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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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207. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 13. Juni 2013

 

 


Stenographisches Protokoll

207. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode             Donnerstag, 13. Juni 2013

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 13. Juni 2013: 9.05 – 20.00 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 2315/A(E) der Abgeordneten Angela Lueger, Wer­ner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die dramatische Situation in Sy­rien und deren Auswirkungen für die Region und auch für Europa

2. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog über den Sitz des Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog in Österreich

3. Punkt: Bericht über den Antrag 2075/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kol­leginnen und Kollegen betreffend König Abdullah „Dialogzentrum“ in Österreich

4. Punkt: Bericht über den Antrag 2124/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Menschenrechtskrise in Bahrain

5. Punkt: Bericht über den Antrag 2123/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Bespitzelt, bedroht, bedrängt und verprügelt“ – Ein­schüchterung von JournalistInnen in China

6. Punkt: Bericht über den Antrag 2102/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Entschließung 1487/2007 des slowakischen Natio­nalrates über die Unangreifbarkeit der Beneš-Dekrete

7. Punkt: Bericht über den Antrag 2311/A(E) der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend bedenkliche Aussagen des tschechischen Staats­präsidenten Miloš Zeman über die Vertreibung der Sudetendeutschen

8. Punkt: Bericht über die Anträge 2227/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bun­des-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz vom 1. August 1895 über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechts­streitigkeiten (Zivilprozessordnung – ZPO) geändert wird, geändert werden,

2031/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Ste­fan, Mag. Daniela Musiol, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird,

2032/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Ste­fan, Mag. Daniela Musiol, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein


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Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und

337/A der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird

9. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundes­präsidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Europa-Wählerevidenzge­setz, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Euro­päische-Bürgerinitiative-Gesetz und das Wählerevidenzgesetz 1973 geändert werden

10. Punkt: Bericht über den Antrag 2294/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, das Verwaltungsge­richtsverfahrensgesetz, das Verwaltungsgerichtsbarkeits­Übergangsgesetz, das Ver­waltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Amts­haftungsgesetz und das Bundesministeriengesetz 1986 geändert werden

11. Punkt: Bericht über den Antrag 2316/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung sowie den

Antrag 340/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betref­fend verfassungsmäßige Verankerung des Tierschutzes in Form einer Staatszielbe­stimmung

12. Punkt: Bericht über die Bürgerinitiative (4/BI) „Tierschutz als Rechtsgut im Verfas­sungsrang“

13. Punkt: Bericht über den Antrag 290/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brun­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung des Tierschutzes in der Verfas­sung

14. Punkt: Bericht über den Antrag 861/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung

15. Punkt: Bericht über den Antrag 2198/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend kein Ausverkauf des Wassers

16. Punkt: Bericht über den Antrag 2208/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bun­des-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird, sowie Bericht über den

Antrag 2172/A(E) der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreuungsgeld, Toleranzfrist

18. Punkt: Bericht über den Antrag 2052/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abschaffung der Zuverdienstgrenze bei Inan­spruchnahme des Kinderbetreuungsgeldes

19. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über eine Änderung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflich­tenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen


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20. Punkt: Bericht über den Antrag 1346/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Familienbeihilfe für Bürger aus dem EU/EWR-Raum

21. Punkt: Bericht über den Antrag 2325/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen betreffend Einrichtung eines Kinder- und Jugendrates

22. Punkt: Bericht über den Antrag 2309/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz 1998 geändert wird (WKG-Novelle 2013)

23. Punkt: Bericht über den Antrag 2310/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und das Ziviltechnikerkammergesetz 1993 geändert werden

24. Punkt: Bericht über den Antrag 2308/A der Abgeordneten Konrad Steindl, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 – BiBuG 2014)

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die integrierte Vermeidung und Verminderung von Emissionen aus Dampfkesselanlagen (Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen – EG-K 2013) erlassen wird

27. Punkt: Bundesgesetz zur Einrichtung einer notifizierenden Behörde und betreffend die Durchführung von Notifizierungsverfahren gemäß Kapitel VII der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 vom 9. März 2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Richtlinie 89/106/EWG (Bau­produktenotifizierungsgesetz 2013 – BPNG 2013)

28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbe­werb 1984 geändert wird (UWG-Novelle 2013)

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Heidrun Silhavy ................................................. 18

Angelobung des Abgeordneten Michael Ehmann ...................................................... 18

Personalien

Verhinderungen .......................................................................................................  18, 44

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 48

Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Anwesenheit des Bundesministers für europäi­sche und internationale Angelegenheiten – Ablehnung            65, 68

Wortmeldungen im Zusammenhang mit dem gemäß § 18 Abs. 3 der Geschäfts­ordnung gestellten Antrag:

Harald Vilimsky ............................................................................................................ 65


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 4

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 66

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 66

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 67

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 67

Fragestunde (30.)

Frauen und öffentlicher Dienst .................................................................................. 18

Mag. Gisela Wurm (213/M); Dorothea Schittenhelm, Ursula Haubner, Mag. Albert Steinhauser, Dr. Susanne Winter, Stefan Markowitz

Dorothea Schittenhelm (210/M); Sigisbert Dolinschek, Karl Öllinger, Edith Mühl­berghuber, Sonja Ablinger

Carmen Gartelgruber (216/M); Hermann Krist, Mag. Gertrude Aubauer, Ursula Haubner, Mag. Daniela Musiol 

Mag. Judith Schwentner (212/M); Carmen Gartelgruber, Andrea Gessl-Ranftl, Anna Höllerer, Mag. Rainer Widmann

Josef Bucher (215/M); Dr. Harald Walser, Werner Herbert, Otto Pendl, Mag. Ger­trude Aubauer

Martina Schenk (217/M); Anna Höllerer, Dr. Wolfgang Spadiut, Mag. Judith Schwentner, Dr. Susanne Winter, Renate Csörgits

Gabriele Binder-Maier (214/M); Claudia Durchschlag, Gerhard Huber, Mag. Ju­dith Schwentner, Anneliese Kitzmüller

Claudia Durchschlag (211/M); Ursula Haubner, Mag. Judith Schwentner, Dr. An­dreas Karlsböck, Irene Szep

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 45

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Johann Rädler ..................................................................... 46

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2315/A(E) der Abgeordneten Angela Lueger, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kol­legen betreffend die dramatische Situation in Syrien und deren Auswirkungen für die Region und auch für Europa (2422 d.B.) .......................... 49

Redner/Rednerinnen:

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 49

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 51

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 53

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 55

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 58

Christoph Hagen .......................................................................................................... 62

Oswald Klikovits .......................................................................................................... 68

Herbert Scheibner (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 69

Stefan Prähauser .......................................................................................................... 69

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................... 71

Mag. Alev Korun ........................................................................................................... 73


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Mag. Rainer Widmann ................................................................................................. 74

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ......................................................................... 77

Wolfgang Großruck ..................................................................................................... 79

Mag. Christine Muttonen ............................................................................................. 81

Dr. Andreas Karlsböck ................................................................................................ 82

Bundesminister Mag. Gerald Klug ............................................................................ 84

Karl Öllinger .................................................................................................................. 85

Gerhard Huber .............................................................................................................. 88

Hannes Weninger ......................................................................................................... 91

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Positionierung der Bundesregierung zum österreichischen UN-Kontingent am Golan – Ablehnung  57, 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kollegin und Kol­legen betreffend Mandat des österreichischen UNDOF-Kontingents – Ablehnung ..............................................  90, 93

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2422 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die dramatische Situation in Syrien und deren Auswir­kungen für die Region und auch für Europa (E 306)   ............................................................................................................................... 92

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorla­ge (2302 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Interna­tionalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkultu­rellen Dialog über den Sitz des Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zen­trums für interreligiösen und interkulturellen Dialog in Österreich (2420 d.B.) .............. 93

3. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2075/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend König Abdullah „Dialogzentrum“ in Österreich (2421 d.B.) ............................................................................................................................... 93

4. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2124/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Men­schenrechtskrise in Bahrain (2423 d.B.)                            93

5. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2123/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Be­spitzelt, bedroht, bedrängt und verprügelt“ – Einschüchterung von JournalistInnen in China (2424 d.B.) ........................................................................ 93

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................... 93

Franz Glaser .................................................................................................................. 95

Mag. Alev Korun ........................................................................................................... 96

Renate Csörgits ............................................................................................................ 98

Christoph Hagen .......................................................................................................... 98

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 99

Anton Heinzl ............................................................................................................... 100

Genehmigung des Staatsvertrages in 2420 d.B. ......................................................... 101

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2421 d.B. ................................................... 101

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2423 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 2124/A(E)                            101

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2423 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Menschenrechtslage in Bahrain (E 307) ...................................................................... 101


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 6

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2424 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 2123/A(E)                            102

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2424 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Einhaltung der Presse- und Meinungsfreiheit in China (E 308) ................................... 102

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2102/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ent­schließung 1487/2007 des slowakischen Nationalrates über die Unangreifbarkeit der Beneš-Dekrete (2425 d.B.) ................................................... 102

7. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2311/A(E) der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend bedenkliche Aussagen des tschechischen Staatspräsidenten Miloš Zeman über die Vertreibung der Sudetendeutschen (2426 d.B.)                            102

Redner/Rednerinnen:

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................. 102

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 106

Christoph Hagen ........................................................................................................ 107

Franz Kirchgatterer .................................................................................................... 108

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................. 109

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 111

Josef A. Riemer .......................................................................................................... 112

Mag. Michael Hammer ............................................................................................... 114

Gerhard Huber ............................................................................................................ 115

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 118

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ....................................................................... 119

Dr. Peter Fichtenbauer .............................................................................................. 120

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die zwischenstaatlichen Beziehungen der Republik Ös­terreich und der Tschechischen Republik bezüglich der Thematik der Vertrei­bung, der sogenannten Beneš-Dekrete, wie auch der kulturellen Verankerung der Sudetendeutschen Kultur in Österreich und der Tschechischen Republik – Ab­lehnung  104, 121

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Beneš-Dekrete und Avnoj-Beschlüsse – Ab­lehnung ....................................  113, 121

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerhard Huber, Franz Kirchgatte­rer, Mag. Michael Hammer, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschließung 1487/2007 des slowakischen Nationalra­tes über die Unangreifbarkeit der Beneš-Dekrete – Annahme (E 309)    117, 121

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 2425 und 2426 d.B. .......................... 121

8. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Anträge 2227/A der Ab­geordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz vom 1. August 1895 über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivil­prozessordnung – ZPO) geändert wird, geändert werden,

2031/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Ha­rald Stefan, Mag. Daniela Musiol, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 7

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsge­setz geändert wird,

2032/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Ha­rald Stefan, Mag. Daniela Musiol, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsge­setz geändert wird, und

337/A der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (2380 d.B.) .................................................................................................................... 121

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 122

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 123

Dr. Peter Fichtenbauer .............................................................................................. 125

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 126

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 128

Christoph Hagen ........................................................................................................ 129

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher .................................................................................. 130

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 133

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 134

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2380 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Einführung einer Gesetzesbeschwerde (E 310) .......................................................... 135

9. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), die Na­tionalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, die Euro­pawahlordnung, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volksabstimmungsge­setz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz und das Wählerevidenzgesetz 1973 geändert werden (2381 d.B.) ............................ 135

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gernot Darmann ............................................................................................... 135

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 137

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 137

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 138

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 140

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 140

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 141

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................... 145

Karl Donabauer .......................................................................................................... 146

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 147

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 148

10. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2294/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, das Verwal­tungsgerichtsbarkeits­Übergangsgesetz, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Amtshaftungsgesetz und das Bun­desministeriengesetz 1986 geändert werden (2382 d.B.) ........................................................................................ 149

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 149

Johann Singer ............................................................................................................ 150

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 150


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 8

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 151

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ................................................................... ... 151

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 153

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2316/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Peter Fichten­bauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicher­stellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung sowie den

Antrag 340/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend verfassungsmäßige Verankerung des Tierschutzes in Form einer Staatszielbestimmung (2383 d.B.) ..... 153

12. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Bürgerinitiative (4/BI) „Tierschutz als Rechtsgut im Verfassungsrang“ (2384 d.B.) ...................................................................................... 154

13. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 290/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung (2385 d.B.) ................................................................................................ 154

14. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 861/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­ankerung des Tierschutzes in der Verfassung (2386 d.B.)     ............................................................................................................................. 154

15. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2198/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend kein Ausverkauf des Wassers (2387 d.B.)          ............................................................................................................................. 154

16. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2208/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (2388 d.B.) ................. 154

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Vock ............................................................................................................ 154

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 156

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 157

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 158

Dr. Wolfgang Spadiut ................................................................................................ 159

Otto Pendl ................................................................................................................... 161

Martina Schenk ........................................................................................................... 162

Karl Donabauer .......................................................................................................... 163

Josef Jury .................................................................................................................... 164

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 164

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 165

Rupert Doppler ........................................................................................................... 166

Annahme des Gesetzentwurfes in 2383 d.B. .............................................................. 167

Kenntnisnahme der fünf Ausschussberichte 2384, 2385, 2386, 2387 und 2388 d.B.                      167

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2336 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird, sowie über den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 9

Antrag 2172/A(E) der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Kinderbetreuungsgeld, Toleranzfrist (2428 d.B.) ......................................................... 167

18. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 2052/A(E) der Ab­geordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ab­schaffung der Zuverdienstgrenze bei Inanspruchnahme des Kinderbetreuungs­geldes (2429 d.B.) .................................................................... 168

Redner/Rednerinnen:

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................. 168

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 169

Ursula Haubner .......................................................................................................... 169

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 171

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 172

Martina Schenk ........................................................................................................... 173

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 174

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 175

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 176

Franz Riepl .................................................................................................................. 177

Annahme des Gesetzentwurfes in 2428 d.B. .............................................................. 178

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2429 d.B. ................................................... 179

19. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2335 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über eine Änderung der Verein­barung gemäß Art. 15a B-VG über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtun­gen (2430 d.B.) .................................................................................................................... 179

Redner/Rednerinnen:

Carmen Gartelgruber ................................................................................................ 179

Christine Marek .......................................................................................................... 183

Angela Lueger ............................................................................................................ 184

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 184

Ursula Haubner .......................................................................................................... 185

Martina Schenk ........................................................................................................... 186

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ............................................................................... 187

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 188

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 188

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 190

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................... 190

Entschließungsantrag der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Wahlfreiheit für Eltern ausbauen – Ablehnung ....................................................  180, 191

Genehmigung der Vereinbarung in 2430 d.B. .............................................................. 191

20. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1346/A(E) der Ab­geordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpas­sung der Familienbeihilfe für Bürger aus dem EU/EWR-Raum (2431 d.B.) ......................................................................................................... 191

Redner/Rednerinnen:

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................. 191

Anna Höllerer .............................................................................................................. 19


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 10

2

Renate Csörgits .......................................................................................................... 193

Martina Schenk ........................................................................................................... 193

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2431 d.B. ................................................... 194

21. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 2325/A(E) der Ab­geordneten Ursula Haubner und Kollegen betreffend Einrichtung eines Kinder- und Jugendrates (2432 d.B.) ....... 194

Redner/Rednerinnen:

Ursula Haubner .......................................................................................................... 194

Mag. Silvia Grünberger ............................................................................................. 195

Hermann Lipitsch ....................................................................................................... 195

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 196

Martina Schenk ........................................................................................................... 197

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 197

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2432 d.B. ................................................... 198

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den An­trag 2309/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskam­mergesetz 1998 geändert wird (WKG-Novelle 2013) (2390 d. B.)                   198

23. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den An­trag 2310/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreu­handberufsgesetz und das Ziviltechnikerkammergesetz 1993 geändert werden (2391 d.B.) .................................................................................................................... 198

24. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den An­trag 2308/A der Abgeordneten Konrad Steindl, Dr. Christoph Matznetter, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungs­berufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 – BiBuG 2014) (2392 d.B.)               198

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Themessl ................................................................................................... 198

Konrad Steindl ............................................................................................................ 199

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 200

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 200

Ernest Windholz ......................................................................................................... 202

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 204

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 205

Franz Kirchgatterer .................................................................................................... 206

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ernest Windholz, Kollegin und Kol­legen betreffend Abschaffung der Mehrfachzwangsmitgliedschaften in den Fach­gruppen (Fachverbänden) der Wirtschaftskammern – Ablehnung ............................................................................................................  203, 206

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 2390, 2391 und 2392 d.B. ................................ 206

Gemeinsame Beratung über

25. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (2337 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 ge­ändert wird (2393 d.B.) ......... 207

26. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (2321 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die in­tegrierte Vermeidung und Verminderung von Emissionen aus Dampfkesselan­lagen (Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen – EG-K 2013) erlassen wird (2395 d.B.) ............................................................................................................ 207


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 11

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Themessl ................................................................................................... 207

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 209

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 209

Wolfgang Katzian ....................................................................................................... 210

Ernest Windholz ......................................................................................................... 211

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 211

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 212

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 213

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kollegin­nen und Kollegen betreffend künstlerische Tätigkeit in der Gewerbeordnung – Ablehnung .............................  214, 215

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2393 und 2395 d.B. ..................................... 215

Gemeinsame Beratung über

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Re­gierungsvorlage (2334 d.B.): Bundesgesetz zur Einrichtung einer notifizierenden Behörde und betreffend die Durchführung von Notifizierungsverfahren gemäß Kapitel VII der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 vom 9. März 2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Richtlinie 89/106/EWG (Bauproduktenotifizierungsgesetz 2013 – BPNG 2013) (2396 d.B.)                        216

28. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (2338 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert wird (UWG-Novelle 2013) (2394 d.B.) ............................................................................................. 216

Redner/Rednerinnen:

Alois Gradauer ........................................................................................................... 216

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 218

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 219

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 219

Ernest Windholz ......................................................................................................... 219

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 220

Peter Haubner ............................................................................................................. 221

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................... 222

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2396 und 2394 d.B. ..................................... 222

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 45

2410: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über den weiteren Ausbau ganztä­giger Schulformen

2411: Bundesgesetz, mit dem das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert wird

2412: Schulbehörden – Verwaltungsreformgesetz 2013

2427: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Bereich Dienstrecht

2433: Bundesgesetz, mit dem das Exekutivdienstzeichengesetz und das Verwun­detenmedaillengesetz geändert werden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 12

2434: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird und Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre zu Verwaltungsübertretungen er­klärt werden (SPG-Novelle 2013)

2435: Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird

2436: Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz geändert wird

2437: Bundesgesetz, mit dem das Besatzungsschädengesetz, das Entschädi­gungsgesetz ČSSR und das Verteilungsgesetz Bulgarien geändert werden

2438: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Bausparkassengesetz, das Börsegesetz 1989, das E-Geldgesetz 2010, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Finanzmarktstabilitätsgesetz, das Finanzsicherheiten-Gesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Invest­mentfondsgesetz 2011, das Kapitalmarktgesetz, das Nationalbankgesetz 1984, das Sparkassengesetz, das Stabilitätsabgabegesetz, das Wertpapieraufsichtsge­setz 2007, das Zahlungsdienstegesetz, das Pensionskassengesetz, das Betrieb­liche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und das Versicherungsauf­sichtsgesetz geändert werden

2439: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Staats­schuldenausschusses geändert wird

2440: Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008 und das Kata­strophenfondsgesetz 1996 geändert werden

2441: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – BMLFUW

2442: Bundesgesetz, mit dem ein Holzhandelsüberwachungsgesetz erlassen und das BFW-Gesetz geändert wird

2443: Schifffahrtsrechtsnovelle 2013

2444: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geän­dert wird (GuKG-Novelle 2013) und mit dem das MTD-Gesetz geändert wird (MTD-Gesetz-Novelle 2013)

2445: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Ge­sundheitsberufen (Gesundheitsberuferegister-Gesetz – GBRegG) erlassen und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird

2446: Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Arzneiwareneinfuhrge­setz 2010, das Gewebesicherheitsgesetz, das Rezeptpflichtgesetz und das Ge­sundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden

Anträge der Abgeordneten

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steigerung der Ver­kehrssicherheit durch die effektive Bekämpfung ausländischer Raser (2337/A)(E)

Mag. Peter Michael Ikrath, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und das Verwertungsgesell­schaftengesetz 2006 geändert werden (Urheberrechts-Novelle 2013 – Urh-Nov 2013) (2338/A)

Mag. Helene Jarmer, Anton Heinzl, Mag. Karin Hakl, Dr. Dagmar Belakowitsch-Je­newein, Mag. Rainer Widmann, Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betref-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 13

fend barrierefreie Telekommunikation als wichtigen Beitrag zur Gleichstellung und In­klusion von Menschen mit Behinderungen (2339/A)(E)

Otto Pendl, Johann Singer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Ver­tragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz geändert werden (2340/A)

Franz Kirchgatterer, Mag. Michael Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schwerpunkt zur politischen Bildung anlässlich der Befreiung vom NS-Terror und des Endes des Zweiten Weltkrieges vor 70 Jahren (2341/A)(E)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Bundesforstege­setzes zur Normierung einer verpflichtenden Investitionsquote in den Bundesländern (2342/A)(E)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spekulationsverbot für ge­meinnützige Bauvereinigungen (2343/A)(E)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen betreffend Einführung einer berittenen Poli­zeieinheit (2344/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hochwasserschutz „Traunau­siedlung“ (2345/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweite­rung des Personenkreises der entschädigungsberechtigten Thalidomid- beziehungs­weise Contergangeschädigten (2346/A)(E)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konzept „Gesundheit“ (2347/A)(E)

Bernhard Themessl, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend: leist­bares Wohnen im Mietbereich sicherstellen – Verländerung des Mietrechtsgesetzes (2348/A)(E)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzlich festgelegte Gebühren-Obergrenzen (2349/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konkretisierung der Leistungsbeurteilung bei Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) beziehungsweise Legas­thenie (2350/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhaltensnoten in allen Schulstufen (2351/A)(E)

Zurückgezogen wurde der Antrag und das Verlangen der Abgeordneten

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Gebarungsüberprüfung durch den Rechnungshof gemäß § 99 Abs. 2 GOG hinsichtlich der Schaltung von Inseraten durch beziehungsweise im Auftrag beziehungsweise im Interesse von Bundesministerien (2079/A und Zu 2079/A) (Zu 2079/A)

Anfragen der Abgeordneten

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Förderung der Produktion von Agro-Treibstoffen (15073/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 14

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Förderung der Produktion von Agro-Treibstoffen (15074/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Untergrabung der Klima­schutzpolitik der Bundesregierung durch ÖVP-Europaabgeordnete (15075/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend systematische Integration von „Globalem Lernen“ im ös­terreichischen Bildungssystem (15076/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Kostenerstattung von Kommunikationshilfsmitteln und Assistierenden Tech­nologien (15077/J)

Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend S 3 – Weinviertel Schnellstraße (15078/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Mode-, Typ- und Stilberatung (15079/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Mode-, Typ- und Stilberatung (15080/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Mode-, Typ- und Stilberatung (15081/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Mode-, Typ- und Stilberatung (15082/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend Mode-, Typ- und Stilberatung (15083/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Mode-, Typ- und Stilberatung (15084/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Mode-, Typ- und Stilberatung (15085/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Mode-, Typ- und Stilberatung (15086/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend Mode-, Typ- und Stilberatung (15087/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Mode-, Typ- und Stilberatung (15088/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Mode-, Typ- und Stilberatung (15089/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Mode-, Typ- und Stilberatung (15090/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Mode-, Typ- und Stilberatung (15091/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 15

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Mode-, Typ- und Stilberatung (15092/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Sachver­ständige (15093/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Sachverständige (15094/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Sachverständige (15095/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Sachverständige (15096/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend Sachverständige (15097/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Sachverständige (15098/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Sachverständige (15099/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Sachverständige (15100/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Sachverständige (15101/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Sachverständige (15102/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sachverständige (15103/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Sachverständige (15104/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Sachverständige (15105/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Sachverständige (15106/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kosten für Dolmetscher (15107/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Kosten für Dolmetscher (15108/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Kosten für Dolmetscher (15109/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Kosten für Dolmetscher (15110/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend Kosten für Dolmetscher (15111/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Kosten für Dolmetscher (15112/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 16

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Kosten für Dolmetscher (15113/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Kosten für Dolmetscher (15114/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Kosten für Dolmetscher (15115/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Kosten für Dolmetscher (15116/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Kosten für Dolmetscher (15117/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Kosten für Dolmetscher (15118/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Kosten für Dolmetscher (15119/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Kosten für Dolmetscher (15120/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Psychagogen – aktueller Stand und zusätzlicher Be­darf (15121/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Betreuungslehrer – aktueller Stand und zusätzlicher Bedarf (15122/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend in Österreich sichergestellte Dopingpräparate (15123/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend in Österreich sichergestellte Dopingpräparate (15124/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Freilassung von albanischen Serieneinbrechern durch die Salzburger Staatsan­waltschaft (15125/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Dienstpostenbedarf und Kosten der „täglichen Turn­stunde“ (15126/J)

Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend unmäßige Erhöhung der Tarife der ÖBB bei Güter­transporten (15127/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend: Staatsanwaltschaft zeigte Polizeibeamten „auf Grund eigenen Versagens an“ (15128/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Wellcon Gesellschaft für Prävention und Arbeitsmedizin (15129/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend „regionale Qualitätsmanager“ (15130/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 17

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Einflussnahme des Ex-Staatssekretärs Lopatka auf die Steuersache B. (15131/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Einflussnahme des Ex-Staatssekretärs Lopatka auf Steuerverfahren (15132/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend die Wellcon Gesellschaft für Prävention und Arbeitsmedizin (15133/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Überschreitung der Wochenarbeitszeit in Spitälern (15134/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Inseratenpolitik der ÖBB – Verschwen­dung von Steuermitteln? (15135/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Kontrolle von Spitälern durch das Arbeitsinspekto­rat (15136/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend: Verdoppelung anstatt Abschaffung der Schulinspek­toren? (15137/J)

*****

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betreffend die österreichische Internetplattform „Stoppt die Rechten“ und deren Vernet­zung zur linksextremen Internetplattform „Indymedia“ (116/JPR)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betreffend Gefährdung von Besuchern der Wiener Festwochen wegen unzureichenden Brandschutzes im Parlament (117/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Petzner, Kollegin und Kollegen (14133/AB zu 14419/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Petzner, Kollegin und Kollegen (14134/AB zu 14420/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 18

09.05.08Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 207. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ing. Hofer, Mag. Schatz, Grosz, List, Tadler und Preiner.

09.05.25Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass Frau Abgeordnete Heidrun Silhavy auf ihr Mandat verzichtet hat und an ihrer Stelle Herr Michael Ehmann in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und der Genannte im Haus anwesend ist, werde ich sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird der Mandatar seine Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich ersuche nun die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Franz, um die Verlesung der Gelöbnisformel. – Bitte.

 


9.05.58

Schriftführerin Anna Franz: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

 


9.06.10

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Ich gelobe.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich begrüße den neuen Abgeordneten sehr herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung auf ORF 2 bis 13 Uhr und auf ORF III in voller Länge live übertragen wird.

09.06.34Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den bei­den Redner-/Rednerinnenpulten im Halbrund vorgenommen, die Beantwortung durch die Frau Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst vom Redner-/Rednerin­nenpult der Abgeordneten aus.

Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen. Für die Beantwortung der Anfrage stehen der Frau Bundesministerin 2 Minuten zur Verfü­gung beziehungsweise zur Beantwortung der Zusatzfrage jeweils 1 Minute.

Ich werde jeweils einige Sekunden vor Ablauf der Zeit mit dem Glockenzeichen darauf hinweisen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 19

Ich mache auch darauf aufmerksam, dass wir in den letzten Fragestunden massive Zeitprobleme hatten, was wir bereits in der Präsidiale diskutiert haben. Ich weise daher an dieser Stelle zu Beginn der Fragestunde ein weiteres Mal darauf hin, dass ich sehr strikt auf die Zeiteinhaltung achten werde.

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 1. Anfrage, das ist jene der Frau Abgeordneten Mag. Wurm an die Frau Bundesministerin. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Österreich ist und war immer Vorbild bei der Gewaltschutzgesetzgebung. Wir schützen Frauen und Kinder vor Gewalt, und zwar an dem Ort, an dem man sich am sichersten fühlen sollte – in den eigenen vier Wänden.

Nach dem ersten Gewaltschutzgesetz 1997, dessen Novellierung 2005, im Zuge derer wir auch den Tatbestand der beharrlichen Verfolgung in das Gesetz implementiert ha­ben, und dem zweiten Gewaltschutzgesetz haben wir jetzt hier im Parlament die Kon­vention des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu ratifizieren.

Meine Frage an Sie, Frau Ministerin:

213/M

„Welchen Handlungsbedarf sehen Sie in Österreich aufgrund der Ratifizierung der Eu­roparatskonvention gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Liebe Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Wurm, die Ratifizierung kann zeit­gerecht erfolgen, weil wir letzten Dienstag im Ministerrat einen entsprechenden Minis­terratsbeschluss gefasst haben. Österreich ist, wie schon erwähnt wurde, sehr gut auf­gestellt, was die Gewaltschutzgesetzgebung betrifft.

Wir haben wenn überhaupt Handlungsbedarf im Zusammenfassen von Daten, im Zu­sammenführen von Strategien. Dazu habe ich in einer schnellen Reaktion eine Koordi­nierungsstelle in meinem Ressort eingerichtet, die demnächst zu einer interministe­riellen Arbeitsgruppe der betroffenen Ressorts einladen wird, in denen das Thema Ge­walt gegen Frauen auch inhaltlich angesiedelt ist, weil wir für die nächste Legislatur­periode gerne einen nationalen Aktionsplan „Gewalt gegen Frauen“ vorbereiten wollen. Die erste Sitzung dazu wird demnächst, also noch vor dem Sommer, stattfinden.

So sind wir, wie ich meine, gut darauf vorbereitet, wirklich alles zu erfüllen, was im Rahmen dieser Ratifizierung von uns verlangt wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Bundesministerin, ein weiteres wichti­ges Vorhaben im Zusammenhang mit dem Thema Gewalt gegen Frauen ist es, jenen Frauen zu helfen, die gegen ihren Willen verheiratet wurden. Wir haben eine entspre­chende Notwohnung eingerichtet. Das ist auch im Koalitionsübereinkommen verankert.

Meine Frage: Wie weit sind die diesbezüglichen Arbeiten gediehen, damit wir diesen armen zwangsverheirateten Frauen, von denen viele durch Schlepper nach Österreich gekommen sind, helfen können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 20

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich bin sehr froh darüber, sagen zu können, dass wir nicht nur im Strafrecht verankert haben, dass Zwangsverheiratung ein Delikt der Nötigung darstellt, sondern dass wir in Österreich auch dem Handlungsbedarf entsprochen haben, den wir hatten, weil jedes Jahr doch etliche Fälle von zwangsverheirateten jungen Frauen in den diversen Ein­richtungen zutage getreten sind. – In diesem Zusammenhang herzlichen Dank an alle Beratungseinrichtungen, die genau zu diesem Thema Mädchen und junge Frauen be­raten, Präventionsarbeit leisten und das eine oder andere Mal auch Schlimmeres ver­hindern.

Es war jedoch notwendig, eine zentrale Anlaufstelle und eine Notwohnung für von Zwangsheirat betroffene junge Frauen einzurichten. Es sind jeweils 140 000 € vom In­nenministerium und von meinem Ressort zur Verfügung gestellt worden, und bis Ende Juli 2013, also zirka in einem Monat, wird diese Wohnung bezugsfertig sein. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schit­tenhelm.

 


Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Mit der Europaratskonvention, welche am 11. Mai 2011 auch von Österreich unter­zeichnet wurde, gibt es ja erstmals in Europa verbindliche Rechtsnormen zur Verhü­tung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.

Die Mitgliedstaaten haben sich damals auch entschlossen, eine Expertinnen-/Exper­tenkontrollgruppe einzusetzen – die sogenannte GREVIO –, damit die Konvention auch entsprechend umgesetzt wird.

Meine konkrete Frage: Arbeitet diese Gruppe schon in Österreich und gibt es hier schon erste Erfahrungswerte aufgrund der Kontrollen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Wie ich vorher schon erwähnt habe, ist die Koordinierungsstelle bereits eingerichtet, und wir werden bald zu einer interministeriellen Sitzung einladen. Wir haben aber zu­sätzlich einen österreichischen Experten und eine österreichische Expertin zur Verfü­gung gestellt, sodass auf europäischer Ebene eine Arbeitsgruppe tagen kann, damit diese Europaratskonvention auch gut umgesetzt werden kann.

Das heißt, alle Vorbereitungen sind getroffen und auch Personen sind genannt, die so­wohl auf Europaebene als auch – die Briefe sind draußen – auf österreichischer Ebene aus den einzelnen Ressorts zusammenkommen können. Ich habe auch vor, nicht nur aus den Ressorts Kolleginnen und Kollegen einzuladen, sondern selbstverständlich auch Expertinnen und Experten, die seit Jahren mit Frauen arbeiten, also auch die NGO-Szene miteinzubeziehen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Haubner.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Bundesministerin, ich darf gleich an die­ses Thema anschließen. Frau Kollegin Schittenhelm hat gesagt, wir haben dieses Übereinkommen im Mai 2011 unterzeichnet. Jetzt haben wir Juni 2013.

Meine Frage: Warum beginnen Sie erst jetzt mit der Einrichtung der Arbeitsgruppen und haben zwei Jahre vergehen lassen, die notwendig gewesen wären, um rechtzeitig oder früher zu ratifizieren?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Frau Kollegin Haubner, wir haben sehr oft in den einzelnen Ressorts nachgefragt. Es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 21

war zum Teil nicht unkompliziert, die Inhalte zusammenzuführen, und letzten Dienstag war schließlich die Zeit reif, diesen Ministerratsbeschluss zu fassen.

Ich weiß über die Ungeduld Bescheid, die nicht nur im Nationalrat, sondern auch in der NGO-Szene schon geherrscht hat. Es war aber technisch früher nicht möglich. Die Zeit ist in den letzten beiden Jahren jedoch nicht unnütz verstrichen, sondern wir wollten diese Ratifizierung ganz einfach so für das österreichische Parlament vorbereiten, dass sie auch niet- und nagelfest, hieb- und stichfest ist, wenn ich das so sagen darf. So weit sind wir jetzt. Da sind sehr viele technische Anpassungen notwendig gewesen, und jetzt ist es so weit, jetzt können wir ratifizieren.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser.

 


Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Guten Morgen! Frau Ministerin, Prä­vention ist der wichtigste Schlüssel zur Verhinderung von Gewalt. Jene Institutionen und Einrichtungen, die Anti-Gewalt-Trainings anbieten, klagen immer über Ressour­cen- und Geldmangel. Die Grünen sind natürlich immer dafür eingetreten, da genug Geld zu investieren. Ich nehme an, Sie teilen dieses Anliegen.

Daher meine konkrete Frage: Welche Maßnahmen im Bereich der Prävention, insbe­sondere der Anti-Gewalt-Trainings, sind künftig aufgrund dieser Europaratskonvention zu erwarten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Wir haben darüber verhandelt, wie wir im Zuge der Ausweitung des Betretungsver­botes auf Kindergärten, Schulen und Horte ein zusätzliches Anti-Gewalt-Instrument einziehen können, nämlich dass die Polizei ermächtigt wird, bei Gewalttätern die Be­reiche, wo Kinder betroffen sein könnten, mit zu beobachten, und ich darf sehr erfreut berichten, dass es im Zuge dessen gemeinsam mit der Frau Innenministerin gelungen ist, die Mittel für Anti-Gewalt-Trainings, die leider von 20 000 € auf 10 000 € zurückge­schraubt wurden, wieder auf 30 000 € zu erhöhen.

Ich meine, das passt ganz gut in das Gesamtkonzept, dass wir eine Ratifizierung nicht nur beschließen, sondern auch wirklich ernsthaft genug Geld zur Verfügung stellen, dass Täterarbeit und Anti-Gewalt-Trainings auch gut erfolgen können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Winter.

 


Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Ich habe für diese Konvention eine recht gute Definition gefunden, die aussagt, dass diese Kon­vention auf dem Verständnis der geschlechterspezifischen Gewalt als einen struktu­rellen Mechanismus fußt, der verwendet wird, um die männliche Dominanz zu be­wahren.

Sie wissen, dass wir von der FPÖ Zwangsverschleierung, Totalverschleierung, Zwangs­beschneidung und Zwangsverheiratung als strafrechtliche Tatbestände sehen. Ich ken­ne Ihre Meinung dazu nicht ganz.

Darf ich Sie fragen: Werden Sie sich da an dem strafgesetzlichen Tatbestand, den es ja bereits in Deutschland gibt, orientieren? Oder werden Sie weiter eher nach dem Laissez-faire-Prinzip handeln und sehen das als Folklore?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Frau Abgeordnete, im österreichischen Strafrecht ist eindeutig festgelegt, dass Nöti-


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gung und schwere Nötigung auch die Zwangsverheiratung umfassen. Daher sehe ich diesen Straftatbestand als ausreichend beschrieben. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mar­kowitz.

 


Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Frau Ministerin! Gewalt an Frauen gilt es unter allen Umständen zu verhindern, das ist keine Frage. Jedoch nimmt leider auch die Gewalt an Kindern stetig zu. Allein im Jahr 2012 wurden 348 Fälle von se­xuellem Missbrauch an unter Vierzehnjährigen angezeigt. Die Dunkelziffer ist, wie Sie wissen, noch viel höher. Die Gewalttäter finden sich auch in der eigenen Familie und auch unter den Erziehungsbeauftragten.

Was werden Sie im Rahmen Ihrer Zuständigkeit tun, damit diese Gewaltspirale endlich aufhört?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: In meinem Zuständigkeitsbereich kann ich – und das tue ich auch seit fünf Jahren, also seit ich Ministerin bin – selbstverständlich jeden Kontakt zur Jugendwohlfahrt intensi­vieren. Es ist natürlich hauptsächlich Angelegenheit des Herrn Familienministers, der sich ebenfalls sehr bemüht. Es geht darum, jene Einrichtungen zu stärken und zu för­dern, die nicht nur Frauen beraten und betreuen, sondern auch Kinder mitbetreuen.

Die Kinderschutzzentren in Österreich leisten hervorragende Arbeit. Auch Frauenein­richtungen betreuen immer wieder Kinder mit, die von Gewalt betroffen sind. Einrich­tungen wie „die möwe“ kümmern sich speziell um sexuell ausgebeutete Kinder.

Das heißt, ich kann im Rahmen meiner Möglichkeiten kleine Förderungen für Projekte zur Verfügung stellen, was ich aber vor allem tun kann, ist, immer mit der Jugendwohl­fahrt auf der einen Seite und mit allen entsprechenden Einrichtungen auf der anderen Seite in Kontakt zu sein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 2. Anfrage, das ist die der Frau Abgeordneten Schittenhelm. – Bitte.

 


Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Wir alle sind uns ja darin einig, und das wurde auch oft in Aus­schüssen und auch in internen Gesprächen diskutiert, dass es eine mehr als verant­wortungsvolle Aufgabe für Mütter und Väter ist, Kinder zu haben und sie auf ihrem Le­bensweg zu begleiten.

Klar ist aber auch, dass Frauen durch diese Kindererziehungszeiten nicht nur im Er­werbsleben Nachteile haben, sondern in der Folge dann auch im Alter, weil die Si­cherung der Altersvorsorge nicht mehr gegeben ist.

Meine konkrete Frage:

210/M

„Werden Sie – angesichts der oft geringen Frauenpensionen – den Vorschlag der ÖVP aufgreifen und den Frauen für jedes Kind und unabhängig vom Geburtsjahr der Mutter 4 Jahre Kindererziehungszeit pro Kind als pensionsbegründend anrechnen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich bin wirklich froh, sagen zu können, dass vier Jahre Kindererziehungszeiten als pen­sionsbegründend angerechnet werden. (Abg. Schittenhelm: Beim ersten Kind!) –


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Beim ersten Kind. Wenn in der Zwischenzeit ein zweites Kind geboren wird, beginnt man diese vier Jahre noch einmal von vorne zu zählen.

Ich bin der Meinung, das Fernbleiben der Frauen vom Arbeitsmarkt ist anzurechnen und nicht die Zahl der Kinder, denn ich wünsche mir nicht  so wie Sie, Frau Kollegin, wahrscheinlich auch nicht , dass Frauen allzu lange vom Arbeitsmarkt fernbleiben. Genau das ist der Grund, warum dann in der Pension einfach diese Beitragszeiten fehlen. Zu diesen vier Jahren: Wenn eine Frau nach zwei Jahren, nach eineinhalb Jah­ren, nach einem Jahr wieder teilzeitbeschäftigt zu arbeiten beginnt, haben wir ja auch diese Summe von 1 500 €, sie wird ja immer aufgewertet, da das vier Jahre lang als pensionsbegründende Zeit gesehen werden kann  und das, denke ich, ist ausrei­chend.

Das Kumulieren  und nicht für jedes Kind –, glaube ich, zählt, weil das Fernbleiben vom Arbeitsmarkt das Kriterium sein sollte, und wenn zum Beispiel drei Kinder geboren werden, nicht zwölf Jahre ferngeblieben werden sollte. (Abg. Schittenhelm: Also nicht unterstützen?)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schit­tenhelm.

 


Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Frau Präsidentin! Es geht aber bei den Frauen nicht nur um die Sicherung der Pensionsvorsorge im Alter. Es geht auch um die Gesundheitsvorsorge, die wir Frauen sehr oft vernachlässigen. Und erst am Mon­tag erschien im „Kurier“ ein Artikel über Frau Alexandra Kautzky-Willer, Professorin für Gendermedizin. Sie hat auch festgestellt, dass wir unbedingt und dringend eine individualisierte Behandlung von Frauen und Männern in diesem Bereich brauchen.

Meine Frage lautet: Welche Maßnahmen haben Sie im Zuge des NAPs schon mit Bun­desminister Stöger besprochen, um die Gendermedizin-Vorsorgeuntersuchung für Frauen zu forcieren, und haben Sie auch entsprechende Maßnahmen gesetzt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich freue mich sehr, dass unser System der Vorsorgeuntersuchungen in Österreich für alle, für Männer und Frauen, gut angeboten werden kann – was mäßig gut funktioniert; denn Sie haben es selber gerade gesagt, wer zur Vorsorgeuntersuchung geht, das bleibt dann einem Menschen selbst überlassen, aber das Angebot ist da.

Was ich in meinem Bereich gemacht habe, ist, mich mit der Ärztekammer getroffen zu haben. Ich bin der Meinung, dass Gendermedizin, das heißt die Auswirkungen der ge­sundheitspolitischen Maßnahmen oder auch Arzneimittelabgaben und so weiter, auch Symptome von gewissen Krankheiten, noch genauer untersucht werden sollten. Und es haben sich schon viele bereiterklärt, den Lehrgang für Gendermedizin zu absol­vieren. Nur ein Diplom, das folgen müsste, ist von der Ärztekammer noch nicht aner­kannt. Da sind wir in guten Gesprächen, dass dieses Diplom für Gendermedizin, wenn jemand diese Ausbildung absolviert hat, auch hoffentlich demnächst Wirklichkeit wer­den kann. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dolin­schek.

 


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Bundesminister, guten Morgen! Bei der Pensionssicherungsreform 2003/2004 wurden erstmals Kindererziehungszeiten an­gerechnet: 48 Monate pro Kind, 60 Monate bei Mehrlingsgeburten. Bei Mehrlingsge­burten ist es aber so, es kann jemand Zwillinge, Drillinge oder Vierlinge haben, es sind immer 60 Monate. Ich hatte ein Gespräch mit einer Mutter letzte Woche, die Zwillinge hat, und die sagte, sie findet das eigentlich ungerecht, dass nur 60 Monate angerech-


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net werden, weil sie mit zwei Kindern wesentlich mehr Aufwand hat als sonst mit einem Kind. Was sagen Sie dieser Mutter?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Also Ihnen sage ich jetzt, Herr Kollege, dass Drillinge gleichzeitig älter werden (Heiter­keit und Beifall bei Abgeordneten der SPÖ Zwischenruf des Abg. Riepl), und dass es daher mit den 60 Monaten das Auslangen findet, also dass eine Mutter diese 60 Mo­nate – und ich finde gut, dass es 60 Monate sind – angerechnet bekommt. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Öl­linger.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Bundesministerin! Die Grünen haben das Konzept eines Zwei-Säulen-Pensionsmodells entwickelt, wobei die erste Säule eine Grundpension ist, die aus den Steuermitteln finanziert wird, die bisher in alle Pensions­systeme einfließen. Und die zweite Säule wäre, wie bisher, eine Sozialversicherungs­pension. Eine Grundpension würde natürlich für schwierige, unterbrochene Erwerbs­verläufe, wie es gerade bei Frauen sehr häufig der Fall ist, eine deutliche Verbesse­rung bringen. Was halten Sie von diesem Konzept?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Grundsätzlich muss ich Ihnen sagen, Herr Kollege, dass ich will, dass selbstverständ­lich alle Frauen – die ja betreffend ihre Pensionshöhe im Durchschnitt bis zu 36 Pro­zent weniger erhalten als Männer – möglichst wenige Erwerbsunterbrechungen haben. Ich möchte daher meine ganze Kraft dazu verwenden, dass die Erwerbstätigkeit von Frauen gefördert wird, dass die Erwerbstätigkeit von älteren Arbeitnehmern einfach auch so lange aufrecht bleibt, dass das faktische Pensionsantrittsalter erreicht werden kann und dass nicht ältere ArbeitnehmerInnen – da möchte ich die Wirtschaft schon auch in die Pflicht nehmen – aus dem Arbeitsprozess herauskommen.

Und dann könnten wir von Pensionshöhen reden, wir reden ja immer von Gleich­stellung, die nicht 36 Prozent Unterschied haben. Das heißt, so wie das System jetzt ist, ist es in Ordnung, aber für Frauen gehört hier noch einiges getan, und da bemühe ich mich sehr.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mühl­berghuber.

 


Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Den Vorschlag von der ÖVP, vier Jahre Kindererziehungszeiten pro Kind unabhängig vom Geburtsjahr als pensionsbegründend anzurechnen, sehen wir sehr positiv, aber er geht uns noch zu wenig weit. Wir würden eine Anrechnung bis zum Schuleintritt begrüßen.

2006 unter der Schwarz-Blauen-Regierung waren Sie Abgeordnete in der Opposition, da war Ihnen eine Verdoppelung von zwei auf vier Jahre zu wenig. Und auch in einer Presseaussendung von 2006 kritisierten Sie, dass die Kindererziehungszeiten nicht aufgewertet werden. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich zitiere: „Für Frauen heißt es bei dieser Regierung eben: Bitte warten!“

Seit 2008 sind Sie Frauenministerin, daher meine Frage an Sie:

Welche konkreten Maßnahmen haben Sie als Frauenministerin in den letzten vier Jah­ren ergriffen, um Ihre damaligen Forderungen nach Verbesserungen der Kindererzie­hungszeiten in der Pension endlich zu ermöglichen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



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Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich halte das System, so wie es jetzt gehandhabt wird, vier Jahre pensionsbegründend Kindererziehungsersatzzeiten zu gewähren, für ausreichend. Ich glaube, dass genau das das ist, was ich vorher auch gesagt habe. Ich möchte nicht, dass Frauen sechs, acht oder zwölf Jahre aus dem Erwerbsleben draußen bleiben müssen, sondern auch wieder ins Erwerbsleben einsteigen können. Dafür setze ich mich ein; und die vier Jahre sind meiner Ansicht nach ausreichend.

Wie vorher bei einem Zwischenruf schon gesagt wurde: In Zeiten vor 2008 wurde ja sehr vieles zurückgenommen und gekürzt, und daher ist es jetzt gut, dass vier Jahre Kinderersatzzeiten auch wieder gewährt werden können. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Ursula Haubner: Na, na, na! Das ist nicht wahr! Zwischenruf des Abg. Hornek.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Ab­linger.

 


Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Immer wieder wird ja im Zusammenhang mit der Frauenpension die vorzeitige Angleichung des Frau­enpensionsalters an jenes der Männer diskutiert. Außer Acht gelassen wird aber dabei, dass es dazu im Zusammenhang mit dem Gleichbehandlungspaket 92 einen klaren Beschluss gibt, und zwar als Paket, das die Schlechterstellung der Frauen in Bezug auf Einkommen, unbezahlte Arbeit und Doppelbelastung abbauen soll. Damals beim Beschluss wurde klar gesagt, das sind die Mindestvoraussetzungen, die erfüllt oder eingeleitet werden müssen, bevor die Angleichung geschehen kann.

Insofern meine Frage: Wie ist Ihre Position zu dieser Diskussion einer vorzeitigen An­hebung des Frauenpensionsalters?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich darf bemerken, Frau Kollegin, die Angleichung ist ja längst beschlossen. In 20 Jah­ren wird das Pensionsantrittsalter für Frauen und Männer gleich sein, 2033. Wir be­ginnen 2024 damit, dazu stehe ich auch. Ich halte nichts davon, früher zu beginnen, wenn wir uns vor Augen führen müssen, dass ein Drittel aller Frauen aus der Ar­beitslosigkeit heraus quasi in keine Pensionsvariante kommen kann und dass viele Frauen aus Krankheit heraus eine Invaliditätspension in Anspruch nehmen müssen.

Das heißt, wir müssen danach trachten, dass alle gleichbehandlungstechnischen Vo­raussetzungen, wie Sie gesagt haben, jetzt erfüllt werden, wie Kinderbetreuungsein­richtungen, also alle Vereinbarkeitsfragen gelöst sind, dass Frauen länger im Arbeits­prozess bleiben können, dass das faktische Antrittsalter erreicht werden kann. An dem arbeiten wir, und das ist auch mein Ziel. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 3. Anfrage, das ist die der Frau Abgeordneten Gartelgruber. – Bitte.

 


Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister, guten Morgen! Die Unterschiede zwischen den Männer- und Frauengehältern basieren ja meistens auf den Unterbrechungszeiten, die Frauen wegen Kinderbetreuung und Pfle­ge haben.

Jetzt haben Sie im letzten Gleichbehandlungsausschuss angekündigt, dass Sie einen Sozialpartnergipfel abhalten werden. Wir wissen ja, gerade mit den Sozialpartnern könnte man das eine oder andere ausverhandeln.

Meine konkrete Frage dazu:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 26

216/M

„Welche Maßnahmen haben Sie konkret ergriffen, damit Mütter, die sich freiwillig dafür entscheiden, bei ihren Kindern zu Hause zu bleiben, um diese zu betreuen, keine fi­nanziellen Nachteile erleiden?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Sehr geehrte Frau Kollegin! Mütter oder Väter, die in Karenz sind, die Kinderbetreu­ungsgeld beziehen, haben fünf Varianten zur Verfügung: von 36 Monaten, die man sich teilt, bis zu 14 Monaten, die man sich auch teilen kann. Das heißt, für jede Le­bensform, für jede Familienform, glaube ich, für jede regionale Unterschiedlichkeit in Österreich ist auch etwas dabei. Daher denke ich, dass wir es nicht brauchen, dass wir darüber hinaus Müttern ein Gehalt bezahlen.

Ich möchte gerne, wenn Frauen ein eigenständiges, selbständiges Leben führen wol­len, dass sie das auch können, wenn sie erwerbstätig werden. Sie sollen nicht zu lange aus dem Erwerbsleben draußen sein, denn das schafft Abhängigkeiten, und wenn das zu lange dauert, dann können Frauen sich oft nicht aus Beziehungen, die ihnen nicht mehr recht sind, einfach verabschieden. Ich wünsche mir, dass die Kindergeldvarian­ten so angenommen werden, wie jede Familie das braucht oder will, und sehe das als ausreichend für österreichische Mütter und Väter. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Gartel­gruber.

 


Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Frau Minister, wir wissen, dass 68 Pro­zent der Frauen sich aber für die längeren Varianten, sprich die zwei- und dreijährige Variante, entscheiden. Das hat oft nicht nur den einen Hintergrund, dass es keine Kin­derbetreuungseinrichtungen gibt, sondern die Frauen entscheiden sich bewusst dafür, länger bei den Kindern zu Hause zu bleiben.

Es gab in Salzburg, und zwar vom Bürgermeister der Gemeinde Berndorf, einen sehr interessanten Vorstoß, eine interessante Initiative, die ich sehr begrüße, um gerade Frauen, die länger zu Hause bleiben, auch einen Ausgleich dazu zu bezahlen. Ich ha­be hier jetzt das Positionspapier der SPÖ-Frauen aus Salzburg und der AK Salzburg. Ich habe Sie das letzte Mal schon im Gleichbehandlungsausschuss darauf angespro­chen: Wie stehen Sie zu diesem Positionspapier, denn als Bundesfrauenvorsitzende der SPÖ werden Sie ja sicher dazu eine Stellungnahme abgeben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich kenne die Sachlage in dieser Gemeinde nicht, aber mir wäre lieber, dieser Bürger­meister würde eine Kinderkrippe errichten, als Frauen ein Taschengeld zu bezahlen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Schwentner.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Krist.

 


Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Frau Bundesministerin! Vorige Woche war in Oberösterreich im Brucknerhaus die Galanacht der Wirtschaft, die Pegasus-Verleihung der „Oberösterreichischen Nachrichten“, und die Generalsekretärin der Wirtschafts­kammer Österreich, Anna Maria Hochhauser, hat auf die Frage, was sich eine erfolg­reiche Frau in der Wirtschaft von der Politik wünscht, gesagt, einen umgehenden, flä­chendeckenden, raschen Ausbau eines leistbaren und qualitativ hochwertigen Kinder­betreuungsnetzes insbesondere für unter Dreijährige.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 27

Ich habe mich riesig gefreut, eine große Unterstützung langjähriger SPÖ-Forderungen, auch von Ihnen. Sie sind eine aktive Ministerin, kämpfen für die Verbesserung der Ver­einbarkeit von Beruf und Familie von Frauen und Männern. Meine Frage: Was muss getan werden, um ihrem Anliegen und diesem unterstützenden Wunsch aus der Wirt­schaft zum Durchbruch zu verhelfen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Gar nicht viel Herr Kollege, mein Modell der Familienförderung Neu würde jedes Jahr 150 Millionen € für Kinderbetreuung einfach zur Verfügung stellen, indem wir Gelder, die auch für Familien ausgegeben werden, ein bisschen umschichten und so flächen­deckend in Österreich in drei bis fünf Jahren einfach die Situation der unter Dreijäh­rigen gelöst haben könnten, weil jedes Kind dann einen Betreuungsplatz hätte. Daran arbeite ich, dieses Modell habe ich schon der Öffentlichkeit vorgestellt, und ich hoffe, dass hier in den Verhandlungen auch einiges weitergehen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Au­bauer.

 


Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Geschätzte Frau Bundesminister! Noch einmal das Thema Anrechnung der Kindererziehungszeiten für die Pension, ein ande­rer Aspekt: Für Frauen, die nach 1955 geboren sind, gibt es schon bessere Regeln. Was noch fehlt, sind bessere Anrechnungszeiten für Frauen, die vor 1955 geboren sind, dann würden viele erstmals eigenständige Pensionen bekommen oder andere höhere Pensionen. Wie sehen Sie das, sehen Sie eine Chance auf Umsetzung?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich bin froh darüber, Frau Kollegin, dass Sie gesagt haben, dass wir ab den Jahr­gängen 1955 wirklich gut anrechnen können. Für Einzelfälle vor 1955, wobei ich sagen möchte, dass einige dieser Frauen ja sicherlich auch schon in Pension sein werden, müsste man sich anschauen, wo Härtefälle liegen. Gesetzlich ist derzeit keine andere Regelung geplant.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Haub­ner.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Bundesministerin! Was die Leistungen für die Familien anlangt, hat die Regierung zwischen 2000 und 2006 nichts zurückge­nommen im Vergleich zur jetzigen Regierung, sondern ausgebaut – siehe das Kinder­betreuungsgeld, wo auch erstmals sechs Monate vorgesehen sind, wo vorgesehen wurde, dass Väter auch das Kinderbetreuungsgeld beziehungsweise Karenz in An­spruch nehmen können.

Heute wissen wir alle, dass Kinder ein Recht haben auf ihre Väter, dass es für die emotionale Bindung sehr wichtig ist, dass Väter ihren Kindern auch Zeit und Zuwen­dung geben. Sie haben groß angekündigt, Sie wollen sich dafür einsetzen, dass im Rahmen des Kinderbetreuungsgeldes ein Monat direkt nach der Geburt für die Väter reserviert ist. Es steht auch so im Regierungsprogramm drinnen, dass Modelle entwi­ckelt werden sollen.

Meine Frage ist jetzt: Warum haben Sie das nicht geschafft, dieses Modell – das Sie immer vehement eingefordert haben, wo ich Sie auch unterstützt habe – umzusetzen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Die über 500 Väter im öffentlichen Dienst sind ein schönes Zeichen. Natürlich bleibe


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 28

ich dabei, ich wünsche mir das selbstverständlich auch für Väter, die in der Privatwirt­schaft tätig sind. Wir haben ja Unternehmen beraten, dass sie Männer durchaus auch eine Zeit lang entbehren können, ohne dass der Betrieb zusammenbricht. Ich arbeite noch daran, und es ist so, dass vonseiten der Wirtschaft – und das muss ich so offen sagen – schwere Bedenken da sind, quasi diese vier Wochen Väterentbehrung nicht geleistet werden können. Ich bin auch mit dem Herrn Familienminister nach wie vor in Gesprächen, habe aber noch nicht die Zusage. Ich kann es alleine nicht entscheiden, dass wir diesen Papa-Monat bekommen. Es soll an mir nicht scheitern.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Musiol.

 


Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Ministerin! Im Gegensatz zur FPÖ denken wir bei Kinderbetreuung zu Hause auch an die Väter und nicht nur an die Mütter. Das Thema Papa-Monat war jetzt schon am Tisch. Sie haben da in den letzten Monaten verschiedene Modelle oder auf den ersten Blick sehr widersprüchliche Vor­schläge gemacht: zum einen ein zusätzlicher bezahlter Kurzurlaub, zum anderen ein vorgezogenes Kindergeld, zum dritten Karenzgeld, sozusagen ein verpflichtender Pa­pa-Monat. – Letzterem schließen wir uns ja an, das ist auch unsere Forderung, ein automatisierter Papa-Monat, damit es auch wirklich für alle Väter möglich ist, einen sol­chen zu bekommen. Was ist jetzt tatsächlich Ihre Haltung und Ihr Programm dazu?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Das kann ich ganz schnell aufklären: Es ist immer das Gleiche gemeint, nämlich wenn ein Papa den Papa-Monat nimmt, könnten wir ihn über das Kinderbetreuungsgeld fi­nanzieren, indem man von hinten einen Monat vorzieht, unmittelbar nach der Geburt. So wäre auch das Argument, das wäre nicht leistbar, ausgeräumt, denn jeder Vater hat einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuungsgeld und einfach auch auf Karenzzeiten.

Zum anderen würde ich gerne die Unternehmen verpflichten, ihn zur Verfügung stellen zu müssen. Ich würde keinen Papa verpflichten wollen, das zu tun. Das war mein Plan. Das deckt sich auch mit der Frage von vorher. Es scheitert nicht an mir, es sind noch schwere Bedenken – wie gesagt, vonseiten der Wirtschaft, aber auch vonseiten des Koalitionspartners – da. Ich hätte ein Finanzierungsmodell, nämlich das Vorziehen in eine Art Frühkarenz, ist gleich der Papa-Monat, und es wäre ausfinanziert über das Kinderbetreuungsgeld.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 4. Anfrage, das ist die der Frau Abgeordneten Mag. Schwentner. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Guten Morgen! Ich wollte die Ein­kommensschere ansprechen, die heute schon einmal angesprochen wurde. Sie wis­sen, es stagniert. Es stagniert eigentlich seit Beginn dieser Regierungsperiode. Es wur­den viele Maßnahmen gesetzt – ich würde behaupten, mit leider zu wenig Erfolg oder kaum Erfolg.

Meine Frage lautet:

212/M

„Anlässlich des Frauentages 2013 haben Sie ein ‚starkes frauenpolitisches Finish‘ ver­sprochen und zu diesem Zweck einen Sozialpartnergipfel“ – der letzte Woche statt­fand – „einberufen. – Welche konkreten frauenpolitischen Verbesserungen werden als Ergebnis dieses Gipfels noch in dieser Gesetzgebungsperiode umgesetzt?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 29

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Beim Sozialpartnergipfel, der stattgefunden hat, haben wir eindeutig gemeinsam fest­gestellt, wir wollen bei den Einkommensberichten, bei den Gehaltsangaben in Stellen­inseraten alle schwarzen Schafe quasi in weiße Schafe verwandeln, wenn Sie so wollen. Es gab also eindeutig die einhellige Meinung, das nicht zu tolerieren, dass bei­spielsweise 11 Prozent der Unternehmen noch keine Einkommensberichte legen, dass es bei den Gehaltsangaben zwar über 80 Prozent tun, in den Stelleninseraten aber noch immer einige fehlen.

Wir werden uns gemeinsam bemühen, uns sozialpartnerschaftlich in dieser Tradition, wie schon vorher, zusammenzusetzen, um für die nächste Legislaturperiode even­tuell – und das habe ich unumwunden angesprochen – über Sanktionen nachzuden­ken, aber auch beispielweise bei den Gehaltsangaben vielleicht andere Formen des Angebens anzudenken, damit einfach noch klarer wird, wie Frauen sich orientieren können sollen.

Das heißt, das war ein gutes Gespräch. Wir haben gewusst, dass wir keine Geset­zesänderung jetzt, in diesen wenigen Monaten, mehr zustande bringen, aber die ein­hellige Meinung war, dass wir uns sozusagen bemühen und auch meine Sanktionen­frage wieder auf den Tisch legen, denn ich sehe nicht ein, warum Unternehmen, die sich nicht an das Gesetz halten, eigentlich nicht bestraft werden, also dass wir das an­gehen wollen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Schwentner.

 


Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Das heißt, es ist bei der gemeinsa­men Meinung geblieben.

Sie führen ja eine Liste – beziehungsweise haben Sie das vor – über Unternehmen, die die Einkommensberichte nicht entsprechend vorlegen. Mich würde Folgendes interes­sieren:

Wären Sie auch bereit, eine Liste zu führen – oder denken Sie das eventuell an – über Unternehmen, die Frauenförderpläne nicht vorlegen, beziehungsweise konkreter nach­zudenken jetzt quasi nicht über ein Gesetz, sondern anders Druck zu machen auf Un­ternehmen in Bezug auf Frauenförderung, Frauenförderpläne und andere Maßnahmen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Nur ganz kurz noch zur vorigen Frage: Wenn wir uns vor Augen führen, dass ich ein­einhalb Jahre Verhandlungszeit gebraucht habe, bis wir das gute Ergebnis der Einkom­mensberichte und der Stelleninserate gehabt haben, dann ist es wohl so, dass der Zeitraum von einigen wenigen Wochen jetzt ganz einfach zu kurz gegriffen ist.

Zur zweiten Frage: Selbstverständlich hätte ich gerne – und da bin ich natürlich auf Hil­fe angewiesen, denn ich habe diese Liste der Unternehmen nicht, wenn nichts gemel­det wird; es gibt aber ein gutes Einvernehmen auch mit den Sozialpartnern, diesbe­züglich gemeinsam zu schauen –, dass man auch bei der Frauenförderung etwas wei­terbringt.

Meine Forderung ist aufrecht: Ich hätte gerne verpflichtende Frauenförderpläne, denn dann müssten sich Unternehmen mit Frauenförderung beschäftigen. Vielleicht können wir das auch in der nächsten Legislaturperiode ein Stück weiterbringen. Den Leitfaden haben wir, den habe ich auch an 600 Betriebe geschickt – und wer immer ihn braucht: Ich kann ihn auch noch an alle anderen verschicken.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Gartel­gruber.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 30

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Frau Ministerin, zurückkommend auf die­sen Sozialpartnergipfel wäre für mich Folgendes schon sehr interessant. Es gab ja im letzten Jahr gerade bei den Diskussionen um die Frauengehälter auch den Vorschlag, einmal außerordentliche Gehaltsrunden für Frauen zu machen – das war ein Vorschlag des Kollegen Katzian.

Und was mir auch besonders wichtig wäre, wären auch die kollektivvertraglichen Vor­rückungen, wenn es Pflegezeiten gibt. Die gibt es nicht, die haben wir auch noch nicht tatsächlich bei den Kinderbetreuungszeiten – nur jetzt etwas – verbessert, und Frauen, die zu Hause ihre Angehörigen pflegen und danach wieder in den Beruf zurückkehren möchten, haben da auch massive Nachteile.

Meine Frage: Was hat der Sozialpartnergipfel in diese Richtung gebracht?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Wir hatten zum Thema Einkommensberichte auf der einen Seite Erfahrungen und die Frage, wie wir weiterarbeiten können, auf der anderen Seite Gehaltsangaben in Stel­leninseraten; drittens habe ich die gute Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern auch auf diesem Gipfel bekräftigt. Und ich weiß, dass einzelne Fachgewerkschaften in Be­zug auf die Kollektivverträge schon sehr viel erreicht haben – die Anrechnung von Er­satzzeiten, was auch immer –, und ich vertraue auch weiterhin auf die Sozialpartner, dass sich das bald in allen Kollektivverträgen wiederfindet. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl.

 


Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Themen, die Sie gemeinsam mit den Sozialpartnern besprochen haben, stehen ja im breiteren Kontext des Nationalen Aktionsplans für Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz, den Sie im Jahr 2010 vorgelegt haben.

Zu meiner Frage: Wie sieht derzeit der Stand der Umsetzung dieses Aktionsplans aus und welche Maßnahmen bewerten Sie als besonders erfolgreich, beziehungsweise was muss eigentlich getan werden, um noch möglichst viele dieser Maßnahmen um­setzen zu können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Um das noch einmal in Erinnerung zu rufen: Es waren 55 einzelne Maßnahmen, die wir auch in einem langen Diskussionsprozess erarbeitet haben, damit Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt Wirklichkeit werden kann. Ich darf heu­te berichten, dass von den 55 Maßnahmen 34 umgesetzt sind, einige in Umsetzung sind, also insgesamt 82 Prozent in Erledigung begriffen oder schon erledigt sind.

Was den Rest betrifft: Teilweise liegt es an den Ländern, wo ich als Bund zum Teil nicht eingreifen kann, wie in Fragen der Familienpolitik, wo die Länder wieder einzeln – zum Beispiel bei Kinderbetreuungsgesetzen – gefragt sind.

Aber wenn ich nur einige Sachen erwähnen darf, weil (in Richtung der Abg. Höllerer, die bei einem Rednerpult im Halbrund steht) die Kollegin Höllerer hier steht: Wir haben es erst jetzt geschafft, dass wir eine Maßnahme umgesetzt haben, nämlich im Bereich des Mutterschutzes den Tagsatz für Bäuerinnen und Selbständige zu verdoppeln, und auch viele andere Bereiche sind heute schon erwähnt worden – Einkommensberichte, Kinderbetreuungseinrichtungen und so weiter.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Höllerer.

 


Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Werte Frau Bundesministerin, in Ihrer Rede im letzten Jahr in New York vor der UN-Generalversammlung haben Sie sich für die An-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 31

liegen und die Bedürfnisse der Frauen im ländlichen Raum stark gemacht. Auch im Frauenbericht wird auf die Frauen im ländlichen Raum eingegangen. Es gibt auch Zusagen Ihrerseits gegenüber den Sozialpartnern, Projekte für Frauen im ländlichen Raum zu forcieren.

Welche Frauenprojekte, zugeschnitten auf die Frauen im ländlichen Raum, haben Sie unterstützt und umgesetzt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich möchte bei dieser Gelegenheit anmerken, dass wir gerade in Verhandlungen sind, was die zukünftigen Mittel für den ländlichen Raum anlangt, die aus der Europäischen Union kommen – die EFRE- und ELER-Mittel, wenn ich das in der Kurzfassung sagen darf –, und dass es mir sehr wichtig ist – und wir verhandeln da auch sehr vehement –, dass für den großen Bereich der sozialen Dienstleistungen Geld reserviert werden muss – für Kinderbetreuung oder für andere Projekte –, damit das Leben von Frauen im ländlichen Raum einfach angenehmer wird in Bezug auf die Infrastruktur. Also dies­bezüglich sind wir mitten im Verhandlungsprozess, und da ist auch Kollege Berlakovich gefragt, der über diese Mittel dann verfügt und von wo aus sie verteilt werden. Und da hoffe ich doch, dass auch für uns Frauen einiges da ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Al­so das ist in Verhandlung.

Zum anderen: Ich habe sehr viele Projekte – ich kann sie Ihnen schriftlich nachrei­chen –, die natürlich alle Frauen, egal wo sie leben, betreffen, im Lauf der letzten fünf Jahre fördern können, und wenn es nur die Anerkennung von Frauenservicestellen ist, wo wieder Mobilität erleichtert wird, weil Außenstellen von Fraueneinrichtungen zu den Frauen hinkommen, damit Frauen kürzere Wege haben, wenn sie in abgelegenen Re­gionen leben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Widmann.

 


Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Minister, eine für das BZÖ eben­falls offene Baustelle ist das unterschiedliche Pensionsalter von Männern und Frauen. Das trifft insbesondere Frauen mit Mehrfachbelastungen – die pflegerische Leistungen, Familienarbeit erbringen – ganz hart und ganz besonders, weil sie aufgrund der Versi­cherungszeiten gar nicht früher in Pension gehen können, während Karrierefrauen diese Chance haben.

Was werden Sie tun, um diese Ungleichbehandlung abzustellen und das Pensionsalter dem der Männer anzupassen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich sehe, sehr geehrter Herr Kollege, diese Ungleichbehandlung bezüglich des An­trittsalters mehr als gerechtfertigt, weil Sie soeben erwähnt haben, was Frauen nicht alles zu tun haben, damit die Familie funktioniert, damit die Pflege erledigt wird und so weiter.

Wir brauchen gemeinsam – das Parlament, die Bundesregierung – Maßnahmen, damit Frauen das alles nicht mehr als Belastung empfinden, und daher sage ich Ihnen, ich bin sofort dabei, wenn wir vor 2024 beginnen wollen, wenn wir vorher die gleichstel­lungspolitischen Maßnahmen erledigt haben und sie nicht nur ankündigen. Und da sage ich Ihnen eine wichtige Sache: Pflegeteilzeit und Pflegekarenz – unlängst erst be­schlossen – mit ihrer Rechtssicherheit, mit ihrer Bezahlung für diese drei Monate kön­nen schon ein erster guter Schritt sein, dass Frauen einfach nicht in die Armutsfalle ge­raten, wenn sie pflegen. (Beifall bei der SPÖ.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 32

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur 5. Anfrage, das ist die des Herrn Klubobmannes Bucher. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Bitte um eine sachliche Fra­ge!)

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Bundesminister, Sie haben als Ergebnis des Reformdialogs angekündigt, die 30 verschiedenen Dienstrechte in der öffentlichen Verwaltung zusammenzuführen. Mit der Einführung der Verwaltungsgerichte sind zehn weitere Dienstrechte hinzugekommen; das heißt, 30 plus 10 ergibt 40 verschiedene Dienstrechte im öffentlichen Sektor.

Jetzt drängt sich folgende Frage auf: Wie wollen Sie das Ziel erreichen, ein einheitli­ches Dienstrecht für den öffentlichen Dienst zustande zu bringen? Und vor allem, wie wollen Sie es schaffen, dieses Dienstrecht des öffentlichen Sektors an das Arbeitsrecht der Privatwirtschaft anzunähern?

*****

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 215/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wann und vor allem wie wollen Sie endlich nicht nur die Unzahl verschiedener Dienst­rechte beseitigen, sondern auch eine Vereinheitlichung mit dem Arbeitsrecht in der Pri­vatwirtschaft umsetzen?“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Herr Abgeordneter Bucher, ich werde selbstverständlich beide Fragen beantworten. – In der Tat stimme ich Ihnen zu, dass Expertinnen und Experten, aber auch die Prakti­kerinnen und Praktiker der Meinung sind, dass 36 verschiedene Dienstrechte zusam­mengeführt gehören, damit für unsere Bundes-, Landes- und Gemeindebediensteten das Wechseln auch verwaltungstechnisch – das war ja auch ein Ergebnis des Reform­dialogs: das Anrechnen, wenn in eine Gebietskörperschaft, in ein anderes Bundesland gewechselt wird – einfacher wird.

Jetzt ist der Reformdialog vorbei, und jetzt planen wir selbstverständlich Folgendes, nachdem wir das Lehrerinnen- und Lehrerdienstrecht als einen ganz großen ersten Schritt, einen ganz großen Brocken für 120 000 Bedienstete in der Zukunft – denn wenn Bedienstete in Pension gehen und die Neuen nachkommen, erwarten diese ja auch ein neues Dienstrecht – mit der gestrigen Beschlussfassung über die gemein­same Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer wirklich schon gut eingeleitet haben – mir schwebt so etwas vor: ein Bundesangestellter/eine Bundesangestellte, ein Landes­angestellter/eine Landesangestellte und ein Kommunalbediensteter/eine Kommunalbe­dienstete.

Bis wir das haben, wird es wohl noch einige Zeit dauern, denn alle Gruppen im öffent­lichen Dienst wünschen sich höhere Einstiegsgehälter und ein Kippen der Kurve, nur wissen wir aus Bundesländern, die das schon gemacht haben, dass so eine Besol­dungsreform 2 bis 3 Prozent der gesamten Personalkosten ausmacht, und das wären für den Bund jetzt zwischen 200 und 300 Millionen €, die einfach nicht da sind.

Das heißt, inhaltlich daran zu arbeiten, ist das eine, aber es auch bezahlen und finan­zieren zu können, das andere. Aber mit der ersten Gruppe, den Lehrerinnen und Leh­rern, haben wir begonnen, und da hoffe ich doch, dass wir demnächst auch zu einem guten Abschluss kommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 33

Was den Vergleich mit der Privatwirtschaft anlangt: Das würde ich schon sehr diffe­renziert sehen, denn betreffend das besondere Verhältnis zur Republik, den besonde­ren Vertrauensschutz, der auch unseren Bediensteten im Bereich der Richterinnen und Richter, der Polizei und in anderen Bereichen entgegengebracht wird, bin ich schon der Meinung, dass dieser aufrechterhalten werden muss und dass daher die Privat­wirtschaft nicht den öffentlichen Dienst quasi schlucken darf, sondern dass diese Un­terschiede bleiben müssen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Klubobmann Bucher.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Eben um diese Unterschiede geht es mir, weil viele nicht verstehen können, dass es im Bereich des öffentlichen Dienstes so viele Pri­vilegierungen gibt; vor allem die Privatwirtschaft kann das nicht verstehen.

Der zweite Fragenbereich, den ich an Sie habe, betrifft die Urlaubsansprüche. Bei den öffentlich Bediensteten hat man bereits mit dem 43. Lebensjahr Anspruch auf sechs Wochen Urlaub; in der Privatwirtschaft muss man 26 Jahre in einem Unternehmen be­schäftigt sein, damit man sich sechs Wochen Urlaubsanspruch erwirbt.

Meine Frage ist ganz einfach: Wie rechtfertigen Sie dieses Beamtenprivileg?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Wir sind uns wahrscheinlich in nicht so vielen Fällen einig, aber diesbezüglich pflichte ich Ihnen bei. Ich wünsche mir das natürlich auch für die Privatwirtschaft, dass diese sechs Wochen Urlaub nicht erst nach 25 durchgängigen Jahren erworben werden kön­nen, sondern auch dort an das 43. Lebensjahr gekoppelt werden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Walser.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin! Im Zuge der von Ihnen ja mitgetragenen Verhandlungen mit der GÖD über das neue LehrerInnendienstrecht ist leider ein Teil ausgeklammert worden, der auch sehr viele Frauen betrifft, nämlich die Kindergartenpädagogik.

Gibt es von Ihrer Seite irgendeine Initiative, dass künftig über Vereinbarungen mit den Ländern – wir kennen den Kompetenzdschungel – gewährleistet ist, dass auch Kinder­gartenpädagogInnen einheitlich bezahlt werden und ein möglichst einheitliches Dienst­recht bekommen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: In der Tat – Sie sagen es, Herr Kollege – ist das natürlich mit den Ländern abzustimmen, und das ist die Hürde, die wir noch überschreiten müssen, denn auch ich bin der Mei­nung wie Sie, dass die Arbeit mit kleinen Kindern genauso viel wert sein muss wie die Arbeit mit älteren Kindern.

Dass das jetzt nicht einbezogen ist, ist die eine Tatsache, dass die Gespräche darüber natürlich laufend geführt werden, weil wir die Forderungen ernst nehmen wollen, ist die andere Geschichte. Aber da ist wirklich noch Einvernehmen mit den Ländern zu er­zielen, wie man dann quasi vorgeht, weil ja KindergärtnerInnen, KleinkindpädagogIn­nen Landesbedienstete und keine Bundesbedienstete sind, und wie das auch von der Finanzierbarkeit her ist. Das soll aber nicht die wichtigste Frage bleiben. Da bin ich auch bei Ihnen. Es ist nur jetzt im Moment nicht möglich gewesen, Elementarpädago­gik hereinzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Her­bert.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 34

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Im Jahr 2010 gab es eine Dienstrechtsnovelle, welche die Anrechnung von Vordienstzei­ten von Bediensteten im öffentlichen Dienst betraf. Grundlage war damals ein EuGH-Urteil, das die damals geltenden gesetzlichen Regelungen in dieser Frage als unzu­reichend und nicht EU-konform festgestellt hat.

Nun ist es so, dass die jetzige – damals mit dieser Dienstrechtsregelung eingeleitete – Novellierung aber noch immer äußerst unzufriedenstellend ist, weil sie auf die rückwir­kende Verlängerung des ersten Vorrückungsstichtages abzielt und daher für die Be­diensteten keinen finanziellen Mehrwert erzielt. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat erst im Dezember 2012 (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) – ich schließe – festgestellt, dass es eine unzulässige gesetzliche Regelung ist.

Daher meine Frage an Sie: Wann werden Sie eine dienstrechtliche Besserstellung für die Bediensteten in dieser Frage entsprechend dem EuGH-Urteil herstellen, sodass diese auch einen tatsächlichen Mehrwert für die Bediensteten erzielt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Die Besserstellung ist so erfolgt, Herr Kollege, dass wir sichergestellt haben, dass nie­mand etwas verlieren wird, und wir haben eine gesetzliche Klarstellung vorgenommen, die meiner Ansicht nach absolut ausreichend ist.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Pendl.

 


Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bun­desministerin! Ich bin fast versucht zu schmunzeln, weil einige anscheinend noch im­mer nicht mitbekommen haben, dass Österreich ein föderalistischer Staat ist und selbst bei Spartengeschichten, die den Bund betreffen, immer über ein Dienstrecht reden, aber bei jeder Spartendiskussion ein eigenes Dienstrecht fordern. – Das ist eine ganz interessante Geschichte.

Trotzdem glaube ich, dass Sie und Ihr Team hervorragende Arbeit geleistet haben, vor allem würde mich aber interessieren, wie sich in jenen Bereichen, wo wir den Aufnah­mestopp haben, die Mobilität und die Flexibilität ausgewirkt haben, denn das ist, glau­be ich, eine wichtige Frage der Gegenwart und vor allem auch der Zukunft.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich bedanke mich sehr für diese Frage, denn schon bevor die Bundesregierung sich für den Aufnahmestopp ausgesprochen hat, haben wir mit Mobilitätsprojekten begonnen.

Ich darf die Landesverteidigung hernehmen: Mit dem Personal Provider ist es schon seit 2008 gelungen, einige 100 Beamte/Beamtinnen, Bedienstete auch in andere Berei­che zu transferieren, und genau dieses Projekt wird jetzt weiter verfolgt.

Ich darf Ihnen sagen, es sind über 900 Bedienstete, die wir in Bewegung setzen konn­ten, denn wenn wir eine Planstellenbesetzungsverordnung haben, die sagt: Bitte schau zuerst nach in einem Ressort, bevor du neu aufnimmst! – was ich ja jetzt nicht darf, weil wir einen Aufnahmestopp haben –, so sind wir hier schon im Training und sehr gut vorbereitet darauf, dass wir mit der Karrieredatenbank, mit der Jobbörse, aber auch mit diesen Mobilitätsprojekten viele öffentlich Bedienstete rotieren lassen können, damit wir auch Engpässe abfedern können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Au­bauer.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 35

 


Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Minister! Am Ar­beitsmarkt haben es ältere Menschen derzeit besonders schwer. Nun gibt es eine gro­ße Initiative der Bundesregierung. Es wird viel Geld in die Hand genommen, es gibt viele Hilfsprogramme.

Wie sehen Sie die ersten Auswirkungen? Wie wirken diese Programme, vor allem auf Frauen, die älter als 50 sind?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: In der Tat ist es wichtig, dass man mit Programmen wie fit2work besonders auf ältere Ar­beitnehmerinnen/Arbeitnehmer achtet – in dem Fall Arbeitnehmerinnen, weil es ein Frauenprogramm ist –, dass man aber auch im Bereich der Gesundheitsfürsorge und -vorsorge – sprich: darauf zu schauen, dass Rehabilitation vor Invaliditätspension geht – Maßnahmen ergreift, damit Frauen einfach, nicht nur für den Selbstwert, länger gesund im Arbeitsleben bleiben können.

Es ist etwas zu kurz, schon jetzt über Erfolge zu berichten. Ich glaube, dass wir uns das in einem Jahr anschauen könnten, weil ja der Arbeitsmarkt insgesamt sehr, sehr angespannt ist. Aber genau diese Programme dienen dazu, dass da Abfederungen passieren können und dass Frauen ganz einfach bis zur Pension oder bis zu ihrem faktischen Antrittsalter möglichst gesund im Erwerbsleben bleiben können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 6. Anfrage, das ist die der Frau Abgeordneten Schenk. – Bitte.

 


Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Die Problematik der K.-o.-Tropfen ist ja evident. Es gibt da wenige aufgeklärte Fälle. Sie haben Ende letzten Jahres eine Kampagne gestartet mit Schulungen, mit Foldern, mit Prospekten, wo eben über diese Problematik aufgeklärt wird. Meine Frage dazu lautet:

Hat sich diese Kampagne gelohnt? Wie sind diesbezüglich die Zahlen, wie sind die Er­gebnisse? Können Sie diesbezüglich schon etwas sagen?

*****

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 217/M, hat folgenden Wortlaut:

„Betreffend den Einsatz von K.-o.-Tropfen und der Tatsache, dass so wenige Fälle auf­geklärt wurden, setzt das Frauenministerium seit Ende des Vorjahres auf spezielle Schulungen und auf eine Kampagne. Auf Foldern, die auf Festivals und öffentlichen Plätzen aufliegen, wird auf die Gefahr hingewiesen, dass K.-o.-Tropfen in Lokalen, bei Konzerten, aber auch auf Privatpartys in Wohnungen verabreicht werden. Auf den Fol­dern steht auch, an wen sich Opfer gegebenenfalls wenden können.

Wie ist der aktuelle Stand, können Sie schon über aktuelles Zahlenmaterial bezie­hungsweise Erfolge berichten?“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: In der Tat, Frau Kollegin, ist es so, dass Substanzen, die Frauen willenlos machen, denen dann Gewalt angetan wird, eine Sache sind, die man sich im Internet bestellen kann. Es ist wirklich schrecklich, wie K.-o.-Tropfen – das sind diese Substanzen, so werden sie genannt – Verbreitung finden.

Zu Opferzahlen kann ich leider keine Auskunft geben. Sehr wohl kann ich Ihnen aber sagen, dass wir an die 11 000 Flyer verteilen konnten, dass wir in drei Schulungen in


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ganz Österreich 43 MultiplikatorInnen geschult haben, dass wir jetzt im Sommer wei­tere 13 300 dieser Karten bei dem Beachvolleyball-Event auf der einen Seite und bei der Ö3-Disco-Tour, bei der Sommertour auf der anderen Seite zur Verteilung bringen werden. Hier geht es einfach um Prävention und um das Aufmerksammachen darauf: Lass dein Getränk nicht alleine an der Bar stehen! Schau, dass Freundinnen dabei sind, denn es könnte sein, dass dir jemand etwas hineinmischt!

Wir wollen also Aufmerksamkeit erregen und die Aufklärungskampagne weiterführen. Und wenn die Nachfrage besteht, können wir jederzeit nachdrucken. Über Opferzahlen verfüge ich leider nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schenk.

 


Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Wie wir alle wissen, haben Sie als Frauenministerin ja ein relativ geringes Budget, können aber neben der Unterstützung von Gewaltschutzeinrichtungen auch noch Kampagnen wie diese führen. Meine Frage bezieht sich nun aber auf die Burn-out-Studie, die ja sehr wichtig wäre. Wir reden, glaube ich, seit 2008/2009 über diese Studie. Leider gibt es sie noch nicht. Vor allem für Frauen wäre diese wichtig. Sie würde Frauen auch helfen, da sich Frauen oft in pre­kären Beschäftigungsverhältnissen befinden und aufgrund von Pflegeaufgaben oder Kinderbetreuung überbeansprucht sind. Wir haben heute schon gehört, dass sie dop­pelt, ja dreifach belastet sind.

Meine konkrete Frage: Warum gibt es diese Studie nicht? Wir haben dies im Gleichbe­handlungsausschuss einstimmig beschlossen. Es wurde an den Gesundheitsaus­schuss weitergeleitet, und dort liegt es seit 2010. Diese Studie gibt es nicht. Scheitert es am Finanziellen? Scheitert es am Wollen? Woran scheitert es?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Zum einen, glaube ich, ist es sehr schwierig, wirklich zu definieren, was Burn-out alles umfassen kann. Oft vergeht eine lange Zeit, bis Burn-out manifest wird. Es handelt sich ja um keine Krankheit, es ist keine Diagnose zu stellen, sondern es ist ein maximaler Erschöpfungszustand aufgrund vieler Prämissen, die vorangegangen sind.

Ich denke, bevor wir eine Studie in Auftrag geben, sollten wir alles daransetzen, dass Frauen, die oft einen dicken, schweren Rucksack mit sich schleppen – Sie haben es selbst erwähnt –, bezahlte und unbezahlte Arbeit, sehr ungleich verteilt, zu wenig Kin­derbetreuung, Pflegetätigkeiten, Pflegekarenz, die Teilzeitarbeit habe ich heute bereits erwähnt, einfach entlastet werden. Was Burn-out betrifft, ist es für mich sehr schwierig, dieses wirklich zu definieren. Daher würde ich das Geld lieber in andere Maßnahmen stecken. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Höl­lerer.

 


Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Noch ein­mal zurück zur Problemstellung der K.-o.-Tropfen und den Gefahren, die sich dahinter verbergen: Werden die K.-o.-Tropfen mit Alkohol eingenommen, verstärkt sich die Wir­kung zum Teil mit lebensgefährlichen Folgen. Es kann nicht nur zu Bewusstlosigkeit, sondern auch zu Atemstillstand kommen. In Ihrem Flyer steht unter: „Was tun, wenn dir K.O.-Tropfen verabreicht werden?

Hol dir sofort ärztliche Hilfe. Fahre in ein Krankenhaus oder ruf die Rettung. Informiere die Ärzte über deinen Verdacht.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 37

Meine Frage: Wie weit sind die Ärzte, die eine wichtige erste Anlaufstelle sind, bezie­hungsweise wie weit ist die Ärztekammer in Ihre Kampagne mit eingebunden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Das, was wir bis jetzt gemacht haben, sehr geehrte Frau Kollegin, ist, dass wir alle Landesjugendreferentinnen und -referenten angeschrieben und darum gebeten haben, in den Bereichen, in welchen sie tätig sind, auch Kontakte aufzunehmen. Ich weiß nicht, ob die Ärztekammer selbst die erste Ansprechstelle ist. Danke für die Anregung. Dem kann ich gerne noch nachgehen. Meine Ansicht im Sinne des Föderalismus war, dass das ohnehin in den Bundesländern bei Ärztinnen und Ärzten verbreitet wird, aber ich kann dieses Anliegen gerne noch einmal direkt an die Ärztekammer richten. – Dan­ke schön.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Spadiut.

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Minister, die K.-o.-Tropfen wirken nicht nur auf die Psyche, sie können auch gesundheitsschädigende Wirkungen haben. Im Regierungsprogramm ist dem Themenkreis Frauengesundheit ein eigenes Kapitel gewidmet. Wir haben im Gesundheitsausschuss des Öfteren Anträge gestellt, etwa wie man die Frauengesundheit sichern kann, zum Beispiel durch Finanzierung der Impfun­gen gegen Gebärmutterhalskrebs auf Krankenkassenkosten. Das wurde immer mit dem Argument der zu hohen Kosten abgelehnt. Jetzt bilanzieren die Kassen positiv, also das Geld wäre nun vorhanden.

Frau Minister, werden Sie sich dafür einsetzen, dass diese Impfung auf Krankenschein durchgeführt wird? Und was haben Sie als Frauenministerin zur Umsetzung des Ka­pitels Frauengesundheit beigetragen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Obwohl ich, sehr geehrter Herr Kollege, eine Impfskeptikerin bin, das kann ich hier auch so sagen, habe ich schon Gespräche mit dem Herrn Bundesminister für Gesund­heit geführt und werde das auch weiterhin tun. Und es wird sich weisen, ob wir uns das in Zukunft leisten können oder nicht, denn ich bin der Meinung, man kann und soll nicht nur Mädchen durchimpfen. Wenn wir das ernst nehmen, dann müssten wir auch alle Burschen durchimpfen, nämlich im Alter von zehn bis zwölf Jahren, und das ist dann eine ganz große Gruppe. Und da, glaube ich, muss noch gut beraten werden, ob wir das tun können.

Zum anderen möchte ich Ihnen berichten, dass wir in einer Sitzung unseres Gleichbe­handlungsausschusses vor einiger Zeit ein Novum hatten, nämlich dass wir den Frau­engesundheitsbericht mit dem Herrn Gesundheitsminister im Gleichbehandlungsaus­schuss diskutiert und auch abgehandelt haben, wobei sich hier einige Projekte ergeben haben, die natürlich schon im Laufen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Schwentner.

 


Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Ich möchte gerne noch einmal die K.-o.-Tropfen ansprechen. Soweit ich weiß, ist das Problem vor allem, dass diese nur sehr kurze Zeit nachweisbar sind, ich glaube, zwischen 12 und 24 Stunden. Das heißt, eigentlich müssten betroffene Frauen, Opfer, die K.-o.-Tropfen verabreicht bekommen haben, ziemlich schnell die Tests machen, um nachweisen zu können, dass es sich um K.-o.-Tropfen gehandelt hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 38

Mich würde interessieren, ob Sie vorhaben, diesbezüglich Sensibilisierungsmaßnah­men zu treffen, damit Frauen wissen, dass sie schnell einen Test machen lassen, be­ziehungsweise geht es in vielen Fällen auch um die Beweissicherung nach sexuellen Übergriffen. Ist es vorstellbar, dass man quasi an einem Institut wie in Graz, welches die forensische Medizin relativ gut ausgebaut hat, die K.-o.-Tropfen Tests verankert?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Was die Substanzen in den K.-o.-Tropfen, die ja sehr unterschiedlich zusammenge­setzt sein können, und ihre Nachweisbarkeit betrifft, werde ich mich erkundigen, Frau Kollegin.

Zum anderen kann ich sagen, dass ich mit Professorin Berzlanovich sehr eng in Kon­takt bin – Sie kennen sie auch, wie viele andere von Ihnen –, da eben genau das Nachweisen der Verletzungen und das Nachweisen von Spermien, was auch immer, ein Problem darstellen können, wenn eine gewisse Zeit vergangen ist.

Es gibt bereits einen Fragebogen, den man auch als Beweissicherungsmittel heran­ziehen kann. Es gibt einige Institute, wo Abstriche bei Vergewaltigungsopfern gemacht werden. Ich würde mir das in jedem Spital in Österreich wünschen. Es wird auch fast überall schon praktiziert. Nur am Beweissichern müssen wir noch arbeiten, und da bin ich dran.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Winter.

 


Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Liebe Frau Minister, da Sie sich immer sehr gut darin üben, meine Fragen mit möglichst kurzen Antworten abzuspeisen, muss ich Ihnen dennoch ein Kompliment machen (Ruf bei der SPÖ: Das ist keine Frage!) – ei­nen Moment! –, Sie sind eine sehr gute Ministerin, nur leider bei der falschen Partei, mit der falschen Ideologie, dem falschen Lösungsansatz und daher eher schädlich für die Familienpolitik als förderlich. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eine Frage zu den K.-o.-Tropfen: In Deutschland gibt es eine Welle von Erpressungen von Lebensmittelmärkten, mit der Drohung, dass man eben diverse Lebensmittel ver­giftet. Haben Sie Befürchtungen, dass diese kriminellen Tatbestände auch nach Öster­reich überschwappen könnten, beziehungsweise wenn, was würden Sie als Gegen­maßnahmen empfehlen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Im Übrigen, was Äußerungen über die Schäd­lichkeit einer Person betrifft, sollte man sehr vorsichtig sein und in diesem Saal keine solchen Unterstellungen machen! (Abg. Dr. Jarolim: Ich glaube, gerade die Frau Win­ter ist da die Richtige, die so etwas sagt!)

Frau Bundesministerin, bitte. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich kann auch diese Frage leider nur sehr kurz beantworten, da ich mich über diese Welle an Lebensmittelvergiftungen erst schlau machen muss. Ich kann Ihnen gerne auch schriftlich eine Meinung nachreichen, wenn ich mir selbst eine Meinung gebildet habe. Mit diesem Thema bin ich jetzt zum ersten Mal konfrontiert, und daher kann ich Ihnen jetzt hierzu keine Auskunft geben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Csör­gits.

 


Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Bundesministerin! Das Thema K.-o.-Trop­fen ist, glaube ich, ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, mit frauenpolitischer Sensibilisierung schon sehr zeitig zu beginnen. Das ist ein Thema, und da, glaube ich,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 39

gibt es auch noch sehr viele andere. Welchen Stellenwert nimmt die politische Arbeit für und mit jungen Mädchen in Ihrer Tätigkeit ein?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Sehr geehrte Frau Kollegin, wir haben in Österreich einige Einrichtungen, die speziell Mädchenarbeit machen. Diese werden auch alle von mir gefördert. Einige Projekte, die ich selbst besucht habe, wie das Projekt Roberta und Robina, wo versucht wird, bei Mädchen in Form von Lego und Computern im Volksschulalter auch technisches Inter­esse hervorzurufen, werden von mir gefördert. Und ich glaube, dass wir sehr vieles, wie zum Beispiel den Verein „sprungbrett“, der mit Mädchen arbeitet, das Projekt MonA-
Net, Mafalda
und andere Mädchenprojekte, immer wieder auch positiv hervorheben müssen, weil hier hervorragende Arbeit geleistet wird.

Nächste Woche werde ich eine Ausstellung bei mir im Ministerium haben, „Living in a box“, wo ich Schulklassen, vor allem Mädchen einladen möchte, sich einfach gegen Klischees, in die Mädchen oft auch gesteckt werden, zu wehren. Der Girls‘ Day trägt auch das Seine dazu bei, dass wir die beiden Pole Mädchen und Technik einander nä­herbringen können. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 7. Anfrage, das ist die der Frau Abgeordneten Binder-Maier. – Bitte.

 


Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Einkommen hat sehr viel mit Gerechtigkeit zu tun. Unterschiedliches Einkommen bei gleichwertiger Qualifikation ist eine Ungerechtigkeit, und gerechtes, ausreichendes Ein­kommen hat sehr viel damit zu tun, dass Frau, Mann am Leben teilnehmen kann.

Meine Frage an Sie, Frau Bundesministerin:

214/M

„Welche Gründe sind aus Ihrer Sicht ausschlaggebend dafür, dass es trotz der vielen positiven Maßnahmen, die in dieser Legislaturperiode beschlossen wurden, noch im­mer Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern gibt?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Sehr geehrte Frau Kollegin, vielleicht zuerst das Positive: Ein zartes Pflänzchen ist im Wachsen. Wir sind, was die Einkommensunterschiede anlangt, schon etwas besser geworden, aber natürlich ist das noch nicht genug.

Beim Equal Pay Day, beim Tag der Lohngleichheit, den wir zweimal im Jahr errechnen, sind wir schon um zwei bis drei Tage besser geworden, das heißt, man kann sagen, dass im Bereich der Vollzeitbeschäftigten in Österreich die Lohnschere zusammen­geht, allerding in einem Schneckentempo.

Ich glaube, dass die Berufswahl an sich schon – wir haben vorhin gerade von Mädchen und Technik gesprochen – ein Teil ist, der sich bei den Unterschieden in der Bezah­lung manifestiert. Wenn fast alle Mädchen noch traditionelle Berufe, die traditionell schlechter bezahlt sind, wählen, dann hängt ihnen das ein Berufsleben lang nach. Das heißt, mehr Mädchen für Technik zu interessieren, das ist das eine.

Wenn man weiterkommen, wenn man Karriere machen möchte, dann sind Unterbre­chungen oder Teilzeitarbeit von Frauen oft von Nachteil. Das führt dazu, dass sie eine Weiterbildungsmaßnahme im Betrieb nicht in Anspruch nehmen können, weil man sagt, das zahlt sich für jemanden, der nur Teilzeit arbeitet, nicht aus, und daher den nächsten Karriereschritt nicht schaffen.


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Es geht aber auch um Bereiche, wo die Frage der Vereinbarkeit noch nicht gelöst ist. Sie als Familiensprecherin wissen, dass wir Maßnahmen, die in Richtung Vereinbarkeit gehen, noch dringend brauchen, damit Frauen einfach ihren Weg gehen können, und dann wird sich diese Lohnschere schön langsam auch zusammenschieben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Binder-Maier.

 


Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Bundesminister! Teilzeitarbeit hat ja oft ihre Berechtigung für einen bestimmten Zeitraum. Teilzeitarbeit ist allerdings weib­lich und hat einen Einfluss auf die Höhe der Pensionen im Alter.

Welche Maßnahmen könnten wir, außer ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen, setzen, gemeinsam setzen, um diesem Trend entgegenzuwirken, dass ein Leben lang Teilzeit gearbeitet wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: In der Tat arbeitet in Österreich fast jede zweite Frau, die beschäftigt ist, bereits Teilzeit, und das ist eine Zahl, die sehr hoch ist. Ich weiß, dass einige Frauen das durchaus freiwillig tun. Man muss sich das leisten können, wie ich meine, wenn man das freiwillig macht und auch wünscht.

Zum anderen gibt es sehr viele Frauen, die es unfreiwillig machen, weil es eben nicht anders geht, weil der Kindergartenplatz nicht vorhanden ist oder weil der Arbeitsplatz nur in Teilzeit angeboten wird. Da appelliere ich auch an Unternehmen, dass sie die Möglichkeit bieten, dass Vollzeit gearbeitet wird. (Zwischenruf der Abg. Steibl.) – Das habe ich schon erwähnt, dass das viele Frauen wollen. Ich habe es gerade gesagt. Vielleicht haben Sie nicht zugehört, Frau Kollegin.

Um jene, die dies nicht wollen, die das unfreiwillig tun, sollten wir uns alle miteinander, wie ich meine, kümmern. Zum Beispiel sollten Betriebe die Pflicht haben, zu informie­ren, dass ein Vollzeitjob vakant wird, bevor er ausgeschrieben wird, damit die Teilzeit­beschäftigte das auch weiß. Oder der Betrieb sollte, wenn jemand über einen gewissen Zeitraum, etwa ein Vierteljahr, nur Teilzeit gearbeitet hat, eine Aufstockung ermögli­chen müssen. Es sollte auch da eine Informationspflicht bestehen. Das wären zwei Möglichkeiten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Durch­schlag.

 


Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Guten Morgen, Frau Ministerin! Das The­ma Gehaltsschere ist ja ein Thema, das uns wahrscheinlich schon hundert Jahre be­gleitet, und ganz zufriedenstellend ist es ja noch nicht gelöst. Es gibt sehr viele Ur­sachen, die zum Teil sehr unterschiedlich bewertet werden, Sie haben ja einige davon schon gebracht. Eine der Ursachen ist sicher auch, dass die Bewertung der Berufe sehr unterschiedlich und, ich würde aus meiner Sicht sagen, manchmal auch sehr un­gerecht ist.

Typische Frauenberufe – und dazu gehört alles, was mit Care, also mit Pflege, mit dem sich dem Nächsten Zuwenden zu tun hat – sind in der Regel eher ziemlich schlechter bewertet.

Meine Frage an Sie: Haben Sie vor, quasi Akzente in Richtung einer Neubewertung der Berufe zu setzen? Haben Sie vielleicht auch mit dem Herrn Sozialminister schon Gespräche aufgenommen? Und wenn ja, gibt es Ergebnisse, von denen Sie uns be­richten können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 41

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich stehe diesbezüglich nicht nur mit dem Herrn Sozialminister, sondern selbstver­ständlich auch mit Gewerkschaftskolleginnen und -kollegen laufend in Kontakt. Das ist ein mittel- bis langfristiges Projekt, dass wir uns über den Wert von Arbeit Gedanken machen. Da braucht es eine gesellschaftspolitische Debatte und in der Folge natürlich auch Änderungen in den Kollektivverträgen. Das ist etwas, was man jetzt wahrschein­lich nicht von heute auf morgen zustande bringen wird, dass gute Arbeit nicht nur Sinn macht und Freude bereitet, sondern auch monetär, geldmäßig gut bewertet wird. Es kann mir niemand erklären – und deswegen wird diese Frage von uns Frauen auch immer wieder gestellt –, warum eine Pflegerin anders bewertet ist als jemand, der ebenso körperlich tätig ist, etwa ein Mechaniker. Wir wissen auch, dass eine Frau, die an einer Kasse sitzt, Tonnen pro Tag über die Kasse zieht.

Ich bin schon dabei, die Frage der Arbeitsbewertung neu aufzurollen. Dabei kann ich jede Hilfe, jede Unterstützung auch vonseiten der ParlamentarierInnen gut gebrau­chen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Huber.

 


Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Frau Präsident! Frau Bundesministerin, im öf­fentlichen Dienst ist ja die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen de facto geschlossen. Auch das Pensionsantrittsalter ist gleich. Es ist ja heute sicherlich so, dass bei gleicher Qualifikation die Frau bevorzugt wird. Das finde ich auch richtig. Aber da stellt sich für mich die Frage, ob das in Zukunft beibehalten wird. Welche Schritte erachten Sie da als notwendig und wie werden Sie entscheiden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Wenn wir 50 Prozent erreicht haben, das ist die Quote, die wir uns im öffentlichen Dienst vorgenommen haben, dann brauchen wir nichts mehr zu machen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Schwentner.

 


Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Ich würde gerne noch die Maßnah­men, die in dieser Legislaturperiode getroffen wurden, um die Einkommensschere zu schließen, ansprechen, insbesondere den Gehaltsrechner, den Sie als großes Projekt bezeichnen, in dessen Erstellung beziehungsweise Verbesserung und Bewerbung oder Bekanntmachung, je nachdem wie man es sehen will, sehr viel Geld geflossen ist.

Folgende Frage: Halten Sie die Ausgaben für diesen Gehaltsrechner inklusive Be­kanntmachung, die jetzt mittlerweile, glaube ich, mehr als 1 Million € betragen, im Hin­blick auf den Effekt und den Erfolg dieses Rechners für gerechtfertigt?

Wir wissen, dass der Gehaltsrechner teilweise irreführende Ergebnisse erzielt, wenn sich Männer und Frauen mit dem Gehaltsrechner beschäftigen. Vielleicht können Sie uns da etwas darüber erzählen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich glaube nicht, dass der Gehaltsrechner für jeden der 4,2 Millionen Beschäftigten in Österreich eine punktgenaue Angabe machen kann, das war immer bekannt.

Der Zukauf von Datensätzen hat 120 000 und im zweiten Bereich, glaube ich, 70 000 oder 80 000 € gekostet. Ein Produkt zu bewerben ist das andere. Sie alle wissen, was an Mitteln Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnen benötigen. Das heißt, diese Million kann ich jetzt nicht bestätigen. Aber vielleicht hat sich das im Lauf der Zeit summiert, es ist ja schon die zweite Auflage des Gehaltsrechners da.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 42

Ich halte es nach wie vor für ein blendendes Instrument. Über eine Million Männer und Frauen haben sich das angeschaut, Frauen und Männer, wenn Sie so wollen, zwei Drittel, ein Drittel, um einfach zu schauen, was bin ich mit welcher Ausbildung in wel­cher Branche wert. Und daher finde ich es mehr als gerechtfertigt, diesen Gehaltsrech­ner zu haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Kitz­müller.

 


Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Frau Präsident! Frau Minister, wir wissen, dass die Zahl der Alleinerzieher und damit auch die Armutsgefährdung dieser Gruppe immer mehr steigt. Jetzt meine Frage dazu: Was unternehmen Sie speziell im öffent­lichen Dienst, um AlleinerzieherInnen zu bevorzugen, und vor allem, wie weit spielt bei Ihnen – ich sage jetzt einmal hoffentlich – die Anzahl der Kinder bei AlleinerzieherInnen gegenüber Bewerbern ohne Kinder eine Rolle bei der Einstellung im öffentlichen Dienst?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Bei Bewerbungen im öffentlichen Dienst kommt es darauf an, ob das Profil, das je­mand mitbringt, passt. Wir laden im Übrigen alle, die sich bewerben, wenn das Profil passt, zu einem Erstgespräch ein. In der Privatwirtschaft, nur um einen kleinen Side­step zu machen, haben wir ja auch zwei Projekte laufen mit anonymisierten Bewer­bungsverfahren, weil genau eben diese Angabe in einem Lebenslauf eine Frau be­nachteiligen kann. Das tun wir im öffentlichen Dienst nicht. Und im Übrigen versuchen wir, niemanden zu bevorzugen, sondern alle gleich und gut zu behandeln.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 8. Anfrage, das ist die der Frau Abgeordneten Durchschlag. – Bitte.

 


Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ein weiteres Thema in der Frauenpolitik, das uns schon sehr lange begleitet, ist das Thema der gläsernen Decke. Auch wenn man vielleicht sagen kann, okay, sie ist bes­ser durchsichtig geworden, ist es trotzdem offensichtlich sehr schwer, diese Decke zu durchstoßen.

Die Bundesregierung hat vor einiger Zeit den verpflichtenden Frauenanteil in Aufsichts­räten der staatsnahen Unternehmen eingeführt. Dass das gut funktioniert und auch mit Unterstützung der Länder gut funktionieren kann, zeigt Oberösterreich, dort ist diese Vorgabe bereits erfüllt. Es geht aber nicht nur um Aufsichtsratspositionen, sondern es geht ganz klar auch um operative Tätigkeiten.

Daher meine Frage an Sie:

211/M

„Wie entwickeln sich in Österreich die Frauenanteile in Spitzenfunktionen in der öffent­lichen Verwaltung und in der staatsnahen Wirtschaft?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Diese Frage ist in der Tat sehr wichtig, und ich kann berichten, dass in der öffentlichen Verwaltung durch die Vorgaben der Ressorts, den Prozentanteil an Frauen in Füh­rungspositionen zu erhöhen, diese freiwillige Selbstverpflichtung gut greift. In den obersten Spitzenpositionen haben wir an die 24 Prozent Frauenanteil, und in jedem an­deren Bereich – Akademikerinnen, Maturantinnen, andere Fachdienste – haben wir Steigerungen in den letzten sechs Jahren zu verzeichnen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 43

Ich kann die Zahlen gerne schriftlich nachreichen. 24 Prozent, 35 Prozent, 28 Prozent, 33 Prozent, 32 Prozent, ich habe sie vorbereitet, weil ich glaube, dass man sehr stolz darauf sein kann. Die Frauenfördermaßnahmen auf der einen Seite, die wir in jedem Ressort haben, nämlich Pläne dazu, wie wir Frauen fördern können, aber auch die Selbstverpflichtung auf der anderen Seite führen dazu, dass wir Frauen auch in gute Positionen bringen.

In der staatsnahen Wirtschaft – kann ich im Vergleich zur Privatwirtschaft sagen – war das ein Turboprojekt, denn wir machen das jetzt das zweite Jahr und haben quasi die Vorgaben für 2013 bereits erfüllt; noch nicht in allen Unternehmen, es wird zum Teil heuer noch nachbesetzt. Ich glaube, dass Quotenregelungen einfach Prozesse be­schleunigen. Gut ausgebildete Frauen haben wir, sowohl in der Privatwirtschaft als auch in staatsnahen Unternehmen, und wir sehen, dass durch eine Quote eine Be­schleunigung gegeben ist und dass wir die Frauen in entsprechenden Positionen ein­setzen können. Ich würde mir das nach wie vor auch für die Privatwirtschaft wünschen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Durch­schlag.

 


Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Ministerin, Sie haben die Frauenför­derpläne angesprochen, die es im öffentlichen Dienst gibt.

Meine Frage dazu – sie werden ja offensichtlich ganz gut angenommen –: Welche Ver­änderungen hat es gegeben, die man auf diese Frauenförderpläne zurückführen kann?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich darf noch einmal die Steigerungsraten, die ich soeben erwähnt habe, im Vergleich anführen: 15 Prozent im Jahr 2006, 24 Prozent jetzt in absoluten Toppositionen im öf­fentlichen Bereich, 29 Prozent vor sechs Jahren, 35 Prozent jetzt und so weiter. Ich glaube, dass Frauenförderpläne sehr dazu beitragen, dass innerbetrieblich, also in den Ressorts, Frauen einfach gute Weiterbildungsmaßnahmen, Weiterqualifikationsmaß­nahmen zur Verfügung haben. An unserer Verwaltungsakademie nehmen zum Beispiel immer mehr Frauen an Public-Management-Seminaren teil. Die Frauen erarbeiten sich einfach auch andere Bereiche, erwerben andere Fähigkeiten, legen Prüfungen ab, ab­solvieren MBA-Studien, und das alles beschert ihnen dann den nächsten Schritt in der Karriereleiter, und dafür sind sicher die Frauenförderpläne maßgebend.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Haub­ner.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Bundesministerin, Sie haben jetzt gesagt, dass Sie gute Erfahrungen gemacht haben mit dieser freiwilligen Verpflichtung der Mi­nisterien, in staatsnahen Betrieben beziehungsweise in der öffentlichen Verwaltung mehr Frauen in Spitzenpositionen zu bringen. Das ist grundsätzlich erfreulich, ich persönlich bin auch der Meinung, dass mit einer freiwilligen Verpflichtung und mit der entsprechenden Qualifikation, die sich die Frauen erwerben, mehr erreicht werden kann als mit einer statisch verpflichtenden Frauenquote.

Ich habe wie viele andere den Medien entnommen, dass Kollege Ikrath von der ÖVP eine verpflichtende Frauenquote in börsennotierten Unternehmen in der Privatwirt­schaft fordert. – Wie stehen Sie zu dieser Aussage?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich weiß nicht, ob Kollege Ikrath anwesend ist 

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 44

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich darf kurz unterbrechen. Kollege Ikrath ist für heute entschuldigt – somit ist das auch offiziell bekannt gegeben.

*****

Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek (fortsetzend): Ich unterstütze das voll, wollte ich sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Schwentner.

 


Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Das ist schön, dass Sie das unter­stützen, ich unterstütze es auch, ich begrüße es auch.

Mich würde interessieren, ob das jetzt für Sie bedeutet, dass es vielleicht doch auf na­tionaler Ebene einen Schritt in diese Richtung geben könnte, nämlich Quoten auch in der Privatwirtschaft zu verankern. Haben Sie das Gefühl, dass sich in der ÖVP mehr in diese Richtung bewegt beziehungsweise gehen Sie auf neue Gespräche diesbezüglich zu?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Selbstverständlich, Frau Abgeordnete, nehme ich gerne zur Kenntnis, dass Bewegung in die ÖVP gekommen ist und dass diese Frage es auch wert ist, weiter debattiert zu werden. Ich nehme das sehr gerne zum Anlass, mit der ÖVP wieder und wieder in Ge­spräche darüber zu treten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck.

 


Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Guten Morgen! In Österreich werden an vielen Universitäten Aufnahmetests verlangt, mittlerweile auch an den Medizin-Uni­versitäten. Letztes Jahr hat man bei diesem Aufnahmetest bei gleichen Voraussetzun­gen ungleiche Maßstäbe angewandt, weil man argumentiert hat, dass Mädchen den Aufnahmetest normalerweise schlechter bewältigen als Burschen. Das heißt, die Bur­schen haben einen höheren Punktewert benötigt, um bei gleicher Voraussetzung einen der begehrten Studienplätze zu bekommen.

Meine Frage ist: Ist diese Form der Diskriminierung – wir nennen das „positive Diskri­minierung“ – eine zu unterstützende frauenpolitische Maßnahmen gerade an den Uni­versitäten?

Meine zweite Frage: Werden Sie den drei, vier Burschen, die bei diesem ganzen Theater übrig geblieben sind, dahin gehend Hilfestellung zukommen lassen, dass sie heuer eine sogenannte positive Diskriminierung in Anspruch nehmen können und auf­genommen werden, weil sie den Test letztes Jahr ja bestanden hätten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Zum einen möchte ich Ihnen sagen, Herr Kollege, dass sich junge Männer sicher selbst helfen können. Zum anderen bin ich der Meinung – wir wissen, dass dieser Test seit Jahren die Geschlechter ausdifferenziert, das heißt, diesen Gender Bias, wie man das auch nennt, hat –, dass junge Frauen jahrelang benachteiligt worden sind. Ein Mal hat man diesen Test für Frauen und Männer eigens bewertet und jeweils die Besten aufgenommen, und sofort gab es Widerstand. Wie Sie wissen, ist das auch vom Herrn


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 45

Wissenschaftsminister nicht goutiert worden. Es ist dann eine Sonderregelung für die MedUni Wien getroffen worden, und ich glaube, niemand der jungen Männer ist jetzt benachteiligt. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Szep.

 


Abgeordnete Irene Szep (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sie bekennen sich in Ihrem Regierungsprogramm dazu, den Anteil der Frauen in Spitzen­positionen zu erhöhen. Das Thema „Frauen in Spitzenpositionen“ ist in aller Munde. Frauen sind so gut ausgebildet wie nie zuvor. Es kann auch die Privatwirtschaft nicht länger auf die Qualifikationen und Fähigkeiten der Frauen an der Spitze verzichten. Es geht darum, Frauen mit gleicher Qualifikation auch die gleichen Chancen zu gewähren, damit der Frauenanteil in Spitzenführungspositionen steigt. Von den Qualifikationen der Frauen kann die Privatwirtschaft nur profitieren.

Meine Frage: Die Quote für die Aufsichtsräte in staatsnahen Unternehmen erweist sich angesichts der Steigerungszahlen, die Sie eben präsentiert haben, als großer Erfolg. Im Vergleich dazu hinkt die Privatwirtschaft deutlich hinterher. (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.)

EU-Justizkommissarin Reding hat vor einigen Monaten einen Vorschlag für eine Quo­tenregelung in der Privatwirtschaft auf europäischer Ebene vorgelegt. – Wie stehen Sie zu diesem Vorschlag?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich bin nationale Partnerin der EU-Kommissarin, unterstütze diesen Vorschlag voll und ganz. 11,6 Prozent Frauen in Aufsichtsräten in der Privatwirtschaft, das ist wirklich noch zu wenig.

Herr Abgeordneter Ikrath, der heute entschuldigt ist, aber ein gutes Zeichen gesetzt hat, um das in Österreich einmal anzugehen, gibt mir jetzt wieder Rückenwind, die Ge­spräche mit der ÖVP fortzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es sind alle Anfragen zum Aufruf gelangt, ich erkläre die Fragestunde daher für beendet.

Ich bedanke mich außerordentlich, denn heute hat sich wieder einmal gezeigt, dass die Zeitökonomie einer Fragestunde doch durchhaltbar ist. Vielen Dank dafür, der Frau Bundesministerin genauso wie den Fragestellerinnen und Fragestellern. (Allgemeiner Beifall.)

10.29.04Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 14133/AB und 14134/AB;

2. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert wird (2411 d.B.),

Schulbehörden – Verwaltungsreformgesetz 2013 (2412 d.B.),

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Bereich Dienstrecht (2427 d.B.),


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 46

Bundesgesetz, mit dem das Exekutivdienstzeichengesetz und das Verwundetenme­daillengesetz geändert werden (2433 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird und Verstöße ge­gen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt werden (SPG-No­velle 2013) (2434 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (2435 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz geändert wird (2436 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Besatzungsschädengesetz, das Entschädigungsgesetz ČSSR und das Verteilungsgesetz Bulgarien geändert werden (2437 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Bausparkassengesetz, das Börse­gesetz 1989, das E-Geldgesetz 2010, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanz­marktaufsichtsbehördengesetz, das Finanzmarktstabilitätsgesetz, das Finanzsicherhei­ten-Gesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Kapitalmarktgesetz, das Nationalbankgesetz 1984, das Sparkassengesetz, das Stabilitätsabgabegesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Zahlungsdienstege­setz, das Pensionskassengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvor­sorgegesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (2438 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Staatsschulden­ausschusses geändert wird (2439 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008 und das Katastrophenfonds­gesetz 1996 geändert werden (2440 d.B.),

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – BMLFUW (2441 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Holzhandelsüberwachungsgesetz erlassen und das BFW-Gesetz geändert wird (2442 d.B.),

Schifffahrtsrechtsnovelle 2013 (2443 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (GuKG-Novelle 2013) und mit dem das MTD-Gesetz geändert wird (MTD-Gesetz-No­velle 2013) (2444 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Gesundheitsbe­rufen (Gesundheitsberuferegister-Gesetz – GBRegG) erlassen und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (2445 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010, das Gewebesicherheitsgesetz, das Rezeptpflichtgesetz und das Gesundheits- und Er­nährungssicherheitsgesetz geändert werden (2446 d.B.);

3. Anträge:

Zurückziehung des Antrages und des Verlangens gemäß § 99 Abs. 2 GOG: zu 2079/A.

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuss:

Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, 11 ST 32/13p, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Johann Rädler wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 302 Abs. 1 StGB;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 47

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Arbeitsrechts-Änderungsgesetz 2013 – ARÄG 2013 (2407 d.B.),

Antrag 2329/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 24. Oktober 1967 betreffend den Fami­lienlastenausgleich durch Beihilfen (Familienlastenausgleichsgesetz 1967), idF des BGBl. I Nr. 81/2013, geändert wird,

Antrag 2332/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend konkrete Maßnahmen für Österreichs Freiwillige II;

Außenpolitischer Ausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Entwicklungshelfergesetz und das Allgemeine Sozialversi­cherungsgesetz geändert werden (2375 d.B.);

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Investmentfonds­gesetz 2011 geändert werden (2399 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz – AIFMG er­lassen wird und das Bankwesengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständi­genvorsorgegesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Immobilien-Investment­fondsgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Wertpapieraufsichtsge­setz 2007, das Kapitalmarktgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quel­lensteuergesetz und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden und das Be­teiligungsfondsgesetz aufgehoben wird (2401 d.B.),

Finanzstrafgesetz-Novelle 2013 – FinStrG-Novelle 2013 (2405 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Buchhaltungsagenturgesetz geändert wird (2409 d.B.),

Antrag 2330/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend keine Gruppenbesteuerung im Finanzsektor – Steuergerechtigkeit statt Bankenoase,

Antrag 2331/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend konkrete Maßnahmen für Österreichs Freiwillige I;

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bangseuchen-Gesetz, das Rinderleukosegesetz und das Bundesgesetz zur Bekämpfung der Infektiösen Bovinen Rhinotracheitis und der In­fektiösen Pustulösen Vulvovaginitis aufgehoben wird (2376 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Gehaltskassengesetz 2002 geändert wird (2377 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden (2398 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz geändert wird (2400 d.B.),

Antrag 2327/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kollegin und Kollegen be­treffend Verbesserung der Situation der chronischen Schmerzpatienten in Österreich,

Antrag 2328/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Gesundheitsberufe-Register durch überbetriebliche Interessenvertretungen;


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Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzie­rungsgesetz, das Freiwilligengesetz und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ge­ändert werden (ZDG-Novelle 2013) (2406 d.B.),

Antrag 2335/A der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird;

Justizausschuss:

Berufsrechts-Änderungsgesetz 2013 – BRÄG 2013 (2378 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), das Ausliefe­rungs- und Rechtshilfegesetz und das Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz geändert wer­den (EU-JZG-ÄndG 2013) (2379 d.B.),

Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2013 (2402 d.B.),

Adoptionsrechts-Änderungsgesetz 2013 – AdRÄG 2013 (2403 d.B.),

Erwachsenenschutz-Gesetz – ErwSchG (2404 d.B.);

Rechnungshofausschuss:

Antrag 2334/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend strafrechtliche Konsequenzen bei Falschauskünften und bei vorenthaltenen Unterlagen sowie ein Beschlagnahmerecht für die Prüfer des Rechnungshofes;

Umweltausschuss:

AWG-Novelle Verpackung (2408 d.B.);

Unterrichtsausschuss:

Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über den weiteren Ausbau ganztägiger Schul­formen (2410 d.B.);

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie

Antrag 2333/A(E) der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Abschaffung der kostenpflichtigen Bekanntmachung von Informationen aus der Ediktsdatei im Amtsblatt der „Wiener Zeitung“.

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 bis 5, 6 und 7, 11 bis 16, 17 und 18, 22 bis 24, 25 und 26 sowie 27 und 28 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonfe­renz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Ta­gesblockzeit von 7,5 „Wiener Stunden“ vereinbart. Entsprechend der vorläufigen Neu-


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verteilung der Redezeit innerhalb einer „Wiener Stunde“ ergeben sich für diese 7,5 „Wiener Stunden“ folgende Redezeiten: SPÖ und ÖVP je 105, FPÖ 94, Grüne 83, BZÖ 71 sowie STRONACH 60 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Wer seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um eine Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.30.181. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2315/A(E) der Abge­ordneten Angela Lueger, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die dramatische Situation in Syrien und deren Auswirkungen für die Region und auch für Europa (2422 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


10.31.02

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute in dieser außenpolitischen Debatte unter anderem mit der Lage in Syrien und der dramatischen humanitären Situation, die die Menschen dort erfahren, die in unvorstellbar schlimmen Verhältnissen leben müssen. Es ist wohl so, dass das Sze­nario, das sich dort abspielt, Europa massiv tangiert. Es gibt Flüchtlingswellen nach Jordanien, in die Türkei, in den Libanon, wir erleben eine humanitäre Katastrophe, in der die Staatengemeinschaft massiv gefordert ist.

Wir erleben aber auch – und das ist, glaube ich, etwas, das uns in besonderer Weise betroffen machen muss – abermals eine massive Verfolgung von Christen in Syrien. Es gibt in Syrien etwa 2 Millionen Christinnen und Christen, etwa 10 Prozent der Bevöl­kerung, die augenblicklich von massiver Vertreibung, von Raub, von gezielten Tötun­gen, von Massenvergewaltigungen betroffen sind. Bewusst geworden ist das vielleicht ein wenig mehr durch die Entführung der beiden Metropoliten von Aleppo. Dadurch ist die Gesamtsituation vielleicht ein wenig stärker ins Licht der Öffentlichkeit gerückt.

Die Situation in Syrien ist völlig unübersichtlich. Es gibt unterschiedliche Gruppen, die das Assad-Regime stürzen wollen, und es gibt eigentlich keinen Staat im klassischen Sinn, der sozusagen noch Herr der Lage ist, auch im Hinblick auf etwaige internatio­nale Vereinbarungen. Das tangiert natürlich Österreich insofern, als wir seit bald 40 Jahren im Rahmen der Vereinten Nationen Truppen auf den Golanhöhen stationiert haben. Die historischen Konfliktgegner Israel und Syrien waren mit einer sogenannten Disengagement Force einverstanden, also einer Truppe der Vereinten Nationen, die eine Art neutrales Gebiet in Besitz hat, um diese einstigen historischen Gegner ausein­anderzuhalten. Es handelt sich um eine Beobachter-Mission, eine Melde-Mission, nicht um eine robuste Mission der Vereinten Nationen mit schwerer Bewaffnung. Ganz im Gegenteil, die Truppen auf den Golanhöhen sind nur mit leichter Bewaffnung ausge­stattet, die eben der Aufgabe und dem Mandat der Vereinten Nationen gerecht wird.

Aufgrund der zum Teil doch massiven Kampfhandlungen in Syrien auch auf dem Ge­biet, das derzeit von den UNO-Truppen „bewacht“ wird, wenn man so will, gab es nun eine Lagebeurteilung im Verteidigungsressort. Der Herr Bundesminister für Landesver-


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teidigung hat in dieser Lagebeurteilung kürzlich im Ministerrat den Vorschlag unterbrei­tet, die österreichischen Truppen dieser Mission von den Golanhöhen abzuziehen.

Das, meine Damen und Herren, ist eine weitreichende Entscheidung, die man, glaube ich, insofern durchaus differenziert betrachten kann, als selbstverständlich das Lage­bild ernst zu nehmen ist. Wenn das Verteidigungsressort mitteilt, dass man die Lage nicht mehr beherrschen kann, dann ist die Entscheidung zu treffen, die Truppen von den Golanhöhen abzuziehen. Das hat die Bundesregierung gemacht, weil die Sicher­heit unserer Soldatinnen und Soldaten oberste Priorität haben muss, meine Damen und Herren!

Wenn wir die Berichterstattung in den internationalen Medien verfolgen, können wir durchaus feststellen, dass diese durchwachsen ist, um es positiv zu formulieren. (Abg. Petzner: Haha, sehr positiv formuliert!) Es gibt eine Fülle von Stellungnahmen. Im ara­bischen Bereich etwa berichtet Al Jazeera – und das ist nicht unbedeutend – durchaus sachlich über diese Entscheidung. Wir finden in jüdischen Medien eine dramatische Kritik, wenngleich ich, möchte ich sagen, einschlägige Stereotype, die unangebracht sind, zurückweisen muss.

Die „International Herald Tribune“ etwa – und das bringt wohl die Differenziertheit der Angelegenheit sehr schön auf den Punkt – hat vor zwei Tagen geschrieben: „You can’t really blame the Austrian government for not wanting to risk the lives of its troops. On the other hand, what’s the point of having international forces at all if they are pulled out when things get tough?“

Also mit einem Wort: Man kann auf der einen Seite der österreichischen Regierung kei­nesfalls vorwerfen, dass sie ihre Truppen abzieht, wenn die Situation ist, wie sie ist, und das derzeitige Mandat der Vereinten Nationen nicht ausreicht. Auf der anderen Seite stellt sich aber die Frage, wozu es internationale Truppen gibt, wenn sie abgezo­gen werden, wenn es sozusagen schwierig wird.

In diesem Zusammenhang – ich begrüße den Herrn Verteidigungsminister in unserer Mitte – kommt aber genau die Frage der internationalen Staatengemeinschaft in die Ziehung, denn es wäre, glaube ich, schon angebracht gewesen – insbesondere von­seiten der Ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates –, rechtzeitig über die Frage dieses Mandats nachzudenken, denn das Mandat in der jetzigen Form ist nicht ausrei­chend, um eine Fortsetzung dieser Mission durchzuführen.

Es sind also in dieser Diskussion zwei Dimensionen festzustellen, und ich denke, man muss beide betrachten.

Die eine Dimension ist die Beurteilung der militärischen Lage. Diese hat der Verteidi­gungsminister mit seinen Experten im Verteidigungsressort vorgenommen und der Bundesregierung dann mitgeteilt, dass eine Fortsetzung der Mission nach der Lagebe­urteilung und auf Basis des Mandats der Vereinten Nationen nicht mehr durchzuführen ist. Deshalb hat die Bundesregierung die Entscheidung getroffen, unsere Truppen nach Hause zu holen.

Die zweite Dimension ist die außenpolitische, die man auch nicht geringschätzen darf, nämlich die Frage: Wie geht die UNO in Hinkunft mit derartigen Situationen um? Es ist aber weniger die UNO in Diskussion, es sind vor allem die Ständigen Mitglieder des Si­cherheitsrates der Vereinten Nationen, die sich meiner Meinung nach schon überlegen müssen, wie künftig damit umzugehen ist.

Meine Damen und Herren, es gab noch eine Debatte, und ich glaube, dass gerade der Herr Außenminister da richtig gehandelt hat, indem er auf der Ebene der Europäischen Union die Aufrechterhaltung des Waffenembargos verlangt hat. – Absolut richtig auf­grund einer völlig unübersichtlichen Situation in Syrien: auf der einen Seite Truppen


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des Staates Syrien, auf der anderen Seite ein unübersichtliches Arrangement von – unter Anführungszeichen – „Rebellen“. Beide Seiten haben sich nach Berichten sowohl von Human Rights Watch als auch von Amnesty International der Kriegsverbrechen schuldig gemacht, es finden Kriegsverbrechen auf beiden Seiten statt. In einer derar­tigen Situation dafür einzutreten, auch nur irgendeine Seite zusätzlich mit Waffen zu beliefern, kann nur unsere Ablehnung finden, meine Damen und Herren! Das ist, glau­be ich, unstrittig der Fall.

Es ist bedauerlich, dass die Europäische Union in dieser Frage nicht zu einer gemein­samen Vorgangsweise gefunden hat, aber jedenfalls gab es keine Entscheidung unse­rerseits, eine derartig falsche Vorgangsweise zu unterstützen, meine Damen und Her­ren.

Und dann geht es natürlich auch um die Frage: Wie geht man mit der Heimholung un­serer Soldaten um? Ich glaube, das ist weder Anlass für Triumph noch für besondere Freude. Es ist eine sehr, sehr ernste Angelegenheit, wenn eine derartige Entscheidung mit allen internationalen Implikationen zu treffen ist. Ich meine daher, dass das Foto­shooting, das gestern am Flughafen stattgefunden hat, möglicherweise gut gemeint war, aber manchmal ist gut gemeint das Gegenteil von gut, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

10.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Dr. Cap gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.41.11

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Noch einmal zur Erinnerung: Das Mandat der UNO für die österreichischen Blauhelme war ganz ein­fach: im Rahmen einer entmilitarisierten Zone zwischen den Kriegsparteien Israel und Syrien zu beobachten und bei allfälligen Vorkommnissen diese nach New York zu mel­den.

In den letzten Jahren hat es schon wachsende Probleme in der Ausübung dieses Man­dates gegeben. Österreich hat sich schon bemüht, das Ganze in New York zu melden, transparent zu machen, Verbesserungsvorschläge zu bringen. Aber es hat im Wesent­lichen keine Überlegungen in diesem Sinn gegeben.

Es ist einmal ganz wichtig, dass man das sieht, denn im Zuge dessen, dass es dann zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen in Syrien selbst gekommen ist – deren Höhepunkt unter anderem auch die Debatte über das Auslaufen des Waffenembargos war, was ja bedeutet, dass letztlich die Rebellentruppen zum Teil, aber eigentlich im­mer mehr auch aus islamistischen Terroristen bestehen –, haben viele gesagt: Dorthin Waffen zu liefern, das schafft noch ein zusätzliches Gefahrenpotenzial. Dafür kann man nicht sein.

Außerdem wäre damit die EU, wären die Mitgliedsländer der EU, nicht mehr neutral, nicht mehr überparteilich. Österreich, das ja auch überparteilich sein muss und außer­dem noch ein neutrales Land ist, wäre letztlich in eine Situation gekommen, die die Ausübung dieses Mandates der UNO, das ich vorhin beschrieben habe, noch mehr er­schweren würde. Daher war schon seit Wochen die Kommunikation folgende: Wenn das Waffenembargo ausläuft, dann wird es sowieso auch objektiv immer schwieriger und schwieriger, dieses Mandat auch wirklich zu erfüllen.

Nun ist es zu Kampfhandlungen in dieser entmilitarisierten Zone zwischen Rebellen­truppen und der syrischen Armee gekommen. Es ist letztlich so: In der entmilitarisierten Zone haben eigentlich beide Parteien nichts verloren. Und es ist damit natürlich auch


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die Frage aufgekommen: Was ist jetzt die Aufgabe von Blauhelmen in dieser Zone? Dafür gibt es kein Mandat, dass, damit die entmilitarisierte Zone weiter aufrechterhal­ten bleibt, mit Waffengewalt jetzt noch die Bürgerkriegsparteien getrennt werden müs­sen.

Also das ist eine Diskussion, die natürlich entstanden ist, auch in den letzten Tagen, als Kuneitra von den Rebellen erobert wurde und die syrische Armee es nach einem längeren Zeitraum wieder zurückerobert hat, ob man sich nicht ein anderes Mandat überlegt – oder, wie es aus der amerikanischen Botschaft geheißen hat, ein robusteres Mandat.

„Robusteres Mandat“ – was heißt das, wenn man es übersetzt? Das heißt in Wirklich­keit: Am Ende des Tages steht die bewaffnete Intervention der UNO in diesem Gebiet. Und dann, wenn Österreich und die österreichischen Blauhelme dort verblieben wären, hätte sich natürlich für die österreichischen Blauhelme auch die Frage gestellt, ob sie an einer militärischen Auseinandersetzung teilnehmen, ob sie mit Waffengewalt an der Entflechtung der Bürgerkriegsparteien mitwirken, ob sie wirklich als Kampftruppe mit Waffengewalt agieren.

Und da kann ich nur sagen: Nein! Das wurde, so glaube ich, eindeutig beantwortet, dass wir das nicht wollen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Jetzt einmal unabhängig von der politischen Einschätzung, ob es überhaupt Sinn macht, so etwas anzustreben, und unabhängig von der österreichischen Aufgabenstel­lung, aber das ist etwas, wo wir in aller Deutlichkeit gesagt haben, dass wir nicht in die­se Richtung gehen wollen. Wir haben daher auch, als eben diese Eroberung von Ku­neitra durch die Rebellen und diese Kampfhandlungen in der entmilitarisierten Zone stattgefunden haben, einfach den Beschluss gefasst – auf Vorschlag des Ministeriums und des Verteidigungsministers –, dass sich unsere Blauhelme in einem überschauba­ren Zeitraum – zwei bis vier Wochen, hat es geheißen – aus diesem Gebiet zurückzie­hen, geordnet zurückziehen.

Und jetzt findet eigentlich das Gleiche statt, was auch die Kroaten mit der UNO ver­handelt haben, so eine Art von Suspendierungsverhandlungen für die vorzeitige Auflö­sung dieses Truppenstellerabkommens. Das ist mit Kroatien genauso erfolgreich ge­wesen, wie es, nehme ich an, auch mit Österreich stattfinden wird. Die UNO wird da­her – und tut das schon seit Längerem – neu über die Aufgabe der UNO in diesem Rahmen nachdenken beziehungsweise jetzt einmal fürs Erste einen Ersatz suchen, der in diesem Gebiet dann vielleicht das bisherige Mandat – das meiner Meinung nach nicht mehr existiert, aber es kann ja sein, dass es jemanden gibt, der das anders sieht – fortführt.

Ich glaube, es gibt eine relativ klare Position der Parlamentsparteien, außer des BZÖ; es wird aber der Redner des BZÖ erklären, ob er für einen bewaffneten Einsatz öster­reichischer Blauhelme und eine Intervention in Syrien ist. Nach der Position, die das BZÖ bisher vertreten hat, sieht es so aus. Aber Sie werden das hier selbst besser er­klären können, in welche Richtung es geht.

Ich sehe daher, resümierend gesagt, eine klare, präzise Vorgangsweise. Zum richtigen Zeitpunkt wurden die entsprechenden Schritte gesetzt, dass man den Abzug vollzieht. Es wird saubere Verhandlungen für diese vorzeitige Auflösung des UNO-Mandates ge­ben. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass man vor allem erkennt, dass das bisherige Mandat nicht mehr existiert und dass es daher logisch ist, wenn man sich zurückzieht. Alle anderen Interpretationen sind an den Haaren herbeigezogen. Ich bin der Meinung, diese sollten in einer ernsthaften Debatte keine Rolle spielen. Die österreichische Au­ßenpolitik wird sicherlich erfolgreich weitergehen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.47



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 53

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Strache zu Wort. – Bitte.

 


10.47.18

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Verteidigungs­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn ist einmal festzuhalten: Es war die richtige Entscheidung, unsere UN-Soldaten, die österreichischen Friedens­soldaten vom Golan abzuziehen. Seit Monaten verlangen wir als freiheitliche Opposi­tion diesen Schritt, der nur ein logischer und konsequenter Schritt war.

Natürlich muss man in Erinnerung rufen, dass unsere Soldaten 40 Jahre, sprich vier Jahrzehnte, exzellente Arbeit am Golan geleistet haben, als UN-Soldaten den Frieden zu beobachten, entsprechende Verletzungen in einer Waffenstillstandszone zu melden, wobei die Vertragsparteien garantiert haben, dass das eine entmilitarisierte Zone ist und diese sicherzustellen ist. – Das ist jedoch seit Monaten in dieser Form nicht mehr gegeben. Das ist ja auch der erste Grund dafür, warum das UN-Friedensmandat nicht mehr gegeben ist – und zwar seit Monaten nicht mehr gegeben ist!

Wir haben die angespannte Lage im Nationalen Sicherheitsrat bewertet und beurteilt und haben festgehalten, dass es, wenn darüber hinaus auch noch das Waffenembargo ausläuft und die Engländer und die Franzosen in einer unverantwortlichen Art und Wei­se meinen, lieber Waffen zu den Kriegsparteien transportieren und an diese liefern zu wollen, dann die logische Konsequenz ist, dass wir Österreicher die Mission vor Ort nicht mehr aufrechterhalten können. (Beifall bei der FPÖ.)

Da muss man die Verantwortung bei den Engländern und Franzosen festmachen. Das war auch eine sehr deutliche Festlegung der österreichischen Regierung, die nur kon­sequent war, am Ende eben diese Umsetzung vorzunehmen.

Natürlich muss man Folgendes festhalten: Die Entscheidung ist in erster Linie eine Ent­scheidung des Außenamtes, weil es mit der UNO auch entsprechende Verträge und Grundlagen gibt. Wenn die Grundlagen nicht mehr gegeben sind, dann hat der Außen­minister das auch mitzuteilen und die Konsequenzen daraus zu ziehen, und der Vertei­digungsminister hat dann die Aufgabe, das umzusetzen, was ja auch erfolgt ist.

Natürlich wird jetzt immer wieder betont, dass man von unserer Seite keinen Grund hat, sich für irgendetwas zu entschuldigen. Es gibt keinen Grund, sich zu entschuldi­gen. Wir haben richtig gehandelt. Was wäre denn die Konsequenz, wie Herr Klubob­mann Cap zu Recht aufgezeigt hat? Was wäre die Konsequenz bei einem endenden Mandat? Das Mandat zu erneuern und zu erweitern und dann österreichischen UN-Soldaten den Auftrag zu geben, mit Waffengewalt Frieden zu sichern? Ist das die Vor­stellung mancher hier im Haus? – Ich hoffe nicht! Also von uns Freiheitlichen mit Si­cherheit nicht. (Zwischenrufe der Abgeordneten Scheibner und Mag. Widmann.) Es ist nicht die Aufgabe eines neutralen Landes wie Österreich, mit Waffengewalt auf Kriegsparteien loszugehen und dann den Frieden vor Ort zu sichern. Das ist ja absurd! (Beifall bei der FPÖ.)

Da spätestens hat das neutrale Österreich selbstverständlich so ein erweitertes Man­dat nicht zu übernehmen, und da muss man über andere Länder, die so ein Mandat übernehmen können, nachdenken. – Österreich mit Sicherheit nicht!

Natürlich haben wir das im Vorfeld sehr klar und deutlich artikuliert, und es ist daher wichtig, dass es zu diesem Abzug gekommen ist. Dass der ehemalige Verteidigungs­minister Herbert Scheibner offenbar gerne die Eurofighter am Golan zum Einsatz brin­gen möchte, das sei ihm überlassen. Ich finde es lächerlich und unwürdig, wenn man in dieser Art und Weise argumentiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber ich sage klar und deutlich, wir haben unsere Aufgabe exzellent erfüllt. Das Man­dat war, eine entmilitarisierte Zone, einen Waffenstillstand zu beobachten und Waffen-


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stillstandsbrüche zu melden. Das ist seit Monaten nicht mehr der Fall. Da können Sie herumdeuteln, was Sie wollen. Das ist die Grundlage, und eine andere gab es nicht.

Es gibt ja Bürgerkriegsparteien, ob das jetzt die Hisbollah auf der einen Seite ist, ob das radikale Islamisten auf der anderen Seite sind, wo der syrische Staat zum Teil gar nicht mehr die Hoheitsgewalt hat, gar nicht mehr die Lage im Griff hat und gleichzeitig Israel gezwungen ist, auch wiederum mit Luftangriffen zu reagieren. Ich meine, da ist es ja fahrlässig, wenn man weiter untätig zusieht, wie sich unsere Soldaten mit leich­ter Bewaffnung in den Bunkeranlagen verstecken müssen – eine andere Aufgabe hät­ten sie nämlich nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist ja absurd, hier davon zu reden, dass unsere Soldaten bei Schwierigkeiten da­vonlaufen. Schwierigkeiten, die exzellent gemeistert worden sind, gab es vier Jahr­zehnte lang. Aber nun ist eben eine andere Lage vorherrschend, und diese ist richtig beurteilt worden.

Was mir im heutigen Entschließungsantrag betreffend die dramatische Situation in Sy­rien sehr wohl fehlt – Herr Kollege Amon hat es angesprochen –, ist die Verfolgung der Christen, die Vertreibung der Christen, auch die Ermordung und Vergewaltigung von Christen; es gibt über zwei Millionen Christen in dieser Region – 10 Prozent der Bevöl­kerung. Wir haben gesehen, was im Irak passiert ist: eine gezielte, massenhafte Ver­treibung von Christen. Und da fehlt mir schon im Antrag die Betonung dieser Proble­matik, auch vonseiten der ... (Abg. Amon: Steht alles drinnen!) Na ja, eine schärfere Betonung!

Mir fehlt auch vonseiten der Europäischen Union eine entsprechende Verurteilung, ein Protest. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amon.– Nein. Das ist ja ein nicht ent­scheidender, betonter Punkt. Ich betone das daher bewusst. Das muss vonseiten der Europäischen Union notfalls auch mit einer Intervention beantwortet werden. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Scheibner: Was?)

Da wird immer zugeschaut, wie Christen vor Ort gezielt ermordet oder vertrieben wer­den. Das ist ein Problem, das natürlich auch Europa betrifft – keine Frage –, aber vor allen Dingen die Menschen vor Ort. Da hat man auch, wenn sich Europa ernst nimmt, eine gewisse Verantwortung, den Christen in dieser Region auch Schutz zu gewähren.

Selbstverständlich muss man auch die radikalen Islamisten erwähnen, die ja auch von­seiten der Europäischen Union im Gebiet der Europäischen Union als Asylwerber auf­genommen worden sind, und, wie wir jetzt wissen, zu Hunderten aufgebrochen sind, um in den Krieg zu ziehen. Sie sind dort als radikale islamistische Kämpfer vor Ort in kriegerische Handlungen verstrickt, haben aber offensichtlich vor, wieder zurückzu­kommen, um ihr Asylrecht hier bei uns wieder zu erneuern und wieder hier zu leben.

Da muss man schon auch die Verantwortung Österreichs hernehmen, dass wir solche Herrschaften nicht mehr haben wollen. Da wollen wir auch klar und deutlich festhalten, dass solche radikalen Islamisten, die dort unten in Kampfhandlungen tätig verwickelt sind und damit letztlich auch das heilige Recht des Asyls missbraucht haben, nicht mehr nach Österreich zurückkommen sollen. Genau das haben wir sicherzustellen und auch zu bewerkstelligen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist natürlich auch für Europa eine Gefahr, und natürlich muss man das Problem der Massenzuwanderung nach Europa, verbun­den mit einer falsch verstandenen Toleranz, auch entsprechend ansprechen. Ich sage, in Europa gibt es Entwicklungen einer islamischen Parallel- und Gegengesellschaft, die gefährlich sind, die oftmals unterschätzt werden. Wenn wir zu Recht auf diese Pro­bleme hinweisen, wischt man sie vom Tisch und ist in Wirklichkeit nicht dazu bereit, im Sinne einer westlichen freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft ernsthaft und deutlich gegen solche Entwicklungen aufzutreten.


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Da ist mehr notwendig, auch vonseiten der österreichischen Bundesregierung, weil wir auch hier im Land viele radikale islamistische Hassprediger haben, die zum Heiligen Krieg aufrufen, die letztlich auch Rekrutierungsmaßnahmen hier in Österreich vorneh­men, um radikale islamistische Kämpfer für solche kriegerischen Schauplätze zu ge­winnen.

Da sind wir aufgerufen, die Lage endlich ernsthaft und richtig einzuschätzen, dagegen­zuhalten und natürlich auch entsprechende Maßnahmen zu setzen, um solche Ent­wicklungen in Österreich hintanzuhalten.

Ich sage, es kann kein Interesse daran bestehen, dass wir uns Konflikte aus dem Na­hen Osten nach Österreich hereinholen. Wir müssen daher auch in diesen Bereichen einfach konsequenter sein, als es bisher der Fall war. Das ist mein Appell an die Bun­desregierung. Es sollen nicht jene, die Fehlentwicklungen aufzeigen, als Hetzer abge­kanzelt werden. Das ist sicherlich der falsche Weg. (Beifall bei der FPÖ.)

10.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Pilz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.55.36

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Zumindest wir vom grünen Klub sind äußerst verwundert darüber, dass der Herr Außenminister nicht anwesend ist. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

In der Präsidialkonferenz ist festgehalten worden, dass der Außenminister bei anderen Tagesordnungspunkten vertreten wird, aber bei diesem Punkt anwesend sein wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Er musste dringend nach Fidschi!) Es muss eine Erklärung dafür geben, warum er trotz einer Vereinbarung mit dem Nationalrat diese Debatte schwänzt. Ich habe Herrn Staatssekretär Lopatka, der anwesend ist, gefragt, und er hat mir gesagt, der Herr Außenminister empfängt im Moment internationale Gäste im Außenministerium. Ich bin nicht bereit, das zu akzeptieren. (Beifall bei den Grünen.)

Der Herr Außenminister hat – und darauf werde ich zurückkommen – die Republik Ös­terreich durch seine Tätigkeit rund um das UNDOF-Mandat in eine international bemer­kenswerte Situation gebracht. Dafür hat er sich in erster Linie vor dem österreichischen Parlament zu verantworten.

Damit komme ich zur Sache. Ja, es war nicht nur richtig, sondern es war die einzige Möglichkeit, mit dem Truppenabzug vom Golan zu beginnen. Wir haben ein klares Mandat der Vereinten Nationen, das UNDOF-Mandat aus dem Jahr 1974, das besagt: Überwachung des Waffenstillstandes in einer entmilitarisierten Zone. Wer behauptet, dass ein Bürgerkriegsgebiet, in dem syrische Kampfpanzer schwer bewaffnete Rebel­len beschießen und in dem um einen Grenzübergang gekämpft wird, eine entmilitari­sierte Zone ist, der sollte sich einen neuen Zugang zur Sicherheitspolitik überlegen.

Jetzt gibt es das Argument, die Fidschi-Inseln könnten Blauhelme stellen. Der Unter­schied zwischen den Fidschi-Inseln und Österreich ist nicht der Mut der Soldaten, son­dern dass Österreich eine Demokratie ist und die Fidschi-Inseln eine Diktatur. Eine De­mokratie schickt nie die Soldaten der eigenen Armee in Mandate, die nicht zu verant­worten sind. Diktatoren nehmen auf Derartiges im Regelfall keine Rücksicht. Und auch deshalb bin ich froh, dass wir in Österreich und nicht auf den Fidschi-Inseln leben.

Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt nicht über den Zustand der Bundesregie­rung spekulieren, da drängen sich andere Bilder auf, ich bleibe jetzt rein beim Bereich der Sicherheitspolitik und der internationalen Mandate. Herr Abgeordneter Amon hat dankenswerterweise erwähnt, die Berichterstattung über die österreichische Entwick­lung rund um den Golan und das UNDOF-Mandat in internationalen Medien sei durch-


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wachsen. – Ich würde das zurückweisen. Es ist vollkommen eindeutig: International, von den USA bis Israel und in vielen anderen Staaten, gibt es einen Tenor der Bericht­erstattung, die Bundesregierung habe ihre Verantwortung gegenüber den Vereinten Nationen nicht wahrgenommen.

Das hat nichts mit dem Faktum zu tun, dass Österreich und dass das Verteidigungs­ministerium seine Truppen abzieht oder zurückzieht, sondern mit dem Umgang mit die­sem Mandat. Nicht nur wir Grüne weisen seit vielen Wochen darauf hin, dass die UNDOF-Zone zum Bürgerkriegsgebiet werden wird und dass das Mandat nicht mehr ausführbar sein wird.

Es gibt ein Truppenstellerabkommen aus dem Jahr 1974 zwischen Österreich und den Vereinten Nationen. In diesem Truppenstellerabkommen verpflichtet sich die Republik Österreich, einen etwaigen Abzug und Rückzug aus dem Mandat 90 Tage vorher den Vereinten Nationen zu melden. Diese vertragliche Verpflichtung ist vom Außenminister nicht eingehalten worden. Und vielleicht ist das ein Grund dafür, dass der Außenminis­ter diese wichtige Debatte des Nationalrates schwänzt. (Beifall bei den Grünen.)

Bis zum Nachmittag des Tages vor der Entscheidung des Verteidigungsministers, die Truppen zurückzuziehen, waren die Signale der österreichischen Bundesregierung an die UNO: Wir halten durch, auf uns ist Verlass, wir machen es! – Was ist dann pas­siert? Und was hat man sich überlegt, wie man mit den Vereinten Nationen umgeht? Das ist keine Art und Weise, internationalen Verpflichtungen nachzukommen, nämlich dass man über Nacht Entscheidungen umstößt und den Vereinten Nationen sagt: Ist euer Problem, nicht unseres, unsere Truppen werden zurückgezogen, macht, was ihr wollt! (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Jetzt haben die Vereinten Nationen ein großes Problem. Und nun gibt es einen wun­derbaren Vorschlag der Österreichischen Volkspartei: Bitte nicht dieses Mandat, son­dern ein anderes Mandat! – Herr Abgeordneter Amon, da frage ich Sie aber: Was ist denn das andere Mandat?

Das andere Mandat kann kein Kapitel-VI-Mandat sein, also peace keeping, Friedenser­haltung, wie jetzt, sondern nur – wie es die USA und das BZÖ vorschlagen – ein Kapi­tel-VII-Mandat, Frieden robust durchsetzen, Kampfeinsatz zur Herstellung von Frieden, peace enforcement. Das ist ein toller Vorschlag der Österreichischen Volkspartei: Wir ziehen unsere leicht gepanzerten Fahrzeuge und Soldaten ab, um mit den berühmten österreichischen Kampfpanzern zur Durchsetzung von Frieden im Bürgerkriegsgebiet zurückzukommen. Ja meinen Sie das wirklich ernst, Herr Abgeordneter Amon? (Abg. Amon: Das hat ja niemand gesagt!) Meinen Sie das wirklich ernst, dass, wie der Herr Außenminister gesagt hat, ein robustes Mandat hermuss? Während wir derzeit nicht einmal in der Lage sind – aus guten Gründen! –, ein nicht robustes Mandat auszufül­len, möchte die Österreichische Volkspartei gemeinsam mit dem BZÖ und der ameri­kanischen Botschaft ein robustes Mandat? (Abg. Amon: , das hat ja niemand ge­sagt!)

Fair gegenüber den Vereinten Nationen ist eine einzige Position, nämlich zu sagen: Derzeit wird wohl niemand auf verantwortungsvolle Art und Weise mitten im Bürger­krieg das bestehende Mandat ausfüllen können. Aber es wäre wichtig, dass die Re­publik Österreich den Vereinten Nationen klar sagt: In dem Moment, in dem die Vo­raussetzungen wieder gegeben sind – und die wichtigste Voraussetzung ist eine entmi­litarisierte Zone –, sind wir selbstverständlich wieder bereit, Truppen zu stellen.

Wir wollen keine geänderten Mandate, wir brauchen auch keine geänderten Mandate, Österreich hat die Bereitschaft, diese friedenserhaltenden Maßnahmen dort, wo wir können, immer zu setzen, und zwar in weit größerem Maße als viele andere Staaten, aber wir lassen uns nicht in eine amerikanisch-britisch-französische Eskalationsstrate-


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gie, in eine militärische Eskalationsstrategie in Syrien einbauen, und wir lassen uns im Rahmen dieser Vorhaben auch politisch nicht missbrauchen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pilz, Windbüchler-Souschill, Öllinger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Positionierung der Bundesregierung zum österreichischen UN-Kontingent am Golan

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Zusammenhang mit dem österreichischen UNO-Kontingent am Golan folgende Positionen zu vertreten:

1. Österreich ist nach wie vor bereit, Truppen zur Erfüllung des UNDOF-Mandats zu stellen. Es liegt in der Verantwortung von Syrien, Israel und der UNO, die wesentliche Voraussetzung für die Mandatserfüllung wiederherzustellen: die entmilitarisierte Zone.

2. Solange die UNDOF-Zone Bürgerkriegsgebiet ist, kann das Mandat nicht erfüllt wer­den. Mit einem geänderten Mandat bestünde die Gefahr, dass die UN-Einheiten in den Bürgerkrieg hineingezogen werden. Daher spricht sich Österreich für die Wiederher­stellung der Voraussetzungen für das bestehende UN-Mandat aus (Überwachung des Waffenstillstands in einer entmilitarisierten Zone).

3. Nach wie vor spricht sich Österreich gegen Waffenlieferungen an die Bürgerkriegs­parteien aus. Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung sollen dazu weiter in UNO und EU zur Herstellung eines lückenlosen Waffenembargos initiativ werden.

*****

Meine Damen und Herren, das ist das, was die Republik Österreich realistischerweise und seriöserweise zur Wiederherstellung des Friedens in diesem Gebiet tun kann, alles andere ist verantwortungslos.

Wir hatten früher in ähnlichen Situationen einen All-Parteien-Konsens in diesem Hause für eine verantwortungsvolle internationale Sicherheitspolitik. Es liegt insbesondere an der Österreichischen Volkspartei und am Außenminister, dieses Vertrauen auch in der heutigen Debatte wiederherzustellen. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

11.05


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Pilz, Tanja Windbüchler-Souschill, Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Positionierung der Bundesregierung zum österreichischen UN-Kontingent am Golan

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2315/A(E) der Abgeordneten Angela Lueger, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die dramatische Situation in Syrien und deren Auswirkungen für die Region und auch für Europa (2422 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 58

Begründung

Der syrische Bürgerkrieg hat in den letzten Monaten auch das UNDOF-Gebiet am Go­lan erreicht. Syrische Kampfpanzer und organsierte schwerbewaffnete Rebelleneinhei­ten kämpfen um Bravo-Gate und damit um den Grenzübergang zu Syrien. Aus der ent­militarisierten Zone ist Kriegsgebiet geworden.

Nach der unterbrochenen Nachschublinie über Damaskus ist jetzt auch die letzte Nachschublinie für die österreichischen Soldaten gefährdet.

Unter diesen Voraussetzungen gibt es keine Alternative zum Rückzug der österreichi­schen Einheiten.

An den Verpflichtungen, die Österreich gegenüber den Vereinten Nationen eingegan­gen ist, darf sich damit aber nichts ändern.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Zusammenhang mit dem österreichischen UNO-Kontigent am Golan folgende Positionen zu vertreten:

1. Österreich ist nach wie vor bereit, Truppen zur Erfüllung des UNDOF-Mandats zu stellen. Es liegt in der Verantwortung von Syrien, Israel und der UNO, die wesentliche Voraussetzung für die Mandatserfüllung wiederherzustellen: die entmilitarisierte Zone.

2. Solange die UNDOF-Zone Bürgerkriegsgebiet ist, kann das Mandat nicht erfüllt wer­den. Mit einem geänderten Mandat bestünde die Gefahr, dass die UN-Einheiten in den Bürgerkrieg hineingezogen werden. Daher spricht sich Österreich für die Wiederher­stellung der Voraussetzungen für das bestehende UN-Mandat aus (Überwachung des Waffenstillstands in einer entmilitarisierten Zone)

3. Nach wie vor spricht sich Österreich gegen Waffenlieferungen an die Bürgerkriegs­parteien aus. Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung sollen dazu weiter in UNO und EU zur Herstellung eines lückenlosen Waffenembargos initiativ werden.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


11.05.34

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenigstens in diesem Punkt gebe ich meinem Vorredner recht: Man sollte versuchen – das ist immer ein Anliegen auch von uns gewesen –, in solch wichtigen außen- und sicherheitspolitischen Fragen einen möglichst großen Parteienkonsens herbeizuführen. Aber wir sollten auch versuchen, und das vermisse ich ein bisschen in der bisherigen Debatte, jeden Zynismus zu vermeiden und auf Meinungen, die auch hier im Parlament zu diesen sensiblen Fragen abgegeben werden, nicht in einer parteipolitisch motivier­ten flapsigen Art und Weise zu reagieren. Ich glaube nämlich, dass jeder von uns – ich gestehe das jedem zu – gerade in solch wichtigen und sensiblen Fragen, wie sich Ös­terreich außenpolitisch positioniert, und vor allem in Bezug auf die Verantwortung als politischer Entscheidungsträger für unsere Soldaten, die sich im Ausland befinden und bewähren, seine Verantwortung wahrnimmt und das aus bestem Wissen und Gewis­sen macht. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 59

Die Meinung – ich nehme auch Ihre Position ernst, Herr Kollege Strache –, dass ich ir­gendwelche Abfangjäger dorthin schicken würde, ist daher völlig verfehlt. Völlig ver­fehlt!

Ihre Position, ich teile sie nicht, ist wenigstens klar: Österreichische Soldaten haben im Ausland, wenn ich das jetzt verkürzt sage, nichts verloren, daher ist man grundsätzlich gegen Auslandseinsätze. – Okay, das ist eine Position. (Abg. Strache: Das stimmt nicht! Nicht richtig!) – Ah, stimmt nicht. Ja aber in welche Einsätze geht man dann? (Abg. Strache: Beobachten und Melden, da haben wir ja darüber geredet!) Das sind militärische Einsätze, militärische Einsätze, bei denen man Soldaten benötigt. Wenn es dort nicht gefährlich ist, dann braucht man keine Soldaten, das ist wohl jedem klar.

Beobachten und Melden ist ja, das haben Sie zu Recht kritisiert, genau das Problem dieser alten UNO-Einsätze. Seit 40 Jahren sind wir dort unten. Ja, vor 40 Jahren war das vielleicht noch eine mögliche Methode, dass man zwei ... (Abg. Strache: Sie wol­len es um das Schießen ergänzen!) – Hören Sie bitte einmal zu, vielleicht lernen Sie dann auch etwas (Abg. Strache: Wollen Sie es um das Schießen ergänzen? – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), denn Sie haben ja nicht einmal den Antrag gelesen, um den es heute hier geht; zu dem komme ich auch noch. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn es darum geht, nach einem Konflikt Streitparteien zu trennen und dann die In­teressenlagen möglichst zu zementieren, dann waren diese UNO-Einsätze vielleicht gerechtfertigt. Man hat es ja auch über 40 Jahre gesehen: Weder Israel noch Syrien haben echtes Interesse an substanziellen Verhandlungen gehabt, denn das war be­quem. Das war die ruhigste Grenze in dieser Region, und es hat kaum irgendwelche Anstrengungen gegeben, dort etwas zu tun, damit dieser UNO-Einsatz nicht mehr not­wendig ist. In Zypern erleben wir ja Ähnliches.

Trotzdem war klar, dass dieser Einsatz – auch wenn er sich vom Inhalt her, vom Sinn überholt hat – wichtig war, weil es eben diese stabilisierende Wirkung gegeben hat. Problematisch war, dass es keine politischen Verhandlungen zur Lösung des eigent­lichen Konflikts gegeben hat.

Aber da ist es immer um zwei Staaten gegangen, die voneinander getrennt werden. Die „modernen“ – unter Anführungszeichen – Konflikte orientieren sich jedoch nicht mehr an den Staaten. Das sehen wir überall, das haben wir auch am Balkan gese­hen – dazu komme ich jetzt auch noch, wenn es darum geht, dass gesagt wird, dass wir nicht in gefährliche Kampfhandlungen verwickelt werden dürfen. Es geht immer mehr auch um nicht zuordenbare Gruppierungen, die auch nicht definierbar sind und die sich vor allem nicht an internationale Verträge halten.

Wir haben das, wie gesagt, auch am Balkan gesehen. Dort gab es keine Strukturen, wie wir sie kennen. Es war nicht so, dass es dort den Staat A und den Staat B gegeben hat, die einen Konflikt gegeneinander ausgetragen haben, dass es dann einen Waffen­stillstand gegeben hat und dann die UNO gekommen ist und eine Pufferzone errichtet hat, um den Waffenstillstand zu sichern, sondern dort ist es darum gegangen, Gewalt zu verhindern, die Zivilbevölkerung zu schützen. Dort ist es darum gegangen, Men­schenleben zu retten.

Ich glaube, es hat zumindest zum Schluss einen All-Parteien-Konsens gegeben – oder es gibt ihn jetzt – im Zusammenhang mit dem Kosovo-Einsatz – und der war am Be­ginn ein sehr gefährlicher Einsatz und ist noch immer heikel –, und das war ein Man­dat, mit Waffengewalt Frieden durchzusetzen, die Zivilbevölkerung zu schützen, ent­sprechende Transportwege zu garantieren. Es gab damals Feuergefechte zwischen österreichischen Soldaten und marodierenden Gruppen. Damals wäre es niemandem eingefallen, zu sagen: Das wird jetzt gefährlich, jetzt gehen wir raus, die sollen sich wieder abschlachten wie vorher! Niemandem wäre das eingefallen!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 60

Genau diese Argumentation wenden Sie – Herr Kollege Cap, das habe ich nicht ver­standen – jetzt hier bei der UNO an? Dass man da mit Waffengewalt irgendetwas durchsetzt, ist unmöglich! Nicht mit uns Österreichern!

Wir sind doch stolz darauf, dass unsere Soldaten bestens ausgebildet sind. Und dort, wo man es zulässt, wie etwa im Kosovo, denn dort ist Österreich für die Ausrüstung verantwortlich, sind sie auch gut und entsprechend ausgerüstet. Wir erfüllen den Auf­trag, wenn es darum geht, Menschenleben zu sichern und auch zu signalisieren, dass man mit Gewalt keine politischen Ziele durchsetzen kann. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und darum würde es auch jetzt gehen. Das Mandat mit Beobachten und Melden ist na­türlich überholt. Und das meinte ich, Herr Kollege Pilz, mit einem veränderten Mandat, dass man zum Schutz der eigenen Truppen nicht nur leichte Waffen verwenden darf, sondern auch eine entsprechende Abhaltewirkung signalisieren kann.

Denn es geht ja nicht darum, dass die Assad-Armee oder die Rebellen in der Puffer­zone irgendwelche großen militärischen Ziele haben. Weil es heißt, es gab ein Gefecht in Quneitra: Wer schon einmal dort war – offensichtlich waren das nicht viele –, weiß, was Quneitra ist. Quneitra ist ein Geisterdorf, das die Israelis beim Abzug 1974 ge­sprengt haben und das noch genauso ist wie damals. Also ein Geisterdorf ohne jeden strategischen Effekt; dort geht es nur um Scharmützel, darum, zu zeigen, wer dort der Stärkere ist.

Die UNO ist halt leider nicht in der Lage, diese abhaltende Wirkung zu repräsentieren. Das war in Srebrenica so, das war in Somalia so, das war leider auch dort vor Ort der Fall, als sich UNO-Soldaten, die nicht bewaffnet waren, kidnappen ließen. – Das ist un­möglich! Wer von den Rebellen und von diesen Konfliktparteien soll denn dort noch Respekt vor der Uniform der UNO-Soldaten haben?

Das meine ich mit dem robusten Mandat, dass man signalisiert: Dort habt ihr nichts verloren! Ihr könnt dort eure Ziele nicht umsetzen, denn wir haben die Möglichkeit, ent­sprechend zu reagieren, und wenn es notwendig ist, dann werden wir das auch tun!

Sie wissen ganz genau – das haben wir hier auch diskutiert –, wenn dieser Einsatz ins­gesamt scheitert, ob das ursprüngliche Mandat umsetzbar ist oder nicht, dann ist die Gefahr sehr groß und relevant, dass dieser Konflikt unter Einbeziehung von Israel es­kaliert. Und daran sollte niemand von uns Interesse haben.

Aber ich sage auch eines klar und deutlich: Es ist unsere Entscheidung, ob, wann und wo wir unsere Truppen stationieren oder abziehen. Das ist allein die Entscheidung Ös­terreichs, und da hat niemand von außen irgendetwas zu kommentieren oder zu kriti­sieren. Kritisieren tun wir selbst, wenn wir es so sehen.

Herr Kollege Cap, Sie wissen, wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht, eben auch im Sinne des österreichischen Konsenses. Wir haben gesagt, wenn es stimmt – wir waren uns ja lange hier einig –, dass es wirklich eine direkte militärische Bedrohung, die nicht beherrschbar ist, gegen österreichische Truppen gibt, dann muss man selbstverständlich abziehen, aber sofort. Sofort! Darin waren wir uns einig.

Das Verteidigungsministerium hat noch im März gesagt – ich zitiere –: Die Österreicher haben gelernt, mit der veränderten Situation – im März, da gab es schon zwei Jahre lang Bürgerkrieg – umzugehen. Alle Soldaten sind speziell ausgebildet und verfügen über eine umfassende Ausrüstung. Diese Stützpunkte sind beschusssicher. Alles ist in Ordnung.

Der Verteidigungsminister hat Ende März gesagt: Die Situation ist angespannt, aber beherrschbar. Damals hat er noch gelobt, dass wir den stellvertretenden Kommandan­ten stellen und deshalb großen Einfluss auf die Mission haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 61

Am 25. April haben alle Parteien hier unseren Truppen Dank und Anerkennung für die tollen Leistungen ausgesprochen.

Kollege Amon hat Ende März gesagt, es wäre unverantwortlich, in einer solch kriti­schen Situation davonzulaufen.

Kollege Cap hat gesagt, Österreich sollte weiter einen Beitrag in dieser Region leisten.

Da könnte ich jetzt noch einiges ansprechen. Noch Ende Mai hat es geheißen, dass Sie, Herr Verteidigungsminister, für politisches Kleingeld nicht zur Verfügung stehen, dass Sie immer wieder prüfen und die Situation noch beherrschbar ist. – Und dann ist es plötzlich anders.

In meiner ersten Reaktion habe ich auch gesagt: Wenn diese Meldung stimmt, dass es eine direkte militärische Aggression gegen österreichische Truppen gibt, dann muss man abziehen, und zwar sofort. Dann höre ich plötzlich, dass wir für den Abzug sechs Wochen Zeit haben. Herr Verteidigungsminister, entweder – oder! Entweder ist die Si­tuation so gefährlich, dass ein weiterer Verbleib österreichischer Soldaten nicht verant­wortbar ist, dann hätten Sie die Soldaten sofort, wie Sie das auch angedeutet haben, abziehen müssen. Wie wäre es verantwortbar, unsere Soldaten nicht geschützt noch weitere sechs Wochen dieser Gefahr ausgesetzt zu lassen? Das wäre unverantwort­bar!

Oder die Situation – und das scheint mir jetzt die wahrscheinlichere Version zu sein – ist nicht so unbeherrschbar geworden, wie Sie es behauptet haben. Denn was ist passiert? – Eben ein Scharmützel zwischen Assad-Truppen und Rebellen in diesem Geisterort Quneitra, aber keine direkte militärische Bedrohung unserer UN-Truppen.

Eine interessante Aussage, vielleicht können Sie auf diese noch reagieren: Sie sagen, es ist das erste Mal der syrischen Regierung nicht gelungen, eine geeignete Unter­stützung der UNO bei diesem Gefecht sicherzustellen. – Also wie ist das? Waren wir davor abhängig von den Sicherheitsmaßnahmen der syrischen Regierung, des Assad-Regimes, dass wir dort unseren Auftrag erfüllen können? – Das verstehe ich auch nicht ganz.

In militärischen Kreisen und auch – zumindest unter der Hand – in politischen Kreisen hören wir natürlich, dass das einfach ein willkommener Anlass war, um zu sagen: Jetzt haben wir das nach außen sichtbare Signal, endlich können wir abziehen, denn wir wollen die Verantwortung nicht übernehmen, wenn irgendetwas passiert, dass wir dann im Wahlkampf kritisiert werden!

Meine Damen und Herren, ich sage es noch einmal: Eine fundierte, untersuchte direkte nicht beherrschbare militärische Bedrohung gegen österreichische Truppen ist selbst­verständlich Anlass für einen sofortigen Abzug. Aber nur deshalb die Truppen abzuzie­hen, weil man sich fürchtet, dass das in einem Wahlkampf thematisiert wird und dass man kritisiert wird, das ist einer offensiven österreichischen Außenpolitik unwürdig und das ist auch gegenüber unseren Soldaten unwürdig, die diesen Auftrag bestmöglich er­füllt haben. (Beifall beim BZÖ.)

Vor diesem Hintergrund werden wir auch einen entsprechenden Antrag einbringen, dass wir selbstverständlich versuchen – vielleicht kann man das ja noch bewirken –, dieses Mandat zu verändern, dass man selbstverständlich auch darauf einwirken muss, dass unsere Truppen besser ausgerüstet sind.

Herr Verteidigungsminister, Sie haben extra dafür vorbereitete Krisenreaktionskräfte. Das sind Berufssoldaten, die sogar verpflichtet sind, in den Auslandseinsatz zu gehen, die darauf warten, die das bestmöglich machen können. Warum werden die nicht ein­gesetzt?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 62

Aber gut, ich habe mich auch gefragt, warum die strukturierte Miliz für den Katastro­pheneinsatz – es war eine sinnvolle Maßnahme Ihres Vorgängers, sie aufzustellen – jetzt nicht eingesetzt wurde, obwohl man sie hätte brauchen können.

Wenn es wirklich so ist, dass man das Bundesheer hin und her verwaltet und hin und her organisiert, es aber im Ernstfall nicht einsetzt, dann wäre es besser, das gleich zu beenden und das Geld einzusparen.

Zu dem Antrag, der heute zur Diskussion steht: Herr Kollege Strache, drei Punkte bein­haltet der Antrag zu Syrien, und ein ganzer Punkt beschäftigt sich mit dem Schutz der christlichen Minderheit. Ich bitte Sie daher, nicht zu kritisieren, sondern das vorher zu lesen und dem so wie im Ausschuss einvernehmlich zuzustimmen. Das ist ein gutes Signal – leider auch sehr spät. Ich hätte mir erwartet, dass Österreich sehr viel früher die Stimme erhebt, vor allem gegen die Desinformationspolitik, die diesbezüglich inter­national betrieben worden ist.

Ich habe hier auch schon angesprochen, wer Interesse hat, in Syrien den Sturz des Assad-Regimes zu bewirken, und zwar nicht aus Gründen der Menschenrechte, son­dern aus rein strategischen Interessen, zum Teil auch, um dort irgendwelche religiösen Fanatismen durchzusetzen. – Das wollen wir nicht.

Wir wollen signalisieren, dass Gewalt als Mittel zur Durchsetzung von politischen oder religiösen Zielen abgelehnt wird, dass wir es ablehnen, Waffen zu liefern, egal an wel­che der Konfliktparteien, dass wir es aber auch ablehnen sollten, Herr Staatssekretär Lopatka, diese Rebellenorganisationen mit Finanzmitteln zu unterstützen. Und Öster­reich hat, höre ich – das hat uns der Außenminister bestätigt –, in der Europäischen Union mitgestimmt, als es darum ging, die Finanzsanktionen zu lockern. Da können Sie sich wirklich gratulieren. Das Geld, das Sie dorthin schicken – ich hoffe, wenigstens nicht österreichische Gelder –, nämlich durch Ihre Genehmigung, geht direkt in die Hände der Al-Kaida. So dumm muss man einmal sein, dass man die eigenen Gegner noch finanziert, nur deshalb, weil man glaubt, dass man dort ein Regime wegbringt, das man aus irgendwelchen Gründen nicht haben will.

Da ist die Politik nicht sehr stringent, Herr Staatssekretär, aber dieser Antrag ist es. Und deshalb bin ich froh, dass wir ihn hier beschließen. Wir sollten dieses Pflänzchen noch aufrechterhalten und signalisieren, wir unterstützen die konstruktiven Kräfte auf beiden Seiten, im Bereich Syriens und im Bereich der Opposition, weil nur eine Frie­densverhandlung auf gleichberechtigter Basis in dieser Region Frieden schaffen kann. Und dann kommt man vielleicht auch dazu, alle anderen Konflikte in dieser Region, die seit 40 Jahren unerledigt sind, auf einer gleichberechtigten Basis zu lösen.

Nur ein dauerhafter Frieden mit politischen Mitteln im Nahen Osten wird auch den Weltfrieden entsprechend stabilisieren. (Beifall beim BZÖ.)

11.20


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


11.20.26

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es wurde hier schon angespro­chen, die Aufgabe dieses UNO-Einsatzes der österreichischen Soldaten am Golan ist die Überwachung der Sicherheitszone, dieses Puffers am Golan oben, und die Grund­aufgabe ist nicht Kampfhandeln, sondern Beobachten und Melden ist der UNO-Auftrag.

Meine Damen und Herren, unter diesen Bedingungen, die dort jetzt vorherrschen, wo diese Sicherheitszone verletzt wird, wo Kampfhandlungen in diesem Bereich stattfin­den, ist es meiner Ansicht nach nur recht, diesen Abzug zu machen. Ich glaube, dass dieser Abzug auch angekündigt worden ist. Man hat von österreichischer Seite darauf


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 63

hingewiesen, dass, wenn dieses EU-Waffenembargo ausläuft und Waffenlieferungen von Frankreich, England – ich weiß nicht, wer alles noch Waffen nach Syrien liefert – stattfinden, man sich von diesem UN-Mandat, das ohnehin ausläuft, zurückziehen wird. Deswegen geht dieser Abzug meiner Ansicht nach in Ordnung. Allerdings – und da kommt jetzt meine Kritik zu diesem Abzug – ist die Frage, ob das Ganze nicht etwas überstürzt, aus wahltaktischen Gründen oder was auch immer, gehandhabt wurde.

Meine Frage an den Herrn Außenminister, der heute nicht da ist – aber er wird ja vom Herrn Staatssekretär vertreten –: Wurde dieser Plan dem UN-Sicherheitsrat mitgeteilt? Nach dem, was man jetzt aus den Medien erfahren hat und wie die Überraschung aus UNO-Sicht war, muss man annehmen, das wurde nicht oder erst relativ spät gemacht. Wenn ja: Von wem und wann wurde diese Mitteilung an die UNO gemacht?

Eine weitere Frage: Wann wurde der UN-Generalsekretär Ban Ki-moon informiert? – Vom Herrn Außenminister haben wir gehört, um 6 Uhr früh Ortszeit hätte er ihn am Te­lefon erwischt, als dieser Abzug beschlossen worden ist. Also reichlich spät. Warum wurde da nicht vorher gehandelt? Warum wurde Israel, das ja direkt betroffen ist, nicht von der Aktion informiert? Die USA haben sich geärgert darüber, dass diese Pläne nicht bekannt gemacht worden sind.

Jetzt stellt man sich natürlich die Frage: Warum sind diese Informationsdefizite hier entstanden? Vielleicht weil es der Herr Vizekanzler und Außenminister nur in der ÖVP-nahen „Raiffeisenzeitung“ oder im „Raiffeisen-Kurier“, wie sie auch immer heißt, ver­kündet oder verlautbart hat. Warum wurden hier nicht auf diplomatischem Wege, wie es für einen Außenminister notwendig und auch vorgesehen wäre, die entsprechenden Schritte gesetzt, meine Damen und Herren? Diese Fragen kann man sich sehr wohl stellen. (Beifall beim Team Stronach.)

Die Vermutung liegt nahe, dass der Herr Außenminister Spindelegger, der ja auch ÖVP-Obmann ist, mehr mit dem Wahlkampf in Österreich beschäftigt war als damit, seinem Job als Außenminister ordnungsgemäß nachzukommen. Ich glaube, das muss hier auch einmal erwähnt werden. (Neuerlicher Beifall beim Team Stronach.)

Österreich und das österreichische Bundesheer wurden vom Herrn Außenminister da­mit in der Welt wirklich lächerlich gemacht. Ich finde das beschämend für ein Land, das sich vor Kurzem noch brüstete, den UNO-Vorsitz zu haben und dort gute Arbeit ge­leistet haben zu wollen, dass man hier nun die UNO außen vor lässt und im letzten Mo­ment das Parteiinteresse vor das Staatsinteresse stellt.

Eine weitere Frage hat sich mir dann aufgeworfen: Warum dieser überstürzte Abgang? Nachdem von Österreich ja angekündigt worden ist, dass, wenn dieses EU-Waffenem­bargo beendet wird, Österreich seine UNO-Truppen zurückziehen wird, weil sie nicht mehr sicher sind, weil die Kampfhandlungen in dem Bereich zunehmen werden, von der EU auch unterstützt, frage ich Sie: Warum wurde diese Aktion nicht genauer vor­bereitet? Jetzt heißt es wieder, man braucht Wochen; Kollege Scheibner hat das richtig angesprochen. Wenn es wirklich so eine große Gefahr ist und man schon vorher ge­wusst hat, dass dieser Fall eintreten kann, warum wurde das nicht im Vorfeld schon vorbereitet, sodass man dann mit dem Tag X sagen kann: So, heute ziehen wir uns zurück, alle sind informiert, alle diplomatischen Informationen ausgetauscht!? So kann man dann eine geordnete Übergabe machen. Das hat nicht stattgefunden, deswegen ist ja auch diese Kritik aus dem Ausland durchaus berechtigt.

Wenn ich dann höre, dass die Fidschi-Inseln, ein Staat mit 800 000 Einwohnern – ich glaube, 8 000 Soldaten haben die –, jetzt ein 400-Mann-Kontingent hinschicken, wo vorher schon ewig herumdiskutiert worden ist, ob Russland oder wer auch immer die Aufgabe Österreichs dort übernimmt, dann muss ich mich schon fragen, warum es von österreichischer Seite nicht möglich war, diese Information weiterzugeben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 64

Verwundert haben mich schon ein bisschen die Aussagen einzelner Kollegen aus den verschiedenen Fraktionen hier im Parlament. Ich darf den Herrn Pilz noch vom 6. Juni zitieren: „Verteidigungsministerium zur Vernunft gekommen“, als es geheißen hat, der Abzug der Truppen ist beschlossene Sache. Und dann am 11. Juni der Sinneswandel: Pilz für Aufrechterhaltung des UNO-Mandats. – Da muss ich mich schon fragen, ob das Ganze nicht ein Schnellschuss war.

Dasselbe mit Herrn Bucher vom BZÖ: „Abzug österreichischer UNO-Soldaten vom Go­lan richtiger Schritt“. Das war am 6. Juni. Am 10. Juni fordert Kollege Scheibner ein Umdenken beim Golan-Abzug. Also ich weiß jetzt nicht, was gilt. (Abg. Scheibner: Ge­nau lesen! Genau zitieren!)

Der Einzige, der der Linie treu geblieben ist, ist Kollege Strache, der das so ähnlich wie wir sieht, nämlich dass das Auslaufen dieses Waffenembargos eigentlich der Auslöser für diesen Abzug war. Da kann ich ihm auch recht geben, das passt schon. (Abg. Scheibner: So viel wechseln wie Sie können wir alle in zehn Jahren nicht!)

Ein Thema möchte ich hier noch ansprechen, wenn es um Syrien geht, das auch vom Herrn Spindelegger angesprochen worden ist: die Aufnahme von syrischen Flüchtlin­gen, vorwiegend Christen, die besonders verfolgt werden in diesem Land. Das ist mei­ner Ansicht nach lobenswert, eine gute Idee. Allerdings habe ich mir überlegt, wie die­se Kriterien dann ausschauen werden, mit denen man dann feststellt, ob das jetzt ein Christ, ein Moslem, ein Atheist oder was auch immer ist. Ich habe mir das dann so vor­gestellt, dass der Flüchtling zum Herrn Vizekanzler kommen, sich hinknien und ein Va­terunser beten muss. Dann wird er aufgenommen.

Meine Damen und Herren, man sollte sich vielleicht schon überlegen, wie sinnvoll die­se Aussagen sind. Hier müsste man wirklich den Flüchtlingen, die nach der Flücht­lingskonvention einen Anspruch auf Schutz haben, diesen auch geben und dafür sor­gen, dass diese Kriterien gelten und nicht jene, die einem Wunschdenken eines Herrn ÖVP-Obmannes entspringen.

Ich habe es bei einer anderen Diskussion schon einmal angesprochen, dass diese Asylwerberdebatte in diesem Zusammenhang natürlich auch ein Thema ist. Es kann nicht angehen, dass hier in Österreich Schutz suchende Asylwerber, die einen Vor­wand haben, um Asyl zu bekommen, beziehungsweise sagen, sie werden politisch, religiös oder wie auch immer in ihrem Heimatland verfolgt, dann hergehen, dieses Land, das ihnen Schutz bietet, wieder verlassen und zu den radikalen Gotteskämpfern nach Syrien gehen! Meine Damen und Herren, hier muss gehandelt werden, dringend gehandelt werden vonseiten der Bundesregierung! Ich glaube, diese Menschen haben ihren Asylstatus in Österreich verwirkt. Das muss genau geprüft werden, und die Be­treffenden müssen die Maßnahmen dann auch spüren. (Beifall beim Team Stronach.)

Es ist auch Vorsicht geboten, dass dieser Konflikt nicht von Syrien nach Österreich ge­tragen wird. Das ist eine wichtige Forderung, der wir auch beitreten können.

Meine Damen und Herren, Österreich ist ein sicheres Land, ein wichtiges, ein demo­kratisches Land, das Schutzbedürftigen auch Schutz geben wird, aber kein Asyl denje­nigen, die den Asylstatus missbrauchen. (Abg. Mag. Schwentner: Das ist die falsche Rede! – Abg. Mag. Kogler: Zeit zum Schlussmachen!) Hier haben wir eine klare Auf­gabe, meine Damen und Herren, nämlich dafür zu sorgen, dass nur diejenigen, die schutzbedürftig sind, bei uns Schutz erfahren – und nicht diejenigen, die dieses Recht missbrauchen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

11.29


*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 65

Präsident Fritz Neugebauer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.30.02

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Ich möchte aufs Schärfste dagegen protestieren, dass wir auf außerordentliche Art und Weise soeben einen Bruch der Vereinbarung in der Präsidiale erleben.

Am 7. Juni wurde in der Präsidiale ausdrücklich vereinbart – es wurde sogar die Ta­gesordnung darauf abgestimmt –, dass der Bundesminister für auswärtige Angelegen­heiten bei der Verhandlung von Tagesordnungspunkt 1 hier anwesend sein wird. Extra wurde dieser Tagesordnungspunkt auf diese Uhrzeit vorverlegt, und wir haben bis jetzt keine Erklärung gehört, warum der Außenminister an dieser äußerst wichtigen Dis­kussion nicht teilnimmt. Wir haben auch keine Mitteilung erhalten – ich weiß nicht, wie es den anderen Klubs ergangen ist –, dass das heute so sein wird.

Ich lege hier schärfsten Protest der grünen Fraktion ein, weil es so eine außerordentli­che Vorgangsweise meiner Meinung nach noch nie gegeben hat. Das ist eine Miss­achtung des Parlaments, wenn wir nach einer ausführlichen Debatte in der Präsidiale eine schriftliche Vereinbarung haben, die dann gebrochen wird, und es darüber nicht einmal eine Mitteilung an den Nationalrat und an die Klubs gibt.

Eines möchte ich auch noch betonen: Die Debattenbeiträge waren bis jetzt von sehr, sehr hoher Qualität in dieser sehr wichtigen außenpolitischen Frage, und es wäre für den Außenminister sehr relevant gewesen, sich hier diesen Debattenbeiträgen zu stel­len und auch eine Erklärung seiner Position und seiner Verantwortung in dieser wichti­gen außenpolitischen Frage vorzunehmen. (Beifall bei Grünen, BZÖ und Team Stro­nach.)

Der Antrag versteht sich von selbst: Gemäß § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung stelle ich den Antrag auf Beiziehung des Ministers für auswärtige Angelegenheiten zur Na­tionalratssitzung. (Beifall bei Grünen, BZÖ und Team Stronach.)

11.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vilimsky. – Bitte.

 


11.31.37

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Danke, Herr Prä­sident! – Ich kann die Einwände und Argumente der Frau Klubobmann Glawischnig nachvollziehen. Sie hat recht. Es ist auch eine Frage des Selbstverständnisses dieses Hohen Hauses, wie wir mit uns verfahren lassen, ob es weiterhin hier Brauch und Usus sein soll, dass Vereinbarungen, die getroffen werden, einfach gebrochen werden oder auch der Respekt, der uns entgegengebracht wird, auf einer derart niederschwelligen Ebene stattfindet, wie er sich nun gerade manifestiert.

Es ist der Herr Verteidigungsminister hier. Es hat sogar Staatssekretär Ostermayer ge­rade auf der Galerie ein Stelldichein gegeben. Ich denke, dass die weitreichende Be­schlussfassung und die Debatte, wie wir sie gerade hier führen, es sehr wohl rechtfer­tigen zu verlangen, dass der Herr Außenminister sich nicht vertreten lässt, weil gerade ein Empfang oder ein Brunch im Außenministerium stattfindet, sondern er hier mit uns heute dieses wichtige Kapitel durchdiskutiert.

Wir werden diesem Antrag der Frau Klubobfrau Glawischnig die Zustimmung geben. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 66

11.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


11.32.49

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, auch wir un­terstützen diesen Antrag, und ich darf wirklich authentisch aus der Präsidiale berichten. Wir haben darüber Einvernehmen erzielt, dass diese Debatte von ganz besonderer Wichtigkeit ist. Jetzt nichts gegen den Herrn Staatssekretär, aber selbstverständlich ist es auch ein Ausdruck, dass der für die Entscheidung letztlich Verantwortliche, auch für unsere Politik gegenüber Syrien Verantwortliche heute an dieser wichtigen Debatte teil­nimmt. Wir haben sie extra an den Beginn gestellt.

Und ich sage es noch einmal, es war eine positive Stimmung und im Einvernehmen al­ler Fraktionen in der Präsidiale, dass wir heute eine gute, fundierte Debatte zu diesem sensiblen, wichtigen Punkt abhalten wollen, und wir haben die Mitteilung bekommen – sonst hätten wir die Tagesordnung anders geregelt –, dass zu diesem ersten Tages­ordnungspunkt der Herr Außenminister sicher anwesend sein wird. Wir haben dann zugestimmt, dass er sich bei den restlichen Tagesordnungspunkten durch den ehren­werten Herrn Staatssekretär würdig vertreten lassen kann. Aber wir haben nicht einmal eine Mitteilung, nichts bekommen.

Ich will nicht von Missachtung des Parlaments sprechen, aber ein gutes Signal, dass diese Frage, die wir heute definieren, für den Herrn Außenminister wichtig ist, ist es je­denfalls nicht. (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

11.34


Präsident Fritz Neugebauer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Kopf. – Bitte.

 


11.34.04

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig, dass wir in der Präsidiale über diesen Punkt gesprochen haben, aber ich darf die Kolleginnen und Kollegen, die dabei waren, schon daran erinnern, dass ursprünglich dieser Tagesordnungspunkt relativ weit hinten in der Tagesordnung vorgesehen war und dass der Wunsch bestanden hat, dieses Thema, da es natürlich sehr aktuell ist – keine Frage –, prominenter und früher zu be­handeln.

Ich habe dort schon auf die Terminschwierigkeiten des Herrn Außenministers hinge­wiesen. Aber es ist auch richtig, dass zum damaligen Zeitpunkt der Terminplan des Herrn Außenministers so ausgesehen hat, dass er den ersten dieser mehreren Tages­ordnungspunkte, die die Außenpolitik betreffen, hätte selber bestreiten können, und dass es akzeptiert worden ist, dass die weiteren dann vom Herrn Staatssekretär be­stritten werden.

Es hat sich leider gestern am Abend ergeben, dass sich wichtige Termine mit außen­politischen Konsultationen und Gesprächen, in Wien allerdings, verschoben und vor­verlegt haben. (Rufe bei Grünen und FPÖ: Welche? Welche?) Und ich gebe auch zu, es ist dann letzten Endes, nachdem es mir bekannt war, verabsäumt worden, das den anderen Klubs auch mitzuteilen. Das tut mir sehr leid.

Aber, meine Damen und Herren, ich möchte schon darauf hinweisen, dass Staatsse­kretäre einzelnen Ministern beigegeben sind zu ihrer Vertretung und zur Wahrnehmung derselben Funktionen, wie sie die Minister selber haben, und dass es kein ungewöhn­licher Schritt ist, weder in Österreich noch in anderen Ländern und anderen Parlamen­ten, dass Staatssekretäre insbesondere, aber nicht nur, Minister im Parlament, aber natürlich auch bei europäischen Verhandlungen und so weiter vertreten. Dazu sind sie ja letzten Endes auch eingesetzt und angelobt.

Meine Damen und Herren, es tut mir also leid, dass es diese Terminverschiebung ge­geben hat. Der Herr Staatssekretär hätte selbstverständlich, da er als Nächster zu


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Wort kommen wird, auch selber darauf hingewiesen, wenn Sie das abgewartet hätten. Aber noch einmal: Es tut uns allen leid, dass diese Terminverschiebungen sich beim Herrn Außenminister ergeben haben und dass er deswegen nicht persönlich hier sein kann, aber ich bitte schon zu akzeptieren, dass Staatssekretäre auch kraft der Verfas­sungsbestimmungen genau dazu da sind, Minister unter anderem auch im Parlament zu vertreten.

Also es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als Ihren Antrag abzulehnen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.37


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung gibt es nicht. (Zwischenrufe.) – Von wem? (Rufe: Lugar! Lugar!) Herr Klubobmann, ent­schuldigen Sie!

 


11.37.04

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich würde Sie bitten, auch den Blick nach hinten zu wenden. Es gibt hier eine sechste Fraktion. Nur das dazu. (Beifall der Abg. Schenk.)

Ja, ich muss hier ins gleiche Horn stoßen, da ich ja auch bei der Präsidiale anwesend war. Wir haben dort festgestellt – und da ist der Herr Scheibner federführend gewe­sen –, dass dieser wichtige Punkt zu weit hinten auf der Tagesordnung ist, und dann einstimmig darüber befunden, dass das Thema weiter nach vorne muss. Und da ist eben die Frage aufgetaucht: Wird das am Donnerstag oder am Freitag sein?, und da hat der Herr Kopf persönlich telefoniert, um den Herrn Außenminister zu fragen, ob er am Donnerstag Zeit hat. Sonst hätten wir es auch am Freitag machen können.

Wenn Sie jetzt hier sagen, es ist ganz normal, dass sich der Minister vertreten lässt, dann ist das richtig, selbstverständlich. Wir haben das oft erlebt, etwa bei der Fi­nanzministerin, keine Frage. Aber wenn wir schon in der Präsidiale gemeinsam zum Schluss kommen, dass es in dieser ganz, ganz wichtigen Frage wichtig wäre, den Mi­nister bei dieser Debatte dabei zu haben, dann frage ich Sie, ob es nicht besser wäre, wenn der Minister hier Rede und Antwort steht und sich bei dem wichtigen Termin von seinem Staatssekretär vertreten lässt. Das wäre nämlich auch möglich gewesen. (Bei­fall bei Team Stronach, FPÖ und Grünen.)

Das ist nichts anderes als eine Missachtung des Parlaments, eine Missachtung dieses wichtigen Themas, und letztlich zeigen Sie uns wieder einmal, was Sie von diesem Ho­hen Haus halten, nämlich sehr, sehr wenig, wenn Sie die Prioritäten hier ganz falsch setzen. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

11.38


Präsident Fritz Neugebauer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Cap. – Bitte.

 


11.38.35

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ho­hes Haus! Das kann ich bestätigen, das war so in der Präsidiale. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Ja, ich bin ja auch dort gesessen. Wenn ich das aber so interpretieren darf, dass das erstens eine Art Entschuldigung ist, dass die Fraktionen nicht informiert wurden, zweitens eine Art Entschuldigung, dass der Herr Außenminis­ter nicht da ist, dann ist das einmal in der Form auch zu akzeptieren. (Abg. Dr. Belako­witsch-Jenewein: Nein, in der Form nicht!) Allerdings wird damit schon die Frage pro­voziert, welche Termine wichtiger sind, als hier im Haus zu sein. (Beifall bei SPÖ, FPÖ, BZÖ und Team Stronach.)

11.39

11.39.10

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 68

Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung? – Das ist nicht der Fall.

Frau Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek hat den Antrag zur Geschäftsbehand­lung gestellt, der Nationalrat wolle im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung die Anwesenheit des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten verlangen.

Eine weitere Debatte über diesen Antrag wurde nicht beantragt.

Ich komme daher sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Antrag sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

*****

Wir setzen mit der Debatte fort.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Klikovits. – Bitte.

 


11.40.11

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Verteidigungsminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! (Abg. Neu­bauer: Herr Klikovits, wo ist der Spindelegger?) Nachdem wir jetzt gehört haben, wa­rum der Herr Außenminister nicht hier sein kann – er hat zweifelsohne einen sehr wich­tigen Termin, der mindestens genauso wichtig ist, wie hier Rede und Antwort zu stehen (Abg. Mag. Kogler: Fürs Protokoll: Der Termin ist so wichtig, dass die ganze ÖVP nicht weiß, was er tut! Das muss echt wichtig sein!) –, und der Herr Staatssekretär sei­ne Aufgabe übernehmen wird, möchte ich mich jetzt wieder dem Thema widmen, über das wir diskutieren, und dieses Thema ist der Abzug des österreichischen Bundeshee­res vom Golan. (Abg. Neubauer: Was hat er denn für einen Termin?)

Geschätzte Damen und Herren! Meine Vorredner haben in vielen Wortmeldungen schon darauf verwiesen, warum wir diesen politischen Schritt gesetzt haben und jetzt nach 39 Jahren nicht mehr am Golan unsere Verantwortung für die Staatengemein­schaft aufrechterhalten können.

Hohes Haus! Ich verstehe wirklich nicht und finde es einfach nicht in Ordnung, dass jetzt alle sagen, sie seien dafür, dass wir vom Golan abziehen, aber so zwischendurch immer ein bisschen politisches Kleingeld geschlagen wird. Das ist meiner Ansicht nach nicht in Ordnung und auch diesen Hohen Hauses deswegen nicht würdig, weil wir alle eine gemeinsame Verantwortung haben, und zwar nicht nur für unsere staatlichen Ein­richtungen, sondern auch und im Besonderen für die Menschen, die unsere Aufträge erfüllen, und das sind die Soldatinnen und Soldaten, die das über 40 Jahre lang ge­macht haben – mit Herzblut, mit Überzeugung, gut ausgebildet und für alles bereit! Da­her sollten wir diesen Menschen danken, dass sie 39 Jahre den Auftrag, den wir ihnen erteilt haben, ordentlich erfüllt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren, wenn ein paar Vorredner darauf hingewiesen haben, so wie der Kollege Scheibner oder der Kollege vom Team STRONACH, Herr Hagen, dass unsere Soldaten jetzt voreilig abgezogen worden sind, dass die Motivation für den Abzug eine rein parteipolitische war, dass der Abzug im Blickrichtung Wahlen motiviert war, dann möchte ich das wirklich aufs Schärfste zurückweisen, und zwar deswegen, weil man damit indirekt unseren Soldaten unterstellen würde, dass sie Feiglinge sind. (Abg. Scheibner: Das stimmt nicht! Nicht die Soldaten, sondern die Politik hat das Problem! Die Soldaten würden dort bleiben!) Und das sind unsere Soldaten sicherlich


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nicht. Und daran, dass dort mehr als 20 Menschen in der Vergangenheit gefallen sind, sieht man, dass es dort leider Gottes auch Opfer gegeben hat.

Unser österreichisches Bundesheer erfüllt das Mandat, dass ihm die Politik aufträgt. Daher ist es, glaube ich, sehr, sehr verantwortlich gewesen, dass wir nach Abwägung aller Fakten, die uns das Bundesheer zur Verfügung gestellt hat, diesen Schritt gesetzt haben, dass der Herr Außenminister, der Herr Verteidigungsminister und der Herr Bun­deskanzler letztendlich in Verantwortung um diese Soldaten am Golan diese Entschei­dung getroffen haben.

Das ist uns nicht leichtgefallen. Wir haben als Republik Österreich, geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses, die UNO oft darauf aufmerksam gemacht, dass wir un­seren Auftrag angesichts der sich verändernden Lage am Golan nur mehr unter schwierigsten Bedingungen und verbunden mit größten Gefahrenmomenten für unsere Soldaten aufrechterhalten können. Das ist leider ungehört geblieben.

Und dieser robuste Einsatz, von dem Sie gesprochen haben, wurde ja seitens des ös­terreichischen Bundesheeres auch vorbereitet. Es ist in dieser Frage die internationale Unterstützung leider ausgeblieben. Daher ist uns, nachdem das Waffenembargo auch gefallen ist, gar nichts anderes übriggeblieben, als diese Entscheidung in Verantwor­tung um die österreichischen Soldaten letztendlich zu treffen.

Daher, geschätzte Damen und Herren: Ich glaube, es war eine richtige Entscheidung, die wir alle mittragen können, denn es war eine Entscheidung in Verantwortung um die österreichischen Soldaten. Ich unterstütze sie und möchte mich abschließend bei allen Soldatinnen und Soldaten, die in den vergangenen 39 Jahren am Golan ihren Dienst versehen haben, recht herzlich bedanken. Wir werden sie auch weiterhin verantwor­tungsvoll unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.44


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Scheibner hat sich zu einer tatsäch­lichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.45.00

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat mir vorgehalten beziehungsweise die Behauptung aufgestellt, ich würde mit meiner Kritik am Abzug der österreichischen Soldaten vom Golan den ös­terreichischen Soldaten Feigheit unterstellen. – Diese Behauptung ist unwahr!

Ganz im Gegenteil: Unsere Soldaten, ob am Golan oder in anderen Auslandseinsät­zen, leisten bravourös ihren Dienst, erfüllen mit Mut und Tapferkeit die an sie gestellten Aufgaben. Ich habe das in keinster Weise unterstellt, sondern im Gegenteil! Ich glau­be, der Großteil der Soldaten möchte ihren Einsatz am Golan auch weiterhin durchfüh­ren.

Vielmehr habe ich der Politik unterstellt, dass sie diese Entscheidung – genau diese Entscheidung, nämlich die Soldaten unter den jetzigen Umständen von dieser Mission abzuziehen –, ich würde nicht sagen aus Feigheit, aber aus parteipolitischen Interes­sen und nicht nach sachlichen Kriterien getroffen hat. (Beifall beim BZÖ.)

11.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


11.45.51

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich denke, im Namen aller Abgeordneten in diesem Haus zu sprechen, wenn ich am Anfang meiner Ausführungen einmal einen Dank an alle Soldatinnen und Soldaten ausspreche, die seit Beginn der Auslandsmissionen, 1960,


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ihren Dienst in ihren Einsatzort zur vollen Zufriedenheit und auch zur Reputation Öster­reichs, aber vor allem zum Wohle der Menschen dort verrichtet haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Ich möchte mich aber auch bei den Diskutanten aller Fraktionen, die bisher das Wort ergriffen haben, bedanken, da eine gewisse Wertschätzung, aber auch, was besonders wichtig ist, eine Überparteilichkeit im gemeinsamen Auftrag im Bereich der Sicherheits­politik erkennbar ist und die Scharmützel, die hier bei sonstigen Gelegenheiten abge­führt werden, ausgeblieben sind. Allerdings sei mir eine Anmerkung gestattet: Herr Kol­lege Scheibner, die Politik ist auch nicht feige, die Politik ist verantwortungsvoll!

Die Politik hat einen Lagebericht erhalten, hat entsprechend diesem Bericht die Sicher­heit der Soldatinnen und Soldaten im Einsatzgebiet zu garantieren, und letztendlich ist die Politik zu der Entscheidung gekommen, die Truppen dort abzuziehen. Wir haben in verschiedensten Wortmeldungen heute schon gehört, warum. Nämlich: Der Auftrag war letztlich sicher nicht der, zwischen Bürgerkriegstruppen für Frieden zu sorgen. Oh­ne ein entsprechendes über den Auftrag der Beobachtung hinausgehendes Mandat war das nicht vertretbar und somit auch nicht handlebar. (Abg. Scheibner: Das war vor einem Monat auch schon so!)

Herr Kollege Scheibner! Für uns ist es überhaupt keine Frage, dass wir alles daran­setzen, unseren Beitrag, friedenserhaltend tätig zu sein, zu leisten, und die Lebensum­stände der Bevölkerung dort zu sichern. Die Kriegspartien, die ja noch im Krieg sind, sind Syrien und Israel, dazwischen ist der Golan, und das Ganze dort hat nichts mit innerparteilichen oder innerdemokratischen, hätte ich jetzt fast gesagt – das ist ja dort ein bisschen anders – Scharmützeln zu tun. Daher können wir unsere österreichischen Soldatinnen und Soldaten dort nicht lassen.

Das liegt erstens im Verantwortungsbereich des Herrn Verteidigungsministers, aber vor allem der Bundesregierung generell, und ich glaube, dass diese Entscheidung in die­sem Fall, wenn auch schmerzvoll, richtig gewesen ist.

Meine Damen und Herren! Kanada, Japan und Kroatien sind, wie wir alle wissen, vom Golan schon abgezogen, und zwar in Wirklichkeit auch nicht wahnsinnig langsam, aber die UNO hat nichts dazu beigetragen, da für einen entsprechenden Ersatz zu sorgen, sondern hat das Österreich einfach auf die Schultern geladen. Österreich in seinem Pflichtbewusstsein hat das hervorragend erledigt, aber nachdem jetzt klar war, dass nicht einmal mehr die Versorgungswege gesichert sind, dass wir nicht einmal die Rota­tionen, den Nachschub garantieren konnten – wir haben nicht einmal einen Mann­schaftspanzer über die Grenze gebracht –, musste man schon die Frage stellen: Was soll das? (Abg. Scheibner: Das war aber auch schon vorher so! Diese Probleme hat es in den letzten Monaten auch schon gegeben!)

Na schon, aber jetzt ist es natürlich besonders gravierend, weil auch der Flughafen ge­schlossen war, wir also überhaupt keine Möglichkeiten mehr gehabt haben, dort ent­sprechend tätig zu sein. Sogar die Bundesheerkommission war nicht mehr in der Lage, dort Besuche abzustatten, um die Soldaten nach den Bedürfnissen zu fragen, weil die Sicherheit nicht mehr garantiert werden konnte.

Wir Abgeordnete haben die Verpflichtung, Soldaten, die wir ins Ausland schicken, auch entsprechend zu unterstützen. Ich war mehrmals in Syrien vor Ort, zu jeder Jahreszeit, ich kann das daher sehr, sehr gut nachvollziehen. Man muss nur einmal sechs Wo­chen ganz oben am Mount Hermon eingeschneit sein – ich wünsche allen, dass sie es nie erleben müssen –, dann weiß man, welch große physische Belastung das ist. Da haben unsere Soldaten wahrlich einen sehr großen Beitrag geleistet.

Österreich wird ja nach wie vor den internationalen Dienst hochhalten. Wir werden nach wie vor 1 100 Soldaten für Auslandseinsätze bereitstellen. Der Libanon zum Bei-


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spiel hat ein anderes Mandat, und der Einsatz dort wird von uns entsprechend fortge­führt werden. Aber zu sagen, die Regierung sei feig, das ist nicht angebracht. (Abg. Scheibner: Das habe ich nicht gesagt!)

Die Regierung handelt verantwortungsvoll und ist sich der Situation vollkommen be­wusst.

Weil man schon von möglichen Wahlkampfgeschichten spricht, sage ich ganz ehrlich: Wenn eine gute Sache am Schluss herauskommt, dann sollte man öfter wählen, mög­licherweise macht das klarere Gedanken. Aber der Abzug hat mit dem Wahlkampf nichts zu tun, zumal alle Parteien in Wirklichkeit dafür sind. Damit kann man also nichts ernten.

Nur noch eines – und da erinnere ich an den Tschad –: Wir haben im Hauptausschuss immer wieder über Einsätze zu entscheiden. Da möchte ich den Grünen ein Kompli­ment machen, denn sie haben eigentlich immer alle Auslandseinsätze mitgetragen, die anderen Parteien nur peripher. Aber letztendlich ist es unsere gemeinsame Aufgabe, darüber zu entscheiden. Der Hauptausschuss, das Parlament, entscheidet nach An­tragstellung der Bundesregierung alleine, wer wann wohin geht. Es geht also nichts am Parlament vorbei. Die Entscheidung bleibt dem Parlament vorbehalten, und es trägt auch die Verantwortung. Dessen müssen wir uns bewusst sein. Wenn wir das berück­sichtigen, dann werden wir auch in Zukunft die richtigen Entscheidungen treffen.

Ich mache auf Folgendes aufmerksam, meine Damen und Herren: Das Waffenembar­go und die zweijährige Intervention bei der UNO sollte man nicht vergessen. Wenn man Rebellen mit Waffen ausstattet, dann ist von denen, die für Frieden sorgen, sehr viel verlangt, sich dem auszusetzen und zu schauen, was das für Waffen sind.

Ich bitte hier nachträglich um Unterstützung und Verständnis und bei weiteren Einsät­zen um ein gemeinsames Zur-Sache-Gehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bit­te. (Abg. Öllinger: Was sagt der Staatssekretär? Redet überhaupt niemand von der Bundesregierung? – Abg. Dr. Hübner – auf dem Weg zum Rednerpult –: Kommt schon! Der Staatssekretär hört sich einmal die Argumente an, dann wird er fundiert da­rauf antworten! – Abg. Ing. Westenthaler: Vielleicht auch ein Bild von der Ankunft der Soldaten!)

 


11.51.37

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Liebe Kollegen Vorredner! Kollege Prähauser, ja, auch unsererseits klare Bestätigung: Die Regierung hat hier verantwortungsvoll und richtig gehandelt, es hat kein Weg an dieser Entscheidung vorbeigeführt!

Unser einziger Vorwurf geht vielleicht in die Richtung, dass man hier viel zu spät ge­handelt und lange herumgeredet hat, dass man noch bis vor Kurzem so getan hat, als wäre die Situation beherrschbar, als wäre das Mandat noch erfüllbar oder als wären die Mandatsvoraussetzungen noch gegeben.

Die waren natürlich längst nicht mehr gegeben. Das hat auch der Kollege Strache schon klargestellt. Die waren nicht mehr gegeben, weil die eine Kriegspartei abhanden­gekommen ist. Auch Kollege Amon hat ja eingeräumt, dass die syrische Regierung de facto die Kontrolle über weiteste Teile des Territoriums verloren hat und dass daher der Auftrag, zwei Staaten, die potenzielle Kriegsführer sind, hier auseinanderzuhalten, nicht mehr gegeben war.

Wenn einer der Kriegsführenden in einem Bürgerkrieg versinkt – das sind keine bür­gerkriegsähnlichen Unruhen mehr, sondern ein Bürgerkrieg –, dann hat das fast unbe-


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waffnete Überwachen einer Pufferzone an einer Grenze natürlich keinen Sinn. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich gehe sogar so weit, dass ich sage, es ist ein gewisser Zynismus, wenn jetzt ver­sucht wird, mit aller Gewalt dieses Mandat aufrechtzuerhalten, wo die Leute um viel, viel Geld – das kostet ja eine Menge Geld, UNIFIL-Mission im Libanon und die Mission am Golan kosten zusammen etwa 1 Milliarde € im Jahr, die letzten 30 Jahre sind das dreißigmal eine Milliarde; wenn man das zusammenrechnet, dann kann man sich vor­stellten, was man damit machen könnte –, also wo die Soldaten dort unbedingt sitzen und beobachten müssen, wie sich auf der anderen Seite die syrischen Bürgerkriegs­parteien abschlachten, wie Zivilisten massakriert werden, wie das Land in Schutt und Asche versinkt.

Also so ein Mandat ist schon an der Grenze des Zynismus, wenn es nur darum geht: Wir müssen unten sitzen und beobachten, aber nichts tun. Wir müssen beobachten in einer Situation, die nicht mehr existiert.

Also da, Kollege Scheibner, ist mir der Antrag von dir völlig unverständlich. Das ist ja wohl der dümmste Vorschlag, den es geben kann: dass die österreichische Bundes­regierung jetzt aufgefordert wird, nicht überstürzt abzuziehen, sondern zuerst die Lage nochmals zu prüfen und auf die UNO-Institutionen und was weiß ich wen einzuwirken, dass sie das Mandat verbessern, um die Aufgabe der Protection of Civilians, wie du das sagst, vielleicht jetzt noch zu erfüllen. Das heißt, wir sollen den Abzug jetzt stop­pen, weil wir sagen: Es ist nicht so, bleiben wir doch unten!, verhandeln jetzt drei Jahre mit der UNO und wollen ein Mandat, um die Civilians dort zu beschützen. (Abg. Scheibner: Wir sind eh noch unten!)

Welche Civilians? Wir stehen dort in einer entmilitarisierten Zone, wie du richtig gesagt hast, in einer menschenleeren Zone mit der Geisterstadt Kuneitra als Zentrum. (Abg. Scheibner: Das stimmt nicht, dort sind Leute!) Ja, da gibt es vielleicht ein paar Häuser. Aber wen wollen wir da, bitte, an der Grenze beschützen?!

Was soll das Gerede von einem „robusten Mandat“, um Zivilisten zu schützen? Wo sind da Zivilisten zu schützen? (Abg. Scheibner: Waren Sie schon unten?) „Robustes Mandat“ heißt Eingreifen in den Bürgerkrieg, die Bürgerkriegsparteien trennen. Das ist ein BZÖ-Vorschlag?! – Das kann ich mir nicht vorstellen!

Da kommt nichts anderes heraus als warten, dort sitzen, bis man abgeschossen wird, und dann hoffen, dass es ein Bürgerkriegsbeendigungsmandat gibt. Das kann ja nicht sein! Daher also, bitte: Dieser Antrag gehört fast zurückgezogen, es ist ja fast eine Schande, dass so etwas mit auf der Tagesordnung steht und dass man darüber ab­stimmen muss, wo man nur dagegen stimmen kann. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Scheibner: Bei Ihnen ist es eine Schande, dass man zuhören muss!) Jaja. Aber so weit, so gut.

Ich komme aber jetzt trotzdem noch einmal zurück zum eigentlichen Thema. Da gibt es jetzt einen Entschließungsantrag – das ist ja der Aufhänger: die Überschrift –, den der Kollege Amon initiiert und eingebracht hat. Wir werden diesem Antrag zustimmen, ob­wohl er nach meiner Ansicht natürlich ein Ausdruck der Ohnmacht und ein Zeichen eines sinnlosen Aktionismus ist, nämlich dass wir hier feststellen, dass die EU vor der unendlich schwierigen Aufgabe steht, sich für die Menschenrechte einzusetzen, und derlei Sachen, und dass wir alle Initiativen unterstützen, die auf eine politische Lösung abzielen.

Na ja, das ist ungefähr so wie die Aussage, dass der Papst Franziskus den Krieg als Mittel zur Lösung politischer Fragen ablehnt. Das ist ungefähr so eine Aussage. Da kann ich nur sagen: No na net!


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Aber in diesem Falle ist es zumindest gut gemeint. Ich betone: In diesem Fall ist es gut gemeint – jetzt zwar nicht gut, sondern neutral. Aber es ist nicht schlecht, und des­wegen unsere Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


11.55.57

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie! Eingangs kann ich es mir und uns nicht ersparen, mit dem Herrn abwesenden Außenminister zu beginnen.

Es zeugt nicht von Mut, sehr geehrte Damen und Herren, zu sagen, man hat eine Ent­scheidung getroffen, auf internationale Kritik hin zu sagen: Diese Entscheidung ziehen wir jetzt durch!, aber nicht den Mut zu haben, hier im Nationalrat den Abgeordneten Rede und Antwort zu stehen und sich hier der Debatte zu stellen. Das kann das Par­lament sicher nicht akzeptieren, und das werden wir auch nicht akzeptieren! (Beifall bei den Grünen.)

Die Art und Weise, wie die Entscheidung gefallen ist beziehungsweise wie der Abzug der österreichischen Soldaten vom Golan angekündigt wurde und durchgezogen wird, zeugt leider nicht vom Primat der Politik, sondern vielmehr vom Primat der Innenpolitik über die Außenpolitik in Wahlkampfzeiten.

Das muss man sich einmal vorstellen: In der Früh wird der UN-Generalsekretär aus dem Bett rausgeklingelt und es wird ihm gesagt: Übrigens ziehen wir die Soldaten ab! Und, mehr oder weniger: Wir wünschen viel Glück bei der Suche nach einem Ersatz!

Auf die Bitte der UNO, den Abzug ein bisschen mit ihr zu koordinieren, damit sie Zeit hat, einen Ersatz für die österreichischen Soldaten zu finden, gibt es widersprüchliche Aussagen von den Regierungsmitgliedern. Der Außenminister sagt, mehr oder weni­ger: Das kann man sich anschauen, das kann man sich überlegen! Der Verteidigungs­minister sagt: Nein, das wird in dem Zeitraum passieren, den wir angekündigt haben! Und die UNO steht blamiert und alleingelassen da.

Natürlich hat diese Vorgehensweise, wie sie über die Bühne gegangen ist, für inter­nationale Kritik gesorgt. Natürlich hat diese Vorgehensweise der österreichischen Au­ßenpolitik beziehungsweise den Resten, die in der Zeit dieser großen Koalition noch übriggeblieben sind, in den letzten Jahren Schaden zugefügt. Das ist eine Tatsache, das kann man nicht einfach vom Tisch wischen mit Bemerkungen wie, damit soll jetzt nicht politisches Kleingeld gemacht werden. So wie die Vorgehensweise abgelaufen ist, war sie blamabel, hat der Zusammenarbeit mit der UNO geschadet und hat auch dem internationalen Ansehen Österreichs und der österreichischen Außenpolitik ge­schadet. Auch das muss man festhalten.

Sehr geehrte Damen und Herren, zum Antrag, über den wir diskutieren und über den wir abstimmen werden: Tatsache ist, dass seit über zwei Jahren Zivilisten in Syrien ab­geschlachtet werden, dass die internationale Staatengemeinschaft – abgesehen von einigen Schritten – leider im Großen und Ganzen dem machtlos zusieht. Dieser Kon­flikt ist nicht nur ein Konflikt von regionalen Mächten, sondern ein Konflikt, wo interna­tionale Interessen – Stichwort: Russland und China – hineinspielen. Die Kräfte, die in­zwischen in Syrien kämpfen, sind auf der einen Seite die sogenannten Rebellen. Das ist eine bunt zusammengesetzte Truppe, wo auch islamistische Kämpfer und Al Quai­da-nahe Gruppen mitkämpfen.

Die Lage dort ist mehr als unübersichtlich. Umso wichtiger ist es, sich nicht zu lange mit Entschließungsanträgen aufzuhalten. Ich darf darauf hinweisen, dass der Antrag,


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der heute zur Debatte steht, der x-te Antrag ist, über den wir beraten und den wir be­schließen werden.

Anträge sind schön und gut, aber noch viel wichtiger ist es, den internationalen Druck, auch den diplomatischen und den politischen Druck auf China und Russland zu ver­stärken, denn eines zeichnet sich ganz klar ab: Dieser Konflikt wird militärisch nicht ge­löst werden können. Es ist vielmehr zu befürchten, dass in Syrien ein Krieg im Gange ist, der noch Jahre dauern wird und der eventuell dann beendet sein wird, wenn beide Seiten ausgeblutet sind, wenn die militärische Schlagkraft nicht mehr gegeben ist. Um­so wichtiger ist es, auf eine politische Entscheidung und auf politischen Druck zu set­zen.

Da ist selbstverständlich die Bundesregierung gefordert, natürlich nicht nur im Namen der Republik Österreich, sondern auch im Rahmen der EU viel aktiver zu sein, als es bisher der Fall war, und zu versuchen, auf internationalem Parkett eine politische Lö­sung des Konflikts in Gang zu bringen.

Im Verlauf dieses Konfliktes, dieses Krieges sind mehr als eine Million Syrer und Sy­rerinnen geflüchtet, es sind mehr als 70 000 Zivilisten und Zivilistinnen ermordet wor­den. Die Nachbarländer haben inzwischen Hundertausende Flüchtlinge aufgenommen. Jordanien hat vor Monaten bekannt gegeben, dass die Ausgaben für die unterge­brachten Syrien-Flüchtlinge – allein im Fall von Jordanien – eine Million Dollar täglich betragen. Eine Million Dollar täglich!

Auch in diesem Zusammenhang wäre unser Beitrag zu sehen, wenn es uns schon bis jetzt nicht gelungen ist, auf diplomatischem Weg diesem blutigen Krieg ein Ende zu setzen: zumindest die Nachbarländer Syriens zu unterstützen, die in massiver Zahl Hunderttausende Flüchtlinge aufgenommen haben und die große Anstrengungen un­ternommen haben, trotz aller Schwierigkeiten diese Menschen halbwegs menschen­würdig – in vielen Fällen ist das leider nicht der Fall, es gibt Zeltstädte, wie wir alle wis­sen – unterzubringen und zu beschützen.

Auch da ist unser Beitrag gefragt, und der Herr Außenminister hat auf eine Anfrage von uns hin bekannt gegeben, dass der Beitrag der Republik bis jetzt zirka 6 Millionen € – genau, ich habe es richtig in Erinnerung – beträgt. Da gilt es auch, zumal die Tragödie und das Morden und das Sterben in Syrien weitergehen, aktiver zu werden, wieder sowohl als Republik als auch im Rahmen der Europäischen Union.

Es gilt zu verhindern, dass dieser seit zwei Jahren andauernde Krieg die ganze Region dort in ein Pulverfass verwandelt. Es gilt zu verhindern, dass der kriegerische Funke auf den Libanon, auf Israel oder auf andere Nachbarstaaten überspringt. Auch wir tra­gen hier Verantwortung, sowohl humanitär als auch politisch.

Daher appelliere ich abschließend auch an die Bundesregierung, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um den politischen und diplomatischen Druck zu verstär­ken, damit wir endlich nicht mehr weiter zuschauen müssen, wie in Syrien Zivilisten und unschuldige Menschen sterben müssen. – Danke vielmals. (Beifall bei den Grü­nen.)

12.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


12.03.24

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist schon eigenartig: Wenn ich mir die Medien anschaue, dann sehe ich, dass sie dieser Tage voll sind von der Berichterstattung über den politisch motivierten, militärisch nicht begründbaren Golan-Abzug, wogegen der Sitzungssaal bei dieser Debatte hier jetzt


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nahezu leer ist. Und der Gipfel ist der, dass der Herr Außenminister, der, gemeinsam mit dem Herrn Verteidigungsminister, immer vollmundig verkündet, das wäre militärisch notwendig, nicht einmal hier anwesend ist, sondern den Herrn Staatssekretär schickt; auch das wird noch zu diskutieren sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Golan-Truppe stand für Österreich als Sinnbild einer internationalen, ordentlichen, korrekten Außenpolitik, sie war das Flagg­schiff generell. Die Österreicher waren immer mehrheitlich stolz auf diesen Blauhelm-Einsatz, und sie stehen auch grundsätzlich dahinter. Und nunmehr versuchen Sie mit unrichtigen Argumenten diesen Abzug vom Golan parteipolitisch motiviert zu rechtfer­tigen – was Ihnen keiner abnimmt, denn 39 Jahre hindurch haben die Soldaten dort gute Arbeit im Sinne der Friedenssicherung geleistet. 39 Jahre! (Beifall beim BZÖ.)

Man kann nur eines sagen: Die Soldaten sind zu ihrem Dienst gestanden und die wür­den auch nach wie vor dazu stehen, aber diese Regierung ist innenpolitisch aus Feig­heit umgefallen – das ist der Kern dieser Diskussion –, weil der Wahlkampf naht und man keine Schwierigkeiten haben will und man fürchtet, dass auch einmal geschossen werden kann. – Ja, das ist so bei Soldaten, dass dieser Beruf durchaus auch gefährlich sein kann, das hat es auch immer wieder gegeben. Sie werden auch keine Feuerwehr­leute abziehen, weil es irgendwo brennt, oder keine Polizisten abziehen, weil irgendwo ein Banküberfall stattfindet. Es ist doch völlig sinnentleert, eine solche Diskussion zu führen!

Daher denke ich, dass dieser Abzug mehr als fatal ist für die Reputation Österreichs im Ausland und eine internationale Blamage, eine Harakiri-Aktion ist. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bundespräsident Fischer wollte ja dann ei­nen Tag, nachdem das bekannt wurde, noch zurückrudern. Er hat dann gesagt: Na ja, wir werden ja weiterhin Einsätze im Ausland machen! – Die Frage ist nur: Welche? Wer wird uns noch rufen? Und das verstehe ich dann nicht mehr, denn dann muss man darüber diskutieren, wie es vielleicht die Freiheitlichen haben wollen, dass man die Auslandseinsätze überhaupt abschafft. – Wir vom BZÖ wollen das nicht, weil wir ein starkes, selbstbewusstes Österreich haben wollen, das auch international mitspielt. Wenn Sie das haben wollen, dann ist das Ihre Angelegenheit.

Faktum ist jedenfalls – und ein Beweis des Gegenteils konnte bis heute nicht geliefert werden –: Es gibt keine militärische Bedrohungslage – das sagen höchste Militärs, die auch vor Ort sind, das kann man auch nachlesen in der Presse –, die einen sofortigen Abzug rechtfertigen würde; überhaupt nicht, eine solche ist nicht gegeben. Und diese Nacht-und-Nebel-Aktion, die dann der Herr Außenminister geliefert hat, um sechs Uhr morgens Ortszeit den UNO-Generalsekretär, den Herrn Ban Ki-moon anzurufen, um ihm zu sagen: So, jetzt sind wir einmal gach weg, weil wir im Herbst Nationalratswahl haben!, ist schädlich, so etwas ist außenpolitisch mehr als schädlich und kann nur in die Kategorie „Pyjama-Diplomatie“ eingeordnet werden. Das wird von uns völlig abge­lehnt! (Beifall beim BZÖ.)

Vernünftig wäre es gewesen, die Lage – so wie von uns immer vorgeschlagen – end­gültig nicht nur im Nationalen Sicherheitsrat zu beurteilen, sondern auch gemeinsam mit der UNO, und dort im Sicherheitsrat, zu diskutieren. Es ist ja auch sonst niemand davongelaufen, dort unten am Golan oder anderswo, nur weil irgendwo Wahlen statt­fanden. Das ist wirklich einzigartig.

Es hätte ja auch andere Möglichkeiten gegeben. So ist etwa ein stärkeres Mandat an­gesprochen worden – das heißt noch nicht, dass man es ausüben muss, aber man könnte es diskutieren – oder auch der Rückzug über die Alpha-Linie hinweg auf israeli­sches Hoheitsgebiet, um den Soldaten Sicherheit und Schutz zu geben.


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Und die Soldaten selbst, wie gesagt, sehen ja überhaupt keine Begründung, dort ab­zuziehen. Denn wenn Gefahr im Verzug gewesen wäre, Herr Minister, dann hätten Sie ja den Abzug sofort durchführen müssen und hätten sich dafür nicht vier bis sechs Wo­chen Zeit geben dürfen.

Die Kritik in der Qualitätspresse ist ja selbstredend. Natürlich, der Boulevard spielt für die Regierung, der Boulevard spielt auch für manche, sage ich einmal, sinnentleerte Oppositionsparteien in diesem Zusammenhang, aber die Qualitätspresse bringt die Sa­che auf den Punkt. Und da geht es auch nicht um Zurufe aus Amerika oder aus Israel, sondern da geht es darum: Was sagt der diplomatische Dienst?, da geht es darum: Was sagen hochrangige Militärs, bis hinein nahezu ins Kabinett?

Und dann bleibt eigentlich übrig, Herr Bundesminister, dass Sie als – unter Anfüh­rungszeichen – „junger“ Verteidigungsminister gemeinsam mit Ihrem Herrn Kammerho­fer im stillen Kämmerlein entschieden haben: Das machen wir jetzt, denn das ist partei­taktisch günstig; da sind wir dann weg, ganz egal, was die internationale Landschaft sagt, egal, was die Soldaten sagen, denn das wäre günstig! – Vielleicht haben Sie auch einen Tipp von Ihrem neuen Generalsekretär Darabos bekommen, denn der war ja auch Verteidigungsminister; vielleicht war auch er, der als Parteisoldat agiert, Ihr Einflüsterer.

Gescheit war das Ganze sicherlich nicht, denn selbst der Kommandant unten am Go­lan, Kommandant Oberstleutnant Paul Schneider, sagt, dass man die Situation gut im Griff hat. – Was wollen Sie mehr an Argumenten? – Und wie andere würde er sagen, dass dieser Abzug eine glatte militärische Fehlentscheidung war.

Weiters gibt es, was bereits angesprochen worden ist, das Truppensteller-Abkommen von 1974. Da steht drinnen, dass man sich bei einem Abzug einvernehmlich, wenn man schon abzieht, gegenseitig 90 Tage Zeit gibt. – Sie sagen: sechs Wochen. Sieben mal sechs, Herr Minister, ist wie viel? – Ist 42 in Österreich, oder? Sie gewähren also die Hälfte der vorgesehenen Zeit, und Sie brechen damit ein Abkommen. Das ist ein illegaler Abzug! Auch das sollten Sie einmal bedenken und begründen. Wie Sie hier herauskommen, das ist nicht gut für Österreich.

Der Gipfel ist wohl jetzt, wenn andere diese Position, Gott sei Dank, übernehmen – es sind dies die Fidschi-Inseln, das ist auch schon diskutiert worden, eine Diktatur; wäre es nicht besser, wenn dort unten vor Ort demokratische Staaten sind, um auch der Demokratie in der Region vorweg zu helfen? – und diese uns dann ausrichten lassen: Liebe Österreicher, lasst bitte die Winterausrüstung dort! – Denn auf den Fidschi-Inseln ist es bekanntlich sehr warm. Also die Österreicher lassen die Winterausrüstung dort und nicht die Soldaten. Und die Österreicher hätten auch eine Gebirgserfahrung, die in diesen Gebieten notwendig wäre. Das haben die Soldaten von den Fidschi-Inseln, wo es Sandstrände gibt, auch nicht. – Das ist letztlich eine massive Blamage.

Herr Minister, ich darf Ihnen zwei Zitate vorlesen. Da gibt es zum Beispiel eines vom Kollegen Amon, der noch Ende April sagte:

„Es wäre aber ,unverantwortlich‘, in so einer kritischen Situation davonzulaufen, ,das tun wir nicht‘.“

Das sagte Kollege Amon. Das war am 25. April. (Abg. Amon: Ich habe aber auch ge­sagt, man muss die Lage täglich neu beurteilen!)

Vor wenigen Tagen sagte Herr Außenminister Spindelegger (Abg. Amon: Herr Kolle­ge, ich habe aber auch gesagt, man muss die Lage täglich neu beurteilen!) – hören Sie zu! –:

„Wenn Österreich abzieht, dann bricht die UN-Mission zusammen, stand für Spindel­egger fest.“


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Das sind die Originalzitate! Und innerhalb weniger Tage kam der Anruf vom Herrn Kammerhofer und vom Herrn Minister: Wir haben Wahlen, Kollegen von der ÖVP, und jetzt müssen wir da rasch raus, denn das könnte uns sonst schaden! – Das ist eine fei­ge Politik, die ich in keinster Weise unterstützen kann.

Ich sage Ihnen: Ich habe in den letzten Tagen sehr viele Anrufe bekommen, Mails be­kommen und Gespräche geführt, mit Militärs, aber auch mit Vertretern aller Fraktionen, und Sie – egal, ob von der SPÖ, von der ÖVP oder auch gerade von der FPÖ – brau­chen nicht zu glauben, dass Ihre Leute das grundsätzlich gutheißen. Da gibt es sehr viele kritische Stimmen, und Sie werden sehen, wenn die ersten Umfragen dazu kom­men, wie die wirklich aussehen und dass das eine Harakiri-Aktion gewesen ist, die in der Bevölkerung nicht nur gutgeheißen wird.

Da gibt es diese eigenartige Koalition, wo sich die FPÖ mit den Grünen ins Bett legt. Ich „gratuliere“ der FPÖ! Sie als angebliche soziale Heimart-Partei, als Patrioten-Partei: Was ist denn das für ein Patriotismus, wenn man Österreich international lächerlich macht? – Wir vom BZÖ stehen für ein starkes Österreich, auf europäischer Ebene, aber auch international und auch bei der UNO! Das haben Sie verraten. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, denken Sie auch über die Konsequenzen nach! Denken Sie jetzt weiter: Wenn das Kontingent von Österreich nicht ersetzt wor­den wäre, was würde denn das bedeuten? – Kollege Scheibner hat es ausführlich dar­gestellt: Wenn Israel in den Konflikt massiv einsteigen würde und wenn letztendlich auch der ganze Nahe Osten brennt – das haben wir alles schon einmal gehabt –, was heißt das hinsichtlich Flüchtlingswellen, auch in Österreich? Und was heißt das – und das sage ich jetzt nicht polemisch, weil wir es bereits gehabt haben – für die Ener­giepreise, für die Spritpreise hier in Österreich? Wenn dann der Spritpreis von 1,50 € auf 2 oder 3 € angehoben wird, was heißt das? Wo wäre da Ihre Vorsorge? (Abg. Neu­bauer: Euch geht es um die Spritpreise! Das ist ja „sehr moralisch“!) – Auch das haben Sie nicht bedacht. (Abg. Neubauer: Euch geht es um die Spritpreise! – Unfassbar!)

Das heißt – ich fasse zusammen –: Dieser Golan-Abzug ist rein politisch motiviert. Die FPÖ spielt hier lautstark mit, auf Kosten des internationalen Friedens, auf Kosten auch der Österreicher, auf Kosten der Reputation Österreichs im Ausland. Ich lade Sie daher ein, nicht zu polemisieren über unseren sachpolitischen Antrag, in dem wir fordern, über diesen Abzug, der überhastet und nicht begründbar stattgefunden hat, nachzu­denken, gemeinsam mit der UNO die Lage zu beurteilen und auch entsprechend den internationalen Abkommen, wenn schon, dann geordnet abzuziehen. Dies aber auch nur dann, wenn es wirklich eine Bedrohungslage gibt – denn sonst schaffen wir die Auslandseinsätze ab! Vielleicht wollen Sie von der FPÖ oder der ÖVP ja auch über­haupt das Bundesheer abschaffen, ich weiß es ja nicht. Oder wir streichen das heraus.

Wir vom BZÖ stehen jedenfalls für ein starkes Österreich, das auch außenpolitisch ein starker Player ist, ohne dabei die Soldaten zur gefährden. (Beifall beim BZÖ.)

12.12


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Dr. Lopatka. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Herr Präsident! Herr Präsident! Zu dieser internen Debatte werden wir keine Stellung nehmen!)

 


12.12.58

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Reinhold Lopatka: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerne hätte ich der Frau Klubobfrau Glawischnig direkt die Antwort gegeben, bei diesem wichtigen Thema, wie sie gesagt hat. Sie ist jetzt leider nicht da, aber ich darf Ihnen trotzdem sagen, dass meine Aussagen hier um kein Jota von dem abrü-


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cken, was der Herr Außenminister heute hier gesagt hätte, weil wir in dieser Frage vom ersten Tag an eine klare Position vertreten haben. Eines darf ich Ihnen auch sagen: Die Aufgaben im Ministerium für europäische und internationale Angelegenheiten sind sehr vielfältig, und das ist nicht nur bei uns so, sondern europaweit. 23 der 27 EU-Mit­gliedstaaten haben daher entweder einen eigenen Europaminister oder einen Staats­sekretär, um diesen vielfältigen Aufgaben auch tatsächlich nachkommen zu können.

Und daher war es auch so, dass ich im April – und damit darf ich zur Sache kommen – beim Rat in Luxemburg bereits aufgezeigt habe, dass Österreich, wenn die Europäi­sche Union vom Waffenembargo abrückt, in die Position kommen könnte, dass wir diese Mission nicht mehr erfüllen können. Sie können auch bereits in der Ausgabe vom 17. Mai der „Tiroler Tageszeitung“ nachlesen, was ich auf diese Frage geantwortet ha­be. Der Untertitel der „Tiroler Tageszeitung“ lautete:

„Außenstaatssekretär Reinhold Lopatka schließt im Interview nicht aus, dass Öster­reich  seine Soldaten vom Golan abzieht.“

Da habe ich auch genau begründet, warum: wenn wir in eine Situation kommen, wo wir dieses Mandat nicht mehr erfüllen können. Und diese Situation war genau zu diesem Zeitpunkt, an diesem Tag gegeben, Abgeordneter Scheibner! (Abg. Scheibner: Das erklären Sie jetzt: Warum? – Erklären Sie das!)

Daher, weil uns das Militär, das Verteidigungsministerium genau diese Nachricht gege­ben hat. Und ich vertraue dem österreichischen Militär und den Führungskräften im Landesverteidigungsministerium! – Wem soll ich in dieser Frage sonst vertrauen? (Bei­fall bei der ÖVP.) 

Ich sage Ihnen, weil Sie gesagt haben, „überstürzt“: Die „Neue Zürcher Zeitung“ ist nicht das Boulevardblatt, nehme ich an, Abgeordneter Widmann, von dem Sie gespro­chen haben. (Abg. Mag. Widmann: „Presse“! „Standard“! – Lesen!) Ich rede von in­ternationalen Zeitungen. Die „Neue Zürcher Zeitung“ schrieb:

„Österreich zieht seine Uno-Soldaten vom Golan zurück

Nach einem Rebellenangriff war die Lage für die Österreicher unhaltbar geworden, 

Der Abzug der österreichischen Blauhelme ist angesichts der Zuspitzung der Lage in der Waffenstillstandszone schon seit einiger Zeit vorbereitet worden und bildet somit keine Überraschung.“ – „Neue Zürcher Zeitung“ vom 8. Juni. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, das Gegenteil von dem, was Sie hier als Unwissender be­haupten, ist hier von der „Neuen Zürcher Zeitung“ festgehalten worden: Es war keine Überraschung, es war nicht überhastet.

Jetzt komme ich zu folgendem Punkt: Weil die UNO unsere Arbeit sehr schätzt und wir auch in Zukunft mit unseren Einsätzen ein geschätzter Partner der UNO bleiben wol­len, daher, sage ich Ihnen, nehme ich die Ersuchen der UNO sehr ernst, die hier ganz klar sind. Erst jüngst ist wieder ein Ersuchen gekommen, dass ein Teil unseres Kontin­gents bis 31. Juli verbleiben soll. Aber die operativen Entscheidungen liegen hier beim zuständigen Minister. Wenn das möglich ist, können wir der UNO entgegenkommen, wenn nicht, dann ist es nicht möglich.

Letzten Freitag zu mitternächtlicher Stunde habe ich auch mit dem Deputy Secretary of State William Burns telefoniert, und ich darf Ihnen sagen, auch auf US-amerikanischer Seite herrscht natürlich keine Freude, sondern Enttäuschung, dass es so ist; aber die sind den Argumenten zugänglich, warum wir zu dieser Entscheidung gekommen sind. Und wir haben natürlich, bevor diese Entscheidung gefallen ist, auch Israel, Syrien und den UNO-Generalsekretär davon informiert – das wissen Sie ohnehin. Aber der ent-


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scheidende Punkt für uns war immer, in diesem Bereich alles zu tun, um zu einer fried­lichen Lösung zu kommen. Daher haben wir uns auch auf europäischer Ebene dafür eingesetzt, dass die Initiative des russischen Außenministers Lawrow und des US-Außenministers Kerry unterstützt wird, zu dieser internationalen Syrien-Konferenz zu kommen und nicht gleichzeitig das Waffenembargo aufzuheben.

Das war leider nicht möglich, so wie wir es vorgesehen haben. Das Waffenembargo ist Ende Mai ausgelaufen. Das Einzige, was uns gelungen ist – wenigstens das ist gelun­gen –: sicherzustellen, dass die EU keine Waffenlieferungen nach Syrien autorisiert.

Wir haben uns hier, was den Menschenrechtsbereich betrifft, was das humanitäre En­gagement betrifft, nicht zu verstecken. Erst vor wenigen Tagen war Bundespräsident Fischer in Genf und hat auch dort direkt vom Präsidenten des Internationalen Roten Kreuzes Peter Maurer ein Danke bekommen für die Leistungen, die Österreich hier er­bringt. Es sind immerhin 6 Millionen €, die wir bisher an humanitärer Hilfe geleistet ha­ben.

An dieser Stelle auch eine Anmerkung, was die Situation der Christen betrifft: Wenige Wochen vor seiner Entführung war der Bischof von Aleppo auch bei mir im Amt, im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten. Und warum war er bei uns? – Weil er Österreich als einen der verlässlichsten Partner auf europäi­scher Ebene gesehen hat, wenn es darum geht, die Christen zu schützen. Das möchte ich schon ausdrücklich sagen, weil hier auch behauptet worden ist, dass von unserer Seite zu wenige Aktivitäten gesetzt würden. Das Gegenteil ist der Fall, sonst wäre nicht der Bischof von Aleppo mit weiteren konkreten Anliegen zu uns gekommen. Auch das darf ich hier im Parlament sagen, dass wir sehr wohl den Fokus gerade auch auf die ganz, ganz schwierige Situation der Christen in dieser Region legen. (Beifall bei der ÖVP.)

Letzter Punkt: Gemeinsam mit der UNO werden wir diesen geordneten Abzug der Truppen sicherstellen. Wir sind hier im besten Einvernehmen mit der UNO. UNO-Ge­neralsekretär Ban Ki-moon ist ein gern gesehener Gast in Österreich, und aufgrund dieser Besuche weiß ich aus seinem Munde, wie sehr er die Unterstützung vonseiten Österreichs schätzt, mit Wien als UNO-Standort, aber auch was unsere Unterstützung durch unsere Soldaten bei den verschiedensten Einsätzen betrifft, die wir für die Ver­einten Nationen leisten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Was für einen Termin hat denn der Minister? – Abg. Dr. Belako­witsch-Jenewein: Wo ist er denn genau?)

 


12.20.01

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ein bekanntes Sprichwort lautet: Am Ende des Tages sind alle gescheiter!

Ich glaube, dass wir, wenn der ganze Konflikt hoffentlich einmal gelöst ist, alle wissen werden, ob die Entscheidung, die getroffen worden und heute von einigen Teilen kriti­siert worden ist, die richtige war. Ich billige aber der Regierung zu, dass sie nach bes­tem Wissen und Gewissen gehandelt hat, auch im Interesse der Gesundheit unserer Soldaten. Ob es richtig oder nicht richtig war, wird sich herausstellen.

Aber genauso wie die heutige Diskussion ist auch der Zustand in Syrien. Traurig oder bedauernswert ist es, dass Europa keine einheitliche Sprache spricht. Und da erinnere ich an Folgendes: Dass Großbritannien und Frankreich beschlossen haben, Waffen an die Rebellen zu liefern, war nicht zuletzt ein Anlass dafür, dass Österreich darüber dis-


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kutiert hat, ob die Sicherheit der eigenen Soldaten noch gewährleistet ist. Deshalb ist das auch ein Beitrag zur Entscheidung, die Soldaten abzuziehen.

Aber die Lage ist noch verworrener. Auch Russland möchte das Assad-Regime belie­fern. Während wir heute diskutieren – Frau Kollegin Korun hat es zuerst gesagt –, ster­ben in Syrien seit eineinhalb Jahren Kinder, Frauen, Menschen, Unschuldige dahin. Ich meine, das ist die Tragik, und keiner weiß einen Ausweg. Keiner weiß, wen er unter­stützen soll. Unterstützt er den Richtigen? Gehen die Lieferungen an die Richtigen? Wer ist jetzt unser Partner bei den Rebellen? Ist das die eingesickerte Al-Qaida? Sind es die Rebellen, die eine Änderung wollen, die mehr Demokratie wollen? Das ist so ei­ne Art Frage.

Tatsache ist aber, dass mit dem Beginn des Bürgerkrieges auch die Christenverfol­gung begonnen hat. Das gibt mir zu denken. Wenn wir wissen, dass vor diesem Kon­flikt Christen, Moslems und Angehörige anderer Religionen friedlich beisammen, ne­beneinander gelebt haben, dann ist das schon bedenklich. Heute ist schon ein paar Mal der Erzbischof von Aleppo, Gregorius, erwähnt worden. Er war auch vor einem Jahr hier in unserem Parlament. Ich habe das bei einer meiner letzten Reden schon er­wähnt. Er war deshalb hier, weil es das Bestreben gibt, an der Universität Salzburg ei­nen aramäischen Lehrstuhl einzurichten, um syrisch-orthodoxe Religion zu unterrich­ten. Da ist besonders Herr Professor Aho Shemunkasho sehr dahinter. Ich glaube, dass es ein Anliegen des gesamten Parlaments sein müsste, das zu unterstützen. Herr Staatssekretär, ich darf auch Sie ersuchen, dieses Anliegen bestmöglich zu unter­stützen.

Meine Damen und Herren, wir können auch ins Detail schauen, wie es wirklich in Sy­rien zugeht, wenn wir heute so allgemein reden. Vor kurzem war bei mir zum Sprech­tag ein ganz verzweifelter Mann mit seiner Gattin, die seit 30 Jahren in Österreich ist. Sie ist Syrerin, aber österreichische Staatsbürgerin. Sie berichtete, dass sie von ihrer Familie dort keine Nachricht hat. Sie weiß nicht, was mit ihrer Familie ist. Ihren Bruder haben Rebellen entführt. Ich darf vielleicht daraus zitieren, was er schreibt. Der Bruder war Olivenölproduzent. Das ist O-Text:

Tausende Liter werden dann gelagert bis zu dem Datum, wo sich das syrische Militär nach Kämpfen zurückzog und Al-Qaida, das freie Militär und andere Rebellen das christliche Dorf und noch zwei weitere christliche Dörfer überfielen. Häuser, welche durch den Krieg leer wurden, wurden mit islamistischen Familien besetzt. In Häuser wurde eingebrochen und alles Mögliche gestohlen. Die Islamisten haben sich inzwi­schen breitgemacht. Von den ursprünglich 350 Familien gibt es nur mehr zehn im Dorf. Meinem Schwager wurden sämtliche Schlüssel abgenommen, so auch sein Traktor. Er musste auf Befehl das ganze gelagerte Olivenöl verkaufen und das gesamte Geld abliefern. Er ist komplett entwurzelt, mit seiner ganzen Kraft am Ende. Den Traktor be­kam er wieder zurück.

Weiters heißt es hier: Er fuhr nach Aleppo zu seiner Familie, doch einen Tag darauf fuhr er wieder mit dem Bus zurück, um seinen Traktor in Sicherheit zu bringen. Doch bei der Rückfahrt Richtung Aleppo wurde er von maskierten Männern namentlich aus dem Bus geholt. Inzwischen ist fast ein Monat vergangen, und man weiß noch nicht, wo er sich befindet. Es gab inzwischen Lösegeldforderung, wie es derzeit dort mit Christen Mode geworden ist. Derzeit haben der Bürgermeister und der Pfarrer auf 15 000 € handeln können – so O-Text –, meine zwei Schwägerinnen konnten inzwi­schen verschleiert einen Teil des Lösegeldes transportieren. Näheres ist leider noch immer nicht bekannt. – Zitatende.

Das hat mir dieser Mann Anfang Mai geschrieben. Das ist die Situation. Das ist wahr­scheinlich eine Situation von vielen, die die Menschen dort betrifft – abgesehen von


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den Kindern, die dahinsterben – ich sage es jetzt – wie die Fliegen, wie man das im Fernsehen sieht.

Ich glaube, das sollte uns betroffen machen. Wenn es eine Lösung gäbe, wäre sie da. Aber ich glaube, wir sollten auch in diese Richtung auf humanitärer Ebene diskutieren und vielleicht schauen, wie wir als Österreicher, als demokratischer Staat, helfen kön­nen, um humanitär tätig zu werden. Ich glaube, dass es doch sinnvoll wäre, Einzelfälle entsprechend durch die Botschaften zu behandeln und den Menschen zu helfen. Damit könnten wir einen wesentlichen Beitrag leisten.

Ansonsten glaube ich, dass keiner von uns einen Ausweg weiß. Wenn es den gäbe, dann wäre er schon beschritten worden. Es ist also eine Situation, von der wir alle nur hoffen können, dass sie baldmöglichst zu Ende ist und das Leid der Menschen in Sy­rien ein Ende findet – vor allem das der Kinder, der Frauen und der Unschuldigen. Das, glaube ich, können wir uns alle wünschen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


12.26.27

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dass der beschlossene Abzug unserer Soldaten und Soldatinnen vom Golan keine leichte Entscheidung war, ist offensichtlich. Wir haben das doch schon einige Zeit debattiert. Ganze 40 Jahre war Österreich dort vertreten und hat einen beachtlichen Beitrag zum Friedenseinsatz ge­leistet.

Die friedliche Beisetzung des Nahost-Konflikts, nämlich die Chance auf friedliches und selbstbestimmtes Leben für die Menschen in dieser Region, ist ein wichtiges Anliegen unserer Außenpolitik, für das wir uns immer stark gemacht haben und für das wir uns auch weiterhin einsetzen werden. Aus diesem Grund erfolgt die Zustimmung zum Ab­zug schweren Herzens.

Die derzeitige Situation in Syrien hat aber diese Entscheidung herbeigeführt. Das Man­dat geht von zwei stabilen, souveränen Staaten aus, nämlich Israel auf der einen und Syrien auf der anderen Seite. Die Situation ist aber im Moment eine ganz andere. In Syrien gibt es schon seit zwei Jahren keine souveräne Regierung mehr, die die Si­cherheit und die Akzeptanz der Soldaten auf dem Golan garantieren könnte. Sowohl die Rebellen als auch die syrische Armee operieren immer häufiger in der entmilitari­sierten Zone, hinzu kommen die iranische Miliz und die Hisbollah. Dazwischen sind un­sere österreichischen Soldaten mit einem Mandat, das für diese Situation nicht gedacht war. Kein Mensch weiß, wie die einzelnen kämpferischen Gruppen gegenüber der UN-Mission stehen, wie glaubwürdig, wie verlässlich sie sind, wer sie überhaupt im Detail sind. Zusätzlich wurde die Situation durch die Aufhebung des europäischen Waffenem­bargos erschwert. Das hat die Sicherheitssituation unserer Soldaten sicherlich ver­schlechtert. Unter diesen Umständen war eine verantwortungsvolle Umsetzung des Mandats nicht mehr möglich.

Meine Damen und Herren! Mehr Waffen in die Region, wie das einzelne Länder der EU beschlossen haben, bedeutet aber auch immer mehr Gewalt. Darunter leidet insbeson­dere die syrische Zivilbevölkerung. Ich möchte hier auch betonen, dass ich es für ganz richtig und wichtig gehalten habe, dass sich die österreichische Regierung auf EU-Ebe­ne massiv für die Beibehaltung des Waffenembargos eingesetzt hat.

Die jetzige Beendigung unserer Mission auf dem Golan darf aber nicht bedeuten, dass wir uns politisch aus dieser Krisenregion verabschieden. Es ist selbstverständlich auch in unserem eigenen Sicherheitsinteresse, dass wir uns in der Region engagiert dafür


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einsetzen, dass sich der Konflikt in Syrien nicht ausweitet, sondern eine friedliche Lö­sung gefunden wird. Dafür müssen wir uns in der EU auch weiterhin stark machen.

Österreich muss nach ganzen Kräften dabei helfen, dass die geplanten Friedensge­spräche in Genf erfolgreich vorbereitet und letztendlich auch erfolgreich durchgeführt werden und stattfinden. Auch dafür, dass wir, die EU, dort mit einer starken gemeinsa­men Stimme sprechen, muss Österreich sich auf EU-Ebene einsetzen.

Ein drängendes Problem ist auch die Situation von hunderttausenden Flüchtlingen, die in den Flüchtlingslagern in den Nachbarländern untergekommen sind. Es muss dafür gesorgt werden, dass es eine ausreichende Versorgung mit Wasser, mit Lebensmit­teln, mit Medikamenten, mit Unterkünften und dergleichen gibt. Österreich sollte sich besonders engagieren, um die Menschen in den Flüchtlingslagern zu unterstützen. Die Situation in den Lagern ist auch von enormer Bedeutung für die innere Sicherheit und für die Stabilität der Nachbarländer.

Das alles fordern wir auch in einem gemeinsamen Entschließungsantrag, der weiters auf den notwendigen Schutz – das wurde heute schon erwähnt – der religiösen Min­derheiten hinweist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


12.31.02

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Ja, es ist richtig, dass Österreich seine Truppen in der derzeitigen Si­tuation vom Golan abzieht. Es ist richtig, weil sich die Sicherheitssituation geändert hat, weil das Mandat ausgehöhlt worden ist. Deshalb ist es richtig. Wir brauchen uns als Österreicher, als österreichische Politiker, als Parlament, aber auch als Bundesregie­rung nicht dafür zu entschuldigen, dass wir unsere Soldaten abziehen. Wir brauchen uns, glaube ich, nicht dafür zu rechtfertigen, im Gegenteil. Das hat heute noch keiner gesagt, darum mache ich es jetzt: Seit 39 Jahren haben unsere jungen Männer und Frauen auf den Golanhöhen hervorragende Arbeit geleistet. (Abg. Mag. Widmann: Sie haben nicht zugehört!) In diesem Sinne möchte ich mich stellvertretend für das Parla­ment dafür bedanken. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, es war voraussehbar, dass der Krieg in Syrien die Golanhö­hen früher oder später erreicht. Es war auch voraussehbar, dass das Waffenembargo möglicherweise nicht mehr verlängert wird. Umso irritierter muss man als Abgeordneter sein, wenn man gesehen hat, wie halbherzig die Vertreter der österreichischen Bun­desregierung unseren Standpunkt in den entsprechenden Gremien und Institutionen klargemacht haben. Ja, es stimmt, es ist da und dort erwähnt worden, dass mögli­cherweise, wenn der Fall X eintritt, Gespräche geführt werden. Es gab aber keine ein­deutige Festlegung einer „roten Linie“, dass man gesagt hätte: Wenn das Waffenem­bargo fällt, dann werden wir unsere Truppen ohne Wenn und Aber abziehen! – Das war nicht der Fall! Ich glaube, im Falle einer Regierungsbeteiligung von uns hätte das genau so stattgefunden. (Beifall bei der FPÖ.)

An dieser Stelle möchte ich auch betonen, dass die Bundesregierung in der Außenpoli­tik momentan ein ausgesprochen – wie Kollege Amon auch gesagt hat – durchwach­senes Bild abgibt. Der Herr Verteidigungsminister fährt zu einem Truppenbesuch, und ein paar Tage oder ein paar Stunden vorher fährt der Herr Außenminister zum selben Truppenbesuch zu unseren Truppen auf die Golanhöhen – getrennte Reisen, getrenn­te Sicherheitsmaßnahmen, getrennte Logistik, getrenntes zweimaliges Antreten des gesamten Botschaftsumfeldes für ein und denselben Zweck, nämlich nur um vor Ort eine publizistische Selbstdarstellung abzuliefern. Es wäre aber für die Republik viel


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besser und vorteilhafter gewesen, wenn der Verteidigungsminister und natürlich der Außenminister gemeinsam auf den Golanhöhen aufgetreten wären und die österreichi­sche Position klipp und klar dargelegt hätten. Wir haben auch Anfragen zu dieser Cau­sa eingebracht, weil wir wissen wollen, welche zusätzliche Kosten für den Steuerzahler durch diesen publizistischen Unfug angefallen sind.

Im Außenministerium fällt auch auf, dass es offensichtlich drunter und drüber geht, wie man auch heute sieht. Es ist ein klassisches Beispiel, dass der Herr Außenminister heute nicht vorhanden ist. Es fällt auf, dass in den letzten Tagen vermehrt anonym ve­hemente Kritik aus dem Außenministerium, aus den eigenen Reihen an der Position und an der Person des Herrn Außenministers kommt. Das ist ausgesprochen unüblich für ein Ministerium und zeigt, dass es tatsächlich drunter und drüber geht.

Ich habe eine Erklärung dafür: Wie man gehört hat, hat vor ein paar Wochen bereits eine richtige Absetzbewegung aus dem Kabinett des Herrn Außenministers stattgefun­den. Posten, Botschaftspositionen, andere Positionen sind bereits fix vergeben wor­den. Warum findet das statt? – Das findet deshalb statt, weil – und das pfeifen auch schon die Spatzen vom Dach – der Herr Außenminister offensichtlich nach den nächs­ten Wahlen gar nicht mehr Außenminister sein möchte. ÖVP-intern ist es eigentlich schon beschlossen, dass er etwas ganz anderes macht. Man hört, er möchte Finanz­minister werden. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hornek und Amon.)

Das ist gut und schön. In den eigenen Reihen können Sie das ja festlegen, wie sie möchten. Es ist nur für Österreich ein Skandal, wenn sich im Ministerium die gesamten Mitarbeiter einfach abgesetzt haben und eigentlich schon längst abgemeldet sind. An­ders kann man sich nicht erklären, warum der Herr Außenminister zu derart falschen Lagebeurteilungen kommt: „Spindelegger in Israel: „Wir sind keine Feiglinge.“

Das stimmt, unsere Truppen sind keine Feiglinge. Aber ich sage so etwas nicht, wenn ich weiß, ich werde in ein paar Wochen abziehen.

Herr Minister Klug, ich kann Ihnen auch Ihren Beitrag zu dieser leidlichen Affäre nicht ersparen. „Wir werden jetzt nicht davonrennen“, sagte Generalstabchef Commenda Ende Mai. „Die Soldaten seien genauso oder vielleicht weniger gefährdet als vor einem halben Jahr. Wir sind auf dem Golan, weil es gefährlich ist. Eine Woche später“ – schreibt die „Presse“ – „muss an diesem Satz eine kleine Änderung vorgenommen werden: „Wir sind bald nicht mehr auf dem Golan, weil es gefährlich ist.“

Herr Minister Klug, ich sage Ihnen, ich bin entsetzt über diese Vorgangsweise – nicht über den Herrn Generalstabchef, er sagt ja nur das, was Sie ihm auftragen, sondern über die ganze Art und Weise. Sie lassen den höchsten Beamten des österreichischen Bundesheeres derartig ins Messer laufen. Ich finde das nicht in Ordnung. Das zeugt nicht gerade von einer großartigen Führungsqualität. Das muss leider gesagt werden.

Ganz zum Schluss möchte auch ich mich dem anschließen, was Frau Glawischnig un­längst in einem Interview gesagt hat. Man kann ja auch einmal etwas Positives sagen. Bei der Vorhaltung, dass die Opposition nicht regierungsreif wäre, muss man den Ge­danken umdrehen und einmal fragen: Ist denn die Regierung regierungsreif? Nach die­ser sogenannten – auf Neudeutsch – Performance könnte man sagen: Sie ist es einfach nicht. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Lopatka. – Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Regierungsfähig, nämlich miteinander! Das ist etwas anderes!)

Ich bin überzeugt davon, dass die österreichischen Wählerinnen und Wähler das bei den nächsten Wahlen genauso beurteilen werden. Darauf freue ich mich. Ich bedanke mich, dass Sie mir zugehört haben. (Beifall bei der FPÖ.)

12.37


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Mag. Klug. – Bitte.

 



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12.37.27

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Gerald Klug: Sehr ge­schätzter Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! Hohes Haus! Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen in diesem Zusammenhang und vor dem Hintergrund der Debat­ten rund um den Golan-Abzug allen unseren österreichischen Soldatinnen und Solda­ten meinen Dank und meinen Respekt für ihre Professionalität, für ihr Herzblut und für ihr Engagement zum Ausdruck bringen. Selbstverständlich ist klar, dass sie auch unter schwierigen und angespannten Bedingungen nicht nur durchgehalten hätten, sondern auch noch wesentlich länger geblieben wären. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin als Verteidigungsminister stolz auf die Leis­tungen unserer Soldatinnen und Soldaten, auf ihre Einsatzbereitschaft im Bereich der Friedensmissionen auf drei Kontinenten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Seit meiner Amtsübernahme im März des heurigen Jahres habe ich immer drei wesentliche Kriterien für den Verbleib unserer Soldatinnen und Soldaten auf dem Golan deutlich zum Ausdruck gebracht: Einerseits muss die Ver­sorgung und Rotation unserer Truppen langfristig gewährleistet sein. Zweitens: Das Mandat und die Überparteilichkeit unserer Truppen muss langfristig sichergestellt sein. Das dritte Kriterium war immer: Die höchste Priorität genießt die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Alle diese drei Faktoren sind jetzt nicht mehr gege­ben. Das umkämpfte und mittlerweile zerstörte „Bravo Gate“ ist für die Versorgung und Rotation unserer Truppen essenziell. Das Ansehen der Friedensmission wird augen­scheinlich von allen Parteien vor Ort und den Konfliktparteien nicht mehr respektiert, und die Gefährdung unserer Soldatinnen und Soldaten hat ein inakzeptables Maß er­reicht.

Die Lage – im Besonderen, wie sie sich vergangenen Donnerstag entwickelt hat, Kolle­ge Scheibner, ich mache darauf aufmerksam – hat aus meiner Sicht eine neue militä­rische Qualität gebracht. Es kam erstmals zu einem gezielten Zusammenwirken meh­rerer Rebellengruppen im Einsatzraum unserer UN-Soldatinnen und Soldaten. Und man muss es auch deutlich ansprechen: Ja, es ist der syrischen Regierung, die noch immer die Host-Nation vertritt, zum ersten Mal nicht gelungen, die UN-Friedensmis­sion ausreichend zu unterstützen! Und drittens: Die Lebensader von UNDOF, das „Bra­vo Gate“, war in Gefahr! In den intensiven Beratungen mit meinen militärischen Exper­ten wurde die Gefahr einer Wiederholung eines solchen Vorfalls einhellig als sehr groß bewertet.

Sehr geehrte Damen und Herren, es wurde in Debattenbeiträgen schon angesprochen: Ja, der syrische Bürgerkrieg ist mittlerweile so nah an unsere Soldatinnen und Solda­ten herangerückt, dass das Risiko inakzeptabel geworden ist, weil die Sicherheitslage nicht mehr beherrschbar ist.

Herr Kollege Scheibner, ich weiß, dass man in politischen Debatten nicht immer jedes Wort auf die Goldwaage legen darf, aber bei allem Respekt, wenn Sie mich schon zitieren, dann lege ich Wert darauf, dass Sie mich zur Gänze und umfassend zitieren. Ich habe während der Entwicklungen der letzten Monate seit März immer darauf hin­gewiesen, dass sich die Situation zusehends angespannt hat, sie aber beherrschbar war. Und ich sage jetzt deutlich: Seit dem vergangenen Donnerstag ist die Lage nicht mehr beherrschbar, daher war die Reißleine zu ziehen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Da kann man dann aber keine zwei Monate mehr warten, wenn das wirklich so ist! – Abg. Huber: Herr Minister, Sie verwickeln sich in Widersprüche!)

Ich sage in diesem Zusammenhang auch dazu: Natürlich habe ich Verständnis dafür, dass es auf der einen Seite die Oppositionsrolle gibt und auf der anderen Seit die Regierungsrolle. Immerhin war ich seit 2005 im Bundesrat auch bei ähnlichen politi-


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schen Debatten dabei. Ich sage also ausdrücklich, ich lege die Worte nicht auf die Goldwaage, aber ich betone in diesem Zusammenhang ausdrücklich: Ich lehne jeden Versuch ab, politisches Kleingeld auf dem Rücken unserer Soldatinnen und Soldaten zu schlagen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Scheibner, bei allem Respekt sage ich das deshalb so ausdrücklich, weil Sie gesagt haben: Ich unterstelle der Regierung, politisches Kleingeld zu schlagen! – Genau deshalb habe ich das in dieser Deutlichkeit angesprochen.

Kollege Widmann, ich weiß natürlich, dass ich als Mitglied des Nationalen Sicherheits­rates zur Verschwiegenheit verpflichtet bin, aber allgemein darf ich doch sagen, dass Sie schon im Nationalen Sicherheitsrat sehr exotische Argumente verwendet haben. (Abg. Scheibner: Das war wieder eine „besonders gute“ Meldung!)

Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Der Abzug erfolgt militä­risch professionell, in Abstimmung mit den Vereinten Nationen und – das sage ich aus­drücklich dazu – unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen für unserer Soldatinnen und Soldaten. Gestern sind die ersten 67 in Österreich angekommen. Es sind UNO-Trup­penflüge, ich sage aber auch klar und deutlich dazu: Wenn das nicht mehr gewährleis­tet werden kann, dann stehen eigene Flugzeuge dafür zur Verfügung. Die restlichen Teile des österreichischen Kontingents werden in einer geordneten Übergabe, in einem geordneten Abzug – in der Hinsicht sind wir auch der UNO verpflichtet – nach Hause kommen.

Ich sage in diesem Zusammenhang ausdrücklich und stelle mich damit ganz deutlich vor unsere Soldatinnen und Soldaten: Jawohl, so wie unsere Soldatinnen und Soldaten geschnitzt sind, mit ihrem Engagement, professionell, mit Herzblut, werden wir diesen Abzug auch unter angespannten Bedingungen geordnet durchführen. Der Abzug an sich war eine politische Entscheidung auf Basis der Beratungen mit meinen Militärex­perten. Ich habe meine Entscheidung getroffen und diese Entscheidung der Regie­rungsspitze mitgeteilt, und die wurde einhellig akzeptiert. Aus diesen Gründen weise ich auch jegliche Kritik an unseren Soldatinnen und Soldaten – das richtet sich jetzt insbesondere an die Adresse der Internetforen – auf das Schärfste zurück.

Geschätzte Abgeordnete! Mitglieder des Hohen Hauses! Österreich und das österrei­chische Bundesheer werden verlässliche Truppensteller bleiben. Wir werden uns auch in Zukunft an Friedensmissionen beteiligen. Wir haben bisher – das habe ich schon bei meinem Amtsantritt gesagt – mehr geleistet, als man von einem Land in der Größe Ös­terreichs erwarten konnte. Wir werden uns auch weiterhin engagieren. Gemäß der Ressortzuständigkeit wird jetzt der geordnete Abzug durchgeführt. Auf der diplomati­schen und außenpolitischen Ebene ist das Außenministerium zuständig. Meine militäri­schen Experten werden dabei unterstützend tätig.

Ich darf daher zusammenfassen: Die Entscheidung war richtig, die Umsetzung erfolgt konsequent, der Abzug wird militärisch professionell organisiert und, jawohl, wir bleiben ein verlässlicher Truppensteller. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Kickl: Das ist jetzt in Stein gemeißelt? – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Nichts ist in Stein gemeißelt!)

12.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


12.46.13

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mich macht das etwas ratlos, was hier stattfindet. Eigentlich müsste und sollte hier natürlich der Außenminister für die politischen Entscheidungen Rede und Antwort stehen. (Abg. Amon: Man merkt,


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Sie kennen sich nicht aus!) Jetzt bin ich schon froh, Herr Bundesminister, dass Sie ge­sprochen und die Soldaten und den Abzug verteidigt haben. Ja, das ist schön, aber wir haben eigentlich etwas anderes zu debattieren.

Es sind auch andere Themen angesprochen worden. Sie wissen von uns Grünen, dass wir bei der Entscheidung über den Abzug dabei waren, dass wir schon lange davor darauf hingewiesen haben, dass die Lage vor Ort am Golan so nicht haltbar sein wird, dass wir größte Bedenken haben und dass wir eine klare Positionierung – nicht von Ihrer Seite, sondern vonseiten des Außenministers! – gefordert haben. Da frage ich mich jetzt schön langsam, warum der Außenminister tatsächlich nicht anwesend ist.

Es gab Situationen, da war der Außenminister der Meinung, er schafft es, Europa in der Frage der Waffenlieferungen zu einem Kompromiss zu bringen. – Ist nicht gelun­gen. Das Problem, das wir damit haben, ist nicht nur, dass sich dadurch die Situation vor Ort verschärft, sondern dass dies deutlich sichtbar gemacht hat, dass Europa in ei­ner wesentlichen Frage derzeit nicht zu einer gemeinsamen Außen- und Sicherheits­politik – das sage ich noch extra dazu – fähig ist. – Das ist die erste Tragik.

Und da frage ich mich, ob der Außenminister die Illusion, dass wir auf europäischer Ebene die Entscheidungen zu Syrien das Waffenembargo betreffend beeinflussen kön­nen, selbst noch zu einem Zeitpunkt gehabt hat, zu dem es eigentlich nicht mehr mög­lich war, zu glauben, dass England, Frankreich und andere Länder einem Kompromiss zustimmen werden, womit unseren Truppen am Golan eigentlich auch die materielle Geschäftsgrundlage entzogen war. – Das ist die erste Frage.

Die zweite Frage, die ich an den Außenminister stellen würde, wäre: Ist dieser Abzug im Hinblick auf die UNO tatsächlich so gelaufen – und das ist keine Frage an Sie, Herr Verteidigungsminister; Sie haben hier eine militärische Beurteilung abgegeben – und so vereinbart, dass die UNO rechtzeitig darauf vorbereitet sein konnte? – Offensichtlich nicht!

Die Aufgaben eines Truppenstellers sind ja auch definiert, und diese Aufgaben des Truppenstellers Österreich sind offensichtlich vom österreichischen Außenministerium gegenüber der UNO nicht erfüllt worden. Darüber hätten wir auch gerne mit dem Au­ßenminister gesprochen. Das ist seine Verantwortung.

Jetzt komme ich aber zu dem für mich in der Debatte entscheidenden Punkt, dass der Herr Außenminister so wie auch der Herr Amon und auch das BZÖ mit unterschiedli­cher Argumentation aus dieser Situation – wir müssen abziehen, weil die Sicherheit nicht gewährleistet ist – eine ganz andere Debatte machen, nämlich die, ja wir würden schon dort bleiben, wenn das Mandat ein anderes wäre.

Wenn wir ein robustes Mandat hätten, dann könnten wir ja dort bleiben.

Damit komme ich zu Ihnen, Herr Kollege Scheibner. In Ihrer Argumentation und im An­trag des BZÖ klingt das ja noch irgendwie verständlich. (Zwischenruf des Abg. Amon.) – Reden Sie nicht dazwischen! (Abg. Amon: Die Hochamtsdemokraten! So sehen die in Wahrheit aus!) Sie hatten Ihre Redezeit, und Sie haben Ihre Position deutlich gemacht.

In Ihrem Antrag steht: der Schutz der Zivilisten. – Wo? In der entmilitarisierten Zone? Da gibt es relativ wenige Zivilisten. Was sollte uns oder ein UNO-Mandat berechtigen, den Schutz von ein paar Zivilisten, meinetwegen Hunderten oder Tausenden, zu ge­währleisten und den Schutz von Millionen Zivilisten in Syrien nicht zu gewährleisten? – Das ist das erste Problem. (Abg. Scheibner: Wir erklären es Ihnen dann!)

Das zweite Problem ist, Sie sagen in Ihrer Rede, da gibt es nur ein paar Scharmützel. Also die Aufgabe ist bewältigbar, mit einem robusteren Mandat – also mit schweren Waffen – nicht nur die Selbstverteidigung zu bewerkstelligen, sondern auch den Frie­den herzustellen. – Das glaube ich nicht.


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Interessant war, Herr Abgeordneter Widmann spricht von einem ganz anderen Sze­nario. Im Szenario des Kollegen Widmann geht es nicht mehr um einige Scharmützel und um den Schutz von Zivilisten, sondern bei Ihnen geht es auf einmal um ein ganz anderes Thema, nämlich um die Spritpreise. Die Spritpreise müssen sichergestellt wer­den. Die Spritpreise für Europa können sicher nicht durch einen Einsatz am Golan si­chergestellt werden. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Sie könnte nur durch eine umfassende militärische Intervention – und da stellt sich die Frage, durch wen – mitten in einem Bürgerkrieg stattfinden. Dafür reicht selbst ein Mandat nach Artikel VII nicht aus, denn Artikel VII heißt nicht zufällig Peace-Enforcement. Peace-Enforcement spielt sich derzeit aber nicht ab. Wir haben keinen Frieden in Syrien, der durch einen Einsatz von Truppen verstärkt oder hergestellt werden könnte.

Die Situation ist ein Bürgerkrieg, der so brutal ist – und das ist in der Rede des Kolle­gen Großruck ja gut beschrieben worden –, dass man darüber gut und gerne die Fas­sung verlieren kann. Und das will ich Ihnen auch zugutehalten, weil es wahrscheinlich viele gibt, die sich denken, ja wenn es irgendeine Möglichkeit gäbe, durch ein militä­risches Engagement die Zivilisten in Syrien zu schützen, warum nicht. Nur muss Ihnen und uns bei einer verantwortungsvollen Debatte doch eigentlich klar sein:

Erstens ist das nicht möglich. So groß können die Truppen wahrscheinlich gar nicht sein, um dort Frieden herzustellen, eben weil es nicht nur klassische militärische Kon­fliktparteien gibt, sondern viele zivile oder halbzivile Organisationen, die militärisch in­tervenieren. Und wie will man das beherrschen?

Das Zweite, und das ist das Entscheidende: Nichts, aber auch gar nichts berechtigt uns – weder Europa noch andere Länder –, in dieser Situation, in der alle irgendwo ein bisschen mitzündeln – „alle“ nehme ich zurück und sage: viele; Großmächte, Mittel­mächte, Regionalmächte –, das ebenfalls zu tun. Viele intervenieren und versuchen, in diesem Konflikt eine Rolle zu spielen, und das zu Lasten der syrischen Bevölkerung. Die zahlt diesen Preis. Die zahlt einen sehr hohen Preis, denn das Resultat ist ja schon beschrieben: ethnische Separierung, religiöse Separierung und was nicht noch sonst alles, auch Vernichtung von sehr vielen Menschenleben.

Nur eines ist klar: Es kann und es soll kein Mandat der UNO mitten im Bürgerkrieg ge­ben – Punkt eins –, schon gar nicht, um Spritpreise zu sichern, Herr Kollege Widmann! Das muss man sich vorstellen, das ist ja wirklich ein Zynismus! Haben wir in dieser Si­tuation, in der Syrien im Blut versinkt, keine anderen Sorgen als jene, ob unser Sprit­preis bei einer Eskalation steigen würde? Das ist wirklich eine Frage, die Sie sich stel­len müssen, Herr Kollege Widmann! (Beifall bei den Grünen.)

Der andere Punkt ist: Wie könnte es weitergehen? Da glaube ich, dass die Bundesre­gierung – da komme ich noch einmal zu den vermuteten Fehlern in der Argumentation auch des Außenministeriums – einen entscheidenden Fehler gemacht hat, auch zum Verständnis für die Österreicherinnen und Österreicher, nämlich klarzustellen, wir sind bereit, dieses Mandat auch weiter auszuüben, wenn uns diese Parteien, die ja unser Mandat auch sicherstellen müssen, also Syrien und Israel, garantieren, dass die Be­dingungen, unter denen das Mandat angenommen wurde, wiederhergestellt werden können. Es geht also natürlich um eine Versicherung dessen, dass Österreich nicht aus Jux und Tollerei und wegen eines Wahlkampfes das Mandat aufgegeben hat, son­dern aus guten Gründen, aber auch bereit ist, seine Verpflichtungen, die es ja 39 Jahre lang wahrgenommen hat, auch weiterhin wahrzunehmen, wenn diese Bedingungen ga­rantiert sind.

Herr Kollege Amon, „diese Bedingungen“ soll heißen, die gleichen Bedingungen – und nicht geänderte Bedingungen, nicht ein robusteres Mandat, das wir gar nicht wahrneh­men könnten. (Abg. Amon: Sie haben keine Ahnung!) Wir haben keine Panzer. (Abg. Amon: Doch!) – Ja, Radpanzer, die wir nicht einführen dürfen, und zwar nicht deshalb,


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wie Sie gesagt haben, weil Israel das verhindert, sondern weil Syrien das in der Ver­gangenheit verhindert hat. (Abg. Amon: Nein, Israel!)

Nein, für die Sanitätspanzer und für die leichten gepanzerten Fahrzeuge würde das Mandat ausreichen. Das wissen wir ja alle. Das ist ja nicht der entscheidende Punkt.

Der entscheidende Punkt ist, dass die ÖVP in den letzten Tagen offensichtlich auch unterstützt durch das BZÖ innenpolitisch eine Debatte angefangen hat, die sehr schwerwiegende Konsequenzen hätte, wenn sie auf internationaler Ebene so verfolgt werden würde. Ich glaube ja nicht, dass es zu dieser Änderung kommen kann und kommen wird. Und ich hoffe, dass es bei den bestehenden Entscheidungen bleiben wird, weil eine Änderung des Mandats mit Sicherheit keine Verbesserung für Syrien bringen kann. (Abg. Amon: Eh nicht!)

Da bin ich ja schon froh darüber, dass Sie jetzt sagen „eh nicht“, denn in den letzten Tagen, in der „ZIB 24“ und auch heute haben Sie etwas ganz anderes gesagt, da ha­ben Sie sich für ein robustes Mandat verwendet. In der „ZIB 24“ war das sehr deutlich. (Abg. Amon: Nein, wirklich nicht! Da waren Sie nicht mehr ganz aufmerksam um die Uhrzeit!)

Ich mache Ihren Zwischenruf jetzt öffentlich: Kollege Amon sagt, er ist nicht für ein ro­bustes Mandat, er ist nicht für eine Änderung des Mandats. Darüber bin ich ja schon froh. Damit wäre das ein Ergebnis dieser Debatte – mit Ausnahme des BZÖ. Ich würde Ihnen dringend raten, dass Sie Ihre Positionen überdenken, denn zwischen kleinen Scharmützeln und dem, was Kollege Widmann als Szenario beschrieben hat, besteht ein erheblicher Unterschied. Zwischen dem Schutz von Zivilsten in einer kleinen Zone, dem Schutz des ganzen Landes und dem Schutz der Spritpreise in Europa ist noch ein größerer Unterschied. (Abg. Amon: Da reden Sie sich jetzt wirklich in einen Wirbel hi­nein!)

Sie können versichert sein, dass diese Entscheidung oder diese Positionierung des BZÖ mit Sicherheit kaum jemand in Österreich mittragen würde. Ich hoffe auch darauf, dass auf europäischer und auf internationaler Ebene eine derartige Entscheidung nicht mitgetragen wird. (Beifall bei den Grünen.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


12.59.10

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister! Eines, glaube ich, kann man schon sagen: Sie haben die letzte Woche eine hervorragende Medienarbeit geleistet. Aber in Anbe­tracht dessen, dass Sie, Herr Minister, einem wirklich wichtigen Ministerium vorstehen, ist es, glaube ich, auch notwendig, dass Sie manchmal Entscheidungen treffen, die dem Wohle der Republik, dem Wohle unserer Soldaten dienen und nicht nur dem Mainstream und die keine Medienauftritte nach sich ziehen.

39 Jahre lang Friedenseinsätze auf den Golanhöhen – 39 Jahre österreichische Ge­schichte. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, denken wir einmal zurück: Wir sind seit 1979 Standort der UNO in Wien. Die United Nations haben einen Standort in Wien errichtet – was denkt ihr eigentlich, warum? Welche stolze Rolle hat Österreich einmal weltweit gespielt? Österreich war wirklich ein Vorbild im gesamten Nahen Osten. Ös­terreich war weltweit ein Friedensvermittler. Und wo sind wir jetzt, dank dieser Bundes­regierung? (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Eines muss man schon sagen: Wenn es visionäre österreichische Politiker zustande gebracht haben, dass wir auf den Golanhöhen vertreten sind, und wenn – wie wir heu­te gehört haben – die Situation wirklich so gefährlich, so brisant wäre, dann, Herr Bun-


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desminister Klug und Herr Staatssekretär Lopatka, erklären Sie mir bitte eines: Wie können Sie es verantworten, dass Sie sich jetzt mit dem Abzug sechs Wochen Zeit lassen? Sie widersprechen sich ja da in einer Tour. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn heute ein Herr ÖVP-Parteiobmann und ein Verteidigungsminister eine soge­nannte Pyjama-Politik betreiben und man Herrn Ban Ki-moon um 6 Uhr in der Früh aus dem Bett läutet, um ihm mitzuteilen, dass die Situation so gefährlich ist, dass man sofort abziehen muss, dann, glaube ich, brauchen wir nicht mehr weiterzudiskutieren. Wenn die Situation wirklich eskaliert wäre, dann hätten wir die richtigen Schritte ge­setzt, und wir hätten einen Konsens erzielt.

Aber nein! Jetzt, haben wir gehört, kommen die Fidschi-Inseln auf die Golanhöhen. Ich kann euch nur sagen, bei diesem „Fidschigogerl-Klub“ kann dann Herr Spindelegger als Obmann fungieren. Das, glaube ich, hat der Ruf und der Einsatz aller österreichi­schen Soldaten der letzten Jahre nicht verdient.

Herr Kollege Öllinger, wenn du hier den Kollegen Scheibner massiv kritisierst, verstehe ich dich nicht, denn Kollege Scheibner hat das wirklich ohne jede Polemik, fachlich fun­diert vorgetragen. Dass du nun hergehst und versuchst, alles zu verdrehen, ist einfach nicht richtig. – Das ist der falsche Weg.

Wir sollten uns auch viel mehr Gedanken darüber machen, was mit dem Ruf unserer Republik Österreich passiert. Diesen Ruf haben wir den 40 Jahren hervorragender Arbeit und den Tausenden Soldaten, die dort ihren Dienst geleistet haben, zu ver­danken.

Ich glaube, Herr Klug, wenn Sie Ihre Arbeit wirklich ernst genommen hätten und wenn Sie die Situation richtig eingeschätzt hätten, dann hätte man auch einen Weg be­schreiten können, bei dem man gemeinsam mit dem Außenministerium arbeitet und bei dem der Außenminister, wie im Mandat festgeschrieben, 90 Tage vor Abzug in­formiert. Dann hätte es keiner Pyjama-Politik bedurft. (Abg. Riepl: Ein höheres Niveau Ihrer Rede wäre schön!) – Das Niveau meiner Rede können Sie gerne beanstanden, aber eines sage ich Ihnen: Ich habe mit den Soldaten gesprochen, und das Niveau Ih­rer Politik, haben mir Soldatinnen und Soldaten gesagt, ist zum – das Wort gebrauche ich jetzt nicht! (Beifall beim BZÖ.)

Wenn Sie sich jetzt hier groß aufführen und alles verteidigen, was diese Bundesre­gierung macht, den Namen unserer Republik Österreich international lächerlich ma­chen und dann noch mit solchen Kommentaren kommen, ist das wirklich traurig, Herr Riepl, und es zeigt, was Sie von Sicherheitspolitik und von Außenpolitik verstehen.

Ich glaube, dass wir, wenn wir uns jetzt schon von den Golanhöhen verabschieden – und ich werde da auch einen entsprechenden Antrag einbringen –, wirklich gemeinsam versuchen sollten, zu retten, was zu retten ist, und dass wir endlich eine Politik machen sollten, die auf die Erfordernisse eingeht.

Nur ganz kurz zur ganzen Eskalation: Ganz unschuldig sind wir ja alle nicht. Ich kann mich noch erinnern, wie ein Herr Schüssel, im Außenpolitischen Ausschuss neben mir sitzend, davon gesprochen hat, dass dieser Arabische Frühling die Chance der Demo­kratie ist. Ja bitte, das BZÖ hat damals schon gewarnt. Das BZÖ hat das genau vo­rausgesehen, und leider haben wir recht behalten. (Abg. Amon: Habt ihr eine Glasku­gel, oder wie?)

Deswegen darf ich euch jetzt ersuchen, dass ihr unseren Antrag wirklich ernst nehmt und dass ihr diesem zustimmt.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Scheibner, Bucher, Widmann und Huber


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 90

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, die österreichischen Truppen aus dem Golan nicht überstürzt und aus innenpolitischen Motiven abzuziehen, sondern zuerst die Lage nochmals zu prüfen und auf die UN-Institutionen und insbesondere auf die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates einzuwirken, damit diese eine Ver­besserung des Mandates – auch im Sinne der von Österreich im UN-Sicherheitsrat ein­gebrachten Resolution 1894 (Protection of Civilians) – und damit der Wirkungsmöglich­keiten der Truppe vor Ort herbeiführen.

Sollte dies nicht binnen der nächsten drei Monate möglich sein oder ein direkter mili­tärischer Angriff eine tatsächliche Gefährdung der Truppe bedeuten, die diese nicht mehr beherrschen kann, wäre ein Abzug neuerlich im Nationalen Sicherheitsrat zu be­raten und dann die Entscheidung zu treffen.“

*****

Wir meinen damit eine besonnene Entscheidung – und nicht eine Pyjama-Politik, eine Politik, die nur durch wahltaktische Gründe motiviert ist. Dafür sind wir uns doch alle zu schade! (Beifall beim BZÖ.)

13.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Scheibner, Bucher, Mag. Widmann, Huber, Kollegin und Kollegen betreffend Mandat des österreichischen UNDOF-Kontingents

eingebracht im Zuge der Debatte zum TOP 1 (Bericht des Außenpolitischen Ausschus­ses über den Antrag 2315/A(E) der Abgeordneten Angela Lueger, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die dramatische Situation in Syrien und deren Auswirkungen für die Region und auch für Europa (2422 d.B.))

Die Entscheidung der österreichischen Bundesregierung, das Mandat der österreichi­schen Blauhelme auf den syrischen Golan-Höhen zu beenden hat nun nach der Kritik von Seiten des BZÖ auch zu internationaler Kritik geführt.

Hatte der für Geheimdienste zuständige israelische Minister Juwal Steinitz zum Abzug der Österreicher noch gesagt: „Wir sehen jetzt, was die österreichischen Streitkräfte auf den Golan-Höhen wert sind. Israel kann ausländischen Kräften nicht trauen, und manchmal, wie jetzt, ist ihre Präsenz bei Krisen eher ein Hindernis als eine Hilfe.“, so schloss sich der US-Botschafter in Wien, William Eacho, dieser Kritik an mit der Auffor­derung: „Ich muss sagen: Die Ankündigung Österreichs, seine Soldaten zurückzuho­len, hat mich enttäuscht; Österreich sollte seine Entscheidung noch einmal überden­ken“. Österreich habe seit 1974 exzellente Arbeit am Golan geleistet und sei lange Zeit ein herausragendes Vorbild für friedenserhaltende Operationen gewesen. Es gehöre zu jenen Staaten, die solche Aufgaben besonders gut erledigen können. Umso ent­täuschender sei nun das Beispiel, das Österreich abgebe. Auch andere Länder könn­ten jetzt auch zögern, Soldaten zu schicken. „Es könnte schwierig werden, Ersatz für den UNO-Einsatz zu finden“, erklärte der US-Botschafter.

Die Kritik an der Entscheidung der Bundesregierung, die österreichischen Blauhelme von den Golan-Höhen abzuziehen, regt sich also nicht nur in den Reihen der Oppo­sition.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 91

Noch vor der Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates am 10. Juni 2013 hat sich das BZÖ für ein Überdenken des beschlossenen Golan-Abzugs ausgesprochen: Wenn das Gefährdungspotenzial für österreichische Soldaten so groß ist, dann hätte man sofort abziehen müssen; dass sich Österreich für den Abzug von den Golan-Höhen aber sechs Wochen, vielleicht auch länger Zeit lasse, lässt den Verdacht zu, dass man die­sen Rückzug aus politischen Gründen angeordnet hat.

Natürlich hat die Sicherheit unserer Soldaten absoluten Vorrang, aber anscheinend ist die Gefährdung doch nicht so groß. Der Einsatz des österreichischen Kontingentes am Golan ist aber zu bedeutend, weshalb eine Abzugsentscheidung nicht leichtfertig und aus parteipolitischen Gründen getroffen werden darf. Zudem kann ein Abbruch dieser Mission einen Flächenbrand im Nahen Osten auslösen! Im Vergleich der Situation mit dem Kosovo-Krieg, in welchem unsere Soldaten sogar in direkte Feuergefechte ver­wickelt waren, wäre keinem Menschen eingefallen, dass man diese zurückziehen soll.

Nach Ansicht des BZÖ muss Österreich mit der UNO in der Verhandlung treten, damit das Mandat der Mission geändert wird und die Truppen geschützt sind. Das Problem ist, dass unsere Soldaten nur über leichte Waffen verfügen und sich nur, wenn sie di­rekt angegriffen werden, verteidigen dürfen. Aus Sicht des BZÖ sollte daher die Ent­scheidung über einen Abzug oder Verbleib des österreichischen Kontingentes daran geknüpft werden, ob die UNO ein robustes Mandat erteile. Nur wenn diese Maßnahme verweigert wird, müsste man allenfalls die Entscheidung treffen, die Truppen zurück­zuziehen.

Im Lichte dieser Überlegungen stellen die unterzeichnenden Abgeordneten daher fol­genden

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, die österreichischen Truppen aus dem Golan nicht überstürzt und aus innenpolitischen Motiven abzuziehen, sondern zuerst die Lage nochmals zu prüfen und auf die UN-Institutionen und insbesondere auf die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates einzuwirken, damit diese eine Ver­besserung des Mandates – auch im Sinne der von Österreich im UN-Sicherheitsrat eingebrachten Resolution 1894 (Protection of Civilians) – und damit der Wirkungsmög­lichkeiten der Truppe vor Ort herbeiführen.

Sollte dies nicht binnen der nächsten drei Monate möglich sein oder ein direkter mili­tärischer Angriff eine tatsächliche Gefährdung der Truppe bedeuten, die diese nicht mehr beherrschen kann, wäre ein Abzug neuerlich im Nationalen Sicherheitsrat zu be­raten und dann die Entscheidung zu treffen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Weninger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.06.24

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Verteidi­gungsminister! Herr Staatssekretär Lopatka! Eigentlich ist diese Debatte ein Zeichen dafür, dass bei der Mehrheit im Hohen Haus große Geschlossenheit in wesentlichen außenpolitischen Fragen herrscht, mit Ausnahme des BZÖ, das krampfhaft versucht, den innenpolitischen Vorwahlkampf mit dem Truppenabzug aus dem Golan und der tragischen Situation im Bürgerkriegsland Syrien zu verknüpfen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Widmann.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 92

Natürlich kann man militärstrategische Analysen und inhaltliche politische Entschei­dungen differenziert diskutieren, wie das in der Debatte jetzt auch ausgeführt wurde, in der zum Beispiel die FPÖ, die diese Vorgangsweise unterstützt, sagt, eigentlich hätten wir schon einige Wochen früher abziehen sollen; oder in der die Grünen, die die Posi­tion der Regierung ebenso unterstützen, sagen, nur nicht überhastet agieren. Ich glau­be, Peter Pilz war es, der gesagt hat, im UN-Mandat steht, 90 Tage sind einzuhalten.

Ich stelle mir nur die Frage, was passieren würde, wenn heute oder morgen die Sicher­heit der österreichischen Soldatinnen und Soldaten nicht mehr gewährleistet werden könnte und der erste Soldat schwer verletzt oder gar getötet aus dem Golan nach Ös­terreich transportiert würde. Dann würde ich mir die Diskussion vonseiten des BZÖ gerne anhören. Das ist verantwortungslos. (Abg. Huber: Warum wartet ihr dann sechs Wochen?)

Deswegen ist der Kompromiss, den wir heute hier beschließen, ein geordneter Rück­zug (Abg. Scheibner: Wir beschließen heute gar nichts!) – kein überhasteter Abzug unserer Soldatinnen und Soldaten, sondern ein geordneter Rückzug über mehrere Wo­chen in Koordination mit den Vereinten Nationen. Dafür, Herr Verteidigungsminister, ein herzliches Dankeschön meinerseits! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Österreicher brauchen unser Licht international und in der historischen Betrachtung nicht unter den Scheffel zu stellen. Was Österreich über Jahrzehnte an humanitären Maßnahmen im Land und an internationalem Engagement geleistet hat, ist in der Rela­tion zur Größe unseres Landes vorbildhaft. Ich will jetzt nicht alle UNO-Missionen auf­zählen, sicher war der Einsatz am Golan aber über fast 40 Jahre hinweg für unser Bundesheer etwas Besonderes. Ich erinnere aber auch an den sehr erfolgreichen und gefährlichen Einsatz im Tschad. Ich erinnere an die Anwesenheit im Libanon, im Koso­vo, in Bosnien-Herzegowina. Überall dort, wo wir in Koordination mit der UNO das vor­gegebene Mandat der Friedenserhaltung tatsächlich erfüllen können, macht Österreich das mit großem Engagement. Das werden wir auch in Zukunft beibehalten, weil es im­mer ein gemeinsames Anliegen des Hohen Hauses war, dass Österreich in großer Ein­helligkeit überall mithilft, Frieden, Freiheit, Demokratie, aber auch soziale Gerechtigkeit durchzusetzen, und zwar mit all den bescheidenen Mitteln, die einem kleinen, neutra­len Land zur Verfügung stehen.

In diesem Sinne noch einmal herzlichen Dank für die differenzierte Debatte, aber auch für die Zustimmung fast aller Parteien hier im Nationalrat. Danke auch noch einmal für die vernünftige, politisch korrekte Entscheidung der Bundesregierung, mit diesem Pro­blem so umzugehen, wie wir das heute machen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.09

13.09.50

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2422 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend die dramatische Situation in Syrien und de­ren Auswirkungen für die Region und auch für Europa.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hierfür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 306.)

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Positionierung der Bundesregie­rung zum österreichischen UN-Kontingent am Golan.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 93

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Scheibner, Kollegin und Kollegen betreffend Mandat des österreichischen UNDOF-Kontingents.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Auch das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

13.11.222. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (2302 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog über den Sitz des Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrums für in­terreligiösen und interkulturellen Dialog in Österreich (2420 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2075/A(E) der Abge­ordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend König Abdullah „Dialogzentrum“ in Österreich (2421 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2124/A(E) der Abge­ordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Menschenrechts­krise in Bahrain (2423 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2123/A(E) der Abge­ordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bespitzelt, be­droht, bedrängt und verprügelt“ – Einschüchterung von JournalistInnen in China (2424 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 bis 5 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Hübner. Wunschgemäß sind 5 Mi­nuten eingestellt. – Bitte.

 


13.12.55

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Zentrum ist ja, gelinde gesagt, umstritten, wenn man die Stellung­nahmen hier im Nationalrat, die Internetforen und Ähnliches verfolgt.

Auch wir haben uns schließlich entschlossen, gegen dieses Zentrum zu sein, weil wir sagen, dass der Name eines absolutistischen, autokratischen Herrschers, der eine to­leranzfreie Theokratie führt, nicht geeignet ist, für ein Zentrum, das sich mit religiösem Dialog beschäftigt, hergehalten zu werden. Deshalb ist das Zentrum für uns mit diesem Namen, mit dieser Aufmachung, mit diesem Sponsor, mit diesem Hauptzahler nicht ak­zeptabel.

Aber wir sind ja schon einen Schritt weiter, denn der Beschluss über die prinzipielle Einrichtung des Zentrums ist ja gefallen. Jetzt geht es darum, diesem den Status einer


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internationalen Organisation zuzuerkennen. Internationale Institutionen gibt es eine Menge, das ist ja beileibe nicht die erste. Das Zentrum wird aber mit allen denkbaren Privilegien ausgestattet, die eine internationale Organisation haben kann.

Das ist prinzipiell problematisch, nicht nur des Zentrums wegen, sondern weil wir uns überhaupt überlegen müssen, ob diese ganzen Privilegien akzeptabel, angemessen, gleichheitsgemäß und dem 21. Jahrhundert entsprechend sind.

Wenn ich da ein bisschen in diesem Abkommen zwischen der Republik und dem Inter­nationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog blättere, dann gibt es bereits in Artikel 5 die Befreiung von Gerichtsbarkeit und anderen Maßnahmen:

„Das Zentrum ist mit Ausnahme der folgenden Fälle“ – das sind unbedeutende Fälle – „von Gerichtsbarkeit und Vollzugshandlungen befreit“.

Das heißt, Österreich gibt für das Zentrum, sein Gebäude und im Wesentlichen alle Mitarbeiter seine Hoheitsrechte auf. Das geht so weit, dass wir dort auch verwaltungs­rechtlich nicht einschreiten können – wie im Übrigen auch bei anderen internationalen Organisationen und Botschaften. Wir können nicht einmal die Bauordnung oder den Denkmalschutz durchsetzen.

Wenn die Führung dieses Zentrums auf die Idee käme, das denkmalgeschützte Palais, in dem es sich befindet, abzureißen, umzubauen, umzugestalten, könnten wir gar nichts machen – ein Wahnsinn!

So geht es aber weiter. Gehen wir vielleicht zum Artikel 10, die Befreiung von Steuern und Zöllen:

„Das Zentrum und sein Eigentum sind von allen Formen der Besteuerung befreit.“

Das betrifft selbst indirekte Steuern auf Dinge, die konsumiert werden. Das heißt, wenn Vertreter des Zentrums etwas kaufen, das der Mehrwertsteuer unterliegt, hat das Inter­nationale Zentrum einen Refundierungsanspruch. Ist das zeitgemäß? Ist das akzep­tabel? Ist das im Sinne einer Gleichbehandlung der Bürger hinnehmbar? (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, eindeutig nicht! Das kann es ja nicht sein! Es wundert mich auch, dass da von sozialdemokratischer Seite kein Protest kommt, wo ja ständig über das Trockenle­gen von Steuerinseln gesprochen wird, über den Kampf gegen Steuerfluchtmöglichkei­ten, über die Beseitigung von Privilegien und Steueroasen und dergleichen. Hier aber werden neue geschaffen – nicht nur für das Zentrum, das möchte ich noch einmal klarstellen, sondern für viele gleich organisierte Organisationen.

Thema Sozialversicherung: Es geht sogar so weit, dass in Artikel 12 Folgendes festge­schrieben wird:

„Das Zentrum und die Mitarbeiter des Zentrums sind von allen Pflichtbeiträgen an die Sozialversicherungseinrichtungen der Republik Österreich befreit.“

Ich kann nur sagen, das kann ja nicht wahr sein! Das sind Leute, die hier leben, die hier medizinisch, sozial und so weiter versorgt werden müssen, und trotzdem sind sie von allen Pflichtbeiträgen befreit. Sie können sich überall freiwillig versichern, dann ist die Krankenkasse zuständig, aber von Pflichtbeiträgen sind sie befreit, und zwar nicht nur die Chefs, der Vorstand, sondern alle Mitarbeiter des Zentrums.

Auch interessant ist der Artikel 14: Mitarbeiter sind von der Besteuerung von Gehäl­tern, Bezügen einschließlich Zulagen, Entlohnungen, Entschädigungen, Ruhegenüs­sen und so weiter befreit. Befreit sind sie auch von allen Formen der Besteuerung der Einkünfte, die sie oder ihre Mitarbeiter oder ihre Angehörigen im gemeinsamen Haus-


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halt aus Quellen außerhalb der Republik Österreich beziehen. Das bedeutet eine totale und allgemeine Befreiung von allen Steuern und Abgaben für jeden, der dort arbeitet. Welche sachliche Begründung gibt es dafür im Jahr 2013? – Überhaupt keine. (Beifall bei der FPÖ.)

Die einzige Begründung ist, dass es eine historische Altlast ist, die man anderen auch gewährt hat. Das geht weit zurück, weit vor das Wiener Abkommen von 1953, in dem das prinzipiell einmal so skizziert ist. Die Privilegien werden aber kritiklos beibehalten und immer wieder eingeräumt.

Das geht so weit, dass sogar die Kraftfahrzeuge der Mitarbeiter – nicht ständig, aber alle vier Jahre – mehrwertsteuerfrei und übrigens auch – wie heißt die Steuer auf Neu­wägen? (Rufe bei der FPÖ: NoVA!) – NoVA-frei angeschafft werden können. Das geht zwar nur alle vier Jahre, die Mitarbeiter können also nicht jedes Jahr ein Auto kaufen und dann weiterverkaufen, aber alle vier Jahre können sie NoVA- und mehrwertsteu­erfrei ein Auto nach Österreich einführen. Das ist völlig unverständlich, völlig irre! Und so geht das weiter. Ich habe jetzt ja nur die Highlights herausgesucht.

Ich glaube, hier ist eine grundsätzliche Debatte erforderlich, insbesondere angesichts des Umstandes, dass man dem König Abdullah Zentrum auch noch eine Meistbegüns­tigungsklausel eingeräumt hat, was nichts anderes heißt als dass, sollte irgendeiner anderen Organisation ein Recht eingeräumt werden, das über das dem Abdullah Zen­trum eingeräumte hinausgeht, dieses Recht automatisch auch dem Abdullah Zentrum zu gewähren ist.

Ehrlich, wenn ich in die Runde schaue, ist das angemessen und gerecht? Ist das eine Gesetzgebung und Beschlussfassung des Jahres 2013 in der demokratischen Repub­lik Österreich? – Meiner Ansicht nach, ganz klar: Nein. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Glaser zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.19.15

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär Lopatka! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das König Abdullah Zentrum war ja schon mehrmals Thema in diesem Haus, und heute geht es, wie Kollege Hübner be­reits gesagt hat, um das Amtssitzübereinkommen.

Wir waren soeben Zeuge davon, wie Kollege Hübner krampfhaft Argumente gesucht hat, um gegen dieses Zentrum zu polemisieren, denn in Wahrheit ist es ein internatio­nales Zentrum. (Abg. Mag. Stefan: Was? Ihr findet das in Ordnung?) Es ist ein interna­tionales Abkommen. Das ist üblich bei allen internationalen Abkommen. (Abg. Mag. Ste­fan: Alle diese Privilegien, die automatisch eingeräumt werden, findet ihr normal?)

Es ist mit Sicherheit so, dass Wien und Österreich davon keinen Nachteil haben wer­den, sondern mit Sicherheit davon profitieren werden. Diese billige Argumente-Suche­rei hätten Sie sich sparen können!

Aber ich will noch kurz auf das Zentrum und auf die Bedeutung des Zentrums als sol­ches eingehen. Es ist ein interreligiöses und ein interkulturelles Zentrum, ein Dialog­zentrum. Wenn da alle großen Weltreligionen vertreten sind und es offen ist für alle anderen Religionen, für NGOs und für Expertinnen und Experten, dann verstehe ich eigentlich nicht die relativ billige Kritik von manchen Seiten und dass man hier diese Möglichkeit ablehnt.

Wenn dieses Zentrum schon von Saudi-Arabien initiiert wurde, ein Impuls ist und in den ersten Jahren von diesem Land auch finanziert wird, dann verstehe ich noch weni­ger, warum man hier die Kritik mit aller Gewalt sucht, wo doch gerade die Tatsache,


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dass man dieses Zentrum initiiert, ein Signal der Öffnung und ein Signal für den Dialog ist. Ich verstehe nicht, warum man das nicht sehen, sondern mit aller Gewalt ablehnen will. Und angesichts der politischen und gesellschaftlichen Realitäten in diesen Län­dern verstehe ich es noch weniger.

Ich darf auch kurz auf die Ziele und die Tätigkeiten dieses Zentrums eingehen: Es hat ja das klare Ziel, nach dem Austausch zwischen den Religionen und der Vernetzung der Religionen zu streben; es hat das Ziel, die Zusammenarbeit und die Verständigung zu suchen; es hat vor allem auch das Ziel, gegen den Missbrauch der Religion für Ge­walt und Unterdrückung einzutreten; und es hat generell das Ziel, für Menschenrechte einzutreten. (Abg. Mag. Stefan: Das sollen die im eigenen Land machen! Wäre gar nicht so schlecht! – Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Aus all diesen Gründen sehe ich kein Argument, warum man dagegen sein sollte.

Es hat in der Zwischenzeit auch die Gründungsversammlung gezeigt, dass die Reli­gionen und die internationalen Organisationen sehr wohl zu diesem Zentrum stehen und es begrüßen. Es ist auch so, dass die Tätigkeit dieses Zentrums mit Ende Mai be­reits begonnen hat und ein konkretes Arbeitsprogramm in diesen Wochen und Mona­ten ausgearbeitet wird.

Ich möchte jetzt noch kurz auf die zwei Anträge, die auf die Abgeordnete Korun zurück­gehen, eingehen – nicht auf den Antrag gegen das Abdullah-Zentrum, den lehnen wir natürlich ab, sondern ich meine die beiden Anträge, die Sie eingebracht haben zur Menschenrechtslage in Bahrain und zur Lage der Meinungs- und Pressefreiheit bezie­hungsweise zur Diskriminierung von Journalistinnen und Journalisten in China.

Ich bin froh darüber, dass es uns hier gelungen ist, einen breiten Konsens zu finden. Ich glaube, dass alle Parteien zustimmen werden, dass wir diesen Antrag gemeinsam so unterstützen können. Letztlich geht es dabei um die Menschenrechte ja nicht nur in diesen beiden Ländern, sondern es gibt leider viel zu viele Länder, wo es diese Pro­bleme, die Sie punktuell hier angeführt haben, gibt.

Ich glaube daher, dass es gut und richtig ist, wenn wir diese Punkte hier exemplarisch immer wieder zur Diskussion bringen, symbolisch alle anderen Länder mit einschließen und ganz einfach darauf hinweisen, dass Menschenrechte generell und immer wieder thematisiert werden müssen und wir sie einzumahnen haben.

Gerade an dieser Stelle möchte ich den Bogen wieder zurück zum Wiener Dialogzen­trum spannen. Gerade ein derartiges Zentrum ist in meinen Augen ebenfalls ein Bei­trag für die Menschenrechte, für den Dialog und kann niemals das Gegenteil bewirken. Deshalb verstehe ich Ihre Ablehnung nicht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neubauer: Dabei wäre das gar nicht so schwer!)

13.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Korun zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.24.07

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mit den Menschenrechtsanträgen zur Lage in Bahrain und in China beginnen. Es ist sehr erfreulich, dass unsere Initiative, diese Anträge zum Schutz der Menschenrechte in Bahrain und zum Schutz von Journalisten und Journalistinnen und Medienfreiheit in China breite Unterstützung gefunden haben und, wenn auch mit geringen Abänderun­gen, im Außenpolitischen Ausschuss angenommen wurden. Danke für die Unterstüt­zung dabei!

Es freut mich, es freut uns natürlich, dass auch der SPÖ und der ÖVP Menschenrechte in Bahrain und in China ein Anliegen sind, und wenn diese Anträge heute vom Plenum


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angenommen und beschlossen werden, gehe ich davon aus, dass die Bundesregie­rung auch mit entsprechender Kraft und entsprechendem Engagement dahinter sein wird, den Inhalt dieser Anträge umzusetzen. Kollege Scheibner sagt, er hofft es. Ich gehe davon aus. Aber sollte das nicht der Fall sein, werde ich das von dieser Stelle aus wieder thematisieren.

Nun zum sogenannten König Abdullah Zentrum. Es stimmt, wir haben dieses Zentrum sowohl im Außenpolitischen Ausschuss als auch hier im Plenum mehrmals behandelt. Heute steht ja die Regierungsvorlage zum Amtssitzabkommen zur Debatte. Wie auch im Ausschuss angesprochen, habe ich mir die Mühe gemacht, dieses Amtssitzabkom­men mit vergleichbaren Amtssitzabkommen, die auch für internationale Organisationen mit Sitz in Österreich gelten, zu vergleichen.

Beim Vergleich ist mir etwas sehr Spannendes aufgefallen, nämlich, dass diese Ab­kommen in vielen Punkten ident sind, aber in einem ganz wichtigen Punkt nicht, näm­lich betreffend Privilegien und Immunitäten. Während es bei anderen Organisationen üblich ist, dass in dem Amtssitzabkommen steht, dass die Organisation sich selbstver­ständlich verpflichtet, ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen anzuhalten, ihre Privilegien nicht zu missbrauchen, ist beim Saudi-Zentrum die Rede davon, dass das Zentrum dies „in Aussicht stellt“.

Nun wäre ich nicht so skeptisch geworden, wenn es ein anderes Zentrum wäre, ein weniger umstrittenes, eines, wo nicht der saudische Wahhabismus als sogenannte Weltreligion vertreten ist, nicht eines, wo der Vertreter des wahhabitischen Islam auch Berater bestimmen kann im hundertköpfigen Beirat dieses Zentrums. Das alles sind ja massive Kritikpunkte gewesen, und sie bleiben aufrecht, wie Sie alle wissen.

Deshalb haben die Grünen der Schaffung dieses Zentrums auch nicht zugestimmt und waren Kritiker und Kritikerinnen erster Stunde – im Unterschied zum Beispiel zu den Freiheitlichen, die ein Jahr lang diese Initiative unterstützt haben, um dann bei der Ab­stimmung hier im Plenum plötzlich draufzukommen, dass es vielleicht doch keine sehr gute Idee ist.

Interessant habe ich auch gefunden, dass der Herr Außenminister auf meine Frage, warum das mit den Privilegien und Immunitäten in diesem Abkommen anders, nämlich viel milder formuliert ist, eigentlich keine inhaltliche Antwort gewusst hat. Interessanter­weise hat er gesagt, das wird er schriftlich nachreichen, das ist aber bis heute nicht passiert.

Abgesegnet wurde aber das Amtssitzabkommen im Außenpolitischen Ausschuss, und heute soll es endgültig beschlossen werden. Das ist eine Vorgangsweise, die, milde gesagt, sehr stutzig macht und noch mehr Verdacht schöpfen lässt; denn es kann nicht sein, dass ausgerechnet bei einem so umstrittenen Projekt, wo uns allen noch nicht be­wusst ist, wie der Ausgang sein wird, die Immunitäten und die Privilegien sehr lasch geregelt sind und das Zentrum sich nicht klipp und klar verpflichtet, die Mitarbeite­rInnen anzuweisen, diese Immunitäten nicht zu missbrauchen, sondern das nur milde in Aussicht stellt.

In einem ähnlichen, vergleichbaren Amtssitzabkommen ist sogar die Rede davon, dass der Generaldirektor alle Vorkehrungen trifft, dass mit den im Rahmen dieses Abkom­mens gewährten Privilegien und Immunitäten kein Missbrauch getrieben wird und so weiter und so fort. Auch von einer solchen Bestimmung ist im Saudi-Amtssitzabkom­men nicht die Rede.

Zusammengefasst gibt es hier mehrere Gründe, um auch dieses Amtssitzabkommen abzulehnen. Es sind sogar zusätzlich Gründe, die unseren Verdacht bestärken, hinzu­gekommen. Aus diesem Grund werden wir diesem Amtssitzabkommen nicht zustim­men. Wir werden die Arbeit dieses Zentrums natürlich weiterhin beobachten und ver-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 98

folgen. Die Verantwortung, wenn dort etwas schiefgeht, was unsere Befürchtung ist, tragen die Regierungsfraktionen und jene Fraktionen, die das mitbeschlossen haben. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall des Abg. Öllinger.)

13.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


13.29.34

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Staatssekretär! Meine Damen und Her­ren! Meine Wortmeldung bezieht sich ebenfalls auf das interreligiöse und interkulturelle Dialogzentrum, und ich darf da nahtlos an die Wortmeldung meines Vorredners, des Kollegen Glaser, anschließen.

Ich denke, dass das im November 2012 unter Anwesenheit des Generalsekretärs der UNO Ban Ki-moon eröffnete Zentrum des Dialoges eine weitere Möglichkeit für Öster­reich bildet, entscheidend mitzuwirken, wenn es um den Prozess von Frieden, Dialog und der Weiterentwicklung der Menschenrechte geht.

Das von einigen Vorrednern kritisierte Amtssitzabkommen unterscheidet sich keines­falls von jenen anderer internationaler Organisationen, die hier in Österreich ihren Sitz haben, und ich darf auch betonen, dass es auch in anderen Ländern üblich ist, wenn dort internationale Organisationen einen Sitz errichten, dass solche Abkommen ge­schlossen werden.

Ich denke, Österreich und Wien hat damit wieder einmal die Möglichkeit, als Stadt zu fungieren, in der Dialog gepflegt wird, in der internationale Persönlichkeiten unter­schiedlicher Religionen zusammentreffen, und diese Möglichkeiten des Zusammentref­fens dafür zu nützen, über Menschenrechte zu reden, über Religionsfreiheiten zu re­den und vor allem auch über die Rechte der Frauen zu reden.

Ich wünsche und erwarte mir von den handelnden Personen im König Abdullah Bin Ab­dulaziz Dialogzentrum, dass ganz einfach dieser Dialog auch dazu führen wird, die Si­tuation in der Welt zu verbessern. Ich wünsche mir und erhoffe mir auch, dass die Si­tuation in Saudi-Arabien sich entsprechend ändern wird, und ich glaube, dass dieses Dialogzentrum einen guten Beitrag dazu leisten kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Hagen zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.31.37

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! In diesem Gesetzesvorschlag heißt es:

„Ziel eines Abkommens zwischen Österreich und dem Internationalen König Abdullah Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog ist es, die ungestörte Tätigkeit der Einrichtung sowie die Gleichbehandlung mit vergleichbaren anderen internationa­len Organisationen sicherzustellen.“

Kollege Hübner hat ja vorhin sehr eindrucksvoll erklärt, dass es hier nicht um eine Gleichstellung geht, sondern um eine Besserstellung gegenüber anderen Organisa­tionen, und dass hier schon Sonderrechte gewährt werden. Wenn man dann noch wei­tergeht und den Antrag der Frau Kollegin Korun zu Top 3 anschaut, kann ich diesem nur beitreten. Frau Korun! Wir sind nicht oft einer Meinung, aber da haben Sie in die richtige Richtung gearbeitet.

Es ist für mich nicht verständlich, dass ein vielerorts bekannter, ja man kann fast sa­gen, absolutistisch herrschender Monarch aus dem arabischen Raum, der Menschen-


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rechte und Religionsfreiheit grob verletzt, hier in Wien als großartiger Stifter auftreten sollte. Es wurde uns zwar erklärt, dass das ganze Zentrum so gestaltet ist, dass man ihn auf den richtigen Weg bringen möchte – „allein mir fehlt der Glaube“, meine Damen und Herren!

Wir wissen, wie das dort unten abgeht. Solange jemand an der Todesstrafe für eine Lappalie festhält und die Christenverfolgung da unten sowieso Thema Nummer eins ist, muss ich mich schon fragen, ob nur mit der Zulassung eines Zentrums, in dem viel­leicht gerade zufällig eine ehemalige ÖVP-Justizministerin Vizepräsidentin ist – reiner Zufall natürlich –, hier das Ganze zum Guten gewendet werden kann. Mir fehlt der Glaube, meine Damen und Herren!

Auch dem Antrag der Frau Kollegin Korun zu Top 4 betreffend Menschenrechtsverlet­zungen in Bahrain werden wir natürlich zustimmen. Das ist eine Sache, die auch wir vertreten. Auch Top 5 ist ein großes Problem. Wir wissen, wie in China die Medien­freiheit mit Füßen getreten wird, meine Damen und Herren. Auch da muss gehandelt werden, also gilt auch dem unsere Unterstützung.

Damit habe ich euch alles gesagt, was hiezu notwendig ist. – Danke.

13.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.34.25

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir unterstützen alle Vorlagen, die zur Debatte stehen, nämlich die Anträge von Frau Kollegin Korun über die Menschenrechtslage in China und in Bahrain. Dabei ist Bahrain insofern sehr interessant, als die größten Euphoriker und Unterstützer des Arabischen Frühlings bei der Unterstützung der Oppositionsbewe­gung in Bahrain viel, viel weniger laut sind und gewesen sind als bei anderen Grup­pierungen.

Anscheinend sind das dort die falschen Oppositionellen, denn das sind Schiiten, die möglicherweise vom Iran unterstützt sein könnten, aber trotzdem anscheinend für die gleiche Sache kämpfen wie andere in anderen Ländern. Aber da ist die Begeisterung weniger groß, wie man sieht. Menschenrechte sind anscheinend doch teilbar, vor allem dann, wenn es darum geht, die westlichen Großmächte oder jene, die es noch sein wollen, zu beurteilen.

Bei dem König Abdulaziz Center wissen Sie, dass ich der Meinung bin, dass das eine gute, eine sehr positive Einrichtung ist. Nun kann man darüber diskutieren, und da ge­be ich Ihnen recht: Natürlich hat Saudi-Arabien da die Schirmherrschaft – oder wie auch immer man das sehen will – übernommen, vor allem zahlen sie etwas dafür. Und ich habe schon gesagt, hier wird das saudiarabische Geld positiv und sinnvoll einge­setzt.

Bei anderen Initiativen, vor allem dann, wenn es darum geht, syrische radikale Grup­pierungen mit saudischem Geld zu unterstützen, wird dieses Geld weniger sinnvoll ein­gesetzt. In diesem Fall aber glaube ich, dass das eine gute Initiative ist, der man zu­mindest eine Chance geben soll.

Niemand weiß, wie es ausgehen wird, aber von vornherein zu sagen, nur deshalb, weil auch Saudi-Arabien dabei ist oder maßgeblich beteiligt ist, lehnen wir dieses Dialog­zentrum ab, das verstehe ich vor allem von den Grünen nicht. Das habe ich ja schon einige Male gesagt, Frau Kollegin Korun. Ich war bei dieser Eröffnungsveranstaltung. Da habe ich auch Sie gesehen, leider nur draußen, wie Sie gegen diese Veranstaltung demonstriert haben. Wären Sie zumindest nach der Demonstration auch hineingegan­gen! (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 100

Für mich war es wirklich beeindruckend, in diesem großen Saal der österreichischen, der Wiener Hofburg, wo sich Vertreter aller großen Religionsgemeinschaften nicht nur bei einer Tagung getroffen haben, sondern an einem Tisch gesessen sind – Juden, Ka­tholiken, Evangelische, Orthodoxe, Sunniten, Schiiten, Buddhisten –, an einem Tisch, friedlich beieinander, beim Essen, bei einem guten Gespräch! Jeder hat einen Vortrag gehalten, wo man das Ziel gehabt hat, über diesen Dialog ein besseres Kennenlernen zu unterstützen. Mehr kann man ja nicht verlangen.

Ich sage Ihnen: In einer Zeit, wo die Religion zum Vorwand genommen wird für Mord, Totschlag und Vertreibung, in einem ungeahnten Ausmaß, und wo wir das im 21. Jahr­hundert nicht mehr für möglich gehalten hätten, zu kritisieren, dass sich wenigstens die Vertreter von Religionen, in deren Namen gemordet und vertrieben wird, dort zusam­menfinden, um zu sagen: Nein, wir versuchen, ein anderes Signal zu setzen!, ist et­was, wo ich Ihnen sagen muss: Es ist mir egal, welche Privilegien und Immunitäten sie bekommen, man muss das unterstützen! Deshalb unterstützen wir das auch und rufen auch Sie dazu auf, das zu tun.

Willy Brandt hat schon einmal gesagt: Man muss bereit sein, mit den Mächtigen zu verhandeln, um den Ohnmächtigen zu helfen.

Das sollte man nicht nur in Sonntagsreden tun, sondern auch dann, wenn es die kon­krete Möglichkeit dazu gibt. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig Letzter zu diesem Tagesordnungspunkt ist Herr Abgeordneter Heinzl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.38.10

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte im Besonderen die Menschenrechtssituation in Bahrain ansprechen. Wir wissen, dass die Menschenrechtslage in Bahrain sehr prekär ist und sich zusehends verschlechtert.

Man spricht von einer dramatischen Menschenrechtskrise, die nunmehr schon weit über ein Jahr andauert. Die Menschen gehen auf die Straße, um ihren Unmut gegen das absolutistische Regime im Golfemirat kundzutun. Die hauptsächlich von Schiiten getragenen Proteste werden vom sunnitischen Herrscherhaus gewaltsam unterdrückt.

Auch zahlreiche Medien aus dem Ausland wurden schon zurückgewiesen und an der Einreise gehindert. Unliebsame Berichterstattung führt im großen Stil zur Verletzung der Pressefreiheit. Die Demonstranten werden inhaftiert und gefoltert. Über 80 Men­schen mussten den Aufstand gegen das Regime bereits mit ihrem Leben bezahlen. Tausende Verletzte sind inhaftiert und sind noch gut dran, wenn sie nur zu lebenslan­ger Freiheitsstrafe verurteilt werden.

Menschen sterben auch an den Folgen der Folter. Unter den Todesopfern befinden sich unter anderem ein 14-jähriger Bursche und auch eine 81-jährige Dame. Laufende Proteste werden von der Exekutive unter Einsetzung aller gewaltsamen Mittel, die nur irgendwie möglich sind, bekämpft.

Die Hauptforderung der Demonstranten ist nichts anderes als das: Sie fordern einen Regierungswechsel, eine neue Verfassung, ein Ende der Menschenrechtsverletzungen sowie die Verbesserung der Lebensbedingungen. Auch den Ministerpräsidenten und die Regierung wollen die Menschen künftig direkt wählen können. Im Jänner 2012 gab der König Bahrains bekannt, den Empfehlungen des Forums für nationalen Dialog nachzukommen und eine Verfassungsreform durchzuführen. Wir alle wissen jedoch, dass bis heute leider nichts geschehen ist.

Ich bin sehr froh darüber, dass im Außenausschuss ein Selbständiger Entschließungs­antrag einstimmig beschlossen wurde, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 101

auf bilateraler Ebene im Rahmen der EU und des UN-Menschenrechtsrates die Men­schenrechtslage in Bahrain zu thematisieren und Bahrain zu Reformbemühungen, zur Einhaltung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit und zur Anpassung seiner Gesetze an internationale Menschenrechtsstandards zu bewegen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es darf nicht weiter zugesehen werden, wenn Menschen aufgrund ihrer Meinung und ihrer friedlichen Proteste gegen die Machthaber inhaftiert, gefoltert und leider auch sehr oft getötet werden. Unser aller Aufgabe muss es sein, noch genauer hinzusehen und Missstände so oft wie möglich mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu thematisieren und darauf hinzuwirken, dass Menschenrechte eingehalten werden.

Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch eine Kritik an allen jenen europäi­schen Firmen sollte nicht unter den Tisch gekehrt werden, welche trotz der aktuellen Bedingungen Überwachungssoftware an das Regime liefern. Diesen Firmen muss klar sein, dass sie damit den protestierenden Aktivistinnen und Aktivisten in den Rücke fallen und deren demokratische Rechte behindern. Sehr geehrte Damen und Herren, die Verantwortung der Unternehmen, die diese Überwachungssoftware liefern, muss auch in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.42

13.42.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin beziehungsweise einer der Berichterstatter ein Schluss­wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Außen­politischen Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog über den Sitz des Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrums für interreligiösen und interkul­turellen Dialog in Österreich, in 2302 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bun­des-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Außen­politischen Ausschusses, seinen Bericht 2421 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 4.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, seinen Bericht 2423 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantrages 2124/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2423 der Bei­lagen angeschlossene Entschließung betreffend Menschenrechtslage in Bahrain.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 307.)


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Wir kommen nun zu den Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 5.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, seinen Bericht 2424 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantra­ges 2123/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen ferner zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2424 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Einhaltung der Presse- und Meinungsfrei­heit in China.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 308.)

13.44.546. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2102/A(E) der Ab­geordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschlie­ßung 1487/2007 des slowakischen Nationalrates über die Unangreifbarkeit der Beneš-Dekrete (2425 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2311/A(E) der Abge­ordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend bedenkli­che Aussagen des tschechischen Staatspräsidenten Miloš Zeman über die Ver­treibung der Sudetendeutschen (2426 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 und 7 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Abgeordnete Kitzmüller. 4 Minuten Redezeitbe­schränkung. – Bitte.

 


13.45.53

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten hat zwar in zwei Stellungnahmen beteuert, dass es für Österreich weiterhin ein wich­tiges Anliegen bleiben wird, ungeklärte Fragen der Vergangenheit in einem offenen Dialog zu lösen und dabei auch die nachbarschaftlichen Beziehungen mit der Tsche­chischen Republik im Geiste der gemeinsamen europäischen Werte zu vertiefen, Ver­handlungen mit der Tschechischen Republik über die Beseitigung der negativen Aus­wirkungen der Konfiszierungsdekrete des Präsidenten Dr. Edvard Beneš auf das Grundeigentum der nach dem Zweiten Weltkrieg in Österreich eingebürgerten Altöster­reicher, die aus Böhmen, Mähren und Österreich-Schlesien vertrieben wurden, aufzu­nehmen. Aber, meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass Jahrzehnte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und nach der Aufnahme der Tschechischen Republik in die EU diese menschenverachtenden Dekrete noch immer existieren! (Beifall bei der FPÖ.)

Bei der Aufnahme der Tschechischen Republik in die europäische Staatengemein­schaft baute man auf die, ich sage einmal, Einsichtigkeit der Tschechischen Republik, des tschechischen Staates bei der Beseitigung der sogenannten Beneš-Dekrete oder auch darauf, in Bezug auf die Atompolitik das Verständnis dieses Staates zu erreichen.


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Und was ist passiert? – Na, nichts ist passiert! Es war ja auch nicht anders zu er­warten.

Das Ergebnis war mehr als enttäuschend, und die alten Äußerungen, die der Staats­präsident Zeman im Jahr 2002 gemacht hatte, hat er jüngst beim Staatsbesuch 2013 wieder bestätigt. Das spricht doch Bände, dass hier das Verständnis und der Wille überhaupt nicht vorhanden sind! Aber auch Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, tragen Schuld daran, dass hier nichts passiert. Warum sollte ein Staat, der damit nichts zu tun hat, der das ja auch noch Recht nennt, hier etwas tun, wenn von unseren eigenen Regierungsvertretern nichts getan wird? – Natürlich werden sie nichts machen. Wenn für die Anliegen der Vertriebenenorganisationen seitens der Bundesregierung keine substanzielle Unterstützung zu erwarten ist, na, von alleine werden sie es nicht machen!

Meine Damen und Herren, diese Behandlung ist nicht nur als schäbig und menschen­verachtend zu bezeichnen, sondern das haben auch die Altösterreicher so nicht ver­dient. (Beifall bei der FPÖ.)

Eines muss uns klar sein: Das Wirtschaftswunder der sechziger und siebziger Jahre war auch eine große Leistung dieser unserer einst vertriebenen Mitbürger.

Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wovon hier gesprochen wird. Ich sage Ihnen, ich habe Vorfahren, mein Vater und meine Großeltern sind auch vertrieben worden. Ich weiß, wovon da die Rede ist, was sie mitgemacht haben während der Vertreibung und wie sie hier in Österreich angesiedelt worden sind. Eben die Geschichte der wirtschaft­lichen, kulturellen und künstlerischen Leistungen wie auch die Geschichte der Vertrei­bung muss nun endlich auch verpflichtend in die Lehrpläne der Pflichtschulen und in die der weiterführenden Schulen aufgenommen werden. Alles andere wäre eine grobe Geschichtsverfälschung. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Erlebnisgeneration wird immer dünner. Die Zeit drängt, es muss sich schleunigst etwas ändern und hier etwas unternommen werden. Auch muss es im Jahre 2013 möglich sein, im Sinne einer europäischen Wertege­meinschaft, die sich doch kulturelle Vielfalt immer wieder auf ihre Fahnen schreibt, auch die historischen österreichischen Orts- und Städtenamen gleichwertig mit den tschechischen zu verwenden. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung! Sie sind hier gefordert, im Sinne unserer Landsleute auch Ihre Stimme zu erheben und aktiv zu werden. Hier nehme ich, wenn ich in die Reihen schaue, ganz besonders die Vertriebenensprecher der Regierungsparteien in die Pflicht. Es ist nicht wichtig, zu den Veranstaltungen zu kommen, zuzuhören und dort Lippenbekenntnisse abzugeben, sondern es ist wichtig, hier tatsächlich Handlungen zu setzen, vor Ort zu wirken und dem Taten folgen zu lassen! Wir sind das unseren Altösterreichern schuldig. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Kitzmüller und weiterer Abgeordneter ein:

„Der Nationalrat möge beschließen:

‚Die Bundesregierung wird aufgefordert,

die Vertreibung scharf zu verurteilen und in Zusammenarbeit mit den Vertriebenenor­ganisationen, namentlich der VLÖ und der ihr angeschlossenen Sudetendeutschen Landsmannschaft Verhandlungen über eine angemessene Restitution zu führen;

sowie dafür Sorge zu tragen,

dass die Heimatstuben und Museen auf Bundesebene finanziell und personell ausrei­chend ausgestattet werden;


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dass die Thematik der Vertreibung in Form von Pflichtstunden in den Lehrplan aufge­nommen wird;

dass die historischen deutschen Ortsnamen unseres Nachbarlandes und EU-Mitglieds­landes CR im Sinne der kulturellen Vielfalt im Schulunterricht, im öffentlichen Ge­brauch, wie auch im behördlichen Verkehr zwischen der Tschechischen Republik und der Republik Österreich verwendet werden.‘“ (Beifall bei der FPÖ.)

13.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller und weiterer Abgeordneter betreffend die zwi­schenstaatlichen Beziehungen der Republik Österreich und der Tschechischen Repub­lik bezüglich der Thematik der Vertreibung, der sog. Beneš-Dekrete, wie auch der kul­turellen Verankerung der Sudetendeutschen Kultur in Österreich und der Tschechi­schen Republik,

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 7 Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2311/A(E) der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend bedenkliche Aussagen des tschechischen Staatspräsidenten Milos Zeman über die Vertreibung der Sudetendeutschen (2426 d.B.) in der 207. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 13. Juni 2013.

Das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten hat zwar in zwei Stellungnahmen beteuert „[] dass es für Österreich weiterhin ein wichtiges Anliegen bleiben wird, ungeklärte Fragen der Vergangenheit in einem offenen Dialog zu lösen [] und dabei die nachbarschaftlichen Beziehungen mit der Tschechischen Republik im Geist der gemeinsamen europäischen Werte zu vertiefen“. Taten sind je­doch keine gefolgt.

1. Dringend geboten erscheint es nunmehr, Verhandlungen mit der Tschechischen Re­publik über die Beseitigung der negativen Auswirkung der Konfiszierungs-Dekrete des Präsidenten Dr. Edvard Beneš auf das Grundeigentum der nach dem 2. Weltkrieg in Österreich eingebürgerten Altösterreicher aus Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien, sowie vertriebenen Altösterreicher, zu führen.

2. Im Sinne der Erhaltung europäischer Kulturwerte die Heimatstuben und Museen der Vertriebenen in Österreich zu fördern.

3. Die Tatsache der Vertreibung der Altösterreichern aus den ehemaligen Gebieten der Österreichisch-Ungarischen Monarchie nach dem 2. Weltkrieg als Völker- und Men­schenrechtsbruch verpflichtend in den Schulunterricht aufzunehmen.

4. Die Verwendung der historischen, deutschen Ortsnamen des Nachbarlandes ČR im Sinne der "kulturellen Vielfalt innerhalb der EU" und des historischen Erbes für den Amts- und Schulgebrauch zu verordnen.

Zur Begründung:

Zu 1.) Nach Auslaufen der Übergangsbestimmungen zum Grundverkehr wird die Pro­blematik eines rechtlich anfechtbaren Eigentumserwerbes hinsichtlich des gesamten (entschädigungslos) konfiszierten "deutschen" Grundvermögens erheblich größere Di­mensionen annehmen.


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Zu 2.) Die Erhaltung der Kulturwerte einer Volksgruppe, von der Hundertausende Per­sonen österreichische Staatsbürger wurden, die durch ihre Steuerleistung den Staat gefördert haben, sollte im Sinne der europäischen Kultur eine Verpflichtung sein.

Zu 3.) Vor dem Aussterben der Erlebnisgeneration ist es höchste Zeit, mit der Verfe­mung der Deutschen aus Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien durch eine opportunistische Nachkriegspolitik endlich Schluss zu machen.

Zu 4.) Die Leugnung der Jahrhunderte lang gemeinsamen österreichischen Geschichte seitens der offiziellen ČR-Politik führt nach der stattgefundenen „ethnischen Säube­rung“ zu einer zusätzlichen Verzerrung der historischen Wahrheit, bzw. zu einer Leug­nung der wissenschaftlichen, kulturellen und künstlerischen Leistungen der Sudeten­deutschen (darunter 2 Bundespräsidenten und zahllose Geistesgrößen, allein 159 an der Wiener Universität).

In Übereinstimmung mit der Ansicht vieler qualifizierter Ethik- und Rechtsexperten sind auch die Vertreter der Vertriebenenverbände der Meinung, dass die vom Österreichi­schen Europaministerium in seinen beiden Stellungnahmen zitierten „Gemeinsamen Europäischen Werte“ in der Tschechischen Republik allein schon dadurch außer Kraft gesetzt sind, dass die inkriminierten „Beneš-Dekrete“ nach wie vor gelten, ja sogar im Verfassungsrang stehen. Angesichts dieser Fakten kann man den „Gemeinsamen Eu­ropäischen Werten“ in Tschechien mit Sicherheit nicht dadurch zum Durchbruch ver­helfen, indem die Österreichische Bundesregierung bzw. das „Außenamt“ diesen kras­sen Widerspruch beider unversöhnlich konkurrierenden Wertesysteme historisierend und damit bagatellisierend nur als „ungeklärte Fragen der Vergangenheit“ behandelt. Abgesehen davon, dass diese „Fragen der Vergangenheit“ von Völkerrechtsexperten eindeutig als „unverjährbarer Völkermord“ qualifiziert wurden.

Der österreichische Völkerrechtsexperte Prof. Dr. Felix Ermacora hat dies bereits im Jahre 1991 in seinem anerkannten Gutachten ausgeführt. Der UNO-Sonderberichter­statter und Völkerrechtler Prof. Dr. Alfred de Zayas hat erst 2012 angemahnt, dass die universelle Geltung des Völkerrechts („erga omnes“) eine zwingende Anwendung er­fordert und nicht nach Belieben, quasi „a la carte“ angewendet werden darf. Gleich­zeitig forderte er einen Paradigmenwechsel hinsichtlich der „Status-quo- Mentalität“.

Die anhaltende Verweigerung des diplomatischen Schutzes durch eine Politik der Un­tätigkeit in Österreich führt bei den Heimatvertriebenen zu einem völligen Verlust des Vertrauens in die regierenden Parteien.

Seit der Wende 1990 sind die Heimatvertriebenen hingegen mit eigenen finanziellen Mitteln um die Erhaltung der Kulturwerte in ihren Heimatorten und als Multiplikatoren der Völkerverständigung tätig (Allein im ehemals deutsch besiedelten Südmähren rund 200 Objekte im Wert von 1,8 Mio €). Durch diese Initiativen entstehen millionenfache Kontakte, auf denen Versöhnung aufbauen kann, sobald sich endlich auch die Vertrei­berstaaten zu ihren Untaten bekennen.

Durch das Bewusstmachen der kulturellen Wurzeln ist die Heimat nicht mehr ein ferner Mythos. Die Herkunftsgebiete kehren ins europäische Bewusstsein zurück, die Ver­wendung der historischen, deutschen Ortsnamen liegt im Interesse der Erhaltung der Vielfalt der Kulturen und bedeutet somit einen kulturellen und keinen territorialen An­spruch.

Erinnerung und Geschichte müssen zusammengeführt und gesellschaftlich akzeptiert werden. Geschichtsklitterungen helfen hier nicht weiter. Grenzüberschreitende EU-Pro­jekte unter Ausschluss der Heimatvertriebenen können der Kultur Europas nicht ge­recht werden, sind auch niemals gegen die Nachbarländer gerichtet, sondern in ihrem Sinne.

Die völker- und menschenrechtliche Wahrheit ist allen EU-Mitgliedern zumutbar.


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert,

die Vertreibung scharf zu verurteilen und in Zusammenarbeit mit den Vertriebenenor­ganisationen, namentlich der VLÖ und der ihr angeschlossenen Sudetendeutschen Landsmannschaft Verhandlungen über eine angemessene Restitution zu führen;

sowie dafür Sorge zu tragen,

dass die Heimatstuben und Museen auf Bundesebene finanziell und personell ausrei­chend ausgestattet werden;

dass die Thematik der Vertreibung in Form von Pflichtstunden in den Lehrplan aufge­nommen wird;

dass die historischen deutschen Ortsnamen unseres Nachbarlandes und EU-Mitglieds­landes CR im Sinne der kulturellen Vielfalt im Schulunterricht, im öffentlichen Ge­brauch, wie auch im behördlichen Verkehr zwischen der Tschechischen Republik und der Republik Österreich verwendet werden.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Großruck. 5 Mi­nuten Redezeitbeschränkung – Bitte.

 


13.51.51

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Frau Kollegin Kitz­müller, glauben Sie wirklich, dass Sie mit diesem Antrag, den Sie jetzt eingebracht ha­ben, und mit früheren Anträgen irgendetwas in der Tschechei oder in der Slowakei be­wirken können? – Das glauben Sie doch selbst nicht! (Abg. Mag. Stefan: Aber mit dem König Abdullah Zentrum glauben Sie schon ...? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich glaube, dass man hier im Hohen Haus ungeteilter Meinung darüber ist, dass das Ziel dasselbe ist, nämlich dass diese Unrechtsdekrete, die Beneš-Dekrete, weg müs­sen, aber der Weg ist ein anderer. Sie gehen genau denselben populistischen Weg, den Zeman in der Tschechei geht, nämlich um Wählerstimmen zu gewinnen. Auch Sie gehen diesen Weg hier in Österreich, um Wählerstimmen zu gewinnen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ihnen ist nicht das Ziel ein Anliegen, sondern der populistische Weg, denn Sie wissen ganz genau (Zwischenrufe bei der FPÖ): Um ein Ziel zu erreichen, kann man nieman­den zwingen, noch dazu, wenn man keinen Einfluss hat, sondern da ist der Verhand­lungsweg der bessere. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.) Das gilt überall, und das er­fahren wir in allen Ländern, in denen wir herumkommen. Ich weiß das beispielsweise aus meiner Mission bei der OSZE. Wenn man mit den Leuten normal spricht, dann kann man viel mehr erreichen, als wenn man als Schulmeister oder als Auftraggeber auftritt. (Abg. Mag. Stefan: „Normal sprechen“ – leider, das tut keiner! Seit Jahren spricht keiner normal!) Aber genau das wollen Sie! Ihnen geht es um diesen Populis­mus und nicht um die Lösung des Problems.

Natürlich – da gebe ich Ihnen recht – verurteilen wir die Äußerungen des tschechi­schen Präsidenten Zeman aufs Schärfste. Diese hat übrigens auch der jetzige Minis­terpräsident Necas in München verurteilt. Das heißt also, es gibt Bewegung in der Sa­che. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wir haben eine Historikerkommission eingesetzt, die jetzt auch in der Slowakei einge­setzt werden soll. Aber Sie können nicht mit Gewalt ein Ziel erreichen, wenn der ande­re das nicht will.


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Deshalb ist es, glaube ich, an der Zeit, zu verhandeln. Ich weiß, dass Bundesminister Dr. Spindelegger bei jedem Kontakt, sowohl in Tschechien als auch in der Slowakei – und er hat auch beste Kontakte zum slowakischen Außenminister; ich war vor zwei Wochen bei ihm und habe darüber gesprochen –, dieses Thema releviert. Ich glaube, das ist der bessere Weg: Gespräche unter Nachbarn! (Abg. Mag. Stefan: Was sagt er denn dazu?)

Noch eines, meine Damen und Herren: Sie wissen genau, dass es nicht nur in den Hirnen eine Veränderung geben muss, sondern auch in den Herzen. Das sehen wir
bei allen sowjetischen Nachfolgestaaten. Auch Österreich hat sehr lange gebraucht, um die Restitutionszahlungen zu erbringen. Deutschland – Sie erinnern sich an den Kniefall des Willy Brandt im Warschauer Ghetto in den siebziger Jahren –: 30 Jahre nach der Nazi-Gräuelherrschaft haben es die Deutschen gemacht. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.)

Es braucht seine Zeit, aber ich bin davon überzeugt, dass es eine positive Lösung ge­ben wird. Wir sind uns alle im Klaren darüber: Beneš-Dekrete sind Unrecht-Dekrete, die gehören weg. Aber wir können sie nicht wegbringen, meine Damen und Herren, in­dem wir hier im Parlament Beschlüsse fassen und sagen: Ihr müsst es machen! (Abg. Mag. Stefan: Aber auf europäischer Ebene, oder?), sondern ich glaube, das Beste sind Kontakte, sind Gespräche, in denen wir Verständnis füreinander zeigen – nicht für die Äußerungen des Staatspräsidenten Zeman –, und dann wird es eine Lösung ge­ben. (Abg. Mag. Stefan: Dr. Schüssel hat versprochen, auf europäischer Ebene ...!)

Das lehrt die Erfahrung. Die eine Seite ist, ergebnisorientiert zu verhandeln, die andere Seite ist Populismus. Wir, die Österreichische Volkspartei, die Koalition, die SPÖ und andere, sind auf der Ebene des Verhandelns und des ergebnisorientierten Handelns, aber nicht des Populismus. (Beifall bei der ÖVP.)

13.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Hagen. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.55.41

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Großruck hat jetzt vor mir natürlich ein richtiges Thema angesprochen, und zwar das Verhandeln. Natürlich muss gerade in diesem Be­reich auf bilateraler Ebene verhandelt werden.

Aber wir dürfen jetzt einmal nachdenken: Tschechien ist schon relativ lange in der EU. Wir sehen zum Beispiel auch Ungarn; dort gibt es die Minderheitenrechte beziehungs­weise die Vertriebenenrechte, die sind dort relativ schnell angegangen worden. Wenn wir die Aussagen des jetzigen Herrn Staatspräsidenten Milos Zeman in Tschechien an­schauen, der natürlich nach wie vor an diesen Beneš-Dekreten, an diesen Unrechts-Dekreten festhält und das dann auch noch herunterspielt, das heißt, die Vertreibung von dreieinhalb Millionen Menschen mit einer milden Tat vergleicht, dann ist das für mich nicht ganz nachvollziehbar. Da stellt sich die Frage, ob dort der Wille zum Ver­handeln überhaupt da ist.

Herr Staatssekretär, Sie kennen sicher die Petition an den Nationalrat der Sudeten­deutschen Landmannschaft vom 6. April 2013 betreffend Beneš-Dekrete und deren Auswirkungen. Darin sind vier Punkte angeführt, die meiner Ansicht nach überhaupt unproblematisch wären. Die Beneš-Dekrete sind natürlich ein Thema, das sehr viel Wirbel auslöst, aber es sind auch ganz harmlose Forderungen darin enthalten. Ich glaube, man könnte da einmal in Tschechien anklopfen, sich vielleicht mit Herrn Ze­man – wie man aus den Medien erfährt, trinkt er gerne einen Kognak oder ein Glaserl – in gemütlicher Runde hinsetzen und dann mit ihm einmal Klartext sprechen, dass die-


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ses Unrecht, das den Sudetendeutschen angetan worden ist, wieder möglichst repa­riert wird.

Ganz wegbringen kann man das nicht. Tote kann man nicht wiedererwecken, und viel Schmerz und Leid, das angerichtet worden ist, kann man nicht einfach so wegwischen. Aber man kann versuchen, einer Lösung entgegenzuschauen, man kann versuchen, den Menschen die Hände zu reichen. Das fängt nun einmal damit an, dass der Verlust von Grund und Boden abgegolten wird. – Meine Familie ist selbst betroffen. Meine Großmutter stammt aus Deutsch-Rumänien, aus der Bukowina, dem Buchenland. Wir hatten dort Grundbesitz. Sie wurden im Zweiten Weltkrieg durch die Russen vertrieben. Mein Großvater wurde ermordet – er war Polizist, so wie ich –, die Großmutter ist mit zwei Kindern über Russland und Deutschland nach Österreich geflüchtet und dann im Bregenzer Wald ansässig geworden.

Ich weiß, dass wir dort unten selbst Grundbesitz gehabt hätten. Wir haben bis heute nichts zurückbekommen, aber dort hat man sich zumindest bemüht, eine Ablöse für meine Großmutter zu finden, damit sie wenigstens eine finanzielle Abgeltung für das erlittene Leid beziehungsweise als Ersatz für die Grundstücke bekommt. Sie ist mitt­lerweile verstorben, somit ist es also sinnlos, hier weiter vorzugehen.

Aber es geht darum, dass durch Tschechien zumindest ein Zeichen gesetzt wird. Das kann man im diplomatischen Bereich beziehungsweise in bilateralen Gesprächen sehr wohl erwirken. Herr Staatssekretär, das möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben: Ver­gessen Sie unsere Sudetendeutschen nicht! Sie haben sehr, sehr viel erleiden müs­sen, sehr viel mitmachen müssen, ihnen ist sehr viel Unrecht angetan worden. Also re­parieren Sie das, bitte! (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

13.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Kirchgatterer. 3 Minuten. – Bitte.

 


13.59.25

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die SPÖ war seit 1945 immer solidarisch mit den vertriebenen MitbürgerInnen und hat sich für die berechtigten Anliegen eingesetzt, weil sie Teil der Menschenrechtspolitik sind. Hervorheben möchte ich die Leistungen der Heimatvertriebenen im österreichischen Wiederaufbau, die Nachbarschaftshilfe in den Betrieben oder als Selbstständige. Viele Heimatvertriebene haben ihre Heimat, ihre politische Heimat in der SPÖ gefunden. Beides habe ich persönlich erlebt, und ich möchte meine hohe Wertschätzung und Anerkennung dafür aussprechen.

Wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen sind stolz – zu Recht stolz – auf unse­re Geschichte, auch und gerade auf unsere starken Wurzeln im Sudetengebiet. Elf von zwölf der ersten sozialdemokratischen Abgeordneten hier im österreichischen Parla­ment, im österreichischen Reichsrat 1896 kamen aus den damals deutschsprachigen Gebieten Böhmens und Mährens.

Ich erinnere aber auch an die Sudetendeutschen, die 1938, weil sie Sozialdemokraten waren, von den Nazi-Faschisten unterdrückt und ermordet wurden.

Zu den Beneš-Dekreten haben wir, die SPÖ, immer ganz klar Stellung genommen. Die Vertreibung deutschsprachiger Volksgruppen aus den Gebieten, die ihnen jahrhunder­telang Heimat waren, war schweres Unrecht. Die Bedingungen der Vertreibung hatten schwere Menschenrechtsverletzungen zur Folge. Von unrealistischen, gar chauvinisti­schen Haltungen grenzen wir uns ab. Langsam, aber doch ist in der tschechischen Ge­sellschaft in dieser Frage ein Umbruch in die richtige Richtung zu erkennen. Tsche-


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chische Spitzenpolitiker haben äußerst kritisch zu den Beneš-Dekreten Stellung ge­nommen und dafür auch Unterstützung in der tschechischen Bevölkerung, besonders von den jungen Menschen, erhalten.

Unser Ziel ist es, mit unseren Nachbarländern gemeinsam für Menschenrechte, Demo­kratie und den Schutz der Minderheiten in Europa einzutreten. Wir setzen uns für die Aufhebung der Entkriminalisierung der damals begangenen Verbrechen ein – auf ge­eignete Art und Weise, mit Realismus und mit Verantwortungsbewusstsein.

Ich möchte sehr herzlich danken für die positiven Aktivitäten der sudetendeutschen so­zialdemokratischen Organisation in Österreich, der Seliger-Gemeinde, die auch inter­national sehr positiv tätig ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Hübner. 4 Minuten. – Bitte.

 


14.02.55

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Kollege Kirchgatterer oder Herr Kol­lege Großruck, der auch zuvor geredet hat: Hier werden die Aussagen Zemans und die Beneš-Dekrete scharf verurteilt. Aber wenn es um eine milde Äußerung offizieller Stel­len geht, die nach außen dringt, die diesen Raum verlässt, dann heißt es natürlich: Njet. Der Antrag, um den es jetzt geht, der im außenpolitischen Ausschuss schon keine Mehrheit gefunden hat, will ja nichts anderes, als dass die Bundesregierung aufgefor­dert wird, die bedenklichen Aussagen des tschechischen Präsidenten bezüglich der Vertreibung scharf zu verurteilen und sich auf europäischer Ebene für eine Verurteilung eben dieser Aussagen durch die Europäische Union einzusetzen.

Mischen wir uns da in Angelegenheiten Tschechiens ein oder wollen wir, dass die Tschechen etwas tun? Nein, sondern wir wollen, dass die Bundesregierung etwas tut, dass sie zumindest etwas sagt. (Beifall bei der FPÖ.) Aber die Ineffektivität oder Feigheit, die so weit geht, dass man alles nur im geschlossenen Kämmerlein sagt, aber kaum soll man es nach außen hin sagen, dann darf man das nicht, die kann doch von einem Vertriebenensprecher – und ich habe gesehen, der Kollege Kirchgatterer ist ja sogar Vertriebenensprecher – nicht gebilligt und hingenommen werden.

Ich bin ganz sicher, dass auch hier im Plenum der Antrag, dass die Bundesregierung nur etwas dazu sagen soll, abgelehnt werden wird. Das ist erstaunlich.

Worum geht es denn eigentlich? Was ist die Vertreibung? Man muss einmal sagen, worum es hier geht: In den sogenannten Beneš-Dekreten ist festgelegt worden, dass alle Leute, die bei der letzten Volksabstimmung vor dem Krieg 1937 Deutsch als Um­gangs- oder Muttersprache angegeben haben, aller Rechte verlustig ergehen, ihr Auf­enthaltsrecht und Vermögensrecht verlieren. – Das steht da drinnen, sinngemäß zu­sammengefasst.

Es hat also nur das Bekenntnis zu einer Sprache gereicht, um die Leute als Bürger auszulöschen – 3 Millionen Vertriebene, 250 000 250 000!  im Rahmen der Vertrei­bung Ermordete. Und ein Staat mit einer solchen Gedenktradition wie Österreich – der heute noch, 70 Jahre nach den Ereignissen, Heerscharen beschäftigt, um Versöh­nungsfonds, Restitutionsfonds, Härtefallfonds zu verwalten, Anträge entgegenzuneh­men, 70 Jahre danach! – ist nicht einmal in der Lage, etwas zu sagen, wenn es um Verbrechen geht, die nach dem Krieg geschehen sind, im Frieden oder im Waffen­stillstand – all das ist ja nach dem Mai 1945 passiert –, zumindest zu sagen, wenn es darum geht, jemanden zu verurteilen, der diese Verbrechen verharmlost und leugnet: Das ist nicht in Ordnung, und liebe EU, ihr beruft euch ja immer auf Werte und ihr seid ja die großen Bekämpfer von Menschenrechtswidrigkeiten, ihr seid ja im Kampf gegen die Straflosigkeit von Verbrechen führend, verurteilt das zumindest!


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Das soll nicht möglich sein? Also ich muss sagen, ich bin da etwas in meinem Ver­ständnis überfordert und wundere mich über die Argumente, die da kommen. Der Kol­lege Großruck kommt sogar auf die Idee, dass wir sehr spät, erst jetzt mit den Resti­tutionen begonnen und dass sich die Deutschen erst 30 Jahre nach den Ereignissen für den Nationalsozialismus entschuldigt hätten. Ich darf darauf hinweisen: Unsere ers­ten Restitutionsgesetze stammen aus dem Jahr 1945. Die Restitution war 1947/1948 weitgehend abgeschlossen. Es wurden dann immer wieder neue Restitutionen ge­macht und vergessene Kapitel aufgearbeitet. Das geht bis heute. Aber wir haben eine 70-jährige Tradition der Aufarbeitung, der Entschädigung, der Rückstellung und so wei­ter.

Und jetzt geht es um hunderttausende Staatsbürger, die Nachkommen der Vertriebe­nen von 1945/1946 gewesen sind, die niemals einen Cent Entschädigung erhalten ha­ben, denen niemals etwas zurückgestellt wurde, denen gegenüber es nicht einmal eine Entschuldigung gegeben hat und die es nicht einmal erreicht haben, dass die Gesetze, aufgrund derer sie entrechtet, vertrieben und teilweise ermordet worden sind – straflos ermordet worden sind –, aufgehoben werden. Nicht einmal das!

Das wird in einer zynischen Weise gerechtfertigt, weil der tschechische Präsident meint, die Vertriebenen sollen froh sein, dass sie nicht hingerichtet worden sind. Er hat nämlich angesprochen, dass der Mehrheitsvertreter der Sudetendeutschen vor 1938, Konrad Henlein, später mit Hitler zusammengearbeitet hat. Er hat gesagt, Henlein ha­be ja bei der letzten Wahl bei den Sudetendeutschen, also bei den deutschsprachigen oder deutschstämmigen Böhmen, fast 90 Prozent der Stimmen gekriegt, daher wären 90 Prozent Landesverräter oder Staatsverräter gewesen. Die hätte man hinrichten kön­nen, die sollen froh sein, dass man sie nur vertrieben hat und dass man nur 250 000 ermordet hat. – Das ist ungefähr der Duktus.

Ich darf darauf hinweisen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ich in unserer Rechts­ordnung für die Infragestellung geschichtlicher Wahrheiten – § 3g und § 3h Verbotsge­setz – in besonders gefährlichen Fällen bis zu 20 Jahre Freiheitsstrafe bekomme. Und das macht ein Staatspräsident auf Staatsbesuch in Österreich! Er hat diese Aussagen ja nicht irgendwo auf den Fidschi-Inseln um dieses schöne Land zu erwähnen  ge­tätigt, sondern bei einem offiziellen Staatsbesuch! Nachdem er vorher offiziell und freundschaftlich mit Heinz Fischer gesprochen hat, hat er der APA gegenüber ein Inter­view gegeben und diese Äußerungen aus dem Jahr 2002 wiederholt und bekräftigt. Er hat auf die Frage, ob er dazu stehe, mit „selbstverständlich“ geantwortet.

Das offizielle Österreich hat – obwohl das im Rahmen eines Staatsbesuches gesagt wurde – darüber keinen Pieps verloren. Der einzige Pieps, den ich gehört habe, stammt vom Herrn Außenminister Spindelegger. Er hat im außenpolitischen Ausschuss gemeint, dass das natürlich abzulehnen sei und er das verurteile. Aber wenn es darum geht, das nach außen zu tragen, wird es natürlich abgelehnt. Das ist eine wirklich schändliche Haltung – das muss ich leider sagen – der Regierungsparteien. (Beifall bei der FPÖ.)

Was die Grünen machen werden, kann ich mir ungefähr vorstellen. Aber vielleicht gibt es eine große Überraschung und die Kollegin Korun, die ja auch auf der Rednerliste steht, wird uns heute erklären, dass auch sie das verurteilt und dass sie es ange­messen findet, von der Regierung zu verlangen, den Herrn Zeman zumindest mit ei­nem Wort zu kritisieren.

Wir werden sehen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)


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14.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. 3 Minuten. – Bitte.

 


14.09.22

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr ge­ehrte Gäste auf der Galerie! – Danke, Herr Kollege Hübner, dass Sie versuchen, meine Rede einzuleiten, ich weiß das sehr zu schätzen!

Ich beginne mit dem letzten Antrag zu den natürlich zu kritisierenden Aussagen von Herrn Zeman in Österreich. Wir haben im Außenpolitischen Ausschuss lange darüber gesprochen, ich werde wiederholen, was ich dort auch gesagt habe. Es war – soweit ich mich erinnern kann – ganz eindeutig, dass alle Fraktionen, die sich zu Wort gemel­det haben, diese Aussagen klar verurteilt und gesagt haben, dass man die Aussagen nicht unterstützen kann und dass sie inhaltlich natürlich abzulehnen sind. Gar keine Frage.

Bei der Frage, ob es sinnvoll ist, den Außenpolitischen Ausschuss des Nationalrates quasi zur Pressestelle des Außenministeriums zu degradieren, scheiden sich die Geis­ter. Und da wiederhole ich das, was ich dort auch gesagt habe: Wenn wir nämlich an­fangen, einzelne Aussagen von Staatspräsidenten, von Staatsgästen, von wem auch immer im Außenpolitischen Ausschuss mit Anträgen zu kommentieren und uns an die Bundesregierung zu richten, dann können wir alle sonstige Arbeit im Außenpolitischen Ausschuss einstellen.

Aus diesem Grund unterstützen wir diesen Antrag nicht. Wir haben im Ausschuss auch gesagt, dass die österreichische Bundesregierung diese und solche Aussagen in bilateralen Gesprächen selbstverständlich thematisieren sollte, selbstverständlich so­wohl gegenüber Präsidenten Zeman als auch der tschechischen Regierung gegenüber zum Ausdruck bringen sollte, dass diese Aussagen klar abzulehnen sind.

In diesem Zusammenhang möchte ich die Tatsache wiederholen – ich glaube, das hat Kollege Großruck angesprochen –, dass Präsident Zeman auch in seinem Land, in Tschechien, von anderen Politikern und Politikerinnen wegen dieser und solcher Aus­sagen kritisiert wurde. Das darf man auch nicht unerwähnt lassen. Und das gibt natür­lich Hoffnung, dass auch in der Tschechischen Republik eine Geschichtsaufarbeitung im Gange ist, die ja in Österreich auch lange Jahre und Jahrzehnte gebraucht hat. Wie auch in anderen Ländern, denn diese zwei Länder sind ja bekanntlich nicht die ein­zigen Beispiele für Geschichtsaufarbeitung.

Ich denke mir, die Freiheitlichen wären mit solchen Anliegen insgesamt glaubwürdiger, wenn es ihnen um Minderheitsanliegen und Menschenrechte an sich gehen würde, wenn sie also nicht nur ständig das Unrecht, das den Vertriebenen aus dem Sudeten­land passiert ist, thematisieren, sondern gleichzeitig die Vertreibungen, die heute pas­sieren, die Not und das Elend der Menschen, die heute nach Österreich flüchten und hier um Schutz ansuchen müssen, mit gleicher Inbrunst, mit gleichem Engagement an­sprechen würden. (Beifall bei den Grünen.)

Dann würden wir ihnen abnehmen, dass es ihnen nicht um Propaganda und Stim­mungsmache geht, sondern wirklich um das Anliegen von vertriebenen Menschen, egal, ob es Sudetendeutsche, Afghanen oder andere Gruppen sind.

Zum ersten Antrag möchte ich auch kurz etwas erwähnen. Ich fürchte, ich bin bald mit meiner Redezeit am Ende. Zu den Beneš-Dekreten gibt es einen sehr sinnvollen Vier-Parteien-Vorschlag von SPÖ, ÖVP, BZÖ und Grünen. Kollege Huber wird den Antrag vorstellen. Dieser beinhaltet, dass die gemeinsamen Bemühungen der letzten zehn Jahre betreffend die Problematik der Beneš-Dekrete dem Nationalrat in einem Bericht präsentiert und dort diskutiert werden sollen. Diesen Antrag werden wir unterstützen. – Danke vielmals. (Beifall bei den Grünen.)


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14.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riemer. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.13.25

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Das war ja sehr erheiternd, was man hier gehört hat, diese Ver­gleiche, die gezogen werden. Ich sage, die Aussagen des Herrn Staatspräsidenten Mi­loš Zeman sind menschenrechtswidrig, unfassbar, verhöhnen die Opfer und hätten von den verantwortlichen Gesprächspartnern offizieller österreichischer Stellen empört kommentiert werden müssen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Weil es vom Herrn Großruck geheißen hat, wir haben ja so viel getan: Es gibt – ich ha­be zufällig nachgeschaut – aus 2007 von Kurzmann, Neubauer einen Antrag mit der gleichen Thematik. Da hat man das in der Tschechei gemacht. Was ist heute heraus­gekommen? – Sensibel sein, sensibel! – Also, ich schlage vor, wir werden den Herrn Zeman sensibel behandeln. Wir werden ihm zum Beispiel sensibel antworten und ihn fragen, ob er weiß, dass drei Millionen Menschen – das sind nicht nur Afghanen –, das ist bitte ein geschlossenes Siedlungsgebiet, vertrieben worden sind, dass zirka 250 000 Menschen ermordet worden sind, wahrscheinlich in einem Zeitraum von ein­einhalb bis zwei Jahren massakriert, auf Todesmärsche geschickt worden sind. Ist das noch immer nicht genug? 250 000, das ist ungefähr die Einwohnerzahl der Stadt Graz . Wir empören uns zu Recht über Srebrenica. Und bei 250 000 schweigen wir?

Eine österreichische Stelle hätte zum Beispiel sagen sollen: Bitte, Herr Zeman, wissen Sie, dass die Sudetendeutschen nach dem Vertrag von Saint Germain eigentlich Ös­terreicher sind? Wissen Sie eigentlich, dass sich die Sudetendeutschen – das ist ein allgemeines Verständnis – Österreich anschließen wollten und man ihnen das Selbst­bestimmungsrecht damals verweigert hat? – So schaut es aus. Die haben sich nicht an Deutschland anschließen wollen. Das war dann eine spätere Geschichte. – Hat man Ihnen auch gesagt, dass sich die Erste Republik als Schutzmacht für die Sudetendeut­schen verstanden hat? Hat man Ihnen das gesagt? Und hat man Ihnen auch gesagt, dass diese Aussagen noch einmal ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen und eine Verhöhnung der Opfer sind? (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Ich unterstelle vielen Damen und Herren, dass sie nicht wissen, was in den Beneš-De­kreten drinnen steht. Ich kann Ihnen das aus Zeitmangel nicht genauer darstellen. Ein Punkt ist ja schon erwähnt worden, das ist die Vertreibung. Aber es ist ja nicht nur die Vertreibung. Fairerweise muss man sagen, dass es ja auch die Ungarn betroffen hat, das heißt also Österreicher, Deutsche und Ungarn; der Herr Dr. Hübner hat ja ein­deutig darauf hingewiesen. Und über Enteignungen steht in den Beneš-Dekreten nichts in dieser Form. Die hat man erst nachträglich herangezogen. Das muss man auch ein­mal wissen. Und in den Dekreten steht nichts von einer massenweisen und systema­tischen Abschiebung – statt Vertreibung. Und ein Vertreibungsdekret gibt es bis heute nicht, und auch kein Vertreibungsgesetz. Das sollte man vielleicht auch einmal wissen.

Ich würde gerne näher darauf eingehen. Es ist sicherlich spannend, die Beneš-Dekrete einmal nachzulesen. Man sollte auch darüber reden, ob es da je Gerichtsverfahren ge­geben hat. Das lässt sich nicht feststellen.

Man könnte aber auch den Herrn Ermacora zitieren, einen bekannten, der ÖVP nahe­stehenden Professor, für die UNO tätig – also wirklich ein Mann außerhalb jeglicher Kritik:

„Die Vertreibung der Sudetendeutschen aus der angestammten Heimat von 1945 bis 1947 und die fremdbestimmte Aussiedlung nach dem Zweiten Weltkrieg widersprach nicht nur der in der Atlantik-Charta und dann in der Charta der UN verheißenen Selbst­bestimmung, sondern die Vertreibung der Sudetendeutschen ist Völkermord und Ver­brechen gegen die Menschlichkeit, die nicht verjährbar sind.“

Und da schweigen Sie?! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.) Zu Bahrain können wir abstim­men, aber hier, in unserer Nachbarschaft, für die eigenen Leute können wir es nicht?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 113

Ich verweise auf Václav Havel. Da wäre einiges zu sagen. Wir könnten auf große Su­detendeutsche der Sozialdemokratie hinweisen, keine Unbekannten: Renner, Körner. Sogar die Wiener würden vielleicht sagen, Franz Schubert ist ein Sudetendeutscher. Man könnte einige nennen, Gustav Mahler – das sind ja alles so verherrlichte Kultur­schaffende. Da könnte man schon etwas tun.

Ich komme zum Abschluss: Sowohl die Einordnung der Geschehnisse als Völkermord wie auch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit an den Deutschen und deutschen Altösterreichern bleiben eine schwärende Wunde im Herzen Europas, und ihre Be­seitigung sind Aufgabe und haben ein Ziel jeder österreichischen Bundesregierung aus historischer wie menschenrechtlicher Verantwortung zu sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Riemer, Kitzmüller und weiterer Abgeordneter

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf bilateraler Ebene mit den Nachfolge­staaten der ehemaligen Republik Jugoslawien und der ehemaligen Tschechoslowakei und auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass jene, die in der Folge des 2. Welt­krieges Unrecht durch Enteignung und Vertreibung erfahren haben, durch Entschädi­gung und Restitution zu ihrem Recht kommen. Dies ist durch das Verlangen der Auf­hebung der menschenrechtswidrigen und den Kopenhagener Kriterien entgegenste­henden jeweiligen Gesetzen in den Nachfolgestaaten der Tschechoslowakei und der Republik Jugoslawien umzusetzen.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren der Regierung, zeigen Sie Mut! Der Kriechgang ist nicht der richtige. Wir sind selbstbewusste und stolze Österreicher. Und das ist sicher kein Populismus; ich kann irgendwann einmal ein bisschen aus der Familiengeschichte erzählen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Josef Riemer, Anneliese Kitzmüller und weiterer Abgeordneter

betreffend Aufhebung der Beneš-Dekrete und Avnoj-Beschlüsse

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 7 Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2311/A(E) der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend bedenkliche Aussagen des tschechischen Staatspräsidenten Milos Zeman über die Vertreibung der Sudetendeutschen (2426 d.B.) in der 207. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 13. Juni 2013

Die demokratische Einstellung einer Regierung spiegelt sich in der Frage wider, wie sich ein Land zu den dunklen Kapiteln seiner Geschichte und der Aufarbeitung der Ver­gangenheit verhält. Hier ist Österreich als Vorbild in Europa vorangegangen. Leider hat


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 114

dies in anderen europäischen Ländern, die auch schon Mitglieder in der Europäischen Union sind, noch nicht gegriffen. So sind etwa jene diskriminierenden Beneš-Dekrete, die sich auf Enteignung und Vertreibung einzelner Volksgruppen beziehen, nie formal aufgehoben worden und damit weiterhin Bestandteil der tschechischen Rechtsord­nung. Gleiches gilt für die AVNOJ-Beschlüsse in den Nachfolgestaaten des ehemali­gen Jugoslawien, welche gleichfalls zur Enteignung und Vertreibung von nationalen Minderheiten geführt haben und bis heute in der Rechtsordnung nachwirken.

Im Dreithaler-Prozess - ein Tscheche deutscher Nationalität fordert die Rückgabe sei­nes aufgrund der Benes-Dekrete enteigneten Elternhauses und stellt die Dekrete als solche in Frage - hatte das tschechische Verfassungsgericht 1995 festgestellt, die Be­neš-Dekrete widersprächen keinen grundlegenden Rechtsgrundsätzen der zivilisierten europäischen Gesellschaft. Das Benes-Dekret 1 08, das die Enteignung der Sudeten­deutschen begründete, habe, so Tschechiens Oberste Richter, „die Wiederherstellung grundlegender demokratischer und rechtlicher Prinzipien zum Ziel gehabt.“

Der Umgang der genannten Staaten mit der Verantwortung für Ereignisse in ihrer Ge­schichte widerspricht den von der Europäischen Union als großes Friedensprojekt Europas postulierten Grundwerten. Eine Korrektur ist in Anbetracht der langen Dauer dieses Unrechtszustandes dringend erforderlich. Die österreichische Bundesregierung hat als heutige Vertreterin eines großen Teils der damals Betroffenen endlich Verant­wortung zu übernehmen und geeignete Schritte zu unternehmen.

 Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf bilateraler Ebene mit den Nachfolge­staaten der ehemaligen Republik Jugoslawien und der ehemaligen Tschechoslowakei und auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass jene, die in der Folge des 2. Welt­krieges Unrecht durch Enteignung und Vertreibung erfahren haben, durch Entschädi­gung und Restitution zu ihrem Recht kommen. Dies ist durch das Verlangen der Auf­hebung der menschenrechtswidrigen und den Kopenhagener Kriterien entgegenste­henden jeweiligen Gesetzen in den Nachfolgestaaten der Tschechoslowakei und der Republik Jugoslawien umzusetzen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hammer. 3 Minuten. – Bitte.

 


14.20.03

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Als Vertriebenensprecher der ÖVP bin ich froh darüber, dass wir bei der heutigen Debatte wieder die Gelegenheit haben, uns mit der Frage der Beneš-De­krete und deren Beseitigung in Tschechien und der Slowakei zu befassen. Das gibt uns nämlich auch die Möglichkeit, darzustellen, dass die österreichische Außenpolitik, federführend repräsentiert durch unseren Außenminister Vizekanzler Spindelegger und auch Staatssekretär Lopatka, in den bilateralen Beziehungen mit Tschechien und der Slowakei stets bemüht ist, diesbezüglich Lösungen zu erwirken. Dieses Thema wird bei allen Punkten auf der außenpolitischen Agenda immer wieder thematisiert und auch artikuliert.

Es ist zwar nach außen nicht immer sichtbar, was da an Gesprächen geführt und an In­halten weitergebracht wird – das ist in der Diplomatie eben so –, umso mehr freut es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 115

mich, dass wir heute die Möglichkeit haben, dies entsprechend darzustellen und hier zu zeigen, dass konsequent an dem Thema gearbeitet wird. (Abg. Neubauer: Was sagt ihr zu den Aussagen von Zeman?)

Ich darf, weil das immer wieder angesprochen und kritisiert wird, schon darauf verwei­sen, dass gerade unlängst beim letzten Heimatpolitischen Beirat seitens der Vertriebe­nenverbände ganz konsequent festgehalten worden ist, dass die Zusammenarbeit mit dem Außenministerium in diesen Fragen ausgezeichnet ist. Ich darf mich auch dafür bedanken, dass das österreichische Außenministerium da konsequent tätig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Beneš-Dekrete – das ist auch schon angesprochen worden – gehören zweifelsoh­ne zu den größten Unrechtsakten in Europa und sind mit der Wertegemeinschaft der Europäischen Union unvereinbar. Es braucht ein Eingeständnis dieses Unrechts, eine Beseitigung dieser Dekrete, eine Entschuldigung und auch – und das sage ich auch dazu – eine angemessene Form der Entschädigung.

Es ist in der Debatte schon angesprochen worden, dass in Tschechien und der Slo­wakei durch die dort verantwortlichen Politiker noch nicht allzu viel an konkreten Maß­nahmen gesetzt worden ist. Man merkt aber schon – das wurde auch angesprochen –, dass in die tschechische Gesellschaft und auch in die tschechische Politik zusehends Bewegung hineinkommt, dieses dunkle Kapitel der Geschichte aufzuarbeiten, gerade unlängst im Präsidentschaftswahlkampf durch Außenminister Schwarzenberg und vor allem auch durch Premier Necas bei seiner Rede im Bayerischen Landtag.

Ich darf auf den Vierparteienantrag verweisen, den Herr Kollege Huber dann einbrin­gen wird. Dieser wird uns die Gelegenheit geben, wirklich konsequent darzustellen, was in den letzten zehn Jahren in der Außenpolitik in diesen Fragen gemacht worden ist, und sichtbar zu machen, dass die österreichische Politik zu den Anliegen der Hei­matvertriebenen steht.

Auf einen Punkt möchte ich auch noch eingehen, da er schon angesprochen worden ist: Wir werden uns in den nächsten Tagen und Wochen auch noch darum bemühen, die Geschichte der Heimatvertriebenen noch besser im Geschichtsunterricht Öster­reichs zu verankern. Auch das ist wichtig, und auch da werden wir etwas zusammen­bringen. In diesem Sinne können sich die Heimatvertriebenenverbände auf die öster­reichische Außenpolitik verlassen. (Abg. Zanger: Das ist ja lächerlich!) Ich glaube, in den diplomatischen Beziehungen werden auch große Fortschritte erzielt. (Beifall bei der ÖVP.)

14.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Hu­ber zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.23.08

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Ich glaube, wir müssen uns noch einmal ganz kurz bewusst machen, wovon wir hier reden, denn Unrecht, Mord, Totschlag und Vertreibung dürfen nie zu Recht werden! Das sollte in Österreich und in der Europäischen Union ein für alle Mal von allen Parteien gesagt werden. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, seit 2008 ist es mir ein Anliegen, dass man die­se Sache nicht nur thematisiert, sondern dass man das Thema endlich einmal von der menschlichen Seite betrachtet und das Unrecht, so gut es geht, beseitigt, denn das ist ja ein Wahnsinn. Stellen wir uns einmal vor, Österreich hätte seine Geschichte so auf­gearbeitet wie die beiden Staaten Slowakei und Tschechien! Stellen wir uns vor, was es da weltweit für einen Aufruhr gäbe!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 116

Geschätzte Damen und Herren, ich habe vor einigen Jahren in Kitzbühel eine Dame – eine pensionierte Ärztin – kennenlernen und schätzen lernen dürfen. Die hat erlebt, was es heißt, als Siebenjährige vertrieben zu werden, was es heißt, zu sehen, wie drei Kinder verhungert sind, und was es heißt, zu sehen, wie der eigene Vater mit einem Gewehrkolben erschlagen wird.

Ich sage euch das jetzt ganz ohne Polemik: Im Jahr 2008, als die Slowakei der EU bei­getreten ist, ist diese Familie – diese Dame lebt heute noch – dort hingefahren und es wurden Anträge gestellt. Da geht es gar nicht so um den Besitz. Kann man da von der Verwirklichung eines Menschenrechtes sprechen, wenn ein Gericht drei Tage später schon diesen Antrag auf Widerrufung der sogenannten Beneš-Dekrete ablehnt? Ich glaube, da müssen wir alle munter werden, da muss gehandelt werden und da müssen wir zusammenstehen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Was mich stört, ist aber nicht nur die Aussage des Herrn Präsidenten Zeman, die mei­ner Meinung nach verwerflich ist, sondern auch Folgendes: Im Vorfeld des slowaki­schen EU-Beitrittes beschließt die Slowakei am 20. September 2007, dass die Beneš-Dekrete in dieser Form weiterhin für gültig erklärt bleiben. Da habe ich jeden Aufschrei seitens der EU, seitens Österreichs vermisst. Da hat es nichts gegeben, das wurde stillschweigend hingenommen!

Geschätzte Freunde, stellt euch vor, wir hätten im Jahr 1994 irgendein Gesetz aus dieser Zeit für gültig erklärt! Da muss man einfach mit der Polemik aufhören und das Unrecht beim Namen nennen können! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Es ist mir und dem gesamten BZÖ immer darum gegangen, dass wir etwas erreichen können, dass wir uns wirklich für die Gerechtigkeit für die wenigen betroffenen Men­schen, die heute noch leben, und deren Nachkommen einsetzen können. Ich habe un­zählige diesbezügliche Anträge eingebracht. Man muss auch sagen: Vielleicht ist oft einmal Verhandlung wichtig. Die Hartnäckigkeit des Gerhard Huber und des BZÖ hat sich ausgezahlt.

Ich glaube, dass dieser Antrag, wenn er richtig umgesetzt wird, ein richtiger Schritt ist und die richtigen Taten dieser Regierung einleiten kann. Ich möchte ihn hiermit ein­bringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Huber, Kirchgatterer, Mag. Hammer und Dr. Pirklhuber

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird ersucht, dem Nationalrat einen Bericht über die Bemühungen der vergangenen 10 Jahre in den bilateralen Beziehungen mit der Republik Slowakei und der Tschechischen Republik in der Frage der Aufarbeitung der Fragen der Beneš-Dekrete und der Entwicklung der eingesetzten ständigen österreichisch-tschechischen Historiker Konferenz vorzulegen.“

*****

Das ist einmal ein erster Schritt. Aber niemand hat das Recht, zu verfügen, dass ir­gendwann einmal die Beneš-Dekrete nicht mehr als Unrecht anerkannt werden. Sie gehören abgeschafft, und das wird auch vom BZÖ weiterhin verfolgt werden. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

14.28



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 117

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Huber, Kirchgatterer, Mag. Hammer, Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Entschließung 1487/2007 des slowakischen Nationalrats über die Unan­greifbarkeit der Beneš-Dekrete

Die nach wie vor rechtskräftigen Beneš-Dekrete sind seit Jahrzehnten der Hauptstreit­punkt zwischen Vertriebenenverbänden in Deutschland und Österreich einerseits und der Tschechoslowakei beziehungsweise deren Nachfolgestaaten Tschechische Repu­blik und Slowakische Republik andererseits. Die Dekrete wurden vom slowakischen Nationalrat mit Entschließung 1487/2007, vom 20. September 2007, für weiterhin gültig erklärt, was besonders von der ungarischen Minderheit in der Slowakei negativ aufge­nommen wurde. Das slowakische Parlament hatte bereits vorher schon die Kollek­tivschuldthese verurteilt. Nunmehr hat sich auch das Europäische Parlament mit dieser Entschließung des slowakischen Nationalrates zu beschäftigen, da eine entsprechende Petition zu deren Aufhebung eingebracht und für zulässig erklärt wurde:

Mit der Petition 0070/2012, eingereicht von Imre Juhasz, ungarischer Staatsangehörig­keit, zur Aufhebung der Entschließung 1487/2007 des slowakischen Nationalrats über die Unangreifbarkeit der Beneš-Dekrete, wird auf die Entschließung 1487/2007 des slowakischen Nationalrats, in der festgelegt wird, dass die zwischen 1944 und 1948 erlassenen Beneš-Dekrete unangreifbar und unbestreitbar sind, verwiesen. Der Petent weist darauf hin, dass die damit verbundene Ungleichbehandlung der ungarischen und deutschen Minderheit in der Slowakei einen eklatanten Verstoß gegen Artikel 2 und Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union sowie gegen die Europäische Men­schenrechtskonvention und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union dar­stellt, und ersucht daher das Europäische Parlament, dahingehend einzugreifen, dass die oben genannte Entschließung aufgehoben wird, und fordert es auf, sofern die Slo­wakei ihre menschenrechtsverletzende Politik fortsetzt, deren Mitgliedschaft in der EU zu suspendieren.

Die genannte Petition wurde am 22. Mai 2012 für zulässig erklärt und die Kommission wurde um Auskünfte gebeten. In der Antwort der Kommission, eingegangen am 30. August 2012, wird darauf hingewiesen, dass die Europäische Kommission, nach Maßgabe des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages über die Ar­beitsweise der Europäischen Union, über keine allgemeine Befugnis verfügt, tätig zu werden. Sie kann nur eingreifen, wenn es um Fragen des Unionsrechts geht. Was die mögliche Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anbelangt, gilt gemäß ihrem Artikel 51 Absatz 1 die Charta für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union.

Auf der Grundlage der übermittelten Informationen scheint die geschilderte Angelegen­heit nicht mit der Durchführung des Rechts der Union zusammenzuhängen. Die Beneš-Dekrete stellen frühere, von den Behörden der ehemaligen Tschechoslowakei vor dem Beitritt zur Europäischen Union ergriffene Maßnahmen dar, die heutzutage keine gül­tige Rechtswirkung mehr haben, die gegen das Unionsrecht verstoßen würde. Im vor­liegenden Fall ist es Sache des betreffenden Mitgliedstaates, dafür Sorge zu tragen, dass er seinen Verpflichtungen bezüglich der Grundrechte, die sich aus internationalen Übereinkünften und seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften ergeben, nachkommt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 118

Die Schlussfolgerung daraus: Der Petent kann seinen Fall den nationalen Behörden einschließlich der Justiz vorlegen und, sofern die angerufene Einrichtung eine Verlet­zung seiner Grundrechte feststellt, Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte des Europarates einlegen.

In diesem Zusammenhang wird auch an das Versprechen der österreichischen Regie­rung im Zuge des EU-Beitritts von Tschechien und der Slowakei erinnert, bilaterale Ge­spräche mit den beiden Staaten zur Aufhebung der Benes-Dekrete zu führen. Die Be­nes-Dekrete, die die Grundlage für die Vertreibung und pauschale Enteignung der fast gesamten deutsch- und ungarischstämmigen Bevölkerungen in der Tschechoslowakei darstellen, sind inakzeptabel, weshalb hier auch weiterhin eine klare Haltung gefordert ist. In einer Wertegemeinschaft, wie der Europäischen Union müssen wichtige Fragen der Menschenrechte, konkret angesprochen werden können.

Es stellt sich die Frage, welche Ergebnisse von der Historiker-Konferenz erarbeitet wurden und welcher Stand in dieser Angelegenheit in den bilateralen Beziehungen mit der Slowakei und der Tschechischen Republik erreicht werden konnte.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird ersucht, dem Nationalrat einen Bericht über die Bemühungen der vergangenen 10 Jahre in den bilateralen Beziehungen mit der Republik Slowakei und der Tschechischen Republik in der Frage der Aufarbeitung der Fragen der Beneš-Dekrete und der Entwicklung der eingesetzten ständigen österreichisch-tschechischen Historiker Konferenz vorzulegen“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. 3 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


14.28.07

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Korun hat mich indirekt aufgefordert, noch einmal ans Rednerpult zu treten, da – und wir haben das auch schon im Ausschuss disku­tiert – sie meint, dass man aufgrund einer Aussage eines Regierungsmitglieds eines anderen Landes nicht unbedingt gleich Entschließungsanträge einbringen soll. Frau Kollegin Korun, ich sage es hier noch einmal klar und deutlich: Es geht nicht darum, die Aussage eines tschechischen Staatsmannes zu kritisieren, egal, ob sie jetzt positiv oder negativ war – in diesem Fall war sie sehr negativ –, sondern es geht um einen Grundsatz.

Das ist vielleicht heute ein bisschen untergegangen. Es geht ja nicht nur um die Beneš-Dekrete, denn es gibt noch etwas anderes, das aus meiner Sicht zumindest ebenso verwerflich, wenn nicht noch verwerflicher ist, und zwar die Amnestiegesetze. Mit den Amnestiegesetzen wurden nämlich all die Gräueltaten, die heute hier schon dargestellt worden sind, die nach 1945 an unschuldigen Menschen begangen worden sind, ge­rechtfertigt. Auch diese Amnestiegesetze, und darum geht es in Wirklichkeit auch im Kern, sind heute noch Rechtsbestandteil der Verfassungen von Mitgliedsländern der Europäischen Union wie der Tschechischen Republik und der Slowakei. – Und das ist das Unfassbare, über das man nicht so hinweggehen kann!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 119

Herr Staatssekretär, man hat manchmal das Gefühl, es ist uns unangenehm, darüber zu reden. Warum ist es uns unangenehm? Wir können doch stolz darauf sein, dass wir unsere dunkle Vergangenheit aufgearbeitet haben, dass heute kein vernünftiger Mensch mehr behaupten würde, dass all die Dinge, die in der Zeit des Nationalso­zialismus auch auf österreichischem Boden und auch durch Österreicher verübt wur­den, durch irgendetwas zu rechtfertigen wären! Niemand wird das heute mehr behaup­ten können, und wenn das doch jemand tut, dann gibt es, wie schon gesagt, eine klare strafrechtliche Konsequenz. Wieso tun wir uns dann so schwer, das auf der anderen Seite auch einzumahnen?

Ich sage Ihnen, da tragen wir auch als Österreicher Verantwortung, denn der Umgang mit den Sudetendeutschen – das wird ja auch verschwiegen! – durch das offizielle Ös­terreich war 1945 in Wirklichkeit auch nicht sehr fein. Wenn Sie sich die alten Proto­kolle von Regierungssitzungen damals ansehen, wo es so weit gegangen ist, dass man überlegt hat, die sowjetische Besatzungstruppe aufzufordern, die sudetendeut­schen Flüchtlinge wieder zurückzuschicken, dann zeigt das, dass wir heute eine be­sondere Verantwortung tragen, uns für diese Menschenrechte einzusetzen.

Ich sage Ihnen auch ganz klar und deutlich: Als es damals darum gegangen ist, den EU-Beitritt von zehn zusätzlichen Ländern, unter anderem auch der Tschechischen Republik, zu unterstützen, war es eine Bedingung von uns und auch das Versprechen des damaligen Bundeskanzlers Schüssel, dass man dann, wenn diese Länder Mitglied der Europäischen Union sind, beim Europäischen Gerichtshof eine Klagslegitimierung hat, um diese Verfassungsbestände zu beseitigen.

Herr Staatssekretär, was ist in diesen zehn Jahren passiert? Sie haben sich ja zu Wort gemeldet. Das würden wir gerne hören. Es geht nur darum, dass es klar sein sollte. Egal, welcher politischen Richtung man angehört, Menschenrechte können doch nicht teilbar sein! Die Europäische Union gibt sich immer als Wertegemeinschaft, als Men­schenrechtsunion. Da kann man doch nicht akzeptieren, dass in der Verfassung von Mitgliedsländern dieser Menschenrechtsunion derartige Punkte enthalten sind und dass diese Dinge bei Wahlkämpfen in der öffentlichen Diskussion noch einmal bestä­tigt werden!

Das ist eine Rechtfertigung für die Ermordung von 300 000 Menschen, für die Vertrei­bung von 3 Millionen Menschen, von Unschuldigen, von Frauen und Kindern – und das heute noch, im 21. Jahrhundert! Meine Damen und Herren, nur darum geht es uns. Es ist gut, dass es jetzt dazu einen fast einvernehmlichen Antrag gibt. Das ist ein wichti­ges Signal. Wir sollten uns darin nicht verschweigen. Es geht nicht um Restitution, sondern es geht ganz einfach um späte Gerechtigkeit. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

14.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Staatssekretär Dr. Lopatka zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.32.34

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Reinhold Lopatka: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe angesichts des Leids und des Unrechts durchaus Verständnis für die Emotionen. Allerdings – um das auch ganz direkt zu sagen – sind bei bilateralen Ver­handlungen Emotionen nicht die richtige Begleitung, sondern da muss es uns darum gehen, Fortschritte zu erzielen, und das ist ein hartes Ringen.

Die Frage ist schon mehrmals gestellt worden – und das ist auch richtig so –: Was ist passiert? Ich war erst vor zwei Wochen, konkret am 31. Mai, in Tschechien, um diese und andere Fragen mit meinem Gegenüber zu besprechen. Sie wissen es, wir haben diese Historikerkommission eingesetzt und sind jetzt in der Situation, eine Finanzierung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 120

für deren erste große Aufgabe, nämlich für dieses gemeinsame Geschichtsbuch, auf­gestellt zu haben. Mein Dank gilt diesbezüglich auch den Bundesländern Niederöster­reich, Oberösterreich und Wien, die sich auf österreichischer Seite daran beteiligt ha­ben. Das ist eine ganz wichtige Grundlage für unsere weitere Arbeit.

Ich sehe schon Fortschritte, gerade auch auf bilateraler Ebene, was die Bundesländer betrifft, zum Beispiel bei der Landesausstellung in Oberösterreich, wo gerade im kultu­rellen Bereich, in dem früher eindeutig die Grenzen und das Gegeneinander im Vorder­grund gestanden sind, jetzt die Brücken zwischen den Staaten viel stärker sind. Das ist aber keine Rechtfertigung dafür, die Geschichte nicht aufarbeiten zu müssen. Das las­sen wir ganz sicherlich nicht aus den Augen. Allerdings ist es, wie schon mehrfach an­gesprochen wurde, nicht einfach, mit einem entsprechenden Tempo voranzukommen. Es gibt jedoch Fortschritte.

Das wollte ich Ihnen nur quasi als Zwischenbericht mitteilen. Ich sehe auch hier im Hause einen Fortschritt durch diesen Vierparteien-Entschließungsantrag, der ja auch für die Regierung ein klarer Auftrag ist, in dieser Frage konsequent weiterzuarbeiten. Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.35.04

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Ohne irgendjemandem nähertreten zu wollen: Ich kenne andere Punkte politischer Natur, bei denen die ÖVP nicht so sensibel ist. Kollege Großruck, bei dem Thema, wo es um die Aufarbeitung von Mord und Vertreibung von Hunderttausenden geht, da muss man auf einmal furchtbar sensibel sein? (Abg. Groß­ruck: Na, na, na!)

Die großen Männer, die das Thema der Vertreibung in seiner ganzen Dimension wirk­lich in beachtlicher Art dargestellt haben, sind schon tot – also Ermacora, Gruber und wie sie alle geheißen haben. Jetzt hört man von einer Staats- und Wirkungsmacht, die aus der ÖVP entspringen würde, auf diesem Gebiet nichts, außer dass in den Vertrie­benenzeitungen Inserate geschaltet werden, sodass Ihnen die Stimmen dieser Bevöl­kerungsgruppe nach wie vor zugetragen werden.

Die Art des Zynismus, die seitens des Herrn Staatspräsidenten Zeman zuletzt in Öster­reich ausgebreitet wurde, treibt einem wirklich das Grausen ins Gesicht. Ich durfte sel­ber Zeuge dieses Zynismus sein, weil ich bei der Parlamentariergruppe dabei war, von der Zeman im Parlament empfangen worden ist. Ich habe also die Frage der Beneš-Dekrete angesprochen. Kollege Kopf war auch dabei, und er wird mir bestätigen müssen: Was bekommt man da zur Antwort? – Er sagt, ja Moment, zuerst einmal muss die Terminologie klargestellt werden. Es gibt keine Beneš-Dekrete. Es gibt Verfas­sungsgesetze der Tschechischen Republik, und es gab vor zwei Jahren sogar ein Ver­fassungsurteil des tschechischen Verfassungsgerichtshofes, und an Gerichtsurteile müsse man sich doch halten. – Das traut sich der einem zu so einem Thema ins Ge­sicht zu sagen, wenn man ihn im Parlament empfängt und eine unglaubliche, drama­tische Abscheulichkeit, die dieses Land zu verantworten hat, zur Sprache bringt! Das ist sensibel? – Das ist aber das Gegenteil von sensibel! (Beifall bei der FPÖ.)

Eine der größten Dummheiten der Mitglieder der freiheitlichen Fraktion in der schwarz-blauen Regierung war, sich über den Tisch ziehen zu lassen und dem Beitritt Tschechiens zuzustimmen, bevor die Beneš-Dekrete und die Rechtfertigungsgesetze, die Kollege Scheibner schon erwähnt hat, aus der Welt geschafft worden sind, und auf später zu vertrauen. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 121

Ja, ja, das wird nachher gemacht!, hat es geheißen. Wenn sie dabei sind, dann sind sie brav, dann sind sie Teil der Wertegemeinschaft, und dann machen wir ein Gerichts­verfahren. – Das ist alles ein Schmarrn! Und solange es Freiheitliche gibt, werden wir von diesem Thema nicht abweichen. Das garantiere ich! (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)

14.38

14.37.59

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, seinen Bericht 2425 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Huber, Kirchgatterer, Hammer, Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Entschließung 1487/2007 des slowakischen Nationalrates über die Unangreifbar­keit der Beneš-Dekrete.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 309.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, seinen Bericht 2426 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die zwischenstaatlichen Beziehungen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik bezüglich der Thematik der Vertreibung, der sogenannten Beneš-Dekrete, wie auch der kulturellen Verankerung der Sudetendeutschen Kultur in Österreich und der Tschechischen Republik.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rie­mer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Beneš-Dekrete und Avnoj-Beschlüsse.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Minderheit und somit abgelehnt.

14.40.328. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Anträge 2227/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz vom 1. August 1895 über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessord­nung – ZPO) geändert wird, geändert werden,


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2031/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Mag. Daniela Musiol, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird,

2032/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Mag. Daniela Musiol, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und

337/A der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (2380 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt als Erster Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. 4 Minuten freiwillige Rede­zeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.42.04

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Gesetzesbeschwerde ist eigentlich der Ab­schluss eines ganzen Pakets an Entschließungsanträgen, die anlässlich der Einfüh­rung der Landesverwaltungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichtes eingebracht wurden. Wir erfüllen sohin den letzten Punkt unserer Vereinbarungen.

Ich möchte daher an die Spitze meiner Ausführungen einen Dank an alle Kolleginnen und Kollegen im Verfassungsausschuss richten, weil es wirklich ein hervorragendes Klima war, das dazu geführt hat, dass wir alle unsere Punkte abarbeiten und eigentlich alle Punkte erledigen konnten. – Herzlichen Dank für diese Zusammenarbeit!

Ich darf aber ganz besonders den Mitarbeitern danken, die es nicht immer leicht ge­habt haben, mit unseren oft sehr schwierigen Wegen, zu einer Lösung zu finden. Da darf ich wirklich allen Mitarbeitern, die da mitgemacht haben, ein herzliches Danke­schön sagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Dr. Fichtenbauer.)

Ganz besonders freut es mich, dass wir zu einer recht schwierigen und kontroversiell geführten Debatte eine einstimmige Lösung gefunden haben, und ich möchte ein biss­chen die Historie dieses Gesetzes beleuchten.

Wir hatten einen Entschließungsantrag anlässlich der Verwaltungsgerichtsbarkeitsre­form beschlossen, dass wir eine Gesetzesbeschwerde ermöglichen, nämlich dass auch die Parteien letztendlich die Möglichkeit haben sollten, ein Gesetz, das einer Ent­scheidung zugrunde liegt, anzufechten, wenn sie glauben, dass es verfassungswidrig ist. Das war einmal der grundsätzliche Entschließungsantrag.

Dann haben wir einen Gesetzentwurf vom Verfassungsdienst bekommen. Da ist es dann schon zu einer sehr kontroversiellen Auseinandersetzung gekommen: auf der ei­nen Seite ordentliche Gerichtsbarkeit, auf der anderen Seite Verfassungsgerichtsbar­keit. Uns selbst als den politisch Verantwortlichen war das eine zu große Nähe zur Urteilsbeschwerde, die wir alle eigentlich dadurch nicht einführen wollten. Ich möchte nicht verhehlen, dass eigentlich der Durchbruch dann aufgrund einer Vorlage des Kol­legen Fichtenbauer gekommen ist, der ein Zwischenverfahren vorgeschlagen hat. Wir haben dann versucht, dieses Zwischenverfahren auch in eine Gesetzesfassung zu bringen.

Ich glaube, es ist uns wirklich gelungen, in vielen, vielen Gesprächen mit allen eine Lösung zu finden, die sowohl eine Äquidistanz zum Verfassungsgerichtshof als auch


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eine Äquidistanz zum Obersten Gerichtshof hat, die zwei sehr konträre und extreme Positionen vertreten haben, und so den goldenen Mittelweg sozusagen zur Entschei­dungsgrundlage zu machen.

Was heißt das jetzt? – Wir haben die Möglichkeit eingeräumt, dass man in einem or­dentlichen Rechtsmittelverfahren gegen eine Entscheidung in erster Instanz den Par­teien die Möglichkeit einräumt, eine Gesetzesbeschwerde auszuführen beziehungswei­se mit der Berufung oder gesondert davon einzubringen. Das bedeutet einen ganz we­sentlichen und erheblichen Mehrwert für den Rechtsschutz des einzelnen Bürgers, einen Mehrwert in der Palette unserer Rechtsschutzmöglichkeiten, und ich halte das für eine sehr, sehr vernünftige Lösung, die wir gefunden haben.

Es gibt zwei Bedenken, die man dabei berücksichtigen muss. Das eine ist, es soll nicht zu Verzögerungen, zu unendlichen Verzögerungen des Verfahrens kommen. Und es gibt gewisse Verfahren, die sich für eine derartige Gesetzesbeschwerde nicht eignen. Das sind das Insolvenzverfahren und in erster Linie das Exekutionsverfahren, weil da Entscheidungen getroffen werden, die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Daher ist es in diesem Bereich auch gerechtfertigt, wenn es zu Ausnahmen kommt.

Ein zweiter Themenkreis, der eigentlich erst am Schluss der Diskussionen aufgetaucht ist, war der Bereich der öffentlichen Bücher. Damit das Vertrauen in die öffentlichen Bücher nicht geschwächt wird, sondern nach wie vor gewährleistet ist, geht man davon aus, dass man, wenn es zu einer Gesetzesbeschwerde in diesem Verfahren kommt, das Verfahren entweder unterbrechen muss oder es in diesem Bereich nicht eintra­gungsfähig wird.

Die Ausführung dieser Ausnahmen haben wir dem einfachen Gesetzgeber übertragen, wobei wir in unseren Erläuterungen und Begründungen ausführlich darauf hingewiesen haben, dass das nicht zur Aushöhlung der Gesetzesbeschwerde führen darf, sondern nur in besonderen Fällen sein darf, und daher haben wir diese Gesetzesmaterien aus­genommen.

Noch einmal: Ich glaube, das ist ein vernünftiger Weg, den wir da beschritten haben. Ich glaube, dass es eine Erhöhung des Rechtsschutzes ist. Ich glaube, dass wir zum Abschluss unseres Pakets der Landesverwaltung wirklich etwas Gescheites zusam­mengebracht haben. Und noch einmal Dank an alle, denn es war ein Paradebeispiel, wie man im Parlament selbst durch parlamentarische Diskussion zu einer hervorragen­den Lösung kommt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen sowie des Abg. Dr. Fichtenbauer.)

14.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.47.27

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich gleich zu Beginn dem Dank meines Vorredners anschließen, dem Dank an alle Sprecher im Verfassungsbereich, an alle Beamten des Bundeskanzleramtes, des Vizekanzleramtes, an alle, die daran mitgewirkt haben – ich glaube, hier können wir wirklich nicht genügend danken. Aber ich möchte meine Ausführungen eigentlich noch etwas genereller machen. Die Details aus den Schlussverhandlungen hat mein Vorredner schon genau geschildert.

Mir ist es wichtig, noch einmal, für die Öffentlichkeit vor allem, darauf hinzuweisen, wo­rum es hier geht und welche großen Schritte wir da gesetzt haben. Wir setzen mit dem heutigen Beschluss ja eigentlich den letzten Stein unter eine ganze Reihe von großen Verfassungsreformen und Verwaltungsreformen, die wir in dieser Legislaturperiode be-


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schlossen haben – die meisten davon auch einstimmig oder fast einstimmig. Das be­darf wirklich Anerkennung und Achtung. Somit kann, glaube ich, dieses Hohe Haus auch stolz auf sich selbst sein, auf diese Reformen, die es hier beschlossen hat und nun auch heute beschließen wird.

Bei dieser Gesetzesbeschwerde, die wir ja schon das erste Mal 2004 im Österreich-Konvent erörtert haben und wo es eigentlich schon eine große Mehrheit dafür gegeben hat, das auch durchzuführen, geht es eigentlich worum? – Es geht, ganz einfach ge­sagt, für die Menschen in unserem Land darum, dass niemand mehr aufgrund eines verfassungswidrigen Gesetzes verurteilt oder in einem Zivilprozess beurteilt werden kann. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass niemand wegen eines verfas­sungswidrigen Gesetzes verurteilt oder beurteilt werden kann. Aber, gut Ding braucht eben Weile, und es hat bis zum heutigen Tag gebraucht, dass dies nun auch wirklich so der Fall ist.

Damit setzen wir wirklich einen Meilenstein in der Rechtsstaatlichkeit. Unser Rechts­staatlichkeitssystem ist, glaube ich, damit auf einem so hohen Standard, dass uns viele Länder auf der Welt darum beneiden. Das gilt es, glaube ich, auch hier festzuhalten, dass eine solche Rechtssicherheit ja nicht nur für unsere Bürger hier ganz besonders entscheidend ist, sondern auch für alle Investoren, die nach Österreich kommen und die sich dann auf einen solchen Rechtsstaat verlassen können – wie sie das in ande­ren Ländern nicht vorfinden können.

Wir setzen mit dieser Gesetzesbeschwerde aber auch einen Schritt dahin gehend, dass den Menschen mehr Freiheit und mehr Verantwortung übertragen wird. Sie sind nicht mehr so abhängig von den Institutionen, und sie sind vor allem jetzt nicht mehr davon abhängig, dass sie einen Richter ersuchen müssen, für sie im Falle eines mög­lichen verfassungswidrigen Gesetzes dies an den Verfassungsgerichtshof heranzutra­gen, sondern jede Partei, die selbst davon betroffen wäre, kann nun selbst und soll selbst an den Verfassungsgerichtshof herantreten.

Auch das ist ein Ausdruck, wie wir mit unseren Bürgern umgehen, oder, im juridischen Sinn gesprochen, mit unseren Rechtsunterworfenen umgehen. Also wir können nun von diesem Ausdruck weggehen, es sind keine Unterworfenen mehr, sondern das sind gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger, die ihr eigenes Recht nun wahrnehmen können und nicht mehr bittstellend tätig werden müssen. Ich denke, das ist ein ganz großer Schritt, den wir hier gesetzt haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Fichtenbauer.)

Gleichzeitig ist es in den vielen Gesprächen gelungen, die wir in dem vergangenen Jahr geführt haben, dass wir die zwei großen Kritikpunkte, die nach der Begutachtung unseres Erstentwurfes beziehungsweise des Entwurfes des Verfassungsdienstes, den wir im vorigen Sommer versendet haben, gekommen sind, nun auch beseitigt haben.

Die zwei großen Kritikpunkte waren Verfahrensverzögerung auf der einen Seite und auf der anderen Seite eine Änderung in der Gleichrangigkeit der Höchstgerichte. Beide Punkte sind nicht nur entschärft, sondern sie sind in Wirklichkeit jetzt ausgeräumt. Mit dem Zwischenverfahren, das der Kollege Wittmann schon ausgeführt hat, und auch mit besonderer Unterstützung des Kollegen Fichtenbauer ist es gelungen, dass diese Verfahrensverzögerung im ordentlichen Berufungsprozess eigentlich ausgeschlossen ist. Die Details dazu erspare ich Ihnen jetzt. Es ist, glaube ich, hier nicht notwendig, das auszuführen, aber es gilt einfach festzuhalten, dass es hier keine Verfahrensverzö­gerung mehr geben kann.

Außerdem ist mit der Situation, dass im Rechtsmittelverfahren bereits eine Beschwer­de an den Verfassungsgerichtshof möglich ist, auch ausgeschlossen, dass es zu einer sogenannten Urteilsbeschwerde kommt, was auch mit einer Überordnung des Verfas­sungsgerichtshofes zum Obersten Gerichtshof einhergehen würde. Das ist damit auch ausgeschlossen, und der Verfassungsgerichtshof wird da eigentlich so tätig, wie das


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schon in der österreichischen Bundesverfassung aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts vorgesehen war, nämlich als negativer Gesetzgeber in der Normenkon­trolle. Insofern ist das jetzt auch kein Systembruch, sondern eine besondere System­weiterentwicklung, die zu mehr Rechtsschutz für die Bürgerinnen und Bürger führt.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich damit schließen, noch einmal allen zu danken, die hier mitgewirkt haben. Manchmal ist es so, wie schon Max Weber gesagt hat: Politik ist das Bohren harter Bretter! Das hat sich in diesem Feld ganz klar gezeigt, aber es ist auch notwendig, dass man die Geduld aufbringt, um mit Leidenschaft auch das Ziel zu erreichen, das erforderlich ist: mehr Rechtschutz für die Bürgerinnen und Bürger für einen noch besseren Rechtsstaat, wie er beispielgebend für Europa und die ganze Welt ist. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Scheib­ner, Dr. Fichtenbauer und Dr. Wittmann.)

14.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist der schon mehr­mals angesprochene Abgeordnete Dr. Fichtenbauer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbe­schränkung. – Bitte.

 


14.53.40

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Danke vielmals, in diesem Punkt lasse ich mich gerne ansprechen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.) Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ab und zu ist es so, dass das Herz in einem bedeutenden Körper leise schlägt, und wahr ist es, dass wir öffentlich weitge­hend unbemerkt heute einen fundamentalen, neuen Schritt des Rechtszuganges im Verfahrensrecht, verknüpft mit dem Verfassungsrecht, schaffen, den andere Herren, die sich durchaus kritisch geäußert haben – ich spreche auch von Mitgliedern des Obersten Gerichtshofes –, mit einer überwältigenden Dramatik, einbegleitet von Be­fürchtungen, die meines Erachtens völlig ungerechtfertigt sind, erkannt haben.

Die wahre, unglaubliche Bedeutung kann nicht scharf genug beleuchtet werden. Eine verfahrensbefangene oder in einem Verfahren befindliche Partei kann erzwingen, dass ohne Maßstab des Zulässig-Erklärt-Werdens durch die Gerichte bewirkt wird, dass die zur Anwendung kommende Norm, die Norm, die in ihrer Sache angewendet wird, durch den Verfassungsgerichtshof überprüft werden kann, also ob die Norm verfas­sungsgemäß oder verfassungswidrig ist.

Das ist völlig außerhalb der Vorstellungswelt bisheriger verfassungsrechtlicher Anruf­barkeiten des Verfassungsgerichtshofes gestanden; und ich glaube, es ist europa- oder weltführend, dass wir dieses Maß der Möglichkeit der Verfassungsprüfung von Normen erreicht haben. Es ist ein unglaubliches, neues Buch, das in der österreichi­schen Verfassungsgeschichte aufgeschlagen wird. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeord­neten der ÖVP sowie des Abg. Dr. Wittmann.)

Es ist so, dass ich in aller Bescheidenheit darauf verweisen darf, dass Kollege Harald Stefan und ich im Jahre 2009 einen entsprechenden Entschließungsantrag eingebracht haben. Es bedurfte des Fortschreitens der Erneuerung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, dass ein Fünf-Parteien-Antrag in diese Richtung gefasst wurde.

Die Auseinandersetzung über die Frage, ob das Projekt durchgeführt wird und auf welche Weise es verwirklicht wird, hat gut und gern ein Jahr gedauert. Wahr ist auch und besonders hervorzuheben, dass von absoluter und unglaublicher Hochschätzung die Arbeit der Referenten der Klubs gewesen ist, und ich stelle fest, dass die Arbeits­möglichkeit an diesen unglaublich detailreichen Vorgängen ohne diese Mitwirkung – jetzt nenne ich von meinem Klub Mag. Heimo Probst – nicht möglich gewesen wäre. Danke vielmals! (Beifall bei der FPÖ.)


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Weil es ein parlamentarisches Projekt war, das glücklicherweise heute zur Einstimmig­keit geführt werden kann, muss man doch auch ein bisschen Lob aussprechen – nein, nicht ein bisschen, ein deutliches Lob  den Leuten, die es innerparteilich und in ihrem Klub nicht leicht gehabt haben. Mein Vorredner, Kollege Abgeordneter Mag. Gerstl, hat treu und redlich die Position eingehalten, und es sind ihm Prügel sonder Zahl vor die Füße geworfen worden, insbesondere durch ein klares, aber wirklich jenseits des ver­ständlich seienden Ablehnungsprofils, das im Justizministerium beheimatet gewesen war. Und es ist ihm außerordentliches Lob zuzusprechen, dass er sich davon nicht beirren ließ. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Verhandlungen sind faktisch bis zum gestrigen Tag noch gelaufen. Ich bin fest ent­schlossen, dieses Kapitel mit meinem besonders zu würdigenden Mitarbeiter Mag. Hei­mo Probst schriftlich festzuhalten, so einen kleinen, scharfen Blick auf die Rechtsge­schichte des Landes zu werfen, die Eifersuchtsgeschichten unter den Höchstgerichten, die ja in Österreich nicht neu sind. Das gab es übrigens schon im 19. Jahrhundert: Streit zwischen Verwaltungsgerichtshof und Oberstem Gerichtshof, Kompetenzbe­fürchtungen, Überlagerungsängste (Abg. Dr. Karlsböck: Verlustängste!), bedeutungs­schwankende Machterhaltungsintentionen  im Lichte dessen, dass niemandem etwas weggenommen werden sollte, sondern das Rechtschutzmodell Österreichs angerei­chert wird. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das ist eine große Stunde des Erfolges und zeigt, was Parlamentarismus kann, denn es gab keine Regierungsvorlage, es gab zwei Vorlagen des Verfassungsdienstes, mit denen wir weitgehend in der Substanz nicht einverstanden waren, die aber Grundlage der fortschreitenden Beratungen waren. Aber allen, die mitgewirkt haben, allen Partei­en muss man danken. Das Parlament kann sich selbst gratulieren. Es ist eine Arbeit ohne Regierungsvorlage gewesen, aus eigener parlamentarischer Dimension, und Ös­terreich hat einen großen Schritt in eine neue Welt des Rechtsschutzes gemacht. – Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Dr. Wittmann.)

14.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Mu­siol. – Bitte.

 


15.00.01

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon mehrfach angesprochen: Es ist ein wichtiger Schritt, den wir heute mit der Gesetzesbeschwerde setzen. Dies ist ein Instrument, das einer Ausweitung des Rechtsschutzes dient, einer Ausweitung des Grundrechtsschutzes dient. Es ist aber auch ein Instrument, das nicht erst 2009 er­funden worden ist, sondern diese Diskussion wird, wie viele andere verfassungs- und verwaltungsrelevante Diskussionen, schon länger geführt.

Zum Beispiel gab es ja auch schon im Österreich-Konvent Vorschläge – wenn diese natürlich auch nicht das widerspiegeln, was wir hier jetzt beschließen –, Vorschläge ei­nerseits des jetzigen Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Jabloner, des jetzigen Richters des Verfassungsgerichtshofes Grabenwarter und des damaligen OGH-Präsi­denten Rzeszut, und dann gab es auch noch einmal einen Alternativvorschlag meiner Kollegin Stoisits und des Herrn Schnizer.

Das heißt, es ist umso erfreulicher, dass hier nicht, wie bei anderen Punkten, die wir schon lange diskutieren, weiter Stillstand herrscht, sondern dass wir es geschafft ha­ben, rund um die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle auch diese Gesetzesbeschwerde einmal auf den Weg und dann ich vielen – das ist ja schon angesprochen worden – Diskussionen auch zu einem Abschluss zu bringen.


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Und die Diskussionen mussten bis zur letzten Minute geführt werden, weil es natürlich das eine ist, das gemeinsame Ziel zu haben, nämlich den Rechtsschutz zu erweitern, aber es ist dann etwas anderes, sich dieses Ziel dann auch mit den Details genau an­zusehen, ob das denn dann die einzelnen Vorstellungen in allen einzelnen Perspek­tiven erfüllen kann oder nicht erfüllen kann.

Und die Vorlage, die im Ausschuss beschlossen worden ist, hat sie unseres Erachtens noch nicht erfüllt, deswegen haben meine KollegInnen und ich damals auch nicht zu­gestimmt, denn damals waren aus unserer Sicht noch wesentliche Punkte offen oder noch enthalten, die die Gesetzesbeschwerde, so wie sie da von ÖVP, SPÖ und FPÖ dann beschlossen wurde, aus unserer Sicht nicht sinnvoll gemacht hätten.

Das war zum einen die Frage der Ausnahmen. – Jedes Instrument lebt ja auch von der Frage, was ausgenommen werden kann und ob ich dieses Instrument auch gegen überschießende Ausnahmen absichern kann. Das war sozusagen in der Vorlage im Ausschuss noch nicht geregelt, das wurde jetzt in den Gesprächen behandelt. Damals war ja auch noch das strafrechtliche Ermittlungsverfahren drinnen. Das konnten wir jetzt herausverhandeln beziehungsweise wurde klargemacht, dass trotzdem, wenn es rund um das strafrechtliche Ermittlungsverfahren Anliegen gibt, die einzelne Parteien vorbringen wollen, diese Anliegen spätestens dann, wenn die Sache rund um die Pro­visorialverfahren entschieden wird, auch entschieden werden können.

Das heißt, die Ausnahmen waren wichtig, und dann auch die Frage, in welcher Form diese Ausnahmen eingebracht werden können, denn die Ausnahmen sind dann keine verfassungsrechtliche Materie, sondern einfachgesetzlich zu regeln. Und diesbezüglich ist schon auch aufgrund von vergangenen Situationen auf unserer Seite die Befürch­tung vorhanden gewesen, dass dann sehr schnell im parlamentarisch möglichen Schnellverfahren Ausnahmen beschlossen werden, die dann eigentlich dieses Ur-Ins­trument der Gesetzesbeschwerde aushöhlen.

Diesbezüglich haben wir uns gestern eben in der letzten Verhandlungsrunde auch da­rüber verständigen können, dass da eine notwendige Publizität gewährleistet werden muss, wenn so eine Ausnahme beschlossen wird. Das ist wichtig für den Parlamen­tarismus, das ist aber auch wichtig für all die Institutionen, die auch meine Vorredner angesprochen haben, da ja das Verhältnis zwischen den Institutionen ohnedies sehr sensibel ist, um sich hier auch rechtzeitig mit ihrer Expertise einbringen zu können.

Dann war auch noch die Frage offen, wer außer den Parteien denn sonst noch eine Gesetzesbeschwerde oder einen Gesetzesprüfungsantrag einbringen kann. Die Ge­richte zweiter Instanz können das, und es gab eigentlich immer die einhellige Meinung, dass auch die Gerichte erster Instanz das können sollen. Das wurde auch im Verfas­sungsausschuss durchaus noch einmal angesprochen, auch vom Kollegen Jarolim, der dann trotzdem dieser Vorlage zugestimmt hatte, auch wenn die Erstgerichte nicht drinnen waren. – Jetzt haben wir auch gemeinsam vereinbaren können, dass auch Ge­richte erster Instanz vorlegen können.

Also dies sind allesamt wirklich wichtige Änderungen noch in letzter Minute, die es aus unserer Sicht möglich machen, dieser Gesetzesbeschwerde zuzustimmen und hier auch wirklich den Rechtsschutz für die Rechtsschutzsuchenden zu erweitern.

Ich wünsche mir, dass neben der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die wir in dieser Periode auf den Weg gebracht haben, und neben der Gesetzesbeschwerde, auch neben Teilen der Ausweitung der Kontrollrechte des Rechnungshofes, auch andere, längst anste­hende Projekte im Bereich der Verfassung, der Verwaltung – Verwaltungsreform als Stichwort – hier auch in einer nächsten Periode – in dieser wird es sich nicht aus­gehen – wirklich auch mit dem gleichen nötigen Ernst und auch mit dem gleichen nöti­gen gegenseitigen Respekt für unterschiedliche Herangehensweisen angegangen wer­den.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 128

Ich wünsche mir, dass nicht, so wie wir das in dieser Periode gemacht haben, der Un­terausschuss „Verwaltungsreform“ verschleppt wird, seit zwei Jahren nicht mehr tagt und dort nichts passiert, sondern dass wir uns die wirklich wichtigen Punkte vorneh­men, die eben nicht nur akademische Fragestellungen sind, sondern die letztendlich auch ganz wesentlich sind für die Frage der Finanzierungen, aber natürlich auch für die Frage, wo denn Menschen sich an wen wenden können und was denn das auch für den Rechtsschutz und für die Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger nach sich zieht.

Also ich gehe davon aus, dass das nicht unser letztes gemeinsames Vorhaben war. Wir alle haben Interesse daran, auch die Verwaltungsreform weiterzutreiben, wir alle haben hoffentlich auch Interesse daran, unsere Demokratie weiter zu reformieren – da haben wir noch die Chance, das in dieser Gesetzgebungsperiode zu machen.

Ich bin guter Dinge, dass wir auch da mit der nötigen Diskussion und auch mit der nö­tigen Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auf die wir nicht verzichten können – da möchte ich mich dem Dank meiner VorrednerInnen anschließen –,auch weiterhin zu guten Reformen kommen können. (Beifall bei den Grünen.)

15.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. – Bitte.

 


15.06.22

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Mei­ne Damen und Herren! Ich habe mir während der Debatte Folgendes gedacht: Warum geht das hier im Verfassungsausschuss, bei so einer, wie schon gesagt, wichtigen Materie? Auch wenn das für den Laien wahrscheinlich schwer erfassbar ist, ist dies ei­ne wichtige Maßnahme für den Rechtsschutz – für den Rechtsschutz des Einzelnen oder im Übertragenen dann wahrscheinlich für den Rechtsanwalt oder für die anwalt­liche Vertretung –, und es ist eine wichtige Materie, wo man im Ausschuss – und nicht nur dort – das Gefühl gehabt hat, da sind jetzt vier Fraktionen, die möchten gemeinsam ein wichtiges, ein schwieriges – und ich würde sogar sagen, ein sehr schwieriges – Problem lösen. Wieso funktioniert das hier?

Die Antwort wäre wahrscheinlich auch spannend auf die Frage: Ist es deshalb, weil es so kompliziert ist und das jene, die das vielleicht beeinflussen oder verhindern könnten, nicht erfassen (Heiterkeit des Abg. Dr. Bartenstein – Abg. Mag. Kogler: Das ist eine lustige Theorie!) – in Klammer: die Parteisekretariate zum Beispiel, wo man manchmal das Gefühl hat, die Verhandler in den Ausschüssen, die Fachexperten, die Fachabge­ordneten würden sich ganz gerne einigen –, ist das so?

Ich glaube, wir sollten auch stolz darauf sein, dass wir auch hier im Hohen Haus – auch wenn wir uns oft gegenseitig kritisieren, etwa: Sie haben keine Ahnung, wovon Sie reden!, und so weiter –, echte Experten unter den Abgeordneten haben, wie sich, glaube ich, hier jetzt gezeigt hat, und zwar echte Experten, die auf Augenhöhe mit den Fachexperten auch der Ministerien, des Bundeskanzleramts und der Klubs eine posi­tive Arbeit und ein Ergebnis bringen können. Darauf kann man stolz sein!

Ich habe auch einen sehr guten Eindruck gewonnen, weil man bis zum Schluss ver­handelt hat. Im Ausschuss konnten wir aufgrund von ein paar Punkten, die uns aber lösbar erschienen sind, noch nicht zustimmen, und es war auch wirklich so, dass diese Punkte im Prinzip gestern in der Früh gelöst wurden. – Übrigens ist auch das ein Punkt: Es wird immer gefragt, wo denn die Abgeordneten sind, wenn sie nicht in den Sitzreihen sind. Die Verfassungssprecher haben sich gestern zu Beginn der National­ratssitzung zusammengesetzt und haben die letzten Punkte gelöst, und wir können deshalb heute hier diesem Antrag auch zustimmen. (Abg. Mag. Kogler: Bravo!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 129

Gott sei Dank gibt es ja im Verfassungsausschuss einige andere Dinge, wo das ähnlich läuft. – Nicht überall, sondern: Manchmal hat man das Gefühl, die Regierung geht ei­nen einfacheren Weg und verhandelt dann nur die, von denen sie glaubt, dafür ist am einfachsten die Zweidrittelmehrheit zu schaffen. Aber hier hat man – auch Anerken­nung an den Ausschussvorsitzenden und an den Staatssekretär – wirklich bis zum Schluss versucht, alle ins Boot zu bringen. – Und Sie sehen: Es ist gelungen!

Natürlich ist auch eine Voraussetzung, dass diese Regierung hier über keine Zweidrit­telmehrheit verfügt – ich glaube, das ist demokratiepolitisch sehr wichtig –, also gibt es bei Verfassungsgesetzen die Notwendigkeit von ordentlichen Verhandlungen, und sie­he da, es gibt auch gute Ergebnisse. Jetzt wäre es einmal spannend, zu sehen, was passiert, wenn wir eine Regierung haben, die das auch bei einfachen Gesetzen benö­tigt, nämlich ordentliche Verhandlungen, eine Expertise zu machen, um dann möglichst eine gemeinsame Lösung zu finden. – Wir werden sehen, was der Wahltag in die-
se Richtung bringt. (Beifall beim BZÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Dr. Wittmann.)

15.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Hagen zu Wort. – Bitte.

 


15.09.49

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Scheibner hat vorhin etwas angesprochen, was ich vielleicht noch ein bisschen erläutern muss.

Kollege Scheibner hat angesprochen, dass den vorigen Antrag des BZÖ nur vier Par­teien unterstützt haben – oder habe ich das jetzt falsch gehört? (Abg. Scheibner: BZÖ? – Ruf bei der SPÖ: Im Ausschuss!) – Im Ausschuss. Entschuldigung, dann habe ich jetzt repliziert betreffend einen Antrag vorhin, der nur von vier Parteien gestellt wor­den ist.

Wir haben ja mitgestimmt betreffend Beneš-Dekrete. Wir wären auch dort dafür gewe­sen, wenn ihr uns dazu eingeladen hättet. Es wäre also vielleicht nicht ganz schlecht, nicht nur bei den anderen das zu fordern, sondern auch selbst das Ganze so zu ma­chen. (Beifall der Abg. Schenk. – Abg. Scheibner – eine Tagesordnung in die Höhe haltend –: Sie wissen aber, zu welchem Tagesordnungspunkt Sie sprechen!?)

Aber positiv ist zu erwähnen, dass dieser Antrag von allen Parteien unterstützt worden ist. Diese Gesetzesbeschwerde ist, wie das der Kollege Wittmann schon angesprochen hat, eine Gesetzesänderung anlässlich der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012, die dann eben hiermit abgeschlossen ist.

Positiv hervorzuheben ist die Erhöhung der Rechtssicherheit für den Bürger – das ist ein sehr positiver Aspekt. Vernünftige und notwendige Regelungen für mehr Rechtssi­cherheit sind darin enthalten.

Die Verfahrensverzögerungen wurden hier auch schon angesprochen – ich will eben nicht alles wiederholen. Mit diesem Gesetz sind diese Verfahrensverzögerungen quasi ausgeschlossen.

Weiters wurde angeregt oder hier auch schon angesprochen, dass die Höchstgerichte nun gleichgestellt sind, was natürlich auch ein Vorteil ist.

Es ist also ein gutes Gesetz, deshalb wird es auch einstimmig beschlossen. Meine Da­men und Herren, dies zeigt wieder einmal, dass die Politik in Österreich, wenn sie will, gemeinsam für die Bürger Gutes umsetzen kann – aber sie muss es auch wollen! (Bei­fall beim Team Stronach.)

15.11



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 130

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. – Bitte.

 


15.11.57

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatsse­kretär! Herr Kollege Hagen, ja, es ist nun einmal so: Wenn man nicht unbedingt im Ausschuss Platz nimmt und da ist, dann kann man auch nicht davon sprechen, dass wir verschiedene Abänderungsanträge haben. (Zwischenruf der Abg. Schenk.) Wir ha­ben ja all die Ausschüsse neu konstituiert, und wenn man nach links blickt, sieht man, es fehlt oft das Team Stronach – das ist eben so. Aber diese Debatte ist einhellig, und ich möchte sie auch dazu nützen, mich herzlich zu bedanken.

Ich darf zunächst den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Dr. Fichtenbauer, Mag. Musiol, Scheibner, Hagen, Kolleginnen und Kollegen zum Aus­schussbericht 2380 der Beilagen, Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, einbringen. Aufgrund des Umfangs und da, wie ich glaube, der Antrag bereits verteilt ist, darf ich diesen in Grundzügen erläutern.

Zum einen soll auch den ordentlichen Gerichten erster Instanz die Möglichkeit gegeben werden, die Gesetze wegen Verfassungswidrigkeit beim Verfassungsgerichtshof anzu­fechten, zum anderen sollen die Gründe, aus denen ein Parteienantrag gestellt werden kann, zusammengefasst werden. Es wird aber auch nicht mehr auf die Zumutbarkeit beziehungsweise Unzumutbarkeit einer rechtzeitigen Antragstellung abgestellt, son­dern überhaupt nur dann, wenn ein Rechtsmittel erhoben wird. Diese Regelung des Parteienantrags ist auch für den einfachen Gesetzgeber nicht disponibel. Im Sinne der Effizienz kann der einfache Gesetzgeber hier den Zeitpunkt und die Frist für den An­trag bestimmen.

Darüber hinaus bringe ich den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Dr. Fichtenbauer, Mag. Musiol, Scheibner, Hagen, Kolleginnen und Kolle­gen zu der dem Bericht des Verfassungsausschusses 2380 der Beilagen beigedruck­ten Entschließung ein.

Aufgrund des Umfangs darf ich diesen Antrag wieder in seinen Grundzügen erläutern: Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Frist von vier Monaten zu schaffen, inner­halb derer der Verfassungsgerichtshof über die Ablehnung von Gesetzesbeschwerden entscheiden soll. Es soll sichergestellt werden, dass dies jedenfalls innerhalb der ge­nannten viermonatigen Frist erfolgen soll.

Weiters werden Ausnahmen für Angelegenheiten des Exekutions- und Insolvenzrechts geschaffen. Auch soll eine Sicherstellung erfolgen, dass es in Angelegenheiten der öf­fentlichen Bücher – das heißt, im Grundbuch und im Firmenbuch – nicht zu einer nach­träglichen Rückgängigmachung oder Abänderung kommen kann – dies auch wegen der Rechtssicherheit –, und weiters kommt es auch zu einer Änderung betreffend die Inanspruchnahme der verfassungsrechtlichen Ausnahmen nach Artikel 139 Abs. 1a und Artikel 140 Abs. 1a B-VG.

Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und BZÖ.)

15.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bevor Herr Abgeordneter Stefan nun das Wort erhält, halte ich fest, dass diese Anträge aufgrund des Umfangs verteilt worden sind.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Dr. Fichtenbauer, Mag. Daniela Musiol, Scheibner, Hagen, Kolleginnen und Kollegen zum Ausschussbericht 2380 der Beilagen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 131

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der dem Ausschussbericht 2380 d.B. beigedruckte Gesetzestext wird wie folgt ge­ändert:

1. Die Z 9 bis 26 erhalten die Ziffernbezeichnung „10.“ bis „27.“; nach Z 8 wird folgende Z 9 eingefügt:

„9. Art. 89 Abs. 2 bis 5 wird durch folgende Abs. 2 bis 4 ersetzt:

„(2) Hat ein ordentliches Gericht gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit, einer Kundmachung über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages) aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit, eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit oder eines Staatsvertrages aus dem Grund der Rechtswidrigkeit Bedenken, so hat es den Antrag auf Aufhebung dieser Rechtsvor­schrift beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

(3) Ist die vom ordentlichen Gericht anzuwendende Rechtsvorschrift bereits außer Kraft getreten, so hat der Antrag des ordentlichen Gerichtes an den Verfassungsgerichtshof die Entscheidung zu begehren, dass die Rechtsvorschrift gesetzwidrig, verfassungs­widrig oder rechtswidrig war.

(4) Durch Bundesgesetz ist zu bestimmen, welche Wirkungen ein Antrag gemäß Abs. 2 oder 3 für das beim ordentlichen Gericht anhängige Verfahren hat.““

2. In Z 11 (Z 12 neu) lautet Art. 139 Abs. 1 Z 4:

„4. auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in ers­ter Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Ver­ordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels;“

3. In Z 16 (Z 17 neu) lautet Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a:

„a) auf Antrag eines Gerichtes;“

4. In Z 16 (Z 17 neu) lautet Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. d:

„d) auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in ers­ter Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels;“

5. In Z 26 (Z 27 neu) lautet Art. 151 Abs. 54 Z 5:

„5. Art. 89 Abs. 2 bis 4, Art. 139 Abs. 1, 1a, 1b, 3 letzter Satz, 4 und 7 und Art. 140 Abs. 1, 1a, 1b, 3 letzter Satz, 4 und 8 mit 1. Jänner 2015.“

Begründung

Zu Z 1 (Art. 89 Abs. 2 bis 4) und Z 3 (Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a):

Es soll auch den ordentlichen Gerichten erster Instanz die Möglichkeit gegeben wer­den, Gesetze wegen Verfassungswidrigkeit beim Verfassungsgerichtshof anzufechten.

Mit dem Entfall der in Art. 89 Abs. 2 vorgenommenen Differenzierung zwischen Ver­ordnungen und Gesetzen in Bezug auf die Anfechtungsbefugnis erübrigt sich die in Art. 89 Abs. 4 enthaltene Sonderregelung für die Kundmachungen über die Wiederver­lautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages) und die Staatsverträge. Der Inhalt des bisherigen Art. 89 Abs. 2 und 4 kann damit, ebenso wie in Art. 89 Abs. 1, in einer ein-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 132

zigen Bestimmung zusammengefasst werden. Der Inhalt des bisherigen Art. 89 Abs. 5 soll inhaltlich unverändert in Abs. 4 übernommen werden.

Zu Z 2 (Art. 139 Abs. 1 Z 4) und Z 4 (Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. d):

Die Gründe, aus denen ein Parteiantrag gestellt werden kann, sollen zusammenge­fasst werden: Einen solchen Antrag kann die Partei eines gerichtlichen Verfahrens aus Anlass eines Rechtsmittels gegen eine in der Sache ergangene Entscheidung des or­dentlichen Gerichts erster Instanz stellen, also nicht in einem zivilgerichtlichen Proviso­rialverfahren oder in einem strafgerichtlichen Ermittlungsverfahren. In solchen Fällen kann die betroffene Partei die von ihr behauptete Gesetz- bzw. Verfassungswidrigkeit einer auch verfahrensrechtlichen Regelung mit einem Parteiantrag im Rechtsmittelver­fahren gegen die Sachentscheidung relevieren.

Der Parteiantrag kann aus Anlass eines – ordentlichen – Rechtsmittels gestellt werden, sei es, dass die betreffende Partei selbst ein Rechtsmittel eingebracht hat, sei es, dass sie das als Gegner im Rechtsmittelverfahren tut, wobei aber nicht auf die Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit einer rechtzeitigen Antragstellung abgestellt wird. Die Formulie­rung „aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels“ bedeutet nicht, dass der Parteienantrag gleichzeitig mit dem Rechtsmittel oder in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit diesem erhoben werden muss; sie bedeutet bloß, dass überhaupt ein Rechtsmittel erhoben worden sein muss. Es wird dadurch klargestellt, dass nicht bloß jene Partei antragsbefugt ist, die das Rechtsmittel erhoben hat, son­dern alle Parteien des Verfahrens, insb. auch jene, die aufgrund einer möglichen ab­weichenden zweitinstanzlichen Entscheidung aufgrund des Rechtsmittels negativ be­troffen sein kann. Die Regelung dieses Parteienantrags ist für den einfachen Gesetz­geber nicht disponibel, er kann nur – im Sinne der Effizienz – Zeitpunkt und Frist für den Antrag bestimmen; und zwar entweder im Rechtsmittelverfahren selbst oder auch binnen angemessener Frist nach dessen Abschluss, wenn eine Antragstellung im Ver­fahren selbst das Rechtsschutzbedürfnis der Partei nicht erfüllen kann.

Die näheren Voraussetzungen und Fristen zur Stellung des Parteiantrages sind durch Bundesgesetz zu regeln, wobei auch festzulegen ist, unter welchen Voraussetzungen das gerichtliche Verfahren unterbrochen wird und in welchen Verfahren ein Parteian­trag nicht stattfindet, weil er den Zweck des gerichtlichen Verfahrens gefährdet oder vereitelt oder auf faktische Unmöglichkeiten stößt (etwa im Insolvenz- oder Exekutions­verfahren).

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Dr. Fichtenbauer, Mag. Daniela Musiol, Scheibner, Hagen, Kollegen und Kolleginnen zu der dem Bericht des Verfassungsaus­schusses 2380 d.B. beigedruckten Entschließung

Die gesamte beigedruckte Entschließung wird wie folgt geändert:

„Entschließung

betreffend Einführung einer Gesetzesbeschwerde

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage für die einfachgesetzli­chen Begleitmaßnahmen zur Gesetzesbeschwerde auszuarbeiten und so rechtzeitig dem Nationalrat zuzuleiten, dass eine Diskussion, Beschlussfassung und ein Inkrafttre-


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ten mit 1. Jänner 2015 möglich ist. Diese einfachgesetzlichen Begleitregelungen sollen insbesondere folgende Punkte beinhalten:

Schaffung einer Frist von vier Monaten, innerhalb derer der Verfassungsgerichtshof über die Ablehnung von „Gesetzesbeschwerden“ entscheidet;

Sicherstellung, dass – um mutwillige Verfahrensverzögerungen zu vermeiden – das gerichtliche Verfahren nicht in jedem Fall bloß durch das Einbringen eines Antrages auf Normprüfung durch eine Verfahrenspartei unterbrochen wird, sondern – jedenfalls in­nerhalb der genannten viermonatigen Frist – grundsätzlich nur aufgrund gerichtlicher Entscheidung im Einzelfall;

Schaffung von Ausnahmen im Sinne der verfassungsrechtlichen Ermächtigung jeden­falls für Angelegenheiten des Exekutions- und Insolvenzrechts;

Sicherstellung, dass es in Angelegenheiten der öffentlichen Bücher (Grundbuch, Fir­menbuch) nicht zur nachträglichen Rückgängigmachung oder Abänderung von Eintra­gungen aufgrund eines verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses kommen kann, um das Vertrauen in die Rechtssicherheit dieser öffentlichen Bücher nicht zu beeinträchtigen;

Inanspruchnahme der verfassungsrechtlichen Ausnahmen nach Art. 139 Abs. 1a und Art. 140 Abs. 1a B-VG nur, sofern – entsprechend der Begründung des Abänderungs­antrages in der Ausschussfassung – die Ausnahme zur Sicherung des Verfahrens­zwecks erforderlich (d.h. unerlässlich) ist und nach entsprechender Befassung der Öf­fentlichkeit und der betroffenen Fachkreise.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Stefan. – Bitte.

 


15.15.25

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich versuche, noch kurz mit einfachen Worten zu erklären, was wir hier beschließen, weil ich den Eindruck habe, es ist so technisch und es ist so viel im Detail besprochen worden, dass viele gar nicht mehr genau verfolgen konnten, was diese Weiterentwicklung ist und warum hier so viele positive Worte gefunden werden.

Es geht darum, dass in einem Gerichtsverfahren möglicherweise ein Gesetz angewen­det wird, das verfassungswidrig ist. Bisher war es so, dass eine Partei in dem Ver­fahren anregen konnte, dass der Verfassungsgerichtshof prüft, ob dieses Gesetz ver­fassungswidrig ist. Man konnte das nur anregen, und anregen heißt immer: Ich habe keinen Anspruch darauf, ich weiß also nicht, ob das angenommen wird oder nicht. – Das Gericht hat dann von sich aus entschieden: Lege ich das dem Verfassungsge­richtshof vor oder nicht.

Das ist der derzeitige Zustand, und das war unbefriedigend, weil dann eben eine Partei unter Umständen ein Urteil bekommen hat, in dem ein Gesetz angewendet wurde, das verfassungswidrig war. Dagegen hat sich unsere Initiative – also die Initiative von Dr. Fichtenbauer und von mir – gewandt, indem wir gesagt haben, das Ganze soll, das Ganze muss zu einem Recht werden, zu einem Recht der Partei. – Und das ist das, was wir jetzt hier umsetzen.

Das heißt, in Zukunft kann die Partei – jetzt ganz verkürzt gesagt – im Gerichtsverfah­ren festhalten: Ich bin der Meinung, das Gesetz, das angewendet wurde, aufgrund des­sen mein Urteil gesprochen wurde, ist verfassungswidrig. Ich bin dieser Meinung und


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ich verlange daher, dass das vom Verfassungsgerichtshof geprüft wird. – Genau das beschließen wir jetzt.

Das ist eine echte Rechtsschutzlücke gewesen, weil eben bis jetzt die Möglichkeit be­standen hat, dass eine Partei nicht zu ihrem Recht gekommen ist, wenn das Gericht das nicht vorgelegt hat. Deswegen auch diese vielen positiven Worte und deswegen auch diese Freude, nicht zuletzt auch in der freiheitlichen Fraktion, dass das umgesetzt werden konnte. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Noch ganz kurz zwei, drei Punkte: Ein wesentlicher Punkt war die Verfahrensverzöge­rung. Es wurde hier vorgeworfen, dass ein Problem wäre, dass dann jeder Verteidiger oder jeder Rechtsanwalt natürlich sofort einen entsprechenden Antrag stellen würde und damit jedes Verfahren verzögern könnte. – Dem haben wir Rechnung getragen.

Es ist jetzt so, dass es einerseits in gewissen Verfahren gar nicht möglich ist – dort, wo es nicht sinnvoll ist –, solch einen Antrag zu stellen, und es ist andererseits so, dass der Verfassungsgerichtshof eindeutig zugesagt hat, innerhalb von vier Monaten eine entsprechende Entscheidung zu treffen, und das entspricht in etwa dem Zeitraum, der zwischen der ersten und der zweiten oder generell zwischen zwei Instanzen liegt, bis also weitere Verfahrensschritte gesetzt werden. Hier gibt es also keine Verzögerung.

Auch der Problematik einer sogenannten Urteilsbeschwerde – das heißt also, dass ein Urteil von einer Justizinstitution, von einem übergeordneten Gericht, dem Verfassungs­gerichtshof geprüft und aufgehoben werden könnte – haben wir Rechnung getragen, auch das ist hier nicht gegeben. – Wir haben also die zwei wesentlichen Punkte ausge­räumt, und daher halte ich das für eine sehr gelungene Reform.

Warum das Ganze zustande gekommen ist, wurde hier spekuliert. Vielleicht, weil die Regierung nicht eingebunden war – ein wesentlicher Punkt –, aber ich glaube, ein be­sonderes Erfolgsrezept war, dass Herr Dr. Fichtenbauer hier Fachkenntnis und Beharr­lichkeit zusammengepackt und das Ganze vorangetrieben hat, das muss man eindeu­tig sagen. Und dann gab es auch, das ist gleichfalls schon erwähnt worden, das an sich sehr konstruktive Klima gerade im Verfassungsausschuss, wofür ich auch dem Ausschussvorsitzenden Dr. Wittmann herzlich danken darf (Beifall bei FPÖ und SPÖ sowie des Abg. Scheibner), der das eigentlich regelmäßig so handhabt.

In diesem Sinne: Dies ist ein sehr erfreulicher Schluss einer Rechtsschutzlücke, und ich freue mich, dass wir das gemeinsam beschließen können. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

15.19

15.19.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Seitens der Berichterstattung wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2380 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Dr. Fichtenbauer, Mag. Mu­siol, Scheibner, Hagen, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Ab­änderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsan­trag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Tei­le des Gesetzentwurfes abstimmen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf sowie der erwähnte Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsantrag eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes zum Inhalt haben, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Ab­stimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 135

Die Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Dr. Fichtenbauer, Mag. Musiol, Scheib­ner, Hagen, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 9 und die da­raus resultierenden Umnummerierungen der Folgeziffern sowie Änderungen in den neu­en Ziffern 12, 17 und 27 bezieht.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesen Teilen des Gesetzentwurfes zu­stimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ausdrücklich stelle ich daher auch die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig angenommen, selbstverständlich von der ver­fassungsmäßig vorgesehenen Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2380 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Einführung einer Gesetzesbeschwerde.

Dazu haben die Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Dr. Fichtenbauer, Mag. Mu­siol, Scheibner, Hagen, Kolleginnen und Kollegen einen gesamtändernden Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher sogleich über den Entschließungsantrag in der Fassung des Abände­rungsantrages der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Dr. Fichtenbauer, Mag. Mu­siol, Scheibner, Hagen, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 310.)

15.22.299. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlord­nung, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz und das Wählerevidenzgesetz 1973 geändert werden (2381 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Darmann. – Bitte.

 


15.22.56

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Werter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mit Blick auf den angenehm sachlichen politischen Diskurs im Verfassungsausschuss letzter Woche zum Inhalt des vorliegenden §-27-An­trages ist vonseiten des freiheitlichen Parlamentsklubs eine differenzierte Betrachtung


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und Bewertung der Inhalte vorzunehmen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Das möchte ich in drei Punkten auch begründen.

Erstens: Aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle ist hier die Notwendigkeit gegeben, den Instanzenzug entsprechend anzupassen und somit das Bundesverwal­tungsgericht für Beschwerden gegen Bescheide der Wahlbehörde auch zuständig zu machen. Keine Frage, von dieser Seite her betrachtet wird es auch hier klarerweise Zustimmung von unserer Seite geben.

Zum Zweiten – und es ist für mich wichtig, das hervorzuheben – wird es durch den vor­liegenden Antrag möglich werden, eine Verbesserung im Wahlprozedere für Menschen mit Beeinträchtigungen, insbesondere mit Sehbeeinträchtigungen zustande zu bringen. Das haben wir im Hinblick auf die Möglichkeit der Vorzugsstimmenwahl erkannt. Ich möchte hier aber meine Verwunderung über die Ablehnung von weitergehenden Vor­schlägen zur Verbesserung der Situation bei Wahlen für Menschen mit Beeinträchti­gungen, die vonseiten des Kollegen Huainigg eingebracht wurden, durch die SPÖ im Ausschuss zum Ausdruck bringen. Er wird in weiterer Folge auch selbst darauf Bezug und dazu Stellung nehmen können.

Geschätzte Damen und Herren, zusammenfassend ist zu sagen, es ist ein wichtiger Schritt für Menschen mit Beeinträchtigungen gesetzt worden, indem die Möglichkeit geschaffen wurde, Reihungsnummern statt ausgeschriebener Namen zu verwenden, wenn es um die Vorzugsstimmenwahl geht.

Geschätzte Damen und Herren! Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, befasst sich mit der Thematik elektronisch geführter Abstimmungsverzeichnisse. Wir haben auch hierüber im Ausschuss entsprechend sachlich diskutiert, aber es sind auf unserer Seite sehr, sehr viele Fragen offen geblieben. Denn wenn auch einige Gemeinden, ins­besondere die Stadt Graz, hier eine rechtliche Absicherung brauchen, um diese elek­tronisch geführten Abstimmungsverzeichnisse weiterhin anwenden zu können, ist es vor allem für uns als Gesetzgeber dennoch notwendig, hier klare Rahmenbedingungen zu setzen und Vorgaben zu machen, wie die Abläufe auch in Anwendung dieser elek­tronischen Abstimmungsverzeichnisse stattfinden sollen.

Wenn wir hierbei darauf schauen, welche Fragen offen geblieben sind, dann sprechen diese für sich. Denn es ist weder geregelt, welcher PC, welcher Laptop von welcher Seite, ob privat oder vom Amt, in den Wahlsprengeln zur Verfügung gestellt wird. Die Kosten der Anschaffung der jeweiligen EDV-Unterstützung für diesen Wahlvorgang in den Wahlsprengeln sind nirgends ausformuliert oder ausdiskutiert worden, geschätzte Damen und Herren.

Wird es zertifizierte Computer geben, die hierfür verwendet werden? Wer wird diese Zertifizierung durchführen, geschätzte Damen und Herren? Wird es zur Anwendung eines entsprechenden Programms ausgebildete Wahlbeisitzer geben? Wie viele wer­den in den einzelnen Sprengeln dieses Programm entsprechend bedienen können, wenn es zur Ablösung der Personen kommt? Wer garantiert, dass nicht im Hintergrund des jeweils in Benutzung befindlichen Computers, Laptops, was auch immer hier von­seiten der Öffentlichkeit vorgesehen sein soll, Programme laufen, die Daten aus dem Abstimmungsverzeichnis, welches ja dann elektronisch geführt wird, mittels internem Modem weiterleiten? – Eine Möglichkeit, die in der heutigen Zeit gegeben ist, die schwer nachvollziehbar sein wird, wenn die Daten einmal draußen sind. Wer auch immer etwas damit anstellen möchte, könnte es in dieser Art und Weise auch tun und diese Daten auch für sich nutzen. Und in diesem Zusammenhang wird es notwendig sein, hier auch in Zukunft klarere Ausformulierungen, klarere Regelungen zu haben, wie diese Nutzung der EDV-Unterstützung ablaufen wird.

Wir haben nämlich nicht einmal darüber geredet, dass vorgesehen ist, die Daten in den jeweiligen Wahlsprengeln auf USB-Sticks zu speichern. Und wenn man darüber


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nachdenkt, dass in Österreich Tausende USB-Sticks per Gesetz, wie hier vorgesehen, nach absolvierter Wahl vernichtet werden müssen, dann muss man sich auch die Fra­ge stellen, wie sinnvoll die Einführung der elektronischen Abstimmungsverzeichnisse ist, wenn man für den Fall des Ausfalls der EDV – das ist der nächste Punkt – ne­benher mit der Hand weiter wie üblich das Abstimmungsverzeichnis zu führen hat, ge­schätzte Damen und Herren.

Das heißt, viele Fragen wurden an und für sich nicht wirklich schlüssig beantwortet, auch deswegen wird dieser Punkt von unserer Seite sehr kritisch betrachtet, was in der Gesamtschau dazu führt, dass wir in der dritten Lesung dem gesamten Inhalt zu­stimmen, aber in der zweiten Lesung eine getrennte Abstimmung vonseiten des frei­heitlichen Parlamentsklubs beantragen werden, um hier auch klarzumachen, wie wich­tig es uns ist, auch in Zukunft insbesondere weitere Verbesserungen für Menschen mit Beeinträchtigungen voranzutreiben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

15.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähau­ser. – Bitte.

 


15.29.26

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ho­hes Haus! Kollege Darmann hat zwei Punkte, die unumstritten sind, dargelegt und
gut interpretiert, nämlich auch betreffend Erleichterung für sehbehinderte Menschen. Gleichzeitig äußert er Bedenken, was die Abwicklung von Wahlvorgängen auf elektro­nischer Basis betrifft. Ich glaube aber trotzdem, dass dies ein guter Weg ist, zu einer Wahlvereinfachung zu kommen.

Unserer Überzeugung nach ist es ganz wichtig, dass die elektronischen Abstimmungs­verzeichnisse einer neuen Rechtsgrundlage unterliegen. Es wird an uns liegen, zu kontrollieren und daraus auch zu lernen, denn alles, was neu ist, erfordert in der Um­setzung eine gute Begleitung und, wenn notwendig, auch entsprechende Novellierun­gen.

Es sollte aber nicht so sein, dass man etwas nicht beginnt, weil es nicht von Anfang an hervorragend und komplett zu sein scheint. Wir sollten einmal versuchen, diese Er­leichterungen in Anspruch zu nehmen, den §-27-Antrag unterstützen, aus dessen Um­setzung in der Zukunft lernen und ihn auch verbessern. Aber ich gehe einmal davon aus, dass die jetzige Grundlage eine gute Voraussetzung ist, die Wahlgänge zu ver­einfachen und es insbesondere auch für sehbehinderte Menschen besser möglich zu machen, Wunschkandidaten besser zu interpretieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.31.03

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatsse­kretär! Hohes Haus! Sie sehen, Barrierefreiheit ist gar nicht so einfach. Um an dieses Rednerpult zu kommen, braucht es für den Rollstuhl auch eine Rampe. Genauso ist es auch beim Wählen. Wählen ist eine wichtige demokratiepolitische Möglichkeit, und die­se sollte auch von behinderten Menschen in Anspruch genommen werden können. In diese Richtung ist auch schon viel geschehen, zum Beispiel haben wir das Brief­wahlrecht beschlossen.

Wir haben heuer auch beschlossen, dass man auf der Bundesliste Vorzugsstimmen abgeben kann. Wir haben mit Behindertenverbänden darüber diskutiert, wie ein blinder Mensch oder ein Mensch mit Lernschwierigkeiten eine Vorzugsstimme abgeben kann,


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was auch wichtig ist und möglich sein muss. Da wurde in Zusammenarbeit mit dem In­nenministerium eine recht gute Lösung gefunden, dass man nämlich nicht den Namen hinschreiben muss, was für blinde Menschen eben nicht möglich ist oder auch Men­schen mit Lernschwierigkeiten Probleme bereitet, sondern dass man die Listennummer eintragen kann und dass das genauso gilt. Die Listennummern sind in den Wahlzellen ausgehängt.

Wir haben aber auch im Ausschuss beschlossen, dass das Innenministerium Infor­mationen barrierefrei im Internet zur Verfügung stellen muss, damit man sich als be­hinderter Mensch auch im Vorfeld informieren kann, welcher Kandidat welche Nummer hat. Das ist ein wichtiger Schritt und ist sehr zu begrüßen.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch auf einen zweiten Punkt eingehen. Im nächsten Tagesordnungspunkt wird nämlich der Tierschutz als Staatszielbestimmung in der Verfassung beschlossen. Das ist gut so. Aber im Verfassungsausschuss haben wir auch darüber diskutiert, dass die Menschenwürde in der Verfassung zu verankern ist. Eigentlich hätten im Unterausschuss sowohl der Tierschutz als auch die Menschen­würde in die Verfassung Eingang finden sollen. Beim Tierschutz haben wir es ge­schafft, bei der Menschenwürde nicht. Für mich ist es unverständlich, dass die Men­schenwürde nicht in der österreichischen Verfassung steht. In Deutschland steht sie im Artikel 1 der Verfassung.

Menschenwürde ist kein philosophischer Begriff, auch die Zeitung „Die Zeit“ hat jetzt diesem Thema einen großen Schwerpunkt gewidmet, sondern sie ist eine Grundlage für die Menschenrechte und die Grundlage für alle Schutz- und Freiheitsrechte.

Deshalb begehre ich, dass wir die Menschenwürde im Artikel 7 der Bundesverfassung verankern, und hoffe, dass wir hier noch vor dem Sommer eine Einigung im Verfas­sungsausschuss finden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Mu­siol. – Bitte.

 


15.37.05

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Das, was wir jetzt heute zu beraten haben und beschließen werden, ist nur ein Teil des ursprünglichen sogenannten Demokratiepakets, das Sie vorgelegt haben, natürlich wieder mit Abänderungen, die noch einmal extra hineingekommen sind. Das haben wir im Verfassungsausschuss herausgelöst, damit sich der Fristenlauf für die nächste Wahl noch ausgeht. Das betrifft im Speziellen die Menschen mit Sehbehinderung und die Möglichkeit, eben nicht den Namen hinzuschreiben, sondern eine Reihungsnum­mer zu vergeben. Das ist sicher ein wichtiger Schritt im Sinne der Möglichkeit, bar­rierefrei am demokratischen Prozess teilzunehmen.

Meine Kollegin Jarmer hat auch darüber hinausgehende Vorschläge eingebracht, die leider noch nicht berücksichtigt worden sind. Und insgesamt ist noch einmal festzu­halten, dass das Vorzugsstimmensystem, wie es hier vor einigen Monaten ohne die Stimmen der Grünen beschlossen wurde, noch nicht das Gelbe vom Ei oder die Ideal­variante ist, vor allem für die Frage, wie hier die Geschlechterverteilung im Haus aus­sieht.

Wir Grüne hätten uns bei diesem Vorzugsstimmensystem gewünscht, dass auch auf die Gendergerechtigkeit Rücksicht genommen wird, sprich, dass man mehrere Vor­zugsstimmen vergeben und diese dann gendergerecht aufteilen kann. Aber das ist eben in dieser Legislaturperiode nicht gelungen. Wir werden aber nicht müde werden, das weiter zu betreiben, weil eben aus verschiedenen Staaten, aus verschiedenen Stu-


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dien, die sich damit befassen, wie sich Ein-Personen-Wahlkreise, aber auch Vorzugs­stimmensysteme auf das Verhältnis von Männern und Frauen und deren Sitze im Par­lament auswirken, eindeutig hervorgeht, dass alle Systeme, wo der Persönlichkeits­anteil stärker in den Vordergrund gerückt wird, die Gefahr in sich bergen, dass dann der Anteil der Frauen im Parlament sinkt.

Darüber hinaus sind noch einige andere Punkte enthalten, unter anderem eben die Klarstellung, dass bei Gefangenen und deren Wahlrecht sozusagen der letzte Wohn­sitz gilt, auch Verbesserungen im EBI-Gesetz, also vieles, was wir hier unterstützen können.

Bezüglich des elektronischen Abstimmungsverzeichnisses – Herr Kollege Darmann, ich verstehe, dass Sie besonders sensibel darauf schauen, das tun wir Grüne immer dann, wenn es um elektronische Verarbeitung vor allem im Zusammenhang mit Demo­kratie geht, auch – habe ich eigentlich die Ausführungen des Herrn Mag. Stein aus dem Innenministerium schon sehr nachvollziehbar gefunden. Es ist ja auch in den Un­terlagen klargelegt, dass es eben nicht um Geräte geht, die sozusagen über irgend­einen Server oder andere technische Möglichkeiten vernetzt sind, was natürlich uner­laubte Zugriffe und Hackerei ermöglichen würde, wodurch natürlich eine Gefahrenquel­le gegeben wäre, sondern dass es um in sich geschlossene Geräte geht. Es sind auch Löschungsvorschriften gegeben. Man muss sie sich fast so vorstellen wie eine elek­tronische Schreibmaschine.

Dass es auch immer möglich sein kann, dass technische Systeme abstürzen, woraus sich ebenfalls eine Problematik ergeben könnte, haben wir im Ausschuss ausreichend besprochen, aber ich denke, im Sinne eines modernen Zeitalters ist es durchaus nach­vollziehbar, auch den Gemeinden zu ermöglichen, sich moderner Instrumente zu be­dienen. Sie müssen das ja nicht tun, aber sie können das tun.

Anders sehe ich das aber – und das haben auch mein Engagement gegen das E-Vo­ting bei den ÖH-Wahlen und die Verfassungsgerichtshofklage gezeigt – im Zusammen­hang mit Wahlprozessen und technischen Möglichkeiten, weil dann wirklich noch ein­mal speziell darauf geschaut werden muss und auch ganz klar ist, dass sozusagen die Systeme, die vorherrschen, noch nicht ausreichend sind.

Ich möchte die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt zum Anlass nehmen, auch die anderen Teile, die wir rund um das Demokratiepaket sozusagen noch auf der Tages­ordnung haben, nicht auf der heutigen, aber auf der Tagesordnung dieser Gesetzge­bungsperiode, in Erinnerung zu rufen.

Ganz konkret denke ich an die Reform der direkten Demokratie. Die Opposition hat ge­meinsam einen Vorschlag gemacht, wie eine Reform der direkten Demokratie ausse­hen könnte, nämlich: nach ausreichend unterstützten Volksbegehren eine Volksbefra­gung, auszunehmen sind Menschenrechte, Grundrechte, EU-Recht, zwingendes Völ­kerrecht. Wir stellen uns ein bestimmtes Prozedere im Parlament vor, weil wir ja nicht wollen, dass direkte Demokratie neben dem Parlament, sondern im Dialog mit dem Parlament erfolgt.

Dieser Vorstoß unsererseits vor einigen Wochen, ganz konkret am 8. Mai, hat er­freulicherweise dazu geführt, dass Bewegung in die Sache gekommen ist. Die ÖVP hat uns eine Punktation übermittelt, in der ihre Vorschläge enthalten sind. Auch Klubob­mann Cap hat sich schon öffentlich dahin gehend geäußert, dass sich die SPÖ Ver­handlungen darüber und eine Umsetzung vorstellen kann. Also ich bin guter Dinge. Am 28. Juni haben wir eine Ausschusssitzung.

Wenn wir alle – wie sich das heute auch bei anderen Tagesordnungspunkten betref­fend Verfassungsänderungen, die wir gemeinsam beschlossen haben, gezeigt hat – in ernsthafte Gespräche gehen – unüberwindlich sind ja die Sichtweisen und die Pers-


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pektiven nicht –, wenn wir in ernsthafte Gespräche gehen und auch wirklich den Willen haben, das umzusetzen, und nicht nur sozusagen Fake-Verhandlungen machen oder Fake-Angebote vorhanden sind, um die Diskussion öffentlich anders darzustellen, dann bin ich guter Dinge, dass wir einen ersten Schritt betreffend Reform der direkten Demokratie in dieser Legislaturperiode noch umsetzen können, wiewohl unsere Ideal­variante natürlich die Volksabstimmung nach dem Volksbegehren ist. Aber das kann ja dann der nächste Schritt sein. (Beifall bei den Grünen.)

15.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheib­ner. – Bitte.

 


15.43.40

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Mei­ne Damen und Herren! Ich möchte gleich an das von Frau Kollegin Musiol zuletzt Ge­sagte anschließen. Die jetzige Vorlage ist nur ein Teil eines ursprünglich sehr ambi­tioniert angedachten Demokratiereformpaketes. Wir sind wochen- und monatelang in verschiedenen Arbeitsgruppen gesessen – die Frage ist, was dann letztlich noch he­rauskommt.

Also dieser Vorlage werden wir jetzt zustimmen. Im Ausschuss haben wir noch ab­gelehnt, weil kurz vor der Ausschusssitzung noch ein Abänderungsantrag eingebracht worden ist, den wir nicht sofort prüfen konnten. Aber das geht in Ordnung, wir werden jetzt diesen Maßnahmen unsere Zustimmung geben.

Wir hoffen – und einiges aus den Gesprächen zeigt, dass diese Hoffnung vielleicht nicht unbegründet ist –, dass wir auch in der Frage der Behandlung von Volksbegeh­ren, wie meine Vorrednerin schon gesagt hat, noch etwas erreichen – wenn man es will. Kollege Cap hat ja seine ursprünglich abwartende Stellung aufgegeben. Ich hoffe, das ist auch ernst gemeint gewesen. Wenn der Wille gegeben ist und Gesprächs­termine vereinbart werden, dann hoffe ich, dass wir uns auch irgendwo auf einer trag­baren Ebene finden werden, denn ich glaube, es wäre ein wichtiges Signal, dass man nicht nur punktuell beim Wahlrecht etwas tut, sondern dass man auch wirklich die Ins­trumente der direkten Demokratie – und ich betone – als Ergänzung der repräsen­tativen Demokratie und nicht anstatt der repräsentativen Demokratie schärft und auch ein Signal setzt, dass neben der Verantwortung, die wir als Gesetzgeber und als poli­tische Repräsentanten haben, auch die Bevölkerung in klar definierten Bereichen ein Mitwirkungs- und ein Mitspracherecht haben soll. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

15.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig ist als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.45.37

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatsse­kretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal auf die erleich­terte Stimmenabgabe für sehbehinderte Menschen im Rahmen des Vorzugsstimmen­modells zu sprechen kommen. Natürlich haben wir das auch begrüßt. Wir begrüßen jede Erleichterung, die dazu führt, dass eine barrierefreie Möglichkeit für behinderte Menschen besteht, um von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Ich kann nicht ganz verstehen, warum Kollege Darmann gemeint hat, die SPÖ wäre dagegen gewesen.

Wir haben nur auch die Wünsche und die Forderungen der Behindertenorganisationen, die es auch gegeben hat, nämlich dass es im Vorfeld der Wahlen die Möglichkeit gibt, sich auch wirklich lückenlos und sehr einfach zu informieren, sehr ernst genommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 141

Deswegen haben wir einmal in einer Verfassungsausschusssitzung, soweit mir be­kannt ist, diesen Antrag vertagt, weil wir noch in Verhandlungen waren, wie wir diese Information vor den Wahlen bestmöglich gewährleisten können.

Die Ausschussfeststellung, die jetzt im Ausschuss mitbeschlossen wurde, garantiert, dass das Bundesministerium für Inneres verpflichtend die Listen leicht lesbar auf seiner Website veröffentlichen muss. Das war eigentlich eine der großen Forderungen von der „Lebenshilfe“, auch von „Jugend am Werk“ und auch vom BSVÖ. Ich denke, mit dieser Ausschussfeststellung ist das äußerst gut gelungen. Somit können sich behin­derte Menschen auch schon im Vorfeld der Wahlen gut informieren und sich tatsäch­lich eine gute Grundlage für ihre Stimmabgabe, für ihr Wahlverhalten zurechtlegen.

Ich möchte auch noch betonen, dass Österreich im europäischen Vergleich ein sehr gutes, breit aufgestelltes Wahlrecht für Menschen mit Behinderung hat. Im Vorjahr hat uns bei einer Studienpräsentation die EU-Grundrechtskommission beschieden, dass wir ein sehr inklusives Wahlrecht für Menschen mit Behinderung haben. Ich denke, auch das sollte heute einmal gesagt werden, weil immer nur von den Schwachstellen gesprochen wird. Wir können durchaus stolz darauf sein, dass es uns wichtig ist, dass in Österreich Menschen mit Behinderung von ihrem Wahlrecht, das wirklich ein Men­schenrecht ist, bestmöglich Gebrauch machen können.

Ich freue mich über die Möglichkeit des Eintrags von Reihungsnummern bei der Wahl für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen. Ich denke, so sind wir wieder einen Schritt weiter dahin gegangen, dass sich auch Menschen mit Behinderung in unsere demokra­tischen Wahlprozesse bestmöglich einbringen können. (Beifall bei der SPÖ.)

15.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Let­tenbichler. – Bitte.

 


15.48.02

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schüler der BRG-Schulklasse 7 A aus Wörgl, meiner ehemaligen Schule, herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.) Sie waren schon gestern hier, und auch heute wieder, auch bei diesem schönen Wetter – schön, dass ihr hier seid und euch einen Einblick verschafft! Ein wesentlicher Punkt, den wir heute besprechen, betrifft ja in weiterer Folge auch euch, denn ihr dürft bei der nächsten Nationalratswahl im September das erste Mal wählen.

Es ist schon erwähnt worden, es ist das nicht das gesamte Paket, das von der ÖVP, das auch von der Regierung vorgelegt wurde, das für uns doch sehr wesentlich ist. Es sind heute einige wichtige Punkte herausgelöst worden, und umso zuversichtlicher sind wir, dass wir Ende Juni in der Verfassungsausschusssitzung einen Beschluss fassen können – wenn man mit realistischen und nicht überzogenen Forderungen in die Ver­handlungen geht.

Einer dieser wichtigen Punkte – er wurde auch schon erwähnt – ist, dass Wählen bar­rierefrei werden muss. Dank der Initiative unseres Behindertensprechers wird die ent­sprechende Änderung heute beschlossen, die gerade für Menschen mit besonderen Bedürfnissen eine Erleichterung darstellt. Ich darf Franz-Joseph Huainigg, der hier ini­tiativ unterwegs gewesen ist, nochmals sehr herzlich danken. Danke, Franz-Joseph! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Darüber hinaus – das wurde noch nicht erwähnt – wäre es aber schon wünschenswert, dass die Namen der Kandidatinnen und der Kandidaten schon vor der Wahl auf der Homepage des Innenministeriums barrierefrei dargestellt werden. Wir sind zuversicht-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 142

lich – der Leiter der Wahlbehörde hat jedenfalls sein Bemühen dahin gehend versi­chert.

Ein weiterer wichtiger Punkt dieser Novelle ist mit der Änderung der Verwaltungsge­richtsbarkeit verbunden. Bei Unklarheiten betreffend die Wählerevidenz oder das Wäh­lerverzeichnis braucht es eine rasche Entscheidung, und diese soll nun entgegen dem ursprünglichen Gedanken nicht vom Verfassungsgerichtshof, sondern vom Bundesver­waltungsgericht herbeigeführt werden.

Es wird nun auch – auch das wurde schon erwähnt – das elektronische Abstimmungs­verzeichnis rechtlich legitimiert. Ich darf an dieser Stelle all jenen, die Sorge haben, dass allfällig Datenmissbrauch begangen wird, sagen, dass dieses Verzeichnis auf ei­nen eigenen Datenträger gespeichert und sofort nach der Wahl gelöscht wird. Der Da­tenschutz ist natürlich gewährleistet.

Ich darf nun auch noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht und Antrag des Verfassungsaus­schusses in 2381 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz (B-VG), die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidenten­wahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz und das Wählerevidenzgesetz 1973 geändert werden, einbrin­gen.

Ich erläutere in Eckpunkten, dass es sich im Wesentlichen um rein redaktionelle Ände­rungen handelt, wie zum Beispiel um die Richtigstellung von Ziffern und Absatzbe­zeichnungen und um terminologische Richtigstellungen. Ich habe gesehen, der Antrag ist schon vervielfältigt und auch zur Verteilung gebracht worden.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und ersuche um Zustimmung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt, wurde auch bereits zur Ver­teilung gebracht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses in 2381 d.B. betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B VG), die Nationalrats-Wahlord­nung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Eu­ropa-Wählerevidenzgesetz, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungs­gesetz 1989, das Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz und das Wählerevidenzge­setz 1973 geändert werden

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen

Der dem Ausschussbericht angeschlossene Gesetzestext wird wie folgt geändert:

1. In Art. 2 Z 10 wird in der Überschrift das Wort „Einsprüche“ gestrichen.

2. In Art. 2 wird folgende Z 26a eingefügt:

„26a. In § 129 erhält der zweite Absatz der Absätze, die die Absatzbezeichnung „(4)“ tragen, die Absatzbezeichnung „(5)“.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 143

3. In Art. 4 Z 13 entfällt in § 20 Abs. 2 das Wort „die Berufung“ und am Ende des Abs. das Ausführungszeichen.

4. In Art. 4 Z 19 entfällt in § 49 Abs. 1 erster Satz am Beginn der Klammeraus-
druck „(1)“.

5. In Art. 4 Z 20 wird in § 54 Abs. 6 am Beginn der Klammerausdruck „(5)“ durch den Klammerausdruck „(6)“ ersetzt.

6. Art. 4 Z 25 (§ 91 Abs. 10) lautet:

„(10) Die Bezeichnung „Berichtigungsanträge“, die Wortfolge „Entscheidung über Be­richtigungsanträge“, die Bezeichnung „Beschwerden“, die Wortfolge „Berichtigungsan­träge und Beschwerden“ und die Bezeichnung „Abgabenfreiheit“ im Inhaltsverzeichnis, § 5 Abs. 3, § 9a Abs. 4 Z 5, § 13 Abs. 2 bis 5, § 14 Abs. 1, das Wort „Berichtigungsan­träge“ in der Überschrift zu § 16, § 16, § 17, die Wortfolge „Entscheidung über Berich­tigungsanträge“ in der Überschrift zu § 18, § 18, das Wort „Beschwerden“ in der Über­schrift zu § 20, § 20, die Wortfolge „Behandlung der nach dem Europa-Wählerevidenz­gesetz erhobenen Berichtigungsanträge und Beschwerden“ in der Überschrift zu § 21, § 21, § 22 Abs. 1, § 23 Abs. 2, § 27 Abs. 2 und 3, § 49 Abs. 1 erster Satz, § 54 Abs. 6, § 55 Abs. 1 erster Satz, § 61 Abs. 2, § 63 Abs. 2, das Wort „Abgabenfreiheit“ in der Überschrift zu § 86, die Anlage 2 und die Anlage 5 in der Fassung BGBl. I Nr. XXX/201X treten mit 1. Jänner 2014 in Kraft.“

7. In Art. 4 Z 28 lautet Anlage 5:

Anlage 5


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 144

Stimmzettel_neu_EuWO_Letztfassung 

8. In Art. 5 Z 10 lautet die Überschrift zu § 7:

„Berichtigungsanträge“

9. In Art. 5 Z 13 (§ 10 Abs. 2) wird das Wort „Berufung“ durch das Wort „Beschwerde“ ersetzt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 145

10. In Art. 6 Z 1 lautet der Titel:

„Volksabstimmungsgesetz 1972 – VAbstG“

11. Die Novellierungsanordnung des Art. 6 Z 3 lautet: „§ 6 Abs. 3 lit. c lautet:“

12. Art. 6 Z 4 (§ 21 Abs. 7) lautet:

„(7) § 6 Abs. 2 und § 6 Abs. 3 lit. c in der Fassung BGBl. I Nr. XXX/201X treten mit 1. Jänner 2014 in Kraft.“

13. Die Novellierungsanordnung des Art. 7 Z 3 lautet: „§ 6 Abs. 3 lit. c lautet:“

14. Art. 7 Z 4 (§ 21 Abs. 8) lautet:

„(8) § 6 Abs. 2 und § 6 Abs. 3 lit. c und die Anlage 3 in der Fassung BGBl. I Nr. XXX/201X treten mit 1. Jänner 2014 in Kraft.“

15. Die Novellierungsanordnung des Art. 9 Z 1 lautet: „§ 2a Abs. 3 lautet:“

16. Art. 9 Z 3 (§ 3 Abs. 2 und 3) lautet:

„(2) Die für die Einsichtnahme bestimmten Tagesstunden und die Bezeichnung der Amtsstelle, bei der Berichtigungsanträge gegen die Wählerevidenz eingebracht werden können, sowie die Bestimmungen des Abs. 1 und des § 4 hat der Bürgermeister an der Amtstafel zu verlautbaren.

(3) Unbeschadet der Bestimmungen der §§ 2 Abs. 2, 2a Abs. 4 und 9 Abs. 1 dürfen Änderungen in der Wählerevidenz nur auf Grund eines Berichtigungs- und Beschwer­deverfahrens (§§ 4 bis 8) vorgenommen werden. Ausgenommen hiervon ist die Behe­bung von Formgebrechen, wie zum Beispiel Schreibfehlern und dergleichen.“

17. In Art. 9 Z 10 (§ 13a Abs. 9) wird die Wortfolge „ § 2 Abs. 3“ durch die Wortfolge
„ § 2a Abs. 3“ ersetzt.

Begründung

Es werden rein redaktionelle Änderungen vorgenommen.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jar­mer. – Bitte.

 


15.51.58

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Barrierefreie Wahlen – nun, ich bin sehr froh, dass ich in Österreich wählen gehen darf. Ich habe vor Kurzem erfahren, dass zum Beispiel in Südamerika, in Paraguay, gehörlose Personen nicht wählen dür­fen. Wenn sie wählen wollen, dann müssen sie sich verstecken, und wenn ihnen das gelingt, können sie eine Wahlkarte einwerfen, dann haben sie Glück. Wenn nicht, dann haben sie Pech. Also ich bin glücklich, in Österreich zu sein.

Eine positive Sache im Zusammenhang mit den Wahlen für behinderte Menschen, für blinde Menschen ist erledigt, aber es ist auf jeden Fall noch viel zu tun. Viele Dinge fehlen noch, viele Dinge müssen wir bis zur nächsten Sitzung noch verhandeln. Das ist klar.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 146

Die UNO-Konvention, Artikel 29, besagt, dass sich Österreich verpflichtet hat, Wahlein­richtungen zur Verfügung zu stellen, Zugang zu Informationen zur Verfügung zu stel­len. Wahlinformationen sind noch nicht barrierefrei. Alle Informationen, die wichtig sind für die Wähler bezüglich der Parteien, bezüglich der Ministerien, bezüglich der Home­pages und so weiter, allgemeine Rechte, das sind die Informationen, die barrierefrei sein sollen. Leichtleseversion, Gebärdensprache-Übersetzungen, Verlinkungen, Brailleschrift, diese breite Palette soll vorhanden sein. Das heißt, wichtig ist, dass die Barrierefreiheit für behinderte Menschen keine Kann-Bestimmung ist, sondern eine verpflichtende Bestimmung im Sinne von Menschenrecht.

Der zweite Bereich umfasst den barrierefreien Zugang zu den Wahllokalen. Vielleicht wissen Sie, dass nicht jedes Lokal barrierefrei ist, nur manche sind es, aber jedes Lo­kal sollte barrierefrei sein. Das ist das eine. Hilfsmittel als Unterstützung für den Wahl­vorgang sollten auch vorhanden sein. Auch muss die Möglichkeit vorhanden sein, dass eine Begleitperson helfen kann, die Listen auszusuchen.

Es ist wichtig, dass wir uns gemeinsam hinsetzen und Barrierefreiheit in Bezug auf die Informationen und auf die Wahlen selbst ermöglichen. Die Wahlen werden bald statt­finden. Das ist sicherlich für alle interessant, und alle behinderten Menschen sollen auch die Möglichkeit haben, frei zu wählen. Wenn diese Personen diese Informationen nicht bekommen, werden sie so wählen, wie die Familie wählt.

Ich hoffe, wenn wir diese Barrierefreiheit erreichen, werden auch behinderte Menschen frei wählen dürfen. Das soll unser Ziel sein. Ich hoffe, ich bekomme von Ihnen die not­wendige Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dona­bauer. – Bitte.

 


15.55.21

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir freuen uns, dass auch Herr Staatssekretär Ostermayer bei uns ist. Es geht um eine Materie, die allgemeine Zustimmung findet, obwohl die Verhandlungen bis dahin schwierig waren.

Worum geht es konkret? – Um die Wählererfassung. Es bleibt wie bisher beim Wähler­verzeichnis. Was wir wollten, ist die zentrale Wählerevidenz. Dazu hat uns allerdings die Opposition die Zustimmung versagt, aber: Kommt Zeit, kommt Rat!

Worum geht es konkret? – Es geht darum, dass vor allem bei Volksbegehren durch die zentrale Wählerevidenz die Ortsgebundenheit wegfällt, weil sich der Beteiligte eben aufgrund dieser Erfassung an jedem Ort eintragen kann.

Zum Zweiten geht es um eine Begriffsänderung im Revisionsverfahren. Es gibt in Zu­kunft nicht mehr das Einspruchs- und Berufungsverfahren, sondern es gibt ein Berichti­gungs- und ein Beschwerdeverfahren. Wo liegt der besondere Schwerpunkt? – Beim Berichtigungsverfahren geht der Antrag an die Gemeindewahlbehörde, die zu entschei­den hat. Ist der Betroffene mit dieser Entscheidung nicht einverstanden, dann kann er ein Beschwerdeverfahren einleiten. Das geht zum Bundesverwaltungsgerichtshof, und dort muss innerhalb von vier Tagen entschieden werden. Das ist aufgrund der Ände­rung des Verwaltungsgerichtsbarkeitsgesetzes notwendig geworden. In weiterer Folge haben die Gemeinden so wie bisher die Wählerevidenz in herkömmlicher Art zu führen.

Es geht konkret um einige Dinge, die für uns schon von großer Bedeutung sind. Es geht um die Novellierung der Vorzugsstimmen. Das ist ein Thema, das gerade in Vor­wahlzeiten viel Aktualität hat. Wir haben ganz klar festgestellt, dass es innerhalb der Ebenen eine Wertung geben muss. Im Regionalwahlkreis sind es 14 Prozent der Par-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 147

teistimmen, auf Ebene des Landeswahlkreises 10 Prozent. Es bleibt als Alternative noch immer das Erzielen der Landeswahlzahl, was sich jede Partei wünscht, aber nicht jede erreichen wird. Außerdem geht es um die Umreihung auf der Bundesliste dann, wenn 7 Prozent der Stimmen durch einen Vermerk eben einer Kandidatin oder einem Kandidaten den Vorzug geben. Dazu kommt, dass es auch eine bessere Dokumen­tation eben der Bewerberliste geben wird.

Es geht in weiterer Folge um die Reihungsvermerke. In diesem Zusammenhang möch­te ich schon die Arbeit unseres Freundes Dr. Franz-Joseph Huainigg sehr lobend her­vorheben. (Beifall bei der ÖVP.)

Dr. Huainigg war es, der verlangt hat, dass in Zukunft nicht ausschließlich der Name zu schreiben ist, sondern dass man auch mit der Zahl seinen Willen bekunden kann. Ich weiß aus der Vergangenheit, dass das deshalb wichtig ist, weil Bürger sehr oft Hem­mungen haben, vor allem längere Namen zu schreiben. Das ist eine sehr gute Idee gewesen, die auch ihre Zustimmung gefunden hat. Das wundert mich aber bei dieser Regierung überhaupt nicht, das ist eben so: Man macht das, was einen Fortschritt dar­stellt.

Über das elektronische Abstimmungsverzeichnis können wir, meine Damen und Her­ren, lange diskutieren. Es ist die Möglichkeit geboten, aber wenn diese Technik ver­sagt, muss es auch Alternativprogramme geben. Es kann ja deshalb die Wahl nicht ab­gebrochen werden. Dafür ist entsprechend Vorsorge getroffen worden, ebenso dafür, dass das geänderte Layout auf der Rückseite der Wahlkarte eine internationale Norm hat. Auch das ist ganz, ganz entscheidend.

Es geht um den administrativen Instanzenzug. In diesem Zusammenhang haben die Landtage noch viel Arbeit, weil sie auch die Landeswahlrechte aufgrund der Änderung der Verwaltungsgerichtsbarkeit nachjustieren, nachbessern müssen. Das heißt, es ist noch einiges an Aufgaben da.

Ich möchte nur in Kurzform noch einmal Bezug nehmen – was heute auch schon ange­sprochen worden ist – auf die Ausschussfeststellung. Es geht nicht nur darum, dass auch die Wahlvorschläge über das Bundesministerium für Inneres entsprechend veröf­fentlicht werden, sondern auch darum, wie die Begleitperson bewertet werden soll.

Der Wahlberechtigte muss sagen, dass das seine Begleitperson ist. Im Zweifelsfalle hat die Wahlkommission darüber Beratung zu führen. Eines ist klar: dass Sachwalter nicht automatisch Wahlbegleiter und Wahlmitentscheider sein können, sondern nur dann, wenn es eben der Wahlberechtigte ausdrücklich verlangt und auch sein Begeh­ren der Wahlkommission gegenüber äußert.

Abschließend habe ich nur mehr einen Wunsch, dass am 28. Juni, in der nächsten Verfassungsausschusssitzung, die kleine Demokratiereform, von der heute schon einige gesprochen haben, Ihre Annahme und Zustimmung findet, wo es um die Be­handlung der Volksbegehren, um die Einführung der Online-Unterstützung und auch um eine zentrale Wählerevidenz geht. Ich glaube, das ist noch wichtig, damit wir in die­ser Gesetzgebungsperiode auch dieses wesentliche Thema noch abrunden können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Marko­witz. – Bitte.

 


16.00.57

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Staatsse­kretär! Hohes Haus! Also wirklich, Karl Donabauer hat alles wunderbar erklärt – ich bin


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 148

ganz begeistert –, bis ins Kleinste. Deswegen werden wir auch zustimmen – dem Ab­änderungsantrag auch.

Was noch zu sagen ist, Frau Kollegin Musiol: Ich finde es super, dass man jetzt auf der Bundesliste Vorzugsstimmen vergeben kann. Sie müssen mir nur erklären, warum Sie glauben, dass es ein Nachteil für Frauen ist, wenn man dort eine Vorzugsstimme ver­gibt. (Zwischenruf der Abg. Mag. Musiol.) – Aber ich gehe davon aus, dass Ihre Frau­en, gerade von den Grünen, in ganz Österreich top bekannt sind. Also seien wir froh, dass wir jetzt auch Vorzugsstimmen auf der Bundesliste vergeben können. Ich glaube, das ist ein richtiger Schritt.

Prinzipiell geht das Ganze überhaupt in die richtige Richtung. Es gibt ein paar Ab­änderungen, die toll sind. Franz-Joseph Huainigg, ein Spittaler, ich gratuliere dir, was du durchgesetzt hast, auch super, dass man jetzt auch eine Zahl angeben kann. Ich finde es ganz gut, dass man den Namen nicht mehr ausschreiben muss. Also prin­zipiell geht das absolut in die richtige Richtung. Und wir werden dem zustimmen. – Vie­len Dank. (Beifall der Abg. Schenk.)

16.02

16.02.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2381 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Mag. Dar­mann vor.

Ich lasse zunächst über die von dem erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag sowie dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 26a in Artikel 2.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig an­genommen.

Die Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 2 Ziffer 10 bezieht.

Ich ersuche jene Mitglieder, die auch hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 2 Ziffern 18 und 19 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Artikel 4 Ziffern 19 und 20 in der Fas­sung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Kolle­ginnen und Kollegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 149

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ab­änderungsantrages der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Artikel 4 Ziffern 13, 25 und 28 sowie Artikel 5 bis 7 und 9.

Bei Zustimmung zu diesen Abänderungen ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstim­mig angenommen.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

16.05.3710. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2294/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsge­setz 2013, das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, das Verwaltungsgerichts­barkeits­Übergangsgesetz, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfas­sungsgerichtshofgesetz 1953, das Amtshaftungsgesetz und das Bundesministe­riengesetz 1986 geändert werden (2382 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim zu Wort. – Bitte.

 


16.06.19

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die „aufregende“ Materie, über die ich hier berichten darf, ist die umfangreiche Korrektur von – man kann sagen – Fehlern, die im Rahmen einer Gesetzwerdung passiert sind. Es ist einem jungen und engagierten Team im Verfas­sungsdienst des Bundeskanzleramtes, aber auch hier im Haus, in den Klubs, auch in der Parlamentsdirektion, zu danken, dass wir diese Fehler rechtzeitig gefunden haben. Und das möchte ich hier auch ausdrücklich tun.

Vielleicht eine Originalität: Die Landeshauptleutekonferenz hat überlegt, wie man am besten mit diesen Verwaltungsgerichtshöfen umgeht, und man hat folgenden sinnvol­len Vorschlag unterbreitet – an einem Beispiel erläutert –: Wenn ein Wiener in Vorarl­berg eine Skischule betreiben oder einen Lift errichten möchte und es gibt deshalb ein Problem, dann hätte das nicht in Vorarlberg – bei dir, Kollege Kopf – abgehandelt wer­den sollen, sondern in Wien. Jetzt kann sich jeder von uns vorstellen, das ist alles an-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 150

dere als sehr sinnvoll. Und daher ist es diesem jungen Team gelungen, einen Vor­schlag dahin gehend auszuarbeiten, dass zukünftig an das Territorium des Vorfalls an­geknüpft wird. Das heißt, wir haben diesen Vorfall dann, wiewohl ein Wiener als An­tragsteller eingebunden ist, in Vorarlberg bei Karlheinz Kopf abzuhandeln.

Das ist eigentlich die Kernmaterie, die wir heute hier mit diesem Vorschlag sanieren. Die anderen Punkte, so meine ich, erspare ich mir und vor allem auch Ihnen vorzule­sen und vorzutragen.

Ich glaube, das ist – ich würde sagen – der glatte Abschliff und das Ende, das Finish eigentlich, eines umfassenden Gesetzeswerkes. Wir sind darauf stolz, dass wir das Ganze in diesem Glanz präsentieren dürfen. – Ich danke herzlich. (Beifall bei der SPÖ.)

16.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


16.08.29

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Kollege Jarolim hat den Inhalt dieser Novelle entsprechend dargelegt. Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich möchte aber doch grundsätzlich noch ein paar Gedanken aus der Sicht des Bürgers, was die Verwaltungsgerichtsbarkeit anbe­langt, bringen. Wir beschäftigen uns fast jeden Plenartag mit diesem Thema. Wir schaffen mit dieser Verwaltungsgerichtsbarkeit dezentrale Kompetenzzentren für den Rechtsschutz.

Ich will noch die Frage beleuchten: Was bringt diese Verwaltungsgerichtsbarkeit den Bürgerinnen und Bürgern? – Zum einen eine Verkürzung des Instanzenzuges deshalb, weil es zu einer Zusammenführung von bestehenden Behörden und damit in vielen Fällen zu einer Verkürzung des Instanzenzuges kommt.

Eine klare und effizient ausgestaltete Behördenstruktur bedeutet auch, dass das Ver­fahren insgesamt kostengünstiger wird und die Entscheidungsdauer kürzer, damit eine Verkürzung des Gesamtverfahrens.

Ich denke auch, dass es eine Steigerung der Qualität der Entscheidungen bringt, des­halb, weil es durch die Verwaltungsgerichte zu einer Konzentration aller Berufungsver­fahren kommt, und es entstehen aus meiner Sicht Kompetenzzentren.

Es ist aber auch eine verstärkte Bürger- und Bürgerinnennähe festzustellen, weil es einfach mit diesen Rechtsmittelbehörden, mit der Zuständigkeit dieser Rechtsmittelbe­hörden insgesamt zu einer Vereinfachung kommt.

Meiner Meinung nach ist es auch wichtig, dass es für Rechtsschutzsuchende künftig bei den Verwaltungsgerichten eine einheitliche und klar strukturierte Ansprechstelle gibt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Meiner Ansicht nach ist die Umsetzung der Verwal­tungsgerichtsbarkeit ein sehr großer Reformansatz, und ich freue mich, wenn am 1. Jänner 2014 diese Verwaltungsgerichtsbarkeit in Kraft treten wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Musiol gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.10.50

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Präsidentin! Ich möchte diesen Ta­gesordnungspunkt zum Anlass nehmen, noch einmal daran zu erinnern, was wir im


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 151

Rahmen des Beschlusses rund um die Verwaltungsgerichtsbarkeit an Entschließungs­anträgen ausgemacht haben, und möchte, Herr Staatssekretär, meinem Bedauern da­rüber Ausdruck verleihen, dass ich Sie jetzt, wie ich Sie damals für das loben konnte, was Sie zustande gebracht haben, dafür kritisieren muss, was uns da als Bericht über­geben wurde, den wir eigentlich in einem Entschließungsantrag gemeinsam festgezurrt hatten.

Der Bericht sollte die erzielten Fortschritte auf dem Weg zur Einheitlichkeit der Orga­nisation des Dienstrechtes, aber auch der Weiterbildung beinhalten, also zu dem Ziel, ein einheitliches Richterbild und auch ein einheitliches Dienstrecht zu gestalten. In der letzten Ausschusssitzung haben Sie uns dann – ich würde einmal sagen – eine Vorla­ge gegeben, die den Namen „Bericht“ wahrscheinlich nicht verdient, eine Vorlage, in der Sie zwei Punkte hervorgehoben haben, nämlich die Fachtagungen der Verwal­tungsakademie und eine Bund-Länder-Koordinierung, die eingerichtet wurde.

Ich hätte mir einen ausführlicheren Bericht gewünscht, in dem Sie darstellen: Was ist der Status? Wo wollen Sie hin? Was sind die Schritte dort hin? Und vor allem, wenn wir uns heute angehört haben, was da so an sensiblen Beziehungen zwischen den ein­zelnen Gerichten und den einzelnen Gerichten, die für unterschiedliche Materien zu­ständig sind, vorhanden ist, ist es umso wichtiger, hier wirklich auch zu einem einheitli­chen Richterbild und auch zu einem einheitlichen Organisations- und Dienstrecht zu kommen, damit zumindest auf dieser formalen Ebene keine Unterschiede bestehen. Das könnte auch dazu beitragen, diese gegenseitigen Vorbehalte abzubauen und die­se sensible Situation zu entspannen. (Beifall bei den Grünen.)

16.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheib­ner. – Bitte.

 


16.12.53

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Mei­ne Damen und Herren! Ganz kurz: Wir stimmen dieser „epochalen“ Vorlage, wie es schon Kollege Jarolim gesagt hat, zu. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur noch in Erinnerung rufen, Herr Staatssekretär, dass man auch in Zukunft das Augenmerk auf eine wichtige Forderung von uns lenkt – ich glaube, da bestand Einvernehmen auch im Ausschuss – und darauf Rücksicht nimmt, dass diese Reform, diese Einfüh­rung der Verwaltungsgerichte und, damit einhergehend, die Zusammenfassung von, glaube ich, über hundert verschiedenen Organisationseinheiten zumindest mittelfristig nicht zu einer Verteuerung, sondern zu einer Einsparung führen sollte.

Man sollte auch darauf achten, dass es durch diese verschiedenen Organisationsein­heiten in den Ländern nicht zu einer Aufsplitterung etwa des Richterbildes und der Dienst- und Organisationsrechte kommt, denn: Föderalismus in Ehren, aber in diesen Fragen wäre Einheitlichkeit auf jeden Fall gefordert. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abge­ordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das war echt eine zentrale Botschaft!)

16.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Staatssekretär Dr. Oster­mayer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.14.00

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Frau Präsidentin! Ver­ehrte Damen und Herren! Zum einen: Ich wollte eigentlich mit dem Dank für die wirklich ausgezeichnete, vorbildhafte Kooperation bei der Erarbeitung dieses Großprojektes Verwaltungsgerichtsbarkeit beginnen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 152

Ich gebe zu, am Beginn, also vor mehr als zwei Jahren, haben mich etliche Personen gewarnt und gemeint, das Projekt sei zwei, drei Jahrzehnte lang gescheitert und es sei wieder zum Scheitern verurteilt. Ich hatte das Ziel, es durchzubringen. Wir haben ja, ich glaube, den Großteil oder vielleicht auch alle Gesetze einstimmig zustande ge­bracht – wie übrigens einige weitere Gesetze und größere Projekte im Bereich des Verfassungsrechts.

Ich nehme Bezug auf die Aussage des Herrn Abgeordneten Scheibner beim vorvorigen Tagesordnungspunkt, als er meinte, gut, dass die Koalition nicht eine Zweidrittelmehr­heit hat, das bringt sie dazu, mit der Opposition zu verhandeln.

Ja, das ist notwendig. Es hätte aber eigentlich immer gereicht, eine Oppositionspartei dabei zu haben. Unsere Ambition war, dass wir möglichst einstimmige Beschlüsse zu­stande bringen – und das ist auch gelungen.

Frau Abgeordneter Musiol bin ich dankbar dafür, dass sie doch einen Punkt der Kritik gefunden hat, wenngleich heute einen etwas anderen als jenen im Verfassungsaus­schuss. Vermutlich wäre der Punkt gar nicht zustande gekommen, wenn ich nicht von mir aus diesen Bericht vorgelegt hätte. Gefordert wurde er nicht; aber gut, es hätte mir etwas gefehlt.

Eine Anmerkung möchte ich noch zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Ja­rolim machen, damit da nicht ein Missverständnis entsteht. Kollege Jarolim hat gesagt: in Vorarlberg bei Karlheinz Kopf. – Wir alle wissen natürlich, dass Karlheinz Kopf nicht der Präsident des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg ist, sondern das war nur ei­ne Zuordnung. (Abg. Kopf: Habe ich auch nicht vor!)

Insgesamt, muss ich sagen, haben wir tatsächlich ein Großprojekt. Ich war vor zwei Wochen bei der Frühjahrstagung der Juristenkommission, die ihre ganze Tagung die­sem Thema Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit gewidmet hat, weil das auch in diesen Kreisen ein interessantes Thema ist. Der Verfassungsgerichtshofpräsident sagt immer „Jahrhundertprojekt“ dazu. Es ist sicher das größte Rechtsstaatsprojekt in dieser Republik seit Jahrzehnten.

Dazu waren viele Punkte notwendig. Es waren viele Startvorbereitungen für dieses Großprojekt notwendig, einerseits auf legistischer Ebene, andererseits auf organisato­rischer Ebene, dritterseits auf personeller Ebene. Ich möchte kurz darauf eingehen, quasi auch als Bericht, wie wir stehen. Das Verfassungsgesetz ist ja hier voriges Jahr einstimmig beschlossen worden, ebenfalls das Organisationsgesetz, das im Jänner dieses Jahres kundgemacht wurde, das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, das im Februar kundgemacht wurde und das jetzt in einigen wenigen Punkten angepasst wird.

Ich habe immer gesagt, wir müssen eine große Menge an Materiengesetzen anpas­sen. Im Verfassungsausschuss habe ich einen Überblick vorgelegt: 131 Einzelgesetze wurden mittlerweile beschlossen. 161 wurden schon in der Regierung beschlossen und werden entweder heute oder im Juli-Plenum des Nationalrates hoffentlich beschlossen werden.

Die Präsidenten und Vizepräsidenten sowohl des Bundesverwaltungsgerichtes erster Instanz als auch des Bundesfinanzgerichtes wurden letztes Jahr bestellt, damit die ent­sprechenden Vorarbeiten geleistet werden können, damit dieses große Verwaltungsre­formprojekt auch tatsächlich umgesetzt werden kann.

Die Übernahmeverfahren für jene Richter und Richterinnen, die einen Übernahmean­spruch haben, sind abgeschlossen. Die Ausschreibung der weiteren Richterinnen- und Richterpositionen ist erfolgt. Die Assessments sind erledigt. Die Hearings sind gerade im Laufen. Und die Beschlussfassung der Bestellung dieser Richterinnen und Richter ist im Juli vorgesehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 153

Die Interessentensuche für das zusätzliche juristische Personal und für das nichtaka­demische Personal wird in den nächsten Tagen gestartet. Der Bezug des Gebäudes in Wien, eines Gebäudes, das von der BIG für dieses dann ja größte Gericht Österreichs angemietet wurde, soll im Oktober und im November stattfinden, und dann soll das Ganze mit 1. Jänner 2014 den operativen Betrieb aufnehmen.

Ob alles funktioniert, kann ich Ihnen jetzt nicht sagen. Nach all den Anstrengungen, die unternommen wurden und werden, gehe ich davon aus, dass es funktionieren wird. Al­so alle Vorausmaßnahmen sind im Zeitplan, wie wir uns das vorgenommen haben. Die Präsidenten, Vizepräsidenten, die Präsidentin und der Vizepräsident haben ihre Tätig­keit die organisatorische Umsetzung betreffend mit Höchsttempo aufgenommen und sind im Zeitplan.

Und dann hoffe ich, dass das, was wir uns alle vorgenommen haben, tatsächlich Reali­tät wird, nämlich dass dies zu schnelleren Verfahren, zu rechtsstaatlicheren Verfahren, zu mehr Rechtsstaatlichkeit und zu einheitlicheren Verfahren führt. Ich gehe davon aus, dass das so ist, dass dieses Ziel, an dem wir alle ganz intensiv gearbeitet haben, auch erreicht wird.

Ich möchte diese Gelegenheit, weil es wahrscheinlich die letzte im Zusammenhang mit der Schaffung der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist, noch einmal nutzen, mich bei allen zu bedanken: beim Verfassungsdienst, der die große Last der legistischen Tätigkeit zu tragen hatte, bei den MitarbeiterInnen in den Kabinetten, nämlich im Bundeskanzler­amt, Alexander Klingenbrunner, der hier ist, beim Vizekanzler, Patrick Segalla, der, glaube ich, auch hier ist – ich habe ihn vorhin schon gesehen –, natürlich bei allen Mit­arbeitern und Mitarbeiterinnen der Klubs, die ganz intensiv mitgewirkt haben, dass wir tatsächlich zu einstimmigen Beschlüssen gekommen sind, und natürlich auch bei Ih­nen, bei den Verfassungssprechern der Klubs, die ganz intensiv an dem Thema mitge­arbeitet haben. Also noch einmal vielen herzlichen Dank!

Dank natürlich auch an jene Personen, die das jetzt tatsächlich umzusetzen haben, und alles Gute jenen Richterinnen/Richtern, Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen, die das dann im Sinne der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes zu vollziehen haben.

Abschließend möchte ich, da das immer wieder gepflogen wird, eine Person begrüßen, die auf der Galerie sitzt: eine junge Kärntner Studentin, Julia Schmid, politisch interes­siert – deshalb ist sie hier –, und so nebenbei hat sie am Samstag den Vizeeuropa­meistertitel im Wildwasserkanu gewonnen. Gratulation! – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

16.21

16.21.01

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2382 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzent­wurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

16.21.1011. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2316/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 154

und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung sowie den

Antrag 340/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen be­treffend verfassungsmäßige Verankerung des Tierschutzes in Form einer Staats­zielbestimmung (2383 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Bürgerinitiative (4/BI) „Tierschutz als Rechtsgut im Verfassungsrang“ (2384 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 290/A(E) der Abgeordne­ten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung (2385 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 861/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung (2386 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2198/A(E) der Abgeordne­ten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend kein Ausver­kauf des Wassers (2387 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2208/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (2388 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 bis 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Vock zu Wort. – Bitte.

 


16.24.15

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! 1996 haben Ab­geordnete der FPÖ und der Grünen ein Tierschutz-Volksbegehren mit 496 000 Unter­schriften initiiert. Neben dem Tierschutzgesetz und der Tieranwaltschaft wurde auch gefordert, dass der Tierschutz in die Verfassung kommt.

2004 wurde dann das Tierschutzgesetz beschlossen, und alle Parteien waren sich ei­nig, dass der Tierschutz als Staatszielbestimmung in die Verfassung kommen soll. Die Verhandlungen haben lange gedauert, aber nun steht es fest:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 155

„§ 2. Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zum Tier­schutz.“

In den Erläuterungen, die für die Interpretation eines Gesetzes genauso wichtig sind wie der Gesetzestext selbst, wird festgehalten:

„Damit wird der Entschließung vom Juni 2004 entsprochen und Tierschutz als Staats­ziel in der Verfassung verankert, um dem Gebot eines sittlich verantworteten Umgangs des Menschen mit dem Tier als fühlendes Wesen Rechnung zu tragen. Weiterge-
hende Bestimmungen sind nicht nötig, da in § 1 des Tierschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 118/2004, bereits als Ziel verankert ist, das Leben und das Wohlbefinden der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf zu schützen. Darüber hinaus verweist § 285a ABGB darauf, dass Tiere keine Sachen sind und durch besondere Gesetze geschützt werden.“

Den Vorwurf, dass die §§ 5 und 6 diese Bestimmungen aufheben, widerlegen die Er­läuterungen, wo es heißt:

„Die Produktion hochqualitativer Lebensmittel in Österreich ist ebenso wie die nachhal­tige Gewinnung natürlicher Ressourcen  ein zentrales Anliegen im Sinne der öster­reichischen Bevölkerung und ihrer Versorgungssicherheit und soll daher im Rahmen der Staatsziele entsprechend Berücksichtigung finden.“ – Also noch einmal: im Rah­men des § 2.

Und auch zu § 6, Forschung, heißt es:

„Mit dieser Bestimmung soll im Hinblick auf die anderen Staatsziele die Bedeutung der Forschung hervorgehoben werden.“ – Im Hinblick auf die anderen Staatsziele.

Meine Damen und Herren, mein Antrag, den Tierschutz als Staatszielbestimmung in der Verfassung zu verankern, ist somit miterfüllt.

Ich möchte mich hier bedanken, einerseits bei den zahlreichen Tierschutzorganisatio­nen (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner), die über Jahre dafür gekämpft haben, dass der Tierschutz in die Verfassung kommt, allen voran der VGT und Vier Pfoten.

Ich möchte mich bei den Tierschutzsprechern dafür bedanken, dass wir gemeinsam jahrelang dafür gekämpft haben, beim Kollegen Keck von der SPÖ, bei der Kollegin Brunner von den Grünen und beim Kollegen Spadiut vom BZÖ.

Ich möchte mich bei Herrn Präsidenten Graf bedanken, der sich im Präsidium dafür eingesetzt hat, dass das immer wieder auf die Tagesordnung gekommen ist.

Und ganz besonders möchte ich mich bei den drei Kollegen im Verfassungsausschuss bedanken, den Kollegen Wittmann, Gerstl und Fichtenbauer, die schlussendlich eine gemeinsame Formulierung gefunden haben.

Man kann natürlich immer mehr verlangen, man kann sich mehr wünschen, ein Kom­promiss ist immer ein Kompromiss. (Abg. Pendl: Aber ein guter!) Dieser stellt einen gangbaren Weg für das Hohe Haus dar, bei dem wir mitkönnen. Es ist ein guter Kom­promiss.

Daher kann ich abschließend sagen: Dies ist ein schöner Tag für die Tiere, ein beson­derer Tag für den Tierschutz in Österreich! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

16.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Witt­mann. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 156

16.27.35

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Staatszielbestimmung – ich werde ein bisschen die Diskussion vorwegnehmen, die jetzt hier vom Rednerpult aus stattfinden wird –: Eine Staatszielbestimmung ist etwas anderes als eine einfach­gesetzliche Umsetzung verschiedenster Regelungen (Abg. Mag. Brunner: Genau!), die man im Detail treffen kann.

Im Ausschuss sind dann Worte gefallen wie, man müsste eine klagbare Staatszielbe­stimmung machen. – Die Verfassung hat keine klagsfähigen Bestimmungen. Die Ver­fassung beinhaltet übergeordnete Regelungen, aus denen einfachgesetzliche Bestim­mungen abgeleitet werden, die dann klagbar sind. Das heißt, man geht da an dem Thema etwas vorbei, Frau Kollegin, wenn man behauptet, man müsste eine klagbare Bestimmung in die Verfassung aufnehmen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) Das ist nach unserer Verfassung unmöglich, weil sie das nicht vorsieht!

Daher muss man dann sagen, okay, die einfachgesetzliche Bestimmung führt das wei­ter aus – und das tut sie auch im Tierschutz. Ich beziehe mich gerade auf den Tier­schutz, das ist ein uneingeschränktes Bekenntnis zum Tierschutz! (Beifall bei der SPÖ. – Bravoruf des Abg. Pendl.)

Sie haben auch behauptet, dass es hier zu einer Über- und Unterordnung von Staats­zielbestimmungen kommt, aber das gibt es in unserer Verfassung nicht! Es gibt keine übergeordneten Staatszielbestimmungen und keine untergeordneten Staatszielbestim­mungen. Die Staatszielbestimmungen stehen gleichberechtigt nebeneinander, und sollten sie in Widerspruch geraten, hat der Verfassungsgerichtshof die Aufgabe, eine einfachgesetzliche Bestimmung nach diesen verfassungsrechtlichen Grundsätzen zu bewerten, ob sie verfassungsrechtlich zustande gekommen ist, inhaltlich vertretbar ist oder nicht. Und daher gibt es keine Unterordnung unter die Forschung und keine Über­ordnung der Forschung, keine Unterordnung unter die nachhaltige Landwirtschaft, son­dern eine gleichberechtigte Staatszielbestimmung, die genauso viel oder wenig wert ist wie die anderen Staatszielbestimmungen.

Die einfachgesetzliche Ausfertigung, das jeweilige Ausführungsgesetz, ist dann ein­klagbar und auch verwertbar. Sollte das zu wenig sein, kann man zum Verfassungsge­richtshof gehen und sagen, die Staatszielbestimmung findet nicht den entsprechenden Niederschlag, und dann könnte der Verfassungsgerichtshof einschreiten.

Aber jedes Gesetz – jedes Gesetz! – ist dieser Staatszielbestimmung unterworfen. Es ist bei seiner Anwendung und Anfechtung auch dieser Staatszielbestimmung plus de­ren Erläuterungen und Interpretation durch den Verfassungsgerichtshof unterworfen. Das heißt, uneingeschränkter Tierschutz steht parallel neben der Forschung und ande­rem, zu dem wir uns bekennen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) Es liegt in der Abwägung des einzelnen Gesetzes, wie sie letztendlich zueinander wirken.

Ich kenne diese Diskussion von anderen Staatszielbestimmungen. Wir haben das auch bei den Kinderrechten gehabt, und das funktioniert mit der Ausfertigung der Kinder­rechte ganz gut. Damals wollte man 24 Seiten, nämlich die UNO-Resolution, in die Verfassung schreiben.

Liebe Damen und Herren! Die Verfassung ist kein Lesebuch! Die Verfassung hat Grundsätze zu formulieren – und das macht sie! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bravoruf des Abg. Pendl.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 157

16.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brun­ner. – Bitte.

 


16.31.17

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen hier im Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Es geht um ein Verfassungsgesetz, und ich möchte, bevor ich über die Inhalte rede, über das Zustandekommen dieses Verfassungsgesetzes spre­chen.

Was ist die Verfassung? – Die Verfassung ist, glaube ich, die wichtigste gesetzliche Grundlage in unserer Republik. Da einigen wir uns auf Grundwerte, die uns wichtig sind und die unser gesellschaftliches Zusammenleben dominieren.

Und wie wird hier im Haus mit der Verfassung umgegangen? Wie kommen Gesetze zustande? – Es ist hier um Umweltschutz, Tierschutz und Wasser in der Verfassung gegangen, wozu es zahlreiche Anträge gegeben hat, vor 17 Jahren ein Tierschutz-Volksbegehren, vor neun Jahren einen gemeinsamen Antrag aller hier im Haus vertre­tenen Parteien, eine Bürgerinitiative, mittlerweile zahlreiche Anträge der Opposition, diese wurden immer wieder vertagt.

Vor eineinhalb Jahren wurde ein Unterausschuss eingerichtet, weil vor allem vonseiten der ÖVP immer gekommen ist, man dürfe nicht nur das eine hineingeben, sondern müsse das mit Expertinnen und Experten umfassend diskutieren. In diesem Unteraus­schuss hätten Expertinnen und Experten geladen werden können und sollen, aber dieser Unterausschuss hat einmal getagt zur Konstituierung und dann ein zweites Mal, nachdem es bereits eine Einigung abseits der parlamentarischen Diskussion gegeben hat.

So, finde ich, geht man grundsätzlich mit der Verfassung, mit der österreichischen Bun­desverfassung nicht um! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Doppler.)

Einen Unterausschuss einzurichten und dann über eine APA-Meldung mitgeteilt zu be­kommen, dass es ohnehin schon eine Einigung gibt, ist demokratiepolitisch höchst fragwürdig und kein Umgang mit der Verfassung, mit der Opposition, auch mit vielen engagierten Tierschützerinnen und Tierschützern, die seit Jahren für Tierschutz in der Verfassung kämpfen.

Wenn sich Kollege Kopf für das gemeinsame Kämpfen bedankt: Ja, ich finde es gut, wenn wir gemeinsam kämpfen, aber wenn die FPÖ zum Schluss umfällt, leistet sie der Sache leider keinen guten Dienst.

Zu den Inhalten: Umweltschutz, der ist schon angesprochen worden, ist nach wie vor ausschließlich menschenbezogen. Klimaschutz kommt überhaupt nicht vor. Ich denke, da gibt es in Zeiten wie diesen gravierenden Änderungsbedarf, da ist nachzubessern. Vorsorgeprinzip, Verursacherprinzip, Rechtsgarantie sind dadurch nicht gewährleistet. Deswegen ist diese Formulierung nicht mehr zeitgemäß. Wir hatten gefordert, dass hier umfassendere und klar bestimmte Formulierungen vorkommen.

Kollege Wittmann, Sie haben jetzt hier erklärt, was Staatsziele sind, und damit haben Sie auch genau erklärt, was der Fehler ist, nämlich dass unterschiedliche Staatsziele nebeneinander gestellt werden und der Gesetzgeber, der Verfassungsgesetzgeber in diesem Fall, nicht klar definiert, was ihm wichtig ist und die Abwägung den Gerichten überlässt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.)

Damit komme ich jetzt zum Tierschutz. Das Ziel, das wir damit, dass wir Tierschutz in die Verfassung geben wollen, erreichen wollen, ist: damit Tierschutz auch durchgesetzt werden kann und klar geregelt ist, dass zum Beispiel, wenn es um Tierversuche geht, wenn es um Massentierhaltung geht, Tierschutz übergeordnet ist. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Dr. Wittmann.)

Das ist mit der vorliegenden Regelung nicht drinnen. Es ist eine inhaltsleere Formulie­rung. Es steht jetzt drinnen: „Die Republik Österreich  bekennt sich zum Tierschutz.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 158

In einem der nächsten Sätze steht zum Beispiel schon: Wir bekennen uns auch zur Produktion von Lebensmitteln tierischen Ursprungs und auch zur Gewinnung von na­türlichen Rohstoffen. – Damit werden mit dem nächsten Absatz Umweltschutz und Tierschutz schon wieder ausgehebelt. Und wenn die Forschung aufgenommen wird, hat der Tierschutz wieder weniger Chancen, bei Tierversuchen durchgesetzt zu wer­den.

Ich bin davon überzeugt – und es ist so –, dass es unsere Aufgabe als Gesetzgeber ist, mit den Gesetzen, die wir beschließen, auch klar zu definieren, welche Ziele wir er­reichen wollen.

Wir haben eine ganz klare Formulierung gewählt, die übrigens auch Ergebnis des Ös­terreich-Konvents war, sie lautet:

„Der Staat schützt das Leben und das Wohlbefinden der Tiere eingedenk der besonde­ren Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitlebewesen.“

Das ist viel konkreter, da geht es um das Wohlbefinden, da geht es um das Leben der Tiere – und keine Zusatzabschwächungen, die hier noch vorgenommen wurden.

Ich finde, das ist eine typische Masche, die die Regierung da durchzieht, und die FPÖ spielt hier leider mit, nämlich dass vorgetäuscht wird, wir tun etwas, wir nehmen den Tierschutz in die Verfassung auf, aber tatsächlich ändert sich genau gar nichts. Im Ge­genteil, es wird noch schlimmer werden. Sie werden in der Zukunft immer sagen, dass der Tierschutz jetzt ohnehin drinsteht, aber es wird nicht mehr gemacht werden, als im Tierschutzgesetz bereits drinsteht. Und das finde ich zutiefst verwerflich, weil im Tier­schutzgesetz sehr wohl noch sehr viel Verbesserungsbedarf vorhanden ist.

Tierschützerinnen und Tierschützer haben es in Österreich in den letzten Jahren nicht leicht gehabt, sie haben aber trotzdem sehr für Tierschutz gekämpft. Ich finde es wirk­lich unglaublich, wie hier mit den Menschen, die sich für Tierschutz einsetzen, umge­gangen wird, aber auch mit dem Tierschutz selbst. (Beifall bei den Grünen.)

Daher: Österreich braucht dringend ein eigenständiges, starkes und engagiertes Um­weltministerium, das am besten auch den Tierschutz mit behandelt. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.)

16.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


16.37.06

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hätte ich es mir doch denken können, dass wir es den Grünen nie recht machen können!

Auch wenn sie genau das gefordert haben, was wir jetzt beschließen, ist es halt, solange sie in Opposition sind, wahrscheinlich immer zu wenig. In Wien zeigen sie, seit sie in der Regierung sind, genau das Gegenteil: Dann gibt es überhaupt keine Bürger­mitbestimmung mehr, dann wird drübergefahren. – Das ist der Unterschied in Ihrer Haltung, Frau Kollegin Brunner, die ich nicht verstehe! (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenruf des Abg. Mag. Steinhauser.)

Kollege Cap hat das im Ausschuss ganz richtig gesagt (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner): Was gibt es hier noch in irgendeiner Form auszusetzen? Umfassender könnte man es nicht darstellen!

Im § 1 des Bundesverfassungsgesetzes, das wir heute beschließen, steht zum ersten Mal die Nachhaltigkeit drinnen. – Frau Kollegin Brunner, das war das Wort der Grünen!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 159

Da haben Sie sich immer draufgesetzt – und jetzt haben Sie es hier nicht einmal mit einem Wort erwähnt; wahrscheinlich, weil wir es machen. Jetzt genügt es Ihnen nicht.

Sie haben sie früher gefordert – wir beschließen sie. Das unterscheidet uns von Ihnen: Wir tun es, Sie reden nur darüber, Frau Kollegin Brunner! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben den umfassenden Umweltschutz aufgenommen. – Sie sagen, das genügt Ihnen nicht. Der steht schon seit 1984 in der Verfassung. Damals haben Sie ihn auch gewollt, heute genügt er Ihnen nicht.

Wir haben die Versorgung jedes einzelnen Bürgers und jeder einzelnen Bürgerin mit Wasser von guter Qualität in der Verfassung stehen. – Welch größere Ansprüche könnten wir denn an uns stellen, als den Menschen zuzusichern, wir, nämlich der Bund, die Länder, die Gemeinden und alle Körperschaften öffentlichen Rechts, neh­men uns vor und verpflichten uns, jeden einzelnen Bürger mit bestem Wasser zu ver­sorgen?

Das genügt Ihnen nicht. – Ich weiß nicht, was man da noch machen könnte. (Abg. Mag. Steinhauser: Ich erkläre es Ihnen!) Das schreiben wir in den § 4 dieses Bundes­verfassungsgesetzes hinein.

Wir schreiben in den § 5 dieses Bundesverfassungsgesetzes: „Versorgung der Bevöl­kerung mit hochqualitativen Lebensmitteln tierischen und pflanzlichen Ursprungs auch aus heimischer Produktion“. – War eine Verkürzung der Transportwege nicht auch ein­mal Ihr Interesse? Eine Verkürzung sozusagen in der Nahrungsmittelversorgung? Wir heben das besonders hervor. Heute genügt Ihnen das nicht!

Wir sichern damit eine Ernährung aus hochqualitativen Produkten aus unserer Land­wirtschaft, und dazu wollen Sie nicht applaudieren? – Ich verstehe nicht, dass es hier jemanden geben kann, der nicht dazu applaudiert, dass wir Fleisch nicht aus Argenti­nien importieren müssen, sondern es in Österreich produzieren können, durch unsere Landwirte. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Steinhauser: Das ist doch Unsinn!)

Der beste Punkt ist natürlich – das ist der, der uns sehr stark von Ihnen unterscheidet –, dass wir die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung aufgenommen ha­ben. Hier zeigen sich die Unterschiede.

Sie haben zuvor gesagt, diese Bestimmungen seien Ihnen deswegen nicht so wichtig, weil es den Tierschutz überlagert. – Ich sage Ihnen, sie stehen parallel nebeneinander, weil wir eine Verantwortung gegenüber der gesamten Schöpfung haben, gegenüber allen Lebewesen, gegenüber den Menschen, gegenüber den Pflanzen und gegenüber den Tieren. Und es ist nicht so, dass die Tiere über allem stehen. Das ist nicht unser Selbstverständnis von Verantwortung gegenüber der Schöpfung, Frau Kollegin Brun­ner. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neubauer.)

16.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spa­diut. – Bitte.

 


16.40.54

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Gerstl, mit dem, was Sie da produziert haben, kann man in keinster Weise zufrieden sein.

Nur kurz zur Chronologie: Am 18. November 2009 wurde von mir ein Antrag, dass der Tierschutz in die Verfassung aufgenommen wird, als Staatszielbestimmung Eingang findet, mit dem Wortlaut: „Der Staat schützt das Leben und das Wohlbefinden der Tiere aus der Gewissheit der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mit­geschöpf“, eingebracht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 160

Am 2. Feber 2012 wurde auf Antrag des BZÖ im Verfassungsausschuss ein Unteraus­schuss für den Tierschutz beschlossen.

Am 17. Oktober 2012 kam es zur Konstituierung. Dann war gar nichts mehr. Aus. Nichts. Keine Debatte, kein Experten-Hearing, gar nichts. Ich glaube, es ist einzigartig in der Parlamentsgeschichte, dass ein Unterausschuss zur Sache überhaupt nie tagt. Bis man dann am 4. Juni die erste Unterausschusssitzung einberufen hat und gleich ei­nen fertigen Antrag vorgelegt hat, einen Antrag von ÖVP, SPÖ und Freiheitlichen. Kei­ne Einbindung von BZÖ und von Grünen, die eigentlich die Kompetenteren für den Tierschutz sind. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Warum, hat Kollege Gerstl ganz eindeutig festgestellt: Je mehr sich damit beschäfti­gen, desto schwieriger wird es, zu einem Antrag zu kommen. Und da hat er recht, denn so einem Entwurf hätten wir nie zugestimmt.

Man hat sich dann die FPÖ als Mehrheitsbeschaffer geholt, aber nicht den Kollegen Vock, den ich als Tierschutzsprecher sehr schätze, sondern den Kollegen Fichten­bauer. Es kann ja jede Fraktion nennen, wen sie will. Kollege Fichtenbauer mag ein guter Jurist und nach eigenen Angaben ein Verfassungsexperte sein, nur mit dem Tierschutz hat er gar nichts am Hut, sonst hätte er diesem Entwurf nicht zugestimmt. (Ruf bei der ÖVP: Na ja!)

Man kann jetzt sagen, gut, seien wir froh, dass der Tierschutz in der Verfassung ist. Das ist richtig, der Tierschutz gehört in die Verfassung, aber nicht um jeden Preis, und dieser Preis ist hier zu hoch, und zwar aus folgenden Gründen:

In diesem Antrag werden sechs Bestimmungen angeführt, die in der Verfassung veran­kert werden. In § 3 heißt es: Die Republik Österreich bekennt sich zum Tierschutz. – Eine inhaltsleere Formulierung. Und mit dieser soll der Tierschutz in der Verfassung verankert werden. Diese Bestimmung wird dann durch zwei Paragraphen gleich wieder abgeschwächt, und zwar einerseits durch § 5 – dieser bezieht sich auf die „Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit hochqualitativen Lebensmitteln“ – und anderer­seits durch § 6, mit dem die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung ge­sichert werden.

Mit diesen Bestimmungen wird der Tierschutz massiv eingeschränkt. Das wird auch durch die Aussage von Kollegem Gerstl im Ausschuss bekräftigt, der gesagt hat, der Tierschutz dürfe nicht dazu führen, dass tierische Lebensmittel in Österreich nicht mehr produziert werden dürfen. Das ist für mich eine ungeheuerliche Aussage, weil man mit dieser Aussage den österreichischen Landwirten unterstellt, dass sie tierische Lebens­mittel nur produzieren können, wenn sie sich nicht an den Tierschutz halten. Diese Un­terstellung weise ich aufs Schärfste zurück! (Beifall beim BZÖ.)

Die meisten Bauern halten sich sehr wohl an die Tierschutzbestimmungen. Da können sich einige Nicht-Landwirte ein Beispiel nehmen.

Mit dem § 5 wird aber den Landwirten, die sich nicht an die Tierschutzbestimmungen halten, und auf alle Fälle der Massentierhaltung, die nicht tierschutzgerecht ist, Tür und Tor geöffnet. Massentierhaltung, wie sie in den Nachbarstaaten gang und gäbe ist und die mit artgerechter Tierhaltung nichts zu tun hat, diese Tierindustrie wird in Österreich durch diesen Paragraphen ermöglicht, und das ist aufs Schärfste zu verurteilen.

Der Verfassungsgerichtshof wird im Einzelfall entscheiden müssen. Aber wie wird er entscheiden? Für § 5, der deutlich die Sicherung tierischer Lebensmittel formuliert, oder für § 2, den nicht näher definierten Tierschutz? Dreimal dürfen Sie raten, Herr Kol­lege Wittmann. (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.)

Meine Damen und Herren! So wichtig es auch ist, den Tierschutz in der Verfassung zu verankern, dieser Antrag beruhigt höchstens die Bevölkerung, die Tiere schützt er


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nicht. (Abg. Mag. Steinhauser: Nicht einmal das!) Und deshalb ist er in dieser Form abzulehnen. (Beifall beim BZÖ.)

16.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


16.45.30

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen! Hohes Haus! Da ich davon ausge­he, dass sich jeder hier im Hause auskennt, ist klar: Man will es ganz einfach so ar­gumentieren. Denn dass eine Bundesverfassung nicht zu verwechseln ist mit einem Materiengesetz, das müsste eigentlich da herinnen jeder wissen. Ich glaube auch, dass Kollege Wittmann das eindeutig auf den Punkt gebracht hat.

Ich möchte aber auch die Gelegenheit nützen, allen Kolleginnen und Kollegen, vor al­lem den Verfassungssprechern, bei der FPÖ zusätzlich zum Verfassungssprecher noch dem Kollegen Fichtenbauer, sehr herzlich zu danken.

Wenn Sie sich ansehen, was alles an der Regierung oft kritisiert wird, was es da an kri­tischen Äußerungen gibt, dann kann man sich oft nur wundern, auch was das Haus selbst betrifft. In dieser Legislaturperiode sind im Verfassungsbereich Jahrhundertge­setze beschlossen worden. Jahrhundertgesetze! Und darauf sollten wir eigentlich alle stolz sein. Und ich stehe nicht an, allen Kolleginnen und Kollegen, die hier einen we­sentlichen Beitrag geleistet haben, sehr herzlich zu danken. Und es sei mir auch ge­stattet, dass ich dem Vorsitzenden des Verfassungsausschusses, Dr. Peter Wittmann, explizit danke (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner): Peter, danke schön, das ist ein ganz wichtiger Beitrag von dir gewesen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Kollegin Brunner, wollen Sie im Ernst mit der Bevölkerung diskutieren, dass Sie werten: Kinderrechte oder Tierschutz?! – Eine Staatszielbestimmung ist eine Staats­zielbestimmung! Und da gibt es nichts darüber zu diskutieren! Ich glaube, ein bisschen sollte man sich überlegen, was man in einem Materiengesetz regelt und was man in der österreichischen Bundesverfassung regelt. Ich glaube, so weit sollte man wenigs­tens hier bei einer Diskussion im Plenum sein, denn im Ausschuss haben wir das eh schon hundert Mal hinter uns. (Abg. Brosz: Wann hat denn der Unterausschuss ge­tagt?)

Ich möchte aber auch noch etwas sagen, was die Nachhaltigkeit – ein Kollege hat es angesprochen – oder das Wasser oder die Daseinsvorsorge betrifft. Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, das, was da jetzt unter diesen Tagesordnungspunkten heu­te zusätzlich neu beschlossen wird, reiht sich lupenrein ein in das, was ich vorher ge­sagt habe über alle Gesetzesmaterien, was Bundesverfassungsbestimmungen betrifft.

Denken wir zurück, ob es die Tiere waren, ob es das Wasser war, ob es viele andere Bereiche waren, wie all das vor 10, vor 15 Jahren hier noch beurteilt und „benamst“ worden ist! Das ist eine moderne Entwicklung, eine gute Entwicklung, und auf die könnten wir doch einmal gemeinsam stolz sein! Ich bin es, auch im Interesse dieses Hauses und der Republik! Danke allen, die einen Beitrag dazu geleistet haben! Danke auch Ihnen, Herr Staatssekretär! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 162

16.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Schenk gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.48.43

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Der lange Weg des Tierschutzes in die Verfassung endet mit dem heutigen Tag. Heute beschließen wir ein Verfassungsge­setz, und ich nehme es schon vorweg: Wir werden dieser Vorlage, diesem Verfas­sungsgesetz, auch unsere Zustimmung geben. (Beifall der Abgeordneten Ing. Lugar und Vock.)

Es wurde von den Vorrednern schon einiges angesprochen, einiges erwähnt. Lassen Sie mich auch noch einen kurzen Rückblick machen.

Es haben sich sehr, sehr viele Menschen für den Tierschutz eingesetzt, sehr, sehr viele Menschen setzen sich für den Tierschutz ein. Am 27. Mai 2004, also vor fast ge­nau neun Jahren, wurde hier im Hohen Haus ein Vierparteienantrag beschlossen mit dem Ersuchen an die Bundesregierung, im Rahmen des Österreich-Konvents damals, dafür Sorge zu tragen, dass der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf als Staatszielbestimmung Eingang in den neuen Verfassungsentwurf finden soll.

Durch die Auflösung des Verfassungskonvents ist dann diesbezüglich nichts mehr ge­schehen. Und es ist ja wirklich schade, dass die vielen guten Entwürfe, die vielen guten Vorschläge, die im Verfassungskonvent erarbeitet wurden, die viel Zeit und Geld kos­teten, jetzt einfach verstauben und vor sich hinschlummern, dass sich diesen guten Vorschlägen und Ideen des Verfassungskonvents keiner mehr annimmt. Aber hier be­darf es einer eigenen Diskussion, was den Verfassungskonvent betrifft.

Weitergegangen mit dem Tierschutz, was die Gesetzwerdung betrifft, ist es dann über eine Bürgerinitiative, die schon angesprochen wurde. 1 233 Bürgerinnen und Bürger haben diese unterzeichnet.

Am 29. Juni 2009 wurde im Petitionsausschuss mit einer Entschließung beschlossen, dass die Nationalratspräsidentin diese Petition dem Verfassungsausschuss zuweist, was auch gemacht wurde, und in diesem wurde sie eben beschlossen.

Es wurden von zwei Oppositionsparteien, die hier nicht mitgehen können, einige Män­gel angeführt, etwa die eigenartige Vorgehensweise, wie es zu diesem Antrag gekom­men ist, dass er zu kurzfristig auf die Tagesordnung kam respektive einigen nicht zur Kenntnis gelangt ist. Ich kann das jetzt nicht nachvollziehen, ich weiß das nicht, aber ich gehe davon aus, dass es schon seine Richtigkeit hat. Nichtsdestotrotz finde ich es gut und richtig, dass wir dieses Gesetz heute so beschließen, wenngleich ich sagen möchte, das eine oder andere Wort hätte vielleicht besser formuliert werden können im Sinne des Schutzes unserer Tiere, denn wenn wir uns zum Beispiel zu einem umfas­senden Umweltschutz bekennen, dann können wir uns meines Erachtens auch zu ei­nem umfassenden Tierschutz bekennen. Also da kann ich nicht ganz nachvollziehen, warum man hier so auf Worten, auf Buchstaben herumreitet und das nicht so Eingang gefunden hat, aber sei’s drum.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Thema Wasser. Wir wissen alle, Wasser ist Leben, Wasser ist kostbar, Wasser ist unser wichtigstes Gut. Wir brauchen genug gesundes Wasser für die Versorgung der Bevölkerung. Das Trinkwasser muss gesichert sein, es darf kein Ausverkauf des österreichischen Trinkwassers stattfinden, meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Hier müssen wir gemeinsam alle Anstrengungen in diese Rich­tung unternehmen, damit das nicht passiert.

Das hat auch Eingang in diesen Antrag gefunden. Es gibt noch zwei weitere Anträge der Grünen und der FPÖ bezüglich Wasser, die hier weiter gehend sind. Diesen An­trägen geben wir auch unsere Zustimmung, weil sie eben weitreichender sind, weiter gehend sind. (Beifall des Abg. Ing. Lugar sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) Das Was-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 163

ser ist das kostbarste und wichtigste Gut, das wir haben. Deshalb werden wir diesen Anträgen auch zustimmen – so wie auch dem Gesetz, wie gesagt. – Danke. (Beifall des Abg. Ing. Lugar sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dona­bauer. – Bitte.

 


16.52.46

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das Thema eignet sich natürlich für hohe Emotionalität. Wer aber den Antrag genau liest, der muss eigentlich sagen, es ist eine gute Sache, die wir heute zur Beschlussfassung vorliegen haben.

Ich bin auch dem Herrn Dr. Wittmann zugetan, weil ich wirklich seine Wortmeldung schätze, deshalb, weil er eindrucksvoll gesagt hat, es geht nicht um die Behandlung ei­nes Materiengesetzes als solches, sondern es geht um die Rangstellung der Gesetze. Darüber reden wir. Und wir wollen einfach die Nachhaltigkeit, wir wollen einfach auch das Wasser und den Wasserschutz als solchen klar thematisieren. Wir wollen uns natürlich auch dafür verwenden, dass Grundlagenforschung, angewandte Forschung und auch die Daseinsvorsorge ihre entsprechende Stellung und ihren entsprechenden Wert haben.

Wenn heute sehr oft die Thematik Tierschutz angesprochen wurde, erlauben Sie mir dazu zwei Feststellungen.

Natürlich muss jedes Gesetz – egal, wohin es reicht – im Spannungsfeld von Ökono­mie, von Ökologie und von sozialem Gewissen gemacht werden, keine Frage. Auch diese Materie. Und wer Tierschutz nur aus der Sicht agrarischer Tierhaltung sieht, der hat das Tierschutzgesetz, das wir im Jahr 2004 beschlossen haben, bis heute entwe­der nicht gelesen oder nicht begriffen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

In diesem Tierschutzgesetz ist ganz klar die gesamte Materie der Tierhaltung geregelt. Da sind die Heimtiere genauso geregelt wie die Nutztiere. Da sind die Tierversuche ge­nauso geregelt wie die Tiere, die im Sportbereich oder im Schaustellerbereich einge­setzt werden. Wir bekennen uns zum umfassenden Tierschutz, und das manifestieren wir sehr klar im § 2, wo ganz klar steht, dass die Grundintention im Tierschutzgesetz bereits verankert ist, nämlich das Leben und das Wohlbefinden der Tiere aus der be­sonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf zu schützen.

Lassen Sie mich schlussendlich aber eine andere Bemerkung machen. Ich komme wieder auf Dr. Franz Huainigg zu sprechen. Dr. Franz Huainigg hat ersucht, man möge die Menschenwürde, die im deutschen Grundgesetz in Artikel 1 Abs. 1 festgelegt ist, auch in unsere Staatszielbestimmung mit aufnehmen. Es kann doch nicht sein, dass wir uns um alles und jedes kümmern – das ist richtig und von mir aus auch wichtig –, aber diesen für uns alle so bedeutenden Bereich, gerade auch aufgrund vieler Verän­derungen, nicht diskutieren wollen.

Franz Huainigg kennt das Leben von der Breitseite, er soll uns ein guter Lehrmeister sein. Ich bin dir auch sehr verbunden für diesen Artikel, den ich als gelungen empfinde.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich nur noch sagen, wir könnten uns in absehbarer Zeit auch einmal unterhalten über die Staatszielbestimmung für Kulturgüter, für Ehe und Familie. Jawohl, auch das ist im deutschen Grundgesetz verankert und würde auch dem österreichischen Recht nicht schaden. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 164

16.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jury. – Bitte.

 


16.56.19

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Ja, zu den „Jahrhundertgesetzen“: Otto Pendl, es wäre schon ein Jahrhundertgesetz gewesen, wenn ihr in die Verfassung den wirklichen Schutz des Wassers aufgenommen hättet, wenn ihr den Artikel 17 durch folgenden Artikel 17a ergänzt hättet:

 „Das Eigentum an und der Betrieb von kommunalen Wasserversorgungsanlagen ist dem Bund, den Ländern, den Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie ausgeglie­derten Rechtsträgern, die sich in deren Eigentum befinden, vorbehalten. Die Rechte von Wassergenossenschaften und Wasserverbänden nach dem Wasserrechtsge­setz 1959 bleiben unberührt.“

Wenn ihr das gemacht hättet, Otto Pendl, wäre das ein Jahrhundertgesetz gewesen. So ist man immer wieder nur am Abwehren von Begehrlichkeiten der Europäischen Union.

Gehen wir zurück: Warum ist denn der Schutz des Wassers so aktuell geworden? (Abg. Dr. Wittmann: Warum willst du diese Problematik da mit hineinbringen?) – Sie verstehen die Problematik nicht, ich weiß. (Abg. Dr. Wittmann: Ich wollte dir nur eine Hilfe geben!) – Die Vergaberichtlinien zu den Dienstleistungskonzessionen, die die Eu­ropäische Union durch eine Verordnung ändern wollte  (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.) – Sie verstehen es trotzdem nicht, Herr Dr. Wittmann!

Die Änderung der Vergaberichtlinien hat die Österreicherinnen und Österreicher aufge­scheucht und aufgeschreckt, weil das nämlich ein latenter Angriff auf die Rechte der österreichischen Bevölkerung ist und den Zugriff der multinationalen und internationa­len Konzerne auf das Wasser bedeutet. (Abg. Dr. Wittmann: Aber die Definition ist falsch!) – Sie sehen es falsch! Ich sehe es ein bisschen anders, Herr Dr. Wittmann! – Deswegen wäre es schön gewesen, wenn dieser freiheitliche Antrag mit beschlossen worden wäre. Wir werden aber weiter um diesen Antrag von Klubobmann Strache kämpfen, damit wir diesen Artikel 17a noch in die Verfassung bringen. – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

16.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kräu­ter. – Bitte.

 


16.58.53

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Na ja, es wird schon ein neues Kapitel im Tierschutz in Österreich aufgeschlagen. Warum ist es eigentlich so mühsam und so umstritten? – Einmal, weil es um Verfassungsbestimmungen geht, dann, weil es beim Tierschutz um so unterschiedliche Interessenlagen geht und auch weil es ein so emo­tionales Thema ist.

Ich habe im Jahre 2000 eine Etappe begleiten dürfen, ich war damals Obmann in ei­nem Unterausschuss zum Verfassungsausschuss, und es war überhaupt keine Aus­sicht, dass es einen Konsens geben könnte. Und wenn man das schon erlebt hat, vor so langer Zeit, dann weiß man, dass das heute schon eine große Errungenschaft ist.

Wir wollten damals schon die Zielsetzung durchsetzen, dass ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz entsteht. An der mangelnden Konsensbereitschaft ist es damals ge­scheitert. Das war der Punkt im Jahr 2000, wo die schwarz-blaue Regierungszeit be­gonnen hat. Das ist historisch alles ganz klar und auch nachweisbar.

Nach dem Bundes-Tierschutzgesetz ist das, was heute mit den Staatszielbestimmun­gen beschlossen wird, eigentlich die zweite und große Etappe. Es ist eine Errungen­schaft. Und es wird auch von der teilweise kritischen Wissenschaft letztendlich so ge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 165

deutet und interpretiert, dass es tatsächlich Verbesserungen gibt. (Präsident Neuge­bauer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Papier ist geduldig, meine Damen und Herren, natürlich auch Papier, auf dem Verfas­sungsbestimmungen stehen. Es kommt letztendlich auf die einfache Bundesgesetzge­bung, auf die Gesetzgebung in den Ländern und auf die Exekutive an. Und auch ge­sellschaftspolitisch muss es gelebt werden. Und die Kontrolle darf auch nicht fehlen.

Ich werde auch künftig – in meinem neuen Wirkungsbereich, der Volksanwaltschaft – den Tierschutz sehr ernst nehmen. Ich werde dort eine Tradition fortsetzen, denn ge­rade die Volksanwaltschaft hat sehr, sehr viele Impulse im Bereich des Tierschutzes gesetzt. Ich erinnere da beispielsweise an das Verbot von Wildtieren im Zirkus, an die Stärkung von Tierschutzombudsleuten, an das vorzeitige Verbot der Käfighaltung von Hühnern, wo auch die ORF-Sendung „Bürgeranwalt“ eine wichtige Rolle gespielt hat, oder an die Kastenstandsproblematik. Und viele andere Impulse mehr gab es da.

Ich freue mich, meine Damen und Herren, dass ich bei meiner letzten Wortmeldung als Abgeordneter hier zu einem gesellschaftspolitisch so wichtigen Thema Stellung neh­men konnte, und freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem Hohen Haus als Volks­anwalt. Das ist mir ein großes Anliegen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


17.01.25

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Tierschutz in der Verfassung, Umweltschutz in der Verfassung, der Schutz vor Privati­sierung der Wasserversorgung in der Verfassung: Das alles klingt gut! Tatsächlich handelt es sich bei dem heutigen Gesetzesbeschluss um eine einzige Mogelpackung, und ich werde das anhand des Schutzes vor Privatisierung der Wasserversorgung dar­legen.

Ich erinnere: Als vor einigen Monaten die Europäische Union eine Richtlinie herausge­ben wollte, wie die Vergabe bei der Privatisierung der Wasserversorgung auszuschau­en hat, da hat es in Österreich einen Aufschrei gegeben. Einen Aufschrei! Die SPÖ ist ausgerückt und hat gesagt: Nein, die Wasserversorgung darf niemals privatisiert wer­den, sie muss im öffentlichen Eigentum bleiben! Die FPÖ ist beigesprungen, hat sogar einen Antrag an das Parlament gestellt und gefordert: Eigentümer der Wasserversor­gung muss die öffentliche Hand sein! Nur eine Partei hat anders geklungen, und das war die ÖVP. Deren Parteiobmann Spindelegger hat nämlich wortwörtlich gesagt, es störe ihn der privatisierungsfeindliche Ton in der Debatte um die Wasserversorgung und das Ganze sei ein Unsinn.

Es hat dann eine Einigung gegeben. Und wie schaut diese Einigung aus? – Es gibt jetzt in der Verfassung ein Bekenntnis, dass Wasser Teil der Daseinsvorsorge ist. Und das alles will man uns jetzt als Schutz vor Privatisierung der Wasserversorgung ver­kaufen! Nicht die Opposition alleine, in diesem Fall die Grünen, sondern der Verfas­sungsrechtler Mayer sagt: Das ist eine Leerformel! Das ist nichts, sagt er. Damit sei nichts gewonnen.

Das hat einen einfachen Grund, und zwar: Die Daseinsvorsorge ist nicht definiert. Ich habe in einem Wirtschaftslexikon nachgeschaut, was dort unter „Daseinsvorsorge“ ver­standen wird. Dort steht: Ein unbestimmter und wenig operabler Begriff zur Abgren­zung öffentlicher Verwaltung und Unternehmen. Zu unscharf. – Das heißt, es ist gar nichts gewonnen.

Und auch der Umweltdachverband übt Kritik, indem er sagt:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 166

„Allerdings ist diese Beschlussfassung allein zu wenig und kann keinesfalls unsere Trinkwasserversorgung vor dem Ausverkauf an private Konzerne schützen.“

Was hätte man dann in die Verfassung schreiben sollen? – Kollege Wittmann sagt im­mer, vage Staatszielbestimmungen seien ja eh das Beste. Und der Kollege Cap hat verzweifelt im Ausschuss gesagt: Na was sollen wir denn noch alles tun? – Ganz ein­fach hineinschreiben: Die Wasserversorgung ist Aufgabe der öffentlichen Hand. Ei­gentümer müssen die öffentliche Hand oder öffentliche Unternehmen sein. (Beifall bei den Grünen.)

Aber das war nicht möglich, weil das mit der ÖVP nicht möglich ist, meine Damen und Herren. Und jetzt kommt es dazu, dass wir eine Mogelpackung im Verfassungsrang bekommen, wo den Bürgerinnen und Bürgern vorgespielt wird, dass unsere Wasser­versorgung vor Privatisierung sicher ist. Tatsächlich ist es aber nicht so!

Ich frage mich schon, warum SPÖ und FPÖ bei dieser Mogelpackung mitziehen. Bei der ÖVP ist es klar: Sie mag den privatisierungsfeindlichen Ton bei der Wasserversor­gung nicht. Da frage ich mich nur: Was hat die ÖVP mit dem österreichischen Wasser und mit der österreichischen Wasserversorgung vor? (Abg. Klikovits: Lassen Sie die Kirche im Dorf!)

An SPÖ und FPÖ muss ich aber schon die Frage richten: Wieso emotionalisiert man bei diesem Thema derartig mit Bedürfnissen und Ängsten der Menschen, ist aber dann, wenn es konkret wird, für vage Formulierungen, sodass nichts dafür getan wird, dass das österreichische Wasser und die Bürgerinnen und Bürger vor den Privatisie­rungsgelüsten der ÖVP geschützt sind?

Sie sind der Handlanger – wir nicht! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


17.05.09

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich nehme Stellung zum Thema „Kein Ausverkauf des Wassers!“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Versorgung mit Wasser, mit gesundem Trinkwasser und die nachhaltige Bewirtschaftung der Wasserressourcen ist eine Auf­gabe der öffentlichen Hand, die dafür sorgen muss, dass Wasser für jede Person zu­gänglich ist. Wasser ist eine Lebensgrundlage und muss auch zu sozial verträglichen Bedingungen erhältlich sein.

In der EU gibt es Mitgliedsländer, meine sehr verehrten Damen und Herren, wo die Wasserversorgung im Sinne der freien Marktwirtschaft von privaten Unternehmen be­trieben wurde. Und was war das Ergebnis? – Der Preis schnellte hinauf und die Qua­lität wurde schlechter. Die privaten Betreiber wollten nur eines: Gewinne machen und sonst nichts! In welchem Zustand die Leitungen waren und was für eine Qualität das Wasser hatte, das war diesen Betreibern völlig egal.

Der Friedensnobelpreisträger EU schielt schon lange auf unser Wasser, gilt dieser Be­reich doch europaweit als wirtschaftlich besonders lukrativ. Was in Salzburg möglich ist, meine Damen und Herren, muss doch auch im Bund möglich sein!

Zwei Sätze noch zum Tierschutz, meine sehr verehrten Damen und Herren: Den Tier­schutz in der Verfassung verankern, das ist schon in Ordnung, aber dann müssen wir das Schächten dringend verbieten, denn Schächten ist Tierleid pur. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

17.06

17.06.10

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 167

Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen, die wir über jeden Ausschussantrag ge­trennt vornehmen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Entwurf betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den um­fassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung samt Titel und Eingang in 2383 der Beilagen.

Dabei handelt es sich um ein Bundesverfassungsgesetz, und ich stelle daher die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen An­zahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Kolleginnen und Kollegen, die dem vorliegenden Entwurf zu­stimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die dem vorliegenden Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehr­heit.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Verfassungsausschusses, sei­nen Bericht 2384 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Verfassungsausschusses, sei­nen Bericht 2385 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Verfassungsausschusses, sei­nen Bericht 2386 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Verfassungsausschusses, sei­nen Bericht 2387 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 2388 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

17.09.0017. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2336 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird, sowie über den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 168

Antrag 2172/A(E) der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Kinderbetreuungsgeld, Toleranzfrist (2428 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 2052/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abschaffung der Zuverdienstgrenze bei Inanspruchnahme des Kinderbetreuungsgeldes (2429 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 17 und 18 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt als Erste Frau Abgeordnete Kitzmüller. – Bitte, Frau Kollegin.

 


17.09.44

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! „Wer lange schläft, der hat auf seinem Tische eine magere Suppe“ – das ist eine alte Bauernregel, die völlig auf die Familienpolitik der Regierungsparteien zutrifft.

Nun wenden wir uns einmal der gegenständlichen mageren Suppe zu. Was verbessert sich durch diese vorliegende Regierungsvorlage über das Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird?

Ja, sagen wir einmal, ein paar Kleinigkeiten kann man dem schon abgewinnen: die Wechselmöglichkeit innerhalb der Varianten des Kinderbetreuungsgeldes innerhalb von 14 Tagen, eine Regelung der Rumpfmonate sowie die Erhöhung der Zuverdienst­grenze um sage und schreibe 25 € im Monat bei der pauschalen Kinderbetreuungs­variante. Ist ja „toll“! Für diese Mikrokorrekturen, möchte ich jetzt sagen, wollen sich nun diese Regierungsparteien von den Familien feiern und im Herbst auch wählen las­sen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, nicht die 5 Pro­zent, in denen etwas bei der Familienpolitik unternommen wird, sondern die 95 Pro­zent, in denen die Regierung durch Unterlassen glänzt, sollen hier jetzt ein Thema sein!

Stellen wir nun diese Mikroreformen diesen Unterlassungen und den wirklichen Proble­men der Familienpolitik gegenüber! – Wo bleibt die tatsächliche Wahlfreiheit? Wo ist die 13. und 14. Familienbeihilfe hingekommen? (Abg. Steibl: Die gibt es eh, die 13. Familienbeihilfe!) Wann werden die Familienleistungen endlich valorisiert? Wann kommt endlich die jährliche Valorisierung der Familienleistungen? (Beifall bei der FPÖ.)

Und: Wann wird der Kündigungsschutz vor allem bei der Langvariante im Kinderbe­treuungsgeld harmonisiert? Und wann bricht man das starre System des Kinderbetreu­ungsgeldes endlich auf und ermöglicht auch ein mehrmaliges Wechseln innerhalb der Varianten durch beide Elternteile? Und wann diskutiert man endlich über ein offenes familienfreundliches Steuermodell?

Die Vorschläge liegen auf dem Tisch, so zum Beispiel unser Antrag, um hier eine Ver­besserung zu erreichen, nämlich ein Antrag zur Abschaffung der Zuverdienstgrenze. (Beifall bei der FPÖ.) In diesem Antrag haben wir ja nur das zu Papier gebracht, was die Experten des Familienministeriums längst gesagt haben. Professor Mazal, der Ins­titutsleiter des Österreichischen Instituts für Familienforschung, hat nämlich bei einer


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 169

Familienausschuss-Sitzung am 20. Juni des letzten Jahres ganz deutlich festgestellt, dass die Zuverdienstgrenze absolut keine Steuerungsmöglichkeit oder keinen Len­kungseffekt hat.

Wenn Sie, insbesondere die Damen und Herren von der ÖVP, es jetzt wirklich mit der Familienpolitik ernst meinen, dann müssten Sie unserem Antrag zustimmen. Tun Sie es! Sie haben jetzt die Möglichkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

17.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


17.12.55

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Abgeordnete Kitzmüller, ich glaube, Sie haben etwas verschlafen! Ich werde Ihnen jetzt sagen, was wir in der letzten Zeit alles beschlossen haben (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Nichts habt ihr beschlossen! Gekürzt habt ihr!), wo Sie aber meistens dagegen waren. Nämlich: das Familienrechts­paket, die Direktauszahlung der Familienbeihilfe, das Bundes-, Kinder- und Jugendhil­fegesetz, das Top-Jugendticket, die Pflegefreistellungen und vieles andere mehr.

Sie haben wahrscheinlich auch übersehen, was für eine Revolution das Kinderbetreu­ungsgeldgesetz war, das im Jänner 2002 in Kraft getreten ist und das das Karenzgeld­gesetz abgelöst hat. Sie wissen möglicherweise auch nicht, dass wir 2010 weitere Va­rianten des Kinderbetreuungsgeldes eingeführt haben, sodass wir mittlerweile vier Va­rianten haben, und auch ein einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld. Und die Zuverdienstgrenze des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes  (Neuerli­cher Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) – Zuhören und nicht so viel quatschen! (Beifall bei der ÖVP.) Entschuldigung!

Genau die Zuverdienstgrenze des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes wird eben jetzt mit der vorliegenden Novelle wieder verbessert, und zwar wird sie von 6 100 € auf 6 400 € angehoben, und es gibt, was das Wichtigste ist und was immer eine Forderung war, weil man sich möglicherweise bei der Antragstellung für die ver­schiedenen Varianten vertut, eine 14-Tage-Frist.

Weil Sie immer von Ihrem Entschließungsantrag reden, möchte ich Ihnen eines schon sagen: Eine gänzliche Abschaffung der Zuverdienstgrenze würde an die 170 Millio­nen € ausmachen und meiner Meinung nach die Väterbeteiligung eher reduzieren als anheben. Im Übrigen erleichtert die aktuelle Novelle jetzt genau diese Zuverdienst­grenze.

Auch Folgendes möchte ich Ihnen noch sagen und mit auf den Weg geben: Sie brau­chen uns nicht zu sagen, was wir noch alles tun sollen, sondern gehen Sie mit bei un­seren Anträgen, darum bitte ich Sie! (Beifall bei der ÖVP.)

Im Namen der ÖVP, mit ihrem exzellenten Familienminister, möchte ich zusammenfas­send sagen: Unsere Prioritäten in der Familienpolitik sind Kindeswohl, Wahlfreiheit und Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Ich lade Sie ein, da mitzutun! (Beifall bei der ÖVP.)

17.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


17.15.31

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Kinderbetreuungsgeld wurde 2002 unter der damaligen FPÖ/ÖVP-Regierung als einkommensunabhängige Familienleistung eingeführt. Ich erinnere mich noch an die Haltung der seinerzeitigen Oppositionspar-


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teien SPÖ und Grünen, die absolut gegen dieses Kinderbetreuungsgeld gewesen sind. Aber es hat sich gezeigt, dass es bis heute als Ganzes Bestand hat und ein unver­zichtbarer Bestandteil der österreichischen Familienpolitik ist. Und das ist gut so.

Nur: Seither sind über zehn Jahre vergangen, und da hat sich natürlich einiges getan. Wir hatten damals das sogenannte Langzeitmodell, das auch heute noch das bestan­genommene Modell bei den Familien ist. Mittlerweile haben wir fünf Modelle, und ich frage mich ganz ehrlich: Brauchen wir wirklich fünf Modelle? Wäre es nicht vernünfti­ger, diese fünf Modelle zu reduzieren, und zwar auf eine Langzeitvariante und eine Kurzzeitvariante, denn wir sehen, dass bei den vielen Modellen ständig repariert wer­den muss? Zum Beispiel brauchen wir Änderungen bei den unterschiedlichen Zuver­dienstgrenzen, und es gibt Probleme bei den komplizierten Berechnungen, und so wei­ter.

Das, was heute als Novelle vorliegt, ist auch wieder so eine Reparatur, wo auf Be­schwerden beziehungsweise auf Grund von Anliegen reagiert wird. Eine echte Reform des Kinderbetreuungsgeldes ist nämlich noch immer ausständig. Wir haben im letzten Ausschuss einen diesbezüglichen Antrag vom BZÖ behandelt. Er wurde leider vertagt, und das ist zu dieser Zeit schon ein bisschen hinterfragenswert, denn auf welchen Tag wollen Sie das vertagen, auf den Sankt-Nimmerleins-Tag? Aber der Antrag wird wahr­scheinlich nicht so schlecht gewesen sein, denn Sie wollten sich inhaltlich nicht damit befassen.

Wir werden heute dieser neuerlichen Novelle nicht unsere Zustimmung geben, und zwar nicht deshalb, weil wir nicht wollen, dass Mütter und Väter, wenn sie einmal etwas beschlossen haben, ab Antragstellung binnen 14 Tagen noch einmal eine andere Va­riante wählen können, und auch nicht deswegen, weil wir nicht wollen, dass die Zuver­dienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld ein bisschen ange­hoben wird, sondern deshalb, weil wir ganz klare Richtlinien beim Kinderbetreuungs­geld haben wollen, nämlich solche, die auch nachvollziehbar sind.

Das heißt: Wir wollen die Zuverdienstgrenze abschaffen, weil die Zuverdienstgrenze, wie wir schon gehört haben, kein Lenkungsinstrument ist, sondern ein Stolperstein, der auch die Verwaltung belastet. Die Kosten für die Verwaltung und für die Berechnung der Modelle steigen ständig. Und wenn es geheißen hat, 170 Millionen € würde es kos­ten, die Zuverdienstgrenze abzuschaffen, dann muss ich sagen: Rechnen wir einmal nach, was an steigenden Verwaltungskosten wir ständig haben! Dann sehen wir, dass dieser Betrag wirklich ein wesentlich geringerer ist.

Wir vom BZÖ wollen eine Vereinfachung der verschiedenen Modelle, indem wir sie, wie schon gesagt, auf ein Kurzzeit- und ein Langzeitmodell reduzieren. Und wir wollen, dass endlich die Familienbeihilfe den entsprechenden Gegebenheiten angepasst wird und natürlich auch das Kinderbetreuungsgeld.

Wenn jetzt die ÖVP unser BZÖ-Modell kopiert und damit wirbt, dass das Leben wieder leistbarer werden soll – sozusagen: vom Bucher-Tausender auf den Spindelegger-980 Euro-Schein, wie ich glaube –, dann muss ich schon sagen: Gerade beim Kinder­betreuungsgeld und bei der Familienbeihilfe haben Sie kläglich versagt, denn da wird nicht angepasst. Sie erhöhen seit Jahren die Gebühren, wie zum Beispiel die Rezept­gebühren, die Gerichtsgebühren, Autobahn-Vignetten-Gebühr und so weiter, da wird nicht gezögert, aber für die Kinder ist kein Geld da.

Daher werden wir heute dieser Novelle nicht zustimmen. Wir werden aber dem Antrag der Freiheitlichen auf Abschaffung der Zuverdienstgrenze zustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

17.19



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 171

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Binder-Maier. – Bitte.

 


17.20.04

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zum einen bin ich überzeugt davon, dass wir in Österreich ein System der Familienförderung und der Unterstützung für die österreichischen Fami­lien haben, auf das wir stolz sein können. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum anderen gibt es immer wieder Verbesserungsvorschläge, Frau Kollegin Kitzmül­ler, nur, denke ich, muss natürlich auch sorgsam mit den finanziellen Ressourcen um­gegangen werden. Und wir können sicherlich darüber nachdenken, wie punktgenau verschiedenste Förderungsmaßnahmen für die Kinder, für die Familien zur Verfügung gestellt werden.

Heute liegt uns eine Novelle zum Kinderbetreuungsgeld vor. Es geht darin um Verbes­serungen, um Vereinfachung, im Wesentlichen in vier Punkten:

Zum einen kann man in Zukunft, wenn man ein falsches Kinderbetreuungsgeldmodell angekreuzt hat, innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens Änderungen herbeiführen. Es gibt weiters eine Vereinfachung beim Zuverdienst, eine Erhöhung der Zuverdienst­grenze und eine Verbesserung bei der Durchsetzung eines strittigen Anspruchs. – So gesehen, meine Damen und Herren, vier Punkte, die wichtig und notwendig sind.

Herr Bundesminister, gleich zu Beginn vielen Dank für die Einhaltung Ihres Verspre­chens im Zusammenhang mit dem Zuverdienst von Studierenden. Es bewegt sich et­was. Vielen herzlichen Dank!

Und von unserer Behindertensprecherin wurde mir mit auf den Weg gegeben: Viel­leicht können wir noch einmal über das Top-Ticket für 2 000 Jugendliche, die in Be­schäftigungsprojekten sind, reden. Wir wären sehr froh, wenn wir darüber noch disku­tieren könnten und auch da eine Lösung herbeiführen könnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Problemfeld beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld gibt es noch, nämlich dann, wenn Firmen unvermutet in Insolvenz gehen, wenn es zu unberech­tigten Kündigungen und Entlassungen kommt oder wenn der Krankengeldbezug länger als 14 Tage dauert. Da, glaube ich, müssen wir noch darangehen, eine Lösung zu fin­den.

Frau Kollegin Haubner! Sie haben eine Vereinfachung der Systeme eingefordert. Ich denke mir, das wäre natürlich möglich; andererseits aber fordern wir immer, die Fami­lien sollen je nach Lebenssituation aus verschiedensten Varianten das für sie beste System heraussuchen können – das ist die zweite Seite. Ich persönlich bin davon überzeugt – und ich bin da im guten Verbund mit der Industriellenvereinigung –, dass vor allem die lange Kinderbetreuungsgeldvariante abzuschaffen wäre, weil Frauen durch diese sehr, sehr lange vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden.

Hinsichtlich eines Punktes, der mir sehr, sehr wichtig ist und der sich auch bewährt hat – das steht auf Ihrer Homepage, meine Damen und Herren, ich habe noch einmal nachgeschaut –, nämlich der Väterbeteiligung, hat sich gezeigt, dass diese durch das einkommensabhängige Kindergeld gesteigert werden kann. Eine ersatzlose Streichung der Zuverdienstgrenze, wie sie hier gefordert wurde, lehnt meine Fraktion ab, weil ei­nerseits Sinn und Zweck des Kinderbetreuungsgeldes ist, zu ermöglichen, die Kinder selbst zu betreuen. Andererseits sind wir davon überzeugt, dass Kinderbetreuungsein­richtungen wichtig, notwendig und eine Ergänzung zur familiären Betreuung sind und einen wichtigen Stellenwert bei der Entwicklung, Förderung und Sozialisierung der Kin­der haben. Und diese Strukturen müssen vorerst noch weiter ausgebaut werden. (Bei­fall bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 172

Ich denke, Kinderbetreuungsgeld und Kinderbetreuungseinrichtungen sind wichtige po­litische Maßnahmen, ebenso wie ein Fördersystem, das gerecht und unkompliziert ist. So gesehen sind wir auf dem richtigen Weg. Und ich denke, wenn in der Betreuungs-, Versorgungs- und Pflegearbeit auch die Männer noch ihren Anteil leisten, dann kann die Chancengleichheit auch zum Erfolg kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte.

 


17.24.36

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Die Reparaturen, die wir mit dieser Novelle durchführen, sind durchaus begrüßenswert. Über eine freue ich mich ganz besonders, weil sie unter anderem auf Anregung von mir erfolgt ist. Ich hatte natürlich diese Idee nicht allein, sondern betroffene Frauen und Eltern haben sich bei uns gemeldet. Ganz konkret ging es darum, dass es früher oder bis heute nicht möglich war, wenn man sich einmal für eine Variante entschieden hatte und sich unter Umständen bei der Beantragung, die ja elektronisch möglich ist, geirrt hatte, das wieder abzuändern. Da haben sich einige Mütter und Väter konkret an uns gewandt.

Das geschieht ja nicht oft – in diesem Fall möchte ich auch wirklich noch einmal Danke sagen dafür –, dass es da auch ein offenes Ohr bei Ihnen, Herr Bundesminister, gab und dass Sie dann auch tatsächlich die entsprechende Novelle auf den Weg geschickt haben. Es gibt damit dann eine Toleranzfrist, und wenn man draufkommt, man hat sich geirrt, dann kann man das noch einmal abändern – denn so wie das auch bei allen an­deren behördlichen Wegen der Fall ist, kann man sich auch hier irren.

Verschweigen möchte ich aber nicht, dass ich es schade finde, dass Sie die Anregun­gen in den Stellungnahmen, vor allem vonseiten der Arbeiterkammer, die hier sozusa­gen für eine längere Frist plädiert haben, nicht aufgegriffen haben. Und verschweigen möchte ich auch nicht, dass man meiner Ansicht nach schon grundsätzlich auch da­rüber diskutieren sollte, wie man denn insgesamt mit der Möglichkeit, die Variante zu ändern, umgehen sollte.

Das ist aber natürlich nur deshalb notwendig, weil es so viele Varianten gibt. Und das ist auch sozusagen ein Punkt, den ich bedaure, nämlich dass wir es hier wieder nicht geschafft haben oder dass hier wieder nicht die Gelegenheit wahrgenommen wurde, eine fundamentale Änderung des Kinderbetreuungsgeldes anzugehen. Ich habe dies­bezüglich gemeinsam mit meiner Kollegin Judith Schwentner schon vor längerer Zeit einen ganz konkreten Vorschlag gemacht.

Im Moment ist es einfach so: Es gibt viele Varianten. Junge Eltern brauchen Steuerbe­rater, Finanzexperten, mehrfach geöffnete Excel-Sheets, um sich ausrechnen zu kön­nen, welche die für sie günstigste Variante ist. Bei geänderten Verhältnissen wäre dann vielleicht eine andere Variante besser. Die ganze Diskussion rund um die Zuver­dienstgrenze kommt dann auch noch dazu.

Unser Vorschlag wäre, eine grundsätzlich einkommensabhängige Variante vorzuse­hen, die auch eine Annäherung der jeweiligen Anzahl der Elternmonate nach sich zieht. Jetzt ist es ja so, dass bei manchen Varianten die Väter nur sehr kurz, die Mütter hingegen sehr lange das Kinderbetreuungsgeld beziehen. Die längste Variante, 30 plus 6, ist ohnedies eine, die mit etwaigem Kündigungsschutz und vielem anderen mehr überhaupt nicht mehr in Einklang zu bringen ist. Das heißt, der Wiedereinstieg jener – vor allem der Frauen –, die dann so lange das Kinderbetreuungsgeld bezogen haben, ist nachgewiesenermaßen ein schwerer, und da muss man gegensteuern – und deswegen unser Vorschlag!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 173

Unser Vorschlag beinhaltet auch Möglichkeiten, für Alleinerziehende, aber nicht nur für Alleinerziehende, sondern auch für Patchwork-Familien die Lebensrealitäten abzubil­den, sprich die Partnermonate bei nicht vorhandenen Partnern auch durch Großeltern oder andere nahestehende Personen ersetzen zu können, um auch da dem Umstand gerecht zu werden, dass es eben in vielfacher Hinsicht Familien gibt, Einelternfamilien, wo es eben keinen Partner gibt, aber wo es möglicherweise neue Partner gibt oder Großeltern oder Geschwister – Geschwister der Eltern, nicht zwingend Geschwister der Kinder –, die sich hier vermehrt einbringen.

Eine Gesamtänderung wurde also jetzt nicht geschafft.

Noch ein Letztes, und zwar zu den Zuverdienstgrenzen. Da schließe ich mich den Vor­rednerinnen an, die hier gesagt haben, der gänzliche Wegfall der Zuverdienstgrenze würde Probleme bringen, nämlich in der Hinsicht, dass dann unter Umständen oder wahrscheinlich Väter in Karenz gehen würden, aber die tatsächliche Betreuungslast erst recht bei der Mutter bliebe. Deswegen sind wir gegen die Abschaffung einer Zu­verdienstgrenze. Was wir aber schon meinen, ist, dass es hier eine Reform bräuchte und dass man vor allem flexibel eine Zuverdienst- und auf der anderen Seite eine Ar­beitszeitobergrenze einführen könnte. Auf diese Weise könnte man auch dieses mög­liche „Väterproblem“ – unter Anführungszeichen – in den Griff bekommen und hätte hier auch mehr Flexibilität.

Mit dieser Vorlage erfolgen also kleine Reparaturen, denen wir uns anschließen kön­nen, aber die Gesamtänderung, die tatsächlich dem Erfordernis der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und auch der Unterstützung der Mütter dahin gehend, wieder in den Job zurückgehen zu können und nicht allzu lange aus ihrem Beruf draußen bleiben zu müssen, gerecht würde, fehlt noch. (Beifall bei den Grünen.)

17.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


17.29.36

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Jeder Erleichterung und Verbesserung im Fa­milienbereich, auch natürlich das Kinderbetreuungsgeldgesetz betreffend, stimmen wir zu, und wir stimmen auch dieser Regierungsvorlage zu – das möchte ich gleich vor­wegnehmen.

Von Vorrednerinnen wurde schon ausgeführt, es gibt positive Punkte, die erwähnens­wert sind, so etwa Vereinfachungen, was die komplizierte Berechnung der sogenann­ten Rumpfmonate betrifft, die Erhöhung der Zuverdienstgrenze – wenn auch marginal, von 6 100 auf 6 400 € –, die Verbesserung respektive Vereinfachung bei Streitigkeiten. Die Option, dass man nun 14 Tage Zeit hat, in eine andere der fünf Varianten wech­seln zu können, wenn man eine ausgesucht hat und vielleicht die falsche angekreuzt hat, wenn man nicht schlüssig war oder wenn es zu einem Missverständnis gekommen ist, wurde, wie schon erwähnt, auf Antrag der Grünen mit eingearbeitet und ist auch gut und begrüßenswert.

Es gibt aber nicht nur positive Aspekte, sondern man muss das als Gesamtes sehen, und im Familienbereich gibt es noch sehr viel zu tun. Es haben einige Vorrednerinnen schon die fünf Modelle des Kinderbetreuungsgeldes angesprochen. Da sehen wir auch, dass dies zu Problemen führt, und auch diese Novelle zeigt ja oder ist ein Be­weis dafür, dass es Probleme gibt, weil hier wieder reformiert werden muss. Wir spre­chen uns auch dafür aus, dass diese fünf Modelle evaluiert werden. Sie haben es ja bei einigen Modellen bereits gemacht. Und wir müssen in Zukunft auch darüber spre­chen, ob wir zwei Modelle haben, ob wir drei Modelle haben – ich glaube, das würde ausreichen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 174

Weiters muss auch gewährleistet werden, dass den Familien von der Politik die not­wendigen Rahmenbedingungen gegeben werden, dass diese Rahmenbedingungen geschaffen werden. Der Herr Bundesminister hat uns im letzten Ausschuss vor allem auch beim Bericht über die Jugendstrategie mitgeteilt, dass laut Umfragen 80 Prozent der Jugendlichen wünschen, eine Familie zu gründen, dass also dieser Wunsch vor­handen ist. In der Realität schaut das dann aber leider oft anders aus, weil eben die entsprechenden Rahmenbedingungen nicht vorhanden sind.

Zu diesen Rahmenbedingungen zählen ausreichende Kinderbetreuungsangebote, auch das Kinderbetreuungsgeld, aber in einer vereinfachten Form – sodass sich die Leute auch auskennen und man keinen Steuerberater braucht, um zu entscheiden, welches Modell das richtige ist –, und in weiterer Folge sehen wir auch die Abschaf­fung der Zuverdienstgrenze als ein Mittel, das mehr Väterbeteiligung bringen, die Ver­einbarkeit von Familie und Beruf verbessern und – als dritten wichtigen Punkt – die Wahlfreiheit erhöhen würde.

Die Zuverdienstgrenze ist ja ein Reizwort, vor allem auch in der ÖVP. Herr Minister, in Ihrer eigenen Fraktion gibt es dazu große Divergenzen oder Meinungsverschiedenhei­ten. Soweit ich es in Erinnerung habe, ist Ihre Frauensprecherin Schittenhelm eine Be­fürworterin der Abschaffung der Zuverdienstgrenze, bei den anderen Familienpolitike­rinnen in Ihrer Fraktion hingegen sieht es nicht danach aus.

Wir vom Team Stronach stimmen dem Antrag der Kollegin Kitzmüller zur Abschaffung der Zuverdienstgrenze zu, weil wir eben der Meinung sind, dass diese Abschaffung ei­ne Verbesserung für die Familien mit sich bringen und auch zu mehr Väterbeteiligung führen würde. Dem Argument, das teilweise von der FPÖ beziehungsweise von der SPÖ ins Treffen geführt wird, dass es nicht zu mehr Väterbeteiligung käme, wenn man die Zuverdienstgrenze abschaffen würde, kann ich nicht folgen. Wenn man es nicht macht, wird man es nicht wissen.

Wie gesagt, ich bin der Meinung, dass man diese Zuverdienstgrenze abschaffen sollte. In dieser Gesetzgebungsperiode wird es nicht mehr der Fall sein, aber vielleicht haben wir in der nächsten die Gelegenheit dazu. – Danke. (Beifall des Abg. Tadler.)

17.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


17.33.25

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Familienminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist über die heuti­gen Änderungen beim Kinderbetreuungsgeld schon sehr viel gesagt worden. Darum möchte ich auf einige Aussagen eingehen, die einerseits zur Frage der Abschaffung der Zuverdienstgrenze und andererseits auch immer wieder in Form von Kritik an der Langvariante oder an der „nicht echten Wahlfreiheit“ getätigt wurden.

Ich glaube, dass wir in Österreich Familien haben, die sehr mündig sind, die ganz ge­nau wissen, was für sie und für ihre Lebenssituation die richtige und passende Variante ist. Und wir können davon ausgehen – und die Frau Kollegin Haubner hat es ja auch ehrlich angesprochen –, dass die Langzeitvariante immer noch am meisten angenom­men wird, dass aber natürlich auch die anderen Varianten sehr gut angenommen werden und auch die einkommensabhängige Variante sehr gut angenommen wird, und dies auch in großartiger Weise im Zusammenhang mit der Väterbeteiligung.

Nur, man kann sich natürlich alles wünschen, Frau Kollegin Musiol, und das Wechseln zwischen den Varianten wäre ja für alle toll, aber erstens einmal könnte man schon einmal nicht zwischen der einkommensabhängigen und einer Pauschalvariante wech­seln, weil das im jetzigen System mit der Zuverdienstgrenze nicht klappen würde. Es


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wäre wahrscheinlich ein wahnsinniger administrativer Aufwand – den wir ja alle nicht wollen, denn wir wollen ja eigentlich, dass es einfach zu handeln ist, und zwar auch für die zuständigen Stellen, nicht nur für die Familien selber.

Was die Zuverdienstgrenze betrifft, so gibt es natürlich in unserer Fraktion auch einige, die damit liebäugeln könnten, was die Frau Kollegin Musiol angesprochen hat, nämlich dass man Stunden reduziert. Ich bin eine Verfechterin davon, aber, ganz ehrlich, man überzeugt mich auch, wenn man sagt, es gibt auch Selbständige, es gibt auch Bäu­erinnen, bei denen man mit einer Stundenreduktion nicht die nötige Systemänderung und das gewünschte Ziel erreichen würde.

Was die gänzliche Abschaffung der Zuverdienstgrenze betrifft, so gibt es natürlich auch dafür gute Argumente. Aber, ganz ehrlich, wir wollen, dass sich auch Väter wirklich an der Betreuung beteiligen. Wir wollen, dass sich die Familien das auch wirklich aussu­chen und sich hier auch wirklich entscheiden können. Und sie entscheiden sich ja bei­spielsweise auch für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld, obwohl sie hier eine Ganzjahreszuverdienstgrenze von nur 6 400 € haben.

Ich glaube ganz einfach, dass das Kinderbetreuungsgeld, zumal es jetzt elf Jahre alt ist, eine Erfolgsgeschichte ist und wir es ständig weiterentwickeln, momentan einmal – bevor dann eine Evaluierung stattfindet – eine gute Sache ist. Wir stehen aber dazu, dass wir mehrere Varianten wollen, denn wir wollen, dass die Familien auswählen kön­nen.

Ich kann auch, ganz ehrlich, die Kritik nicht nachvollziehen, die immer wieder mit der Forderung verbunden wird – auch Frau Kollegin Binder-Maier hat heute angesprochen, dass die Industriellenvereinigung das möchte –, dass die Langvariante ganz wegkom­men sollte, sodass die Frauen wieder schneller in die Erwerbstätigkeit zurückfinden. Ja, das ist schon okay, aber wenn sich die Frauen, die Mütter, die Familien für die Langvariante entscheiden – und ich gehe davon aus, es hat die Familien niemand da­zu gezwungen –, dann ist das eben die Entscheidung der Familien. Und wir in der ÖVP stehen nun einmal dafür, dass sich die Familien selbst entscheiden können, und wir stehen dafür, dass auch die Langvariante dort, wo sie für die Familiensituation passend ist, weiterhin bestehen bleiben soll. Ich glaube, das ist für die Familien wichtig.

Was es sonst für die Familien noch alles zu tun gibt, das wissen wir alle. Der Herr Fa­milienminister hat hier, glaube ich, auch sehr klare Pflöcke eingeschlagen, und er hat auch jetzt mit der Kampagne für die Jugend gezeigt, dass er die Sache sehr, sehr ernst nimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

17.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


17.37.34

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Freiheit steigt mit der Zahl der Möglichkeiten. Und wenn wir für die Familien verschiedene Möglichkeiten haben, das Kindergeld in An­spruch zu nehmen, dann ist das, glaube ich, ein Gewinn für die Familien in unserem Land und nicht ein Nachteil. Indem wir in dieser Legislaturperiode mit dem einkom­mensabhängigen Kindergeld eine zusätzliche Variante geschaffen haben, ist uns meines Erachtens ein großer Wurf gelungen, denn dass die Väterbeteiligung durch die Möglichkeit des einkommensabhängigen Kindergeldes höher ist – was für jeden, der halbwegs emanzipatorisch denkt und diesen Zugang hat, ein großes Ziel ist –, ist ein­fach an den Zahlen abzulesen.

In Bezug auf die Möglichkeit des Zuverdienstes bin ich der Ansicht, es ist gut, dass da die Grenze erhöht wurde. Dass sie ganz abgeschafft wird, dafür bin auch ich nicht, weil


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der Zweck des Kindergeldes ja genau der ist, dass man sich in der Zeit, in der man es bezieht, auch um das Kind kümmern können soll.

Weil auch meine Vorrednerin, Frau Abgeordnete Tamandl, darauf hingewiesen hat, dass die Familien sich ja frei entscheiden können: Es wäre natürlich wünschenswert, dass sie sich in vielen Bereichen frei entscheiden können, aber es gibt eben in Öster­reich nach wie vor Gegenden, wo es nicht so einfach ist, eine Kinderbildungseinrich­tung zu finden, die entsprechende Öffnungszeiten hat, die auch im Juli/August geöffnet hat, oder wo es nur eine Einrichtung gibt, die schon um 14 Uhr oder 15 Uhr schließt, und das ist oft mit dem Beruf schlicht und einfach nicht vereinbar. Daher haben wir ja auch hier wiederum mit Artikel-15a-Verträgen und mit verschiedenen Initiativen und Im­pulsen dafür gesorgt, dass die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen wer­den. Diese Novelle, sehr geehrte Damen und Herren, ist eine Verbesserung der beste­henden Varianten.

Zum Schluss noch einen kurzen Satz: Der Erfolg hat viele Väter/viele Mütter. Auch ich habe den Herrn Bundesminister einmal darauf hingewiesen, dass es wünschenswert wäre, dass es die Möglichkeit der Korrektur gibt. Das ist für einige Frauen, einige Fa­milien – vielleicht nicht für die Masse – von großer Wichtigkeit, wenn sie einmal falsch angekreuzt haben, wenn sie sich einmal falsch entschieden haben.

Es wird geregelt, dass man die Möglichkeit hat, sich nach Antragstellung innerhalb von 14 Tagen einmal anders zu entscheiden, da man sich geirrt hat, ob es nur ein Schreib­fehler war oder aus grundsätzlichen Überlegungen. Da wird Wünschen, den Wünschen von Frauen, nachgegangen. Sie haben richtig reagiert. Mein Brief von 2011 ist dadurch mit 2013 obsolet geworden.

Herzlichen Dank, Herr Bundesminister, auch im Sinne der Frauen, die das betrifft. (Bei­fall bei der SPÖ.)

17.40


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Dr. Mitterleh­ner. – Bitte.

 


17.41.03

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es schadet auch im Bereich der Familienpolitik nicht, mit einer bestimmten Logik und Systematik, aber auch pragmatisch an die Weiterentwicklung heranzugehen. Da hier einige Maßnahmen zur Beschlussfassung stehen, um das System zu verbessern, vielleicht doch ein paar Worte zur Gesamtsystementwicklung.

Meine Damen und Herren! Wir haben im Bereich der Familienpolitik, was die Transfer­leistungen, was die Beihilfen, was das Kinderbetreuungsgeld anbelangt, ein sehr gut ausgestattetes System. Wenn Sie das nicht wahrhaben wollen, schauen Sie bitte in die Schweiz, die uns so oft als Vergleich vorgehalten wird! Oder schauen Sie nach Skandi­navien, wie dort die Ausstattung ist, welche Modelle sie im Kinderbetreuungsbereich anbieten!

Die langfristige Absicherung des Systems der Familienbeihilfen war eine sehr unange­nehme Situation, aber es ist um die Finanzierbarkeit des FLAF gegangen. Wir haben das vor drei Jahren gemacht und die richtigen Weichenstellungen vorgenommen. Der FLAF wird in wenigen Jahren wieder ins Positive schwenken, was für die weitere Ent­wicklung sehr gut ist. Das ist eine gute Grundlage für alle anderen Maßnahmen.

Ich habe daher Ihr Wording, Frau Kitzmüller, nicht der Sache angemessen empfunden: diese Suppenkasper-Problematik im Schlaraffenland. Das ist nicht die Familienpolitik, wie wir sie jetzt gestalten können! Wir haben eben ein Konsolidierungspaket, aber wir haben auch gute Möglichkeiten.


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Damit aber auch zu der Frage, die heute zur Debatte steht: Wie gehen wir denn mit den Varianten des Kinderbetreuungsgeldes um? – Es sind fünf Varianten. Im Endeffekt erhöhen jede Verbesserung und jede Wahlmöglichkeit, die wir beschließen, zum Bei­spiel die Änderungsmöglichkeit innerhalb von 14 Tagen, die Komplexität und die Ad­ministrierbarkeit des Systems und die Problematik, mit dem umzugehen. Daher ist die Fragestellung, die auch heute gekommen ist: Brauchen wir alle Varianten? Ist es ins­besondere notwendig, dass wir die Langzeitvariante haben, wo sich doch abzeichnet, dass erfreulicherweise viele wieder in den Beruf zurückkehren wollen? Ist da der Kon­takt mit dem Unternehmen eng genug?

Meine Damen und Herren! Es pragmatisch zu sehen, ist in diesem Fall, glaube ich, nicht schlecht. Wenn wir das abschaffen würden, stellt jeder die Frage: Haben wir aus­reichend Kinderbetreuungsplätze? – Die bauen wir gerade aus. Im Jahr 2016 werden wir auch bei den unter Dreijährigen die Quote von 33 Prozent erfüllen können.

Meine Damen und Herren, dann ist aber schon der Zeitpunkt gekommen, auch darüber zu diskutieren, ob wir noch alle Varianten brauchen. Im Endeffekt haben Sie dann die Situation, dass der Staat Kinderbetreuungsgeld bezahlt und auf der anderen Seite auch Einrichtungen für die Kinderbetreuung teilweise gratis oder mit geringen Kosten zur Verfügung stellt. Es wird sich kein Staat leisten können, auf Dauer und in vollem Umfang beide Angebote auszufinanzieren. Daher ist das voll berechtigt.

Dann wird auch der Zeitpunkt sein, um darüber zu reden, wie es mit der Zuverdienst­grenze ausschauen soll und wie man da weiter vorgeht. Warum? – Es ist eine logische Sache: Es stimmt, wenn ich die Zuverdienstgrenze vollkommen abschaffe, kostet es nicht nur viel Geld, sondern es fehlt auch jeder Anreiz, Männer entsprechend zu bewe­gen, wirklich beim Kind zu bleiben. Das Ganze würde dann zum Einkommensersatz werden, und jemand anderer wird dann die Kinderbetreuung vornehmen. Da kann man der Meinung sein: Das ist mir egal, das sollen sich die Eltern ausmachen! Oder man ist der Meinung: Wir wollen Väter stärker einbeziehen! Meine Meinung ist: Wir haben uns einmal entschieden, das so zu machen. Dann kann ich nicht heute Ja und morgen Nein sagen, sondern Ja und Ja. Daher sollen wir das auch so fortsetzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Was die einzelnen Maßnahmen heute anlangt, sehe ich diese nicht als Reparaturen. Ich sehe sie als klare Verbesserungen. Gerade derjenige oder diejenige, die falsch ein­tippt oder sich kurzfristig falsch entscheidet, hat 14 Tage Zeit. Wir haben auch bei Ver­fahren, glaube ich, Verbesserungen. Wenn jemand, während ein Gerichtsverfahren an­hängig ist, kein Geld bekommt, dann wird das jetzt entsprechend korrigiert. Zum Dritten gibt es auch Klärungen, was die Zuverdienstgrenze und die Anspruchsmonate anbe­langt. Im Prinzip sind es mehrere ganz konkrete Verbesserungen.

Mich freut es persönlich, dass wir uns nun in der Angelegenheit betreffend Studenten und Zuverdienstgrenzen, die Kollege Riepl angeregt hat, auch in die richtige Richtung bewegen. Da merkt man, dass er ein Sozialpartner ist, denn ihm ist der Fall der Betrof­fenen ein Anliegen. Mir ist das auch ein Anliegen. Das gehört geklärt.

Meine Damen und Herren! In diesem Sinn sind das meiner Meinung nach gute Verbes­serungen, denen Sie hoffentlich alle zustimmen können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


17.46.05

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister, danke schön für die Hinweise, dass wir da noch etwas zusammenbringen. Ich glaube, das ist ge­rechtfertigt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 178

Herr Bundesminister, ich möchte gleich an Ihre Ausführungen anschließen. Sie haben die internationalen Vergleiche im Bereich Familienpolitik erwähnt. Ich würde fast sa­gen: Würde es in der EU einen Wettbewerb über die Leistungen für die Familien ge­ben, dann würden wir wahrscheinlich, wie man so sagt, am Stockerl stehen oder die­sen Wettbewerb vielleicht sogar gewinnen. Das könnte ohne Weiteres sein.

Das bedeutet aber jetzt nicht, dass man sagt: Wir lehnen uns jetzt zurück! Ich glaube, das ist auch in der Debatte klar herauszuhören gewesen. Nämlich: Wir ruhen uns nicht auf den Lorbeeren aus. Natürlich ist immer wieder Verbesserungsbedarf vorhanden, der zu diskutieren ist. Das Heutige ist ein Teil dieser ganzen Geschichte.

Ich glaube, wichtig ist die Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung. Das ist auch von mei­nen Vorrednerinnen angesprochen worden. Das ist ein ganz wichtiges Thema. Das se­he ich auch pragmatisch. Wir denken einfach darüber nach, wie man diese Wahlfreiheit wirklich garantieren kann, und schauen: Wo gibt es noch Handlungsbedarf, was müs­sen wir noch tun?

Herr Bundesminister, Sie haben mehrmals in der Vergangenheit, in den letzten Wo­chen und Monaten, die Frage der Qualität der Kinderbetreuungseinrichtungen beson­ders erwähnt. Das habe ich gelesen, gehört und teilweise auch miterleben dürfen. Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Sache, wenn wir über Angebotsausbau, Ganztä­tigkeit und all diese Dinge sprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt eine große Nachfrage nach Betreuungsplätzen. Das liegt sicher auch daran, dass immer mehr Betroffene erkennen: Je kürzer die Erwerbsunterbrechung ist, desto leichter ist der Wiedereinstieg in den Beruf. Die Nähe zum Betrieb, zum ehemaligen Arbeitsplatz ist ganz wichtig, wenn man wieder zurückkommt. Ich denke, das alles ist mit zu berücksichtigen.

Wir wollen – wir heißt natürlich die SPÖ, aber auch andere Fraktionen im Haus wollen das – eine sozial gerechte Weiterentwicklung des familienpolitischen Leistungsspek­trums unserer Gesellschaft. Ich denke, da können wir für die Zukunft gut auf das, das wir schon haben, aufbauen.

Zuletzt vielleicht noch eine etwas humorvollere Bemerkung: Ich bin froh darüber, dass die SPÖ die einzige Fraktion ist, die bei so wichtigen familienpolitischen Themenfel­dern auch einem Mann den Platz am Rednerpult erlaubt. Ich war jetzt in der Debatte der einzige Abgeordnete, der hier sprechen durfte; sonst waren es Kolleginnen. Das ist kein Problem, aber ich freue mich, dass ich da sein darf. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Und der Herr Minister!)

Das ist ein Beweis mehr, dass die SPÖ die Väterbeteiligung ernst nimmt. Ich bin letzt­endlich vierfacher Vater. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amon: Der Herr Bundesminister ist aber auch ein Mann!)

17.49

17.49.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht mehr vor.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte die Plätze einzunehmen, denn wir kommen nun zu den Abstimmungen.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2336 der Beilagen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung zu diesem Entwurf. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 179

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Fami­lienausschusses, seinen Bericht 2429 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

17.50.1019. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (2335 d.B.): Ver­einbarung gemäß Art. 15a B-VG über eine Änderung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen (2430 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Eine mündliche Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Die Debatte eröffnet Frau Abgeordnete Gartelgruber. – Bitte, Frau Kollegin.

 


17.50.37

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Seit dem Jahr 2009 haben wir jetzt die Bundesförderung für einen kostenlosen verpflichtenden Halbtags-Kindergarten. Ich glaube nach wie vor, dass diese Maßnah­me nicht dazu geeignet ist, die sprachliche Förderung in dem Ausmaß zu unterstützen, wie es ursprünglich angedacht war. Wir haben noch keine Bestätigung dafür erhalten, dass dieser verpflichtende Gratiskindergarten irgendeine Verbesserung der Deutsch­kenntnisse in der Schule gebracht hat. Ich denke auch, dass wir diese 70 Millionen €, die wir jedes Jahr dafür aufwenden, sehr wohl besser investieren würden, wenn wir dieses Geld den Familien zur Verfügung stellen würden. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Wahlfreiheit ist heute schon mehrmals angesprochen worden. Ich denke, gerade im Bereich der Wahlfreiheit hätten wir sehr viel mehr zu tun. Deshalb begrüße ich neue, innovative Projekte, wie zum Beispiel jenes, das in Salzburg umgesetzt worden sind, das Berndorf-Modell. Ich finde dieses Modell des Salzburger Bürgermeisters her­vorragend, der nicht nur die außerfamiliäre Kinderbetreuung unterstützt, sondern auch die innerfamiliäre Kinderbetreuung unterstützen möchte. Das ist daher eine Wertschät­zung für die eigene Familienleistung. (Ruf bei der SPÖ: Das eine schließt das andere ja nicht aus!)

Deshalb möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gartelgruber und weiterer Abgeordneter

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, welche vorsieht, dass jene Eltern von Kindern unter drei Jahren, die die Kin­derbetreuung in der Familie erbringen, in ihrer wichtigen Leistung für die Gesellschaft finanziell unterstützt werden. Dabei soll angestrebt werden, dass die Unterstützung betragsmäßig jene Unterstützung erreicht, die für Fremdbetreuungsplätze ausgegeben wird. Analog zur Finanzierung von Fremdbetreuungsplätzen soll eine Finanzierung durch Bund, Länder und Gemeinden im Wege einer 15a-Vereinbarung angestrebt wer­den.“

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 180

Ich bitte Sie, diesen Antrag zu unterstützen. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Da müssen Sie aber  wieder abziehen, Frau Kollegin!)

17.53


Präsident Fritz Neugebauer: Dieser Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

§ 55 GOG-NR

der Abgeordneten Carmen Gartelgruber und weiterer Abgeordneter betreffend Wahl­freiheit für Eltern ausbauen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 19, Bericht des Fami­lienausschusses über die Regierungsvorlage (2335 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über eine Änderung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in insti­tutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen (2430 d.B.), in der 207. Sitzung des Natio­nalrates, XXIV. GP, am 13.06.2013.

Das Thema Wahlfreiheit ist in aller Munde. Durch 15a-Vereinbarungen mit den Län­dern hat sich der Bund in den letzten Jahren finanziell am Ausbau der Kinderbetreu­ungsplätze für Kinder unter drei Jahren in den Ländern finanziell beteiligt.

Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren (in Kinderkrippen) verursachen laut einer Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung („Die Kosten der Kinderbe­treuung in Österreich, Working Paper Nr. 74, 2010 ) Kosten in Höhe von jährlich 12.220,- Euro (1.018,34 Euro pro Monat). Die Studie stammt aus dem Jahr 2010 und bezieht sich auf Zahlen aus 2007. Die aktuellen Kosten (2013) dürften realistischer­weise um etwa 10 % höher sein. Ein großer Teil dieser Kosten wird von der öffent­lichen Hand (vor allem von Ländern und Gemeinden) getragen.

Das Ziel, Müttern durch diese finanzielle Förderung in Form einer Sachleistung früher den Wiedereinstieg in den Beruf zu ermöglichen, wird dabei nicht immer erreicht. So waren beispielsweise in Wien im Jahr 2011 nicht weniger als 43,8 % der Mütter von Krippenkindern nicht erwerbstätig (weiters 14,9 % teilzeitbeschäftigt und 40,2 % in Voll­zeit erwerbstätig, 1 % keine Angaben). Da Wahlfreiheit bedeutet, dass man sich ohne finanzielle Nachteile oder gesellschaftlichen Druck für den einen oder anderen Weg entscheiden können soll, sollten Mütter und Väter unabhängig von ihrer Entscheidung, Kinder selbst oder in einer Betreuungseinrichtung betreuen zu wollen, gleiche Leistun­gen erhalten.

Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat zum Bedarf der Kinder nach Betreuung und Erziehung (hier zu steuerlichen Fragestellungen) unter anderem folgendes ausge­sprochen:

„Die Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zu­vörderst ihnen obliegende Pflicht. Die Eltern erfüllen diese Pflicht in der Familie, die vor allem Erziehungsgemeinschaft, aber auch Wirtschaftsgemeinschaft ist. Die Eltern schulden den Kindern Sachleistungen, die den wirtschaftlichen Bedarf der Kinder de­cken, ebenso aber Betreuungs- und Erziehungsleistungen, die dem kindlichen Be­dürfnis nach Unterstützung, Anleitung sowie Vermittlung praktischer und kultureller Er­fahrungen genügen. “

„Der Betreuungsbedarf muss als notwendiger Bestandteil des familiären Existenzmini­mums einkommensteuerlich unbelastet bleiben, ohne dass danach unterschieden werden dürfte, in welcher Weise dieser Bedarf gedeckt wird. Das Einkommensteuerge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 181

setz hat den Betreuungsbedarf eines Kindes stets zu verschonen, mögen die Eltern das Kind persönlich betreuen, mögen sie eine zeitweilige Fremdbetreuung des Kindes, z.B. im Kindergarten, pädagogisch für richtig halten oder mögen sich beide Eltern für eine Erwerbstätigkeit entscheiden und deshalb eine Fremdbetreuung in Anspruch neh­men. “

(Zitate: 2 BvR 1057/92, 980/91)

Auch der österreichische Verfassungsgerichtshof hat die Freiheit der Eltern bei der Wahl der Kinderbetreuung bekräftigt (VfSlg: 13067):

ob die Eltern beide berufstätig sind und für die Kinderbetreuung anderweitig sorgen oder ein Teil, statt erwerbstätig zu sein, die Hauptlast der Kinderbetreuung übernimmt, ist Sache privater Lebensgestaltung.“

Die Länder finanzieren die Fremdbetreuung von Kindern mit beträchtlichen Mitteln, so werden etwa im Land Salzburg für Betreuungsplätze im Ausmaß von 30 bis 40 Stun­den pro Woche 777,- Euro pro Monat zugeschossen, wobei 60% vom Land und 40% von der Gemeinde zu entrichten sind.

Familien, die ihre Kinder selbst betreuen und erziehen, werden demgegenüber nicht gefördert.

Aus diesem Grund wurde in der Salzburger Gemeinde Berndorf ein Modell entwickelt, das dieses Manko auszugleichen versucht. Dabei geht es um die konkrete Wertschät­zung der familiären Kinderbetreuung durch Anhebung des Kinderbetreuungsgeldes auf die Höhe des Mindestsicherungssatzes bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes.

Zitat aus einer Pressemitteilung der Gemeinde Berndorf vom Dezember 2012:

„Gemeinde-Berndorf beschließt neues Modell und fordert Unterstützung von Bund und Land

Einstimmig, also mit Zustimmung von ÖVP, SPÖ und FPÖ hat die Gemeindevertretung von Berndorf knapp vor Weihnachten das „Berndorfer Modell“ zur Förderung der fami­lieninternen Kinderbetreuung beschlossen.

Dabei geht es um konkrete Wertschätzung der familieninternen Kinderbetreuung durch Anhebung des Kinderbetreuungsgeldes auf die Höhe des Mindestsicherungssatzes von € 773,--/Monat bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes.

Einleitend ist festzuhalten, dass die familienexterne Betreuung von Kindern zwischen 1. und 3. Lebensjahr auf Grundlage des Salzburger Kinderbetreuungsgesetzes, ergän­zend zum Kinderbetreuungsgeld zusätzliche öffentliche Mittel erfordert und die dabei geleistete, am Markt erbrachte Arbeit dadurch entsprechende Wertschätzung erfährt.

Nach dem Salzburger Kinderbetreuungsgesetz sind nämlich die Gemeinden und das Land Salzburg verpflichtet, bei Inanspruchnahme einer familienexternen Betreuung in einer Krabbelgruppe oder durch eine Tagesmutter, folgende finanzielle Leistungen zu erbringen:

 

€ / Monat 40 % Gem

€ / Monat 60 % Land

für 10 Std./Woche

€   79,--

€ 119,--

für 20 Std./Woche

€ 158,--

€ 238,--

für 30 Std./Woche

€ 236,--

€ 354,--

ab 30 Std.

€ 315,--

€ 462,--


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 182

Der Bund unterstützt die familienexterne Kinderbetreuung in dem er die Schaffung von institutionellen Betreuungseinrichtungen durch Direktzuschüsse fördert.

Die zu leistenden Elternbeiträge sind sozial gestaffelt!

Diese Form und Unterstützung der familienexternen Kinderbetreuung wird von der Ge­meinde Berndorf in keinster Weise in Frage gestellt. Sie bildet eine entscheidende Wahlmöglichkeit für Eltern, die diese Form der Kinderbetreuung brauchen oder wollen.

„Berndorfer Modell“: Wertschätzung und reellere Wahlmöglichkeit für familieninterne Betreuung.

Beim Berndorfer Modell der Familienförderung geht es darum auch der familieninter­nen Kinderbetreuung gebührende Wertschätzung der Allgemeinheit entgegenzubrin­gen. Wenn sich diese Wertschätzung der familieninternen Kinderbetreuung am Min­destsatz der Mindestsicherung für Alleinstehende und Alleinerziehende von € 773,-- im Monat orientiert, so ist dies keinesfalls vermessen.

Die Forderung lautet daher, dass Familien, die ihre Kinder zwischen dem vollendeten 1. und 3. Lebensjahr familienintern, ohne Inanspruchnahme von Tagesmüttern, Krab­belgruppen etc. betreuen, Kinderbetreuungsgeld in Höhe von € 773,-- pro Monat ab Geburt bzw. nach dem Ende des Wochengeldbezuges erhalten sollen.

Für Familien/Eltern, die sich für die dreijährige Kinderbetreuungsgeldvariante entschie­den haben und keine mit öffentlichen Mitteln geförderte, familienexterne Betreuung in Anspruch nehmen und dafür € 436,-- Kinderbetreuungsgeld/Monat erhalten, ist daher eine Aufzahlung von € 337,-- erforderlich.

Für Familien/Eltern, die sich für die zweijährige Kinderbetreuungsgeldvariante ent­schieden haben und dafür monatlich € 624,-- Kinderbetreuungsgeld erhalten, ist bei gleichen Voraussetzungen eine Aufzahlung von € 149,--/Monat erforderlich.

Der jeweilige Aufzahlungsbetrag soll zwischen Gemeinden, dem Land und dem Bund zu je einem Drittel aufgebracht werden.

Zudem ist der Kündigungsschutz für ArbeitnehmerInnen von 2 auf 3 Jahre zu ver­längern.

Gemeinde Berndorf geht mit gutem Beispiel voran.

Unabhängig vom Verhalten des Landes bzw. des Bundes, wird die Gemeinde Berndorf ab dem 1.1.2013 jenen Berndorfer Familien/Eltern, die sich für die zwei- bzw. dreijäh­rige Kinderbetreuungsgeldvariante entschieden haben und keine mit öffentlichen Mit­teln geförderte familienexterne Betreuung in Anspruch nehmen, den Gemeinde-Drit­telbeitrag zwei Mal jährlich auszubezahlen. Das sind € 112,-- pro Monat bei der 3-jäh­rigen und € 50,-- pro Monat bei den 2-jährigen Kinderbetreuungsgeld-Variante.

Bürgermeister Dr. Josef Guggenberger, hat diesen Vorschlag im Auftrag der ÖVP-Berndorf bei der Budgeterstellung für das Jahr 2013 eingebracht.

Nach vorläufigen Schätzungen wird die Gemeinde Berndorf dafür rund € 35.000,-- pro Jahr aufbringen müssen.

"Mit der Umsetzung unseres Modells der Familienförderung soll ein Stück mehr Ge­rechtigkeit zwischen der Unterstützung der familienexternen und der familieninternen Kinderbetreuung erreicht werden. Es geht dabei vor allem um die Wertschätzung der Arbeit jener Eltern, welche die Kinderbetreuung eigenverantwortlich, familienintern wahrnehmen. Es geht aber auch darum, die Wahlfreiheit zwischen familieninterner und familienexterner Kinderbetreuung zu verbessern," berichtet dazu Bgm. Guggenberger.

Gez.: Bgm. Dr. Josef Guggenberger      

21. Dez. 2012“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 183

Dieser mutige und richtige Vorstoß, in Richtung finanzieller Gleichbehandlung von Fa­milien im Sinne der Wahlfreiheit, ist zu begrüßen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass neben der umfassenden staatlichen Förderung der Fremdbetreuung auch die verblei­benden, privat zu tragenden Kosten steuerlich absetzbar sind, im Falle einer Betreuung in der Familie jedoch nicht einmal die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungs­fähigkeit steuerlich anerkannt wird.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, welche vorsieht, dass jene Eltern von Kindern unter drei Jahren, die die Kin­derbetreuung in der Familie erbringen, in ihrer wichtigen Leistung für die Gesellschaft finanziell unterstützt werden. Dabei soll angestrebt werden, dass die Unterstützung betragsmäßig jene Unterstützung erreicht, die für Fremdbetreuungsplätze ausgegeben wird. Analog zur Finanzierung von Fremdbetreuungsplätzen soll eine Finanzierung durch Bund, Länder und Gemeinden im Wege einer 15a-Vereinbarung angestrebt wer­den.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Marek. – Bitte.

 


17.53.37

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich freue mich, dass wir diese Artikel 15a-Vereinbarung für das verpflichtende Kindergartenjahr verlängern. Das ist eine wichtige und richtige Maßnahme, um die Bildungsinstitution Kindergarten weiterhin auszu­bauen. Darüber haben wir gestern auch gesprochen. Sie haben ja auch vorhin in Ihrer Rede gesagt, dass wir da intensiv investieren. Das ist eine wichtige Investition gemein­sam mit den Ländern.

Frau Kollegin Gartelgruber, nun zu deinem Antrag: Wir haben auch schon im Aus­schuss intensiv darüber diskutiert. Wir wollten weiter darüber diskutieren. Er ist jetzt erneut eingebracht. Wir werden diesen Antrag aus tiefster Überzeugung ablehnen. (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber.)

Es ist den Gemeinden unbenommen, aus ihrem eigenen Budget, in ihrer eigenen Kom­petenz die Familien zusätzlich zu unterstützen. Ich habe das auch schon in meinem Redebeitrag im Ausschuss gesagt. Es ist durchaus zu begrüßen und erfreulich, wenn die Gemeinden zusätzlich etwas machen. Ich betrachte es aber kritisch, meine Damen und Herren, wenn Nicht-Erwerbstätigkeit zusätzlich gefördert wird. Ich halte das ein­fach für bedenklich. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Gartelgruber, es kann nicht sein, dass aus einer zusätzlichen Förderung von Familien eine Reduktion des Ausbaus von Kinderbetreuung entsteht. Das würde nämlich am Ende des Tages daraus entstehen. Wenn man das durchdenkt, fordert ihr in eurem Antrag eigentlich, dass man die Mittel, die jetzt in den Kinderbetreuungsaus­bau fließen, den Familien monetär zur Verfügung stellt, die ihre Kinder nicht in den Kin­dergarten schicken. Der Ausbau der Kinderbetreuung ist ja etwas, das langfristig ge­plant werden muss. (Abg. Gartelgruber: Die unter 3-Jährigen!)

Interessanterweise seid aber ihr die Ersten, die fordern, dass ihre Kinder, wenn sie es brauchen, den Kindergartenplatz dann sehr wohl bekommen. Der steht aber natürlich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 184

nicht zur Verfügung, wenn nicht investiert werden konnte. Da beißt sich dann also die Katze in den Schwanz. Daher ist dieser Antrag aus mehreren Gründen ganz klar ab­zulehnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Gartelgruber und Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Österreich liegt im Spitzenfeld bei den Familienleistungen, beim Kinderbetreuungsgeld, wir haben bis zu 3 Jahre Kinderbetreuungsgeld. International sind wir wirklich top bei den monetären Leistungen, beim Transfer. Wir investieren viel bei der Kinderbetreu­ung, beim Ausbau. Also ich denke, dieser Mix ist ein guter. Es gibt keinerlei Anlass, an dieser Balance zwischen den Leistungen etwas zu verändern. Dazu stehen wir. Und wir sind auf einem guten Weg. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


17.56.47

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Frau Kollegin Gartelgruber, bevor ich zum eigentli­chen Thema komme: Ich kann Ihrem Antrag auch heute nicht zustimmen, und meine Fraktion wird das auch nicht tun, denn es kann nicht sein, dass man die Nicht-Erwerbs­tätigkeit fördert.

Frau Kollegin Belakowitsch – leider ist sie jetzt nicht hier –, Ihrem Zwischenruf, dass es gescheiter wäre, wir würden das den Familien gleich bar und cash geben, können wir in keinster Weise zustimmen. Ich bin gespannt, wie Sie das einem Alleinerzieher oder einer Alleinerzieherin erklären. Wir als sozialdemokratische Fraktion stehen nicht für die Förderung von Nicht-Erwerbstätigkeit. (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber.)

Es ist mehr als nur die sprachliche Förderung im Kindergarten. Da geht es sehr wohl um die motorische Förderung und um die soziale Förderung von Kindern. Sie können nicht erklären, dass die Qualität ganz einfach nicht da ist, die schon jahrelang umge­setzt wird.

Nichtsdestotrotz ist diese Gesetzesvorlage nichts anderes als eine Fortschreibung dessen, was 2009 das erste Mal gemacht wurde. Zu diesen 70 Millionen, die pro Jahr zusätzlich ausgegeben werden sollen, gibt es noch eine Zusatzgeschichte. Der Rech­nungshof hat kontrolliert und einen Bericht geschrieben, er kontrolliert auch gerade, und zwar diese Dinge, die nicht direkt in die Finanzierung des Ausbaus fließen. Das gehört konkretisiert. Das wird mit dieser Vorlage ganz einfach gemacht.

Ich finde es wirklich sehr positiv, dass man zusätzlich die Reduzierung der Gruppen­größe, die Verbesserung des Betreuungsschlüssels, die zusätzliche Qualifizierung des Personals und speziell auch Stützmaßnahmen für Kinder mit Behinderungen durch­setzt. Aber es werden auch noch Maßnahmen gesetzt, und zwar nicht nur, damit die Kinder Deutsch lernen, sondern auch, um die Sprachenvielfalt zu fördern. Das ist eines der positivsten Dinge, die man aus diesem Gesetz mitnimmt. Somit werden wir dieses auch unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte.

 


17.58.59

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Ich be­grüße die BesucherInnen auf der Galerie, die heute gekommen sind, um zuzuschauen! Herr Minister, Sie haben vorhin schon die lange Variante beim Kinderbetreuungsgeld in Verbindung mit der Kinderbetreuung gebracht. Das sehe ich ähnlich wie Sie. Ich würde


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 185

sogar noch einmal schärfer sagen: Wir müssen in die Kinderbetreuung, in die Kinder­gartenplätze investieren.

Das ist nicht nur deshalb notwendig, weil das wichtige erste Bildungseinrichtungen sind, sondern auch deswegen, weil sie es auch den Eltern ermöglichen, rechtzeitig wieder in den Beruf einzusteigen und nicht die Nachteile zu erfahren, die sie jetzt er­fahren. Wenn das 2016 gelingt, dann freut mich das, obwohl es mir früher natürlich lie­ber gewesen wäre. Das ist ein guter Ausblick.

Wir stimmen dieser Vorlage zu, wiewohl wir uns auch in diesem Fall noch mehr wün­schen würden, nämlich ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr. Alle, die sich mit Bildung beschäftigen, alle, die sich mit Elementarpädagogik beschäftigen, wissen, dass alle ExpertInnen sagen, dass mindestens zwei verpflichtende Kindergartenjahre wichtig wären, damit alle Kinder die gleichen Bildungschancen und die gleiche Ausgangslage haben, um in die Schule und in ihren weiteren Bildungsweg einsteigen zu können, und zwar nicht nur, wie das teilweise den abstrusen Vorstellungen des Integrationsstaats­sekretärs entspringt, für Kinder mit Migrationshintergrund, sondern für alle Kinder, denn es geht ja nicht nur um die Förderung im sprachlichen Bereich – im Übrigen haben nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund potenziell Schwierigkeiten mit der Sprache, sondern auch andere Kinder –, sondern es gibt ja auch anderes zu lernen, beispiels­weise im Bereich des Sozialen. Das ist für alle Kinder wichtig.

Weiters stört uns, dass das nach wie vor nur halbtags kostenlos ist und dass nicht die Kostenlosigkeit für den gesamten Tag vorgesehen ist, denn Bildung endet nicht zu Mittag und es ist dann am Nachmittag Betreuung, sondern es ist eben den ganzen Tag über eine Bildungseinrichtung. Und dann ist auch immer noch das Problem ungelöst, wiewohl da natürlich auch die Länder am Zug sind, dass es keine länderübergreifen­den Regelungen gibt. Das heißt Pendlerinnen, die in einem Bundesland wohnen und ihre Kinder in einem anderen Bundesland in einen Kindergarten bringen, weil sie eben dort arbeiten und weil das von der Arbeitsorganisation her einfacher ist, fallen unter Umständen um den kostenlosen Kindergartenplatz um. Dafür braucht es dringend eine Regelung, denn das ist ja keine Seltenheit, vor allem in Grenzgebieten, etwa rund um Wien, aber auch entlang anderer Bundesländergrenzen.

Frau Kollegin Gartelgruber, Ihren Antrag lehnen wir genauso aus vollem Herzen ab wie Kollegin Marek. Wahlfreiheit – und das habe ich schon im Ausschuss gesagt – gibt es erst dann, wenn es auch wirklich ausreichend Kinderbetreuungsplätze gibt, und die gibt es bei Weitem nicht, und daher gibt es auch keine Wahlfreiheit. Daher sollten Sie das Wort „Wahlfreiheit“ in diesem Zusammenhang auch nicht in den Mund nehmen. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Redeverbot! So sieht also Ihr Demokratieverständ­nis aus!)

18.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


18.02.01

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden dieser Regierungsvorlage unsere Zustimmung geben, denn wir sind der Überzeugung, dass Vorschule beziehungsweise Kindergarten die erste und wichtigste Bildungseinrichtung ist. Das haben wir ja in den vergangenen Monaten auch sehr intensiv diskutiert, weil wir der Überzeugung sind, dass vorschulische Förderung und Betreuung eine große Bedeutung haben und wir da­mals mit dem letzten verpflichtenden Gratiskindergartenjahr einen richtigen Schritt ge­setzt haben.

Die Mehrkosten, die für die Gemeinden entstehen, aber auch für die Länder, vor allem aber für die Gemeinden, müssen abgedeckt werden. Das sind jetzt wieder für zwei


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 186

Jahre je 70 Millionen €, die vom Bund an die Länder überwiesen werden. Ich möchte in diesem Zusammenhang sagen, dass man sich in Zukunft schon auch Lösungen über­legen muss, denn ob das auf Dauer der richtige Vorgang ist, das jedes Mal für zwei Jahre mit einer Artikel 15a-Vereinbarung zu lösen, darüber muss es in den nächsten Jahren eine intensive Diskussion geben, auch über die Zuständigkeiten. Wer ist zu­ständig für die elementare Kinderbetreuung, also die Kinderbetreuung im Kindergarten­alter? Sind das weiterhin die Länder und die Gemeinden in vollem Ausmaß?

Wichtig ist auch, einheitliche Qualitätskriterien festzulegen, mit denen zum Beispiel die Gruppengröße festgelegt wird, und auch den Kindergartenpädagoginnen und -pädago­gen gerecht zu werden. Man weiß, dass jetzt dadurch, dass mehr Kinder im Kinder­garten sind, für sie doch eine Mehrbelastung entsteht, und entsprechend sollte man ih­ren Leistungen auch im Gehalt, im Gehaltsschema gerecht werden. Das sind also Din­ge, die noch gelöst werden müssen, und das ist notwendig.

Zum Entschließungsantrag der Kollegin Gartelgruber kann ich sagen: Ja zum Ausbau der Wahlfreiheit für die Eltern! Das ist überhaupt keine Frage, ja, das unterstütze ich voll, aber nicht den Weg, den Sie gehen, denn ich glaube, wir brauchen jetzt nicht schon wieder ein neues Modell. Neue Modelle gibt es viele, andere, ähnliche Modelle in Oberösterreich gibt es auch, ein ähnliches Modell mit einem Betreuungsscheck.

Wir vom BZÖ sagen: Wahlfreiheit für die Eltern ausbauen, verbessern, indem man – und das habe ich vorhin schon gesagt, ich wiederhole mich jetzt nur – eine Wertanpas­sung des Kinderbetreuungsgeldes vornimmt, ein Vereinfachen der Modelle, Adminis­tration einspart, damit das Geld wirklich für die Familien da ist, Zuverdienstgrenze abschafft und auch ein kinderfreundliches Steuersystem einführt. Wir vom BZÖ ha-
ben das Modell der Fair-Tax mit einem Kindersteuerfreibetrag pro Jahr in Höhe von 9 000 €. Das alles sind Maßnahmen, die die Eltern unterstützen.

Ich halte nichts davon, wie sie das in Ihrer Argumentation getan haben, dass man so­zusagen die außerfamiliäre Kinderbetreuung der innerfamiliären Kinderbetreuung ge­genrechnet. Die Wahlfreiheit ist entscheidend, ja, und jeder wird sich entscheiden müs­sen. Ich kann dann nicht sagen: Dort gebe ich nichts hinein und da gebe ich mehr hi­nein!

Ich sage es noch einmal: Wahlfreiheit für Eltern ausbauen: Ja! Nur: Unser Weg ist ein anderer! (Beifall des Abg. Dolinschek. – Abg. Riepl: Das ist aber ein schwacher Ap­plaus!)

18.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


18.05.45

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir werden dieser Regierungsvorlage auch zustimmen. Ich kann mich den Ausführungen meiner Vorrednerin im Großen und Gan­zen anschließen.

Wir halten den Kindergarten im letzten Jahr vor dem Schuleintritt für sehr wichtig, es ist eine Bildungseinrichtung. Dort werden erste Kontakte geknüpft, dort werden schon Barrieren abgebaut, dort werden meines Erachtens auch sicher vor allem Migranten unterstützt, um mit Schuleintritt dann besser mitzukommen, die Sprache besser zu be­herrschen und so von Anfang an auch schon bessere Ausgangsbedingungen zu ha­ben. Daher kann ich der Argumentation der FPÖ nicht folgen, dass es nichts bringt, wenn die Kinder in den Kindergarten gehen.

Die Kosten für die Verlängerung dieser Artikel-15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern wurden schon erwähnt. Sie wird auf zwei Jahre abgeschlossen und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 187

kostet pro Jahr 70 Millionen €. Ich finde, dass dieses Geld gut investiertes Geld ist und dass es, wie gesagt, auch den Kindern zugutekommt. Man muss früh genug anfangen für eine gute Bildung. Man muss mit der Bildung im Kindergarten anfangen, denn wir sehen ja an unseren Ergebnissen bei der PISA-Studie und aufgrund anderer Probleme im Bildungsbereich, wie schwierig das ist. Und da finde ich, ist es gut und wichtig, mit dem Gratiskindergarten gegenzusteuern. Ob es ein zweites Gratiskindergartenjahr ge­ben soll, wie das Kollegin Musiol vorgeschlagen hat, wäre zu diskutieren, so wie es auch eine Reihe weiterer Fragen zu diskutieren gäbe.

Herr Minister, ich muss lobend erwähnen, Sie haben ja vor geraumer Zeit eine Aus­sprache mit den FamiliensprecherInnen eingeführt. Das hat seither einige Male stattge­funden, soweit ich informiert bin. Ich würde es gut finden – ich weiß ja nicht, wie die nächste Regierung aussehen wird –, wenn das auch in der nächsten Gesetzgebungs­periode so gehalten würde. dass es vor allem im Familienbereich, der ein großer, um­fassender und sehr komplexer Bereich ist, Vorgespräche abseits vom Ausschuss mit den FamiliensprecherInnen gäbe, in denen man eben die ganze Palette der verschie­denen Vorschläge der Parteien diskutieren kann.

Auch dem Vorschlag, den die Kollegin Gartelgruber bezüglich Berndorfer Modell einge­bracht hat, ist natürlich etwas abzugewinnen, aber insgesamt teile ich da die Meinung der Kollegin Marek, wie sie das ausgeführt hat, dass es den Gemeinden freigestellt ist, wie sie das handhaben wollen. Es geht eben darum, dass man nicht alles über einen Kamm scheren soll und die Wahlfreiheit gewährleistet sein soll.

Diesem Antrag können wir also aus diesem Grund nicht zustimmen, aber vielleicht ist er demnächst oder in der nächsten Legislaturperiode im Familienausschuss, und dann können wir ja noch einmal darüber diskutieren. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti. – Bitte.

 


18.08.32

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Ja, ich stimme natürlich auch dieser Vereinbarung sehr gerne zu, weil sie ein wichtiger Schritt ist für die Familien und auch für die Kinder. Meine Vor­rednerInnen haben ja die Gründe schon angesprochen, und unser aller Ziel muss ja wirklich eine leistbare, eine flexible und eine qualitätsvolle Kinderbetreuung sein. Und wir wollen Wahlfreiheit, und dazu bedarf es natürlich bestimmter Rahmenbedingungen. Der Minister und wir alle arbeiten sehr intensiv daran. Es ist uns ja auch schon sehr viel gelungen, denn eine gute Kinderbetreuung bringt ja eine Win-Win-Situation nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Eltern, insbesondere vor allem für die Frauen, die dann eben früher wieder ins Berufsleben einsteigen können, die dann wieder einen höhere Pension bekommen und so weiter. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass auch der volkswirtschaftliche Nutzen dementsprechend steigt.

In diesem Sinne, Herr Minister: Ich bedanke mich für Ihre Arbeit. Und Herr Abgeordne­ter Riepl: Sie sind nicht der einzige Mann, der heute zum Familienteil spricht. Wir ha­ben einen Minister, der, so glaube ich, auch fast so viel wert ist wie ein Abgeordneter. Ich bedanke mich jedenfalls für die positive Wortmeldung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 188

18.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


18.09.55

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir stimmen natürlich auch dieser Verlängerung der Artikel-15a-Vereinbarung für das verpflichtende Kindergartenjahr zu.

Das war ja ein Punkt, bei dem es viele Jahre gedauert hat, bis wir es miteinander ge­schafft haben. Wir haben es in den letzten Koalitionsvereinbarungen dann damals mit der Kollegin Marek vereinbart. Ich kann übrigens alles unterstreichen, was sie heute gesagt hat. Ich brauche das nicht zu wiederholen.

Ich glaube, dass das ein erster wichtiger Schritt war, dass wir das natürlich, so es die Rahmenbedingungen erlauben, weiterentwickeln sollten, dass wir in Richtung Ganz­tagskindergarten gehen sollten, auch beim verpflichtenden Kindergartenjahr, dass wir dieses auf ein zweites Jahr ausweiten sollten. Das sind Entwicklungsschritte, die wich­tig wären, wenn dies die entsprechenden budgetären Rahmenbedingungen auch erlau­ben.

Dem freiheitlichen Antrag allerdings, die Kinder quasi aus dem Kindergarten herauszu­kaufen, dieser Idee können wir wirklich nicht zustimmen, denn das ist politisch zutiefst verantwortungslos, sehr geehrte Damen und Herren, zum Ersten, weil Sie sagen, fi­nanzielle Unterstützung für jene, die ihr Kind nicht in den Kindergarten geben.

Was (in Richtung der Abg. Kitzmüller) soll diese Handbewegung, Frau Kollegin? (Abg. Kitzmüller: Alle Kinder in den Kindergarten stopfen !) – Das hat ja niemand gesagt. Dazu komme ich aber noch.

Zum Ersten: Sie haben gesagt Unterstützung, finanzielle Unterstützung für diejenigen, die die Kinder nicht in den Kindergarten geben. Wenn Sie sich internationale Verglei­che anschauen, dann werden Sie sehen, dass wir Spitzenreiter sind, was die finan­zielle Unterstützung betrifft. Dort, wo wir nachlaufen, wo wir Aufholbedarf haben, das sind eben die Sachleistungen, das sind die Kinderbetreuungseinrichtungen, und dort gehört investiert. Das ist ganz wichtig.

Wenn Sie sich ein bisschen mit wissenschaftlichen Ergebnissen beschäftigen, aus de­nen hervorgeht, wann Kinder besonders gefördert werden sollen und lernfähig wären, dann werden Sie sehen, dass das im Kleinkindalter ist, auch wenn es Ihnen nicht ge­fällt, Frau Kollegin. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Unglaublich!)

Wir überlegen jetzt, wie wir die PädagogInnenausbildung verbessern, neu aufsetzen können, auch für den frühkindlichen Bereich. Wir wollen uns ja auch in diese Richtung entwickeln. Ich glaube, dort geht der Weg hin für unsere Kinder und nicht zur rück­schrittlichen Intention, wo Sie die Kinder aus der Bildung herauskaufen wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ihr Weg! Hoffentlich nicht der Weg der Kinder!)

18.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Dr. Mitterleh­ner. – Bitte.

 


18.12.41

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden wenig überrascht sein, ich halte diese Maßnahme ebenfalls für eine ganz wichtige Maßnahme, die ge­setzt worden ist, um die Integration von Kindern, insbesondere von jenen mit fremd­sprachigem Hintergrund, entsprechend zu forcieren, aber nicht nur, sondern auch um die Integration überhaupt zu erleichtern, und zum Dritten, um auch die Eltern entspre­chend zu entlasten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 189

Die positive Auswirkung der Maßnahme sehen Sie allein daran, dass der Anteil der Fünfjährigen mit nicht-deutscher Umgangssprache in Kindergärten zwischen 2008 und 2011 von 23,9 Prozent auf 26,5 Prozent angestiegen ist. Damit konnten wesentlich mehr Kinder erreicht werden. Auf der anderen Seite ist die Betreuungsquote von 2008 bis 2011 von 96,3 Prozent auf 98,1 Prozent gesteigert worden. Daher ist das eine sehr richtige und bewährte Maßnahme.

Natürlich stellen sich in diesem Zusammenhang auch andere Fragen, nämlich ob das nicht um ein weiteres verpflichtendes Jahr ausgeweitet werden sollte. Da haben wir ein Finanzierungsproblem, daher ist das gar nicht so leicht möglich (Abg. Dr. Belako­witsch-Jenewein: Gott sei Dank!), was wiederum die Frage impliziert: Soll in Zukunft eine Fortsetzung in Form von Artikel-15a-Vereinbarungen folgen? Stellt sich dann nicht auch die Frage der Qualität? Die Frage der Qualität ist natürlich eine entscheidende: Wie lange ist offen? Wie ist der Betreuungsschlüssel? Wie ist die Gruppengröße? Wie ist das pädagogische Konzept? Wie ist die Ausstattung?

Wenn ich das will, dann wird man im Endeffekt meiner Meinung nach etwas Ähnliches machen müssen wie in Deutschland, wo man ein Qualitätsrahmengesetz gemacht hat, wo dann die Standards in allen Bundesländern gleich sind. Dann müsste man nicht mühsame 15a-Vereinbarungen schließen und schauen, ob das jemand tut oder nicht tut oder bereit ist, das in einem bestimmten Ablauf umzusetzen. Das könnte man mit einem Zweckzuschussgesetz verbinden, was auch entsprechende Vorteile hätte, wenn man eine bessere Steuerung haben würde.

Ich weiß, das steht jetzt etwas im Konjunktiv, weil das doch abhängig ist von der Zu­kunft, aber was da immer mitschwingt bei Ihnen, Frau Kitzmüller, und bei ein paar an­deren, das verstehe ich nicht ganz. Wenn immer davon gesprochen wird, „alle Kinder in den Kindergarten stopfen“ und so, dann ist das eine Diktion – ich habe es gehört –, die ich einfach nicht verstehe. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das wollen Sie ja!) Es geht nicht darum, die Kinder den Eltern wegzunehmen, sondern es gibt hunderte Studien, die beweisen, dass dann, wenn zu den Eltern noch andere qualifizierte Be­treuungspersonen dazukommen, eine besonders gute Entwicklung der Kinder möglich ist. (Abg. Kitzmüller: Unter drei Jahren! – Abg. Mag. Stefan: Ist das nicht wie in der DDR, wenn sich die Eltern das nicht aussuchen dürfen?)

Wenn Sie mir jetzt sagen, das dürfen sich die Eltern nicht aussuchen, dann ist das eine tolle Angelegenheit, wenn Eltern so reich sind, dass sie vier, fünf oder noch mehr Be­treuer für ihre Kinder haben. Die, die das nicht haben, haben einfach mit Betreuungs­personen im Kindergarten oder in der Kinderkrippe, die die entsprechende Qualifikation aufweisen, ganz andere Möglichkeiten. Die stoßen dann im gesellschaftlichen Leben auch durch zu besseren Arbeitsplätzen, zu besserer Bildung. Wenn Sie das nicht wahr­haben wollen, dann ziehen Sie auf einen anderen Dampfer und dampfen Sie weiter dahin! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stefan: Die Kinder kollektivieren! Dann sind wir in der DDR! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzei­chen.)

Ehrlich gesagt, wenn ich da gleich bei Ostdeutschland und beim Kibbuz-System bin, dann habe ich in den letzten 30 Jahren irgendetwas versäumt. Da sind Sie wirklich weit, weit daneben, und das ist sehr undifferenziert und auch nicht sachgerecht.

Meine Damen und Herren, ich möchte auf das gar nicht mehr weiter eingehen; Sie werden diese Diktion nie ändern. (Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Mag. Stefan.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege, es gibt ausreichend Redezeit. Sie können gerne herauskommen.

 


Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner (fort­setzend): Ich muss mehr schreien, weil Sie dauernd hineinschreien. Das will ich aber gar nicht. (Abg. Mag. Stefan: Geht es eh noch?) – Bitte? Schreien Sie leise!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 190

Meine Damen und Herren! Der Bund nimmt 140 Millionen € in die Hand, es ist eine in­haltlich schon ausreichend beschriebene gute und wichtige Maßnahme. – Vielen Dank für die Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schönpass. – Bitte.

 


18.17.03

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Stefan von den Freiheitlichen, ich kann Sie beruhigen, ich bin Großmutter von fünf Enkeln, und die gehen alle bei uns in den Kin­dergarten oder sind dorthin gegangen. Es gibt auch jetzt die Befreiungsmöglichkeit von der Pflicht, so wie es auch eine Befreiung von der Schulpflicht gibt, wenn die Eltern nachweisen können, dass sie die Kinder zu Hause entsprechend erziehen. Es gibt also auch jetzt keinen Zwang. Aber es ist gut, wenn Kinder im Kindergarten sind, denn Kin­der brauchen Kinder! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Leider gibt es die Großfamilien bei uns nicht mehr. Ich entstamme einer Familie mit fünf Kindern, bin nicht in den Kindergarten gegangen, aber ich hätte es mir immer ge­wünscht.

Mit der vorliegenden Vereinbarung unterstützt der Bund die Länder weiterhin jährlich mit 70 Millionen €. Das ist erfreulich. Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Minister Mitter­lehner, für Ihre Unterstützung und für Ihr Verhandeln. In dieser Vereinbarung werden die Bundeszuschüsse für den kostenlosen verpflichtenden Kindergartenbesuch fortge­schrieben. Das ist ein Beitrag, um die Bildungs- und Startchancen für das spätere Schul- und Berufsleben von Kindern zu verbessern, und dies unabhängig von ihrer so­zioökonomischen Herkunft.

Die Mittel sind vorgesehen für Qualitätssicherung und Schaffung zusätzlicher Kinder­betreuungsplätze, also Reduzierung der Gruppengröße, Verbesserung des Betreu­ungsschlüssels, Qualifizierung des Personals, Stützmaßnahmen für Kinder mit beson­deren Bedürfnissen und Maßnahmen zur Förderung der Sprachenvielfalt.

Der Bundeszuschuss ist gedeckelt, maximal 960 € pro Kind für 2013/2014 und maxi­mal 980 € pro Kind für 2014/2015.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, unser Bestreben hier im Parlament muss es weiterhin sein, dass es nicht nur am Vormittag, sondern ganztägig in allen Bundes­ländern ein kostenloses Angebot gibt. Oberösterreich ist da bereits vorbildlich unter­wegs. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Unterrei­ner. – Bitte.

 


18.19.37

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich melde mich zu Wort, weil mich jetzt großes Un­behagen erfüllt.

Wenn man den Abgeordneten zuhört, dann hat man das Gefühl, es gibt keine Mütter mehr, sondern nur Leihmütter, es gibt keine Großväter mehr, es gibt Leihopas. (Abg. Steibl: Also das geht jetzt aber zu weit!) – Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt, das ist mir schon klar.

Das heißt, man steckt das Geld in den Ersatz. Warum nicht in das Original? Warum steckt man das Geld nicht in die Familien? (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 191

Mag. Wurm.) Von allen Lebensentwürfen ist das der Lebensentwurf, den auch die jun­gen Mädchen, die Frauen und auch erwachsene Männer wirklich bevorzugen. Warum denkt man nicht darüber nach, dieses Leben zu fördern? Warum muss ich für alles einen Ersatz haben? Ich muss einen Kindergarten haben. Ich muss eine Ganztags­schule haben. Die Menschen treffen sich nur noch zum Schlafen zu Hause. (Zwischen­ruf der Abg. Steibl.) Was soll denn das? Man soll doch auch in seiner Familie leben dürfen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich wollte, wie gesagt, etwas Grundsätzliches sagen. Wo lernt ein Kind sprechen? Ja, zu Hause vielleicht? Warum muss es denn nur im Kindergarten sprechen lernen? Wo lernt ein Kind Geborgenheit, Gefühle kennen? Wo lernt es alle diese wichtigen Dinge, die man später für das Leben braucht? (Zwischenruf der Abg. Steibl.) In der Familie lernt es das! (Abg. Lueger: In der Familie, dort gehört es auch hin, aber trotzdem braucht es einen Kindergarten!) Dort wird auch die Individualität geprägt. Dort ist der Hort der Freiheit, weil man dort nicht zu einer Masse erzogen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitlichen lehnen das natürlich ab. Wir sind der Meinung, die Familie ist der beste Hort, in dem Kinder gedeihen, in dem sich Frauen und auch Männer wohlfühlen. Deswegen wollen wir, dass die Familie gefördert wird und nicht Surrogate! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Marek: Beides! Beides!)

18.21

18.21.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht mehr vor. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG in 2335 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Wahlfreiheit für Eltern ausbauen.

Ich bitte jene Abgeordneten, die diesen Antrag unterstützen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Der Antrag ist abgelehnt.

18.22.2020. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1346/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Fami­lienbeihilfe für Bürger aus dem EU/EWR-Raum (2431 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe den 20. Punkt der Tagesordnung auf.

Die Debatte eröffnet Frau Abgeordnete Kitzmüller. – Bitte.

 


18.22.41

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minis­ter Mitterlehner! Die Familienbeihilfe ist eine wichtige Säule im System der österreichi­schen Familienförderung. Gespeist wird diese Leistung aus dem Familienlastenaus­gleichsfonds, dem FLAF. Gerade weil der Familienlastenausgleichsfonds ständig an chronischer Armut leidet, können wir es uns nicht leisten, ihn weiter auszuhöhlen.

Das heißt, dass Bürger der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraumes und der Schweiz, die im Bundesgebiet einer selbständigen oder unselbständigen Er­werbstätigkeit nachgehen, und deren Familien auch bei uns leben, in den Genuss der


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österreichischen Familienbeihilfe kommen, ist ja in Ordnung. Es geht aber nicht, dass bei den Familien, die nicht in Österreich leben und deren Väter beziehungsweise Müt­ter hier arbeiten, die Lebenshaltungskosten nicht dem jeweiligen Empfängerland ange­passt werden. Für ein Kind in Österreich bekommt man monatlich 130,90 € Kinderbei­hilfe. Im Vergleich dazu beträgt die Familienbeihilfe in der Slowakei – die Lebenshal­tungskosten sind dort 35 Prozent geringer als bei uns – 17,81 € pro Monat. Das heißt, dass wir mehr als 100 € in dieses Land abliefern, ohne dass diese Leistung den tat­sächlichen Lebenshaltungskosten entspricht.

Wir fänden es gerechter, wenn diese Familienbeihilfe an die Lebenshaltungskosten im jeweiligen Empfängerland angepasst würde. Bezüglich eventueller Bedenken, die es in rechtlicher Hinsicht geben könnte, haben Verfassungs- und Europarechtsexperten die Meinung vertreten, dass eine entsprechende Ausgestaltung im Sinne einer diskriminie­rungsfreien Regelung wäre und dass eine Kürzung der Familienbeihilfe rechtskonform wäre.

Wir helfen hier sparen. Wollen wir den FLAF wirklich auf Vordermann bringen und Geld einsparen, wäre das eine Möglichkeit, Einsparungen vorzunehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordneter Höllerer. – Bitte.

 


18.25.01

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter Mitterlehner! Ich gebe meiner Kollegin Kitzmüller recht bezüglich ihrer grundsätzli­chen Feststellungen. Familienbeihilfe wird für die österreichischen Kinder, für die Kin­der in der EU, im EWR-Raum, in der Schweiz gewährt. Kinder, die in einem Drittstaat leben, bekommen keine Familienbeihilfe.

Die vorgeschlagene Regelung ist jedenfalls EU-widrig, da der EU-Vertrag in Artikel 12 ein Diskriminierungsverbot festlegt, welches keine Beeinträchtigung der Freizügigkeit erlaubt. Die Verordnung zur Koordinierung der sozialen Sicherheit besagt in zwei Ar­tikeln – Artikel 7 und 67 –, dass Kinder nicht schlechter gestellt werden dürfen als nach nationalem Recht, nur weil sie in einem anderen Mitgliedstaat leben. Sowohl die Kom­mission als auch die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes verfolgen diesbezüg­lich eine sehr strenge Rechtsauslegung.

Abgesehen davon, dass der Antrag dem EU-Recht widerspricht, wäre damit ein er­heblicher Verwaltungsaufwand verbunden, denn es müssten, wenn Sie alles zusam­menzählen, für insgesamt 31 Staaten eigene Leistungshöhen errechnet werden. Diese müssten dann natürlich auch entsprechend verwaltet werden. Meine Fraktion wird Ih­rem Antrag jedenfalls nicht zustimmen.

Wir haben in Österreich Rahmenbedingungen für Familien, die aus einem ausgewoge­nen Mix von Geld- und Sachleistungen bestehen und die sich im EU-Vergleich und so­gar im internationalen Vergleich durchaus sehen lassen können. Bundesminister Mit­terlehner setzt sich auch für weitere Verbesserungen der Familienleistungen ein. Ihm geht es dabei um die Erhöhung der Familienbeihilfe. Ihm geht es um eine Vereinfa­chung der Familienbeihilfe. Ihm geht es auch um mehr Mittel für einen schnelleren und qualitätsvollen Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Umsetzen! Nicht dafür einsetzen! Umsetzen! – Bundesminister Dr. Mitter­lehner: Das tun wir ja!)

Unter dem Motto „Kinder halten Österreich jung“ wurde jetzt gemeinsam mit den Fami­lienverbänden eine Kampagne gestartet, mit der auf sehr eindrucksvolle Weise – Sie haben den TV-Spot vielleicht schon gesehen – die Familie in das Bewusstsein der Menschen gerufen wird und mit der vor allem auch das Leben mit den Kindern, das


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sich sehr interessant gestalten kann, sehr deutlich vor Augen geführt wird. Das ist auch richtig so, denn 80 Prozent der Bevölkerung sehen laut Wertestudie ihre Familie als ih­ren wichtigsten Lebensbereich an. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

In Österreich haben wir eine Geburtenrate von 1,43 Kindern pro Frau. Zwei Kinder wünschen sich die Österreicher. Wunsch und Wirklichkeit klaffen auseinander. Mit die­ser Kampagne soll den jungen Menschen Mut zu Kindern gemacht werden, denn Kin­der halten Österreich jung. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesminister Dr. Mitterlehner: Danke!)

18.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 


18.28.02

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­minister Mitterlehner! Meine Damen und Herren! Ich möchte all die Argumente, die meine Vorrednerin Kollegin Höllerer angeführt hat, nur unterstützen und möchte zu­sätzlich noch eines einbringen, was mir auch sehr wichtig ist.

Die Personengruppe, von der Sie reden, sind EU- und EWR-BürgerInnen, die in Öster­reich arbeiten, in Österreich Steuern zahlen, in Österreich Beiträge zum Familienlas­tenausgleichsfonds zahlen, und die haben auch das Recht, dass sie Leistungen aus dem Familienlastenausgleichsfonds erhalten.

Das ist wichtig, das ist notwendig und richtig, und wir haben keine Lust, uns von Ihnen wieder auf eine Ebene der Auseinanderdividierung von Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmern, von jenen, die Ausländer sind, und jenen, die Inländer sind, von guten und schlechten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen treiben zu lassen. Das halten wir ganz einfach für unsozial, das halten wir ganz einfach für eine Politik, die wir nicht un­terstützen können. Daher werden wir schon aus diesem Grund diesen Antrag ableh­nen. (Beifall bei der SPÖ.)

Außerdem – auch das hat meine Vorrednerin schon gesagt – entspricht dieser Antrag nicht den Bestimmungen des Vertrags von Lissabon, der jede Diskriminierung von EU-Bürgern aufgrund der Staatsangehörigkeit verbietet.

Daher, sehr geschätzte Damen und Herren: Kein Auseinanderdividieren, Kinder sind wichtig, sie sind notwendig. Jede Familienleistung ist eine wichtige und gute Leistung. Daher ist es auch wichtig, dass die Maßnahmen, die von der Bundesregierung gesetzt werden, wie die Vereinheitlichung und Erhöhung der Familienförderung und der Aus­bau von Kinderbetreuungseinrichtungen, die vor allem eine wichtige Bildungseinrich­tung sind – das möchte ich auch noch einmal betonen –, ganz einfach weiter fortge­setzt werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


18.30.08

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister Mitterleh­ner! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir können diesem Antrag auch nicht nähertreten, zumal er etwas unschlüssig ist und einige Fragen offenlässt.

Von wie vielen Fällen sprechen wir hier? – Das wurde nicht erwähnt. In dem Antrag geht man davon aus, dass man 10 Millionen € im Jahr einsparen kann, aber wie man zu diesem Einsparungspotenzial kommt, wurde bis jetzt nicht erklärt.

Weiters wurde der hohe Verwaltungsaufwand angesprochen, den ich hier auch ins Treffen führen möchte. Ich glaube auch, dass das eine Verwaltungserschwernis, eine


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Verwaltungsaufblähung wäre, und wir sind uns doch alle einig, dass wir eine Reduzie­rung der Verwaltung brauchen und das so einfach wie möglich gestalten wollen.

Dass Millionen eingespart werden können, glaube ich auch nicht. Was ist denn dann in weiterer Folge mit Ländern wie zum Beispiel Luxemburg, Dänemark oder Schweden, in denen die Lebenserhaltungskosten höhere sind? Wie ist da dann der Umkehrschluss? Das wurde meines Erachtens nicht ausreichend vorgetragen. Vielleicht kann das ja Kollegin Unterreiner noch wie beim letzten Tagesordnungspunkt machen, damit wir hier etwas mehr Klarheit über diesen Antrag bekommen. Wir lehnen ihn jedenfalls ab. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.31

18.31.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht mehr vor. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 2431 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

18.31.4321. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 2325/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen betreffend Einrichtung eines Kinder- und Jugend­rates (2432 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich eröffne die Debatte.

Frau Abgeordnete Haubner gelangt zu Wort. – Bitte.

 


18.32.05

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister Mitterlehner! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss mich kurz fassen, denn wir haben so wenig Redezeit. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich stelle fest, dass Sie Ihr Ab­stimmungsverhalten aus dem Ausschuss auch hier im Plenum nicht ändern werden und meinem Antrag leider nicht zustimmen werden.

Das tut mir leid, denn gerade eine zusätzliche Interessenvertretung für Kinder und Ju­gendliche auf parlamentarischer Ebene wäre dringend notwendig. Es geht um ein weiteres positives Signal, die Rechte der Kinder auch auf parlamentarischer Ebene durch einen sogenannten Kinderrat wahrzunehmen. Ein ähnliches Beispiel gibt es in Deutschland mit der Kinderkommission. Dort hat man gute Erfahrungen damit ge­macht.

Es ist wichtig, dass dieser Kinderrat nicht eine Konkurrenz zu bestehenden Einrich­tungen ist, sei es die Kinder- und Jugendanwaltschaft, sei es die Bundes-Jugendvertre­tung oder Ähnliches, sondern eine Ergänzung auf parlamentarischer Ebene. Er wäre von Vertretern der einzelnen im Parlament vertretenen Parteien besetzt, die in der Phase der Gesetzwerdung verpflichtende Stellungnahmen abgeben, Gesetzesinitia­tiven dahin gehend kontrollieren, wie sie sich auf die Zukunft der Kinder auswirken und Ähnliches.

Ich glaube, wir brauchen in allen Bereichen ein verstärktes Lobbying für unsere Kinder. Ich freue mich sehr, dass die österreichischen Familienorganisationen am Montag,


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glaube ich, eine gemeinsame Pressekonferenz geben. Vielleicht ist das auch ein Sig­nal für eine neue Partnerschaft all dieser Familienorganisationen und dafür, dass sie ihre Stimme in Zukunft sehr stark für die Kinder erheben.

Ich möchte gern, dass auch auf parlamentarischer Ebene etwas geschieht, aber wir können es ja in der nächsten Legislaturperiode noch einmal versuchen. – Danke. (Bei­fall beim BZÖ.)

18.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Grünber­ger. – Bitte.

 


18.34.11

Abgeordnete Mag. Silvia Grünberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister Mitterlehner! Geschätzte Kollegin Haubner, ich bin voll bei Ihnen, wenn es darum geht, das Anliegen zu unterstützen, seitens der Politik ein starker Partner für Kinder und Ju­gendliche zu sein. Ich glaube, dass gerade in den letzten Jahren, auch in der Zeit, in der Sie selbst dafür verantwortlich waren, sehr, sehr viel passiert ist, was die Stärkung der Bundes-Jugendvertretung betrifft, was die Wahrnehmung der Bundes-Jugendver­tretung als Sozialpartner betrifft, aber auch, was eine gute Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft betrifft. Genau deshalb bin ich der Meinung, dass es eine zusätzliche Instanz wie so einen Jugendrat, den Sie vorgeschlagen haben, eigent­lich nicht braucht.

Wenn man hier Vernachlässigungen in einem bestimmten Umfeld sieht oder den Ein­druck hat, es würde nicht gut genug zusammengearbeitet, dann wäre es meiner Mei­nung nach sinnvoller, man würde hier Kompetenzen schärfen und Zusammenarbeit forcieren. Allerdings sehe ich das gar nicht so, denn gerade die von Herrn Bundesmi­nister vorgelegte Jugendstrategie mit Zielen für 2020 unter Einbindung von so vielen Jugendlichen und Jugendorganisationen zeigt, dass der einzige und richtige Schritt ist, hier jungen Menschen die Hand hinzustrecken, den Kontakt zu suchen und auch sei­tens des Ministeriums die Zeit zur Verfügung zu stellen, wirklich intensive Gespräche zu führen.

Diese vorgestellte Jugendstrategie zeigt einmal mehr, dass Jugendpolitik eben an sich nicht alleine stehen kann, sondern in Zeiten wie diesen vielmehr eine Querschnittsma­terie darstellt. Insofern ist es von Bedeutung, dass diese Jugendstrategie auch drei Ka­pitel hat, nämlich erstens Beschäftigung und Bildung als zentrales Anliegen junger Menschen, zweitens Beteiligung und Engagement – ich glaube, gerade in Bezug auf bevorstehende Wahlen ist das Thema Partizipation für junge Menschen ein sehr, sehr wichtiges Thema – und drittens die Frage der Lebensqualität und des gemeinsamen Miteinanders.

Der Bundesminister schlägt in dieser Jugendstrategie nicht nur entscheidende Ziele sondern auch Maßnahmen und Lösungsansätze vor, wie man diese Ziele bis zum Jahr 2020 erreichen kann. Ich denke, wenn uns das in gemeinsamer und kontinuierli­cher Zusammenarbeit gelingt, dann ist das der beste Weg dorthin. In diesem Sinne lehnen wir den Antrag des BZÖ auch ab. (Beifall bei der ÖVP.)

18.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


18.36.43

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister Mitter­lehner! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Haubner, du hast recht, wir sehen diesen Antrag nicht als besonders zielführend, sondern nur als Schaffung eines zusätz­lichen Gremiums. Deswegen werden wir diesen Antrag auch ablehnen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 196

Ich glaube, meine Vorrednerin hat es schon ausgeführt: Seit 2001 ist die Bundes-Ju­gendvertretung, in der 52 Kinder- und Jugendorganisationen, die parteiunabhängig sind, die sozialpartnerschaftlich arbeiten können, vertreten sind, gesetzlich verankert. Im zu­ständigen Gesetz steht in § 3 Abs. 2:

„In Angelegenheiten, welche die Interessen der österreichischen Jugend berühren kön­nen, ist die Bundes-Jugendvertretung den gesetzlichen Interessenvertretungen der Dienstnehmer, der Wirtschaftstreibenden, der Landwirte und des Österreichischen Se­niorenrates gleichgestellt.“

Da sieht man schon, welches Mitwirkungsrecht dieser Jugendrat hat.

Meine Vorrednerin hat es auch bereits angesprochen: An der Jugendstrategie 2013
bis 2020, die vorgestellt wurde, hat auch die Bundes-Jugendvertretung mitgearbeitet und an die 1 000 Jugendliche haben ihre Meinung eingebracht, um diese Strategie zu entwickeln. Ich glaube, das ist der richtige Weg. Die jungen Menschen müssen mit da­bei sein, ihre Meinung einbringen.

Im Vorwort des Ministers steht ein Satz, der mir sehr gut gefällt: „Politik mit Jugendli­chen und nicht nur für Jugendliche“. Das ist das Wichtigste, was wir machen können.

Die Jugendstrategie hat meine Vorrednerin schon ausgeführt. Wir brauchen eigentlich nur die Ressourcen, die wir haben, zu nutzen, richtig einzusetzen, dann werden wir für die Jugend auch dementsprechend etwas zusammenbringen. Ich glaube, wir brauchen kein zusätzliches Gremium, sondern es ist ausreichend, wenn wir die, die wir jetzt ha­ben, auch dementsprechend einbinden. (Beifall bei der SPÖ.)

18.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Sou­schill. – Bitte.

 


18.38.43

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Die Bundes-Jugendvertretung ist tatsächlich die gesetzlich verankerte Interessenvertretung für alle Kinder und Jugendlichen in Österreich, und sie ist die starke Lobby für Kinder und Jugendliche schlechthin.

Die Jugendstrategie an sich ist etwas Positives, und ich bin froh, dass diese auf den Weg gekommen ist. Dieser Antrag bezieht sich aber auf etwas ganz anderes, nämlich auf den parlamentarischen Arbeitsbereich der Gesetzwerdungsprozesse, der Evaluie­rungsprozesse von Gesetzen und der Mitwirkungsprozesse von Kindern und Jugendli­chen. Davon muss die Bundes-Jugendvertretung noch ein wirklicher Teil werden. Da fehlt es auch wirklich noch an Stärkung.

Ich bin der Meinung, dass es auch keine zusätzliche Struktur braucht wie einen Kinder- und Jugendrat. Es braucht tatsächlich die Stärkung für die parlamentarischen Prozesse der Bundes-Jugendvertretung, und die Bundes-Jugendvertretung könnte ohne Weite­res sofort alle Punkte des Antrages meiner Ansicht nach auch gut erfüllen. Und darum geht es dann auch: nicht über neue Strukturen zu diskutieren, sondern über die Aufga­ben der Bundes-Jugendvertretung, und diese auch zu stärken.

Prävention zum Beispiel ist ein Teil des Antrages, zur Wahrung der Kinder- und Ju­gendrechte ein beratendes Gremium einzuführen. – Hervorragend, ein ständiges bera­tendes Gremium in Gesetzwerdungsprozessen wäre ein hervorragender weiterer Schritt, um die Bundes-Jugendvertretung auch tatsächlich zu stärken.

Kontrolle – das Wächteramt: Na, wie super wäre es, wenn die Bundes-Jugendvertre­tung tatsächlich ein Wächteramt sein könnte, tatsächlich sagen könnte: Liebe Regie­rung, das geht zu weit. Das schadet uns Kindern und Jugendlichen tatsächlich, und die Belange sind ganz andere!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 197

Oder auch das Vorschlagsrecht, das gefällt mir ganz ehrlich auch am besten, nämlich die tatsächliche parlamentarische Interessenvertretung. Kinder und Jugendliche kön­nen von sich aus Gesetze vorschlagen und dann auch einbringen. Das wäre ein groß­artiges Signal für die Kinder- und Jugendpolitik der Zukunft, und das könnte alles die Bundes-Jugendvertretung machen.

Also noch einmal: Keine neuen Strukturen schaffen, sondern die, die es gibt, auch tat­sächlich stärken; eine Interessenvertretung, die auch einen solchen Namen verdient hat!

Kinder und Jugendliche sind meiner Ansicht nach nicht nur die Zukunft, sie sind in ers­ter Linie die Gegenwart. In dieser Gegenwart leben wir mit den Kindern und Jugendli­chen, und da sollten sie sich auch einbringen können! (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

18.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


18.41.15

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann viel von dem unterstützen, was mei­ne VorrednerInnen angesprochen haben. Kinder- und Jugendrechte sind sehr wichtig. Wir haben die Kinderrechte in die Verfassung gehoben, das war schon ein wichtiger und richtiger Schritt. Auch mit der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention ist hier ein positives Signal in die richtige Richtung gesetzt worden.

Zum vorliegenden Antrag möchte ich sagen, dass wir diesem nicht zustimmen, weil wir eben der Meinung sind, dass die Einführung eines weiteren Gremiums nicht notwendig ist, sondern dass die bestehenden Gremien aufgewertet werden sollen, dass die Mit­einbeziehung der parlamentarischen Sprecher stärker gemacht werden soll und dass man den Jugendcheck vielleicht auch richtig nützen soll.

Es wurde ja per Verordnung mit 1. Jänner 2013 der sogenannte Jugendcheck einge­führt, der die Gesetze auf die Kinder- und Jugendrechte überprüft und schaut, ob das funktioniert oder nicht, wie kinder- und jugendgerecht Gesetze sind.

Es gibt da auch Kritik, dass es dazu noch keine Auswirkungen oder noch keine Evalu­ierungen gibt. Ich glaube aber, der Zeitraum ist noch zu kurz, weil wir es erst seit Be­ginn des Jahres haben. Da können noch nicht große Ergebnisse vorliegen.

Wie gesagt, diese Gremien, die wir haben – die Bundes-Jugendvertretung wurde ange­sprochen, ich habe jetzt eben den Jugendcheck angesprochen –, gilt es aufzuwerten, kein zusätzliches Gremium zu schaffen und gemeinsam für die Kinder- und Jugend­rechte einzutreten! – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


18.42.59

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! (Die Rednerin stellt eine Tafel mit dem Foto eines Kindes und der Aufschrift „Kinder halten Österreich jung“ vor sich auf das Rednerpult.)

Im Antrag von Kollegin Ursula Haubner heißt es unter anderem auch, dieser Rat solle sich einsetzen für die „Öffentlichkeitsarbeit (), die für Kinder von allgemeinem Inter­esse sind ().“ Diesem Wunsch wird ab sofort entgegengekommen.

Wie schon erwähnt wird, in Kooperation mit allen Familienverbänden, das Familien- und Wirtschaftsministerium eine Kampagne starten, in der es um mehr Familien- und Kinderfreundlichkeit in der Gesellschaft geht und der Wert von Familien gehoben wer-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 198

den soll, um Kindern und Jugendlichen einen guten Start und eine gute Grundlage für das Erwachsenwerden zu gewährleisten.

Ja, Kinder halten Österreich jung. Dazu ist es aber nicht unbedingt notwendig, einen Kinderrat zu gründen. Notwendig ist eher viel mehr Mut zu mehr Kindern. In diesem Sinne denke ich, dass die Kampagne etwas sehr Gutes ist. (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenruf der Abg. Dr. Lichtenecker.)

18.44

18.44.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Be­richt in 2432 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte somit um Ihr zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

18.44.3522. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 2309/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz 1998 geändert wird (WKG-Novelle 2013) (2390 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 2310/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsge­setz und das Ziviltechnikerkammergesetz 1993 geändert werden (2391 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 2308/A der Abgeordneten Konrad Steindl, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanz­buchhaltungsgesetz 2014 – BiBuG 2014) (2392 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu den Punkten 22 bis 24 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


18.45.18

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal: Wir werden den Tagesordnungspunk­ten 23 und 24, dem Bilanzbuchhaltungsgesetz, unsere Zustimmung erteilen. Aber das Wirtschaftskammergesetz werden wir ablehnen. Da gibt es nämlich doch ein paar Punkte, die uns nachdenklich stimmen

Zum Ersten: Gewisse Anpassungen an die Verwaltungsgerichtsbarkeit sind sicherlich in Ordnung. Hier wäre vielleicht noch anzumerken, dass es aufgrund der Sturheit der rot-schwarzen Landeshauptleute nicht möglich war, die Wirtschaftskammergesetz-Materie beim Bundesverwaltungsgericht als einzig zuständiger Instanz abzuhandeln, sondern dafür nach wie vor in erster Instanz die Verwaltungsgerichte der Bundesländer


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zuständig sind. Das heißt, die Macht geht nach wie vor von den rot-schwarzen Landes­hauptleuten aus und nicht von dieser Bundesregierung, und das ist schade.

Dann gibt es noch ein paar andere Dinge, die eigentlich nicht nachvollziehbar sind. Herr Bundesminister, wie können Sie erklären, dass zum Beispiel Betriebe, die nur 31 Tage eine Gewerbeanmeldung haben, also innerhalb von 31 Tagen das Gewerbe wieder abmelden, keine Umlagegebühr mehr bezahlen? Bis jetzt haben sie die Hälfte der Umlagegebühr bezahlt. Warum das so ist, ist nicht erklärbar, steht auch in keiner Erklärung.

Ich befürchte, dass es sich um die Wirtschaftskammerwahl 2015 handeln wird. Das heißt, Anfang Jänner meldet ein Betrieb an, ist dann am 6. Jänner in der Wählerevi­denz erfasst, kann dann Ende Jänner das Gewerbe wieder abmelden, hat keine Un­kosten zu tragen und hat sich damit eine Wählerstimme gekauft, ohne dass sie etwas kostet.

Das Zweite, das ist wesentlich tragischer, ist die deutliche Ausweitung der Rechte des Erweiterten WKÖ-Präsidiums. Da geht es darum, dass man auch rückwirkend in die Bemessungsgrundlagen-Bestimmungen eingreifen kann, die herangezogen werden, um den Mitgliedsbeitrag zu berechnen.

Sie haben bis dato immer abgelehnt, rückwirkend in Gesetze einzugreifen. Ich erinnere nur an das Handelsvertretergesetz, wo wir nach wie vor eine Gesetzeslücke haben, wo dreieinhalb Jahre von 2006 bis 2009 eine Gesetzeslücke aufscheint und Sie nicht be­reit waren, diese rückwirkend zu schließen. Bei diesen erweiterten Rechten für das WKÖ-Präsidium sind Sie einem rückwirkenden Eingreifen nicht abgeneigt. Auch aus diesen Gründen lehnen wir diese Änderung im Wirtschaftskammergesetz ab. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


18.48.13

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der vorliegenden Novelle geht es in erster Linie um die Anpassung der Verwaltungsge­richtsbarkeiten. Da sind administrative Änderungen im Instanzenzug notwendig.

Kollege Bernhard Themessl hat vorhin ausgeführt, er versteht diese 30-Tage-Gebüh­renbefreiung bei der Wirtschaftskammer nicht. Dafür gibt es gute Gründe. Wir haben immer wieder Leute, die irgendwo in anderen Bundesländern tätig werden, mit Ausstel­lungen und anderem. Die sind dann von den Grundgebühren und Umlagen befreit, und das sollte in erster Linie dazu da sein.

Auch insgesamt wird das Wirtschaftskammergesetz angepasst. Das Ziviltechnikerkam­mergesetz und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz werden den entsprechenden Ver­waltungsgerichtsbarkeitsbestimmungen angepasst, neben anderen Änderungen, die hier auch mit einfließen.

Zum Bilanzbuchhaltungsgesetz ist anzumerken: Da war eine Änderung aus folgendem Grund erforderlich: Als wir vor einiger Zeit, vor eineinhalb Jahren, glaube ich, das Bi­lanzbuchhaltungsgesetz neu geregelt haben, war es so, dass die Bilanzbuchhalter, die vorher teilweise bei der Wirtschaftstreuhänderkammer und teilweise bei der Wirt­schaftskammer organisiert waren, dann einheitlich zur Wirtschaftskammer gekommen sind. 

Aus dieser Gegebenheit heraus ist es dann so gewesen, dass die Paritätische Kom­mission, die dazwischengeschaltet war, um beispielsweise den Zugang, die Fachprü­fungen für die Bilanzbuchhalterprüfungen abzunehmen, in den Bundesländern und ge-


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nerell zu regeln und die entsprechenden Standards zu überprüfen, dass diese Paritäti­sche Kommission sehr hohe Kosten verursacht hat. Deswegen haben sich die Wirt­schaftstreuhänder nicht mehr bereit erklärt, ihren Teil dieser Kosten zu übernehmen.

Nachdem jetzt alle in der Wirtschaftskammer organisiert sind, hat man sie dann vollin­haltlich in die Wirtschaftskammer integriert und in die Meisterprüfungsstelle mit einbe­zogen, sodass die Fachprüfungen mit den gleichen Standards, mit dem gleichen Be­rufsrecht und vor allem auch mit der Qualität, die es bisher bei dieser Berufsgruppe ge­geben hat, in Zukunft umgesetzt werden. Dadurch werden die Kosten sicher effizienter zu gestalten sein. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


18.51.14

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zum Wirtschaftskammergesetz, wo es längst überfällig wäre, dass es ein anständiges Demokratiepaket gibt, eine Wahlrechtsänderung, die Di­rektwahl des Präsidenten und selbstverständlich endlich eine transparente Regelung der Wählergruppenförderung – das alles ist überfällig!

Aber ich komme zu einem ganz bizarren Punkt in diesem Gesetz, und zwar dem The­ma Mitgliedschaften von gemeinnützigen Organisationen wie Alten- und Pflegeheimen in der Wirtschaftskammer. Die Caritas, die Diakonie, das Hilfswerk, das Rote Kreuz und die Volkshilfe beklagen das, und das ist auch verständlich. Warum sollen sie, die gemeinnützig sind, so wie gewinnorientierte Unternehmen ebenfalls Mitgliedsbeiträge bezahlen?

Meine Damen und Herren, das ist eine absurde Situation, und das kann in dieser Form nicht sein. Denn wer wird diese Beiträge zahlen? – Das werden Spenden sein, das werden Steuergelder sein, die hier hineinfließen werden. Meine Damen und Herren, das ist eine absurde Situation! Herr Chalupka von der Diakonie bezeichnet es heute in seiner Presseaussendung mit „Keine Spenden für die Wirtschaftskammer“. Davon bin auch ich überzeugt, und wir unterstützen selbstverständlich das Anliegen dieser ge­meinnützigen Organisationen.

Herr Minister, es wäre längst an der Zeit, hier auch Klartext zu reden. Gemeinnützige Organisationen, die Pflege- oder Altenheime betreiben und führen, haben in der Wirt­schaftskammer nichts verloren! Es ist deren Wunsch, dass das auch so zur Kenntnis genommen wird. Dem können wir uns nur anschließen, und dieses Anliegen werden wir auch weiterhin unterstützen. (Beifall bei den Grünen.)

18.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


18.53.18

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte zu zwei von den drei Vorlagen ein paar Anmerkungen machen.

Das eine ist: Kollege Themessl hat die Wirtschaftskammergesetz-Novelle angespro­chen. Das mit den 31 Tagen wird erläutert mit jenen, die kurzfristig in einem Bundes­land auf Ständen tätig sind. Dennoch: Sie haben recht, man wird sich anschauen müs­sen, ob es nicht zu einer interessanten Ballung vor den Wahlen kommt. Da bin ich sei­ner Meinung. Ich würde der Mehrheitsfraktion raten, diesbezüglich auch ein Auge da­rauf zu werfen, denn sonst würde man eine, sagen wir einmal, nicht ganz lupenreine Motivation unterstellen.


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Was die anderen Teile betrifft: Ich verstehe die Kritik hinsichtlich der Bemessungs­grundlage nicht. Denn wie ist der Sachverhalt bei diesen Pflegeheimen? – Wir haben seit mehreren Jahren die Situation, dass die Finanzverwaltung damit beginnt, einzel­nen Pflegeheimen zu sagen: Ihr seid eigentlich Mitglieder der Wirtschaftskammer, und ihr müsst für die volle Lohnsumme die KU 2 zahlen. (Abg. Dr. Lichtenecker: Das ist absurd!)

Was das im sozialen Bereich heißt, ist eine Belastung der öffentlichen Haushalte, und diese Situation ist bisher rechtlich nicht endgültig ausjudiziert. Grundsätzlich ist es ja so, dass jeder, der aufgrund einer Berufsberechtigung selbständig tätig ist, im Zweifels­fall, wenn er nicht einer Spezialkammer angehört, einer Pflichtmitgliedschaft der Wirt­schaftskammer unterliegt. Ein Extrembeispiel: Ein Hundeflüsterer, den Kollege Keck beschäftigt, ist im allgemeinen Gewerbe Mitglied und Kammermitglied. Jeder, der je­manden beherbergt, ist Mitglied.

Es gibt Pflegeheime, die auf Gewinn orientiert sind. (Abg. Dr. Lichtenecker: Ja, und genauso gemeinnützige!) Ja, eh; das ist aber kein Kriterium, ob gemeinnützig oder ge­winnorientiert. Wir haben viele gemeinnützige, selbstverständlich; jede Kantine, die bei einem Sportverein unterhalten wird, ist mit der Gastronomieberechtigung ganz norma­les Kammermitglied. (Abg. Hörl: Oder ein Schwarzbetrieb!) Es sind ja nicht die Träger Mitglied, sondern deren Einrichtung, die sie betreiben, die sie öffentlich anbieten.

Ich hätte am liebsten gehabt, wir hätten sie zur Gänze herausbekommen. (Abg. Dr. Lich­tenecker: Ja!) Wir können hier ja offen sagen, was der Hintergrund ist. Wir haben aber auch durch Spezialgesetz manch sonderbare Ausnahme. Zum Beispiel die Energiever­sorger, die irgendwann in den frühen fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts einmal Daseinsvorsorge waren, sind nicht Mitglied der Wirtschaftskammer.

Jetzt war es innerhalb der Kammerorganisation so, dass man gesagt hat: Gut, berei­nigen wir das, aber dann nehmen wir die anderen hinein! – Ein Vorhaben, das nicht so einfach ist, denn das sind ja mächtige Lobby-Verbände; die sind ja nicht unvertreten, nur weil sie nicht bei der Wirtschaftskammer sind. Die halten sich eine teure freiwillige Einrichtung. Mit denen wird man in den nächsten elf, zwölf Monaten darüber reden müssen, ob man die Situation bereinigen kann.

Meine Angst war nur: Was passiert, wenn jetzt der Verwaltungsgerichtshof sagt, die Pflegeheime sind Kammermitglieder? – Dann sagt jeder: Im Parlament gibt es ab Juli keine Tagung mehr, gesetzliche Grundlage fürs Senken der Beiträge gibt es keine. Die werden von der Finanzverwaltung beinhart exekutiert! Ruperta, möchtest du haben, dass dann von der Finanzverwaltung die Überweisungen von den Ländern gepfändet werden? (Abg. Dr. Lichtenecker: Du weißt genau, dass es auch andere Lösungen gibt!)

Daher brauchen wir diese Novelle, damit, falls das passiert, in der Zwischenzeit – ich schaue dem Herrn Generalsekretär vom Wirtschaftsbund schon genau in die Augen (Abg. Dr. Lichtenecker: Da schaue ich auch!) – dann die Senkung der Grundlage aber auch sehr zügig kommt, damit sie nicht den wirtschaftlichen Ruin erreichen. (Abg. Hörl: Was ist denn bei der Arbeiterkammer?) Dieser Teil ist daher eine sehr sinnvolle Vorlage, und ich werbe dafür, dass wir hier zustimmen. (Abg. Hörl: Die Arbeiterkam­mer! die Beiträge senken!)

Bei der Bilanzbuchhalterfrage stimme ich dem Kollegen Steindl darin zu, dass dieser Beitrag, den wir heute leisten, die Qualität des Berufsstandes aufrechterhält. Hätte man die Kapazitäten, die hier sind, weggeräumt, dann wäre ein Beruf entstanden, der kei­nerlei Überprüfung hat, der bei der Bezirkshauptmannschaft – wie die Hundeflüsterer – einmal einen Gewerbeschein nimmt, und das war es.

Aus diesem Grunde: Sehr, sehr gute Vorlagen, und ich bin froh, dass wir diese vor dem Sommer haben! Ich hoffe auch hinsichtlich der Pflegeheime, dass wir die ange-


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sprochene Problematik ausgeräumt haben, auch trotz des Briefs, der ausgeschickt wur­de. Ich habe das inzwischen aufklären können, auch bei den Kollektivvertragspartnern des BAGS, und bitte und werbe daher um Ihre Zustimmung. Wer dagegen stimmt, stimmt in Wirklichkeit für das Risiko, dass die Pflegeheime volle Beiträge für fünf Jahre im Nachhinein zahlen müssen – und das wollen wir nicht! (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

18.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

 


18.58.05

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Wirtschafts­minister! Hohes Haus! Zum Tagesordnungspunkt 23, dem Wirtschaftstreuhandberufs­gesetz und dem Ziviltechnikerkammergesetz, und auch zum Tagesordnungspunkt 24, Bilanzbuchhaltungsgesetz, gibt es von uns volle Zustimmung.

Beim Wirtschaftskammergesetz darf ich darauf verweisen, dass das ja auch mit Zwangsmitgliedschaft einhergeht. Zu den Mehrfachmitgliedschaften haben wir im Jahr 2010 eine Anfrage gestellt. Vom Ministerium wurde uns dann betreffend Abschaf­fung der Mehrfachmitgliedschaften mitgeteilt, dass im Zuge der umfassenden Reform der Fachorganisationsstruktur die Mehrfachmitgliedschaften „maßgeblich“ reduziert werden.

Wir haben daher den statistischen Vergleich herangezogen. Was die „maßgebliche“ Reduktion zwischen 2010 und 2012 des Prozentsatzes bei „Mehr Spartenmitglieder als Kammermitglieder“ betrifft, so lag dieser bei 19,6 Prozent im Jahr 2010 und liegt jetzt bei 19 Prozent, also minus 0,6. „Maßgeblich“? – Ich glaube nicht.

Mehr Fachgruppenmitglieder als Kammermitglieder: 32 Prozent; 2012 30,6 Prozent; minus 1,4. „Maßgeblich“? – Ich glaube nicht.

Genauso bei den Kammermitgliedern mit Mitgliedschaften in zwei Fachgruppen: von 16,2 auf 15,7 ist minus 0,5. Und die Kammermitglieder mit Mitgliedschaften in drei und mehr Fachgruppen: von 6,3 auf 6 Prozent, also minus 0,3. Spitzenreiter haben 25 Fach­gruppen-Zugehörigkeiten!

Herr Minister, „maßgeblich“ ist das nicht. Ich würde es eher die Bestätigung von „un­maßgeblich“ nennen. (Präsident Dr. Graf übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich bringe daher auch einen entsprechenden Entschließungsantrag ein:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

‚Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert im Interesse der Entlastung der heimischen Unternehmen sich in Gesprächen mit den Vertretern der Wirtschaftskammern dafür einzusetzen, dass Mehrfachzwangsmitgliedschaften in den Fachgruppen (Fachverbänden) der Wirtschaftskammern und damit einhergehende Mehrbelastungen durch die Notwendigkeit der Entrichtung von mehreren Grundumla­gen abgeschafft und durch freiwillige Mitgliedschaften in den Fachgruppen (Fachver­bänden) ersetzt werden.‘“

*****

Das ist der Entschließungsantrag. (Beifall beim BZÖ.)

Ich darf noch ganz kurz – ich habe relativ wenig Redezeit – auf einen Zwischenruf des ÖVP-Abgeordneten Hörl eingehen. Mein Vorredner Kollege Matznetter hat richtig ge­sagt, dass jeder Verein mit Kantinenbetrieb auch Mitglied bei den Kammern ist. Der Zwischenruf des Kollegen Hörl: „Das ist auch ein Schwarzbetrieb!“ (Abg. Hörl: Habe


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ich nicht gesagt!) „Und ein Schwarzbetrieb!“ hat er wörtlich gesagt. (Abg. Hörl: Habe ich nicht ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Kollege Hörl! Das ist ein Witz gegenüber allen Vereinen, die hier wertvollste Arbeit leisten. Sie denunzieren diese! Herr Kollege Hörl, kommen Sie noch einmal heraus, stellen Sie das klar! Das ist wirklich ein Witz gegenüber jedem Verein, der auch eine Kantine betreibt. (Beifall beim BZÖ.)

19.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ernest Windholz, Kollegin und Kollegen betreffend Abschaffung
der Mehrfachzwangsmitgliedschaften in den Fachgruppen (Fachverbänden) der Wirt­schaftskammern

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 22: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 2309/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirt­schaftskammergesetz 1998 geändert wird (WKG-Novelle 2013) (2390 d.B.) am 13. Ju­ni 2013

Die Grundumlage als Teil der seitens der Kammermitglieder zu leistenden Beiträge ist gemäß § 123 Wirtschaftskammergesetz von den Mitgliedern der Fachgruppen (Fach­verbände) zu entrichten. Zugehörigkeiten zu mehreren Fachgruppen aufgrund mehre­rer Berechtigungen führen in der Praxis dazu, dass eine große Zahl an Mitgliedern die Grundumlage mehrfach entrichten muss.

Bereits im Zuge der Budgetberatungen betreffend den BVA für das Jahr 2010 hat das BZÖ eine schriftliche Anfrage betreffend die Abschaffung der Mehrfachmitgliedschaften in der WKO eingebracht, die seitens des Ministeriums unter anderem damit beantwor­tet wurde, dass sich im Zuge der umfassenden Reform der Fachorganisationsstruktur die Mehrfachmitgliedschaften maßgeblich reduzieren werden.

Bis dato ist jedoch fast nichts geschehen!

Bei einem Vergleich der statistischen Zahlen der Jahre 2010 und 2012 kann nämlich vieles abgelesen werden, jedoch mit Sicherheit keine „maßgebliche Reduktion“ der Mehrfachmitgliedschaften, sondern lediglich marginale Veränderungen, wie folgende Tabelle zeigt:

 

2010

2012

Mehr Spartenmitglieder

als Kammermitglieder

19,6 %

19 %

Mehr Fachgruppenmitglieder

als Kammermitglieder

32 %

30,6 %


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 204

Kammermitglieder
mit Mitgliedschaften
in zwei Fachgruppen

16,2 %

15,7 %

Kammermitglieder
mit Mitgliedschaften
in drei und mehr Fachgruppen

6,3 %

6 %

Faktum ist somit, dass auch als Folge der Mehrfachmitgliedschaften entsprechend der Mitgliederstatistik der WKO für das Jahr 2010 die Zahl der Spartenmitglieder um circa 19,6 % höher als die Zahl der Kammermitglieder war bzw. auf Ebene der Fachgruppen es um rund 32 % mehr Fachgruppenmitglieder als Kammermitglieder gab. 16,2 % der Kammermitglieder besaßen Mitgliedschaften in zwei Fachgruppen und immerhin noch 6,3 % sind drei oder mehr Fachgruppen zuzurechnen.

Diese Zahlen haben sich jedoch im Jahr 2012 nur marginal verändert.

Weiterhin ist die Zahl der Spartenmitglieder um circa 19 % höher als die Zahl der Kam­mermitglieder. Auf Ebene der Fachgruppen gibt es immer noch um 30,6 % mehr Fach­gruppenmitglieder als Kammermitglieder.

15,7 % der Kammermitglieder besitzen Mitgliedschaften in zwei Fachgruppen und im­merhin noch 6 % sind drei oder mehr Fachgruppen zuzurechnen.

Aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten muss es daher, nicht zuletzt im Sinne einer Entlastung der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Österreich, Ziel sein, die Grundumlage grundsätzlich nur mehr dort vorzuschreiben, wo der wirtschaftliche Schwerpunkt des Unternehmens liegt.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert im Interesse der Entlastung der heimischen Unternehmen sich in Gesprächen mit den Vertretern der Wirtschaftskammern dafür einzusetzen, dass Mehrfachzwangsmitgliedschaften in den Fachgruppen (Fachverbänden) der Wirtschaftskammern und damit einhergehende Mehrbelastungen durch die Notwendigkeit der Entrichtung von mehreren Grundumla­gen abgeschafft und durch freiwillige Mitgliedschaften in den Fachgruppen (Fachver­bänden) ersetzt werden.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.01.20

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Es ist schon von Konrad Steindl ausführlich ausgeführt worden, dass


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 205

diese Wirtschaftskammergesetz-Novelle eine Reihe von Verwaltungsvereinfachungen und eine Straffung von Zuständigkeiten mit sich bringt.

Aber um auf Kollegin Lichtenecker zurückzukommen: Erstens einmal, wenn wir das Wahlrechtspaket noch einmal in der Geschichte betrachten, dann haben wir hier, Kol­lege Matznetter und ich, mehrere Gespräche mit Ihrem Kollegen Plass in der Kammer geführt. Aber leider ist ja Kollege Plass nach der zweiten Besprechung nicht mehr ge­kommen. Also haben wir auch in dieser Hinsicht keinen Konnex beziehungsweise kei­nen Kompromiss finden können, wie wir hier ein Gesamtpaket einbringen. Daher wür­de ich ersuchen, dass wir vielleicht ein bisschen konstruktiver gemeinsam an diesem Paket arbeiten. Dann bin ich mir sicher, dass wir auch hier Möglichkeiten finden wer­den.

Das Zweite, noch einmal zu den Pflegeheimen – Kollege Matznetter hat es ohnehin auch schon ausgeführt –: Wir haben Vorsorge getroffen, dass wir, wenn der Verfas­sungsgerichtshof ein entsprechendes Urteil fällt, vom Erweiterten Präsidium aus dann die Möglichkeit haben, die Kammerumlage 2 dementsprechend zu senken.

An Kollegen Matznetter: Es dürfte dir, lieber Vizepräsident der Wirtschaftskammer, be­kannt sein, dass du Mitglied des Erweiterten Präsidiums bist und nicht ich! Es liegt
also sicher an dir, dass du diese Sache erfolgreich betreibst. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

In dieser Hinsicht denke ich, das ist ein gutes gesamtes Paket für die Bilanzbuchhalter, und in dieser Hinsicht: Danke allen, die diesem Gesetz zustimmen! (Beifall bei der ÖVP.)

19.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.03.08

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist im Prinzip alles gesagt worden, ich kann es daher sehr kurz machen. Es geht hier im Zuge der Verwaltungsre­form um entsprechende Anpassungen, was die Verwaltungsgerichtsbarkeit anbelangt. Es geht aber auch darum, Anpassungen an die letzte Strafrechtsreform und ein paar andere Änderungen zu vollziehen.

Es ist hier einiges angemerkt und teilweise auch aufgeklärt worden, was beispielsweise die Fragen des Kollegen Themessl anlangt. Diese 31-Tage-Kulanzmöglichkeit hat nicht nur den Hintergrund, dass man Härtefälle vermeidet, sondern hat auch den Hinter­grund, dass der administrative Aufwand, um das festzustellen, teilweise dann größer wäre als die entsprechende Einnahme.

Was die Problematik der Alten- und Pflegeheime und vor allem die Rückwirkung anbe­langt, ist dies eine Bestimmung, die denen entgegenkommt, weil eben auch hier Mittel der Sozialhilfe aufgewendet werden und das auch berücksichtigt werden soll, da es sicher nicht Sinn und Zweck ist, öffentlich eingesetzte Mittel dann einer entsprechen­den Umlage zuzuführen.

Alle anderen Punkte sind im Prinzip so angesprochen worden, dass es, vor allem was die Ausgestaltung der Mitgliedschaft und Mehrfachmitgliedschaft anbelangt, einfach Angelegenheit der Selbstverwaltung ist, hier die entsprechenden Entscheidungen her­beizuführen. Da hat es auch entsprechende Fortschritte, Vereinfachungen und Neu­strukturierungen gegeben, sodass das gesamte Paket insgesamt als Fortschritt zu be­werten ist. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.04



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 206

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Kirchgatterer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.04.54

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte feststellen, dass heute sieben Tages­ordnungspunkte zum oder aus dem Bereich der Wirtschaft vom Wirtschaftsausschuss hier zur Debatte vorliegen. Ich habe es schon sehr befremdlich gefunden, dass auch im Ausschuss die neue Oppositionspartei durch Abwesenheit geglänzt hat, sich nicht an den Beratungen beteiligt hat und auch nicht auf der Rednerliste zu diesen Tages­ordnungspunkten steht. Anscheinend hat diese neue Oppositionspartei kein Interesse an den Wirtschaftsthemen. (Zwischenruf des Abg. Markowitz.)

Meine Damen und Herren! Dies fällt deshalb auch doppelt auf, weil gerade im Wirt­schaftsausschuss besonders sachlich und praxisorientiert gearbeitet wird, man sich bemüht, aus unterschiedlichen Standpunkten heraus Lösungen zu finden, die den ein­zelnen Berufsgruppen entsprechen und auch den Herausforderungen von heute und morgen gerecht werden.

Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass hier von vielen Seiten so sachgerecht gearbeitet wird und dass man immer versucht, einen Kompromiss, der sich in der Praxis bewährt, zu finden. Die Hauptaufgabe ist natürlich die, ein hohes Be­schäftigungsniveau zu halten, vor allem im Jugendbereich, in der Jugendbeschäftigung.

Bedauern möchte ich wohl den einen Punkt, dass es nicht gelungen ist, beim Wirt­schaftskammerwahlgesetz mehr zu erreichen. Ich weise darauf hin, dass es auch in meinem Bundesland Vorschläge gegeben hat, eine Arbeitsgruppe aus allen wahlwer­benden Gruppen einzurichten, um Vorschläge zu erarbeiten, um ein gemeinsames Er­gebnis zu erreichen. Diese Kommission ist nicht zustande gekommen.

Hier ist die Mehrheitsfraktion in der Wirtschaftskammer gefordert, es ist einiges offen. Ich ersuche, diesen Aufruf auch dementsprechend anzunehmen. Es geht um eine Wei­terentwicklung, die im Sinne aller ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.06

19.06.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Entwurf betreffend WKG-Novelle 2013 samt Titel und Eingang in 2390 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Windholz, Kollegin und Kollegen betreffend Abschaffung der Mehrfachzwangsmitglied­schaften in den Fachgruppen (Fachverbänden) der Wirtschaftskammern.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 207

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und das Ziviltechni­kerkammergesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 2391 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung er­forderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordne­ten fest.

Ich ersuche nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls Einstimmig­keit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Entwurf betreffend Bi­lanzbuchhaltungsgesetz 2014 samt Titel und Eingang in 2392 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

19.10.1625. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorla­ge (2337 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (2393 d.B.)

26. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorla­ge (2321 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die integrierte Ver­meidung und Verminderung von Emissionen aus Dampfkesselanlagen (Emis­sionsschutzgesetz für Kesselanlagen – EG-K 2013) erlassen wird (2395 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zu den Punkten 25 und 26 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Themessl. Wunschgemäß sind 3 Minuten einge­stellt. – Bitte.

 


19.11.00

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wer­te Kolleginnen und Kollegen! Dem Tagesordnungspunkt 26 werden wir zustimmen.

Aber, Herr Bundesminister, jetzt beziehe ich mich auf die Änderung der Gewerbeord­nung, Tagesordnungspunkt 25: Ich verfolge seit Jahren und ganz speziell die letzten Monate Ihre Presseaussendungen und die Pressekonferenzen, die Sie geben. In all diesen Aussendungen und bei all diesen Pressekonferenzen weisen Sie darauf hin,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 208

dass die Belastung für die Wirtschaft unerträglich ist und dass vor allen Dingen auch die Bürokratie abgebaut und zurückgefahren werden muss.

Ich gebe Ihnen in allen Punkten vollkommen recht. Wenn wir heute von der Änderung der Gewerbeordnung sprechen, dann ist das ein marginaler Punkt. Ich beziehe mich jetzt nicht auf den grundsätzlichen Antrag, so wie er ursprünglich in den Ausschuss gekommen ist, sondern auf den Abänderungsantrag, der im Ausschuss eingebracht wurde. Hier geht es wieder um die Umsetzung einer Richtlinie, die zu nichts anderem führt als zu zusätzlichen bürokratischen Auflagen für die heimischen Betriebe. Jetzt ha­ben Sie selber, bezogen auf die Stahlindustrie, im Ausschuss gesagt, dass die Stahl­industrie in Europa vor einigen Jahren noch 33 Prozent Weltmarktanteil gehabt hat und wir jetzt bei 7 Prozent liegen.

Grund dafür sind nicht nur die überhöhten Energiepreise in Europa – deswegen wan­dert auch leider die Voest dann nach Amerika ab –, sondern vor allen Dingen auch die unsinnige bürokratische Gesetzesflut, die von der EU und auch von der nationalen Re­gierung auf die Betriebe zukommt. Die Betriebe in Österreich zahlen für bürokratische Auflagen doppelt so viel wie unsere Betriebe in den Nachbarstaaten der EU, das wis­sen wir, das ist statistisch erwiesen. Wir haben bei den Betrieben eine Abgabenquote von über 53 Prozent, wir sind ein Steuerhöchstland. Sie geben das selber zu. Ihre Kol­legin, die Frau Finanzministerin Fekter sagt seit drei Jahren bei jeder Gelegenheit, wir brauchen eine Steuerreform. Einfacher, weniger, leistungsgerechter, das sind ihre drei Schlagworte. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber es passiert nichts, Herr Bundesminister. Sie sagen das Gleiche: Die Betriebe dür­fen nicht weiter belastet werden. – Trotzdem vergeht kein Monat, ohne dass EU-Richt­linien umgesetzt werden, die zu bürokratischen Mehrbelastungen führen, oder es kommt eine Regierungsvorlage in den Ausschuss oder ins Plenum, die auch nichts anderes bedeutet.

Ich verstehe Sie nicht, Herr Bundesminister. Warum machen Sie das? Sie haben schon vor Jahren versprochen, dass man die Gewerbeordnung einmal grundsätzlich angeht. Wenn Sie sich heute die Gewerbeordnung im Bereich des Betriebsanlagen­rechts anschauen, so ist das ja ein Wahnsinn, was da passiert. Die Auflagen steigen von Jahr zu Jahr, sind nicht mehr bewältigbar, sind für solche, die es brauchen, finan­ziell nicht mehr bewältigbar. Und trotzdem machen Sie es. Ich verstehe das nicht.

Wenn Sie heute die „Neue Zürcher Zeitung“ lesen, geht es dort auch um den Stahl­sektor: Die deutsche Wirtschaftsvereinigung Stahl begrüßt zwar, dass man jetzt endlich einen Aktionsplan für die Stahlindustrie in Europa entwickeln will, auf der anderen Seite kritisiert sie aber das Fehlen konkreter Hinweise, wie und wann – vor allen Dingen wann – Belastungen als Folge der europäischen Energie- und Klimapolitik abgebaut werden.

Sie jammern seit Jahren, dass Europa und auch Österreich im globalen Wettbewerb nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Im internationalen Wettbewerbsranking sind wir in der Zwischenzeit auf Platz 23. Wir liegen nicht mehr im ersten Drittel. Wir haben verlo­ren. Wir waren im Jahr 2006 auf Platz 11, wir sind jetzt in der Wettbewerbsfähigkeit auf Platz 23. Und trotzdem lassen Sie keinen Monat aus, um zusätzliche Belastungen ent­weder finanzieller oder bürokratischer Art auf die Betriebe niederprasseln zu lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wie schon in der Vergangenheit werden wir auch in Zukunft jegliche zusätzliche Belas­tungen für Firmen oder für Klein- und Mittelbetriebe – egal in welcher Größe –, sei es finanziell oder bürokratisch, ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.15



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 209

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Obernoste­rer. 3 Minuten. – Bitte.

 


19.15.12

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kolle­ge Themessl, in einem gewissen Bereich haben Sie recht. Aber man muss schauen, wie es in der Praxis hier im Hause abläuft: Kommen Entlastungen, gibt es andere Ar­gumente, warum dagegen gestimmt wird, gibt es gewisse Anpassungen, wird auch da­gegen gestimmt. Vorher haben wir eine Entlastung für die Unternehmer gehabt, wenn sie den Gewerbeschein nur 30 Tage haben. Wenn man denen das Geld nachlässt und damit der Betrieb entlastet wird, heißt es dann, das ist Stimmenkauf.

Ich verstehe, dass die Opposition alles kritisiert, was hier gemacht wird. Aber eines weiß ich auch: Bürokratie, die über 30 Jahre aufgebaut worden ist, wird man in ein, zwei, drei oder vier Jahren nicht abbauen, sondern so kontinuierlich, wie sie aufgebaut worden ist, wird man sie auch wieder abbauen. Und der Herr Bundesminister für Wirt­schaft hat einige Zeichen in dieser Legislaturperiode gesetzt.

Ich möchte jetzt aber ganz kurz zum Thema des Tagesordnungspunktes kommen. Wir wissen, dass es eine Anpassung gegenüber den EU-Richtlinien braucht, damit muss das Anlagenrecht in der Gewerbeordnung nach § 82b geändert werden. Wir wissen, dass es dort zu einer Entlastung im behördlichen Bereich kommt. Ich halte das für sehr klug und sehr gescheit. Man sollte dort nicht noch mehr Beamte einsetzen. Es ist jetzt möglich, dass man die Bescheide im Betrieb behalten kann, dass einfache Anlagen auch selbst erledigt werden können und dass der staatlich beeidete Zivilsachverständi­ge sich mit den komplizierten größeren Anlagen befasst. Es ist eine Anpassung. Mehr ist da eigentlich nicht dahinter. Und ich verstehe diese Aufregung in dieser Richtung nicht, weil damit nach meinem Wissenstand und so wie ich es als Unternehmer ver­stehe, nicht mehr Auflagen verbunden sind. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Mag. Brunner. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.17.37

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden diesen beiden Tagesordnungspunkten nicht zustimmen.

Die Regierungsvorlagen wären an sich okay. Grund für unsere Nichtzustimmung sind ebenfalls die kurzfristig eingebrachten Abänderungsanträge zur Umsetzung der Indus­trieemissionsrichtlinie. Unsere Gründe sind aber eigentlich andere als die der FPÖ, nämlich umweltpolitische. Durch die Umsetzung gibt es zwar einige Verbesserungen bei Emissionsgrenzwerten, aber wesentliche Bereiche fehlen, und zwar die Parteistel­lung von Umweltschutzorganisationen, damit erfüllen wir auch die Aarhus-Konvention nicht. Aus unserer Sicht fehlt auch, dass Energieeffizienz ein Genehmigungskriterium für Anlagen ist. Wobei Energieeffizienz in dieser Bundesregierung insgesamt fehlt, da gibt es leider ein Nullergebnis in dieser Periode. Es wurde ziemlich versemmelt. Schar­fe Kritik von uns daran und keine Zustimmung zu diesen beiden Punkten.

Und deswegen: Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Um­weltministerium, und die Energie nehmen wir dorthin auch mit. (Beifall bei den Grü­nen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 210

19.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Katzian. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.18.56

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben beim letzten Plenum entsprechende Klarstellungen ge­troffen, damit Geschäftsmodelle, die sich mit fragwürdigen Methoden zur Sonntagsöff­nung befassen, so nicht mehr möglich sind. Das war wichtig und bedingt jetzt eine le­gistische Klarstellung, was die Gastgewerbesystematik betrifft. Das ist für mich eine gute Gelegenheit, noch einmal auf einige Vorwürfe einzugehen, die in diesem Zusam­menhang in den letzten Tagen und Wochen öffentlich gemacht wurden.

Das, was da im Zusammenhang mit dayli passiert ist, ist ein klassischer Bauchfleck. Da ist jemand gekommen und hat bewusst ein Geschäftsmodell aufgestellt, das darauf basiert, dass bestehende Gesetze nicht eingehalten werden. Und der hat sich dann ge­wundert, dass diejenigen, die sich besonders um die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer kümmern, nämlich die Gewerkschaften, gesagt haben: Liebe Leute, das kann nicht funktionieren, das geht nicht, bestehende Gesetze müssen eingehalten werden! Wer ein Geschäftsmodell präsentiert, das darauf basiert, dass ein Gesetz gebrochen wird, der ist auf dem Holzweg. – Das dürfen wir auch nicht durchgehen lassen. Daher hat auch der österreichische Nationalrat – bis auf einige wenige – mit sehr großer Mehrheit diese Klarstellungen beschlossen.

Jetzt sollte es nicht darum gehen, ein Gewerkschaften-Bashing zu betreiben und zu sagen: Die sind schuld, das sind die Bösen, die die Arbeitsplätze vernichten!, sondern es ginge darum, alles zu tun, um die Arbeitsplätze der Beschäftigten bei dayli zu si­chern, entsprechende Konzepte zu präsentieren, das Vertrauen der Lieferanten wieder zu gewinnen, einen sympathischen Auftritt in der Öffentlichkeit zu machen und sich so zu präsentieren, dass man auf dem Markt reüssieren kann.

Wichtig ist auch, dass man einige Klarstellungen zu Aussagen trifft, die hier gemacht wurden, wie etwa, die von uns eingebrachte UWG-Klage wäre zurückgewiesen wor­den. Das stimmt nicht! Richtig ist, dass die Richterin eine Aufforderung zur Präzision des Warenangebots gemacht hat, aber das war keineswegs eine Zurückweisung der UWG-Klage.

Zweiter Vorwurf: Die Gewerkschafter waren mit der Sonntagsöffnung einverstanden. –Etwas Absurderes habe ich überhaupt noch nicht gehört. Es hat am 18. Jänner eine Besichtigung einer Musterfiliale von dayli gegeben. Das war, bevor die Betriebe in Linz und Pöggstall am Sonntag geöffnet wurden. Und mehrfach und unmissverständlich ha­ben wir – wir sind bei dieser Präsentation dabei gewesen – klargemacht, dass die Sonntagsöffnung nicht rechtmäßig ist.

Und dann der Hinweis, der Betriebsrat wäre mit der Sonntagsöffnung einverstanden gewesen: Da muss ich auch als Gewerkschafter sehr deutlich klarstellen, dass man auch nicht sagen kann, der Betriebsrat in einem Taxiunternehmen ist damit einverstan­den, dass das Taxi bei Rot über die Kreuzung fährt. – Hallo, wo sind wir? Das geht nicht, das kann nicht funktionieren! Und daher ist es völlig klar, dass es auch dann nicht geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Rechtslage war aus unserer Sicht vorher schon eindeutig. Wir haben sie so präzi­siert, dass jetzt alles klar ist und dass nichts mehr gemacht werden kann. Und daher war das ein richtiger und wichtiger Schritt.

Ich möchte aber gerne abschließend auch noch einmal auf den Punkt eingehen, wir wären die, die die Arbeitsplätze vernichten und gefährden. Wir haben uns seinerzeit, als die Insolvenz von Schlecker bekannt wurde, mit dem Masseverwalter, der Kanzlei Geiwitz in Deutschland in Verbindung gesetzt. Wir haben interveniert und gesagt: Bitte, verscherbelt nicht die einzelnen Standorte von Schlecker! Wir hätten gerne, dass die Gruppe beisammenbleibt! Da geht es um 3 500 Leute! Wenn es einen Investor gibt, würden wir gerne die ganze Gruppe sichern! – Und das ist auch gelungen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 211

Und so wie wir uns damals dafür eingesetzt und die Arbeitsplätze gesichert haben, so möchte ich den jetzigen Eigentümern von dayli auch anbieten: Führt das Gespräch mit uns, sichern wir gemeinsam zum zweiten Mal die Arbeitsplätze der Beschäftigten! (Bei­fall bei der SPÖ.)

19.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Windholz. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.23.28

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Der Tagesordnungspunkt 26 behandelt das Emmissionsschutzgesetz für Kesselanla­gen. Es betrifft die Umsetzung einer EU-Richtlinie. In Österreich sind davon nur wenige Anlagen betroffen. Es stärkt allerdings die Stellung unserer Betriebe im Binnenmarkt. Die anfallenden Kosten sind daher auch als sehr gering zu bezeichnen. Insgesamt hal­ten wir diese Gesetzesinitiative für vertretungswürdig.

Beim Tagesordnungspunkt 25, bei der Gewerbeordnung, ist das schon eine sehr au­ßergewöhnliche Vorgangsweise. Es gab zuerst das Begutachtungsverfahren mit einem Entwurf – sehr, sehr breit angelegt. Im Ministerrat wurde dann gewissermaßen ein Zweizeiler beschlossen. Und wenige Tage vor der Ausschusssitzung kam dann ein 37 Seiten umfassender Abänderungsantrag. Die Kosten wurden ursprünglich mit 1,4 Mil­lionen € für die Unternehmer beziffert, 1,3 Millionen € für Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte. Im Ausschuss wurde vom Minister bestätigt, dass diese Zahlen in etwa auch jetzt zutreffend sind.

Wir erwarten uns eine Änderung der Gewerbeordnung, aber genau in die andere Rich­tung: eine wirkliche Entrümpelung und auch eine finanzielle Entlastung der Betriebe – und keine Belastung! (Beifall beim BZÖ.)

19.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hakel. 3 Mi­nuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.25.00

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Katzian hat schon ganz genau erklärt, wie die Geschichte mit dayli vonstattengegangen ist. Ich möchte auch noch ein bisschen darauf eingehen. Wenn man ein Geschäftsmodell präsentiert – das hat auch Wolfgang Katzian schon gesagt –, mit dem man klar ein Gesetz bricht, dann kann das nicht funk­tionieren. Und dann sind wir natürlich nicht dafür.

Ich möchte auch noch ein paar Gründe aufzählen, warum wir ganz klar gegen Sonn­tagsöffnungen sind: Es ist ja auch so, dass sich die Kaufkraft durch die Sonntagsöff­nung nicht vermehrt, sie verschiebt sich ganz einfach nur. Kauft man nicht mehr an ei­nem Donnerstag oder an einem Freitag ein, kauft man ab sofort eben am Sonntag ein. Aber dadurch nicht mehr, sondern es verändert sich einfach der wöchentliche Ein­kaufstag. Und ja, natürlich kann es sein, dass einzelne ArbeitnehmerInnen gerne auch am Sonntag arbeiten würden. Aber das wird sich halt kein Arbeitnehmer frei aussuchen können. Da entscheidet ganz klar der Arbeitgeber, wie die Rahmenbedingungen aus­schauen, und er entscheidet natürlich so, dass es für das Unternehmen und nicht für den Arbeitnehmer das Beste ist.

Die Mehrheit der ArbeitnehmerInnen kann an einem Sonntag nicht arbeiten, weil am Sonntag zum Beispiel die Kinderbetreuung nicht zur Verfügung steht oder weil es der einzige Tag in der Woche ist, an dem man mit seiner Familie Zeit verbringen kann. Es gibt auch jetzt schon genügend Menschen, die an einem freien Tag, dem Sonntag,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 212

vielleicht auch ehrenamtlichen Tätigkeiten nachgehen. Auch das ist für unsere Gesell­schaft sehr wichtig.

Und ja, es gibt durchaus bereits Dienstleistungsbereiche oder den sozialen Sektor, wo es aus wirtschaftlichen oder arbeitsmarktpolitischen Überlegungen sowie zur Erhaltung der Sicherheit beziehungsweise des öffentlichen Lebens oder der sozialen Sicherheit, der Gesundheit notwendig ist, dass am Sonntag gearbeitet wird. Ich habe natürlich größten Respekt vor diesen Personen, die in diesen Bereichen auch Sonntags und an Feiertagen arbeiten. Und ja, zu Recht wird die Sonn- und Feiertagsarbeit in den Kollek­tivverträgen dieser Branchen höher bewertet.

Aber aus den oben schon erwähnten Gründen stehe ich auch dazu, dass der Sonntag und die gesetzlichen Feiertage keine Regelarbeitstage für die große Masse der Arbeit­nehmerInnen werden darf, sondern weiterhin arbeitsfrei bleiben müssen.

Einen wichtigen Grund, der auch noch gegen die Sonntagsöffnungszeiten spricht, möchte ich hier noch ganz besonders erwähnen: Wir sprechen doch alle immer von der Stärkung des ländlichen Raumes. Aber genau von dieser politischen Forderung können wir uns dann verabschieden, denn die kleineren Betriebe, die Kaufhäuser, wie sie derzeit noch zahlreich in unseren ländlichen Gemeinden vorhanden sind, werden bei diesen Öffnungszeiten nicht mithalten können. Diese Betriebe können sich nämlich das Personal nicht leisten, das notwendig ist, um dieselben Öffnungszeiten wie die gro­ßen Betriebe, die Konzerne, zu gewährleisten. Und wenn sich die Kaufkraft auf den Sonntag verlagert, was glauben Sie wird dann mit diesen kleinen Kaufhäusern passie­ren? – Dann können wir uns von unserer politischen Forderung nach der Stärkung des ländlichen Raumes verabschieden, denn diese Kaufhäuser in den ländlichen Gemein­den werden die ersten sein, die ihre Pforten schließen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.28.47

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was hier vorliegt und die Ge­werbeordnungsnovelle anlangt, ist im Wesentlichen nichts anderes als die entspre­chende Umsetzung der Industrieemmissionsrichtlinie, kurz IER, die im Prinzip wiede­rum die sogenannte IPPC-Richtlinie ersetzt.

In diesem Zusammenhang haben Sie, Herr Abgeordneter Themessl, zwar eine großar­tige Rede gehalten, allerdings zum falschen Anlass, wobei ich Ihnen nicht ganz gerne die Tendenz durchgehen lasse, alles irgendwie ein bisschen auszuweiten. Wenn wir davon im Ausschuss gesprochen haben und Sie mich zitieren, wie die Stahlproduktion in Europa im Vergleich zur Welt gewesen wäre, dann muss ich Ihnen sagen: Das war nicht ein Anteil von 33 Prozent, sondern von 23 Prozent. Und er ist jetzt nicht bei 7, sondern er ist bei 11 Prozent. – Aber schlimm genug. Es kommt natürlich dadurch schon zum Ausdruck, dass die Wettbewerbsfähigkeit Europas nicht gerade gestiegen ist.

Wir alle bemühen uns auf europäischer Ebene um weniger Bürokratie und darum, die Wettbewerbsfähigkeit dadurch zu erhöhen, dass die Administration keine ausufernden Ausmaße erreicht.

Auf der anderen Seite gibt es natürlich schon eine entsprechende Entwicklung der Um­welt- und der Bürgerrechte, und das ist auch der konkrete Hintergrund dafür, dass in diesem Zusammenhang eine Aktualisierung, eine stärkere Öffentlichkeitsbeteiligung und auch eine Anpassung an den letzten Stand der Technik notwendig wird, was die


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Verfahren anbelangt – da gab es weitere Entwicklungen –, und das macht diese Richt­linie in wirklich unbürokratischer Form.

Zum Zweiten gibt es auch das sogenannte § 82b-Verfahren, bei dem es um die Selbst­prüfung der Anlagenbetreiber geht. Da ist auch keine Ausweitung der jeweiligen Tätig­keiten vorgesehen, sondern lediglich eine bessere Dokumentation.

Daher würde ich Ihnen empfehlen, den Umsetzungen zuzustimmen, denn sie sind, was die entsprechenden Gegebenheiten anlangt, sehr schonend vorbereitet und ausgear­beitet worden. – Sie können ihnen also bedenkenlos zustimmen. Den allgemeinen Kampf gegen Überbürokratisierung und Ähnliches unterstütze ich genauso wie viele andere. Das hat aber mit dem konkreten Fall nichts zu tun. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt gelangt Herr Abgeordneter Dr. Zinggl zu Wort. Wunschgemäß sind 2 Minu­ten Redezeit eingestellt. – Bitte.

 


19.31.22

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Werter Minister! Meine Damen und Herren! Da mein Entschließungsantrag im Ausschuss vertagt worden ist, obwohl er eigentlich kaum auf Kritik gestoßen ist, muss ich ihn jetzt hier noch einmal einbrin­gen. Jetzt können Sie ihn nicht vertagen, jetzt müssen Sie Farbe bekennen.

Es geht darum, dass in der Gewerbeordnung die Unterscheidung zwischen künstleri­scher und gewerblicher Tätigkeit nicht nach wirklich nachvollziehbaren, modernen Ge­sichtspunkten getroffen wird.

So kann es zum Beispiel sein, dass Photographie ein Gewerbe ist und keine künst­lerische Tätigkeit. – Ich kann Ihnen sagen, ein Drittel der Werke bei der Biennale sind Photographien.

Dann gibt es noch ein Kriterium, dass eine Arbeit nicht reproduziert sein darf. – Wir wissen aber, dass sämtliche Druckgrafiken natürlich auch künstlerische sein können.

Schließlich darf es keine Aufträge geben, die inhaltlich vorgegeben wurden. – Die ge­samte Kunstgeschichte ist voll von inhaltlichen Auftraggebern! Auch hier im Haus hän­gen Portraits der ehemaligen Präsidenten des Nationalrates. – Deren Schaffung wäre dann auch keine künstlerische Tätigkeit gewesen.

Es gibt ein Gremium, nämlich den Künstler-Sozialversicherungsfonds, der mit Fachleu­ten bestückt ist, die das besser entscheiden können. Deswegen würde ich vorschla­gen, dass Gutachten dieses Gremiums auch für die Gewerbeordnung geltend gemacht werden sollten.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend künstlerische Tätig­keit in der Gewerbeordnung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zur Än­derung der Gewerbeordnung zukommen zu lassen, nach der die Gewerbebehörde bei Beurteilung, ob künstlerisches Schaffen vorliegt, beziehungsweise bei Feststellung der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 214

Anwendung der Gewerbeordnung Gutachten und Feststellung des Künstler-Sozialver­sicherungsfonds beziehungsweise seiner Organe heranzuziehen hat.“

*****

Ich ersuche um Rechtssicherheit in diesem Bereich und um Ihre Unterstützung. Dan­ke. (Beifall bei den Grünen.)

19.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Zinggl, Freundinnen und Freunde betreffend künstlerische Tätigkeit in der Gewerbeordnung

eingebracht im Zuge der Debatte „Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Indus-
trie über die Regierungsvorlage (2337 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeord-
nung 1994 geändert wird (2393 d.B.)“

Begründung

Die Abgrenzung künstlerischen Schaffens von gewerblichen Arbeiten wird von zwei verschiedenen Einrichtungen mit unterschiedlichen Kompetenzen, nämlich dem Künst­lersozialversicherungsfonds und der Gewerbebehörde, wahrgenommen.

Allerdings werden bei der Beurteilung künstlerischen bzw. gewerblichen Schaffens durch die Gewerbebehörde die Beurteilungsergebnisse des Künstlersozialversiche­rungsfonds nicht berücksichtigt, obwohl die MitarbeiterInnen der Gewerbebehörde über keine ausreichenden Kenntnisse zur Beurteilung künstlerischen Schaffens verfügen.

Bei der Feststellung, ob es sich bei der Ausübung selbständiger Tätigkeit um eine künstlerische Tätigkeit oder um eine Tätigkeit handelt, die der Gewerbeordnung unter­liegt, wird – bei Vorliegen einer Anzeige  als Erstinstanz die Gewerbebehörde befragt. Die MitarbeiterInnen der Gewerbebehörde gehen dabei (laut Information der WKO) von folgendem Parameter aus: „.wenn die Tätigkeit eher reproduzierend erfolgt oder eine Auftragsarbeit nicht nur nach thematischen, sondern sogar nach inhaltlichen Vorgaben ausgeführt wird, liegt keine künstlerische Tätigkeit vor.“

Diese Vorgangsweise weist zwei Probleme auf:

1. Die angeführten Eigenschaften nicht-künstlerischer Tätigkeit sind in der Realität Ele­mente und sogar Voraussetzungen für künstlerisches Schaffen (Drucke werden in hö­heren Stückzahlen produziert, Theaterstücke mehr als einmal aufgeführt, Kunstwerke im öffentlichen Raum können Auftragsarbeiten sein, Kompositionen sind mitunter Auf­tragswerke usw.)

2. Wird die Entscheidung über die „eigenschöpferische“ Qualität der künstlerischen Tä­tigkeit von Laien beurteilt.

Das ist umso unverständlicher, als der Bund bereits ein ExpertInnengremium – die Künstlerkommission  geschaffen hat, das auf Grundlage des Künstler-Sozialversiche­rungsfondsgesetzes (K-SVFG) die Einkunftsarten „künstlerische Arbeit“ oder „nicht-


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künstlerische Arbeit“ regelt und in strittigen Fällen über das Vorliegen einer künstleri­schen Tätigkeit entscheidet.

Es wäre daher sinnvoll, die bereits vorhandenen Gremien der K-SVFG zur Präjudizie­rung der Tätigkeitseigenschaften für die Beurteilung durch die Gewerbebehörden he­ranzuziehen. Das wäre nicht nur verwaltungsvereinfachend, sondern würde die Ent­scheidungsfindung auch auf ein dazu befähigtes ExpertInnengremium verlagern.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zur Än­derung der Gewerbeordnung zukommen zu lassen, nach der die Gewerbebehörde bei Beurteilung, ob künstlerisches Schaffen vorliegt, beziehungsweise bei Feststellung der Anwendung der Gewerbeordnung Gutachten und Feststellung des Künstler-Sozialver­sicherungsfonds beziehungsweise seiner Organe heranzuziehen hat.

*****

19.33.24

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung geändert wird, samt Titel und Eingang in 2393 der Bei­lagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend künstlerische Tätigkeit in der Ge­werbeordnung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Emissionsschutz­gesetz für Kesselanlagen samt Titel und Eingang in 2321 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 216

19.35.3527. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorla­ge (2334 d.B.): Bundesgesetz zur Einrichtung einer notifizierenden Behörde und betreffend die Durchführung von Notifizierungsverfahren gemäß Kapitel VII der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 vom 9. März 2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Richtlinie 89/106/EWG (Bauproduktenotifizierungsgesetz 2013 – BPNG 2013) (2396 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorla­ge (2338 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert wird (UWG-Novelle 2013) (2394 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 27 und 28 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gradauer. 4 Minuten Redezeit sind ein­gestellt. – Bitte.

 


19.36.19

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Staat Österreich belastet die österreichische Wirtschaft mit in Summe über 8 Milliarden € für Bürokratie. Zusätzlich fallen Verwaltungskosten für den Staat selber an. Im Vergleich zur Schweiz zahlen die Österreicher 20 Milliarden € mehr an Steuern, um diese Verwaltungskosten zu finanzieren. Bei den Bürokratiekosten gibt es Staa­ten – Herr Kollege Themessl hat es ja schon erwähnt –, die mit der Hälfte dieser Belas­tungen für die Wirtschaft auskommen.

Meine Damen und Herren, in Sonntagsreden wird immer wieder auch von dieser Bun­desregierung behauptet, man müsse die Kosten für Bürokratie und Verwaltung sen­ken. Genau das Gegenteil ist aber der Fall! Das jüngste Beispiel ist dieses sehr schwer auszusprechende Bauproduktenotifizierungsgesetz.

Ich habe im Ausschuss gefragt, wie viele Beispiele es dafür gibt, dass es notwendig ist, etwas zu akkreditieren beziehungsweise zu notifizieren. Ganze 32 Fälle im Jahr sind es, für die man jetzt eine eigene Akkreditierungsstelle, die „Akkreditierung Austria“ beim Wirtschaftsministerium einrichtet!

Es handelt sich natürlich wieder um eine EU-Richtlinie, die damit umgesetzt wird, und selbstverständlich ist Österreich sofort dabei, diese EU-Richtlinie umzusetzen.

Herr Bundesminister, da fragt man sich schon, ob es nicht irgendwann einmal an der Zeit wäre, diesen Unfug, der laufend von der EU kommt, abzustellen und einmal zu sa­gen: Nein, das machen wir nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sind natürlich gegen diese Bauproduktenotifizierung im Gesetzeswesen. Es entste­hen dadurch Gebühren für die Wirtschaft, und auch der Staat hat bis zu 100 000 € zu­sätzliche Kosten. Meine Damen und Herren, mit unserer Stimme nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, ich bin nur gespannt, wie Sie jetzt reagieren, was diese EU-Vor­schriften im Bereich der geplanten Verschärfung der Tabakrichtlinien betrifft. 100 000 Men­schen haben mit ihrer Unterschrift die Initiative gegen diese EU-Maßnahmen unter-


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stützt, und es sind jede Menge Menschen, deren Existenz davon abhängt, ob das in dieser Form kommt oder nicht.

Bei uns in Traun gibt es eine sehr große Firma, die Tannpapier, die nur in diesem Be­reich tätig ist – eine super Firma, die jetzt in ihrer Existenz gefährdet ist.

Ich möchte zwei Beispiele aus der Praxis bringen und würde mir wünschen, dass in den Regierungen, auch in der österreichischen Bundesregierung, mehr Leute sitzen, die von der Praxis eine Ahnung haben.

Ich war vor zirka 14 Tagen bei einer sehr großen Importfirma im Raum Linz. Ich konnte mit dem Geschäftsführer reden, dieser sagte zu mir: Schau her, Veröffentlichung im „Amtsblatt der Wiener Zeitung“! Ich bin eine Aktiengesellschaft, wir müssen jährlich un­sere Bilanz veröffentlichen, Kosten: 10 900 €! (Abg. Neubauer: Unglaublich!)

Gesamtkosten für die österreichische Wirtschaft: 15 Millionen €, für nichts und wieder nichts, denn man kann alles im Firmenbuch ohne Weiteres über EDV abfragen.

Sie haben in Ihrer Erklärung am 26. März 2008 die Abschaffung dieser Gebühren und Veröffentlichungsgebühren im „Amtsblatt der Wiener Zeitung“ versprochen. – Bis heute ist nichts geschehen!

Das zweite Beispiel: Die verstaatlichte Firma Rail Cargo Austria, gleiches Unterneh­men, bekommt Waggons vom Linzer Stadthafen auf ihr Firmengelände geschickt. Bis­herige Kosten: 100 € pro Waggon für die Überstellung. Schlagartig sind über Nacht die Kosten auf 490 € pro Waggon angehoben worden. Schaden für das Unternehmen: 1 Million €.

Das ist die „Hilfe“, die seitens dieser Bundesregierung und dieses Staates den Wirt­schaftstreibenden zuteil wird.

Drittens möchte ich die Konjunkturlage Österreichs erwähnen. Sie, Herr Bundesminis­ter, haben selbst in einer Pressekonferenz vor Kurzem gesagt, dass es nicht sehr gut aussieht. Österreich liegt in etwa bei 0, vielleicht 0,1 oder 0,2, maximal 0,3 Prozent Konjunkturerhöhung. Die EU liegt überhaupt im Minus, nämlich bei minus 0,6 Prozent. Wir wissen, 330 000 Menschen in Österreich sind arbeitslos, Tendenz steigend. Letz­ten Monat stieg die Arbeitslosigkeit um 10 Prozent im Vergleich zum selben Monat des Vorjahres.

Die einzig wirksame Methode und das einzig wirksame Mittel gegen dieses Ansteigen der Arbeitslosenquote wäre eine Ankurbelung der Konjunktur. Wenn die Geschäfte wieder laufen, können mehr Leute eingestellt werden und es fließen die Steuereinnah­men, und dadurch würden sehr viele Dinge verbessert werden.

Was ist mit einem Investitionsfreibetrag, Herr Bundesminister? Warum tun Sie nichts? – Sie haben in dieser Pressekonferenz gesagt: Ja, es ist bedauerlich, aber lei­der hat Österreich kein Geld!

Unser Bundesminister Mitterlehner macht ja persönlich ein sehr gute Figur, muss ich sagen – wir kennen uns ja schon sehr lange –, aber zu reden hat er in dieser Bundes­regierung viel zu wenig oder fast nichts. Sie, Herr Bundesminister, sitzen im Ministerrat und stimmen mit, dass die Griechen eine Griechenlandhilfe von 281,2 Millionen € be­kommen, weil es den Griechen so schlecht geht. Sie wehren sich nicht dagegen, dass diese Gelder fließen, wir bräuchten sie jedoch dringend, um die österreichische Wirt­schaft anzukurbeln! (Beifall bei der FPÖ.)

Weniger Euro-Solidarität, meine Damen und Herren, sondern mehr Kampf für Öster­reichs Interessen wäre angebracht!

Das Ergebnis dieser verfehlten Wirtschaftspolitik kann man im Standortvergleich des Schweizer Wirtschaftsinstitutes IMD, den Kollege Themessl schon angeführt hat, nach-


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lesen. Dieser Vergleich zeigt, wie wettbewerbsfähig ein Land ist. Es werden 60 Länder untersucht. Österreich war im Jahre 2007 auf Position 11 und ist heute auf Position 23. Wir haben also in diesen sechs Jahren zwölf Positionen eingebüßt. Die Schweiz ist von Platz 4 auf Platz 2 gekommen, die USA sind immer noch auf Platz 1.

Dazu, Herr Bundesminister Mitterlehner, hat Wirtschaftskammerpräsident Dr. Leitl in der „Kronen-Zeitung“ am 1. Juni folgende Sätze zum Besten gegeben:

„Ich bin sonst für meinen Optimismus bekannt,“ – hat er gesagt –„, aber das ist im höchsten Maße irritierend.“ – Nämlich dieser Positionsverlust.

Zweiter Satz:

„Wir brauchen keine neuen Belastungsaktionen, sondern Reformen.“ – Das ist das, was wir Freiheitliche immer fordern.

„Wo sind diese Aktionen, ich sehe sie nicht!“, sagt Leitl weiter.

„Insgesamt gehört Österreich längst nicht mehr“ – sagt der Wirtschaftskammerpräsi­dent! – „zu den besten Ländern, für Selbstzufriedenheit gibt es keinen Anlass!“ – Das sagt nicht der Gradauer, sondern der Präsident Leitl.

Es wird doch immer gesagt, wir sind die Besten, wir machen es am besten, wir haben die wenigsten Arbeitslosen. – Dem ist nicht so! (Beifall bei der FPÖ.)

Ähnliches können Sie zu diesem Bericht des Schweizer Wirtschaftsinstitutes IMD in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ nachlesen. Die schreiben: „Liebe Regierung. Bitte setzen und schämen!“ Und zweitens schreiben sie: „Mehrmals ,ungenügend’ im Standortvergleich für Österreich“.

Meine Damen und Herren, diese Regierung ist auf dem falschen Dampfer. Wir haben die falsche Wirtschaftspolitik. Das muss anders werden, sonst geht dieser Dampfer un­ter oder er fährt gegen die Kaimauern. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Letten­bichler. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.45.52

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrtes Hohes Haus! Herr Kollege Gradauer, nach Ihrer wirt­schaftspolitischen Grundsatzrede darf ich wieder zum eigentlichen Thema zurückkom­men. Kollege Haubner wird zum Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Stellung nehmen, ich darf zum Bauproduktenotifizierungsgesetz sprechen. (Abg. Neu­bauer: Sie haben die Rolle des Verschönerers übernommen!)

Es ist schon einigermaßen befremdlich, dass sich die Freiheitlichen diesem Gesetz nicht anschließen und damit gegen den Wirtschafts- und Arbeitsstandort Österreich agieren. Sie wissen ganz genau, dass die Grundlage für dieses Gesetz eine EU-Ver­ordnung ist, die bereits am 1. Juli 2013 in Kraft tritt und mit der die Vermarktung von Bauprodukten in den einzelnen Nationalstaaten harmonisiert wird. Fassen wir diesen Beschluss nicht, sind Bauprodukte, die in Österreich hergestellt werden, auf dem EU-Markt von heute auf morgen verschwunden, denn sie dürfen nicht mehr verkauft wer­den.

Wenn Sie das wollen – bei mir im Wahlkreis sind zwei Betriebe betroffen –, dann kann man das natürlich den Mitarbeitern dort mitteilen. Sie wissen auch ganz genau, dass hier nichts aufgebläht wird, sondern dass aus dem Stab, aus dem Mitarbeiterkreis des Ministeriums Leute abgestellt werden, die diese Agenden zusätzlich übernehmen. (Abg. Themessl: Gratis? Die arbeiten gratis?) Hier wird nichts aufgebläht. Das war


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auch eine Frage im Wirtschaftsausschuss. Also sprechen Sie nicht von Verkomplizie­rung, malen Sie hier nicht den Teufel an die Wand!

Es ist Linie der ÖVP – und das hat ja unser Bundesparteiobmann bei seiner Öster­reich-Rede gesagt –: Wir brauchen eine Entfesselung der Wirtschaft, eine Reduzierung der Bürokratie. Dies ist ein Musterbeispiel einer Verwaltungsvereinfachung, wir haben damit eine Behörde. Es werden nicht, weil normalerwiese das Bauwesen den Ländern obliegt, neun verschiedene Institutionen geschaffen, es war – im Gegenteil! – sogar der Wunsch der Länder, dass wir eine einheitliche Behörde schaffen.

Das ist ein guter Weg. Diesen Weg werden wir von der ÖVP weitergehen, und wir wer­den natürlich die Botschaft mitteilen – ich in meinem Wahlkreis den zwei betroffenen Betrieben –, dass Sie das nicht wollen und damit die Exporttätigkeit dieser Betriebe einschränken. Wenn Sie es noch nicht verstanden haben, der Herr Minister wird das noch einmal erklären. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.48.18

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, Herr Kollege Gradauer hat keine Grundsatz-, sondern eher eine Wahlkampfrede gehalten.

Es geht heute um dieses Bauproduktenotifizierungsgesetz. Ich denke – mein Vorred­ner hat es schon deutlich ausgesprochen –, dass das natürlich eine wichtige Angele­genheit für die österreichische Bauindustrie, für die österreichische Bauwirtschaft ist. Man kann damit in Österreich in Zukunft notifizieren, ist mit dem Produkt europaweit zugelassen und am Markt aktiv tätig.

In diesem Sinne unterstützen wir natürlich auch dieses Vorhaben, diesen Gesetzesbe­schluss. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

19.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


19.49.11

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Zum Ersten zum Bauproduktenotifizierungsgesetz: Wir finden es sinnvoll, dass eine zentrale Stelle ein­gerichtet wird und werden das in dieser Form heute auch unterstützen.

Zum zweiten Punkt, dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb: Da geht es um die Bewilligungspflicht von Ausverkäufen. Das ist eine etwas eigene Materie, nen­nen wir es einmal so, aber Fakt ist, dass mit diesem Gesetz ein EU-rechtskonformer Zustand hergestellt wird.

Insofern glaube ich, dass es auch wichtig ist, das zu unterstützen. – So weit, so gut. In diesem Sinne kurz gehalten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Windholz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.50.01

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Betreffend die Tagesordnungspunkte 27 und 28 wird es bei beiden von uns eine


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Zustimmung geben. Bei der Bauproduktenotifizierung ist der Fall, dass eine Nicht-Zu­stimmung eigentlich einen Nachteil für die heimischen Unternehmungen bringen wür­de. Die Entscheidung, hier mit einer solchen Stelle auszukommen, ist fast verwunder­lich, dass die Länder das sogar verlangt haben. Das ist eine Abkehr vom bisher ge­zeigten Weg. Es ist auch eine Entscheidung im Sinne der Konsumenten.

Beim unlauteren Wettbewerb handelt es sich um eine Reparatur laut einer EU-Ent­scheidung. Es ist der seltene Fall, dass eine solche EU-Entscheidung zu einer Verwal­tungsvereinfachung führt und damit auch zu einer Entlastung der Unternehmer.

Ganz kurz zum Kollegen Alois Gradauer, den ich persönlich sehr, sehr schätze: Vom Grundsatz her war alles richtig. Wir haben einen Wirtschaftsminister, der sich nicht ge­nügend durchsetzt. Wir haben Fehlentscheidungen, wir haben viel zu viel Bürokratie. Wir haben keine Vereinfachung, aber gerade bei den zwei Tagesordnungspunkten muss man bei objektiver Prüfung einfach zustimmen, alles andere wäre eher schlecht.

Vom Grundsatz her hast du recht gehabt, aber das wäre vielleicht bei den beiden vori­gen Tagesordnungspunkten, wo es um die Gewerbeordnung gegangen ist und um die Wirtschaftskammer, die ja mit Zwangsmitgliedschaften arbeitet, wesentlich besser an­gebracht gewesen. In dem Fall wird es bei beiden Bereichen eine Zustimmung geben. (Beifall beim BZÖ.)

19.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.51.41

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden erstaunt sein, aber ich muss dem Kollegen Windholz hier beipflichten, und zwar zur Eingangsbemer­kung (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Peter Haubner Ruf beim BZÖ: Endlich!), bei der zweiten Bemerkung weniger.

Lieber Kollege Gradauer, du hast offensichtlich schon deine vorweggenommene Schlussrede heute hier gehalten. Ansonsten kann ich mir das nicht recht erklären, denn der Anlass war irgendwo falsch gewählt – aber nicht nur der Anlass, sondern auch die Zitate. Und wenn man von Profis redet, die man braucht, dann hätte zumin­dest der Mitarbeiter lesen können, was denn da wirklich beschlossen wird. Du hast gesagt, es ist so, dass in ganz Österreich 32 Fälle, was die Bauprodukte und deren Notifizierung anbelangt, gegeben wären.

Da hat er leider nicht weiter gelesen der Kollege, oder du selber, denn es ist so, dass wir jetzt eine zentrale Stelle haben, die 32 andere Stellen in Österreich koordiniert, das sind die so genannten Konformitätsbewertungsstellen. Diese Stellen erleichtern rund 10 000 Unternehmen mit rund 115 000 Mitarbeitern und einer Wertschöpfung von über 7 Milliarden € die Tätigkeit bis jetzt, was die entsprechenden Notifizierungen anbelangt.

Also ganz konkret wird für die einzelnen Unternehmungen jetzt eine Erleichterung, eine bessere Übersichtlichkeit – also im Prinzip genau das Gegenteil dessen, was du aus­geführt hast – ermöglicht.

Ähnliches gilt auch für den zweiten Punkt, die Ausverkaufsregelungen und die damit im Zusammenhang stehende Novelle, Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, wo man die Bewilligungspflicht nur noch auf zwei Fälle reduziert, was entsprechende Ausverkäufe anbelangt.

Aber ich möchte einfach auch eines nicht im Raum stehen lassen: So, wie sich die FPÖ die Wirtschaftspolitik vorstellt, so ist sie halt leider nicht! Ich weiß nicht, wie ihr


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euch die Ministerratssitzungen vorstellt; wir haben dort niemals ein paar hundert Mil­lionen Euro für Griechenland beschlossen, sondern das hat einen anderen Wirkungs­radius und hängt einfach mit der Problematik des Euro zusammen und mit Beschlüs­sen, die auf der EU-Ebene getroffen worden sind – und es ist sehr vernünftig, so vorzu­gehen, denn alles andere würde wesentlich höhere Kosten nach sich ziehen.

Was es mit den Rankings, dieser Angelegenheit auf sich hat, möchte ich auch ganz kurz erläutern. Natürlich wäre es besser, lauter Rankings zu haben, die nur nach vorne gehen. Aber bei dem IMD-Ranking hat halt Europa das Problem, dass es mehr oder weniger eine Wachstumsschwäche hat; und wir haben uns in Europa nicht verschlech­tert, sondern Europa gegenüber der Welt. Das waren die zwei Punkte, nämlich dass Korea und Indien uns überholt haben.

Daneben gibt es aber Rankings, wo wir uns nach vorne bewegen, zum Beispiel die ABA, die Austrian Business Agency, hat ein Ranking, wo Österreich die zweitattrak­tivste Destination für Betriebsgründungen und Ansiedelungen internationaler Konzerne ist. Also es gibt genau das Gegenteil, oder das World Economic Forum hat uns letztes Jahr vorgereiht.

Wenn man schon Rankings zitiert und sich sagt, das ist es jetzt und nicht die Grund­daten, dann muss man sich anschauen, was dort gesagt wird. Da ist unter anderem die Steuer- und Abgabenquote ein Punkt, der angesprochen wird. Da wissen wir alle, wir müssen nach unten. Die mangelnde Flexibilität der Unternehmungen, die Möglichkeit, dort flexibel zu sein, also das Recht dort, und natürlich auch ein konkurrenzfähiges Bil­dungssystem, an dem arbeiten wir. Das ist der Hintergrund.

Also im Endeffekt hat niemand Anlass zu tatenloser Selbstzufriedenheit. Wenn andere Länder in Europa in der Rezession sind und wir halt einigermaßen noch gut drüber kommen, dann ist das natürlich nicht der Anlass zu Selbstzufriedenheit, aber auch nicht die Möglichkeit, da alleine gegen alle zu agieren  sondern wir müssen eben rela­tiv besser werden, und an dem arbeiten wir.  Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.55.50

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Kollege Gradauer, du hast es gerade eindrucksvoll erlebt, unser Wirtschaftsminister ist nicht nur kompetent, sondern hat auch genau erklärt, worum es geht.

Ich glaube, diese Trauerstimmung, die du da heute verbreitet hast, ist nicht ganz ange­bracht, denn die österreichische Wirtschaft steht gut da. (Zwischenruf des Abg. Grad­auer.) Sicher, ganz Europa hat ein gewisses Problem, wir wissen das, aber gerade die österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer tun alles, um hier die Arbeits­plätze zu schaffen und dynamisch nach vorne zu gehen. Also in der Hinsicht, glaube ich, sind wir sehr gut aufgestellt.

Kollege Windholz, es freut mich, dass du diese Gesetze begrüßt, denn es ist wirklich ein Bürokratieabbau, und es macht vieles leichter. Nur eines hat nicht gestimmt: Der Wirtschaftsminister setzt sich immer durch! In der Hinsicht: Danke. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 222

19.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. – Bitte.

 


19.56.52

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Bundesminister, Ihr Versuch ist lobend, aber ich weiß nicht, ob es jetzt gelungen ist, aus dem Kollegen Gradauer einen Berufsoptimisten zu machen – aber den Ver­such war es jedenfalls wert. (Beifall des Abg. Dr. Jarolim. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Mitterlehner.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beschließen auch eine Novelle zum Ge­setz gegen unlauteren Wettbewerb. Weil schon sehr viel gesagt wurde und ich das Hindernis zur Abstimmung bin, möchte ich mich kurz halten. Bei diesem Gesetz wer­den die Regeln für die Ausverkäufe geändert und vereinfacht. Auch das ist eine Ver­waltungsvereinfachung, Herr Gradauer, sowohl bei den Behörden, als auch bei den Unternehmen.

Aber weil in diesem Gesetz auch die Ausverkaufsregelung für Situationen nach Natur­katastrophen geändert und vereinfacht wird, möchte ich die Gelegenheit nutzen und mich bei all jenen freiwilligen Helfern, vor allem bei der Freiwilligen Feuerwehr, bedan­ken, die im Zuge dieser Aufarbeitung der Naturkatastrophe, der Überschwemmungen im Einsatz gewesen sind. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.57

19.57.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Ich schließe da­her die Debatte.

Wünscht die Berichterstatterin beziehungsweise der Berichterstatter ein Schluss­wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Entwurf betreffend Bauproduktenotifizierungsgesetz 2013 samt Titel und Eingang in 2334 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein be­jahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28: Entwurf be­treffend UWG-Novelle 2013 samt Titel und Eingang in 2338 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 223

20.00.11Einlauf

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2337/A(E) bis 2351/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 15073/J bis 15137/J eingelangt. (Unruhe im Saal.)

Ich mache darauf aufmerksam, dass wir dann noch eine Zuweisungssitzung haben.

Ferner sind die Anfragen 116/JPR und 117/JPR des Abgeordneten Dr. Graf an die Prä­sidentin des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 20.01 Uhr ein; das ist gleich im An­schluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

20.00.25Schluss der Sitzung: 20.00 Uhr

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