, die dort ver­kauft werden müssen. „Davon ausgenommen sind Gastrooutlets im Bereich der Kin­derfreunde“ – wenigstens das ist sichergestellt. „Der Verkaufspreis aller Ta­bak-/Nikotinprodukte muss mindestens 10 % über dem handelsübli­chen Trafiksverkaufspreis liegen! empfohlener Preis € 6,-“ (Ah-Rufe bei der FPÖ.)

Wissen Sie, wenn Ihnen der Nichtraucherschutz ein echtes Anliegen ist, dann möchte ich Sie bitten, da noch eine Änderung durchzuführen und die Gastronomen nicht zu zwingen, Zigaretten zu verkaufen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kommen wir aber noch einmal zum Vorwurf, es gäbe eine Koalition zwischen SPÖ und FPÖ: Es gibt so eine Koalition auf Bundesebene nicht, und das zu behaupten wäre ein Teil eines nicht sauberen Wahlkampfs. (Zwischenruf des Abg. Nehammer.) Es gibt ein freies Spiel der Kräfte mit dem Willen aller Mandatare im Haus, keine unvernünftigen Beschlüsse zu fassen und Dinge zu beschließen, die im Budget nicht dargestellt wer­den können, die uns in den nächsten Jahren große Probleme bereiten. Das, was wir in


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Verhandlungen bereits im Budget abbilden konnten, können wir aber auch gemeinsam beschließen.

Eines möchte ich noch richtigstellen, weil hier vom Rednerpult aus wieder gesagt wor­den ist, die Koalition sei aufgrund eines Videos gescheitert, das dazu geführt hat, dass die Person, die im Video zu sehen war, zurückgetreten ist – beide Personen; der Vi­zekanzler ist zurückgetreten –: Es ging längst nicht um das Video, es ging um das In­nenministerium. Ich kann das nicht oft genug unterstreichen.

Es ging um die Frage: Wer führt das Innenministerium? Und als Grund wurde ange­führt: Es kann kein Freiheitlicher das Innenministerium führen, wenn möglicherweise gegen die FPÖ ermittelt wird. – Gegen den ehemaligen Innenminister wird nicht ermit­telt; es gibt diese Ermittlungen nicht. Was wäre aber, wenn jetzt zum Beispiel die Staatsanwaltschaft bei Vereinen aktiv werden würde, die die ÖVP betreffen? (Abg. Jarolim: Was ist mit dem Herrn Kloibmüller?) Könnte das passieren? Ich habe den Eindruck, so etwas ist in Vorbereitung. Was hätte man dann mit einem Innenminister der ÖVP gemacht? Hätte der dann auch gehen müssen? Oder wie war das unter Strasser? (Beifall bei der FPÖ.) Als Strasser seine bekannten Probleme bekommen hat, gab es einen schwarzen Innenminister und einen ÖVP-Justizminister.

Diese Argumentation war nicht nachvollziehbar. Die Koalition ist am Innenministerium gescheitert, meine sehr verehrten Damen und Herren, alles andere ist unwahr. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sagen betreffend Wahltermin, es sei eine falsche Entscheidung, am 29. September zu wählen, weil es einen zu langen Wahlkampf geben würde. – Es ist nur eine einzige Partei in den Wahlkampf gestartet, und das ist die ÖVP (Heiterkeit bei Abgeordneten von FPÖ und SPÖ), sonst noch niemand. Das ist die einzige Partei. (Beifall und Bra­vorufe bei der FPÖ.) Wir werden einen sehr kurzen Wahlkampf führen, einen sehr fai­ren Wahlkampf, im September, weil wir der festen Überzeugung sind, dass die meisten Österreicherinnen und Österreicher in der Urlaubszeit von Wahlkampf nichts hören wollen, sondern mit der Familie die Sommerzeit in Ruhe genießen wollen; daher haben wir den Termin Ende September ausgewählt, meine Damen und Herren.

Die ÖVP hat Koalitionen mit der SPÖ, mit der FPÖ, mit den Grünen, mit den NEOS, und ich finde, das ist in einer Demokratie in Ordnung. Ich glaube, man sollte jetzt auch nicht vor allen möglichen Koalitionen warnen. Man kann auch nicht sagen: Jede Koa­lition, bei der die ÖVP nicht dabei ist, ist schlecht. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Aus unserer Sicht schon!) Das wäre nicht im Sinne unserer Verfassung, würde ich einmal sagen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Höbart: Das wäre mal schön ...!)

Man muss natürlich ehrlich sagen, was Koalitionen bedeuten. Jeder hat gewusst, in ei­ner Koalition zwischen Türkis und der FPÖ wird das Regierungsprogramm mit den ein­zelnen Punkten abgearbeitet. Man muss auch sagen, was zum Beispiel eine Koalition der ÖVP mit den Grünen bedeuten würde, welche Inhalte dann vertreten werden – in der Zuwanderungspolitik, in der Asylpolitik, in der Frage der Belastungspolitik für Auto­fahrer; auch das muss man vorher ehrlich sagen –, oder eine Koalition mit den NEOS, die eine dankenswerterweise sehr liberale Weltanschauung haben, aber bei den Pen­sionen natürlich sagen: Der Staat kann sich die Pensionen in dieser Form nicht mehr leisten, das heißt, es muss Kürzungen geben! (Abg. Meinl-Reisinger: Was?! Entschul­digung?! Hallo?!) Man muss es nur vorher auch ehrlich sagen, was welche Koalition bedeutet, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bin daher der Meinung, der Weg hat nicht erst begonnen. Der Weg begann mit der Erarbeitung eines gemeinsamen Regierungsprogrammes. Dieses Programm war der Weg. Der Weg ist noch da, aber man marschiert jetzt offenbar in die entgegengesetzte


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Richtung, und noch dazu geht man ganz am linken Wegesrand. Das halte ich für einen Fehler.

Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, wünsche ich für die verantwortungsvolle Aufgabe alles Gute. Herr Vizekanzler, bewahren Sie sich Ihre Heiterkeit, es macht die Bürde des Am­tes auch tatsächlich leichter. Ich wünsche Ihnen und allen Mitgliedern der Bundesregie­rung alles Gute.

Eine Bitte habe ich an den Bundesminister für Landesverteidigung: die Frage der Schließung der Heeressicherheitsschule zu überdenken, weil ich glaube, dass man jungen Menschen damit eine Chance nimmt. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Dönmez.)

Uns allen, meine Damen und Herren, wünsche ich insgesamt mehr Inhalte und weni­ger Dramaturgie. Wir hatten davon in den letzten Wochen genug. – Besten Dank. (Bei­fall bei der FPÖ sowie des Abg. Dönmez.)

10.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Meinl-Reisin­ger. – Bitte schön.


10.07.59

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin! Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte tatsächlich mit einem gro­ßen Dank beginnen, denn ich glaube, es ist nicht selbstverständlich, in solchen Zei­ten – ich weiß nicht, wie lange Sie Zeit hatten, zu überlegen, manche von Ihnen mögli­cherweise nicht besonders lange – diesen Schritt zu machen und zu sagen: Ja, ich bin jetzt hier, ich übernehme Verantwortung in einer doch so schwierigen Zeit. – Daher aus meiner Sicht und, ich glaube, auch aus Sicht vieler Österreicherinnen und Österreicher einmal ein herzliches Dankeschön an Sie, werte Mitglieder der Bundesregierung. (Bei­fall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Natürlich auch Gratulation zu dieser sehr ehrenhaften Aufgabe! Ich muss ja eines sa­gen: Ich habe den Worten von Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, und von Ihnen, Herr Vize­kanzler, genau zugehört, und es ist sehr wohltuend, eine Regierungserklärung zu hö­ren, die sich wieder auf sehr viel Grundsätzliches betreffend unsere Demokratie und sehr viel Grundsätzliches betreffend unsere Verfassung besinnt und das in den Vorder­grund stellt. Ich glaube, dass es in einer solchen Zeit, die durchaus von Turbulenz und Unsicherheit geprägt ist, sehr wesentlich ist, auch für Verlässlichkeit zu sorgen und die Verantwortung zu übernehmen, darüber zu sprechen, was Demokratie, was Parlamen­tarismus und was unsere Verfassung ausmacht.

Ich glaube, es ist aus Sicht vieler Menschen gut, dass jetzt wieder Ruhe einkehrt. Es gab selten eine so turbulente Zeit in der österreichischen Innenpolitik. Ich habe heute einmal im Kalender nachschauen müssen, wann eigentlich dieses Video aufgetaucht ist, und habe festgestellt, es ist noch nicht einmal einen Monat her – wenn man sich das vorstellt, dass das noch nicht einmal einen Monat her ist, als auf einmal die ge­samte österreichische Innenpolitik kopfgestanden ist!

Für uns als Menschen, die in der Politik sind, die dauernd die Nachrichten verfolgen – auch noch auf Twitter und Facebook, möglicherweise zu viel –, war es schon sehr schwer, den Ereignissen tagtäglich nachzuhechten. Wie schwer muss es da eigentlich erst Menschen, die Politik nur am Rande miterleben, fallen, diesem ganzen Geschehen zu folgen? Ich glaube, dass es sehr, sehr wesentlich ist, dass jetzt wieder Ruhe ein­kehrt und dass Sie – und dieses Vertrauen habe ich, haben wir – die Geschicke unse­res Landes in diesen Monaten besonnen und mit ruhiger Hand führen, und zwar auch


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abseits der Parteipolitik. Es ist eine einmalige, einzigartige Chance in Österreich, dass wir eine Regierung haben, die das Versprechen abgegeben hat – auf das die Men­schen auch vertrauen können –, dass das abseits parteipolitischer Hickhackspielchen und Machtspielchen passieren wird, rein aus dem Gedanken der Verlässlichkeit und der Verantwortung unserem Land und den Österreicherinnen und Österreichern ge­genüber.

Ja, das ist Neuland. Es ist nicht nur verfassungsmäßig Neuland, dass wir hier eine Re­gierung haben, die nach einem Misstrauensantrag vom Bundespräsidenten angelobt wurde, es ist auch Neuland, eine Regierung zu haben, die von sich selber sagt: Wir werden unser Amt nicht dafür einsetzen, dass wir Parteipolitik machen.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich bin Ihnen sehr dankbar, denn in der Vergangenheit – gerade, aber nicht nur in den letzten Wochen und Monaten – haben wir sehr viel Tak­tiererei und Parteipolitik, sehr viele Machtspielchen, sehr viele Aktionen und Initiativen gesehen, die eigentlich immer nur ein Ziel verfolgt haben: den anderen schlechtzuma­chen, dem anderen eines auszuwischen oder sich selber einen Vorteil zu verschaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn die Bundesregierung, die Frau Bundes­kanzlerin und der Herr Vizekanzler, hier in ihrer Antrittsrede von der Verlässlichkeit und auch vom Bild der Politik sprechen, dann muss das auch für das Hohe Haus gelten; und ich muss schon sagen, meine Kollegen Klubobleute, dass ich einigermaßen ent­täuscht bin, welch kleinkariertes Hickhack Sie sich auch heute hier wieder gegeben ha­ben. Ich glaube, dass ein Tag wie dieser, der einer Regierungserklärung in einer sehr turbulenten Zeit gewidmet ist, nicht dazu da ist, dass man sich gegenseitig ausrichtet, was man eigentlich am anderen nicht mag, oder in einen Rosenkrieg verfällt. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Es ist ein Bild, das wir alle als Politikerinnen und Politiker abgeben, und wenn uns das Ibizavideo eines gezeigt hat, dann, dass wir nicht nur sagen: So sind wir Österreicher nicht!, sondern auch: So sind wir Politikerinnen und Politiker nicht! – Dazu braucht es jetzt vor allem eines: das Vertrauen der Menschen dahin gehend, dass wir alles daran­setzen, dass das nie wieder passiert; dass wir uns hier freiwillig Gesetzen der Transpa­renz und der Kontrolle unterwerfen; dass wir freiwillig mit klugen Gesetzen dafür Sorge tragen, dass wir als Politiker unsere eigene Macht beschränken und nicht ständig da­nach trachten, sie auszubauen. Das ist nämlich auch der Grundgedanke unserer Bun­desverfassung und einer liberalen Demokratie: Kontrolle, Transparenz und auch das Bekenntnis zur Beschränkung von Macht – und nicht permanent der Versuch, die ei­gene parteipolitische Macht auszubauen. (Beifall bei den NEOS.)

Verlässlichkeit und Vertrauen ist das, was die Menschen erwarten. Verlässlichkeit und Vertrauen heißt auch, dass es nicht um Macht und Taktik und um Machtspielchen geht, sondern um die Anliegen der Menschen. Es geht um Anstand und es geht um Zukunft. Das werden wir in den nächsten Monaten hier debattieren, und ich appelliere an Sie, dass Sie das mit Verantwortung und Vernunft tun.

Wir haben einen Pakt für Verantwortung vorgeschlagen, der eine Selbstverpflichtung beinhaltet, keine Beschlüsse zu fassen, die das Budget belasten. Jetzt kann man schon irgendwie herumtricksen und sagen: Na ja, das war ja schon irgendwie einbud­getiert, das kann man schon machen! – Ich sage nur: Öffnen Sie nicht die Büchse der Pandora! Sehr schnell hat ein Hochlizitieren begonnen und sehr schnell kostet das am Ende sehr viel Geld!

Ein Letztes noch: Verlässlichkeit! – Verlässlichkeit, und damit komme ich schon zum Schluss, heißt auch, dass alle Menschen sich darauf verlassen können, dass sie nach einem harten Arbeitsleben genügend Pension bekommen. Herr Kollege Hofer, es trifft mich sehr, dass Sie sich hier hinstellen und einfach falsch behaupten, uns NEOS wür-


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de es darum gehen, die Pensionen zu kürzen. Uns geht es darum, dass sich auch die Jungen darauf verlassen können müssen, dass sie, wenn sie ein Leben lang gearbeitet haben, auch noch ein sicheres Pensionssystem vorfinden. Ich finde es schade, dass Sie in der letzten Legislaturperiode nicht der Verantwortung nachgekommen sind, die­ses für die nächste Generation so wichtige Thema anzugehen. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

10.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klubob­mann Zinggl. – Bitte.


10.15.06

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Herr Präsident! Frau Bundeskanz­lerin! Werte Bundesregierung! Zuerst muss ein Missverständnis, das von der ÖVP lau­fend verbreitet wird, korrigiert werden: Das Volk wählt nicht die Bundesregierung (Abg. Wöginger: Das habe ich nicht gesagt!), und zwar weder theoretisch noch praktisch (Abg. Rosenkranz: Ist nicht allein die ÖVP, da gibt’s mehr!), vielmehr wählen die Bür­ger und Bürgerinnen ihre Vertretung ins Parlament, und wenn sich im Parlament eine Mehrheit findet, eine Regierung zu unterstützen, dann kann diese mit dieser Unterstüt­zung arbeiten.

Vor 20 Monaten haben wir gewählt, und es hat sich eine Mehrheit gefunden, die eine Regierung unterstützt hat, aber diese Mehrheit ist vor etwa einem Monat verloren ge­gangen, und das ist ein ganz normaler demokratischer Prozess. Das ist so in einer De­mokratie, und wer das grundsätzlich infrage stellt, stellt auch die Demokratie infrage.

Meine Damen und Herren, das Parlament kann aber natürlich auch etwas anderes: Es kann Gesetze beschließen. Gerade jetzt, in diesen Wochen, kommt das Parlament drauf, dass es auch Gesetze beschließen kann, die nicht von der Regierung diktiert werden, die nicht von irgendwelchen Lobbys und Geldgebern im Hintergrund vorgege­ben werden und bei denen keine Koalitionsvereinbarungen das freie Spiel der Kräfte binden. Das ist lebendiger Parlamentarismus, und wenn dieser als Casinoparlamenta­rismus bezeichnet wird und der Generalverdacht aufkommt, dass es sich dabei jedes Mal um Wahlzuckerln handelt (Abg. Winzig: Was denn?!), dann liegen die, die das behaupten, deutlich falsch. Wahlzuckerln können nämlich – das wurde in der Vergan­genheit oft bewiesen – auch von mehrheitsstabilen Regierungen vergeben werden. Es hat also nichts damit zu tun, welche Mehrheiten im Parlament gerade gegeben sind.

Vor allem aber können in diesen nächsten Wochen und Monaten Gesetze beschlossen werden, die gar kein Geld kosten, die die Steuerzahler und -zahlerinnen gar nicht be­lasten. Das sind beispielsweise Gesetze zum Tierschutz, und das sind vor allem Ge­setze zum Klimaschutz. Wir wissen, dass im Zusammenhang mit dem Klimaschutz die aktuellen Maßnahmen, so, wie sie jetzt vorliegen und von der alten Regierung vorge­geben wurden, nicht reichen, und wir wissen, dass die Zeit drängt und dass wir nicht warten können, bis eine neue Regierung vielleicht neue Klimaschutzziele beschließt – oder auch nicht. Es würde tatsächlich Schaden von Österreich abwenden, wenn wir uns bereitfinden, dahin gehend etwas zu unternehmen.

Wenn ich darauf verweise, dass die eine oder andere Großpartei jetzt plötzlich ihre Lie­be zum Klimaschutz entdeckt hat, dann kann ich nur sagen: Machen wir es! Beschlie­ßen wir die entsprechenden Maßnahmen sofort! Die Anträge liegen vor und die Zeit drängt. Es ist ja so, dass diese Maßnahmen nicht nur nichts kosten, sondern dem Staat sogar Geld ersparen. Das wären Wahlgeschenke, die, glaube ich, allen helfen würden.

Das muss aber – und das Plastiksackerl ist dafür wirklich ein bisschen zu wenig – jetzt gemacht werden, denn wenn man im Wahlkampf auf Plakaten vor irgendwelchen grü-


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nen Bergen und bunten Wiesen und mit Slogans wie: Wir für unsere Umwelt! Wählt SPÖ/FPÖ/ÖVP! – oder am besten alle gemeinsam –, argumentiert, dann ist das zu wenig. Dann haben wir die Zeit verpasst, ein Wahlzuckerl, das hilft, zu sparen, zum Nulltarif zu verwirklichen.

Genauso effektiv wäre die Gesetzgebung zur Parteienfinanzierung. Das ist ein Gebot der Stunde. Da haben alle Parteien Vorschläge eingebracht – wir wissen das –, aber nur eine Partei, eine Fraktion, nämlich wir, hat die beiden wichtigen, effizienten Geset­zesvorschläge drinnen: Das ist zum einen die Kontrolle durch den Rechnungshof und das sind zum anderen Strafzahlungen und Sanktionen bei Überschreitung der Wahl­kampfkosten. Es ist egal, wer das eingebracht hat, wir müssen es nur beschließen. Wenn ich aber in die Parteien reinhöre, dann höre ich, und das nicht einmal hinter vor­gehaltener Hand: Das machen wir sicher nicht! Wir lassen uns doch nicht in unsere Parteikassen schauen!

Das soll einmal eine Unternehmerin bei einer Steuerprüfung sagen. Ich glaube, dass das ein völlig falsches Argument ist. Warum lassen sich die Parteien nicht prüfen? Wel­chen Grund gibt es dafür?

Meiner Meinung nach gibt es eine Zeitrechnung vor und nach Ibiza, und die An­schauung: Jetzt erst recht!, ist die denkbar schlechteste Einstellung in der Zeit danach. Das bedeutet nämlich, dass justament alles so bleiben soll, wie es ist. Damit wäre jedoch diese einmalige Chance vorbei, und zwar für lange Zeit vorbei, die Chance, zu zeigen, dass wir nicht so sind, wie es in der internationalen Öffentlichkeit den Anschein hat. – Danke. (Beifall bei JETZT.)

10.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.


10.21.02

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Zuerst wünsche ich den Damen und Herren auf der Regierungsbank alles Gute und vor allem viel Erfolg bei der Ausübung der Regie­rungsverantwortung, aber auch die nötige Energie für die nächsten Monate. Wir wer­den Sie überall voll unterstützen, wo Sie die notwendigen Maßnahmen setzen, die gut und richtig für unser Österreich sind. Ein Danke an Sie, dass Sie diese verantwortungs­volle Aufgabe übernommen haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Politik ist aber natürlich auch dazu da, die unterschiedlichen Meinungen und Stand­punkte auszudrücken. Auch das Parlament ist dafür da, und deshalb werden wir alle auch nicht immer so ganz nett zueinander sein, sondern werden unsere Standpunkte mit der notwendigen Verve vertreten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verhehle nicht, dass ich der festen Über­zeugung bin, dass durch Rot und Blau, durch diesen Pakt zur Absetzung unseres er­folgreichen Bundeskanzlers und seines Teams Stillstand in unserem Land ausgerufen wurde. (Abg. Schimanek: Mein Gott na! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Rot und Blau haben mit der Absetzung der gewählten Bundesregierung gegen den Willen der Bevölkerung und gegen den Willen des Bundespräsidenten gehandelt, und das sind nun einmal die Fakten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich mache auch keinen Hehl daraus, dass ich als gelernter Demokrat und als ein Mensch, der immer etwas bewegen will, einer von der Bevölkerung gewählten Regie­rung den Vorzug gegenüber einer Übergangsregierung gebe, und das kann ich, glaube ich, auch ganz gut begründen (Abg. Jarolim: Bewegen Sie einmal den Kurz hierher!):


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Wir brauchen eine Regierung aus Politikern, die gestalten – wir haben in den letzten beiden Jahren ja eindrucksvoll bewiesen, dass wir das können –, wenn wir auch inter­national weiterhin gut bestehen wollen. Eine Übergangsregierung, die aus Beamten besteht, kann nur verwalten, wie Sie ja selbst gesagt haben – und das werden Sie in Ihrer Verantwortung sicher gut machen.

Wenn Sie mit offenen Augen und Ohren durch Österreich gehen, dann wissen Sie, dass die Österreicherinnen und Österreicher wollen, dass eine Regierung Maßnahmen setzt, die Impulse für das Land und die Menschen bringen. Das Ergebnis der EU-Wahl vom 26. Mai spricht eine klare Sprache und bestätigt diese Ansicht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Rahmen meiner Wahlkreistermine haben die Menschen ihr Unverständnis hinsicht­lich der Absetzung zum Ausdruck gebracht, denn sie verstehen nicht, dass wichtige Maßnahmen wie zum Beispiel die Steuerreform, durch die wir Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen entlasten wollten, jetzt aus parteipolitischem Kalkül nicht gesetzt werden. (Abg. Zanger: Das war ja euer Kalkül! Euer Kalkül war das!)

Schauen wir uns die internationalen Stimmen an: Das Standortranking des Schweizer Instituts IMD zeigt zum Beispiel, dass sich Österreichs Politik in ihrer Subwertung um vier Plätze verbessert hat. Begründet wird das mit den durchgeführten Reformen. Und auch die Ratingagentur Moody’s hat sich bereits in der Vorwoche zur Causa prima ge­äußert. Laut den Analysten wirkt sich das Ende der türkis-blauen Regierung negativ auf Österreichs Bonitätsausblick aus. Der Grund: Es besteht nun das Risiko, dass die fiskalpolitische Konsolidierung und die damit verbundenen positiven Reformen nicht mehr weitergeführt werden.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen als Wirtschaftssprecher meiner Partei – und Wirtschafter sind wir alle –: Wir brauchen stabile Verhältnisse und keinen standortpoli­tischen Stillstand – und jetzt wurden wir von SPÖ und FPÖ in diesen Stillstand hinein­geschoben. (Abg. Hauser: Den habt ihr aber über Jahrzehnte mit der SPÖ praktiziert!) Stillstand ist die schlechteste Variante für die Entwicklung unseres Österreich. (Abg. Hauser: Immer diese Fakes vom Pult aus!)

Ich sage noch einmal: Dieser rot-blaue Pakt zur Absetzung der Bundesregierung hat genau diesen Stillstand ausgerufen – und das finde ich verantwortungslos, meine Da­men und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Die einst so stolze SPÖ – und da komme ich zu Ihnen (in Richtung SPÖ) – hat nur aus Rachsucht und Zorn gehandelt, meine Damen und Herren (Zwischenrufe bei der SPÖ), nach dem Motto: Kanzler Kurz muss weg! (Abg. Leichtfried: Ja wo ist er denn jetzt?) Wer ein wenig Hausverstand hat, der weiß allerdings auch, dass Rachsucht und Zorn ganz schlechte Ratgeber sind. Sie von der SPÖ verharren aber mit atemberaubender Sicherheit in der Vergangenheit unter Ihrem Leitspruch: Zuerst die Partei und dann die Republik! (Beifall bei der ÖVP.) Sie haben bis heute nicht verstanden, dass man nicht die eigenen Funktionäre zuerst bedienen muss, sondern dass es um das Wohl der Bürgerinnen und Bürger in unserer Heimat geht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Plessl.)

Wir haben dank dem Fleiß der Österreicherinnen und Österreicher und den richtigen Maßnahmen dieser Bundesregierung unser Österreich auf einen sehr guten Weg gebracht: keine neuen Schulden, keine neuen Steuern und das erste Mal seit über 60 Jahren ein Nulldefizit. Passen wir auf, dass in den nächsten Monaten nicht durch populistische und durch Rachsucht und Zorn getriebene Anträge hier im Haus der ein­geschlagene gute und richtige Weg für Österreich verlassen wird! Die Österreicherin­nen und Österreicher haben es sich verdient, dass sie rasch wieder eine gewählte


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Bundesregierung bekommen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Jarolim: Das war die mit Abstand unseriöseste Rede des Tages! Eine Lüge nach der ande­ren! – Abg. Wöginger – in Richtung Abg. Jarolim –: Das kannst du leider nicht beurtei­len! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

10.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr stellvertretender Klub­obmann Leichtfried. – Bitte.


10.27.27

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­deskanzlerin! Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir sind in einer au­ßergewöhnlichen Situation – ich möchte allen recht geben, die das so behaupten, sie ist wirklich außergewöhnlich –; aber wir müssen schon hinterfragen, wie wir in diese Situation gekommen sind, und mit diesen ÖVP-Propagandamythen aufräumen, die ge­bracht werden, wenn es darum geht, warum wir jetzt da sind.

Ja, es gab dieses Video. Dieses Video hat gezeigt, wes Geistes Kind manche Politike­rinnen und Politiker sein mögen. Es gab aber auch den ÖVP-Obmann – der sich üb­rigens, und ich frage Sie, wie Sie damit umgehen, zu gut dafür ist, hier in diesem Haus zu arbeiten, geschätzte Damen und Herren –, es gab also auch den ÖVP-Obmann, der innerhalb von 17 Monaten zweimal eine Regierung an die Wand gefahren hat, der Dia­loglosigkeit zum Prinzip gemacht hat, der sich zu gut dafür war, für Vertrauen zu wer­ben, der versucht hat, mit 31 Prozent eine ÖVP-Alleinregierung einzurichten. Wer trägt also die Verantwortung dafür?, frage ich Sie. Wer trägt die Verantwortung für diese Neuwahlen? – Das waren Sie und Ihr Parteiobmann, geschätzte Damen und Herren von der ÖVP! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Es war eine Mehrheit der vom Volk gewählten Abgeordneten – vom Volk gewählt, Ver­treter des Volkes –, die darauf im Namen ihrer Wählerinnen und Wähler die richtige Antwort gegeben hat, nämlich dieser Alleinregierung – mit 31 Prozent – das Misstrauen auszusprechen. Das war die richtige Antwort auf das, was Sie gemacht haben, ge­schätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zanger.)

Und jetzt sind wir in einer neuen Phase, einer interessanten Phase. Ja, die Frau Bun­deskanzlerin hat in ihrer Rede zu Recht angemerkt: Dieses Haus hier, der österreichi­sche Nationalrat, ist das Zentrum der Demokratie in Österreich.

Und alle, die jetzt vor dieser Situation Angst haben, frage ich: Warum haben Sie Angst vor dieser Situation? Es ist doch das Schönste für Abgeordnete, frei für Ideen werben zu können, frei Kompromisse schließen zu können, freie Mehrheiten zu suchen. Das ist doch das Wesen des Parlamentarismus! Was gibt es denn für einen Grund, davor Angst zu haben? Wovor fürchten Sie sich? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren, auch der Wahltermin war solch ein Kompromiss: Die ÖVP wollte den 15. September, die Liste JETZT wollte einen späteren Termin – der Kompromiss ist der 29. September. Das ist das Wesen des Kompromisses, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Österreicherinnen und Österreicher erwarten sich allerdings aus gutem Grund nun nicht Stillstand, nicht Blockade – das gilt genauso für diese Übergangsphase –, sie er­warten sich sinnvolle Beschlüsse, von denen Österreich profitiert. Sie haben beispiels­weise in der Hand, was jetzt mit dem Rauchverbot passiert. Was ist damit, ÖVP? Gilt das Wort des Bundeskanzlers? – Das können Sie jetzt mit Ihrem Abstimmungsver­halten beweisen. Gilt das Wort des ÖVP-Parteiobmanns, dass Sie zustimmen? – Zei­gen Sie es heute! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)


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Geschätzte Damen und Herren! Genauso verhält es sich mit dem Wasser. Wasser ist ein Menschenrecht, und wir müssen alles dagegen tun, dass große Konzerne vom Trinkwasser in unserem Land profitieren und es den Österreicherinnen und Österrei­chern nicht mehr zur Verfügung steht. (Abg. Schimanek: Na, das glaube ich nicht, das glaube ich nicht, dass Wasser ein Menschenrecht ist! Ich glaube viel, aber das glaube ich nicht!) Warum verlangen wir diesen Privatisierungsstopp? – Wir verlangen ihn, weil Sie bereits damit angefangen haben. Was tun die Bundesforste unter Ihrer Verantwor­tung? – Sie beginnen bereits, Wasser zu verscherbeln, geschätzte Damen und Herren (Zwischenruf der Abg. Winzig), deshalb braucht es diesen Privatisierungsstopp für Trinkwasser. (Beifall bei der SPÖ.)

Genauso wichtig ist es aber, dass Menschen in Österreich wieder zu guten Bedin­gungen wohnen können, dass Wohnen wieder leistbar ist. Jeder hat das Recht auf leistbares Wohnen. In der Zeit Ihrer Regierung, in der Zeit der ÖVP-FPÖ-Koalition, in den letzten 17 Monaten, sind gerade die Mieten enorm gestiegen. (Abg. Rosenkranz: Vor allem in Wien!) Da braucht es auch Mut und Verantwortung, diese Situation zu ei­nem Besseren zu wenden. Nützen wir diese Zeit, damit Menschen wieder vernünftig, zu guten Preisen, in guter Qualität wohnen können – egal ob auf dem Land oder in der Stadt! Geschätzte Damen und Herren, auch das ist etwas, was wir jetzt in Angriff neh­men können, wo es diese Mehrheiten gibt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Geschätzte Damen und Herren! Es geht auch um die 3,6 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land, die in den letzten 17 Monaten in Ihrer politischen Umset­zung keinerlei Gewicht gehabt haben. (Abg. Winzig: Bei der Entlastung der Einkom­men, Familienbonus! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es wird Zeit, dass wieder für jene Menschen, die in der Früh aufstehen und hart arbeiten, Politik gemacht wird (Beifall und Zwischenrufe bei der ÖVP) – und nicht für die, die ihr Geld für sich arbeiten lassen (Zwischenruf des Abg. Gerstl), wie Sie das in den letzten 17 Monaten gemacht haben, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der Österreichischen Volkspartei! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strasser: Das haben Sie aus unserem Parteiprogramm! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Wir befinden uns in einer außergewöhnlichen Phase des Parlamentarismus in Österreich. Wir sind in einer Phase, in der es Chancen und Möglichkeiten gibt, das Leben der Menschen zu verbessern. Wir sind in einer Zeit, in der wir hier im Hohen Haus hart dafür arbeiten können. Das bedarf aber zweierlei: Das bedarf Verantwortungsbewusstseins und das bedarf Muts – und das wünsche ich die­sem Hohen Haus für die nächsten Monate. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf bei der ÖVP.)

10.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klubob­mann Rosenkranz. – Bitte.


10.34.04

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundeskanzlerin! Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Ein bisschen Wahl­kampf haben wir schon bemerkt. Kollege Wöginger hat vorhin gemeint, Blau-Rot stehe ja schon vor der Tür. – Lieber Gust Wöginger – du wirst es sicherlich hören –, Blau-Rot ist in einer Kombination wirklich unübertroffen, nämlich dann, wenn man in Österreich blaue Trauben presst und roter Wein in einer exzellenten Qualität herauskommt; aber darüber hinaus lässt es sich durchaus diskutieren, vor allem wenn man die klassen­kämpferischen Töne von Herrn Kollegen Leichtfried gerade eben gehört hat. (Abg. Leichtfried: Danke für das Kompliment!)

Es geht nicht darum, Unternehmer und Arbeitnehmer auseinanderzudividieren, son­dern hier auf Gemeinsamkeit zu drängen.


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Da Kollege Haubner – ich sehe auch ihn jetzt gerade nicht hier im Saal – erwähnt hat, was diese Bundesregierung alles geschafft hat, möchte ich nur an eines erinnern: Es ist nicht diese Bundesregierung, die heute hier sitzt und sich erklärt, sondern es war die türkis-blaue Bundesregierung mit Kanzler Kurz an der Spitze. Jetzt sagt dieser, er sei eigentlich ein Opfer. Er wird also in den kommenden Monaten als Opfer durch das Land ziehen. (Abg. Leichtfried: Euer Opfer!) Er verweigert sich sogar dieser Debatte, indem er sein Nationalratsmandat nicht angenommen hat, obwohl er an sich von den Österreicherinnen und Österreichern – die ihn gewählt haben – gewählt wurde.

Gust Wöginger hat eines gesagt: Er hat mit einer SPÖ-Anhängerin, einer Eisenbah­nerwitwe, gesprochen, und die wählt jetzt Kurz. (Abg. Höfinger: Das hat er nicht ge­sagt! – Rufe bei der ÖVP: Hat er nicht gesagt!) – Entschuldigung! Ich kann es anhand meines eigenen Beispiels konkretisieren: Ich habe in den letzten Tagen mit sehr vielen aus der ÖVP gesprochen, die gesagt haben, sie werden jetzt nicht mehr ÖVP wählen. (Beifall bei der FPÖ.)

Schließlich haben sie nämlich eines gelesen: den Kommentar eines Doyens des Jour­nalismus im Bereich der österreichischen Innenpolitik – Hans Winkler von der „Kleinen Zeitung“. Hans Winkler steht bei Gott nicht im Verdacht, ein Anhänger der Freiheitli­chen zu sein, er ist ein Konservativer. (Zwischenruf des Abg. Höfinger.) Nur ein ganz kurzes Zitat: „Sebastian Kurz hat nicht die Nerven, die Weitsicht und nicht die richtigen Berater gehabt, um die Koalition mit der FPÖ weiterzuführen.“ – Ich glaube, das stimmt auch.

Ich glaube, Sebastian Kurz wollte diese Koalition tatsächlich weiterführen, weil sie, so wie es Kollege Haubner geschildert hat, einfach so viel Gutes, Richtiges und Wichtiges für dieses Land weitergebracht hat – und das sollte nicht aufs Spiel gesetzt werden. Ich glaube, er war bis zu einem gewissen Grad auch Getriebener von ÖVP-Funktionären und sogenannten Granden – wahrscheinlich vor allem aus dem Westen unserer schö­nen Republik –, die einfach diese Koalition mit der FPÖ grundsätzlich nicht wollten und daher gesagt haben: Versuch jetzt, einen Keil hineinzutreiben, damit es vielleicht so ähnlich funktioniert wie bei Schüssel und die FPÖ zerstört wird! Das ist aber nicht ge­lungen und wird dank der umsichtigen Führung unseres Norbert Hofer, der uns auch in die Nationalratswahl führen wird, auch nicht gelingen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu dieser Bundesregierung – und damit meine ich jetzt die geschätzten Mitglieder der Bundesregierung, die heute hier vor dem Hohen Haus sitzen und auch Stellungnah­men und Erklärungen abgeben –: Es ist sehr viel gesprochen worden von Respekt, Menschlichkeit und der hohen Expertise, die einerseits von Höchstrichtern und auch vom höchsten – unter Anführungszeichen – „Anwalt“ der Republik, ich denke dabei an Präsident Peschorn, und andererseits von Staatsdienerinnen und Staatsdienern im besten Sinn des Wortes aus den Ministerien, die einfach das politische Leben, den politischen Alltag kennen, eingebracht wird. Das war auch ein Prozess, den der Herr Bundespräsident eingeleitet hat – und nicht so, wie es Sebastian Kurz gemacht hat, der seine ÖVP-Alleinregierung einfach dem Parlament hingeworfen und gesagt hat: Hier habt ihr jetzt meine Minister!, noch dazu mit diesen Signalen; die Medien haben gemeint – das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen –, ein aus der SPÖ ausgetretener Sektionschef ist ein Zeichen für die SPÖ, diese Regierung zu un­terstützen. Diesen Gedankensprung muss man einmal schaffen.

Es gibt daher heute diese Regierung, und es wurde bereits sehr viel vom Geist der Verfassung gesprochen. Wir können wirklich glücklich sein über das, was Hans Kelsen 1920 erwirkt hat, beziehungsweise über die Funktion des Bundespräsidenten, die so erst 1929 in unsere Verfassung aufgenommen wurde. Damals war der Kanzler der dem Dritten Lager zugehörige Johannes Schober – es war übrigens auch eine Koali­tion zwischen dem Dritten Lager und den Christlichsozialen, die bewegt hat, dass Ös-


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terreich ein derart sicherer Verfassungsrechtsstaat ist. Alle Unkenrufe, dass die Demo­kratie in Österreich gefährdet sein soll, zerplatzen meiner Meinung nach auch mit die­ser Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.)

Wohin eine Reise mit dem Kabinett Kurz II gegangen wäre, das hat man bereits im In­nenministerium gesehen. Eine der ersten Maßnahmen war ja, dass diese 1,50-Euro-Verordnung betreffend die Bezahlung für Asylwerber im öffentlichen Bereich sofort wie­der gekippt wurde. Liebe Österreicherinnen und Österreicher, seien Sie wachsam, was da passiert! Es war der Kurs der FPÖ, der sichergestellt hat, dass unkontrollierte Mas­senzuwanderung in diesem Land entgegen dem allgemeinen EU-Trend hintangehalten wurde. Wenn Sie das weiterhin wollen, dann wissen Sie hoffentlich, wen Sie zu wählen haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Mein Vorredner aus meiner Fraktion, Klubobmann Hofer, hat ja bereits gemeint, er hät­te gerne, dass der Verteidigungsminister, was die Sicherheitsschule in Wiener Neu­stadt betrifft, über seine Entscheidung nachdenkt. Ich habe hier eine kleine Denkhilfe vorbereitet, nämlich einen Antrag, einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Bösch, Hammer, Rosenkranz, Stocker und weiterer Abgeordneter betreffend „Erhalt der Si­cherheitsschule Wiener Neustadt“. Das, was da passiert, ist ein Eingriff in ein Regie­rungsprogramm, wobei diese Bundesregierung gesagt hat, es solle eben nicht Politik gemacht werden.

Es war ein Projekt der vergangenen Bundesregierung, stand im Regierungsüberein­kommen, ein Übereinkommen zwischen dem Landesverteidigungs- und dem Bildungs­ressort betreffend einen Schultyp, für ein differenziertes Schulwesen. Gerade im Be­reich der berufsbildenden höheren Schulen sind wir in Österreich Weltmeister. Hiermit wurde ein Schultyp geschaffen, und dieser wird jetzt auf einmal – obwohl budgetär ausfinanziert – einfach gestrichen. Das ist eine große Ungerechtigkeit für rund 50 – ich glaube, es sind insgesamt 53 – Schüler, die dort angemeldet sind, die sich im Vertrau­en auf die Anmeldung und darauf, dass diese bewilligt wurde, auf eine Schullaufbahn freuten – was jetzt mit einem Streich wegradiert wird. Ein selbstbewusstes Parlament, wie es auch schon angesprochen wurde, hat da mit einem Entschließungsantrag vor­zugehen.

Ich darf daher den Antrag auch zum Vortrag bringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Mag. Michael Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt der Sicherheitsschule Wiener Neustadt“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass, die Sicherheitsschule in Wiener Neustadt, wie von der Bundesregierung 2018 beschlossen, erhalten bleibt und im Herbst 2019 mit zwei Klassen den Betrieb plange­mäß aufnehmen kann.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Diese Korrekturen wird dieses selbstbewusste Parlament – und ich freue mich, dass hier sehr viele Gesetzesinitiativen einlangen – vornehmen. Bis zur nächsten Wahl be­ziehungsweise bis zur Ernennung einer neuen Bundesregierung wird in Österreich noch viel weitergehen, weil wir es den Bürgern schuldig sind. (Beifall bei der FPÖ.)

10.42


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 50

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Bösch, Mag. Hammer, Dr. Rosenkranz, Dr. Stocker und weiterer Abgeordneter

betreffend Erhalt der Sicherheitsschule Wiener Neustadt

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1, Erklärungen der Bundeskanzlerin und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich des Amtsantrittes der neuen Bundesregierung, in der 80. Sit­zung des Nationalrates, XXVI. GP, am 12. Juni 2019

Das Regierungsprogramm 2017 bis 2022 sieht unter anderem den Erhalt des Militär-realgymnasiums und eine Ausbildungskooperation mit der Polizei vor. Um den Er-halt des Schulbetriebs des Militärrealgymnasiums in Wiener Neustadt sicherzustellen, wur­de von der Bundesregierung das Ziel gesetzt, fundierte Ausbildungszweige für den Si­cherheitssektor zu schaffen. Es wird die Etablierung eines neuen Berufs-zweiges für Sicherheitsdienstleister angestrebt.

In Umsetzung dazu wurde zwischen dem Bundesministerium für Landesverteidigung und dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Novem­ber 2018 ein diesbezügliches Verwaltungsübereinkommen abgeschlossen. Beginnend mit dem Schuljahr 2019/20 sollte eine Bundeshandelsakademie für Führung und Si­cherheit ihren Betrieb aufnehmen. Der Schulbetrieb soll ab dem Schuljahr 2019/20 zu­mindest mit zwei Parallelklassen mit 50 Schülern sichergestellt werden.

Die Führung dieser Schule im Zusammenwirken vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung am Standort Wiener Neustadt hat als Zielsetzung die Schaffung fundierter Ausbildungs­zweige für den Sicherheitssektor. Damit soll eine weitere Professionalisierung dieses Berufszweiges erreicht werden und der Erhöhung der Sicherheit der Bevölkerung die­nen. Der Schulbetrieb ist in den ersten Jahren auch ohne Neubau, die Daun-Kaserne wäre als Standort geeignet, und ohne größere Kosten zu bewältigen.

Dieses neue in Österreich einzigartige Bildungsprojekt integriert Sicherheit und Füh­rung in den Lehrplan um rechtzeitig Experten auszubilden, die es in unserer Zeit mit den neuen hybriden Bedrohungen braucht.

Ein „Aus“ für die Sicherheitsschule ist ein nachhaltiger Schaden für die Schüler, für Ös­terreich und für das Bundesheer.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass, die Sicherheitsschule in Wiener Neustadt, wie von der Bundesregierung 2018 beschlossen, erhalten bleibt und im Herbst 2019 mit zwei Klassen den Betrieb plange­mäß aufnehmen kann.“

*****



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Griss. – Bitte.


10.42.47

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundeskanzlerin! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren Regierungsmitglieder! Meine Damen und Her­ren! Heute war schon viel von Vertrauen die Rede – Sie, Frau Bundeskanzlerin, haben das ganz ausdrücklich angesprochen – und auch von Verlässlichkeit. Das ist auch kein Wunder, denn Verlässlichkeit und Vertrauen in die Regierung, in die gesetzgebende Körperschaft, in die Verwaltung, das sind die Grundvoraussetzungen dafür, dass es ein friedliches Zusammenleben in einem Staat gibt.

Das Erfordernis des Vertrauens gilt ganz besonders für einen Bereich: Das ist die Ge­richtsbarkeit. Sie können sich vorstellen, dass ich mich natürlich besonders freue, dass damit, dass Sie beide (in Richtung Bundeskanzlerin Bierlein und Vizekanzler Jabloner) gefragt wurden, ein Amt in dieser Übergangsregierung zu übernehmen, auch Vertrau­en gegenüber der Gerichtsbarkeit ausgesprochen wurde, denn dieses Vertrauen ist wesentlich, ist essenziell.

Das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit ist aber etwas Spezielles: Es unterscheidet sich vom Vertrauen in die Regierung, es unterscheidet sich vom Vertrauen in die Verwal­tung. Für die Gerichtsbarkeit gilt, was in englischen Entscheidungen das erste Mal aus­gesprochen wurde: Not only must justice be done; it must also be seen to be done. – Es genügt nicht, dass Gerechtigkeit hergestellt wird, die Gerechtigkeit muss auch sicht­bar sein. Das heißt, für die Gerichte ist es notwendig, dass nicht der Anschein einer un­sachlichen Einflussnahme besteht, dass der Eindruck besteht, dass Gerichte tatsäch­lich unabhängig sind, dass Richter unbestechlich sind, dass Richter unbefangen sind.

In Österreich ist auch die Staatsanwaltschaft Teil der Gerichtsbarkeit. Wenn man die Staatsanwaltschaft miteinbezieht, dann sind drei Erfordernisse für dieses Vertrauen in die Gerichtsbarkeit ganz besonders von Bedeutung: Das erste ist die institutionelle Un­abhängigkeit; das zweite ist eine ausreichende finanzielle Ausstattung; und das dritte – das betrifft nicht nur die Staatsanwaltschaft – ist eine Auswahl der Richterinnen, der Staatsanwälte allein nach objektiven, nach sachlichen Kriterien, ohne den Verdacht, dass es hier parteipolitischen Einfluss gibt.

Zur institutionellen Unabhängigkeit: Wir haben da eine ganz große Baustelle – und das ist die Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft ist nach wie vor einem Regierungs­mitglied, dem Justizminister, als Weisungsspitze unterstellt. Das widerspricht nicht nur der Gewaltentrennung, das erweckt auch den Anschein, als sei es möglich, dass Re­gierungsmitglieder Einfluss nehmen, die Regierung Einfluss nimmt. Daher ist es not­wendig, die Staatsanwaltschaft herauszulösen. Im Nationalrat liegt ein Antrag auf Ein­setzung eines Bundesstaatsanwalts vor. Wir haben einen Fristsetzungsantrag dazu eingebracht, dass das tatsächlich umgesetzt wird.

Eine zweite Baustelle möchte ich noch erwähnen, sie betrifft die Personalauswahl: Es gibt einen Bereich in der ordentlichen Gerichtsbarkeit, in dem es keinen Beschluss des Personalsenats geben muss, damit jemand für eine Position ernannt wird, das sind der Präsident des Obersten Gerichtshofes und die Vizepräsidenten. Auch da ist etwas zu tun.

Mein Appell an Sie, Herr Justizminister, der Sie ja die Situation hervorragend kennen, aber auch an Sie alle, ist, da etwas zu tun! Wir sind nämlich in der historisch einma­ligen Situation, dass keine Partei davon ausgehen kann, sie werde mit Sicherheit in der nächsten Regierung den Justizminister stellen. Da ist es vielleicht besser, es ist eine unabhängige Persönlichkeit an der Spitze der Staatsanwaltschaft. Man weiß ja nie, ob


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 52

man es einmal mit ihr zu tun bekommt. In diesem Sinne hoffe ich, dass zugestimmt wird. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

10.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.


10.47.25

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ja, wir schreiben dieser Tage Geschichte: Zum ersten Mal erklärt sich eine Bundeskanzlerin diesem Parlament. Zum ersten Mal besteht auch eine Regierung zu gleichen Teilen aus Männern und aus Frauen. (Ruf bei der ÖVP: Nein! Falsch!) Zum ersten Mal in der Geschichte kann man auch von einer echten Trennung der Staatsgewalten sprechen, so, wie es in unserer Verfassung auch vorgesehen ist, denn diese Regierung kann frei und unabhängig von parteipolitischen Zwängen und frei und unabhängig von wahltaktischen Überlegungen agieren.

Das ist wichtig. Das ist deshalb wichtig, weil wir gesehen haben, wohin uns Parteiregie­rungen führen, weil wir gesehen haben, wie Parteiregierungen den Staat und unser Steu­ergeld wie ihr Eigentum behandeln (Abg. Zarits: Was ist das für eine Rede? – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), wie sie auf der einen Seite versuchen, beliebig Steuergeld und Staatsmacht an russische Oligarchen zu verscherbeln, und auf der anderen Seite durch türkise Wahlversprechen die Parteispender bedient werden, die im Wahlkampf kräftig in den Parteiapparat hineinfinanziert haben.

Genauso wichtig ist es übrigens, dass der Regierung eine effektive Kontrolle in Form eines Parlaments aus demokratisch gewählten VolksvertreterInnen gegenübersteht, die genau diese Regierung auch kontrollieren können. Genau so ein demokratisch ge­wähltes Parlament sehe ich hier vor mir: Ja, wir sind da, und ja, wir sind handlungsfä­hig, nämlich mehr als je zuvor – jetzt erst recht, meine Damen und Herren!

Mein Appell richtet sich an die Kolleginnen und Kollegen von SPÖ und ÖVP, natürlich auch an die Kollegen von den Freiheitlichen: Seien Sie doch froh, dass Sie den schwarz-türkisen Knebel losgeworden sind! Seien Sie doch froh, dass Sie Ihre Ideen endlich ohne Bevormundung und ohne Knebel umsetzen können, dass wir gemeinsam im freien Spiel der Kräfte Entscheidungen treffen können, die wichtiger sind, die dem Wohl der Bevölkerung weit mehr dienen und hinter denen die Bevölkerung weit mehr stehen kann, als dies bei irgendeinem Fünfjahresplan auch nur irgendwie ansatzweise der Fall sein könnte!

Ich bin sicher, wir finden diese Mehrheiten. Es wurden heute bereits eine Reihe von Anträgen eingebracht, und wir werden auch eine Reihe von Anträgen einbringen. (Abg. Zarits: Die letzten!) Es werden wechselnde Mehrheiten sein, es wird ein freies Spiel der Kräfte sein, aber es wird schlussendlich die Bevölkerung sein, die profitieren wird. Die Krise, die hier vonseiten der ÖVP und aus dem Kampagnenbüro von Sebastian Kurz großgeredet und hochgeschrieben wird, ist keine Krise. Nein, es ist eine gewalti­ge Chance, dass dieses Parlament mit Leben erfüllt wird und dass wir Entscheidungen im Sinne der Bevölkerung treffen können. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Lausch.)

Wir werden nicht zulassen, dass diese amtierende Bundesregierung als Übergangsre­gierung mit Sesselwärmerfunktion dargestellt und abgestempelt wird. Nein, wir werden das nicht zulassen! (Zwischenrufe der Abgeordneten Gerstl und Steinacker.) Dieses Parlament darf die Stunde der Wahrheit nicht irgendwie im Dämmerschlaf verbringen und die Zeit bis zur Wahl nur irgendwie rüberbringen. Nein, dieses Parlament muss ge­nau diese Monate nützen! Wir sind gewählt worden, und wir haben die Möglichkeiten, im Sinne der Bevölkerung Entscheidungen zu treffen.


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Da draußen gibt es zig Probleme, Sie hätten sich sonst kein Koalitionsabkommen ge­geben, es würden sonst nicht tagtäglich Probleme aufgezeigt. Es gibt Probleme: Es gibt noch immer Hunderttausende Menschen, die in Armut leben. Das Pflegesystem ist wirklich an der Grenze, Menschen können sich keine Betreuung mehr leisten. Die Ar­beitsbedingungen sind miserabel. Warum sollen diese Probleme bis zum nächsten Wahltermin aufgeschoben werden? Ich sehe es nicht ein, und die Menschen da drau­ßen sehen es auch nicht ein. (Zwischenrufe der Abgeordneten Fürlinger, Steinacker und Winzig.)

Sich dann auf der anderen Seite noch – wie Kollege Nehammer im Fernsehen in einer Diskussionsrunde meinte – per Verfassungsgesetz selbst aufzuerlegen, sich als Parla­ment zu entmachten, das entbehrt jedweder Grundlage, und das werden wir in keiner Weise mittragen. Wir werden deshalb heute eine Reihe von Anträgen einbringen und bitten natürlich die Fraktionen – je nachdem, ob das ihren Programmen entspricht, ob das ihrem Idealismus, ihrer Vorstellung von einer Gesellschaft entspricht –, diese auch mitzutragen.

Wie ich schon angesprochen habe: Beenden wir endlich die schleichende Entwertung des Pflegegeldes! Die Leute da draußen haben nicht mehr die Möglichkeit, sich mit dem Pflegegeld, das sie zur Verfügung haben, überhaupt die nötige Pflege zu leisten. Beenden wir die schleichende Entwertung in allen Pflegestufen!

Setzen wir endlich die versprochene Unterhaltssicherung um! Wenn hier so ein Trubel ist: Ja, ich mag Ihnen mit dieser Idee schon auf die Nerven gehen, aber das war das Wahlversprechen aller Fraktionen in diesem Haus. Setzen wir eine Unterhaltssiche­rung um, die dafür sorgt, dass keine Kinder mehr in Armut leben müssen! Das können wir hier herinnen tun, wir müssen es nur endlich erledigen und dafürstimmen.

Schreiben wir soziale Gerechtigkeit in unserer Verfassung als Ziel fest! Neuseeland hat es als eines der ersten Länder vorgemacht und erntet dafür international Anerkennung. Warum schaffen wir so etwas nicht?

Schauen wir, dass wir in einem Bereich, der in diesem Land immer sehr kleingehalten worden ist, nämlich beim Tierschutz und bei der Frage, wie wir mit unseren Nutztieren umgehen, endlich Verbesserungen schaffen! Ich habe dazu ebenfalls drei Anträge ein­gebracht und hoffe da auf Unterstützung, nämlich: Beenden wir endlich die Kastration von Ferkeln ohne Betäubung! Schauen wir, dass das millionenfache Schreddern und Vergasen von frischgeschlüpften männlichen Küken – einfach, weil deren Aufzucht nicht gewinnbringend ist – sofort abgestellt wird! Und der dritte große Punkt: Es muss endlich Schluss sein mit Vollspaltenböden in der Agrarindustrie, in der Schweinemast, das ist Tierqual!

Wir hier herinnen haben die Chancen, etwas zu tun. Ihr seid alle gewählt und ich bin ge­wählt, also nützen wir diese Chance bis zur Wahl und setzen wir das auch entsprechend um! – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT sowie der Abgeordneten Jarolim und Dönmez.)

10.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Minister Starlinger. – Bitte.


10.54.14

Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Thomas Starlinger: Geschätzter Herr Nationalratspräsident! Geschätzte Damen und Herren! Zum Thema Sicherheitsschule gibt es bereits eine Einladung an alle Wehrsprecher für diesen Freitag, da können wir uns gerne mit allen damit verbundenen Implikationen auseinandersetzen.

Eines darf ich aber schon vorwegnehmen: dass durch diese Maßnahme, die in Verbin­dung mit dem sehr besorgniserregenden Zustand des österreichischen Bundesheeres


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und einer dadurch gefährdeten zukünftigen Gewährleistung der Sicherheit der österrei­chischen Bevölkerung sowie dem sparsamen Umgang mit Steuergeldern steht, den betroffenen Kindern in keiner Art und Weise ein Berufswunsch verwehrt wird und ent­sprechende Schulplätze bereits sichergestellt sind. – Danke.

10.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Minister für Inneres, Herr Dr. Wolfgang Peschorn. – Bitte.


10.55.29

Bundesminister für Inneres Dr. Wolfgang Peschorn: Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen in der Bundesregierung! Sehr geehrte Abge­ordnete des Nationalrates! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist mir heute eine äu­ßerst große Ehre, hier vor Ihnen als Bundesminister für Inneres sprechen zu dürfen. Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich insbesondere Herrn Bundespräsidenten Dr. Van der Bellen und Frau Bundeskanzlerin Dr. Bierlein für das in mich gesetzte Ver­trauen danken.

Ich bin mir der großen Verantwortung bewusst, die dieses Amt mit sich bringt. Mit Ihrem Vertrauen, sehr geehrte Damen und Herren, werde ich mich nach besten Kräften um eine saubere und korrekte Vollziehung der Gesetze bemühen. Für die Bewältigung dieser Aufgaben werde ich insbesondere auf meine bisherigen Erfahrungen als Leiter der Finanzprokuratur, wo ich nun für die Zeit meiner Ministerschaft meine loyalen Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter alleine lassen muss, zurückgreifen.

Ich habe diese Funktion in den letzten 13 Jahren ausgeübt und bin seit 29 Jahren als Anwalt der Republik Österreich der Rechtsstaatlichkeit und den Interessen der Bürge­rinnen und Bürger dieses Landes verpflichtet. 2008 stand ich mit meinem Team an der Spitze derjenigen, die in der Republik Österreich die Finanzmarktkrise zu bewältigen hatten und auch tatsächlich die existenziellen Gefahren, die mit dieser verbunden wa­ren, von Österreich abwenden konnten.

Nur ein Bruchteil der Tätigkeiten der Finanzprokuratur ist in den letzten Jahren öffent­lich bekannt geworden. Trotzdem hat sich klar gezeigt, dass unsere Empfehlungen im­mer fachlich und sachlich fundiert waren und durch diese Schaden von der Republik Österreich abgewendet werden konnte.

So will ich es auch in meiner nunmehrigen Funktion halten. Entscheidungen oberster Organe haben auf fachlich fundierter Grundlage zu basieren und müssen sachlich für jedermann nachvollziehbar sein. Das ist nicht nur verfassungsrechtlich geboten, son­dern das können sich die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes zu Recht gerade von einem Innenminister erwarten.

Als Bundesminister bin ich Vollzugsorgan. Ich sehe es als meine vordringlichste Auf­gabe an, sicherzustellen, dass in meinem Wirkungsbereich alle Geschäfte in hoher Qualität besorgt werden. Nach Artikel 18 des Bundes-Verfassungsgesetzes hat die ge­samte staatliche Verwaltung auf Grundlage der Gesetze zu erfolgen. Diese verfas­sungsrechtliche Anordnung bildet den Kern des Rechtsstaates Österreich. Zwischen Verwalten und Gestalten besteht meines Erachtens kein Widerspruch. Verwalten ist das Gestalten im Rahmen der Gesetze. Rechtsstaatlichkeit ist ein hohes Gut. Es ist die Errungenschaft unseres Landes nach den Schrecken des 20. Jahrhunderts. Diese Errungenschaft muss nicht nur in alle Richtungen verteidigt werden, sondern ist auch durch den täglichen Vollzug sicherzustellen. Auf dieser Grundlage gibt es viel zu tun, denn der Staat und seine Institutionen haben sich als Rechtsstaat zu beweisen, zumal dieser Garant für die Grundfreiheiten eines jeden Einzelnen ist. Der große österreichi-


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sche Psychoanalytiker Viktor Frankl formulierte zu Recht: „Freiheit droht in Willkür aus­zuarten, wofern sie nicht in Verantwortlichkeit gelebt wird.“

Bei der Bewältigung meiner Aufgaben werde ich auf meine Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter vertrauen. Der Treuepflicht des Arbeitnehmers steht die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber. Wer seine Aufgaben gewissenhaft erfüllt, kann auf meine vol­le Unterstützung vertrauen, denn ein funktionierendes und gerechtes Gemeinwohl er­fordert mehr denn je loyale Staatsdiener.

Ich durfte in meiner bisherigen beruflichen Tätigkeit viele loyale Beamte und Vertrags­bedienstete in allen Bereichen – vom Burgenland bis Vorarlberg – kennen- und schät­zen lernen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Österreich gilt im weltweiten Vergleich als sicheres Land. Das ist nicht selbstverständlich. Das haben wir vor allem der unermüdlichen Ar­beit der über 29 500 Polizistinnen und Polizisten und der 6 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung meines Ressorts zu verdanken. Der Bogen der Aufgaben des Bundesministeriums für Inneres ist weit und reicht von der Polizei, der Sicher­heitsverwaltung, dem Thema Asyl und Migration über den Zivilschutz, das Staatsbür­gerschaftswesen und die bundesweiten Wahlen bis hin zum Zivildienst.

Meinem Amtsverständnis nach ist es jetzt meine Aufgabe, die Rahmenbedingungen mitzugestalten, dass unsere Republik auch weiterhin zu den sichersten Ländern welt­weit zu zählen ist. Ich habe mich daher umgehend darangemacht, mir einen Überblick über mein Ressort und die anstehenden Herausforderungen zu verschaffen, um auf dieser Grundlage anschließend fachlich fundiert zu entscheiden, wie die Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter ihre gesetzlichen Aufgaben im Interesse des Staates bestmöglich erfüllen können. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Als Bundesminister für Inneres kommt mir die besondere Aufgabe zu, gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ressorts für die Sicherheit der österreichi­schen Bevölkerung zu sorgen. Meine Aufgaben erfordern natürlich aber auch Hand­lungen auf EU-Ebene, da Fragen wie Sicherheit oder Migration nicht mehr alleine na­tional bewältigt werden können. Es steht eine Vielzahl an Themen an, die in den nächsten Monaten sorgfältig vorangebracht werden müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nach Artikel 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes geht das Recht vom Volk aus. In diesem Sinne sehe ich daher meine Aufgabe als Bun­desminister für Inneres in der Umsetzung der von Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, als Volksrepräsentanten beschlossenen Gesetze, unter Sicherstellung ei­nes gesetzmäßigen und verantwortungsvollen Vollzugs. Das entspricht der unseren Staat tragenden Gewaltenteilung, deren Funktionieren gerade auch einen Dialog zwi­schen der Legislative und der Exekutive gebietet. (Beifall bei SPÖ und JETZT sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Dazu darf ich Sie sehr herzlich einladen, und ich freue mich auf eine gute Zusammen­arbeit. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

11.03


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Karl Mahrer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


11.03.16

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (ÖVP): Frau Präsidentin! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Ich gratuliere Ihnen zu Beginn einmal zu Ihren neuen Funktionen, wünsche Ihnen bei der Ausübung dieser Funktionen viel Glück und achte Ihre Entscheidung, diese Aufgabe zu übernehmen.


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Meine Damen und Herren, gleichzeitig ist diese Vorstellung der Bundesregierung viel­leicht auch eine Gelegenheit, um den Österreicherinnen und Österreichern Antworten auf Fragen, die ich immer wieder höre, wenn ich unterwegs bin, zu geben.

Die eine Frage ist zum Beispiel: Warum konnte eigentlich diese von 60 Prozent der Be­völkerung befürwortete Bundesregierung, die unter der Führung von Sebastian Kurz in einer Regierungskoalition von ÖVP und FPÖ gearbeitet hat, nicht weiterarbeiten? (Zwi­schenruf der Abg. Schimanek.) Viele ÖsterreicherInnen fragen sich, wer eigentlich da­für verantwortlich ist, dass diese Regierung nicht mehr arbeiten konnte. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Schimanek. – Ruf bei der SPÖ: Kurz!)

Meine Damen und Herren, ich hätte diese Antwort gerne in Anwesenheit von Herbert Kickl gegeben, aber im Gegensatz zu Sebastian Kurz, der auf sein Mandat verzichtet hat und zu den Menschen im Land unterwegs ist (Widerspruch bei der FPÖ – Abg. Hauser: Das ist eine Missachtung des Parlaments!), ist Herbert Kickl heute bei der Vorstellung dieser Bundesregierung gar nicht anwesend. Herbert Kickl fehlt bei dieser wichtigen Debatte. Das finde ich schade. (Beifall bei der ÖVP. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, und vor allem den Österreicherinnen und Österreichern, es war aus meiner Sicht Herbert Kickl mit seiner ganz außergewöhnli­chen Persönlichkeit, wenn ich das so ausdrücken kann, der nicht erkannt hatte (Abg. Schimanek: Das ist ja nicht wahr!), dass dieser Skandal des Ibizavideos bloß mit den Rücktritten von Vizekanzler Strache und Klubobmann Gudenus nicht aufzuarbeiten und insbesondere nicht in voller Transparenz aufzuklären ist. (Abg. Hauser: Wer hat dir denn die Rede geschrieben?!)

Es war Herbert Kickl, der nicht akzeptieren wollte, dass die Ermittlungen zu einer Cau­sa, die seine Zeit als FPÖ-Generalsekretär betrifft, nicht im Innenministerium unter sei­ner Führung geführt werden können. (Abg. Haider: ... ein wenig ein Gschichtldrucker, gell!) Meine Damen und Herren, es war Herbert Kickl, der es nicht zugelassen hat, dass ein unabhängiger Experte in dieser Zeit das Innenministerium führt und er einen anderen Platz in der Bundesregierung einnehmen sollte. (Abg. Schimanek: Ma bitte, das ist ein totaler Schwachsinn ...! – Weiterer Zwischenruf bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, es war aus meiner Sicht - -

11.06.10*****


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich erteile Ihnen (Abg. Schimanek: Für Schwachsinn?!) einen Ordnungsruf für „totaler Schwachsinn“. (Ruf bei der FPÖ: Das ist ja ein Schwachsinn!)

*****

Ich bitte darum, dass wir die Debatte so weiterführen, wie das auch der Würde des Hauses entspricht. (Abg. Haider: Ist ja die Wahrheit! – Zwischenruf des Abg Hauser.)

Bitte, Herr Abgeordneter.


11.06.28

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (fortsetzend): Dieser Zwischenruf hat leider das sicht­bar gemacht, was das Problem an der Sache ist, nämlich die nicht bestehende Bereit­schaft der FPÖ – angefacht durch Herbert Kickl –, die Dimension dieses Skandals zu erkennen und danach zu handeln. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, das war die Ursache, warum Sebastian Kurz gar keine an­dere Wahl hatte. (Abg. Hauser: Der totale Machtanspruch der ÖVP, das ist die Ursa-


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che!) Ja, es war kein Wunsch, es war eine Notwendigkeit, dem Bundespräsidenten Neuwahlen vorzuschlagen. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Die Österreicherinnen und Österreicher fragen sich weiter: Warum gibt es da auf ein­mal einen überraschenden rot-blauen Pakt? Warum wird in diesem rot-blauen Pakt dem mehrmaligen Ersuchen unseres Bundespräsidenten, das Wohl der Republik vor das Wohl der Partei zu stellen, nicht entsprochen? (Zwischenruf bei der FPÖ.) Warum werden Sebastian Kurz und die gesamte Bundesregierung völlig grundlos in einem beispiellosen Akt abgewählt? Die Menschen fragen sich auch, warum wir nicht früher wählen. Der Bundespräsident hat den Wunsch geäußert, Anfang September zu wäh­len. Der rot-blaue Pakt wird das vermutlich verhindern.

Meine Damen und Herren, wir haben auf dem Gebiet der Sicherheit viel weiterge­bracht, und zwar in einer erfolgreichen Koalition zwischen ÖVP und FPÖ. Wir haben das höchste Sicherheitsbudget der Zweiten Republik, das Sicherheitspaket mit Maß­nahmen gegen Schwerkriminalität und Terrorismus sowie viele wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Migration beschlossen – aber es bleibt noch sehr, sehr viel zu tun. Gewalt in der Familie, organisatorische Herausforderungen im Innenministerium, die Bekämpfung organisierter Kriminalität – es sind viele, viele offene Baustellen. Dazu zählt unter anderem auch der Antrag für den Erhalt der Sicherheitsschule in Wiener Neustadt, den auch ich unterstütze und den ich in dieser Runde nur erwähnen möchte.

Meine Damen und Herren! Diese Übergangsregierung ist mit dem Ziel eingesetzt, die ordentliche Führung der Verwaltung bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung nach der Neuwahl sicherzustellen. Ich bin überzeugt, das werden die hochgeschätzten Mit­glieder dieser Bundesregierung auch gut bewältigen – aber nicht mehr und nicht we­niger.

Erst gestern hat Innenminister Dr. Peschorn die Sicherheitssprecher zu einem ersten Kennenlernen und zu einer Besprechung der offenen Themen ins Innenministerium eingeladen (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen); es war ein klimatisch wirklich sehr, sehr gutes Gespräch mit dem Bundesminister und es zeigt, er widmet sich den Aufgaben auch mit Akribie und Engagement. Ich sehe daher die Zusammenarbeit mit den Vertretern dieser Übergangsregierung durchaus positiv, aber ich sehe sie als das, was sie ist: eine Übergangslösung.

Ich freue mich – und damit bin ich beim Schlusssatz – darauf, dass wir auch mit den Menschen in diesem Land das Ziel, das wir dringend brauchen, erreichen: eine Bun­desregierung, die umfassend und nachhaltig gestalten und den von vielen Menschen in diesem Land positiv beurteilten Weg weiterführen kann. Meine Damen und Herren, jetzt hat Rot-Blau bestimmt, im September werden die Österreicherinnen und Öster­reicher entscheiden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Neubauer und Steger.)

11.09


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rai­ner Wimmer. – Bitte.


11.10.02

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geschätzten Da­men und Herren der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Heute ist wirklich ein besonderer Tag, und ich möchte gleich am Anfang meine Hochachtung ge­genüber dieser Bundesregierung zum Ausdruck bringen. – Sie haben großen Schaden von dieser Republik abgewendet, und dafür sage ich ein herzliches Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage aber auch ganz offen, dass es nach zwei Jahren sehr wohltuend ist, zu se­hen, dass hier auf der Regierungsbank einmal niemand mit dem Handy spielt. Ich will


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das hier nur am Rande gesagt haben. Das ist sehr wohltuend! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Nun zum Herrn Ex-Kanzler, der diese Krise verursacht hat, der Verursacher dessen, warum wir heute hier zusammenkommen, ist: Er wird heute wahrscheinlich auf der Couch sitzen, einen guten Kaffee trinken und sich fragen (Abg. Hammer: Dir schaut er nicht zu! – Zwischenruf bei der SPÖ): Was reden die? Was diskutieren die da? – Und das ist auch der Grund dafür, meine sehr geschätzten Damen und Herren, warum er nicht ins Parlament gekommen ist: Der braucht dieses Parlament nicht. Ich sage von dieser Stelle aus: Das ist ganz schwerwiegend und demokratiepolitisch gefährlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir lassen den Ex-Kanzler aber da auch nicht raus, denn er hat die Republik als sei­nen Spielball betrachtet und innerhalb von 17 Monaten zwei Regierungen in die Luft gesprengt – ohne Rücksicht auf Verluste! Es befinden sich ja noch sehr prominente Helfer hier im Saal, ohne Namen nennen zu müssen. Fragen wir doch Ex-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, denn dem wurde wirklich böse mitgespielt, meine sehr ge­schätzten Damen und Herren! (Heiterkeit bei der ÖVP.) – Ja, Sie brauchen nicht zu lachen, das war unanständig, wie Sie mit diesem Herrn umgegangen sind! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt komme ich ein bissl zur Mitleidsmasche des Ex-Kanzlers: Kurz hat ja gesagt, er habe in den letzten Monaten so viel herunterschlucken müssen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe lange überlegt, ob ich Folgendes an dieser Stelle sagen soll, und ich habe mich entschieden, es zu sagen: Kurz ist ein ganz falscher Fünfziger! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Hallo! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Er hat nämlich überhaupt nichts heruntergeschluckt. Im Jänner hat er Werbeflächen bestellt, weil er genau gewusst hat, dass wir im Herbst wählen. Das bedeutet, Kurz hat diese Wahlen vom Zaun gebrochen, und dafür hat er die Verantwortung zu übernehmen, meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)

Er hat gesagt: „Genug ist genug!“ – Jetzt aber ganz ehrlich, meine geschätzten Damen und Herren auch der Freiheitlichen Partei: Wenn man sich mit den Freiheitlichen ins Bett legt, muss man wissen, wie und als was man munter wird. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Er braucht sich also nicht zu wundern!

Das Strache-Video war der Auslöser, es war unappetitlich, es war niederträchtig und es war wirklich das Allerallerletzte. Das mit der bsoffenen Gschicht, liebe Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen, das lassen wir nicht so stehen (Heiterkeit des Abg. Hai­der), denn nur das, was im Kopf ist, kann auch aus dem Mund herauskommen – und da­für gibt es keine Entschuldigung. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Ihr habt jetzt eine riesige Aufgabe vor euch, nämlich dass Strache nicht nach Brüssel abhaut; und ich würde euch wünschen, dass euch das tatsächlich gelingt, denn es ist nicht gut, wenn der mafiöse Geist in ein demokratisches Haus einzieht. (Beifall bei der SPÖ.) Strache und Gudenus sind eine Schande für Österreich (Abg. Hauser: Aber den Silberstein hast du vergessen!), da sind wir uns alle einig. (Abg. Neubauer: Frau Vor­sitzende, darf der eigentlich alles sagen? Das ist ja unglaublich!)

Die letzten 17 Monate waren ja für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – auch das haben wir heute schon gehört – wirklich sehr anstrengend und sehr schwierig. Es ist bemerkenswert, dass vor allen Dingen der höchste Arbeitnehmervertreter der Schwarzen, der jetzige Klubobmann, immer an vorderster Front gestanden ist, wenn es darum gegangen ist, den Arbeitnehmern zu schaden, den Arbeitnehmern etwas weg­zunehmen, etwas zu verschlechtern. Egal, ob das die Arbeitszeitregelung oder die Zer­störung der Sozialversicherung war, der Wöginger Gust ist immer an erster Stelle ge­standen und hat aufgezeigt. Ich habe ihn einmal als Verräter der Arbeitnehmer be-


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zeichnet, und ich will das heute wiederholen: Jawohl, August Wöginger hat als ÖVP-Klubobmann die Arbeitnehmer verraten, Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Winzig: Das glaubt er ja selber nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es gibt ganz wenige Ausnahmen, worüber ich sagen kann, dass das gescheit war, dass ihr das gemacht habt. Zum Beispiel war der Familienbonus grundsätzlich sinnvoll und gut, aber ihr habt absichtlich auf die Bezieher kleiner Einkommen vergessen. (Wi­derspruch bei der ÖVP.) Es kann ja nicht so sein, dass man, wenn man 3 000 Euro verdient, bis zum dritten Kind 1 500 Euro pro Kind kriegt, aber wenn man 1 200 Euro verdient, durch die Finger schaut. (Zwischenruf des Abg. Hammer.) Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ganz klar, dass wir natürlich die Verantwortung wahrnehmen wer­den und unseren Wählerinnen und Wählern versprechen, das zu korrigieren, denn für uns muss jedes Kind gleich wie wir sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: ... 20 Pro­zent! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ein weiterer Punkt sind die Pensionen. Jawohl, da haben wir uns vor Jahren infolge des ÖVP-Pensionsfetischs über den Tisch ziehen lassen. Jetzt sehen wir aber, dass es wirklich ein Problem bedeutet, denn wenn man 47 Jahre als Arbeiter, als Angestellter gearbeitet hat und mit 62 Jahren geht, weil man nicht mehr kann, dann hat man von einer Pension in der Höhe von 1 600 Euro 15,3 Prozent Abschläge. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist nicht das, was wir uns gewünscht haben, liebe Kolleginnen und Kol­legen. Diesbezüglich gehört korrigiert! Wer 45 Jahre gearbeitet und in die Pensionsver­sicherung einbezahlt hat, darf keine Abschläge haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sind mit der Blockzeitvereinbarung der Altersteilzeit abgefahren. (Abg. Neubauer: Das habt ihr beschlossen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das war die einzige Möglichkeit, mit der man Arbeitnehmer, die wirklich nicht mehr konnten, in den Ruhe­stand bringen konnte. Das haben Sie auch geändert, mit dem sind Sie abgefahren. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zur Arbeitszeit – um es hier abzurunden –: Sie haben den Menschen, als Sie ihnen die 12 Stunden umgehängt haben, gesagt, dass es eine Vier-Tage-Woche geben werde. (Abg. Hauser: Fünf ...!) – Nichts ist gekommen, Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen und fordern das Recht auf eine wirkliche Vier-Tage-Woche für die Kolleginnen und Kol­legen.

Noch ein Satz zur Sozialversicherung: Ich habe Sie gewarnt. Ich habe gefragt: Warum macht ihr der ÖVP die Mauer, warum unterstützt ihr das? Ich habe gesagt, die wollen nur die Posten dort haben. Und jetzt ist es passiert – Gerald (in Richtung Abg. Hauser), wir beide haben einmal geredet –: Jetzt werden alle Generaldirektoren und alle Stell­vertreter der Generaldirektoren durch die ÖVP besetzt, aber es gibt noch immer unter­schiedliche Leistungen für die Versicherten. Eine klare Forderung ist, dass unsere Ar­beiter und Angestellten dieselben Leistungen wie die Beamten, die Politiker und die Vertragsbediensteten kriegen. Das wollen wir haben, Kolleginnen und Kollegen. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Abg. Winzig: Unter ... wolltet ihr es nicht haben!) – Es ist schon ein Unterschied, Frau Winzig, ob Sie als Politikerin 350 Euro für Ihre schöne Krone kriegen oder ob die Billa-Verkäuferin 0 Euro kriegt. (Zwischenruf der Abg. Win­zig.) Das ist ungerecht und dagegen wollen wir ankämpfen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hammer.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss sei Folgendes an die Adresse der ÖVP gerichtet: Die Umfragen sind jetzt auf eurer Seite – jawohl! –, Sie taktieren und spielen auf Kosten unserer Demokratie, Sie agieren teilweise sehr überheblich (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hammer), weil Sie sich ja ganz so sicher sind, aber – ich sage es Ihnen – Hochmut kommt vor dem Fall. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

11.17



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 60

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein. – Bitte.


11.18.05

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren von der Bundesregierung! Frau Bundeskanzlerin! Es ist nicht leicht, nach so einem Vorredner zu sprechen. Wahrscheinlich haben jetzt gerade 60 000 Leute weggeschaltet, weil das, was da von Herrn Wimmer gekommen ist, schwer zu ertragen war. (Ruf bei der SPÖ: Nein, super!) Ich darf Ihnen aber versi­chern, kein Mensch will sich mit Ihnen ins Bett legen – das ist auch klar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind jetzt in der Debatte genau an dem Punkt angekommen, warum es heute eine Übergangsregierung in diesem Haus gibt, nämlich gibt es sie deswegen, weil die ÖVP diese Krise, die die Republik getroffen hat, unbedingt dazu nutzen wollte, um das Innenministerium endlich wieder schwarz einfär­ben zu können. Darum ist es schlussendlich gegangen.

Es ist darum gegangen, die schwarzen Netzwerke, die es im Innenministerium gibt, weiter kultivieren zu können. Es ist darum gegangen, dass man da weiterhin jenen Weg beschreitet, den die ÖVP die letzten 18 Jahre im Innenministerium gegangen ist. Wenn dann einer meiner Vorredner hier herumlamentiert und sagt: Na ja, das war so schwierig, denn Herbert Kickl wäre nicht für Aufklärung gestanden!, darf ich schon daran erinnern, dass es hochrangige Sektionschefs, dass es hochrangige Beamte im Innenministerium gibt, die allesamt bei der ÖVP zu verorten sind, gegen die nach wie vor Verfahren laufen, gegen die nach wie vor Strafverfahren laufen, gegen die vermut­lich auch Anklage erhoben wird. Auch das, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, war mit ein Grund dafür, warum Sie im Endeffekt nichts anderes als das, was Sie schon in der Vergangenheit gemacht haben, gemacht haben.

Vergessen wir bitte nicht, es ist in den letzten Jahrzehnten der ÖVP vorbehalten, im­mer wieder Neuwahlen vom Zaun zu brechen, sich immer wieder, wenn die Umfragen gerade positiv für die ÖVP sind, in Neuwahlen zu flüchten, um hier zu taktieren.

Demokratie spielt bei Ihnen keine Rolle, und auch die staatspolitische Verantwortung steht nicht im Vordergrund; bei Ihnen steht rein die parteipolitische Taktik im Vorder­grund. Das sind die Motive, die Sie immer verfolgt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir aber zum Thema Innenpolitik in Österreich! Der Herr Innenminister hat es in seiner Eröffnungsrede, in seiner Erklärung hier ja deutlich gesagt. Das Haus, das Sie jetzt führen, ist natürlich eines mit einer großen Verantwortung, und die Probleme sind groß. Wenn wir bedenken, dass der ORF vor zwei Tagen, am 10. Juni, von einem massiven, einem exorbitanten Anstieg der Asylzahlen berichtet hat, dann zeigt das ja, wie wichtig und wie notwendig eine umsichtige Führung im Innenministerium ist.

Wenn wir alleine im Jahr 2019 ein Plus von 36 Prozent bei afghanischen Asylwerbern haben, dann hören und sehen wir natürlich auch, dass diese ganze Mär, dass diese ganzen Geschichten davon, dass die Asylproblematik in dieser Republik ja keine Rolle mehr spielt, weil die Zahlen ohnehin langsam aber sicher gegen null gehen, einfach nicht der Realität entsprechen. Das sehen wir!

Wir haben einen Anstieg aus Afghanistan, wir haben wieder einen vermehrten Anstieg über die Routen am Westbalkan und – man höre und staune! – wir haben auch einen relativ starken Anstieg aus Lateinamerika, wobei mir – aber vielleicht habe ich in Geo­grafie nicht gut genug aufgepasst – völlig neu wäre, dass Österreich eine direkte Gren­ze zu lateinamerikanischen Staaten hat. Wie diese Leute also legal nach Europa re­spektive wie diese Leute legal nach Österreich kommen, erschließt sich mir nicht ganz.

Da brauchen wir natürlich auch eine entschlossene Politik, die diesbezüglich ganz klar aufzeigt und sagt: Wir schauen nicht weg! Wir werden uns dagegen wehren, wenn man


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versucht, Grauzonen – politische Grauzonen, rechtliche Grauzonen – auszunutzen, um der illegalen Migration wiederum das Wort zu reden! Das Jahr 2015 ist uns allen noch in bester Erinnerung, und ich möchte nicht solche Situationen, wie wir sie damals erle­ben mussten, wieder erleben.

Innenminister Herbert Kickl war ein Garant dafür: Er war ein Garant für diesen politi­schen Paradigmenwechsel. Er war ein Garant dafür, und es hat, nachdem er von Se­bastian Kurz auf Druck der alten ÖVP politisch geopfert wurde, keine 48 Stunden ge­braucht, um wesentliche Entscheidungen dieses Innenministers wiederum zurückzu­nehmen – Entscheidungen, die schon paktiert waren!

Herr Klubobmann Wöginger ist jetzt nicht im Saal, aber es war ja mit der ÖVP bereits paktiert, Asylwerbern 1,50 Euro als Stundenlohn für gemeinnützige Arbeit im öffentli­chen Raum zu bezahlen. Nichts anderes hat Herbert Kickl umsetzen wollen. Die ÖVP hat das im Endeffekt wieder aufgehoben, und zwar über einen ÖVP-Innenminister, dem dieses Haus das Misstrauen ausgesprochen hat; das sollte man an dieser Stelle auch einmal deutlich sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir heute auch die Problematik der steigenden Zahlen im Asylwesen in Öster­reich besprechen, dann sollten wir auch nicht vergessen, dass rund 80 Prozent der jetzt schon hier in einem Asylverfahren befindlichen Personen schlicht und ergreifend die österreichischen Behörden anlügen und ihnen betreffend ihre wahre Herkunft nicht die Wahrheit sagen. Rund 80 Prozent dieser Personen versuchen, ihre Identität zu ver­schleiern, rund 80 Prozent dieser Personen versuchen, sich auf diesem Weg einen Aufenthaltstitel in Österreich und damit in der Europäischen Union zu erschleichen. Da braucht man natürlich auch eine entschlossene Politik, die sagt: Nein, wir wollen das nicht! Wir schauen da nicht weg: Wir werden hier eine rote Linie ziehen, und wer nicht bereit ist, nach diesen Gesetzmäßigkeiten, nach den österreichischen Gesetzen zu agieren, der hat seinen Aufenthaltsstatus in Österreich verwirkt, der muss abgescho­ben werden.

Herbert Kickl hat im Zuge des österreichischen Ratsvorsitzes auch auf Ebene der Eu­ropäischen Union, hat auch auf europäischer Ebene gegenüber den europäischen Partnern ganz klar Kante gezeigt, indem er gesagt hat, wir wollen die Politik, die die Europäische Union im Bereich des Asyl- und Fremdenwesens in den vergangenen Jahren eingeschlagen hat, so nicht mehr mittragen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen, dass man sich vonseiten der Europäischen Union darauf besinnt, dass die Gesetze, die wir uns selbst gegeben haben, selbstverständlich auch eingehalten wer­den und dass man nicht so nebenbei irgendwie mit halb geschlossenen Augen ge­wisse Dinge akzeptiert, die einfach nicht dem Recht entsprechen.

Ich habe einen durchaus optimistischen Zugang, dass dieser Weg mit Ihnen, sehr ge­ehrter Herr Innenminister, weitergegangen werden kann, aber ich warne auch die Kol­legen der ÖVP: Überspannen Sie diesen Bogen nicht, denn Sie haben im Jahr 2017 einen Wahlkampf geführt, der darauf aufgebaut war, eine Politik im Sicherheitsbereich, im Asylbereich vorzugaukeln, wobei Sie aber niemals selbst bereit dazu waren, die politische Verantwortung dafür zu übernehmen. Das hat sich an dieser Übergangsre­gierung, an dieser 31-Prozent-Regierung, die Herr Sebastian Kurz hier quasi als ÖVP-Alleinregierung installieren wollte, gezeigt. Ich sagen Ihnen hier ganz offen, klar und deutlich: Wenn die ÖVP den Weg dieser restriktiven innenpolitischen Linie verlässt, dann wird mit uns in dieser Frage kein Staat zu machen sein, weder heute noch in Zu­kunft. (Beifall bei der FPÖ.)

Lassen Sie mich abschließend, sehr geehrter Herr Innenminister, noch auf ein Thema eingehen, das in den letzten Monaten die Republik immer wieder beschäftigt hat! Es gibt im Innenministerium große Baustellen, die bewältigt werden müssen. Eine dieser


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großen Baustellen ist selbstverständlich die von Innenminister Kickl begonnene Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Ich ersuche Sie um Unterstützung des BVT-Direktors, der diese Bestrebungen von Innenminister Kickl ausdrücklich gelobt und gesagt hat: Ja, das ist der richtige Weg, ja, wir wollen diesen Weg weitergehen.

Ich ersuche Sie als Innenminister: Unterstützen Sie diesen Weg!, und ich ersuche Sie als Innenminister auch: Unterstützen Sie die Truppe auf der Straße, die tagtäglich ihren Kopf für die Sicherheit dieser Republik hinhält! Allein die Debatten der letzten Wochen haben gezeigt, dass ab dem Zeitpunkt, ab dem Kickl nicht mehr Innenminister war, das Polizeibashing medial, politisch wieder losgegangen ist und Polizisten auf einmal wie­der zu Freiwild werden. Das ist etwas, bei dem Sie jederzeit auf die freiheitliche Un­terstützung bauen können. Wir werden sicherlich nicht zulassen, dass unsere Polizis­ten als Freiwild – weder als mediales Freiwild noch als politisches Freiwild – quasi der Öffentlichkeit zum Fraß vorgeworfen werden! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

11.27


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Josef Schellhorn zu Wort. – Bitte.


11.27.24

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundes­kanzlerin! Geschätzte Ministerinnen und Minister auf der Regierungsbank! Ich darf Ihnen alles Gute wünschen und selbstverständlich auch unsere Zusammenarbeit an­bieten. Für Sie ist eines hier natürlich neu: dieses parteipolitische Hickhack, das wir jetzt miterlebt haben; für uns ist neu, dass die Minister und Ministerinnen mit uns reden wollen. Das ist neu, und es freut uns auch ganz besonders, dass Sie hier einen kons­truktiven Weg gehen und diesen konstruktiven Weg hoffentlich auch die nächsten Mo­nate überleben. Dieser konstruktive Weg findet nur mit Legislative und Exekutive statt, wie der Herr Innenminister es auch gesagt hat, hier muss es also einen Austausch mit den Oppositionsparteien, mit den freien Kräften geben.

Nun, ich will Ihnen eine Geschichte erzählen, Herr Innenminister: Ich war vor zwei Ta­gen im Leutschacherhof in der Nähe von Seefeld. Das ist ein Betrieb, ein Ausbildungs­betrieb, das ist natürlich auch ein Tourismusbetrieb. Berufe im Tourismus stehen näm­lich auch auf dieser Mangelberufsliste. Dort gibt es auch Lehrlinge, und unter diesen Lehrlingen sind auch Lehrlinge, die in einem Asylverfahren stehen, die vielleicht den Status haben, dass sie erstinstanzlich abgelehnt wurden, die aber vor 2018 eine Lehre begonnen haben. Darunter gibt es den besonders krassen Fall, dass ein Lehrling, den ein Unternehmer, nämlich Christian Wandl, drei Jahre lang ausgebildet hat, am Tag der Europawahl von der Polizei abgeholt wurde und am nächsten Tag schon im Flieger nach Hause saß.

Jetzt geht es um folgendes Thema: Er hat drei Jahre hier gelernt, der Unternehmer hat in die Ausbildung investiert, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich engagiert, damit dieser junge Mann, der integrationswillig ist, auch eine gute Ausbildung be­kommt, die deutsche Sprache gut lernt, und dann wird er zwei Monate beziehungswei­se sechs Wochen vor der Lehrabschlussprüfung abgeholt und nach Hause geschickt.

Das ist nicht nur unvernünftig, das ist ein menschlicher Wahnsinn, und das ist es auch, was mich zu dem Punkt bringt, was Sie jetzt tun könnten – das ist nämlich, einen Ab­schiebestopp zu erwirken –, und gleichzeitig, was das Parlament, was die Abgeordne­ten hier herinnen tun könnten: Das wäre, unserem Vorschlag, der schon seit 2015 vor­liegt und der eine Drei-plus-zwei-Regelung zum Inhalt hat, zuzustimmen. (Beifall bei den NEOS.) Das wäre der richtige Punkt, den wir dann sozusagen in die Legislative bringen und den Sie dann exekutieren könnten.


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Was war nämlich der Fall? Ich glaube, man kann schon sagen, dass die ÖVP in der Vergangenheit hier vor der FPÖ in die Knie gegangen ist. Sie könnten heute auch bei meinem, bei unserem Entschließungsantrag mitgehen. Es gibt nämlich auch ein Be­dürfnis der Wirtschaft, ein Bedürfnis der Unternehmerinnen und Unternehmer.

Wenn ich nur meinen Bezirk Pongau hernehme: Da gibt es über 400 offene Lehrstellen und nur 23 eine Lehrstelle Suchende – und dann gibt es auf der anderen Seite viele junge Menschen, die in diesem Land sind, die sich integrieren wollen, die sich vielleicht hier eine Existenz aufbauen wollen, und die lässt man zum einen nicht lernen und zum anderen schiebt man die, die schon in einer Lehre sind, ab. Das, was der ehemalige Innenminister getan hat, ist nämlich das Feigste: Er hat sich jene geholt, von denen er gewusst hat, wo sie wohnen und wo sie arbeiten. Das war überhaupt kein guter Schachzug, sondern das war reiner Populismus.

Da möchte ich einen Mann zitieren, der leider heute nicht hier ist: Eine Populismus­sperre ist ein starkes Zeichen für Nachhaltigkeit und Vernunft, hat (in Richtung ÖVP) Ihr wahlwerbender Parteiobmann gesagt. Wenn Sie die Populismussperre einsetzen wollen, dann müssen Sie heute im Sinne der Wirtschaft vom Knien wieder aufstehen und bei unserer Drei-plus-zwei-Regelung mitmachen – anderenfalls wird das nichts –, auch im Sinne der Unternehmerinnen und Unternehmer, die viel Geld darin investiert haben und die auch ein Zeichen gegen den Fachkräftemangel setzen wollen. Das könnte die ÖVP heute machen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Noll.)

Ich glaube, es ist Zeit: Wenn wir, die NEOS, von A bis Z, von Anstand bis Zukunft re­den, dann reden wir auch von klaren Zeichen: von Abschiebestopp bis zu einem ge­regelten Zuwanderungsgesetz. (Beifall bei den NEOS.) Nur so kann es gehen! Und es muss uns allen klar sein, dass das ausschließlich mit unseren Kindern nicht machbar ist, sondern dass wir dafür auch eine vernünftige Zuwanderungspolitik benötigen. Das ist ein Ziel, das Sie auch im Sinne der Wirtschaft zu verfolgen hätten.

Nun möchte ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lehre für Asylwerbende ermöglichen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dafür zu sorgen, dass jugendliche Asylwer­bende, die eine Lehre absolvieren, diese beenden können. Es soll eine Regelung nach dem Vorbild der ‚Drei Plus Zwei‘ Regelung in Deutschland für Asylwerbende eingeführt werden.“

*****

Ich bitte um Ihre Vernunft und um Ihre Zustimmung. Die ÖVP ist schon einmal – bei der Raucherregelung – vernünftig geworden, und jetzt kann sie bei diesem Entschlie­ßungsantrag ruhig auch mitgehen. (Beifall bei den NEOS.)

11.33

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen


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betreffend Lehre für Asylwerbende ermöglichen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 80. Sitzung des Nationalrats über Erklärung der Bundeskanzlerin – TOP 1

Im Sommer des Jahres 2018 wurde von Wirtschaftsministerin Margarethe Schramböck ein Erlass aufgehoben, der es bis dahin möglich machte, dass Asylwerbende, die jün­ger als 25 Jahre alt waren, eine Lehre in einem Mangelberuf beginnen durften. Durch die Rücknahme des gemeinhin als "Bartenstein-Erlass" bekannten Erlasses aus dem Jahr 2012 hat man damit vielen jungen Menschen die Chance genommen, eine be­rufliche Qualifikation zu erwerben. Der folgende Aufschrei und die Empörung waren groß - nicht nur von Seiten der Zivilgesellschaft und NGOs, sondern auch von Wirt­schaftstreibenden aus unterschiedlichsten politischen Lagern.

Asylwerber_innen ist der Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich ohnehin nur in sehr eingeschränkter Form möglich. Derzeit ist im Ausländerbeschäftigungsgesetz vorgese­hen, dass Personen, die seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen sind, einer Beschäftigung nachgehen können, sofern eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wur­de. Dieser Arbeitsmarktzugang ist aber auf den Bereich der Saison- und Erntearbeit begrenzt.

Durch die Abschaffung der Möglichkeit für Asylwerber_innen unter 25 Jahren, eine Lehrausbildung zu beginnen, sofern ein nachgewiesener Lehrlingsmangel besteht, wurde eine gut funktionierende Integrationsmaßnahme nicht nur aus integrationspoliti­scher, sondern auch aus arbeitsmarkpolitischer Sicht ad absurdum geführt.

NEOS wollen daher ein System ähnlich der in Deutschland gültigen "Drei Plus Zwei" Regelung einführen. Dort können asylwerbende Lehrlinge nämlich während ihrer Aus­bildung nicht abgeschoben werden, und haben im Anschluss an die abgeschlossene Ausbildung das Recht noch zwei Jahre im erlernten Beruf zu arbeiten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dafür zu sorgen, dass jugendliche Asylwer­bende, die eine Lehre absolvieren, diese beenden können. Es soll eine Regelung nach dem Vorbild der "Drei Plus Zwei" Regelung in Deutschland für Asylwerbende einge­führt werden."

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr.in Alma Zadić. – Bitte.


11.33.28

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglie­der der Bundesregierung! Hohes Haus! Verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich, heute die neue Bundesregierung hier begrüßen zu dürfen.

Ich freue mich auch, dass wir heute einen Innenminister gehört haben, der sich dem Rechtsstaat verpflichtet fühlt. Ich freue mich auch, dass der neue Innenminister aus unserer Bundesverfassung zitiert; er sagt nämlich hier vor uns, den Abgeordneten des Parlaments, das Recht unserer demokratischen Republik geht vom Volk aus. Wir


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können uns ja noch an die Worte des ehemaligen Innenministers Kickl erinnern, der der Meinung war, das Recht habe der Politik zu folgen. Dieser Ansatz, meine Damen und Herren, ist aber mit dem Rechtsstaat unvereinbar. Ich habe daher die Hoffnung, dass diese neue Regierung mit der ersten Bundeskanzlerin Österreichs an ihrer Spitze ein Schritt in Richtung Versachlichung der politischen Debatte in Österreich ist. Ich freue mich daher auch sehr darüber, dass die Stimmung – das merkt man, finde ich, auch hier im Hohen Haus – einfach sachlicher geworden ist. (Ruf: In welchem Haus?) – Im Hohen Haus.

In den letzten eineinhalb Jahren war der Innenminister ein stetiger Faktor politischer Diskussion, um nicht zu sagen politischer Instabilität, Unruhe und Aufregung in Öster­reich. Das lag, um hier keinen falschen Anschein zu erwecken, nicht an den engagier­ten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium, sondern an FPÖ-Innenminister Kickl. (Abg. Rosenkranz: Na, ich glaube, das war eher der Herr Pilz und seine Liste!) Daher kann ich auch gut verstehen, wenn die ÖVP heute der Meinung ist, dass sie damals bei den Regierungsverhandlungen einen Fehler gemacht hat. Warum sie einen Fehler gemacht hat, möchte ich anhand von ein paar Beispielen noch einmal in Erin­nerung rufen.

Wir alle können uns an die mittlerweile als rechtswidrig erkannte Hausdurchsuchung erinnern, die dazu geführt hat, dass unser Verfassungsschutz kurzzeitig gelähmt und auch von sicherheitsrelevanten Informationen abgeschnitten war. (Abg. Rosenkranz: Hat die Hausdurchsuchung der Herr Kickl veranlasst? Das ist unglaublich!) Das Budget des Bundesministeriums für Inneres hat er lieber für Polizeipferde und zur Förderung rechtsextremer Medien verwendet, anstatt für die Sicherheit in Österreich zu sorgen, für die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher, und auch für die notwendige Arbeit von Polizistinnen und Polizisten. Seine Hauptsorge in den letzten eineinhalb Jahren galt dem Ausschluss von kritischen Medien von der Berichterstattung.

Es ist daher, meine Damen und Herren, für mich besonders erfrischend und, wie ich sagen muss, auch als Bürgerin beruhigend, jetzt einen Innenminister zu haben, der sich dem Rechtsstaat und unserer Bundesverfassung verpflichtet fühlt. Davon, dass er an seine Aufgaben sachlich, besonnen und konstruktiv herangeht, haben wir Sicher­heitssprecherInnen uns gestern überzeugen dürfen, als wir gemeinsam in einen Dialog getreten sind; das haben wir in den letzten eineinhalb Jahren vermisst. Diesen Dialog möchten wir mit Ihnen, Herr Innenminister, gerne fortsetzen, daher möchte ich Ihnen heute ein paar meiner Meinung nach wichtige Themen mit auf den Weg geben.

Vor Kurzem wurde im Hohen Haus das Gesetz betreffend die Bundesbetreuungs­agentur verabschiedet. Wir können jetzt an diesem Gesetz nichts mehr ändern – das entscheidet ja die Mehrheit im Parlament –, aber dieses Gesetz bringt aus rechtsstaat­licher Sicht einige Gefahren mit sich, die bei der Umsetzung unbedingt und dringend zu berücksichtigen sind. Es besteht die Gefahr, dass ein intransparentes System der Rechts- und Rückkehrberatung entsteht, das sich jeglicher Kontrolle entzieht. Daher appelliere ich an Sie, Herr Innenminister, bei der Umsetzung der nächsten Schritte auch die Zivilgesellschaft und die Wissenschaft miteinzubinden, um sicherzustellen, dass die Umsetzung grundrechtswahrend erfolgt.

In unserem gestrigen Gespräch waren wir uns auch über eine Sache einig, nämlich dass die Abwicklung der Asylverfahren rascher, unter Einhaltung der Grundrechte und Sicherstellung der Qualität der Asylverfahren zu erfolgen hat. Es wäre daher unseres Erachtens dringend notwendig, die Qualität der erstinstanzlichen Asylentscheidungen dahin gehend zu verändern, dass die Fehlerquote, die ja derzeit bei 42 Prozent liegt, korrigiert wird. Da gilt es auch, die erstinstanzlichen Verfahren so auszugestalten, dass die Qualität gewahrt bleibt.


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Einen zweiten Punkt möchte ich hier schon noch einbringen: Vor Kurzem haben uns erschreckende Bilder von mutmaßlicher Polizeigewalt im Rahmen der Klimaschutzde­monstration erreicht. Diese Bilder zeigen eine Gewalt, die es in Österreich nicht geben sollte und die dem guten Ruf der Wiener Polizei schadet. Das sind verstörende Sze­nen, die eine rasche, vollständige, transparente und unabhängige Ermittlung erfordern und die klare Konsequenzen verlangen, denn nur eine sofortige Ermittlung und eine vollständige Aufklärung kann das Vertrauen in die großartige Arbeit der Mehrzahl von Polizistinnen und Polizisten und auch den guten Ruf der Wiener Polizei wieder her­stellen.

Ich darf Ihnen, Herr Innenminister, alles Gute bei der Ausübung Ihres Amtes wün­schen, freue mich auf den weiteren sachlichen Austausch und die konstruktive Zusam­menarbeit, und ich danke Ihnen, dass Sie das Parlament, den Volksvertreter, auch ernst nehmen. – Danke schön. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der NEOS.)

11.39


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


11.39.38

Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Mag. Alexander Schallen­berg, LL.M., betraut mit der Leitung der zum Wirkungsbereich des Bundeskanz­leramtes gehörenden Angelegenheiten für EU, Kunst, Kultur und Medien: Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sage es ganz offen, ich stehe heute hier vor Ihnen mit großem Respekt und großer Ehrfurcht: Respekt vor diesem Hohen Haus, Ehrfurcht vor der Aufgabe und in vollem Bewusst­sein der Besonderheit dieser unserer Situation.

All das kommt für mich persönlich sehr unerwartet, und ich gehe die künftige Aufgabe mit Demut und mit einem großen Verantwortungs- und Pflichtgefühl an.

Die Frau Bundeskanzlerin hat ja das Selbstverständnis dieser Bundesregierung bereits sehr treffend, wie ich glaube, skizziert. Wir wollen die Staatsgeschäfte in den nächsten Monaten bedachtsam und gewissenhaft weiterführen. Unsere Republik steht auf sehr starken Säulen, und wir können uns wirklich auf eine hervorragende Verwaltung verlas­sen. Unsere Aufgabe ist es nun, diese Verwaltung zu leiten und sie unserseits gewis­sermaßen zu unterstützen. Als Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres sowie für Kunst, Kultur und Medien darf ich hier eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe übernehmen.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat völlig zu Recht, wie ich glaube, schon bei der Angelobung unterstrichen, wie wichtig es ist, dass wir als Bundesregierung Ös­terreich in der Europäischen Union und in der Welt als starkes, selbstbewusstes Land im Herzen Europas vertreten, und genau dieser Aufgabe, meine Damen und Herren, werde ich nach bestem Wissen und Gewissen nachkommen. Österreich ist und bleibt ein verlässlicher Partner in der Welt und in Europa.

Die Welt bleibt nicht einfach stehen. Die Welt wird auch nicht bis nach den Wahlen auf Österreich warten. Wir müssen uns daher gerade in der Europapolitik und in der Au­ßenpolitik klar darauf einigen, dass wir Präsenz und Kontinuität zeigen wollen. Dabei wird – und das möchte ich insbesondere am 25. Jahrestag der Volksabstimmung zum EU-Beitritt besonders betonen – der Vertretung innerhalb der Europäischen Union in Brüssel eine ganz besondere Bedeutung zukommen, denn nach den Wahlen zum Eu­ropäischen Parlament stehen wir vor ganz wesentlichen Weichenstellungen – strate­gisch, inhaltlich und personell – die Frau Bundeskanzlerin hat es auch bereits er­wähnt –, und es geht darum, welche Rolle Österreich im Rahmen dieser Neuaus­richtung einnehmen wird. Gemeinsam mit den Kollegen in der Bundesregierung, ins-


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besondere mit der Bundeskanzlerin, werde ich mich dafür einsetzen, dass wir unsere Interessen im Rahmen der Europäischen Union bestmöglich vertreten und dass unsere Stimme auch weiterhin Gehör findet.

Auch im Hinblick auf die laufenden Geschäfte der Europäischen Union, etwa die lau­fenden Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen, die noch immer offene Frage des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union, den sogenannten Brexit, oder die Heranführung der Staaten Südosteuropas an die Europäische Union, wird Ös­terreich weiterhin ein verlässlicher Partner sein und seinen aktiven Beitrag leisten.

Dabei glaube ich, meine Damen und Herren, dass wir uns gerade in der Außenpolitik auf einen sehr breiten Konsens, auf einen parteiübergreifenden Konsens stützen kön­nen. Dieser Konsens umfasst etwa das aktive Engagement für ein regelbasiertes inter­nationales System, das heißt, für den effektiven Multilateralismus mit der UNO im Zen­trum. In diesem Zusammenhang erlauben Sie mir bitte, die Bedeutung des Amtssitzes in Wien für das internationale Standing Österreichs zu unterstreichen. Dieser Konsens umfasst aber etwa auch unseren Einsatz für eine stabile Nachbarschaft, nicht nur im Südosten Europas, sondern auch weiterhin im Rahmen der östlichen Partnerschaft. Der Konsens umfasst aber etwa auch unser Engagement für Themen wie Abrüstung, Menschenrechte, den Kampf gegen die Weiterverbreitung von Massenvernichtungs­waffen. Und selbstverständlich werden wir im Außenministerium unsere strategischen Partnerschaften mit China, Russland und den Vereinigten Staaten kontinuierlich wei­terführen.

Ich kann Ihnen versichern, meine Damen und Herren, dass der diplomatische Dienst, das Vertretungsnetz in Brüssel, in Europa und in der ganzen Welt sowie die enga­gierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundeskanzleramtes und des Außenmi­nisteriums in bewährter, hochprofessioneller Art und Weise dafür Sorge tragen werden, dass wir unsere Interessen weiterhin effizient vertreten und unsere Stimme interna­tional Gehör findet.

Geschätzte Abgeordnete zum Nationalrat! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Re­gierung wird die begonnene Arbeit auch im Bereich der Integration fortsetzen. Da stütze ich mich und zähle ich vor allem auf die Fortsetzung der guten Kooperation zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und Zivilgesellschaft, denn wir alle wissen: Inte­gration in Österreich kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten konstruktiv und aktiv zu­sammenarbeiten.

Im Rahmen der mir anvertrauten Kunst- und Kulturpolitik wird es mir ein besonderes persönliches Anliegen sein, ein offenes Ohr für alle zu haben. Ich möchte die kommen­den Monate mit den sehr zahlreichen herausragenden Kunst- und Kulturevents dazu nützen, mit möglichst vielen Vertretern aus Kunst und Kultur in Gespräche zu treten und einen offenen Dialog zu etablieren. Ebenso möchte ich es eigentlich im Bereich der Medienpolitik halten.

Die kommenden Monate werden sicher keine Monate der großen Reformen, der grundlegenden Veränderungen, aber es können Monate des Dialogs, des offenen Aus­tauschs sein; das ist ganz grundsätzlich mein Ansatz für dieses mir vorübergehend anvertraute Amt, das ist meine Herangehensweise. Ich möchte das in allen Bereichen verfolgen: den Austausch suchen, in den Dialog treten und gemeinsam für dieses Land arbeiten.

Wir sind mehr noch als jede andere Regierung auf die Unterstützung des Hohen Hau­ses, auf Ihre Unterstützung, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, angewie­sen, und im Sinne der Kontinuität und der Verlässlichkeit unseres Landes in der Welt und in Europa bitte ich Sie aufrichtig um diese Unterstützung. Ich werde meinerseits alles tun, um möglichst rasch und bald den direkten Austausch mit Ihnen zu suchen,


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mit den Klubs, mit den Bereichssprechern im Parlament, aber auch mit den Vertretern der Religionsgemeinschaften, von Kunst und Kultur und den Zivilgesellschaften – im­mer aber mit Blick auf das, was Österreich jetzt am meisten braucht: Augenmaß für das in dieser Situation Mögliche, Vertrauen, Verlässlichkeit und Stabilität.

In diesem Sinne, meine sehr geehrten Damen und Herren, freue ich mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Ihnen und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP, FPÖ, NEOS und JETZT sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.46


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun Herr Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka gemeldet. – Bitte.


11.46.43

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundeskanzlerin! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren der neuen Übergangsregie­rung! Nach den Worten der neuen Bundeskanzlerin, des Vizekanzlers, aber auch des Außenministers kann man durchaus beruhigt sein, weil sie erkennen lassen, dass diese Übergangsregierung die Arbeit professionell, gut, vertrauensbildend und, wie Sie vorhin angesprochen haben, auch verlässlich machen wird. Trotzdem erlauben Sie mir, zu sagen, ich fände es besser, hätten wir hier und heute eine Bundesregierung, die sich aufgrund einer demokratischen Wahl zusammensetzt und nicht aufgrund einer Entscheidung des Bundespräsidenten gebildet worden ist. (Beifall bei der ÖVP.) Scha­de, dass es so weit gekommen ist, meine Damen und Herren, das hätte nicht der Fall sein müssen! (Abg. Haider: Das hatten wir! Das wolltet ihr nicht mehr haben!)

Ja, Kollege Haider, alle Redner Ihrer Fraktion haben heute vermieden, den Namen ei­nes Mannes in den Mund zu nehmen, der heute seinen 50. Geburtstag feiert. Er war der Auslöser. Es war Heinz-Christian Strache. (Abg. Zanger: Das ist ja nicht wahr!) – Ja, Sie wollen das nicht hören. Das war unverzeihlich, was in diesem unsäglichen Vi­deo zum Vorschein gekommen ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Steger: Er ist zurückgetreten! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Da kann man nur sagen: „Genug ist genug“! Staatsaufträge für russische Oligarchen, eine Hei­matpartei, die billig die Heimat verkaufen will – da machen wir nicht mit! Zack, zack, weg mit Journalisten, die unliebsam sind – da machen wir nicht mit! (Abg. Hafenecker: Das ist Ihr Narrativ! Das stimmt doch gar nicht!) Sebastian Kurz, Bundeskanzler Kurz musste zu diesem Zeitpunkt sagen: „Genug ist genug“, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Dann haben Sie einen zweiten Schritt gesetzt - - (Abg. Rosenkranz: Das wäre mit dem Innenminister alles vergessen gewesen, gell?) – Nein! (Abg. Rosenkranz: Ja, ja, ja, ja!) Sie haben dann einen zweiten Schritt gesetzt, Hand in Hand, Rendi-Wagner – sie ist jetzt nicht hier – mit Kickl; auch ihn sehe ich nicht, auch er ist nicht hier. Wir ha­ben die Rede zur neuen Bundesregierung - - (Abgeordnete der SPÖ machen den Red­ner darauf aufmerksam, dass Abg. Rendi-Wagner vor der ersten Bankreihe steht.) – Entschuldigung, ganz in Schwarz; ich habe Sie vorhin nicht gesehen. (Abg. Rendi-Wagner schüttelt den Kopf.) Was ich damit sagen möchte: Die Menschen im Land ha­ben kein Verständnis für diesen zweiten Schritt, diese Fehlentscheidung: Sebastian Kurz musste weg. (Abg. Hauser: Eine ÖVP-Alleinregierung!) Das war das, was Sie verbunden hat. (Abg. Leichtfried: Wo ist denn der Herr Kurz?)

Und wenn Sie sagen, es gibt diese Verbindung nicht: Na ja, bitte, der 29. September, das ist das Nächste, was Sie gemeinsam beschlossen haben, wenn ich richtig infor­miert bin. Die Frau Bundeskanzlerin hat es vorhin angesprochen, der Herr Bundesprä­sident hat es gesagt: Beiden wäre es lieber gewesen, aus vielen Gründen, die auch die Österreicherinnen und Österreicher teilen, früher zu wählen. – Nein, Ihr Pakt sieht vor, am 29. September gehen wir wählen.


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Viele von uns fragen sich: Was ist das nächste Projekt, das Sie gemeinsam vorhaben? (Abg. Rosenkranz: Na Nichtraucher! Das ist das Nächste, oder wie schaut’s aus? – Abg. Hauser: Wegen 14 Tagen eine Krise!)

Ich sage Ihnen eines: Sie haben mit Ihrer Entscheidung, einem demokratisch legiti­mierten Bundeskanzler das Misstrauen auszusprechen, Österreich geschwächt. (Zwi­schenruf der Abg. Steger.) Wir diskutieren jetzt Europa- und Außenpolitik. Wer sich auf der europäischen Ebene nur ein bisschen auskennt, weiß, es macht einen riesigen Unterschied, ob dort ein demokratisch legitimierter Bundeskanzler sitzt oder eine Über­gangskanzlerin. Aber das Wahlergebnis war Ihnen zu viel, plus 7,5 Prozent, das war der SPÖ zu viel und das war auch der FPÖ zu viel. Die beiden Verlierer haben sich noch am Wahlabend gefunden, und einen Tag später musste Sebastian Kurz weg sein. Das war Ihr gemeinsames Programm – viel mehr haben Sie bisher ohnehin nicht gefunden, nur den Wahltermin. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Zanger: Er drückt sich vor der Verantwortung!)

Es gibt überhaupt kein Misstrauen von meiner Seite gegenüber der Übergangsregie­rung, hochqualifizierte Persönlichkeiten stehen hier an der Spitze. (Abg. Leichtfried: Wo ist der Herr Kurz heute?) Ich sage es Ihnen aber noch einmal: Auf europäischer Ebene fallen schon in den nächsten Tagen ganz wichtige Entscheidungen, und erst recht in den nächsten Wochen und Monaten (Abg. Leichtfried: Ist er leicht in Brüssel, der Herr Kurz, oder sonst wo im Ausland?), und Sie haben hier gemeinsam die öster­reichische Position massiv geschwächt, das muss ich Ihnen schon sagen (Zwischenruf der Abg. Steger), wenngleich der neue Außen- und Europaminister Alexander Schal­lenberg Brüssel in- und auswendig kennt; und auch Brüssel kennt Alexander Schallen­berg.

Ich weiß, wovon ich rede, ich durfte mit ihm, als ich Staatssekretär im Außenministe­rium war, auf europäischer Ebene zusammenarbeiten, aber auch vorher schon, als ich im Finanzministerium war. Er ist einer jener österreichischen Diplomaten, die dieses Land auszeichnen, die weit mehr tun, als ihre Pflicht ist, wenn notwendig, an sieben Tagen in der Woche, und das zu jeder Tages- und Nachtzeit. So kennen ihn auch un­sere europäischen Partner, und das ist gut in dieser Situation, denn, wie gesagt, insge­samt ist diese Regierung eine, die geschwächt in diese Verhandlungen geht.

Es geht um das EU-Budget! Da geht es über die nächste Legislaturperiode hinaus, auch wenn wir im Herbst wählen gehen. Österreichische Interessen bestmöglich zu vertreten. Das ist für die Übergangsregierung schwieriger. (Abg. Rosenkranz: Wir ha­ben von der Sparsamkeit schon gehört! Das wirkt sich auf das EU-Budget sicher gut aus!) – Herr zukünftiger Volksanwalt Rosenkranz! Ja, er kennt sich gut aus, aber es geht darum, wie stark jemand legitimiert ist. (Abg. Rosenkranz: Wir legitimieren ihn zu 100 Prozent! Bei Ihnen weiß ich es nicht!) Wir sind am Wahlsonntag enorm gestärkt worden und wären gestärkt in diese Verhandlungen gegangen, eben aufgrund dieses Ergebnisses. Es gibt keine zweite proeuropäische Partei, meine Damen und Herren, die so zulegen konnte wie die Österreichische Volkspartei mit Sebastian Kurz an der Spitze. Das hat Ihnen so wehgetan, daher musste Kurz weg, das war Ihr Programm! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Wo ist er jetzt? – Abg. Hauser: Ein erfolgrei­cher Innenminister war euch im Weg!)

Ich sage Ihnen aber eines: Es tut Ihnen nicht gut, wenn Sie Parteiinteressen so scham­los vor Staatsinteressen stellen. (Abg. Hafenecker: Das schlägt doch dem Fass den Boden aus!) Das Einzige, was gut ist: Am 29. September – ich glaube, so haben Sie es festgelegt – treffen die Österreicherinnen und Österreicher die Entscheidung, wer in Zukunft demokratisch legitimiert in diesem Land die Erstverantwortung hat, und ich bin mir sicher, die Österreicherinnen und Österreicher werden eine gute Entscheidung für


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unser Land treffen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hafenecker: Wir wollen keine Alleinre­gierung!)

11.53


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Angela Lueger zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


11.53.46

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her­ren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen, werte Kollegen! Werte Damen und Herren vor den Fernsehschirmen! Ich muss zuallererst einmal Danke schön sagen, ein Dankeschön an Sie alle, dass Sie sich eigentlich über Nacht bereit erklärt haben, diese Funktionen für den Staat Österreich zu übernehmen, ein recht herzliches Dankeschön auch für Ihre Beiträge, die Sie heute mit den Begriffen Verlässlichkeit, Verantwortung und Sachlichkeit untermalt haben.

Was war die Ausgangslage? – Ein Bundeskanzler hat mit den Worten „Genug ist ge­nug“ aufgelöst, ein Bundeskanzler hat aufgelöst. Er hat geglaubt, mit 30 Prozent eine Alleinregierung machen und all jene Regierungsmitglieder abservieren zu können, die ihm nicht in den Kram gepasst haben. Er hat in seiner Amtszeit das Parlament miss­achtet, es gab keinen Dialog, er war aufgrund seiner europäischen Verpflichtungen oft nicht im Parlament. Was mich aber wirklich verstört hat: Wenn er da war, habe ich im­mer den Eindruck gehabt, es interessiert ihn nicht, er hat mit dem Handy gespielt, das hat auch mein Kollege schon erwähnt. Und da muss ich jetzt wirklich sagen, ich fühle mich heute von Ihnen als Abgeordnete erstmals ernst genommen. – Vielen Dank dafür. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht nicht an, dass wir eine Spaltung der Gesellschaft zulassen, dass Großkon­zerne im Gegenzug für ihre großen Spenden Forderungen stellen, die umzusetzen dann von der Regierung verlangt wird, und Kapitalinteressen weiterverfolgt werden. Das waren Vorzeichen, die uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht gefallen haben und aufgestoßen sind, daher hat unsere Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner entschieden, eine Expertenregierung einzuteilen; und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, das war die richtige Entscheidung. Es war wirklich die richtige Entschei­dung. (Abg. Winzig: „Einzuteilen“?) – Nicht „einzuteilen“, Entschuldigung, das war jetzt der falsche Begriff: entschieden, eine Expertenregierung zu inthronisieren. Ich hoffe, das passt jetzt so. (Abg. Lopatka: Das ist aber jetzt auch nicht sehr demokratisch!)  Wenn jetzt der Zwischenruf kommt, das war nicht sehr demokratisch, dann muss ich Ihnen schon sagen, Herr Kollege Lopatka, das wurde mit einer Mehrheit hier be­schlossen! Das wurde mit einer Mehrheit hier beschlossen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lopatka: „Inthronisieren“ war nicht demokratisch!)

Wir haben jetzt eine ExpertInnenregierung, die den Konsens mit dem Parlament sucht, Verlässlichkeit und Sachlichkeit erwarten lässt. Und wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen bis zum Wahltermin nicht die Hände in den Schoß legen, wir wollen die Dinge bis zum Herbst weiter vorantreiben. Dass es nicht nur leere Worte waren, die wir heute von Ihnen gehört haben, zeigt mir ein Treffen, das wir mit Ihnen, Herr Innenminister, schon hatten. Es war für mich ein sehr positives Signal, dass Sie den Kontakt zu uns gesucht haben und der Austausch wirklich ein sachlicher, fachli­cher und korrekter war. – Vielen Dank dafür.

Herr Außenminister, Österreich braucht eine aktive Außenpolitik, die für Frieden, Si­cherheit und eine gerechte Wirtschaftsordnung sorgt, und dazu gehört auch der Kampf gegen die Klimakrise. Dass Sie sich dafür engagieren, ist eine Forderung, die wir an Sie stellen. Die österreichische Außenpolitik war immer nur dann stark, wenn sie von einem breiten außenpolitischen Konsens getragen wurde, und ich setze darauf, dass


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diese Bundesregierung und im Speziellen Sie, Herr Außenminister, sich weiterhin um diesen breiten Konsens bemühen werden.

Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden unsere Ziele weiterhin ver­folgen. Wir haben das Ziel, das Vertrauen der Menschen in die Politik wieder zurückzu­gewinnen. Ich möchte nur drei Punkte anführen: das Thema Arbeitszeit. Wir sollen nicht leben, um zu arbeiten, wir wollen Arbeitszeiten, mit denen auch ein Familienleben möglich ist. Etwa das Beispiel der Polizei: Da müssen so viele Überstunden gemacht werden, dass viele Familien daran scheitern. Wir wollen da entsprechende Rahmenbe­dingungen, wir wollen, dass die Kindergartenplätze ausgebaut werden, und wir wollen eine Regierung, die sich daran orientiert, dass der Sozialpartner ein Partner ist und nicht jemand, der einfach ignoriert werden kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Wöginger, Sie haben vorhin gesagt, Sie wollen eine Erhöhung der Min­destpension, das steht noch an. Dann sagen Sie aber auch ehrlich dazu: Wen wird diese Erhöhung der Mindestpension erreichen? – Sie verlangen 40 Beitragsjahre, da­von muss ich als Frau 35 Jahre gearbeitet haben, fünf Jahre werden für Kindererzie­hungszeiten angerechnet. Das wird niemand erreichen, das ist ein Schönschreiben dessen, was nicht passieren wird.

Wir wollen ein Gesundheitssystem, das solidarisch finanziert ist, mit gleichen qualitativ hochwertigen Leistungen. Wir werden den Nichtraucherschutz weiter vorantreiben, und das Wasser muss natürlich geschützt bleiben. Das Thema Wohnen beschäftigt ja nicht nur uns in Österreich, sondern auch die Politik auf europäischer Ebene. Es kann und darf nicht sein, dass junge Familien daran scheitern, dass 50 Prozent ihres Familien­einkommens für Wohnen draufgehen. Das muss sich ganz einfach verändern.

Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, mit unserer Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner an der Spitze, wollen in Zukunft eine Politik basierend auf Sachlichkeit, Diskurs und Mehrheiten im Parlament – im Sinne eines sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalts und einer lebendigen Demokratie. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Mag. Roman Haider zu Wort ge­meldet. – Bitte.


12.00.04

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Außenminister Mag. Schallenberg! Aus außenpolitischer Sicht war die Zeit der Koalitionsregierung – die Zeit, bevor die ÖVP aus reiner Machtgier Neuwahlen vom Zaun gebrochen hat – eine durchaus gute Zeit für Österreich und seine Bürger, und das aus einem sehr einfachen Grund: Diese Regierung hat das Wohl ihrer Bür­ger – der österreichischen Bürger – in den Mittelpunkt gestellt.

Man sollte meinen, das sei für eine Bundesregierung ganz selbstverständlich, sieht man sich aber die rot-schwarze Vorgängerregierung gerade auch aus außenpolitischer Sicht an, dann kriegt man da einen ganz anderen Blick. Gerade das Feld der Außen­politik zeigt ganz besonders deutlich, wie sehr das rot-schwarze Tandem die Interes­sen der Österreicher vernachlässigt hat und wie das rot-schwarze Tandem oft sogar entgegen den Interessen der Österreicher und Österreicherinnen gehandelt hat. Ei­gentlich hat es in dieser Zeit überhaupt keine eigenständige österreichische Außenpoli­tik gegeben, denn das Außenministerium unter Rot-Schwarz war in dieser Zeit nicht viel anderes als der verlängerte Arm von Brüssel. Ganz brav wurde jeder Befehl aus Brüssel ausgeführt, und ob diese Befehle im Interesse der Österreicher und Österrei­cherinnen waren, das hat die Bundesregierung überhaupt nicht interessiert. (Zwischen-


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ruf des Abg. Scherak. – Abg. Drozda: Das ist eine Rede ...!) Das außenpolitische Mot­to damals unter Rot-Schwarz war offensichtlich: Österreich zuletzt!

Das hat sich aber mit 17. Dezember 2017 grundlegend geändert, ab da war nämlich Schluss mit dieser Brüsselhörigkeit. Ab dem Zeitpunkt, an dem eine von der FPÖ no­minierte Außenministerin ihr Büro bezogen hat, hat sich das gewandelt, es hat damit aufgehört, und es hat sich sehr schnell gezeigt, dass ein neuer Wind am Minoritenplatz weht. Da hat sich auch sehr schnell gezeigt, dass das österreichische Außenministe­rium nicht mehr einfach nur Befehlsempfänger der EU ist. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Drozda und Scherak.)

Als außenpolitischer Sprecher der FPÖ bin ich da auf eine Entscheidung wirklich ganz besonders stolz, nämlich auf die Entscheidung, dem UN-Migrationspakt nicht beizutre­ten. (Beifall bei der FPÖ.) Da hat sich wie bei kaum einer anderen außenpolitischen Entscheidung gezeigt, dass es jetzt nicht mehr heißt: Österreich zuletzt!, sondern dass es heißt: Österreich zuerst!, wenn die Freiheitlichen Teil der Bundesregierung sind.

Die Vorbereitungen für diesen Pakt haben schon im Jahr 2016 ganz still und heimlich begonnen. Von Anfang an sollte dieser UN-Migrationspakt so quasi hinter dem Rücken der Öffentlichkeit, hinter dem Rücken der Bürger, unter Ausschluss der Öffentlichkeit – natürlich, könnte man fast meinen – beschlossen werden. Ich zitiere jetzt einmal, wofür dieser Pakt gedacht ist, nämlich für die „Verbesserung der Verfügbarkeit [...] der Wege für eine reguläre Migration“. Das wäre nach dem Migrationsdesaster des Jahres 2015 bei den Österreicherinnen und Österreichern ganz schlecht angekommen, und darum war für uns Freiheitliche Transparenz ganz wichtig, damit die Österreicherinnen und Österreicher auch wissen, was diese Bundesregierung tut.

Das zweite wichtige Ziel war, dem Migrationspakt nicht beizutreten. Das war gar nicht so einfach, denn als der Migrationspakt verhandelt wurde, war das Außenministerium unter Außenminister Sebastian Kurz in die Verhandlungen involviert. Diesen Pakt hat noch das Kabinett Sebastian Kurz verhandelt, darum ist es eine umso größere Leis­tung, dass es unter freiheitlicher Regierungsbeteiligung gelungen ist, dem Migrations­pakt nicht beizutreten. Das ist ein ganz, ganz klarer Erfolg der FPÖ. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben damit natürlich europaweit eine Diskussion angestoßen und haben damit auch gezeigt, wofür wir stehen. Wichtig ist für uns: Wer nach Österreich kommen darf, das bestimmen die Österreicher, das bestimmen wir selbst und das wird nicht von der UNO beschlossen, das wird auch nicht von der EU-Kommission beschlossen (Abg. Meinl-Reisinger: Geht nicht!) – das wird allein hier in Österreich beschlossen. (Abg. Meinl-Reisinger: Geht nicht!) Darum bin ich sehr stolz darauf, dass wir den Beitritt Ös­terreichs zum Migrationspakt verhindert haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Migrationspakt hat aber auch gezeigt, dass selbst in schwierigen, kontroversen Fragen ein Konsens in einer solchen Koalition gefunden werden konnte. Gerade des­wegen ist es auch wirklich schade – an die Adresse der ÖVP –, dass diese Koalition mutwillig und ohne Not zerschlagen worden ist, zerschlagen von Sebastian Kurz nach einem würdelosen Schachern, Handeln, Feilschen um das Innenministerium – kurz könnte man sagen: die ÖVP im Machtrausch. Das war das Ende dieser erfolgreichen Koalitionsregierung. Schade, aber das hat die ÖVP zu verantworten. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist aber Vergangenheit, wenden wir uns der Zukunft zu! Erstmals in der Zweiten Republik hat Österreich jetzt eine Übergangsregierung, eine Beamtenregierung – eine neue Situation, eine neue Herausforderung für uns alle. Mir ist durchaus bewusst, dass von dieser Regierung keine wesentlichen Neuerungen und Initiativen ausgehen wer­den, trotzdem habe ich als außenpolitischer Sprecher meiner Partei vor allem drei Wünsche an den neuen Außenminister Mag. Schallenberg.


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Der erste Wunsch: größtmögliche Transparenz. Gerade große außenpolitische Projek­te wie eben solch ein Migrationspakt dürfen nicht hinter dem Rücken der Bürger ver­handelt werden. Da wünsche ich mir auch schon in der Verhandlungsphase Transpa­renz, und nicht erst danach.

Der zweite Wunsch: Nehmen Sie das Wohl Österreichs und seiner Bürger als oberste Richtschnur für Ihr Handeln und nicht die Vorgaben der UN-Generalversammlung oder der EU-Kommission! Sie sind den Österreichern verantwortlich.

Und der dritte Wunsch: Vergessen Sie nicht die Auslandsösterreicher! Allesamt sind sie Botschafter unseres Landes in aller Welt und werden trotzdem – auch von uns im­mer wieder – ein bisschen stiefmütterlich behandelt. Führen Sie daher bitte Ihr Amt ge­wissenhaft nach der Devise: Österreich zuerst!, aus, dann kann gar nicht viel schiefge­hen. Für Ihre Tätigkeit wünsche ich Ihnen im Sinne der österreichischen Bürger alles Gute. (Beifall bei der FPÖ.)

12.07


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster: Herr Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak. – Bitte.


12.07.41

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundes­kanzlerin! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sie müssen hier leider teilweise erleben, dass sich gewisse Parteien der Vergangen­heitsbewältigung zuwenden und einmal stundenlang diskutieren, wer jetzt wieder nicht wo schuld war. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.)

Herr Kollege Haider hat uns gerade den größten Erfolg der FPÖ-Regierungsbeteiligung erklärt, nämlich dass die Außenministerin, die auf einem FPÖ-Ticket im Außenministe­rium saß und für die Europaagenden nicht zuständig war, nicht Befehlsempfängerin von Brüssel war. Gratuliere, Herr Kollege Haider, das ist das größte Ereignis und der größte Erfolg der FPÖ: Eine nicht zuständige Ministerin ist nicht Befehlsempfängerin! Ich gratuliere Ihnen dazu. (Beifall bei den NEOS.)

Herr Kollege Lopatka hat es richtig angesprochen, es gibt wichtige Entscheidungen, die in den nächsten Monaten auf europäischer Ebene zu treffen sein werden: einer­seits die Anfangsverhandlungen zum Budget, zum Mehrjährigen Finanzrahmen, ande­rerseits zwei auch aus österreichischer Sicht sehr relevante Personalentscheidungen. Erstens: die Frage, wen wir als Republik Österreich als EU-Kommissar, als EU-Kom­missarin nominieren. Ich weiß, das ist jetzt vielleicht etwas Neues, weil das in Ös­terreich nicht so geübt wird, aber wir haben jetzt, glaube ich, auch aufgrund der Exper­tenregierung die einmalige Chance, dass wir mehr auf Expertise schauen und weniger auf das Parteibuch, das jemand in der Hand hat. Wir wissen alle, bis jetzt gab es eine Partei, die immer den Kommissar auf europäischer Ebene gestellt hat. Auch wenn da unterschiedliche Persönlichkeiten entsprechende Expertise eingebracht haben, glaube ich, dass es sehr gut wäre, wenn wir, wie es auch Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorschlägt, schauen, dass wir das aus den dunklen Kammern herausholen und diese Entscheidungsfindung so öffentlich wie möglich und so transparent wie mög­lich gestalten.

Als Bundesregierung müssen Sie ein Einvernehmen mit dem Hauptausschuss herstel­len, und ich glaube, wir täten gut daran, wenn wir da ein Hearing machen würden, wenn wir so transparent wie möglich auch öffentlich Leute dazu einladen würden, sich zu bewerben, und wenn wir, ganz unabhängig davon, von welchem parteipolitischen Hintergrund jemand kommt, uns darauf einigen könnten, dass wir jemanden finden, der vielleicht keinen parteipolitischen Hintergrund hat. Das ist etwas, das sehr sinnvoll wäre. Was auch gut wäre, ist, wenn wir eine Frau nach Brüssel schicken würden, um dort mitzuarbeiten.


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Ein zweiter Punkt, der auch in den nächsten Wochen und Monaten ganz relevant sein wird, ist die Frage des Kommissionspräsidenten, der Kommissionspräsidentin. Es ist natürlich ein wenig subjektiv, wenn ich sage, ich wünsche mir eine Kommissionspräsi­dentin, weil ich glaube, dass wir aus der liberalen Parteienfamilie eine sehr starke Kan­didatin haben; aber selbst wenn nicht, glaube ich, dass es, wenn wir es schon schaf­fen, in Österreich zum Glück die erste Bundeskanzlerin zu haben, auch ein gutes Zei­chen wäre, wenn wir es auf europäischer Ebene schaffen würden, die erste Kommis­sionspräsidentin zu haben. Geht es nach mir, sollte das natürlich Margrethe Vestager sein; findet sich eine andere, ist es mir auch recht. Eine Frau wäre ein großartiges Zei­chen. (Beifall bei den NEOS.)

12.10


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster: Herr Abgeordneter Dr. Peter Pilz. – Bitte.


12.10.31

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Frau Präsidentin! Frau Bundeskanzlerin! Werte Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Nur drei ganz kurze Bemerkungen zur neuen Bundesregierung: Erstens eine kleine Richtigstellung zum Kollegen Lopatka, der meinte, diese Regierung sei im Gegensatz zur Vorgängerregierung nicht demokratisch legitimiert (Abg. Lopatka: Von einer Wahl!): Nein! Die Regierung von Altkanzler Kurz war bis zum mit überwältigender Mehrheit gefassten Misstrauensvotum des Parla­ments eine demokratisch legitimierte Regierung, ab diesem Zeitpunkt war die Regie­rung Kurz nicht mehr demokratisch legitimiert. Die jetzige Bundesregierung ist keine Übergangsregierung, sondern eine ganz normale, demokratisch legitimierte Regierung, nichts anderes! (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweitens gibt es einen entscheidenden Unterschied der Regierung Bierlein zur Regie­rung Kurz – ich habe mir die einzelnen Positionen angeschaut –: Das ist die erste Bun­desregierung, die ich persönlich in diesem Haus erlebe, in der im Vergleich zur Vor­gängerregierung jede einzelne Position qualitativ besser besetzt ist. (Beifall bei JETZT.) Das ist doch etwas Tolles! Das ist ja ganz erfreulich. Das war sicherlich nicht der Zweck des Misstrauensvotums, aber es ist ein sehr schönes sachliches Ergebnis.

Drittens, eine ganz persönliche Bemerkung: Ich bin im Dezember 1986 zum ersten Mal im österreichischen Nationalrat angelobt worden und habe bis vor kurzer Zeit nur Re­gierungen mit ÖVP-Beteiligung erlebt – nur Regierungen mit der ÖVP! –, und ich mer­ke plötzlich ein Gefühl einer neuen Freiheit. Das ist so ein schönes Lebensgefühl. (Beifall bei JETZT.) Eine Regierung ohne ÖVP, das ist eine Befreiung. Stellen Sie sich vor, ein ÖVPler ruft gewohnheitsmäßig in einem Ministerium an, um sich einen Posten zu bestellen, und niemand hebt ab! Das ist etwas Besonderes. Da hat sich etwas geändert, und diese Änderung sollten wir nützen. Österreich sollte sich daran gewöh­nen, ohne ÖVP geht’s nicht nur, sondern es geht sogar besser! (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt zu dem, worum es mir geht: Ich stelle Ihnen da ein Bild hin (das Porträt eines Kindes vor sich auf das Rednerpult stellend), das ist ein Bild von Murtaja Qureiris, der etwas angestellt hat. Er hat als Zehnjähriger in Saudi-Arabien auf einer Straße in ein Megafon reingerufen, dass er sich für Menschenrechte einsetzt. Mit 13 Jahren ist er verhaftet worden. Das saudische Regime hat abgewartet, bis er 18 wird, um ihn dann für das, was er als Zehnjähriger getan hat, hinrichten lassen zu können. Das ist so un­fassbar!

Wir sitzen hier in einem Haus, wo so etwas erstens undenkbar ist und wo zweitens vie­le von uns darauf stolz sind, dass Schülerinnen und Schüler auf die Straße gehen, um sich gemeinsam für die Zukunft unseres Planeten und von uns allen einzusetzen. Dort ist einer mit zehn Jahren auf die Straße gegangen, um etwas Selbstverständliches zu


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sagen: Ich bin für Menschenrechte. – Ein zehnjähriges Kind, das acht Jahre später von staatlichen Kindesmördern umgebracht werden soll!

Das ist der Punkt, zu dem ich einen Entschließungsantrag einbringe, wobei ich an Sie appelliere, diesem als ganz klares Signal, auch zur Rettung dieses jungen Menschen, zuzustimmen. Erinnern Sie sich, wir haben diskutiert: Sollen wir das König-Abdullah-Zentrum gleich zusperren – es hätte viele Gründe dafür gegeben – oder sollen wir noch warten? Einige von Ihnen, insbesondere aus der ÖVP, aber nicht nur aus der ÖVP, haben gesagt: Wir warten ein letztes Mal, wir signalisieren: Ändert eure Politik! – Das Signal ist aber offensichtlich nicht angekommen.

Mein Entschließungsantrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Freilassung von Murtaja Qureiris und die Schließung des Abdullah-Zentrums“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, wird ersucht,

1. alle ihr politisch und diplomatisch zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um die Ermordung des Jugendlichen Murtaja Qureiris zu verhindern und seine Freilassung zu erwirken, und für den Fall, dass diese Verhandlungen scheitern sollten, sämtliche diplomatischen Beziehungen zu Saudi-Arabien abzubrechen und das in Österreich zu­geteilte saudi-arabische diplomatische Personal auszuweisen,

2. vom Übereinkommen zur Errichtung des Internationalen König Abdullah bin Abdu­laziz Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog (kurz ‚Errichtungsüberein­kommen‘) zurückzutreten (Art XVIII Errichtungsübereinkommen), sowie

3. das entsprechende Abkommen über den Sitz des Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (kurz ‚Amtssitzabkom­men‘) zu kündigen (Art 23 Amtssitzabkommen).“

*****

Ein Nationalrat, der etwas auf sich hält, der etwas auf Menschenrechte hält und der insbesondere Kinder vor einer derart grausamen Verfolgung auf der ganzen Welt schützen will, sollte diesem Antrag zustimmen. Ich glaube, das ist ein wichtiges ge­meinsames Zeichen, das wir am heutigen Tag möglichst einstimmig nicht nur nach Saudi-Arabien senden sollten. – Danke sehr. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.16

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Freundinnen und Freunde

betreffend die Freilassung von Murtaja Qureiris und die Schließung des Abdullah-Zentrums

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1 betreffend „Erklä­rungen der Bundeskanzlerin und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Ge-


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schäftsordnung des Nationalrates anlässlich des Amtsantrittes der neuen Bundesregie­rung“ in der 80. Sitzung des Nationalrates, XXVI. GP, am 12. Juni 2019

Begründung

Wie am 7. Juni 2019 bekannt wurde, soll der mittlerweile 18-jährige Murtaja Qureiris in Saudi-Arabien hingerichtet werden, weil er sich als Kind für etwas einsetzte, auf das wir hierzulande stolz sind: Er hat für Menschenrechte demonstriert. Murtaja Qureiris engagierte sich bereits als 10-Jähriger und nahm an friedlichen Demonstrationen teil. Auf den von CNN veröffentlichten Videos ist eine Gruppe von Jungen auf ihren Fahrrä­dern zu sehen, die gut gelaunt auf der Straße demonstrieren.1 Später hat er durch ein Megaphon gerufen: „Die Leute brauchen Menschenrechte!“2

Drei Jahre später wurde Murtaja Qureiris festgenommen. Heute sitzt er bereits seit fünf Jahren im Gefängnis. Nach seiner Festnahme 2014 kam er zunächst in Einzelhaft. MenschenrechtsaktivistInnen gehen davon aus, dass er damals der jüngste Mensch war, der in Saudi-Arabien im Gefängnis saß. Laut Amnesty International wurde ihm für ein Geständnis die Freilassung versprochen.3

Die saudische Staatsanwaltschaft wirft Murtaja Qureiris vor, an Anti-Regierungsprotes­ten teilgenommen zu haben und einer „terroristischen Vereinigung“ anzugehören. Da­für ziehe die Anklage die Höchststrafe in Betracht. Daher droht dem Teenager, dessen einziges „Verbrechen“ es war, sich für Menschenrechte in seiner Heimat einzusetzen, nun die Todesstrafe durch Köpfen und anschließendem Kreuzigen des verstümmelten Körpers.

Nach dem Fall Khashoggi zeigt das saudische Regime erneut, wie es mit seinen Kri­tikern umgeht und dass es auch vor der Ermordung von Kindern bzw. Teenagern nicht zurückschreckt. Wer Kritiker verhaften, foltern und ermorden lässt, wer 13-jährige Kin­der einsperrt und anschließend köpfen lässt, kann nicht zur gleichen Zeit Partner eines „Dialogs“ über Menschenrechte und Religionsfreiheit sein. Deshalb wird die Bundesre­gierung erneut aufgefordert, das Internationale König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog zu schließen.

Das Regime in Riad versteht nur eine klare und deutliche Sprache: Ohne Respekt vor dem Leben und der Würde von Menschen gibt es keinen Dialog. Diese Grenze muss auch die österreichische Politik in aller Deutlichkeit ziehen. Jetzt.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, wird ersucht,

1. alle ihr politisch und diplomatisch zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um die Ermordung des Jugendlichen Murtaja Qureiris zu verhindern und seine Freilassung zu erwirken, und für den Fall, dass diese Verhandlungen scheitern sollten, sämtliche diplomatischen Beziehungen zu Saudi-Arabien abzubrechen und das in Österreich zu­geteilte saudi-arabische diplomatische Personal auszuweisen,

2. vom Übereinkommen zur Errichtung des Internationalen König Abdullah bin Abdula­ziz Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog (kurz „Errichtungsüberein­kommen“) zurückzutreten (Art XVIII Errichtungsübereinkommen), sowie


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3. das entsprechende Abkommen über den Sitz des Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (kurz „Amtssitzabkom­men“) zu kündigen (Art 23 Amtssitzabkommen).“

1 https://www.spiegel.de/politik/ausland/murtaja-qureiris-teenager-in-saudi-arabien-droht-die-todesstrafe-a-1271507.html.

2 https://kurier.at/chronik/welt/als-13-jaehriger-verhaftet-saudi-arabien-will-teenager-koepfen/400518040.

3 https://www.spiegel.de/politik/ausland/murtaja-qureiris-teenager-in-saudi-arabien-droht-die-todesstrafe-a-1271507.html.

*****


Präsidentin Doris Bures: Dieser Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nun hat sich Herr Bundesminister Dkfm. Eduard Müller zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


12.16.46

Bundesminister für Finanzen Dkfm. Eduard Müller, MBA, betraut mit der Leitung des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Frau Bundes­kanzlerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Budget ist immer das Gleichgewicht aus den Entscheidungen der Ver­gangenheit und den Erwartungen der Zukunft. Das Gleichgewicht auf allen Ebenen zu finden und zu wahren, das wird die Herausforderung für mich, für uns in den nächsten Wochen und Monaten sein, das Gleichgewicht zwischen dem Lösen von aktuellen Pro­blemen und dem Vorbereiten einer ordnungsgemäßen Übergabe an die nächste Bun­desregierung, die Balance zwischen dem Verwalten funktionierender Abläufe und dem Gestalten notwendiger Handlungsfelder und, ich wäre nicht Finanzminister, natürlich das Gleichgewicht, die Balance von Einnahmen und Ausgaben.

Ich stehe hier vor Ihnen als Bundesminister, aber ich stehe eigentlich stellvertretend für die Qualifikation und für die Motivation der österreichischen Verwaltung insgesamt. Ich selbst kann in diese Funktion noch meine Sachkenntnis, meine Erfahrung als jahre­langer Prüfer eines Finanzamts, als Fachexperte im Finanzministerium, auf internatio­naler Ebene, aber auch als Verwaltungsmanager oder als Geschäftsführer eines mittel­ständischen Unternehmens einbringen.

Die besondere Situation dieser österreichischen Bundesregierung erfordert eine be­sondere Verantwortung von ihren Mitgliedern und, wie von der Frau Bundeskanzlerin bereits ausgeführt, auch ein besonderes Amtsverständnis – ein Amtsverständnis, das ich teile –, nämlich Demut vor dem Amt und Verlässlichkeit im Amt.

Als Vertreter der Exekutive fühle ich mich dem Gemeinwohl verpflichtet. Was heißt das? – Das heißt, im Rahmen der bestehenden Gesetze mit den vorhandenen Res­sourcen bestmöglich zu verwalten und zu gestalten, mit einem großen Ziel, eine ge­ordnete, stabile Vollziehung an eine neue demokratisch legitimierte Bundesregierung zu übergeben.

Im Interesse dieses Gemeinwohls sehe ich folgende Schwerpunkte für die nächsten Wochen und Monate in meiner Funktion als Bundesminister für Finanzen, aber auch in meiner Funktion als Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport:

Erstens: Sicherstellen eines ordnungsgemäßen Budgetvollzugs und Vorbereitung der Übergabe eines entsprechenden Haushalts an die nächste Bundesregierung.


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Zweitens: Gewährleistung der Steuer- und Zolleinnahmen durch eine funktionierende Finanzverwaltung.

Drittens: die Vertretung der österreichischen Interessen im internationalen und vor al­lem im europäischen Rahmen.

Viertens: die Kontinuität im Vollzug der Bereiche öffentlicher Dienst und Sport.

Und fünftens, das ist heute schon mehrfach gefallen: die Gewährleistung der Rechts­staatlichkeit – ich möchte noch ergänzen –, auch durch Unterstützung der notwendigen Legistik, die wir da und dort vielleicht in den nächsten Wochen brauchen werden.

Geschätztes Hohes Haus! Natürlich kommt mir gerade in dieser Zeit auch eine unan­genehme Funktion zu, nämlich die des Budgetwächters. Meine geschätzten Kollegin­nen und Kollegen der Bundesregierung musste ich schon im Vorfeld ein bisschen um Verständnis ersuchen, aber ein Budget ist nun einmal auch – nicht nur – die Kunst, Enttäuschungen gleichmäßig zu verteilen. An Sie, geschätztes Hohes Haus, kann ich nur appellieren: Die Wahlgeschenke von heute sind die Steuererhöhungen von mor­gen. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und NEOS sowie der Abg. Bißmann.)

Als Finanzminister möchte ich daher Ihnen und damit auch den Österreicherinnen und Österreichern anbieten, dass unser Haus geplante Maßnahmen sehr rasch einer Wir­kungsanalyse unterzieht, sodass wir Sie dabei unterstützen können, bestmögliche Ent­scheidungsgrundlagen transparent, nachvollziehbar zur Verfügung zu haben. Die politi­sche Beurteilung und natürlich die politische Entscheidung liegen in Ihrer Verantwor­tung. Wir als Exekutive können Sie nur mit entsprechenden Grundlagen bestmöglich unterstützen.

Ich sehe mich in meinem Amt aber auch als Verwaltungsmanager, im Allgemeinen für den gesamten öffentlichen Dienst, im Besonderen für die Finanzverwaltung, aus der ich auch komme. Ich kann dabei auch auf meine Erfahrung in der Leitung der öster­reichischen Steuer- und Zollverwaltung mit doch mehr als 9 000 Kolleginnen und Kolle­gen, aber auch in der Geschäftsführung eines Privatunternehmens zurückgreifen. Als Verwaltungsmanager werde ich versuchen, die laufenden Aufgaben gewissenhaft und natürlich auch effizient zu erfüllen, gleichzeitig aber auch begonnene Reformen und In­novationen – zum Beispiel im Bereich der Digitalisierung – weiter voranzutreiben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn die öffentliche Diskussion in den letzten Wochen sehr stark auf unsere innenpolitische Situation fokussiert war: Die Welt – Kol­lege Schallenberg hat das schon erwähnt – in und um Österreich bewegt sich weiter. Als überzeugter Europäer sehe ich mich daher gefordert, in meinem Fall gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen Finanzminister der anderen Mitgliedstaaten, die ak­tuellen Herausforderungen – das drohende Defizitverfahren Italiens, der mehrjährige Finanzrahmen der EU, Themen, die Sie kennen – zu bewältigen. Es gilt, die Interessen Österreichs und die Interessen Europas bestmöglich zu vertreten. Ich hoffe, dass ich das am kommenden Freitag bei meinem ersten Ecofin unter Beweis stellen darf.

Letztendlich fällt mir noch ein bisschen die Rolle des Sportlers zu, zum einen natürlich in der Verantwortung als Bundesminister für Sport – ich komme jetzt wahrscheinlich noch ein bisschen weniger zum Sport als vorher –, zum anderen aber auch, weil ich bereits in den ersten Tagen zweierlei gemerkt habe: Es braucht im politischen Umfeld Schnelligkeit, zum Beispiel um Sie, Hohes Haus, bei Ihren Maßnahmen bestmöglich zu unterstützen, und gleichzeitig braucht es auch Ausdauer, Ausdauer vor allem, um die Stabilität – noch einmal: insbesondere in budgetärer Hinsicht – sicherzustellen. Gestat­ten Sie mir, dass ich daher wie die Frau Bundeskanzlerin ebenfalls auf Cicero verwei­se, der einmal sinngemäß gesagt hat: Die beste Einnahmequelle eines Staates ist sei­ne Sparsamkeit.


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Geschätztes Hohes Haus! Ich verspreche Ihnen, dass ich die mir übertragene Verant­wortung gewissenhaft und in einem sehr engen Dialog mit Ihnen wahrnehmen werde. Ich bitte Sie dabei um Ihre Unterstützung, um Ihren Dialog, denn nur gemeinsam kann es gelingen, das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in die politische Handlungsfähigkeit und damit in die Zukunft dieses Landes zu bewahren. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

12.25


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Abgeordnete Dr.in Angelika Winzig zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.25.30

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche der neuen Übergangsregierung alles Gute und bedanke mich dafür, dass Sie die Regierungsgeschäfte in den nächsten Monaten füh­ren werden. Die Unterstützung unserer Fraktion ist Ihnen natürlich sicher. (Beifall bei der ÖVP.)

Ehrlich gesagt aber: Meine ÖVP-Kolleginnen und -Kollegen und ich haben uns weder Neuwahlen noch diese neue Übergangsregierung gewünscht. Wir wollten weiterhin das mit unserem Koalitionspartner verhandelte Regierungsprogramm abarbeiten, denn wir haben gemerkt, wie positiv unser Reformkurs bei den Bürgerinnen und Bürgern an­kommt. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher möchte ich mich auch bei Ihnen, Herr Staatssekretär DDr. Hubert Fuchs, bei meinem Budget-Pendant Erwin Angerer, aber auch bei Finanzsprecher Hermann Brückl sowie beim Budget- und Finanzteam von der FPÖ ganz herzlich für die Zusam­menarbeit bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Unsere Koalitionsregierung hatte ein klares Ziel, nämlich Österreich zum Land der Möglichkeiten für alle Bürgerinnen und Bürger zu machen – Chancen statt Schulden, Steuerentlastungen statt neuen Belastungen –, und wir waren auch sehr gut unter­wegs. Bei der Schuldenquote ging die Trendwende Richtung 70 Prozent. Wir haben er­folgreich mit allen Ministern daran gearbeitet, einen Budgetüberschuss zu erzielen, wir haben die Steuern auf Einkommen bis 1 948 Euro gesenkt, wir haben den Familienbo­nus für unsere Familien ins Leben gerufen, der sehr positiv ankam, wir haben die von der Bevölkerung so sehnsüchtig gewünschten Reformschritte gestartet – ich nenne nur die Strukturreform der Sozialversicherungsträger –, und wir hatten noch sehr, sehr viel vor. (Beifall bei der ÖVP.)

Leider nahmen aber bei unserem Koalitionspartner die sogenannten Einzelfälle zu, und das Video von Strache und Gudenus hat das Fass eindeutig zum Überlaufen gebracht. Es entspricht eben nicht unserer Wertevorstellung, eine russische Übernahme der „Kronen Zeitung“ vorzuschlagen und illegale Parteienfinanzierung aus Russland zu ak­quirieren. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Verlagerungen von öffentlichen Aufträ­gen an russische Baufirmen entsprechen auch nicht unserem Wertesystem. (Abg. Ha­fenecker: ... Benko!) Das entspricht aber auch nicht den Wahlkampfversprechungen von Herrn Strache und Herrn Vilimsky, denn im EU-Wahlkampf wurde ein Brief an die Senioren geschickt, in dem stand: Wir schützen Österreich vor dem Ausverkauf ins Ausland.

Für uns war es sonnenklar, dass die gesamte damalige Führung, jene von 2017 – und dazu zählt auch der damalige Generalsekretär –, zurücktritt. Daher war die Neuwahl die Entscheidung von Herrn Kickl und sicherlich nicht die der ÖVP. (Beifall bei der ÖVP. – Ah-Rufe bei der FPÖ. – Abg. Hafenecker: Das ist ja gar nicht die Person, sondern ...!) 


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Die Bürgerinnen und Bürger haben dies überhaupt nicht verstanden, denn sie haben unsere gemeinsame Sachpolitik sehr geschätzt. Sie verstehen aber auch nicht diesen Rendi-Kickl-Pakt, diesen Misstrauensantrag, der gegen die gesamte Bundesregierung und gegen unseren Bundeskanzler eingebracht worden ist. Dies schadet nicht nur un­serem Ansehen im Ausland, es schadet auch unserem Wirtschaftsstandort. Österreich hat eine 60-prozentige Exportquote. Das ist sicherlich nicht gut für unseren Arbeits­markt in der Zukunft.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn Wahlzeiten immer auch Zeiten kollektiver Unvernunft sind, appelliere ich doch an Ihre Stimme der Vernunft. Ich war damals nicht dabei, aber wir erinnern uns sicher alle an diese Nacht von 23. auf 24. September 2008. Bitte sprengen Sie nicht das Budget, wie es damals der Fall war! Wir sind auf einem guten Weg, gemeinsam ein Budget zu machen, das zukunftsfit ist. Sie dürfen durch sogenannte Wahlzuckerlanträge hier im Hohen Haus der Jugend keinen Belastungsrucksack umhängen. Das wäre verantwortungslose Politik. Ich dan­ke auch Ihnen, Herr Finanzminister, dass Sie das bereits angeschnitten haben.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich darf mich heute von Ihnen verabschieden, mein Weg geht Richtung EU-Parlament. Ich möchte mich aber auch bei meinen Wäh­lerinnen und Wählern für meine 84 931 Vorzugsstimmen bei der EU-Wahl bedanken; ich versichere, ich werde mit diesem Vertrauen sehr, sehr sorgsam umgehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Last, but not least darf ich mich bei meinen ÖVP-Kolleginnen und -Kollegen, bei un­seren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Klub besonders für die letzten zwei Jahre bedanken. Ich wünsche euch weiterhin viel Mut, viel Reformbereitschaft für eure politi­sche Arbeit und natürlich auch den Zusammenhalt und die Freundschaft, die wir in un­serem Klub pflegen. Ich kann nur sagen: You are simply the best, und ich werde euch vermissen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.30


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek zu Wort gemeldet. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Oh, jetzt verliert die SPÖ wieder ...!)


12.31.19

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundeskanz­lerin! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Das ist heute in der Tat eine ganz außergewöhnliche Situation, denn als Frauensprecherin der Sozial­demokratie freut es mich natürlich, dass wir hier die erste Bundeskanzlerin begrüßen dürfen und dass 50 Prozent der Regierungsmitglieder Frauen sind. Ich freue mich auf die nächsten Monate mit Ihnen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

Eine ganz kurze Replik auf Frau Kollegin Winzig: Damals wurden Beschlüsse gefasst, fast alle von der ÖVP mitgetragen, nur drei nicht, ungefähr zehn Reformen, die rund 1,4 Milliarden Euro gekostet haben und ganz vielen Menschen etwas bringen. Allein der erste Teil der Steuerreform, den Sie umsetzen wollten, würde den Unternehmen 1,6 Milliarden bringen. Ich will hier nur dieses Ungleichgewicht noch einmal erwähnen. (Abg. Hauser: Das stimmt ja schon wieder nicht! – Ruf bei der FPÖ: ... für Sie viel­leicht!) Sie haben seinerzeit ganz viele sozialpolitische Errungenschaften mitgetragen, die heute noch positiv nachwirken; das sei Ihnen nur gesagt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Sieber und Winzig.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, diese fast vier Monate, die vor uns liegen, werden von Sachlichkeit getragen sein, davon bin ich überzeugt, weil die anerkannten Persönlichkeiten, die die Mitglieder dieser Bundesregierung ausmachen, auf einer sehr vertrauenswürdigen und guten Basis mit uns VolksvertreterInnen zusammenarbeiten werden. Heute haben wir schon einen kleinen Vorgeschmack auf Wadlbeißerei zwi-


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schen den ehemaligen Regierungsparteien bekommen; ich glaube, dass es nicht ange­bracht ist, das in den nächsten Monaten hier fortzusetzen.

Das freie Spiel der Kräfte wird die eine oder andere Zusammenarbeit zwischen Par­teien ergeben, die vielleicht noch nie zusammengearbeitet haben, vielleicht zwischen Parteien, die schon öfter zusammengearbeitet haben. Ich darf nur erinnern: 35 Prozent aller Regierungsvorhaben haben wir hier in der Vergangenheit sowieso einstimmig, al­so alle Parteien gemeinsam, beschlossen. Warum soll das eine oder andere nicht ge­lingen, wie zum Beispiel, wenn es darum geht, dass wir unser Wasser nicht verkaufen wollen? Wir wollen das nicht! Das Wasser ist wichtig, die Bevölkerung will das Wasser auch in Zukunft gratis und uneingeschränkt nutzen. – Das ist das eine. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Nächste ist das NichtraucherInnenschutzpaket, dazu gehört auch, dass Eltern auf Spielplätzen nicht rauchen sollten. Auch das wird hier einer Probe unterzogen und, wie ich glaube, eine Mehrheit bekommen.

Natürlich geht es auch um Vereinbarkeitsfragen, sehr geehrte Kolleginnen und Kolle­gen. Die Möglichkeit, vier Wochen nach der Geburt eines Kindes zu Hause zu sein, die im öffentlichen Dienst tätige Papas schon länger in Anspruch genommen haben, ohne Bezahlung, was jetzt als Familienzeitbonus eingeführt wurde, sollte doch für alle mit Anspruch auf Entgelt eingeführt werden. Auch da sehe ich, dass wir Themenkoali­tionen bilden könnten, die nicht nur die Wirtschaft weiterbringen, denn die Papas kommen ja reicher zurück, nämlich reicher um die Erkenntnisse aus dem Zusammenle­ben mit dem Säugling. Vielleicht lassen sich manche verleiten, später auch in Väter­karenz zu gehen. Es geht auch darum, dass freiwilligen Helferinnen und Helfern fünf Tage bezahlt werden, wenn sie unter Einsatz all ihrer Kräfte ihre Zeit opfern.

Ja, es wird ein Wettbewerb der guten Ideen und der Menschlichkeit, das hat die Frau Bundeskanzlerin heute gesagt. Genau diese Menschlichkeit ist in der letzten Zeit ein bisschen abgegangen, es war in den letzten 17 Monaten so.

Gestatten Sie, dass ich hier aushole und auch zwei, drei Dinge anführe, die von so­zialer Spaltung und nicht von sozialer Einigkeit getragen wurden. Wir haben nicht jede und jeden in diesem Land mitgenommen, nein, die vorige Bundesregierung hat ganz bewusst Akzente und Taten gesetzt, die nicht alle umfasst haben, obwohl ich zutiefst davon überzeugt bin, dass 99,9 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher, der Menschen, die hier leben, leistungsbereit sind und das, was sie leisten können, auch leisten. Sie aber haben die Leute in Gruppen unterteilt: die einen, die Minderleister sind, und die anderen, die mehr leisten.

Es kann nicht nur aufs Geldbörsel ankommen, es kann nicht nur bedeuten, dass die mit dem fetten Konto bedient werden und die mit dem schmalen Geldbörsel das Nach­sehen haben. Ich spreche da vor allem von Frauen, die alleine mit ihren Kindern leben, die durch die Sozialhilfe Neu schwer benachteiligt werden, die durch den Familien­bonus unter Umständen schwer benachteiligt werden, denn mit 250 Euro im Jahr ab­gespeist zu werden, im Gegensatz zu denen, die ein bisschen mehr verdienen und 1 500 Euro pro Kind bekommen, das ist auch ein Ungleichgewicht, das wir in diesen neuen Konstellationen beheben könnten, was dann allen Menschen helfen würde. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen für junge Leute Wohnen, das leistbar ist, durchsetzen, wir wollen gute Schu­len für unsere Kinder. Wir wollen nicht das, was Sie gemacht haben: Sie haben die für die Ganztagsbetreuung vorgesehenen Geldbeträge – das war unter Ihrer Vorgängerre­gierung mit einer gewissen Summe dotiert – halbiert, und jetzt verkaufen Sie es uns, als wäre das die Superinnovation. – Also bitte reißen Sie sich zusammen, Kollege Wö­ginger, weil ich Sie gerade anschaue, und bleiben Sie bei der Wahrheit! Verkaufen Sie


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uns nicht Dinge, wo Sie die Beträge unmittelbar vorher halbiert haben, als tolle Inno­vation! (Abg. Wöginger: Ausverhandelt mit den Ländern und Gemeinden, Frau Kolle­gin!)

Wir wollen auch Offensiven für den Klimaschutz; und wir haben von den jungen Leuten gehört, die sich in den neuen Medien ganz, ganz automatisch bewegen wie die Fische im Wasser. Digitalisierung von klein auf, Klimakrise bewältigen – das sind die Themen, mit denen wir uns beschäftigen wollen, nicht nur in den nächsten vier Monaten, son­dern vor allem in Zukunft und für die Zukunft der Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.37


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter DDr. Hubert Fuchs. – Bitte.


12.38.00

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Herr Fi­nanzminister! Herr Innenminister! Geschätzte Bundesregierung! Zahlreiche steuerliche Maßnahmen des Regierungsprogramms konnten in den ersten 17 Monaten von dieser schwarz-blauen Regierung erfolgreich umgesetzt werden.

Ich darf die drei wichtigsten steuerlichen Maßnahmen eingangs nennen: Die erste Maßnahme war die Senkung des Mehrwertsteuersatzes von 13 auf 10 Prozent auf Be­herbergungsumsätze. Die zweite Maßnahme war die Einführung des Familienbonus Plus ab 1.1.2019, und die dritte Maßnahme war die Senkung des Arbeitslosenversi­cherungsbeitrags für die Geringverdiener. Und wie wäre es mit dieser Steuerreform, mit unserer Nettooffensive weitergegangen? – Wir können diese Steuerreform, Herr Klubobmann Wöginger – er sitzt jetzt nicht an seinem Platz –, immer noch als Initiativ­antrag von ÖVP und FPÖ einbringen.

Ich habe diese Steuerreform maßgeblich mitverhandelt. Ich stehe nach wie vor zu die­sem Verhandlungsergebnis, und ich würde mir sehr wünschen, dass wir diese Steuer­reform, zumindest den ersten Teil für 2020, bei dem eben die Legistik im BMF schon feststeht, gemeinsam mit der ÖVP umsetzen können. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte hier nur ein paar Highlights aus dem Ministerratsvortrag vom 1. Mai 2019 anführen. Was wäre 2020 passiert? Oder besser gesagt: Was könnte 2020, wenn wir die Unterstützung der ÖVP haben, noch alles passieren? – Wir könnten die Arbeitneh­mer, die Pensionisten, die Selbstständigen und die Land- und Forstwirte mit niedrigen Einkommen mit dem Sozialversicherungsbonus in Höhe von 900 Millionen Euro pro Jahr massiv entlasten. Im Durchschnitt hätten die betroffenen Arbeitnehmer pro Jahr 280 Euro weniger an Sozialversicherungsbeiträgen bezahlt. Kleinunternehmer – bis zu einem Jahresumsatz von 35 000 Euro – hätten bei der Einkommensteuer von einer großzügigen Betriebsausgabenpauschalierung profitiert und auch von einer Anhebung der Kleinunternehmergrenze bei der Umsatzsteuer. 350 000 Unternehmer hätten sich bis zu 400 000 Steuererklärungen erspart, hätten also keinen Steuerberater mehr ge­braucht.

Wir hätten eine Win-win-Situation: Die Unternehmer sparen sich das Geld, und die Ver­waltung erspart sich natürlich den entsprechenden Aufwand. Und zu guter Letzt hätten wir die betragliche Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter von 400 auf 800 Euro erhöhen können – geplant wäre gewesen: im Jahr 2021 auf 1 000 Euro –, und das könnten wir noch immer tun.

2021 wäre dann die erste Etappe der Entlastung der Lohnsteuer- und Einkommensteu­erzahler durch die Senkung des Eingangssteuersatzes von 25 auf 20 Prozent erfolgt. Zusätzlich hätten wir für die Arbeitnehmer das Werbungskostenpauschale von 132 Eu-


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ro auf 300 Euro pro Jahr erhöht. Damit hätten wir sichergestellt, dass 60 000 Arbeit­nehmer in Zukunft keine Arbeitnehmerveranlagung mehr machen müssen. 2021 wäre auch ein Kernstück dieser Steuerreform in Kraft getreten, nämlich die Neukodifikation des Einkommensteuergesetzes, das Einkommensteuergesetz 2020, für das wir massi­ve Vorarbeiten geleistet haben. Dadurch wäre es selbstverständlich auch zu einer massiven Vereinfachung der Lohnverrechnung gekommen, die von den Unternehmen, aber natürlich auch von den beratenden Berufen permanent gefordert wird.

2022 wäre dann beim Einkommensteuertarif die zweite Etappe erfolgt. Wir hätten die zweite Progressionsstufe von 35 Prozent auf 30 reduziert und die dritte Progressions­stufe von 42 auf 40 Prozent, ein ganz wichtiger Bestandteil. Mitarbeiter hätten am Ge­winn des Unternehmens steuer- und sozialversicherungsfrei partizipieren können, und zwar auch Mitarbeiter von Einzelunternehmen und von Personengesellschaften, nicht nur von Kapitalgesellschaften, wie es derzeit der Fall ist.

Wir hätten zu guter Letzt auch die Körperschaftsteuer gesenkt; aber auch für die Klein­unternehmer hätten wir etwas getan: Wir hätten den Grundfreibetrag für die Einzelun­ternehmer und für die Personengesellschaften auf 100 000 Euro ausgeweitet. Bagatell­steuern wie insbesondere die Schaumweinsteuer wären abgeschafft worden. Die Schaumweinsteuer, das wissen wir alle, schadet der heimischen Wirtschaft massiv und kostet mehr, als sie bringt. Das heißt, eigentlich müssten wir die Schaumweinsteuer sofort abschaffen.

Auch die Schaffung einer einheitlichen Bemessungsgrundlage bei den Lohnnebenkos­ten, Stichwort einheitliche Dienstgeberabgabe, hätte zu einer weiteren massiven Ver­einfachung in der Lohnverrechnung geführt.

Unsere Steuerreform, unsere Nettooffensive, wie wir sie am 1. Mai beschlossen haben, wäre eine ehrliche Steuerentlastung für alle Arbeitnehmer, Pensionisten, aber auch für Unternehmer gewesen, nicht eine, die mit der rechten Hand nimmt und mit der linken Hand wieder gibt, wie das bei der letzten Steuerreform 2015/2016 der Fall war. Es wä­re eine ehrliche Steuerreform gewesen; ehrlich, weil ohne neue Steuern, ohne neue Schulden. In der Endausbaustufe hätte diese Nettooffensive eine Entlastung von 8,5 Milliarden Euro pro Jahr für die Österreicherinnen und Österreicher bedeutet, und zwar jedes Jahr 8,5 Milliarden.

Wir würden diese Steuerreform liebend gerne noch mit der ÖVP umsetzen, mit der wir insbesondere im steuerlichen Bereich sehr gut zusammengearbeitet haben. Ich darf mich auch bei dir, liebe Angelika Winzig, bedanken und dir alles Gute für Brüssel wün­schen. Wir Freiheitlichen werden aber auf jeden Fall alles tun, damit zumindest die Schritte, die für 2020 geplant waren, entsprechend umgesetzt werden können. Im Fi­nanzministerium sind wir mit der Legistik fertig. Das Sozialministerium hat noch Nach­holbedarf im Bereich des Sozialversicherungsbonus, und ich würde mich sehr freuen, wenn Frau Bundesministerin Zarfl uns da entsprechend unterstützen könnte.

Bei Herrn Bundesminister Müller möchte ich mich nicht nur für die sehr gute Zusam­menarbeit während meiner Tätigkeit als Staatssekretär bedanken, sondern auch dafür, dass er bis dato überhaupt keine Maßnahme, die vor seiner Amtszeit beschlossen wur­de, wieder rückgängig gemacht hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Dank an dieser Stelle auch an den Präsidenten, an den Bundesminister für Inne­res; auch mit ihm war die Zusammenarbeit sehr, sehr gut. – Vielen Dank.

Ich freue mich – bei dieser Gelegenheit – auf die zukünftige gute Zusammenarbeit, und der Übergangsregierung darf ich alles Gute wünschen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.46



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 84

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerald Loa­cker. – Bitte.


12.46.37

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Mit­glieder der neuen Bundesregierung! Wir haben jetzt von Abgeordnetem Dr. Fuchs ein Hättiwari gehört: Was hätte die Regierung alles gemacht, wenn uns nicht Strache und Gudenus das wahre Gesicht der FPÖ auf Video gezeigt hätten! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Was hätten Sie gemacht? – Sie hätten aus dunklen Kanälen Geld genommen, um Auf­träge an Stellen zu verschieben (weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), wo sie nicht hin­gehört hätten. Sie hätten Geld aus dunklen Kanälen genommen, um dieses Geld über Vereinskonstruktionen in die eigenen Kassen zu schieben. (Abg. Zanger: Was ist mit dir?! – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) So wäre es gelaufen, wenn das nicht auf Video aufgezeichnet worden wäre. (Beifall bei den NEOS.)

Kommen wir aber zur neuen Bundesregierung: Es geht nicht nur um A bis Z, von Anstand bis Zukunft, es wohnt auch dem A wie Anfang ein Z wie Zauber inne. Ich habe aus dem Wunsch der Frau Bundeskanzlerin nach einem baldigen Wahltermin schon herausgehört, dass sie ein bisschen ahnt, dass es auf Dauer auch kein Spaß wäre, so zu regieren, ohne Mehrheit im Parlament.

Ich möchte ein bisschen auf die Funktionen des Herrn Finanzministers eingehen, der ja auch Beamtenminister ist. Das Zusammentreffen dieser beiden Funktionen halte ich für einen Glücksfall. Wir haben nämlich bisher dienstrechtlich immer das Problem gehabt, dass die einzelnen Ministerien ihr Personal in Pension und, wenn es nervig war, in Frühpension haben schicken können – in den vorzeitigen Ruhestand, genauer gesagt. Das Dienstrecht hat das Beamtenministerium gemacht, und bezahlen durfte für das al­les dann der Finanzminister. Jetzt liegen zumindest zwei Funktionen beieinander, näm­lich das Dienstrecht auf der einen Seite und das Bezahlen auf der anderen Seite.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf Betriebe lenken, die noch Beamte beschäftigt ha­ben, die ÖBB, die Post, die Postbus und verschiedene andere Gesellschaften, bei de­nen es seit einigen Jahren immer öfter vorkommt, dass man solche Mitarbeiter gegen deren Willen in den Ruhestand versetzt und an den Finanzminister auslagert, der dann zahlen darf, und billige neue Vertragsbedienstete hereinholt. Das müsste so nicht sein, und da sind Sie, glaube ich, fähig, dem auf dem Verwaltungswege ein bisschen entge­genzutreten.

Sie werden mit großer Wahrscheinlichkeit im Herbst die Gehaltsverhandlungen mit den Vertretern der Gewerkschaft der öffentlich Bediensteten führen. Was ich in der Vergan­genheit immer zu den Staatssekretärinnen Steßl und Duzdar und auch zu Vizekanzler Strache gesagt habe, möchte ich auch Ihnen nahelegen: Bitte gehen Sie einmal mit Gegenforderungen in die Verhandlungen! Natürlich will die Gewerkschaft etwas haben, und es ist auch ihre Aufgabe, für die Mitarbeiter etwas zu fordern, aber es gibt auch le­gitime Interessen des Arbeitgebers, in dem Fall der Republik Österreich, zu sagen, ja, aber wir haben auch ein Anliegen. Bitte bereiten Sie diese Gegenforderungen vor, denn Sie haben da eine große Verantwortung, natürlich auch eine große budgetäre Verantwortung.

Sie wissen, mein Anliegen sind immer die Pensionen. Insgesamt geht ein Viertel des Budgets in die Pensionen im öffentlichen Dienst und in die Sozialversicherungspen­sionen. Wir werden erfreulicherweise immer älter, und der Anteil der über 65-Jährigen an der Bevölkerung wird sich verdoppeln. Das bedeutet eine große finanzielle Belas­tung. Wir haben aber in den letzten 14 Monaten über die Mindestsicherung gespro­chen, die 0,92 Milliarden Euro ausmacht, und nicht über die Pensionen, die 21 Milliar-


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den Euro im Jahr ausmachen. Das war eine Themenverfehlung, die Sie leider geerbt haben, aber Sie können jetzt natürlich auch nicht die Gesetze ändern.

Sie haben gesagt, die Geschenke von heute sind die Steuererhöhungen von morgen. Von ÖVP-Seite war eigentlich versprochen, dass nur noch das abgearbeitet wird, was schon in Begutachtung war. Jetzt liest man in den Zeitungen, dass da auch Dinge kom­men sollen, die noch nicht in Begutachtung waren – weil man noch Wählerklientel be­dienen will, zum Beispiel die Pensionisten und auch andere Personengruppen. Sie er­öffnen die Schlacht der Wahlgeschenke, und Sie haben Kollegin Heinisch-Hosek ge­hört, die von 1,6 Milliarden Euro gesprochen hat, die plötzlich übrig sind, die man auch noch verpulvern könnte. Also Sie wecken Begehrlichkeiten, indem Sie hier das Schlacht­feld eröffnen.

Es gibt etwas ganz Einfaches, Herr Minister, was Sie in Zusammenarbeit mit der Frau Sozialministerin tun könnten. Es gibt nämlich die Alterssicherungskommission, die seit über zwei Jahren zusammentreten sollte und noch nicht zusammengetreten ist, daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umge­hende Konstituierung der Alterssicherungskommission und Erstellen des ,Langfristgut­achtens‘“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, das gesetzlich vorgeschriebene Gremium der Alterssicherungskommission schnellstmöglich zu besetzen, sowie das ausständige ‚Langfristgutachten‘ gem. § 2 Alterssicherungskommissions-Gesetz umge­hend erstellen zu lassen und zu veröffentlichen.“

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

12.51

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Umgehende Konstituierung der Alterssicherungskommission und Erstellen des "Langfristgutachtens"

eingebracht im Zuge der Debatte in der 80. Sitzung des Nationalrats über die Erklä­rungen der Bundeskanzlerin und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Ge­schäftsordnung des Nationalrates anlässlich des Amtsantrittes der neuen Bundesre­gierung – TOP 1

Zwar hätte die Alterssicherungskommission (davor KOLAPS - Kommission zur langfris­tigen Pensionssicherung) seit knapp zwei Jahren konstituiert sein sollen, allerdings ist das bisher nicht geschehen. Seitens des BMASGK meinte man im August 2018, dass die Vorsitz-Suche noch laufe. Wenn die Suche abgeschlossen sei, werde die Kommis­sion einberufen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 86

Laut § 2. (1) Alterssicherungskommissions-Gesetz hat die Alterssicherungskommission unter anderem folgende Aufgaben:

1.              Kurzfristgutachten: „Erstattung eines Gutachtens über die voraussichtliche Ge­barung der gesetzlichen Pensionsversicherung sowie über die Kostenentwick­lung der Pensionen der Beamten und Beamtinnen des Bundes, der Länder und der Gemeinden für die folgenden fünf Jahre, längstens bis zum 30. November eines jeden Jahres“

2.              Langfristgutachten: „Erstattung eines Berichtes über die langfristige Entwicklung und Finanzierbarkeit der gesetzlichen Pensionsversicherung sowie der Pen­sionen der Beamten und Beamtinnen des Bundes, der Länder und der Gemein­den bis zum Jahr 2050, längstens bis zum 30. November eines jeden dritten Jahres, erstmals im Jahr 2017“

Vorschläge bei Pensionssystemanpassungen bei höherem Pensionsaufwand

Daran anschließend schreiben die Ziffern 3 bis 5 folgende Aufgaben vor. Sollte es im Zeitverlauf im Bereich der gesetzlichen Pensionsversicherung zu Abweichungen der Annahmen im Langfristgutachten kommen (Lebenserwartung, Erwerbsbeteiligung, Pro­duktivität), die einen finanziellen Mehrbedarf bewirken, hat die Alterssicherungskom­mission zudem den finanziellen Mehrbedarf zu ermitteln. Zudem sind Vorschläge zu er­arbeiten, wie dem finanziellen Mehrbedarf entgegnet werden kann. Als Parameter wer­den dazu folgende genannt: „Beitragssatz“, „Kontoprozentsatz“, „Anfallsalter“, „Pen­sionsanpassung“ und „Bundesbeitrag. Bei Abweichungen im Beamt_innen-Bereich wird das Gesetz etwas weicher, hier „kann“ die Kommission Vorschläge vorlegen.

Vorlage eines Pensionsberichts hätte bereits 2017 erfolgen müssen

Aus aktueller Sicht ist § 2 (3) brisant. Die Bundesregierung hätte demnach dem Na­tionalrat erstmalig schon 2017 einen „Bericht über die langfristige Entwicklung der ge­setzlichen Pensionsversicherung“ sowie einen „Bericht über die langfristige Entwick­lung der Pensionen der Beamten und Beamtinnen des Bundes, der Länder und der Gemeinden“ vorlegen müssen. Die Berichte hätten auch von der Bundesregierung in Auftrag gegeben werden können, völlig unabhängig von der Alterssicherungskommis­sion, da diese in der Regel die Berichte/Gutachten nicht verfasst. Die Alterssicherungs­kommission wird praktisch erst dann entscheidend, wenn es zu Abweichungen bei den Annahmen kommt (§ 2 (1) Ziffer 3-5) und Vorschläge zur Anpassung der oben genann­ten „Parameter“ erarbeitet und vorgeschlagen werden müssen. Dazu muss aber zu­nächst ein Langfristgutachten (entsprechend § 2 (1) Ziffer 2), als Grundlage für die Messung von Abweichungen, vorliegen.

Durch die abwartende Haltung bei der Bestellung der Alterssicherungskommission liegt der Verdacht nahe, dass auch durch diese Regierung die langfristigen Entwicklungen und finanziellen Belastungen des Pensionssystems unter den Teppich gekehrt werden sollen. Die Regierung hat kein offensichtliches Interesse an der langfristigen Sicherung des Pensionssystems und schielt nur bis zum nächsten Wahltermin. Diese Politik ist eine Gefahr für die soziale Sicherheit der jüngeren Generationen und für die soziale Absicherung aller zukünftigen Pensionist_innen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, das gesetzlich vorgeschriebene


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 87

Gremium der Alterssicherungskommission schnellstmöglich zu besetzen, sowie das ausständige "Langfristgutachten" gem. § 2 Alterssicherungskommissions-Gesetz um­gehend erstellen zu lassen und zu veröffentlichen"

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und ausreichend unterstützt; er steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann. – Bitte, Herr Klubvor­sitzender.


12.51.54

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Frau Präsidentin! Frau Bundeskanz­lerin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Entsetzt haben mich heute Früh die Ausführungen von Klubobmann Wöginger zum freien Spiel der Kräfte: „Casi­noparlamentarismus“! Wenn es darum geht, Maßnahmen, die sinnvoll sind, im Rah­men des freien Spiels der Kräfte zu beschließen, dann meint er, es handle sich um die Verschleuderung von Steuergeldern. Wenn es aber umgekehrt darum geht, Maßnah­men aus dem Regierungsprogramm einer Regierung umzusetzen, an der die ÖVP be­teiligt war, dann ist das natürlich kein Wahlgeschenk, dann ist das natürlich in Ord­nung. (Abg. Winzig: Weil es budgetiert ist!) Ich finde, Herr Klubobmann, das ist uner­träglich. (Abg. Winzig: Das ist budgetiert, Herr Rossmann!)

Unerträglich finde ich aber auch die Zurufe, die vonseiten der NEOS zum freien Spiel der Kräfte kommen, die einen sogenannten Pakt der Verantwortung formulieren, in dem sie Steuerzuckerln, milliardenschwere Steuerzuckerln ohne Gegenfinanzierung ausschließen. Und was haben die NEOS gemacht? – Die NEOS haben in der Sonder­sitzung am 27. Mai einen Initiativantrag zur Abschaffung der kalten Progression einge­bracht, ein milliardenschweres Steuergeschenk ohne Gegenfinanzierung selbstver­ständlich. Wissen Sie, was dieser Pakt ist, meine Damen und Herren von den NEOS? – Das ist ein Pakt der Verantwortungslosigkeit. Verschrotten Sie diesen Pakt ehestmög­lich! (Beifall bei JETZT.)

Wir wollen das freie Spiel der Kräfte in erster Linie für Maßnahmen nutzen, die das Budget nicht belasten oder äußerst gering belasten. Da geht es etwa um ein soge­nanntes Demokratiepaket, Stichwort Parteienfinanzierung, Informationsfreiheitsgesetz, aber auch die Ministeranklage als Minderheitsrecht, was ja heute hier in diesem Hohen Haus noch zur Abstimmung gelangen wird.

Eine Maßnahme, die budgetäre Kosten verursacht, haben wir natürlich auch drinnen, das ist die sogenannte Unterhaltsgarantie. Es gibt das Versprechen von fünf Partei­chefs aus dem Jahr 2017, diese Maßnahme zu beschließen, um Kinderarmut in die­sem Land zu vermeiden.

In den Anträgen, die wir einbringen, sind aber auch Maßnahmen zum Klima- und Um­weltschutz enthalten, zum Umweltschutz beispielsweise das sogenannte Plastiksa­ckerlverbot. Dazu wird ja heute ein gemeinsamer Antrag von ÖVP und FPÖ einge­bracht werden, allerdings handelt es sich hiebei um ein Plastiksackerlverbot, das ein Anhängsel zum Abfallwirtschaftsgesetz ist. Das wollen wir nicht. Wir wollen ein Plastik­sackerlverbot, das diesen Namen verdient, und wir werden daher einen Entschlie­ßungsantrag einbringen, um die Regierung aufzufordern, dieses Plastiksackerlverbot zu finalisieren, damit wir eine ordentliche, eine gescheite Lösung zustande bringen und nicht eine halbherzige Lösung. (Beifall bei JETZT.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 88

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Verbot des Inverkehrsetzens von Kunststofftragetaschen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tou­rismus, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu einem Verbot des Inverkehrsetzens von Kunststofftragetaschen auf Basis des bereits bestehenden Ministerialentwurfs und unter Einbeziehung der Ergebnisse des Begutachtungsverfah­rens in der Begründung, mit allfälliger Änderung des Gesetzestextes, bis 30. Juni 2019 zuzuleiten.“

*****

Wenn ich Klimaschutz sage, dann meine ich aber auch, dass wir jetzt keine Regierung haben dürfen, die sich nur als eine versteht, die verwaltet und nicht gestaltet. Wir hat­ten bisher im Bereich Klimaschutz trotz Klimakrise einen Stillstand, und es geht nicht an, dass wir in dieser wichtigen Frage in den nächsten sechs, sieben, acht Monaten – wie lange immer diese Interimsphase dauern mag – nicht handeln. Der Klimawandel, die Klimakrise darf nicht verwaltet werden, da muss gestaltet werden, da müssen drin­gend Maßnahmen gesetzt werden. Da sind Sie, Herr Bundesminister für Finanzen, ge­fordert, durch das Ingangsetzen einer ökosozialen Steuerreform aufkommensneutral das, was an Steuern eingenommen wird, beispielsweise durch CO2-Steuern, eins zu eins wieder an private Haushalte und an Unternehmungen zurückzuführen. Diese Maßnahme ist, neben der Abschaffung von klimaschädlichen Subventionen, von denen das Wirtschaftsforschungsinstitut ja gemeint hat, es handle sich dabei um eine Grö­ßenordnung von mindestens 3 bis 4 Milliarden Euro, eine der stärksten Waffen im Kampf gegen die Klimakrise.

Ein anderer Bereich ist aber die schwächer werdende Konjunktur. Wenn Ihnen die Ba­lance wichtig ist, dann muss es Ihnen wichtig sein, dem Klimawandel gegenzusteuern, denn sonst drohen Strafzahlungen in der Größenordnung von 6,6 Milliarden Euro; und bei der schwächer werdenden Konjunktur und der steigenden Arbeitslosigkeit werden Sie sehr rasch erleben, wie sich das negativ auf die Einnahmensituation und auf die Steigerung der Ausgaben auswirken wird. Da wäre ernsthaft darüber nachzudenken – und auch da sind Sie gefordert – die Entlastung der niedrigen Einkommen als konjunk­turgegensteuernde Maßnahme zu beschließen. Da sind Sie gefordert, da brauchen wir Gestaltung durch die Regierung. Der Klimaschutz und der Kampf gegen die Klimakrise erlauben keinen Aufschub.

Abschließend möchte ich noch einen Entschließungsantrag betreffend „die Freilassung von Murtaja Qureiris und die Schließung des Abdullah-Zentrums“ einbringen.


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich würde Sie bitten, kurz zu warten, bis ich den Antrag auch habe, damit ich schauen kann, ob er wirklich ordnungsgemäß ein­gebracht wird. (Ein Mitarbeiter der Parlamentsdirektion übergibt Präsidentin Bures ein Exemplar des entsprechenden Antrages.) – Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie, den Antrag jetzt zu verlesen.


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Gerne. Ich bringe also folgen­den Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Ing. Norbert Hofer, Mag. Thomas Drozda, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „die Freilassung von Murtaja Qureiris und die Schließung des Abdullah-Zentrums“


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 89

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, wird ersucht,

1. alle ihr politisch und diplomatisch zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um die Hinrichtung des Jugendlichen Murtaja Qureiris zu verhindern und seine Freilassung zu erwirken,

2. vom Übereinkommen zur Errichtung des Internationalen König Abdullah bin Abdu­laziz Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog (kurz ‚Errichtungsüberein­kommen‘) zurückzutreten (Art XVIII Errichtungsübereinkommen), sowie

3. das entsprechende Abkommen über den Sitz des Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (kurz ‚Amtssitzabkom­men‘) zu kündigen (Art 23 Amtssitzabkommen).“

*****

Die Begründung hat ja schon Herr Abgeordneter Peter Pilz vorgenommen. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

12.59

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Verbot des Inverkehrsetzens von Kunststofftragetaschen

eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 1: „Erklärungen der Bundes­kanzlerin und des Vizekanzlers gemäß § 19 Abs. 2 GOG-NR anlässlich des Amtsantrit­tes der neuen Bundesregierung“

Begründung

Aufbauend auf europäischen Vorgaben wie dem Kreislaufwirtschaftspaket und der Plastikstrategie sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, in verschiedenen Bereichen aktiv gegen die Entstehung von Kunststoffabfällen und deren Verteilung in der Umwelt vor­zugehen. Im Vortrag an den Ministerrat vom 5. Dezember 2018 wurden bereits Maß­nahmen zur Reduktion von Plastikabfällen in Österreich beschrieben. Eine der vielen notwendigen Maßnahmen ist ein generelles Kunststofftragetaschenverbot. Dazu liegt ein Ministerialentwurf vor und das Begutachtungsverfahren ist bereits abgeschlossen. Die eingeleitete Initiative für eine Regierungsvorlage soll nun vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Begut­achtungsverfahrens finalisiert werden, damit ein Inverkehrsetzungsverbot bereits An­fang 2020 in Kraft treten kann.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tou­rismus, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu einem Verbot


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 90

des Inverkehrsetzens von Kunststofftragetaschen auf Basis des bereits bestehenden Ministerialentwurfs und unter Einbeziehung der Ergebnisse des Begutachtungsverfah­rens in der Begründung, mit allfälliger Änderung des Gesetzestextes, bis 30. Juni 2019 zuzuleiten.“

*****

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Norbert Hofer, Thomas Drozda, Freundinnen und Freunde

betreffend die Freilassung von Murtaja Qureiris und die Schließung des Abdullah-Zen­trums

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1 betreffend „Erklä­rungen der Bundeskanzlerin und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Ge­schäftsordnung des Nationalrates anlässlich des Amtsantrittes der neuen Bundesre­gierung“ in der 80. Sitzung des Nationalrates, XXVI. GP, am 12. Juni 2019

Begründung

Wie am 7. Juni 2019 bekannt wurde, soll der mittlerweile 18-jährige Murtaja Qureiris in Saudi-Arabien hingerichtet werden, weil er sich als Kind für etwas einsetzte, auf das wir hierzulande stolz sind: Er hat für Menschenrechte demonstriert. Murtaja Qureiris engagierte sich bereits als 10-Jähriger und nahm an friedlichen Demonstrationen teil. Auf den von CNN veröffentlichten Videos ist eine Gruppe von Jungen auf ihren Fahr­rädern zu sehen, die gut gelaunt auf der Straße demonstrieren.1 Später hat er durch ein Megaphon gerufen: „Die Leute brauchen Menschenrechte!“2

Drei Jahre später wurde Murtaja Qureiris festgenommen. Heute sitzt er bereits seit fünf Jahren im Gefängnis. Nach seiner Festnahme 2014 kam er zunächst in Einzelhaft. MenschenrechtsaktivistInnen gehen davon aus, dass er damals der jüngste Mensch war, der in Saudi-Arabien im Gefängnis saß. Laut Amnesty International wurde ihm für ein Geständnis die Freilassung versprochen.3

Die saudische Staatsanwaltschaft wirft Murtaja Qureiris vor, an Anti-Regierungspro­testen teilgenommen zu haben und einer „terroristischen Vereinigung“ anzugehören. Dafür ziehe die Anklage die Höchststrafe in Betracht. Daher droht dem Teenager, des­sen einziges „Verbrechen“ es war, sich für Menschenrechte in seiner Heimat einzuset­zen, nun die Todesstrafe durch Köpfen und anschließendem Kreuzigen des verstüm­melten Körpers.

Nach dem Fall Khashoggi zeigt das saudische Regime erneut, wie es mit seinen Kri­tikern umgeht und dass es auch vor der Ermordung von Kindern bzw. Teenagern nicht zurückschreckt. Wer Kritiker verhaften, foltern und ermorden lässt, wer 13-jährige Kin­der einsperrt und anschließend köpfen lässt, kann nicht zur gleichen Zeit Partner eines „Dialogs“ über Menschenrechte und Religionsfreiheit sein. Deshalb wird die Bundesre­gierung erneut aufgefordert, das Internationale König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog zu schließen.

Das Regime in Riad versteht nur eine klare und deutliche Sprache: Ohne Respekt vor dem Leben und der Würde von Menschen gibt es keinen Dialog. Diese Grenze muss auch die österreichische Politik in aller Deutlichkeit ziehen. Jetzt.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 91

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, wird ersucht,

1. alle ihr politisch und diplomatisch zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um die Hinrichtung des Jugendlichen Murtaja Qureiris zu verhindern und seine Freilassung zu erwirken,

2. vom Übereinkommen zur Errichtung des Internationalen König Abdullah bin Abdu­laziz Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog (kurz „Errichtungsüberein­kommen“) zurückzutreten (Art XVIII Errichtungsübereinkommen), sowie

3. das entsprechende Abkommen über den Sitz des Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (kurz „Amtssitzabkom­men“) zu kündigen (Art 23 Amtssitzabkommen).“

1 https://www.spiegel.de/politik/ausland/murtaja-qureiris-teenager-in-saudi-arabien-droht-die-todesstrafe-a-1271507.html.

2 https://kurier.at/chronik/welt/als-13-jaehriger-verhaftet-saudi-arabien-will-teenager-koepfen/400518040.

3 https://www.spiegel.de/politik/ausland/murtaja-qureiris-teenager-in-saudi-arabien-droht-die-todesstrafe-a-1271507.html.

*****


Präsidentin Doris Bures: Nun sind beide Entschließungsanträge ordnungsgemäß eingebracht, stehen in Verhandlung und gelangen somit nachher zur Abstimmung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Martha Bißmann. – Bitte.


13.00.03

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsi­dentin! Geschätzte Mitglieder der demokratisch legitimierten Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bürgerinnen und Bürger! Verehrte Frau Bundeskanzlerin, verehrte Ministerinnen und Minister, ich gratuliere Ihnen ganz herzlich zur Angelobung. Danke, dass Sie diese Verantwortung übernehmen! Ich gratuliere auch der Republik Österreich, denn mit Ihnen, geschätzte Frau Kanzlerin, schließt sich eine Lücke, die sich vor 239 Jahren mit dem Ableben der Quasikaiserin Maria Theresia aufgetan hat: Seither hatten wir keine Frau mehr an der Spitze Österreichs.

Wissen Sie, welches Wort mir zu Brigitte Bierlein einfällt? – Das Jugendwort 2018 in Deutschland und Österreich: Ehrenfrau. Das bedeutet: eine Frau, die etwas Außerge­wöhnliches für einen anderen macht. Und ja, geschätzte Frau Bundeskanzlerin, Sie leisten der aufgewühlten Republik wahrlich einen außergewöhnlichen, besonderen Dienst.

Gut möglich, dass inspiriert und ermuntert durch das Vorbild Brigitte Bierleins und ihrer zur Hälfte weiblichen Regierung jetzt eine Generation junger Frauen Mut fasst, auch in die Politik zu gehen. Ich selbst orientiere mich an weiblichen Vorbildern in der Politik: einer Jacinda Ardern etwa, neuseeländische Premierministerin, einer Maneka Gandhi, amtierende Frauenministerin Indiens, diese Frauen geben mir in meiner aktuellen Rolle Anker und Orientierung. Und auf meinem Weg in die Politik war die ehemalige Präsi­dentschaftskandidatin und jetzige Kollegin Irmgard Griss ausschlaggebend für mich, selbst in die Politik zu gehen, da sie mich im Wahlkampf 2016 durch ihre integre und unabhängige Art mehr als begeistert hat.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 92

Als partei- und fraktionsfreie Abgeordnete im Hohen Haus berührt mich die Ernennung der höchsten Hüterin der Verfassung auch ganz besonders im Sinne der Unabhängig­keit, weil das freie Mandat, welches ich täglich in meiner Arbeit hier ausübe, fest in der Bundesverfassung verankert ist: Artikel 56 der Bundesverfassung regelt, dass die Mit­glieder des Nationalrates bei der Ausübung ihres Amtes an keinen Auftrag gebunden sind, dass sie weisungsfrei entscheiden. Das, meine Damen und Herren, ist ein klares Bekenntnis zum freien Mandat, ein Grundprinzip der repräsentativen Demokratie – in der Theorie, denn in der Praxis gilt der Klubzwang.

Immer wieder wurden in der Vergangenheit Abgeordnete ausgeschlossen oder auf nicht mehr wählbare Listenplätze gesetzt, wenn sie gegen die Parteilinie gestimmt ha­ben. Sie wurden für ihren Mut und ihr Rückgrat bestraft. Ich frage mich, werte Damen und Herren: Passt eine derartige Sanktionierung der Ausübung des Artikels 56 unserer Bundesverfassung in eine moderne Demokratie des 21. Jahrhunderts? – Das hier ist wahrlich ein Hohes Haus, und alle, die in ihm wirken, verdienen es, frei und unab­hängig reden und abstimmen zu dürfen.

Liebe Klubobleute, Parteivorsitzende! Seien Sie mutig und befreien Sie Ihre Mandatare von der Angst, ausgeschlossen zu werden, wenn sie sich – selten, aber doch – gegen den Klubzwang aussprechen! Es gibt schon Pioniere des freien Mandats hier im Hohen Haus: die Liste JETZT und NEOS. Bei der Liste JETZT sieht man die Fraktion regel­mäßig heterogen abstimmen und aufstehen, in den meisten Fällen jedoch stimmen die Fraktionen geschlossen ab. Genau das, werte Damen und Herren, wird auch passie­ren, wenn Sie den Klubzwang abschaffen.

Zu 99 Prozent, sage ich Ihnen voraus, werden die Fraktionen geschlossen aufstehen, weil man einander, den Kolleginnen und Kollegen, vertraut und weil man ja auch nicht immer die Fachexpertise und die Zeit hat, sich mit jeder Gesetzesmaterie auseinander­zusetzen. Glauben Sie mir, es wird zu mehr Loyalität führen und nicht zu weniger! Es ist doch längst an der Zeit – der Zeitgeist klopft an die Tore des Hohen Hauses und tönt lautstark –: Befreit euch vom Klubzwang, liebe Großparteien ÖVP, SPÖ, FPÖ – Sie haben die Freiheit ja sogar in Ihrem Namen! (Ruf bei der FPÖ: Genau!)

Ich bin der Meinung, dass jetzt der perfekte Zeitpunkt gekommen ist, um das freie Mandat zu stärken, im Spiel der freien Kräfte im Parlament, ohne eingefahrene Struk­turen, Hickhackstrukturen von Opposition kontra Regierung, Regierungsfraktionen kon­tra Oppositionsfraktionen, ohne Koalitionsvereinbarung und ohne eine Regierung der Exekutive, die dem Parlament, der Legislative, vorschreibt, wie sie abzustimmen hat.

Außerdem nehme ich an, dass es Ihnen, Frau Brigitte Bierlein, geschätzte Bundes­kanzlerin, als ehemals höchstrangige Hüterin der Verfassung ja ein ganz besonderes Anliegen sein dürfte, dass wir hier im Hohen Haus verfassungskonform arbeiten. – Vie­len Dank für die Aufmerksamkeit.

13.06

13.06.05


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist dazu nun niemand mehr zu Wort gemeldet. Diese Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über einige Entschließungsanträge. (Abg. Biß­mann begibt sich zur Regierungsbank und reicht den Regierungsmitgliedern die Hand.) – Frau Abgeordnete, wenn Sie Platz nehmen, kann ich mit der Abstimmung über die Ent­schließungsanträge beginnen. (Ruf bei der FPÖ: Das ist ja nur die Verabschiedung! – Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Bösch, Mag. Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt der Sicherheits­schule Wiener Neustadt“.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Entschließungsantrag ausspre­chen, um ein Zeichen der Zustimmung. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) – Das war die klare Mehrheit. Daher ist dieser Entschließungsantrag auch so angenommen. (E 76)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lehre für Asylwerbende ermöglichen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hierfür aussprechen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Der ursprüngliche Entschließungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Pilz wurde zu­rückgezogen.

Dann gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umgehende Konstituierung der Alterssicherungskommission und Erstellen des ,Langfristgutachtens‘“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? (Abg. Wöginger: Gerald, da haben wir einen Antrag eingebracht!) – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Verbot des Inverkehrset­zens von Kunststofftragetaschen“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Ing. Hofer, Mag. Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Frei­lassung von Murtaja Qureiris und die Schließung des Abdullah-Zentrums“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist mit Mehrheit so an­genommen. (E 77) (Abg. Jarolim – in Richtung ÖVP –: Wie man da dagegen sein kann, das ist wirklich daneben!)

13.08.542. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 850/A der Abgeordneten August Wöginger, Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Herbert Kickl, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXVI. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird (630 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Alfred Noll. – Bitte.


13.09.33

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Frau Präsidentin! Frau Bundeskanzlerin! Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung auf der Regierungsbank! Das ist ja schön: Wenn man einmal dagegen ist, dann kommt man als Vertreter der kleins­ten Oppositionspartei gleich als erster Redner dran.

Wenn die verschiedenen Abgeordneten ihre Flashmobs beendet haben (in Richtung je­ner Abgeordneten, die sich im hinteren Teil des Sitzungssaals aufhalten), dann kann man vielleicht hier im Haus auch reden.

Sie alle wissen, dass Sebastian Kurz jüngst affichiert hat: „Rot-Blau hat bestimmt. Das Volk wird entscheiden.“ Ich sage Ihnen: Das ist ein aktiver Beitrag zur Verluderung un-


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serer Verfassungssprache. Jetzt muss man nicht unbedingt ein Anhänger von Jürgen Habermas sein, der in diesen Tagen seinen 90. Geburtstag feiert, um hier das Postulat des Verfassungspatriotismus auszusprechen, aber es hat nicht Rot-Blau bestimmt, sondern es hat der Nationalrat durch Entschließung der vormaligen Regierung das Vertrauen versagt. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Wer am Beginn des Wahlkampfs schon versucht, mit derartigen populistischen und de­magogischen, neben dem Vokabular der Verfassung liegenden Vokabeln Stimmung zu machen, der weckt nur nachdrücklich bei mir wiederum den Eindruck, dass dieser Misstrauensantrag gegen ihn persönlich schon zu Recht erfolgt ist.

Wer überdies das Volk, das gemäß einem Satz von Hans Kelsen im Artikel 1 der Aus­gangspunkt des Rechts ist, dem Nationalrat als Antipode gegenüberstellt, der verkennt den Sinn und den Zweck der parlamentarischen Demokratie, der betreibt tatsächlich eine vokabelmäßige Aufrüstung, die mit dem, was in unserer Verfassung steht, nichts oder kaum etwas zu tun hat. (Beifall bei Abgeordneten von JETZT und SPÖ.)

Ich glaube auch, dass es hoch an der Zeit ist, dieses unsinnige Gerede von einer Über­gangsregierung oder einer Expertenregierung oder auch einer Regierung des Vertrau­ens zu beenden. Wir haben eine Bundesregierung, die um nichts weniger oder mehr demokratisch legitimiert ist als alle anderen Bundesregierungen der Zweiten Republik. Auch die Mitglieder dieser Bundesregierung wurden vom Herrn Bundespräsidenten an­gelobt. Auch viele, viele Ministerinnen und Minister vormaliger Regierungen wurden nicht als Abgeordnete zuvor in den Nationalrat gewählt.

Auch das ist tatsächlich ideologische Nebelbildung, und es trägt vielleicht – und viel­leicht ist das ja auch der Sinn dieser ganzen Sache – dazu bei, bei den Mitgliedern dieser Bundesregierung eine Art Mentalreservation nach dem Motto zu bilden: Na ja, wir sind ja eh nur Übergang, wir sind ja eh nur Stellvertreter. – Das ist politisches Kal­kül.

Zum Glück habe ich im Hinblick auf die personelle Besetzung unserer derzeitigen Bun­desregierung keine Sorge, dass ihre Mitglieder ihr Amt nicht als das wahrnehmen, was ihre Aufgabe entsprechend der Verfassung ist. Clemens Jabloner, unser neuer Vize­kanzler, ist leider schon aus dem Saal abgegangen. In einem Punkt würde ich ihn näm­lich gerne korrigieren wollen: Tatsächlich hat diese Bundesregierung das Vertrauen des Nationalrates. Es ist nicht so, dass, solange dieses Vertrauen nicht ausgesprochen wäre, Misstrauen herrscht, sondern es ist, dem österreichischen Verfassungskonzept folgend, genau umgekehrt. Wir haben in unserem Verfassungsrecht die Formulierung, dass der Nationalrat der Bundesregierung oder einzelnen Mitgliedern das Vertrauen versagen kann. Bis es nicht versagt ist, besteht es. Daran kann es überhaupt keinen Zweifel geben.

Die jetzige Situation ist, empirisch gesprochen, sicher außergewöhnlich, einfach schon deshalb, weil wir sie noch nie hatten und es dafür keine Routinen gibt. Sie ist aber und das haben meines Erachtens zu Recht alle Beteiligten vom Bundespräsidenten bis zur neuen Bundeskanzlerin ausgesprochen – weder eine Staatskrise noch eine Verfas­sungskrise. Sie ist eine große Chance, und diese Chance sollte der Nationalrat nüt­zen – in zwei, drei Punkten hat er damit schon begonnen. Ich glaube, dass es eine Ge­legenheit wäre, dass dieses Haus, die Mitglieder dieses Hauses hier endlich einmal zeigen, dass sie nicht willenlose Marionetten an den Strippen der einzelnen Partei­zentralen sind, sondern dass sie tatsächlich Abgeordnete sind, die im Sinne der Ver­fassung auch für dieses Land arbeiten.

Um nochmals auf Jürgen Habermas zu sprechen zu kommen: Wenn wir das, was bis­her war, einfach fortsetzen, dann haben wir keinen Verfassungspatriotismus, sondern wir setzen einen Parteienpaternalismus fort. Ich glaube, dass es dem Haus gut anstün­de, das zu ändern. (Beifall bei JETZT.)


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Ein letztes Wort zu dem Plakat von Sebastian Kurz, das ich einleitend erwähnt habe: Nicht nur, dass er auf diesem Plakat wie der junge Enver Hoxha ausschaut, der in die Ferne blickt (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ), sondern das, was da als wahlpro­pagandistischer Spruch formuliert ist, nämlich: „Unser Weg hat erst begonnen.“, das ist wirklich übler Phrasenklau. Genau mit dieser Formulierung hat Präsident Januko­wytsch 2011 in der Ukraine tausendfach sein Land zugepflastert, und wir wissen, wer Herr Janukowytsch ist. Er ist jemand, dem nachgesagt wird, dass er seinem Land 40 Milliarden Dollar abgenommen hat. Wir wissen von einem Hochverratsprozess und wir wissen von einem internationalen Haftbefehl, der einmal ausgeschrieben gewesen ist. Ich glaube nicht, dass es richtig ist, dass man sich in Österreich derartige Wahlpro­pagandaformeln von einem derartigen Mann ausleiht. – Danke. (Beifall bei JETZT.)

13.16


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gerstl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.16.12

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur ein kurzes Wort zu meinem Vor­redner: Es ist wirklich unverantwortlich, was hier passiert: dass ein österreichischer Bundeskanzler mit einem Hochverräter – so wie er es bezeichnet hat – verglichen wird. Ich glaube, mehr braucht man dazu nicht zu sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn ein ehemaliger Vizekanzler zu seiner vermeintlich russischen Gesprächspartne­rin sagt, wenn sie die FPÖ auf „Platz 1 bringt“, dann „können wir über alles reden“, meine Damen und Herren, dann gibt es nur eines; dann kann man nur die Reißleine ziehen, und dann ist die einzige Antwort, die man darauf geben kann: Neuwahlen. (Zwischenruf des Abg. Gerstner.) Der Wähler muss entscheiden, denn wir sind kein Staat, der sich korrumpieren lässt. Nein, nein, nein und nochmals nein! (Beifall bei der ÖVP.)

Daher hat Sebastian Kurz gesagt, wir können nicht zur Tagesordnung übergehen, auch wenn das Reformprojekt, das wir mit der FPÖ hatten, ein sehr gutes Reformpro­jekt zugunsten Österreichs und für die Österreicherinnen und Österreicher war.

Meine Damen und Herren! Es wurde in diesen Tagen schon sehr oft darüber geredet, dass die österreichische Bundesverfassung für solche Fälle ein sehr gutes Handlungs­anleitungsinstrument wäre. Ich sage: Da verkennt man die österreichische Bundesver­fassung etwas. Die österreichische Bundesverfassung baut nämlich darauf auf, dass die handelnden Akteure zusammenwirken, in einem gemeinsamen Konsens neue Lö­sungen finden. Das, meine Damen und Herren, hat dazu geführt, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz und Bundespräsident Van der Bellen sich sehr, sehr rasch einig waren, dass, um weiteren Schaden von der Republik abzuhalten, nur eines möglich ist: rasche Neuwahlen.

Der Herr Bundespräsident hat Bundeskanzler Kurz mit der Bildung einer Übergangsre­gierung beauftragt – ich erwähne das deswegen, weil das wahrscheinlich bei vielen schon wieder in Vergessenheit geraten ist –, einer Übergangsregierung, in die Sebas­tian Kurz, nachdem die freiheitlichen Minister zurückgetreten sind, Experten hineinge­nommen hat, Experten, die über alle Parteigrenzen hinweg anerkannt waren. Bis dahin hat das Instrument der österreichischen Bundesverfassung gewirkt, im Konsens der handelnden Akteure weiteren Schaden von der Republik abzuhalten.

Doch dann kam der Rendi-Kickl-Pakt (Ruf bei der SPÖ: Das ist so ein Blödsinn!), dann hat dieser Rendi-Kickl-Pakt der österreichischen Übergangs-/Expertenregierung das Vertrauen im Parlament versagt. Dann gab es die erste politische Krise in diesem Land, wie es sie noch nie gegeben hat, nämlich dass der Bundespräsident eine Über-


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gangsregierung einsetzen musste, die ohne politische Erfahrung bis zur kommenden Neuwahl tätigen werden muss, eine Übergangsregierung bestehend aus Beamten, die, wie der Herr Bundespräsident und heute auch Frau Dr. Bierlein gesagt haben, dazu da ist, das Bestehende zu verwalten, oder, wie Dr. Peschorn gesagt hat: Das Verwalten ist da auch ein „Gestalten im Rahmen der“ bestehenden „Gesetze“.

Doch meine Damen und Herren, was erwarten sich die Österreicherinnen und Öster­reicher von einer Regierung? – Sie erwarten sich mehr von einer Regierung als nur die Verwaltung der bestehenden Gesetze. Sie erwarten sich eine Regierung, die Pläne für die Zukunft erstellt, die dafür Initiativen ergreift, die politische Vorgaben macht und die wirklich auf Zukunftsgestaltung aus ist. Migration, Klimaveränderung, Digitalisierung sind Themen, die rasch eine Bundesregierung erforderen, die sich auf eine Mehrheit im Parlament stützen kann.

Lieber Herr Bundesminister außer Dienst Hofer, Sie haben in der vorigen Debatte ge­sagt, es gäbe keinen Deal zwischen Rendi und Kickl, keinen Deal mit der SPÖ. Wenn dem so ist, Herr Bundesminister außer Dienst Hofer, dann stimmen Sie gegen den Antrag des Abgeordneten Wittmann, die Wahl auf 29. September zu legen. Dann ver­lange ich nämlich eine getrennte Abstimmung, damit Sie alle die Möglichkeit haben, sich für frühe Wahlen zu entscheiden, wie es die Mehrheit der Bevölkerung haben möchte, so wie es in unserem gemeinsamen Antrag schon festgelegt ist, Anfang Sep­tember oder Mitte September. Oder Sie entscheiden sich für den Antrag der SPÖ, die Wahlen erst am 29. September abzuhalten. Sie erhalten hier die Möglichkeit für eine getrennte Abstimmung, die ich verlange. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn es Ihnen nicht darum geht, dann fällt mir nur mehr eines ein: Ein Schelm, wer daran denkt, dass Sie den 29. September vielleicht nur deswegen gewählt haben, weil vier Tage zuvor in diesem Haus bereits eine Plenarsitzung festgelegt ist, bei der Sie vielleicht wieder Verpflichtungen für die österreichische Bevölkerung in Milliardenhöhe eingehen wollen, die die Enkelkinder, Söhne und Töchter unserer Republik noch lange zahlen müssen. (Abg. Scherak: Und da macht die ÖVP mit!) Das wollen wir nicht, mei­ne Damen und Herren! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.22


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wittmann. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Jarolim: Das musst du jetzt richtigstellen, Peter! Das ist ja unglaublich!)


13.22.13

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin ein bisschen verwundert darüber, wie in dem vorangegangenen Redebeitrag Sachen verdreht wurden. Halten wir einmal die Tatsachen fest: Zunächst einmal hat der Parteiobmann der ÖVP die Regierung mit der SPÖ ohne Grund und ohne irgendeinen Anlass verlassen. Es war nicht ersichtlich, wa­rum, außer, dass er sich bessere Chancen ausgerechnet hat. (Ruf bei der ÖVP: Das ist Ihre Geschichte!) Er musste vorher nur noch auf eine menschlich ziemlich hinter­fragenswerte Weise den eigenen Parteiobmann loswerden. Wie das gegangen ist, ha­ben Sie mit Ihrem eigenen Gewissen zu vereinbaren, nicht wir mit unserem. Diese Vor­gangsweise – wie man mit den eigenen Leuten umgeht – war einmalig in der Republik. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Dann haben Sie die zweite Regierung aufgelöst und einen sehr umstrittenen Pakt mit der FPÖ geschlossen, und Sie haben gewusst, auf was Sie sich einlassen. Sie haben gewusst, dass das kommen wird. Sie haben gewusst, dass diese rechten Bemerkun­gen kommen werden. Das weiß man, das ist systemimmanent in der FPÖ. (Ruf bei der FPÖ: Blödsinn!)


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Dann sind plötzlich die Umfragewerte gestiegen, und dann wollte man einen unbeque­men Partner loswerden, weil der ja in Europa und für den Ruf nicht ganz lupenrein ist. Um sich wieder sozusagen in die Gesellschaft der anderen begeben zu können, hat man versucht, die Regierung zu verlassen. Der Anlassfall ist unbestritten – das bestrei­tet nicht einmal die FPÖ, dass das eine unanständige Sache war, was dort behauptet wurde –, einzig und allein für diese Neuwahl verantwortlich ist aber Ex-Bundeskanzler Kurz. (Ruf bei der ÖVP: Nein!) Ganz alleine hat er die Neuwahl gewollt! Er wollte diese Neuwahl. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Jetzt einmal zu Ihrem Demokratieverständnis und zu seinem Demokratieverständnis: Das einzige Organ, das in diesem Spiel zwischen Regierung und Parlament gewählt wird, ist das Parlament und nicht die Regierung. Auch der Ex-Bundeskanzler ist in die­ses Parlament gewählt. Das ist seine einzige demokratische Legitimation, er wurde nämlich hier herein gewählt. Er verabscheut dieses Parlament so sehr! Das hat er uns dadurch merken lassen, dass er nie gekommen ist. Er ist in 17 Monaten nie gekom­men! (Abg. Wöginger: Ah so ein Blödsinn!) Er wollte nicht hier sein, er wollte ganz einfach nicht mit uns reden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT. – Abg. Wöginger: So ein Blödsinn!)

Er, der den Wählerauftrag hat, sich hierher zu setzen, setzt sich hier nicht her. Die ein­zige demokratische Legitimation nimmt er nicht in Anspruch. Für ihn sind ausschließ­lich sein Machtanspruch und die eigene Befindlichkeit das Entscheidende. Sie werden an dieser Überheblichkeit noch zu kiefeln haben – glauben Sie mir das –, denn Hoch­mut kommt vor dem Fall. Das habe ich heute schon einmal gehört. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Überheblichkeit besteht nämlich darin, den Wählerwillen nicht anzunehmen und sich nicht hierher zu setzen – aber Macht hätte ich schon ganz gerne! Nur, weil ich auf dem Rücken dieser Republik Machtspielchen betreibe, sprenge ich das zweite Mal ei­ne Regierung. (Abg. Obernosterer: Na, na!) Und ausschließlich er ist daran schuld! (Ruf bei der ÖVP: Nein!) Versuchen Sie nicht, es mit irgendwelchen Plakaten anders darzustellen.

Das ist übrigens auch ein sehr merkwürdiges Spiel mit der Demokratie, dass man das Parlament gegen das Volk ausspielt. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.) In jeder repräsentativen Demokratie ist es so, dass das Parlament das Volk repräsentiert und sonst niemand. (Abg. Wöginger: Aber gewählt werden Sie schon von den Leuten!) – Ja, er wird auch gewählt. Wo ist er denn? – Er nimmt den Wählerauftrag nicht an. Er ist überheblich genug, zu Hause zu bleiben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Das ist aber schon noch seine Sache! Das musst ihm nicht du sagen!) Er ist überheblich genug, das nicht zu machen. Er ist schuld an diesem Dilemma. Er hat einzig und allein diese Neuwahlen verursacht.

Er hat mit einem Handstreich versucht, eine hundertprozentige ÖVP-Regierung einzu­setzen. (Abg. Wöginger: Wahnsinn!) Wenn dann das Parlament einmal sagt: Nein, so weit geht es nicht, dass wir eine zu hundertprozentige ÖVP-Regierung dulden, weil sie nicht hundert Prozent der Wähler haben, sondern weil es hier eine andere Mehrheit gibt!, dann haben Sie das zu akzeptieren. (Abg. Wöginger: Ja, ja!) Auch den Wahlter­min haben Sie zu akzeptieren, weil dieses Parlament selbstbewusst genug ist, nicht den ÖVP-Termin zu nehmen, sondern einen anderen Termin, und den bestimmt die Mehrheit in diesem Hause. Lassen Sie sich das einmal ins Stammbuch schreiben: Überheblichkeit bis zum Abwinken kommt vor dem Fall! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Du musst es ja wissen, gell? Weil du ein abgewählter Bür­germeister bist, net! – Zwischenruf des Abg. Jarolim. – Abg. Wöginger: Nein wirklich


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nicht, wegen dem rede ich nicht! – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Wöginger und Jarolim.)

13.27


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Stefan. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.27.43

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­te Damen und Herren! Ja, man merkt schon, da gehen die Wogen hoch. Ich erlaube mir, auch zu meinem Vorvorredner kurz Stellung zu nehmen. Ich habe mit Herrn Kol­legen Gerstl in dieser Koalition extrem gut zusammengearbeitet und war sehr froh, dass wir sehr viele Dinge gemeinsam umsetzen konnten. Aber offenbar hat er sich auch heute bemüßigt gefühlt, die Geschichte der ÖVP zu erzählen. Jede Vereinigung braucht ihre eigene Geschichte, und jetzt gibt es halt die Geschichte, wie diese Re­gierung zu Fall gekommen ist.

Mit Verlaub gesagt, Herr Kollege Gerstl, Sie wissen es, glaube ich, eh genauso gut wie ich: Es war nicht das Video selbst, das diese Koalition zu Fall gebracht hat. Die Re­aktion auf dieses Video war, dass es eine Vereinbarung zwischen Kurz und der FPÖ gegeben hat, dass die Regierung fortgesetzt wird, Hofer an die Stelle von Strache tritt, Strache und auch Gudenus zurücktreten. Das war die Vereinbarung, und daher hat Kurz auch nach Ansehen dieses Videos, über das ich dann auch noch kurz spre­chen werde, kein Problem gehabt, diese Koalition fortzusetzen. Das ist eine Tatsache, und auch wenn das heute immer wieder anders dargestellt wird, war das so vereinbart.

Dann ist die zusätzliche Forderung gekommen: Nein, Kickl darf nicht Innenminister bleiben, und das Innenministerium darf überhaupt nicht in FPÖ-Hand sein. Das ist da­nach gekommen. (Ruf bei der FPÖ: So ist es!) Es gab davor diese Vereinbarung, des­wegen ist auch Strache einfach zurückgetreten und hat auch in seiner Erklärung am Samstag um 12 Uhr Mittag gesagt: Um diese Regierung nicht zu gefährden, trete ich zurück und ziehe mich zurück! – Das ist kein kleiner Schritt für einen Vizekanzler und Parteiobmann, auch in Ansehung aller anderen Dinge. So war es also.

Dann wurde verlangt, dass Kickl zurücktritt, Kickl hat es nicht gemacht und Kickl wurde abberufen. (Abg. Kassegger: Rausgeschmissen!) Das war eine einmalige Situation in dieser Republik. Das war nämlich der einmalige Schritt, der dann dazu geführt hat, dass es Misstrauen gegen die letztendlich ausschließlich von der ÖVP besetzten Mi­nisterien gegeben hat. Das war der Schritt, und das darf man hier nicht wegwischen und vergessen. Es geht nicht darum, dass man jetzt Schmutzwäsche wäscht oder sonst etwas, aber man muss die Dinge schon wirklich beim Namen nennen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Punkt fehlt mir völlig: Es wird hier aus dem Video zitiert – auch Kollege Gerstl hat zitiert, ich weiß jetzt nicht, ob er das Video kennt –, jeder zitiert irgendetwas. Tatsache ist, es sind 7 Minuten bekannt. Ich weiß nicht, ob Kollege Gerstl mehr gesehen hat. Mir und keinem von uns war es bis jetzt möglich, mehr als den 7-Minuten-Ausschnitt von 7 Stunden zu sehen. Der eigentliche Skandal ist meines Erachtens, dass hier kein Mensch darauf hinweist, wie dieses Video zustande gekommen ist, unter welchen Um­ständen es veröffentlicht wurde und was das in Wahrheit bedeutet. Das ist in Wahrheit ein demokratiepolitischer Skandal.

Es ist da offensichtlich mindestens ein halbes Jahr lang eine eindeutige Falle vorberei­tet worden, und dann wurden heimlich Ton- und Bildaufzeichnungen gemacht. Das ist der schlimmste Eingriff in die Privatsphäre, den es gibt. (Abg. Scherak: Da stimmt ihr immer mit!) Wir kennen den großen Lauschangriff, es gibt jedes Jahr einen Bericht über den großen Lauschangriff. Wenn die Polizei mit richterlicher Genehmigung heim-


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lich Bild- und Tonaufnahmen macht, braucht man einen richterlichen Befehl dafür; das wird im nächsten Jahr berichtet, und es wird geschaut, ob diese Maßnahmen zu weit gegangen sind.

In diesem Fall wurde das heimlich gemacht, es wurde heimlich in ärgster, in gröbster Weise in die Privatsphäre eingegriffen, das Ganze eben noch vorbereitet. Dann wurde das zwei Jahre lang liegen gelassen, um es eine Woche vor einer Wahl zu zünden. Wir hatten hier große Diskussionen, dass es ein wesentliches Problem ist, dass die Wah­len in Europa möglicherweise durch Fake News aus Russland manipuliert werden könnten. Es war ein großes Thema, dass man da aufpassen muss. Na was war denn das? – Das war ja wohl die Manipulation schlechthin, zwei Jahre zu warten, um es dann zu zünden, um eine Wahl zu manipulieren! Und sie ist dadurch definitiv verändert worden.

Das war also der Tabubruch, der hier passiert ist. Das bringt hier kein Mensch zur Sprache, sondern man amüsiert sich nur darüber und nimmt geradezu wohlwollend zur Kenntnis, dass man damit Strache zu Fall gebracht hat. – Ja, wunderbar, da sind ja alle Mittel recht! Da denke ich ja gar nicht mehr darüber nach, was es in Wahrheit be­deutet, was hier gemacht wurde! Das ist ein Punkt, den ich als echten Skandal empfin­de, dass man hier zur Tagesordnung übergeht, dass Journalisten das als investigati­ven Journalismus bezeichnen, wenn sie nicht einmal recherchieren, wie das Video ent­standen ist und was in den 7 Stunden Material wirklich alles enthalten ist, was vielleicht aus dem Zusammenhang gerissen ist, was in Wirklichkeit durch eine Fragestellung entstanden ist, bei der vielleicht der zweite Halbsatz fehlt und so weiter.

Das ist in Wirklichkeit der Skandal, und dass hier kein Mensch darauf hinweist, finde ich tatsächlich enttäuschend, damit habe ich nicht gerechnet. Ich verstehe, dass es ge­nug Leute gibt, die hier sitzen, die sich vielleicht darüber freuen und das schön finden, dass diese Regierung in die Luft fliegt, aber nicht, dass man nicht darüber hinausgeht und sagt, das ist ein Tabubruch, der könnte in ähnlicher Weise jederzeit passieren, wenn das in Kauf genommen wird, dass man in die Privatsphäre eindringt, Bild- und Tonaufnahmen macht, daraus etwas produziert und das dann auf Halde legt, wenn es passt. Das ist doch ein unglaublicher Zustand, davor müssen wir uns doch fürchten, weil das die Demokratie in Wirklichkeit auch infrage stellt und weil es auch für die Zu­kunft eine Sprengkraft hätte. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt zum eigentlichen Antrag: Es geht darum, wann der Wahltermin gesetzt wird. Da­rüber kann man natürlich diskutieren. Ich würde meinen, das ist keine große Frage, ob das jetzt ein Schulterschluss ist. In diesem Fall werden Blau und Rot gemeinsam stim­men, es gibt genug andere Themen abseits der ehemaligen Regierungsarbeit, bei de­nen wir mit der ÖVP oder auch mit anderen Fraktionen stimmen. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es keinen Sinn macht, im Sommer Wahlkampf zu führen, denn tatsächlich sind die Menschen üblicherweise während der Schulferien nicht in ih­ren Heimatorten oder mit den Gedanken woanders. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Daher haben wir es für sinnvoll erachtet, dass der Wahlkampf im Wesentlichen Anfang Sep­tember beginnt und Ende September die Wahl stattfindet. Das ist in Wirklichkeit quasi auch der nächstmögliche Termin, ohne es jetzt auf eine Woche festzulegen. Dass da­raus eine große Sache gemacht wird, verstehe ich tatsächlich nicht. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wenn man wirklich einen kurzen Wahlkampf will, kann das jeder für sich so handha­ben. Soviel ich weiß, hat die ÖVP jetzt schon begonnen – Sie können das ja noch ein­mal bremsen und Anfang September noch einmal starten, wenn das wirklich das Pro­blem wäre. Wir werden es jedenfalls so handhaben. (Beifall bei der FPÖ.)

13.34



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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Meinl-Reisin­ger. – Bitte schön.


13.34.56

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS)|: Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich glaube, jeder wird sich wahrscheinlich genau an den Moment und an den Ort er­innern können, an dem er war, als er zum ersten Mal das Ibizavideo gesehen hat. Herr Kollege, ich gebe Ihnen völlig recht, ich möchte auch nicht, dass es jetzt Einzug hält, dass man am laufenden Band versucht, Politiker mit geheimen Kameras in Fallen zu locken, und mich würde es sehr interessieren, wer das Video in Auftrag gegeben hat und wie das Ganze abgelaufen ist.

Es gibt aber ein großes Aber: Die Herrschaften, die darauf zu sehen sind, sind schon auch noch selbst verantwortlich für das, was sie gesagt haben, denn nicht jede Politi­kerin oder jeder Politiker würde solche Sachen von sich geben. Gott sei Dank! Das ist wohl völlig klar. (Beifall bei den NEOS.)

Dieses Video hat ja innerhalb von Sekunden nicht nur in Österreich Verbreitung gefun­den, sondern weltweit. Wir sehen hier zwei Politiker, die ganz offen – man kann sagen deppert, aber offen, man kann auch sagen bsoffen, aber trotzdem offen – davon reden, dass sie zur Korruption bereit sind. Das ist keine bsoffene Gschicht, das ist nicht damit zu legitimieren, wie das zustande gekommen ist. Der Vizekanzler der Republik Öster­reich sagt in diesem Video mehr oder weniger klar, dass er zur Korruption bereit ist. (Abg. Stefan: Haben Sie es gesehen?) – Ja, ich habe es gesehen! (Abg. Schimanek: Das ganze Video?) Er ist zur Korruption bereit: Machen Sie eine Firma, und dann ma­chen wir das schon mit den Auftragsvergaben! – Das haben alle gesehen, und das ist das Problem. (Abg. Stefan: Vor zwei Jahren war das! Was ist da passiert?)

Wissen Sie eigentlich, was das für eine Beschämung ist, nicht nur in Österreich, son­dern auch im Ausland? Man fragt: Was für ein Bild gibt die Politik da ab? Die Leute fra­gen: Ja Entschuldigung, was ist denn bei euch los? Das ist euer Vizekanzler, der so in dem Video auftritt? – Das haben Sie zu verantworten, und Sie können sich nicht aus der Verantwortung stehlen, indem Sie sagen: Na ja, das war eine bsoffene Gschicht! Das haben Sie zu verantworten! (Beifall bei den NEOS.)

Das hat aber auch die ÖVP mitzuverantworten. Ich habe auch nicht gewusst, dass so etwas auftaucht, muss ich sagen, das hat sich, glaube ich, niemand denken können. Es gibt aber beispielsweise die Beziehungen zu Russland und die Fragestellung, ob wir mit unseren Gesetzen in Österreich gut genug aufgestellt sind, damit wir verhin­dern, dass es eine Finanzierung über dunkle Kanäle aus Russland gibt. (Abg. Stefan: Deripaska!) Genau diese Frage habe ich hier am Tag, bevor das Video aufgetaucht ist, gestellt. Genau diese Frage habe ich an den damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz gestellt, und Sie haben sie abgeschasselt. (Abg. Jarolim: Wie in einem Drehbuch!) Von den Beziehungen der FPÖ nach Russland, der Frage der Finanzierung über dunk­le Kanäle und, ehrlich gesagt, auch sonstigen durchaus bekannten Korruptionsfällen, die in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen sind, hat die ÖVP gewusst. Sie ist sehenden Auges in dieses Desaster gegangen und hat in Kauf genommen, dass dieser Schaden an der Reputation Österreichs passiert. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Noll.)

Ich habe damals gleich gesagt, aus meiner Sicht sind Neuwahlen unausweichlich. Ich verstehe Kollegen Noll und seine Argumentation schon, aber aus meiner Sicht sind Neuwahlen unausweichlich, weil ich auch darauf dränge, dass die Österreicherinnen und Österreicher sich jetzt, in den nächsten Monaten ein Bild davon machen, wer denn wirklich die Lehren aus diesem Video zieht. Das ist mir jetzt am allerallerwichtigsten.


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Ich habe das auch am Tag, nach dem das Video aufgetaucht ist, am Ballhausplatz ge­sagt: Die Menschen in Österreich müssen darauf vertrauen, dass in puncto Finanzie­rung von Parteien alles offengelegt ist, dass lückenlos offengelegt ist, wer die Parteien finanziert, woher es überall Gelder gibt, wo Millionen liegen, in welchen Vereinen, Vor­feldorganisationen, Bünden et cetera, womit überall Wahlwerbung gemacht wird. Da­rauf müssen die Menschen vertrauen können, und die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass Menschen an der Macht ausschließlich im Interesse der Men­schen handeln und nicht im Interesse der eigenen Partei, nicht im Interesse der eige­nen Posten und nicht im Interesse möglicher Geldgeber, die es da gibt. (Ruf bei der FPÖ: Haselsteiner!)

Jetzt gibt es die Riesenchance, zu sagen, das ist eine Zäsur in der Republik Öster­reich, in der Zweiten Republik. Jetzt ist wirklich der Zeitpunkt eines Tests, wer es ernst meint damit, ein für alle Mal Regeln zu schaffen, die Transparenz schaffen und die auch Kontrolle ermöglichen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind hier nicht gewählt, um permanent Parteiinteressen voranzutreiben, sondern um die Interes­sen der Menschen zu vertreten. Wir haben uns in so einer Situation sehr wohl hinzu­setzen, zusammenzuarbeiten, zu sagen, wir unterwerfen uns der Kontrolle des Rech­nungshofes, wir unterwerfen uns der Transparenz, und wir sind auch bereit, einen Straftatbestand illegale Parteienfinanzierung einzuführen – es schaut nämlich ganz an­ders aus, wenn auf einmal die Staatsanwaltschaft einmarschiert und die Bücher kon­trolliert.

Das ist der Test, den es über die nächsten Monate bis zur Neuwahl zu bestehen gilt, damit sich die Österreicherinnen und Österreicher ein Bild davon machen können, wer wirklich bereit ist, diesen neuen Weg der politischen Kultur zu gehen. Von A wie An­stand bis Z wie Zukunft werden wir in den nächsten Monaten die Frage verhandeln, in welche Richtung sich Österreich bewegen soll, und es ist kein Geheimnis, dass wir gerade in puncto offene Gesellschaft, Vielfalt, aber auch Rechtsstaatlichkeit, Demokra­tie und Kontrollmöglichkeiten eine ganz andere Vorstellung haben als die bisherige türkis-blaue Bundesregierung. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

13.40


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Strasser. – Bitte.


13.40.51

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Zunächst kurz ein Wort an die FPÖ: Schade um unsere Zusam­menarbeit, schade auch um das Regierungsprogramm, aber die Geschichte rund um das Ibizavideo, die Herr Kollege Stefan gebracht hat, muss ich leider relativieren! Ich stimme noch zu, wenn man sagt, es ist nicht okay – es ist auch rechtlich nicht okay –, jemandem eine Falle zu stellen; da grenze ich mich ab. Es geht mir aber vor allem um die Inhalte dieses Videos, und diese Inhalte sind einfach nicht zu entschuldigen.

Ich möchte jedoch nicht über die Inhalte reden, sondern ich möchte Sie darauf hinwei­sen, wie H.-C. Strache mit dem Thema umgegangen ist. Am Freitagabend haben Sie das ganz stark unterstützt, von Ihrer Partei sind die ersten Jetzt-erst-recht-Zurufe, Re­lativierungen und so weiter gekommen. Das verstehe ich aus parteitaktischer Sicht, inhaltlich habe ich es nicht verstanden. Das Statement von H.-C. Strache am Samstag habe ich für authentisch gehalten, das habe ich ihm abgenommen, er hat sich ent­schuldigt, er ist zurückgetreten. (Zwischenruf der Abg. Schimanek.) Er hat aber eine Woche später wieder ein Video gemacht, in dem er sozusagen zum Ausdruck bringt, wir Politiker und Politikerinnen hätten solche Gedanken doch schon immer einmal ge­habt.


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Da ist für mich dann das Fass übergelaufen, und da bin ich wirklich bei unserem Bun­despräsidenten Alexander Van der Bellen und sage: „So sind wir nicht“! Es ist notwen­dig, zu sagen: Das, was in diesem Video vorgekommen ist, geht so nicht und soll so nie wieder vorkommen! – Das hätte ich mir von H.-C. Strache gewünscht. Ich hätte mir auch gewünscht, dass er nicht in den Raum stellt, dass er nach Brüssel ins EU-Parla­ment gehen will, denn eine Partei, die über Jahrzehnte für Sauberkeit steht – die FPÖ tritt für Sauberkeit in der Politik ein –, sollte solche Spieler vom Feld ausschließen, und es sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass H.-C. Strache das Mandat in Brüssel nicht annimmt.

Zur Sache mit Kickl – und das ist ja auch ein Diskussionspunkt, ich glaube, Karl Ne­hammer wird das dann auch noch ausführen – sage ich, dass das Angebot Folgendes war: Nehmen wir einen unabhängigen Innenminister, klären wir diese Sachen auf, die im Raum stehen, und führen wir dann diese Koalition fort! Diese Analyse entspricht der Wahrheit.

Bei diesem Misstrauensantrag hat es eine unselige, unheilige Koalition der FPÖ mit der SPÖ gegeben (Zwischenrufe bei der SPÖ), mit der eine stabile Regierung gegen den Willen von zwei Drittel der Bevölkerung abgewählt wurde. Wir hätten aber in den nächsten Monaten noch sehr viel Gutes organisieren können. Das werden wir jetzt mit dieser sogenannten Übergangsregierung auf den Weg bringen, und ich hoffe, dass es hier zu keinem Austeilen von Wahlzuckerln kommt. Wir werden alles daran setzen, eine starke Stimme in Europa zu sein, denn es steht bei der Bestellung der EU-Kom­mission, es steht bei den Finanzverhandlungen und es steht für uns Bäuerinnen und Bauern bei der Programmgestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik wirklich viel auf dem Spiel.

Es sind aber auch turbulente Zeiten in diesem Parlament zu erwarten, und ich darf da wieder den landwirtschaftlichen Bereich herausnehmen: Mir blutet das Herz, wenn ich höre, dass die FPÖ-Bauern in der eigenen Fraktion nicht wirklich Gehör finden und das Thema Pflanzenschutz mit Füßen getreten wird. Das tut mir weh, denn ich fordere ein, dass Maßnahmen im Bereich Tierwohl, im Bereich Pflanzenschutz hinsichtlich der Dis­kussion bio versus konventionell mit und nicht gegen uns Bäuerinnen und Bauern ge­setzt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte Sie einladen und darauf hinweisen, dass wir nicht Teil des Problems sind. Wir sind Teil der Lösung, und wir wollen tagtäglich unser Bestes für dieses Land ge­ben. Bitte geben Sie uns dazu auch die Möglichkeiten. – Danke schön, alles Gute. (Bei­fall bei der ÖVP.)

13.45


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Holzleitner. – Bitte.


13.45.58

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Wertes Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Nicht nur die letzten Wochen, auch die letzten Monate und das letzte Jahr haben uns politisch sehr geprägt und uns gezeigt, was denn so alles geht – etwa dass demokratiepolitisch höchst bedenkliche Vorgänge Usus wurden: ungenügende Anfragebeantwortungen, Durch­peitschen von Gesetzesvorlagen et cetera.

Nun gilt es aber, endlich nach vorne zu schauen, den Menschen Hoffnung und Vertrau­en statt Misstrauen und Frust zu vermitteln, Hoffnung und Vertrauen in ein gestalte­risches Hohes Haus, Hoffnung und Vertrauen in eine parlamentarische Demokratie, gewählt und repräsentativ von der und für die Bevölkerung Österreichs, und Hoffnung und Vertrauen in die österreichische Politik.


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Gerade die junge Generation soll nämlich kein negatives Bild von Politik und Gremien wie dem Hohen Haus, dem österreichischen Parlament bekommen. Und wie schon Bundespräsident Van der Bellen gesagt hat: „So sind wir nicht“! Es geht um eine positive gemeinsame Zukunft, eine, in der die Menschen im Vordergrund stehen und wir Antworten auf die Fragen des Alltags und der Zukunft für die Menschen parat ha­ben. Es geht um leistbaren Wohnraum, denn gerade für junge Menschen ist der erste Schritt in diese persönliche Selbstständigkeit extrem kostenintensiv: durch Haus­standsgründung, durch das Ausziehen von Zuhause. Es ist extrem teuer, befristete Mietverträge sind ein großes Problem, der Druck am Wohnungsmarkt spitzt die Lage – verdammt noch einmal! – ziemlich zu, ehrlich gesagt. Wir brauchen mehr leistbaren Wohnraum, wir brauchen Werkzeuge wie eine Leerstandsabgabe, um den Menschen auch wirklich ein Dach über dem Kopf garantieren zu können und dieses erschwinglich und sicher zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht aber auch um Kinderschutz. Die Gesundheit der Gesellschaft muss der Spie­gel für die Politik sein, um zu erkennen, an welchen Stellen wir Handlungsbedarf ha­ben. Der NichtraucherInnenschutz ist dafür ein ganz großes Beispiel, denn damit geht auch der Schutz von Kindern und Jugendlichen einher. Dieser muss endlich umgesetzt werden und darf zukünftig kein Verhandlungsgegenstand mehr sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Abschaffung des Rauchens in der Gastronomie würde ein erster Schritt sein, dass junge Menschen in Österreich weniger oft zur Zigarette greifen, denn es geht da teil­weise auch einfach darum, wie es einem vorgelebt wird. 20 Prozent der österreichi­schen Jugendlichen greifen nach wie vor täglich zur Zigarette, mehr als in allen ande­ren europäischen Ländern. Und die Tobacco Control Scale besagt, dass Österreich auf dem letzten Platz liegt, was die Umsetzung von wirksamen Strategien der Tabakkon­trolle wie Informationskampagnen, Entwöhnungsangebote und Rauchverbote betrifft. Das sind Bilanzen, mit denen wir uns absolut nicht zufriedengeben dürfen, deshalb er­greifen wir als SPÖ auch hier wieder die Initiative für eine rauchfreie Gesellschaft und bleiben dran.

Auch die Arbeitswelt stellt gerade junge Menschen vor unzählige neue Herausforde­rungen. Immer mehr Studien bestätigen: Es geht darum, zu arbeiten, um zu leben, und nicht darum, zu leben, um zu arbeiten. Work-Life-Balance, Fortbildungsmöglichkeiten und Freistellungen sowie die Abkehr von All-in-Verträgen werden großgeschrieben und sind einfach immer wichtiger. Eine moderne Arbeitswelt darf nicht aus unter- und un­bezahlten Praktika und prekären Dienstverhältnissen bestehen; diese müssen endlich der Vergangenheit angehören, denn vollwertige Arbeit muss vollwertig entlohnt wer­den. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, man kann abschließend eines sagen: In den Ausschüssen des Parlaments liegen aktuell noch unzählige Anträge zur Behandlung, die in den letzten Sitzungen im­mer vertagt worden sind. In diesen Anträgen sind sehr viele konstruktive Lösungen für die Anliegen der Bevölkerung enthalten. Es ist jetzt an der Zeit, das aufzugreifen und gemeinsam an die Umsetzung zu gehen, zu arbeiten und bei aktuell brennenden The­men – stetig ansteigende Mieten, die Dringlichkeit des Klimawandels, Gesundheit, Ar­beit sind nur einige Beispiele –auch mutige, wegweisende Schritte zu setzen.

Als Sozialdemokratie wollen wir uns natürlich gemeinsam mit unserer Klubobfrau Dr.in Rendi-Wagner dafür einsetzen, Antworten auf diese Fragen der Zukunft zu geben, Antworten für und mit den Menschen in Österreich, um das Leben wirklich für alle le­benswert zu machen und vor allem das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik und in das österreichische Parlament wieder zu stärken. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.51



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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.


13.51.11

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich jetzt in der Abendsonne dieser kurzen Legislaturperiode von Ihnen verabschieden und den Weg im Europäischen Parlament fortsetzen. Dieser Neuwahl sind jetzt einige erste Male im Parlament vorangegangen, und es wäre zwar typisch österreichisch, aber eigentlich auch ein bisschen verantwor­tungslos, würde man diese Gelegenheit nicht auch nutzen, um grundsätzlich darüber zu sprechen, welche festgefahrenen Prozesse und Muster uns in der österreichischen Politik oft daran hindern, wirklich gute Dinge auf den Weg zu bringen und das Leben der Menschen zu vereinfachen.

Spricht man in der österreichischen Politik über Fehleranalyse, hört man relativ oft zy­nisch, der Leidensdruck sei noch nicht groß genug. Aber ist das wirklich so? – Bei vie­len Dingen wissen wir gut genug, dass gerade im Parlament oft frischer Lack über die kaputte Karosserie gestrichen worden ist und man sich damit zufriedengegeben hat. Man hat oft den Eindruck, dass das, was in Österreich gut funktioniert, trotz der Politik super funktioniert, und nicht aufgrund der guten politischen Entscheidungen. Fragt man Menschen, was denn die Politik für sie tun kann – UnternehmerInnen, LehrerInnen, El­tern, WissenschaftlerInnen –, dann sagen ganz viele, es wäre eigentlich ganz nett, wenn einem die Politik nicht auch noch Steine in den Weg legen würde. Wir sind hier eben leider ganz oft nicht im Geschäft, den Weg aufzubereiten, sondern im Geschäft, Steine in den Weg zu legen. (Beifall bei den NEOS.)

Das ist eigentlich sehr schmerzhaft für die österreichische Politik, denn meiner Mei­nung nach könnte man das schon ändern, vor allem auch, indem wir endlich anfangen, hier im Parlament Politik zu machen, indem wir auch einen lebendigen Parlamentaris­mus pflegen. Wenn sich niemand mehr hinter seiner Partei oder hinter seinem Klub verstecken kann und sich keine Regierung mehr hinter der Realverfassung verstecken kann, dann können wir gute Dinge bewegen.

Der österreichische Nationalrat, und das waren jetzt meine Erfahrungen in den letzten Jahren, ist schon eher durch Scheinparlamentarismus als irgendetwas anderes ge­prägt. Ich glaube, wir sollten darüber reden, wie wir das ganz grundsätzlich ändern könnten; ich würde es für eine gute Sache halten. Geben wir dem Parlament mehr Ressourcen, damit es wirklich Politik machen kann! Gerade die Reaktionen in den letz­ten Wochen, dass man quasi Angst vor dem freien Spiel der Kräfte hat, zeigen ja, dass wir alle irgendwie wissen, dass niemand so richtig darauf vorbereitet ist. Wenn man ein emanzipiertes Parlament haben möchte, dann brauchen die einzelnen Abgeordneten mehr Ressourcen, um auch gut arbeiten zu können. Wenn man ein emanzipiertes Par­lament haben will, dann braucht es einen stärkeren Legislativdienst, damit man nicht für jede Kleinigkeit ein eigenes Ministerium zur Hand haben muss.

Will man ein emanzipiertes Parlament haben, braucht es vor allem auch den Willen aller Parteien, ihre Abgeordneten arbeiten zu lassen, anstatt vor allem Kontrolle walten zu lassen, denn dann können auch alle mehr sein als nur Abnicker. (Abg. Vogl: So schaut’s aus bei euch?) – Ich rede nicht von meinem Klub, aber ich weiß, dass es in diesem Haus oft so ist, dass man kurz davor ist, Angst davor zu haben, dass die eige­nen Abgeordneten plötzlich selbstständig denken können. Ich glaube, es würde wahn­sinnig viel Tolles herauskommen, wenn viele tolle Abgeordnete in diesem Haus mehr Möglichkeiten haben, eigene Politik zu machen. (Beifall bei den NEOS.)

Ich habe in ganz vielen Ausschüssen, vor allem in jenen, in denen ich Mitglied war – das waren der Ausschuss für Gleichbehandlung, der Ausschuss für Wissenschaft und


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der Ausschuss für Forschung –, erlebt, dass man sich immer wieder wirklich bemüht hat, Allparteienanträge, gemeinsame Initiativen zu beschließen. Ich habe selbst einige Anträge durchbringen können. Worauf ich wirklich stolz bin, ist der Antrag zur Lösung der Kettenvertragsproblematik, den wir beschlossen haben. Es wäre natürlich noch lei­wander gewesen, wenn wir in diesem Haus die Ressourcen hätten, so einen Vorschlag auch legistisch hinzubekommen, anstatt darauf zu warten und einen Antrag zu formu­lieren: Bitte, Herr Minister, machen Sie das! Genauso ist es bei vielen anderen The­men. Ich habe in diesen Ausschüssen nicht nur erlebt, dass es oft sehr humorvoll war und ein nettes Miteinander gab, sondern dass man sich wirklich bemüht hat, die Argu­mente des anderen und der anderen zu verstehen. Ich glaube, es würde dem Parla­ment guttun, wenn mehr Ausschüsse und mehr SprecherInnenrunden wie jene für Gleichbehandlung, für Wissenschaft und für Forschung funktionieren würden. (Beifall bei den NEOS.)

Ein großes Dankeschön gilt natürlich vor allem auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbei­tern der Parlamentsdirektion, die immer außerordentlich professionell arbeiten. Wenn es einen Teil dieses Hauses gibt, der wirklich bereit dafür ist, ein Arbeitsparlament zu werden, dann ist es die Parlamentsdirektion. Ich würde mich wirklich für Sie freuen, wenn Sie die Chance bekommen, Ihr volles Potenzial zu entfalten. (Beifall bei den NEOS.)

Das allergrößte Dankeschön gilt natürlich meinem Parlamentsklub, den tollen Mitarbei­terinnen und Mitarbeitern, meinen ReferentInnen, meiner parlamentarischen Mitarbei­terin, meinen großartigen Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen, die mich immer an­gespornt haben, besser zu werden, und von denen ich sehr viel lernen konnte, und natürlich auch der besten Chefin, die mich sehr oft gefordert, aber vor allem gefördert hat. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

13.56


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Drozda. – Bit­te schön, Herr Abgeordneter.


13.56.50

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Mei­ne Damen und Herren! Ich möchte noch einmal kurz auf diese Verfassungsausschuss­sitzung, die wir gestern hatten, zu sprechen kommen, und da wiederum auf einen Satz, der jetzt auf einem Wahlplakat steht und der ursprünglich anders gelautet hat als der, der auf dem Wahlplakat steht. Der Satz hat gelautet: „Das Parlament hat bestimmt. Das Volk wird entscheiden!“

Dieser Satz ist von Altkanzler Kurz, und ich finde diesen Satz skandalös. Ich bin sehr froh, dass sich Karl Nehammer von der Rednerliste hat streichen lassen, um nach mir zu sprechen, denn das gibt dir die gute Gelegenheit, diesen Satz als Parlamentarier zu erklären und dich dafür zu entschuldigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt steht ein anderer Satz auf den Plakaten des Sebastian Kurz. Er hat als Erster den Wahlkampf eröffnet, was in einem gewissen diametralen Gegensatz zu den Erklärun­gen des Kollegen Gerstl und anderer im Verfassungsausschuss steht, die sagen, dass man nur ganz kurz Wahlkampf machen sollte. – Dann stellt sich aber tatsächlich die Frage, warum er nicht ins Parlament kommt und den Wahlkampf am Montag dieser Woche in Salzburg begonnen hat – aber sei’s drum.

Klar ist nur, dass das, was behauptet wird, zur Gänze falsch ist. Es ist deshalb falsch, weil Sebastian Kurz erstens bestimmt hat, dass er das Innenministerium – wir haben das jetzt mehrfach gehört – für die ÖVP reklamiert, und deshalb Türkis-Blau beendet hat, aus keinem anderen Grund (Zwischenruf des Abg. Eßl Ruf: Stimmt ja nicht!); weil er zweitens selbst Neuwahlen ausgerufen hat; weil er drittens eine türkise Minder-


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heitsregierung gebildet hat; und weil er sich viertens nie bemüht hat, eine breite Mehr­heit im Parlament zu suchen, was vor dem Hintergrund dessen, wie er das Parlament jetzt sieht, nicht weiter verwunderlich ist. Er trägt damit für die Krise seiner Regierung vollumfänglich Verantwortung.

Der Verfassungsausschuss hatte gestern zwei wesentliche Fragen zu beraten. Eine dieser Fragen ist entschieden worden: die Frage des Wahltermins, der so, wie es jetzt konstruiert ist, ja dann von der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptaus­schuss festgesetzt werden und aus jetziger Sicht auf den 29. September fallen wird. Die zweite Sache ist eine ebenso wichtige, das ist die Frage nach der zukünftigen Fi­nanzierung der Wahlkämpfe. Karl, es ist ganz gut, dass du nach mir sprichst, vielleicht kommt jetzt einmal die Erklärung dafür, wofür die ÖVP statt 7 Millionen gemäß gesetz­licher Grenze 13 Millionen Euro ausgegeben hat, und vor allem, woher dieses Geld kommt.

Ich stelle diese Frage vor dem Hintergrund eines Artikels in der heutigen Ausgabe des „Falter“, der besonders interessant ist. Da wird nämlich hinsichtlich der sogenannten grauen Kassen der Wirtschaftskammer enthüllt: Offenbar ist es so, dass über Jahre hinweg Millionen an Euro in einen Altherrenklub geschleust worden sind, Monat für Monat 40 000 Euro, und das wird jetzt als Pensionssicherung für Wirtschaftskämmerer dargestellt. – Das ist interessant. Man wusste immer von drei Säulen, offensichtlich gibt es in der Wirtschaftskammer eine vierte Säule.

Tatsächlich ist aber die Vermutung, die man natürlich daran knüpfen kann und die sich aufdrängt, jene der Parteienfinanzierung (Abg. Haubner: Was für eine?) – die Vermu­tung der Parteienfinanzierung (Ruf bei der ÖVP: Ja, eh klar, und die SPÖ ...!) , denn ehrlich gesagt: Wozu dienen diese 500 000 Euro im Jahr, wenn nicht dazu? (Abg. Win­zig: Das ist eh geprüft! Das ist eine Frechheit! Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Dann legt die Kassen offen, und wir werden schauen, dass wir zu einer transparenten Regelung kommen! (Abg. Winzig: Die sind geprüft!) – Frau Kollegin, Sie können gerne rauskommen und erklären, was mit dem Geld tatsächlich passiert ist und wofür es verwendet wird. (Abg. Wittmann in Richtung Abg. Winzig : Kommen Sie raus und sagen Sie was!)

Wir sind da relativ klar (Abg. Winzig: Ja, genau!): Wir haben im Verfassungsausschuss klar Position bezogen, haben gesagt, es soll eine Obergrenze von 10 000 Euro für Spenden geben, haben insgesamt eine Spendenobergrenze von 200 000 Euro gefor­dert, und der Herr Klubobmann und ihr, Kolleginnen und Kollegen, werdet im Unter­ausschuss des Verfassungsausschusses und dann im Verfassungsausschuss zu die­sem Vorschlag Stellung beziehen können. (Zwischenrufe der Abgeordneten Letten­bichler und Winzig.)

Wenn noch eine Aufklärung hinsichtlich der Herkunft und der Verwendung der fehlen­den 6 Millionen Euro und der 9 Millionen Euro, die da von der Wirtschaftskammer ge­flossen sind, kommt, freue ich mich sehr. Ich setze mich jetzt wieder auf meinen Platz und bin in gespannter Erwartung deiner (in Richtung Abg. Nehammer) Erklärungen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.01


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Kopf zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Leicht­fried: Zu einer tatsächlichen Berichtigung! Da schau her!)


14.01.49

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Abgeordneter Drozda hat vorhin der Wirtschaftskammer unterstellt, über eine Vereinskonstruktion Parteienförderung zu betreiben.


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Ich weise das mit aller Entschiedenheit zurück und stelle das richtig: Es ist so, wie in der Öffentlichkeit dargestellt: In der Wirtschaftskammer ist im Jahr 2002 aufgrund einer freiwilligen Einnahmensenkung von 150 Millionen Euro bei den Beiträgen der Mitglie­der natürlich auch ein Kostensenkungsprogramm gefahren worden. Es wurden dabei auch in größerem Ausmaß Mitarbeiter freigesetzt, und zwar über ein freiwilliges Ange­bot an diese Mitarbeiter, austreten und in einen Sozialplan übertreten zu können. Über diese Vereinskonstruktion werden diese Mitarbeiter bezahlt.

Das wurde im Übrigen im Präsidium der Wirtschaftskammer – mit den Stimmen des sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes und des freiheitlichen Wirtschaftsverban­des – einstimmig beschlossen und hält jeder Überprüfung jederzeit stand. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenrufe der Abgeordneten Kuntzl und Heinisch-Hosek.)

14.03


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Herr Abgeordneter, über die Form tatsächlicher Berichtigungen sollten wir uns auch noch einmal unterhalten. (Abg. Nehammer: Pein­lich für die SPÖ!)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kuntzl. – Bitte. (Abg. Nehammer: Peinlich!)


14.03.20

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vize­kanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Das berühmte Ibizavideo ist in vielen Vor­reden heute schon ausgiebig gewürdigt worden. Es war der Schlusspunkt oder es ist als Schlusspunkt verwendet worden (Ruf bei der FPÖ: Hätt’st gern!), um die Phase der blau-schwarzen Regierung zu beenden. Manche sagen, es wurde verwendet, es war ohnedies vorher schon geplant, dem ein Ende zu setzen und in Neuwahlen zu gehen – sei’s drum.

Wir haben heute Redebeiträge von der Regierungsbank gehört, die sich in wohltuender Art und Weise sowohl im Ton als auch im Inhalt von vielem unterschieden haben, was wir in den letzten 18 Monaten gewohnt waren. Ich habe wichtige Signalworte mitge­schrieben, die die Frau Bundeskanzlerin heute verwendet hat. Es ist eine lange Liste, und ich finde, es sind wichtige Begriffe.

Sie hat von Verlässlichkeit und Vertrauen geredet, von Dialog – Dialog! –, sie hat das Parlament als Herz der österreichischen Demokratie, das schlägt, das lebhaft schlägt, bezeichnet, sie hat von Verantwortung, von Respekt dem Parlament gegenüber ge­sprochen, von Weltoffenheit, Konsens, Verbindlichkeit, Menschlichkeit und Miteinan­der, und sie hat appelliert, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen.

Das sind alles wichtige Signale, wichtige Orientierungen, wichtige Haltungen, die uns in den letzten Monaten in diesem Haus vonseiten der Regierungsbank so abgegangen sind. (Ruf bei der ÖVP: Da haben Sie nicht zugehört!)

Dieser Phase wird jetzt ein Ende gesetzt – der Phase, in der wir gewohnt waren, von der Regierungsbank Getöse zu hören, Polemik zu hören, obwohl es eigentlich ein un­geschriebenes Gesetz in unserem Hause ist, dass von der Regierungsbank keine Pole­mik erwünscht ist.

Wir haben vonseiten der Regierungsbank in diesem Haus dem Parlament gegenüber Missachtung, ja, noch mehr, Missachtungsdemonstrationen erlebt. Der angeblich so neue Stil war ein Stil des Drüberfahrens, der Dialogverweigerung, der kalten Macht­spiele und der Inszenierungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Unter diese Phase, sehr geehrte Damen und Herren, wird spätestens heute ein Schlussstrich gezogen – zumindest ein vorläufiger Schlussstrich, denn jetzt ist der


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Wähler am Wort, und wir werden sehen, was das Wahlergebnis, was das Votum des Wählers und der Wählerin im Herbst bringen wird.

Mit der Bundesregierung, die sich heute präsentiert hat, beginnt eine Abkühlphase, eine Phase, die hoffentlich zur Versachlichung beiträgt, aber das muss keine Phase des Stillstands sein, im Gegenteil: Wir können als selbstbewusstes Parlament im Zuge des Findens von wechselnden Mehrheiten auch Dinge auf den Weg bringen, die für die Lebenssituation der Menschen von wichtiger Bedeutung sind.

Wir haben einige Initiativen eingebracht, die wir sofort umsetzen können, die nichts kosten – weil das auch immer wieder hervorgehoben wird –, aber wichtig sind.

Nicht zuletzt das Ibizavideo hat uns vor Augen geführt, wie wichtig die Frage der Priva­tisierung der Wasserversorgung ist. Wir wollen der Privatisierung der Wasserversor­gung mittels eines Verfassungsgesetzes einen Riegel vorschieben.

Die Frage der rauchfreien Gastronomie ist seit Monaten ein wichtiges Thema in unse­rem Land. Wir werden im Urlaub wieder erleben, dass das in anderen Ländern gar kein Problem ist. Wir können das auch in unserem Land machen.

Was der Sommer auch bringen wird, ist nicht nur Urlaub, sondern, wie zu befürchten steht, auch wieder Unwetter, viel Arbeit für die Feuerwehr, für die Freiwilligen, für die Hilfsorganisationen. Da wäre es wichtig, dass das Parlament einen Beschluss fasst, um den Freiwilligen, die so wichtige Arbeit leisten, mit einer Entgeltfortzahlung unter die Arme zu greifen und ihre Arbeit entsprechend zu honorieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, mit den Neuwahlen und nach den Neuwahlen soll unter die Wer-zahlt-schafft-an-Politik ein Schlussstrich gezogen werden – unter eine Politik, im Rahmen derer den Großspendern Wünsche erfüllt werden, die Arbeitszeit verlängert wird, Steuergeschenke in der Größenordnung von 1,5 Milliarden Euro be­schlossen werden sollten. Darunter wollen wir einen Schlussstrich ziehen, und es soll wieder der Weg für eine Politik freigemacht werden, die die Lebenssituation der Men­schen verbessert. (Beifall bei der SPÖ.)

14.09


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Erasim. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.09.10

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Der Weg für Neuwahlen ist mit dem vorliegenden Antrag frei – einem Neuwahlantrag, den die wenigsten hier im Raum ursprünglich wollten, der aber auf­grund der Geschehnisse der letzten Wochen nicht zu verhindern war.

Ich bin angetreten, um in dieser Legislaturperiode im Sinne der österreichischen Bevöl­kerung, im Sinne der Menschen vor allem auch als Vertreterin meiner Region zu ar­beiten. Dieses Arbeiten wurde leider verunmöglicht, zunächst durch Verscherbelungs- und Korruptionsfantasien seitens der FPÖ-Spitze und anschließend durch Allmachts­fantasien eines Konzernkanzlers, der ernsthaft geglaubt hat, dass ein Fünftel der Wäh­lerstimmen genügt – ja, wenn man den Nichtwähleranteil dazurechnet, geht es hier um ein Fünftel der Stimmen (Ruf bei der ÖVP: Dann hat die SPÖ 10 Prozent! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) –, um sich die gesamte Republik im Sinne seiner Groß­spender unter den Nagel zu reißen, ohne Dialogbereitschaft, ohne ein geringstes Ver­ständnis für Demokratie und vor allem ohne den Willen, eine breite Mehrheit für seine Ideen zu finden.

Politikerin zu sein bedeutet für mich, Dialog und Kompromisse zu suchen, Prozesse einzuleiten, die nicht immer einfach oder angenehm sind, und sich selbst auch ganz oft


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zurückzunehmen. Das ist eine Leitlinie, die bedeutet, sich als Dienerin des Volkes zu sehen und nicht den Souverän für eigene Zwecke zu missbrauchen.

Im türkisen Alphabet ist anscheinend das I der erste und der einzige Buchstabe, und da mussten wir als Parlament die Reißleine ziehen.

Das, was aber meiner demokratischen Seele besonders wehgetan hat, war das Igno­rieren und sogar der Versuch der Zerschlagung der Sozialpartnerschaft, das Verwei­gern von Kompromissen und die Überheblichkeit, mit der diese gescheiterte Regierung diesem Parlament, den gewählten Volksvertreterinnen und -vertretern, gegenüberge­treten ist.

Umso erfreulicher ist es, zu sehen, dass eben nicht jeder in Österreich so ist, dass es in diesem Land Menschen gibt, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, und daher war auch der erste Tagesordnungspunkt mit der Regierungserklärung und der Vorstellung der Ministerinnen und Minister so wohltuend.

Wir als SPÖ sind bereit, diese schwierige Ausgangslage in etwas umzuwandeln, was nicht nur jenen nutzt, die im Wahlkampf mittels Spenden eingezahlt haben. Eines der wichtigsten Themen in unserer Gesellschaft ist die Armutsbekämpfung: Wie geht man mit Menschen um, die nicht mit dem goldenen Löffel großgezogen worden sind? Auf diese wichtige Frage hat die gescheiterte Regierung nicht nur keine Antwort gegeben (Rufe bei der ÖVP: Steuerreform! Familienbonus!), sie hat dieses Problem sogar noch verschärft. Auch noch mit dem Familienbonus haben Sie bei den Ärmsten die Situation verschärft. (Abg. Wöginger: Verschärft? Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Abschaffung der Mindestsicherung, die drastischen Kürzungen bei Mehrkindfami­lien, das sind alles Projekte, auf die Sie sich nicht stolz zu sein brauchen. (Ruf bei der ÖVP: Deutsch ist schwer! Abg. Neubauer: Machen Sie sich bei Ihrer Abschiedsrede nicht lächerlich! Abg. Wöginger: Das ist ja nicht deutsch! Deutschunterricht!)

Und da bin ich auch schon bei der wesentlichen Frage: Wie gehen wir mit der Zukunft unseres Landes um? Wie garantieren wir jungen Familien einen Kinderbetreuungs­platz? Wie können wir die fehlende Finanzierung von Familienberatungsstellen wieder aufstellen? Wie können wir rasch die gesetzliche Verankerung der Anrechnung von Karenzzeiten oder die Unterhaltsgarantie für AlleinerzieherInnen umsetzen? (Ruf bei der ÖVP: ... Schulden machen!)

Nutzen wir die Situation und beseitigen wir endlich die größten Gefahren im Zusam­menhang mit Kinderarmut! Die entsprechenden Anträge gibt es, bringen wir sie zur Be­schlussfassung! Die Familien in diesem Land brauchen keine Inszenierungen oder teu­ren Familienfeste auf Steuerkosten. Unsere Familien brauchen Rechtssicherheit, finan­zielle Absicherungen und Maßnahmen, die Armut verhindern. (Abg. Schwarz: Und den Familienbonus!) Gehen wir die Fragen an, die die Menschen in ihrem täglichen Leben berühren: Arbeitsplätze, von deren Gehalt man noch leben kann, Wohnungen, die man sich auch in ein paar Jahren noch leisten kann, ein Gesundheitssystem, das allen die gleiche hervorragende Versorgung garantiert, ein Bildungssystem, das für jeden die gleichen Chancen bereitstellt, die Sicherung der Pensionen, damit ein Altwerden in Würde möglich ist – ebenso ein wichtiges Thema – und eine gerechte Verteilung von Vermögen sowie die wichtige soziale Frage des Klimaschutzes!

Ich freue mich sehr, dass es mit Frau Dr. Bierlein die erste Frau geschafft hat, diese gläserne Decke zu durchbrechen. Die Bevölkerung wird sich sehr schnell daran ge­wöhnen, dass es eine Frau Bundeskanzlerin gibt. Ich versichere Ihnen, geschätzte Zu­seherinnen und Zuseher: Unsere Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner ist bereit, sodass sich die Menschen nach den Neuwahlen nicht mehr umgewöhnen müssen. 


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Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haider: Das glaubst du aber selber nicht! Ruf bei der ÖVP: Da musst du aber zuerst sagen, dass die Frau Rendi-Wagner Spit­zenkandidatin ist!)

14.15


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Jarolim. – Bitte.


14.15.20

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Kol­leginnen und Kollegen! Zu den Ausführungen des Kollegen Drozda: Wir sind alle sehr dankbar dafür, dass im heutigen „Falter“ eine Geschichte steht, die zeigt, wie unter der Ära Kurz offensichtlich in der Wirtschaftskammer Österreich – und zwar, glaube ich, nicht freiwillig; kein Mensch nimmt an, dass das freiwillig ist, da wird Druck ausgeübt, da muss man den Herrn Kurz fragen – Gelder von Wirtschaftstreibenden geflossen sind, meine Damen und Herren! (Ruf bei der ÖVP: Herr Jarolim, Sie kennen sich nicht aus!)

Ich empfehle Ihnen ganz dringend, den aktuellen „Falter“ zu lesen, da fällt es Ihnen si­cherlich wie Schuppen von den Augen, und es wird auch klar, dass die Informationen, die von Herrn Klenk verarbeitet worden sind, nicht von der SPÖ und von der Arbeiter­kammer, sondern aus dem Zentrum der Wirtschaftskammer kommen, meine Damen und Herren! Da gibt es offensichtlich Funktionäre und Mitglieder, die sich davon be­drängt fühlen, dass dem Herrn Kurz offensichtlich in irgendeiner Weise Gelder zuge­schanzt werden, die auf abenteuerliche Art und Weise aus den Kammern abgezogen werden.

Die Präsidenten berichten über „‚eine langjährige problematische Praxis‘“: „Jeden Mo­nat, so schrieben die drei Präsidenten an den Wirtschaftskammer-Vize-Boss, erhalte der Verein ASEP“ – der Verein Austrian Senior Experts Pool – „‚einen gewissen Be­trag‘, der ‚in gleicher Höhe‘“ – das sind Monat für Monat 40 000 Euro – „an einen selt­samen Verein“ weitergeleitet werde. Der Asep leitet das an diesen Verein weiter, und wo das von dem Verein hingeht, das weiß man nicht ganz genau. Sicher ist aber, dass es von 2010 bis 2023 gehen sollte: 13 lange Jahre, meine Damen und Herren, 13 lan­ge Jahre, in denen sich die Mitglieder der Wirtschaftskammer grün und blau ärgern dürfen, dass Monat für Monat 40 000 Euro an eine offensichtlich schwarze Kassa gehen – oder wohin auch immer. „An wen flossen die Zwangsbeiträge?“, steht hier die Frage. – Das wissen wir nicht. „Verbirgt sich, wie ein WKO-Mitglied spekuliert, dahinter vielleicht versteckte Parteienfinanzierung [...]?“ – Meine Damen und Herren, wenn das nicht etwas ist, was Ihre Glaubwürdigkeit ganz massiv unterminiert, dann weiß ich ei­gentlich nicht mehr, was Glaubwürdigkeit bedeutet. Das kann ich Ihnen hier schon sa­gen! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber mir wird jetzt bei dieser Angelegenheit auch klarer, warum die ÖVP in einer be­sonderen Form mit einer Neuregelung des Parteiengesetzes ihre Probleme hat – weil es natürlich so ist: Wenn mehr Transparenz kommt, dann wird hier nicht mehr ge­mutmaßt – und ich sage es noch einmal: von WKO-Funktionären –, sondern dann liegt hier offen auf dem Tisch, wo eigentlich diese 13 Millionen Euro statt der 6 oder 7 Mil­lionen Euro, die im letzten Wahlkampf erlaubt waren, hergekommen sind.

Aber wie ist denn das? Das hat niemand gespendet – das kommt nämlich auch noch dazu –, sondern das sind die mühsam erarbeiteten Gelder auch der kleinsten Mitglie­der der Wirtschaftskammer, und dafür muss sich, glaube ich, irgendjemand schämen, und ich habe auch einen Verdacht, wer, nämlich Herr Kurz. Das sage ich Ihnen jetzt ganz offen, meine Damen und Herren! (Abg. Kopf: Du solltest dich schämen! Du soll­test dich wirklich schämen, im Schutz der Immunität so etwas zu behaupten!)


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Daher kann ich Ihnen auch sagen: Dieser Beschluss, den wir hier heute fassen, fußt darauf, dass Herr Kurz einen Trümmerhaufen hinterlassen hat, bestehend aus Ego­manie, Strebersucht und Rücksichtslosigkeit. Nach außen wird der nette junge Mann vorgespielt und nach innen beinhart kalkuliert, meine Damen und Herren!

Die Zertrümmerung der Sozialversicherungen wurde heute schon thematisiert: Es wur­de versprochen, dass alle Einzahlenden hinsichtlich der Leistungen mehr oder weniger gleich behandelt werden. Jetzt erklären Sie mir einmal, warum die Beamten wirklich um so viel mehr bekommen als die normalen Arbeiter und Angestellten! Erklären Sie uns das einmal, warum das so ist und nicht einmal ansatzweise irgendetwas getan worden ist, dass man das irgendwie beendet!

Bei der 60-Stunden-Woche, beim 12-Stunden-Tag haben Sie uns groß erklärt, es soll möglich sein, dass jene Kolleginnen und Kollegen, die eine Vier-Tage-Woche haben, diese auch tatsächlich bekommen. (Abg. Haubner: Geh, so ein - -!) – Nichts ist pas­siert, gar nichts ist passiert! Sie haben die Leute ausgenützt, und Sie haben uns etwas vorgespiegelt, was überhaupt nicht passiert. (Abg. Haubner: Eine unwürdige Rede! Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Und was das Nächste ist – im Wiener Wahlkampf wird das sicherlich ein großes The­ma werden, das kann ich Ihnen jetzt auch schon prophezeien –: die Versuche des Herrn Kurz, von hinten herum zu schauen, dass man den sozialen Wohnbau quasi be­kämpft, indem man dort Privatisierungen macht.

Meine Damen und Herren! Wien ist international ein Vorzeigebeispiel dafür, was man machen muss, dass wir uns Mieten leisten können, dass sich unsere Jugend Mieten leisten kann. Darauf sind wir stolz, meine Damen und Herren! Da brauche ich nicht Herrn Kurz, der versucht, das bei jeder Gelegenheit abzudrehen. Also das wird sicher­lich im Rahmen des Wahlkampfs ein Thema sein.

Frau Köstinger ist da. Ich muss jetzt noch ein paar Worte zu Frau Köstinger sagen, da sie ja immer wieder zum Umweltschutz spricht, aber in Wirklichkeit ist es ja beschä­mend. Das ist eine Lachnummer, Frau Kollegin, was Sie da abgeliefert haben. Sie soll­ten eigentlich erkennen, dass der Umweltschutz einer der ganz zentralen Punkte ist. Jetzt schaue ich mir an, was Sie eigentlich geleistet haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Ja, das geht auf die Zeit, danke schön.

Sie, die ÖVP, haben den Versuch unternommen und waren als einzige Partei dafür – da danke ich allen anderen –, dass die Vorrangstellung des Umweltschutzes – wir re­den von Klimakatastrophen, von denen kein Land ausgenommen ist – in der Verfas­sung fällt. Der Wirtschaftsstandort, für den wir alle sowieso eintreten, der soll quasi vorgeschoben werden, damit man das relativiert. (Zwischenruf des Abg. Haubner. Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das ist absolut beschämend, dass Sie das als Umweltministerin getan haben, das spricht für Sie, das kann ich Ihnen sagen. (Ruf bei der ÖVP: ... wie viel Frust steht ...?)

Es spricht aber auch ein Weiteres für Sie, nämlich dass während Ihrer Zeit in Brüssel die ÖVP bei nahezu jeder Beschlussfassung gegen Umweltschutzmaßnahmen immer mit dabei war. (Abg. Haubner: ... unwürdig für einen Anwalt!) Beim Glyphosat, das ist jenes Mittel, das den Bienentod verursacht, für dessen Verwendung in den USA bereits hohe Strafen verhängt worden sind, ist natürlich die Gruppe um Frau Köstinger voll dafür. Wer braucht Bienen? Wir brauchen keine Bienen, weg damit! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja zum Glyphosat! Das ist Ihre Politik, das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Holzinger-Vogtenhuber.)

Das Schmankerl – und dann komme ich eh gleich zum Schlusswort, Frau Präsidentin ‑, meine Damen und Herren, ist die Übersiedelung des Umweltbundesamtes. Wir haben ein Umweltbundesamt in Wien, da arbeiten logischerweise mehrheitlich Leute aus


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Wien. Ich weiß nicht, welcher Teufel Sie geritten hat, Frau Köstinger: Das muss natür­lich raus aus Wien, nämlich nach Klosterneuburg. Da sind lange Straßen, da können viele Autos fahren, die stoßen dabei natürlich jede Menge NOx aus. Das ist toll! (Zwi­schenruf der Abg. Winzig.) – Wie kommt man auf so eine kranke Idee, Frau Ministerin, Ex-Ministerin, muss man zu Recht sagen? Wie kann man so etwas machen? Wenn das Ihre Leistungen und die Leistungen des Herrn Kurz sind, dann hawedere! Ich glau­be aber nicht, dass das in Zukunft so ist. Dafür werden wir eintreten. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.22


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Abg. Wöginger: Und so was ist ein Anwalt! Abg. Haubner: Unwürdige Rede!)


14.22.48

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich komme als Generalsekretär der Wirtschaftskammer Ös­terreich nicht umhin, doch noch auf diesen ungeheuerlichen Redebeitrag des Kollegen Jarolim einzugehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Wirtschaftskammer Österreich hat es sich, neben ihrer wichtigen Aufgabe der Ver­tretung der Interessen der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich und ne­ben einer weiteren wichtigen Aufgabe, nämlich Service für die Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich zu bieten und auch als der größte nicht staatliche Bil­dungsanbieter in Österreich für die Unternehmen aufzutreten, auch seit Jahrzehnten zur Aufgabe gemacht, diese Aufgabenstellungen mit größtmöglicher Effizienz und un­ter größtmöglicher Schonung der Mitgliedsbeiträge, die von den Mitgliedern an die Kammer abgeführt werden, durchzuführen.

Das hat unter anderem dazu geführt, dass Präsident Leitl im Jahre 2000, als er ange­treten ist, freiwillig ein sehr umfangreiches Senkungsprogramm für die Pflichtbeiträge – in der Höhe von 150 Millionen Euro – der Mitglieder durchgeführt hat, und damit muss­te natürlich verbunden sein, dass in der Wirtschaftskammerorganisation die Kosten entsprechend angepasst wurden.

Zur Einnahmenentwicklung, die der Kammer immer wieder vorgeworfen wird: Seit dem Jahr 2000 haben sich die Beitragseinnahmen der Wirtschaftskammerorganisation ös­terreichweit unterhalb des Verbraucherpreisindexes bewegt, und zwar deswegen, weil die Wirtschaftskammer immer wieder – in der Zwischenzeit zum dritten oder vierten Mal in Fünf-, Sechsjahresabständen freiwillig die Beiträge gesenkt hat. Da gibt es andere Organisationen mit Pflichtmitgliedschaft, die weit, weit davon entfernt sind oder weit, weit darüber sind. (Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Ich will hier aber nicht in diese Debatte einsteigen, das ist auch nicht der Zweck meines Redebeitrages. Was ich sagen will, ist, dass diese Einnahmensenkung natürlich not­wendigerweise Kostensenkungen mit sich gebracht hat. Da ein großer Teil der Aus­gaben der Wirtschaftskammer Personalausgaben sind, hat das unweigerlich zur Folge gehabt, dass damals – beginnend im Jahre 2001 – auch eine deutliche Senkung des Personalstandes notwendig wurde. Das hat man aber nicht mit Kündigungen durchge­führt, sondern man hat den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den älteren vor allem, ein Programm angeboten, das sie freiwillig in Anspruch nehmen konnten, sie mussten sich aber gleichzeitig verpflichten, der Wirtschaftskammer beziehungsweise den Mit­gliedsbetrieben auch über ihr Ausscheiden hinaus mit ihrem Know-how zur Verfügung zu stehen.

Deswegen hat man ihre Gehaltsfortzahlungen und dann auch ihre Arbeitsleistungen über einen ausgelagerten Verein abgewickelt. Der musste selbstverständlich, um diese


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Zahlungen an diese ausgeschiedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedienen zu können, von der Kammer aus dem Budget dotiert werden. Daran ist weder etwas Ille­gales noch etwas Intransparentes, sondern das ist ein völlig logischer Vorgang, der or­ganisatorisch gar nicht anders machbar gewesen wäre. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Drozda: ... Pensionskasse!)

Eines noch, meine Damen und Herren: Das war damals ein Programm, das im Präsi­dium der Wirtschaftskammer Österreich mit den Stimmen der Präsidiumsmitglieder des Wirtschaftsbundes, mit der Stimme des Mitglieds des freiheitlichen Wirtschaftsverban­des – damals noch Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender –, aber auch des Vertre­ters des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes einstimmig beschlossen wurde, und das x-fach vom Kontrollamt und anderen Kontrolleinrichtungen überprüft worden ist – und es hat nie zu einer Beanstandung geführt.

Nur weil das jetzt eine investigativ tätige Zeitung skandalisiert, das zum Anlass zu neh­men, Kollege Jarolim, und in dieser Art und Weise daraus Parteienfinanzierung durch die Wirtschaftskammer Österreich zu konstruieren, das ist schäbig, das ist schändlich, das ist wirklich entschieden zurückzuweisen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ganz abgesehen davon: Herrn Bundeskanzler außer Dienst Sebastian Kurz damit in Verbindung zu bringen, mit etwas, was im Jahre 2001 gestartet wurde, das spricht ja wohl für sich (Zwischenruf des Abg. Leichtfried) und ist an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten. Du solltest dich schämen! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

14.28

14.28.14


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Da jetzt dazu niemand mehr zu Wort gemeldet ist, schließe ich die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, wir gelangen nun zu den Abstimmungen, und ich bitte um Ruhe! (Abg. Jarolim: In die Tasche des Herrn Kurz ...! Abg. Wöginger: Bist ja nicht alleine da!)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 630 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Gerstl vor.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstim­mung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Artikel III in der Fassung des Aus­schussberichtes, und ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesem Teil des Gesetzentwurfes ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. Das ist wiederum die Mehrheit, somit ist der Ge­setzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.


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14.30.113. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 773/A der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (631 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wittmann. – Bitte schön, Herr Abge­ordneter, Sie sind am Wort.


14.30.42

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es geht um Art. 142 Abs. 2 lit. b, da geht es darum, dass in der Verfassung eine Klagemöglichkeit vor dem Verfassungsgerichtshof vorgesehen ist, wenn bei Amtstätigkeit schuldhafte Rechtsverletzungen entstehen.

Es ist also nicht so, dass wir etwas Neues erfinden, sondern wir haben einen Para­grafen in der Verfassung, der es ermöglicht, eine Ministeranklage zu machen, aber nur mit der Mehrheit des Parlaments.

Da die Mehrheit auch immer die Regierung stellt und die hier im Hohen Haus sitzenden Abgeordneten der Regierungsfraktionen nicht gegen den eigenen Minister eine Ankla­ge erheben werden, ist es totes Recht. Es gibt zwei Möglichkeiten: Man kann sagen, man schafft diesen Paragrafen ab – das wäre eine der Möglichkeiten –, oder man sagt, man belebt ihn wieder. Ich bin da auf der Seite des Kollegen Noll und dafür, ihn wie­derzubeleben.

Warum bin ich dafür? – Weil sich in den letzten 17 Monaten einiges an der Begeg­nungsform hier im Parlament geändert hat. Man hat das Parlament ganz einfach miss­achtet, man hat das Parlament durch eine äußerst überhebliche Vorgangsweise teil­weise ausgeschaltet. Ich erinnere daran, dass man Vorhaben in die falschen Aus­schüsse gegeben hat, ich erinnere daran, dass man Begutachtungsfristen so verkürzt hat, dass bei 212 betroffenen Gesetzen eine Begutachtungsfrist von zwölf Tagen ein­geräumt wurde.

Ich erinnere daran, dass man versucht hat, es möglich zu machen – die Sozialminis­terin hat es eingebracht , dass Vollzugshandlungen bereits gesetzt werden können, bevor ein Gesetz erlassen wird. Das geht in Richtung klaren vorsätzlichen Verstoßes gegen den Artikel 18 der Bundesverfassung. Dort steht nämlich, dass die Vollziehung nur aufgrund von Gesetzen arbeiten darf.

Wenn man solche Verstöße, die wirklich an Vorsatz grenzen, in 17 Monaten perma­nent vor Augen geführt bekommt, auch die Missachtung des Parlaments durch den Bundeskanzler, dann muss man sagen, das war heute wohltuend, dass eine Bundes­regierung antritt und sagt: Wir suchen den Konsens, wir versuchen, mit allen in Kontakt zu bleiben, wir versuchen, den größtmöglichen Konsens herzustellen, und suchen nicht den Dissens. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist das, was sich in den letzten 17 Monaten geändert hat, nämlich dass eine Be­gegnungsform hier Einzug gehalten hat, die ich vorher nicht kannte. Ich bin seit 22 Jah­ren hier, man hatte immer wieder versucht, einen Großteil der Gesetze gemeinsam zu beschließen, man hatte immer wieder versucht, einen Konsens zu finden – mehr als 30 oder 40 Prozent der Abstimmungen sind sogar einstimmig ausgefallen –, das hat sich in den letzten 17 Monaten wirklich geändert.


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Wenn man beginnt, die Verfassung mit vorsätzlichen Anträgen hinzubiegen, und weiß, dass man verfassungswidrig handelt, dass man sozusagen die Vollzugshandlung dem Gesetzesbeschluss vorwegnimmt, dann halte ich es für gerechtfertigt, diesen Art. 142 Abs. 2 lit. b zu einem Minderheitsrecht zu machen, zu einem Recht von einem Drittel der Abgeordneten.

Das ist nicht deswegen, weil wir jetzt gescheiter geworden sind, sondern um einer Dis­senspolitik vorzubeugen, um einer Konsenspolitik wieder das Wort zu reden, um wie­der an den Tisch zurückzukehren, den der Bundeskanzler verlassen hat, den er be­wusst verlassen hat. Er hat auch die Gespräche mit den Sozialpartnern verweigert. Er will ganz einfach die alleinige Macht, er versucht mit allen Methoden, sie zu erreichen. (Zwischenruf des Abg. Ofenauer.)

Das ist auch der Grund für die Neuwahl. Da jetzt die Umfragen gut sind, machen wir jetzt Neuwahlen. Wir gehen solange wählen, bis das herauskommt, was er will. – Das ist Machtpolitik, und dieser Machtpolitik gehören Grenzen gesetzt. Eine dieser Grenzen wäre, dass man wieder zur Gesetzlichkeit der Vollzugshandlungen zurückkehrt. (Beifall bei der SPÖ.)

14.35


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gerstl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.35.40

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Eine große Mehrheit der Bevölkerung hat in den letzten 17 Monaten eine Regierung gesehen, die das, was sie sich vorgenommen hat, umsetzt und erledigt. Es ist Ihr gutes Recht, Herr Kollege Wittmann, dass Sie anderer Ansicht sind. Dafür gibt es genügend Kontrollinstrumente, nämlich politische Kontrollinstrumen­te gegenüber der Regierung. Sie hätten jederzeit einen Misstrauensantrag stellen kön­nen – Sie haben ihn dann auch gestellt und diese Bundesregierung abgewählt (Zwi­schenruf bei der FPÖ), aber das war nicht im Sinne der Bevölkerung. Es trifft schon gar nicht den Kern dieser Diskussion, die wir heute hier haben, denn hier geht es um die rechtliche Verantwortung, und das, glaube ich, müssen wir – für die Bevölkerung – auseinanderhalten.

Die rechtliche Verantwortung bedeutet nämlich, dass ein Bundesminister, der als oberstes Vollzugsorgan einen rechtswidrigen Bescheid erlässt, danach beim Verfas­sungsgerichtshof angeklagt werden kann. Nichts anderes! Da geht es nicht darum, ob einem der Minister politisch gefällt, ob er die Initiativen richtig gesetzt hat, ob er jeman­dem zu Gesicht steht. Wenn er Ihnen nicht zu Gesicht steht, stellen Sie einen Miss­trauensantrag, Sie haben alle Mittel dazu.

Wenn es aber darum geht, ob ein Bundesminister die Gesetze rechtmäßig oder rechts­widrig vollzieht, dann geht es darum, dass wir dem Verfassungsgerichtshof nur dann dieses Mittel in die Hand geben wollen, wenn das auch wirklich gerechtfertigt ist. Was wir mit diesem Mittel nicht wollen, ist, dass wir jedes Regierungsmitglied in eine De­stabilisierung führen. Wenn Sie das zu einem Minderheitsrecht machen, dann wird das dazu führen, dass genau das eintritt, was Sie sagen.

Ihnen gefällt der Stil von Sebastian Kurz nicht – dann bringen Sie ihn zum Verfas­sungsgerichtshof und machen aus ihm eine Lame Duck. Ein Regierungsmitglied hat danach keine Chance mehr, die Gesetze noch handlungsfrei zu vollziehen, er oder sie verliert das Vertrauen in der Bevölkerung. – Das wäre die falsche Vorgangsweise. Sie würden damit Instabilität und nicht Sicherheit produzieren. Daher unterscheiden wir uns hier stark von Ihnen.


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Ich möchte auch meine Hochachtung ausdrücken, dass die Freiheitliche Partei kurzfris­tig (Abg. Scherak: Umgefallen ist!) vor dieser entscheidenden Sitzung im Verfassungs­ausschuss ihre Meinung geändert hat, denn es geht ihr wohl darum, dass wir auch in Zukunft eine stabile Regierung, eine sichere Regierung haben, auf die die Bevölkerung vertrauen kann, und nicht Instabilität produzieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.38


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scherak. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.38.30

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Vizekanz­ler! Mit der Hochachtung muss die Freiheitliche Partei jetzt leben. Sie bekommt Hoch­achtung vom Kollegen Gerstl, weil sie umgefallen ist, weil sie in einer faszinierenden Art und Weise umgefallen ist. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von JETZT. Zwischenruf bei der FPÖ.)

Es gibt ja das Sprichwort, dass der Standort den Standpunkt bestimmt, und das ist in der Politik leider Gottes sehr oft so. Das ist oft dann so, wenn man in einer Regierungs­konstellation ist und Kompromisse mit dem Koalitionspartner machen muss. (Zwi­schenruf des Abg. Noll.) Dafür kann man bis zu einem gewissen Grad Verständnis ha­ben, ich verstehe es zumindest zwischenmenschlich und verstehe, wie solche Konstel­lationen funktionieren.

Was aber skurril ist, ist, dass die FPÖ, die immer für die Ministeranklage als Minder­heitsrecht war, jetzt, wo sie in keiner Koalition mit der ÖVP ist, seit Neuestem weiterhin diese entsprechende Position hat. Ich kann das nicht nachvollziehen. Ich glaube, es war richtig, was Kollege Stefan, der sich heute leider nicht zu Wort meldet, immer ge­sagt hat, nämlich: Die Ministeranklage soll ein Minderheitsrecht sein.

Ich glaube, dass es jedenfalls auch um die Frage der politischen Kultur geht, wie man damit umgeht. Kollege Gerstl hat recht, dass das eine wesentliche Frage ist, ich glaube trotzdem, dass es wichtig ist, dass dieser Nationalrat ein weiteres Minderheitsrecht in die Hand bekommt.

Dass die FPÖ da umfällt, verstehe ich nicht. Das Einzige, was das für mich logisch er­klären würde, ist, dass die nächste Koalition schon wieder aufbereitet wird. Dafür hat Herr Klubobmann Kickl ja heute in der Zeitung quasi schon das Angebot gemacht.  Ich halte das für absurd. (Beifall bei den NEOS.)

14.39


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Schrangl zu Wort. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.40.08

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es ja super, wie viele Koalitionen uns heute schon vorgeworfen wurden. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Schön ist aber auf jeden Fall, dass die FPÖ immer dabei ist. Ich glaube, das ist auch ganz wichtig für Österreich, für die Österreicherinnen und Österreicher, dass die FPÖ auf jeden Fall mitbestimmt. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Sehr geehrter Herr Kollege Scherak, ja, wir haben das gefordert. Ja, wir wollen da eine Änderung, aber das Richtige zur falschen Zeit ist auch das Falsche. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Ich glaube, dass es das falsche Signal ist, in dieser Zeit dieser neuen Bundesregierung, die gut arbeitet, diese Rute ins Fenster zu stellen. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)


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Wir sind gerne bereit, ab Herbst, wenn eine gewählte Regierung antritt, über diesen Passus zu sprechen. Nun aber dem Herrn Vizekanzler und der Frau Bundeskanzlerin Bierlein – der ersten Bundeskanzlerin Österreichs (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist kein Automatismus!) – dieses Signal zu geben, kommt, glaube ich, zur falschen Zeit. (Abg. Scherak: Ich glaube, der Herr Vizekanzler ...!) Wir sind gerne gesprächsbereit und wer­den das in größerem Rahmen in einer Geschäftsordnungsdebatte, nachdem das Volk gesprochen hat, in einer neuen Konstellation hier im Parlament gerne besprechen.

Übrigens hat der Herr Vizekanzler – ich hoffe, dass er sich noch zu Wort meldet – ges­tern wunderschön aus der Sicht eines Juristen erklärt, wo er noch Kritikpunkte sieht. Ebenfalls im Gleichlauf mit den ordentlichen Gerichten muss man, glaube ich, wirklich ganz genau dorthin schauen, um nicht am Ende etwas zu bekommen, was keiner woll­te. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.42


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Noll zu Wort. – Bitte.


14.42.24

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Das muss man in der Sache nicht mehr besprechen, weil das, was es dazu zu sagen gibt, schon längst gesprochen ist, und das seit Jahren. Kollege Scherak hat ein bisschen rhetorisch in den Raum gestellt, er frage sich, warum die FPÖ umgefallen ist – dazu kann man sich einiges überlegen.

Die erste Variante: Es ist ein Akt der Distanznahme vom Kollegen Strache, der ja 2015 diesen Antrag eingebracht hat. Er hat ihn gut begründet. In den parlamentarischen De­batten wurde ausführlich darüber gesprochen. Alle Argumente dafür, das als Minder­heitsrecht einzuführen, wurden damals von der FPÖ ganz glasklar begründet. Die FPÖ versucht also vielleicht, sich persönlich von Herrn Strache zu distanzieren.

Die zweite Variante, die schon viel näher liegt: Das ist quasi eine politische Akontie­rung auf die in Aussicht genommene Koalition, auf die Fortsetzung der Zusammenar­beit mit der ÖVP. Kollege Gerstl hat sich ja, höflich wie er ist, auch entsprechend dafür bedankt – das gehört sich auch unter Leuten, die etwas gemeinsam machen wollen, nur: Argument ist das natürlich gar keines.

Was nun zuletzt gesagt wurde: Na ja, das werde man sich überlegen, das sei nun ein schwaches Zeichen. – Da sage ich Ihnen, ich sehe es ganz anders. Für die parlamen­tarische Souveränität ist es immer das richtige Zeichen, wenn das Instrumentarium, das zur Kontrolle der Regierung dient und zur Transparentwerdung der Regierungstä­tigkeit verhilft, angewendet wird.

Ich muss nicht lange an die Diskussionen über die Einsetzung von Untersuchungs­ausschüssen als Minderheitsrecht erinnern. Damals war es genau dasselbe: Das geht nicht! Das ist unverantwortlich! Das würde eine unnötige Plage für alle Beteiligten wer­den! – Wir haben das und es funktioniert insgesamt ganz gut. So wäre das auch mit einer Ministeranklage als Minderheitsrecht.

Was vergessen wurde – der Herr Vizekanzler wird sich da selbst noch dazu äußern können –: Das erste Wort, das ich gestern von ihm gehört habe, war, dass er gesagt hat, im Prinzip wäre es schon eine ganz richtige Sache, das als Minderheitsrecht zu formulieren, nur haben wir ganz grundsätzlich beim Problem der Ministeranklage ver­schiedene Facetten, die wir auch in Bedacht nehmen sollten und bei denen wir einen Abgleich in Gang setzen sollten.

Ich finde, die FPÖ ist wieder einmal umgefallen. Dieses Mal auch ganz ohne Argument und ohne jede sachliche Begründung. Das ist ein Liebesdienst an die ÖVP, und die


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verdient hier Ihre Liebe nicht. (Beifall bei JETZT und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.45


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schrangl zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. Berücksich­tigen Sie bitte die Regeln einer tatsächlichen Berichtigung!


14.45.30

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Herr Abgeordneter Noll hat zu diesem Punkt behauptet, wir wären umgefallen. (Heiterkeit bei Abgeordneten von NEOS und JETZT.)

Ich berichtige tatsächlich: Wir sind nicht umgefallen, sondern ich stehe immer noch hier. Ich stehe auch gern hier. Ich habe da auch ein sehr gutes Buch (ein Buch in die Höhe haltend), und zwar eine Doktorarbeit genau zu diesem Thema. Da wird auch ge­nau darüber abgesprochen (Abg. Noll: Das muss man lesen!), warum das auch heute noch in Österreich sinnvoll ist. Das werde ich ihm sehr gerne geben. (Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Wie gesagt: Das Richtige zur falschen Zeit ist ebenso das Falsche. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Abg. Schrangl – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Das war eine tatsächliche Berichtigung! – Zwi­schenruf des Abg. Noll.)

14.46


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Herr Abgeordneter, das war keine tatsächliche Be­richtigung. Ich denke, wir müssen uns noch mit allen Fraktionen über tatsächliche Be­richtigungen unterhalten. (Zwischenrufe der Abgeordneten Rosenkranz und Noll.)

Nun hat sich Herr Vizekanzler Jabloner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Vizekanzler.


14.46.00

Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Vizekanzler Dr. Dr. h.c. Clemens Jabloner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich habe mich gestern in der Verfassungsausschusssitzung re­lativ neutral geäußert und auf verfassungstechnische Konsequenzen hingewiesen. Es gibt tatsächlich Bereiche einer objektiven Rechtswidrigkeit eines Bundesministers, die derzeit nicht sanktioniert sind. Insofern wäre die Erleichterung oder die Effektuierung der Ministerverantwortlichkeit nach Artikel 142 B-VG sinnvoll.

Man muss sich jedoch vor Augen halten, dass ein solches Unternehmen mit erhebli­chen Weiterungen verbunden ist. Es bedarf einer begleitenden Novelle zum Verfas­sungsgerichtshofgesetz. Man braucht Expertise, insbesondere auch von der Seite des Verfassungsgerichtshofes her. Man müsste das Verhältnis dieser Maßnahme zu den normalen Rechtsschutzwegen klären. Was passiert mit einem anhängigen Verfahren, in dem über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides ausgesprochen wird?

Was vor allem dazu kommt, ist, an Artikel 142 B-VG hängt Artikel 143 B-VG, der in sehr gravierender Weise vorsieht, dass strafrechtliche Anklagen gegen Mitglieder der Bundesregierung erhoben werden können, bei denen unter Ausschaltung der Anklage­behörden und auch der ordentlichen Gerichtsbarkeit der Nationalrat als Ankläger und der Verfassungsgerichtshof als einzige strafgerichtliche Instanz tätig werden.

Das kann man wollen oder nicht wollen. Man kann es als eine Diskriminierung der Mitglieder der Bundesregierung sehen, da sie um den Rechtsschutzapparat umfallen. Man kann es auch als Privilegierung sehen, weil sie einen besonderen Gerichtsstand erhalten. Ich will das ganz neutral sehen, verhindern wollte ich aber mit meiner Wort-


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meldung gestern im Ausschuss, dass etwas getan wird, bei dem man sich nicht im Kla­ren darüber ist, welche Konsequenzen damit verbunden sein können. – Danke, Frau Präsidentin. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Krainer.)

14.48


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Fürlinger zu Wort. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.48.29

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Hohes Präsidium! Ich danke Ihnen, Herr Vizekanzler, dass Sie die Debatte zur Tagesordnung zurückgeholt haben und Ihre Ausführungen aus der gestrigen Ausschusssitzung, die sehr wohltuend waren, hier noch einmal dargestellt haben. Meine Damen und Herren, ich versuche im Kurzen, die Kontrollrechte des Parlaments und die Minderheitsrechte darzustellen.

Wir haben in den letzten Wochen und Tagen nicht nur festgestellt, dass die Verfassung elegant und schön ist, sondern dass sie durchaus auch sehr zweckmäßig ist und Be­stimmungen enthält, die die Kontrolle des Parlaments über die Spitze der Vollziehung – die Minister – sehr gut möglich macht. Das beginnt bei Anfragen an Minister, bei Inter­pellationsrechten, und hört auf bei Misstrauensanträgen, die wir hier zur Genüge miter­lebt haben und von denen einer, der 186., Erfolg gezeigt hat.

Des Weiteren gibt es die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als Minder­heitsrecht, was ein für das Parlament wesentlich umfangreicheres und besseres Min­derheitsrecht ist, um Dinge aufzuklären und Fragen zu stellen.

Kontrolle, meine Damen und Herren, durch dieses Haus gegenüber der Spitze der Ver­waltung – der Bundesregierung – ist richtig, aber kontrollieren ist nicht gleich anklagen. Beobachten, prüfen und beaufsichtigen darf nicht mit anklagen, mit accusare, gleichge­setzt werden.

Wir leben, wie wir wissen, in einer veränderten Zeit. Kollege Noll hat das gestern auch in der Ausschusssitzung festgestellt. In dieser veränderten Zeit wurde damit begonnen, Politik vor die Gerichte zu bringen. Dies ist nun über 20 Jahre her.

Ein ehemaliges Mitglied dieses Hauses – mittlerweile verstorben – und ein Nochmit­glied dieses Hauses, das heute nicht anwesend ist – ich meine die Herren Haider und Pilz –, haben damals damit begonnen, Gerichte zu gebrauchen, um Politik zu machen. Sie haben insbesondere Staatsanwaltschaften mit Anzeigen, mit Unterlassungsklagen bombardiert und so damit begonnen, ein bisschen zu versuchen, die Politik zu krimina­lisieren. Das ist etwas, wovor ich sehr warne. (Beifall bei der ÖVP.)

Ist einer nämlich einmal angezeigt und ist das schon bei der Staatsanwaltschaft, dann gibt es immer irgendwelche, die schnell die Papiere zur Hand haben und sie, ob sie dürfen oder nicht, vor laufende ORF-Kameras halten. Ist einmal ein bisschen ange­patzt, ist der Fleck auf der Jacke, und den Fleck auf der Jacke kriegt man auch nicht so leicht wieder herunter.

Oftmals, meine Damen und Herren, genügt es ja mittlerweile, einer anderen Meinung zu sein, um diese andere Meinung als Verfehlung – vielleicht sogar strafrechtlich – oder als schlechte Vollziehung darzustellen. Das Referat, Herr Kollege Wittmann, das Sie hier heraußen gehalten haben, unterstreicht eigentlich meine Befürchtung, wohin das Ansinnen dieser Verfassungsänderung – ich betone noch einmal: Es geht um die Abänderung der Bundesverfassung! – zielt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich warne vor dieser Kriminalisierung der Politik. Ich frage – denn die Politik ist ja durch Demokratie Volksvertretung –: Von wem im Volk erwarten Sie dann tatsächlich, meine


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Damen und Herren, dass er dann noch hier herkommt und sich das antut, wenn er sich sofort vor einem Gericht zu verantworten hat, wenn er einmal vielleicht eine pronon­ciertere oder eine andere Meinung vertritt? – Das kann ja wohl bitte nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

Wenn ich mir die zurückliegenden Debatten vergegenwärtige, dann möchte ich sagen, ich will nicht wissen, wie viele der Misstrauensanträge, die hier in diesem Haus in den letzten 18 Monaten abgehandelt worden sind, stattdessen in eine Ministeranklage ge­gossen worden wären und wie lange dieser Minister dann auch in seiner Tätigkeit ge­lähmt gewesen wäre; Kollege Gerstl hat das richtigerweise so ausgeführt.

Meine Damen und Herren! Es ist auch eine Frage der Gewaltentrennung, denn Ge­setzgebung ist nicht Justiz. Wenn sich, wie es in diesem Antrag begründet ist, eine Minderheit des Hauses dazu aufschwingt, festzustellen, was denn eine ernsthafte Ver­letzung der Pflichten ist, und damit Anklage vor dem VfGH gegen einen Minister er­hebt, dann vermischt sich die Gewaltentrennung, die für unsere Verfassung immer ein wesentlicher Punkt und nach wie vor das Grundgerüst dieses Staates ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich erspare es mir, alle weiteren rechtlichen Verfahren, die es gibt, um auch Minister, die Gott sei Dank normale Menschen sind und sein sollen und die man nicht über weitere Verfahrensrechte diskriminieren soll, zu belangen, auf­zuzählen. Eines ist jedenfalls sicher: Es gibt genug Kontroll- und Minderheitsrechte. Das, das Sie hier vorschlagen, ist untauglich. (Beifall bei der ÖVP.)

14.53


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Jarolim zu Wort. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Zwischenruf des Abg. Scherak.)


14.53.56

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Kol­leginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren hinter dem Fernseher oder vor allem vor dem Fernseher – wie immer man das sehen will! Ich glaube, zu all dem, was nun gesagt worden ist, muss man eines wissen: dass die Kontrollinstrumente des Parla­ments gegenüber der Regierung nach Maßgabe der Verhältnisse im Parlament ausge­übt werden.

Wenn also die Regierung – sonst wäre es ja nicht die Regierung – die Mehrheit hat, dann funktioniert das Kontrollrecht hier im Parlament nicht. Daher kann man natürlich stundenlang über Entwicklungen und über Instrumente reden, diese ziehen aber alle­samt dann nicht, wenn die Regierung vom Parlament getragen ist, wie es eben der Fall ist. Das wissen wir, daher: zahnlos und jede Erklärung dazu eigentlich sinnlos. – Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass es dieses Instrument als Minderheitsrecht in Deutschland – ich bin mir nicht sicher, ob das eine Demokratie ist – und auch in den Niederlanden gibt – ich bin mir nicht sicher, ob das eine Demokratie ist; diese Frage müssen Sie sich nun wohl stellen. Das gibt es auch in Skandinavien. Erklären Sie mir daher bitte, welche Gefahren da auf uns zukommen und was daran so fürchterlich ist – nach der heutigen Sitzung kann ich das erst recht unterschreiben –, wenn das all diese Länder haben, die uns in vielen Dingen Vorbild sein könnten! Ich bin schon gespannt, was Herr Kollege Stefan sagt, der ja noch nach mir als Redner zu Wort kommen wird.

Zu Herrn Kollegen Schrangl kann ich nur eines sagen: Herr Kollege, ob Sie nun vor dem Lesen eines Buches oder nach dem Lesen eines Buches umgefallen sind, ist ziemlich wurscht, Sie sind jedenfalls umgefallen – in einem Fall mit einem Buch in der Hand, im anderen ohne Buch. Ich würde sagen, mit Buch ist vielleicht ein bissl ge­scheiter.


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Eines sollte auch klar sein, Kolleginnen und Kollegen: Die FPÖ war eigentlich jahrelang die Vorreiterin. Wir haben da intern schon immer diskutiert, wie das ausschaut, ob wir da nicht zustimmen sollten. Kollege Stefan, was haben wir zu diesem Thema diskutiert! Jahrelang war die FPÖ die Partei, die genau das haben wollte, meine Damen und Her­ren! (Abg. Stefan: Wir sind beide g’scheiter geworden!)

Es ist heute gesagt worden, es ist lobenswert, dass die FPÖ kurzfristig quasi ihre Mei­nung nach über zehn Jahren gewechselt hat und umgefallen ist – mit einem Buch in der Hand, muss man natürlich auch noch irgendwie sagen, das ist eine Erklärung. (Abg. Stefan: Und umgekehrt!) Das glaubt ja wohl wirklich niemand, dass das nicht ein klares Signal ist, dass es im Herbst mit Schwarz- oder Türkis-Blau weitergeht.

Unser aller Aufgabe in der Opposition ist nun, glaube ich, diese komische Schimäre von Herrn Kurz, der uns allen mitteilt, dass Rot-Blau die Zukunft ist, wirklich aufzu­klären. Herr Wöginger ist, glaube ich, auch noch zu Wort gemeldet – ich bin auf seine Ausführungen schon gespannt. Das ist, glaube ich, der Duktus von dem Ganzen: Es ist wichtig und zentral, darzustellen, dass diese komische Schimäre der ÖVP nichts ande­res als Humbug ist (Zwischenruf des Abg. Wöginger), nichts anderes als Message Control. Dieses Mal geht das aber nach hinten los (Abg. Sobotka: Man soll die Politik im Parlament lassen und das Strafrecht im Gericht!), das kann ich Ihnen garantieren. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und NEOS. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

14.56

14.56.57


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er ein Schlusswort wünscht. – Das ist nicht der Fall.

Somit gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 631 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

14.57.234. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (573 der Beila­gen): Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Kinder- und Jugendhilfe (632 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.57.51

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Vi­zekanzler! Hohes Haus! Die mittlerweile ehemalige schwarz-blaue Regierung hat damit begonnen, die Kinder- und Jugendhilfe zu verländern, um damit den Ländern wesent­lich mehr Kompetenzen einzuräumen. Wir haben das damals schon kritisiert und wer­den das auch heute weiter kritisieren, weil hier nun der nächste Schritt folgt, indem man versucht, noch einmal klarer zu definieren, wie die Kompetenzen genau aufgeteilt werden, und versuchen will, das auch bundesweit einheitlich zu schaffen.


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Da stellt sich ganz einfach die Frage: Warum versuchen wir, eine 15a-Vereinbarung zu treffen, um das auf Landesebene bundesweit einheitlich zu lösen, um es dann am En­de des Tages eben nicht bundeseinheitlich zu lösen? – Das erschließt sich für mich nicht und das erschließt sich für uns nicht. Dementsprechend werden wir heute auch nicht mitgehen.

Es ist übrigens so, dass da alle Expertinnen und Experten von Anfang an anderer Meinung waren und gesagt haben, es wäre sinnvoll, das auf Bundesebene zu heben, egal ob das die Kinder- und Jugendstatistik, die Volksanwaltschaft oder auch die Eva­luierung, die das Familien- und Jugendministerium im letzten Jahr gemacht hat, ist. Es ist also durchwegs ganz klar, dass es da zu keiner Verländerung kommen sollte.

Ich frage auch die Nachredner, warum sie diese Verländerung wollen. Das hat mir noch niemand erklären können. Das Einzige ist, dass nun auch die SPÖ bei diesem Machtpolitikspiel, bei dem es nur um Landeshauptleute geht, mitmacht – und das hal­ten wir für ein Armutszeugnis. (Beifall bei den NEOS.)

14.59


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ofenauer zu Wort. – Bitte.


14.59.26

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Sehr verehrte Zu­seherinnen und Zuseher! Wir debattieren über eine Vereinbarung zwischen den Län­dern und dem Bund die Kinder- und Jugendhilfe betreffend. Das ist ein wichtiges The­ma, denn Kernaufgabe der Kinder- und Jugendhilfe ist es, das Kindeswohl zu sichern. Zu den Hauptanliegen zählt auch, die Erziehungskraft der Familie zu stärken.

Für uns in der ÖVP stehen die Familien als Keimzellen unserer Gesellschaft seit jeher in der Mitte unserer politischen Arbeit. Deshalb haben wir in den vergangenen Jahren eine Reihe von familienpolitischen Maßnahmen vorangetrieben, wie zum Beispiel den Familienbonus, den ich hier erwähnen möchte. Es sind Maßnahmen, die unsere Fami­lien erfolgreich wieder mehr in den Mittelpunkt unserer Gesellschaft geholt haben.

Mit dieser Vereinbarung, die wir heute beschließen werden, soll das in den Ausfüh­rungsgesetzen der Länder bereits bestehende Schutzniveau aufrechterhalten werden. Die Kinder- und Jugendhilfe soll österreichweit einheitlich gestaltet, gemeinsam stan­dardisiert und auch ständig weiterentwickelt werden. Durch Meldepflichten, Evaluie­rungen und die Verpflichtung, dass auch in Zukunft neue wissenschaftliche Erkenntnis­se im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe beachtet werden, soll ein hoher Qualitäts­standard sichergestellt werden. Darauf haben sich die Länder mit dem Bund geeinigt. Wir sollten diesem Verhandlungsergebnis auch nicht im Wege stehen, weshalb ich um die entsprechend breite Unterstützung für dieses Gesetz ersuche.

Diese Vereinbarung ist aber auch der vorläufige Schlusspunkt der begonnenen Ent­flechtung von Kompetenzen zwischen Bund und Ländern. Wir haben nämlich im De­zember 2018 das Bundes-Verfassungsgesetz dahin gehend geändert, dass die Kinder- und Jugendfürsorge alleinige Kompetenz der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung wird. Damit hat unser damaliger Reformminister Josef Moser einen ersten Schritt für einfachere und auch klarere Zuständigkeiten gesetzt und hat – auch mit anderen Schritten – wechselseitige Blockaden zwischen Bund und Ländern aus dem Weg ge­räumt.

Schade ist nur, dass durch das Ende der Gesetzgebungsperiode nun viele weitere Vorhaben vorerst auf Eis gelegt sind, denn dieser damaligen Regierung wurde das Misstrauen ausgesprochen, was viele nach wie vor nicht verstehen können. Diese Vor-


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haben können erst umgesetzt werden, wenn die neue Volkspartei auch wieder Teil der nächsten Regierung ist, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Einige Dinge wurden in den vergangenen Monaten bereits angestoßen, wie zum Bei­spiel Steuerreform oder auch Mindestpension. Manches, das im Budget bereits abge­bildet ist, kann hoffentlich auch noch umgesetzt werden.

Ich möchte aber auch noch auf ein für die Kinderbetreuung wichtiges Gesetz hinwei­sen: Die Bund- Ländervereinbarung über die Finanzierung der Nachmittagsbetreuung läuft kommenden September aus. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Mit dem geplanten Bildungsinvestitionsgesetz sollte die Finanzierung der Nachmittags­betreuung über den kommenden September hinaus sichergestellt werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf dazu aufrufen, dieses Bildungsinvestitionsge­setz noch zu beschließen, denn wenn wir dieses Gesetz nicht beschließen, fällt die Fi­nanzierung der Nachmittagsbetreuung ab dem kommenden Schuljahr, und wir stehen durchaus vor einer – kann man sagen – finanziellen Krise der Gemeinden oder der Eltern, die diese Kosten übernehmen müssen. Die Lösung dafür liegt auf dem Tisch. Ich bitte Sie, gehen wir diesen Schritt im Sinne unserer Familien weiter. Gehen wir die­sen Weg weiter! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holz­leitner. – Bitte.


15.03.02

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir behandeln die 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern bezüglich der Kompetenzaufteilung der Kinder- und Jugendhilfe. Im letzten Jahr hat uns dieses Thema sehr intensiv beschäftigt. In dieser vorliegenden 15a-Vereinbarung sind die ak­tuellen Standards aus dem Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 auf jeden Fall abgesichert. Der Bund ist dazu verpflichtet, sich nicht komplett aus der Verantwortung zu stehlen. Das ist uns ganz besonders wichtig.

Die Weiterentwicklung darf auch nicht außer Acht gelassen werden. Es ist das Um und Auf für die Verbesserung der Lebensumstände dieser Kinder und Jugendlichen, die sich oft wirklich in psychisch und physisch schwer belastenden Situationen befinden. Ihre Lebensumstände müssen einfach wirklich verbessert werden. Die Einbindung von Expertinnen, Experten der Wissenschaft ist in Artikel 4 auch ganz genau festgeschrie­ben und für eine wirklich positive Veränderung in diesem Bereich unabdingbar.

Weiters möchte ich noch kurz auf einen zweiten Themenbereich eingehen. Ich habe einen Entschließungsantrag eingebracht, der im Ausschuss für Familie und Jugend liegt und sich mit dem Thema des Kinderrechte-Boards beschäftigt – ein im Bundes­kanzleramt eingerichtetes Beratungsgremium, das seit 2012 als permanenter Koordi­nationsmechanismus zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention arbeitet.

Dieses Kinderrechte-Board hat in der Sitzung im Dezember 2018 beschlossen, ein ExpertInnengremium einzuberufen, das ergänzend zum geplanten Regelungsbereich der 15a-Vereinbarung zur Kinder- und Jugendhilfe einen Fachbeirat zur bundesweiten Evaluierung und Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe auf Bundesebene ins­talliert. Das in der 15a-Vereinbarung genannte Ziel der laufenden Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Kinder- und Jugendhilfe im Sinne von wirklich hohen einheitlichen Standards kann nur durch eine definierte Zuständigkeit in diesem Bereich erreicht werden. Diese Aufgabe der Eigeninitiative eines Bundeslandes zu


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überlassen, wird uns vermutlich nicht das gewünschte Ergebnis bringen, insofern ist der Bund als zehnter Vertragspartner in dieser 15a-Vereinbarung wirklich aufgefordert, entsprechende Schritte zu setzen und entsprechende Strukturen zu etablieren. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Antrag fände sich auch schon eine genaue Auflistung, wie dieses Gremium zusammengesetzt werden könnte. An dieser Stelle ein Dankeschön an alle ExpertIn­nen und Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kinderrechte-Boards! Wir sollten eigent­lich viel öfter auf die Expertise dieser wirklich großartigen Menschen, die darin wirken, hören und sie zurate ziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie treffen sich zu einem neuen Termin am Freitag, und ich würde mich freuen, wenn bei diesem Treffen des Kinderrechte-Boards auch einmal alle Kinder- und Jugendspre­cherInnen der Parteien in diesem Hohen Haus anwesend wären, denn es ist in dieser Gesetzgebungsperiode noch nie vorgekommen, dass wirklich alle politischen Parteien bei diesem Gremium vertreten waren, was sehr schade ist.

Wir feiern heuer das 30-jährige Jubiläum der Kinderrechte in Österreich – ein unglaub­lich freudiger Geburtstag! Im Sinne der besten Versorgung für Kinder und Jugendliche kann die Kinder- und Jugendhilfe nur durch eine wirklich kontinuierliche Evaluierung und Weiterentwicklung verbessert werden. Ebenso muss dringend eine ausreichende Finanzierung sichergestellt werden. Eine Unterlassung der Weiterentwicklung oder ge­genteilig vielleicht sogar die Forcierung einer heterogenen Gestaltung der Kinder- und Jugendhilfe je nach Bundesland ist eine starke Verletzung der UN-Kinderrechtskon­vention. Für uns als Sozialdemokratie ist das auf jeden Fall nicht tragbar. (Beifall bei der SPÖ.)

15.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Werner Herbert. – Bitte.


15.07.26

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner haben ja schon einiges – um nicht zu sagen, sehr viel – vorweggenommen. Konkret geht es bei dieser 15a-Vereinbarung da­rum, dass im Dezember des vergangenen Jahres die Zuständigkeit für die Kinder- und Jugendhilfe vom Bund in die Kompetenz der Länder übergegangen ist.

Um sicherzustellen, dass einerseits die hohen bisherigen Schutzniveaus, die es gege­ben hat, auch weiterhin bestehen und dass es andererseits trotz der Länderkompetenz einheitliche bundesweite Schutzstandards geben wird, bedarf es dieser 15a-Vereinba­rung.

Die Länder verpflichten sich darin, die bisherigen Mindeststandards, die der Bund schon vorgegeben hat, weiterzuentwickeln und aufrechtzuerhalten. Der Bund wiede­rum verpflichtet sich, den Informationsfluss zwischen Bund und Ländern bei wichtigen Institutionen und Behörden, wenn es um Kindesmissbrauch oder um Kindesmisshand­lung geht, einerseits zu gewährleisten und andererseits die Standards im Sinne einer Kinderschutzforschung qualitätsmäßig weiterzuentwickeln sowie entsprechende Statis­tiken sicherzustellen.

Ich denke, alles in allem ist es eine gute und wichtige Maßnahme, die den Prozess der Verlagerung von Bundes- auf Landeskompetenzen, der im Dezember des Vorjahres eingeleitet wurde, sicherstellt und auch weiterentwickelt. Ich darf Sie daher einladen, dieser 15a-Vereinbarung Ihre Zustimmung zu geben. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

15.09



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 125

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Rosenberger. – Bitte.


15.09.22

Abgeordneter Dipl.-Ing. Alois Rosenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren Zuhörer! Ich beginne mit Themen, die uns in der Politik immer wieder begleiten; es sind die Verwaltungsreform und die Kom­petenzentflechtung zwischen Bund und Ländern. Dazu hat es immer schon Anläufe gegeben, zum Beispiel im Österreich-Konvent. Der Ruf hinsichtlich Beendigung des Stillstands und danach, in diesem Bereich etwas weiterzubringen, ist in den letzten Jahren immer lauter geworden. Man kann es drehen und wenden, wie man will, die letzte Regierung unter Bundeskanzler Kurz hat einen Weg gestartet, um die Kompe­tenzentflechtung in der Bundesverfassung in Angriff zu nehmen, und die Kinder- und Jugendfürsorge ist auf Länderebene gewandert.

Die Folge ist diese 15a-Vereinbarung mit den besagten Mindeststandards. Ich verstehe die Kritik nicht ganz, warum die Gebietskörperschaft Land nicht fähig sein sollte, or­dentliche Kinder- und Jugendhilfe sowohl in der Legislative, in der Gesetzgebung, als auch in der Vollziehung durchzuführen.

Die Kinderfürsorge und die Kinderhilfe sind ein wirklich sehr sensibles Thema, weil es, beginnend mit Kindesmisshandlung bis zu Kindesmissbrauch, um sehr individuelle per­sönliche Situationen geht. Zu bedenken ist auch, dass der Weg zwischen den Betreu­enden, den Betreuungseinrichtungen, den Hilfsorganisationen und denjenigen, die dort tätig sind, und der Legislative sowie der Vollziehung ein kurzer, nachvollziehbarer und logischer ist.

Ich möchte an dieser Stelle allen Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen für ihre wirklich sehr belastende, manches Mal auch physisch und psychisch herausfordernde Arbeit sehr herzlich danken.

Die Kritik an uneinheitlichen Standards wird durch diese 15a-Vereinbarung aus der Welt geschafft. Es ist daher wirklich nicht schlüssig, dieser Vereinbarung nicht zuzu­stimmen, denn durch sie wird genau das geregelt, sodass das, was befürchtet wird, nicht eintritt. Einheitliche Standards: Der Bund sorgt für Statistiken und auch für Kinder­schutzforschung. Er hat sich dazu verpflichtet.

Warum die Länder nicht selber Kontrolle ausüben können oder diese Kontrolle schlechter als die vom Bund sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Im Übrigen ist auch die Volksanwaltschaft in diesem Bereich tätig.

Kompetenzentflechtung, einheitliche Standards, ordentliche Kontrolle: Die Kinder- und Jugendhilfe ist auf einem guten Weg. (Beifall bei der ÖVP.)

15.12

15.12.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Dies scheint nicht der Fall zu sein.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a der Bundesver­fassung in 573 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein diesbezügliches Zei­chen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.


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15.12.585. Punkt

Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 42. Bericht der Volksan­waltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2018) (III-240/628 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich darf die mittlerweile eingetroffenen Volksanwälte und die Volksanwältin recht herz­lich in unserer Mitte willkommen heißen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zur Debatte ist als Erste Frau Abgeordnete Diesner-Wais zu Wort gemeldet. – Bitte.


15.13.32

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Volksanwältin, sehr geehrte Herren Volksanwälte! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Die heutige Debatte zum Bericht der Volksanwaltschaft ist die letzte zu einem Bericht der bisher tätigen Volksanwälte, denn ihre Amtsperiode endet mit dem 30. Juni 2019.

Die Volksanwaltschaft ist ein wichtiges Kontrollorgan des Parlaments und für viele Menschen ist sie die einzige Anlaufstelle, wenn sie Schwierigkeiten mit Behörden ha­ben. Die Volksanwaltschaft hat einen niederschwelligen Zugang und genießt großes Vertrauen in der Bevölkerung. Das zeigen uns auch die Überprüfungsfälle von 2018. 16 000 Menschen haben mit ihren Anliegen bei der Volksanwaltschaft Gehör gefun­den, das sind 66 Beschwerdefälle pro Arbeitstag.

Ich möchte mich wirklich recht herzlich bei den scheidenden Volksanwälten bedanken, denn sie haben gute Arbeit geleistet. Sie haben das Vertrauen der Bevölkerung erar­beitet, sind mit Umsicht und Geduld an die Fälle herangegangen und haben einen er­folgreichen Einsatz im Interesse der Menschen geleistet. Ganz besonders möchte ich unserer Volksanwältin Gertrude Brinek herzlichen Dank sagen, denn sie hat sich spe­ziell für das Thema Sachwalterschaftsgesetz eingesetzt und dazu wertvolle Beiträge eingebracht.

Neben vielen Details zur Prüftätigkeit sind im Bericht 2018 wichtige Problemfelder auf­gezeigt worden. Exemplarisch möchte ich drei Punkte herausnehmen.

Die Haftanstalten: Hierzu hat die Volksanwaltschaft immer wieder dieselben Probleme aufgedeckt. Durch Überbelegung und mangelnde Beschäftigung entstehen Aggression und Gewalt. Die zweite Sache, in der die Kommission tätig war, sind die Beschwerden über die Qualität der Gutachten, da es eine geringe Anzahl von Gutachterinnen und Gutachtern gibt und Qualitätsstandards für die Gutachten fehlen.

Ich möchte dazu sagen: Wir haben im Ressort von Bundesminister Moser ein Maß­nahmenvollzugsgesetz erarbeitet, das jetzt fix und fertig ist und beschlossen werden hätte können, wenn nicht die Regierungsarbeit beendet worden wäre. Ich hoffe aber, dass dies die nächste Regierung umsetzen wird, denn darin wird wichtigen Anregun­gen der Volksanwaltschaft vollinhaltlich Rechnung getragen.

Ein weiteres Konfliktfeld, das aufgezeigt wird, ist die Barrierefreiheit. Dabei gibt es in der Umsetzung oft Probleme. Menschen mit Behinderungen sind in verschiedenen Be­reichen häufig mit Benachteiligungen konfrontiert.

Wir sehen, mit welcher Vielfalt an Themen die Volksanwaltschaft zu tun hat, und wenn wir morgen drei neue Volksanwälte wählen, so möchte ich sagen: Wir stehen zur Volksanwaltschaft, schon seit sie gegründet worden ist, und es ist für uns selbstver-


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ständlich, dass die Mittel wie bisher zur Verfügung gestellt werden. Es bedarf keines Entschließungsantrags, um das auch für die Zukunft sicherzustellen.

Ich darf heute noch meinem Sitznachbarn Werner Amon alles Gute in seiner neuen Tätigkeit wünschen. Er ist ein Garant dafür, dass der eingeschlagene Weg der bereits amtierenden Volksanwälte fortgesetzt wird. Er hat hohe Kompetenz in der Verwaltung, einen freundlichen Umgang mit den Menschen und war auch schon fünf Jahre Men­schenrechtssprecher. Er ist mit unermüdlichem Einsatz dabei. Ich möchte ihm alles Gute wünschen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Einwall­ner. – Bitte.


15.17.55

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Im Volksanwaltschaftsaus­schuss hat Herr Volksanwalt Fichtenbauer gesagt, er muss uns ein bisschen mit Sta­tistik langweilen. – Ich sage Ihnen, Herr Volksanwalt, ganz das Gegenteil ist der Fall. Sie langweilen uns nicht mit Statistik, sondern, im Gegenteil, diese ist ein sehr beein­druckender Beleg für die Tätigkeit der Volksanwaltschaft.

Über 16 000 Fälle im Jahr zeigen sehr, sehr eindringlich, wie notwendig einerseits die Volksanwaltschaft ist, und auf der anderen Seite auch, wie hoch die Akzeptanz der Volksanwaltschaft in der Bevölkerung ist. Dies ist daher ein Grund, um heute auch einmal Danke zu sagen. Ich danke Ihnen, aber auch dem gesamten Team der Volks­anwaltschaft für Ihre Tätigkeit, die Sie das ganze Jahr hindurch leisten. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Lausch und Schimanek.)

Die Volksanwaltschaft ist das kleinste Organ der Republik und besticht durch eine ganz, ganz große Effizienz. Gleichzeitig gibt es immer, wenn wir diesen Jahresbericht hier im Haus diskutieren, das klare Bekenntnis zur Volksanwaltschaft und dazu, wie wichtig sie ist. Was aber nicht gegeben ist, ist eine ausreichende personelle und fi­nanzielle Ausstattung. Im Bericht finden sich immer wieder auch Ihre Hinweise darauf, dass es befristete Stellen gibt, die endgültig in unbefristete Stellen umgewandelt wer­den sollten, was auch eine langfristige Absicherung darstellen sollte. Das Gegenteil ist also der Fall.

Es braucht eine Stärkung und ein klares Bekenntnis zur Volksanwaltschaft, und zwar nicht nur hier am Rednerpult. Darum, Frau Kollegin Diesner-Wais, bringen wir diesen Entschließungsantrag ein. Es ist sehr schade, dass es nicht gelungen ist, Einhelligkeit über alle Parteien hinweg dafür zu erreichen, dass man die Volksanwaltschaft mit ent­sprechenden Mitteln ausstattet.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Carmen Schimanek, Dr. Stephanie Kris­per, Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bekenntnis zur Volksan­waltschaft und ihrer langfristigen Ausfinanzierung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird dazu aufgefordert, die langfristige finanzielle und personelle Ausstattung der Volksanwaltschaft derart zu sichern, dass diese allen ihr zugewiese-


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nen Aufgaben vollumfänglich nachkommen kann und ein nachhaltiges Bekenntnis zum Bestehen der Volksanwaltschaft als unabhängige Institution abzugeben.“

*****

Meine Damen und Herren Volksanwälte! Gestatten Sie mir, weil es Ihr letzter Bericht ist und ich aufgrund meiner Redezeit auch gar nicht mehr die Zeit habe, auf Punkte inhaltlich einzugehen, dass ich meine Zeit jetzt noch nutze, um Ihnen für Ihre Tätigkeit als Volksanwälte Danke zu sagen. Das ist mir wichtig. Und gestatten Sie mir, im Na­men meiner Fraktion ein ganz besonderes Dankeschön an Dr. Günther Kräuter zu richten. Günther Kräuter und mich verbindet, wie es in der Politik manchmal so geht, schon über mehrere Jahre ein gemeinsamer Weg, und wir begegneten einander in un­serer politischen Laufbahn immer wieder. Als ich in den Bundesrat gekommen bin, war ich für den Rechnungshof zuständig, Günther Kräuter war damals im Nationalrat Rech­nungshofsprecher. Dann gab es eine Zeit, in der er Bundesgeschäftsführer und ich Landesgeschäftsführer der SPÖ war, und jetzt darf ich als Volksanwaltschaftssprecher hier im Nationalrat Danke sagen.

Lieber Günther Kräuter, ich sage Danke für deine umsichtige, engagierte und ausge­wogene Arbeit! Du hast es mit deiner sehr ausgeprägten Sozialkompetenz, deinem Gefühl für die Menschen geschafft, in deiner Funktion eine so hohe Akzeptanz hier im Land zu erreichen, aber als Generalsekretär der internationalen Volksanwaltschaft oder Ombudsmann-Vereinigung auch über unsere Grenzen hinaus. Ich weiß auch, es fällt dir gar nicht so leicht, jetzt aus dieser Funktion auszuscheiden, weil du noch viel vorgehabt hättest, aber auch dein Umgang damit zeugt von deiner außerordentlichen persönlichen Größe. Lieber Günther! Ich bin ganz fest davon überzeugt, dass wir ver­bunden bleiben werden, denn das Entscheidende ist nicht die Funktion, in der wir ver­bunden sind, sondern dass unser Herz für die gleiche Idee und die gleiche Überzeu­gung schlägt. Herzlichen Dank! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.22

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Einwallner, Schimanek, Krisper, Noll, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Bekenntnis zur Volksanwaltschaft und ihrer langfristigen Ausfinanzierung ein­gebracht im Zuge der Debatte in der 80. Sitzung des Nationalrats über den 42. Bericht der Volksanwaltschaft (III-240 d.B.)

Die Volksanwaltschaft dient als Oberstes Organ der Republik als eine der wichtigsten Kontrollinstanzen der öffentlichen Verwaltung und sie ist auch eine der niederschwel­ligsten Möglichkeiten für Bürgerinnen und Bürgern, Probleme auf Probleme in dieser Verwaltung aufmerksam zu machen. Als unabhängige Kontrolleinrichtung kommen ihr etliche Aufgaben zu, die in der Bundesverfassung und dem Volksanwaltschaftsgesetz festgelegt sind. Die Volksanwaltschaft setzt sich mit konkreten Empfehlungen an den Gesetzgeber dafür ein, dass die Verwaltungsbehörden Fehler korrigieren oder deren negative Auswirkungen beseitigen.

Seit 1. Juli 2012 obliegt der Volksanwaltschaft zudem der verfassungsgesetzliche Auf­trag, im Rahmen eines Mandats der UNO die Einhaltung von Menschenrechten in Ös­terreich zu schützen und zu fördern. Damit wird der „Nationaler Präventionsmechanis­mus“ (NPM) umschrieben, der sich auf zwei bedeutende Rechtsakte der Vereinten Na­tionen gründet. Die Volksanwaltschaft ist also jene Institution, die in Österreich das UN-Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, un-


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menschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (OPCAT) und die UN-Behin­dertenrechtskonvention wahrt.

Im Zuge dieses Nationalen Präventionsmechanismus werden Einrichtungen kontrol­liert, in denen es zum Entzug oder zur Einschränkung der persönlichen Freiheit kommt oder kommen kann, etwa in Justizanstalten oder Pflegeheimen, aber auch Einrich­tungen und Programme für Menschen mit Behinderungen. Außerdem werden Akte un­mittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt beobachtet, etwa bei Abschiebungen, Demons­trationen und Polizeieinsätzen. Im Kern geht es darum, Risikofaktoren für Menschen­rechtsverletzungen frühzeitig zu erkennen und abzustellen.

Auch die Prüfung von Anträgen nach dem Heimopferrentengesetz, nachdem Perso­nen, die als Kinder oder Jugendliche in einem Heim, einer Pflegefamilie oder einer Krankenanstalt Opfer von Gewalt wurden, eine zusätzliche Rente beantragen können, obliegt einer bei der Volksanwaltschaft angesiedelten Rentenkommission.

Dennoch ist die finanzielle und personelle Ausstattung der Volksanwaltschaft ist aus ge­genwärtiger Sicht nicht abgesichert. So fällt das Budget von 11,483 Mio im Jahr 2019 auf 11,079 Mio für 2020 ab. Auch die drei Planstellen, die der Volksanwaltschaft zur Vollziehung des Heimopferrentengesetzes zur Verfügung stehen, sind bis 2019 be­fristet.

Damit steht die Zukunft der Volksanwaltschaft als Oberstes Organ, als Institution, aber auch zuverlässige Anlaufstelle für alle Menschen in Österreich auf wackeligen Beinen. Im Interesse aller Aufgaben, die die Volksanwaltschaft innerhalb der Republik erfüllt, muss für ihre langfristige Absicherung gesorgt sein.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird dazu aufgefordert, die langfristige finanzielle und personelle Ausstattung der Volksanwaltschaft derart zu sichern, dass diese allen ihr zugewiese­nen Aufgaben vollumfänglich nachkommen kann und ein nachhaltiges Bekenntnis zum Bestehen der Volksanwaltschaft als unabhängige Institution abzugeben.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schimanek. – Bitte.


15.22.25

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, ich kann mich den Lobreden meiner Vorredner nur anschließen. Die Volks­anwaltschaft ist zur Kontrolle der öffentlichen Verwaltung eingerichtet und steht auf Bundesebene seit 1981 auch im Verfassungsrang. Sie steht allen Frauen und Männern in Österreich bei Problemen mit Behörden zur Verfügung und ist zu einem unverzicht­baren Element geworden.

Neben der Aufgabe, die die Volksanwaltschaft seit 2012 innehat, nämlich den Schutz und die Förderung der Menschenrechte in Österreich sicherzustellen, sind es auch noch viele andere Aufgaben, die sie wahrnimmt, zum Beispiel auch das neu übernom­mene Opcat und auch das Heimopferrentengesetz, das den Betroffenen in Österreich


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mehr Sicherheit bringt. Nach diesem Gesetz haben seit Juli 2018 nun auch Personen, die als Kinder und Jugendliche in Krankenhäusern, psychiatrischen Einrichtungen, Heilanstalten und Kinderheimen misshandelt worden sind, die Möglichkeit, einen An­trag auf Heimopferrente zu stellen. Durch diese Novelle wurden gravierende Gesetzes­lücken geschlossen und damit auch einer Forderung der Volksanwaltschaft Folge ge­leistet.

Die Überprüfung der Einhaltung der Menschenrechte in Justizanstalten, Kasernen, Al­ters- und Pflegeheimen, Wohngemeinschaften für Jugendliche und in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung ist ein wichtiger Teil der Tätigkeit der Volksanwaltschaft. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass die Volksanwaltschaft fast 4 000 Einrichtungen in Österreich überprüfen kann. Jährlich tut sie dies in 500 Einrichtungen.

Momentan steht die Einhaltung der Rechte von Menschen mit Behinderung im Einkom­mensbereich im Fokus. Ein Missstand, den die Volksanwaltschaft schon lange auf­zeigt, ist, dass Menschen, die in Behindertenwerkstätten tätig sind, sozialrechtlich nicht wirklich abgesichert und so weiterhin benachteiligt sind. Auch das ist ein großer Be­reich.

Als Obfrau des Volksanwaltschaftsausschusses steht es mir hier jetzt aber auch an, Danke für die gute Zusammenarbeit der Volksanwälte mit dem Ausschuss und auch mit dem Parlament zu sagen. Es war eine hervorragende Zusammenarbeit. Ich möchte auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Volksanwaltschaft Danke sagen, denn ohne ihr Engagement wäre die Volksanwaltschaft nicht in der Lage, dieses enorme Pensum abzuarbeiten.

Ich möchte an dieser Stelle auch meinem Volksanwalt, Dr. Fichtenbauer, ein Danke sagen. Du hast in diesen Jahren sehr viele Themen aufgegriffen, die uns wichtig wa­ren, egal ob es die Scheinanmeldungen waren, mit denen du dich beschäftigt hast, oder aktuell auch die Mathematikmatura, die sehr schwierig war. Letztes Jahr hat ja fast jeder Fünfte die Mathematikmatura nicht bestanden, jetzt ist es jeder 20., Gott sei Dank. Auch da hat die Volksanwaltschaft eine amtswegige Prüfung eingeleitet und das hat, glaube ich, auch zu Verbesserungen geführt.

Personalmangel in den Polizeiinspektionen war dir auch immer ein großes Anliegen, und ganz wichtig – ich glaube, darauf wird Kollegin Mühlberghuber noch eingehen – waren dir chronisch kranke Kinder. Dazu hat sogar eine Fachveranstaltung im Parla­ment stattgefunden, und dabei war dein Engagement riesengroß. Ich weiß, dass du noch sehr viele Anregungen oder Initiativen für uns hättest, aber ich verspreche dir, dass wir die auch weiterhin verfolgen werden.

Ich bin sehr froh, dass wir es geschafft haben, diesen Antrag mit dem Bekenntnis zur Volksanwaltschaft und deren langfristiger Finanzierung gemeinsam mit der SPÖ, JETZT und den NEOS einzubringen. Das ist notwendig, und ich weiß das aus meiner langjährigen Tätigkeit als Obfrau des Volksanwaltschaftsausschusses. Diese Forde­rung ist von den Volksanwälten immer wieder gestellt worden, und ich bin sehr froh, dass wir euch dieses Geschenk zum Abschied noch machen können.

Was mir persönlich noch ganz wichtig gewesen wäre, ist die Ausweitung der Prüfkom­petenz. Auch diese hat die Volksanwaltschaft immer wieder gefordert. Die Volksanwalt­schaft möchte gerne die Prüfkompetenz analog zum Rechnungshof ausüben. Deshalb bringe ich einen dahin gehenden Antrag ein, wissend, dass die SPÖ und auch die ÖVP diesem Antrag leider nicht zustimmen werden. Ich finde das schade, weil das ja auch den neuen Volksanwälten, die morgen zu wählen sind, die Arbeit etwas erleichtert hät­te und ein gutes Signal an sie gewesen wäre.

Ich bringe deshalb folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 131

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Carmen Schimanek, Dr. Stephanie Krisper, Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausweitung der Prüfkompetenz der Volksanwalt­schaft“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird dazu aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit dem die Prüfkompetenz der Volksanwaltschaft auf jene Rechtsträger, die auch der Prüfkompetenz des Rechnungshofs unterliegen, ausgeweitet wird.“

*****

Ich würde mich trotzdem freuen, wenn die Kollegen von SPÖ und ÖVP diesen Antrag mitunterstützen könnten.

Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal persönlich bei den drei Volksanwälten bedanken, ihnen alles Gute für die Zukunft wünschen, und ich hoffe, wir sehen uns bei der einen oder anderen Veranstaltung doch noch einmal wieder. Alles Liebe, alles Gu­te für Sie! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.28

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Carmen Schimanek, Dr. Stephanie Krisper, Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung der Prüfkompetenz der Volksanwalt­schaft, eingebracht in der 80. Nationalratssitzung der XXVI. GP am 12. Juni 2019, im Zuge der Debatte zu TOP 5: 42. Bericht der Volksanwaltschaft (III-240 d.B.)

Der Ausbau der Volksanwaltschaft zu einer starken Anwaltschaft für Österreichs Bür­gerinnen und Bürger soll weiter forciert werden. Analog zum Rechnungshof soll die Prüfzuständigkeit der Volksanwaltschaft auf ausgegliederte Rechtsträger erweitert wer­den.

Die Ausweitung der Prüfkompetenz auf jene Rechtsträger, die auch der Prüfkompetenz des Rechnungshofs unterliegen, ist eine gebotene Abrundung der parlamentarischen Kontrolle der Vollziehung. Die Volksanwaltschaft soll ihre Prüftätigkeit – so wie der Rechnungshof – bei ausgegliederten Rechtsträgern vornehmen dürfen, jedoch nicht in Konkurrenz zum Rechnungshof eine Gebarungskontrolle oder eine Kontrolle strategi­scher Geschäftsziele bzw. unternehmerischer Ausrichtungen prüfen oder darauf Ein­fluss nehmen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird dazu aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit dem die Prüfkompetenz der Volksanwaltschaft auf jene Rechtsträger, die auch der Prüfkompetenz des Rechnungshofs unterliegen, ausgeweitet wird.“

*****



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 132

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ist ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Krisper. – Bitte.


15.29.03

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Sehr ge­ehrte Herren Volksanwälte! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Zuerst möchte ich Ihnen sehr für Ihre Arbeit danken, Ihnen und Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die ich kennenlernen durfte und schätze.

Ich möchte für den Bericht danken, den wir dieses Jahr bekommen haben, auch des­wegen, weil er durch die Bilder von den Polizeieinsätzen am 31. Mai wieder besondere Relevanz und Aktualität bekommen hat.

Was ist geschehen? – Wir haben die Bilder von diesen zwei Einsätzen gesehen. In ei­ner Mediendemokratie kommt es dann dazu, dass sich gefühlte 1 000 ExpertInnen für die Anwendung von Befehls- und Zwangsgewalt äußern und dazu Position beziehen. Es gab viel Emotion, es gab viel Vorverurteilung, aber auch Persilscheinausstellung auf der anderen Seite.

Um das einmal klarzumachen: Worin sind wir uns alle einig? – Ich denke, wir sind uns einig, dass Polizistinnen und Polizisten in unserem Land jeden Tag eine gefährliche und herausfordernde Arbeit für unsere Sicherheit ausüben, und dafür gilt es, Ihnen zu danken. Wir sind uns aber auch einig, dass Polizistinnen und Polizisten Menschen sind und daher Fehler machen können. Dass es da Konsequenzen geben muss, ist meine Überzeugung. Warum? – Für die redlichen Polizistinnen und Polizisten, deren Ruf sonst insgesamt leidet, für das Vertrauen, das die Bevölkerung in unseren Sicherheits­apparat haben kann, und für die Opfer von wirklich unverhältnismäßiger Anwendung von Zwangsgewalt.

Die Polizei hat in diesen Fällen wieder unabhängige und schnelle Ermittlungen ver­sprochen. Die gibt es aber in Österreich nicht, denn zuerst, in den ersten 24 Stunden, ermittelt die Polizei gegen sich selbst, das Referat Besondere Ermittlungen: also ab­hängig, aber schnell. Danach kommt die Staatsanwaltschaft: unabhängig, aber lang­sam und angewiesen auf die Beweise, die die Polizei davor gegen sich selbst gesichert hat. Wir haben also keine unabhängigen und schnellen Ermittlungen. Das hat die Volksanwaltschaft in ihrem letzten Bericht aufgegriffen. Sie meint, dass aus ihrer Sicht nach wie vor eine unabhängige Ermittlungsstelle für Misshandlungsvorwürfe außerhalb des BMI einzurichten wäre, in der unabhängige Expertinnen und Experten gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Ermittlungen durchführen. In diesem Sinne bringe ich zwei Entschließungsanträge ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unab­hängige Untersuchungsstelle in Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat ehestbald einen Gesetzesvor­schlag zuzuleiten, der die Stärkung der Effizienz und Unabhängigkeit der Ermittlungen in Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt zum Ziel hat. Insbesondere wird angeregt, eine unabhängige Ermittlungsstelle einzurichten.“

*****


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 133

Weiters bringe ich den Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Son­derzuständigkeiten bei der Staatsanwaltschaft in Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat ehestbald einen Gesetzesvor­schlag zuzuleiten, der die Stärkung der Effizienz und Unabhängigkeit der Ermittlungen in Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt zum Ziel hat. Insbesondere wird angeregt, eine Sonderzuständigkeit bei den Staatsanwaltschaften einzurichten.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und JETZT.)

15.32

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Unabhängige Untersuchungsstelle in Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt

eingebracht im Zuge der Debatte in der 80. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 42. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jän­ner bis 31. Dezember 2018) (III-240/628 d.B.) – TOP 5

Die österreichischen Polizistinnen und Polizisten erfüllen für unsere Gesellschaft und unser Land eine schwierige, herausfordernde und höchst verantwortungsvolle Aufga­be. Der österreichische Nationalrat hat ein großes Vertrauen in die Integrität der öster­reichischen Polizistinnen und Polizisten.

Über Fälle, in denen Polizeigewalt mutmaßlich unverhältnismäßig oder gar unrechtmä­ßig angewandt wird, muss gesprochen werden und diese Fälle müssen rasch, effizient und unabhängig aufgeklärt werden.

Dies ist für alle Beteiligten wichtig:

- Für die betroffene Menschen, die in eine Amtshandlung involviert waren.

- Für die betroffenen Beamtinnen und Beamte, die an der Amtshandlung beteiligt wa­ren.

- Für die österreichische Bevölkerung und das allgemeine Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in ihre Sicherheitsbehörden.

Die im Jahr 2018 veröffentlichte Studie des Austrian Center for Law Enforcement Sciences (ALES) des Instituts für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien über den Umgang mit Misshandlungsvorwürfen gegen Exekutivbeamte zeigte, dass es im Beobachtungszeitraum bei über 700 BeschwerdeführerInnen gar keine strafrechtlichen Verurteilungen und kaum disziplinarrechtliche Konsequenzen von mutmaßlichen Fällen von Polizeigewalt gab.

Schon seit mehreren Jahren üben internationale und nationale Organisationen sowie Expertinnen und Experten aus dem Menschenrechtsbereich Kritik am derzeitigen Sys-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 134

tem der Untersuchung von Vorwürfen polizeilicher Misshandlung. Daran schließt sich auch eine Kritik an der generellen Folgenlosigkeit bei Beschwerden über polizeiliches Verhalten an. In manchen der wenigen medial kolportierten Fälle wurde bekannt, dass bei Fehlverhalten der Polizei disziplinarrechtliche Folgen ausblieben - selbst bei ge­richtlichen Verurteilungen.

Im jüngsten Bericht zu seinem Besuch in Österreich von 22.9.-1.10.2014 veröffentlichte das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedri­gender Behandlung oder Strafe des Europarates (CPT) die Zahlen, dass während des Zeitraums von 2010 bis 2013 1394 Anschuldigungen wegen Folter oder Misshandlung durch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte vorgebracht, aber diese nur zu zwei Verur­teilungen führten. Das CPT führt in der Folge aus (Para 20):

“[O]n the basis of the information gathered by the delegation during the visit and the relevant case-law of the European Court of Human Rights, the CPT has some doubts as to whether investigations carried out by investigators of the BAK – and even more so those carried out by criminal police officers of the regional police headquarters – against other police officers can be seen to be fully independent and impartial.”

Auch das UNO-Menschenrechtskomitee führt in seinen abschließenden Beobachtun­gen im fünften periodischen Bericht zu Österreich (angenommen in seiner 115. Sit­zung, 19.10.-6.11.2015, para 21-22) aus:

“The Committee is concerned at the low number of criminal convictions for the per­petrators of ill-treatment of detainees in police custody compared with the relatively high number of allegations. The Committee also remains concerned about the leniency of the sentences imposed in cases of ill-treatment of detainees by law enforcement officials […]. The State party should undertake an independent investigation into the reasons underlying the discrepancy between the low number of criminal convictions for ill-treatment in police custody and the relatively high number of allegations. It should also ensure prompt, thorough and impartial investigations and documentation, in ac­cordance with the Istanbul Protocol, into all allegations of torture and ill-treatment. Perpetrators prosecuted and convicted should be subjected to sanctions commen­surate with the gravity of their acts, and victims provided with effective remedies. The State party should also collect and make public information on the number and nature of reported incidents of torture and ill-treatment of detainees, disaggregated by age, gender and ethnic origin of victims, as well as on the convictions and types of sen­tences/sanctions imposed on perpetrators of such acts.”

Auch die österreichische Volksanwaltschaft legt seit mehreren Jahren einen beson­deren Fokus auf den Umgang der Polizei bzw. des BMI mit Misshandlungsvorwürfen, die gegen Exekutivbedienstete erhoben werden. Sie kritisiert, dass in den wenigsten Fällen, die der StA gemeldet werden, Anklage gegen Exekutivbedienstete erhoben oder diese gar verurteilt würden. Die Volksanwaltschaft fasst die Situation im jüngsten Jahresbericht 2018 wie folgt zusammen:

"Aufgrund der bestehenden Gesetzeslage überprüfen Exekutivorgane weiterhin Vor­würfe gegen ihre Kolleginnen und Kollegen. Auch wenn diese am Vorfall nicht beteiligt bzw. nicht befangen waren, wäre aus Sicht der VA nach wie vor eine unabhängige Er­mittlungsstelle für Misshandlungsvorwürfe außerhalb des BMI, in der unabhängige Ex­pertinnen und Experten (...) gemeinsam mit der StA Ermittlungen durchführen, die bes­te Lösung. Dafür müsste der Gesetzgeber allerdings die rechtlichen Rahmenbedingun­gen schaffen."

Für Österreich erscheint die Einrichtung einer unabhängigen Ermittlungsstelle in Ver­bindung sinnvoll, weil dies die Effizienz und Unabhängigkeit der Aufklärung von Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt erheblich stärken würde.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 135

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat ehestbald einen Gesetzesvor­schlag zuzuleiten, der die Stärkung der Effizienz und Unabhängigkeit der Ermittlungen in Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt zum Ziel hat. Insbesondere wird angeregt, eine unabhängige Ermittlungsstelle einzurichten."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Sonderzuständigkeiten bei der Staatsanwaltschaft in Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt

eingebracht im Zuge der Debatte in der 80. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 42. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jän­ner bis 31. Dezember 2018) (III-240/628 d.B.) – TOP 5

Die österreichischen Polizistinnen und Polizisten erfüllen für unsere Gesellschaft und unser Land eine schwierige, herausfordernde und höchst verantwortungsvolle Aufga­be. Der österreichische Nationalrat hat ein großes Vertrauen in die Integrität der öster­reichischen Polizistinnen und Polizisten.

Über Fälle, in denen Polizeigewalt mutmaßlich unverhältnismäßig oder gar unrechtmä­ßig angewandt wird, muss gesprochen werden und diese Fälle müssen rasch, effizient und unabhängig aufgeklärt werden.

Dies ist für alle Beteiligten wichtig:

- Für die betroffene Menschen, die in eine Amtshandlung involviert waren.

- Für die betroffenen Beamtinnen und Beamte, die an der Amtshandlung beteiligt wa­ren.

- Für die österreichische Bevölkerung und das allgemeine Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in ihre Sicherheitsbehörden.

Die im Jahr 2018 veröffentlichte Studie des Austrian Center for Law Enforcement Sciences (ALES) des Instituts für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien über den Umgang mit Misshandlungsvorwürfen gegen Exekutivbeamtinnen und Exekutivbe­amten zeigte, dass es im Beobachtungszeitraum bei über 700 BeschwerdeführerInnen gar keine strafrechtlichen Verurteilungen und kaum disziplinarrechtliche Konsequenzen von mutmaßlichen Fällen von Polizeigewalt gab.

Schon seit mehreren Jahren üben internationale und nationale Organisationen sowie Expertinnen und Experten aus dem Menschenrechtsbereich Kritik am derzeitigen System der Untersuchung von Vorwürfen polizeilicher Misshandlung. Daran schließt sich auch eine Kritik an der generellen Folgenlosigkeit bei Beschwerden über polizeili­ches Verhalten an. In manchen der wenigen medial kolportierten Fälle wurde bekannt, dass bei Fehlverhalten der Polizei disziplinarrechtliche Folgen ausblieben - selbst bei gerichtlichen Verurteilungen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 136

Im jüngsten Bericht zu seinem Besuch in Österreich von 22.9.-1.10.2014 veröffentlichte das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder ernied­rigender Behandlung oder Strafe des Europarates (CPT) die Zahlen, dass während des Zeitraums von 2010 bis 2013 1394 Anschuldigungen wegen Folter oder Misshand­lung durch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte vorgebracht, aber diese nur zu zwei Verurteilungen führten. Das CPT führt in der Folge aus (Para 20):

“[O]n the basis of the information gathered by the delegation during the visit and the relevant case-law of the European Court of Human Rights, the CPT has some doubts as to whether investigations carried out by investigators of the BAK – and even more so those carried out by criminal police officers of the regional police headquarters – against other police officers can be seen to be fully independent and impartial.”

Auch das UNO-Menschenrechtskomitee führt in seinen abschließenden Beobachtun­gen im fünften periodischen Bericht zu Österreich (angenommen in seiner 115. Sit­zung, 19.10.-6.11.2015, para 21-22) aus:

“The Committee is concerned at the low number of criminal convictions for the per­petrators of ill-treatment of detainees in police custody compared with the relatively high number of allegations. The Committee also remains concerned about the leniency of the sentences imposed in cases of ill-treatment of detainees by law enforcement officials […]. The State party should undertake an independent investigation into the reasons underlying the discrepancy between the low number of criminal convictions for ill-treatment in police custody and the relatively high number of allegations. It should also ensure prompt, thorough and impartial investigations and documentation, in ac­cordance with the Istanbul Protocol, into all allegations of torture and ill-treatment. Per­petrators prosecuted and convicted should be subjected to sanctions commensurate with the gravity of their acts, and victims provided with effective remedies. The State party should also collect and make public information on the number and nature of reported incidents of torture and ill-treatment of detainees, disaggregated by age, gender and ethnic origin of victims, as well as on the convictions and types of sen­tences/sanctions imposed on perpetrators of such acts.”

Auch die österreichische Volksanwaltschaft legt seit mehreren Jahren einen besonde­ren Fokus auf den Umgang der Polizei bzw. des BMI mit Misshandlungsvorwürfen, die gegen Exekutivbedienstete erhoben werden. Sie kritisiert, dass in den wenigsten Fäl­len, die der StA gemeldet werden, Anklage gegen Exekutivbedienstete erhoben oder diese gar verurteilt würden. Die Volksanwaltschaft fasst die Situation im jüngsten Jah­resbericht 2018 wie folgt zusammen:

"Aufgrund der bestehenden Gesetzeslage überprüfen Exekutivorgane weiterhin Vor­würfe gegen ihre Kolleginnen und Kollegen. Auch wenn diese am Vorfall nicht beteiligt bzw. nicht befangen waren, wäre aus Sicht der VA nach wie vor eine unabhängige Er­mittlungsstelle für Misshandlungsvorwürfe außerhalb des BMI, in der unabhängige Ex­pertinnen und Experten (...) gemeinsam mit der StA Ermittlungen durchführen, die bes­te Lösung. Dafür müsste der Gesetzgeber allerdings die rechtlichen Rahmenbedin­gungen schaffen."

Für Österreich erscheint somit die Kombination einer unabhängigen Ermittlungsstelle in Verbindung mit auf das Thema spezialisierten Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sinnvoll, weil dies die Effizienz und Unabhängigkeit der Aufklärung von Fällen mutmaß­licher Polizeigewalt erheblich stärken würde.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 137

"Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat ehestbald einen Gesetzesvor­schlag zuzuleiten, der die Stärkung der Effizienz und Unabhängigkeit der Ermittlungen in Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt zum Ziel hat. Insbesondere wird angeregt, eine Sonderzuständigkeit bei den Staatsanwaltschaften einzurichten."

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Beide Anträge sind ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und stehen somit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kugler. – Bitte.


15.32.14

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Volks­anwälte! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute Morgen hat unsere Bundes­kanzlerin Cicero zitiert, und ich möchte ein weiteres Cicero-Zitat bringen, das heute sehr gut passt. Er schreibt nämlich in „De officiis“ über die wichtigsten Tugenden von Politikern. In der turbulenten Zeit, in der wir uns befinden, ist das für uns alle nicht unin­teressant. Auch für die Volksanwälte, die scheidenden und die neuen Volksanwälte sind die Tugenden, über die Cicero schreibt, ganz wichtige Richtlinien.

Für die Politik beschreibt er drei Tugenden in dieser Reihenfolge: Als Erstes und Wich­tigstes nennt Cicero die Tapferkeit. Das muss ich nicht ausführen; wir wissen alle, was das in der Politik bedeutet. Als Zweites erwähnt er die Tugend der Gerechtigkeit, und Gerechtigkeit bedeutet, nicht für den eigenen Vorteil, sondern für das Gemeinwohl zu wirken. Als dritte Tugend benennt er das praktische Handeln. Mit der Erfahrung, die wir alle haben, verstehen wir, warum diese drei Tugenden für die Politik wichtig sind. Sie als Volksanwältin und Volksanwälte haben das vorgezeigt und damit die Politik auch in einer schwierigen Zeit rehabilitiert. Dafür möchte ich Ihnen danken. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Rosenkranz.)

In Ihrem Bericht zur präventiven Menschenrechtskontrolle haben Sie ein Kapitel, das mir persönlich ein ganz wichtiges Anliegen ist, nämlich die Kinder- und Jugendhilfe. Auch in Ihrem 2017 zu diesem Thema erschienenen Sonderbericht haben Sie sehr, sehr viel über die Situation von Kindern und Jugendlichen in Österreich nachgeforscht und berichtet. Ich möchte nur ein paar Highlights aus diesem Bericht erwähnen, weil das für unsere politische Diskussion wichtig ist.

Zuerst einmal: Die Zahl der abgenommenen Kinder, also der Kinder in Fremdunter­bringung, ist in den letzten zehn Jahren sehr stark angestiegen, von 8 000 auf über 13 000. Sie haben festgestellt, dass diese Zahl in den verschiedenen Bundesländern ganz unterschiedlich ist, dass zum Beispiel in Wien, in der Steiermark und in Vorarl­berg rund ein Drittel mehr Kinder in Fremdunterbringung sind als in den anderen Bun­desländern. Sie haben auch geschrieben, dass es Zuschläge für Kinder gibt, die von einem Bundesland in ein anderes gebracht werden, dort fremduntergebracht werden, und dass dadurch ein Problem für die Eltern entsteht, die ihre Kinder ja besuchen wollen. Wir wissen auch und wir hören es immer wieder, viele Abgeordnete bekommen Zuschriften, dass sich Eltern im Abnahmeprozess und im Sorgerechtsverfahren oft sehr, sehr schlecht behandelt fühlen.

Wir sollten Ihren Bericht zum Anlass nehmen, breit zu diskutieren, wie wir die Situation in der Kinder- und Jugendhilfe verbessern können, wie wir Familien in Krisensitua­tionen besser helfen können. Diese Diskussion ist dringend notwendig. Wir haben sie viel zu wenig geführt.

Dazu gehört auch, wie Sie das in Ihrem Bericht ansprechen, dass wir genug für die Prävention tun müssen, denn die Abnahme eines Kindes ist und darf nur ein letztes


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Mittel sein. Als Prävention anerkannt ist das Konzept der frühen Hilfen. Alle, die für frü­he Hilfen arbeiten, sagen, dass sie zu wenig finanziert sind und dass sie nicht flä­chendeckend arbeiten können. Ich plädiere, so wie das auch die Volksanwaltschaft tut, dafür, dass wir den Regelbedarf für die frühen Hilfen sicherstellen und dass die frühen Hilfen wirklich flächendeckend für alle Familien angeboten werden können.

Ein letzter Punkt: Die Zahlen sind angestiegen, Sie haben darüber berichtet. Wir haben eine höhere Zahl von abgenommenen Kindern. Wir haben einen steigenden Bedarf in der Kinderpsychiatrie. Diese Zahlen sind schockierend. Es gibt Unterschiede zwischen den Bundesländern, aber wir kennen eigentlich nicht die Gründe für all diese Zahlen­werte. Wie auch Sie im Bericht der Volksanwaltschaft es sagen: Wir müssen Ursa­chenforschung betreiben, wir müssen diesen Problemen auf den Grund gehen und schauen, wo wir als Politikerin und Politiker ansetzen können. Das Wissen ist da, es ist interdisziplinär da, es muss gemanagt werden. Die Volksanwaltschaft weist darauf hin, wie wichtig das ist. Sie wird und soll das weiterhin tun. Für diese wichtige Arbeit wün­sche ich Ihnen alles Gute. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schatz. – Bitte.


15.37.14

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist unvorstell­bar grausam: Kinder und Jugendliche, die, aus welchem Grund auch immer, ihre Fa­milien verlassen müssen und fremduntergebracht werden, um dort Schutz zu finden, erleben das genaue Gegenteil. Sie erleben an dem Ort, an dem sie Schutz finden soll­ten, psychische, physische und sexuelle Gewalt und Misshandlungen. Seit 1. Juli 2017 können Betroffene dieser Gewalt eine Heimopferrente beantragen, wenn sie zwischen 10. Mai 1945 und 31. Dezember 1999 Opfer eines Gewaltdelikts in einem Heim, einer Pflegefamilie oder einer Krankenanstalt geworden sind. Die Rente, die im Jahr 2018 et­was mehr als 300 Euro ausgemacht hat, bekommen Antragsteller und Antragstellerin­nen, die bereits eine pauschalierte Entschädigung erhalten haben, ohne weitere Prü­fung. In allen zusätzlichen Fällen beurteilt die Rentenkommission der Volksanwalt­schaft den Sachverhalt. Seit Inkrafttreten des Heimopferrentengesetzes wurden bereits mehr als 1 000 Anträge gestellt, was ohne Zweifel die Notwendigkeit dieser kleinen Wiedergutmachung für die erlittene Gewalt widerspiegelt.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei der Volksanwaltschaft und im Besonderen beim zuständigen Volksanwalt Dr. Günther Kräuter, der auch Vorsitzender der Rentenkom­mission ist, ganz herzlich dafür bedanken, dass sie mit dieser Vehemenz diese Anträ­ge abgearbeitet haben. Ein herzliches Dankeschön dafür! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich ersuche aber auch die zukünftige Volksanwaltschaft, diese Vehemenz beizube­halten, weil es dringend notwendig ist, diesen Menschen diese kleine Anerkennung zu­kommen zu lassen. Sie haben uns im Ausschuss erzählt, dass einige der Antragstel­lerinnen und Antragsteller verstorben sind, noch bevor der Sachverhalt fertigt geprüft werden konnte, was die Dringlichkeit dieser Wiedergutmachung für erlittene Gewalt umso deutlicher macht. Deshalb ist es wichtig, dass die Volksanwaltschaft in diesem Bereich mit ausreichend Personal ausgestattet ist. Wir haben heute schon einen An­trag für die Sicherstellung von Finanzierung und Personal eingebracht, und ich ersuche Sie um Ihre Unterstützung.

Vor einem Jahr haben wir hier auf Anregung der Volksanwaltschaft einstimmig eine Reform des Heimopferrentengesetzes vorgenommen, die Lücken im Gesetz geschlos­sen hat. Somit sind nun auch Personen, die in privaten Heimen oder Krankenanstalten


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misshandelt wurden, und behinderte Menschen, die das Pensionsalter noch nicht er­reicht haben, rentenbezugsberechtigt. Das war ein notwendiger und wichtiger Schritt.

Es gibt jetzt noch eine Anmerkung aus dem Bericht der Volksanwaltschaft zur bes­seren Aufarbeitung der Sachverhalte, wo es noch Schwierigkeiten im Verfahren gibt, und das ist die schleppende Beantwortung von Anfragen an die katholische Kirche. Dr. Günther Kräuter hat uns mitgeteilt, dass es bereits ein Gespräch gegeben hat. Ich ersuche an dieser Stelle auch die zuständigen Vertreter und Vertreterinnen der katholi­schen Kirche, alles zu tun, um diesen Menschen diese kleine Wiedergutmachung zu­kommen zu lassen. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Kumpitsch. – Bitte.


15.41.01

Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Volksanwältin und Herren Volksanwälte! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Hohes Haus! Um negative Vorkommnisse in der öffentlichen Verwaltung zu verhindern oder zumindest zu korrigieren, bedarf es einer wirksamen Kontrolle. Diese Kontrolle übt die Volksanwaltschaft aus, und auch wenn die betroffenen Behörden und Dienststellen manchmal damit keine Freude haben, wissen sie nur zu gut, dass sie selbst die Verantwortung dafür tragen, dass es diese Missstände überhaupt gibt.

Nehmen wir als Beispiel die prekäre Lage in Polizeianhaltezentren her. Ich denke da an den Brand im Hernalser Polizeianhaltezentrum im Jahr 2018, den sechs Häftlinge verursacht haben und bei dem auch sechs Menschen verletzt wurden. Da stellte die Volksanwaltschaft die Notwendigkeit einer bundesweit einheitlichen Regelung für brandschutztechnische Maßnahmen fest und forderte, dass die Zellen künftig mit schwer entflammbaren Matratzen und Kopfkissen ausgestattet werden sollten.

Bereits im Jahr 2015 hatte die Volksanwaltschaft diese Maßnahmen anlässlich eines ähnlich gelagerten Brandes gefordert. Passiert ist, wenn überhaupt etwas, nur wenig. Der Grund: zu wenig Personal, mangelnde finanzielle Mittel im Budget. Dieser unbe­friedigende, in manchen Bereichen untragbare Umstand traf und trifft im besonderen Maße auf die Polizei und die Justiz zu.

Ich habe als Abgeordneter im vorigen Jahr das Anhaltezentrum Vordernberg und die Justizanstalt Graz-Jakomini besucht. Am 20. Mai dieses Jahres – unmittelbar nach Ende der Koalition – besuchte ich erneut die Justizanstalt Graz-Jakomini. Da ich bei meinem ersten Besuch sozusagen einen Rucksack mit aufgezeigten Missständen, aber auch mit Verbesserungsvorschlägen mitgenommen habe und auch das Gespräch mit dem ehemaligen Justizminister (in Richtung Abg. Moser blickend) gesucht habe, habe ich auf Anregung der Personalvertretung und Gewerkschaft einen erneuten Be­such vorgenommen.

Es ist Folgendes passiert: Im Gegensatz zum ersten Mal wurde ich einerseits von zwei extra nach Graz entsandten Beamten der Generaldirektion des Justizministeriums be­gleitet, und andererseits sollten die Angehörigen der Gewerkschaft und der Personal­vertretung mich dieses Mal nicht begleiten dürfen. Dieses Missverständnis konnte erst nach einem Telefonat mit der Generaldirektion geklärt werden. Damit komme ich zum eigentlichen Punkt: Es ist halt nicht immer angenehm, wenn Missstände – ob ver­schuldet oder nicht – aufgezeigt oder gar der Öffentlichkeit bekannt werden, und diese Missstände gibt es leider in der öffentlichen Verwaltung oft zuhauf.

Gerade deshalb ist es so wichtig, dass die Volksanwaltschaft derartige Missstände un­ermüdlich aufzeigt und die betroffenen Behörden in die Verantwortung nimmt. Dafür


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möchte ich Ihnen, sehr geehrte Frau Volksanwältin, und auch Ihnen, sehr geehrte Her­ren Volksanwälte, für die jahrelange und gute Arbeit, die Sie geleistet haben, beson­ders danken.

Mein besonderer Dank gilt vor allem jenen Kolleginnen und Kollegen und Bediensteten der öffentlichen Verwaltung, die diesen Missständen tagtäglich ausgesetzt sind und die trotzdem eine sehr gute Arbeit leisten. Wie viele Burn-outs, wie viele Krankenstände, wie viele krankheitsbedingte Pensionierungen hätte man vermeiden können, wenn man rechtzeitig für ordentliche Arbeitsverhältnisse gesorgt hätte?

Das dominierende Problem und die Hauptursache für die Mehrzahl der vorliegenden Missstände ist eben das Personalproblem. Dieses Problem besteht aber nicht erst seit gestern oder seit einem Jahr – nein, es zieht sich wie ein roter Faden durch das letzte Jahrzehnt rot-schwarzer Regierungen, die trotz des immanenten Personalmangels und trotz des Wissens darum, dass in den nächsten Jahren aufgrund der sogenannten Babyboomergeneration Tausende Polizistinnen und Polizisten in den Ruhestand treten werden, keine ordentliche Planstellenbewirtschaftung betrieben haben.

Ich erinnere an die damalige Ministerin Kickl-Leitner (Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ – Ruf: Kickl-Leitner!), die im Jahre 2014 eine Struktur- und Personal­politik dahin gehend betrieben hat, dass sie 122 Polizeidienststellen, 22 davon allein in der Steiermark, zugesperrt hat. Gleichzeitig wurden der Steiermark 300 Polizistinnen und Polizisten mehr versprochen, was aber im Nachhinein betrachtet mehr ein Ver­sprecher als ein Versprechen war.

Damit komme ich zum Schluss, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen: Seit dem Eintritt der FPÖ in die Regierung und der Leitung des Innenministeriums durch Minister Kickl hat eine noch nie dagewesene Personaloffensive eingesetzt. Mit der Aufnahme und Ausbildung neuer Polizistinnen und Polizisten wird es eine Entlastung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Kollegenschaft geben und damit auch eine weitergehende Behebung der Missstände, die nach wie vor vorhanden sind.

Meine Damen und Herren! Dieser erfolgreiche Weg, der auch viele der von der Volks­anwaltschaft aufgezeigten Probleme lösen wird, soll fortgesetzt werden. Es liegt an Ihnen, geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer, mit Ihrer Stimme zu bewirken, dass dies auch möglich ist. Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

15.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Weidinger. – Bitte.


15.47.48

Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehr­te Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Geschätzte Frau Volksanwältin! Geschätzte Herren Volksanwälte! Eine funktionierende Demokratie braucht einen Rechtsstaat, um die Freiheit des Einzelnen zu garantieren. Die Volksanwaltschaft als eine wesentliche Institution und als Hilfsap­parat des Parlaments leistet eine wertvolle und wichtige Arbeit, um das Recht auf gute Verwaltung auch Wirklichkeit werden zu lassen.

Für viele Menschen, für viele Bürgerinnen und Bürger ist diese Institution eine Anlauf­stelle, um Dingen nachzugehen, die sonst im Bereich der Zuständigkeit vielleicht nicht die Beachtung und das Gehör finden, die sie verdient haben. Deswegen gibt es von unserer Seite ein klares Bekenntnis zur Volksanwaltschaft und ein herzliches Danke­schön für die in dieser Periode von diesem Team geleistete Arbeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, ich würde gerne einen Aspekt des Berichtes herausgreifen, der ein gesellschaftliches Phänomen betrifft, mit dem wir alle in den nächsten Jahren


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intensiv zu tun haben werden, in dem wir derzeit mittendrin stecken: die Transforma­tion unserer Gesellschaft durch die Digitalisierung.

Ich nenne da ein konkretes Beispiel, dessen sich die Volksanwaltschaft in einer Be­obachtung und Untersuchung angenommen hat: Das AMS hat eine neue Methode ins Leben gerufen, die Verwendung einer Software, um die Chancen von Menschen, die arbeitsuchend sind, zu bewerten, und um festzustellen, welcher Maßnahmen es be­darf, um den Wiedereinstieg möglichst schnell zu schaffen. Die Intention dabei bestand und besteht darin, dass man individuelle Lösungen findet, um den Menschen einen schnellen Wiedereinstieg zu ermöglichen. Bürgerinnen und Bürger waren sehr besorgt und haben die Meinung vertreten, es handle sich um eine anonyme Software, quasi um einen verlängerten Arm einer anonymen Bürokratie, wodurch mit einem Computer­programm über Schicksale bestimmt werde.

Die Volksanwaltschaft hat sich dieser Thematik angenommen und ist zu der positiven Erkenntnis gelangt, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass da mit maximaler Transparenz gehandelt wird. Auf der Homepage des AMS findet man die Kriterien und die verschiedenen Kategorien, wie dieser Algorithmus funktioniert.

Weiters wurde auch festgestellt, dass das Primat des Menschen bleiben muss, weil es wesentlich ist, dass die Technik dem Menschen dient und nicht der Mensch der Tech­nik. Da hat die Volksanwaltschaft einen wesentlichen Beitrag geleistet, um Verbesse­rungen vorzunehmen. Man ist nämlich draufgekommen, dass die sogenannten Soft Skills, die Persönlichkeitsmerkmale, die ein Mensch im Kommunikationsbereich, in der Kreativität einbringt, noch in unzureichendem Ausmaß als solche berücksichtigt wer­den. An dieser Besserstellung wird gearbeitet.

Ich möchte dieses Thema aber noch einmal auf eine höhere Ebene heben, meine Da­men und Herren, weil gerade der Algorithmus und die Digitalisierung in allen Lebens­bereichen die Verwaltung, uns als Gesetzgeber sowie auch die Regierung – und zwar nicht nur von Österreich – vor neue Herausforderungen stellen. Wir brauchen in Zu­kunft ein noch besseres Zusammenspiel aller Institutionen.

Ich möchte auch den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen im Konsumenten­schutzausschuss ganz herzlich dafür danken, dass wir uns dort bei einem Experten­hearing dieser Thematik angenommen haben. Wesentlich ist, dass wir da in Zukunft ein noch besseres Zusammenspiel schaffen, um im Parlament gute Entscheidungen zum Wohle der Bevölkerung zu treffen.

Abschließend, meine Damen und Herren, darf ich auch noch hervorheben, dass die Volksanwaltschaft weit über die Grenzen Österreichs hinaus großes Ansehen genießt. Diese Institution wird auch als Modell mit Erfahrungsschatz, das auch neue Ansätze einbringt, in vielen europäischen Ländern geschätzt und gewürdigt. Es sollte uns als Österreicher stolz machen, dass die Anliegen der Menschen ernst genommen werden und dass wir gemeinsam daran arbeiten, diese positiv umzusetzen.

In diesem Sinne: Vielen Dank an die Frau Volksanwältin, an die Herren Volksanwälte für die geschätzte Arbeit! Die Volkspartei wird auch in Zukunft diesen Weg weiter un­terstützen, denn wie Sie wissen, haben wir gerade erst begonnen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Wimmer. – Bitte.


15.52.21

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren Volksanwälte! Hohes Haus! Auch von mir ein großes Danke an die Volksanwaltschaft für die ausgezeichnete und wertvolle Arbeit, die geleistet wurde, und


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auch danke für die beiden umfangreichen und qualitätsvollen Berichte, die Sie uns vor­gelegt haben und mit denen wir gut weiterarbeiten können!

Ein wesentliches Kapitel im Bericht Präventive Menschenrechtskontrolle ist jenes über die Justizanstalten. In den Haftanstalten, sehr geehrte Damen und Herren, treten im­mer wieder dieselben Probleme auf: Überbelag, mangelndes Beschäftigungsangebot sowie der schlechte Zustand der Räumlichkeiten in einzelnen gerichtlichen Gefange­nenhäusern. Mindeststandards in der Unterbringung und Betreuung von männlichen und ganz besonders auch von weiblichen Untersuchungs- und Strafgefangenen, die festgelegt wurden, sind aufgrund der räumlichen Gegebenheiten und der personellen Ausstattung sehr schwer einzuhalten.

Der Wohngruppenvollzug sollte besonders im Frauenvollzug der Regelfall sein, ist je­doch aus verschiedenen Gründen noch immer nicht umgesetzt; das sind Umstände wie die baulichen Gegebenheiten, die zu meistern sind, und es ist eine sehr kos­tenintensive Geschichte, das zu lösen.

Die Frauenabteilungen benötigen natürlich auch zusätzliche Personalressourcen, um den Wohngruppenvollzug oder eben ganztägig offene Hafträume zu ermöglichen. Auch das Arbeitsangebot für weibliche Inhaftierte wäre auszuweiten, derzeit beschränken sich die Arbeitsmöglichkeiten vorwiegend auf Reinigungstätigkeiten, Tätigkeiten als Näherinnen oder in der Wäscherei.

Zusammenfassend könnte man sagen: Häftlinge sollten möglichst reintegriert in die Freiheit entlassen werden, andernfalls besteht ein sehr hohes Risiko für einen Rückfall in die Straffälligkeit. Resozialisierung in die Gesellschaft braucht aber bessere Bedin­gungen, sowohl für die Inhaftierten als auch für das Personal. Die Justiz braucht end­lich die notwendigen budgetären Mittel, um diesen gesetzlichen Erfordernissen zu ent­sprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Werner Herbert. – Bitte.


15.54.56

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Meine Dame und meine Herren Volksanwälte! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich eingangs für diesen wieder einmal sehr umfangreichen und auch sehr informativen Bericht bedanken, der einmal mehr den Stellenwert hervorhebt, den die Volksanwaltschaft mittlerweile in der Gesellschaft genießt, der aber auch die Wichtigkeit der Volksanwaltschaft als Kontroll­organ der Verwaltung unterstreicht.

Ich möchte exemplarisch zwei Punkte herausgreifen, die gerade mir in meinem Brotbe­ruf als Polizist beweisen, wie wichtig die Kontrolle der Volksanwaltschaft in diesem Be­reich ist.

Zum einen darf ich die mangelnde personelle Ausstattung von Polizeiinspektionen an­sprechen und den daraus resultierenden Hinweis geben, dass das bereits in den ver­gangenen Jahren immer wieder Thema bei den Prüfungen der Volksanwaltschaft war. Bereits damals wurde festgestellt, dass es aufgrund der Problematik dieses personel­len Mangels nicht nur zu einer hohen Überbelastung der eingesetzten Kräfte, sondern natürlich auch zu einer hohen Überstundenbelastung kommt. In diesem Zusammen­hang darf ich einmal mehr eine Expertise des Bundeskanzleramts aus dem Jahr 2007  ich betone: 2007, genau genommen Oktober 2007 – in Erinnerung rufen, die den Titel „Die Altersstruktur des Bundespersonals“, „Implikationen und Vorschau bis 2020“ trägt. (Der Redner hält das erwähnte Schriftstück in die Höhe.)


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In dieser Expertise des Bundeskanzleramts wurde bereits damals – nämlich im Herbst 2007 – darauf hingewiesen, dass es zwei Bereiche gibt, die von einer besonde­ren personellen Abbausituation geprägt sind. Zum einen war das der Bereich der Leh­rer, für den damals für das Jahr 2016 eine Spitze ausgewiesen war, ein Jahr, in dem ein besonders drastischer Pensionsabgang zu verzeichnen sein wird. Zum anderen war das der exekutive Bereich der Polizei, für den festgestellt wurde, dass bis zum Jahr 2020 ein Drittel aller Polizistinnen und Polizisten im exekutiven Außendienst in Pension gehen wird.

Von der damaligen SPÖ/ÖVP-Regierung ist daraufhin nichts unternommen worden. Es gab keine Personaloffensive, es gab keine zusätzlichen Ausbildungsplätze. Im Gegen­teil, man hat sogar Ausbildungskurse eingespart, was dann vor ungefähr zwei Jahren zu einer sehr drastischen Situation führte. Erst unter der letzten Bundesregierung – unter Innenminister Kickl – ist es mit einer Planstellenoffensive sowohl in der Ausbil­dung als auch in der Zuführung zusätzlicher Planstellen gelungen, diese Situation eini­germaßen in den Griff zu bekommen. Wir wären auf einem guten Weg gewesen, wenn nicht die ÖVP Innenminister Kickl den Sessel vor die Türe gestellt und diese Koalition zum Platzen gebracht hätte.

Alles in allem zeigt das, dass in der Vergangenheit sehr viel Negatives passiert ist, dass man unsere Polizistinnen und Polizisten doch zeitgerecht wieder aufgefangen hat und dass Innenminister Kickl gute und wichtige Arbeit geleistet hat, um dieses Problem nachhaltig in den Griff zu bekommen.

Was wir nicht in den Griff bekommen haben, war die Problematik der Überstundenver­teilung bei der Exekutive. Es war einfach nicht möglich, die Überstunden innerhalb der Landespolizeidirektionen so zu verteilen, dass sie nicht in den Zentralstellen landen, sondern draußen an der Basis, wo sie nicht nur die Kolleginnen und Kollegen im Ein­satz benötigen, sondern auch die Bevölkerung, indem eben die Polizeiinspektionen entsprechend mit Personal ausgestattet werden.

Da wünsche ich mir, dass das vielleicht in den nächsten Monaten kommt, da wünsche ich mir vom neuen Innenminister Peschorn eine entsprechende Initiative, dass man wieder den richtigen Weg findet und dieses Problem, dieses Dilemma in der Aufgaben­erfüllung und Aufgabengestaltung, insbesondere zur Erfüllung der personellen Aufga­ben, einigermaßen in den Griff bekommt.

Der zweite Problemfall, den ich kurz ansprechen möchte, ist die Ausgestaltung der Polizeiinspektionen. Es ist leider so, dass wir viele Polizeiinspektionen haben, die ihren Ursprung noch in den – sagen wir einmal – vergangenen Jahrzehnten haben, bei de­nen zwar immer wieder temporäre bauliche Verbesserungen vorgenommen wurden, die aber mittlerweile von der Substanz her höchst fragwürdig erscheinen.

Ich denke mir, da wäre auch eine finanzielle Offensive angebracht, die wir unseren Polizistinnen und Polizisten zur Erfüllung ihrer Aufgaben, aber auch zur Herstellung von lebens- und arbeitswürdigen Umständen jedenfalls ermöglichen sollten.

Vielleicht noch ein kurzer Kommentar zu Kollegin Krisper, die einen Antrag betreffend Polizeigewalt eingebracht hat: Ja, Frau Kollegin, ich glaube, wir sind uns darin einig, dass wir jede Form von nicht gesetzlicher Gewaltanwendung durch die Polizei oder überschießender Gewaltanwendung im Einsatz kritisch hinterfragen wollen. Was ich aber nicht möchte – und da stimmen Sie leider sehr mit der medialen Berichterstattung der vergangenen Tage überein –, ist, dass man hier ein klassisches Polizeibashing betreibt, bei dem festzustellen ist, dass für jeden Schwerverbrecher in Österreich die Unschuldsvermutung gilt, dies auch immer wieder in allen Medienberichterstattungen so ausgewiesen wird, nur wenn es darum geht, unsere Exekutivbeamten anzupatzen, sie durch fragwürdige Videos, durch Bilder, die in einer schlechten Optik und vielleicht


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in einer nachteiligen Situation aufgenommen wurden, in ein schlechtes Licht zu rücken, dann gibt es keine Unschuldsvermutung. (Beifall bei der FPÖ.)

Da wird einfach auf die Polizisten losgegangen, koste es, was es wolle, nur um viel­leicht ein Stimmungsbild in der Bevölkerung positiv zu bedienen. Das, meine Damen und Herren, haben sich unsere Kolleginnen und Kollegen wahrlich nicht verdient. Un­sere Polizistinnen und Polizisten leisten einen harten und einen oft sehr unbedankten Job für die Allgemeinheit, für unsere Bevölkerung. Eine derartige Geringschätzung ha­ben sie sich wirklich nicht verdient. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kirch­baumer. – Bitte.


16.02.00

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Herr Präsident! Werte Volksanwältin und werte Volksanwälte! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her! Zuerst möchte ich unseren Zuseherinnen und Zusehern kurz berichten, was die Volksanwaltschaft macht und wofür sie steht. Die aus drei Mitgliedern bestehende Volksanwaltschaft in Österreich ist als parlamentarischer Ombudsmann zur Kontrolle der öffentlichen Verwaltung eingerichtet. Sie steht bei Problemen mit Behörden kosten­los allen Menschen zur Verfügung, die sich durch Organe der Verwaltung ungerecht behandelt fühlen und bereits alle Rechtsmittel ausgeschöpft haben.

Wir haben im Ausschuss unter anderem über das Thema Mängel im Strafvollzug und Personalmangel im Pflegebereich gesprochen. An dieser Stelle möchte ich mich bei den Justizbeamtinnen und Justizbeamten wie auch bei allen Mitarbeiterinnen und Mit­arbeitern, die in den verschiedenen Pflegeberufen arbeiten, herzlich für ihren tagtägli­chen Einsatz bedanken. (Beifall der Abg. Tanja Graf.) Auch bei der Volksanwaltschaft möchte ich mich dafür bedanken, dass sie eine so tolle Arbeit leistet und weiterhin leisten wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Es wurde darüber berichtet, dass es in vielen Bereichen – in der Pflege wie auch in den öffentlichen und privaten Kinderheimen – massiven Personalmangel gibt. Es geht da aber nicht nur um fehlende Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, sondern es geht da auch um die überbordende Dokumentationspflicht. Eine Diplomkrankenschwester hat mir berichtet, dass sie, bevor sie mit ihrer Morgenhygiene bei Patientinnen oder Pa­tienten ihre Arbeit machen darf, bevor sie sich überhaupt um den kranken und zu pfle­genden Menschen kümmern darf, die Dokumentationspflicht am Tablet abarbeiten muss. Ein Rettungsmann hat mir dasselbe erzählt. Für mich stellt sich da schon die Frage, ob die Dokumentationspflicht vor den Menschen kommt. Auf die Vorfälle in der Vergangenheit hat man mit mehr Bürokratie geantwortet. – Entbürokratisierung ist da die richtige Antwort, und wir, die ÖVP, stehen dafür.

Weiters wurde über die steigende Anzahl der psychisch kranken Straftäterinnen und Straftäter im Maßnahmenvollzug berichtet. Die Umstände dort wurden als therapie­feindlich bezeichnet. Es ist festzuhalten, dass es da seit Jahren Probleme gibt, die sehr wohl bekannt waren, aber leider nicht gelöst wurden. Unser Justizminister außer Dienst Moser hat diesbezüglich schon wesentliche Maßnahmen vorgeschlagen und wollte diese auch zur Umsetzung bringen. Leider konnte dieses Vorhaben nicht mehr umge­setzt werden. Warum wohl? – Die gesamte Regierung wurde im letzten Plenum auf Grundlage des Rendi-Kickl-Pakts abgewählt. (Abg. Jarolim: Wer sagt das?)

Was mich dabei persönlich erschüttert, ist die SPÖ, die zuvor einen Misstrauensantrag gegen Innenminister Kickl außer Dienst eingebracht hat. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hatte Kurz damals vorgeworfen, mutlos zu sein (Abg. Jarolim: Gibt’s ein Pro­tokoll dazu?), und dann hat sich die Welt schnell gedreht: Kaum war die Regierung


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mithilfe der SPÖ abgewählt, konnte man da hinten im Plenarsaal schon gemeinsame Gespräche zwischen Innenminister außer Dienst Kickl und Abgeordnetem Drozda se­hen. Sie konnten es kaum abwarten, dass es zu Ende geht.

Stabilität schafft man nicht mit Misstrauensanträgen und Machtkämpfen. Das unfass­bare Ibizavideo hat die SPÖ nicht wirklich tangiert. Für uns, die ÖVP, steht jedoch jede Österreicherin und jeder Österreicher im Mittelpunkt, und für diese Menschen werden wir unermüdlich weiterarbeiten. Für unser wunderbares Österreich werden wir den Wirtschaftsstandort nach vorne bringen und unseren Wohlstand sichern. Dafür gibt es im September keine andere Wahl als die Österreichische Volkspartei. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Jarolim: Kann man das richtigstellen?)

16.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Koll­ross. – Bitte.


16.06.17

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Herren Volksanwälte! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Bevor ich zum eigentlichen Punkt komme, vielleicht kurz zu meiner Vorrednerin: Ich finde es schade und fast ein biss­chen respektlos gegenüber der Volksanwaltschaft, dass man den Bericht der Volksan­waltschaft hier für parteipolitisches Geplänkel und für Wahlreden missbraucht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Jarolim: ... Herr Präsident!)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Volksanwältin und Volksan­wälte, möchte ich meine Rede dazu verwenden, um mich wirklich bei Ihnen zu bedan­ken. Alle drei scheiden ja aus ihrer Funktion aus, und ich glaube, parteiübergreifend kann man festhalten, dass in den letzten Jahren von jedem Einzelnen und natürlich auch von den Kolleginnen und Kollegen in ihrem Haus hervorragende Arbeit geleistet wurde. Ich darf mich hier dementsprechend auch bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte zu einem Ihrer Berichte Stellung nehmen, nämlich was das Melderecht be­ziehungsweise die Scheinanmeldungen betrifft. Wir haben uns im Volksanwaltschafts­ausschuss diesbezüglich ebenfalls schon unterhalten. Kollege Loacker hat ja unter an­derem bewiesen, dass das Melderecht momentan in Wirklichkeit nicht funktioniert, und das zeigt auch der Bericht der Volksanwaltschaft.

Ich als Niederösterreicher möchte aber einen ganz speziellen Punkt herausarbeiten, nämlich die Verbindung des Melderechts mit dem Wahlrecht. Viele wissen, dass es in Niederösterreich – und im Burgenland –, anders als in anderen Bundesländern, ein Wahlrecht gibt, das mit dem Zweitwohnsitzermelderecht in Verbindung steht. Wenn man sich das anschaut, dann sieht man, dass damit in Niederösterreich schon jetzt oft­mals nicht unbedingt sehr sorgsam umgegangen wird, zum Beispiel in der Stadtge­meinde Litschau im Waldviertel, wo Menschen auf einmal in einem Holzbadehaus ge­wohnt haben, nur damit sie an der Gemeinderatswahl teilnehmen konnten, oder im Städtchen Waidhofen an der Ybbs – Herr Präsident, ich nehme an, Sie werden es ken­nen –, wo ÖVP-FunktionärInnen aus anderen Gemeinden auf einmal bei ÖVP-Funktio­närInnen gewohnt haben, nur damit sie an der Wahl teilnehmen konnten. (Zwischen­rufe der Abgeordneten Weidinger und Zarits.)

Deshalb bin ich der Meinung, dass wir uns hier im Nationalrat das Meldegesetz, auch in Verbindung mit dem Wahlrecht, noch einmal ganz genau anschauen müssen, weil ich glaube, dass wir damit dem Missbrauch noch zusätzlich Tür und Tor öffnen, vor allen Dingen in diesen Bundesländern, vor allen Dingen in diesen Gemeinden. Wenn nämlich der Wohnsitzgeber nicht einmal mehr Bescheid wissen muss, ob jemand bei ihm wohnt, dann bedeutet das nicht nur, dass möglicherweise auf einmal die Polizei


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oder der Exekutor vor der Tür steht, sondern auch, dass diese Personen auf einmal auch bei Gemeinderatswahlen, in Niederösterreich zum Beispiel auch bei Landtags­wahlen wählen können.

Ich glaube nicht, dass das im Sinne des Erfinders ist. Deshalb glaube ich, dass es wichtig ist, hier noch eine dringende Reparatur vorzunehmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mühl­berghuber. – Bitte.


16.09.50

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volks­anwalt! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Werte Damen und Herren im Hohen Haus! Der 42. Bericht der Volksanwaltschaft hat wieder deutlich gezeigt, wie sehr die Men­schen den Volksanwälten vertrauen, wenn sie Hilfe und Aufklärung suchen, wenn sie Unterstützung brauchen, und in vielen Fällen wird auch Positives bewirkt.

Ein Schwerpunkt dieses Berichts sind chronisch kranke Kinder in den Kindergärten und in den Schulen. Das ist kein Randthema, sondern eine wirklich große Problematik, denn in Österreich leben mehr als 190 000 Kinder und Jugendliche mit chronischen Krankheiten wie unter anderem Asthma, Allergien, Diabetes und Rheuma.

Diese Kinder lernen schnell, wie sie mit ihrer Krankheit umgehen müssen. Es gibt aber auch immer wieder Probleme, da Lehrer oft Angst haben, einen Fehler zu machen, oder ein Problem damit haben, diese Kinder bei medizinischen Tätigkeiten zu unter­stützen. Dazu gab es im Parlament auch eine Fachveranstaltung mit dem Titel „Das chronisch kranke Kind im Schulsystem“. Bei dieser Veranstaltung wurden diese Schwierigkeiten beleuchtet, es wurden Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt und Empfehlungen gegeben.

Im Rahmen des Bildungsreformgesetzes 2017 trägt die Initiative bereits erste Früchte, denn durch diese Gesetzesänderung werden medizinische Tätigkeiten des Lehrperso­nals nun eindeutig als Ausübung von Dienstpflichten anerkannt. 2018 fand im Albert-Schweitzer-Haus in Wien eine Podiumsdiskussion zum Thema „Rechte chronisch kranker Kinder“ statt, bei der sich auch zahlreiche Betroffene zu Wort meldeten und über ihre Probleme berichteten.

Noch immer soll es vorkommen, dass Schulen Kinder aufgrund ihrer Krankheit nicht aufnehmen. Obwohl bereits einige Verbesserungsvorschläge der Volksanwaltschaft umgesetzt wurden, ist es noch immer ein weiter Weg bis zur Umsetzung aller Ver­besserungen und Empfehlungen, um unsere Kinder auf ihrem Weg in das weitere Le­ben bestmöglich zu begleiten.

Abschließend möchte ich mich recht herzlich bei der Frau Volksanwalt, bei den beiden Herren Volksanwälten und auch bei der Volksanwaltschaft für ihr Engagement, für ihre Arbeit und für die gute Zusammenarbeit im Ausschuss bedanken. Ich möchte mich auch für die Sprechtage in den Bezirken bedanken, wo Sie die Nähe zur Bevölkerung, zu den Menschen gefunden haben. Ich wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute. (Beifall bei der FPÖ.)

16.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hofinger. – Bitte.


16.12.57

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Herr Präsident! Liebe Frau Volksanwäl­tin! Liebe Herren Volksanwälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich ein-


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gangs recht herzlich bei der Volksanwaltschaft und namentlich bei den drei Personen für ihre Arbeit bedanken. Sie alle haben in Ihren Bereichen sehr gute Arbeit geleistet und sich das Vertrauen der Bevölkerung erarbeitet. Ich glaube, das ist schon etwas ganz Wesentliches. Sie haben für die Länder, für die Bezirke, für die Gemeinden wirk­lich Verbesserungen erreicht – ob im Maßnahmenvollzug oder im Pflegebereich –, da­für herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch die zukünftigen Volksanwälte Walter Rosenkranz, Bernhard Achitz und Werner Amon werden gute Arbeit leisten, denn sie wurden deshalb ausgesucht, weil sie sehr viel politische Erfahrung und Fachexpertise mitbringen. Ich glaube, genau das sind die wesentlichsten Eigenschaften, die ein guter Volksanwalt mitbringen muss. Er muss ein Gespür für die Menschen haben und bei den Anliegen, die an ihn herangetragen wer­den, auch das Maß kennen, dahin gehend, was man erreichen kann, wo man über­haupt etwas erreichen kann oder wo es nicht unbedingt sinnvoll ist, einer Sache nach­zugehen.

Genau das muss man als Volksanwalt abschätzen können, und das ist oft nicht ganz einfach. Bei Werner Amon, der sich in seiner langen politischen Arbeit sehr viel Fach­expertise erarbeitet hat, der lange im Menschenrechtsausschuss und im Bereich der inneren Sicherheit tätig war, der auf einen ganz großen fachlichen Fundus zurückgrei­fen kann, bin ich mir zum Beispiel ganz sicher, dass er für diese Tätigkeit prädestiniert ist. Ich wünsche Ihnen, den neuen Volksanwälten, alles, alles Gute und glaube, dass die Volksanwaltschaft in dieser Zusammensetzung sicher einen guten Fortbestand ha­ben wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Generell kann man sagen, dass sich die Volksanwaltschaft als Institution ja sehr be­währt hat. Man sieht auch in dem Bericht, den wir heute diskutieren, dass die Be­schwerden in manchen Bereichen zurückgegangen sind. Genau darin liegt der Erfolg: dass durch die Volksanwaltschaft und auch durch die Umsetzung in der Politik etwas erreicht wurde.

Wenn man das österreichische mit dem deutschen System vergleicht, in dem es die Institution der Volksanwaltschaft ja nicht gibt, sondern in dem mehr oder weniger alle Anliegen im parlamentarischen Petitionsausschuss behandelt werden, dann kann man feststellen, dass sich das österreichische System der Volksanwaltschaft seit 1977 als parlamentarische Hilfs- und Kontrollinstitution, die trotzdem sehr eigenständig handelt, sehr bewährt und verfestigt hat.

Es ist schon sehr viel gesagt worden, daher möchte ich nur kurz noch zwei The­menbereiche aufgreifen. Ich möchte mich bei Gertrude Brinek für ihren Einsatz für Verbesserungen im Maßnahmenvollzug recht herzlich bedanken. Wir haben sehr oft darüber diskutiert – es ist natürlich ein schwieriges Thema –, und vieles ist da noch of­fen und müsste noch verbessert werden; dessen sind wir uns auch bewusst. Ich möch­te mich bei dir aber recht herzlich für deinen Einsatz bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch Herrn Volksanwalt Günther Kräuter möchte ich noch einmal erwähnen, weil er ein für mich ganz wesentliches und wichtiges Thema behandelt hat, nämlich den Pflege­bereich. Pflege betrifft uns früher oder später alle, und ich glaube, dass wir da alle mit­einander gefordert sind. Die Volksanwaltschaft zeigt immer wieder auf, wo es hapert. Es sind natürlich der Personalnotstand und die Arbeitsüberlastung und – meiner Mei­nung nach vielleicht das größte Manko – die insgesamt fehlende Wertschätzung für den Pflegeberuf.

Ich bin froh, dass wir da in Oberösterreich mit einigen Initiativen wirklich sehr aktiv sind und dass wir diese in Schulen, in denen Gesundheit und Soziales schon Schwerpunkte sind, noch weiter ausgebaut und einen Lehrberuf für die Pflege – einen Pilotversuch – nach Schweizer Modell eingerichtet haben. Es ist nicht ganz einfach, aber ich glaube,


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dass wir da auf einem guten Weg sind. Ich bin auch da sehr, sehr froh, dass Herr Volksanwalt Kräuter durch seine Kontrollen immer wieder Problemfelder aufgezeigt und damit dazu beigetragen hat, dass es Verbesserungen in Pflege- und Altenheimen gab.

Pflege ist insgesamt ein wichtiges Thema, auf das wir seitens der Regierungsparteien schon mehr oder weniger gut vorbereitet sind. Ich bin mir sicher, dass wir dann nach der Wahl im Herbst diesen Weg auch weitergehen können. – In diesem Sinne herzli­chen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Becher. – Bitte.


16.18.26

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Volksanwälte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich der sehr herzlichen und umfangreichen Danksagung an die scheidende Volksanwältin und an die beiden scheidenden Volksanwälte natürlich anschließen, bei diesem Bericht aber auch die detailreiche und fundierte Aufarbeitung dessen, wie die öffentliche Ver­waltung bei den Menschen ankommt und wahrgenommen wird, hervorheben.

Dieser Bericht bietet dem Parlament nämlich zahlreiche Hilfestellungen, und ich möch­te den Bereich herausgreifen, der sich mit der Gruppe der Menschen mit Hörbehinde­rungen beschäftigt. In Österreich haben 450 000 Menschen eine Hörbehinderung und sind in ihrer Kommunikation mit anderen Menschen beeinträchtigt; ungefähr 8 000 bis 10 000 Menschen sind gehörlos. Um ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben führen und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, sind diese Menschen in sehr, sehr vielen Bereichen auf Gebärdensprachdolmetscher angewiesen.

2014 wurde vom damaligen Sozialminister eine Studie beauftragt, aus der hervorgeht, dass es viel zu wenige GebärdensprachdolmetscherInnen gibt. Ein Gebärdensprach­dolmetscher hat in Österreich 100 Gehörlose zu betreuen. In Schweden sind es zwölf Gehörlose, die einem Gebärdensprachdolmetscher zugeordnet sind. Wir sehen also, dass wir im internationalen Vergleich sehr, sehr schlecht abschneiden.

Die geringe Anzahl an Dolmetschern geht auf die wenigen Ausbildungsplätze, die wir haben, zurück. Ich denke, die Forderung der Volksanwaltschaft, ausreichend Ausbil­dungsplätze zur Verfügung zu stellen, ist die Aufgabe des Bundes. Der Bund ist gefor­dert, eine qualitätsvolle Ausbildung für alle zu ermöglichen.

Österreich ist ein Land, in dem auf sehr vielen Ebenen miteinander gearbeitet wird. Ich kann für meinen Bezirk, für die Donaustadt, sagen, dass im Bereich der Landesschulen eine sehr hohe Qualität erreicht und erzielt wird. Es ist der Volksschule Hammerfest­weg gelungen, den Unterricht von gehörlosen und hörenden Kindern unter einem Dach zu ermöglichen, und das zum Vorteil beider Gruppen, die diese Schule besuchen. Da wird also wirklich Herausragendes geleistet. Ich denke, jetzt ist der Bund am Zug, seinen Wirkungsbereich, wie schon in der Studie festgestellt wird, auszuweiten, Ver­besserungen zu erreichen und die Empfehlungen der Volksanwälte zu befolgen. – Vie­len Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lausch. – Bitte.


16.21.55

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Volksanwälte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mich auch abschließend beim Team


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der Volksanwaltschaft, bei den Volksanwälten für ihre gute, umsichtige Arbeit bedan­ken. Man sieht in diesem sehr umfangreichen Bericht wieder, wie wichtig eine funktio­nierende und gute Volksanwaltschaft ist und dass das wirklich ein Vorzeigeprojekt ist. Ich glaube, mit den neuen Volksanwälten wird das in die richtige Richtung weiterge­hen. – Von mir hier auch ein herzlicher Dank!

Das Stichwort Justizanstalten ist heute schon gefallen. Der Strafvollzug ist ein wichti­ges Thema, immer und wieder. Auch die Volksanwaltschaft hat sich dessen angenom­men. Wenn man den Bericht genau liest, so weiß man, das sind die alten Themen, die es nicht erst seit gestern gibt, sondern die alle Regierungen schon jahrelang mit sich herumschleppen: Es scheitert im Vollzug großteils an der Überbelegung in den Justiz­anstalten, aber genauso am personellen Engpass.

Was in letzter Zeit auch immer wieder kritisiert wird und regen Anklang bei allen Frak­tionen findet, ist die Reformierung des Maßnahmenvollzuges hauptsächlich gemäß § 21 (1). Auch da hat die Volksanwaltschaft die Meinung vertreten, dass es schon lange Zeit wäre, diesen zu verbessern. Da muss man aber schon einiges klarstellen, nämlich dass wie alle Justizanstalten auch die Justizanstalten – zuständig für diesen Maßnahmenvollzug – Göllersdorf und Asten und deren Bedienstete sehr, sehr gute Ar­beit leisten. – Für diese umfangreiche und gute Arbeit allen Justizbediensteten von un­serer Seite einmal einen herzlichen Dank!

Was man schon sagen muss, ist, dass man natürlich seit den letzten Monaten immer sehr laut nach Verbesserungen im Maßnahmenvollzug schreit. Das hört man von vie­len Parteien, aber da muss man in Bezug auf den Maßnahmenvollzug schon sagen, dass im September 2007 in Niederösterreich das Landeskrankenhaus Gugging ge­schlossen wurde, wo ja für den Maßnahmenvollzug 25 Haftplätze für Akutfälle zur Ver­fügung gestanden sind, und 2013 der Vertrag für den Pavillon 23 auf der Baumgartner Höhe nicht mehr verlängert wurde.

Es ist sehr unredlich, wenn jetzt die Parteien aufwachen – vor allem von dieser Seite (in Richtung SPÖ weisend), Wien, Baumgartner Höhe, Pavillon 23, Vertrag nicht mehr verlängert – und sagen, es sind 25 Akutplätze für den Maßnahmenvollzug, die da ver­loren gehen, wenn man jetzt wach wird und sagt: Puh, da muss es Verbesserungen im Maßnahmenvollzug geben!

2013 hat man von der SPÖ nichts gehört, und 2007 hat man bei der Schließung des Landeskrankenhauses Gugging von der ÖVP nichts gehört. Nur der Präsident (in Rich­tung Präsident Sobotka) wird es noch gut wissen, denn 2007 hat es gutes Geld in die niederösterreichische Landeskassa gespült. Gugging ist ja nicht irgendwo, sondern bei Klosterneuburg, und das ist sehr, sehr teuer und sehr gut verkauft worden. Den dama­ligen Finanzlandesrat und heutigen Präsidenten Sobotka hat das dazumal sehr, sehr gefreut.

Von der ÖVP-Seite hat es da null Aufschrei gegeben. Da wusste man aber, dass 25 Akutplätze für den Maßnahmenvollzug verloren gehen. Niemanden hat es interes­siert, aber jetzt sind alle da und wollen den Maßnahmenvollzug verbessern. Ich muss aber sagen, Göllersdorf und Asten leisten gute Arbeit und sind ausreichend, und ich bin froh, dass die alte Bundesregierung – sagen wir es einmal so – beziehungsweise die aufgelöste Bundesregierung in dieser Sache mit Steuergeld nichts unternommen hat.

Ich würde auch der zukünftigen Bundesregierung raten, sich genauestens anzuschau­en, ob es unbedingt mit sehr, sehr viel Geld notwendig ist, eine psychiatrische Abtei­lung, ein psychiatrisches Krankenhaus für den Maßnahmenvollzug zu errichten, denn mit diesem Steuergeld könnte man für die Menschen in Österreich wichtigere Projekte umsetzen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.26



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 150

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Karl Mahrer. – Bitte.


16.26.39

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Volksanwälte! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherin­nen und Zuseher! In drei Worten zusammengefasst: Unabhängig, bürgernah und kos­tenlos, das ist unsere Volksanwaltschaft.

Seit den Siebzigerjahren stehen jeweils drei Volksanwälte unter diesem Motto im Dienste der Menschen in unserem Land, und sie geben auch uns Parlamentariern wertvolle Einblicke und Rückmeldungen über die Sorgen und Probleme der Menschen, über die Missstände und über Versäumnisse. Wir sind hier im Parlament aufgerufen, entsprechend zu reagieren - - (Beifall des Abg. Jarolim.) – Danke, Herr Abgeordneter Jarolim, aber es war ein bisschen zu früh. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.) Also wir sind im Parlament aufgerufen, entsprechend zu reagieren und mit treffsicheren Maß­nahmen auch Verbesserungen zu erzielen. Das ist mir wichtig – einleitend.

Die Volksanwälte beschäftigen sich aber nicht nur mit ihrer Aufgabe der Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, sondern, was mir besonders am Herzen liegt, sie sind auch zuständig für den Schutz der Menschenrechte.

Als Sprecher für Polizeiangelegenheiten und als Mandatar, der sich besonders für die Anliegen der älteren Menschen einsetzt, habe ich den Bericht über die präventive Men­schenrechtskontrolle sehr aufmerksam gelesen. Allein im Jahr 2018 wurden nahezu 500 Einrichtungen wie Alten- und Pflegeheime, Jugendheime, aber auch Justizanstal­ten und Polizeianhaltezentren kontrolliert. Dazu kamen noch 44 Kontrollen bei Einsät­zen, bei Polizeieinsätzen wie Demonstrationen, Abschiebungen, aber auch Großveran­staltungen.

Wenn dieser Tage der Ruf nach noch mehr Kontrollen und vor allem unabhängigen Kontrollen ertönt, dann kann ich nur sagen, das gibt es bereits in Österreich. Unsere Bundesverfassung garantiert für Rechtsstaatlichkeit, unabhängige Justiz und eine un­abhängige Kontrolleinrichtung, und das ist die Volksanwaltschaft. Wenn Kollegin Kris­per, von mir sehr geschätzt, in ihrem Antrag eine weitere unabhängige Stelle, gerade im Falle behaupteter Polizeiübergriffe fordert, dann sage ich, auch das gibt es bereits, nämlich in Form der unabhängigen Justiz, die diese Ermittlungen führt.

Die zuletzt im Zusammenhang mit polizeilichen Einsätzen bekannt gewordenen Vorfäl­le, meine Damen und Herren, sind sehr, sehr ernst zu nehmen und lückenlos aufzu­klären, auch zum Schutz der vielen Tausenden Polizistinnen und Polizisten, die ihre Arbeit anständig und korrekt durchführen.

Meine Damen und Herren! Drei erfolgreiche Mitglieder der Volksanwaltschaft, Günther Kräuter, Gertrude Brinek und Peter Fichtenbauer, haben heute am Ende ihrer Amtspe­riode ihre Berichte präsentiert.

Ich kenne alle drei Volksanwälte auch aus meiner Tätigkeit als Polizeivizepräsident in Wien und traue mich daher, das auch persönlich anzumerken: Ich möchte mich im Na­men aller, die bei Ihnen Unterstützung und Hilfe erhalten haben, für Ihr Engagement, für Ihre Leistung und – das darf ich in diesem Fall persönlich sagen – für das Herzblut, das Sie in diese Tätigkeit eingebracht haben, ganz aufrichtig bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Sehr geehrte Volksanwälte, mir geht es so wie Ihnen: Das Licht, das das Ende meiner Redezeit anzeigt, leuchtet. Ich sage Ihnen noch einmal herzlichen Dank. Sie haben viel


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für unser Österreich geleistet. Jetzt wünsche ich Ihnen für den nächsten Lebensab­schnitt Glück, Gesundheit, Erfolg, Erfüllung und Zufriedenheit. Alles Gute und vielen Dank! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Bayr. – Bitte.


16.30.47

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Volksanwältin, liebe Volksanwälte! Ich möchte einen Teil der Obliegen­heiten der österreichischen Volksanwaltschaft herausstreichen, der oft nicht erwähnt wird, und zwar die internationale Tätigkeit.

Viele Leute wissen nicht, dass das International Ombudsman Institute, IOI, in Wien an­gesiedelt ist, dass das Sekretariat in Wien ist und Günther Kräuter in den letzten Jahren die Position des Generalsekretärs innegehabt hat.

Das IOI ist auch deswegen eine so wichtige Institution, weil es dazu da ist, Volksan­waltschaften und ähnliche Ombudsmanninstitutionen in anderen Ländern –mittlerweile sind ja über 200 oder genau 200 unter dem Dach von IOI versammelt – zu empowern, entsprechend weiterzubilden und ihnen Tipps zu geben, wie sie ihrer Aufgabe, nämlich der Wahrung von Menschen- und Bürgerrechten sowie der Förderung einer bürgerIn­nenfreundlichen, transparenten Verwaltung, wirklich effizient nachkommen können.

Das ist eine sehr wichtige Aufgabe, die man gar nicht oft genug loben kann. Ich möchte nur zwei Beispiele erwähnen: Ich kenne die Volksanwaltschaften in Kolumbien relativ gut. Dort gibt es diese, anders als bei uns, auch auf Provinzebene. Ganz oft sind diese regionalen Volksanwaltschaften in Lateinamerika generell die mehr oder weniger ein­zige Anlaufstelle, die Leute haben, deren Menschenrechte vollkommen unter die Räder gekommen sind. Ich denke dabei etwa an indigene Völker, die aufgrund des Nahrungs­mittelhungers der Welt und der rücksichtslosen Aktivitäten von Agrokonzernen ver­trieben und ermordet werden, deren Land gestohlen wird, die vollkommen entrechtet sind. Für die sind diese Volksanwaltschaftsinstitutionen wirklich die einzige Anlaufstel­le, die sie haben, wo ihnen jemand den Rücken stärkt und ihnen auch zu ihren Rech­ten verhelfen kann.

Man muss aber gar nicht bis nach Kolumbien gehen. Ich denke nur an Polen, wo auf­grund einer sehr problematischen Regierungspolitik die Rechte von Frauen, die Rechte von Minderheiten immer mehr unter Druck geraten, auch die Rechte von Medien, die Möglichkeit von Medien, frei zu publizieren, immer mehr unter die Räder kommt. Der dortige Volksanwalt ist für viele, die sich an ihn wenden, mehr oder weniger der einzige Leuchtturm der Demokratie und der Menschenrechte. Ich hoffe wirklich, dass diese Institution auch eine starke Zukunft haben wird. (Unruhe im Saal. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Vielen lieben Dank für diese wichtige Arbeit, die Sie da leisten! Das IOI ist auch – es ist mir sehr wichtig, das zu betonen – international insofern ein ganz wichtiger Player, als es auch immer wieder Thema der Konferenzen von IOI ist, die Sustainable Develop­ment Goals, die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, durchzuset­zen und umzusetzen. Dazu gibt es auch Schulungen, und die UNO selbst schaut im­mer wieder, wie gut diese 17 Ziele, die es innerhalb der SDGs gibt, implementiert sind.

Heuer wird beim High-level Political Forum on Sustainable Development im Juli in New York unter anderem das SDG 16 unter die Lupe genommen, und dazu wird es auch ein Sideevent geben, das die österreichische Botschaft ausrichten wird – der Herr Jus­tizminister kommt leider nicht, sein Vorgänger wäre gekommen – und bei dem es ge­nau darum geht, wie sehr denn eigentlich der Raum für Menschenrechte für NGOs, für


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Medien, aber auch für Parlamente und ParlamentarierInnen in manchen Regionen der Welt immer kleiner wird. Ich bin sehr froh, dass das IOI als Institution dort auch ver­treten sein wird, sodass wir auch herzeigen können, was für eine wichtige Institution wir da in Österreich haben.

Eine ganz kurze Bemerkung noch zu einem anderen Thema: Die Volksanwaltschaft war generell sehr aktiv in der ganzen Frage der Verfolgung des Nationalen Aktions­plans Menschenrechte, der dann leider von der ÖVP-FPÖ-Regierung nicht mehr wei­tergeführt worden ist. Ich weiß aber, wie sehr die Zivilgesellschaft, wie sehr viele NGOs den Dialog geschätzt haben, der in der Volksanwaltschaft zu dieser Frage geführt worden ist. Ich weiß, wie sehr es da von Ihrer Seite Bemühungen gegeben hat, viele Dinge weiterzubringen, wo wir einfach keine konkrete Handhabe haben, wenn es da­rum geht, Menschenrechte, Menschenrechtsverpflichtungen von internationalen Kon­zernen auch hier in Österreich einklagbar zu machen. Danke auch für diese Men­schenrechtsarbeit, die Sie da geleistet haben.

Ich denke, dass die Volksanwaltschaft seit der Übertragung des Opcat-Mandats im Jahr 2012 wirklich bewiesen hat, dass sie sich zu einer sehr wichtigen Menschenrechts­institution in diesem Land mausern kann. Herzlichen Dank! Ihnen dreien – wir haben ge­hört, Sie gehen alle nicht in den Ruhestand – alles Gute, wohin auch immer die Zukunft Sie führen wird, und danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rosenkranz.)

16.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf alle Kolleginnen und Kollegen ersuchen, den Gesprächspegel etwas niedriger zu halten. Für den Redner ist es oft schwierig, sich hier wirklich Gehör zu verschaffen.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Moser. – Bitte.


16.36.11

Abgeordneter Dr. Josef Moser (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Volksanwälte! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Seit dem Jahr 1977 ist die Volksanwaltschaft immer für Verläss­lichkeit und dafür gestanden, die Bürgerrechte auszubauen und zu sichern. Dabei konnte gerade in den letzten sechs Jahren das Vertrauen in die Volksanwaltschaft wei­ter gesteigert werden. Für mich persönlich war es eine Freude, die Arbeit der Volksan­waltschaft mehr als 25 Jahre mitzuunterstützen beziehungsweise gemeinsam mit der Volksanwaltschaft daran zu arbeiten, Missstände aufzuzeigen und zu beseitigen.

Besonders gefreut hat mich in meiner Zeit als Justizminister natürlich, dass gerade die Vorarbeit der Volksanwaltschaft im Bereich des Maßnahmenvollzugs dazu geführt hat, dass in der Justiz Maßnahmen gesetzt beziehungsweise vorbereitet werden konnten, die in Richtung eines modernen und menschengerechten Strafvollzugs gehen. Ich möchte darauf hinweisen, liebe Frau Volksanwältin Brinek, dass deine Empfehlungen und deine Mitwirkung dazu geführt haben, dass mittlerweile ein Entwurf für ein Maß­nahmenvollzugsgesetz fertig verhandelt vorliegt – fertig verhandelt mit Psychiatern, Psychologen und gleichzeitig Experten –, um sicherzustellen, dass jemand, der sich entweder zurechnungsfähig oder nicht zurechnungsfähig im Maßnahmenvollzug befin­det, auch richtig zugewiesen wird, damit zum einen die Therapie greift, zum anderen die Kosten reduziert werden können und gleichzeitig die Sicherheit der Bevölkerung aufrechterhalten werden.

Herzlich Dank auch für Ihre weiteren Empfehlungen zum neuen Strafvollzugsgesetz beziehungsweise zur neuen Strafprozessordnung. Auch diese Entwürfe sind bereits fertiggestellt. Hier geht es zum einen um mehr Sicherheit für Justizwachebeamte, zum anderen darum, der Bevölkerung größtmögliche Sicherheit zu bieten und darum, die Aufgabenerfüllung optimal zu bewerkstelligen.


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Besonders erfreulich ist, dass es gerade in den letzten Jahren die internationale Repu­tation der Volksanwaltschaft weiter ausgebaut werden konnte. Es ist ja nicht nur der Rechnungshof, der im Rahmen der Intosai weltweit dafür Sorge trägt, dass die Rech­nungskontrolle gestärkt wird, sondern auch die österreichische Volksanwaltschaft ist ein Player dafür, die Ombudsmänner beziehungsweise Volksanwälte im Sinne der Bür­gerinnen und Bürger weiter zu stärken und deren Rechte auszubauen.

Nicht zuletzt ist gerade die Volksanwaltschaft auch ein Hüterin. Sie ist eine Hüterin der Menschenrechte. Sie steht dafür, den Schutz der Menschenrechte nicht nur interna­tional, sondern auch national sicherzustellen.

Deshalb nochmals herzlichen Dank für die lange Zusammenarbeit. Ich wünsche Ihnen dreien alles, alles Gute für die Zukunft. Ich kann nur sagen: Österreich kann stolz sein, heute drei Volksanwälte zu verabschieden, die in der Vergangenheit im Sinne der Bür­gerinnen und Bürger exzellente Leistungen erbracht haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Friedl. – Bitte.


16.39.20

Abgeordnete Klaudia Friedl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geschätzte Frau Volksanwältin, sehr geschätzte Herren Volksanwälte, Ihnen einen besonderen Gruß an dieser Stelle! An den beiden Ausschusstagen der vergangenen Wochen ha­ben Sie uns ja sehr, sehr ausführlich über die Probleme, über die Anliegen unserer Bürgerinnen und Bürger informiert. Wir haben das reichlich diskutiert. Sie haben uns ganz klar veranschaulicht, wo die Probleme sind, wo die Menschen der Schuh drückt, und uns allen Ihre Prüfberichte auch immer sehr, sehr interessant und sehr pointiert nähergebracht.

Ich möchte heute kurz auf den Bereich der Pflege eingehen, denn da gibt es, wie uns zu Ohren gekommen ist, ganz besonders Probleme – das wissen wir ja schon länger – das Pflegepersonal betreffend. Die Menschen werden älter – wir kennen die demogra­fischen Zahlen –, wir wünschen uns und wollen beste Betreuung für sie alle. Diese er­folgt de facto momentan großteils durch Familienmitglieder, die letztendlich auch dieje­nigen sind, die ihre Angehörigen sehr lange zu Hause betreuen.

Eine Studie des Wifo aus dem Jahr 2018 zeigt uns auch, dass wir bis zum Jahr 2050 – geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dieses Jahr ist nicht mehr so weit entfernt, wie es einmal war – 80 000 zusätzliche Betreuerinnen und Betreuer brauchen. – 80 000, eine unermesslich hohe Zahl! Wir haben aber heute schon keine adäquaten Pflege­kräfte mehr. Das heißt, das Gebot der Stunde ist und wäre – ich rede jetzt im Kon­junktiv –: Es ist an der Zeit, dass wir heute beginnen, die Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal zu attraktiveren. Dazu braucht es aber mehrere Maßnahmen: ein or­dentliches Gehalt; es braucht Arbeitszeiten, um Beruf und Familie vereinbaren zu kön­nen; und ein ganz wichtiger Faktor, den wir vielleicht in der letzten Zeit vergessen ha­ben: Wertschätzung und Aufwertung dieser sozialen Berufe. (Beifall bei der SPÖ.)

Außerdem ist es ganz, ganz wichtig, dass unser Pflegepersonal in der Dienstzeit die Möglichkeit hat, adäquate und gute Supervision zu machen, denn dieser Beruf ist sehr, sehr schwierig. Die Menschen erleben ganz dramatische Dinge. Daher braucht es Su­pervision, damit sie ihren psychischen Ausgleich haben können.

Pflege wird natürlich großteils von Frauen geleistet. 10 Prozent der gesamten Bevölke­rung sind informell in Betreuung und Pflege involviert – und das natürlich gratis. Dass es eine zusätzliche Belastung für unsere Frauen ist, neben Job und Familie diese schwere Arbeit zu tun, brauche ich Ihnen nicht extra zu sagen. Das wirkt sich oft auch


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auf die Karriere, auf die momentane finanzielle Situation und auch auf die Höhe der Pension aus.

Daher brauchen wir ganz, ganz dringend, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, einen neuen Ansatz der Carework, nämlich einen würdevollen Umgang mit den Menschen, aber auch mit unserem Pflegepersonal. Das Burgenland, mein Heimatbundesland geht in Zukunft neue Wege. Angehörige sollen ihre zu pflegenden Familienmitglieder nicht mehr gratis betreuen, sondern bekommen ein Gehalt, 1 700 Euro für eine Vollzeitpfle­ge. Sie bekommen eine Ausbildung und können nach der Pflege ihrer eigenen Ange­hörigen, wenn diese verstorben sind, quasi nahtlos diese Lücke durch diese Ausbil­dung schließen und können weiter pflegen. Vielleicht wäre das ein Weg, der für das gesamte Land gangbar wäre.

Was mir auch sehr am Herzen liegt, ist: Seit der Einführung des Pflegegeldes im Jahre 1993, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wurde dieses Pflegegeld noch nie­mals erhöht, das heißt, der Realverlust ist 30 Prozent, ein enormer Betrag, der eigent­lich den Menschen, die pflegen und die Unvorstellbares leisten, im Geldtaschel fehlt.

Zuletzt möchte ich den scheidenden VolksanwältInnen sehr, sehr herzlich für ihren Einsatz und für ihre tolle Arbeit danken und darf ihnen an dieser Stelle das beste Zeugnis ausstellen. – Danke schön und alles Gute für die Zukunft. (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

16.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Dönmez. – Bitte.


16.43.33

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Volksanwalt Fichtenbauer! Sehr geehrte Frau Volksanwältin Brinek! Sehr geehrter Herr Volksanwalt Kräuter! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Meine Vorredner und Vorrednerinnen haben schon sehr viel zum Inhaltlichen über die hervorragende Arbeit der Volksanwaltschaft gesagt. Ich möchte eines herausstreichen und anmerken: Es gab letzte Woche einen hervorragen­den Beitrag in einer Sendung auf Ö1, in der Frau Dr.in Brinek die Arbeit der Volksan­waltschaft ausführlich erklärt hat, in der sich auch viele Bürger und Bürgerinnen über die Arbeit der Volksanwaltschaft erkundigt haben und sich mit ihren Anliegen bei ihr gemeldet haben.

Wissen Sie, was das Schöne war? – Dass Frau Dr.in Brinek auch für ihre Kollegen das Wort ergriffen und ihre Arbeit wertschätzend gewürdigt hat. Ein tolles Team – und das schlägt sich auch in der ausgezeichneten Arbeit der Volksanwaltschaft nieder.

Über die inhaltlichen Themenbereiche wurde schon sehr vieles gesagt. Auch ich möch­te Ihnen meinen großen Dank aussprechen. Ich weiß, welch wichtige Arbeit Sie ver­richtet haben und auch weiterhin verrichten werden. Ich bedanke mich für die gute Zu­sammenarbeit, denn wir hatten auch den einen oder anderen Fall in der Vergangenheit und haben gewisse Themen gemeinsam abgearbeitet.

Ich wünsche auch den zukünftigen Volksanwälten alles Gute. Kollege Amon und die anderen Kollegen: Alles, alles Gute für eure Arbeit!

Ihnen möchte ich auf Ihrem weiteren Lebensweg alles erdenklich Gute wünschen. Herzlichen Dank für Ihr Engagement für unsere Republik und die Institutionen! – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.45



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 155

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Am Ende der Debatte kommen die Volksanwälte zu Wort. Der Dank ist schon vielfach ausgesprochen worden. Das sind heute ihre letz­ten Reden im Nationalrat nach einem langen und sehr erfolgreichen Wirken.

Ich darf mit Herrn Volksanwalt Fichtenbauer beginnen. – Bitte.


16.45.57

Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesmi­nister! Der selige Dr. Kreisky hat gesagt: Sie ahnen gar nicht, wie viel Lob ich vertragen kann. (Beifall des Abg. Jarolim.) – Unter Verwendung dieses historischen Zitates darf ich mich namens meiner Person und wahrscheinlich meiner beiden Mitkollegen diesbe­züglich äußern. Ich darf überhaupt sagen, dass die Annehmlichkeit, die die Arbeits­struktur in diesem Kollegium dargestellt hat, eine für mich historisch wertvolle Erfah­rung gewesen ist, die sich ja auch in einer positiven Zuwendung zu den Bedürfnissen, die der Gesetzgeber, der Verfassungsgesetzgeber der Volksanwaltschaft anheimge­stellt hat, geäußert hat.

Ich darf daran erinnern, dass das Parlament, der Nationalrat zwei Hilfsorgane hat: Das eine ist der Rechnungshof, das zweite Hilfsorgan ist die Volksanwaltschaft mit der Auf­gabenstellung, Missstände der Verwaltung und Fehlerhaftigkeiten in der Behandlung von Menschen im Zusammenhang mit Menschenrechten aufzuzeigen.

Herr Kollege Dönmez hat sehr, sehr warmherzig gesprochen. Ich erinnere mich an un­ser erstes Zusammentreffen im Bundesrat, als er noch einer anderen Fraktion ange­hört hat und er spontan bereit gewesen ist, die Ausdehnung der Kompetenzberech­tigung der Volksanwaltschaft, was die Prüftätigkeit betrifft, zum Ausdruck zu bringen, was zu einer damaligen Antragstellung geführt hat.

Ich wiederhole also: Das Anliegen als Leuchtturmprojekt langfristiger Natur, welches der Nationalrat verfolgen sollte, ist, die Gleichwertigkeit der Prüfkompetenz der Volks­anwaltschaft mit jener des Rechnungshofes herbeizuführen, diese gesetzlich durchzu­führen. Der Antrag dazu wurde heute schon eingebracht.

Unter Verweis auf die ausführliche Darstellung der Tätigkeit der Volksanwaltschaft, un­ter Verweis auf den Bericht darf ich zum Ausdruck bringen, dass dieser Bericht nicht ohne die sehr hochwertige Arbeitsintensität und Anstrengung der in der Volksanwalt­schaft tätigen Menschen möglich wäre. Sie haben dankenswerterweise auch Ihre Wert­schätzung auf die Angestellten und Beamten der Volksanwaltschaft gerichtet. Ich nehme diese Anerkennung mit Dank zur Kenntnis und gebe sie weiter, soweit die Be­amten heute nicht ohnedies anwesend sind.

Unter Hinterlassung von Leuchtturmprojekten, die ihrer Natur nach nicht in einer Perio­de abgearbeitet werden können, weil der Erkenntnisprozess offenkundig länger dauert, darf ich für die Angelegenheiten, die ich zu verantworten hatte, auf die Notwendigkeit der Verfolgung der Verbesserung in gesetzlicher Hinsicht verweisen, die dem National­rat zukommt.

Nummer eins: Wir haben schon mehrmals auf die Situation der chronisch kranken Kin­der im Schulsystem verwiesen.

Es wurde auf das Symposium, das wir im Nationalrat hatten, verwiesen. Es wurde auf eine weitere Veranstaltung verwiesen, und vor zwei Wochen hatten wir eine weitere Veranstaltung in der Volksanwaltschaft.

Wir haben Tausende, Tausende Kinder mit Diabetes. Gott sei Dank hat der Nationalrat den Vorschlägen der Volksanwaltschaft Rechnung getragen und hat eine eventuell vor­handene Fehlerhaftigkeit in der Behandlung durch Lehrer als Amtshaftungsfall darge­stellt und gesetzlich geregelt, sodass die primäre Furcht davor, einem Kind Hilfe zu leisten, im Prinzip entfallen musste.


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Aber es bleibt noch viel zu tun. Das chronisch kranke Kind in der Schule – und wir sprechen von Tausenden, und niemand von Ihnen weiß, ob Ihr Kind, das Kind Ihrer Schwester, Ihres Bruders, Ihrer Tochter, nicht auch ein solches Kind mit Bedürfnissen in der Schule sein wird – bedarf einer weiteren gesetzlichen Zuwendung, die der Natio­nalrat entwickeln muss.

Als Fernziel schwebt mir vor – und ein besseres Modell kenne ich nicht –, dass pro Schule ein zuständiger Mensch, eine Frau oder ein Mann mit ausgeprägten medizini­schen Kenntnissen, vorhanden sein muss. Die Engländer nennen das School-Nurses-System.

Zweitens: die Pflichtversicherung für den Naturkatastrophenfall – ein Fernziel, das in Österreich jeden Tag neu an Aktualität gewinnt. Es gibt derzeit in Tirol Hochwasser. Laut Meldung von 6 Uhr früh ist der Pegel des Inn auf über 6 Meter gestiegen. In Schwaz wurde Zivilschutzalarm ausgelöst. Diese intensiven Regenfälle drängen von Westen her nach Österreich. Wir werden in Tirol also wieder ein sogenanntes hundert­jähriges Hochwasser haben, also eine Menge und Quantität, die laut statistischer Be­rechnung nur alle hundert Jahre vorkommen.

Vergessen wir, ob die Statistik stimmt oder nicht stimmt: Das heißt, dass wir eine große Zahl von Geschädigten haben werden. Der derzeitige Zustand, dass die Landeshaupt­leute mit Katastrophenfonds et cetera zuständig sein werden, ist unbefriedigend. Schauen Sie in die Nachbarschaft, schauen Sie in die Schweiz, schauen Sie nach Bel­gien: Da wird das auf privatrechtlicher, versicherungsrechtlicher Ebene abgehandelt, was ja auch im konkreten Fall zur Entlastung der Budgets in den Ländern führen würde.

Also: Die Lösung, die taugliche Lösung für eine Pflichtversicherung für den Naturkata­strophenfall ist auch ein Leuchtturmprojekt, das ich hinterlassen darf.

In Summe danke ich, dass der Nationalrat mit angemessener Befassung dafür, dass die Volksanwaltschaft als Kollegialorgan für die Bedürfnisse des Nationalrates gearbei­tet hat, seinen Dank ausspricht. Die Volksanwaltschaft gibt für alle vorhandenen Ebe­nen der Aufmerksamkeit, die der Tätigkeit der Volksanwaltschaft zugewendet worden sind, den Dank zurück. – Danke vielmals. (Allgemeiner Beifall.)

16.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Frau Volksanwältin Brinek um ihre Wort­meldung bitten. – Bitte.


16.53.58

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Peter! Lieber Günther! Ich darf kurz in Erinnerung rufen, dass wir in der Volksanwaltschaft, so, wie es das Gesetz will, unsere Arbeit gemäß unserer Geschäftsordnung und Geschäftsverteilung verrichtet haben, und so unseren jeweiligen Themen und den damit verbundenen Herausforderungen – Arbeit und Prüfung – gefolgt sind.

Für meine Zuständigkeit darf ich sagen, dass ich für die schon mehrfach zitierte Arbeit im Bereich der Justiz – Strafvollzug, Maßnahmenvollzug, das Handeln der Gerichte, was ihre Säumigkeit und hoffentlich Nichtsäumigkeit, also ihre Raschheit der Erledi­gung betrifft – zuständig war, und dass da vieles diskutiert, erörtert, als Problem darge­stellt wurde, aber auch vieles inhaltlich weitergebracht wurde.

Ich bedanke mich beim Justizminister außer Dienst Moser, früherer Rechnungshofprä­sident. Wir, also Rechnungshof und Volksanwaltschaft, haben übrigens nach deiner Zeit auch eine kooperative Veranstaltung mit internationaler Beteiligung abgehalten. Jetzt bist du aber in der Funktion als Justizminister angesprochen, und es ist durchaus


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auch – so, wie ausgeführt wurde – meinem beharrlichen, unserem beharrlichen Drän­gen zuzuschreiben, dass wir im Bereich Maßnahmenvollzugsgesetz wesentliche Schritte weitergekommen sind.

Es muss dort in Richtung forensisch-therapeutische Zentren gehen und es darf natür­lich nicht beim Türschildtausch – siehe Göllersdorf – bleiben, sodass Menschen ent­sprechend risiko- und bedürfnisgerecht untergebracht werden, so, wie ursprünglich auch vor Broda: stark im Krankenhaussystem, und dann erst muss – unter Hinzuzie­hung des Aspektes Sicherheit – die Frage der Sicherheitsverwahrung berücksichtigt werden.

Ich weiß schon, wir dürfen Asten als Musterbeispiel der Unterbringung nicht überfor­dern, nicht überstrapazieren, sonst wird dort die Qualität auch leiden. Es geht darum, dass Personen – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter –, die sich in Göllersdorf um die Un­tergebrachten kümmern, dort weiterhin ihre gute Arbeit leisten. Ja, wunderbar: Ich be­danke mich. Nur die Umstände, unter denen Menschen dort leben, und die Umstände, unter denen Menschen dort arbeiten müssen, sind absolut verbesserungswürdig. Es steht unserer modernen und, wenn Sie so wollen, reichen Gesellschaft gut an, sich genauso um die Schwächsten und kurzfristig vom Weg Abgekommenen zu kümmern, weil die Würde der Menschen – auch dieser Menschen, die dort untergebracht sind – unantastbar ist.

Der Herr Vizekanzler und Justizminister ist gerade nicht im Saal. Ich lege die Projekte aus der Justiz, aus dem Strafvollzug und aus dem Maßnahmenvollzug an sein Herz. Es kann in der Zeit, ohne dass viel Geld ausgegeben wird, weitergearbeitet werden und an der Finalform dieser Gesetze und der notwendigen Schritte gearbeitet werden. Es ist wichtig, dass das Ziel Resozialisierung ist, und die Verbesserung der techni­schen Ausstattung ist ein Schritt dahin – aber auch das Investment in die Weiterbil­dung, in Prävention, was Burn-out und andere Dinge betrifft. Das Personal in dem Be­reich ist höchst gefordert. Die Räume müssen besser ausgestattet und die Aufenthalte dort im Wesentlichen so kurz wie möglich gehalten werden.

Wir haben in der Volksanwaltschaft, auch in meiner Zuständigkeit, einige Probleme in der Finanzverwaltung abgearbeitet. Ich bin froh darüber, dass es nicht mehr waren und sind, weil ich generell sagen kann: Die Verwaltung ist in den Jahren, in denen ich die Arbeit überblicke und überblickt habe, besser geworden, hat sich modernisiert, ist mo­derner geworden; wobei ich auch gleichzeitig im Zuge von Digitalisierung der Bürokra­tie und Neuen Medien dazusagen muss: Das darf nicht heißen, dass Menschen unter­schiedliche Geschwindigkeiten in ihrem Zugang zur Bürokratie, zur Verwaltung haben und bestimmte Gruppen, vor allem bestimmte Altersgruppen, abgehängt werden, wie man so schön sagt. Wir dürfen mit der Digitalisierung, mit E-Government nicht zu schnell voranschreiten, weil das bedeutet, dass einige Menschen dann zu kurz kom­men und ihre Qualität in der Verwaltung nur zu einem anderen Preis erreichen können.

Zum Thema barrierefrei und zu behinderten Personen oder Menschen mit Behinderun­gen darf ich sagen, dass wir uns für ihren selbstverständlichen, selbstständigen, auto­nomen Zugang auch zu Bildungseinrichtungen, zu Kultureinrichtungen, zu Museen, zu Ämtern und Behörden eingesetzt haben. Es muss einen barrierefreien Zugang geben und es dürfen die Menschen, die mit Beeinträchtigungen leben, nicht schlechtergestellt werden.

Ich darf das auch im Zusammenhang mit der Prüftätigkeit auf Gemeinde- und Landes­verwaltungsebene sagen. Das betraf – was meine Arbeit anbelangt – im Wesentlichen Bauordnung, Raumordnung, Flächenwidmung, Straßengesetze, das Leben auf dem Lande. Die Alarmzeichen aus meiner Perspektive sind der überbordende Bodenver­brauch. Wir sind Weltmeister im Verbauen und im Versiegeln von Grundfläche. Das hat agrarpolitische Auswirkungen, aber auch raumordnungspolitische Auswirkungen. Da


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sollte man zur Tat schreiten. Das bedeutet aber auch Herausforderungen für die Archi­tekten, für Baumeister: Wie kann Bauen, das wenig flächenverzehrend ist, ausschau­en? Der Zuzug in die Städte bedeutet dort Nachverdichtung, das heißt, Grünräume werden weiter verbaut.

All dies sind Herausforderungen, die die Verwaltung betreffen, die Sie alle nicht nur als Gesetzgeber auf Bundesebene, sondern auch in Hinblick auf Ihre Verankerung zu Hause in den Gemeinden und in den Ländern betreffen.

Ich tue das, was Sie schon getan haben, im überbordenden Maß: Ich bedanke mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses, und vor allem bei jenen aus meinem Geschäftsbereich, die man auf den ersten Blick nicht sieht. Es arbeiten viele Personen nicht im Prüfbereich, sondern in der Verwaltung. Die muss auch gut funktio­nieren und hochmotiviert arbeiten, damit am Ende gute Arbeit herauskommt.

Ich bin meine Arbeit mit dem Prinzip angetreten, dass es das Wichtigste ist, die Men­schen zu mögen. Die Menschen zu mögen, das heißt auch, die Geduld aufzubringen, ein aussichtslos scheinendes Prüfverfahren doch noch mit einer Lösung abzuschlie­ßen. Menschen zu mögen, das bedeutet, ihnen zu sagen, dass auch im Kompromiss eine Größe liegt, wie das der israelische Dichter Amos Oz sagt, und das bedeutet auch, eine Sache abzuschließen und Menschen nie ohne Perspektive weggehen zu lassen – zum Beispiel von einem Sprechtag.

Ich darf Ihnen sagen, ich habe dieses Land, die Menschen, ihre Herzen und ihre Sor­gen kennengelernt, und ich darf Ihnen sagen, ich habe 7 110 persönliche Gespräche – jeweils mehr als 20 Minuten, veraktet und protokolliert – geführt. Ich weiß, wie Öster­reich tickt, ich weiß, wie Österreichs Herz schlägt. Ich habe das an 920 persönlich durchgeführten Sprechtagen erfahren. Ich lege den künftigen Volksanwälten jetzt schon ans Herz, diese Gelegenheit, direkt mit den Menschen in Kontakt zu kommen, ja nicht gering zu schätzen. Das ist meiner Meinung ganz wichtig.

Ganz wichtig ist noch einmal der Dank an Sie: Ich bedanke mich für das Vertrauen. Ich bedanke mich von hier aus für die Kooperation mit dem ORF und die – ich hoffe, auch künftige – Möglichkeit, über die Sendung „Bürgeranwalt“ mit Menschen in Kontakt zu kommen, dort Fälle zu erörtern, künftig andere Fehler zu vermeiden und auf diese Wei­se gut für dieses Land zu arbeiten.

Ich persönlich schließe ein Buch, das Buch der Volksanwaltschaft, und freue mich, ein weiteres Buch im Leben aufschlagen zu können und mit Ihnen geistig und auch sonst in herzlicher Verbindung bleiben zu können, spätestens über die Fernsehsendung. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

17.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als letzter Volksanwalt ist Dr. Kräuter zu Wort gemeldet. – Bitte.


17.02.47

Volksanwalt Dr. Günther Kräuter: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich abschließend gleich mehrfach bedanken, vor­dringlich bei allen Fraktionen für die Reform des Heimopferrentengesetzes. Mir ist die­se Heimopferangelegenheit ein ganz großes, persönliches Anliegen; und es ist auch gelungen, im Konsens, einvernehmlich und einstimmig klarzumachen, dass auch Be­troffene und Opfer, die in Krankenhäusern misshandelt oder in privaten Heimen miss­braucht wurden, die Möglichkeit haben, eine Rente zu beantragen. Auch für Menschen mit Behinderungen sind einige Verbesserungen gelungen.

Ich möchte mich auch für den Personal- und Sachaufwand für das Generalsekretariat des International Ombudsman Institute, der Jahr für Jahr geleistet wurde und bestimmt


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auch in Zukunft geleistet wird, bedanken. Mit einem wirklich geringen Etat gelingt es, diese globale Dachorganisation hier in Wien zu beherbergen und zu managen. Ich kann Ihnen sagen: Die internationale Reputation und Wertschätzung für diese Tätigkeit ist ungeheuer, das ist wirklich sehr, sehr erfreulich und für die Republik Österreich ein echtes Aushängeschild. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte mich natürlich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Volksan­waltschaft sehr herzlich bedanken. Sie sind wirklich mit Kompetenz, Leidenschaft und Einsatz bei der Sache. Kompetenz, Einsatz und Leidenschaft – das gilt auch für das Team des ORF, das Redaktionsteam der Sendung „Bürgeranwalt“. Das ist eine wirkli­che Win-win-Situation. Der ORF freut sich über hohe Marktanteile, hohe Zuseherzah­len und kann auch sehr gut den öffentlichen Auftrag abbilden; und für die Volksan­waltschaft ist diese Sendung so wichtig, was die Bekanntheit betrifft – und zugegeben: es wird auch ein gewisser Druck auf Behörden, auf die Verwaltung, auf die Politik ent­wickelt, wenn nicht so schnell wie gewünscht reagiert wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein besonderer Dank gilt natürlich den Bürgerinnen und Bürgern für das Vertrauen, das der Volksanwaltschaft entgegengebracht wird, für die Anerkennung und die Wertschät­zung – mittlerweile ja seit vielen Jahrzehnten. Und ich, meine Damen und Herren, möchte mich persönlich beim Nationalrat dafür bedanken, dass es mir ermöglicht wurde, für sechs Jahre als Volksanwalt tätig zu sein. Ich möchte dem neuen Kollegium ab 1. Juli bestes Gelingen und alles Gute wünschen. Auch Ihnen wünsche ich alles Gute. – Vielen Dank. (Allgemeiner, lang anhaltender, stehend dargebrachter Beifall.)

17.05

17.06.15


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Herren Volksanwälte! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Ich möchte mich dem Dank an Sie anschließen: Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre so wertvolle Arbeit.

In dieser Debatte ist jetzt niemand mehr zu Wort gemeldet und daher ist sie ge­schlossen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über den Antrag des Volksanwaltsausschus­ses, den vorliegenden Bericht III-240 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für die Kenntnisnahme aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Einwallner, Schimanek, Krisper, Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bekenntnis zur Volksanwaltschaft und ihrer langfristigen Ausfinanzierung“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 78)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schimanek, Krisper, Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausweitung der Prüf­kompetenz der Volksanwaltschaft“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, ab­gelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr.in Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unabhängige Untersuchungsstelle in Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt“.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung, 12. Juni 2019 / Seite 160

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zu einem weiteren Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Dr.in Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sonderzuständigkeiten bei der Staatsanwaltschaft in Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

17.08.216. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz geändert wird (786/A)


Präsidentin Doris Bures: Somit gelangen wir zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen gleich in die Debatte ein.

Ich erteile Herrn Abgeordnetem Mag. Jörg Leichtfried das Wort. – Bitte.


17.08.49

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben jetzt, wie man erkennt, wenn man die Geschichte des Nationalrates betrachtet, eine Phase hinter uns, in der, wenn man es vornehm ausdrücken möchte, das gegenseitige Verständnis zwischen Regierung und Parlament nicht das Beste war.

Wenn man es etwas deutlicher ausdrücken mag, kann man schon sagen, dass ein gewisser Grad an Überheblichkeit, Aggressivität und Hochmut im Auftreten der Regie­rungsmitglieder feststellbar war. Das war insbesondere deshalb möglich – und ich denke, da sollten wir alle in uns gehen –, als diese Art des Umgangs mit dem Natio­nalrat von den Abgeordneten der ehemaligen Regierungsmehrheit gutgeheißen wurde.

Geschätzte Damen und Herren! Es lag schon in Ihrer Verantwortung, dass der Na­tionalrat so mit sich umgehen ließ – und nicht anders, wie es ein selbstbewussteres Parlament eigentlich eingefordert hätte. Es lag in Ihrer Verantwortung. Man muss auch sagen, dass diese Präpotenz im Auftreten sich nicht nur auf die Debatten im Plenum erstreckt hat. Nein, sie war auch im Umgang mit anderen parlamentarischen Rechten spürbar, insbesondere bei der Ausübung des Interpellationsrechts des Parlaments. Wir sind in die Situation gekommen, dass die Anfragen von Abgeordneten durch Regie­rungsmitglieder oberflächlich kurz und auch nicht der Wahrheit entsprechend (Abg. Ja­rolim: Gehässig, gehässig!) beantwortet wurden.

Geschätzte Damen und Herren! Das war auch der Grund, warum wir und andere in diesem Haus der Auffassung sind, dass es für die Zukunft notwendig sein wird, diesem Parlament und den Abgeordneten, die diese Anfragen stellen, mehr Möglichkeiten in die Hand zu geben, mit einer derartigen Vorgehensweise umzugehen. Es kann nicht sein, dass eine zukünftige Regierung – welche auch immer hier sitzen wird – so schä­big mit Anfragen umgeht, wie es diese getan hat, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und JETZT.)

Wir sind deshalb der Meinung, dass auf Antrag der fünf anfragenden Abgeordneten in Zukunft bei Zweifeln ob der Richtigkeit, ob der Verfassungsmäßigkeit dieser Beant­wortungen der Verfassungsgerichtshof angerufen werden kann, angerufen werden muss, um am Ende zu entscheiden, ob die antwortenden Ministerinnen und Minister richtig gehandelt haben. Wenn Sie für ein starkes Parlament sind, wenn Sie für selbst­bewussten Parlamentarismus eintreten, dann stimmen Sie bitte mit uns diesem Antrag zu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

17.12


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dipl.-Ing. Rosen­berger. – Bitte.



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17.12.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Alois Rosenberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Das Anfrage-, also das In­terpellationsrecht ist natürlich ein unverzichtbares Recht im Parlamentarismus; es ist in der Verfassung und in der Geschäftsordnung des Nationalrates geregelt.

Lieber Kollege Leichtfried, Sie beklagen sich über die Qualität der Anfragebeantwor­tungen, vielleicht auch über die Kultur des Umgangs miteinander und der Verantwor­tung beim Abliefern von Beantwortungen. Ich habe mir die Anzahl der unbeantworteten Anfragen in der letzten Gesetzgebungsperiode angesehen: Da sind 52 aufgetaucht, durchgehend von Ministerinnen und Ministern der SPÖ (Oh-Rufe bei der FPÖ), 25 da­von von Kollegin Rendi-Wagner. (Abg. Scherak: Das ist ja kein Argument! – Zwischen­ruf des Abg. Loacker.)

Ich weiß schon, dass die Deadline für die Beantwortung außerhalb der Gesetzge­bungsperiode lag, aber es geht ja um die Kultur der Beantwortungen und das Mitein­ander – das möchte ich an dieser Stelle auch festhalten. Der damalige Minister und spätere Bundeskanzler Sebastian Kurz hat am 12. Dezember 2017 noch die letzte An­frage beantwortet.

Die Situation in der heutigen Welt und in den Bereichen, für die wir gesetzgebend zuständig sind, ist eine sehr komplexe, und daher ist auch die Vollziehung eine sehr komplexe. Das spiegelt sich in der Anzahl der Anfragen wider; seit Beginn dieser Ge­setzgebungsperiode bis jetzt waren es 3 725. Ich nenne nur ein Beispiel, das Sie in Ihrem Antrag bezüglich Lipizzanergeschenk an das Staatsoberhaupt von Abu Dhabi angeführt haben. Da ist die Frage enthalten, ob dieser Lipizzaner eine Patin oder einen Paten hatte und ob man dessen oder deren Zustimmung eingeholt hat, dass das Pferd als Staatsgeschenk zur Verfügung gestellt werden kann. (Abg. Leichtfried: Ja, aber das ist ja wesentlich! Stellen Sie sich vor, Sie wären dieser Pate und das Pferd ist auf einmal weg!) Das ist ein Hinweis darauf, dass die Anfragen auch ein Element der politi­schen Agitation sind. – Politische Debatten, das ist heute schon angeklungen, sollte man nicht vor Gerichtshöfe zerren, sondern die Tendenz geht eher in die andere Rich­tung, nämlich dass wir das selbst regeln. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Sinne eines starken Parlamentarismus wäre es eigentlich zweckmäßig, dass das in der Präsidialkonferenz ausgesprochen wird – und nicht mit Leitsätzen des Verfas­sungsgerichtshofes, wobei man dann ohnehin wieder den Verfassungsgerichtshof selbst braucht, um das auf die Einzelfälle hin zu interpretieren. Vertrauen Sie also der Präsidialkonferenz, sie wird diese Dinge unbürokratischer regeln, als dies durch den Verfassungsgerichtshof der Fall wäre. (Beifall bei der ÖVP.)

17.15


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Peter Wittmann. – Bitte.


17.15.28

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die Rede meines Vorredners hat sich nahtlos in die Verhöhnung durch die Ant­worten der Minister eingereiht. Ich habe noch nie erlebt, dass jemand das eigene Haus so heruntermacht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie sollten doch endlich einmal munter werden, dass das gegen uns Abgeordnete geht und diese Überheblichkeit, die in den letzten 17 Monaten eingerissen ist, in der Politik nichts verloren hat. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich finde es ja nahezu schamlos, von hier aus eine derartige Rede zu halten. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Es ist doch ein unbeschreiblicher Affront gegenüber dem Par­lament, das eigentlich die Hoheit über die Kontrolle der Minister hat, wenn man Beant-


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wortungen bekommt, in denen nichts zu lesen ist und noch dazugeschrieben wird: Schmecks! Das ist doch unfassbar: diese Überheblichkeit, die hier eingerissen ist; die­ser Dissens, der permanent gesucht wird (Abg. Strasser: Schauen Sie einfach nach Wiener Neustadt!); diese Konfrontation, die permanent gesucht wird; dieses Abheben; dieses abgrundtiefe Vernachlässigen aller parlamentarischen und demokratischen Spiel­regeln. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.)

Das beginnt beim Ex-Bundeskanzler, der dieses Haus nicht will – das zeigt er körper­lich durch Abwesenheit –, der nicht ins Parlament kommen wollte, der das Parlament mit Verachtung gestraft hat. Das hat sich fortgesetzt in der Beantwortung durch die Bundesminister, die dann diese Verachtung noch verbal ausgedrückt haben. (Ruf bei der ÖVP: Das ist unglaublich!)

Dieses hohe Ross, auf das Sie da steigen, ist auch der Grund für die Neuwahlen, weil Sie von Ihrer Arroganz nicht abgewichen sind, weil Sie diese Republik für Ihre Macht­spielchen missbrauchen, weil Sie nicht mehr bereit sind, die demokratischen Regeln einzuhalten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich halte den vorherigen Redebeitrag und die Beantwortung der Ministeranfragen für ein Psychogramm der ÖVP und ihres jetzigen Zustandes, nämlich abgehoben und die Demokratie verachtend. (Zwischenruf des Abg. Zarits.) Sie sollten sich schwer überle­gen, ob Sie das lang aufrechterhalten können. Ich halte den Antrag für dringend not­wendig, weil Sie nicht in der Lage sind, in den eigenen Reihen für Ordnung zu sorgen. Ich kann mich an Präsidenten Khol erinnern: Damals sind zweimal Anfragen solcherart beantwortet worden, dass Khol dann an die Minister geschrieben hat, es sei dieses Hauses nicht würdig, dass man auf korrekte Anfragen solche Antworten bekommt. (Abg. Jarolim: Das sollte der Sobotka machen! – Abg. Wöginger: Sobotka hat auch geschrieben!)

Daran sollten Sie sich ein Beispiel nehmen, wenn Türkis so weit geht, dass man das dem eigenen Parlament verweigert und dieser Präsident nicht in der Lage ist, für Ord­nung zu sorgen, denn er hätte längst eingreifen müssen, dass diese Anfragebeant­wortungen aufhören. (Abg. Wöginger: Hat er!) Daher ist dieser Antrag voll gerechtfer­tigt und sollte Unterstützung finden, weil das für das Selbstverständnis und auch für das Selbstbewusstsein dieses Hauses dringend vonnöten ist. (Beifall bei der SPÖ.)

17.18


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Alfred Noll. – Herr Abgeordneter, Sie sind mir gemeldet und Ihre Fraktion hat noch eine Minu­te, also wenn Sie wollen, stelle ich Ihnen die ein. (Abg. Noll – auf dem Weg zum Red­nerpult –: Dann komme ich! Dann komme ich! Dann komme ich! Dann komme ich! Dann komme ich!) – Bitte.


17.19.06

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Ich habe doch noch Redezeit übrig. (Abg. Jarolim: Ich bitte um entsprechende Klarheit!) Ich kann mich dem, was Kollege Witt­mann gesagt hat, natürlich nur anschließen. Wer glaubt, dass es diesbezüglich um ei­ne parteipolitische Sache geht, der sitzt wirklich auf dem falschen Dampfer. Es geht, wie auch bei der Ministeranklage als Minderheitsrecht, um eine Frage parlamentari­scher Souveränität. Die letzten 18 Monate haben gezeigt – und ich habe das auch in einer eigenen Veröffentlichung nachvollzogen –: Unsere Regierung ist nicht willig, dem Parlament das zu geben, was dem Parlament zusteht – nämlich Auskunft, Information und Transparenz.

Ich glaube, dass wir uns in dieser Sache an der Praxis des Deutschen Bundestages ein Beispiel nehmen könnten. Das hat, wie man im rechtsvergleichenden Überblick sieht, im Wesentlichen zwei Ergebnisse: Erstens einmal werden die Antworten sach-


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kundiger und informierter, und zweitens – und das ist fast noch wichtiger – nimmt die Anzahl der Anfragen ab, weil man weiß, dass das, was wichtig ist, dann auch beant­wortet wird.

Wer an parlamentarischer Souveränität und an den Kontrollrechten auch nur irgendein Interesse hat, der wird diesem Antrag folgen. – Danke. (Beifall bei JETZT sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

17.20

17.20.29


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 786/A dem Verfassungsausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

*****


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass der Fristsetzungsantrag der Abge­ordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Antrag 324/A zurückgezo­gen wurde und sich eine Abstimmung darüber daher erübrigt.

17.20.57Abstimmung über Fristsetzungsanträge


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zu den Abstimmungen über die in der Sit­zung eingelangten Fristsetzungsanträge.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr.in Griss, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 310/A der Abgeord­neten Dr.in Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird“, eine Frist bis 1 Juli 2019 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Fristsetzungsantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneter Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstat­tung über den Antrag 576/A der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Väter-Karenzgesetz und das Landar­beitsgesetz 1984 geändert werden“, eine Frist bis 13. Juni 2019 zu setzen.

Wer sich für diesen Fristsetzungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Leichtfried, Kol­leginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstat­tung über den Antrag 18/A der Abgeordneten Mag. Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 geändert wird, eine Frist bis 1. Juli 2019 zu setzen.

Wer für diese Fristsetzung ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Muchitsch, Kolle­ginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 274/A der Abgeordneten Mag. Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, eine Frist bis 13. Juni zu setzen.


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Wer sich für diese Fristsetzung ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Muchitsch, Kollegin­nen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales jeweils eine Frist bis 1. Juli zur Berichterstattung über folgende Anträge zu setzen:

Antrag 629/A der Abgeordneten Vogl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Arbeitskräf­teüberlassungsgesetz.

Wer ist für diesen Fristsetzungsantrag? – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Antrag 338/A der Abgeordneter Mag. Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird“.

Wer für diese Fristsetzung ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Diese Fristsetzung ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Dr. Noll, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 852/A der Abgeord­neten Dr. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesverfassungsgesetz zum Schutz der Trinkwasserversorgung vor Privatisierung“ eine Frist bis 1. Juli zu set­zen.

Wer sich für diese Fristsetzung ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

17.24.54Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selb­ständigen Anträge 859/A bis 911/A(E) eingebracht worden sind.

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 17.25 Uhr, das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

17.25.34Schluss der Sitzung: 17.25 Uhr

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