Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

 

166. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 5. Juli 2012

 

 


Stenographisches Protokoll

166. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode                  Donnerstag, 5. Juli 2012

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 5. Juli 2012: 9.06 – 20.44 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein BFA-Einrichtungsgesetz und ein BFA-Verfah­rens­gesetz erlassen sowie das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Grund­versorgungsgesetz – Bund 2005 und das Einführungsgesetz zu den Verwal­tungsverfahrensgesetzen 2008 geändert werden

2. Punkt: Bericht über den Antrag 2006/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Großruck, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend strukturierten Dialog zwi­schen Polizei und den verschiedenen Gesellschaftsgruppen im Zuge des Pro­gramms „Polizei Macht Menschenrechte“

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1975/A der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz über den Erwerb des Pflichtschulabschlusses durch Jugend­liche und Erwachsene (Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz)

6. Punkt: Bericht über den Antrag 1965/A der Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Silvia Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialver­sicherungsfondsgesetz – K-SVFG) und das Bundesgesetz vom 9. Dezember 1981 über den Kunstförderungsbeitrag (Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981) geändert wer­den, sowie über den

Antrag 378/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Schlechterstellung von PensionsbezieherInnen im K-SVFG

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1828/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluation des Salzburger Festspielfonds­gesetzes


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 2

8. Punkt: Bericht über den Antrag 987/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Anpassung des Unternehmens Salz­burger Festspiele an das 21. Jahrhundert

9. Punkt: Bericht über den Antrag 404/A der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zum Schutz und Erhalt der deutschen Sprache geschaffen wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 1801/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz und Erhalt der deutschen Sprache

11. Punkt: Bericht über den Antrag 1800/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die entsprechende Würdigung & Präsentation des Heroon von Trysa

12. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Änderung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Science and Technology Austria samt Anhang

13. Punkt: Bericht über den Antrag 1994/A der Abgeordneten Mag. Katharina Cortolezis-Schlager, Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, BGBl. Nr. 340/1993, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 74/2011, geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz über die Haltung von Mindestvorräten an Erdöl und Erdölprodukten (Erdölbevorratungsgesetz 2012 – EBG 2012)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1901/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend bessere Unterstützung für Mehrlingsfamilien

17. Punkt: Bericht über den Antrag 1902/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend bessere Unterstützung für Familien mit Folge­geburten im Bezugszeitraum des Kinderbetreuungsgelds

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht des Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer ............................ 14

Angelobung der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................ 14

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 14

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 41

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................. 170


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 3

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 171

Fragestunde (23.)

Landesverteidigung und Sport .................................................................................. 14

Stefan Prähauser (162/M); Oswald Klikovits, Mag. Rainer Widmann, Dr. Harald Walser, Elmar Podgorschek, Erich Tadler

Oswald Klikovits (156/M); Dr. Wolfgang Spadiut, Tanja Windbüchler-Souschill, Christian Lausch, Peter Stauber

Dr. Peter Fichtenbauer (159/M); Mag. Kurt Gaßner, Johann Höfinger, Kurt List, Tanja Windbüchler-Souschill

Tanja Windbüchler-Souschill (158/M); Dr. Walter Rosenkranz, Mag. Christine Lapp, Mag. Bernd Schönegger, Gerald Grosz 

Ing. Peter Westenthaler (160/M); Dieter Brosz, MSc, Dr. Martin Strutz, Andrea Gessl-Ranftl, Claudia Durchschlag

Hermann Krist (163/M); Peter Haubner, Ursula Haubner, Dieter Brosz, MSc, Dr. Susanne Winter

Johannes Schmuckenschlager (157/M); Martina Schenk, Dr. Harald Walser, Josef Jury, Dr. Sabine Oberhauser, MAS

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 14

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1803 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein BFA-Einrichtungsgesetz und ein BFA-Verfahrensgesetz erlassen sowie das Asylgesetz 2005, das Frem­denpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staats­bürgerschaftsgesetz 1985, das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 geändert wer­den (1889 d.B.) ........................... 41

Redner/Rednerinnen:

Harald Vilimsky ....................................................................................................... ..... 41

Günter Kößl ............................................................................................................. ..... 43

Mag. Alev Korun ........................................................................................................... 44

Otto Pendl ..................................................................................................................... 47

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 49

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner .................................................... ..... 51

Hermann Gahr ........................................................................................................ ..... 53

Dr. Walter Rosenkranz ..........................................................................................  55, 69

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ..... 58

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 59

Erwin Hornek .......................................................................................................... ..... 60

Werner Herbert ....................................................................................................... ..... 61

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ..... 62

Mag. Michael Hammer ........................................................................................... ..... 64

Anton Heinzl ............................................................................................................ ..... 65

Angela Lueger ......................................................................................................... ..... 66

Hannes Fazekas ...................................................................................................... ..... 67


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 4

Rudolf Plessl ........................................................................................................... ..... 68

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend unbedingt notwendige Verschärfungen in der für Herbst 2012 geplanten Novelle der fremdenrechtlichen Materiengesetze – Ab­lehnung .................................................................................  56, 70

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 70

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1889 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Novellierung der fremdenrechtlichen Materiengesetze (E 262) ..................................... 70

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 2006/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Großruck, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend strukturierten Dialog zwischen Polizei und den verschie­denen Gesellschaftsgruppen im Zuge des Programms „Polizei Macht Menschen­rechte“ (1815 d.B.) ......................................................................................................... 70

Redner/Rednerinnen:

Werner Herbert ....................................................................................................... ..... 70

Franz Eßl .................................................................................................................. ..... 71

Kurt List ................................................................................................................... ..... 72

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ..... 73

Christian Lausch ..................................................................................................... ..... 73

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ..... 74

Thomas Einwallner ................................................................................................. ..... 76

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................... 76

Harry Rudolf Buchmayr .............................................................................................. 77

Mag. Rosa Lohfeyer ..................................................................................................... 77

Ewald Sacher .......................................................................................................... ..... 78

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ..... 79

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1815 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend strukturierten Dialog zwischen Polizei und den ver­schiedenen Gesellschaftsgruppen im Zuge des Programms „Polizei Macht Men­schenrechte“ (E 263) ....................................................................... 80

3. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1975/A der Ab­geordneten Elmar Mayer, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (1863 d.B.) ........................................................ 81

Redner/Rednerinnen:

Dr. Harald Walser ..................................................................................................  81, 97

Elmar Mayer ............................................................................................................ ..... 82

Werner Amon, MBA ............................................................................................... ..... 84

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 85

Ursula Haubner ....................................................................................................... ..... 87

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .............................................................  88, 98

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ..... 90

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................ ..... 91

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ..... 92

Anna Franz .............................................................................................................. ..... 93

Dieter Brosz, MSc ................................................................................................... ..... 94

Hermann Gahr ........................................................................................................ ..... 96

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 98


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 5

4. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1789 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird (1864 d.B.) ..................................... 98

Redner/Rednerinnen:

Mag. Laura Rudas ................................................................................................... ..... 98

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .................................................................... ..... 99

Anneliese Kitzmüller .............................................................................................. ... 100

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 101

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 104

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .............................................................. ... 104

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 105

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 106

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1864 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Evaluierung der Sprachförderkurse (E 264) ................................................................ 106

5. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1802 d.B.): Bundesgesetz über den Erwerb des Pflichtschulabschlusses durch Jugendliche und Erwachsene (Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz) (1865 d.B.) ...................................................................................... 107

Redner/Rednerinnen:

Franz Riepl ............................................................................................................... ... 107

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 109

Edith Mühlberghuber ............................................................................................. ... 110

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 110

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 112

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .............................................................. ... 114

Mag. Rosa Lohfeyer ............................................................................................... ... 114

Mag. Josef Lettenbichler ....................................................................................... ... 115

Sonja Ablinger ........................................................................................................ ... 116

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 116

6. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1965/A der Abge­ordneten Sonja Ablinger, Mag. Silvia Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbständigen Künstler zur gesetz­lichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG) und das Bundesgesetz vom 9. Dezember 1981 über den Kunstförderungsbeitrag (Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981) geändert werden, sowie über den

Antrag 378/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Schlechterstellung von PensionsbezieherInnen im K-SVFG (1836 d.B.) .................... 117

Redner/Rednerinnen:

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................ ... 117

Sonja Ablinger ........................................................................................................ ... 119

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 120

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................ ... 122

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 123

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 124

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .............................................................. ... 124

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (tatsächliche Berichtigung) ............................................. 126

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ... 126


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 6

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ... 127

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 128

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Kunst- & Kultur­sponsoring – Ablehnung  118, 129

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 129

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1828/A(E) der Abge­ordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eva­luation des Salzburger Festspielfondsgesetzes (1837 d.B.)     ............................................................................................................................. 129

8. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 987/A(E) der Abge­ordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Anpassung des Unternehmens Salzburger Festspiele an das 21. Jahrhundert (1838 d.B.) .......................................................................................... 129

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 130

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ... 130

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................ ... 131

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................ ... 132

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (tatsächliche Berichtigung) ............................................. 133

Josef Jury ................................................................................................................ ... 134

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .............................................................. ... 134

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1837 und 1838 d.B. .......................... 135

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 404/A der Abge­ordneten Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zum Schutz und Erhalt der deutschen Sprache geschaffen wird (1839 d.B.) .................................................. 135

10. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1801/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz und Erhalt der deutschen Sprache (1840 d.B.)           ............................................................................................................................. 135

11. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1800/A(E) der Ab­ge­ordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die entsprechende Würdigung & Präsentation des Heroon von Trysa (1841 d.B.) ................................................................................................... 135

Redner/Rednerinnen:

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................ ... 135

Elisabeth Hakel ....................................................................................................... ... 137

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 138

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 140

Josef A. Riemer ...................................................................................................... ... 140

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 142

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 143

Thomas Einwallner ................................................................................................. ... 144

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 144

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 145

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1839, 1840 und 1841 d.B. .................... 146


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 7

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1783 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Änderung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwi­schen dem Bund und dem Land Niederösterreich über die Errichtung und den Be­trieb des Institute of Science and Technology Austria samt Anhang (1875 d.B.) ........ 147

13. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 1994/A der Abgeordneten Mag. Katharina Cortolezis-Schlager, Mag. Andrea Kuntzl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, BGBl. Nr. 340/1993, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 74/2011, geändert wird (1876 d.B.) ............................................................ 147

Redner/Rednerinnen:

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 147

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .................................................................... ... 149

Kurt List ................................................................................................................... ... 151

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ... 152

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 153

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 154

Bundesminister Dr. Karlheinz Töchterle ............................................................. ... 156

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 158

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ... 159

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 159

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ... 161

Elmar Mayer ............................................................................................................ ... 162

Mag. Laura Rudas ................................................................................................... ... 163

Erwin Preiner .......................................................................................................... ... 164

Harry Rudolf Buchmayr ......................................................................................... ... 164

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ... 165

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung von Studiengebühren und eines treffsicheren Stipendiensystems – Ablehnung           150, 170

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studiengebühren – Klarheit für die Studierenden und Universitäten – Ablehnung (namentliche Abstimmung)     156, 170

Genehmigung der Vereinbarung in 1875 d.B. .............................................................. 170

Annahme des Gesetzentwurfes in 1876 d.B. .............................................................. 170

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (1801 d.B.): Bundesgesetz über die Haltung von Mindestvorräten an Erdöl und Erdölprodukten (Erdölbevorratungsgesetz 2012 – EBG 2012) (1873 d.B.) .......................................... 173

Redner/Rednerinnen:

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 173

Wolfgang Katzian .................................................................................................... ... 174

Bernhard Themessl ................................................................................................... 175

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 175

Ernest Windholz ......................................................................................................... 176

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ............................................................................... 177

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................... 177

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 177


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 8

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 178

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................ ... 179

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 179

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (1800 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 ge­ändert wird (1874 d.B.) ......... 179

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Themessl ..........................................................................................  179, 199

Konrad Steindl ............................................................................................................ 181

Ernest Windholz ................................................................................................  182, 200

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 184

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 187

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 189

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 190

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 191

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 192

Mag. Josef Lettenbichler ....................................................................................... ... 193

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 194

Ing. Robert Lugar ..............................................................................................  195, 201

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 197

Elisabeth Hakel ....................................................................................................... ... 198

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 198

Franz Hörl (tatsächliche Berichtigung) ....................................................................... 201

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft bei den Wirtschafts­kammern – Ablehnung  183, 203

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 202

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1901/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend bes­sere Unterstützung für Mehrlingsfamilien (1813 d.B.)          ............................................................................................................................. 203

17. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1902/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend bes­sere Unterstützung für Familien mit Folgegeburten im Bezugszeitraum des Kinderbetreuungsgelds (1814 d.B.) ........................................... 203

Redner/Rednerinnen:

Anneliese Kitzmüller .............................................................................................. ... 203

Christine Marek ....................................................................................................... ... 206

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 207

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ... 210

Martina Schenk ........................................................................................................... 210

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 212

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 214

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 215

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 217

Stefan Petzner ...................................................................................................  217, 221

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 218

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 219

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ... 220


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 9

Franz Riepl ............................................................................................................... ... 222

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 223

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abschaffung der Zuverdienstgrenze bei Inanspruch­nahme des Kinderbetreuungsgeldes – Ablehnung    205, 224

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungs­geld – Ablehnung .  208, 224

Entschließungsantrag der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Pflegefreistellung – Ablehnung ..............................................  211, 224

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1813 und 1814 d.B. .......................... 224

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine innerösterreichische Lösung für den Fachkräftemangel (2036/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik 2014–2020: Legislativvorschläge der EU-Kommission und des EU-Parlaments (2037/A)(E)

Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Schulverwaltung – Teil I (2038/A)(E)

Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Schulverwaltung – Teil II (2039/A)(E)

Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Schulverwaltung – Teil III (2040/A)(E)

Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Schulverwaltung – Teil IV (2041/A)(E)

Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Schulverwaltung – Teil V (2042/A)(E)

Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Schulverwaltung – Teil VI (2043/A)(E)

Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Schulverwaltung – Teil VII (2044/A)(E)

Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: die Notwendigkeit von Maß­nahmen zur sofortigen Einrichtung und Freischaltung der Hotline 116000 für vermisste Kinder! (2045/A)(E)

Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: die Notwendigkeit von Maß­nahmen zur sofortigen Einrichtung und Freischaltung der Hotline 116000 für vermisste Kinder! (2046/A)(E)

Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zuverdienst­grenze beim Kinderbetreuungsgeld (2047/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 10

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung von Studien­gebühren (2048/A)(E)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Pflegefrei­stellung (2049/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002) geändert wird (2050/A)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studiengebühren – Klarheit für die Studierenden und Universitäten (2051/A)(E)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abschaffung der Zuverdienstgrenze bei Inanspruchnahme des Kinderbetreuungsgeldes (2052/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Menschenhandel, Sklavenhandel und grenzüberschreitender Prostitutions­handel“ (12290/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Überarbeitung der International Telecommuni­cation Regulations (ITR) der ITU“ (12291/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Budget Justizressort: Einnahmen aus vermögensrechtlichen Anordnungen“ (12292/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Alkoholisierung von Jugendlichen – Behandlung von Alkoholvergiftungen – Zahlen für das Jahr 2011“(12293/J)

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kanzlerfest 2012 (12294/J)

Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Überstunden und Mehrarbeit (12295/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Förderungen von Mitgliedsorganisationen von ATTAC Österreich (12296/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Förderungen von Mitglieds­organisationen von ATTAC Österreich (12297/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Förderungen von Mitgliedsorganisationen von ATTAC Österreich (12298/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Förderungen von Mitgliedsorganisationen von ATTAC Österreich (12299/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Förderungen von Mitgliedsorganisationen von ATTAC Österreich (12300/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 11

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Förderungen von Mitgliedsorganisationen von ATTAC Österreich (12301/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Förderungen von Mitgliedsorganisationen von ATTAC Österreich (12302/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Förderungen von Mitgliedsorganisationen von ATTAC Österreich (12303/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend Förderungen von Mitgliedsorganisationen von ATTAC Österreich (12304/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderungen von Mitglieds­organisationen von ATTAC Österreich (12305/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Förderungen von Mitgliedsorganisationen von ATTAC Österreich (12306/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Förderungen von Mitgliedsorganisationen von ATTAC Österreich (12307/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Förderungen von Mitgliedsorganisationen von ATTAC Österreich (12308/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft und Forschung betreffend Förderungen von Mitgliedsorganisationen von ATTAC Österreich (12309/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend 1. Resümee der Rettungsgasse (12310/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend 1. Resümee der Rettungsgasse (12311/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Drogen und Unfälle in der Schifffahrt (12312/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Drogen und Unfälle in der Luftfahrt (12313/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Inneres betreffend Schutzzonen (12314/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gesamtkriminalität in Österreich im ersten Halbjahr 2012 (12315/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Sexualdelikte im ersten Halbjahr 2012 (12316/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gewaltdelikte im ersten Halbjahr 2012 (12317/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 12

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Eigentumsdelikte im ersten Halbjahr 2012 (12318/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Betrugsdelikte Eigentumsdelikte im ersten Halbjahr 2012 (12319/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Jugendkriminalität in Österreich im ersten Halbjahr 2012 (12320/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Gefahren durch Manipulationen elektronischer Personalausweise (12321/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Kosten der Arbeitslosigkeit (12322/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­minis­terin für Justiz betreffend Pädophile als Lehrer (12323/J)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend: fragwürdige Postenvergabe im BMLVS setzt sich fort (12324/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Mehrkosten durch das Schienenkartell (12325/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Justiz betreffend Messerattacke im Wiener Gemeinderat (12326/J)

Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die vertraglichen Praktiken der Österreichischen Post AG im Zusammenhang mit der Post-Partnerschaft (12327/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Agrarisches Informations­zentrum, AIZ“ (12328/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend Geldzahlungen an Mensdorff-Pouilly im Zuge der Beschaffung von Atemschutzmasken (12329/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Erfolge der Diensthundeeinheit in Niederösterreich (12330/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Erfolge der Diensthundeeinheit in Oberösterreich (12331/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Erfolge der Diensthundeeinheit in Salzburg (12332/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Erfolge der Diensthundeeinheit in Vorarlberg (12333/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Erfolge der Diensthundeeinheit in Kärnten (12334/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Erfolge der Diensthundeeinheit in der Steiermark (12335/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 13

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Erfolge der Diensthundeeinheit in Tirol (12336/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Erfolge der Diensthundeeinheit in Wien (12337/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Erfolge der Diensthundeeinheit im Burgenland (12338/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 14

09.05.48Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung und darf Sie ersuchen, Ihre Plätze einzunehmen.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Großruck, Rädler, Steibl, Ing. Hofer und Neubauer.

09.06.30Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass Herr Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer auf sein Mandat ver­zichtet hat und an seiner Stelle Frau Eva-Maria Himmelbauer in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und die Genannte im Hause anwesend ist, werde ich sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die neue Mandatarin ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich ersuche nun Frau Abgeordnete Binder-Maier um die Verlesung der Gelöbnis­formel. – Bitte.

 


9.06.50

Schriftführerin Gabriele Binder-Maier: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

9.07.08

 


Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Ich gelobe.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich begrüße die neue Abgeordnete herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger wird durch die Bundesministerin für Finanzen Dr. Maria Fekter vertreten.

*****

Ich gebe bekannt, dass die Sitzung auf ORF 2 voraussichtlich bis 10.20 Uhr und auf ORF III in voller Länge live übertragen wird.

09.07.55Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Damit gelangen wir zur Fragestunde.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 15

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den beiden Pulten im Halbrund vorgenommen, die Beantwortung durch den Herrn Bun­desminister für Landesverteidigung und Sport vom Redner-/Rednerinnenpult der Abgeordneten.

Sie kennen die Regeln: für Anfrage- und Zusatzfragesteller jeweils 1 Minute Redezeit, die Beantwortung der Hauptfrage durch den Herrn Bundesminister 2 Minuten, jene der Zusatzfragen jeweils 1 Minute. Ich werde so wie bisher kurz vor Ende der Redezeit durch ein Glockenzeichen darauf aufmerksam machen. (Unruhe im Sitzungssaal.)

Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich darf Sie bitten, zunächst den Geräuschpegel zu senken. – Danke schön.

Wir kommen zur 1. Anfrage, 162/M, das ist die des Herrn Abgeordneten Prähauser. – Bitte.

 


Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Die Pilotprojekte, die Sie initiiert haben, sind in aller Munde.

Meine Frage:

162/M

„Können Sie uns einen kurzen Überblick über Ihre drei Pilotprojekte im Bereich der Landesverteidigung geben?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wie Sie wissen, habe ich im Jänner des heurigen Jahres die Durchführung von drei Pilotprojekten angeordnet, natürlich gesetzeskonform. Es handelt sich um Projekte zur weiteren Professionalisierung des österreichischen Bun­desheeres, auch mit dem Generalstab abgestimmt – unabhängig von der Frage des Wehrsystems.

Zu den einzelnen Projekten kommend, darf ich sagen, dass ein sehr wichtiges Projekt das Projekt „Freiwilligenmiliz“ ist, denn damit stärken wir den Milizgedanken im öster­reichischen Bundesheer. Wir wollen mit diesem Projekt auch Erfahrungswerte schaf­fen, wie die Rekrutierungs- und Einsatzbereitschaft unserer Miliz gegeben ist. Dieses Projekt umfasst die Pionierkompanien in Niederösterreich und in Salzburg mit je 115 Mann. Wir haben mittlerweile schon 1 500 Bewerbungen, also ein Vielfaches jener Sollstärke, die wir brauchen, um dieses Projekt auch mit Leben zu erfüllen. Das zeigt auch, dass die Menschen diese Pilotprojekte annehmen.

Das zweite Projekt betrifft die Reduktion von Funktionssoldaten. Wir werden probe­weise Liegenschaften im österreichischen Bundesheer betreiben, sechs an der Zahl, die ohne Grundwehrdiener auskommen sollen, und können damit gewährleisten, dass diese Grundwehrdiener in der Zeit des Überganges zur Truppe hin wechseln. Das ist sinnvoller, als in Funktionen wie Koch, Kellner oder Kraftfahrer tätig zu sein.

Das dritte Pilotprojekt – ich habe mir erst vor einigen Tagen selbst ein Bild machen können – ist die Professionalisierung eines Verbandes, nämlich des Jägerbataillons 25, der als Musterverband aufgestellt ist. Wir werden dort ausschließlich Berufs- und Zeit­soldaten verpflichten. Das ist auch eine Forderung der Bundesheerreformkommission, die ja von allen hier im Haus vertretenen Parteien mitgetragen wurde.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 16

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Prä­hauser.

 


Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Bundesminister! Wie stellt sich der aktuelle Stand des Pilotprojektes zur Aufstellung des ausschließlich aus Berufs- und Zeitsoldaten bestehenden Musterverbandes im Konkreten dar?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Dieses von mir angesprochene Element, das Jägerbataillon 25 in Kärnten, ist der einzige Luftlandeverband des österreichischen Bundesheeres. Er ist mit dieser Aufgabe betraut worden, weil er jetzt schon sehr professionell agiert und weil wir auch dort die Menschen aufstellen können, die wir brauchen, eben die Soldatinnen und Soldaten.

Wir sind derzeit bei einer Aufwuchsfähigkeit von 200 Berufs- und Zeitsoldaten, in der Endausbauphase werden wir 530 Soldatinnen und Soldaten haben. Bis Jahresende werden wir ungefähr 50 Prozent der Aufwuchsfähigkeit sicherstellen können. Das Jahr 2013 wird intensiv für weitere Rekrutierungen und Maßnahmen in diesem Bereich genutzt werden.

Sie können sicher sein, dass die Soldatinnen und Soldaten dort motiviert sind. Ich habe mir, wie gesagt, selbst ein Bild davon gemacht. Diejenigen, die bei diesem Verband sind, sind auch Anhänger einer Umstellung unseres Wehrsystems in Richtung Berufs- und Freiwilligenarmee. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Klikovits.

 


Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Schönen guten Morgen, Herr Bundes­minister! Wie Sie wissen, tragen nicht alle diese Pilotprojekte mit; wir erachten sie als nicht glaubwürdig.

Sie sagen in Ihren öffentlichen Angaben, dass die Pilotprojekte jetzt 2 Millionen €, in drei Jahren 10 Millionen € kosten. Nun habe ich Ihre eigenen Angaben nachge­rech­net – und das haben mehrere nachgerechnet – und komme bei den Berechnungen auf 40 308 223,50 €, ohne dass ich die Kosten für die Anpassung von Unterkünften und Materialien miteinbeziehe.

Herr Bundesminister, ich frage Sie: Wie kommt es zu dieser Differenz zwischen Ihren eigenen Angaben in der Öffentlichkeit und den errechneten Angaben, die auch von Ihnen stammen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Ich kenne diese Zahlen, die Sie hier verbreiten, nicht. (Abg. Klikovits: Das sind Ihre Zah­len!) Meine Zahlen sind klar nachvollziehbar: 2 Millionen im Jahr 2012, 2 Millionen im Jahr 2013 und 6 Millionen im Jahr 2014, also Kosten in der Höhe von 10 Millionen €.

Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass auch ein Grundwehrdiener sehr viel kostet, nämlich im Vollkostenrechnungsbereich 10 000 € pro Jahr; also insgesamt 210 Millionen €, die wir für Grundwehrdiener im österreichischen Bundesheer ausge­ben. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Widmann, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Minister, ich komme auf das Pilot­projekt „Freiwilligenmiliz“ zurück. Dieses ist ja bei Freiwilligeneinrichtungen wie der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 17

Feuerwehr oder dem Roten Kreuz sehr umstritten, weil dort Freiwillige für Gotteslohn arbeiten, hier allerdings bis zu 5 000 € Prämie pro Jahr ausgeschüttet werden.

Meine Frage daher an Sie: Wie bewerten Sie das grundsätzlich? Und: Sind durch diese Ausgaben weitere Übungstätigkeiten der Miliz auch nicht eingeschränkt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Nein. Ich sehe die Diskussion, was die Freiwilligentätigkeit in Österreich betrifft, als etwas eigenartig, sage ich ganz offen, denn wenn ich als Bundesminister für Landes­ver­teidigung und Sport für eine Milizeinheit Geld zur Verfügung stelle, einen Anreiz schaffe, dann verstehe ich nicht, warum andere Organisationen in Österreich das sozusagen als Wettbewerbsverzerrung sehen.

Wir sind für gewisse Maßnahmen im Katastrophenschutz ausgebildet. Diese 5 000 € für Milizsoldaten, die ja im Raum stehen, sind eine Anerkennungsprämie für die Tat­sache, dass man in seinem Zivilberuf immer bereit sein muss, auch im Katastrophen­schutz da zu sein. Ich sehe hier kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander mit der Feuerwehr. Und ich sehe es schon als ein bisschen politisch motiviert, dass man das in der Öffentlichkeit so darstellen möchte, als ob es hier eine Besserstellung des österreichischen Bundesheeres gibt. Die gibt es, aber ich bin verantwortlich für das österreichische Bundesheer und nicht für die Feuerwehr. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Walser, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Guten Morgen, Herr Minister! Sie haben unter Ihren drei Pilotprojekten leider nicht das dringend notwendige zur Vergangen­heitsbewältigung am Heldenplatz genannt. Ich habe Sie in den vergangenen Monaten mehrfach auf Missstände hingewiesen. Sie haben insofern reagiert, dass Sie nun die Krypta leergeräumt haben. In diesem Zusammenhang sind Thesen aufgetaucht, man werde das geplante Deserteursdenkmal in die Krypta integrieren. Das hat zu Recht zu erheblichem Widerstand vonseiten der verschiedenen Verbände, insbesondere des Personenkomitees geführt, die gesagt haben, jene, die sich bewusst dem Dienst in der Wehrmacht, der SS entzogen haben, kann man jetzt nicht im Nachhinein in Zusam­menhang mit der militärischen Traditionspflege bringen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Mir scheint das sehr nachvollzieh

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, die Frage, bitte!

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne) (fortsetzend): Mich würde Ihre Position dazu interessieren.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Herr Abgeordneter, ich sehe Sie in dieser Frage nicht als Gegner, sondern als Partner. Es ist wichtig, dass wir unsere Vergangenheit aufarbeiten. Ich bin hundertprozentig ein Befürworter eines Denkmales für Deserteure der SS-Wehrmacht, denn es war kein demokratisches System, das damals Soldaten einberufen hat.

Ich stehe auch zur Ehrung von Soldatinnen und Soldaten, die gefallen sind, denn sie sind ja von einem totalitären System eingezogen worden. Ich habe auf Empfehlung eines der renommiertesten Historiker Österreichs, Oliver Rathkolb, in der Öffentlichkeit gesagt, dass ich den Heldenplatz nicht als Adresse Nummer eins für dieses Denkmal sehe. Wenn es aber eine Mehrheit in Österreich gibt – es ist wichtig, dass dieses


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 18

Denkmal kommt; wo es kommt, ist zweitrangig –, dann werde ich mich natürlich diesem Willen fügen beziehungsweise das voll mittragen.

Soweit ich das jetzt mitverfolge, ist die Wiener Stadtregierung gerade dabei, dieses Denkmal in Richtung Heldenplatz zu konfigurieren. Damit kommen wir einer histori­schen Aufgabe nach, die jenen, die damals dieses SS-Regime verlassen haben, auch gerecht wird. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Podgor­schek, bitte.

 


Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie Sie wissen, wäre ein Berufsheer, das Sie präferieren, zum jetzigen Zeitpunkt verfas­sungswidrig. Vor allem wäre ein Berufsheer auch nicht geeignet, die Aufgaben gemäß Artikel 79 B-VG zu erledigen. Ihr Regierungspartner ist ja nicht bereit, die allgemeine Wehrpflicht aufzugeben. Daher haben Sie jetzt versucht, diese Pilotprojekte zu installieren. Diese verursachen selbstverständlich Kosten.

Daher haben wir auch eine Frage an Sie gerichtet, nämlich wie hoch die Kosten für die Bewerbung dieser Pilotprojekte sind. Sie haben geantwortet, die Kosten für die Information bezüglich der Pilotprojekte werden aus dem laufenden Werbebudget bestritten. – Das war für uns eine ein bisschen dürftige Antwort.

Deshalb frage ich Sie jetzt noch einmal: Wie hoch sind die Kosten zur Bewerbung der Pilotprojekte in den Magazinen „NEWS“, „biber“, „weekend“, in den „Oberösterreichi­schen Nachrichten“, „Vorarlberger Nachrichten“, „Niederösterreichischen Nachrichten“, „Salzburger Nachrichten“, in der „Tiroler Tageszeitung“, im „Standard“, in der „Presse“, in „ÖSTERREICH“, „Der Österreichische Journalist“, „DER SOLDAT“, im „Wiener Bezirksblatt“, in „Heute“ und im „NEUEN Volksblatt“?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Die Kosten entsprechen den Inseratenpreisen dieser Zeitungen. Ich kann Ihnen die ge­nauen Kosten gerne nachreichen, aber ich halte es für wichtig – und das macht jede Armee der Welt –, dass man seine Leistungen bewirbt und mit diesen Leistungen sozusagen dafür sorgt, dass diejenigen, die gerne dazu bereit sind, im österreichischen Bundesheer und damit der Republik Österreich zu dienen, auch über solche Maß­nahmen informiert werden, wo sie eine Möglichkeit bekommen, beim österreichischen Bundesheer zu arbeiten und damit die Republik mit einem sehr prominenten Beitrag auszustatten.

Wenn Sie meine Beantwortung genau gelesen haben, wissen Sie, es geht hier um Zeitsoldaten. Und ich stehe dazu, wir brauchen Zeitsoldaten, wir brauchen junge Sol­daten, die über einen gewissen Zeitraum – in diesem Fall drei Jahre – der Republik dienen. Deswegen stehe ich auch zu jeder Bewerbung, wie es auch die USA machen, wie es Großbritannien macht, wie es alle Nationen der Welt machen, dass man das Bundesheer attraktiv darstellt. Es ist attraktiv. Deswegen reiche ich Ihnen gerne die genauen Kosten nach, aber ich stehe zu dieser Inseration, weil sie etwas für das Image des österreichischen Bundesheeres bringt. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Tadler.

 


Abgeordneter Erich Tadler (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Bundes­minister! In Niederösterreich und in Salzburg wird im Zuge der Pilotprojekte jeweils eine Pionierkompanie als Freiwilligenmiliz aufgestellt. Dabei ist eine Anforde­rung an die Freiwilligenmiliz die Bereitschaft, bei Krisensituationen und Katastro­phen­einsätzen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 19

im Inland zur Verfügung zu stehen. – Sie haben ja schon gesagt, 1 500 haben sich gemeldet.

Meine Frage: Wie schnell muss die Freiwilligenmiliz bei Katastrophen zur Verfügung stehen? Ich meine, wie funktioniert das jetzt? Mit dem Einberufungsbefehl? Gibt es da einen Code? Wie ist quasi das Procedere: Wie berufe ich die Soldaten ruck, zuck ein?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Natürlich in kürzester Zeit. Wenn die Katastrophe da ist, muss die Bereitschaft vorhanden sein, dann auch als Milizsoldat bei der Katastrophe für Sicherheit beziehungsweise für die Eindämmung der Katastrophe zu sorgen. Das weiß jeder, der sich auf dieses Projekt einlässt.

Und jeder weiß auch, dass er vom Dienstgeber abgestellt werden muss. Das muss er sich selbst regeln. Er weiß aber auch, dass er dafür eine Leistung bekommt – ich habe das schon angesprochen, diese Anerkennungsprämie von 5 000 € –, aber es ist natürlich logisch, dass diese Personen sofort, wie es auch jetzt gesetzlich vorgesehen wäre, einberufbar wären.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, 156/M, jener des Herrn Abgeordneten Klikovits an den Herrn Bundesminister. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 


Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der Ausverkauf beim österreichischen Bundesheer betrifft laut Ihren eigenen Angaben auch die laufende Reduktion der Liegenschaften in Wien sowie eine Zusammen­ziehung der betroffenen Dienststellen in die unmittelbare Nähe des Hauptgebäudes, nämlich der Roßauer Kaserne.

Da leider das ehemalige PVA-Gebäude neben dem Amtsgebäude Roßau nicht angekauft werden konnte, kam es zu kostenintensiven Vorbereitungsarbeiten.

Daher meine Frage an Sie, Herr Bundesminister:

156/M

„Wann wird der bereits mit Aufwendungen in der Höhe von zirka 1 Million € begonnene Ausbau der Roßauer-Kaserne für das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport benützbar fertiggestellt sein?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es gibt keinen Ausverkauf des österreichischen Bundes­heeres, sondern es gibt einen Abverkauf der Kasernen auf Grundlage der ÖBH 2010, die von meinem Vorgänger Günther Platter verabschiedet wurde und die, mit Stimmen aller im Parlament vertretenen Parteien, auch so durchgeführt wird. Wir überlegen natür­lich, dass wir in Wien Liegenschaften zusammenlegen. Das ist aus meiner Sicht wichtig und steigert auch die Effizienz unserer Arbeit im logistischen und im operativen Bereich.

Betreffend die Roßau möchte ich sagen, dass wir derzeit keine Maßnahmen vorge­sehen haben, denn dieser Bereich, wo auch das Ministerium beziehungsweise das Büro des Ministers verankert ist, ist bestens ausgebaut.

Mir ist wichtiger, Baumaßnahmen und Sanierungsmaßnahmen bei der Truppe zu setzen, Baumaßnahmen und Sanierungsmaßnahmen bei den KIOP- und KP-Unter-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 20

künften zu setzen. Wir haben Maßnahmen bei den Zentralküchen gesetzt. Wir haben Maßnahmen beim militärischen Einsatzflughafen Zeltweg gesetzt. – Immerhin sind das 65 Millionen € im Jahr, also kein geringer Betrag.

Insofern möchte ich sagen: Die Investitionen sollten bei der Truppe sein, und das sind jene Bereiche, die ich jetzt angesprochen habe, und weniger in der Zentralstelle in der Roßau.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Klikovits.

 


Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Bundesminister, Sie haben selbst ange­sprochen, dass Sie dabei sind, Truppenverbände zusammenzuziehen und in Wien Liegenschaften zu verkaufen.

Nach Medienberichten bestehen in Ihrem Ministerium wesentliche Bestrebungen, zum Wohl der Stadtgemeinde Wien ÖBH-Verbände aufzulösen, um so den Wiener Woh­nungs­genossenschaften billige Baugründe zu verschaffen. (Oh-Rufe.) – Das wird, wie gesagt, in den Medien so geschrieben.

In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder die ehemalige Geschäftszentrale von Siemens in der Gudrunstraße im 10. Bezirk als extrem teures zu mietendes Objekt genannt.

Herr Bundesminister, können Sie uns darüber informieren, zu welchen Ergebnissen Ihr Ministerium nunmehr hinsichtlich der weiter zu verfolgenden Reduktion der Heeres­liegen­schaften in Wien gekommen ist?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil dieser Prozess noch nicht abgeschlossen ist, aber es gibt Überlegungen – und das ist vielleicht der Zielpunkt Ihrer Frage – möglicherweise auch mit einem Ausbau der Roßau in der Zukunft. Aber es gibt noch keine ab­schließende Bewertung meiner Sektion – das ist die Sektion III –, die derzeit dabei ist, die Endfassung auszuformen.

Dann werden wir den aus meiner Sicht logischen Schritt setzen und auch attraktive Gründe – da bin ich durchaus bei Ihnen – hier in Wien veräußern können. Denn es macht auch Sinn, gewisse Einheiten in Wien zusammenzuziehen, damit auch gewisse Synergieeffekte zu schaffen, und ich glaube, da können Sie als Wirtschaftspartei nicht dagegen sein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Spadiut, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Minister! Bekanntlich verläuft der Verkauf der militärischen Liegenschaften sehr schleppend, auch werden die geplanten Erlöse nicht erreicht. Jetzt wird gerade der sogenannte Mosertrakt im Amtsgebäude Stiftsgasse sehr aufwendig und kostenintensiv renoviert.

Meine Frage: Ist an eine Weiternutzung dieses Mosertraktes gedacht oder soll dieser auch veräußert werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Es tut mir leid, ich muss Ihnen widersprechen: Dieser Verkauf verläuft nicht schleppend. Wir haben 210 Millionen € an Einnahmen durch die Kasernenverkäufe erzielt. Wir haben erst in diesen Tagen die Tegethoff-Kaserne verkauft, die mit 9 Millionen € ausge­schrie-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 21

ben war und jetzt einen Verkaufserlös von ungefähr 14,9 Millionen € erzielen wird, also ein Plus vom Ausschreibungspreis hin zum tatsächlichen Verkaufswert.

Wir werden die 400 Millionen €, die wir uns vorgenommen haben, auch erreichen. Wir haben bereits über 100 Liegenschaften verkauft.

Noch einmal gesagt: Das war auch Ihre Entscheidung – ich weiß nicht, ob Sie damals im Parlament waren –, dass das in dieser Form passieren wird, nämlich ein Abverkauf von ungefähr 38 Prozent der Liegenschaften.

Zu dem speziellen Fall: Ich habe kein Interesse, dass diese von Ihnen angesprochene Liegenschaft verkauft wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill, bitte.

 


Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Minister! Die Umsetzung der Reform obliegt Ihnen und Ihrem Ministe­rium, und sich von Kasernen zu trennen und dezidiert zu sagen, an einem Ort etwas zusammenzulegen, war Plan. Jetzt haben Sie bei der Beantwortung der Frage des Herrn Abgeordneten Klikovits ganz klar gesagt, dass es sich in Wien noch immer um einen Prozess handelt.

Deshalb meine Frage: Welche klaren Aussagen können Sie bezüglich Wien bis zum Ende dieser Gesetzgebungsperiode eigentlich noch machen? Was können Sie wirklich, tatsächlich noch umsetzen bis Ende der Gesetzgebungsperiode?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich gehe davon aus, dass das noch in diesem Jahr abgeschlossen wird, denn es ist ein Ziel von mir, diese Liegenschaften zusammen­zuführen.

Da ist weniger die Frage – wie sie vom Herrn Abgeordneten Klikovits gestellt wurde –, ob das jetzt in eine bisher privatwirtschaftlich genutzte Fläche geht oder ob es in der Roßauer Kaserne mit einem Zubau erledigt werden kann. Wichtig ist für mich, weil es nämlich auch aus militärischer, aus strategischer und aus operativer Sicht wichtig ist, diese Einheiten zusammenzulegen. Und ich gehe davon aus, dass wir ein Ergebnis noch bis Jahresende 2012 haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Lausch, bitte.

 


Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Bundesminister! Der Herr Bundes­minister und seine Verkäufe: Ausbauten wie jener der Roßauer Kaserne, das haben wir ja schon gehört, kosten sehr viel Geld.

Die Tegethoff-Kaserne – Sie haben ja schon einiges vorweggenommen – wurde vor Kurzem verkauft. Uns wurde bekannt – Sie haben es ohnehin kurz erwähnt –, diese Kaserne war mit 9,34 Millionen € ausgeschrieben, das ist ein Quadratmeterpreis von 274 €. Das ist eigentlich ein Bruchteil davon, wenn man sagt, im 19. Bezirk werden Grundstücke zwischen 500 € und 1 200 € pro Quadratmeter verkauft, das ist also sehr gering. – Ich habe die 14,9 Millionen, von denen Sie gesagt haben, dass dieser Preis wahrscheinlich erzielt wird, jetzt einmal in der Eile nicht durchdividiert.

Meine Frage dazu lautet jetzt: Wie stehen Sie zu einem so geringen Ausschrei­bungspreis, nämlich 274 € pro Quadratmeter, wenn man in dieser Gegend zwischen 500 € und 1 200 € erzielen kann?

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 22

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Wir sind allen gesetzlichen Rahmenbedingungen unterworfen. Die SIVBEG ist jene Gesell­schaft, die diese Verkäufe abwickelt, und ich vertraue hier zu 100 Prozent der SIVBEG und dem Geschäftsführer und dem Aufsichtsrat der SIVBEG.

Sie können sich vorstellen, dass ich einen höchstmöglichen Verkaufswert erzielen möchte, denn das Geld fließt ja in mein Ressort – was auch ein Erfolg während meiner Amtszeit war, nämlich dass das Geld nicht ins normale Budget fließt, sondern ins Verteidigungsbudget. Also Sie können davon ausgehen, dass es mir ganz, ganz recht und lieb ist, wenn der Verkaufswert sehr nach oben getrieben wird. Aber es ist nicht so einfach, Kasernen zu verkaufen, auch das sei gesagt.

Und vielleicht – meine Ausführungen werden wahrscheinlich schon zu lang – weiß ich auch, dass natürlich sehr viele Gemeinden an unseren Kasernen interessiert sind (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) und sie dann möglichst teuer verkaufen wollen, aber wir schauen, dass wir den Verkaufspreis so festsetzen können, dass wir als Bundesheer den höchstmöglichen Preis lukrieren können. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Stauber, bitte.

 


Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Man wirft Ihnen, Herr Bundesminister, immer wieder vor, Sie würden zu wenig für die Truppe tun, Sie würden zu wenig für die Soldatinnen und Soldaten tun. (Zwischenruf des Abg. Dr. Strutz.)

Können Sie uns einen Überblick geben, was unter Ihrer Ressortleitung für die Infra­struktur getan wurde, für die Truppe und für die Soldatinnen und Soldaten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Ja, wir haben mit Ihrer Zustimmung hier im Parlament ein Budget beschlossen, und diesem Budget folgend ist auch herauszuarbeiten, dass in meiner Amtszeit 500 Millionen € für Investitionen eingesetzt wurden – und 500 Millionen € ist nicht wenig Geld. Beispiels­weise haben wir bei der Sanierung der Unterkünfte Geld eingesetzt. Ich bin noch immer nicht zufrieden: Ich habe jetzt selbst einige Unterkünfte gesehen, die noch sanierungswürdig sind – in Kärnten beispielsweise, in Salzburg –, also wir müssen da noch ein bisschen Gas geben.

Wir haben den militärischen Flughafen in Zeltweg ausgebaut. Wir bauen eine Muster­kaserne in meinem Heimatbundesland Burgenland, in Güssing, um 48 Millionen € aus, also da spielen wir dann schon europaweit in der obersten Liga, und wir haben auch in den Raumordnungsprozess in Wien, Linz und Salzburg investiert.

Wir sind auch dabei, die Vorbereitungen zu treffen für den Ausbau des Pionier­ba­taillons 3 in Melk (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), also auch ein Musterprojekt.

Insgesamt 500 Millionen € in fünf Jahren ist also, glaube ich, kein geringer Betrag, ganz im Gegenteil: So manche Aussage, dass da wenig investiert wird, führt sich damit ad absurdum. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 3. Anfrage, 159/M, das ist jene des Herrn Abgeordneten Dr. Fichtenbauer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 23

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister, guten Morgen! Immer wenn Sie reflektieren – man könnte auch sagen: träumen – von der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht und der Einführung des Berufsheeres, dann bemühen Sie sich, nach Art der Testimonialwerbung – also George Clooney trinkt den besseren Kaffee oder ein anderer Schauspieler hat die weiß machende Zahn­pasta – andere Beispiele zu zitieren (Zwischenruf des Abg. Heinzl), und nehmen dafür immer den deutschen und den schwedischen Minister.

Zur Erinnerung: Der schwedische ist Ihnen abhandengekommen – wegen Korruptions­verdacht abberufen –, der deutsche Verteidigungsminister de Maizière hat sich am 26. Juni sehr umfangreich, sehr höflich, aber deutlich ausgedrückt (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), nämlich, die österreichische Wehrpflicht ist besser wirkend, er hat diese damals in Deutschland ungern ausgesetzt und mitge­stimmt (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen) und so weiter – ich gehe davon aus, Sie kennen den Text.

Gibt Ihnen dieser Text ...

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Frage, Herr Abgeordneter, bitte!

 


Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ) (fortsetzend): Ich bin ja schon dabei! Unterbrechen Sie mich doch nicht, dann bin ich schon bei der Frage! (Heiterkeit.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Sie haben inklusive Frage eine Minute. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ) (fortsetzend): Welche Ableitungen tref­fen Sie aus den Äußerungen des deutschen Verteidigungsministers de Maizière?

*****

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 159/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wie beurteilen Sie den Ratschlag des deutschen Verteidigungsministers von Ende Juni 2012 an Österreich, bei der Wehrpflicht zu bleiben?“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Sie können mir glauben, ich träume nicht von der Ab­schaffung der Wehrpflicht, ich träume von etwas anderem, aber ich möchte sie politisch durchsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Und: Auch bei intensivstem Studium der Aussagen von de Maizière habe ich kein Nein zur Abschaffung der Wehrpflicht herausgelesen, sondern ganz im Gegenteil: Seine Aussage, dass er sagt, sie haben in Deutschland nur mehr 16 Prozent der Wehrpflich­tigen einberufen, bevor sie zu diesem neuen System übergegangen sind, zeigt ja, dass die Deutschen schon vor der Abschaffung der Wehrpflicht auf dem Weg in eine Berufsarmee gewesen sind.

Zu den konkreten Aussagen: Sie wissen genauso wie ich, wenn Sie korrekt zitieren, dass er auch gesagt hat, mit den wehrpflichtigen Soldaten kann man die Aufgaben der Armee – der deutschen Bundeswehr – nicht durchführen. – Also ich sehe da keinen Widerspruch und ich sehe vor allem in Schweden, das haben Sie auch zitiert, ein klares Erfolgsmodell, wo man dreimal so viele Bewerber für ein neues Berufs- und Freiwilligenheer hat, als man aufnehmen kann, und wo man mittlerweile auch einen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 24

Frauenanteil von 19 Prozent konstatieren kann, während es in Österreich einen Frauenanteil im österreichischen Bundesheer von 3 Prozent gibt.

Also ich sehe das nicht als Abkehr vom Berufsheer in Deutschland, ganz im Gegenteil. Das hat ja Guttenberg eingeführt, und de Maizière führt es fort.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Guttenberg ist auch kein gutes Testi­monial, aber bitte.

Ich kehre zurück zum Thema Pilotprojekt: Das Jägerbataillon 25 ist natürlich niemals aus eigener Kraft in der Lage gewesen, diesen Pilotstatus, den Sie anstreben, zu erwirken.

Meine Frage lautet: Welche Ressourcen an Personal, Material und Finanzmitteln ziehen Sie von anderen Verbänden des Bundesheeres ab, um das Pilotprojekt wunschgemäß befüllen zu können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sie wissen genau, dass wir mittlerweile schon 200 Berufs- und Zeitsoldaten dort haben, und das Ziel ist, bis zum Jahr 2014 530 zu schaffen. Sie waren ja damals auch bei der ÖBH 2010 und haben es damals auch gutgeheißen, dass ein Verband so ausgebaut wird, dass er sozusagen diese Leistungen, die jetzt das Jägerbataillon 25 bringen soll, auch bringen kann.

Wir haben das budgetär abgedeckt, ich habe es Ihnen gesagt. Wir haben im Jahr 2012, also heuer, 2 Millionen € für die Pilotprojekte budgetiert, für das Jahr 2013 ebenfalls 2 Millionen € und für das Jahr 2014 6 Millionen €, und das ist aus dem normalen Budget zu bestreiten.

Sie wissen ja auch so gut wie ich, dass wir auch relativ hohe Rücklagen in der Höhe von über 200 Millionen € im österreichischen Bundesheer haben, also sehe ich über­haupt kein Problem, diese Pilotprojekte zu finanzieren, und sie stehen im Übrigen im Einklang mit den Beschlüssen, die Sie im Jahr 2005 mitgetragen haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Gaßner, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Mein Vorfrager hat gemeint, man könnte träumen von der Abschaffung der Wehrpflicht. Ich glaube, das hat nichts mit Träumen zu tun, sondern mit Fakten und Zahlen.

Daher meine konkrete Frage: Wie hoch sind die derzeitigen Kosten für die Ausbildung der Wehrpflichtigen?

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Das ist eine gute Frage, weil sie, ehrlich beantwortet, auch zeigt, was Grundwehrdiener kosten.

Grundwehrdiener kosten ungefähr 10 000 € pro Mann (Ruf bei der ÖVP: 6 000!), und das heißt, dass, wenn man das hochrechnet auf 21 000 Grundwehrdiener, da im Jahr Kosten von 210 Millionen € anfallen – natürlich Vollkosten. Und insofern zeigt es sich auch, dass das Aufrechnen zwischen einem neuen Wehrsystem mit einer Freiwilligen- und einer Berufskomponente und dem jetzigen System auch diesen Aspekt beachten muss.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 25

Man sollte auch klar dazusagen, dass diese Grundwehrdiener eben auch zum Großteil Funktionen ausüben, die mit dem militärischen Dienst nichts zu tun haben, und inso­fern bekenne ich mich zu einer Umstellung dieses österreichischen Wehrsystems hin zu einer Berufs- und Freiwilligenarmee. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.)

Nochmals: Die Kosten sind 210 Millionen €, und das ist nicht wenig. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Höfinger, bitte.

 


Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es be­steht ja das Einvernehmen, dass zur Erfüllung der verfassungsmäßig übertragenen Aufgaben das Bundesheer auch in Zukunft eine Gesamtstärke von 55 000 Mann auf­weisen soll, wobei für Inlandseinsätze mindestens 12 500 präsente Soldaten und für Auslandseinsätze 11 000 Soldaten vorzusehen wären.

Sehr geehrter Herr Minister, meine Frage: Wie wollen Sie denn bei der von Ihnen angestrebten Abschaffung der Wehrpflicht – wobei wir ja strikt gegen dieses Vorhaben sind – sicherstellen, dass diese 12 500 Soldaten für Katastropheneinsätze im Inland auch wirklich aufgestellt werden können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich korrigiere Sie nur ungern, aber Sie haben 11 000 Sol­daten im Auslandseinsatz angesprochen – und es sind 1 100 (Abg. Höfinger: Pardon!), die wir gemeinsam mit der ÖVP in der Sicherheitsstrategie im Ministerrat verabschiedet haben. Also ich gehe davon aus, dass man, wenn der Herr Vizekanzler und die Frau Innenministerin und alle anderen Regierungsmitglieder der ÖVP ihre Unterschrift unter diesen Pakt gesetzt haben, auch mir glaubt, dass wir damit die Stärke sichern können.

Sie haben recht, wir werden 12 500 Soldatinnen und Soldaten immer präsent haben müssen – das ist auch ein Konsens, den wir getroffen haben –, und das ist leicht möglich. Wir ändern ja kaum etwas an der jetzigen Berufsstruktur, wir schaffen eine Freiwilligenmiliz und zusätzlich Zeitsoldaten, also KIOP- und KP-Soldaten, und darüber hinaus haben wir auch noch den alten Milizbegriff in unserem System drinnen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), sodass wir auf diese 55 000 kommen und von diesen 55 000 jederzeit diese 12 500, die Sie gefordert haben, herausschälen können, um im Katastrophenschutz gesichert und geschützt zu sein. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter List, bitte.

 


Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Bundesminister! Die Zukunft des österreichi­schen Bundesheeres in Europa ist ein Berufsheer aus Freiwilligen unter gleichzeitiger Abschaffung der Wehrpflicht. Das ist eine BZÖ-Forderung.

Auch viele NATO-Staaten wie Slowenien, Ungarn, die Slowakei oder Tschechien stel­len auf ein Freiwilligenheer um.

Herr Bundesminister, wie beurteilen Sie die Umstellung dieser Länder auf ein Frei­willigenheer im Hinblick auf deren Einsatzbereitschaft?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Grund­sätzlich gut. Wie Sie richtig sagen, Herr Abgeordneter – und es freut mich, dass wir


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 26

einmal einer Meinung sind –, ist es so, dass 21 von 27 EU-Staaten umgestellt haben. Es gibt aber Verbesserungspotential. Ich habe mir ja im Jahr 2010 von Oktober bis in den Jänner alle Systeme in Europa angeschaut. Es gibt Systeme, die eine Über­alterung aufweisen, weil man nicht mit Zeitsoldaten oder KIOP und KPE, also Kräfte für internationale Operationen oder Kaderpräsenzeinheiten reagiert, aber grundsätzlich beurteile ich den Übergang dieser Staaten zu einem Berufsheer als richtig und gut.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill.

 


Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Die Grünen sagen seit jeher, dass die Abschaffung der Wehrpflicht eine wichtige und richtige Maßnahme für die jungen Männer in Österreich wäre. Sie gehen die Schritte der Pilotprojekte. Eines dieser Pilotprojekte ist ja das Jägerbataillon 25. Herr Brigadier Starlinger sagt in den Medien, dass die Grundwehrdiener in seinem Verband kosten würden, aber keinen operativen Nutzen hätten.

Meine Frage dazu: Warum probieren Sie nicht Ihre Pilotprojekte auch dort aus, wo ja Grundwehrdiener tatsächlich als Köche, als Kellner ihren Dienst versehen, um damit auch zu zeigen, dass die Verwaltung auch ohne Grundwehrdiener auskommen könnte?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Das ist ja genau der Grund, warum ich das in Klagenfurt angesetzt habe. Wir haben die Grundwehrdiener dort weggenommen. Wir können durch die Pilotprojekte, die wir haben, 411 Grundwehrdiener jetzt in Funktionen setzen, wo sie nicht als Köche, Kellner und Kraftfahrer tätig sein müssen, sondern in anderen Bereichen. Der General­stab hat es so beurteilt, dass dieses Jägerbataillon 25 am besten geeignet ist, diese Pilotprojekte durchzuführen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 4. Anfrage, 158/M, das ist jene der Frau Abgeordneten Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Minister! Der Lobbyist Mensdorff-Pouilly ist angeklagt wegen Geldwäsche, wobei der Verdacht besteht, dass Gelder in Zusammenhang mit Rüstungskorruption in Zentral- und Osteuropa ge­waschen wurden – und eventuell eben auch in Österreich.

Meine Frage an Sie:

158/M

„Welche Beraterverträge von Alfons Mensdorff-Pouilly und den ihm zuzurechnenden Unternehmen (MPA Handelsgesellschaft Wien, MPA Budapest Kft, MPA Prague s.r.o., Brodman Business S.A, Valurex International S.A., Prefinor International Inc.) seit dem Jahr 2000 sind im Bundesministerium für Landesverteidigung im Zusammenhang mit militärischen Beschaffungen bekannt?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, ich kann es kurz machen: In meinem Ressort sind keine Beraterverträge von Alfons Mensdorff-Pouilly und den ihm zugerechneten Unter­nehmen, die Sie jetzt alle aufgezählt haben – das erspare ich mir jetzt –, im Zusam­men­hang mit militärischen Beschaffungen seit dem Jahr 2000 bekannt. Wie bereits in früheren parlamentarischen Anfragen auch beantwortet, bestand und besteht in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 27

meinem Ressort kein Kontakt zu Alfons Mensdorff-Pouilly im Rahmen von militärischen Beschaffungen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill.

 


Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Bundesminister! Weiters ist Alfons Mensdorff-Pouilly angeklagt wegen falscher Aussage vor dem Eurofighter-Untersuchungsausschuss. Dafür sind Sie zuständig, Herr Minister. Wie gehen Sie damit um?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Wir haben der Staatsanwaltschaft alle Unterlagen übermittelt, die diese angefordert hat. Also wir sind da bemüht, und nicht nur bemüht, sondern ich bin auch interessiert daran, dass diese Dinge aufgeklärt werden. Wir haben alles transparent der Staats­anwalt­schaft übermittelt, und ich glaube, subjektiv sagen zu können, dass die Staats­anwaltschaft mit unserer Kooperation zufrieden ist.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz.

 


Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bundesminister! Auch zum Untersuchungsausschuss gehörend: Es gibt ja den Blau­lichtfunk, den digitalen Behördenfunk. Am Anfang war das Bundesheer auch, neben Rotem Kreuz, Feuerwehr und Polizei, im Projekt ADONIS eingebunden, wurde dann, wenn ich es so formulieren kann, ausgeschieden. Bei TETRON ist es überhaupt nicht mehr dabei, sondern hat jetzt einen eigenen Truppenfunk, CONRAD – damit nichts verwechselt wird: Conrad von Hötzendorf mit C, und nicht Konrad von Raiffeisen. Dieser Digitalfunk ist unter der Prämisse geschaffen worden, einerseits die Organi­sationen für den Katastrophenfall, wo das Bundesheer ja eine Rolle spielt, zusam­menzuführen, und andererseits: je mehr Teilnehmer, umso kostengünstiger würde es.

Wie sehen Sie im Lichte dieser Kostenentscheidung die Frage, dass jetzt das Bun­desheer trotzdem einen eigenen Truppenfunk hat?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Natürlich hätte es andere Lösungen geben können, aber wir waren aufgefordert, für uns eine optimalste Lösung zu schaffen, und das ist eine der größten Investitionen in meiner Amtszeit. Die Erfahrungen mit CONRAD sind bei uns gut.

Die Dinge, die Sie vorher angesprochen haben, fallen ja nicht in meine Amtszeit, das ist ja vorher passiert. Aber wir fahren mit CONRAD gut. Es ist ein transparenter Prozess gewesen. Wir sind operativ sehr gut unterwegs mit diesem System, und damit hat es sich für mich, denn wir konnten ja nicht warten, dass Entscheidungen woanders getroffen werden, da wir einfach diese Adaptierung unseres Systems brauchten. Und noch einmal: Mit CONRAD, mit einer ziemlich hohen Investitionssumme fährt das österreichische Bundesheer sehr gut.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Lapp.

 


Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werter Herr Minister! Die Maßnahmen, um mehr Transparenz bei Vergaben et cetera zu schaffen, sind sehr wichtig in der politischen Arbeit, wie wir jetzt auch im Unter­suchungsausschuss feststellen können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 28

Welche Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung haben Sie seit Beginn Ihrer Amtszeit im Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport gesetzt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich habe im Jahr 2009 eine Ministerweisung abgesetzt, die sich mit diesem Bereich ganz genau befasst. Wir haben bereits im Jahr 2010 neue Richtlinien für den Beschaffungsablauf geschaffen, weil wir wissen, dass wir im österreichischen Bundesheer unter ganz genauer Beobachtung stehen, und zu Recht unter Beobachtung stehen, was Beschaffungsvorgänge betrifft.

Wir haben als dritten Schritt im Jahr 2011 neue Richtlinien für die österreichische Bundesheer-Planung, die Planungsdokumente verfügt, die auch für mehr Transparenz und Durchblick sorgen.

Wir haben auch eine ganz strenge Verordnung für Nebenbeschäftigungen erlassen. Good News sind nicht immer News, die auch in den Medien so dargestellt werden, aber es ist für mich ganz, ganz wichtig, dass man auch klar trennt, wenn beispiels­weise Mitarbeiter bei Diensten arbeiten, dass sie nicht für andere Firmen arbeiten können. Das ist alles in dieser Verordnung für Nebenbeschäftigungen geordnet. Da hat es durchaus auch Widerstände von der Personalvertretung gegeben, aber ich stehe zu hundert Prozent dazu.

Und wir haben auch einen Index für Korruptionsprävention herausgegeben.

Also ich kann für mein Ressort sagen, dass wir unsere Hausaufgaben in diesem Bereich gemacht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Schönegger.

 


Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Schönen Vormittag, Herr Bundesminister! Mir geht es um mögliche militärische Beschaffungen in der Zukunft. Man hört, Sie planen ja den Ankauf von Drohnen, das sind unbemannte Luft­fahrzeuge. Sie nennen auch Assistenzeinsätze oder Auslandseinsätze als mögliche Einsatzgebiete. Jetzt ist es aber so, dass durchaus bekannt ist, dass derartige Sys­teme, wenn sie Sinn machen sollen, was Einsatzdauer oder Einsatzreichweite betrifft, sehr, sehr teuer sind und das Beschaffungsbudget Ihres Ministeriums bei Weitem über­steigen. In diesem Lichte meine Frage:

Wie steht es mit diesem Beschaffungsprojekt, und was ist der aktuelle Stand derzeit?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich halte das für eine gute Anschaffung. Vor allem im Auslandseinsatz, wenn es um Aufklärung geht, ist es auch eine Anschaffung, die die Sicherheit unserer Soldaten stärkt. Wir könnten diese auch, wie Sie richtig ange­sprochen haben, im Inlandseinsatz verwenden, wenn es gewünscht wird im Assistenz­einsatz. Aber wir haben das natürlich auch budgetär abgesichert. Es ist ein Betrag, der sich in einer geringen Millionen-Euro-Höhe bewegt.

Wir müssen, auch wenn wir Sparzwängen unterworfen sind, die ganz Europa treffen – es gibt ja Armeen, die haben ein Einsparungspotenzial von 30 Prozent zu verkraften –, auch in Zukunft Investitionen sichern und setzen, und wir werden auch dieses Droh­nenprojekt durchziehen. Es wird ungefähr einen Kostenaufwand von 3 Millionen € erfordern. Das ist etwas, was das österreichische Bundesheer leicht verkraften kann.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Grosz.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 29

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Minister! Unter Ihrer Amtsführung wurden 102 VW Touaregs angeschafft – ohne Militärausstattung, mit Luxusausstattung, CD-Player et cetera, um 3,4 Millionen €. Der Rechnungshof hat das massiv kritisiert, denn diese Fahrzeuge sind nicht für den Geländegebrauch des Bundesheeres im Einsatz, sondern für Frühstücksfahrten von „Goldfasanen“, von hochrangigen Offizieren.

Ich frage Sie, weil ich es erst vor zwei Wochen wieder gesehen habe, wann Sie diesen Ausdruck der Eitelkeit endlich abschaffen, wann Sie im Interesse von Sparsamkeit und Effizienz, wie es der Rechnungshof auch gesagt hat, dafür Sorge tragen, dass diese Fahrzeuge für den militärischen Gebrauch eingesetzt werden und nicht für Reprä­sentationsfahrten von „Goldfasanen“ des österreichischen Bundesheeres.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, den Begriff „Goldfasan“ ersparen Sie sich hier im Hohen Haus in Zukunft bitte! (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Das ist übrigens ein Begriff, der aus einer Zeit kommt – aber ich bin sicher, das haben Sie jetzt nicht bewusst verwendet –, die wir alle ablehnen.

Aber zu Ihrer Frage: Ich drücke mich nicht vor der Verantwortung, dieser Vorgang ist allerdings schon vor meiner Amtszeit eingeleitet worden. Nur: Diese Fahrzeuge sind billiger als andere Fahrzeuge. Wir haben in diesem Bereich einen niedrigen Kosten­anteil zu verantworten, und wir haben diese Fahrzeuge so eingesetzt, dass sie natür­lich auch militärisch eingesetzt werden können. Also die Touareg-Beschaffung ist sicherlich eine, die nicht als Privilegienbeschaffung für den Generalstab oder für die Generalität gesehen werden kann, sondern sie ist durchaus funktional zu sehen. (Zwischenruf des Abg. List.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 5. Anfrage, 160/M, das ist jene des Herrn Abgeordneten Ing. Westenthaler. – Bitte.

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Bundesminister! Als Sport­minister kündigen Sie seit fast drei Jahren die Sportförderung neu in der Öffent­lichkeit an, besonders eindrucksvoll am 6. Oktober des Jahres 2010. Vor 21 Monaten sagten Sie im Sportausschuss, dass Sie als Minister dem Parlament das Versprechen abgeben, in den nächsten Wochen ein Gesetz zu übermitteln. Vor 8 Monaten sagten Sie hier im Parlament, dass Sie Ihr Versprechen einhalten und in den „nächsten zwei bis drei Wochen“ – Herr Minister, das war im November 2011 – ein Sportförderungs­gesetz neu vorlegen werden.

Herr Minister, erklären Sie der staunenden Öffentlichkeit, warum Sie Ihr Versprechen mehrfach gebrochen haben, weil das Gesetz sich dauernd verschoben hat und Sie so Parlament und Öffentlichkeit für dumm verkauft haben!

*****

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 160/M, hat folgenden Wortlaut:

 „Welche Gründe liegen für die permanente – unverständliche – Verschiebung der Vorlage des Bundes-Sportförderungsgesetzes vor?“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 30

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Ich habe niemanden für dumm verkauft, sondern dieses Gesetz ist das Jahrhundertwerk, würde ich sagen, im Sport, und deswegen braucht es Zeit. (Zwischenruf beim BZÖ.) Ich habe meinen Entwurf schon seit langer, langer Zeit fertig. Das wissen Sie, Herr Abgeordneter. Aber ich muss ihn natürlich auch politisch akkordieren und auch sport­politisch akkordieren. Und wir sind derzeit in der Phase, dieses neue Gesetz, das für mehr Transparenz, für mehr Kontrolle und für stärkere Fördergerechtigkeit sorgen soll, auch mit den Dachverbänden und den Fachverbänden zu diskutieren, und ich freue mich dann schon auf eine parlamentarische Diskussion.

Aber es wäre blauäugig, zu glauben, mit einem Entwurf in die parlamentarische Diskussion zu gehen, der sozusagen vorher nicht akkordiert ist, auch mit den wichtigen Playern im Sport. Insofern bin ich sehr optimistisch, dass wir das in den nächsten Wochen schaffen können. Also ich habe es jedenfalls fertig. Sie wissen das, Herr Abgeordneter, auch wenn Sie lächeln. (Abg. Ing. Westenthaler: Das darf ja nicht wahr sein!) Wir werden dieses Gesetz im Parlament diskutieren und, so hoffe ich, dann auch gemeinsam beschließen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler.

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Minister, das ist ja abenteuerlich, was Sie hier sagen! Jetzt stellen Sie sich schon wieder hier her und sagen, in den nächsten zwei bis drei Wochen wird das da sein. Sie haben das am 6.10.2010, also vor 21 Monaten, dem Hohen Haus gesagt, haben am 16. November 2011, vor acht Monaten, wortwörtlich hier von der Regierungsbank aus gesagt:

„Aber es ist jedenfalls so, dass ich das, was ich versprochen habe, in den nächsten Wochen auch einhalten werde. Das heißt, in den nächsten zwei bis drei Wochen“ – dasselbe, was Sie heute, acht Monate später, sagen – „werden wir Ihnen das auch übermitteln.“

Herr Minister, warum geben Sie nicht zu, dass Sie es nicht können, dass Sie geschei­tert sind und dass Sie offenbar nicht in der Lage sind, die Sportförderung neu zu gestalten? (Beifall beim BZÖ. Zwischenruf bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Herr Abgeordneter Westenthaler, ich nehme an, Sie wissen, dass dieses Gesetz, mein Entwurf, mittlerweile der Bundessportversammlung zugestellt wurde, dass dieser auch diskutiert wurde, dass das jetzt in der Endphase ist und dass damit auch jetzt kein Weg mehr daran vorbeiführt, das dem Parlament auch vorzulegen. (Abg. Ing. Westen­thaler: „Zwei bis drei Wochen“, hier!) Sie werden sehen, dass das in den nächsten  (Abg. Ing. Westenthaler: Vor zwei Jahren haben Sie es gesagt, Herr Minister!  Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie haben auch in einigen Punkten, wie Sie wissen, dieses Gesetz blockiert und wollen eigentlich nicht eine wirkliche neue Sportförderung. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja unglaublich! Das ist ja die Unwahrheit, was Sie sagen!) Nein, das ist keine Unwahr­heit. (Abg. Ing. Westenthaler: Ich habe es noch nicht einmal gesehen, Herr Minister! Wie habe ich es blockiert, Herr Minister? Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)

Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen nur sagen, dass das der Bundessportversammlung zugegangen ist, dass damit der Weg frei ist und dass einige Dinge drinnen sind, die wir auch schon diskutiert haben, die Sie vielleicht anders sehen. Und deswegen erlauben Sie mir auch eine subjektive Meinung meinerseits. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie können wir es blockieren, wenn es nicht einmal noch da ist?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 31

Es wird in den nächsten Wochen dem Parlament zugeleitet, und wir werden eine neue Sportförderung bestimmen Entschuldigung, aber das ist offensichtlich ein Zwiege­spräch –, die auch dafür sorgt, dass mehr Transparenz da ist, und die wir dann auch gemeinsam im Sportausschuss diskutieren können. (Beifall bei der SPÖ. Zwischen­ruf des Abg. Mag. Stefan.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Brosz. (Abg. Ing. Westenthaler: Präventivblockade des Herrn Ministers, oder was soll das sein?  Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sie wissen ja, dass wir die Intentionen dieses Gesetzes von Anfang an geteilt haben und Sie grundsätzlich im Bereich von weniger Gießkanne, mehr Transparenz unterstützen.

Ich glaube, dass Ihnen das mittlerweile auch bis zu einem gewissen Grad unangenehm ist, die Verzögerung, die es da gegeben hat. Jetzt wollte ich Sie fragen – vielleicht können Sie ein bisschen Licht ins Dunkel bringen –: Wer sind denn da die Bremser, die, die das nicht zulassen? Vermutlich sind das in dem Fall nicht die Landes­haupt­leute, aber vielleicht können Sie in den Fall ein bisschen Klarheit bringen, woran es eigentlich liegt, denn ich habe jetzt schon ein bisschen die Befürchtung, dass das in der Periode nichts mehr wird. Es scheint zunehmend schwierig zu werden. Ich meine, wir haben noch ein Jahr Zeit. Aber mit dem Prozess, der ansteht, besteht die Gefahr, es passiert nicht in dieser Periode, und dann wäre es wahrscheinlich so, dass das Projekt vor einer Wahl gescheitert und schwer wieder aufnehmbar ist.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es ist so, dass wir natürlich auch vom Rechnungshof aufgefordert worden sind, ein neues Gesetz zu schaffen und für mehr Transparenz zu sorgen. Es gibt keine Bremser, aber es gibt sehr viele Player in diesem Spiel. Das wissen Sie so gut wie ich. Das sind die Fachverbände, das sind die Dachverbände. Ich versuche, auch im Sinne einer ordentlichen parlamentarischen Behandlung dieses neuen Sportförderungsgesetzes, diese Player auch vorher einzubinden. (Abg. Ing. Westenthaler: Dann kündigen Sie es nicht an, dann sagen Sie, es dauert noch!)

Es ist einmal gelungen – das hat es, glaube ich, in Österreich noch nie gegeben im Sportbereich –, dass man über eineinhalb Jahre hinweg einen Prozess startet, wo auch Spitzensportler dabei waren, wo die Vertreter der Fach- und Dachverbände dabei waren, und nicht vom Minister sozusagen etwas auf den Tisch geknallt bekommen.

Die Diskussionsphase, die jetzt abgeschlossen ist, ist mit den Dach- und Fach­ver­bänden passiert, und deswegen ist es dem Parlament noch nicht vorgelegt worden. Aber Sie können davon ausgehen, dass das jetzt in den nächsten Wochen passieren wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Das hat er im November schon gesagt! Im November war es auch schon abgeschlossen! Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Strutz. (Weitere Zwischenrufe des Abg. Ing. Westenthaler. Rufe bei der SPÖ: Guten Morgen, Herr Westenthaler, die Frage ist ja schon lange beantwortet! Ma, Herr Westenthaler, können Sie nicht wenigstens  leise sein?! Abg. Ing. Westenthaler: Es wird wieder nicht da sein ! Machen wir eine Wette!)

Herr Abgeordneter Strutz, Sie sind am Wort. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Herr Bundesminister! Die Zeit überlasse ich dem Disput mit dem Abgeordneten Westenthaler, weil er sehr informativ ist und weil es auch tatsächlich stimmt, dass wir im Bereich der Sportförderungen immer wieder


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 32

Ankündigungen von Ihnen gehört haben, auch die Sportförderung neu, nämlich das Fördersystem neu zu gestalten. Sie haben mehrmals gesagt, Sie möchten wegkom­men vom Prinzip der Gießkanne und Schwerpunktsetzungen vornehmen, und dahin geht meine Frage:

In welche Richtung sollen diese Schwerpunkte gesetzt werden? Wer wird zukünftig mehr bekommen oder bevorzugt werden und wo werden Abstriche gemacht werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: In zwei Punkten geht es mir um die Frage, die Sie jetzt gestellt haben. Erstens: Es muss mehr Transparenz geben, auch bei den großen Verbänden, beispielsweise beim Österreichi­schen Fußballbund, was die Trennung zwischen Breiten- und Spitzensport betrifft, und es muss Transparenz geben – und ich glaube, da werden Sie mir recht geben – beim ÖOC, da haben wir einiges aufzuarbeiten. (Abg. Ing. Westenthaler: Deswegen dauert es so lange!)

Auf der anderen Seite hänge ich einem sogenannten australischen Modell nach, wo man auch Kategorien einführt, um Sportverbände zu evaluieren, und zwar objektiv zu evaluieren, mit einem Beirat, und dann schaut, wo auch Grenzen zu ziehen sind, wer bekommt mehr, wer bekommt weniger.

Aber die genaue Präzisierung, die hat dann innerhalb eines Prozesses zu erfolgen, den der autonome Sport selbst durchzuführen hat. Das heißt, es wird mehrere Kate­gorien geben oder auch eine Reihung der Verbände. Jetzt zu sagen, dass es einen Verband treffen wird und den anderen nicht, das wäre unseriös. Aber es geht mir schon darum, auch dem Leistungsprinzip, vor allem im Spitzensport, zu huldigen und zu versuchen, mehrere Kategorien einzuführen. (Abg. Ing. Westenthaler:  muss noch Sprungweiten der Kängurus studieren, in Australien!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl.

 


Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie sehen Ihre Vorstellungen bezüglich der angesprochenen Transparenz in der Förderung aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Wir wollen eine Transparenzdatenbank einführen. Das ist ganz wichtig, weil ich selbst auch als Sportfunktionär gesehen habe, dass die Nachbarverbände oder die Nachbarort­schaften mehr Geld bekommen haben als wir, und keiner hat gewusst, warum. Wenn es transparent ist – der Burgenländische Fußballverband macht das zum Beispiel mittlerweile, und es regt sich keiner auf –, wenn man sieht, wer welche Förderung für welchen Bereich bekommt, dann ist auch eine Sicherheit da. Das schafft auch eine gewisse Unabhängigkeit im System.

Diese Transparenzdatenbank ist aus meiner Sicht auch von allen Fachverbänden und Dachverbänden unumstritten. Das sollte auch ein zentrales Element des neuen Ge­setzes sein. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Durch­schlag.

 


Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Bundesminister! Ein Erfolgsrezept des österreichischen Sports sind auf der einen Seite die Selbständigkeit der Vereine und auf der anderen Seite die Ehrenamtlichkeit der Funktionärinnen und Funktionäre.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 33

Das bedeutet logischerweise, eine Reform der Sportförderung kann nur mit und niemals gegen die Vereine funktionieren. Ziel muss das Miteinander im Sport sein.

Die Vereine brauchen für eine funktionierende Vereinstätigkeit auch Rechtssicherheit und Planbarkeit, wobei Planungssicherheit und Innovation einander ja nicht aus­schließen.

Daher frage ich Sie: Wie stellen Sie sicher, dass der österreichische Sport einen Gesetzentwurf zur Reform der Sportförderung, den Sie vorlegen werden – wahr­scheinlich bald –, mittragen wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sie stellen die zentrale Frage, die wir vorhin schon kurz diskutiert haben.

Ich stelle das dadurch sicher, dass ich die Dach- und die Fachverbände in die Gesetzwerdung einbinde und nicht vom Ministerium her einen Vorschlag vorlege, der nicht akkordiert ist. Deswegen auch die Verzögerung. Ich gebe durchaus zu, dass es eine Verzögerung ist, aber es ist mir wichtig, dass die Dachverbände da eingebunden sind. Sie waren ja auch schon in den ersten Prozess mit Universitätsprofessor Mayrhofer, der das sozusagen als Mediator begleitet hat, eingebunden.

Wir werden einen Entwurf vorlegen, und vielleicht wird es den einen oder anderen Knackpunkt geben, der noch im Parlament beraten werden muss, aber mir ist die Einbindung der Dach- und Fachverbände wichtig, denn damit kann man das sicher­stellen, was Sie jetzt in Ihrer Frage formuliert haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 6. Anfrage,163/M, das ist jene des Herrn Abgeordneten Krist. – Bitte.

 


Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Herr Bundesminister! Aktuelle Studien über das Freizeitverhalten unserer Landsleute, aber auch der Menschen in anderen EU-Län­dern – auch im Vergleich zu Österreich – beschäftigen sich insbesondere mit Bewe­gung und Sport und zeigen auf, wie relativ gering die Begeisterung dafür ist.

Daher meine Frage:

163/M

„Welchen Beitrag kann das Sportministerium dazu leisten, mehr Bewegung für ganz Österreich zu ermöglichen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es gibt ein neues Eurobarometer, und dieses weist leider aus, dass Österreich hinsichtlich der Bewegungsfähigkeit oder dem Bewegungswillen unter dem EU-Durchschnitt liegt. EU-Durchschnitt: 40 Prozent der EU-Bürger treiben mindestens einmal pro Woche Sport; in Österreich: nur 38 Prozent. Länder wie Schweden und Dänemark weisen 72 Prozent oder 64 Prozent auf, also einen wesent­lich höheren Durchschnitt als wir.

Es ist ja kein Geheimnis, die Zahl der übergewichtigen Menschen steigt auch bei uns. Ich sehe das auch als Verteidigungsminister. Wenn man die Ergebnisse der Stellungs­kommissionen analysiert, zeigt sich ein klarer – leider – Gewichtszuwachs.

Wir haben aber versucht, in Österreich mit Initiativen wie „Fit für Österreich“ oder „Kin­der gesund bewegen“ einiges zum Besseren zu wenden. Mittlerweile sind 5 000 Schu-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 34

len und Kindergärten in das Projekt „Kinder gesund bewegen“ integriert. Das ist doch eine sehr ehrgeizige Initiative.

Ich sage aber auch ganz offen dazu: Ohne Kooperation mit dem Gesundheits­ministerium und dem Unterrichtsministerium werden sich unsere Erfolge in Grenzen halten. Wir versuchen, was wir vom Sport her können, allein zu machen, aber wir ver­suchen auch, durch Kooperationen mit dem Gesundheitsministerium und dem Unter­richtsministerium das Bewusstsein dafür zu stärken, dass man sich mehr bewegen muss, damit Erkrankungen, die dann das Gesundheitssystem belasten würden, hintan­gehalten werden.

Es gibt einige gute Initiativen, es würde jetzt die Zeit nicht reichen, diese anzu­sprechen. Wir haben 25 Ziele im sogenannten Nationalen Aktionsplan Bewegung finali­siert und zusammengefasst, und da geht es auch darum, das Fitnessprofil für Jugendliche bis 19 Jahre zu steigern, den Ausbau der betrieblichen Gesundheits­vorsorge zu steigern und das Angebot auch speziell für ältere Menschen zu steigern.

Wir können das nur gemeinsam machen. Wir sind auf einem guten Weg, aber noch nicht am Ziel.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Krist.

 


Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Herr Minister, Sie haben es schon kurz ange­sprochen: Für mich ganz besonders bedauerlich ist, dass bei diesem Perso­nenkreis, der sehr wenig Bewegung macht, sehr, sehr viele Kinder und Jugendliche dabei sind.

Daher noch einmal meine Frage: Was hat das Sportministerium bisher getan bezie­hungsweise welche Initiativen können wir noch erwarten, um da insbesondere im Bereich der Kinder und Jugendlichen initiativ zu werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wie gesagt, als eine der wichtigsten Initiativen sehe ich „Kinder gesund bewegen“. Über 6 000 Schulen und Kindergärten sind mittlerweile in dieses Projekt involviert – im Übrigen auch durch Mithilfe und Kooperation der in der Öffentlichkeit sehr viel gescholtenen Dachverbände ASKÖ, Union und ASVÖ. Unser Ministerium hat 2 Millionen € in diese Initiative gesteckt, und wir versuchen gemeinsam mit den Dachverbänden, das sozusagen flächendeckend in Österreich durchzuziehen.

Darüber hinaus werden wir diese Projekte auch über „Fit für Österreich“ ausweiten, wie immer das dann auch in dem neuen Gesetz ausgeformt sein wird. Ich glaube, dass diese Gelder, die dann direkt auch an die Schulen und Kindergärten gehen, auch dazu beitragen, dass das eine flächendeckende Bewegung werden kann. Und wir können nur mit solchen sozusagen on the ground angesetzten Initiativen erfolgreich sein. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Haubner.

 


Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Guten Morgen, Herr Minister! Wir haben es ja gerade gehört: Die Grundlage für mehr Bewegung wird unbestritten im Kindergarten und in den Schulen gelegt. Es besteht da auch auf politischer Ebene breiter Konsens. Wir haben von der Sportunion hier auch eine entsprechende Petition für mehr Bewe­gung an Österreichs Schulen eingebracht.

Sie haben die Maßnahmen schon ein bisschen erwähnt, aber mir geht es vor allem darum: Wie können wir hier noch zu einer Verstärkung der Kooperation zwischen der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 35

Politik, zwischen dem organisierten Sport und den Schulen kommen, denn ich glaube, da ist der Schlüssel zur Lösung dieses ganzen Bewegungsproblems zu sehen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, wir sind ja gemeinsame Kämpfer in dieser Frage.

Ich würde mir noch mehr Kooperation mit den Schulen wünschen. Wir sind leider noch weit entfernt vom Ziel der täglichen Turnstunde. Das führt aber beispielsweise auch dazu, dass Nationen, die von der Größe her vergleichbar mit uns sind, wie Slowenien oder – die sind sogar kleiner – Kroatien, in Sportarten mehr Erfolg haben, wo wir auch Erfolg haben könnten. Wir müssen diese Kooperation ausbauen.

Es gibt mittlerweile einen ersten Vertrag, einen Rahmenvertrag, mit dem Bundes­ministerium für Unterricht und Kunst, aber man muss auch das Bewusstsein stärken, denn wenn eine Studie zeigt, dass in Österreich nur 10 Prozent regelmäßig Sport betreiben, dann heißt das, auch die Lehrer machen das nur zu 10 Prozent und die Eltern auch nur zu 10 Prozent. Und wenn es dann darum geht, in der Schule beispiels­weise durchzusetzen – ich nenne jetzt keinen Fachbereich, sonst könnte ich jemanden beleidigen –, statt dem Fachbereich X Sport durchzuführen, was ja im freiwilligen Bereich am Nachmittag möglich wäre, ist das sehr schwierig. Und das zeigt ja, dass das Bewusstsein zu gering ist.

Wir müssen das Bewusstsein gemeinsam stärken, und wir können mit den Aktionen mit den Dachverbänden wie „Kinder gesund bewegen“ nur beginnen. Ich lade Sie auch dazu ein und weiß, dass Sie da auch ein Mitstreiter sind, dass wir das gemeinsam tun. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Haubner.

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Bundesminister! Beim Nationalen Aktions­plan Bewegung, also „Fit für Österreich“, scheint es etwas rascher mit der Umsetzung zu gehen als beim angekündigten Sportförderungsgesetz. Sie haben auch gesagt, dass Sie viele Initiativen, viele Kooperationen haben, vor allem Kinder und Jugendliche da besonders im Fokus stehen. Das ist grundsätzlich sehr zu begrüßen, aber eine Gruppe, für die Ihr Ministerium zuständig ist, nämlich die zivilen Ressort­angehörigen mit Mob-Beorderung, wartet schon sehr lange darauf, dass ihr die gleichen Sportmöglichkeiten eingeräumt werden wie den uniformierten Bediensteten.

Daher meine Frage: Wann wird es endlich einen Erlass in diese Richtung seitens Ihres Ministeriums geben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Sie wissen, dass gerade in meinem Ressort, im Verteidi­gungsressort – das sehen andere Ressorts vielleicht etwas kritisch –, die tägliche Sportstunde möglich, ja an und für sich verpflichtend ist.

Ich bin da durchaus bei Ihnen. Wir werden uns das noch einmal genauer ansehen, aber grundsätzlich sind meine Bediensteten im Ressort, in der Zentralstelle – ich sehe das ja auch täglich in der Früh, wenn ich in mein Ressort komme – mit der Möglichkeit ausgestattet, eine Stunde Sport zu betreiben.

Das gilt ja nicht für alle Ressorts, sondern für mein Ressort, ist aber wichtig, weil es darum geht, die Soldatinnen und Soldaten fit zu halten. Es gilt aber auch für die Be­diensteten der Zentralstelle.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 36

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Brosz.

 


Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Bundesminister! Die Notwendigkeit einer verstärkten Nutzung der Infrastruktur an den Schulen ist, glaube ich, unbestritten. Wir haben allerdings ein Problem, und das ist seit Jahren gleichbleibend, und ich ver­misse diesbezüglich ernsthafte Fortschritte.

Die Schulen sind zu dem Zeitpunkt geschlossen, zu dem die Kinder die meisten Möglichkeiten hätten, Sport zu betreiben, nämlich in den Ferien. Das ist nach wie vor unverändert.

Es gibt die Möglichkeit, während des Unterrichts, am Nachmittag Sporthallen zu mieten – da ist einiges passiert, eher auch von Vereinen, extern –, aber ich frage mich nach wie vor, warum die Schulinfrastruktur, Schulbauten, Sportstätten, in den Ferien nicht geöffnet sind.

Ich kenne auch die Begründung dafür. Das Bildungsministerium sagt: Das ist Sport, wir haben kein Geld dafür!, und das Sportministerium sagt: Dafür sind die Schulen zu­ständig! 

Wäre es nicht sinnvoll, endlich Geld in die Hand zu nehmen, von mir aus gemeinsam, auch aus der Bundessportförderung, um diesen Schatz, der da eigentlich daliegt, einmal zu heben und die Möglichkeit zu eröffnen, während der Ferien die Infrastruktur der Schulen ausführlich zu nutzen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, Sie laufen da bei mir offene Türen ein. Sie wissen aber, dass das Sportbudget ein relativ enges Korsett hat, wobei es uns oder mir gelungen ist, von 40 Millionen auf 80 Millionen auszubauen. Das wirkliche Geld liegt ja, wie Sie wissen, in den Ländern. Aber ich bin da für jede Initiative bereit, und es gibt ja auch die Möglichkeit, über das Jahr in den Schulen Sport zu betreiben. Es ist allerdings eine bürokratische Hürde – da gebe ich Ihnen durchaus recht –, das im Sommer machen zu können, es ist etwas schwieriger oder gar nicht möglich.

Aber ich nehme das als Anregung auf und werde auch versuchen, mit dem Unterrichts­ministerium diese Frage neu zu diskutieren. Bei den finanziellen Möglichkeiten meiner­seits sehe ich etwas Probleme, aber grundsätzlich glaube ich, dass das nicht am Geld scheitern sollte.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Winter.

 


Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister, die Frage Ihres Parteikollegen Krist betreffend mehr Bewegung für Österreich lässt ja viel Interpretationsspielraum offen. Mir ist eingefallen, Herr Minister Darabos kann sehr wohl Österreich bewegen, und sei es nur mit seinen außenpolitischen Bemerkungen, die in den Medien Wellen schlagen und nach denen die eigene Partei etwas zurück­rudern muss.

Aber etwas Positives: Heeressportverein – eine hervorragende Einrichtung mit hervor­ragenden Sportlern mit Weltmeisterruhm. Im Gegensatz dazu: Österreich ist das Land der Dicken – Ernährungsbericht von Minister Stöger.

Meine Frage: Gedenken Sie in irgendeiner Weise mit der Unterrichtsministerin Kontakt aufzunehmen, sodass diese hervorragenden Sportler so quasi als Vorbilder im Sinne von „mens sana in corpore sano“ in den Schulen unterkommen und beschäftigt werden?

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 37

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Wir haben ja einige Projekte laufen, wo Sportlerinnen und Sportler, Spitzensportler eingebunden sind. Spitzensportler tragen ja nicht nur Verant­wortung für sich selbst, sondern sie sind in Vorbildfunktionen tätig. Ich habe auch im Team Rot-Weiss-Rot sehr viele Sportlerinnen und Sportler, die jederzeit bereit sind, als Vorbilder zum Beispiel in die Schulen zu gehen. Wir haben auch schon einige Projekte an den Schulen gehabt, wo die Begeisterung enorm ist, wenn ein Weltmeister, ein Olympiasieger oder eine Olympiasiegerin kommt. Das machen wir auch. Das ist über das Team Rot-Weiss-Rot gesichert. Ich war selbst bei einigen Veranstaltun­gen dabei.

Sie wissen aber auch, dass das Bundesheer auch insofern vorbildlich tätig ist, als wir über 300 Spitzensportlerinnen und Spitzensportler finanzieren und es ihnen erst ermöglichen, die Erfolge für Österreich zu erringen.

Also ein klares Ja zu Ihrer Frage. Wir haben diese SportlerInnen und haben das auch schon in dieses System integriert. Es ist ein Erfolgsprojekt, denn wenn, wie gesagt, ein Benni Raich oder eine Marlies Schild in den Schulen ist, dann sorgt das schon für Nachhaltigkeit auch bei der Bewegungsfreudigkeit der Kinder.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 7. Anfrage,157/M, jener des Herrn Abgeordneten Schmuckenschlager. – Bitte.

 


Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzter Herr Bundes­minis­ter! Wir haben ja in Österreich dank einer hervorragenden Struktur in rund 14 000 Vereinen 3,5 Millionen Sporttätige, also eine große Breite im Sport, viele Leistungen, die da erbracht werden. Und der Ehrenamtlichkeit gilt unser besonderer Dank.

Wir haben das auch im Regierungsübereinkommen festgeschrieben, und auch im Weißbuch Sport steht ja dieser Stellenwert der Autonomie des Sports, das ist ja hier sozusagen unangefochten. Wir wollen seitens der ÖVP auch keine Verstaatlichung und keinen Staatssport in Österreich.

Daher frage ich Sie in Bezug auf das Bundes-Sportförderungsgesetz:

157/M

„Wie stellen Sie – unabhängig von Glücksspielgesetz und Bundes-Sportförderungs­gesetz – ergebnisorientierte und nachhaltige Kooperationsmodelle für den österreichi­schen Sport mit dem Schulbereich, im Gesundheitswesen oder mit dem Tourismus sicher?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich bin da mit Ihnen hundertprozentig einer Meinung. Wir wollen keinen Staatssport, aber wir wollen sportliche Förderung haben.

Wir haben das ja in den vorhergegangenen Fragen auch schon kurz diskutieren kön­nen: Es geht darum, dass jene Mittel, die der Bund zur Verfügung stellt, vernetzt werden können mit den Mitteln, die die Länder und die Gemeinden zur Verfügung stellen. Wir können ja nur sozusagen eine Leitfunktion übernehmen bei Bundes­pro­jekten.

Konkret auf Ihre Frage kommend: Es wurde schon kurz angesprochen, wir haben einen Nationalen Aktionsplan Bewegung initiiert. Das ist ein ganz wichtiger Faktor, und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 38

der ist außerhalb unseres eigentlichen Wirkungsbereiches im Gesundheitsbereich. Wir haben eine sogenannte Arbeitsgemeinschaft Integration gegründet, mit der wir spe­zielle Projekte fördern, die sich dieses Themas annehmen: Integration im Sport. Wir arbeiten da auch eng mit dem Integrationsfonds, also auch einer Einrichtung außerhalb unseres Hauses, zusammen.

Wir haben gemeinsam mit der Wirtschaftskammer die Frage der schulischen Winter­sportwochen neu aufgerollt – auch ganz wichtig. Zu meiner Zeit, als ich in die Schule ging, war das selbstverständlich, jetzt ist es nicht mehr selbstverständlich. Wir haben versucht, das wieder zum Leben zu erwecken.

Wir haben die Initiative „100% Sport“ gegründet, die gemeinsam mit dem Frauen­ministerium versucht, Geschlechtergerechtigkeit im Sport zu fördern.

Wir haben die Aktion „Kinder gesund bewegen“, heute schon mehrfach ange­sprochen, ins Leben gerufen. Mit dem Unterrichtsministerium kooperieren wir auch auf Grundlage dieses Projektes.

Und wir haben mit dem Sozialministerium die Initiative „Sport mit Perspektive“ gestartet, wo wir Sportlern auch einen Übergang in das Privatleben, nein, in das Berufsleben – nicht in das Privatleben, in das Berufsleben – ermöglichen wollen.

Ich denke, das sind einige Punkte, die man in der kurzen Zeit halt auch nennen kann, wo die von Ihnen geforderte Kooperation mit dem Schulbereich, dem Gesundheits­wesen und dem Tourismus auch sichergestellt wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Schmucken­schlager.

 


Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Bundesminister, wir wissen, Gesundheit ist unser höchstes Gut, und wir haben einen Kennwert, der uns ganz klar zeigt, dass jeder Euro, der in den Sport geht, sozusagen verdreifacht wird, indem wir das im Gesundheitsbereich einsparen können.

Daher meine Frage: Was unternehmen Sie, damit der Sport in der Gesundheits­prävention eine tragende Rolle erhält, insbesondere im Zusammenwirken mit der sozialen Krankenversicherung?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Wir haben diese Kooperation mit dem Gesundheitsministerium erst vor einigen Monaten gestartet. Es ist wichtig, dass vom Gesundheitsministerium da die Akzente ausgehen. Wir können ja nur die Rahmenbedingungen schaffen und dem Gesundheitsministerium unser Know-how anbieten. Und unser Know-how bewegt sich eben im Bereich dieser Pilotprojekte wie „Kinder gesund bewegen“.

Aber ich möchte schon auch um Verständnis dafür bitten, dass in diesem Bereich natürlich das Gesundheitsministerium stärker gefordert ist als das Sportministerium.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schenk.

 


Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Bundesminister, wie hoch sind jene Mittel, die für Sportvereine zur Verfügung stehen, die sich eben an Maßnahmen zur Schulsportförderung beteiligen?

Sie haben ja schon über die geringen finanziellen Mittel gesprochen. Und ich hätte jetzt gerne explizit gewusst, wie hoch die Mittel für diese Sportvereine sind, die Sie geplant haben.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 39

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: In Ihrer Frage waren jetzt zwei Dinge verquickt: Schulsport und Vereine. (Abg. Schenk: Ja!)

Die Vereine werden ja über die BSO gefördert. Wir schütten da das Geld über die BSO aus. Das ist auch so gewollt, dass die Autonomie des Sports über die BSO zu ge­währleisten ist und dann auch über die Fachverbände sozusagen das Geld an die Vereine ausgeschüttet wird. Die genaue Zahl kann ich Ihnen daher nicht sagen.

Zum Schulsport: Wir haben Maßnahmen gesetzt. Ich habe es schon zweimal ange­sprochen: „Kinder gesund bewegen“. Das waren jetzt 2 Millionen €, die wir pro Jahr ausgeschüttet haben. Aber sonst sind wir für den Schulsport nicht zuständig, sondern das Ministerium für Unterricht und Kunst.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Walser.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Minister, Sie haben vor Kurzem gesagt, Sie würden sich in Sachen Bewegung und Sport mehr Kooperation mit dem Unterrichtsministerium wünschen.

Meine Frage: Wer hindert Sie daran? – Sie haben ja eine Parteikollegin in diesem Ressort, und ich würde meinen, da müsste es auf kurzem Wege möglich sein, sinn­volle Veränderungen vorzunehmen.

Als Schulleiter habe ich beispielsweise mit der Stadt Feldkirch abgemacht, dass die Sportanlagen meiner Schule über den Sommer offen sind, den Kindern zur Verfügung stehen. Das kostet den Bund überhaupt nichts und ist eine sehr einfache Möglichkeit, Kinder zum Sport zu animieren.

Solche Initiativen scheitern nicht an den von Ihnen genannten knappen Budgets, sondern daran, dass politisch einfach zu wenig gemacht wird. Sie haben gemeinsam mit Claudia Schmied vor zwei Jahren Initiativen angekündigt, also woran hapert es?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Es hapert grundsätzlich nicht am politischen Willen, es gibt ja Initiativen. Wir haben Schul-Olympische Spiele wieder ins Leben gerufen. Wir haben einige Initiativen gemeinsam gesetzt. Also es hapert nicht.

Wo ich noch Verbesserungsbedarf sehen würde, das gebe ich zu, ist hinsichtlich der langjährigen Forderung einer verpflichtenden täglichen Turneinheit, und das ist natür­lich eine politische Frage. Da gibt es schon sehr viele Gegner, das sage ich Ihnen ganz offen, auch im Unterrichtsministerium, und zwar weniger politisch, sondern eher bildungspolitisch motiviert.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Jury.

 


Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Guten Tag, Herr Sportminister! Sie haben den Wintersportbereich schon sehr vage angesprochen.

Es gibt ja das Begehren des Tourismus-Ausschusses, eine gemeinsame Schnittstelle einzurichten mit Sportminister, Unterrichtsministerin, Wirtschaftsminister und Sparten­ob­mann Schenner von der Wirtschaftskammer.

Meine konkrete Frage: Wie weit ist diese Schnittstelle, diese Arbeitsgruppe einge­richtet, und wie weit können Sie sicherstellen, dass auch in Zukunft Wintersportwochen und im Speziellen Schisportwochen stattfinden?

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 40

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich möchte einmal grundsätzlich feststellen, dass ich da hundertprozentig Ihrer Meinung bin, dass das eine gute Initiative ist, und ich stehe für mein Ressort zu hundert Prozent dazu.

Wir hoffen, dass wir mögliche Differenzen ausräumen können. Aber ich möchte noch einmal betonen, dass mein Ressort es in die Hand genommen hat, diese Winter­sportwochen wieder durchzuführen. Als ich 16, 17, 18 Jahre alt war, war das selbst­verständlich. Jetzt gibt es bei vielen Familien auch finanzielle Probleme, die es schwie­rig machen, Kinder überhaupt auf Schikurse zu schicken. Ich halte es aber für den Wintersportstandort Österreich, für das Tourismusland Österreich und auch für den Sport – wir sind ja, wie Sie wissen, im Wintersport stärker als im Sommersport – für wichtig, dass man diese Schikurse durchführt. Deswegen auch meine Initiative, das gemeinsam mit der Wirtschaftskammer anzudenken und auch durchzuführen. Also von meiner Seite hundertprozentige Unterstützung.

Wann dieses von Ihnen angesprochene Gremium tatsächlich gemeinsam sozusagen ans Werken geht, liegt nicht allein in meiner Verantwortung. Aber ich bemühe mich darum, dass das, was Sie angesprochen haben, tatsächlich auch so in die Praxis umgesetzt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser.

 


Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Guten Morgen, Herr Minister. Im Gesundheitsressort ist einer der Schwerpunkte auch Kinder- und Jugendgesundheit. Wir wissen, dass das nur funktioniert, wenn nach dem Schlagwort „Health in All Policies“ alle Ressorts zusammenarbeiten. Sie haben die wirklich tolle Initiative „Kinder gesund bewegen“ mehrfach erwähnt.

Herr Minister, können Sie uns da schon eine Zwischenbilanz geben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Ja, ich habe es schon angesprochen. Gute Nachrichten werden ja nicht so gerne transportiert, aber für mich ist das eine Erfolgsstory, weil es gelungen ist, die drei Dachverbände auf ein Ziel zusammenzuschweißen. Die haben tolle Arbeit geleistet. Es sind mittlerweile 5 700 Kindergärten und Volksschulen, die sich an diesem Projekt beteiligen. Das muss man sich einmal vorstellen: 5 700! Und wenn man jetzt die Zahl der Kinder hoch­rechnet, mal zehn, mal zwölf, mal fünfzehn, dann sieht man, wie viele junge Menschen in dieses Projekt integriert worden sind. Das ist eines jener Projekte, wo man sagt, es funktioniert von unten nach oben, nicht von oben nach unten, sondern von unten nach oben. Und ich sehe dieses Projekt auch als Leitprojekt für andere, zukünftige Projekte in diesem Bereich. Also eine hervorragende Zwischenbilanz.

Mein Dank geht auch an die Dachverbände, die die operative Arbeit in diesem Bereich leisten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich bedanke mich sehr herzlich beim Herrn Bundesminister.

Da alle Fragen zum Aufruf gelangt sind und auch beantwortet wurden, erkläre ich die Fragestunde für beendet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 41

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 7 und 8, 9 bis 11, 12 und 13 sowie 16 und 17 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidial­konfe­renz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 126 Minuten, FPÖ 113, Grüne 99 sowie BZÖ 95 Minuten.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung vor, die Redezeit jedes Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Danke, das ist einstimmig angenommen.

10.25.221. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (1803 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein BFA-Einrichtungsgesetz und ein BFA-Verfahrensgesetz erlassen sowie das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizei­gesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürger­schafts­gesetz 1985, das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 und das Einfüh­rungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 geändert werden (1889 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Vilimsky. – Bitte.

 


10.25.59

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Danke, Frau Präsidentin! – Auf der Regie­rungs­bank kann ich niemanden begrüßen. Ich nehme das zur Kenntnis. Ich freue mich, dass auch der eine oder andere Grüne wieder hier ist, und zwar zähle ich exakt drei Personen von den Grünen. Gestern zur Geisterstunde, als wir das Umweltthema debattiert haben, waren auch nur drei von Ihnen anwesend. Aber das ist eine Ge­schichte, die Sie mit Ihren Wählern auszumachen haben.

Warum ich Sie vorab anspreche, hat einen aktuellen Anlass: Es finden nämlich auf der Facebook-Seite Ihrer Vorsitzenden offene Mordaufrufe gegen unseren Obmann statt. Eine Sympathisantin – ich habe den Screenshot hier vor mir – schreibt Bezug neh­mend auf diese roten Badges, die wir gestern getragen haben, um den ESM, den Stabilitätsmechanismus zu verhindern: „Der rote Badge ist das, worauf man zielen muss.“

Meine Damen und Herren! Ich denke, wir sind an einem Punkt angelangt, wo es reicht. Sie spielen sich hier als Obermoralisten im Hohen Haus auf. (Beifall bei der FPÖ.) Ich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 42

erwarte mir, dass Sie in diesem Fall beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Ter­roris­musbekämpfung selbständig Anzeige machen und endlich aufhören zuzusehen, wie sich das Klima immer mehr unter grüner Flagge radikalisiert.

Meine Damen und Herren, wir sind ohnehin beim grünen Leib- und Magenthema Asyl­wesen angelangt. Und nur aktuelle Fälle lassen verstehen, warum dieses Thema auch in der öffentlichen Debatte so kontroversiell behandelt wird. Ich möchte Ihnen daher auch nicht vorenthalten, was sich in den letzten Tagen und Wochen ereignet hat:

„Langfinger muss 20 Monate hinter Gitter

() Zum x-ten Male hatte die Polizei einen 39-Jährigen erwischt, angezeigt und laufen lassen. Als er aber einem Studenten die Nase brach, wanderte er in U-Haft. Nun wurde der Staatenlose zu – nicht rechtskräftig – 20 Monaten unbedingter Haftstrafe verurteilt.“ – Ein Asylwerber.

„Polizei erwischte Langfinger-Duo: 72 Coups geklärt“. – Es handelt sich um einen Georgier und einen Russen, beide im Status von Asylwerbern. – Zwei Tage alt.

„Mit Dolch Polizisten bedroht

‚Ich entscheide hier, wer überlebt!‘“, sagt uns dieser Mann. „Mit einem Dolch bewaffnet, marschierte ein Palästinenser (21) in das Salzburger Polizeikommando“, und so weiter und so fort.

„Der 17-jährige Bruder hatte wenige Tage zuvor mit einem Onkel einen anderen Asylwerber auf offener Straße mit einem Messer attackiert und verletzt auf dem Gehsteig liegen gelassen.“

„So sehen Profi-Räuber aus! Acht Überfälle auf Tankstellen und auch auf Passanten in Linz gehen auf die Kappe von sieben Tschetschenen. () Die Opfer der Asylwerber () werden oft noch Jahre unter den Erlebnissen leiden müssen.“

„Junge Täter hatten es auf Geld, Getränke und Süßes abgesehen.“ – 24 Einbrüche, drei Asylwerber.

„Bande überfiel acht Tankstellen.“ – Es handelt sich um Asylanten und Asylwerber.

„Polizei sprengt Algerier-Bande.“ – Wieder Asylwerber!

Meine Damen und Herren! Ich glaube, niemand wird den Österreichern absprechen, auf eine Tradition zurückblicken zu können, die stets offen war für Menschen, die verfolgt wurden und Schutz benötigt haben. Wir erinnern uns an die Ungarn-Krise. Wir erinnern uns an den Prager Frühling. Wir erinnern uns an den Krieg in Bosnien. Immer waren wir offenen Herzens und haben jene Menschen bei uns aufgenommen, die Schutz benötigt haben. Nur gibt es Punkte, wo man sagen muss: Es reicht!

Das erste Mal war das bei den Bosniern der Fall: Wir haben Schutz geboten und extra noch den Status des Kriegsflüchtlings geschaffen. Und dann, als wieder Ruhe eingekehrt war und diese Menschen in ihre Heimat hätten zurückkehren können, um beim Wiederaufbau mitzuhelfen, haben sich 70 000 entschieden: Wir bleiben lieber da, weil es vielleicht zu mühsam ist, in der Heimat einen Wiederaufbau zu betreiben! Damals hat die Bundesregierung sogar mit Geldanreizen versucht, diese Menschen zur Heimkehr zu bewegen. Es ist aber nicht gelungen.

Heute sind wir mit einer internationalen Betrugsmafia konfrontiert, die immer mehr Menschen unter dem Titel Asylwerber ins Land holt und damit genau die Fälle und Probleme verursacht, die ich vorhin zitiert habe.

Das Bundesministerium für Inneres hat versucht, diese Thematik so aufzurollen, dass man vom Rahmen her Änderungen gemacht hat, dass man Gesetzesmaterien zusam-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 43

mengefasst und versucht hat, eine einheitliche Stelle zu finden, wo die Kompetenzen gebündelt werden. Es wurde aber verabsäumt, im inhaltlich-materiellen Bereich Ver­bes­serungen zu erwirken, Verschärfungen so zu erwirken, dass man den Öster­reichern, den österreichischen Steuerzahlern, den österreichischen Bürgern, die unter der Kriminalität leiden, nicht mehr länger auf der Nase herumtanzen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber anstatt diese Verschärfungen durchzuführen, hat das Innenressort zwei zusätz­liche Aufenthaltstitel geschaffen. Wir haben im Rahmen des Innenausschusses ein Hearing gehabt, bei dem zum Ausdruck gekommen ist, dass die Gesetzesmaterie einen Komplexitätsgrad erreicht hat, dass für den Normadressaten, vor allem für jemanden, der um Asyl ansucht oder hier Bewertungen durchzuführen hat, überhaupt kein Durchblick mehr da ist.

Wir haben einen Vertagungsantrag gestellt, mit dem Ziel, diese Gesetzesmaterie über den Sommer lesbar und verständlich zu machen. Das wurde leider von den Koalitions­fraktionen negiert. Es ist schade, dass dies verabsäumt wurde. Wir haben aktiv unsere Mithilfe angeboten, um diesen Dschungel zu lichten und danach zu trachten, dass hier eine lesbare Gesetzesmaterie geschaffen wird, dass man die Rechtsmaterien berei­nigt, damit uns nicht länger illegale und kriminelle Asylwerber auf der Nase herum­tanzen können. Das wurde nicht gemacht. Stattdessen hat man versucht, organi­satorisch am Äußeren ein bisschen etwas zu machen, nämlich etwas neuen Lack anzubringen und einen neuen Anstrich aufzutragen. Inhaltlich ist nichts weitergegan­gen. Das Ganze ist im Gegenteil noch liberalisiert worden – aus unserer Sicht eine Themaverfehlung. Wir werden hier nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der FPÖ.)

10.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

 


10.32.28

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Geschätz­te Damen und Herren! Kollege Vilimsky, wir haben den Entschließungsantrag im Ausschuss beschlossen, wo klargestellt wurde, dass im Herbst über die Rechtsmaterie im Asyl- und Fremdenrecht natürlich diskutiert wird und verschiedene Novellierungen vorgenommen werden.

Diesmal geht es um das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, wo es an und für sich um strukturelle Veränderungen und nicht um Rechtsmaterien geht. Das muss man schon sehr genau auseinanderhalten. Ich bin aber trotzdem froh, dass diese struk­turelle Veränderung vorgenommen wird und dass es zukünftig ein Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl geben wird. Das ist einerseits eine strukturelle Veränderung, die für die Weiterentwicklung unseres sehr guten Asyl- und Fremdenrechtes sehr wichtig ist. Es ist aber sicherlich auch ein wichtiger Schritt im Bereich der Verwaltungs­reform.

Mit der Errichtung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl werden Kom­peten­zen und Ressourcen gebündelt, Doppelgleisigkeiten und Überschneidungen abgebaut, und es kommt zu sehr wesentlichen Verwaltungsvereinfachungen. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Schritt. Ich habe schon angeführt, dass es an und für sich struk­turelle Veränderungen sind und die Rechtsmaterie nicht betroffen ist. Natürlich gibt es marginale Veränderungen auch bei der Rechtsmaterie. Wenn es Kompetenzver­schie­bungen gibt, ist es natürlich erforderlich, dass auch die Rechtsmaterie in der einen oder anderen Sache davon betroffen ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 44

Es wird also mit 1. Jänner 2014 ein Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl geben, und alle asyl- und fremdenrechtlichen Belange der ersten Instanz werden dort erledigt werden. Es wird statt der jetzt betroffenen 194 für das Fremdenrecht in Österreich zuständigen Behörden zukünftig ein Bundesamt und neun Landesämter geben. Und im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl werden auch alle Asylangelegenheiten behandelt, auch das humane Bleiberecht. (Abg. Ing. Westenthaler: Die fremdenpoli­zeilichen Agenden sind bei der Fremdenpolizei! Das solltest du eigentlich wissen!) – Hör mir zu, ich komme schon noch dazu!

Natürlich muss man unterscheiden, wofür das Bundesamt zuständig ist. Die Kompe­ten­zen sind sehr genau zwischen Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auf der einen Seite und den Landespolizeidirektionen im Sicherheitsbereich auf der anderen Seite aufgeteilt, und für die Niederlassung und die Ausländerbeschäftigung werden weiterhin die Bezirkshauptmannschaften zuständig sein. Diese Kompetenzaufteilung ist gegeben.

Aber es wird sicherlich eines zusammengeführt: Alle Asylangelegenheiten in der ersten Instanz werden im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl behandelt werden.

Das ist so, das kann man drehen und wenden, wie man will. Ich glaube, dass dies ein ganz wichtiger Schritt ist. Durch dieses Bundesamt wird es zukünftig schnellere Verfahren geben. Wenn die Verfahren schneller erledigt werden, dann gibt es schneller Rechtssicherheit für die Betroffenen und alle Hilfesuchenden. Es wird mit Sicherheit die Qualität erhöht werden. Bestens geschulte Beamte werden in diesem sensiblen Bereich tätig sein und die nötige Fachkompetenz und Erfahrung, die sie bereits haben, noch weiter verfestigen.

Wenn es schnellere und effizientere Verfahren gibt, dann, so bin ich mir sicher, wird zukünftig auch eine wesentliche Kosteneinsparung gegeben sein. Das wird nicht sofort stattfinden, aber auf Sicht gesehen können wir uns vorstellen, dass es in diesem Bereich eine vernünftige, ja gewaltige Kosteneinsparung geben wird. Und in Zeiten der Migrationsströme und der knappen Ressourcen wird durch die Einrichtung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl ein ganz wichtiger Impuls beziehungsweise ein richtiger Schritt in die richtige Richtung gesetzt.

Da im Ausschuss immer wieder die Rechtsberatung angesprochen worden ist: Im Asylbereich gibt es keine Veränderungen der Rechtsberatung, im Fremdenrecht ist es an und für sich gebündelt wie auch die Kompetenzen. Auch hier gibt es keine Verän­derungen. Wir haben uns überhaupt nichts vorzuwerfen, weil wir EU-weit mit der Rechts­beratung eine hohe Qualität anbieten. Und wenn wir uns die Kosten ansehen, dann braucht keiner zu sagen, dass es keine umfassende Rechtsberatung für alle Hilfesuchenden gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

10.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Korun gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.38.22

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Haus und vor den Bildschirmen! Wir haben, wie gesagt, ein Experten-, Expertinnen-Hearing zum geplanten Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl durchgeführt. Hier nun ein paar Zitate von den Experten und Expertinnen, die uns dort mit ihrer Expertise unterstützt haben, durchwegs nicht nur von den Experten und Expertinnen der Oppositions­frak­tionen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 45

„Verfahrensvereinfachung sehe ich nicht. Anwendungsfreundlicher werden die Gesetze nicht.“ „Derzeit kann man seriöserweise nicht von Einsparungen und schnelleren Ver­fahren sprechen.“ „Ausländergesetze werden vollends unleserlich mit dieser vorliegen­den Regierungsvorlage und grenzen nur an eine regelrechte Denksportaufgabe.“ – Zitatende.

Das haben mehrere Experten und Expertinnen unabhängig voneinander gesagt und, wie gesagt, nicht nur solche, die von den Oppositionsfraktionen ernannt worden sind.

Das (die Rednerin hält ein Exemplar in die Höhe) ist das derzeitige Handbuch zum Fremdenpolizeigesetz für die Beamten und Beamtinnen, die dieses eine Gesetz voll­ziehen müssen. Es umfasst 280 Seiten.

Das (die Rednerin hält ein weiteres Exemplar in die Höhe) ist das Handbuch zum Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz für Beamtinnen und Beamte, die dieses eine Gesetz vollziehen müssen. Es umfasst stolze 370 Seiten.

Sie können sich die Verzweiflung der Beamtinnen und Beamten vorstellen, die versuchen, mit Hilfe dieser Handbücher diese Gesetze zu vollziehen.

Nun werden sie noch komplizierter. Ein konkretes Beispiel: Dieses Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz wurde im Jahr 2006 geschaffen, heute wird es nun zum zwölften Mal abgeändert. In sechs Jahren zwölf Novellen zum Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das heißt, durchschnittlich alle sechs Monate wird das Gesetz mindestens einmal geändert. Ich kann mich gut an ein Gespräch mit einem Beamten erinnern, der das Vergnügen hat, diese Gesetze zu vollziehen, und der hat mir gesagt: Wissen Sie, das Problem ist, ich kann nicht gleichzeitig in einer Schulung sitzen, um mir die Bestimmungen, die in diesen Gesetzen schon wieder geändert wurden, anzu­eignen, und gleichzeitig an einem Bescheid schreiben.

So viel zur Behauptung der Regierungsfraktionen, es wird besser, es wird schneller, es kommt eine Verfahrensbeschleunigung. Das ist schlicht und ergreifend falsch.

Wir haben das schon im Innenausschuss besprochen, und ich habe es auch dort gesagt – ich wiederhole es ungern, aber ich muss es wiederholen –: Sie befinden sich in genau dem Schlamassel, das Sie sich selbst erschaffen haben mit diesen halb­jähr­lichen Gesetzesänderungen, in dem Irrglauben, wenn man die Gesetze ständig ver­schärft, löst man irgendein Problem.

Wir haben derzeit eine unerträgliche Situation, und zwar für viele Gruppen, für viele Betroffene: eine unerträgliche Situation für die vollziehenden Beamten und Beam­tinnen, die sich ständig in neue Bestimmungen einarbeiten müssen. Kaum haben sie eine Novelle geschafft, kommt schon die nächste. Stichwort: Entschließungsantrag von den Regierungsfraktionen im Ausschuss, in dem angekündigt worden ist, dass uns die nächste Novelle dieser Gesetze im Herbst bevorstehen wird.

Das versuchen Sie auch noch als Verbesserung zu verkaufen!? (Zwischenruf der Abg. Lueger.) – Ich rede jetzt nicht über das Staatsbürgerschaftsgesetz. Dass das mehrere Lücken und Baustellen hat, dass das abgeändert werden muss, darin sind wir uns einig, glaube ich. Allerdings – und wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie das zugeben – umfasst die angekündigte Novelle nicht nur das Staatsbürgerschaftsgesetz, sondern es werden abermals das Fremdenpolizeigesetz, das Niederlassungs- und Aufenthalts-gesetz, vermutlich auch das Asylgesetz geändert werden, schon wieder in vorauseilen­dem Gehorsam Richtung Freiheitliche – Herr Kollege Kößl hat es ja schon ange­sprochen –: Keine Sorge, wir machen es, wir verschärfen weiterhin, die nächste Ver­schärfung kommt schon im Herbst! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kößl: Da braucht man sich ja keine Sorgen machen! Das ist die Realität im Ausschuss!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 46

Wenn Sie so weitermachen, werden Sie dieses Schlamassel, in das Sie sich in den letzten Jahren mit den ständigen Verschärfungen selbst hineinbegeben haben, nur verschlimmern.

Das ist auch eine unerträgliche Situation für die Betroffenen, für die Rechtsunter­worfenen. In diesem Zusammenhang kann man das Wort ruhigen Gewissens verwenden, denn „Rechtsunterworfener“ ist wirklich der richtige Begriff, vor allem für diese Gruppe, die von den ständig verschärften Gesetzen betroffen sind. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kößl: Sie stehen da und fordern ständig Veränderungen!)

Reden Sie einmal mit Ihren Beamtinnen und Beamten! Nicht einmal ein ausgebildeter, fertiger Jurist ist imstande, diese Konvolute – insgesamt über 500 Seiten, die Sie täglich unseren Beamtinnen und Beamten für den Vollzug zumuten – zu durch­schauen, geschweige denn sogenannte Fremde, die die Landessprache nicht können, die kein Jus-Studium hier abgeschlossen haben und die auf Rechtsberatung ange­wiesen sind.

Zu der falschen Behauptung des Kollegen Kößl von vorhin: Es stimmt nicht, dass die Rechtsberatung in fremdenpolizeilichen Verfahren nicht geändert wird. Der Punkt, in dem ich Ihnen recht gebe – das habe ich im Innenausschuss auch gesagt –, ist: Bei der Asylberatung wird nichts geändert. Darin sind wir einer Meinung.

Im fremdenrechtlichen Verfahren haben Sie exakt vor einem Jahr eine Rechtsberatung und die Rechtsvertretungsmöglichkeit eingeführt, und ein Jahr später nehmen Sie das größtenteils wieder zurück und sagen: Nein, im fremdenrechtlichen Verfahren wird jetzt wieder alles anders. Rechtsberatung gibt es nur ab dann und dann und nicht wie bisher.

So viel auch zur Vollziehbarkeit und zur Verfahrensbeschleunigung.

Sie schaffen eine Parallelschubhaft. Bisher war die Festhaltung bis zu 3 Tagen möglich, ab jetzt soll sie bis zu 5 Tagen möglich werden. Nur zum Vergleich: Selbst die Untersuchungshaft – und normalerweise hat man einen begründeten Verdacht gegen jemanden, damit man ihn in Untersuchungshaft nehmen kann – darf nur bis zu 96 Stun­den dauern, dann muss der Betroffene einem Richter vorgeführt werden. Sie ändern auch das und sagen, eine Festnahme bis zu 120 Stunden ist möglich.

Wieso Parallelschubhaft? – Weil es dort keine Rechtsberatung gibt. – So wird es nicht besser werden, sehr geehrte Damen und Herren!

Was wäre die Lösung? – Die Lösung wäre eine Totalreform dieser Gesetze, statt weiter zu pfuschen an diesem Flickwerk und jedes halbe Jahr eine neue Novelle zu machen, in dem Irrglauben, es würde besser werden.

Die Lösung wäre, dass wir nicht 22 unterschiedliche Visa-Arten haben, wo sich nie­mand mehr auskennt – nicht nur die Betroffenen nicht, sondern auch die Vollzugs­beamtinnen und -beamten nicht –, sondern möglichst wenige.

Die Lösung wäre, dass wir anwenderfreundliche Gesetze haben, die die Beamtinnen und Beamten nicht in Verzweiflung oder Zynismus oder Burnout treiben. (Beifall bei den Grünen.)

Die Lösung wäre auch, dass man lesbare Gesetze macht, die die Rechtsunterwor­fenen verstehen können, wenn sie das Gesetz aufschlagen. Das ist derzeit nicht möglich, und solange das nicht möglich gemacht wird, wird es auch weder Effizienz noch Verfahrensbeschleunigung noch einen guten Vollzug geben. Dass man dafür haufenweise Steuergeld ausgibt für die massive Bürokratie, die die Regierungsparteien im Laufe von Jahrzehnten selbst aufgebaut haben, brauche ich nicht extra zu betonen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 47

Unsere Forderung: endlich eine Totalreform der Gesetze im Migrations- und Asyl­bereich, anwenderfreundliche und verständliche Gesetze. Dann werden wir in dem Bereich weiterkommen und dann gibt es hoffentlich auch Verfahrensbeschleuni­gun­gen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


10.47.24

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eingangs versuchen, hier Klarheit herzustellen! (Ruf bei der FPÖ: Es wird beim Versuch bleiben!) – Es wird beim Versuch bleiben, ja, ist schon recht.

Hätten wir keinen Asyl-Teil dabei, würden wir diese Vorlage genauso einstimmig be­schließen wie die Behördenreform und die Landesverwaltungsgerichtsbarkeit. Aber da Bereiche das Asyl betreffend dabei sind, sind wir in dieser besonderen Situation. Kollege Vilimsky sagt, da gibt es keine Verschärfung, daher stimmen sie nicht mit, und Frau Kollegin Korun wäre am liebsten, alle bleiben da. Das kennen wir alles.

Nur der Sachlichkeit halber, Frau Kollegin, und der Ehrlichkeit halber: Schon vor Mona­ten haben wir klargestellt, es gibt ein neues Organisationsgesetz, und die Materien­gesetze werden zu einem späteren Zeitpunkt nachvollzogen! (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.) Das gilt bei der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit, das haben wir bei all diesen großen verwaltungsreformatorischen Gesetzen gemacht. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) – Zuhören, Kollege Westenthaler!

Die Organisation für dieses neue Amt muss nämlich erst auf die Füße gestellt werden. Es gibt weder die notwendigen Büros, noch gibt es die erforderlichen Beamten. Die Akten von 194 Behörden sind zusammenzuführen, auch von den Bezirksverwaltungs­behörden, und das heißt, die Vorlaufzeit für solch eine große Reform bis zum 1. Jänner 2014 wird knapp werden. Daher ist das Organisationsgesetz vorab zu machen, nicht schon gleichzeitig mit den Materiengesetzen.

Das wissen alle, aber natürlich kennen wir alle die Oppositionsrhetorik, das ist mir schon klar, noch dazu, wenn das Wörtchen „Asyl“ dabei ist. Man sollte aber wenigstens so fair sein und sagen, dass wir gemeinsam seit Jahren immer wieder eine Ver­schlankung, schnellere Verfahren, Rechtssicherheit, Schutz und alles, was dazugehört, fordern.

Weil es diese Verzahnung gibt, weil die Landesverwaltungsgerichtsbarkeit, die Behör-denreform und dieses Amt, das wir heute diskutieren, ineinanderspielen, haben wir die größte Verwaltungsreform in der Geschichte der Republik gemacht. – Das schiebt man weg, das interessiert niemanden!

Wir schaffen bei der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit 190 oder noch mehr Sonder-behörden ab. Wir reduzieren bei der Polizeireform oder Verwaltungsreform im Sicher­heits­bereich, wenn ihr wollt, von 31 auf neun Behörden. Durch diese BFA-Gesetze bleibt von 194 Behörden genau eine übrig. Das muss man doch auch alles organi­sieren! Alle wollen eine Verwaltungsreform. Wir müssen Hunderte Gesetze in ver­schiedensten Gesetzesmaterien adaptieren. Deshalb gibt es auch diese Legisvakanz bis 1. Jänner 2014. Es muss doch wenigstens im Ansatz irgendjemand so fair sein und sagen: Das sind die Gründe, warum das so organisiert wird, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir brauchen nicht jetzt im Zusammenhang mit den Organisationsfragen zu disku­tieren, ob Verschärfung oder nicht Verschärfung. Das steht nicht einmal zur Diskus-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 48

sion, denn über die Materiengesetze werden wir erst später diskutieren. Das wird aber eh so wie immer, denn ich weiß schon jetzt, was im Herbst, wenn wir über Asyl diskutieren, auf uns zukommt. (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.) – Es ist so, Frau Kollegin!

So fair sollte man wenigstens sein, dass man auseinanderhält  (Neuerlicher Zwi­schen­ruf der Abg. Mag. Korun.– Frau Kollegin, nicht böse sein, aber Fremdenrecht und Asylrecht sind zwei komplett getrennte Rechtsbereiche, und wir schaffen jetzt eine Behörde dafür. Sagen Sie mir, ohne Verweis auf andere Materiengesetze, wie Sie die Zuständigkeit dieses neuen Amtes regeln wollen! Sonst ist nichts passiert, das aber muss man machen, sonst schafft man die Konzentration auf eine Behörde nicht. Jeder, der sich da wirklich auskennt, weiß, wovon ich spreche und wie wichtig und notwendig das ist.

Meine geschätzten Damen und Herren! Nach diesen umfangreichen Diskussionen, die es seit Monaten und im Zusammenhang mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit seit Jahren gegeben hat, möchte ich allen Fachbeamtinnen und -beamten danken. Das waren keine lustigen Gespräche. (Abg. Ing. Westenthaler lacht.) – Du lachst, aber setz dich einmal hin und arbeite monatelang in einer Fachmaterie, das ist nicht lustig! (Abg. Ing. Westenthaler: Die wollen keinen Dank, die wollen ein g’scheites Gesetz!) Das wird ein g’scheites Gesetz!

Ich möchte schon auch eines dazu sagen: Wir sind als Republik Österreich ein Bun­desstaat, wir können diskutieren, was wir wollen, meine Damen und Herren von der Opposition, aber es ist klar, dass wir als Gesamtstaat auch wissen müssen, wenn es zu einer Regelung kommt, wo Niederlassung und Aufenthalt geregelt sind, wer für Fremden- und Asylrecht zuständig ist, dass wir als Gesamtstaat uns irgendwann auch politisch ernst nehmen und klar sagen müssen: Das sind die Rechtsbereiche, das sind die Zuständigkeiten!

Liebe Frau Kollegin Korun, ich habe es Ihnen schon bei der letzten Besprechung gesagt, eines hätte ich mir nicht erwartet – ohne Namensnennung; ich habe Ihnen sogar gesagt, wer es gesagt hat –: Wenn man sich irgendwohin stellt und kritisiert, Nahegeschichten, Geschichten, die mit der Materie, die wir diskutiert haben, überhaupt nichts zu tun haben, dann frage ich mich: Worüber wird denn eigentlich diskutiert? Denn man muss schon wissen, ob es jetzt ein Hearing, eine Ausschusssitzung oder eine Parteienverhandlung ist, in welchen Bereichen der Behördenstruktur oder der Rechtsmaterie man sich befindet. Ich ersuche im Interesse der Sachlichkeit, dass wir die Diskussion so führen, dass wir das nicht ununterbrochen vermischen und ein Bild zeichnen, das nicht stimmt!

Die Situation ist schon schwierig genug und wird nie einfach werden, wird nie lustig werden, weil hier Eckpositionen aufeinanderprallen. Aber ich glaube, dass wir erstmals in der Geschichte die Chance haben auf ein Amt, das die Fremdenrechtsmaterie und die Asylmaterie gemeinsam beherbergt, das die bisherigen 194 Behörden ablösen kann.

Ich hoffe, dass das Innenministerium in der noch verbleibenden Zeit die Organisation schafft, die Leute aufstellt und ausbildet und für die Infrastruktur für diesen Tross sorgt, bis hin zur EDV, dass die Akten von den Bezirksverwaltungsbehörden auch überspielt werden können in die neue Behörde. Dann, dessen bin ich sicher, werden wir auch eine haarige – ich sage das ganz bewusst –, aber eine interessante Diskussion zur Novelle der Materiengesetze haben.

Mir ist zunächst einmal wichtig, wir haben erstmals in der Republik eine gute Organi-sation zustande gebracht – im Kontext mit der Polizeisicherheitsreform und auch mit der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit. Jeder ausländische Fachmann sagt: Eine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 49

Jahrhundertreform!, und wir diskutieren, weil wir die Rechtsbereiche nicht fair aus­einanderhalten. Denkt darüber nach, es ist wirklich wert, dass wir das gemeinsam machen! – Alles Gute! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Wes-tenthaler. – Bitte.

 


10.55.14

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Lieber Otto Pendl, ich schätze dein Engagement in diesen Bereichen außerordentlich, aber es war jetzt schon zu erkennen bei deinen Ausführungen, wie schwer du dich tust, wie schwer sich aber natürlich auch die Regierung mit diesen Gesetzen, mit diesen Fremdenrechtsmaterien überhaupt tut. (Abg. Pendl: Das ist eine schwierige Materie!)

Wenn ihr euch schwer tut, ist das dann aber in den Auswirkungen ein Problem. Wenn man sich jetzt abmühen muss, minutenlang zu erklären, dass es Organisations­reformen, abgehoben und abgegrenzt von Gesetzesmaterien-Reformen, und Zusam­menführungen gibt, dann hat man schon verloren, denn erstens kennt sich da niemand aus und zweitens versteht es auch niemand. Sie können doch nicht ein neues Amt schaffen, eine neue Organisationsstruktur und erst irgendwann einmal danach diesen Gesetzesdschungel roden und die Gesetze zusammenführen. Das ist ja der Grund dafür, dass die Beamten und die Mitarbeiter im Fremdenrechtswesen so stöhnen darunter, was sich da abspielt.

Weshalb ihr euch so schwer tut, ist auch daran zu sehen, dass der damalige Finanzminister Pröll bereits in seiner Budgetrede im Jahr 2010 dieses neue Amt, dieses BFA, für das Jahr 2011 angekündigt hat – es kam dann nicht – und dass wir heute, zwei Jahre später, jetzt, im Sommer 2012, über eine Behörde diskutieren, die im Jahr 2014 eingerichtet wird. Das ist ein Zeitraum von vier Jahren, Herr Kollege Pendl, und das kann mir niemand erklären, und das ist auch meine Enttäuschung, die ich habe. Ich finde nämlich die Idee gut, wir haben das ja öfter gefordert, ich finde die Idee einer solchen Behörde in Ordnung und gut.

Warum schafft man es aber nicht, in vier Jahren in einem großen Wurf eine ordentliche Verwaltungsreform und die Zusammenführung dieses Wildwuchses an Gesetzen umzusetzen, damit Fremdenrechtswesen in Österreich ordentlich vollzogen werden kann? (Beifall beim BZÖ.) Das passiert derzeit nicht, Herr Kollege Pendl und Frau Ministerin, und das ist das eigentliche Problem, das wir damit haben. Eine gute Idee wird in vier Jahren irgendwie „dahingenudelt“ – sage ich jetzt einmal – mit einem Amt, das auch in der Begutachtung ganz massiv kritisiert wird.

Es stimmt nicht, Kollege Kößl, Kollege Pendl, es wird da gar nichts zusammengeführt. Lesen Sie doch nach, ich habe die Unterlagen da, ich könnte daraus zitieren, aber ich erspare mir das jetzt! Die Kritik des Rechnungshofes macht ganz deutlich, dass es notwendig gewesen wäre, sämtliche fremdenpolizeilichen Kompetenzen in eine Hand zu führen. Das passiert aber nicht. Es wird nach wie vor geteilt. Die eine Behörde muss auf die andere zugreifen.

Es muss – und das ist ein Treppenwitz einer Gesetzgebung – allein für die Auswahl des richtigen Verfahrens auf drei Gesetze geachtet werden, das weißt du ganz genau. Eine Zusammenschau von drei Gesetzen – einer der Hauptkritikpunkte des Rech­nungshofes. Bevor man ein Verfahren anwendet, muss der entsprechende Experte überhaupt einmal überlegen, welches Gesetz die Grundlage dieses Verfahrens ist, denn er hat drei zu durchstöbern. Und das kann eigentlich nicht das Ziel einer solchen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 50

Gesetzesnovelle sein. Das tut mir wirklich leid, weil die Chance bestanden hätte, mit einem großen Wurf etwas in eine Ordnung zu bringen.

Was die Praxis betrifft, so hat Kollege Vilimsky durchaus recht. Ich würde es ein bisschen anders formulieren: In der Praxis haben wir dann die Häufung von folgendem Phänomen – und das gestehe ich zu, so weit gehe ich auch, ich bin da sehr, sehr fair; wir haben das oftmals in Fällen, in denen wir der Meinung waren, dass eigentlich nicht abzuschieben wäre und keine aufenthaltsbeendigende Maßnahmen zu setzen wären, kritisiert –: Oft werden die Falschen abgeschoben, aber gleichzeitig werden die Falschen, die eigentlich nicht mehr hier sein sollten, im Land belassen. Das sind die Auswüchse einer falschen Fremdenrechtspolitik in diesem Land, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Deshalb hat Josef Bucher, hat der BZÖ-Klub schon sehr früh darauf reagiert und in einer Klausur dieses Modell des Ausländer-Checks, das sehr vernünftig ist, formuliert und erarbeitet. In einem Guss kann sehr rasch mittels dieses Punktesystems ent­schieden werden: Wen braucht das Land, wer soll bleiben, wer hat, wenn er sich nicht ordentlich verhält, wenn er kriminell wird oder wie auch immer, das Land zu verlassen?

Das sind ganz klare Richtlinien, die wir geschaffen haben, und die hätten wir halt gerne verwirklicht gesehen. Das ist nicht passiert, und das ist eine Chance, die vertan wurde.

Der vorliegende Entwurf ist keine umfassende Reform, das Gesetzesmonster bleibt bestehen, Frau Ministerin! Sie haben es im Hearing gehört: unleserlich, kompliziert, nicht vollziehbar; das zieht sich durch.

Ich zitiere aus einer Stellungnahme der Bundesarbeitskammer: „Es wird also nicht, wie offenbar angepeilt, der gesamte Bereich des Migrationsrechts einheitlich gestaltet.“

Das schreibt die Bundesarbeitskammer, Herr Kollege Kößl; das nur zur Information.

„Es ist aber kein Grund ersichtlich“, schreibt die Bundesarbeitskammer weiter, „warum nicht tatsächlich zumindest alle Agenden, deren Vollziehung dem Innenministerium obliegen, zusammengefasst werden.“

Das hätte das Innenministerium machen können: alle Agenden zusammenfassen. Sie haben gesagt, das ist so. – Es ist mitnichten so! Wenn Sie es sich anschauen, sehen Sie, dass es leider nicht so ist. (Zwischenruf des Abg. Kößl.) Wir hätten das gerne, dann hätten wir dem BFA wahrscheinlich auch zugestimmt, aber es ist nicht so. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Es ist nach wie vor Chaos, es ist nach wie vor ein Problem (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kößl), und die Auswirkungen sind überforderte Experten, Beamte, die das Gesetz nicht vollziehen können, die das im Hearing gesagt haben, die das in der Begutachtung sagen, und das führt in Wirklichkeit zumindest zu einem Vollzugsdefizit, wenn nicht sogar zu Schlimmerem, nämlich zu längeren Verfahren, die dann auch nicht beendet werden können.

Wir haben jetzt bereits 20 verschiedene Aufenthaltstitel, und da habe ich die Asyltitel noch gar nicht dazugezählt. Die sind noch nicht dabei, da wären es noch viel mehr. Jetzt kommen noch zwei dazu, Titel 21 und 22 – das ist doch absurd! Wer soll denn das noch vollziehen? Warum gelingt es denn nicht – ich bin schon wieder beim Ausländer-Check-Modell des BZÖ –, ein Modell zu schaffen, das Punkte für verschiedene Aufenthaltsmöglichkeiten vorsieht, aber nicht 22 verschiedene Titel. Das ist nicht vollziehbar, das funktioniert nicht. Das haben uns – und auch Ihnen – die Experten im Hearing gesagt. Wir haben das gehört: Längere Verfahren wird es geben.

Ein letzter Punkt noch zu den Kosten: Auch da kritisiert der Rechnungshof ganz mas­siv, dass es zu Mehrkosten kommen wird und dass die Kostenneutralität, die in den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 51

Erläuterungen immer wieder beschrieben wird, einfach nicht nachvollziehbar ist. Der Rechnungshof kann keine Kostenneutralität feststellen, das ist auch verständlich (Abg. Kößl: Die Praxis wird es zeigen!): Man braucht mehr Personal, hat längere Verfahren. Wie soll da Kostenneutralität bestehen?

Die Experten haben gesagt, man kann zumindest zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, wie sich die Kosten entwickeln werden, aber dass es zu einer Einsparung kommt, das ist noch nicht ausgemacht. (Abg. Kößl: Die Praxis wird es zeigen!) Das kann uns die Ministerin nicht versprechen, das können Sie nicht versprechen, und daher ist dieses Gesetz auch von den Kosten her in Wirklichkeit abzulehnen und nicht nachvollziehbar – in Zeiten wie diesen, in denen gespart werden muss.

Zusammenfassend muss ich leider sagen, Frau Ministerin, dass ich mich frage, wenn das ganze Werkl sowieso erst 2014 in Kraft tritt, warum Sie nicht die Größe haben zu sagen – wir haben den Vertagungsantrag gestellt –: Okay, wir haben jetzt eine erste Hearing-Runde gemacht, und ich habe gesehen, da gibt es massiven Ände­rungs­bedarf.

Frau Ministerin, Sie würden von den Innenministern der letzten Jahre wahrscheinlich in die Geschichte eingehen, wenn Sie sagen: Mein Anspruch ist, die Fremdenrechts­gesetze zusammenzuführen, stringent zu vereinheitlichen und alles in ein Bundesamt zu verfügen, damit künftig die Verfahren schneller funktionieren, damit man künftig nicht die Falschen abschiebt, sondern die Richtigen und damit die Fremdenrechts­politik auf geordnete Beine gestellt wird.

Wenn Sie das getan hätten, dann hätten Sie großen Respekt und unsere Unter­stüt­zung. (Beifall beim BZÖ.)

11.03


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner. – Bitte.

 


11.03.11

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Ich freue mich, dass heute ein weiterer Schritt der Verwaltungsreform hier beschlossen werden soll. Wie eine Verwal­tungsreform professionell vorbereitet werden kann, haben wir seitens des Bundes­ministeriums für Inneres in enger Allianz im Rahmen der Koalition bereits unter Beweis gestellt mit unserer Behördenreform, mit der größten Behördenreform der zweiten Republik – Herr Abgeordneter Pendl hat bereits darauf hingewiesen –, mit der es uns gelingt, 31 Behörden zu neun Behörden zusammenzuziehen. Dadurch werden wir im polizeilichen Bereich schneller, rascher, effizienter und noch schlagkräftiger.

Jetzt setzen wir mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den nächsten Schritt im Bereich der Verwaltungsreform. Wir müssen uns die Frage stellen, warum wir dieses Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brauchen. Ich glaube, die Antwort liegt ganz klar auf der Hand, wenn wir uns in Europa und darüber hinaus umsehen: weil eben Europa und im Speziellen natürlich auch Österreich massiv von Migrations­strömen betroffen ist.

Wir brauchen uns nur den Anstieg der Zahl der Asylanträge anzuschauen: Hier haben wir einen Anstieg von 31 Prozent zu verzeichnen! Um diesen Anstieg beziehungsweise diese Migrationsströme bewältigen zu können, brauchen wir eben auch schlanke und effiziente Strukturen. Deshalb ist es unser Ziel, dass wir im Bundesamt für Frem­denwesen und Asyl das zusammenführen, was letztendlich auch zusammen­gehört.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 52

Das heißt, wir wollen mit dem Bundesamt ein Amt, ein schnelles Verfahren mit einer Ansprechstelle schaffen.

Ich glaube, das Wichtigste ist Folgendes: Wer das jetzige System kennt, der weiß, dass gerade durch dieses Bundesamt zig Schnittstellen und vor allem Doppel­gleisigkeiten und Dreifachgleisigkeiten wegfallen. Das heißt, es wird uns gelingen, mit diesem Bundesamt auch tatsächlich ein wahres Kompetenzzentrum zu schaffen, als nachgeordnete Behörde des Bundesministeriums für Inneres, mit einer Zentrale in Wien und mit einer Außenstelle in jedem Bundesland. Wir werden daher in Zukunft einfach schnellere Verfahren haben und vor allem raschere Entscheidungen für die Asylwerber und alle Fremden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, wenn wir garantieren können, dass wir Verfahren schneller machen wer-den, dann haben letztendlich auch die Asylwerber und die Fremden schneller Entscheidungen und rascher Klarheit. Und das ist, glaube ich, die beste Fairness und die beste Gerechtigkeit gegenüber den Asylwerbern und den Fremden.

Heute wurden schon einige Detailbereiche angesprochen, etwa das Thema Rechts­beratung. Ja, uns ist die Rechtsberatung wichtig, ja, uns sind auch die Opfer, vor allem die Opfer des Menschenhandels ganz, ganz wichtig. Und dazu auch ein ganz klares Wort: Im Asylverfahren haben wir im Bereich der Rechtsberatung keinerlei Korrekturen vorgenommen. In den anderen Bereichen haben wir eine kleine Korrektur vorgenom­men, können aber weiterhin sagen, dass wir eine umfassende Rechtsberatung garantieren, eine Rechtsberatung, für die wir auch sehr viel Geld ausgeben, mit der wir den Betroffenen auch zur Hand gehen und volle Unterstützung zusagen wollen.

Wichtig ist das Thema – das wurde im Ausschuss auch immer wieder angesprochen – Opfer von Menschenhandel. Auch da gibt es eine Verbesserung – eine Verbes­serung deswegen, weil wir alles im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl konzen­trieren und dadurch letztendlich eine Verbesserung für die Opfer, für die Betroffenen garantiert wird.

Die vorliegenden Gesetzentwürfe sind gut aufgestellt, und wir haben sie auch wirklich monatelang diskutiert. Jede und jeder von ihnen hatte die Chance und Möglichkeit, sich hier umfassend und intensiv einzubringen. Und wir haben immer wieder betont, dass wir eine Begutachtungsphase wollen und dass wir im Rahmen dieser Begutach­tungsphase vor allem auch die Möglichkeit geben wollen, Kritik anzubringen.

155 Organisationen und Institutionen waren damit befasst, 30 Rückmeldungen sind erfolgt, und wir haben uns mit diesen Rückmeldungen wirklich aufs Intensivste aus­einan­dergesetzt und auch darauf geachtet, dass wir die Korrekturen miteinbauen können.

Mit diesem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führen wir wirklich das zusammen, was zusammengehört. Gerade mit dem Organisationsgesetz werden die Grundzüge – was die Organisation betrifft und da vor allem die Zuständigkeiten – ganz, ganz klar geregelt. Wir haben natürlich auch das Verfahrensgesetz angegangen, haben ein Ver­fah­rensgesetz geschaffen, die verschiedensten Verfahrensgesetze zusammengeführt, vor allem jene, die alle Fremden im gleichen Ausmaß betreffen.

Wir wissen – und das wurde heute bereits angesprochen –, dass Korrekturen, inhalt­liche Korrekturen notwendig sind, was die Materiengesetze betrifft. Und wir haben uns von vornherein vorgenommen, diese inhaltlichen Novellierungen der Materien­gesetze im Herbst vorzunehmen, genauso wie wir uns vorgenommen haben, gerade die An­schlussstücke der Bundesverwaltungsgerichtsbarkeit hier zu bearbeiten und auch vorzubereiten. Das heißt, es liegt noch sehr viel an Arbeit und sehr viel an Diskussion


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 53

vor uns, und Sie alle werden noch ausreichend Gelegenheit haben, sich hier stark­zumachen.

Ich bin sehr froh darüber, dass wir uns im Rahmen der Koalition auch darauf ver­ständigt haben, dass die Arbeit dieses neuen Bundesamtes mit 1. Jänner 2014 erfolgt. Ich kann Ihnen auch ganz klar sagen, warum das so wichtig ist: Wir brauchen da einfach eine Vorlaufphase, um alles zusammenzuführen, um parallel die notwendigen Schritte zu setzen, um eben die notwendigen Raumressourcen bereitstellen zu können und um vor allem auch unsere Expertinnen und Experten umfassend darauf vorzu­bereiten. Wir arbeiten derzeit gemeinsam mit der Sicherheitsakademie ein Schulungs­konzept aus, damit wirklich in voller Kompetenz, mit vollem Elan ab 1. Jänner 2014 gear­beitet werden kann.

Wir werden all diese Schritte der Vorbereitung setzen. Wir werden diese Zeit auch dringend und notwendig brauchen, und ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit 1. Jänner 2014 starten können. Da wird es dann wirklich Realität, dass alle asyl- und fremdenrechtlichen Agenden zusammengeführt werden.

Herr Abgeordneter Westenthaler hat es bereits angesprochen: Ein Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist seit Jahren in Diskussion. Wir haben es aber jetzt innerhalb einiger Monate geschafft, eine Lösung zustande zu bringen. Warum ist uns das gelungen? – Weil wir mit den Ländern intensiv diskutiert haben und eine gemeinsame Lösung gefunden haben, eine Lösung, die sich sehen lassen kann, wo vor allem ganz Europa auf uns schaut und uns das beste Zeugnis attestiert.

Ich darf auch heute hier die Möglichkeit nutzen, mich für alle Stellungnahmen zu bedanken, auch für die kontroversielle, vor allem aber auch fruchtbringende Diskus­sion, wo wir das eine oder andere auch noch abgeändert haben. Ich bedanke mich noch einmal bei allen Expertinnen und Experten, die beim Hearing mit dabei waren. Ich darf mich vor allem auch beim Koalitionspartner, beim Chefverhandler, beim Sicher­heitssprecher Otto Pendl wirklich herzlich bedanken, der sich hier mit sehr vieler sachlicher und fachlicher Kompetenz eingebracht hat, und ich darf mich auch bei Sicherheitssprecher Günther Kößl bedanken. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Last but not least bedanke ich mich vor allem bei den Expertinnen und Experten meines Hauses, die sehr viel Kompetenz haben und wirklich monatelang hart gear­beitet haben. Ein ganz herzliches Danke dem Projektleiter, Herrn Direktor Taucher, der dafür bekannt ist, dass er sowohl sehr viel fachliche Kompetenz, als vor allem auch sehr viel soziale Kompetenz hat.

Sehr geehrter Herr Direktor Taucher, Sie können stolz sein auf Ihr Team, und ich bin fest davon überzeugt, dass wir gerade mit einem guten Schulungsprogramm die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter optimal vorbereiten, dass sie da auch in keinster Weise überfordert sind. Ich weiß, wir haben gute Beamtinnen und Beamte, wir haben bestes Personal im öffentlichen Dienst, und es tut mir leid, dass heute seitens der Frau Nationalratsabgeordneten Korun ihr Licht unter den Scheffel gestellt worden ist. Ich bin stolz auf Sie! – Ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


11.13.12

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem neuen Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl schaffen wir ein Kompetenzzentrum für mehr Sicherheit in Österreich. Kollege Pendl hat mit Herzblut hier heute dargestellt, dass es sich um ein riesiges, umfas-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 54

sendes Projekt handelt, dass viel Arbeit auf uns wartet und dass wir zusammen noch vieles entwickeln müssen.

Wir sollten hier aber nicht nur kritisieren, sondern wir sollten die Zeit, die nächsten 18 Monate dazu nutzen, das Projekt umzusetzen. Es geht darum, Asylströme zu bewältigen und rasche Verfahren zu garantieren. Es geht darum, Ressourcen effizient einzusetzen – personell und finanziell –, und es geht darum, Parallelstrukturen und Schnittstellen abzubauen.

Frau Kollegin Korun! Man kann schon aus Hearings und Meinungen zitieren, Sie haben halt leider nur die negativen zitiert. Ich darf Ihnen andere Zitate bringen: Grundsätzlich wird „die Bündelung von Kompetenzen und Ressourcen“ unterstützt und begrüßt; man sieht „keine Nachteile für die Betroffenen“, oder – ein drittes Beispiel –: Die Zunahme der Dynamik im Migrationsbereich kann durch das BFA flexibel abgedeckt werden.

Ich nehme durchaus auch kritische Stimmen mit, Frau Kollegin Korun, aber ich glaube, es wäre fair und objektiv, wenn Sie das hier gesamtheitlich darstellen würden, denn grundsätzlich haben das im Hearing ja alle begrüßt und gesagt, dass da Handlungs­bedarf besteht; auch Kollege Westenthaler hat das begrüßt. Grundsätzlich, glaube ich, ist das eine riesige Materie, und wir haben noch viel zu tun. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mag. Wurm.)

Ein Dank an die Frau Bundesminister! Ich glaube, es geht jetzt – nach der Rot-Weiß-Rot-Card, mit der wir die Zuwanderung kontrollieren können, und nachdem wir die Zusam­menführung der Sicherheitsbehörden beschlossen und mit der Vorratsdaten­speicherung ein Projekt umgesetzt haben – darum, dass wir mit dem BFA Sicherheits­behörden wieder zusammenführen und konzentrieren und das Ganze durchschaubarer machen. Ich habe mich im Hearing selbst damit beschäftigt und mir gedacht, dass es wirklich komplex ist, dass es nicht einfach ist, hier einen Durchblick zu haben, etwa, wenn man sich die Organigramme anschaut – also das Ganze ist eine riesige Heraus­forderung.

Ich glaube, es geht darum, dass wir Systeme bauen und einrichten, die aktuelle und zukünftige Herausforderungen berücksichtigen, und ich bin ganz bei der Kollegin Korun, wenn es darum geht, hier menschenrechtliche Aspekte und Fairness und Objektivität einziehen zu lassen. Da sind wir alle hier gefordert.

Es gibt eine riesige Erwartungshaltung an dieses Projekt. Es geht darum, dass wir Synergien nutzen, und das wurde von der Frau Bundesminister ja auch dargestellt: Wir müssen in diesem Bereich Synergien nutzen, weil alle Ministerien ja den Auftrag haben, in der Verwaltungsreform aktiv zu werden und ihren Beitrag zu leisen.

Wichtig ist auch, dass wir alle NGOs einbinden, dass diese gehört werden, dass wir sie auch zukünftig mit offenem Ohr beteiligen. Aus meiner Sicht ist der ganze Bereich Migration, Asyl- und Fremdenwesen geprägt von sehr viel Sensibilität, Emotion aber auch menschlichen Schicksalen, und da braucht es Antworten. Ich glaube, diese Antworten können wir mit dieser Zusammenführung zum BFA erreichen.

Mein Dank gilt der Frau Bundesminister und auch dem Kabinett, da sind wirklich Experten am Werk. Es wurden Fachleute eingebunden. Man hat auch intensiv mit den Ländern verhandelt. Wir haben nun einmal föderale Strukturen, und ich glaube, es war trotzdem wichtig, die Landeshauptleute einzubinden.

Ich denke, wir haben jetzt ein Projekt vorlegen können, das der Aufgabe gerecht wird und für mehr Gerechtigkeit, mehr Tempo, mehr Fairness sorgt. In diesem Sinne: Nutzen wir die nächsten 18 Monate für mehr Sicherheit in Österreich und bringen wir


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 55

uns konstruktiv ein! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Mag. Wurm und Mag. Josef Auer.)

11.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. –Bitte.

 


11.17.17

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Eine Reform im Bereich des Asyl- und Fremdenwesens ist immer notwendig. Herr Kollege Kößl hat ja gemeint, wir haben ein sehr gutes Asyl- und Fremdenrecht. – Da frage ich mich, warum wir heute diesen Entschließungsantrag, der ja auch von Ihnen eingebracht wird, brauchen. Denn: Wenn es schon sehr gut wäre, wo würde dann die Verbesserung ansetzen? Das heißt: Es ist nicht sehr gut, es fehlt noch sehr viel – und dazu bringe ich Ihnen ein paar Beispiele. (Abg. Kößl: ... vergleiche unser Asyl- und Fremdenrecht mit anderen in Europa!)

Der einzige Punkt, bei dem ich der Vorrednerin Korun recht geben kann und muss, betrifft die Unübersichtlichkeit, die in der Gesetzesmaterie drinnen ist. Eine jeweils halbjährliche Veränderung hilft nicht wirklich, sie hilft vielleicht denen, die Gesetzeswerke herausgeben, Loseblattsammlungen, die man jedes halbe Jahr drucken muss, aber ansonsten sehe ich da überhaupt keinen Nutzen darin.

Wie zäumt man das Pferd richtig auf? – Die Frau Bundesministerin hat ja selbst gesagt, die Fälle des Missbrauchs im Bereich des Asylwesens seien tatsächlich bekannt. Aber was macht man? – Das Vordringliche: Man zimmert einmal das Gebäude, in dem man mit dem Missbrauch irgendwann einmal umgeht. Was geschieht in der Zwischenzeit? – Die Asylwerberzahl steigt dramatisch: von 2010 auf 2011 um 30 Prozent (Zwischenruf des Abg. Kößl), von 2011 im Vergleichszeitraum 2012 ebenfalls noch einmal um 30 Prozent – also 60 Prozent in zwei Jahren. Und was heißt das? – Das heißt (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Korun und Mag. Wurm), dass unsere Grenzen nicht dicht sind, Frau Bundesministerin! Das ist nämlich das Problem! (Beifall bei der FPÖ.)

Was haben wir denn von dieser Segnung des Schengen-Raumes, davon, dass alle unsere Außengrenzen so toll geschlossen und zu sind? Wenn es so wäre, dann würde ja eigentlich eine Einreise nur mehr über die Flughäfen in Schwechat oder Linz oder sonstwo erfolgen. Und eine Einreise in einem Flugzeug – mit Schlepperorganisationen, ohne entsprechende Dokumente – über einen internationalen Flughafen, das geht ja nicht.

Was passiert da also an unseren Schengen-Außengrenzen?

Wenn einmal dieses Problem angegangen würde, sodass Österreich nicht als Traumland Nummer eins im Asylwesen behandelt würde, als die primäre Destination von außen – nämlich nicht für Asylwerber, die berechtigt sind, sondern für die große und überwiegende Zahl derer, die den Titel Asyl missbrauchen –, wenn wir einmal so weit wären, dann bräuchten wir uns über gesamte Verwaltungsreformen nämlich überhaupt nicht den Kopf zu zerbrechen. So etwas nennt man „das Problem an der Wurzel angehen“, und daran fehlt es nach wie vor. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kößl: Ein Träumer!)

Nun zum Hearing der Experten. – Zum Einwand der ÖVP, wir von der FPÖ würden träumen, sei angemerkt: Wir hätten die Lösungen! Und weil da Fairness und Konstruk­tivität angesprochen wurden, freuen wir uns schon darauf, wie wir eingeladen werden, das zu verändern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 56

Ich darf in diesem Zusammenhang auch gleich einen Antrag einbringen, in dem wir bereits ein paar Eckpunkte anbringen, damit Sie diese bis Herbst 2012 auch in Ihre Erwägungen miteinbeziehen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosenkranz, Vilimsky und weiterer Abgeordneter

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, im Zuge der für Herbst 2012 geplanten Novelle der fremdenrechtlichen Materiengesetze eine Aufweichung des österreichischen Asyl- und Fremdenwesens hintanzuhalten und dafür Schwerpunkte wie zum Beispiel in der Verfahrenskürzung, in der Missbrauchsbekämpfung, Maß­nahmen gegen straffällige Asylwerber, dem Ausschluss von privaten Organisationen an der Mitwirkung am Asyl- und Fremdenwesen, der verpflichtenden radiologischen Untersuchung bei behaupteter, jedoch zweifelhafter Minderjährigkeit und der verpflichtenden DNA-Analyse bei einem behaupteten Verwandtschaftsverhältnis setzt.“

*****

Darum geht es! Wenn man da nicht rechtzeitig ansetzt – und Kollege Vilimsky hat ja an sich die Zahlen der Kriminalität schon vorgebracht –, was hilft es uns dann, wenn wir bei zweifelhafter Minderjährigkeit das dann weiterschleppen, sodass wir dann auf einmal bei einem Jugendgericht landen, mit anderen Strafdrohungen? Was hilft es uns, wenn wir das alles von vornherein zulassen, dass das eben milder behandelt wird?

Wenn sich die Regierungsparteien – und das ist ein deutliches Zeichen – jetzt damit bescheiden, eine reine Organisationsreform zu machen, obwohl gewusst wird, dass nach wie vor der Missbrauch entsteht, dann glaube ich vielmehr, dass man damit überfordert ist. Nehmen Sie uns bei diesen Dingen konstruktiv mit ins Boot! Es wird zum Wohl Österreichs sein. (Beifall bei der FPÖ.)

11.21


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag wird mit verhan­delt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Rosenkranz, Vilimsky und weiterer Abgeordneter betreffend unbedingt notwendige Verschärfungen in der für Herbst 2012 geplanten Novelle der fremdenrechtlichen Materiengesetze

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1, Bericht des Aus­schusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1803 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem ein BFA-Einrichtungsgesetz und ein BFA-Verfahrensgesetz erlas­sen sowie das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Grundversorgungs­gesetz – Bund 2005 und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrens­ge­setzen 2008 geändert werden (1889 d.B.) in der 166. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 5. Juli 2012.

Im Innenausschuss am 3. Juli 2012 wurde das Bundesgesetz, mit dem ein BFA-Einrichtungsgesetz und ein BFA-Verfahrensgesetz erlassen sowie das Asylgesetz


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 57

2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 geändert werden (Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG) durch SPÖ und ÖVP beschlos­sen.

In diesem Ausschuss wurde auch mit den Stimmen der Regierungsparteien ein Entschließungsantrag betreffend die Novellierung der fremdenrechtlichen Materien-gesetze beschlossen.

„Mit der Novelle zur Schaffung des neuen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die gesetzlichen Grundlagen für die Einrichtung dieses Bundesamtes normiert. Dabei werden nur jene Bestimmungen geändert, die für Einrichtung zwingend not­wendig sind.

Darüber hinaus ergibt sich – zum Teil europarechtlich bedingter – ein über den verwal­tungsreformatorischen Aspekt hinausgehender  Änderungsbedarf. ()“, so aus der Begründung.

Die Bundesministerin für Inneres wurde so ersucht bis Herbst 2012 eine Novelle der fremdenrechtlichen Materiengesetze vorzulegen.

Diese Novelle scheint vor dem Hintergrund der steigenden Asylzahlen, im Jahr 2011 wurden 14.416 Asylanträge – um über 30 % mehr als 2010 – gestellt, bis Mai 2012 waren es schon um fast 30 % mehr Asylanträge als im gleichen Zeitraum 2011, und der zunehmenden Anzahl an illegalen Migranten mehr als notwendig und muss signifikante Verschärfungen gegen den Missbrauch beinhalten.

Dieser Zustrom an Fremden bedeutet eine immense Belastung der Steuerzahler, die die Kosten tragen müssen.

Es ist eine hoheitliche Aufgabe des Staates, rasche Asylverfahren zu gewährleisten und missbräuchlichen Wildwuchs abzustellen. Das Innenministerium muss dafür Sorge tragen, dass die Verfahren im Sinne aller Beteiligten rechtskonform und zügig durch­geführt werden. Die Österreicher haben schon lange kein Verständnis mehr dafür, die Kosten für Asylverfahren tragen zu müssen, welche in Wahrheit verdeckte Zuwan­derungsverfahren sind.

Diese Chance ergreifend und da die Klubs von der Bundesministerin für Inneres zur Mitarbeit eingeladen wurden stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, im Zuge der für Herbst 2012 geplanten Novelle der fremdenrechtlichen Materiengesetze eine Aufweichung des österreichischen Asyl- und Fremdenwesens hintanzuhalten und dafür Schwerpunkte wie zum Beispiel in der Verfahrensverkürzung, in der Missbrauchsbekämpfung, Maß­nahmen gegen straffällige Asylwerber, dem Ausschluss von privaten Organisationen an der Mitwirkung am Asyl- und Fremdenwesen, der verpflichtenden radiologischen Untersuchung bei behaupteter, jedoch zweifelhafter Minderjährigkeit und der ver­pflichtenden DNA-Analyse bei einem behaupteten Verwandtschaftsverhältnis setzt.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 58

11.22.06

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Vorredner, Kollege Rosenkranz, und auch Sie, Frau Ministerin, haben schon darauf hingewiesen, dass die Asylzahlen, dass die Zahl der Ansuchen um Asyl in Österreich wieder steigt. – Das stimmt. Aber es sucht sich ja kein Mensch aus, wo er lebt (Abg. Ing. Westenthaler: Na geh, hör auf! – Das ist alles geregelt!), und die Kriegsherde in den verschiedenen Gegenden der Welt sind natürlich unterschiedlich. Und wenn wir uns die Situation in Libyen, in Syrien (Abg. Dr. Rosenkranz: Wir haben keine Außengrenze mit Syrien! Welche Schengen-Grenze haben wir zu Syrien?) anschauen, dann ist es ja verständlich, dass die Menschen dort nicht bleiben können, sondern dass da Asyl gewährt werden muss. Auch das ist eine wichtige Maßnahme. Das kann man sich nicht anschaffen, sondern wir sind selbstverständlich im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention aufgerufen, zu helfen. – Das ist das eine.

Zur Frage des gemeinsamen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist zu sagen, dass dieses Amt als ein Amt von allen Parlamentsparteien mehr oder weniger ge­wünscht wurde. Dass es jetzt noch Anfangsschwierigkeiten gibt, ist klar. Und es ist eine komplizierte Materie, selbstverständlich ist es eine komplizierte Materie. (Abg. Dr. Rosenkranz: Muss das so bleiben? Kompliziertheit ist doch kein Gewohn­heitsrecht!) Als ich an der Innsbrucker Universität Jus studiert habe, da haben wir auch schon diese verschiedenen Materiengesetze diskutiert. Über ein halbes Jahr lang ist das in einem Proseminar so gegangen, weil es in diesen Gesetzen um Menschen geht, und da muss besondere Vorsicht walten. Es geht um Schicksale, es geht um Menschen, und daher muss man die entsprechende Vorsicht walten lassen.

Ich kann mich noch erinnern, Herr Dr. Rosenkranz, wie schwierig die Gesetzes­werdung beim Asylgerichtshof-Gesetz war. Wir haben damals, im Jahr 2005, als SPÖ zugestimmt, unter der Bedingung, unter der Nebenvereinbarung, dass der Asylge­richts­hof eingerichtet wird. Es hat auch vier oder dreieinhalb Jahre gedauert, bis es dann so weit gekommen ist, dass 2008 der Asylgerichtshof eingerichtet wurde. Und jetzt haben wir diese Fälle, die sich angestaut haben, mehr oder weniger abgearbeitet. Wer schnell hilft, hilft doppelt – auch das wurde hier gesagt. Es soll zu schnelleren Entscheidungen kommen. Auch das ist ein Plan dieses Bundesamtes für Fremden­wesen und Asyl, das ist ein wichtiger Punkt, den wir damit regeln wollen.

Die Frau Ministerin ist auch darauf eingegangen, Herr Dr. Rosenkranz, dass es um Opferschutz geht, und auch um den besonderen Bereich des Menschenhandels. Dazu haben wir einen Entschließungsantrag eingebracht, um diesen Paragraphen, den § 57 „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“, noch einmal auszuformen, damit jene, die Opfer sind, nicht noch einmal zu Opfern gemacht werden, sondern im Gegenteil, dass jene, die Opfer sind, wirklich geschützt werden, dass es dann vielleicht eine Lösung in den Materiengesetzen gibt, dass all jene, die wirklich Opfer sind, nicht unbedingt darauf abgestellt sind, dass es ein Strafverfahren oder ein zivilrechtliches Verfahren geben muss, sondern dass unabhängig davon jemand einen Aufenthaltstitel in Bezug auf besonderen Schutz gewährt bekommt.

Da ist noch einiges zu tun. Ich bin sicher, wir kommen da weiter. Es soll ja auch ein Bericht gelegt werden, und wir werden heute beschließen, dort, wo es Lücken gibt, wenn es um Opferschutz geht, diese zu schließen, und dass die Täter dann wirklich bestraft werden können – auch eine wichtige Maßnahme dazu.

Ich bin überzeugt davon, sehr geehrte Damen und Herren, auch jene vor den TV-Geräten, dass mit dieser Maßnahme ein erster Schritt gesetzt wird, um die Frem­denrechtsverfahren hier in Österreich längerfristig kürzer werden zu lassen und auch zu sehr guten Entscheidungen zu kommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 59

Zum Abschluss noch, sehr geehrte Damen und Herren: Wir haben uns im Euro­pä­ischen Gerichtshof für Menschenrechte des Öfteren als Delegation umgeschaut, und bei all den Schwächen, die unsere Gesetze noch haben, ist eines zu sagen, und das ist, dass wir im internationalen, im europäischen Vergleich gut dastehen – so auch die MenschenrechtlerInnen Österreichs. (Beifall bei der SPÖ.)

11.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


11.26.59

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Es ist schon richtig, der Kollege Westenthaler hat es ange­sprochen, es ist notwendig, dass dieses Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein­ge­richtet wird. Seit 2010 angekündigt, bis heute hat sich nicht viel getan. Jetzt endlich ein Schritt, nur: Dieser Schritt ist wieder halbherzig! Und zwar möchte ich da auf dieses Expertenhearing zurückkommen.

Beim Expertenhearing letzte Woche hat Herr Mag. Latzenhofer ganz klar ausgedrückt, dass es zwar gut ist, dass in diesem Bereich etwas passiert, dass es in die richtige Richtung geht, auch eine Verwaltungsreform mit angedacht ist, aber er sagte auch, wir seien nur auf dem halben Weg und es sei für ihn nicht ersichtlich oder einsehbar, warum, nachdem bereits wieder eine Novellierung angekündigt worden ist, diese Umsetzung jetzt auf halbem Weg durchgedrückt werden muss, und er halte es nicht für zielführend, dass das gemacht wird, bevor das Bundesamt für Asylwesen und Fremdenrecht installiert ist. Und es ist ja bekanntlich erst 2014 so weit. Er sieht es also als falsch an, dass dieses Gesetz jetzt schon beschlossen wird.

Ein weiterer Experte, Herr Mag. Bürstmayr, hat in diesem Fall von einem komplizierten, kaum lesbaren Gesetz gesprochen, er hat sogar noch etwas ausgeholt in diesem Bereich und hat klar zum Ausdruck gebracht, dass sich in Österreich bei diesem Fremdenrecht mittlerweile nur mehr wenige Fachleute auskennen. Und das ist natür­lich schon bedenklich, denn: Wenn wir nur wenige Fachleute österreichweit haben, die dieses Gesetz umlegen können, dann stimmt doch etwas nicht und dann sollte man doch die Zeit nützen, das Ganze noch einmal zu überarbeiten und zu verein­fachen.

Ich möchte Ihnen das auch anhand eines Beispiels aus der Praxis darlegen: Zu mir sind Exekutivbeamte gekommen und haben gesagt, sie verstünden die Welt nicht mehr, denn sie greifen jemanden auf, der unrechtmäßig im österreichischen Bun­desgebiet ist, sie haben dann bei der Bezirkshauptmannschaft angefragt, was sie tun sollen, und Fakt war dann, dass sich der Beamte dort nicht ausgekannt hat und gesagt hat: Sagt ihm, er soll ausreisen, und setzt ihn auf freien Fuß! – Na, das wird er machen, wenn er hier in Österreich, aus welchem Grund auch immer, herumspaziert, illegal im Land ist.

Daran sehen wir einmal, wie reformbedürftig dieses Fremdenwesen überhaupt ist. Und ich glaube, da könnten Sie einmal anpacken, Frau Minister. Da ist dringend etwas zu tun, da ist Not am Manne, und da wäre die Zeit richtig investiert. Und dann frage ich mich auch noch Folgendes: Wir hatten da ein großes Expertenhearing mit vielen Experten, die von den verschiedenen Parteien genannt worden sind und dann ihre Mei­nung abgegeben haben, und der große Tenor war: Dieses Gesetz kann so nicht beschlossen werden! Und was tun wir? – Eine Woche später haben wir einen Innen­ausschuss, da wird vom Kollegen Westenthaler der Antrag eingebracht – ich habe mich eh schon gewundert, dass der Herr Vilimsky beim BZÖ ist, denn es war Kollege Westenthaler, der den Antrag eingebracht hat –, das Gesetz zu vertagen, um es neu zu überarbeiten. – Der Herr Vilimsky ist jetzt nicht da. Ich weiß nicht, wo er ist, vielleicht schreibt er sich gerade beim BZÖ ein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 60

Aber die Sache ist die, dass das Expertenhearing eigentlich klar zum Ausdruck ge­bracht hat, dass dieses Gesetz zu früh beschlossen wird, dass es überarbeitet gehört. Und es wäre ja noch genug Zeit. Aber was tun Sie? – Sie bringen es auf halber Strecke, auf halbem Weg in den Nationalrat ein und boxen es hier durch, in dem Wissen, dass es bereits in Kürze wieder novelliert werden muss. – Ich glaube, das ist der falsche Weg, ein Gesetz zu machen, Frau Minister!

Die Mehrkosten sind auch noch angesprochen worden. Für dieses Amt werden hun­dert Beamte zusätzlich eingestellt. Es war doch die Rede von Verwaltungsverein­fachung, Verwaltungseinsparung! Ich habe beim Expertenhearing den Experten der Kärntner Landesregierung gefragt, wie das dann ausschaut, ob im Land Kärnten, da die Kompetenzen ja großteils an den Bund übergehen, das Personal eingespart wird. Da hat er sofort verneint und gesagt: Nein, nein, die brauchen wir, denn wir haben ja sonst noch so viel Arbeit! – Also Einsparungen erfolgen hier null. Es ist ein klares Votum dafür, dass hier Mehrkosten verursacht werden. Es ist also nicht kostenneutral. Sie haben es uns im Ausschuss noch als kostenneutral zu verkaufen versucht. Ich weiß nicht, wo das kostenneutral ist. Hier sind klare Mehrkosten ausgewiesen. – Also auch hier kein Schritt in die richtige Richtung!

Vielleicht noch – da das vom Kollegen Rosenkranz angesprochen worden ist – einige Anmerkungen zum Thema „Asylmissbrauch“. Meine Damen und Herren, ich habe es in einer Sitzung des Innenausschusses vor einigen Monaten schon einmal ange­sprochen: Asylmissbrauch heißt für mich, wenn hier Asylwerber aus Gründen der politi­schen Verfolgung um Asyl ansuchen und dann, wenn es ihnen hier irgendwie nicht ganz passt, in die Heimat auf Urlaub fahren.

Meine Damen und Herren, wenn ich politisch verfolgt werde, fahre ich nicht in die Heimat zurück auf Urlaub, denn da kann ich mich nicht erholen, sondern da werde ich wahrscheinlich festgenommen, gefoltert oder was auch immer.

Das ist ein klarer Asylmissbrauch!

Sie haben mir erklärt, Frau Minister, dass Ihnen solche Fälle bekannt sind, dass Sie das wissen und dass Sie das abstellen werden und schauen werden, dass sich da etwas tut. Also tun Sie da etwas! Ich möchte nicht nur Worte hören, sondern ich möchte auch Taten sehen, meine Damen und Herren. Frau Minister, ich glaube, das wäre der richtige Weg!

Kollege Westenthaler hat ja bereits angekündigt, dass wir diesem Gesetz, weil es eigentlich erst auf halbem Wege ist, leider nicht zustimmen können, obwohl wir es grundsätzlich für sinnvoll halten würden. (Beifall beim BZÖ.)

11.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

 


11.32.45

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Abgeordnetenkollegen und -kolleginnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Asyl- und Fremdenrecht ist eine komplexe und viel­schichtige Materie. Sehr oft sind von dieser Rechtsthematik Menschen in extremen Ausnahmesituationen, wie sie Kriegsereignisse oder Flucht aus Krisengebieten dar­stellen, betroffen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Österreich hat in der Vergangenheit stets unter Beweis gestellt, dass in berechtigten Situationen Asyl und Hilfe gewährt werden. Ich erinnere zum Beispiel an die Zigtausenden Sudetendeutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Flucht vor den kommunistischen Regimen in Österreich eine neue Heimat gefunden haben. Auch meine Vorfahren erhielten auf diesem Weg in Öster-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 61

reich die Chance, sich eine neue Existenz aufzubauen, wofür ich wirklich sehr dankbar bin.

Ich erinnere aber auch an die Ungarnkrise 1956 sowie an die Ereignisse in Ex-Jugoslawien. Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch da hat Österreich Hilfe und Unterstützung gegeben, wiederum Schutz vor kommunistischen Systemen.

Zwischenzeitlich haben sich die Herkunftsländer von Asylsuchenden massiv verlagert. Ich erinnere daran: 1 583 Asylanträge im Mai dieses Jahres stammen aus Afghanistan, 965 aus der Russischen Föderation.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir dürfen aber auch nicht übersehen, dass sich in den letzten Jahren international agierende kriminelle Strukturen entwickelt haben, die mit Schlepperei, falschen Versprechen und Menschenhandel Milliardenbeträge verdie­nen. Um rechtskonforme Entscheidungen zwischen berechtigtem Asyl und illegaler Einwanderung zu treffen, bedarf es eines hohen Maßes an Fingerspitzengefühl. Ich darf mich an dieser Stelle bei unseren Beamten, die dieses Fingerspitzengefühl aufbringen, im hohen Maße bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Um den Herausforderungen im Bereich des Asyls und der illegalen Immigration ge­wachsen zu sein, werden die Kompetenzen im Bereich Asyl und Fremdenwesen durch die Schaffung einer einzigen Behörde gebündelt. Das neue Bundesamt für Fremden­wesen und Asyl wird vom Verfahrensbeginn bis hin zur positiven Entscheidung oder zu einer möglichen Abschiebung zuständig sein. Dadurch werden Doppelgleisigkeiten verhindert und Synergieeffekte besser genutzt.

Das Gesetzespaket sieht zwei neue Gesetze, das BFA-Einrichtungsgesetz und das BFA-Verfahrensgesetz, vor. Weiters wird es Änderungen im Asylgesetz, im Fremden­polizeigesetz und im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geben. Obwohl Schnitt­stellen wegfallen werden und Kompetenzen verändert werden, werden sich für Asyl­suchende im Wesentlichen keine besonderen Veränderungen ergeben. Das BFA wird im Innenministerium als unmittelbar nachgeordnete Behörde eingerichtet, und es wird nicht nur die Aufgaben des Bundesasylamtes übernehmen, sondern auch für die Anordnung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wie Abschiebung, für die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde und die Ausstellung eines Aufent­haltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zuständig sein.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn aus 194 Behörden ein Amt wird, dann ist das ein markanter Schritt zur Verwaltungsreform. Und, sehr geehrter Herr Kollege Hagen, es ist für den Steuerzahler nicht bedeutsam, ob aus Steuermitteln über Landesebene oder über Bundesebene Beamte bezahlt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mir sind klare Worte eines Otto Pendl oder eines Günter Kößl allemal lieber als chaotisches prophylaktisches Fürchten von der Frau Kollegin Korun. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Koalition geht in Bezug auf Asyl- und Fremdenrecht einen klaren und gemein­samen Weg. (Beifall bei der ÖVP.)

11.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

 


11.37.00

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätz­te Kolleginnen und Kollegen! Kollege Pendl, wenn Sie hier die Notwendigkeit einer Behördenstrukturreform, einer Gesamtänderung, ansprechen, dann bedeutet das aber nicht, dass man deshalb nicht inhaltlich auch einige Verbesserungen unterbringen kann. Und genau das ist das große Problem, das wir mit dieser Regierungsvorlage


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 62

haben: Der Ansatz dieses Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist ein grund­sätzlich guter und entspricht auch einer langjährigen Forderung der Freiheitlichen in diesem Haus, aber die Umsetzung, nämlich so wie sie hier auf dem Tisch liegt, ist mangelhaft und unvollständig.

Denn: Die Kernpunkte, um die es hier eigentlich geht und um die es auch in der Praxis immer wieder geht, nämlich dass Asylverfahren beschleunigt werden, dass es in diesem Bereich zu schnelleren Verfahren kommt, dass es effiziente Maßnahmen gegen Asylmissbrauch gibt, die finden wir hier nicht. (Abg. Pendl: Glaubst du das, was du da erzählst?) – Kollege Pendl, passen Sie gut auf, dann lernen Sie vielleicht ein bisschen etwas! (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ sowie ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeordneten der SPÖ.)

Genauso haben wir hier eine Fortschreibung bestehender viel zu komplexer, viel zu komplizierter Rechtsnormen aus den unterschiedlichen Materienbereichen. Da hätten wir uns auch vorgestellt, dass man das wesentlich vereinfachen könnte, nicht nur für die sogenannten Normunterworfenen, wie das heute schon erwähnt worden ist, son­dern auch für unsere Beamten, die ja diese Gesetze vollziehen müssen. Ich denke, hier haben wir einmal mehr eine große Chance vertan, nämlich ein anwender­freund­liches und übersichtliches Gesetz zu schaffen sowohl für die Betroffenen, für die Fremden, die damit befasst werden, aber auch für unsere Beamten und Verwaltungs­bediensteten, die ja diese Bestimmungen umsetzen müssen und die dabei in einem Dschungel von Verwaltungsbestimmungen mit übergreifenden Materienkompetenzen oft zwangsläufig den Überblick verlieren.

Daher denke ich, dass wir diesem Gesetz nicht zustimmen können, und möchte zum Abschluss auch noch auf eine besondere Bestimmung verweisen, nämlich auf den § 14 des BFA-Verfahrensgesetzes, der unter „Grundsätze bei der Vollziehung“ vorsieht oder in dem festgeschrieben ist, dass das Bundesamt sowie die Sicherheitsbehörden und deren Organe die Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention besonders zu beachten haben.

Ich meine, diese Bestimmung ist überflüssig, weil es aus dem Selbstverständnis der Beamten und Verwaltungsbediensteten heraus ohnedies klar ist, dass man den beson­deren Bestimmungen der Menschenrechtskonvention besondere Beachtung schenkt. Ich spreche da insbesondere den Artikel 2 EMRK an, das Recht auf Leben, oder den Artikel 3, das Verbot der Folter.

Wie gesagt, ich finde, das ist eine überflüssige Bestimmung, die eigentlich unsere Ver­waltungsbediensteten, unsere Beamten, die dieses Gesetz vollziehen müssen, einmal mehr vor den Kopf stößt. Es erweckt auch den Eindruck, als gäbe es da einen beson­deren Handlungsbedarf, weil man das besonders explizit niederschreibt.

Ich plädiere daher dafür: Überdenken Sie diese Bestimmungen noch einmal! Nehmen Sie sie heraus, sie sind überflüssig und sinnlos! Und eigentlich beleidigt das unsere Beamten. (Beifall bei der FPÖ.)

11.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


11.41.02

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Kollege Herbert, Ich möchte speziell Ihnen noch einmal sagen, dass diese Regierungsvorlage die Schaffung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zum Ziel hat. Wir beschließen heute die Neuordnung der Kompetenzen ohne wesentliche


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 63

materiell-rechtliche Bestimmungen. Das heißt, wir beschließen heute die Organisation dieses Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Mit dem Entschließungsantrag, den wir heute auch beschließen und wo ich Sie ein­lade, ihn mitzubeschließen, unterstützen und fordern wir die Frau Ministerin auf, die materiell-rechtlichen Gesetze oder die Änderungen bis zum Herbst nachzuvollziehen. Ich meine, das ist ein guter Weg, ein richtiger Weg, weil wir heute einmal das Gerüst beschließen. Und all die Sachen, die Sie heute angesprochen haben, können wir bis zum Herbst dann mitverhandeln.

Weil die Kollegen Westenthaler und Hagen immer davon sprechen, dass wir auf halbem Wege stehen geblieben sind: Vollenden Sie doch mit uns bis zum Herbst mit dem Entschließungsantrag diesen Weg und bringen Sie sich konstruktiv bei den materiell-rechtlichen Bestimmungen bis zum Herbst ein! Das wäre in Anbetracht der Wichtigkeit sicher gut.

Dieses Kompetenzzentrum, das wir heute beschließen werden, soll sich mit allen Fra­gen des Asyl- und Fremdenwesens befassen. Ziel soll eine Verschränkung der Prozesse und eine parallele Verfahrensführung sein. Wir sind überzeugt davon, dass das dazu führen wird, dass es sehr wohl zu Verfahrensverkürzungen kommen wird, weil die Schnittstellen wegfallen, weil nur eine Behörde prüft und dadurch keine zeitliche Verzögerung zustande kommt, und weil auch keine Informationspflichten bestehen. Das wird zu kürzeren Verfahren führen, davon sind wir überzeugt, und das wird zu mehr Verfahrenseffizienz führen.

Das hat übrigens auch ein Experte im Expertenhearing eindeutig so gesagt – ich zitiere –:

Die Zusammenführung wird zur Effizienzsteigerung führen. Trotz oder gerade wegen der Komplexität ist das sehr, sehr sinnvoll. – Zitatende.

Wir glauben eben diesem Experten, sind aber immer sehr erstaunt, dass viele der Kolleginnen und Kollegen in die Zukunft sehen können und jetzt schon wissen, dass alles nicht so gut kommen wird, wie wir das mit diesem BFA bezwecken wollen.

Es ist schon gesagt worden, dass der Grundsatz dieses BFA durchaus begrüßt wird, allerdings ist hinsichtlich der Ausführung der Zugang der Oppositionsparteien, der Grünen, des BZÖ und der Freiheitlichen, dazu unterschiedlich, wie man aus den Diskussionsbeiträgen heute heraushören konnte. Den einen ist es zu wenig scharf, den anderen ist es wieder zu scharf.

Wir sind dafür, ein Asylgesetz zu schaffen und zu beschließen, das vor allem rasche Verfahren garantiert, den Schutzsuchenden schnelle Rechtssicherheit bei uns in Österreich gewährt, dass wir vor allem auch alle menschenrechtskonformen Anfor­derungen erfüllen, damit die Menschen wissen, dass sie bei uns rasch und effizient auf rechtlicher Basis und vor allem menschenrechtskonform unterstützt werden und bei uns ein faires Asylverfahren erhalten.

Ich möchte noch einen Punkt im Entschließungsantrag ansprechen, der mir sehr wichtig ist, weil auch das Staatsbürgerschaftsgesetz mit novelliert werden soll. Ich möchte noch einmal von dieser Stelle aus den Appell an die Frau Ministerin richten, dass man bei dieser Reparatur des Staatsbürgerschaftsgesetzes ganz besonders darauf achtet, dass Menschen mit Behinderungen auch dann in den „Genuss“ – unter Anführungszeichen – der österreichischen Staatsbürgerschaft kommen können, wenn sie die derzeitigen Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes nicht erfüllen. Ich ersuche eindringlich, diese ganz besonders arme Menschengruppe zu berücksich­tigen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.44



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 64

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hammer. – Bitte.

 


11.44.53

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschließen heute mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine wesentliche Verwaltungsreform und eine künftig viel transparentere und klarere Struktur für die Verfahren im Asyl- und Fremdenwesen.

Ich fand den Versuch von Otto Pendl, darzustellen, was wir heute beschließen, aus­gezeichnet. Sein Redebeitrag ist von den vielen anderen Redebeiträgen zu trennen, die heute hier gekommen sind und wo ich schon meiner Verwunderung Ausdruck verleihen darf darüber, was an Argumenten dagegen vorgebracht wurde, dass 194 Behörden durch die Errichtung einer einzelnen Behörde aufgelöst werden und dass dazu klare Verfahrensregelungen erlassen werden. Ich verstehe nicht, was dagegen sprechen kann, warum man da nicht dahinter stehen kann.

Es ist bedauerlicherweise so – und darauf muss man hier schon einmal hinweisen –, dass sowohl von der FPÖ als auch von den Grünen diese Thematik immer wieder dazu genutzt wird, um sich im Fremdenrecht allgemein parteipolitisch zu positionieren. (Abg. Dr. Rosenkranz: Nein, nein!) Ich glaube, damit ist man hier fehl am Platz, denn das tut der Sache sicherlich nicht gut. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.)

Man muss Ihnen – und das müssen Sie sich gefallen lassen – wirklich unterstellen – und das tue ich hiermit auch –, dass Sie ja gar nicht daran interessiert sind, dass die Verfahren schnell abgehandelt werden und dass sie transparent ablaufen. Aber ich erinnere mich genau daran, dass Sie von den Freiheitlichen oder von den Grünen in der Vergangenheit, als wir Verfahren hatten, die sehr lange gedauert haben, in den Medien sehr wohl darauf hingewiesen haben und sich damit profilieren wollten. Also Ihre Haltung geht schon an dem vorbei, was es mit diesem Beschluss zu tun gilt. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht darum, dass es eine Regelung für die Behörde braucht, und wirklich nicht darum – das möchte ich unterstreichen –, dass es Änderungen in den Materien­gesetzen geben soll. Aber es ist schon entlarvend, dass Sie diese Diskussion dazu nützen, hier zu sagen, es gäbe auch Änderungen im Fremdenpolizeigesetz, im Asylgesetz und im NAG. Das ist absolut nicht der Fall!

Man muss kein Jurist sein, um zu wissen, dass es, wenn man eine solche Behör­denreform erlässt, auch in den Materiengesetzen Anpassungen braucht, wo es um Verweise geht, wo es um Bezeichnungen geht – und genau darum geht es bei dieser Vorlage, die wir heute beschließen! In der Sache selbst wird nichts geändert. Das möchte ich hier noch einmal dezidiert festhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Bundesregierung gibt ja zu, dass es in den Materiengesetzen einige Punkte gibt, die noch zu regeln sind, und mit der heute hier eingebrachten Entschließung drücken wir das auch aus, nämlich, dass im Herbst entsprechende Änderungen vorgenommen werden müssen. Wir werden das zum gegebenen Zeitpunkt ausgiebig und intensiv diskutieren.

Ich möchte noch einmal klar feststellen, dass dieses Gesetz eine Vereinfachung der Verfahren und klare und transparente Strukturen bringt und dass diese Gesetzes­reform die Komplexität, die immer wieder bei diesen Materien kritisiert wurde, heraus­nimmt. Daher ist ja wirklich nicht zu glauben, dass man etwas, wo man viele Stellen zu einer Behörde zusammenführt und die Komplexität herausnimmt, indem man es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 65

einfacher macht, nicht gutheißt, obwohl es zu einer klaren Trennung und zu mehr Transparenz führt.

Ich kann Sie nur einladen, dieses Bundesamt, das eine wirklich gute organisatorische und verfahrensrechtliche Struktur aufweist, mitzutragen. Es bringt nicht nur schnellere und transparentere Verfahren, sondern auch mehr Klarheit und mehr Rechtssicherheit für die Asylsuchenden und die Fremden, und die Konzentration auf einen Ansprech­partner bringt auch viele Vorteile.

Zusammenfassend kann man sagen: Die Schaffung dieses Bundesamtes stellt wirklich eine große Verwaltungsvereinfachung dar. Sie bringt eine Effizienzsteigerung und dient damit auch wesentlich den Betroffenen. Mit einem Wort: Sie ist ein großer Erfolg.

Abschließend darf ich mich bei der Frau Bundesminister und ihren Beamten ausdrück­lich für diese Vorlage bedanken. Ich glaube, es ist wirklich beachtlich, was im Bereich der Sicherheit an Reformen auf den Tisch gelegt wird.

Sehr herzlich bedanken möchte ich mich bei Frau Minister Mikl-Leitner auch dafür, dass das mit den Bundesländern so gut akkordiert ist – sie kommt ja auch aus einem Bundesland –, und auch dafür, dass das auf breiter Basis mitgetragen wird. Hiermit setzen wir eine große Reform um, während andere nur reden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


11.48.43

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wahr ist erstens, dass die heute zu beschließende Novelle der Asylgesetzgebung sicher eine der größten Struktur- und Verwaltungsreformen der Zweiten Republik ist. (Abg. Ing. Westen­thaler: Geh, hör doch auf! Das stimmt doch nicht!) – Ganz sicher ist das so, Herr Abgeordneter Westenthaler!

Ebenso wahr, Herr Abgeordneter Westenthaler, ist es, dass wir im Moment 194 Be­hörden haben – das haben Sie selber in Ihrer Rede zugegeben –, die sich mit Fragen des Asylwesens beschäftigen, und es in Zukunft mit dem Bundesamt für Frem­denwesen und Asyl nur mehr eine Behörde geben wird. Das ist ebenfalls wahr.

Wahr ist auch, dass wir diese Entscheidung sicher nicht rasch und überhastet getroffen haben. Ganz im Gegenteil, sehr geehrte Damen und Herren: Im Rahmen der Begutachtungsphase und auch des stattgefundenen Hearings wurden zahlreiche Änderungen angeregt und dann auch aufgegriffen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist mir besonders wichtig, festzu­stellen – auch aus persönlichen Gründen –, dass das Thema „Asyl“ ein Thema ist, mit dem man sich verantwortungsvoll beschäftigen muss und bei dem man nicht popu­listisch vorgehen darf, denn es geht da nämlich um Menschen mit ganz konkreten Schicksalen. Daher ist es auch wichtig, dass über Asylanträge in kurzen Zeiträumen entschieden wird und dass diese Entscheidungen eine überaus hohe Rechtssicherheit aufweisen.

Durch die Einführung des Bundesamtes für Asyl ist die Qualität dieser Bescheide, wie ich meine und wovon ich auch überzeugt bin, auch in erster Instanz gewährleistet.

Natürlich, sehr geehrte Damen und Herren, wird es auch negative Asylentscheidungen geben, das steht gar nicht zur Diskussion, aber es gibt klare, rechtsstaatliche Regelun­gen, und diese sind genau und effizient anzuwenden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 66

Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Schluss erlaube ich mir noch, hervorzuheben, dass es sehr zu begrüßen ist, dass es einen ausführlichen Bericht des Innen­ministeriums zum Thema „Opferschutz“ gibt, insbesondere was Opfer von Menschen­handel betrifft.

Frau Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner, herzlichen Dank für diese Aktivität. Auch in Österreich gibt es Hunderte von betroffenen Frauen, Männern und Kindern, die als kostenlose Arbeitskräfte oder auch als Zwangsprostituierte enden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist die Pflicht eines jeden Landes, da hinzusehen und den Opfern dieser modernen Sklaverei zu helfen.

Mit dem heutigen Tag wird dazu ein wichtiger Schritt gesetzt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


11.51.45

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte KollegInnen des Hohen Hauses! Ich möchte, bevor ich zur eigentlichen Thematik komme, ein bisschen auf die Vergangenheit eingehen, und zwar auf den 29. April 2011, als wir eine Entschließung des Nationalrates gemacht haben, wo wir – damals noch mit dieser Bezeichnung – ein Bundesamt für Asyl und Migration gefordert haben und gleichzeitig auch noch Zahlen, Fakten und Daten seitens der Bundes­ministerin, damit wir damit dann auch arbeiten und die Evaluierung des Gesetzes vornehmen können.

Da sich jetzt hier Abgeordnete von FPÖ und BZÖ herausstellen und sagen, dass sei ja eine jahrelange Forderung von ihnen: Meine Damen und Herren, Sie sind bei diesem Antrag damals nicht mitgegangen! Sie wollten keine Schaffung dieses Amtes. (Abg. Pendl: Das haben sie schon vergessen!)

Ich kann nur noch einmal betonen: Dieses Bundesamt für Fremdenrecht und Asyl ist eine Fortschreibung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle, und da geht es wirklich nur um die organisatorische Umsetzung und nicht um die rechtliche Um­setzung des Gesetzes. (Abg. Mag. Korun schüttelt verneinend den Kopf.) – Das stimmt so, Frau Kollegin Korun, da brauchen Sie nicht den Kopf zu schütteln!

Wir haben im Ausschuss dann auch noch zwei Anträge – einen Entschließungsantrag und einen Abänderungsantrag – formuliert für die Umsetzung, die dann im Herbst sein soll. Warum im Herbst? – Weil wir jetzt schon wissen, dass wir in diese Novelle im Herbst auch vier Richtlinien, die jetzt zur Umsetzung anstehen, mit einbauen müssen. Und was die Novellierungen betrifft, die niemanden freuen, die aber aufgrund einer Richtlinienumsetzung zum Teil auch hereinkommen, wissen Sie, dass es dadurch nicht ausschließlich zu Verschärfungen kommt. Aber das ist das, was Sie immer wieder betonen, und dagegen verwahre ich mich. (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.)

Das, was ich besonders positiv bewerten möchte, ist die Bündelung der Zuständig­keiten. Es gibt keine Schnittstellen mehr. Es wird in Zukunft nicht mehr parallel verhandelt, und dadurch erwarten wir uns sehr wohl eine Verfahrenserleichterung und Beschleunigung. Die Schaffung des Bundesamtes für Fremdenrecht und Asyl mit seinen acht Außenstellen ist also ein Schritt in die richtige Richtung, wo die Kompetenzen gebündelt werden.

Außerdem ist jetzt schon im Gesetz verankert, dass die Bediensteten sehr gut geschult werden, was meiner Meinung nach ein guter Beitrag dazu ist, dass es zu einer weite­ren qualitativen Verbesserung kommt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 67

Ein weiterer Punkt, der mir auch sehr wichtig ist: Es soll eine einheitliche Staaten­dokumentation geben. Das ist wichtig! Das hat es bis dato noch nicht gegeben. Begleitet werden soll das von einem Beirat, der zehn Mitglieder haben soll, und da sollen UNHCR, Bundesverwaltungsgericht und Vertreter des BFA sowie Organisatio­nen mit Spezialwissen in Asylfragen mit eingebunden sein. Es wird also organisa­torisch alles vorbereitet, damit wir die rechtliche Variante, die wir dann im Herbst zu beschließen haben, auch gut umsetzen können.

Ja, im Hearing konnten wir feststellen – und da bin ich auf Ihrer Seite –: Es ist eine komplexe Materie, eine schwierige Materie, bei der sich nur wenige Experten auskennen. Aber tun wir doch nicht so, als wäre das das einzige Gesetz, das komplex ist! Schauen wir ins Bundesbezügegesetz, schauen wir ins Pensionsgesetz, dann sehen wir, da gibt es zig Verweise auf das ASVG oder auf andere Gesetze, wo man genauso mehrere Gesetze in die Hand nehmen muss.

Zum Abschluss möchte ich noch sagen: Der Sozialdemokratie ist immer wichtig gewe­sen der Schutz vor Menschenhandel, der Schutz von Menschen, die von Schlepperei bedroht sind, und rasche menschenwürdige Verfahren für jene Menschen, die diesen Schutz brauchen – im Sinne aller, die in Österreich wohnen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Fazekas. – Bitte.

 


11.55.34

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn man es jetzt noch einmal Revue passieren lässt, dann sieht man, es war im Regierungsprogramm ganz klar ausgeführt, dass es zu modernen Verwal­tungsstrukturen kommen muss, wo natürlich die Sicherheitsbehörden und die Fremden- und Asylbehörden nicht ausgeschlossen werden dürfen. Es ist schon die Verschlankung erwähnt worden: Aus 194 mache 1! Das ist sicher keine einfache Aufgabe, aber diese Regierung ist dabei, das bravourös zu lösen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der Regierungsklausur im Mai 2011 und nach Akkordierung mit den Landeshauptleuten hat man sich auf die Installierung dieses Bundesamtes verständigt. Das Ziel muss klarerweise sein, dass die Verfahren kürzer werden und dass rasche Antworten im Sinne der Betroffenen gegeben werden können.

Natürlich ist ein Regelwerk, dass sich mit Fremdenangelegenheiten, mit Asylangele­gen­heiten, mit Migrationsfragen, mit Integrationsfragen beschäftigt, eine sehr komplexe Materie. Ich kann mir daher nicht vorstellen – auch beim besten Willen nicht und bei bester Unterstützung aller! –, dass das in einem einfachen, kleinen Gesetzeswerk umzusetzen ist, denn dazu ist dieses Thema viel zu komplex, weil es unser Interesse und unsere Intention ist, vielen, vielen Menschen zu helfen, und die Frage der Migration und des Asyls, des Fremdenwesens ja in unterschiedlichsten Ausrichtungen auf uns einströmt und natürlich auch die gesellschaftspolitischen Veränderungen in Europa und auf der ganzen Welt widerspiegelt. Und das kann man eben nicht in einem kleinen Handbuch zusammenfassen, wo man sagt: Wir haben ein Regelwerk ge­schaffen, und da braucht man nur nachzuschauen, auf Seite 3 steht das drinnen, und dann weiß man sofort, was zu machen ist!

So einfach dürfen wir es uns nicht machen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir die Menschenrechte und auch die Rechtsstaatlichkeit wirklich besonders ernst nehmen!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 68

Nun möchte ich noch auf einen Aspekt eingehen, der mir auch ganz besonders wichtig erscheint, und der ist in der Ausschussdiskussion seitens der freiheitlichen Fraktion auch angesprochen worden: Das ist die Thematik Europa.

Europa – das ist natürlich ein sehr wichtiger und großer Komplex. Wir haben das gestern in sehr großer Deutlichkeit und umfangreich vor Augen geführt bekommen.

Die freiheitliche Fraktion hat gestern gegen eine gemeinsame Wirtschaftspolitik ge­stimmt, auch gegen eine gemeinsame Sozialpolitik bei dem Beschäftigungspaket, und auch in der Innenausschuss-Diskussion haben wir gemerkt, dass Sie von der FPÖ auch ein Problem mit einer gemeinsamen Migrations- und Asylpolitik in Europa haben.

Ich glaube, dieses Opponieren kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein, liebe Kolle­ginnen und Kollegen von der FPÖ, sondern es muss eines ganz klar sein: Wir müssen gemeinsam vorgehen, alle europäischen Staaten, denn nur dadurch sind die Prob­leme lösbar! Es gilt, erstens einmal all die Fragen anzusprechen. Vor allem aber gilt es, eines der größten Übel in der gesamten illegalen Migration, nämlich die Schlepperei, zu bekämpfen. Und das schaffen wir Österreicherinnen und Österreicher nicht alleine.

Ich glaube nicht, dass da der Zugang, sich wie ein Igel einzurollen und zu warten, bis das Donnerwetter vorbei ist, die richtige Vorgangsweise ist. Wir müssen als Europäerin und Europäer auch in den Fragen der Migration, der Integration, des Asyls und des Flüchtlingswesen gemeinsam vorgehen.

Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Mikl-Leitner, und gratuliere auch zu dieser Rechts­materie! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 


11.59.10

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Innenministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte als letzter Redner meiner Fraktion hier einen kurzen Überblick über das bereits Gesagte geben und auch einige Punkte klarstellen, die hier nicht richtig wiedergegeben wurden.

Diese Regierungsvorlage ist eine Querschnittmaterie, und zwar eine Querschnitt­materie, wo wir auf der einen Seite ein Gesetz zur Schaffung eines Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und auf der anderen Seite ein Verfahrensgesetz beschließen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, weil wir damit effiziente Verfahrensabläufe gewährleisten. Um das zu erreichen, haben wir sehr viele Gespräche geführt. Es wurden dazu Vertreter aller Parteien eingeladen.

Wir haben auch eine Begutachtung durchgeführt. Die Ministerin hat es schon gesagt, 155 Stellen wurden angeschrieben. Insgesamt sind 30 Stellungnahmen zu diesem Gesetz retour gekommen, und 40 Änderungen wurden eingearbeitet. Wir haben anschließend noch ein Hearing mit acht Experten durchgeführt und uns in der Aus­schusssitzung am 3. Juli damit beschäftigt. Gerade da sind aber gewisse Aussagen getroffen worden, die nicht ganz nachvollziehbar sind.

Herr Kollege Vilimsky, Sie haben im Ausschuss gesagt, dass es schön und sehr wichtig ist, ein Hearing durchzuführen, aber es hätte danach keine Änderungen gegeben. Ich möchte Ihnen nur mitteilen, nach dem Hearing haben wir am 2. Juli einen Abänderungsantrag und am 3. Juli einen Entschließungsantrag eingebracht. Es hat also sehr wohl Änderungen gegeben.

Zu diesem Problem, das Sie angesprochen haben, betreffend Asylwerber: Da möchte ich schon die Zahlen in Erinnerung rufen: Wir haben derzeit – das ist der aktuelle Stand – zirka 6 000 Asylwerber. Das ist ein Anstieg um 31 Prozent, wie die Ministerin


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 69

hier mitgeteilt hat. Wenn man diese Zahlen in Relation zu früheren Jahren, in denen Sie in Regierungsverantwortung waren, setzt, ergibt sich folgendes Bild: 2005: 22 000 Verfahren; 2003: über 30 000 Verfahren. Und das waren nicht wirtschaftlich schlechte Jahre, sondern da haben wir wirklich ein starkes wirtschaftliches Wachstum in unserem Staat gehabt, da waren nicht so viele Wirtschaftsflüchtlinge da. Damals waren Sie in Verantwortung, und dass Sie uns jetzt vorhalten, dass 6 000 Menschen hier Asyl suchen, das finde ich nicht gut.

Frau Kollegin Korun, Sie haben sowohl im Hearing als auch im Ausschuss gemeint, die Beamten der MA 35 würden durch das Gesetz keine Entlastung erfahren, weil ihnen nur 800 Verfahren abgenommen beziehungsweise in das Bundesamt übertragen würden. Aber Sie wissen schon ganz genau, um welche Verfahren es sich dabei han­delt: Es sind jene Verfahren, die humanitäre Aufenthaltsrechte gewährleisten, also um jene Verfahren, wo sehr viel Arbeit notwendig ist, um alle Ermittlungen durchzuführen. Deswegen geht es hier nicht um die Zahl, die vergleichbar ist, sondern hier geht es um eine große Arbeitserleichterung für die MA 35. Im Übrigen danke ich allen Beamten, die da wirklich hervorragende Arbeit leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Schluss noch: Kollege Rosenkranz, Sie haben gesagt, dass unsere Grenzen nicht dicht seien, und so weiter. Sie haben aber nicht gesagt, welche Grenzen Sie wieder schließen wollen. Das haben Sie nicht gesagt.

Nur ein Vergleich: Wir haben 2007 mit dem Asylgerichtshof eine Erfolgsstory gestartet. Da haben Sie aber dagegen gestimmt. Die Regierungsparteien haben es umgesetzt. Wir haben aus Ihrer Regierungsbeteiligung einen Rucksack von zirka 25 000 Verfahren umgehängt bekommen – und haben bis heute so gut wie alle abgearbeitet. Wenige Hundert sind nur mehr übrig. Das ist eine Erfolgsstory! (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend ersuche ich alle hier um Unterstützung, weil ich glaube und auch überzeugt bin, dass dieses Bundesamt genauso zur Erfolgsstory wird wie der Asylgerichtshof. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


12.03.16

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Mit den Ausführungen des Herrn Kollegen Fazekas ist jetzt die Katze aus dem Sack. Ich habe es auch im Ausschuss angemerkt, wir haben eher das Gefühl bei diesen verwirrenden Reformen, die hier immer als Flickwerk gemacht werden, dass es in Wirklichkeit darum geht, dass eine Organisationsform gefunden wird, weil Sie in Wirklichkeit unfähig oder unwillig sind, eine österreichische Fremdenpolitik und Asyl­politik zu machen. Sie haben bereits vor, das Ganze auf europäische Ebene abzu­wälzen, weil Sie sagen, das muss eine gesamteuropäische Verantwortung sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Nachdem Sie bereits gestern die wirtschaftliche und finanzielle Souveränität an die EU abgegeben haben, kommt jetzt der nächste Anschlag auf die österreichische Souve­ränität: Sie wollen nämlich nicht mehr, dass Österreich seine eigene Souveränität im Fremden- und Asylrecht ausübt, dass wir uns selber aussuchen können, wer zu uns kommt und wer nicht. Sie wollen diese Frage auch nach Brüssel abschieben. Jetzt ist die Katze aus dem Sack! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, so wird es nicht gehen! So, wie es im Bereich des Flücht­lingswesens den UNHCR gibt, den High Commissioner der Vereinten Nationen, so haben wir auch einen High Commissioner, einen HC, aber das ist ein österreichischer


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 70

HC, der „High Commissioner für die österreichischen Staatsbürger“! Und der sitzt da! (Beifall bei der FPÖ.)

12.05

12.05.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen. Ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Zunächst: Abstimmung über einen Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1889 der Beilagen.

Ich ersuche jene Kolleginnen und Kollegen, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung dem Entwurf zustimmen, so bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1889 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Novellierung der fremdenrechtlichen Materiengesetze.

Wer dies unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nom-men. (E 262.)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend unbedingt notwendige Verschärfungen in der für Herbst 2012 geplanten Novelle der fremdenrechtlichen Materiengesetze.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Er findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

12.06.13 2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 2006/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Großruck, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend strukturierten Dialog zwischen Polizei und den verschiedenen Gesellschaftsgruppen im Zuge des Programms „Polizei Macht Menschenrechte“ (1815 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.06.41

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich eingangs eine Feststellung tref-fen: Die Menschenrechte, in der Europäischen Menschenrechtskonvention geregelt, sind klarer Bestandteil der alltäglichen polizeilichen Arbeit. Sie werden von unserer Polizei entsprechend den in der Menschenrechtskonvention festgelegten Artikeln beachtet und sind nicht nur, weil sie auch dienstrechtlich festgelegt sind, sondern auch im Selbstverständnis unserer Polizistinnen und Polizisten gelebter Alltag.

Ich kann daher nicht verstehen, warum uns heute hier dieser Antrag vorliegt, dass man im Zuge des Programmes „Polizei Macht Menschenrechte“ noch einen besonderen Dialog führen soll. Vielleicht für diejenigen, die es nicht so genau wissen: Dieses Programm „Polizei Macht Menschenrechte“ ist im Jahr 2008 entstanden, ist bis zum Jahr 2009 relativ offensiv seitens der Polizei und des BMI verfolgt worden, aber seither


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 71

liegt es in einem Dämmerschlaf. Es ist offensichtlich von so geringer Bedeutung, dass man es nicht einmal auf der Homepage des BMI finden kann. Dort gibt es nur eine Pres­semitteilung aus dem Jahr 2009 unter Bezugnahme auf die Polizei als Men­schenrechtsorganisation, wo darauf verwiesen wird. Aber das ist schon alles, was man in diesem Zusammenhang hier finden kann.

Ich denke daher, dass es sich dabei wohl eher um eine politische Profilierungsaktion der Regierungsparteien handelt, weil es keinen triftigen Grund gibt, warum man diese Menschenrechtsfrage bei der Polizei hier noch einmal hervorhebt, weil sie sich einfach nicht stellt. Ich denke, es hängt wohl auch damit zusammen, dass man durch die Überstellung des Menschenrechtsbeirates vom BMI zur Volksanwaltschaft vielleicht einen gewissen politischen Bedarf sieht, sich nach außen hin darstellen zu wollen.

Jedenfalls – und das ist es, was mich an diesem Antrag besonders stört – impliziert das einmal mehr, als gäbe es einen Bedarf daran, weil unsere Polizistinnen und Polizisten, die einen unbedankten und sehr harten Job für die Allgemeinheit leisten und denen ich an dieser Stelle meinen besonderen Dank dafür aussprechen möchte (Beifall bei der FPÖ), Probleme mit der Achtung der Menschenrechte hätten.

Lassen Sie mich ganz klar feststellen: Unsere Polizei, unsere Polizistinnen und Polizisten achten und respektieren die Menschenrechte!

Ich sehe daher keinen Grund, derartigen Anträgen, wie sie uns hier vorliegen, unsere Zustimmung zu geben. (Beifall bei der FPÖ.)

12.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


12.10.08

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Damen und Herren! Menschenrechte sind Grundrechte, die ein zentrales Element in unserer Gesellschaft darstellen. Auf der anderen Seite ist die Sicherheit der Bevölkerung ein hohes Gut, das es zu schützen gilt. Dabei geht es um den Schutz von Hab und Gut, aber in erster Linie um den Schutz von Personen.

Sicherheit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein friedliches Zusammen­leben, für Lebensqualität, dafür, dass man sich in einem Land oder in einer Region entsprechend wohlfühlt. Dabei kommt der Polizei neben anderen Einsatzorgani­sa­tionen eine zentrale Rolle zu. Die Polizei hat dabei Ansprechpartnerin, Konflikt­mana­gerin, Ratgeberin, auch Vollzieherin der Gesetze sowie Garantin der Menschenrechte und Schützerin der Bevölkerung vor Kriminalität zu sein. Sie gestaltet praktisch Sicher­heit rund um die Uhr.

Die Achtung der Menschenrechte hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen, und gerade der Polizeibereich ist im besonderen Maße ein menschen­rechtssensibler Bereich. Der Polizei und vor allem auch der Frau Innenministerin ist dies in einem sehr hohen Maße bewusst. In der Beschreibung des Berufsbildes für am Beruf einer Polizistin oder eines Polizisten Interessierte steht an erster Stelle: 

„Menschenrechte als Fundament. Wir schützen und achten die Menschenrechte. Wir schaffen für alle Menschen das größtmögliche Vertrauen in ihre Freiheit und Sicher­heit. Die Menschenrechte bestimmen unser gesamtes Handeln sowie auch den Um-gang miteinander innerhalb der Bundespolizei auf allen Ebenen. Da Menschenrechte unteilbar sind, gelten sie auch für uns selbst.“

Dann heißt es noch weiter: „Wir begegnen einander auf allen Ebenen wertschätzend, offen und mit jenem Respekt, den wir von anderen erwarten und den wir im täglichen Dienst anderen Menschen entgegenbringen.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 72

Tatsache ist natürlich, dass bei jeder Amtshandlung in die persönliche Freiheit eines anderen eingegriffen wird. Dadurch ist diese besondere Herausforderung für die Polizei gegeben. Tatsächlich stellen die Menschenrechte diese hohen Anforderungen an die­ses polizeiliche Handeln, weil die Polizei handeln muss, um die Menschenrechte zu schützen. Sie darf aber nicht überschießend oder gesetzeswidrig handeln, da sie sonst wiederum die Menschenrechte verletzen könnte.

Daher sind die menschenrechtlichen Anforderungen an die Polizei keine theoretischen, sondern sie stimmen mit den Standards einer professionellen Polizeiarbeit überein. Einfach gesagt: Eine professionell agierende Polizei handelt zugleich menschenrechts­konform.

Und weil der Schutz der Menschenrechte eine wesentliche Aufgabe der Polizei ist, wurde vom Innenministerium das Projekt „Polizei Macht Menschenrechte“ gestartet, das in 24 Orientierungssätzen die Zielrichtung vorgibt. Ein zentrales Element dabei ist der Dialog, ist die Kommunikation. Diesen Dialog, diese Kommunikation zu verbessern, das ist die Aufforderung in diesem Entschließungsantrag, in dem es eben heißt, dass die Dialog- und Kommunikationskanäle zwischen der Sicherheitsexekutive und den verschiedenen Gruppen der Gesellschaft weiterzuentwickeln und in strukturierter Form zu forcieren sind, damit – und das sage ich ausdrücklich dazu – die Polizei die größte Menschenrechtsorganisation, die wir in Österreich haben, bleiben kann. (Beifall bei der ÖVP.)

12.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. – Bitte.

 


12.14.30

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin für Inneres! Hohes Haus! „Polizei Macht Menschenrechte“, eine durchaus sensible Debatte, die heute hier geführt wird. Jeder, der sich mit dieser Problematik befasst, wird feststellen, der Beruf des Polizisten ist sicherlich kein leichter. In vielen Bereichen wird die Arbeit der Polizei von vor allem linken Aktivisten vorsätzlich behindert. Leider kann es dabei fallweise zu Menschenrechtsverletzungen kommen. Daher wird dieses Projekt bereits seit einigen Jahren erfolgreich im Polizeidienst umgesetzt.

Dabei ist das Ziel konkret definiert: Alle Polizisten sollen bei ihren Amtshandlungen nach Möglichkeit die Menschenrechte schützen und sie auch nach Möglichkeit verwirk­lichen. In vielen Ausbildungsabschnitten werden die Polizisten laufend geschult, was anfangs auch mit Schwierigkeiten verbunden war, und es wurden innerhalb der Polizei dabei immer wieder gerechtfertigte Argumente vorgebracht, wie beispielsweise: Haben die Polizisten keine Menschenrechte? Uns Polizisten schützt niemand! Die Men­schenrechte machen es uns unmöglich, überhaupt noch einzuschreiten! – Viele Bedenken von Polizisten, die aber im Projekt, in der Weiterbildung ausgeräumt werden konnten. Damit ist unsere Polizei bestens aufgestellt, bestens ausgebildet und hoch-qualifiziert.

Wir vom BZÖ sind überzeugt davon, die Bediensteten sind auf alle Situationen, auch für den sensiblen Umgang mit Menschenrechten, ausreichend vorbereitet. Trotzdem werden Sie jetzt, Frau Bundesminister Mikl-Leitner, von Ihren eigenen Abgeordneten aufgefordert, den bisherigen funktionierenden Dialog weiterzuentwickeln. Jetzt stellen Ihre Kollegen, an der Spitze der Abgeordnete Großruck, der leider nicht hier ist, fest, die Kommunikation funktioniert nicht ausreichend. Im Bereich der Wahrung der Men­schenrechte sind Sie damit säumig. Es gibt auch Schwachstellen in Ihrem Ressort. Peinlich ist das für eine Innenministerin, wenn sie von der eigenen Partei gerügt und zum Handeln aufgefordert wird!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 73

Ich stelle fest, geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus, eine verant­wortungs­bewusste Chefin der Polizei benötigt keinen Zuruf aus den eigenen Reihen, um das Projekt „Polizei Macht Menschenrechte“ professioneller zu gestalten und zu forcieren.

Gleichzeitig stellen wir vom BZÖ fest, dieser Antrag ist völlig inhaltsleer, daher auch überflüssig und wird vom BZÖ abgelehnt! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Lausch.)

12.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 


12.17.37

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Für uns Sozialdemokratinnen und Sozial­demokraten ist es wichtig, zur Wahrung der Menschenrechte die besten Voraus­setzungen in unserem Land zu haben. Das ist unser Anspruch. Das ist gut für die Österreicherinnen und Österreicher, und wir sind stolz, dass wir im internationalen Vergleich eine durchaus vorzeigbare Situation vorweisen können.

Zu den Voraussetzungen für gute Regelungen für die Menschenrechte in unserem Land tragen nicht Hochglanzberichte und Hochglanzbroschüren bei, sondern das Eingehen auf die laufend wachsenden Aufgaben und Herausforderungen. Gerade das ist der Kern und der Inhalt dieses wichtigen Entschließungsantrages: der strukturierte Dialog, die Intensivierung der Kontakte mit der Bevölkerung, und das auf Augenhöhe, mit dem Ziel, das Vertrauen in die Exekutive zu stärken und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu erhöhen.

Meine Damen und Herren, es ist mir ein Anliegen, auch auf die Arbeitsbedingungen der Polizistinnen und Polizisten einzugehen und die Fragen zu stellen: Entsprechen die technischen Ausstattungen überall den Anforderungen? Wie sieht es mit dem Personalstand aus, gerade in den Ballungszentren? Ist die Erreichung der formulierten Ziele mit einer ausreichenden Zahl an Polizistinnen und Polizisten vor Ort möglich? Ist das Personal oft durch bürokratische Aufgaben überlastet? Und: Wie sieht es mit der Weiterbildung aus?

Das sind die Fragen, die sich in der Praxis stellen, aber auch die Frage – sie ist hier schon angesprochen worden –, mit welchem Berufsbild für Nachwuchs an Polizei­schülerinnen und Polizeischülern geworben wird, welches Berufsbild den jungen Menschen vermittelt wird.

Meine Damen und Herren, das Programm Polizei Macht Menschenrechte“ geht zurück auf eine Initiative des Menschenrechtsbeirats.

Kommenden Dienstag wird hier im Parlament die Präsentation der neuen Aufgaben des erweiterten Tätigkeitsbereichs des Menschenrechtsbeirats vorgestellt. Es ist mir auch sehr wichtig, all jenen, die bisher in diesem Beirat tätig waren und allen, die im Programm Polizei Macht Menschenrechte“ mitwirken, hier klar und deutlich den Dank und die Wertschätzung auszusprechen.

Ich wünsche vor allem dem neuen Menschenrechtsbeirat einen sehr, sehr guten Start! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.20


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.

 


12.21.05

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Kollege Kirchgatterer, das macht alles nicht besser. Dieser Antrag wird


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 74

von uns abgelehnt, das hat unser Erstredner schon festgestellt. Dieser Antrag ist das Papier nicht wert! Und wissen Sie, was besonders beschämend ist? – Gestern haben sich mehrere Redner von Rot und Schwarz hier lustig gemacht über einen guten Antrag von unseren Abgeordneten, nämlich über den Begriff Lehrlingsentschädigung. Das ist hundertmal gescheiter als dieser Antrag, den Sie hier einen Tag später einbringen, ein Antrag, der bitte nicht einmal das Papier wert ist! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Polizei Macht Menschenrechte“ – die Polizei, unsere Sicherheitsexekutive respektiert die Menschenrechte, davon kann man einmal ausgehen. Und wissen Sie, was bei diesem Antrag besonders beschämend ist und nachschwingt? Dass der Polizei und der Sicherheitsexekutive unterschwellig untergeschoben wird, dort stünden Menschen­rechtsverletzungen an der Tagesordnung. Das ist beschämend! Dann sollten Sie sich auch nicht immer von diesem Pult aus bei den Beamten bedanken! (Beifall bei der FPÖ.)

Bezeichnend ist auch, dass die roten Polizisten und Bürgermeister, die sehr gerne hier reden, dann immer eine Pause in der Kantine brauchen und bei so einem Thema gar nicht mehr im Saal sind. Daran sieht man ihre „Glaubwürdigkeit“! Ich kann Ihnen aber sagen: Für gute Anträge für unsere Exekutive sind wir Freiheitliche immer zu haben. Stellen Sie solche Anträge – für mehr Polizei, für bessere Ausbildung –, dann werden Sie unsere Zustimmung natürlich haben! Stellen Sie hier nicht so flapsige Anträge, so No-na-net-Anträge, denn darin sehen wir keinen Sinn.

Das ist ja bezeichnend: Sie lehnen gute Anträge ab, machen sich über unsere Anträge einen Tag vorher lustig – und bringen dann einen Tag später einen inhaltslosen Antrag ein. Das ist bezeichnend, eine Bankrotterklärung für diese Regierung! Dieser Antrag kann nur abgelehnt werden, denn er ist inhaltsleer und unnötig. Unsere Polizei leistet gute Arbeit bei diesen Bedingungen.

Machen Sie sich lieber Sorgen, dass das so weitergeht, denn eines ist klar: Wenn man in Zeiten wie diesen ein Zeitwertkonto diskutiert oder anklingen lässt, das heißt, den Beamten die Überstunden nicht mehr bezahlen will, und dann mit so einem Antrag daherkommt, so das hebt sicherlich nicht die Motivation unserer Beamten!

Da muss man sagen: Überdenken Sie solche Anträge, denn die sind kontraproduktiv! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

12.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


12.23.41

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie! Diese künstliche Aufregung des Kollegen von der FPÖ kann ich nicht ganz nachvollziehen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich sehe in diesem Antrag keine Unter­stellung, sondern einen Versuch, die Polizeiarbeit hoffentlich zu verbessern und die Poli­zeibeamten und -beamtinnen zu unterstützen.

Erfreulich ist, dass die Bundesregierung in der Polizei eine große Menschen­rechts­organisation sieht. Es ist auch sehr erfreulich, dass die Polizei sich selbst als Men­schenrechtsorganisation sieht. Es ist in den letzten Jahren die Rede davon, dass die Polizei die wichtigste oder größte Menschenrechtsorganisation in unserem Land sein beziehungsweise werden soll, und das ist wirklich sehr zu begrüßen. Ich kann nicht nachvollziehen, was daran zu kritisieren sein soll, dass die Polizei sich selbst als Men-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 75

schenrechtsorganisation versteht – wie andere Teile des Staatsapparats hoffentlich auch.

Wir von den Grünen finden, dass dieses Umdenken, das es bei der Bundesregierung und auch in Teilen der Polizei durchaus gegeben hat, sehr, sehr erfreulich ist. Es ist sehr begrüßenswert, dass viele, viele Polizeibeamte und -beamtinnen selber sagen, das Fundament ihres Handelns, worauf ihr Handeln, ihr staatliches Handeln, ihr polizeiliches Handeln zurückgeht, sind die Menschenrechte. Das kann und muss man begrüßen.

Wir wissen alle, auch anhand von konkreten Fällen, die in den letzten Jahren passiert sind, dass es nicht immer so war. Wir wissen, dass es Vorwürfe gegen die Polizei beziehungsweise gegen konkrete Polizeibeamte und -beamtinnen gegeben hat, über das Ziel hinausgeschossen zu haben, sich nicht immer an den Menschenrechten orientiert zu haben. Umso erfreulicher ist, dass es da ein Umdenken gegeben hat. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Das heißt, Sie werfen der Polizei vor ! Das ist ein Skandal!)

Dass es überhaupt keine konkreten Fälle gegeben hätte, stimmt ja auch nicht, Herr Kollege. Sie brauchen sich nicht aufzuregen. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Ich rege mich nicht auf!) Gerade gestern war zum Beispiel dieser inzwischen allseits bekannt gewor­dene Folterfall in den Medien, wo Bakary J. von vier Polizeibeamten – inzwischen, glaube ich, nachgewiesenermaßen – gefoltert wurde, was uns alle hoffentlich nicht freut, und da brauchen wir niemandem die Mauer machen. (Zwischenrufe der Abge­ordneten Werner Herbert und Lausch.)

Das sehen sehr, sehr viele Polizeibeamte und -beamtinnen auch so, auch das muss man betonen. Wenn die Freiheitlichen versuchen, die Polizei als Ganzes zu verein­nahmen und so zu tun, als wäre die Haltung der Freiheitlichen mit der Haltung der Polizei identisch, dann muss ich sagen: Das stimmt ja nicht! Insofern ist es sehr zu begrüßen, dass es auch die Regierungsparteien so sehen, dass die Zusammenarbeit zwischen der Polizei und unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen verbessert werden soll, dass weiter daran gearbeitet werden soll.

Ich muss fairerweise dazusagen – und das haben wir im Ausschuss auch geäußert –: Wir finden, dass der Antrag recht holprig formuliert ist. Einerseits ist die Rede davon, das Funktionieren der Kommunikationskanäle weiterzuentwickeln, und gleichzeitig davon, neu aufzusetzen. – Da würde ich die Bitte an die Kollegen und Kolleginnen von den Regierungsfraktionen richten, die Anträge in Zukunft ein bisschen verständlicher und stringenter zu formulieren.

Aber inhaltlich unterstützen wir selbstverständlich das Anliegen, dass die Polizei in ihrem Bestreben gestärkt werden soll, dass sie die größte Menschenrechtsorganisation des Landes werden soll. Die Schritte, die da gesetzt werden, kann man nur begrüßen, alles andere wäre sehr befremdlich. Wir wissen alle, dass die Arbeit der Polizei eine harte und mitunter, ja immer wieder auch eine gefährliche ist. Auch daraus resultiert immer wieder die Tendenz oder das Risiko eines gewissen Korpsgeistes, sodass Fehler passieren können und konkret auch passieren.

Fehler passieren aber in jedem Beruf; auch das muss man dazusagen. Es ist hof­fentlich in unser aller Interesse, dass diese Fehler verbessert werden, wie bei anderen Berufsgruppen auch. Die Polizei dabei zu unterstützen, ist selbstverständlich unsere Aufgabe als gewählte Mandatare und Mandatarinnen.

In diesem Sinne richte ich die Bitte an die Regierung, da konsequent weiterzumachen, die Polizei in dieser Hinsicht zu unterstützen, wie selbstverständlich auch bei ihrer sonstigen Arbeit. Da haben Sie uns dabei, und wir freuen uns auf gute und bessere


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 76

Ergebnisse in den nächsten Jahren in dieser Richtung. – Danke vielmals. (Beifall bei den Grünen.)

12.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Einwallner. – Bitte.

 


12.28.54

Abgeordneter Thomas Einwallner (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Werte Kollegen von der FPÖ, entweder verstehen Sie den Antrag nicht oder – was ich eher befürchte – Sie wollen ihn nicht verstehen. Ich glaube, wir können uns nächstes Jahr darauf einstellen, dass ihr gar keine Anträge mehr so richtig verstehen wollt. Die Betonung liegt auf „wollt“, denn wenn man ihn genau anschaut und liest – ich hebe es jetzt auf eine sachlichere Ebene:

Professor Wielinger, Vorsitzender des Menschenrechtsbeirates, hat im Ausschuss klar festgestellt, dass die Sensibilität der Sicherheitsverwaltung für die Menschenrechte heute ein wesentlich größeres Ausmaß hat als vor 13 Jahren. Die Menschenrechte werden also auf allen Ebenen des Sicherheitsapparates ernst genommen – sagt der Vorsitzende des Menschenrechtsbeirats! (Abg. List – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Was brauch’ ich dann den Antrag?!) Dass dieser Paradigmenwechsel gelungen ist, und dass auch die Polizei in diese Richtung geht, ist unseren Innen­ministerinnen der letzten Jahre zu verdanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Es war die Arbeit unserer Innenministerinnen, und dieser Antrag setzt genau hier an. Mit dem Programm Polizei Macht Menschenrechte“ soll vor allem der Kontakt zwischen Polizei und Bevölkerung intensiviert werden: dauerhafter partnerschaftlicher Kontakt mit der Bevölkerung, Begegnung auf Augenhöhe. Vielleicht sagt Ihnen das nicht viel, aber das ist gemeint. (Beifall bei der ÖVP.)

Ziel ist es eben, dass sich Polizei und Bevölkerung auf Augenhöhe, sensibel begeg­nen; es ist nicht so gemeint, wie Sie es verstehen wollen.

Zum BZÖ: Den Kollegen Großruck muss ich in Schutz nehmen. Er ist für die heutige Sitzung entschuldigt, im Gegensatz zu Ihrem Kollegen Grosz (Abg. Ursula Haubner: Der ist entschuldigt!), der uns im Ausschuss minutenlang – ich hätte fast gesagt: stun­denlang – gequält hat. Heute ist er in Graz im Gemeinderat, oder wo ist der Kollege Grosz? Ist er im Grazer Gemeinderat? Ist das dem BZÖ „genug gezahlt“, zwei Ämter, zweimal kassieren, einmal sitzen? Ist das dem BZÖ „genug gezahlt“? (Beifall bei der ÖVP.) Ich wäre in Zukunft wirklich vorsichtig, wenn man da Kollegen angreift, den Antrag schlechtmacht, wenn er gut gemeint ist.

Deshalb kann ich abschließend nur sagen: Ein intensiver Kontakt zwischen Polizei und Bevölkerung steigert das Vertrauen in die Exekutive, steigert das Wert- und Sicher­heitsgefühl der Bevölkerung. Unserer Fraktion ist wichtig, dass Österreich eines der sichersten Länder der Welt bleibt, aber besonders wichtig ist uns, dass sich die Öster­reicherinnen und Österreicher sicher fühlen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.31


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte, Frau Kollegin. (Abg. Zanger: Hoffentlich sagt die Steirerin was G’scheiteres als der Steirer!)

 


12.31.51

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Der vorliegende Antrag bezieht sich – das hat schon mein Vorredner gesagt – auf das laufende Projekt Polizei Macht Menschenrechte“. Kenn­zeichnend für dieses Projekt ist die Zusammenarbeit der Polizei mit der Zivilge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 77

sellschaft. Die Polizeiarbeit in Österreich ist sehr erfolgreich, das können wir unum­stritten sagen. Sie wird unter anderem seit jeher durch den engen Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern erzielt, und dafür bedanke ich mich bei allen Polizistinnen und Polizisten auf das Allerherzlichste! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Um die Polizeiarbeit noch mehr zu optimieren und der Bevölkerung ein zusätzliches Sicherheitsgefühl zu geben, ist es wichtig, den Dialog zu den verschiedensten Gruppen der Gesellschaft zu intensivieren. Daher muss das Miteinander von Polizei und Bevölkerung in unserer multikulturellen Gesellschaft einen besonderen Stellenwert einnehmen.

Die Polizei ist in Österreich jene Organisation, die die Menschenrechte sichert. Die Professionalisierung und Optimierung der Bürger-Polizei-Kommunikation soll unsere Polizistinnen und Polizisten bei ihrer schwierigen Arbeit unterstützen, gleichzeitig aber auch für die Bevölkerung eine vertrauensbildende Maßnahme schaffen.

Unsere Exekutivbeamtinnen und -beamten erleben im Zuge ihrer Tätigkeit des Öfteren, dass sie, um das Menschenrecht des einen zu schützen, in das Recht des anderen eingreifen müssen – ich denke da zum Beispiel an das Instrumentarium der Woh­nungsverweisungen.

Da ich Communicating Policy für besonders notwendig erachte, ersuche ich Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, diesem Antrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Korun.)

12.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Buchmayr. – Bitte.

 


12.34.26

Abgeordneter Harry Rudolf Buchmayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wie wir schon gehört haben, geht es beim Programm Polizei Macht Menschenrechte“ um einen strukturierten Dialog zwischen Polizei und unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen, und zwar unter dem Aspekt der Menschen­rechte, um dadurch das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung, aber auch bei der Polizei zu stärken.

Einer aktuellen diesbezüglichen Studie nach wünschen sich die Österreicher und Österreicherinnen auch mehr Migranten im Polizeidienst. 78 Prozent befürworten das, 81 Prozent der Befragten plädieren für spezielle Schulungen, damit Polizisten mehr interkulturelle Kompetenzen erhalten. Wien ist hierbei Vorreiter in der Werbung, „Wien braucht dich!“ ist der Slogan dazu.

In Summe muss man aber über die Entwicklung der letzten Jahre sagen, dass das Thema Menschenrechte in die Ausbildungssituation der Polizisten mit eingeflossen ist. Es ist gut erkennbar, dass der Dialog in der Bevölkerung zu den einzelnen gesell­schaftlichen Strukturen besser funktioniert, und zwar in jede Richtung, das ist ein Austausch in beide Richtungen; und der Einsatz des möglichen Gewaltmonopols, diese schwierige Schnittstelle, wird immer besser bewältigt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. – Bitte.

 


12.36.09

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! 1999 wurde aus Anlass des Todes von Marcus Omofuma


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 78

der Menschenrechtsbeirat gegründet. Es waren Menschenrechtsverletzungen wie diese und die Diskussionen darum, die dazu geführt haben, dass das Menschen­rechtsbewusstsein in der Bevölkerung geschärft wurde und die Sicherheitskräfte für Menschenrechtsfragen sensibilisiert wurden, nämlich im Umgang vor allem mit Randgruppen und gegenüber missbräuchlichem Einsatz des Gewaltmonopols.

Das vom Menschenrechtsbeirat angeregte und schon erwähnte Projekt „Polizei Macht Menschenrechte“ finde ich positiv. Es soll den Schutz der Menschenrechte in der täglichen Polizeiarbeit stärken und fördern und wird von Experten, Wissenschaftern und NGOs, die sich für die Menschenrechte einsetzen, beratend begleitet.

Ich finde, dieses Projekt mit seinen vielen wichtigen Maßnahmen und Pilotprojekten gehört fortgesetzt und auch flächendeckend umgesetzt. Aber genauso wichtig erachte ich die zahlreichen Aktivitäten und Initiativen auf politischer Ebene, die zur Sensi­bili­sierung gegenüber Menschenrechten und deren Einhaltung führen.

Ich meine die vielen Empfehlungen des Menschenrechtsbeirates und der Men­schen­rechtskommissionen, die umgesetzt wurden, aber auch die Zusammenarbeit und Einbeziehung von Forderungen von Menschenrechtsorganisationen und Opferschutz­einrichtungen, die sich in zahlreichen Menschenrechtsfragen wie Migration, Asyl, Men­schenhandel und anderen als äußerst konstruktiv und notwendig erwiesen haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Durch ein Verfassungsgesetz wurden nunmehr die Kompetenzen der Volksanwaltschaft erheblich erweitert. Sie kann in Zukunft mit Unterstützung des neuen Menschenrechtsbeirates auch staatliche und private Ein­richtungen aus dem sozialen und pflegerischen Bereich kontrollieren. Bisher galt das Augenmerk ja vor allem Abschiebungen und dem Handeln der Exekutive. Nun wird es möglich, auch in diesem Bereich zu kontrollieren.

Überall dort, wo Menschen mit und ohne Behinderung Gefahr laufen, unmenschlichen und freiheitsentziehenden Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind die Menschenrechte in Gefahr. Ich meine, mit diesem angesprochenen Präventionsmechanismus und vielen anderen Maßnahmen dem entgegenzuwirken, muss unser oberstes Ziel bleiben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sacher. – Bitte.

 


12.39.03

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Ein Wort an die Kollegen von FPÖ und BZÖ im Zuge dieser Debatte: Ganz wesentlich für ein funktionierendes Zusammenleben ist die Qualität der Exekutive. Niemand bestreitet diese, aber angesichts einer immer diverser werdenden Gesellschaft steht die Exekutive vor neuen Herausforderungen.

Mit diesem Antrag wollen wir diese Veränderungen mit der Exekutive gemeinsam be­wältigen; und wir wollen mit diesem Antrag auch dazu beitragen, dass Vertrauen aufgebaut wird. Das Stichwort heißt Vertrauen in die Exekutive, und Vertrauen erreicht man am besten durch eine professionelle, effiziente Arbeit und durch einen engen Kontakt mit der Bevölkerung, sehr geehrte Damen und Herren!

Wenn Frau Bundesministerin Mikl-Leitner sagt, die Polizei ist in Österreich die größte Menschenrechtsorganisation, so ist das eine Zielvorgabe, die wir natürlich auch alle gerne unterstützen, aber auch, wenn es irgendwo Probleme gibt, hinterfragen müssen und hinterfragen dürfen in einer funktionierenden Demokratie, Herr Kollege Herbert oder Herr Kollege Lausch.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 79

Wir haben Respekt vor den Beamtinnen und Beamten, weil wir wissen, dass sie oft vor ganz schwierigen Entscheidungen stehen und sich in schwierigen und gefährlichen Situationen befinden. Das heißt aber nicht, dass man andererseits nicht auch hinter­fragen darf. Die schon erwähnten Fälle wie Omofuma oder der Tod eines jungen Ein­brechers in einem Kremser Supermarkt oder das Aufgreifen eines völlig Unbeteiligten in einer McDonalds-Filiale – natürlich darf und muss man das in der Demokratie hinterfragen. Gerade Projekte wie „Polizei Macht Menschenrechte“ sollen dazu beitragen, dass solche Vorfälle in Zukunft nicht mehr stattfinden.

Insofern wird natürlich auch ein Kulturwandel in der Polizei eingeleitet, aber wo Men­schen handeln, wo Menschen arbeiten, passieren natürlich auch Fehler. Die erwähnten Vorfälle sind sehr, sehr bedauerlich, andererseits aber ist festzustellen, dass sich die Exekutive wirklich bemüht, mit ihren Programmen hier vorzubeugen und mit Schu­lungen und mit Weiterbildung solche Maßnahmen zu setzen, dass auch seitens der Exekutive, der wir sehr, sehr danken für ihre Arbeit, ein wesentlicher Fokus auf die Menschenrechte gelegt wird.

Der heute zu beschließende Antrag, sehr geehrte Frau Bundesministerin, soll dazu beitragen, dass Ihre Aussage von der größten Menschenrechtsorganisation zu Recht besteht und dass dieses Ziel nicht von wenigen negativen Fällen konterkariert wird, die es in Zukunft zu vermeiden gilt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Abge­ordneten der ÖVP sowie der Abg. Mag. Korun.)

12.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


12.42.06

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn wir uns diesen Entschließungsantrag ansehen, wonach die Polizei auf die Menschenrechte achten soll, dann ist die Frage, wofür dieser Entschließungsantrag da ist.

Es gibt da zwei Möglichkeiten aus meiner Sicht. Die eine Möglichkeit ist, dass die Regierung wieder einmal einen Entschließungsantrag macht, um vorzugeben, aktiv zu sein, um vorzugeben, etwas zu machen, was gut ist für Österreich, was gut ist für die Polizei.

Die andere Variante ist – und da glaube ich, dass die schon eher zutrifft –, dass hier tatsächlich etwas im Hintergrund lauert, was bewegt werden soll. Jetzt ist leider aus dem Entschließungsantrag nicht allzu viel zu erkennen, denn auf den ersten Blick, wenn man hier liest, dass eben die Menschenrechte gewahrt werden sollen bezie­hungsweise „Polizei Macht Menschenrechte“, könnten wir einmal grundsätzlich sagen: Gute Sache. Wenn man aber den Bericht des Ausschusses liest, dann fragt man sich wirklich, warum muss die Polizei Menschenrechte machen. Warum?

Wenn man sich nämlich die Menschenrechte ansieht, dann gibt es da einiges zu tun für die Polizei, wenn die Polizei tatsächlich Menschenrechte machen will. Und zwar steht da zum Beispiel die Gleichberechtigung von Mann und Frau in den Men­schenrechten, Recht auf Arbeit und angemessene Entlohnung, Recht auf einen ange­messenen Lebensstandard, Recht auf Bildung, Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben und so weiter und so fort. Und es steht natürlich auch Recht auf Freiheit, Eigentum und Sicherheit der Person.

Jetzt sind wir schon beim Kern, und ich frage mich, warum man den Begriff so weit fasst, denn die Menschenrechte, das ist ja eine sehr lange Litanei, da gibt es sehr, sehr viele Punkte, aber die meisten Punkte sind von der Politik zu erledigen und sicherlich nicht von der Polizei.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 80

Jetzt gibt es natürlich Menschenrechte, die sehr wohl von der Polizei zu beachten sind, wie eben Recht auf Freiheit, Eigentum und Sicherheit der Person. Aber warum schreibt man das dann so allgemein? Warum schreibt man nicht genau das hinein: Sicherheit der Person, Recht auf Freiheit, Recht des Eigentums? Warum macht man das nicht?

Ich glaube, die Antwort zu kennen. Und zwar macht man es deshalb nicht, weil man in Wirklichkeit mit diesem Wischiwaschi-Begriff, mit dem Umhängen dieses „Polizei Macht Menschenrechte“ – was die Polizei ja nicht kann, die Polizei beachtet die Menschenrechte in jenen Bereichen, wo sie sie beachten muss, das ist ja keine Frage, das wird ja hier auch keiner in Abrede stellen – etwas anderes will, und was hier gewollt ist, das sieht man im Bericht.

Da steht eben, dass die Polizei mehr mit den Bürgern kommunizieren muss, was ja auch noch nicht so schlecht ist, aber es kommt noch besser. Es geht nicht darum, „Crime fighting“ zu machen – was wir auch brauchen würden in Österreich; Crime fighting, also Bekämpfen von Verbrechen, wäre ja eine gute Sache; wenn man sich die Einbruchsstatistiken im Süden von Wien anschaut und im sogenannten Speckgürtel, dann wissen wir, dass wir das brauchen würden – nein, es geht Ihnen um „Peace keeping“.

Und da steht auch drinnen, wie das gemeint ist. Das heißt, die Polizisten gehen hinaus wie Sozialarbeiter, sprechen mit den Menschen auf gleicher Augenhöhe, versuchen Konflikte schon im Vorhinein aufzulösen. Etwas in der Art von Sozialarbeitern ist hier gefragt, die hinausgehen zu den Menschen und versuchen, alles besser zu machen. Entschuldigung, aber das ist nicht die Aufgabe der Polizei. (Beifall bei der FPÖ.)

Da gibt es Politiker, da gibt es Sozialarbeiter, da gibt es soziale Einrichtungen, da gibt es vernünftige Gesetze dafür, um eben das Zusammenleben zu verbessern. Aber bitte nicht die Polizei mit so etwas zu behelligen!

Die Polizei hat dafür zu sorgen, dass die Menschenrechte in einem Punkt gewahrt werden, nämlich hinsichtlich Recht auf Freiheit, Eigentum und Sicherheit der Person. Da ist sie gefragt. Doch da ist sie aus meiner Sicht nicht erfolgreich genug, und da müssen wir ansetzen.

Bitte ersparen Sie uns solche Anträge, wo man ins Detail gehen muss, um dann herauszufinden, dass es im Endeffekt um das geht, was die Grünen immer wollen: Entwaffnung der Polizei, die Polizisten zu einer Art Schoßhund der Gesellschaft zu machen. Das sind sie nicht. Sie haben ganz klar definierte Aufgaben, und dabei müssen wir sie unterstützen und sonst gar nichts. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

12.46

12.46.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse abstimmen über die dem Ausschussbericht 1815 der Beilagen ange­schlos­sene Entschließung betreffend strukturierten Dialog zwischen Polizei und den ver­schiedenen Gesellschaftsgruppen im Zuge des Programms „Polizei Macht Menschen­rechte“.

Jene Kolleginnen und Kollegen, die hiefür eintreten, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 263.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 81

12.47.063. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1975/A der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (1863 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


12.47.35

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerinnen – in diesem Falle; zumindest jetzt noch –! Wir beschließen heute einen Kniefall vor jenen Kräften in Österreich, die seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten Reformresistenz unter Beweis stellen.

Wir beschließen heute die Rücknahme eines Gesetzes, das wir vor drei Jahren beschlossen haben. Frau Ministerin, vor drei Jahren haben wir alle gejubelt, vor drei Jahren waren wir uns hier in diesem Hohen Haus einig darüber, dass wir die soge­nannte Zentralmatura dringend benötigen, weil wir endlich wissen wollen: Wie steht es um die Kompetenzen unserer Maturantinnen und Maturanten?

Alle Parteien waren dafür, und Sie haben damals gemeint – ich zitiere, was Sie am 21. Oktober 2009 gesagt haben –: „Ich möchte mich für die konstruktive Zusam­menarbeit  bedanken. 280 AHS-Standorte haben bei der Prototyp-Entwicklung ‚neue Matura‘ mitgearbeitet. Das war fantastisch. Die Lehrerinnen und Lehrer haben sich unglaublich eingebracht, und dafür gilt ihnen auch einmal ein Dank!“ (Beifall bei den Grünen.)

Vor drei Jahren haben Sie das gesagt, Frau Ministerin Schmied – und drei Jahre, nachdem dieses Gesetz jetzt in Kraft ist und nachdem vor drei Jahren schon die Lehrkräfte fantastisch mitgearbeitet haben und 280 AHS-Standorte eingebunden waren, gibt es nun plötzlich Schwierigkeiten. Das ist nicht ganz nachvollziehbar.

Ich darf ein weiteres Zitat von Ihnen bringen: Generell laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, betonte Schmied. – Zitiert sind Sie da in der „Wiener Zeitung“, und zwar nicht vor drei Jahren, sondern vor vier Wochen.

Also ständig und durchgehend haben wir jetzt gehört, wie gut die Vorbereitungen laufen, vor drei Jahren war es schon okay – und dann plötzlich, wie aus heiterem Himmel, wird die Zentralmatura sistiert!

Jetzt darf ich eine ganze Reihe von Expertinnen und Experten nennen, die alle gesagt haben, diese Verschiebung ist nicht notwendig.

Das BIFIE weist darauf hin, dass allein im Jahr 2011/2012 21 000 Lehrerinnen und Lehrer in 1 150 Fortbildungsveranstaltungen über die neue Matura informiert worden sind.

Ihr BIFIE-Chef Direktor Dorninger sagt, dass es an allen 350 Standorten Lehrer gäbe, die ihr Wissen an die anderen Lehrkräfte weitergeben.

Christian Dorninger hat auch gesagt, nachdem Sie Ihre Entscheidung bekanntgegeben haben, dass die Verschiebung nicht notwendig gewesen sei, dass die Vorbereitungen alle soweit gediehen seien, dass man das durchführen kann.

Jetzt könnte man sagen, okay, das kommt aus Ihrem Bereich, aber ich darf weitere Gewährsleute zitieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 82

Für die Steirer vielleicht interessant, mir hat AHS-Direktor Dr. Franz Pressler, der selbst betont, seit Jahrzehnten ÖVPler zu sein, und der nicht irgendwer ist, sondern er ist der Sprecher der steirischen AHS-Direktoren, gesagt: Was haben die da gedacht, als sie das gemacht haben? Leidtragende, meint er, sind die jetzigen Sechst­klässlerInnen. – Ich komme dann noch darauf zu sprechen.

Alle neun Landesschulratspräsidenten – ich zitiere da aus deren Protokoll – sagen, es gibt kein Problem.

LandesschulinspektorInnen sagen, die Verschiebung war nicht notwendig.

Unabhängige LehrerInnenvertreter wie etwa der Vorsitzende des Zentralausschusses in Vorarlberg, Gerhard Puschnik, sagt, er wundert sich über die Verschiebung. Mit einem Aufschub ist nichts gelöst.

Also, Frau Ministerin, hier stimmt etwas nicht. Die Wahrheit ist, Sie sind in die Knie gegangen. Sie sind in die Knie gegangen vor dem Bildungsbeton in diesem Land, vor jenen Leuten, die uns seit Jahren daran hindern, dass wir ein modernes Schulsystem auf die Beine stellen.

Die Leidtragenden – ich habe es schon gesagt – sind die Sechstklässlerinnen, und zwar genau jene, die sich im Vertrauen darauf, was wir hier in diesem Hohen Hause beschließen, seit zwei Jahren auf die neue Matura vorbereitet haben und die sich jetzt wundern.

Ich werde heute noch eine Anfrage mit 18 Fragen einbringen, die Reaktionen betreffen, die wir auf unserer Homepage bekommen haben von solchen Schülerinnen und Schü­lern, von Lehrkräften, die sagen, wir sind die Leidtragenden. Lehrkräfte und Schüle­rinnen, die sich ans Gesetz gehalten haben, sind diejenigen, die jetzt draufzahlen. Viele SechstklässlerInnen können gar nicht mehr in jenen Fächern maturieren, die sie wollten, weil sie die Wahlpflichtfächer anders gewählt haben, als es für die Matura Alt notwendig ist, denn sie haben sich auf die Matura Neu eingestellt.

Das, was Sie im Bündnis mit der ÖVP, im Bündnis mit Werner Amon hier gemacht haben, ist, dass Sie wesentlich mehr Probleme schaffen, als Sie lösen. Was Sie geschafft haben, ist, dass das Vertrauen in das, was wir hier beschließen, deutlich sinkt und dass, wie gesagt, Schülerinnen und Schüler, die ordnungsgemäß gearbeitet haben, große Probleme haben.

Frau Ministerin! Wir können dem logischerweise nicht zustimmen. Wir haben konstruktiv mitgearbeitet. Wir haben eine eigene Informationshomepage gemacht, um die Leute zu informieren, was denn Sache ist, mit Beispielsfragen, mit gesetzlichen Grundlagen, alles das, was eigentlich nicht unsere Aufgabe als Oppositionspartei ist. Wir haben uns konstruktiv eingebracht.

Ich kann nur sagen – und zwar im Namen sehr vieler Lehrkräfte, im Namen sehr vieler SchülerInnen –: Das ist enttäuschend, was Sie hier abgeliefert haben. Sie leisten jenen Vorschub, die auch künftig alle Reformen hier zu blockieren gewillt sind, die wir beschließen werden. So werden wir in Österreich kein modernes Schulsystem auf die Beine bringen. (Beifall bei den Grünen.)

12.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Elmar Mayer. – Bitte.

 


12.54.45

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Kollegin! Wenn mir jemand gesagt hätte, zum Thema Matura Neu hält ein Bildungssprecher einer Oppo­sitionspartei eine solche Rede, dann hätte ich gesagt, das ist grundsätzlich unmöglich.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 83

Über die Sache selbst überhaupt kein Wort zu verlieren, überhaupt zu vergessen, wie wichtig das jetzt ist, und die letzten vier, fünf Jahre gänzlich auszublenden, all das, was wir hier, gemeinsam zum Teil, beschlossen haben, das hätte ich nicht für möglich gehalten.

Das beginnt bei dem, wofür wir heute eine Verlängerung beschließen werden, nämlich bei der Sprachförderung für die Kleinsten, und setzt sich fort mit dem Bundes­bildungsplan für die KindergärtnerInnen, mit dem gemeinsamen verpflichtenden letzten Kindergartenjahr, erstmalig mit neuen Vereinbarungen mit den Bundesländern, weil wir wissen, wie wichtig die Frühpädagogik ist, mit den Klassenhöchstzahlen, die bereits vergessen sind, mit den Bildungsstandards in der 4. und 8. Schulstufe, mit der Oberstufenreform, die erst zu greifen beginnen wird.

Und einer dieser Mosaiksteine ist, vollkommen richtig, die Matura Neu. Damit wollen wir erreichen, dass diejenigen, die nach der 4. Schulstufe, nach der 8. Schulstufe, nach der Matura die jungen Leute übernehmen, wissen, mit welchen Kompetenzen sie ausgestattet sind. Sie sollen, wenn ein Volksschüler in die Mittelschule oder ins Gymnasium kommt, wissen, was die Note bedeutet, mit welchen Kompetenzen er ausgestattet ist. Ebenso soll man nach der 8. Schulstufe Mittelschule oder AHS-Unter­stufe wissen, welche Kompetenzen da sind. Genauso soll es auch sein mit der neuen Matura.

Das haben wir sehr breit in diesem Haus beschlossen. Wir waren uns auch einig darin, dass es ein großer Meilenstein ist. Wer sich auch nur ein bisschen mit der Schule aus­einandersetzt – und ich behaupte jetzt einmal, dass der Kollege Walser das tut –, sollte das auch so sehen. Natürlich weiß ich, dass es, wenn die Regierung und die Bildungsministerin das Tempo vorgeben, schwierig ist als Opposition, besonders als Opposition, die inhaltlich sehr viele gleichen Positionen vertritt, zu punkten. Das ist schon ein Problem, das gebe ich schon zu. Aber man kann doch nicht sagen, dass eine Ministerin, die eine solche Erfolgsbilanz vorzeigen kann, bis hin zu dieser neuen Matura, die kompetenzorientiert ist, die ein wichtiger Meilenstein ist in der neuen Schulstruktur, jetzt sofort zurücktreten soll, weil sie – was getan hat, Herr Kollege Walser? Warum soll die Frau Bildungsministerin zurücktreten? Weil sie die Sorgen der Menschen ernst nimmt?

Ich kann Ihnen viele Briefe zeigen von jenen, die sagen, ja, man soll es trotzdem machen – dazu sage ich dann am Schluss noch etwas –, aber auch von Menschen, die mir persönlich geschrieben haben, die mir das sogar eingeschrieben nach Hause geschickt haben, damit ich es ganz sicher bekomme, die von ihren Sorgen berichten, die sie noch haben in dem einen oder anderen Fach, weshalb sie bitten: Gebt uns noch ein zusätzliches Jahr!

Jetzt mag das kampagnisiert worden sein von der schwarzen Schülervertretung oder von einem einzelnen Elternvereinsobmann, der vielleicht seine Funktion missbraucht hat – das möchte ich gar nicht beurteilen –, aber Schülervertreter, das steht fest, Elternvertreter, das steht fest, und auch die Betroffenen selbst haben gebeten: Wir möchten dieses Projekt mittragen, wir sind für diese neue Matura, aber gebt uns noch diese Zeit!

Jetzt haben wir mit diesem Antrag ein Modell, das bedeutet, dass diejenigen, die sagen – das ist genau das, was Sie gemeint haben –, wir haben uns vorbereitet, wir möchten diese neue Matura umsetzen, wie es geplant war von der Regierung, das tun können. Sie müssen in ihrer Schule allerdings die Mehrheit dafür haben. No na, Schul­partnerschaft! Wir reden immer vom Stärken der Schulautonomie, von Schulstandort­stärkung, von Schulpartnerschaft, vom Einbinden der Schulpartner. Aber während Sie das immer nur sagen, sagen wir jetzt, die Schulpartner können das an der Schule ent-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 84

scheiden. Sie sollen es machen, wie wir es ursprünglich geplant haben. Sie können das. Und dann ist es überhaupt kein Thema. Sie sollen das umsetzen.

Aber so viel Kompetenz, Umsetzungsfreude und Mut muss eine Schulpartnerschaft natürlich haben, das auch zu wollen. Nur zu sagen, das sollen die in Wien machen, die sollen das für uns entscheiden, die sollen ein Gesetz machen, damit wir uns dann unter diesem Schirm verstecken können und selber nichts dafür tun, das ist zu wenig.

Daher glaube ich, dass genau diese Entscheidung, dem Druck hier rechts nachzu­geben und zu sagen, gut, aber dann gemeinsam, richtig ist. Dann machen wir wirklich dieses Jahrzehnteprojekt – ich möchte es fast als Generationenprojekt bezeichnen – gemeinsam. Schüler, Lehrer, Eltern, Politik gemeinsam machen diesen entscheiden­den Schritt. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Genau das ist das Ziel der Ministerin, zu sagen: Ich möchte eine breite Unterstützung für diesen Bereich haben. Und das, glaube ich, ist mit diesem heutigen Gesetz mög­lich. Ich finde es daher schade, dass Sie das einfach nur für populistische Aus­reißer benutzen und sagen: Ich muss irgendwann übrigbleiben bei dem Thema, ich kann nicht sagen, das ist gut und vernünftig. Das ist Ihrer einfach nicht würdig. Das meine ich auch hinsichtlich Ihrer Funktion als AHS-Direktor. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Amon. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.00.01

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Mein Gott, lieber Herr Kollege Walser, ich gebe es ja nicht auf, Sie doch noch in die Konstruktivität zu bringen! Denn ich muss wirklich sagen, es ist schade: Sie haben in Ihren Ausführungen eine ganze Menge von Zitaten gebracht, was denn nicht 2009 gesagt worden ist, und nichts davon ist falsch.

Wir von den Koalitionsparteien haben gemeinsam im Jahr 2009 ein Gesetz auf den Weg gebracht, das den modernen Anforderungen der modernen Pädagogik entspricht. Auf der einen Seite entspricht es dem Erfordernis der Leistungsbereitschaft der jungen Leute, auf der anderen Seite soll es aber auch die Validität der Abschlüsse, die Gültigkeit der Abschlüsse von einer maturaführenden Schule zur nächsten, sicher­stellen. Ja, wir haben uns damals ein sehr, sehr ehrgeiziges Ziel gesetzt, das ist richtig.

Wenn Sie aber heute hergehen und sagen, wir nehmen das Gesetz zurück, dann tun Sie das ja wider besseres Wissen. Wir nehmen überhaupt kein Gesetz zurück, sondern wir sagen jenen, die die Vorbereitung nicht ausreichend treffen konnten: Ihr bekommt ein Jahr mehr Zeit. Das ändert überhaupt nichts am Faktum, dass der Rest des Ge­setzes so, wie wir es 2009 beschlossen haben, in Kraft bleibt, weil es ein gutes Gesetz ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sie sagen: Das war ein gutes Gesetz, alle Parteien waren damals dafür. – Ich weiß nicht, vielleicht wagen Sie einmal das Gedankenexperiment, dass die Grünen nicht die Einzigen sind, die recht haben, sondern dass vielleicht alle anderen recht haben könnten! Denn wie Sie im Ausschuss festgestellt haben, sind alle anderen Parteien für die Verschiebung, die wir vornehmen, nur die Grünen nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Das wäre ein mutiges Gedankenexperiment, ich weiß schon, aber vielleicht wagen Sie es einmal! (Abg. Kopf: Eine unbotmäßige Forderung! – Rufe und Gegenrufe bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 85

Dann möchte ich durchaus anschließen an meinen Kollegen Mayer, der zu Recht darauf hingewiesen hat, dass ja all jene, die sich gut vorbereitet fühlen, durch einen Beschluss im Schulgemeinschaftsausschuss selbstverständlich den bisher geplanten Termin einhalten können. Wo ist also das Problem?

Ja, jetzt haben Sie wieder Sorge, ob alle nötigen Mehrheiten zustande kommen; Sie sind da der Bedenkenträger Nummer eins. Aber ich kann nicht auf der einen Seite sagen, ich möchte den Schulstandort stärken, wir sollen basisdemokratisch sein, wir sollen das ernst nehmen, was die Betroffenen sagen – dann geben wir den Betroffenen die Verantwortung in die Hand, und es passt auch wieder nicht. Es ist also relativ schwer.

Aber es gibt noch eine andere Möglichkeit. Herr Dr. Walser, ich schätze ja Ihre Expertise, aber wie Sie ganz genau wissen, gibt es im einen oder anderen Fach noch Probleme, bis wir sozusagen das Modell tatsächlich zur Serie bringen können. Sie wissen um die Problematik, die es in Mathematik gibt, wo man sich eben nicht so weit fühlt, das in der Fläche durchzuführen.

Aber selbst wenn es einzelne Standorte gibt, die sagen: wir wollen es nur in Englisch machen, oder wir wollen es nur in der Unterrichtssprache machen – auch das ist ja möglich. Es gibt eine Reihe von Schulversuchen, die aufgesetzt sind. Das wird selbstverständlich gemacht, und ich habe bei der Frau Bundesministerin nicht den Eindruck, dass sie nicht die Bereitschaft hätte, Standorte, die sagen, wir sind so weit, auch zu genehmigen. Ihre Kritik geht also gerade heute – ich möchte das wirklich sagen – völlig ins Leere, Herr Dr. Walser! (Beifall bei der ÖVP.)

Vielleicht orientieren Sie sich tatsächlich einmal an allen Schulpartnern: Alle Schul­partner, unabhängig von den Couleurs, haben sich für diese Verschiebung ausge­sprochen. Alle Parlamentsparteien außer den Grünen sind der Meinung, dass das richtig ist, was wir tun, nur eben Sie nicht. Daher möchte ich Sie doch ersuchen: Vielleicht können Sie in Ihrem Klub noch einmal eine kleine Diskussion abhalten, ob Sie nicht vielleicht doch Ihrem Herzen einen Ruck geben (Abg. Rädler: Das braucht auch ...!) und dieser Verschiebung heute zustimmen.

Die Idee zentraler Elemente bei der Reifeprüfung ist eine gute Idee. Es ist aber schlicht und einfach auch notwendig, für alle Schultypen einen vollen Durchlauf zu haben, eine ordentliche, solide Vorbereitung zu haben, denn die Reifeprüfung ist eine entschei­dende Prüfung für die jungen Menschen. Darum sollte man auch sorgsam damit umgehen.

Wenn die Verantwortungsträger, Herr Dr. Walser, den Eindruck haben, dass man ein Gesamtprojekt gefährdet, wenn man nicht bereit ist, hier ein klein wenig nachzugeben gegenüber all jenen, die tatsächlich betroffen sind, dann hat man, glaube ich, seine Aufgabe falsch verstanden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Rosenkranz. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.05.15

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Kollege Walser hat damit begonnen, dass er diese Gesetzesvorlage als Kniefall vor den Verhinderern bezeichnet hat. Wer sind jetzt, laut Walser, die Verhinderer? – Eltern, Lehrer, Schüler! In alphabetischer Reihenfolge, um hier auch gar keine Wertung vorzunehmen, denn alle diese drei, die die Schulpartnerschaft bilden, sind gleichwertig dabei. All diese waren für die Verschiebung – und nicht für die Verhinderung! Das muss einmal ganz klar gesagt werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 86

Aber das ist demaskierend für Ihre generelle Ansicht, die Sie offensichtlich dann haben, wenn Sie von Autonomie sprechen, von der Einbindung von Betroffenen und Ähnlichem, von Bürgerbeteiligung und so weiter: Wenn das nicht grün ist, dann hat das im demokratischen Spektrum überhaupt nichts zu suchen! Darunter leiden Sie: Sie haben offensichtlich ein nicht ganz gutes Verhältnis dazu, dass es auch andere Mehr­heiten gibt, geben kann und auch geben muss. Das ist eben das Wesen der Demo­kratie. Aber da haben wir aus Niederösterreich unlängst von Ihrer Frau Krismer auch ein schönes, leuchtendes Beispiel gehört, in welche historische Reihenfolge sie sich einordnet.

Nun, es geht um dieses Projekt der Zentralmatura, und Sie, Herr Kollege Walser, können sich erinnern, dass alle Parteien dafür waren, für die Zentralmatura? (Abg. Dr. Walser: Sie natürlich nicht!) – Sehen Sie! Jetzt sagen Sie auf einmal: „Sie natürlich nicht!“ Zuerst sagen Sie, alle waren dafür, jetzt heißt es: „Sie natürlich nicht!“ Wenn wir noch länger einen Diskurs führen, dann kommen wir vielleicht zu anderen Dingen.

Wobei wir, um der Wahrheit gerecht zu werden, natürlich eines schon sagen: Zentral­matura – um das jetzt nur mit diesem Schlagwort zu benennen – findet nicht prinzipiell unsere Ablehnung. Wogegen wir uns gewandt haben, ist die vorwissenschaftliche Arbeit, die wir an sich als eher sinnlos betrachten. Wissenschaft ist an der Universität beheimatet, und eine schriftliche und eine mündliche Matura mit der erforderlichen Zeit und den Ressourcen gehört eben in die Oberstufe als Abschluss und als Studien­berechtigung.

Die Verschiebung erfolgt, weil es Ängste gegeben hat, weil es Probleme gegeben hat. Da kommt es natürlich dazu – kompetenzorientiert ist ja jetzt diese neue Form der Matura –, dass man in der Mathematik eben nicht weiß, was mit der sozialen Kom­petenz gemacht wird. Da bleibt zwei mal zwei vier, und da kann man herumdeuteln, was man möchte. Da hat es die meisten Irritationen gegeben, weil auch die Testungen nicht besonders waren.

Bei den Fremdsprachen: ganz hervorragend! Der Fremdsprachenabschluss bietet auch die Möglichkeit einer internationalen Anerkennung dieses Abschlusses. Etwas Positives wird auch entsprechend anerkannt.

Und: Mit diesem Gesetz gibt es auch Möglichkeiten am Schulstandort – mit diesen ganzen Bedenken, die Sie geäußert haben, von hervorragender Vorbereitung, also die, die sich ans Gesetz gehalten haben, werden jetzt benachteiligt und Ähnliches. Ja kennen Sie die Mechanismen oder die Spielregeln der Demokratie so wenig, dass Sie sie nicht einschätzen können, wenn diese Sechstklassler-Schüler sagen: Liebe Eltern, helft uns dabei!? Das sind schon einmal zwei Gruppen der drei.

Und dann glauben Sie, im Lehrkörper sind wirklich nur diese – die Sie immer so apostrophieren – „Versagerlehrer“ oder sonst irgendetwas, von denen Sie sprechen, diese knöchernen, die überhaupt keine Reformen wollen, die sich nicht kontrolliert wissen wollen und Ähnliches? – Die Realität ist eine andere!

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Schulpartner am Schulstandort – und das wird ja wahrscheinlich der beste Beweis sein, dass man die Schulautonomie, die Sie alle und auch wir im Mund führen, stärken möchte – dem zum Durchbruch verhelfen wird. Genau mit diesem Gesetz ist auch eine Möglichkeit geschaffen worden, dass man das einmal lebt; dass die einen sagen: Wir wollen noch Vorbereitungszeit haben, für uns geht es zu schnell – die haben die Möglichkeit, beim alten System zu bleiben. Und die anderen, die sagen: Wir sind bestens gerüstet und vorbereitet, wir wollen es nach dem Neuen machen – für beide Seiten wird es das Optimum geben. Das ist daher ein gutes Gesetz, dem wir unsere Zustimmung erteilen werden. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 87

Eines lassen Sie mich schon als bedenklich benennen, wenn gerade heute noch eine neue Kritik an der Zentralmatura kommt, nämlich dass der Gegenstand Deutsch zu einfach sein wird. Ein Genügend werde künftig praktisch verschenkt, warnen Lehrer­vertreter. – Das sehen wir auch so, das haben wir auch von Anfang an gesagt. Zentralmatura hat nur dann Sinn, wenn damit das Leistungsniveau gehoben und vergleichbar wird, aber nicht, wenn die Matura geschenkt wird. Nur zu sagen, das Sehr gut ist tatsächlich anspruchsvoll, aber das Genügend bekommt jeder, das ist zu wenig! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich erspare mir jetzt, auch aus Zeitgründen, die entsprechenden Zitate. Aber nur eines, was Eckehard Quin bezüglich Matura sagt: Wir schaffen „zwar eine Studien­berech­tigung, nicht aber eine Studienbefähigung“.

Da ist wirklich ein Unterschied, das ist dabei der springende Punkt!

Zur Kompetenzorientierung bringe ich gerne dieses Beispiel; es sorgt manchmal für Heiterkeit, hat aber durchaus einen wahren Kern. Eine Deutsch-Schularbeit kann unter Umständen aussehen wie ein rotes Meer aufgrund der Fehler, die drinnen sind, aber wenn einer dann reinschreibt: „Die FPÖ und der Strache sind sowieso sehr böse“, dann hat derjenige schon eine derart hohe soziale Kompetenz, dass man ihm auf jeden Fall einen Vierer geben kann! – Das ist nicht das Leistungsniveau, das wir uns bei Kompetenz vorstellen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haubner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.10.59

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die sogenannte Zentral­matura – kompetenzorientierte Reife- und Diplomprüfung – ist laut Regierung und laut Bundesministerin Schmied ein Quantensprung in der bildungspolitischen Landschaft. Damals, vor drei Jahren, als auch wir vom BZÖ hier unsere Zustimmung gegeben haben, ist in diesen Worten gesprochen worden.

Wir wissen, dass es in 23 von 27 EU-Staaten diese Art der Prüfung schon gibt, und Österreich ist eben eines der wenigen Länder, die in dieser Richtung noch nicht so weit sind. Wir haben damals aus Überzeugung zugestimmt, keine Frage, weil es einfach darum geht, nicht so wie bisher ständig nur Detailwissen abzufragen und zu prüfen, sondern längerfristig abrufbare Fertigkeiten und Fähigkeiten zu vermitteln, und auch, weil es zukünftig ein transparenteres, objektiveres Prüfungs- und vergleichbares Beurteilungsverfahren mit klaren und einheitlichen Bewertungskriterien gibt.

Es wurde auch bis vor Kurzem von der Frau Bundesministerin der Zeitplan nie in Frage gestellt – wenn ich denke, noch am 22. Dezember haben Sie, Frau Bundesministerin, gesagt: Eine Verschiebung kommt nicht in Frage. Aber damals schon hat es Bedenken gegeben, Bedenken von Lehrern, Eltern, Schülervertretern – ich könnte hier jede Menge von Zitaten anführen –, vor allem, was die Prüfung und Vorbereitung in Mathe­matik betrifft, dass die Lehrbücher nicht rechtzeitig umgestellt wurden und so weiter. Es hat also viele Bedenken gegeben, und Sie, Frau Bundesministerin, haben gesagt, Sie werden mit Information, mit vermehrter Information dementsprechend reagieren.

Das dürfte nicht funktioniert haben, und Sie haben jetzt – spät, aber doch, sage ich – die Bedenken der Schulpartner ernst genommen. Ich glaube, man hätte das schon früher tun können, statt auf einem Punkt zu beharren und zu sagen: Es ist ohnehin alles in Ordnung, und verschoben wird auf keinen Fall. – Aber Sie haben jetzt die Erkenntnis gewonnen, dass es so nicht geht, dass es besser ist, ein Jahr einzu­schie-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 88

ben, um entsprechend vorzubereiten, die Schulpartner ernst zu nehmen und die Verwirrung nicht noch größer werden zu lassen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Daher werden wir auch diesem Optionsjahr bezie­hungsweise Toleranzjahr und dem Optionsmodell zustimmen, weil es natürlich die Möglichkeit gibt, in diesem Jahr einiges in Ordnung zu bringen und zu reparieren.

Ich fordere daher auch Sie auf, Frau Bundesministerin, die Zeit für gezielte Infor­mationen zu nützen, damit unsere Schülerinnen und Schüler wirklich optimal vorbe­reitet sind – denn wir vom BZÖ haben die Zustimmung zu diesem wirklich wichtigen Projekt nicht gegeben, dass wir dann wieder eine Reifeprüfung haben, die ein Flickwerk ist, die eine Husch-Pfusch-Aktion ist, sondern die neue Matura muss ein sichtbares Zeichen für eine leistungsorientierte Ausbildung sein, für eine Gesamt­bildung zukünftiger Akademikerinnen und Akademiker. Nicht Mittelmaß, sondern wirklich beste, einheitliche Ausbildung für Menschen, die dann eigenverantwortlich und selbstbestimmt im Arbeits- und Berufsleben stehen und diesen ständigen Heraus­forderungen auch gerecht werden.

Ich muss aber an dieser Stelle auch sagen, dass es jetzt leider ein Projekt ist, das nicht in dieser Legislaturperiode in die Zielgerade hineingeht, sondern das unter dem Titel „Schulversuch“ in die nächste Legislaturperiode hineingeht und nicht ins Regelsystem. Ich hätte es mir wirklich gewünscht, wenn es so gewesen wäre. Es ist eben wieder eine Noch-Baustelle wie viele andere in der Bildungslandschaft, eine Baustelle, die wir weiter haben  neben der Baustelle Lehrerdienstrecht, neben der Baustelle der einheitlichen Ausbildung für Pädagoginnen und Pädagogen und neben der Baustelle der Schulorganisations- und -verwaltungsreform.

Gerade Letzteres haben wir ja im Rahmen des Bildungsvolksbegehrens sehr intensiv diskutiert. Wir konnten uns nicht auf einen gemeinsamen Antrag von fünf Parteien einigen. Wir haben im letzten Ausschuss – gerade auch, was die Schulorganisation betrifft – wieder die sieben Punkte eingebracht, für die die Regierung angeblich steht und für die alle anderen Parteien, auch die Oppositionsparteien, stehen. Es wurde abgelehnt, weil man gesagt hat: Na ja, da sind so viele Punkte drinnen, mit dem einen oder anderen könnten wir, aber mit dem anderen doch wieder nicht. – Daher werden wir heute im Rahmen der Sitzung jeden einzelnen der sieben Punkte als selbständigen Antrag einbringen, um Ihnen dann auch die Zustimmung im Ausschuss etwas zu erleichtern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Warum ist die Schulorganisationsreform und Schulverwaltungsreform so wichtig? – Weil dort so viel Geld mit Doppelgleisigkeiten und Mehrfachzuständigkeiten geparkt ist, dass es letztendlich dort fehlt, wo wir es brauchen, nämlich bei den Schülerinnen und Schülern. Es geht zulasten der Lehrer, der Schülerinnen und Schüler, der Schulen, dass da kein oder nur wenig Geld vorhanden ist. Wenn wir wollen, dass wir bestausgebildete junge Menschen haben, nicht nur im Rahmen der Zentralmatura, dann muss dieses geparkte Geld endlich so eingesetzt werden, dass es in den Klassen und in den Schulen ankommt. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

13.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bun­des­minister Dr. Schmied zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.17.15

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die neue Reife- und Diplomprüfung zählt mit ziemlicher Sicherheit zu einem der größten Bildungsreform-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 89

projekte, die wir derzeit umsetzen. Für alle AHS- und BHS-Standorte bedeutet diese Reform einen großen Paradigmenwechsel. Während ja bisher seit Jahrzehnten alle Fragen von den Lehrern und Lehrerinnen vorgegeben waren, erfolgt jetzt im schrift­lichen Bereich die Umstellung auf extern vorgegebene Fragen an einem Tag zum selben Zeitpunkt. Das bedeutet vor allem für die Lehrer und Lehrerinnen eine gewaltige Umstellung.

In Summe wird die neue Matura – und da bin ich ganz bei Ihnen, Frau Abgeordnete Haubner – mehr Fairness und Objektivierung bringen. Vor allem folgt die neue Matura auch einem internationalen Trend; ich sage nur: 23 von 27 EU-Staaten.

Der Grundstein für dieses große, neue Projekt wurde im Jahr 2009 gelegt, und es ist mir wichtig, hier einmal mehr festzuhalten, dass an diesem Grundmodell und an dem Grundstein nicht gerüttelt wird. Das festzuhalten ist, denke ich, sehr, sehr wichtig.

Ich möchte auch betonen und bedanke mich sehr – auch im Namen des BIFIE – für die Wertschätzung der Arbeit des BIFIE, wie sie im Unterrichtsausschuss im Rahmen der Diskussion ja von Ihnen zum Ausdruck gebracht wurde. Seit 2009 arbeiten wir intensiv an der Vorbereitung der neuen Matura. Wir kooperieren mit den Universitäten – auch darüber haben wir im Unterrichtsausschuss diskutiert –, Pädagogische Hochschulen sind eingebunden.

Die Schulversuche sind vor allem im Bereich lebende Fremdsprache hervorragend angelaufen; im Bereich Mathematik – das muss man hier auch offen ansprechen – gibt es Probleme. Die Voraussetzungen, die formalen Voraussetzungen für die Einführung der neuen Matura sind gegeben. Lehrpläne, Lehrbücher, die entsprechenden Verordnungen sind verlautbart.

Dennoch sind – Sie haben das ja mitverfolgt – in den letzten Monaten, in den letzten Wochen, von Eltern-, Schüler-, Lehrervertretern Bedenken geäußert worden, ob der im Gesetz vorgesehene Termin zu halten ist. Diese Bedenken haben sich in einzelnen Bundesländern auch in entsprechenden Landtagsbeschlüssen niedergeschlagen. Diese Bedenken wurden mir gegenüber in Schulpartnerdialogen und vor allem in den beiden Schulpartnerforen in Wien vorgetragen. Die Bedenken, und das möchte ich hier auch noch einmal betonen, haben sich dabei auf den Zeitpunkt der Einführung und auf die Vorbereitungsdauer für die neue Matura konzentriert. An der Grundsatz­ent­scheidung, dass eine neue Matura sinnvoll ist, wurde nicht gerüttelt.

Daher habe ich mich in enger Abstimmung mit dem Regierungspartner, und hier gilt mein Dank Werner Amon und vor allem auch Elmar Mayer, haben wir uns also dazu entschlossen, ein zusätzliches Vorbereitungsjahr zu ermöglichen. Das heißt, mit Ihrer Beschlussfassung, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird der verpflichtende Umsetzungstermin für alle AHS das Schuljahr 2014/15, für BHS 2015/16 sein. Ich darf nur in Ergänzung zu Ihrer Wortmeldung, Frau Abgeordnete Haubner, festhalten, dass auch der ursprünglich vorgesehene erste, für alle verbindliche, reguläre Maturatermin schon in die neue Legislaturperiode, nämlich auf 2014, gefallen wäre.

Was wir mit Ihrer Beschlussfassung ermöglichen, ist ein Jahr mehr an Vorbereitungs­zeit. Ich spreche in diesem Zusammenhang auch von einem „Toleranzjahr“, und auch ich möchte betonen – wie das Elmar Mayer schon vor mir getan hat –, dass natürlich für all die Standorte, die Sie erwähnt haben, für all die Klassen, die sich gut vorbereitet fühlen, Schulversuche in gewohnter Weise möglich sind und dass natürlich per Be­schluss des Schulgemeinschaftsausschusses auch ein ganzer Standort zum ursprüng­lichen Termin antreten kann.

Eines ist für mich sehr klar – Frau Abgeordnete Haubner, da sprechen Sie mir aus der Seele –: Wichtig ist natürlich weiterhin die konzentrierte Arbeit an diesem Großprojekt,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 90

und damit meine ich die Arbeit von allen Betroffenen, den Schulpartnern vor Ort an den Schulstandorten, da meine ich den Landesschulrat, da meine ich die Schulaufsicht, da meine ich die Pädagogischen Hochschulen, das BIFIE und das Ministerium. Wir haben jetzt nicht ein Jahr Zeit, sondern wir haben ein Jahr gewonnen, um dieses Großprojekt intensiv vorzubereiten, und ich werde darauf sehr gewissenhaft achten.

Jeder auf allen Ebenen muss seinen Beitrag leisten, damit dieses Projekt gut ins Ziel kommt. Und es ist, auch das habe ich schon im Unterrichtsausschuss betont, ein Projekt, wenn man es in der Halbwertszeit bildungspolitischer Maßnahmen betrachtet, na ja, ich würde sagen, für die nächsten 50 Jahre. Sich ein Toleranzjahr zu „gönnen“ – unter Anführungszeichen –, und dann aber alle an Bord zu wissen, Eltern, Schüler, Lehrer, das, denke ich, ist im Hinblick auf die Dimension dieses Projektes eine gute Entscheidung, auch wenn sie mir medial Kritik eingebracht hat, wenn ich damit vielleicht im Ranking ein bisschen zurückgefallen bin. Sie haben mich sehr scharf kritisiert, Herr Abgeordneter Walser, aber im Interesse des Projektes und im Interesse der Schulpartner stehe ich zu dieser Entscheidung.

Die neue Matura bleibt ganz oben auf meiner Agenda, sie ist mit den Bildungs­standards die Maßnahme zur Qualitätssicherung an unseren Schulen. Ich möchte mich besonders auch bei Herrn Abgeordnetem Dr. Rosenkranz und bei Frau Abgeordneter Ursula Haubner für das Verständnis bedanken – und seien Sie sicher: Wir arbeiten intensiv weiter.

Das Wort Baustelle habe ich nicht so gern, vor allem auch jetzt im Sommer nicht. Wir haben bisher 49 Regierungsvorlagen eingebracht. Ich glaube, so viele gab es noch nie in einer Legislaturperiode zum Thema Bildung. Wir arbeiten an allen Projekten mit Hochdruck weiter. Einige wichtige werden ja heute, wie ich hoffe, mit großer Zustimmung des Hohen Hauses beschlossen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Kuntzl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.25.15

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Es besteht nicht der geringste Zweifel daran, dass die neue Matura ein wichtiger Baustein ist, ein wichtiger Baustein bleibt, auch nach der Entscheidung, die wir heute vermutlich treffen werden. Es besteht nicht der geringste Zweifel daran, dass die große Bildungsreform mit aller Kraft weitergeführt wird, speziell auch nach den entschlossenen Ausführungen der Frau Bundesministerin, die wir gerade gehört haben.

Ich halte die neue Matura für einen sehr wichtigen Baustein der Bildungsreform auch deshalb, weil sie diejenige Prüfung ist, die entscheidend ist für den Hochschulzugang in Österreich, für die Studienberechtigung. Nicht umsonst heißt sie ja Reifeprüfung, weil sie auch über die Hochschulreife entscheidet.

Die neue Matura ist ein gut vorbereitetes Projekt. Daran besteht aus meiner Sicht kein Zweifel. Wir hatten ja Gelegenheit, im Unterrichtsausschuss vom Leiter des BIFIE, Christian Dorninger, den Stand der Vorbereitungen ausführlich dargestellt zu bekom­men. Wir haben gesehen, wie exzellent und wirklich bis ins Detail sehr gut vorbereitet dieses Projekt ist.

Kollege Walser! Bei einem gut vorbereiteten Projekt stellt sich natürlich die berechtigte Frage, ob es wirklich notwendig ist, es zu verschieben. Objektiv war es möglicherweise gar nicht notwendig, da mögen Sie recht haben, objektiv nicht. Wie so oft im Leben gibt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 91

es jedoch einen Unterschied zwischen objektiven Tatsachen und Gegebenheiten und dem, was Menschen subjektiv empfinden. Ich denke, dass es bei einem solch wich­tigen Moment im Leben eines jungen Menschen wie der Matura richtig war, kurz innezuhalten und sich die Frage zu stellen: Ziehen wir das jetzt einfach durch, weil wir wissen, dass es gut vorbereitet ist, wie Sie richtigerweise sagen, oder nehmen wir Druck heraus?

Aus meiner Sicht war es eine richtige Entscheidung. Ich denke, dass für den Lauf der Geschichte, der Bildungsreform, der bildungspolitischen Entwicklung in diesem Land, die Frage, ob die neue Matura ein Jahr früher oder später kommt, von wesentlich geringerer Tragweite ist als die Tatsache, dass ein solches Projekt dann gemacht wird, wenn auch subjektiv das Empfinden da ist, dass sich die Schulen, die Schüler, die Lehrer und Lehrerinnen, gut vorbereitet fühlen.

Also war es eine richtige Entscheidung der Frau Bildungsministerin, das vorzu­schla­gen, und ich hoffe, wir werden das heute so umsetzen, nämlich diesen Schritt gegen die Verunsicherung zu setzen, eine flexible Lösung anzustreben, nach der die Schulen, die sich gut vorbereitet fühlen, das machen können, eine Vorreiterrolle ein­nehmen können, es aber niemand machen muss, weil es sich eben um eine sehr wichtige Entscheidungssituation im Leben junger Menschen handelt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Fuhrmann. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.28.35

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Frau Kollegin Kuntzl hat von Bausteinen gesprochen, was schon viel positiver klingt als von Baustellen zu sprechen. Ich möchte jedoch Frau Kollegin Haubner auch recht geben, dass es sehr wohl noch offene Baustellen gibt. Das Lehrerdienstrecht ist ange­sprochen worden, die PädagogInnenausbildung-Neu. Ich bin nicht nur zuversichtlich, sondern es liegt auch an uns, wie wir in den Verhandlungen, in den Vorbereitungen damit umgehen, ob wir diese großen Projekte zu einem Ergebnis bringen. Ich bin eigentlich davon überzeugt, dass wir es gemeinsam schaffen werden. Die vielzitierte Konstruktivität, die rund um die Diskussionen zum Bildungsvolksbegehren Einzug ge­hal­ten hat in den Ausschuss und in die bildungspolitischen Debatten, soll, so haben wir es ja besprochen, weitergeführt werden. Insofern steht dem also nichts im Wege.

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass viele Baustellen, die auch wirkliche Baustellen waren, in dieser Legislaturperiode bereits von der Frau Bundesminister erledigt wurden, ob das die Bildungsstandards waren, die Neue Mittelschule, der Erhalt des Gymnasiums oder die modulare Oberstufe. Das sind ja mindestens ebenso große Brocken wie die Zentralmatura, und sie sind bereits erledigt. Davon heute gar nicht mehr zu reden, fände ich falsch und auch nicht gerechtfertigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Walser hat im Ausschuss gesagt – er hat es auch heute wieder getan –, dass es so schade sei, weil die Schulen sich jetzt auf die neue Form der Matura vorbereitet hätten, und bejammert, dass jetzt das alles nicht zum Zug kommt. Man kann nur für den Zuseher, für die Zuseherin einmal mehr betonen, dass das nicht richtig ist, denn eine Wahlmöglichkeit bei einer Gesetzeseinführung in der Form hat auch pädagogischen Wert, finde ich, nämlich die Schulen und die einzelnen Betrof­fenen dort abzuholen, wo sie sind. Mit der Bereitschaft zu einer guten Vorbereitung und der Absicht, ein Toleranzjahr zu gewähren, wird die Möglichkeit dazu geschaffen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 92

Jene, die jetzt soweit sind, können bereits ab kommendem Schuljahr damit beginnen, und die, die längere Zeit brauchen zur Vorbereitung, denen soll die Zeit gewährt werden. Eine derart flexible Art und Weise, etwas guten Gewissens umzusetzen und einzuführen, hat es in der Bildungspolitik ohnehin noch nicht gegeben. Ich halte das für pädagogisch wertvoll, um das noch einmal zu unterstreichen und zu betonen.

Es wird auch kritisiert, dass die Entscheidung jetzt den Schulpartnern obliegt, ob sie früher oder später damit beginnen. Als ehemalige Schülervertreterin und in Anbetracht von Diskussionen, in denen es um Formen der Demokratie geht, erachte ich es durch­aus als sinnvoll, auch solch wichtige Entscheidungen in die Entscheidungskompetenz der Schulpartnerschaft vor Ort an einer Schule zu legen, denn dort wird Demokratie gelernt und dort wird gerade für Schüler zum ersten Mal Demokratie auch gelebt. Wenn wir der Politikverdrossenheit etwas entgegenhalten wollen, dann ist genau dort auch der richtige Punkt, die Motivation für demokratisches Verständnis zu wecken. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Herr Kollege Rosenkranz ein bisschen nebenbei anmerkt, dass er eigentlich ohnehin nie für die Zentralmatura war, finde ich das schade. Sie bedeutet natürlich keine Nivellierung nach unten; das hat auch nie jemand beabsichtigt.

Er behauptet auch, vorwissenschaftliche Arbeiten brauche man sowieso nicht. Ich war, glaube ich, im ersten Jahrgang, der die Möglichkeit hatte, eine Fachbereichsarbeit zu schreiben. Ob es dann die Diplomarbeit oder die Masterthese war in der postgradualen Ausbildung, das Wissen über wissenschaftliches Arbeiten stammt aus der Schule. Viele, die sich in postgradualen Systemen oder Ausbildungslehrgängen befinden und in ihrem Leben noch nie etwas mit wissenschaftlichem Arbeiten zu tun hatten, weil sie nicht von einer Universität kommen, wären dankbar, hätten sie das in der Schule jemals gelernt.

Abgesehen davon bin ich der Meinung, dass in Zeiten des World Wide Web, in denen es auch darum geht, seriös beurteilen zu können, ob eine Information korrekt ist oder nicht, valide ist oder nicht, Umgang mit Wissen und Umgang mit Informationen etwas ist, was man sehr wohl in der Schule lernen muss. Insofern ist diese vorwissen­schaft­liche Arbeit sicherlich nicht unnütz, sondern eine wichtige Bereicherung für alle. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Mag. Auer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.33.22

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Die Zentralmatura hat mehrere Ziele. Ein wesentliches Ziel ist sicherlich, eine breite und fundierte Wissensbasis zu schaffen und alle Schülerinnen und Schüler auf einen maximalen Mindestsockel zu stellen. Ich habe selbst als Lehrer viele Jahre in einem Kolleg unterrichtet, in dem Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden, die bereits die Matura haben. Und da habe ich die leidvolle Erfahrung gemacht, dass viele eben noch nicht so reif sind, speziell in den Fächern, die ich unterrichte, Mathematik und Physik – Herr Kollege Rosenkranz, bleiben Sie vielleicht sitzen! –, große Mängel gibt es zum Beispiel beim Prozentrechnen. Das haben Sie heute gezeigt. Ich will das jetzt nicht politisch aufzeigen, sondern pädagogisch, eben Prozentrechnen.

Sie haben heute in der Asyldebatte davon gesprochen, dass eine Steigerung von 30 Prozent gegeben war und im darauffolgenden Jahr wieder von 30 Prozent, und haben das dann einfach zusammengezählt. Das geht aber nicht additiv! Da muss man multiplizieren. Das wären also insgesamt fast 70 Prozent. – Aber noch einmal: Prozent-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 93

rechnen ist viel schwieriger, als manche meinen, und eine Mindestbasis sollten alle schaffen und sollten alle haben.

Mit der Zentralmatura wird ein maximal möglicher gemeinsamer Nenner geschaffen, der aber nach oben hin offen ist und keine Gleichmacherei. Bisher waren die Schü­lerinnen und Schüler einer Klasse oder auch einzelne Schüler sehr stark vom jeweiligen Lehrer abhängig, davon, wie er sie zur Matura geführt hat. Das wird nun sicher wesentlich verbessert. Alle haben ein gemeinsames Ziel, und die Lehrperson wird sozusagen zum Trainer, zum Coach, zum Helfer, auch zum Freund. Alle bewegen sich auf ein gemeinsames Ziel hin, und dadurch werden dem Ganzen sozusagen Flügel verliehen.

Die Kritik, wenn ich zu Herrn Kollegen Walser schaue, der sich heute bildlich an die Wand gespielt hat – Sie sitzen ganz oben –, ist nicht nachvollziehbar, mit normalem Hausverstand wirklich nicht nachvollziehbar. Ein zusätzliches Jahr für all jene, die es brauchen, kann doch wirklich nicht das Schlimmste auf der Welt sein. Da frage ich Sie: Wollen wir Erfolg oder nicht? Es geht nur gemeinsam, Herr Kollege Walser, und nicht einsam. Man kann auch sagen, der Klügere gibt nach, zumindest dann, wenn be­stimmte Gründe – ob objektiv oder nicht objektiv, ob geschürt oder gezielt gesteuert – dafür sprechen. Auf alle Fälle ist es manchmal besser, nachzugeben. Das ist auch ein Grundprinzip der Pädagogik, Herr Lehrer Walser.

Die Schlagzeilen in den Zeitungen – „Bauchfleck der Ministerin“ – hätten auch lauten können: Schmied ist die erste Ministerin, die die Schulpartnerschaft wirklich ernst nimmt. Damit möchte ich aufzeigen, wie heute Politik gemacht wird, auch über die Medien. Die Medien sollten eigentlich berichten, sie machen aber niedere Politik bezie­hungsweise machen die Politik nieder.

Fakt ist, dass diese Veränderungen im Bereich der Reifeprüfung für die nächsten Jahr­zehnte gelten sollen und werden. Da fällt dieses eine Jahr, Herr Kollege Walser, zeitlich absolut nicht ins Gewicht. Das ist Erbsenzählerei – die ist sehr einfach, denn die läuft nämlich additiv.

Es ist noch nichts zu den Kosten gesagt worden. Die Frau Minister ist sehr sparsam unterwegs. Die Kosten liegen nämlich völlig im Rahmen des BIFIE, und es erwachsen keine zusätzlichen Kosten.

Sehr herzlichen Dank, Frau Ministerin! Sie zeigen, dass Sie eine sehr gute Unterrichts­ministerin sind! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Amon.)

13.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Franz. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.37.21

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Da es große Bedenken gegeben hat, seitens der Schülervertretung, seitens der Lehrerinnen und Lehrer, seitens der Eltern, dass die Vorbereitungszeit für diese neue Matura zu kurz ist, bin ich sehr froh, dass unsere Frau Ministerin Einsicht gezeigt hat, und ich freue mich darüber, dass wir diese Verschiebung heute beschließen dürfen.

Herr Kollege Walser, das ist wirklich kein Kniefall, sondern gelebte Schulpartnerschaft, genau so, wie wir sie leben sollten, denn Schulpartnerschaft ist für uns nicht nur ein Schlagwort, sondern wir nehmen die Schulpartner sehr ernst. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Verschiebung der Zentralmatura war dringend notwendig – sie ist dringend notwendig – und bedeutet ein Jahr mehr Vorbereitungszeit und dadurch, so denke ich,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 94

auch mehr Qualität. Es werden zusätzliche Probeprüfungen, vor allem in Mathematik durchgeführt werden. Dort hat es ja die größten Probleme gegeben. Deshalb meine ich, dass es gut ist, wenn die gesammelten Erfahrungen dann auch wieder eingebracht werden.

Die neue Matura ist ja nicht nur ein kleines Projekt, sondern es ist eine große System­umstellung. Auch ich verstehe die Aufregung der Grünen nicht. Sie ist nicht nach­vollziehbar, denn es gibt die Möglichkeit, diese teilzentrale Matura zum geplanten Zeitpunkt durchzuführen, für jene, die sich ganz besonders gut vorbereitet fühlen.

Dieses eine Jahr an zusätzlicher Vorbereitungszeit muss nun intensiv genutzt werden, damit dieses Projekt standardisierte Reifeprüfung auch zum Erfolg wird, soll diese doch mehr Qualität, eine bessere Vergleichbarkeit, mehr Transparenz und Objektivität bringen. Unterschiedliche Standards sollen der Vergangenheit angehören. Die Kom­petenzen der Maturantinnen und Maturanten müssen einem internationalen Vergleich standhalten. Und das soll diese neue Matura auch bewerkstelligen.

Diese Verschiebung ist also kein Kniefall. Es ist das ein gutes Beispiel für gelebte Schulpartnerschaft, denn die geäußerten Bedenken der Schulpartner wurden ernst genommen, deren Wünsche werden nun zu Recht umgesetzt.

Wenn wir nun ein Jahr mehr Vorbereitungszeit für diese wichtige bildungspolitische Maßnahme haben, so ist das völlig richtig. Ich freue mich als Abgeordnete, dass wir das heute beschließen. Und ich würde mich auch freuen, wenn wir demnächst das neue Dienstrecht für Lehrerinnen und Lehrer beschließen könnten. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mag. Rudas.)

13.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Brosz. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.40.32

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Wenn es nur um die Frage ein Jahr früher oder ein Jahr später ginge und dies die Problematik ausreichend beschreiben würde, dann wäre das Problem gar nicht so groß. Was ich wahrnehme, ist eigentlich etwas anderes – mittlerweile habe ich meine Rolle ein bisschen verändert, Kollege Walser ist seit dieser Gesetzgebungsperiode Bildungssprecher der Grünen –: Ich habe Kinder, die mittlerweile im Gymnasium sind, am Wechsel von der Unter- in die Oberstufe. Man bekommt das österreichische Schulsystem, wenn man ein bisschen näher dran ist, dann in einer anderen Art und Weise mit.

Das, was hier vermittelt wird, ist, glaube ich, das Bild einer Befürchtung, die geäußert worden ist, die Zentralmatura berge eine Gefahr, denn das könne kontrolliert werden, da könne man möglicherweise an etwas gemessen werden und die individuellen Mög­lichkeiten würden eingeschränkt. Und das ist ein gewisses Bild, das in manchen Formen vielleicht auch nicht unberechtigt ist, nämlich dort, wo der Unterricht schon jetzt gut funktioniert. Ich glaube nur, dass die Lehrer, die einen guten Unterricht machen, die sich mit den Schülern auseinandersetzen, wo das positiv funktioniert, auch wenig Angst haben müssen.

Was jedoch völlig außer Acht gelassen wird, ist, dass es auch genau das gegenteilige Bild gibt, dass es Lehrer gibt, die einen Unterricht machen, der nach wie vor indis­kutabel ist. Ich sage das auch in aller Deutlichkeit und ich traue mich, das mittlerweile auch sehr aus der Praxis zu beurteilen. Wir haben Situationen, wo die Schüler extrem darunter leiden, dass einzelne Lehrer letztlich vorgeben, wie die Matura abläuft.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 95

Ich sage Ihnen nur einen Einzelfall – ich habe diesen Fall im Unterrichtsausschuss mit dem Namen der Schule genannt, ich tue das jetzt nicht mehr –, der vor drei Wochen passiert ist. Wenn in einer Maturaklasse von 18 Schülern und Schülerinnen, die das Abschlusszeugnis in der 8. Klasse geschafft haben, zehn bei der Deutsch-Matura durchfliegen, dann frage ich mich: Was ist denn los im System? – Ich behaupte, genau die hätten enorme Unterstützung gehabt, wenn es nicht ein System wie jetzt gäbe, dass ein Lehrer die Entscheidung trifft, sondern ein System etabliert wäre, wo von Anfang an auf ein Ziel hingearbeitet wird. (Ruf beim BZÖ: Dem Lehrer einen Fünfer geben!) – „Dem Lehrer einen Fünfer geben!“, das war ein einzelnes Argument.

Es hängt noch eine ganz andere Geschichte dran, die ist nämlich noch viel bitterer. Solche Lehrer haben nicht nur Maturaklassen, sondern auch andere Klassen, mutieren de facto zum Schrecken der Schule. Dann passiert genau das, dass die Eltern, die sich darum kümmern, verhindern können, dass ihre Kinder schlechte Erfahrungen machen, die können das irgendwie auslagern. Man hat es geschafft, dass die Direktorin zur Prüfung gekommen ist, in den Klassen dabei war. Die Schüler haben das als Unter­stützung empfunden, um vor dem Lehrer geschützt zu werden. Derselbe Lehrer geht dann zur Matura, und dort fliegen von 18 SchülerInnen zehn durch, davon fliegen noch vier bei der Nachmatura durch und können jetzt ein Jahr lang nicht mit ihren Studien beginnen.

Das ist etwas, wo ich finde, dass da das Grundübel liegt. Und wenn man es sich ein bisschen anschaut: Da gibt es ja mehrere, die auch die Erfahrung haben, mit ihren Kindern zu lernen, sich auf die Matura vorzubereiten und sich gerade in natur­wissen­schaftlichen Gegenständen anzuschauen, was dort gelernt wird und ob das das ist, was das Ziel einer neuen Matura wäre, nämlich Grundverständnis, womit sie später etwas anfangen können.

Übrigens war ich auch bei dem Lehrer. Am Elternsprechtag wurde gesagt: Na ja, fürs Leben braucht ihr es eh nicht können, aber jetzt müsst ihr es können! – Wenn man bei solch einem Elternsprechtag reingeht und dann rauskommt, denkt man sich: In welchem Schulsystem bin ich gelandet?

Mir geht es darum, ein Schulsystem zu schaffen, in dem es einfach ein gemeinsames Ziel gibt, das darauf ausgerichtet ist, Schule zu verändern – da sind ja die Ziel­setzungen der Zentralmatura richtig, nämlich verstehendes Lernen –, dorthin zu kom­men, dass Wissen nicht nur reingepaukt wird, sondern dass man damit auch etwas machen kann, aber dass man auch von dieser Willkür einzelner Lehrer wegkommt. Es sollen übrigens auch die Möglichkeiten der Schulen gestärkt werden, nämlich recht­zeitig darauf zu schauen, dass Lehrer, die nicht in der Lage sind, pädagogisch zu unterrichten – ich sage das in dieser Deutlichkeit –, möglichst schnell aus dem Schulsystem herauskommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des BZÖ.)

Genau das wäre eine Chance einer gewissen Form von Überprüfbarkeit. Und die Lehrer, die gut unterrichten, fürchten sich auch weniger davor.

Zum Schluss komme ich noch zum Punkt der Zentralmatura, wie sie jetzt ist. Das, was passieren wird – und das traue ich mich jetzt zu prognostizieren –, ist: Die Schulen, die im Schulgemeinschaftsausschuss beschließen, wir machen das jetzt trotzdem, schaue ich mir an. Die werden massiven Druck haben, weil natürlich die Situation eine andere ist, als wenn das vorgegeben ist. Die müssen jetzt gegen die Widerstände in den Schulen selbst beschließen, dass es passiert. Also schauen wir uns nach diesem Jahr an, wie viele es gemacht haben!

Man hätte auch sagen können, dort, wo es ein Problem gibt, machen wir es umge­kehrt: Es gibt die Möglichkeit für Schulen, die sich nicht vorbereitet fühlen, auf Antrag zu sagen, wir verschieben es, aber es bleibt generell bestehen. Aber die, die jetzt den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 96

Mut haben – das sage ich auch dazu –, es trotzdem zu machen, schauen wir uns an. Wir wissen nach diesem Jahr, ob es stattfindet oder nicht. Das halte ich bis zu einem gewissen Grad für schade.

Ich erkenne auch an, dass es Proteste gegeben hat. Ich glaube aber – ich nehme nur einen Teil her –: Wir sollten in dieser Debatte darauf schauen, dass sich der Unterricht generell verändert, dass wir dort, wo das Schulsystem hingehen sollte, stärker hinkom­men und dass wir diese Form von stupidem Auswendiglernen dessen, was nachher niemand mehr braucht, das nach wie vor – und das ist meine Überraschung dabei – noch in großem Ausmaß vorhanden ist, möglichst schnell aus dem österreichi­schen Schulsystem wegbekommen und in Richtung verstehendes Lernen gehen. Ich ver­stehe jetzt viel besser, warum die PISA-Tests so ausgegangen sind, wie sie eben ausgehen: weil das, was dort gefordert wird, in österreichischen Schulen nach wie vor in einem nicht unbeträchtlichen Ausmaß nicht vorkommt – verstehendes Lernen, Verständnis, Grundwissen aufbauen – und leider noch viel vom alten System vor­handen ist. Davon sollten wir wegkommen, hin zu einem neuen Schulsystem. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des BZÖ.)

13.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tages­ord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Gahr zu Wort gemeldet. 4 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


13.46.04

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Es wurden jetzt viele Argumente zur standar­disierten Matura ausgetauscht. Kollege Walser! Ich habe mir in zwei Schulen selbst ein Bild davon gemacht und dabei mitbekommen, dass es durchaus Sinn macht und vernünftig ist, diesem komplexen und anspruchsvollen Projekt mehr Zeit zu geben, damit möglichst alle mitzunehmen und damit auch die notwendige Qualität, die wir uns alle erwarten, bei diesem Projekt zu bekommen. (Beifall des Abg. Amon.)

Ich glaube, es war durchaus richtig und wichtig, dass wir da gemeinsam mit Lehrern, Eltern und Schülern dieses Toleranzjahr in Anspruch nehmen und dabei alle noch einmal motivieren – da geht es auch vielfach um Motivation in der Bildung –, dass wir dieses Projekt mittragen.

Diese Maturareform bringt ja neue Dynamik und einen Paradigmenwechsel in das öster­reichische Bildungssystem. Daher ist es wichtig und richtig, dass wir alle Argu­mente hören, dass wir Optimierungen und Verbesserungsvorschläge einarbeiten und damit zur Weiterentwicklung beitragen.

Aus meiner Sicht tragen diese einheitlichen Bildungsstandards dazu bei, dass wir mehr Transparenz im System zeigen, dass wir mehr Objektivität bekommen, für alle die gleichen Chancen und dass wir auch eine internationale Ausrichtung bekommen. Wir müssen uns mit den Besten messen und müssen uns gegen die Besten behaupten.

Es geht also darum, dass wir mit diesem Projekt den Wandel und die Veränderungen berücksichtigen, und ich glaube, in der Umsetzung wird entscheidend sein, dass wir dieses Projekt gut betreuen. Ich bedanke mich bei der Frau Bundesminister dafür, dass sie dieses Projekt auch wissenschaftlich begleitet. Ich denke, gerade da ist es wichtig, dass wir alle Argumente mitnehmen.

Fakt ist, einige haben sich rascher darauf eingestellt, einige haben ein wenig zuge­wartet, aber Fakt ist auch, dass dieser heutige Beschluss ein Auftrag ist, dass alle mit Nachdruck und Konsequenz hier mitarbeiten, um die standardisierte Matura umzuset-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 97

zen. Eine Terminverschiebung ist kein Malheur und kein Problem. Ich glaube, es ist auch Mut und Ehrlichkeit, wenn man sagt, wir brauchen noch mehr Zeit.

Ich bedanke mich bei der Frau Bundesminister, auch bei den Bildungssprechern, die sich hier massiv eingebracht haben, bei Werner Amon. Wir unterstützen den heutigen Beschluss, bekräftigen ihn und unterstützen damit dieses Zukunftsprojekt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Walser. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.48.49

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Im Kern haben wir jetzt zwei Punkte gehört: Das eine ist, es ist gelebte Schulpartnerschaft, die Betroffenen können selbst entscheiden. – Genau das können sie nicht, denn betroffen sind die jetzigen Sechstklässlerinnen und Sechstklässler, und die können eben nicht entscheiden. Das ist das große Problem. Es entscheidet der Schulgemeinschafts­aus­schuss. Es entsteht enormer Druck an den Schulen.

Die Reformverweigerer setzen sich in diesen Gremien nicht selten durch. Jedenfalls: Die Betroffenen, die Lehrerinnen und Lehrer in den sechsten Klassen und die Schüle­rinnen und Schüler in den sechsten Klassen, können nicht entscheiden. Es ist bitte nicht so, dass da die Betroffenen entscheiden können. (Zwischenruf der Abg. Mag. Fuhrmann.)

Und das zweite Argument ist auch sehr wichtig – darauf ist interessanterweise kaum jemand eingegangen –: Das Signal, das wir hier aussenden, dass wir uns von Interes­sengruppen diktieren lassen, wann Gesetze in Kraft treten und wann nicht, ist ein fatales. (Abg. Gahr: Das stimmt ja nicht!) – Kollege Gahr, natürlich stimmt das! Wir machen jetzt einen Tabubruch. Und das ist eine fatale Botschaft!

In den letzten Tagen und Wochen hat sich ja gezeigt, dass genau Herr Quin und andere von der Lehrergewerkschaft erneut kommen und sagen: Na, na, ein Jahr Ver­schiebung reicht bei Weitem nicht; wir brauchen mindestens ein zweites Jahr Ver­schiebung; in Deutsch sind wir sowieso noch nicht so weit und in Mathematik schauen wir einmal!

Das ist das, was Sie sich einhandeln. Sie werden sehen, in den nächsten Wochen und Monaten, wenn nicht in den nächsten zwei Jahren, werden Sie massiv weiterhin Druck bekommen. Die sind schon alle in den Startlöchern, und das schaue ich mir dann an.

Dann kommt die nächste Legislaturperiode. Dann ist wieder alles neu. Dann werden die Karten wieder neu gemischt. Sie werden höchstwahrscheinlich, zum Glück, nicht mehr in Regierung sein. Ich hoffe, es kommt eine Reformregierung (Abg. Scheibner: Wer ist in der Regierung?), die dann auch willens ist, gefasste Beschlüsse, gefasste Gesetze nicht nach drei Jahren zurückzunehmen, sondern auch wirklich umzusetzen, und zwar im Interesse der Schülerinnen und Schüler und im Interesse eines modernen, überschaubaren Schulsystems, das in die Zukunft weist und nicht wie Ihre bildungspolitischen Vorstellungen ins 19. Jahrhundert. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Amon: Geh bitte! – Abg. Dr. Bartenstein: Eine grüne Minderheits­regierung!)

13.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundes­minister Dr. Schmied zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 98

13.51.23

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube ja, dass ich immer sehr gefasst und ruhig bin, aber Sie, Herr Abgeordneter Walser, schaffen es, dass ich mich jetzt zum Schluss noch einmal zu Wort melde, denn das, was Sie hier sagen, stimmt einfach nicht! (Abg. Scheibner: Das glaube ich! Der regt uns auch immer auf!)

Selbstverständlich können die betroffenen Schüler, die betroffenen Eltern, die betrof­fenen Lehrer an jedem Standort aktiv werden. Entweder wir nehmen die Schulpart­nerschaft ernst oder wir nehmen sie nicht ernst. Wir können das nicht einmal so und einmal so interpretieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Schulversuche erfordern nicht die Zweidrittelmehrheit des Schulgemeinschaftsaus­schus­ses, das wissen Sie, die Möglichkeit zu Schulversuchen ist gegeben. Selbst­verständlich werde ich diese auch genehmigen. Die Schulpartner ernst zu nehmen ist für mich niemals ein Tabubruch! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.52

13.52.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1863 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

13.53.21 4. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1789 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird (1864 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt als Erste Frau Abgeordnete Mag. Rudas. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Frau Rudas hält ihre dritte Rede in diesem Jahr!)

 


13.53.46

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Westenthaler wieder mit seinen Zwi­schenrufen! (Abg. Scheibner: Das war nur eine Feststellung!) – Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Gesetz zur Sprachförderung ist erfreulicher­weise unumstritten. Eine Evaluierung des BIFIE und der Universität Wien hat ja gezeigt, dass die Sprachförderkurse sehr positiv beurteilt werden. Einerseits vermitteln sie die nötige unterrichtssprachliche Kompetenz, andererseits tragen sie aber auch viel zur sozialen Integration der betroffenen Schülerinnen und Schüler bei.

Die Sprachförderkurse haben sich in den letzten Jahren bewährt, daher ist es sinnvoll, diese Kurse zu verlängern. Jedes Kind in Österreich muss das Recht auf die höchste


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 99

Qualität im Unterricht haben, jedes Kind soll unabhängig davon, woher die Eltern kom­men, wie das Einkommen und die Bildung der Eltern sind, die besten Chancen auf die beste Bildung und Ausbildung haben.

Das muss auch im Interesse des Standortes Österreich sein, denn wir wissen: Je höher die Bildung der Menschen, desto niedriger das Risiko, dass sie arbeitslos sind, aber – und das ist mir gerade nach dem letzten Punkt wichtig, zu betonen – wenn wir uns anschauen, was Unterrichtsministerin Claudia Schmied in den letzten Jahren alles gemacht hat und erreichen konnte, so sehen wir, das ist nur ein kleiner Baustein von sehr vielen Reformen, die stattgefunden haben und stattfinden werden, von der „Neuen Mittelschule“ über die Zentralmatura, über die wir vorhin diskutiert haben, bis hin zum Ausbau von Ganztagsschulen. Ich glaube, wir können behaupten, dass in den letzten Jahren so viel geschehen ist wie niemals davor, und dazu können wir unserer Unterrichtsministerin Claudia Schmied nur gratulieren. (Abg. Scheibner: Aber bei der Schulverwaltung haben Sie sie allein gelassen! Da haben Sie ihr nicht geholfen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Bundesregierung hat unterschiedliche Schwer­punkte in der Bildungspolitik gesetzt. Ein wichtiger und richtiger ist eben die gezielte Förderung von allen Kindern mit sprachlichem Förderbedarf. Auch da wurde unter Bildungsministerin Claudia Schmied das Bildungsangebot in den letzten Jahren massiv ausgebaut – wie niemals davor! Sprachförderkurse tragen auch zur Chancen­gleichheit bei, weil sie genau jene betroffenen Schülerinnen und Schüler fördern, deren Eltern nicht die Möglichkeit haben, ihre Kinder entsprechend zu fördern. Umso erfreulicher ist es, dass wir dieser vorliegenden Änderung gemeinsam zustimmen werden. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ.)

13.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.56.22

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Gute Bildungsqualität im Kindergarten und in der Schule entscheidet über die Chancen, die unsere Kinder und Jugendlichen in der Zukunft haben.

Ich möchte im Bereich Sprachförderung ein Best Practice-Beispiel aufzeigen, exem­plarisch für die vielen guten Beispiele, die es derzeit in den Kindergärten und in den Schulen gibt, nämlich im 16. Wiener Bezirk die Hans-Christian-Andersen-Volksschule. Sie hat Leseförderung, Sprachförderung mit einem europäischen Projekt verbunden, indem sie ins Deutsche übersetzte europäische Kinderliteratur in den Mittelpunkt ihrer Fördermaßnahmen gerückt hat und sowohl den Kindern als auch den Eltern regelmäßig Informationen darüber gibt, was die Kinder schon können, und sie ermuntert, noch besser zu werden.

Das Einzugsgebiet dieser Schule besteht hauptsächlich aus Gegenden, wo Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache herkommen, und es zeigt sich, dass wir Sprachförde­rung nicht nur als Zusatzangebot anbieten sollen, sondern vor allem im Regelunterricht im Rahmen der Schulautonomie, die auch die Frau Bundesministerin bereits erwähnt hat, künftig darauf schauen müssen, dass wir individuellen Unterricht, individuelle Fördermaßnahmen integrieren.

Es ist mir daher ganz wichtig, festzuhalten, dass die Bundesregierung auf der einen Seite immer früher investiert, wir aber auf der anderen Seite das, in was wir inves­tieren, auch entsprechend evaluieren. Daher haben Kollege Elmar Mayer und ich die­sen Entschließungsantrag eingebracht, um aufbauend auf den durgeführten Evaluie-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 100

rungen und begleitend zum Ausbau der Fördermaßnahmen auch sicherzustellen, dass jene Fördermaßnahmen, die wir den Kindern anbieten, auch wirklich auf dem letzten Stand der Wissenschaft und Forschung sind und auch maßgeschneidert auf die individuellen Bedürfnisse jedes Kindes angeboten werden.

Die Bundesregierung hat mit dem kostenlosen letzten Kindergartenjahr, der Sprach­frühförderung und dem bundeseinheitlichen Konzept der Qualitätssicherung der Sprach- und Lesekompetenz wichtige Bausteine in der Sprachförderung gesetzt.

Mir ist es wichtig, dass wir nicht nur auf die Kinder mit Sprachförderbedarf eingehen, sondern auch auf jene Kinder, die das Potential haben, mehrere Sprachen zu lernen, die eine Sprachbegabung und Sprachinteresse haben. Ich denke, wir haben ein viel zu geringes Angebot, gerade was den bilingualen Unterricht betrifft. Viel mehr Eltern und Kinder wünschen sich Englisch und Deutsch beispielsweise im Kindergarten und in der Grundschule. Auch das gilt es auszubauen. Ich glaube daher, dass diese Maßnahmen wichtig sind, wir aber auch im Regelunterricht einen weiteren Sprachenschwerpunkt schulautonom fördern sollten.

Was ist mir noch wichtig? – Dass wir alle wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Spracherwerb, die wir an den Universitäten haben, möglichst effektiv den Schulen zur Verfügung stellen. Deswegen ist der Schlüssel für eine moderne Sprachförderung auch die moderne Lehrerinnen- und Lehrerbildung, die PädagogInnenbildung Neu. Es geht da darum, dass wir alle Erkenntnisse betreffend Wissenschaftsorientierung, die wir auf den Universitäten haben und die wir betreffend die Praxisorientierung von den Univer­sitäten und den Pädagogischen Hochschulen haben, den Schulen auch wirklich maßgeschneidert zur Verfügung stellen und das Wissen sowohl in der Ausbildung als auch in der Weiterbildung auf dem letzten Stand zur Verfügung stellen, denn da tut sich eine Menge. Spracherwerb ist derzeit ein europäischer Schwerpunkt. Da investiert auch die Europäische Union als Gemeinschaft sehr, sehr viel Geld.

Wir haben heute sehr viel mehr Wissen, wir wissen, dass es keine Begrenzung gibt, wie viele Sprachen Kinder gut lernen können. Zu meiner Zeit hat man noch gesagt: Zuerst Deutsch lernen, dann Englisch, dann Französisch, Spanisch oder den huma­nistischen Zweig besuchen oder was immer, heute wissen wir, dass die Kinder die Möglichkeit haben, alles, was sie bis zum 12. Lebensjahr an Kompetenzen im Bereich Spracherwerb erwerben, diese Fremdsprachen in Muttersprachenkompetenz zu erlernen. Daher ist gerade die bessere Ausbildung im Fort- und Weiterbildungsbereich für Lehrerinnen und Lehrer und die Umstellung in der Ausbildung ganz wichtig.

Was soll in diese moderne Lehrer- und Lehrerinnenausbildung hineinkommen? – Ers­tens die Sachkompetenz, das Wissen über Spracherwerb für Lehrerinnen und Lehrer, die Diagnosekompetenz, um festzustellen, was das Kind schon kann und was es noch braucht, und wenn es die richtige Diagnose durch die Lehrerinnen und Lehrer bekommen hat, auch eine maßgeschneiderte Förderpolitik.

Das ist unabhängig davon, ob es um die deutsche Sprache geht oder um weitere Fremdsprachen. In einem gemeinsamen Europa ist Mehrsprachigkeit die Zukunft, und mit dieser Verlängerung der Fördermaßnahme setzen wir einen wichtigen Baustein in dieser Richtung. (Beifall bei der ÖVP.)

14.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Kitzmüller zu Wort gemeldet. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


14.01.55

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Liebe Zuhörer! Das derzeitige Projekt der Sprachförderung für unsere Kinder


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 101

aus Migrantenfamilien und für unsere Kinder mit deutscher Muttersprache ist ein sehr wichtiges Projekt und wird von uns Freiheitlichen begrüßt und hier natürlich auch weiterführend begleitet.

Dass dieses Projekt aber jetzt alle zwei Jahre evaluiert und alle zwei Jahre verlängert werden soll, ist etwas, was nicht unbedingt unsere Zustimmung findet, denn wir glau­ben, das sollte im Normalfall, im Idealfall ohne zeitliche Begrenzung erfolgen. (Beifall bei der FPÖ.) Denn: Auch namhafte Logopäden weisen immer wieder darauf hin, wie wichtig es ist, so bald wie möglich mit sprachlicher Erziehung anzufangen. Wir haben auch im oberösterreichischen Landtag schon diverse Anträge dazu eingebracht.

Die Förderung gilt für alle Kinder und nicht nur für die bedürftigen Kinder, die die Sprachförderung jetzt brauchen, sondern das ist allgemein für den Spracherwerb sehr wichtig.

Keine Frage, sprachliche Fördermaßnahmen kosten Geld, aber ich denke, diese Kos­ten, die wir hier im Vorfeld aufbringen, sind sicherlich Kosten, die wir uns später ersparen, weil wir dadurch wirtschaftliche Folgeschäden abwenden können, wenn wir Schulabbrecher haben, Repetenten oder eben Kinder, die nicht fähig sind, sich einen weiteren Schulweg zu erarbeiten, weil sie einen Mangel bei den Sprachkenntnissen haben.

Als gewählte Mandatare sind wir unseren jungen Staatsbürgern gegenüber verant­wortlich, die bestmöglichen Bedingungen zu schaffen, ihnen den besten Start ins Berufsleben zu geben, und daher ist es wichtig, ihnen den Erwerb dieser Kompetenzen zu ermöglichen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Schlüssel ist eben eine ausreichende Kenntnis der deutschen Sprache hier bei uns in Österreich, wodurch auch ein Abschluss einer höheren Schulen leichter möglich ist. Sie können Fachhochschulen besuchen, können Universitäten besuchen, und ein gewisses Fundament ist eben notwendig. Die Sprache ist nun einmal das Fundament eines Staates, und dieses Fundament müssen die Kinder früh genug erwerben, um eben eine Parallelgesellschaft, wie jene in Frankreich oder Großbritannien, von denen wir vor einiger Zeit gehört haben, zu verhindern. (Beifall bei der FPÖ.)

Unsere Unterstützung bei der Weiterführung dieses Projektes haben Sie. Uns wäre am liebsten, da keine Begrenzung von zwei Jahren einzuführen, sondern das im Regelfall weiterzuführen, um genügend Kompetenz erwerben zu können. (Beifall bei der FPÖ.)

14.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


14.04.58

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin! Frau Kollegin Kitzmüller, wir haben schon im Ausschuss darüber diskutiert. Wir Grüne gehen davon aus, dass alle Kinder, die bei uns die Schule besuchen, unsere Kinder sind (Beifall bei den Grünen – Abg. Kitzmüller: Ihnen zuliebe habe ich es wiederholt!), und wir legen Wert darauf, dass es sich dabei nicht nur um jene handelt, die Deutsch als Muttersprache haben, sondern auch jene, die migrantischen Hintergrund haben. Das sei gesagt, damit das hier auch festgehalten ist. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, das ist schon zentral und zeigt ein Menschenbild und ein Weltbild, das vielleicht nicht mehr eines ist, das heute gegeben sein sollte. Aber, wie gesagt, es wundert mich nicht, wenn Sie diese Art der Artikulation hier wiederholen.

Die Sprachförderkurse – Frau Ministerin, wir können zustimmen – waren ein Erfolg. Ich glaube, das haben die vergangenen Jahre bewiesen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 102

Frau Kollegin Cortolezis-Schlager, Sie haben auf die positive Evaluierung hingewiesen. Gerne hätten wir Einsicht genommen, leider war das bislang nicht möglich. Wenn der Evaluierungsbericht so positiv ist – wovon ich ausgehe; ich habe auch nur ent­sprechen­de Rückmeldungen –, wundert es mich nach wie vor, dass uns dieser Evalu­ierungsbericht nicht zur Verfügung steht, aber das wird schon seine Gründe haben.

Was in diesem Zusammenhang vielleicht anzufügen ist, Frau Ministerin – und ich hoffe, Ihr Blut hier nicht mehr so in Wallung bringen zu müssen –, ist nur ein kleiner Hinweis, und zwar: Wenn es seit Jahren einen erfolgreichen Förderkurs gibt, wenn wir sagen können: Ja, diese Investitionen haben sich rentiert!, warum wird das trotzdem wieder auf zwei Jahre beschränkt? – Alle sagen, wir werden das auch hinkünftig brauchen.

Machen wir also Nägel mit Köpfen! Machen wir einmal das, was es im österreichischen Bildungssystem dringend notwendig braucht, und führen wir das, von dem wir alle überzeugt sind, dass es sinnvoll ist, auch ein!

Deshalb bringe folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Unter­richtsausschusses (1864 d.B.) über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird 1789 d. B.

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (1789 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schul­organisationsgesetz geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Unterrichts­aus­schusses (1864 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Z 1 lautet:

„In § 8e Abs. 1 erster Satz wird die Wortfolge ,In den Schuljahren 2010/11 und 2011/12‘ durch das Wort ,Es‘ ersetzt.“

2. Z 2 lautet:

„In § 8e Abs. 3 entfällt die Wortfolge ,in den Schuljahren 2010/11 und 2011/12‘.“

*****

Wenn wir das beschließen würden, dann hätten wir, so glaube ich, hier etwas sehr, sehr Sinnvolles geleistet und dann würde auch das entstehen, was unsere Schulen so dringend notwendig brauchen, nämlich Sicherheit. Auch die besteht jetzt wieder nicht. Sie besteht nicht für die Lehrerinnen und Lehrer, die diese Sprachförderkurse durchführen, sie besteht nicht für die Eltern, sie besteht nicht für die SchulleiterInnen. Also, machen wir Nägel mit Köpfen! – Wir haben Ihnen das schon im Ausschuss vor­geschlagen.

Einen zweiten Punkt möchte ich auch noch kurz erwähnen. Und zwar: Die Bezeich­nung „außerordentliche Schülerin“ hat einiges Problematisches an sich. Diese Schülerinnen und Schüler werden nämlich nicht beurteilt, obwohl man in verschie­denen Fächern sehr wohl eine Beurteilung durchführen könnte. Das ist, glaube ich,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 103

zum Nachteil dieser Schülerinnen und Schüler und es ist zu einem Nachteil, der nicht zu rechtfertigen ist.

Geben wir ihnen doch die Chance, das, was sie positiv absolvieren können, auch zu absolvieren! Ich glaube, damit würden wir diesen Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern eine entsprechende wertschätzende Haltung entgegenbringen, und das Ganze würde sich ebenfalls sehr positiv auswirken. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Grünen.)

14.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Unter­richtsausschusses (1864 d.B.) über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundes­gesetz mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird 1789 d. B.

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (1789 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schul­organisationsgesetz geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Unterrichts­ausschusses (1864 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Z.1 lautet:

"In § 8e Abs. 1 erster Satz wird die Wortfolge "In den Schuljahren 2010/11 und 2011/12" durch das Wort "Es" ersetzt."

2. Z.2 lautet:

"In §8e Abs. 3 entfällt die Wortfolge "in den Schuljahren 2010/11 und 2011/12".

Begründung

Die Sprachförderkurse an Pflichtschulen, Polytechnischen Schulen und AHS Unter­stufen für außerordentliche SchülerInnen, die dem Unterricht auf Grund mangelnder Kenntnis der Unterrichtssprache nicht folgen können, haben sich in den vergangenen Jahren bewährt. Das Investitionsvolumen beträgt jährlich ca. 24 Mio. Euro bzw. 440 LehrerInnendienstposten. Eine neuerliche Verlängerung der Maßnahme um lediglich zwei Jahre bedeutet weiter mangelnde Verlässlichkeit hinsichtlich dieser sinnvollen Maßnahme. Daher muss das Angebot an Sprachförderkursen für außerordentliche SchülerInnen unbefristet weitergeführt werden.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 104

14.09.35

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube, es ist unbestritten, dass alle Kinder, die in Österreich in die Schule gehen, das Recht haben, auch die Landessprache entsprechend gut zu verstehen, weil das die Basis dafür ist, alle Fähigkeiten zu erlernen und auch beruflich erfolgreich zu sein, im Bildungswesen erfolgreich zu sein oder in der Gesellschaft erfolgreich zu sein. Das ist im Prinzip auch der Schlüssel für Integration.

Das Wort „Integration“ ist bis heute in dieser Debatte noch gar nicht gefallen, und das bedauere ich. Denn: Nur wer gut Deutsch kann, der ist auch in der Lage, sich in der Gesellschaft, in der Wirtschaft und auch im politischen Geschehen mit einzubringen und dieses mitzugestalten. Das verhindert auch das Schaffen von Parallelgesell­schaften, und daher ist die Studie des BIFIE, die jetzt vorliegt, eine Bestätigung des Kurses letztlich auch von Jörg Haider, der immer gesagt hat, Deutsch ist die Grund­voraussetzung dafür, auch in Österreich reüssieren zu können. Wir wollen nicht, dass wir Parallelgesellschaften haben, sondern dass wir eine Gesellschaft sind, dass wir eine gemeinsame Voraussetzung haben, auch gemeinsam erfolgreich zu sein, nämlich die deutsche Sprache.

Daher unterstützen wir die Novellierung des Schulorganisationsgesetzes grundsätzlich, wenn wir auch den Schwachpunkt sehen, dass es wieder nur eine Novelle für zwei Jahre ist. Das hat Kollege Walser richtig angesprochen: Das sollte man institutio­nalisieren, fix machen, fix einrichten und auch fix finanziell absichern.

Daher verstehe ich auch nicht, warum etwa im Vorblatt angemerkt ist, es gäbe keine finanziellen Auswirkungen. Und eine Seite weiter steht drinnen, es gibt sie sehr wohl: Es sind 23,8 Millionen € pro Jahr, je nachdem, bis 2014 unterschiedlich aufgeteilt. – Okay, aber dann stehen wir dazu! Dann tragen wir das auch ein ins Budget und machen wir das Gesetz auch langfristig so, dass es keiner Novelle mehr bedarf und dass außer Streit steht, dass Deutsch für die Integration, aber auch für alle Kinder in Österreich wichtig ist, um erfolgreich in diesem Land leben und arbeiten zu können!

Einen Punkt darf ich noch anmerken – das hängt zwar nicht direkt mit dem SchOG zusammen, aber die Sprachförderung beginnt ja wesentlich früher, die beginnt ja eigentlich schon im Kindergarten –: Da gibt es eine Artikel-15a-Vereinbarung mit den Bundesländern, die auch gelebt wird, und ich habe wiederholt erlebt, dass mir Kinder­gartenpädagoginnen erzählt haben, das Problem sei oft die Logopädie.

Wenn du heute im Kindergarten einen Dreier hast, dann musst du oft ein, zwei Jahre warten, bis du endlich auch vom Land die entsprechende Unterstützung bekommst und logopädische Behandlung und Betreuung erhältst, und das ist falsch. Denn der Punkt ist der: Je früher man mit der Sprachförderung beginnt, und dazu zählt auch die Logo­pädie, umso besser ist es für das Kind. (Zwischenruf der Abg. Schönpass.) Das steht völlig außer Streit.

Das darf ich zum Schluss noch erwähnen, weil ich glaube, dass dieses Thema gesamthaft gesehen werden muss. Und der heutige Schritt, das SchOG, das wir unterstützen werden, ist ein wichtiger Mosaikstein auf dem richtigen Weg. (Beifall beim BZÖ.)

14.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundes­ministerin Dr. Schmied zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.12.19

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verlängerung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 105

der gezielten Sprachförderung an den österreichischen Schulen ist – ich denke, da sind wir uns alle einig – eine notwendige Maßnahme, und ich möchte mich gleich vorweg auch sehr herzlich für die breite Unterstützung hier im Parlament, hier im Hohen Haus bedanken.

Ich sage auch ganz offen: Leider ist es nicht geglückt, die Verlängerung ohne Befris­tung durchzusetzen; da gab es Einwendungen seitens des Finanzministeriums. Mit der jetzt vorliegenden Novelle sind jedenfalls die Jahre 2012/13 und 2013/14 gesichert. Ich denke, es ist wichtig, dass diese Maßnahme fortgesetzt wird. Ich habe bei einer Bewertung derartiger Maßnahmen eher den Zugang beziehungsweise die Haltung, einmal mit der Grundeinstellung an das Thema heranzugehen, das Glas ist halb voll, und nicht, es ist halb leer und man diskutiert jetzt das, was nicht geht.

Wesentlich ist, dass vor allem für Kinder, die in einem Elternhaus aufwachsen, in dem nicht Deutsch gesprochen wird, diese Deutschförderung von großer Bedeutung ist, und ich bin ganz bei Ihnen, Frau Abgeordnete Cortolezis-Schlager, das auch in Verbin­dung mit dem verpflichtenden Kindergartenjahr zu sehen. Gerade die frühe Deutsch­förderung erhöht die Bildungschancen unserer jungen Menschen.

Ich betone – wie bereits einige vor mir –: Alle jungen Menschen, die in Österreich leben, bestimmen in zehn, in 20 Jahren die Geschicke unseres Landes, und zwar öko­no­misch, sozial und demokratiepolitisch, und daher führt an einer gezielten Deutsch­förderung an den österreichischen Kindergärten und Schulen kein Weg vorbei. Und ja, ich bin bei Ihnen, Herr Abgeordneter Widmann, das ist auch die Grundvoraussetzung für Integration.

Was die finanziellen Auswirkungen betrifft, so sind sie mit 24 Millionen € im mittel­fristigen Finanzrahmen fortgeschrieben.

Entsprechende Lehrerfortbildungen finden an den Pädagogischen Hochschulen statt, und es ist wichtig – aber darüber haben wir im Ausschuss schon diskutiert –, dass es hier auch entsprechende Fortbildungen für KindergartenpädagogInnen gibt. Und ja, wir müssen diese Maßnahmen dann auch in der PädagogInnenbildung Neu breit verankern, von der Elementarpädagogik bis hin zur Ausbildung der künftigen Lehrerin­nen und Lehrer. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig Letzte zu diesem Tagesordnungspunkt ist Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit sind ein­gestellt. – Bitte.

 


14.15.26

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Nicht nur als Politikerin, sondern auch als Pädagogin freut es mich sehr, dass die Sprachförderkurse für Schülerinnen und Schüler mit nichtdeut­scher Muttersprache fortgesetzt und auch kontinuierlich ausgebaut werden. Ich bin mir auch sicher, dass wir mit der Verlängerung der Sprachkurse für weitere zwei Jahre einen wesentlichen Schritt zu mehr Chancengleichheit, aber auch zu mehr Chancen­gerechtigkeit setzen.

Für unsere Schülerinnen und Schüler sind diese Maßnahmen von größter Bedeutung, um sich untereinander verständigen zu können, um besser dem Unterricht folgen zu können und um letztendlich auch durch die Sprache von unterschiedlichen Kultur­kreisen voneinander zu lernen.

Herr Kollege Widmann, ich bin ganz bei Ihnen, wenn Sie die Integration ansprechen: Die Integration kann nur dann im Klassenverband bestens gelebt werden, wenn auch die deutsche Sprache bestens erlernt wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 106

Unumstritten ist auch, dass den Schülerinnen und Schülern durch diese sprachliche Frühförderung ein qualitativ höherwertiger Schulabschluss ermöglicht wird – das hat auch schon die Frau Kollegin Kitzmüller angesprochen – und auch der Zugang zum Beruf erleichtert wird. Dies wirkt sich natürlich wiederum positiv auf den Wirtschafts­standort Österreich aus.

Anhand der Evaluierung durch das BIFIE und das Zentrum für Sprachdiagnostik der Uni Wien war eindeutig ersichtlich, dass sich die Sprachförderkurse in den letzten Jahren sehr positiv auf unsere Schülerinnen und Schüler ausgewirkt haben.

Abschließend bedanke ich mich bei der Frau Bundesministerin, dass es eine erneute Verlängerung der Sprachförderung gibt, und ich wünsche schon heute jenen Schülerinnen und Schülern, jenen Pädagoginnen und Pädagogen, die noch nicht in die Ferien gegangen sind, schöne, erholsame Ferien. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.17

14.17.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1789 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungs­antrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag des Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf die Z 1 und 2 bezieht.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist nicht einstimmig, aber mit großer Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1864 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Evaluierung der Sprachförderkurse.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hierfür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 264.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 107

14.20.01 5. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1802 d.B.): Bundesgesetz über den Erwerb des Pflichtschulabschlusses durch Jugendliche und Erwachsene (Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz) (1865 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Riepl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.20.20

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Meine Damen und Herren! Ich glaube, die bis­herige Diskussion zu den Bildungsthemen zeigt, dass im Bildungsbereich wirklich etwas weitergegangen ist in den letzten Monaten und Jahren. Es besteht fast schon die Gefahr, dass man die erledigten Reformschritte zu schnell wieder vergisst.

Ich bin daher meinem Kollegen Elmar Mayer sehr dankbar dafür, dass er in seiner Rede aufgezählt hat, was sich alles in den letzten Monaten im Bildungsbereich verän­dert hat und wo die Reformschritte gesetzt wurden. Ich möchte dazu vielleicht einen Vergleich aus der Leichtathletik bringen. Jeder von Ihnen kennt den Bewerb Drei­sprung, ein olympischer Bewerb. Man versucht, in einem zwei, drei Sprünge zu machen. In der Bildungspolitik, so wie wir es erlebt haben, haben wir jetzt mindestens schon zehn Sprünge hinter uns. Ich denke, das ist auch gut so.

Der elfte Sprung ist das Thema Nachholen von Bildungsabschlüssen. Es ist ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung, unserer Bundesministerin, von uns allen – und, nebenbei gesagt, auch irgendwie ein europäisches Ziel. Auch in europäischen Dokumenten findet sich der Hinweis, dass das ein wichtiges Thema ist.

Heute geht es um den Hauptschulabschluss, vielleicht morgen oder beim nächsten Mal sogar um einen Lehrabschluss mit Hilfe der Berufsschulen. Der Pflichtschulabschluss ist wichtig für den Berufseinstieg, und mit dieser Vorlage wird es möglich gemacht, den Pflichtschulabschluss ab dem 16. Lebensjahr nachzuholen, und auch für Erwachsene gibt es diese Möglichkeit. Wir haben die Förderung dafür ja schon vor einiger Zeit diskutiert. Bund und Länder unterstützen gemeinsam dieses Vorhaben. Die Erwachse­nenbildungseinrichtungen bereiten auf die Pflichtschulabschlussprüfung in bewährter Weise vor.

In diesem Zusammenhang möchte ich einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon, Franz Riepl und Nikolaus Prinz, Kolleginnen und Kollegen einbringen, und zwar zum Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungs­vorlage 1802 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz über den Erwerb des Pflichtschulabschlusses durch Jugendliche und Erwachsene, 1865 der Beilagen.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über den Erwerb des Pflicht­schulabschlusses durch Jugendliche und Erwachsene in 1802 d.B. wird wie folgt geändert:

Dem § 8 Abs. 2 ist folgender Satz anzufügen:

„Als Vortragende in Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Pflichtschulabschluss-Prüfung kommen auch Personen in Betracht, welche ein facheinschlägiges Studium an einer anerkannten postsekundären Bildungseinrichtung erfolgreich abgeschlossen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 108

haben und über eine zumindest zwölfmonatige Berufserfahrung als Vortragende in der Aus-, Fort- oder Weiterbildung verfügen.“

*****

Konkret geht es also darum, dass Personen, die zwar kein Lehramtsstudium, wohl aber ein facheinschlägiges Studium absolviert haben, bei diesem Nachholen des Pflicht­schulabschlusses aktiv dabei sein können. Ich bitte in diesem Sinne auch um Unterstützung dieses Antrages. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon, MBA, Franz Riepl, Nikolaus Prinz, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regie­rungsvorlage (1802 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz über den Erwerb des Pflichtschulabschlusses durch Jugendliche und Erwachsene (1865 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz über den Erwerb des Pflicht­schulabschlusses durch Jugendliche und Erwachsene (1802 d.B.), wird wie folgt geändert:

Dem § 8 Abs. 2 ist folgender Satz anzufügen:

„Als Vortragende in Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Pflichtschulabschluss-Prüfung kommen auch Personen in Betracht, welche ein facheinschlägiges Studium an einer anerkannten postsekundären Bildungseinrichtung erfolgreich abgeschlossen haben und über eine zumindest zwölfmonatige Berufserfahrung als Vortragende in der Aus-, Fort- oder Weiterbildung verfügen.“

Begründung:

Die Änderung erfolgt im Hinblick auf die analoge Bestimmung des § 8 Abs. 1a des Berufsreifeprüfungsgesetzes.

Konkret geht es darum, dass Personen, die zwar kein Lehramtsstudium, wohl aber ein facheinschlägiges Studium absolviert haben, nach einer entsprechenden Berufspraxis als Vortragende tätig werden dürfen. Aus dem Erfordernis der Facheinschlägigkeit und der verlangten Bildungshöhe (postsekundär) ergibt sich, dass die Befähigung zur Erteilung des Unterrichts an den Lehrgängen in dem Maße gegeben ist, wie die Anforderungen der Pflichtschulabschluss-Prüfung es gebieten (zB Diplomstudium-Absolvent/in Dolmetsch als Vortragende/r im Prüfungsgebiet Englisch – Globalität und Transkulturalität).

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 109

14.23.02

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Bis zu 5 000 junge Menschen pro Jahr schaffen laut IHS-Berechnungen keinen Pflichtschulabschluss. Das ist eine alarmierend hohe Anzahl, die wir mit dieser Gesetzesinitiative reduzieren können und wollen.

Wir alle wissen, was es bedeutet, keinen Pflichtschulabschluss vorweisen zu können. In Zeiten, in denen junge Menschen immer mehr können und leisten müssen, um einen guten Arbeitsplatz zu bekommen beziehungsweise um überhaupt Karrierechancen eröffnet zu bekommen, ist der Pflichtschulabschluss eine wichtige Basis, um am Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können. Diese Chancen werden wir mit der Erweiterung der Möglichkeiten für das Nachholen des Pflichtschulabschlusses verbessern und erhöhen.

Nicht alle jungen Menschen schaffen es, die Wichtigkeit des Lernens schon in jungen Jahren zu erkennen. Manchen geht eben erst etwas später das sogenannte not­wendige Lichtlein auf. Es geht aber jetzt nicht darum, die Gründe zu diskutieren, warum so viele Menschen in unserem Land keinen Pflichtschulabschluss haben. Man schätzt ja immerhin, dass es fast 280 000 Personen zwischen 15 und 64 Jahren sind, die keinen Pflichtschulabschluss haben. Es geht darum, diesen Menschen Möglich­keiten zu eröffnen, Möglichkeiten zu geben, das nachzuholen, was sie versäumt haben, und zwar kostenlos.

In Anlehnung an das Modell der Berufsreifeprüfung können ab September 2012 Jugendliche ab 16 Jahren und Erwachsene altersgerecht den Pflichtschulabschluss nachholen. Altersgerecht bedeutet, dass die jungen Erwachsenen nicht die Schulbank mit Kindern drücken, sondern sie absolvieren ihre Lehrgänge an Erwachsenen­bildungseinrichtungen oder an Schulen, die sich bereits jetzt, wie zum Beispiel bei Externistenprüfungen, in diesem Bereich engagiert haben.

Die Prüfungen werden dann entweder an einem Tag oder in Teilprüfungen vor einer Kommission abgelegt. Verpflichtend sind die Prüfungen in Fächern wie Deutsch, Englisch, Mathematik und Berufsorientierung. Zusätzlich sind aus vier Themenbe­reichen, aus vier Prüfungsgebieten zwei Prüfungsgegenstände auszuwählen, die vier Möglichkeiten umfassen: Kreativität und Gestaltung, Natur und Technik, eine weitere Sprache oder Gesundheit und Soziales.

Vor allem in diesem Bereich erhofft man sich neue Chancen für Absolventen auf dem Arbeitsmarkt. In einer Ausschussfeststellung im Unterrichtsausschuss wurde ja daher auch festgehalten, dass Bundesminister Stöger die Ausbildung zum Pflegehelfer sowie die Ausbildung in einem medizinischen Assistenzberuf in den dafür vorgesehenen Gesetzen für alle, die einen Pflichtschulabschluss haben, entsprechend zeitgerecht ergänzen soll.

Generell aber gilt, dass mit dem Abschluss der Pflichtschule auch nach dem 16. Le­bensjahr die gleichen Berechtigungen und Möglichkeiten gegeben und erworben sind wie mit einem Abschluss einer Hauptschule oder der Neuen Mittelschule. Wir geben damit ehemaligen Schulabbrechern eine Chance, entweder in das Bildungssystem zurückzufinden oder am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Bereits jetzt holen zirka 900 Personen pro Jahr den Pflichtschulabschluss nach. Mit dieser neuen Möglichkeit, mit dieser neuen Initiative sollen es rund 1 500 Personen pro Jahr werden.

Ich möchte aber auch die heutige Gelegenheit dazu nutzen, an all jene zu appellieren, die die Schule – aus welchen Gründen auch immer – abgebrochen haben: Diese Chance sollten Sie nutzen! Geben Sie sich einen Ruck, haben Sie den Mut, neue Wege zu gehen und Versäumtes nachzuholen!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 110

Nicht immer sind wir uns in Bildungsfragen im Hohen Haus einig, aber es ist ein gutes Gefühl, wenn bei einer so wichtigen Gesetzesmaterie alle Fraktionen gemeinsam diesen Beschluss mittragen. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass uns die Bildungs- und Arbeitsmarktchancen vor allem junger Menschen ein wichtiges Anliegen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

14.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mühlberghuber. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.27.46

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Jugendlichen und Erwachsenen ohne Pflichtschul­abschluss fällt es schwer, im beruflichen Leben Tritt zu fassen. Die Jobchancen jedes Einzelnen hängen dabei wesentlich vom Bildungsgrad ab. Je höher der Bildungsgrad eines Menschen ist, desto weniger läuft er Gefahr, von Arbeitslosigkeit und Armut betroffen zu sein.

Kollege Prinz hat es schon kurz erwähnt: Fast 280 000 Jugendliche und Erwachsene haben keinen Pflichtschulabschluss; das Nachholen soll nun ab 1. September 2012 altersgerecht ermöglicht werden. Ehemalige Schulabbrecher sollen somit leichter einen Weg zurück in das Bildungssystem finden und bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt bekommen. Damit wird auch eine faire Chance geschaffen, eine weiterführende Bildungseinrichtung zu nutzen.

Bei dieser Regierungsvorlage wird Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ein altersgerechter Pflichtschulabschluss ermöglicht, auch wenn sie diesen im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht erreicht haben. Bei diesem Modell wird eine neue Form der Externistenprüfung, unter Anlehnung an das Modell der Berufsreifeprüfung, ermöglicht. Auch die Prüfungsvorbereitung soll, wie bei der Berufsreifeprüfung, im Rahmen der Erwachsenenbildung erfolgen.

Die vier verpflichtenden Prüfungsgebiete sind Deutsch, Englisch, Mathematik und Berufsorientierung sowie zusätzlich noch vier Wahlprüfungsgebiete: Kreativität und Gestaltung, Gesundheit und Soziales, Natur und Technik oder eine weitere Sprache sind möglich, damit man die Prüfungen in den zwei Gebieten ablegen kann. Mit dieser neuen Form soll vermieden werden, dass zum Beispiel Jugendliche und Erwachsene die Unterrichtsfächer Turnen, Werken oder Textiles Werken nachholen müssen.

Für jugendliche und erwachsene Betroffene ist mit dieser Änderung im Pflicht­schulabschluss-Prüfungs-Gesetz ein großer Schritt gemacht worden. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Prinz.)

14.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Windbüchler-Souschill. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.30.44

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine gesetzliche Absicherung, um den Pflichtschulabschluss nachzuholen, und das ab 16, ist ein richtiger, wichtiger und notwendiger Schritt, geht es doch meiner Ansicht nach vor allem darum, dass die Erwerbsbiographie, aber auch die Arbeitszeitbiographie damit aufgebessert werden kann, damit aufgewertet werden kann und somit auch mehr Selbstbewusstsein, mehr Einkommen, auch in Richtung Pension, gewährleistet werden kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 111

Die Frage des Wieso, die Frage, warum ein junger Mensch die Pflichtschule nicht abschließen konnte, stellt sich nicht. Das ist auch gut so, denn die Gründe sind vielfältig. Es gibt viele negative Erfahrungen, natürlich auch in Schulen, es gibt soziale Umstände, es gibt ökonomische Umstände, und das alles soll einfach hintangehalten werden, um wirklich auch in die Zukunft schauen zu können. Dafür braucht es natürlich ein gutes System von Unterricht und Lehrenden, denn die Anforderung, nicht nur an die Auszubildenden, sondern auch an die Ausbildner und Ausbildnerinnen, ist durch­aus eine große. Es sind eben oft Menschen, die schon eine schwierige Biographie hinter sich gebracht haben.

Keine Frage, ausgebildetes Lehrpersonal ist in diesem System sicher ein guter und wichtiger Teil, aber es braucht mehr. Da ist es natürlich auch wichtig, genau hinzu­schauen: Wer darf – nicht die Prüfung abnehmen, das ist klar – unterrichten? Wer hat auch die Qualifikation, den Menschen das beizubringen, was sie für ihren Pflicht­schulabschluss brauchen? Da, glaube ich, dass all jene, die jetzt schon in der Erwachsenenbildung tätig sind, seit Jahrzehnten, aber kein facheinschlägiges Studium absolviert haben, genau die Richtigen dafür sein können. 

Wenn eine Studentin der Germanistik ihr Studium abgebrochen hat, dann in die Erwachsenenbildung gegangen ist, darf sie jetzt diesen Unterricht nicht vollziehen.

Das ist mir unverständlich, und deshalb bringe ich dazu einen Abänderungsantrag ein. Dieser Abänderungsantrag ist dem ähnlich, den der Kollege schon eingebracht hat. Der einzige Unterschied besteht im Wörtchen „oder“.

Sie meinen, dass es wichtig ist, ein facheinschlägiges Studium und ein Jahr Berufs­erfahrung zu haben, ich sage: entweder – oder. Entweder soll es ein abgeschlossenes Studium sein oder eine zwölfmonatige Berufserfahrung, genau in diesem Bereich, mit Kindern und Jugendlichen, aber auch mit Erwachsenen.

Deshalb der folgende Abänderungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz über den Erwerb des Pflicht­schulabschlusses durch Jugendliche und Erwachsene (1802 d.B.), wird wie folgt geän­dert:

Dem § 8 Abs. 2 ist folgender Satz anzufügen:

„Als Vortragende in Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Pflichtschulabschluss-Prü­fung kommen auch Personen in Betracht, welche ein facheinschlägiges Studium an einer anerkannten postsekundären Bildungseinrichtung erfolgreich abgeschlossen haben oder über eine zumindest zwölfmonatige Berufserfahrung als Vortragende in der Aus-, Fort- oder Weiterbildung verfügen.“

*****

Ich glaube, dass diese Thematik eine wichtige und richtige ist. Deshalb würde ich mich freuen, wenn Sie diesem Antrag auch zustimmen würden. (Beifall bei den Grünen.)

14.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 112

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1802 der Beilagen) betref­fend ein Bundesgesetz über den Erwerb des Pflichtschulabschlusses durch Jugend­liche und Erwachsene (1865 der Beilagen)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz über den Erwerb des Pflicht­schulabschlusses durch Jugendliche und Erwachsene (1802 d.B.), wird wie folgt geändert:

Dem § 8 Abs. 2 ist folgender Satz anzufügen:

„Als Vortragende in Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Pflichtschulabschluss-Prüfung kommen auch Personen in Betracht, welche ein facheinschlägiges Studium an einer anerkannten postsekundären Bildungseinrichtung erfolgreich abgeschlossen haben oder über eine zumindest zwölfmonatige Berufserfahrung als Vortragende in der Aus-, Fort- oder Weiterbildung verfügen."

Begründung

Personen, die zwar kein Lehramtsstudium, wohl aber ein facheinschlägiges Studium absolviert haben, sollen als Vortragende tätig werden dürfen. Aus dem Erfordernis der Facheinschlägigkeit und der verlangten Bildungshöhe (postsekundär) ergibt sich, dass die Befähigung zur Erteilung des Unterrichts an den Lehrgängen in dem Maße gegeben ist, wie die Anforderungen der Pflichtschulabschluss-Prüfung es gebieten (zB Diplomstudium-Absolvent/in Dolmetsch als Vortragende/r im Prüfungsgebiet Englisch - Globalität und Transkulturalität).

Ebenso sollen auch Personen ohne facheinschlägiges Studium als Vortragende tätig werden dürfen, wenn sie über eine zumindest zwölfmonatige Berufserfahrung als Vortragende in der Aus-, Fort- oder Weiterbildung verfügen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.34.35

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner haben ja schon von erschreckenden, ja alarmierenden Zahlen von jungen Menschen ge­sprochen, die in Österreich ohne Bildungsabschluss sind, von jungen Menschen, die keine Berufsausbildung haben. Ich denke, wir haben alle hier Verantwortung zu übernehmen, wir haben alle hier rasch zu handeln, um diesen jungen Menschen eine Perspektive für die Zukunft zu geben beziehungsweise auch, um mit diesen Menschen nicht die Sozialfälle der Zukunft zu produzieren.

Daher muss Geld in die Hand genommen werden, um zu reparieren, was falsch gelaufen ist. Frau Kollegin Windbüchler-Souschill hat ja schon gesagt, aus welchen Gründen auch immer junge Menschen ihre berufliche Ausbildung unterbrochen haben,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 113

die Schule unterbrochen haben, ausgestiegen sind, da gibt es vielfältige Gründe, aber da müssen wir reparieren, da müssen wir Geld in die Hand nehmen, um so rasch als möglich diesen Bildungsabschluss zu ermöglichen.

Wir werden daher auch diesem Antrag zustimmen, dieser Form der neuen Externisten­prüfung. Ebenso werden wir auch dem Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen unsere Zustimmung geben, denn wir glauben, dass gerade in der Erwachsenen­weiterbildung im Rahmen der Berufsreifeprüfung entsprechend qualifiziert ausgebildete Personen tätig sein müssen.

Mindestens genauso wichtig, sehr geehrte Damen und Herren, ist aber auch, dass wir nicht nur Geld für Reparaturen in die Hand nehmen, sondern dass wir rechtzeitig erkennen, wo die Stärken, die Talente der jungen Menschen, der Kinder liegen. Wo haben sie ihre Schwächen, wo können wir gezielt individuell unterstützen, aber wo können wir auch gezielt besondere Potenziale fördern? Das muss schon im Kinder­garten beginnen, und das setzt sich dann weiter in der Sekundarstufe fort, denn erfolgreich lernen muss für jeden ein Muss sein, auch wenn es für jeden eine andere Geschwindigkeit bedeutet.

Und wichtig ist auch, dass wir den jungen Menschen rechtzeitig vermitteln, dass eine gute Bildung, eine gute Ausbildung ein ganz wertvolles Startkapital ist, ein wertvolles Startkapital für die eigene Zukunft, für das eigene Leben, für die berufliche Vielfältig­keit. Dazu braucht es natürlich die entsprechenden Rahmenbedingungen, Rahmen­bedingungen wie zum Beispiel neue Unterrichtsmethoden, die auch die Möglichkeit schaffen, die individuellen Stärken der Einzelnen wahrzunehmen und entsprechend zu unterstützen.

Es braucht auch mehr Angebote an Ganztagesschulen, ob jetzt mit verschränktem Unterricht oder Nachmittagsbetreuung, auch um die Nachfrage derjenigen, die Nachhilfe und Förderung brauchen, in diesem Rahmen abdecken zu können, denn es kann nicht sein, dass Eltern, die es sich leisten können, Unmengen von Geld für private Nachhilfe ausgeben. Wir brauchen auch motivierte und begeisterte Lehrer, die von den Guten wirklich die Besten sind und den Kindern und Jugendlichen auch vermitteln, dass Lernen Freude macht, dass Leistung bringen etwas Gutes, Positives und nicht etwas Belastendes ist.

Daher ist es wichtig, neben dieser notwendigen Reparatur diese Dinge nicht aus dem Auge zu verlieren. Wir müssen uns auch – das erscheint uns besonders notwendig – im Rahmen der 9. Schulstufe das letzte Pflichtschuljahr ganz genau anschauen, was da zu verbessern ist, damit dieses letzte Jahr wirklich ein Berufsfindungs- und ein Berufsorientierungsjahr ist, vielleicht mit neuen Gegenständen, die auch engen Kontakt mit der Wirtschaft haben.

Es wäre auch überlegenswert, ob man nicht gerade den Pflichtschulabschluss auch durch einen standardisierten Leistungsnachweis entsprechend darstellen kann. Ob der jetzt mittlere Reife heißt oder Abschlussprüfung in irgendeiner anderen Form, das ist zweitrangig. Aber ich denke, das sind die Dinge, die wir mit im Auge haben müssen, denn letztendlich sind den jungen Menschen gerade in Österreich die besten Bildungs­chancen zu vermitteln, ganz gleich, aus welchem sozialen Umfeld sie kommen.

Eines ist auch noch wesentlich: die Eltern nicht aus der Verantwortung zu entlassen. Auch die Eltern müssen ganz intensiv in diesen Prozess der wertvollen Ausbildung für ihre Kinder miteinbezogen werden. (Beifall beim BZÖ.)

14.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundes­ministerin Dr. Schmied zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 114

14.40.03

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die vorliegende Novelle ermöglicht eine neue Form der Externistenprüfung.

Mir sind bei dieser Novelle vor allem zwei Punkte sehr wichtig:

Der erste Punkt ist, dass die Prüfungsvorbereitung analog zur Berufsreifeprüfung primär auch über die Erwachsenenbildung erfolgt.

Und der zweite Punkt, der sehr wesentlich ist, ist, dass die Prüfung auch der Basis­abschluss für die Ausbildung im Rahmen der Pflege- und Sozialberufe sein wird.

Ich möchte mich im Zusammenhang mit dieser Gesetzesnovelle ganz besonders bei den Sozialpartnern bedanken, die sich sehr konstruktiv in die Konzeption eingebunden haben.

Ich bedanke mich bei den Bildungssprechern der Regierungsparteien Elmar Mayer und Werner Amon – vielen Dank!

Ich denke, dass wir mit dieser Maßnahme Tausenden Menschen in Österreich den Anschluss zu höherer Bildung ermöglichen, und zwar kostenlos und altersgerecht.

Vielen Dank für die breite Zustimmung! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.41.22

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­terin! Hohes Haus! Das vorliegende Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz schafft die rechtliche Basis für ein einheitliches Förderprogramm im Bereich Basisbildung und dem Nachholen von Pflichtschulabschlüssen für Menschen, die bisher über keine aus­reichende Mindestqualifikation verfügen.

Im Rahmen der ersten Artikel-15a-Vereinbarung, also Bund-Länder-Vereinbarung, im Bereich der Erwachsenenbildung ist es gelungen, diese Kurse im Bereich von Grundkompetenzen und dem Nachholen von Pflichtschulabschlüssen bis 2014 zu sichern.

Diese Kurse sind in Verbindung mit dem Jugendcoaching vonseiten des Sozial­ministeriums und insgesamt mehr individueller Förderung ganz wichtige Nach- bezie­hungsweise Schulungsmaßnahmen für viele Menschen.

Menschen, die keinen Pflichtschulabschluss haben, arbeiten oft in Arbeitsver­hältnis­sen, durch die gerade einmal die Lebenskosten gedeckt werden. Und diese Artikel-15a-Vereinbarung ermöglicht das Nachholen dieses Abschlusses in den Bundeslän­dern und auch in den ländlichen Regionen, wo die Kurse dann von den Erwachsenen­bildungseinrichtungen durchgeführt werden.

Es ist sehr wichtig, dass diese Kurse vor Ort, also auch in den ländlichen Regionen stattfinden, weil Frauen wie Männer, die einen Abschluss machen wollen, selten die Möglichkeit und Zeit haben, neben ihrem Berufsalltag große Distanzen zur Ausbil­dungsstätte zurückzulegen.

Durch den modulartigen Aufbau und die zielgruppenorientierte Ausgestaltung der Prüfungsgebiete kann auf die schon bestehenden Kompetenzen der Erwachsenen und Jugendlichen eingegangen werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 115

Ich meine, es ist sehr wichtig, diese Prüfungen auf neue Beine zu stellen und die Finanzierung für die nächsten Jahre abzusichern, denn ein Pflichtschulabschluss ist die Grundvoraussetzung für den Einstieg ins Berufsleben, für berufliches Weiterkom­men, für einen weiterführenden Schulbesuch und erweitert enorm die Chancen für jene Menschen, die es im ersten Anlauf eben nicht geschafft haben.

Unser vorrangiges Ziel muss es aber auch sein, alles zu unternehmen, um die Zahl derer, die ihre Schullaufbahn ohne Abschluss beenden, massiv zu verringern. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Lettenbichler. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.43.56

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Die vorliegenden Anträge können sozusagen als Ergänzung jenes Beschlusses gesehen werden, den wir hier vor knapp einem halben Jahr gefasst haben. Im Jänner haben wir an dieser Stelle das kostenlose Nachholen von Pflichtschulabschlüssen, aber auch die Einrichtung von Lehrgängen für das Erlernen von Grundkompetenzen beschlossen. Heute geht es darum, eine alters­adäquate Möglichkeit des Nachholens von Pflichtschulabschlüssen sicherzustellen.

In Österreich haben – die mir hier vorliegenden Zahlen sagen etwas anderes als Vorredner – etwa 300 000 Menschen keinen Pflichtschulabschluss, und Jahr für Jahr verlassen 4 000 bis 5 000 junge Menschen die Pflichtschule ohne Abschluss. Wir haben daher Handlungsbedarf gesehen, und die Regierung und das Parlament haben da auch richtig reagiert.

Ich darf in Erinnerung rufen, dass wir gemeinsam mit den Ländern eine vorbildliche Lösung gefunden haben. Mehr als 55 Millionen € werden in den nächsten Jahren für diese Qualifizierungsoffensive in die Hand genommen.

Konkret verhelfen wir in meinem Heimatbundesland Tirol damit 270 Menschen zu einem Pflichtschulabschluss. Wir geben 270 Mal neue Perspektiven, 270 Mal bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Ausführungen bezüglich Externistenprüfungen haben wir ja schon gehört, auch darüber, wie die Prüfungen dann abgelegt werden.

Mir ist es wichtig, von dieser Stelle aus der Bundesministerin herzlichen Dank zu sagen und ein großes Lob auszusprechen – ich weiß nicht, wie viel Lob Sie von der ÖVP ertra­gen können, Frau Ministerin –, denn in der kürzlich erlassenen Neuregelung des Lehrplans der Neuen Mittelschule – und das passt auch zu diesem Thema – finden wir erstmals Berufsorientierung als eigenen Unterrichtsgegenstand, und zwar als verbind­liche Übung, verpflichtend, jedoch ohne Noten, im Ausmaß von einer Wochenstunde.

Es ist, glaube ich, wichtig, jungen Menschen im Alter von 13, 14 Jahren Orientierung zu geben, sei es, dass sie dann einen Beruf ergreifen oder eine weiterführende Schule besuchen. Das führt dazu, dass Ressourcen gebündelt werden und es nicht so leicht zu falschen Entscheidungen kommt. Es gibt ja auch Untersuchungen des Rech­nungshofes darüber, wie viele Millionen Euro eine fehlentwickelte Berufswahl kostet.

Das ist also ein sehr, sehr wichtiger und guter Schritt, und ich würde mir wünschen und biete da auch meine Unterstützung an, ein ähnliches Modell auch für die Unterstufe bei den AHS zu finden. Noch einmal herzlichen Dank! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.46



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 116

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Frau Abgeordnete Ablinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.46.48

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Diese Novelle ist wichtig. Das zeigt sich im Übrigen auch daran, dass sie einstimmig beschlossen werden wird.

Die Novelle basiert auf der Tatsache, dass fast 280 000 Österreicher und Öster­reicherinnen zwischen 15 und 64 Jahren keinen Pflichtschulabschluss haben, und jährlich verlassen 3 500 bis 5 000 Jugendliche die Schule ohne einen Abschluss.

Der vorliegende Gesetzentwurf richtet sich speziell an Jugendliche und junge Erwach­sene, damit diese den Abschluss nachholen können, und zwar außerhalb eines üblichen Schulbesuches, was ich für notwendig halte, weil es ja schwierig wäre, wenn – stellen Sie sich das vor! – 30-Jährige plötzlich wieder in die Schule gehen müssten und neben ganz Kleinen sitzen müssten.

Diese Regelung ermöglicht es, den Abschluss in einer altersgerechten Form nachzu­holen, und bietet den ehemaligen Schulabbrechern gute Chancen, wieder im Arbeits­markt integriert zu werden.

Zu den Details ist schon einiges gesagt worden. Es gibt sehr viele Ursachen für Schulabbruch und Schulverweigerung. Da muss man genau hinschauen und eine sinnvolle Zusammenarbeit mit Eltern und Schülern entwickeln.

Diese Form des Pflichtschulabschlusses ist eine sehr gute Regelung, und ich freue mich, dass wir das gemeinsam beschließen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Amon.)

14.48

14.48.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1802 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolle­ginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Elmar Mayer, Amon, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde zunächst über den von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 8 Abs. 2 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dieser Abänderung beitreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Ferner haben die Abgeordneten Elmar Mayer, Amon, Kolleginnen und Kollegen eben­falls einen Abänderungsantrag betreffend § 8 Abs. 2 eingebracht.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 117

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.50.196. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1965/A der Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Silvia Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialver­sicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG) und das Bun­desgesetz vom 9. Dezember 1981 über den Kunstförderungsbeitrag (Kunstförde­rungsbeitragsgesetz 1981) geändert werden, sowie über den

Antrag 378/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Schlechterstellung von PensionsbezieherInnen im K-SVFG (1836 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.51.20

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wieder einmal stehen das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz sowie das Kunstförderungsbeitrags­gesetz hier im Parlament zur Diskussion. Mit dem Antrag von SPÖ und ÖVP soll eine sogenannte Schlechterstellung im Zusammenhang mit dem Künstler-Sozialversiche­rungsrecht ausgeglichen werden. Mit der derzeit gültigen Regelung kann Künstlern, die eine GSVG-Pension beziehen oder auch nur die Voraussetzung für eine Alterspension erfüllen, nicht mehr ein Zuschuss zur gewerblichen Sozialversicherung im Sinne des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes gewährt werden, wenn sie weiter ihrer Beschäftigung nachgehen wollen oder müssen.

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang nur den Ausdruck „Schlechterstellung“. Welche „Schlechterstellung“? Schlechterstellung gegenüber den vielen kleinen Pen­sions­beziehern in Österreich, die sich, wenn sie auch in der Pension arbeiten, bei der jeweiligen Sozialversicherung weiter versichern müssen? Diese haben weder vor noch nach dem Antritt der Pension die Möglichkeit, einen Zuschuss zu erhalten. Im Gegen­teil, die geplante Änderung stellt eigentlich eine Besserstellung der Künstler gegenüber allen anderen Pensionisten, vor allem gegenüber jenen aus der gewerblichen Wirt­schaft dar.

Als im Juni 2001 die Künstler als Selbständige der gewerblichen Sozialversicherung zugewiesen wurden, war einigen oder eigentlich vielen klar, dass einige der Künstler die Beiträge nicht oder nur schwer werden leisten können. Daher schuf man damals den Künstler-Sozialversicherungsfonds, um damit sozial Schwachen einen Zuschuss zu den Beiträgen für die Pflichtversicherung zu ermöglichen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 118

Wie sich aber am Fondsvermögen zeigt, nehmen diese Möglichkeit nur sehr wenige in Anspruch. Jetzt sei dahingestellt, ob viele diese Möglichkeit nicht in Anspruch nehmen wollen oder aufgrund der gesetzlichen Regelung nicht können.

Wir sind der Meinung, dass die heutige Gesetzesvorlage das Problem nicht löst. Es handelt sich um ein Flickwerk, dem wir Freiheitlichen unsere Zustimmung verwehren. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Problem vieler Künstler wurde zwar erkannt, das grundsätzliche Problem der sozialen Lage der Künstler jedoch nicht gelöst. Um die finanzielle Situation von Künstlern zu verbessern, haben wir Freiheitliche seit Jahren immer wieder Anträge eingebracht, durch steuerliche Anreize einen Weg zu finden, den Künstlern zu helfen. Dieser andere Zugang, nämlich durch steuerliche Anreize beim Kauf von Kunstwerken oder Absetzbarkeit von Kunstsponsoring den Künstlern beim Verdienen ihres Lebensunterhalts zu helfen, wäre sinnvoller und auch zweckmäßiger. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Kunst- & Kultursponsoring

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, entsprechende Maßnahmen zu setzen, die eine Förderung des privaten Sponsorings zeitgenössischer Kunst und Kultur durch steuer­liche Anerkennung privater Kunst und Kulturausgaben als Sonderausgaben bewirken.“

*****

Die Probleme der Künstler müssen neu durchdacht werden. Eine größere und umfassendere Reform ist notwendig! (Beifall bei der FPÖ.)

14.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Kunst- & Kultursponsoring

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6 Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1965/A der Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Silvia Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG) und das Bundesgesetz vom 9. 12. 1981 über den Kunstförderungsbeitrag (Kunstförde-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 119

rungsbeitragsgesetz 1981) geändert werden sowie über den Antrag 378/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Schlechterstellung von PensionsbezieherInnen im K-SVFG (1836 d.B.) in der 165. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 5. 7. 2012

Die Diskussion um geeignete Finanzierungskonzepte von Kunst und Kultur auf der einen Seite, und die Frage der sozial angemessenen Absicherung von Kunst- und Kulturschaffenden in Österreich bestimmt die österreichische Kulturpolitik.

Eines steht dabei aus der Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte außer Zweifel: Ohne entscheidenden Kurswechsel bleibt Österreichs Kunst- und Kulturbetrieb intransparent, und deren maßgebliche Proponenten von öffentlichen Subventionen und der politi­schen Entscheidungsbefugnis abhängig. Den Ausweg aus diesem Umstand kann nur eine grundlegende Reform der österreichischen Kunstförderung bewerkstelligen. Das derzeit bestehende Subventionsmonopol der öffentlichen Hand führt zu offenen und versteckten Abhängigkeiten der österreichischen Kunst- und Kulturschaffenden. Während in Österreich der Begriff des „Staatskünstlers“ nach wie vor seine Berechti­gung hat, erkennt man anderswo bereits den Vorteil und die positiven Ergebnisse einer zunehmend privaten Kunstförderung, die einen großen Beitrag zur existenziellen Absicherung von Kunst- und Kulturschaffenden leisten kann.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, entsprechende Maßnahmen zu setzen, die eine Förderung des privaten Sponsorings zeitgenössischer Kunst und Kultur durch steuer­liche Anerkennung privater Kunst und Kulturausgaben als Sonderausgaben bewirken.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ablinger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.55.01

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Frau Kollegin Unterreiner, ich kann Ihnen schon erklären, warum diese Reform in Bezug auf die Schlechterstellung notwendig und sinnvoll ist: Wie Sie dem Bericht zur sozialen Lage sicherlich entnommen haben, ist die soziale Lage von Künstlern und Künstlerinnen im Durchschnitt jedenfalls um einiges prekärer als im Durchschnitt insgesamt. Die Einkommen und die Anstellungssituationen sind schlechter. Sie können sich gerne noch einmal anhand dieses Berichtes informieren, ich gebe ihn Ihnen auch noch einmal. Es ist aber klar, dass das Durchschnitts­einkom­men der Künstlerinnen und Künstler weit unter jenem der Österreicherinnen und Österreicher insgesamt liegt.

Die steuerliche Förderung, die Sie vorgeschlagen haben, haben wir schon mehrmals abgelehnt und darüber auch diskutiert. Das ist ein System dessen, wie marktförmige Mainstream-Kunst gefördert wird, aber die, die gegen den Strich bürstet, die, die sich nicht – zwischen Anführungszeichen – „auf dem Markt finanzieren kann“, hätte damit keine Chance. Es ist aber meines Erachtens die Aufgabe gerade der öffentlichen Kunstförderung, Kunst zu ermöglichen, auch Kunst zu ermöglichen, die nicht nur gängig ist. Der Fortschritt in der Kunst entwickelt sich auch aus dem, wo Künstler und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 120

Künstlerinnen so etwas wie Grundlagenforscher und Grundlagenforscherinnen sind. Es braucht die öffentliche Unterstützung. Sie dann nur auf die steuerliche Absetzbarkeit zu verweisen, damit wäre jedenfalls klar, dass vieles nicht ermöglicht wird.

Wir wollen mit dieser Novelle des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes nun endlich etwas regeln, das schon lange gefordert worden ist, dass nämlich auch Zuschüsse in der Pension ausbezahlt werden können. Das ist aus mehreren Gründen notwendig. Es war auch dringend notwendig, zu handeln.

Es geht darum, dass der Anspruch verloren geht, wenn die gesetzliche Alterspension vom Alter her erreicht ist, dann gäbe es grundsätzlich gar keinen Zuschuss mehr. Allerdings ist es so, dass die Einkommen in der Pension, die Pensionsleistungen, so gering sind, dass viele Künstler und Künstlerinnen nicht nur deswegen, sondern auch, weil es ihnen Freude macht, weiterarbeiten wollen. Damit hätten sie aber keinen Zuschuss mehr, außerdem würden möglicherweise Rückforderungen anstehen, und eine relativ teure Überprüfung von Zuschussberechtigungen wäre notwendig. Deshalb war es dringend notwendig, diese Klausel zu reparieren.

Es gab – das möchte ich nicht verhehlen – Kritik im Hinblick auf die Absenkung der Beiträge. Aber ich nehme an, Kollegin Fuhrmann wird dazu noch etwas sagen. Lassen Sie mich jedenfalls betonen, dass der Künstler-Sozialversicherungsfonds nicht geleert wird. Die Beiträge werden weiterhin geleistet – wohl abgesenkt, aber sie werden weiter­hin geleistet. Und die Finanzierungsgrundlage des Fonds ist sicherlich nicht gefährdet. Außerdem ist die Beitragssenkung befristet, und eine Evaluation ist be­schlos­sen worden.

Die Diskussionen und Vorschläge, die zur Öffnung des Fonds gekommen sind, halte ich jedenfalls für wichtig. Ich glaube auch nicht, dass die Diskussion dazu beendet ist, aber es hat dafür gegenwärtig eben keine Mehrheit gegeben. Ich habe auch allen, die mir geschrieben haben, eine entsprechende Antwort geschrieben.

Ich freue mich, dass dieser Kompromiss möglich war und dass wir die Pensionsklausel abschaffen können. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Zinggl. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.58.29

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Kollegin Ablinger hat es ja schon sehr schön erklärt: Seit vier Jahren wissen wir um die desaströse soziale Lage der Kultur- und Kunstschaffenden. Und damit da kein falsches Bild entsteht: Natürlich, es gibt Einzelne, die verdienen sehr gut an der Kunst, das ist gar keine Frage, aber es gibt auch Einzelne in der Gesamtbevölkerung, die 100 000 € im Monat verdienen, und trotzdem sind der Durchschnitt und das mittlere Einkommen nicht daran zu messen und ist die soziale Lage des Einzelnen nicht damit zu vergleichen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die Studie, die vor vier Jahren seitens des Ministeriums in Auftrag gegeben und veröf­fentlicht wurde, zeugt von einer strukturellen Armut. Wenn ein Drittel der Kunstschaf­fenden weniger als 700 € im Monat verdient und wenn das mittlere Einkommen unter 1 000 € pro Monat liegt, dann besteht Handlungsbedarf. Das ist blamabel!

Ich erinnere mich noch genau an Otto M. Zykan, den Komponisten. Wenige Tage, bevor er gestorben ist, habe ich mit ihm ein Gespräch geführt, und da hat er zu mir gesagt: Die Aufgabe der Kulturpolitik ist in erster Linie, dafür zu sorgen, dass nicht das passiert, was ihm passiert ist, dass er nämlich 20 Jahre lang am Hungertuch nagen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 121

muss, nicht weiß, wie er die Heizung zahlen soll, und er dann, wenn es endlich so weit ist, dass er etwas bekommt, eh nicht mehr viel vom Leben hat.

Das ist natürlich die Aufgabe einer Regierung. Und wir haben ja eine sozialdemo­kratische Ministerin, die für Kultur zuständig ist. Und tatsächlich haben wir im Regierungsprogramm sehr schön stehen, dass Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Lage angegangen werden.

Frau Ministerin, ich erinnere Sie auch daran, dass Sie von einem Zuschuss zur Sozialversicherung für jene, die es am nötigsten haben, ausgegangen sind. Und jetzt, vier Jahre danach, haben wir weder das eine noch das andere. Im Gegenteil, Frau Ministerin, seit einigen Wochen oder Monaten sprechen Sie davon, dass Sie dieses Thema jedenfalls nicht lösen werden. Das ist, glaube ich, schon ein Armutszeugnis für die Politik, weil es doch Aufgabe des Staates, der Regierung ist, für einen sozialen Ausgleich zu sorgen. Und wenn dieser soziale Ausgleich insbesondere in Ihr Ressort fällt, dann haben Sie dafür zu sorgen. Wer sonst soll das machen? Ich erinnere nur an Folgendes: Hätte in den zwanziger Jahren die Sozialdemokratie auch gesagt: Wie sollen wir das machen, das ist nicht zu lösen?, dann hätten wir heute keine Kranken­versicherungen, keine Karenzregelungen, keine Pensions- und Unfallversicherungen, keinen Kündigungsschutz und so weiter.

Ich glaube, Sie können sich da nicht aus der Verantwortung stehlen. Und Sie können meinetwegen mit dem Herrn Sozialminister Hundstorfer, mit dem Herrn Bundeskanzler, mit wem auch immer sprechen, aber es ist nicht drinnen, einfach zu sagen, wir können das nicht. Das ist ein Versagen der Politik. Und wenn Sie schon solche inter­ministeriellen Arbeitsgruppen eingerichtet haben, dann wollen wir da irgendwann einmal auch ein herzeigbares Ergebnis und eine Verbesserung der Lage sehen.

Heute ist ein besonders schlechter Tag in diesem Zusammenhang, denn anstatt den Topf für dringend notwendige Maßnahmen zu füllen, reduzieren Sie ihn, indem diejenigen, die da einzahlen, also die Kabelnetzbetreiber und die Firmen, die Satelliten­receiver produzieren, weniger einzahlen müssen. Das heißt, dass Sie den sozial schwachen Kunstschaffenden nicht helfen, sondern den Wirtschaftstreibenden, die eigentlich von dem profitieren, was an künstlerischer Produktion eingespeist wird.

Das heißt, in Zukunft haben Sie im Jahr 2,5 Millionen € weniger im Topf drinnen, das sind fast 13 Millionen für die kommenden fünf Jahre. Ein bisschen erinnert mich das an jemanden, der einen Garten pflegen möchte, dann sieht, dass er zu wenig Wasser hat, und anstatt dass er die Tonnen, die schon aufgestellt sind und die sich nach und nach mit Wasser füllen, irgendwann einmal nutzt, leert er diese Tonnen aus, betoniert lieber und sagt nach fünf Jahren: Na ja, ich habe ja gar nicht so viel Wasser gebraucht, wie ich ursprünglich gedacht habe!

Ich glaube, dieses Geld, das uns jetzt fehlt, wäre ganz dringend notwendig gewesen für eine Mindestsicherung, so wie wir sie vorschlagen. Das wird wohl jetzt nicht mehr so leicht sein. Da werden wir jetzt noch einmal nachdenken müssen, wie man das finanzieren kann. Eine andere Möglichkeit wäre aber sicher auch gewesen, die Gruppe der Bezugsberechtigten, die besonders schwach sind, zu erweitern. Sie haben beides nicht gemacht.

Es ist heute kein guter Tag für die Kulturpolitik, und es ist keine gute Legislaturperiode, was die finanzielle Besserstellung für Kunstschaffende betrifft. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 122

15.03.28

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Kollege Zinggl, das stimmt nicht: Der heutige Tag ist nicht nur sehr wohl ein sehr guter Tag für viele Künstlerinnen und Künstler, sondern bedeutet auch deshalb eine Unterstützung und eine Verbesserung für einzelne Personen, weil es ja nicht richtig ist, dass die Pflanzen bei vollen Gießkannen – um Ihre Metapher zu verwenden – zu vergehen drohen, da die Beiträge ja erhöht wurden.

Es ist auch so, dass wir den einzelnen Ansuchenden jetzt mehr Unterstützungsleistung zur Verfügung stellen. Das hat die Ministerin veranlasst, und ich halte das auch für eine gute und richtige Maßnahme. Denn wenn sich in diesem Künstler-Sozialver­sicherungstopf mittlerweile 28 Millionen angesammelt haben, dann zeigt das auch, dass genügend Potenzial zur Verfügung steht, um einzelne Menschen mit hartem Schicksal wirklich zu unterstützen.

Ich bin jetzt aber trotzdem der Meinung, dass wir an den Kriterien festhalten sollen, um so einer Unterstützung auch gerecht zu werden. Ich weiß, dass viele mit dem Vorschlag an uns herangetreten sind, zum Beispiel den Einkommensnachweis aus einer künstlerischen Tätigkeit fallen zu lassen. Nur, Kollege Zinggl, ich frage Sie dann: Würde da nicht jeder Österreicher, jede Österreicherin auf die Idee kommen, zu sagen, ich bin Künstler und ich möchte aus diesem Topf eine Unterstützung beziehen?

Ich meine schon, dass wir hier sehr sorgsam mit Steuergeld und Abgaben, die ja in Wirklichkeit der Konsument tragen muss, umzugehen haben und dem auch, das sage ich auch als leidenschaftliche Kultursprecherin, gerecht werden müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Deshalb war es meines Erachtens auch legitim, dass der Handel an die Frau Bundes­minister, an die zuständige Sektion mit dem Ansinnen herangetreten ist, darzulegen, dass es bei einem Fondsvermögen von 28 Millionen durchaus anzudenken wäre, die einzelne Abgabe anzupassen, die der Handel und indirekt dann der Konsument beim Kauf beziehungsweise Verkauf von Satellitenschüsseln und bei einem Kabelanschluss zu leisten haben, nicht nur weil der Handel jetzt mit einer Satellitenschüssel viel weniger verdient als zu der Zeit, als sie Staatssekretär Morak eingeführt hat, sondern weil natürlich auch der Konsument kein Interesse hat, eine Abgabe zu bezahlen, die dann in einer Sparkasse oder in einer Rücklage landet.

Frau Kollegin Ablinger hat alle E-Mails beantwortet, auch ich habe das getan. Ein bisschen feig habe ich gefunden, dass du geschrieben hast, die ÖVP wäre schuld daran, dass man die Beiträge jetzt senkt, du hättest es eh nicht wollen. – Dann hättet ihr das vielleicht auch SPÖ-intern ein bisschen besser kommunizieren müssen, denn ich habe schon den Eindruck gehabt, dass die Verhandlungen zwischen dem Bundes­ministerium, der Sektion und der Wirtschaftskammer geführt worden sind und es da auch Absprachen gegeben hat. Du versuchst, dich hier vielleicht ein bisschen leicht aus der Affäre zu ziehen, was nicht in Ordnung ist. Ich sage es auch deshalb im Plenum, weil es im Ausschuss immer wieder vorkommt und ich das eigentlich mittler­weile als unangebracht und unangenehm empfinde.

Nichtsdestotrotz glaube ich, dass das eine sehr wichtige und sehr gute Maßnahme ist und wir die Interessen der Künstlerinnen und Künstler sehr ernst nehmen, nicht nur, weil wir in diesem Zusammenhang einen Paragraphen, der 2008 eingeführt wurde, jetzt wieder streichen, um Härtefälle auszugleichen, sondern weil wir auch andere Anliegen ernst nehmen, wie zum Beispiel die Initiative „Kunst hat Recht“. Da geht es ja auch darum, dass beispielsweise aufgrund von Verlusten bei der Einnahme aus Leerkassettenvergütungen mittlerweile 10 Millionen nicht mehr da sind, weil heutzu­tage niemand mehr eine Musikkassette oder eine CD kauft. Während 2011 aus der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 123

Leerkassettenvergütung nur mehr 7,9 Millionen eingenommen wurden, waren es 2005 17,6 Millionen, also wesentlich mehr.

Ich glaube, dass wir mit Reformen des Urheberrechtes, wo ja wiederum 50 Prozent den einzelnen Künstlerinnen und Künstlern zugutekommen, mindestens einen ge­nauso wichtigen Beitrag leisten würden, wie wir das heute mit der Beseitigung dieses Paragraphen tun.

Ich finde es schade, dass die FPÖ und das BZÖ dieser Vorlage nicht zustimmen. Die Meinung geht hier in eine ganz andere Richtung, es heißt, für die Pensionisten sei das nicht gerechtfertigt. (Abg. Markowitz: Wir stimmen zu! ) – Ah, der Herr Markowitz sagt, es ist nicht so, dann bin ich schon gespannt und freue mich, dass Sie heute weniger kritisch sein werden als im Ausschuss. (Abg. Petzner: Wir haben auch im Ausschuss zugestimmt!) – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


15.08.05

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Fuhrmann, ich bin immer wieder erstaunt, dass Sie, wenn es darum geht, Armut zu bekämpfen, automatisch den Vorwurf der sozialen Hängematte in dieses Haus bringen, sofort sagen, Künstlerinnen und Künstler, die dann vielleicht ohnehin mehr verdienen, würden sich dann auch aus diesem Topf bedienen, damit sie möglicherweise die Milch für den nächsten Tag kaufen können.

Frau Abgeordnete Fuhrmann, das ist wirklich nicht mehr tragbar, und ich finde, dass Ihre sozialpolitischen Ansichten geradezu  (Abg. Mag. Fuhrmann spricht gerade mit den Abgeordneten Markowitz und Petzner.) – Frau Fuhrmann? (Beifall bei den Grünen.) Also wenn Sie hier heraußen stehen und Künstlerinnen und Künstlern vorwerfen, dass sie sich möglicherweise aus dem Fonds bedienen, um am nächsten Tag einen Liter Milch zu kaufen (Abg. Mag. Fuhrmann: Das habe ich nicht getan!), dann, finde ich, sollten Sie auch den nachfolgenden Rednern und Rednerinnen ganz genau zuhören. (Beifall bei den Grünen.)

Es geht hier nicht um die soziale Hängematte, überhaupt nicht, sondern es geht hier um die soziale Absicherung von Kunstschaffenden in Österreich. Und die Lebens- und Arbeitssituation ist für die Kunstschaffenden in Österreich eine prekäre und ange­spannte. Ich sehe es als ureigenste Aufgabe dieses Ministeriums, auch Kunstschaf­fende wirklich abzusichern und den Fokus auf die Schaffenden zu legen.

Das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz könnte hier tatsächlich – mein Kollege Zinggl hat das ja schon ausgeführt – eine Unterstützung bieten, würde es auch richtig eingesetzt. Und wenn auch die Abschaffung der Pensionsklausel heute ein richtiger Schritt ist, geht es schon darum, dass die Reduzierung, die Beitragssenkung des Fonds gleichzeitig erfolgt und überhaupt nicht gerechtfertigt ist. Und das ist auch unver­ständlich.

In den nächsten fünf Jahren fehlen 13 Millionen €, auch wenn der Fonds möglicher­weise weiterhin das tun kann, nämlich auszahlen – es geht aber darum, wirklich eine soziale Absicherung zu gewährleisten.

Die Studie zur sozialen Lage von Künstlern und Künstlerinnen zeigt klar auf: Das mittlere künstlerische Einkommen, nämlich das, was wirklich bezogen wird von meiner Kunst, von meiner Kultur, die ich anbiete, ist im Jahr, meine sehr verehrten Damen und Herren, 4 500 €. Ein Drittel aller, die im Rahmen der Studie zur sozialen Lage be-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 124

fragt worden sind, hat überhaupt nur 2 300 € im Jahr an Kunsteinnahmen, an Kultureinnahmen direkt. Unterhalb der Armutsgrenze leben 37 Prozent aller Kunst­schaffenden in Österreich.

Da ist einiges zu tun. Und da ist auch die Aufgabe der Ministerin klar zu orten, Künstle­rinnen und Künstler auch tatsächlich sozial abzusichern, rechtlich abzu­sichern – und das unter Rahmenbedingungen, nämlich unabhängig davon, ob bildend oder dar­stellend, auch da darf keine Unterscheidung gemacht werden. (Beifall bei den Grü­nen.)

15.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Markowitz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.11.19

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich bin ja froh, dass ich der nächste Redner bin, sonst hätte ich nämlich eine tatsächliche Berichtigung aussprechen müssen. Frau Kollegin Fuhrmann, ich nehme die Entschuldigung an!

Im Ausschuss haben wir argumentiert, warum wir dieser Regierungsvorlage zustim­men – und zwar genau aus diesem Grund. Auch Sie haben dort mitdiskutiert, Sie waren ja vor Ort. Wahrscheinlich haben Sie sich nur in der Liste verschaut – P, C, wie auch immer. Das kann vorkommen, es sei Ihnen verziehen! (Abg. Höfinger: Char­mant!)

Frau Ministerin, wenn wir jetzt eine Zustimmung erteilen, dann gerade deswegen, weil nicht der Fall sein sollte, was die KollegInnen von den Grünen vorher gesagt haben, dass nämlich jeder in Österreich aufschreit: Ich bin Künstler! und dann das Recht hat, eine Pension zu beziehen oder sozialversichert zu sein.

Hier ist ganz klar geregelt, dass dies 80 Personen betrifft, und zwar nur Personen, die auch Beiträge bezahlt haben. Der Künstlersozialfonds ist mit 28 Millionen dotiert. Und somit gehen wir vom Leistungsgedanken aus und finden auch nichts dabei, ja halten es sogar für wichtig, wenn diese Personen unterstützt werden, die auch eine Leistung erbracht haben.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der hier verankert wird, ist die Herabsetzung des Kunst­förderungsbeitrags. Das kommt ja allen zugute, die ein TV-Gerät, Radiogerät et cetera zu Hause haben. (Beifall beim BZÖ.)

Wir werden in Zukunft auch beobachten, wie es sich weiterentwickelt. Ich finde auch gut, dass dies nach fünf Jahren evaluiert wird, damit kein Fass ohne Boden entsteht.

Ich glaube, dass dies in die richtige Richtung geht. Und somit stimmen wir dem zu. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

15.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun hat sich Frau Bundesministerin Dr. Schmied zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.13.09

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst möchte ich ein paar grundsätzliche Stellungnahmen abgeben.

Die soziale Lage der Künstler und Künstlerinnen muss uns ein Anliegen sein und ist dieser Bundesregierung ein Anliegen, denn gerade deshalb haben wir ja auch die Studie zur sozialen Lage in Auftrag gegeben und genau deshalb haben wir interminis-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 125

terielle Arbeitsgruppen eingerichtet, die Verbesserungen für die Künstler und Künstle­rinnen Schritt für Schritt auch erreichen sollen.

Betonen möchte ich auch, dass selbstverständlich, Herr Abgeordneter Zinggl, Preise, Subventionen, Stipendien, die Nachwuchsförderung und die Förderung der Kulturinitia­tiven ganz wichtige Schwerpunkte meiner Regierungsarbeit sind. Und Sie wissen ganz genau, dass diese Ausgabenpositionen Ermessensausgaben sind. Sie wissen auch sehr genau, dass wir mittlerweile zwei sehr heftige Konsolidierungsbudgets hinter uns haben, wo es gelungen ist, keine Kürzung der Ermessensausgaben in diesem Bereich durchzusetzen und sogar da und dort – nicht im großen Stil, aber doch – bei den zeitgenössischen Förderungen zuzulegen und zum Beispiel die Nachwuchsstipendien als neues Programm einzurichten. Es ist mir wichtig, das hier zu betonen, weil es Ausdruck einer bestimmten Haltung dieser Bundesregierung ist.

Etwas möchte ich noch hinzufügen, Herr Abgeordneter Zinggl: Durch laufende Wiederholung eines falschen Zitates wird diese Aussage nicht richtiger. (Beifall bei der SPÖ.) Sie nehmen Bezug auf ein Interview von mir der „Tiroler Tageszeitung“ gegen­über, wo ich gesagt habe, dass über die Kunstförderung ein Grundeinkommen und eine Grundabsicherung der Künstler und Künstlerinnen nicht darstellbar sind. Und dabei bleibe ich, denn wenn wir über ein Grundeinkommen diskutieren, dann für alle Menschen in diesem Land. Dies ist nicht über das Kunstbudget leistbar. (Beifall bei der SPÖ.) Das sprengt den Rahmen. Diese Klarheit und Ehrlichkeit müssen wir auch den Künstlern und Künstlerinnen gegenüber vertreten, und dazu stehe ich.

Die vorliegenden Novellen erlauben es – das ist eine langjährige Forderung der Künstlerinnen und Künstler –, eine Benachteiligung aufzuheben, die es beim Künstler-Sozialversicherungsfonds gegeben hat, nämlich dass Zuschüsse an Künstler und Künstlerinnen dann gestrichen werden, wenn sie das Pensionsalter erreichen. Ich denke, dass das eine wichtige Maßnahme für die Künstler und Künstlerinnen ist. Sehr viele sind auch nach Erreichen des Pensionsalters weiter berufstätig. Ganz viele haben sehr, sehr kleine Pensionen. Das ist daher ein wichtiger Schritt.

Der Fonds ist ja ein Spezialvehikel für die Förderung der Künstlerinnen und Künstler, er ist eine gute Einrichtung. Und es ist wichtig, hier das Leistungsspektrum, die Aus­gaben auf der einen Seite und die Einnahmen auf der anderen Seite, zu betrachten. Und Faktum ist, dass dieser Fonds über Sondersteuern finanziert wird. Es ist daher klar, dass man hier auch eine Balance zwischen Einnahmen und Ausgaben im Auge haben muss und dass diese Balance auch Ergebnis politischer Kompromisse ist, zwischen Künstlerinnen und Künstlern auf der einen Seite und der Wirtschaft und den Konsumenten und Konsumentinnen auf der anderen Seite.

Es ist mir wichtig – das sage ich speziell in Richtung des Herrn Abgeordneten Zinggl –, festzuhalten, dass wir gemeinsam – da bedanke ich mich bei Frau Abgeordneter Ablinger und bei Frau Abgeordneter Fuhrmann ganz explizit –, und zwar seit 2008, weitreichende Verbesserungen für die Künstler und Künstlerinnen geschaffen haben. Ich zähle vier Punkte auf:

Erstens: Ausweitung der Beiträge auf Unfall- und Krankenversicherung.

Zweitens: Laufende Erhöhung der Beitragszuschüsse, aktuell sind es 1 560 €. Das ist seit der Einrichtung des Fonds im Jahr 2001 eine 80-prozentige Steigerung!

Drittens: Erleichterungen für das Erreichen der Mindesteinkommensgrenze, zum Bei­spiel auch durch Anrechnung von Stipendien und Preisen.

Viertens: Im Rückforderungsfall wegen Nichterreichens der Einkommensuntergrenze können künftig nicht nur wirtschaftliche, sondern verstärkt auch soziale Komponenten berücksichtigt werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 126

Zu sagen, es gab in den letzten Jahren keine Weiterentwicklung zugunsten und im Interesse der Künstler und Künstlerinnen, ist schlichtweg falsch. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden natürlich die Weiterentwicklung des Fonds im Auge behalten. Es ist auch aus meiner Sicht zentral, dass die Reduktion der Einnahmenseite befristet auf fünf Jahre abgeschlossen wird. Nach fünf Jahren, wenn keine andere gesetzliche Regelung erfolgt, geht es wieder auf das ursprüngliche Niveau. Das heißt, die Finanzierungsgrundlage des Fonds ist in den nächsten Jahren gesichert, und ich werde die Weiterentwicklung des Fonds im Interesse der Künstle­rinnen und Künstler selbstverständlich im Auge haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Zinggl zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die GOG-Bestimmungen. – Bitte.

 


15.19.23

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Ministerin, Sie haben behauptet, ich hätte Sie nicht richtig zitiert. Das möchte ich korrigieren. Ich habe behauptet, dass Sie gesagt hätten: „Dieses Thema werde ich nicht lösen können.“ Es geht um die soziale Lage der KünstlerInnen.

Sie haben in der „Tiroler Tageszeitung“ am 8. März 2012 auf die Frage „Viele Künstler leben in sehr prekären Verhältnissen“ gesagt:

„Dieses Thema werde ich nicht lösen können.“ – Danke.

15.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


15.20.04

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Kollege Zinggl, auch wenn man weiß, dass man einen Missstand, eine soziale Situation, die man absolut nicht befürwortet, nicht mit einer Maßnahme in einer Legislaturperiode aus der Welt schaffen kann, heißt das nicht, dass man nicht weiter Schritt für Schritt daran arbeiten will und auch arbeiten wird. Das ist den Worten der Frau Bundesministerin ganz klar zu entnehmen gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Vorlage, die wir heute beraten, ist ein Schritt in Richtung Verbesserung der sozia­len Situation von Künstlern und Künstlerinnen, wenn auch ein kleiner, zugegeben, aber ein wichtiger. Die Abschaffung der Pensionsklausel bringt tatsächlich eine Verbes­serung für einen nicht riesigen Personenkreis, aber doch für jene, die das dringend brauchen, bringt eine Reparatur, bringt Rechtssicherheit und verhindert eine Rückfor­derung bei Künstlern und Künstlerinnen, die ohnedies eine sehr geringe Pension, ein sehr geringes Einkommen haben.

Der Fonds – und das möchte ich ausdrücklich noch einmal betonen – wird nicht geleert, auch wenn er künftig durch geringere Beiträge gespeist wird.

Frau Kollegin Fuhrmann, ich verstehe, ehrlich gesagt, nicht ganz, dass Sie Kollegin Ablinger Feigheit vorwerfen, nur weil sie sagt, wir haben miteinander verhandelt, ein Ergebnis erzielt, sind aber von unterschiedlichen Positionen ausgegangen. Es ist nun einmal so, dass es Ihnen wichtiger war, dass das Ihre Position war, die Sie in die Verhandlungen eingebracht haben. (Abg. Mag. Fuhrmann: Sie haben den Fonds eingeführt!) – Das bestreitet ja niemand, aber die jetzige Absenkung der Beiträge


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 127

haben Sie in die Verhandlungen eingebracht. Wir haben einen Kompromiss gefun­den – Sie, Frau Kollegin Ablinger und die Frau Ministerin selbstverständlich –, zu dem wir stehen. Es ist nur absolut nicht fair, dann zu sagen, es gibt das Ergebnis, und darzustellen, wer welche Interessen und welche Positionen vertreten hat.

Die Befristung wollten Sie zuerst nicht, sie war uns wichtig. Sie ist jetzt auch Teil des Paketes, ebenso die Evaluierung. Ich bin übrigens neugierig, ob die Absenkung der Beiträge auch tatsächlich an die Konsumenten und Konsumentinnen weitergegeben wird.

Also: auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung – wenn auch ein kleiner, so doch ein sehr wichtiger! (Beifall bei der SPÖ.)

15.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durch­schlag. – Bitte.

 


15.22.32

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle haben in den letzten Wochen eine Flut an Mails bekommen; es waren teils indivi­duelle Mails, sehr, sehr viele Massenmails. Bei einigen kann ich den Inhalt durchaus nachvollziehen, bei denen, die die Änderung im Künstler-Sozialversiche­rungsfonds­gesetz betroffen haben, fällt mir das schon ein bisschen schwerer. Warum? – Es wird in Wirklichkeit bei diesem Gesetz eine Art Fehlkonstruktion oder Fehlannahme, die man getroffen hat, wieder behoben.

Die Intention dieses Gesetzes bei der Einführung im Jahr 2001 war, die soziale Lage der Künstlerinnen und Künstler insbesondere in der Pension zu verbessern und abzusichern. Wir wissen, dass sehr viele von ihnen Probleme haben. Wir wissen, es hat eine fast Verdoppelung der Sozialversicherungsbeiträge für die Künstlerinnen und Künstler gegeben, und wir wissen, dass es im Jahr 2008 eine Verschlechterung für die Pensionistinnen und Pensionisten, also für die Künstlerinnen und Künstler gegeben hat. Man hat aber erkannt, das war eine Fehlentscheidung, das war falsch. Das wird jetzt mit diesem Gesetz revidiert, und das ist durchaus ein sehr positiver Schritt, den sicher auch die Künstlerinnen und Künstler anerkennen. Es werden ja sogar rückwirkend Ansprüche legitimiert.

Wenn es jetzt – und das war ein sehr umstrittener Bereich – um den Fonds geht, dann bin ich sehr bei meiner Kollegin Silvia Fuhrmann, die fragt, woher denn dieser Fonds sein Geld bekommt. – Natürlich wird das von den Kabel-Betreibern und von den Sat-Receiver-Verkäufern überwiesen, aber in Wirklichkeit, und das wissen wir alle, zahlen es die Konsumentinnen und Konsumenten. Das ist eine Abgabe, die im Vergleich zu den Ausgaben für Sat-Schüsseln beispielsweise doch ziemlich stark gestiegen ist.

Die Konsumentinnen und Konsumenten haben über die Jahre in Wirklichkeit sehr viel eingezahlt, offensichtlich mehr als wirklich notwendig war. Daher ist eine Reduktion auf die Hälfte, wenn jetzt 28 Millionen € Vermögen vorhanden sind, eine befristete Reduktion auf fünf Jahre durchaus angebracht; eine befristete Reduktion deshalb, dass man in fünf Jahren prüfen kann, wie sich das ausgewirkt hat und ob noch genug Vermögen vorhanden ist. Wenn es nicht mehr so sein sollte, das heißt, wenn die Ansprüche der Künstlerinnen und Künstler nicht erfüllt werden sollten, dann gilt diese Abgabe automatisch wieder in normaler Höhe.

Ich glaube, dass dieses Gesetz auf der einen Seite für die KünstlerInnen eine Sicherheit bringt und auf der anderen Seite – und ich gehe dann doch davon aus – den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 128

Konsumentinnen und Konsumenten nicht mehr abverlangt, als sie abzuverlangen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

15.24

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Höllerer ist nun zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


15.25.24

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Auch ich habe natürlich die vielen Mails bekommen und sie auch gelesen, aber nicht alle beantwortet. Ich möchte auch auf einiges davon eingehen, was dringestanden ist und durchaus seine Richtigkeit hat, nämlich dass seit Jänner 2001 die Künstlerinnen und Künstler, und zwar jene, die selbständig erwerbs­tätig sind, in die Pflichtversicherung der gewerblichen Sozialversicherung einbezogen sind und dass sie dort als Neue Selbständige natürlich auch den Kriterien, die die gesetzliche Sozialversicherung für die Versicherten darstellt, unterworfen sind. Das heißt, dass sie selbstverständlich gleiche Mindestbeitragsgrundlagen, gleiche Höchst­beitragsgrundlagen und auch gleiche Beitragssätze zu entrichten haben, dass sie kranken- und pensionsversichert sind und dass für die Unfallversicherung die AUVA zuständig ist.

Die Einrichtung des Künstler-Sozialversicherungsfonds hatte den Grund, dass den Künstlerinnen und Künstlern die Aufbringung der Sozialversicherungsbeiträge erleich­tert wird – das ist auch sehr gut gelungen –, anfangs pensionsrechtlich gesehen, und seit dem Jahr 2008 werden auch Zuschüsse zur Kranken- und Unfallversicherung geleistet.

Eines möchte ich noch anmerken: Über die Bewilligung eines Unterstützungsantrages entscheidet nicht die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, sondern der Künstler-Sozialversicherungsfonds selbst. Ob die Bedingungen, also die künstle­rische Befähigung, Werke der Kunst zu schaffen, auf eine Person zutreffen, wird von der Künstlerkommission entschieden und diese besteht aus mehreren Kurien, die wiederum die unterschiedlichen Kunstsparten repräsentieren.

Der Fonds speist sich, wie wir gehört haben, aus der Satelliten-Abgabe und der Kabel-Abgabe. Zurzeit ist er mit Rücklagen von 28 Millionen € dotiert. Aufgrund der Höhe der Rücklagen und auch aufgrund der vermehrten Nutzung der Kabel-Anschlüsse und natürlich auch der Satelliten-Receiver ist es natürlich auch angebracht, über Reduktio­nen nachzudenken, zumal sich auch die Preissituation dieser Gerätschaften geändert hat. Eine Evaluierung dieser Abgabe, die jetzt mit diesem Gesetz eine Reduktion erfährt, ist nach fünf Jahren vorgesehen. Danach wird entschieden, wie weiter vorge­gangen werden soll.

Die Neuerung, die in dieser Gesetzesnovelle enthalten ist, ist ja heute schon sehr positiv dargestellt worden. Sie befasst sich insbesondere mit jenen Künstlerinnen und Künstlern, die sich in Pension befinden und seit 2008 nicht die Möglichkeit hatten, Zuschüsse aus diesem Fonds zu bekommen, weshalb auch Härtefälle entstanden sind. Der betreffende Paragraph wurde gestrichen, und somit haben auch jene KünstlerInnen, die in Pension sind, Zugriff auf diesen Fonds und auch die Möglichkeit, Unterstützung zu bekommen.

Der Fonds ist ausreichend dotiert. Es werden auch zukünftig Gelder in den Fonds fließen, und es wird selbstverständlich sichergestellt sein, dass die Zuschüsse zur Sozialversicherung der Künstlerinnen und Künstler weiterhin erfolgen. Ich denke, dass trotz aller kritischen Stimmen, die auch heute hier im Plenum zu diesem Thema erfolgt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 129

sind, die Absicherung der Künstlerinnen und Künstler, was die Sozialversicherung anlangt, gewährleistet ist. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.29

15.29.02

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines verlangt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1836 der Beilagen.

Hiezu liegt ein von Abgeordnetem Dr. Zinggl eingebrachtes Verlangen auf getrennte Abstimmung vor.

Ich werde daher zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betrof­fenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 in der Fassung des Aus­schussberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die sich für diesen Teil des Gesetzentwurfes aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Kunst- & Kultursponsoring.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen. – Das ist nicht die Mehrheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

15.30.58 7. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1828/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluation des Salzburger Festspielfondsgesetzes (1837 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 987/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Anpassung des Unternehmens Salzburger Festspiele an das 21. Jahrhundert (1838 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 130

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


15.31.43

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lange noch vor dem Rechnungshofbericht war unser Antrag für ein neues Festspielfondsgesetz im Parlament und ist auch verhandelt worden. Der Rech­nungs­hofbericht hat uns im Wesentlichen bestätigt – worauf wir damals hingewiesen haben und worauf wir auch heute wieder hinweisen –, dass das Festspielfondsgesetz deutlich veraltet ist. Es stammt aus den 50er Jahren und entspricht nicht den Anforderungen einer transparenten und öffentlichen Verwaltung.

Allfällige Malversationen, wie wir sie auch gehabt haben im vergangenen Jahr, etwa mit dem Technischen Direktor der Salzburger Festspiele, entstehen immer dann, wenn keine Aufgabenteilung existiert, so wie das bei den Festspielen der Fall ist. Es gibt keine Aufgabenteilung zwischen der Delegiertenversammlung, dem Kuratorium und dem Direktorium. Malversationen entstehen dann, wenn es kein unabhängiges Aufsichtsorgan gibt, und sie entstehen dann, wenn nicht klar ist, wer die Festspiele nach außen vertritt.

Frau Ministerin, ich frage Sie: Wer vertritt die Festspiele nach außen? – Der Rech­nungshof weiß es nicht, und ich weiß es auch nicht. Der Rechnungshof weist auch darauf hin, dass die Konstruktion, die wir mit dem jetzt gültigen Gesetz haben, nicht den OECD-Leitsätzen für solch ein Management entspricht.

Eine Auslegung, die auch praktiziert wird, ist, dass die Landeshauptfrau die Festspiele vertritt. Sie schließt Geschäfte ab, ist aber gleichzeitig Fördergeberin, nämlich als Vertreterin des Landes Salzburg, und sie sitzt auch im Kuratorium und kontrolliert sozusagen die Gebarung.

Frau Ministerin, ich glaube, es ist nahezu grenzlächerlich, wenn Sie auf der einen Seite in Sonntagsreden immer wieder für eine Transparenz, für ein modernes Management im öffentlichen Bereich reden, dass gerade die operative Geschäftsführung von der Kontrolle deutlich getrennt zu sein hat, aber genau dort, wo Sie handeln könnten und genau das durchziehen könnten, es nicht tun.

Mich interessiert auch, was aus diesem immer wieder angekündigten Public Cor­porate Governance Kodex geworden ist, der eigentlich schon vor einem Jahr hätte in Kraft treten sollen, aber irgendwie im Bundeskanzleramt verschollen ist. Ich kann mir schon vorstellen, warum. – Weil solch ein Kodex natürlich die Leitsätze der OECD auf­nehmen müsste und dann wiederum das Problem auftauchen würde: Was machen wir mit den Salzburger Festspielen?

Ich glaube, hier sollten Vernunft und Transparenz wichtiger sein als irgendwelche Bussi-Bussi-Freunde einer relativ reichen Gesellschaft, die sich auch schon einmal zum Schaden Österreichs gegen die Anti-Korruptionsgesetze im Jahr 2008 ausge­sprochen hat. Das wurde Gott sei Dank in der Zwischenzeit korrigiert.

Auch im vorliegenden Fall gibt es noch die Möglichkeit zur Einsicht und zur Umkehr. Es wird diese neuen Gesetze irgendwann einmal geben – versuchen Sie, das vielleicht doch noch zu klären. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


15.35.02

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Kollege Zinggl hätte all seine Fragen viel besser


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 131

in einer Fragestunde unterbringen sollen, ich jedenfalls möchte mich zu jenem Antrag äußern, dem wir im Kulturausschuss nicht zustimmen konnten. Verschiedene Dinge, die bereits erledigt worden sind, hat Kollege Zinggl jetzt nicht dargestellt, und irgendwie habe ich aus seinen Ausführungen herausgehört, dass ihm die Salzburger Festspiele mehr als gesellschaftliches Ereignis und weniger als kulturelles Ereignis ins Auge stechen. Das mag seine Wahrnehmung sein.

Ich möchte jetzt zum Kern des Antrages kommen und auch begründen, warum wir im Ausschuss diesem Antrag keineswegs unsere Zustimmung geben konnten.

Zur Chronologie: Aufgrund der Malversationen im Jahr 2009 gab es einen Auftrag des Salzburger Landtages an den Rechnungshof im März 2010. Die Prüfung des Rech­nungshofes hat von November 2010 bis Februar 2011 gedauert und war für die Jahre 2004 bis 2010 gedacht. Der Bericht wurde im Jahr 2012 vorgelegt, im Rech­nungs­hofausschuss diskutiert und im Plenum behandelt.

Der Prüfungsauftrag zielte darauf ab, dass die Effektivität, die Konstruktion, das ver­tragliche personelle und finanzielle Zusammenwirken von fünf Organisationen, die im Rahmen der Festspiele miteinander verknüpft und tätig sind, das interne Kontroll­system, die Entwicklungen von Aufwendungen und Erträgen, das Rechnungswesen und die Informationstechnologie gemessen werden sollten.

Es wurden vonseiten des Rechnungshofes keine Malversationen festgestellt, und gleichzeitig haben sämtliche Institutionen, die im Rahmen der Salzburger Festspiele damit beauftragt sind, mit der Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes parallel begonnen.

Welche Empfehlungen wurden sehr rasch umgesetzt? – Es gibt jetzt eine neue Organisation des betrieblichen Controlling, es gibt den Jahresabschluss nach Unter­nehmensgesetz, eine personelle Entflechtung, mehr Transparenz und Kontrolle und auch der Corporate Governance Kodex wird umgesetzt.

Der Antrag der Grünen, Evaluierung im Sinne der Corporate Governance ist somit schon erfüllt. Meiner Meinung nach kommt der Antrag der Grünen auch zu spät, würde doppelte Arbeit bedeuten, wenn man jetzt noch einmal intensiv eine Evaluierung der Salzburger Festspiele vornehmen würde und ist deshalb aus unserer Sicht abzu­lehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger. – Bitte.

 


15.37.58

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Salzburger Festspiele gibt es jetzt schon seit 92 Jahren, und einer der Fixpunkte ist natürlich ,Jedermann‘. Ich glaube, darauf sollten wir einmal besonders stolz sein.

Rund 200 Veranstaltungen sind es, die pro Jahr von den Salzburger Festspielen abge­halten werden. Dadurch kommen mehr als 250 000 Besucher in die Stadt Salzburg. Die Festspiele sind sicherlich weltweit die bedeutendsten, aber auch die hochka­rätigsten Veranstaltungen.

Dass man sie natürlich auch als wichtiges touristisches Spektakel sehen muss, ist, glaube ich, unbestritten.

Eine Studie sagt aber auch, dass man nicht nur vom künstlerischen Gewinn sprechen kann, sondern man muss auch den wirtschaftlichen Vorteil für die Stadt, für das Land,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 132

für den Bund und speziell natürlich für die Betriebe in Salzburg und in Österreich sehen.

Der wirtschaftliche Nutzen steht meiner Ansicht nach außer Frage. Er wird beziffert mit 276 Millionen €.

Man muss auch anerkennen, dass österreichweit von etwa 3 100 bis 3 300 Ganz­jahresarbeitsplätzen ausgegangen werden kann. Davon sind rund 2 900 Arbeitsplätze der Salzburger Wirtschaft zuzurechnen.

Hinzu kommen dann aber auch noch 3 000 Arbeitsplätze, die im Zeitraum der Fest­spiele benötigt werden.

Der touristische Faktor ist auch sehr beeindruckend. Man geht davon aus bezie­hungsweise wurde es berechnet, dass ein auswärtiger Festspielgast durchschnittlich während eines einwöchigen Aufenthalts rund vier Vorstellungen besucht und rund 2 770 € ausgibt. Drei Viertel dieser Summe sind der Hotellerie und der Gastronomie zuzurechnen, und das waren im Jahr 2011 immerhin 73,6 Millionen €. – So weit einmal das Positive.

Das Negative ist, dass es erst einmal einen Skandal gebraucht hat, um die Geba­rungen zu überprüfen. Das Ergebnis war erschreckend: Es hat 99 Empfehlungen des Rechnungshofes gegeben, und dieser stellte auch fest, dass die Konstruktion der Festspiele das Risiko von Interessenkollisionen berge. Beim 60 Jahre alten Festspiel­fondsgesetz bestünden Regelungsdefizite. Das Gesetz vom 12. Juli 1950 regelt ja unter anderem auch, dass Stadt, Land, Bund und der Salzburger Fremdenverkehrs­förderungsfonds Geld zuschießen und für finanzielle Ausfälle haften – und diese finanziellen Ausfälle sind im Notfall zu 100 Prozent zu decken.

Meine Damen und Herren! Wir werden die Anträge des Kollegen Zinggl unterstützen, und zwar weil wir finden, dass nicht nur das Unternehmen, sondern eben auch dieses Festspielfondsgesetz aus dem Jahr 1950 veraltet sind. Wir sehen außerdem nicht ein, warum es beim Festspielfondsgesetz eine 100-prozentige Abgangsdeckung gibt, da wir sehen, dass es dadurch einen gewissen Vorteil gegenüber anderen Festspielen bezie­hungsweise Kunst- und Kulturveranstaltungen gibt.

Diese 100-prozentige Ausfallsgarantie ist aus unserer Sicht fast schon eine Diskrimi­nierung gegenüber anderen Veranstaltungen wie zum Beispiel – und da bleibe ich bei den Sommerfestspielen – den Bregenzer Festspielen, den Festspielen in St. Mar­garethen oder auch in Mörbisch. (Beifall beim BZÖ.)

15.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann gelangt als Nächste zu Wort. – Bitte.

 


15.42.23

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss meine Vorrednerin korrigieren: Es stimmt nicht, dass es einen Skandal gebraucht hat, dass der Rechnungshof tätig geworden ist, um die Salzburger Festspiele zu kontrollieren. Man muss unterscheiden zwischen den Osterfestspielen und den Salz­burger Festspielen im Sommer. Die Malversationen sind bei den Osterfestspielen vorgekommen – leider, schrecklich genug –, die Konsequenzen wurden gezogen. Die Präsidentin ist daraufhin – und das Kuratorium der Salzburger Festspiele war hier tatkräftig aktiv – eigenständig an den Rechnungshof herangetreten, dass er diese Sonderprüfung durchführt.

Dass es 99 Empfehlungen des Rechnungshofes gegeben hat, ist meines Erachtens nicht erschreckend, sondern es ist ja selbstverständlich, dass Verbesserungspotenzial


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 133

an den Tag gebracht wird, wenn sich ein großes Unternehmen – in diesem Fall waren es die Salzburger Festspiele – einer Rechnungshofprüfung unterzieht. Nur weil es Empfehlungen gibt, wie man etwas besser machen könnte, heißt das ja nicht, dass die Situation eine Schreckliche ist, ganz im Gegenteil.

Sie haben ja vorhin selbst davon gesprochen, Frau Kollegin, dass die Salzburger Festspiele nicht nur ein kulturelles Aushängeschild sind, sondern auch ein wirt­schaft­licher Erfolgsfaktor. Sie haben sogar die touristische und die wirtschaftliche Wert­schöpfung hier im Rahmen der Kulturdebatte fast ein bisschen zu sehr in den Vor­dergrund gerückt, wenngleich es natürlich richtig ist, dass vom Subventions­volu­men von 10,9 Millionen € 6 Millionen € durch steuerliche Rückflüsse retour kommen.

Es stimmt schon, dass die Salzburger Festspiele für die Region Salzburg aber auch für Österreich auch eine wirtschaftliche Bedeutung haben. Dennoch – und das sehe ich anders als Herr Kollege Zinggl – bin ich der Meinung, dass die Salzburger Festspiele auch kulturpolitisch aber auch kulturell eine sehr große Leistung für Österreich erbringen, nicht nur, weil es um die internationale Anerkennung geht, sondern weil künstlerisch wirklich beachtenswerte Leistungen erbracht werden und in Österreich nun einmal die Kunst einzelner zeitgenössischer Individuen genauso ihren Stellenwert und ihren Platz haben muss wie die Hochkultur. Das eine immer gegen das andere auszuspielen, ist, finde ich, nicht gerechtfertigt. Auch die Debatte von vorhin, zur sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler, hat ja gezeigt, dass Kulturpolitik für viele Teile der Kunst Unterstützung leisten muss und auch unserer Aufmerksamkeit bedarf.

Ich würde auch meinen, dass manche provokant dahingestellte Empfehlungen des Rechnungshofes nicht ganz gerechtfertigt waren, zum Beispiel der Vorwurf des Rechnungshofpräsidenten, dass die Salzburger Festspiele nicht einmal so gut wirt­schaften könnten, wie das ein einfacher Verein tun müsste. – Das ist völlig falsch, weil beispielsweise die Festspiele nie verpflichtet waren, doppelte Buchhaltung zu führen. Sie haben nach dem System der Kameralistik gewirtschaftet. So haben wir lange einen Staatshaushalt beschlossen. Das wird jetzt alles umgestellt. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Ich glaube, in Summe setzen die Salzburger Festspiele von den 99 Empfehlungen bereits über 70 um, und das zeigt, wie ernst man den Rechnungshof nimmt und wie bereitwillig man ist, diesen Empfehlungen nachzukommen. Ich freue mich auf eine erfolgreiche Festspielsaison diesen Sommer. (Beifall bei der ÖVP.)

15.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Zinggl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.46.08

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Auch hier muss ich berichtigen: Frau Kollegin Fuhrmann hat behauptet, die Prüfung der Salzburger Festspiele wäre auf Antrag der Geschäftsführung der Salzburger Festspiele zustande gekommen und hätte nichts mit den Malversationen zu tun gehabt. – Das ist unrichtig!

Richtig ist, dass die Prüfung durch den Rechnungshof vom Salzburger Landtag auf­grund der Malversationen angeregt wurde, und zwar auf Antrag der Grünen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jury. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 134

15.46.49

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Zinggl zündelt wieder, dieses Mal gegen die Salzburger Festspiele, das Flaggschiff der österreichischen Kultur und Kunst. Ich kann eigentlich nur den Kopf schütteln (Rufe bei den Grünen: Tun Sie das! Es ehrt uns!) über diese politischen Ergüsse der Grünen. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Fakt ist, dass die Salzburger Festspiele vom Rechnungshof geprüft wurden; Fakt ist, dass 99 Verbesserungsvorschläge vorgebracht worden sind; und Fakt ist aber auch, dass 75 Vorschläge dieses Rechnungshofberichtes schon umgesetzt sind.

Es wird dem Abgeordneten Zinggl nicht gelingen, den Wind aus den Segeln dieses Flaggschiffs der österreichischen Kultur zu nehmen, und ich möchte den Salzburger Festspielen – ich freue mich schon sehr auf die Eröffnung am 27. Juli dieses Jahres (Ruf bei den Grünen: Sind Sie dabei?) – sehr viele Besucher und alles Gute für die Zukunft wünschen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Steindl.)

15.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Dr. Schmied zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.48.31

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Salz­burger Festspiele wurden vom Rechnungshof sehr intensiv geprüft; ich glaube, jeder, der im Rechnungshofausschuss mit dabei war, konnte sich da selbst ein Bild machen. Wir haben im Rechnungshofausschuss auch in allen Details über die Empfehlungen und über den Umsetzungsgrad der Empfehlungen gesprochen, und es ist mir wichtig, hier auch im Interesse der Salzburger Festspiele festzuhalten, dass vom Rech­nungshof keine Malversationen bei den Salzburger Festspielen festgestellt wurden. Das ist, glaube ich, eine zentrale und wichtige Aussage. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir haben zu den einzelnen Empfehlungen Umsetzungsberichte bekommen. Diese ist voll im Gang, was Controlling betrifft. Die Salzburger Festspiele werden 2011/12 erst­mals auch Bilanz legen, Gewinn- und Verlustrechnung vorlegen. Der Verein Salzburger Festspielhäuser Erhaltungs- und Nutzungsverein wird neu organisiert.

Im Rechnungshofausschuss haben wir auch eingehend über die Aufgaben von Direktorium und Kuratorium gesprochen, und ich halte noch einmal fest, dass es seitens des Bundes, seitens des Finanzministeriums und unseres Ressorts derzeit keine Veranlassung gibt, da gesetzliche Änderungen durchzuführen.

Dass Sie, Herr Abgeordneter Zinggl, meine Ausführungen – ich weiß jetzt nicht genau, welche Ausführungen Sie meinen – zum Thema Public Governance entwertend kom­mentieren – gut, das ist Ihre Meinung. Aber die Art und Weise, wie Sie das tun, sagt schon auch etwas über Sie aus.

Ich finde es nur schade, dass Sie unsere Einladung zur Public-Governance-Tagung nicht angenommen haben, da wurde nämlich unsere Arbeit, die Arbeit des Ressorts auf diesem Gebiet – jedenfalls von Fachkreisen – sehr wertschätzend kommentiert. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.50

15.50.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 135

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Kultur­aus­schusses, seinen Bericht 1837 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Kultur­ausschusses, seinen Bericht 1838 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

15.51.56 9. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 404/A der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zum Schutz und Erhalt der deutschen Sprache geschaffen wird (1839 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1801/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz und Erhalt der deutschen Sprache (1840 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1800/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die ent­sprechende Würdigung & Präsentation des Heroon von Trysa (1841 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner zu Wort. – Bitte. (Abg. Scheibner: Aber keine Anglizismen verwenden! – Abg. Mag. Unterreiner – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich fange mit dem Heroon von Trysa an, lieber Kollege!)

 


15.53.01

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Einer der größten Schätze im Kunsthistorischen Museum und eines der wertvollsten Kulturdenkmäler ist das Heroon von Trysa. Doch diese einzigartige Grabanlage aus dem 4. Jahrhundert vor Christus bleibt der Öffentlichkeit verborgen und dämmert in Kisten verpackt in Räumen außerhalb des Museums vor sich hin. Diese Missachtung eines der prächtigsten Zeugnisse der Kultur Lykiens ist eine Schande für das Kulturland Österreich! (Beifall bei der FPÖ.)

Lykien, das Land des Lichts, war in der Antike die Bezeichnung für den heutigen südwestlichen Teil Anatoliens. Die Lykier sind ein Jahrtausende altes Kulturvolk, das im 12. Jahrhundert vor Christus gemeinsam mit den Hethitern gegen die Ägypter


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 136

gekämpft hat – vielleicht haben sich einige hier im Raum damit beschäftigt oder können sich noch an ihre Schulbildung erinnern (Zwischenruf bei den Grünen sowie des Abg. Scheibner) – und das zur selben Zeit Troja zu Hilfe geeilt ist. Mit den Zeugen ihrer Vergangenheit und vor allem mit ihren prachtvollen Grabdenkmälern sind die Lykier für diesen Kulturraum prägend.

Wer vielleicht irgendwann einmal in der Türkei Urlaub gemacht hat, hat sich sicher diese wunderbaren Grabdenkmäler und diese wunderbaren Ausgrabungen ange­schaut. (Abg. Petzner: ... in die Türkei fahren, oder?) – Sie können jederzeit in die Türkei fahren, das wäre wirklich ein Ziel, das würde ich empfehlen.

Die Entdeckung des Heroons von Trysa in der unwegsamen Bergwelt Lykiens geht auf den Posener Gymnasiallehrer und Forschungsreisenden Julius August Schönborn zurück, der 1841 im Zuge ausgedehnter Forschungsreisen durch Kleinasien auf diese antike Siedlung stieß und das mit diesen einzigartigen Relieffriesen ausgestattete Heroon entdeckte. Nach dem Tod Schönborns geriet das Heroon von Trysa in Verges­senheit. (Abg. Öllinger:  kann man Helden sagen!) – Ich höre Ihre Zwischenrufe leider nicht; ich würde gerne reagieren, aber ich höre sie leider nicht. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Erst 1881 unternahm Otto Benndorf, er war bei uns hier in Wien Professor am Institut für Klassische Archäologie, im Auftrag des Kultur- und Unterrichtsministeriums – Frau Ministerin, das wäre vielleicht auch für Sie von Interesse – eine Expedition zu diesem Grabmonument. Es folgten weitere, und die Reliefplatten, die ganz besonders wertvoll waren, wurden mit der Genehmigung der türkischen Regierung abgenommen, wurden erworben, wurden eigens in Kisten verpackt und auf einer Straße, die über 22 Kilo­meter lang war, hinunter zur Küste transportiert, in ein Schiff verfrachtet und nach Wien gebracht. – Das ist jetzt einmal die Vorgeschichte.

Diese Reliefplatten, die eine fast quadratische Umfassungsmauer schmückten, werden in der Fachliteratur nicht nur als Illustration griechischer Mythologie bezeichnet, da sie die Taten von Theseus, Perseus und Odysseus zeigen, sondern sie sind auch ein einzigartiges Zeugnis der Lebenswelt der Lykier im damaligen Westanatolien.

In Wien angekommen, bot das zu diesem Zeitpunkt gerade im Rohbau fertiggestellte Kunsthistorische Museum von Semper und Hasenauer für einen Neuzuzug dieser Größenordnung – Sie müssen sich vorstellen, dieses Heroon misst 20 mal 25 Meter – keinen Platz mehr. Seitdem wird wegen der Einzigartigkeit dieses Grabdenkmales und wegen seines vollständigen Erhaltungszustandes immer wieder die Forderung nach einer Aufstellung erhoben.

Vielleicht kennen einige von Ihnen Professor Friedmund Hueber, der sich bei den Ausgrabungen in Ephesos einen Namen gemacht hat. Er hatte damals – viele von Ihnen können sich noch erinnern –, als das MuseumsQuartier in Planung war, die Idee, einen der Innenhöfe der Hofstallungen zu überdachen und das Heroon dort aufzu­stellen. Wie Sie alle wissen, ist alles anders gekommen. Hueber hat jetzt die Idee, dass man unterhalb des Platzes zwischen dem Kunsthistorischen und dem Naturhisto­ri­schen Museum einen Raum gewinnen könnte, um das Heroon aufzustellen. Auf jeden Fall sollte diese beschämende Situation beendet werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Diejenigen, die heute unseren Antrag ablehnen werden – das sind SPÖ, ÖVP und die Grünen –, haben, finde ich, erstens in einem erschreckenden Ausmaß ihr Desinteres­se, ihr Unwissen und vor allem ihre Unkultiviertheit in entlarvender Weise sichtbar gemacht. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Zweitens ist dieses Banausentum ein Affront gegenüber der Türkei. Es ist dies nämlich ein einzigartiges Beispiel ihres großen historischen Erbes – und das muss man wür-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 137

digen. Die Türkei hat auch immer wieder großes Interesse gezeigt und den Wunsch geäußert, dass dieses Heroon in Wien aufgestellt wird, was auch verständlich ist.

Und drittens würde die Attraktion einer gelungenen Präsentation des Heroon von Trysa weltweit großes Interesse hervorrufen. Wien würde mit diesem zusätzlichen Glanzlicht als Kulturmetropole bereichert werden, und die finanzielle Anstrengung, die zweifellos damit verbunden ist, würde sich langfristig bezahlt machen.

Auch wenn unser Antrag heute abgelehnt wird, werde ich diese Sache verfolgen, denn wie Sie vielleicht merken, liegt mir das am Herzen.

Nun zu einem anderen Kulturgut: unsere Sprache als Teil unserer Identität. Die Zahl der Anglizismen steigt Jahr für Jahr, im staatlichen Rundfunk hört man oft mehr Eng­lisch als Deutsch, das Fernsehen spielt täglich seichte amerikanische Serien rauf und runter. Die meisten Politiker schweigen und verharmlosen diese Entwicklung. Wir Frei­heitlichen sind die Einzigen hier in diesem Haus, die sich dieser Problematik annehmen.

Dieses Um-sich-Greifen englischer Wörter, dieses Angeben mit neu erworbenen Wörtern! Ich bin Anglizistin, ich liebe Englisch, aber ich würde nie auf die Idee kommen, hier Englisch zu reden. (Abg. Öllinger – auf ein Smartphone zeigend –: Wie heißt denn das auf Deutsch?) – Ja, ich weiß schon, Sie kommen dann immer mit irgendeiner Sache. Sie haben mich das letzte Mal schon gefragt, ich habe es aber nicht gehört. Dieses Angeben mit neu erworbenen Begriffen und dann das Sich-damit-wichtig-Machen zeugen meines Erachtens von mangelndem Selbstbewusstsein und von mangelndem Stolz. Diese Haltung grenzt eigentlich schon an Unterwürfigkeit. Vor allem zeigt es mangelnde Achtung vor der eigenen Sprache, der eigenen Geschichte, der eigenen Kultur und der eigenen Identität.

Sprache ist ja nicht nur ein Verständigungsmittel, sondern auch ein geistiger und ideeller Schatz, der von Generation zu Generation weitergegeben wird. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Öllinger: Aber auch verändert wird – vergessen Sie das nicht!)

Der Antrag meines früheren Kollegen Kurzmann lehnt sich an das französische Sprach­gesetz an, das auf die eigene Sprache achtet. Die Franzosen lassen sich keine Verfremdung ihrer Sprache gefallen. Bei uns gibt es jedoch immer nur Ausreden und immer nur Schulterzucken. (Abg. Petzner: Sie reden ja auch nicht Althochdeutsch!)

Wir Freiheitlichen sind die Einzigen im Haus – ich betone das immer wieder –, die der Meinung sind, dass unsere Sprache eine der Säulen unserer Identität darstellt. Unsere Sprache bedarf jeder Form der Achtung und des Schutzes. (Beifall bei der FPÖ.)

16.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Hakel zu Wort. – Bitte.

 


16.01.16

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Erhalt der deutschen Sprache ist ja, Frau Kollegin Unterreiner, bereits in diversen Gesetzen verankert. In der Bundesverfassung zum Beispiel ist verankert, dass die deutsche Sprache als Staatssprache gilt, oder im Schulunterrichtsgesetz ist verankert, dass die deutsche Sprache die Unterrichts­sprache ist.

Diese Angst, die Sie hier verbreiten wollen, dass man seine eigene Sprache, seine eigene Kultur nicht wertschätzt – wissen Sie, das sehe ich ganz anders. (Abg. Ing. Höbart: Na Gott sei Dank!) Es geht da um eine Vielfalt, denn die Sprache ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 138

etwas Lebendiges und hat sehr viel mit Kunst und Kultur und auch mit dem Alltag der Menschen zu tun.

Sie sprechen selber davon, dass man Kunst und Kultur aus der Türkei zum Beispiel mit dem Heroon von Trysa in Österreich ausstellen soll. Aber hier sind Sie dann so kleinlich, wenn es darum geht, dass man vielleicht nicht mehr „Homepage“ sagen darf, sondern in Zukunft vielleicht „Heimseite“ sagen muss. (Abg. Ing. Höbart: Netzseite!)

Oder wie sagt man in Zukunft zum Laptop? Kleiner tragbarer Klapprechner? Wie stellen Sie sich das vor? (Abg. Öllinger: Smartphone!) – Genau, in Zukunft sagen wir „Handtelefon“, oder „I-Handtelefon“ zum iPhone. (Abg. Scheibner: Fernsprecher!) Das sind Punkte, die sind ja eigentlich nur lächerlich, und da kann man nur darüber lachen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zum Vorschlag, dass im Österreichischen Rundfunk mehr österreichische Musik ge­spielt werden soll, möchte ich nur so viel sagen, dass es da schon ein Abkommen zwischen dem ORF und dem Österreichischen Musikrat gibt (Abg. Petzner: Das wird aber nicht eingehalten!), dass mehr österreichische Musik gespielt werden soll. Da sind wir jetzt bei zirka 30 Prozent – ja, könnte mehr sein, keine Frage.

Aber was bedeutet das, wenn man nur deutschsprachige Musik spielen kann? – Das bedeutet, dass zum Beispiel eine Wiener Band wie die M185, die auch der Gewinner des diesjährigen FM4-Awards ist, oder !DelaDap, Papermoon oder Anna F. im Öster­reichischen Rundfunk nicht gespielt werden könnten, weil die nämlich nicht Deutsch singen. – Daher lehnen wir diesen Antrag auch ab.

Zu Ihrem Vorschlag, den Heroon von Trysa auszustellen: Das sehen wir sicher nicht als Aufgabe des Parlaments, dass man dem Kunsthistorischen Museum oder einem anderen Bundesmuseum vorschreibt, wann es was und wo ausstellen darf. Das wollen wir schon den Museen überlassen. Abgesehen davon wissen Sie wahrscheinlich auch, dass das Kunsthistorische Museum ohnedies schon überlegt, wo man dieses Objekt, das ja ein sehr großes Ausstellungsobjekt ist und das man nicht von heute auf morgen irgendwo hinstellt, ausstellen soll. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

16.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Petzner gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.04.22

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Ein­gangs finde ich es spannend, dass sich Frau Kollegin Unterreiner so für türkisches Kulturgut einsetzt. (Abg. Dr. Fichtenbauer: Lykisch!) Das lässt ja zumindest Hoffnung aufkommen, was die Politik der Freiheitlichen betrifft. Aber ich wollte eigentlich zu diesem Antrag betreffend „Schutz und Erhalt der deutschen Sprache“ Stellung neh­men, und ich glaube, dass die FPÖ da nicht ganz State of the Art ist. (Abg. Hakel: Das habe ich nicht verstanden!)

Ich habe eigentlich Frau Kollegin Unterreiner, so wie ich sie kenne, ein bisschen mehr open minded eingeschätzt, aber ich muss feststellen, dass sie doch eine sehr engstirnige Sicht der Dinge hat und nicht dazu in der Lage ist, die Dinge etwas relaxter zu sehen, meine Damen und Herren.

Ich finde es besonders funny, dass sich jene Personen für den Schutz und Erhalt der deutschen Sprache einsetzen, die die deutsche Sprache am wenigsten beherrschen, meine Damen und Herren. (Abg. Dr. Fichtenbauer: Man sollte nicht über sich selbst sprechen!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 139

Ich habe dazu auch ein Beispiel mitgebracht, Herr Kollege Fichtenbauer, ein Inserat der FPÖ Wien, vor wenigen Wochen in der „Kronen Zeitung“ erschienen. Es fängt so an: „SPÖ-Politiker rastet im Gemeinderat aus! SPÖ-Messerattacke auf Bürgerwillen!“

Ich hoffe, dem Bürgerwillen ist nichts passiert und er hat diese Messerattacke überlebt. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ich weiß nicht, ob das wirklich lustig ist!) Wie man eine Messerattacke auf etwas Abstraktes ausführen soll, bleibt aber schleier­haft. (Abg. Zanger: Da brauchen Sie einen Horizont dazu, dass man das versteht!)

Dann wird es schwierig, was die deutsche Sprache betrifft, es steht nämlich ge­schrie­ben: „Sie zeigen ihr wahres Gesicht!“ Wer auch immer damit gemeint ist. „150 000 Un­terschriften gegen das Parkpickerldiktat lässt bei der Wiener SPÖ alle Sicherungen durchbrennen!“

Meine Damen und Herren! Da es 150 000 Unterschriften sind und nicht nur eine, wie Sie da angeben, müsste es dann korrekterweise heißen: 150 000 Unterschriften lassen bei der Wiener SPÖ alle Sicherungen durchbrennen. – Das ist also nicht ganz Deutsch, was Sie da formuliert haben.

Dann geht es noch weiter: „Der SPÖ-Abgeordnete () stürmt ans Podium, sticht mit einem Messer auf die Unterschriftenlisten ein!“

Ich frage mich: Wie viele Unterschriftenlisten sind schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht worden? Wie viele Unterschriftenlisten sind dort im Rathaus irgendwie zu Tode gekommen? Und wie hat dieses Einstechen mit einem Messer auf Unter­schriften­listen genau stattgefunden? (Beifall beim BZÖ. – Abg. Ing. Höbart: Mein Gott! Ist das notwendig eigentlich?)

Also dieses Beispiel zeigt wunderbar, dass es die FPÖ doch mit der deutschen Sprache ein bisschen schwer hat und manchmal auch mit der Wahrnehmung in diese Richtung.

Insofern ist dieser Antrag einfach kindisch und lächerlich. (Abg. Öllinger: Hilfe zur Selbsthilfe ist das!)

Der einzige Punkt, der vernünftig ist, ist diese Quotenregelung im Bereich des öf­fentlich-rechtlichen Rundfunkprogramms. Dazu haben wir auch einen eigenen Antrag eingebracht, ausschließlich zu diesem Passus, für den ich die FPÖ um Unterstützung ersuchen kann.

Generell gesagt: Sprache ist ja nichts Statisches. Wir sprechen ja heute auch nicht mehr Althochdeutsch, sondern die Sprache entwickelt sich immer weiter. (Abg. Höfinger: Du redest auch so, dass dich keiner versteht!) Sprache ist etwas Leben­diges, ist etwas Dynamisches, ist nichts Totes, nichts Statisches, sondern entwickelt sich immer weiter. Das beinhaltet auch, dass viele fremdsprachige Begriffe in unseren deutschen Sprachgebrauch Eingang finden. Das war immer so, und das wird immer so sein, und das ist ja auch gut und schön so. Das kann man nicht durch irgendwelche Gesetze und durch irgendwelche Sprachbeiräte und die Verhängung von Verwaltungs­strafen, die da sogar gefordert wird, meine Damen und Herren von der FPÖ, eindäm­men.

Also noch einmal: Sehen Sie das Ganze ein bisschen relaxter! Seien Sie ein bisschen mehr open minded – und seien Sie ein bisschen mehr State of the Art! (Rufe bei der FPÖ: Keep cool, baby! – English for Runaways!)

Ich hoffe, Sie sind in der Lage, diese englischsprachigen Begriffe verstanden zu haben. Und falls Sie das nächste Mal einen Korrektor für Ihre falschen Inseratentexte


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 140

brauchen, stelle ich mich gerne zur Verfügung. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Öllinger: FPÖ ist einfach uncool!)

16.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Höfinger gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.09.20

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Auch ich darf zum Antrag betreffend den Erhalt der deutschen Sprache ein paar Worte finden. Das ist ja ein Antrag, der in regelmäßigen Abständen immer wieder kommt, in ähnlicher Form – einmal so, einmal so.

Man könnte sich ja darüber lustig machen, sehr geehrte Frau Kollegin Unterreiner, wie das schon bisher in der Debatte passiert ist oder in vorangegangenen Debatten immer wieder der Fall war. Oder man könnte die aktuellen Plakate der FPÖ zitieren, wo draufsteht: „Made in Austria“. Oder vielleicht auch ein Plakat aus Innsbruck, wo statt „Spekulanten“ „Spekulaten“ draufsteht. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das tue ich aber nicht, denn ich halte dieses Thema wirklich für sehr ernst. Ich finde, wir sollten uns wirklich in aller Ruhe darüber unterhalten, und es ist ein sehr wichtiges Thema.

Ich sehe, so wie es im Antrag auch ausgeführt ist, die deutsche Sprache nicht gefährdet, das sage ich auch ganz ehrlich. Aber man darf sich ruhig darauf besinnen, und man darf ihr auch jenen Platz und Stellenwert einräumen, der ihr zusteht.

Sie ist gesetzlich bereits mehrfach verankert, das stimmt, und auch dem Ansinnen, dass die deutsche Sprache in der Bildung verstärkt hochgehalten wird, kommt man ja bereits nach (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wo denn?) – wobei es ja spannend ist, dass wir in einer Zeit leben, in der sich die Ausbildungs-, die Berufs-, die Frei­zeitwelt verändert haben und das Beherrschen von Fremdsprachen auch ausschlag­gebend ist für Entwicklung, für Erfolg sowohl in Bildung als auch Beruf. Auch das dürfen wir nicht vergessen oder übersehen.

Bevor wir aber weiter intensive Vorgaben in diesem Bereich machen oder Maßnahmen einfordern, sollten wir einmal die Einhaltung bestehender Abmachungen einfordern, wie eben der Selbstverpflichtung des ORF, der ORF-Radiosender, wenn es darum geht, eine gewisse Quote an heimischer Musik, an heimischen Beiträgen in ihren Sen­dern unterzubringen. Leider – es wurde auch schon erwähnt – ist diese Quote nicht überall erreicht worden. Bei acht Regionalsendern, bei acht Landessendern und bei Ö1 schon, aber Radio Wien beziehungsweise Ö3 hinken hinterher. Die drücken auch die Gesamtquote nach unten.

Ich denke, in diese Richtung sollte es gehen: Die Einhaltung bestehender Ab­machun­gen einfordern, bevor wir hier wieder neue Maßnahmen verlangen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Riemer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.11.50

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Naja, da hat man ja jetzt einiges gehört. Aber ein Zitat, das ich zufällig hier drauf­geschrieben habe, passt vielleicht zum Thema:

Manche Leute glauben, wenn sie zum Weinen sind, dass man sie ernst nehmen muss.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 141

Die deutsche Sprache ist auf jeden Fall ernst zu nehmen, sie wird uns auch überleben. Und wie ernst sie zu nehmen ist, das hat auch Friedrich Schiller so schön zum Ausdruck gebracht, indem er sagte:

„Wie menschlich Menschen sind, zeigt ihr Umgang mit der Muttersprache.“

Oder Helmut Schmidt, kein unbedeutender Sozialdemokrat:

„Sprachen sind bei weitem das wichtigste Vehikel kultureller Entfaltung und zugleich das wichtigste Element nationaler – übrigens auch persönlicher – Identität.“ (Beifall bei der FPÖ.)

Vielleicht ist das ein kleiner Ansatz, noch als Entgegnung.

Aber erschreckend ist noch etwas ganz anderes: Sie haben heute, die Frau Rudas zum Beispiel, hervorragend gesprochen über die Sprache, über die Sprachträger. Aber wir sprechen heute über das Mittel, das Informationsmittel. Wir wissen, wir müssen den Schülern viel beibringen, auch den Erwachsenen, aber wir reden ja jetzt vom Mittel. Das ist die Sprache als solche. Und da zeigt ein erschreckendes Ergebnis – nicht lange her – in bayerischen Grundschulen: Wortschatz im Jahr 1990: 1 600 Wörter; heute: 700 Wörter. Ich nehme an, Österreich ist etwas besser, aber auch nicht viel. – Das gibt einmal zu denken.

Der Romanist, Anglist und Amerikanist Hartmut Heuermann hat gesagt, es entsteht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft – eben mit diesem Wust von Fremdwörtern et cetera –: Es wird eine Klasse geben, die im sozialen Miteinander eine mindere Stellung ein­nimmt, und andererseits die Besseren, die sich auch beruflich vielleicht noch besser positionieren können. (Abg. Öllinger – sein Handy in die Höhe haltend –: Wie sagen wir zu dem? – Ich möchte eine Antwort!)

Ja, bitte, das steht nämlich genau im Kurzmann-Antrag drinnen! Wunderbar, da steht:

„Die Bestimmungen aus Art. 1 und 2“ –

und um diese geht es ja heute –

„gelten nicht für Bezeichnungen von typischen Handelswaren und Spezialitäten, deren fremdsprachige Namen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sind.“

Bitte, wir reden hier über den Antrag, aber den hat ja keiner gelesen! Lesen wir doch das, was da drinnen steht! (Beifall bei der FPÖ.) Und das wollten Kurzmann und Unter­reiner.

Ich verwahre mich auch dagegen, diese Unhöflichkeit zu haben – Höflichkeit ist auch ein kulturelles Gut –, zu behaupten, dass die Aussage meiner Kollegin „lächerlich“ ist! Bitte, so etwas habe ich überhaupt noch nie gehört. Wie kann eine Dame „lächerlich“ sein?! Diesen Respekt fordere ich ein! (Beifall bei der FPÖ.)

Im Artikel 8 des Bundes-Verfassungsgesetzes steht – da hat die Kollegin völlig recht gehabt –:

„Die deutsche Sprache ist, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundes­gesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik.“

Und das ist an und für sich dem Antrag Kurzmann zu wenig gewesen, den ich hier interpretiere – er stammt ja aus dem Jahr 2009, das ist also auch schon einige Tage her. Den Antragstellern geht es um nichts anderes, als dass wir Österreicher, ähnlich den Franzosen, auch hier ein Gesetz schaffen – was wir vorhin über die Identität gehört haben, ist hier auch auf breite Zustimmung gestoßen –, damit wir das auch hier einhalten können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 142

Da geht es nicht nur um den ORF, da geht es um viel mehr. Da geht es um Deutsch in öffentlichen Räumen, um staatliche Förderungsmaßnahmen, ja da geht es um ein Gebot zur Verwendung der deutschen Sprache in Handel, Arbeit und Bildungswesen. (Abg. Öllinger: Warum sagt der Martin Graf „Netzpost“? Das versteh ich nicht!) – Fragen Sie das den Martin Graf! Ich gehe hier nach dem Antrag. „Martin Graf“ steht da nicht drinnen.

Wunderbar: Ein Gebot zur Verwendung der deutschen Sprache in Druckwerken, Musik und Fernsehprogrammen.

Und dann steht noch drinnen, dass man einen Sprachbeirat einführen sollte, also einen Wächter dazu. Und ich glaube, jedes Extrem, auf der einen wie auf der anderen Seite  – Von dem habe ich hier nichts gelesen.

Es steht in weiterer Folge auch drinnen:

„Deshalb ergibt sich die Notwendigkeit, die deutsche Sprache nach dem Vorbild des französischen Sprachschutzgesetzes zu schützen 

Geben wir uns doch alle Mühe, Altvordern zuliebe und vielleicht noch besseren Rhe­torikern, als wir alle hier sind, diesen auch eine Chance zu geben! Wie sollen die das werden, wenn wir heute im Mittelmaß verkehren? Wir können nur dann nach uns Leute hervorbringen, die noch besser sind, wenn wir uns selbst anstrengen. (Abg. Öllinger: Da haben Sie recht!)

An dieser Stelle möchte ich ein Zitat eines CDU-Politikers bringen, der auch leider erst knapp verstorben ist (Ruf: „Knapp verstorben“?! – Heiterkeit), 1976:

„Deshalb sollte ein wesentlicher Gesichtspunkt für den Gebrauch jedes Fremdwortes sein, ob es unersetzbar ist“ –

das finde ich toll –,

„weil es eine wirklich Lücke ausfüllt. Es wird sich dann herausstellen, dass die Ver­teidigung von Fremdwörtern oft nur die Verteidigung der Bequemlichkeit ist, die wir uns nicht erlauben sollten.“

Und ich glaube, darüber sollte man vielleicht auch etwas nachdenken. Goethe bringt das ganz einfach auf den Punkt: 

„Die Sprache zugleich reinigen und bereichern, ist das Geschäft der besten Köpfe.“

Seien Sie die besten Köpfe, und unterstützen Sie diese Anträge! – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

16.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.17.23

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Auch zum Erhalt der deutschen Sprache: Lustig gemacht habe ich mich vor drei Jahren schon über diesen Antrag. Das Unangenehme daran ist schon, dass da wieder einmal eine gesetzliche Ver­pflichtung hineingeschrieben wird – und bei Missachtung gibt es auch noch Verwaltungsstrafen. Also man kann sich ja vorstellen, was da an Geldern reinkommen würde.

Eines an dem Antrag ist natürlich schon richtig: Es gibt schon so etwas wie ein Jägerlatein, das manchmal etwas zudeckt, was man besser verstehen könnte, wenn man sich deutlich ausdrücken würde. Aber genauso, wie es unsinnig wäre, Kleider-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 143

vorschriften oder Speisevorschriften gesetzlich zu erlassen, ist es auch in diesem Zusammenhang nicht notwendig, da jetzt irgendwie mit Gesetzen vorzugehen.

Seit drei Jahren quält uns dieser Antrag. Ihr Kollege Kurzmann ist inzwischen in der Steiermark. Hätte er diesen Antrag nicht mitnehmen können in die Steiermark: zum Erhalt des Steirischen, so nach dem Motto: Die echte Steirerin, der echte Steirer sprechen nur Steirisch!?

Ernst nehmen können wir das jedenfalls nicht, das ist ganz klar, und zwar schon des­wegen nicht, weil Sie selbst ständig Fremdwörter verwenden. Der Kollege Kurz­mann zum Beispiel gibt als seinen Lieblingssong an: „Poor Old Germany“. – Warum kann er das nicht übersetzen? (Abg. Öllinger: Das wäre problematisch!) – Das ist richtig, ja.

Dann haben wir schon im Antrag das Wort „Internet“ – da müssten Sie „Zwischennetz“ schreiben. Auf Ihrer „Heimseite“, auf Ihrer Homepage, finden sich gleich auf der ersten Seite: „News“, „Hearing“, „Facebook“, „Bookmarks“, „Impressionsvideo“, „YouTube“. – Ja, alles Ihre eigene Homepage!

Und dann habe ich mir ganz kurz heute in der Früh erlaubt, in Ihr Handbuch hinein­zuschauen – das habe ich noch nie gemacht –, in Ihr Handbuch zur Politik, und da finde ich gleich auf den ersten Seiten: One-Stop-Service, „Case Management“, „Elektrosmog“, „Doping“, „Fairness“, „Sportkids“, „online“, „Codes“, „Cyberdefence“, „Battlegroup“, „Mainstream“, „Ehe ,light‘“, „Splitting“, „hidden agenda“, „Top-Down“, „Sponsoring“ und so weiter. (Abg. Dr. Bartenstein: Das ist ja erschütternd! – Ruf beim BZÖ: Erschütternd, ja, schon!)

Also ich würde sagen: Dust your broom – and let it be! – Es hat keinen Sinn. (Beifall bei den Grünen.)

16.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte. (Abg. Öllinger: Das schaut nicht gut aus!)

 


16.19.32

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Kollegin Unterreiner, zu Ihrem Antrag betreffend Heroon: Ja, diesen werden wir unterstützen. Sie wurden ja heute schon die ganze Zeit ordentlich kritisiert, jetzt folgt Zustimmung.

Wir finden aber auch, dass man einem Museumsdirektor natürlich nicht vorschreiben kann, wie die Kunstwerke auszustellen sind und wo sie auszustellen sind, zumal es sich gerade um Stücke handelt, die – mit 25 mal 20 Metern – nicht unbedingt als klein zu bezeichnen sind.

Folgendes sollten wir aber für die kommende Zeit schon ins Auge fassen: Wenn Kunstschätze in unserem Besitz sind, für deren Aufstellung wir nicht genügend Platz haben und die wir deshalb irgendwo deponieren, wo sie jahrzehntelang bleiben und verstauben, dann muss man zukünftig dafür sorgen, dass man sie ihrem Wert entsprechend unterbringt. Das wird man doch wohl schaffen. In diese Richtung sollte es, glaube ich, gehen.

Ich bin ganz bei Ihnen, dass wir in Zukunft da eine Lösung finden sollten. Die könnte sein: Wenn neue Projekte, neue Gebäude errichtet werden, dann überprüfen wir den Fundus und überlegen, wo wir was unterbringen können. Das wäre der richtige Weg, wie man zukünftig mit Respekt mit den Kunstschätzen in Österreich umgehen könnte. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

16.20



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 144

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Einwallner. – Bitte.

 


16.20.40

Abgeordneter Thomas Einwallner (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Ja, es wollte heute anscheinend so sein, dass wir hier erleben müssen, wie sich die FPÖ an einem Tag selbst widerspricht. Ich erinnere nur an den Tagesordnungspunkt 2, wo Ihre Redner von einem Nicht-Antrag der Abgeord­neten von ÖVP und SPÖ gesprochen haben. Und jetzt wollen Sie von uns zu einem veralteten Antrag – es wurde ja schon erwähnt von den Kolleginnen und Kollegen: aus dem Jahre 2009 – die Zustimmung. Das widerspricht sich ganz klar! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wie immer hinken Sie hinterher, denn es gibt längst eine Selbstverpflichtung von ORF und Ö1, mit der sie sich verpflichtet haben, mindestens 30 Prozent der Sendezeit heimische Musiker zu spielen. Also Sie hinken wieder einmal hinterher!

Weiters muss ich feststellen, dass man die deutsche Sprache – und das sage ich Ihnen als Vertreter der Jugend – nicht nur beim Ö3-Hören lernt, sondern in den Schulen unseres Landes – in den Schulen, deren Aufgabe es ist, Kindern die deutsche Sprache in Wort und Schrift beizubringen, denn nur derjenige, der unsere Sprache von klein auf gelernt hat, wird später in der Lage sein, sich im Beruf und in der Arbeit zielführend und gewinnbringend einzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wie wir und unsere Fraktion fest davon überzeigt sind, müssen wir unsere Schüle­rinnen und unsere Lehrlinge fördern und fordern – fördern, indem wir sie in den Schulen und Ausbildungsstätten verstärkt in Sprachen unterrichten, und zwar in einem vereinten Europa selbstverständlich auch in Fremdsprachen, aber vor allem in unserer Muttersprache, damit unseren jungen Leuten im Berufsleben die Integration so leicht wie möglich gemacht wird.

Abschließend stelle ich mit nicht großem Bedauern fest, dass der Kollege Grosz der Debatte immer noch nicht beiwohnt. Kann er ja auch nicht, denn er spricht gerade im Grazer Gemeinderat. Das ist: zwei Funktionen, einmal arbeiten. – Genug verdient, BZÖ! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Markowitz: Kollege Grosz ist entschuldigt! Geh, setz dich nieder!)

16.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer. – Bitte.

 


16.23.08

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kurz zum Kollegen Einwallner: Die Veralterung, die Sie bebend in Ihrer Rede apostrophierten, rührt daher, dass der Antrag nicht früher im Kulturausschuss behandelt worden ist!

Die deutsche Sprache, so wie wir sie heute kennen seit der Luther-Bibel, ist aber auch schon reichlich ins Alter gekommen, sodass es allemal passend ist, darüber zu reflektieren.

Aber eigentlich war ich von der beeindruckenden Rede des berühmten Germanisten und Kulturphilosophen Petzner so berührt (Heiterkeit bei der FPÖ), dass ich mich unwiderstehlich gezwungen sah, einen Blick in die Germanistik, in die Kulturgeschichte zu werfen, die leider zu selten wahrgenommen wird. Ich spreche da von dem „großen“ – wirklich „großen“, ohne Spaß – Josef Weinheber, der das große Werk geschaffen hat: „Wien wörtlich“. Und als Petzner seine Sprachkritik anhand von


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 145

„Kronen-Zeitung“-Inseraten oder -Artikeln – ich kenne das nicht – hier vorgebracht hat, habe ich mich erinnert gefühlt an das berühmte Gedicht „Selbstgespräch eines Biertipplers am Pissoir“. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

„Wann i, verstehst, wos z’reden hätt, i schoffert olles o. Wos brauch ma denn des olles, net? Is eh gnua do.”

Den Rest können Sie selber fertiglesen, Herr Kollege Petzner. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

16.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


16.25.11

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Es ist interessant, dass Herr Abgeordneter Fichtenbauer ein Inserat seiner eigenen Partei auf das Niveau von Pissoir und Biertippler setzt. (Beifall beim BZÖ.) Aber bitte, das ist seine Sache! Und dass er sagt, er kennt es nicht, das will ich auch nicht kommentieren. Es ist jedenfalls durchaus interessant, wie es da bei der FPÖ zugeht.

Was ich wirklich bedauere, ist, dass durchaus ein wichtiges Anliegen hier zu kurz kommt, nämlich, wie man der deutschen Sprache und der Entwicklung der deutschen Sprache mehr Augenmerk auch in Österreich zuwenden kann und könnte, vor allem auch der Ausbildung, der Schulausbildung, und wie man einer Tendenz entgegen­arbeiten könnte, indem man dafür sorgt, dass eben Deutsch gleichberechtigt und gleichwertig wie alle anderen Sprachen in Österreich gelten soll. Und da gibt es eine Tendenz, wo man sieht: Es gibt vom Kindergarten über die Grundschulen bis hinauf in das höhere Schulwesen sehr viel an Diskussionsbedarf.

Wenn ich mir das jetzt etwa in den Kindergärten ansehe: Vor allem in den Großstädten gibt es einen hohen Anteil an Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache, die dann in den Grundschulen Probleme haben, dem Unterricht zu folgen.

Wir sehen, dass das allgemeine Niveau sinkt und dass dann jene Kinder, die normal dem Unterricht folgen wollen, auch Defizite haben. Jetzt hat man ein verpflichtendes Kindergartenjahr dem vorangestellt, wo man glauben würde, dass dort jene Kinder Deutsch lernen, die es eben von der Familie her nicht können. Aber wenn man sich in diesen Problemregionen umsieht, dann merkt man, es wachsen dort die islamischen Kindergärten – das sieht man schon an den Überschriften, aber auch an den Betreuerinnen und Betreuern dort – wie die Schwammerln aus dem Boden. Und dort wird erst recht wieder nicht Deutsch als Hauptsprache vermittelt, sondern wieder in allen anderen Sprachen gesprochen und das weitergeführt.

Da gibt es, wie ich meine, sehr viel Diskussionsbedarf, aber nicht auf dem Niveau mit dem Überkopfstrahler und der Elektropost und all diesen Dingen. Denn: Sprache soll ja verständlich sein – verständlich! –, und wenn sich ganz einfach ein Anglizismus, ob einem das passt oder nicht, eingebürgert hat, so wie vielleicht vor 150 Jahren ein französisches Wort oder vor 300 oder 400 Jahren ein lateinisches Wort oder ein griechisches Wort, dann ist das halt ganz einfach so. Das ist die Entwicklung einer Sprache. Man muss nur aufpassen – da gebe ich schon recht –, dass das nicht überbordet und dass man in erster Linie doch verständlich bleibt und dass man selbstverständlich auch auf die eigene Sprache Rücksicht nimmt.

Aber mit Anträgen wie diesem bewirkt man das Gegenteil, denn die sind ganz einfach nicht erfüllbar. Da steht zum Beispiel:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 146

„Aufschriften oder Anzeigen, die im öffentlichen Raum verwendet werden, müssen in deutscher Sprache verfasst werden.“

Da kann ich nur sagen: die armen Touristen! Ich sehe in Wien schon Horden von Touristen – vielleicht müssen die auch einen Sprachkurs in Deutsch machen, damit sie einreisen dürfen –, die nichts mehr finden, die herumirren und sich nicht mehr auskennen und sich wundern, wie tourismusfeindlich Österreich plötzlich geworden ist. Die Verkehrsschilder  (Zwischenruf der Abg. Mag. Unterreiner.)

So steht es aber da! (Der Redner hält ein Exemplar des erwähnten Antrages in die Höhe.) Da habt Ihr keine Ausnahme gemacht.

Die Verkehrsschilder an den Autobahnen müssen abmontiert werden. Natürlich, vice versa werden dann auch die freiheitlichen Touristen, die nach Preßburg fahren, dort nicht mehr „Wien“ lesen können, sondern – ich weiß nicht, wie heißt Wien auf Slowakisch? – das wird nur mehr auf Slowakisch angeschrieben sein. Also, ich glaube, dieser Antrag ist schon wenig durchdacht.

Weiters schreiben Sie in Ihrem Antrag:

„Die Bestimmungen aus () gelten nicht für Bezeichnungen von typischen Handels­waren und Spezialitäten, deren fremdsprachige Namen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sind.“

Da frage ich mich: Was sind „typische Handelswaren und Spezialitäten“ und was ist eine „breitere Öffentlichkeit“?

Also es ist wirklich schade. Es gäbe nämlich beim Erhalt und bei der Weiterentwicklung der deutschen Sprache sehr, sehr viel zu diskutieren, sehr, sehr viel zu reformieren und sehr, sehr viel auch zu verändern und zu verbessern, auch wenn es um Garantien geht, aber Anträge wie dieser führen leider zu humoristischen Debatten, die in diesem Fall nicht zu verhindern sind, weil die Qualität dieses Antrages nicht mit dem einhergeht, was wir für die deutsche Sprache an Qualität notwendig hätten. (Beifall beim BZÖ.)

16.29

16.29.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines verlangt.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Kulturausschusses, seinen Bericht 1839 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Kultur­ausschusses, seinen Bericht 1840 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Kulturausschusses, seinen Bericht 1841 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 147

16.31.04 12. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1783 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Nieder­österreich zur Änderung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Science and Technology Austria samt Anhang (1875 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 1994/A der Abgeord­neten Mag. Katharina Cortolezis-Schlager, Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studien­gesetz, BGBl. Nr. 340/1993, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 74/2011, geändert wird (1876 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zu den Punkten 12 und 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Widmann zu Wort. – Bitte.

 


16.32.10

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Es geht bei IST Austria, beim Institute of Science and Technology Austria, darum, dass ein Fördervertrag auf über zehn Jahre im Form eines Artikel-15a-Vertrages mit dem Land Niederösterreich abgesichert wird. Und da sage ich einmal vorweg: Das IST Austria ist ein ganz tolles Institut, eine ganz tolle Einrichtung, wo wirklich exzellente Wissen­schaftler hervorragende Arbeit leisten.

Aber wir kämpfen – und jetzt kommt der Kritikpunkt! – alle darum, auf der wissen­schaftlichen Ebene die Forschungseinrichtungen und Bildungseinrichtungen langfristig abzusichern. Vor Jahren schon hat Ihr Vorgänger, Herr Minister „Gio“ Hahn, ein For­schungs­förderungsgesetz angeregt. Wir haben es mehrmals beantragt. Es wurde immer wieder vertagt. Das gibt es bis heute nicht. Und damit ist IST Austria eigentlich das einzige Institut, das in diesem Umfang über diesen Zeitraum über nahezu 1,4 Milliarden € verfügen kann – denn Sie haben bis zum Jahr 2026 zugesichert, dass die Summe von rund 988 Millionen € fließen wird, und das Land doppelt es nochmals auf um 368 Millionen €, also fast 1,4 Milliarden €.

Im Prinzip eine gute Sache. Aber ich will das auch für den Studienort Linz, ich will das auch für Salzburg, ich will das für Innsbruck, ich will das für Graz, und ich will das für Wien – und nicht nur für IST Austria, wo zufällig zusammentrifft, dass ein schwarzer Landeshauptmann gemeinsam mit einem schwarzen Wissenschaftsminister das mit einer schwarzen Finanzministerin so paktiert hat! (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das riecht sehr stark nach Wahlkampfhilfe. Ich weiß schon, dass die Wahl vorher ist, aber es ist ein „schönes Zuckerl“, das man verkaufen kann. Ich bin auch für die IST-Austria -Förderung, das sind wir auch, aber das Grundprinzip ist grundlegend falsch, und daher hagelt es auch massive Kritik aus dem Wissenschaftsbereich, von Androsch über den uniko-Präsidenten Heinrich Schmidinger bis hin zum Präsidenten des Wissenschaftsrates Jürgen Mittelstraß. Sie alle sagen, das sei so nicht korrekt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 148

Die Opposition hat es ja leidvoll erleben müssen: Kurz darauf haben wir im Wissen­schaftsausschuss einen Antrag der Grünen abgelehnt bekommen, von der Regierung vertagt bekommen, der wieder zurück musste in den Unterausschuss des Wissen­schafts­ausschusses, wo man vorgesehen hat, die Finanzierung im Wissenschafts­bereich ordentlich abzusichern.

Also mit dem BZÖ geht das nicht – mit den Grünen geht das offenbar schon, mit der FPÖ geht das auch. Wir sagen Nein zu diesen Vorgängen und kritisieren das auch ganz stark! (Beifall beim BZÖ.)

Niederösterreich ist zuletzt durch zwei Rechnungshofberichte bekannt geworden, Sie wissen das sicher, und zwar hat der Rechnungshof zu Recht kritisiert, dass vier Spitäler im Süden Niederösterreichs ganz knapp nebeneinander errichtet werden. Und was macht die ÖVP im Landtag heute? – Sie lehnt den Bericht ab! Das ist der erste Bericht, den die ÖVP in Niederösterreich im Landtag ablehnt. Sie sagt – der Klubob­mann; ich glaube, Schneeberger heißt er –, das wäre verfassungsrechtlich bedenklich. Aber im selben Atemzug diskutiert man den ESM im Niederösterreichischen Landtag. Der ist für die ÖVP verfassungsrechtlich nicht bedenklich. Aber die Kritik des Rech­nungshofes ist verfassungsrechtlich bedenklich. – Also das sind schon starke Dinge, die man da vonseiten der ÖVP zu hören bekommt.

Der Herr Schneeberger sagt dann noch dazu, das wäre jetzt die gerechtfertigte Ohrfeige für den Rechnungshof – und das deshalb, weil er diese Ineffizienz aufgezeigt hat! Und der Herr Sobotka macht ihm dann auch noch die Rutsche und ergänzt das auch noch mit den Worten, dass der Rechnungshof instrumentalisiert worden sei.

Meine Kollegen von der ÖVP, wo leben Sie denn in Niederösterreich? Wo leben Sie denn? Glauben Sie denn wirklich, das „Pröll’sche Reich“ kann machen, was es will, kann schalten und walten, wie es will? Erheben Sie dort den Proporz zum „Proporz-Proporz“, nämlich in der Art und Weise, dass es die SPÖ fast gar nicht mehr gibt, sondern nur mehr den Proporz zwischen dem Bauernbund, dem Wirtschaftsbund und dem ÖAAB?

Also das sind wirklich Dinge, die es abzustellen gilt! Denn: Wie Sie hier mit Organen des Parlaments, dem Rechnungshof, umgehen, spottet jeder Kritik. Sie sind in Nieder­österreich – das sage ich Ihnen ins Gesicht, und das meine ich ganz ehrlich – demo­kratiepolitische Zwerge, aber parteipolitische Proporzriesen – sonst nichts! – Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, stellen Sie ab! (Beifall beim BZÖ.)

Aber jetzt zurück zur Wissenschaftsdebatte. – Sie wollen Sicherheit für IST Austria? – Ja, aber geben Sie auch den Studenten Sicherheit! Erst heute hat wieder der Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde eines Studenten gegen die Studiengebühren aufgehoben. Bringen Sie da noch etwas auf die Beine, Herr Minister, mit Ihren Regie­rungsfraktionen von ÖVP und SPÖ! Das fehlt nämlich noch immer. Und daher werden wir heute einen ganz einfachen, banalen Antrag einbringen – einen Antrag, der Sie auffordert, zu arbeiten; einen Antrag, der Sie auffordert, Rechtsicherheit für die Studenten, aber auch für die Universitäten zu schaffen.

Wir fordern Sie auf, den Entschließungsantrag der Abgeordneten Widmann und List zu unterstützen, der wie folgt lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Widmann, List, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ein­führung von Studiengebühren und eines treffsicheren Stipendiensystems

„Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 149

Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung wird ersucht, dem Nationalrat bis September 2012“ – also bis nach dem Sommer – „einen Entwurf vorzulegen, der jedenfalls die Neuregelung der Studiengebührenfrage und ein faires sowie treffsicheres Studienbeihilfensystem beinhaltet.“

*****

Also auf der einen Seite Studiengebühren, auf der anderen Seite faire Studienbeihilfen. Überhaupt nichts Schlechtes! Von beiden Seiten, sowohl von der ÖVP als auch von der SPÖ, höre ich, dass das machbar sein muss. Sie bekommen auch die Unterstüt­zung von der FPÖ. Auch diese hat heute einen Antrag auf Einführung von Studien­gebühren eingebracht, auch wenn dieser Antrag im Detail so aussieht, dass es eigentlich nach wie vor keine Studiengebühren geben wird, weil für Bummelstudenten, die um mehr als ein Drittel länger brauchen, auch keine Studiengebühren zu entrichten sind. Das wollen wir vom BZÖ nicht, weil wir sagen, Leistung muss sich lohnen, und daher jene Studenten bevorzugt werden sollen, die in der Mindeststudiendauer, plus/minus zwei Toleranzsemester, fertig werden. Für diese Studenten sollen keine Gebühren anfallen.

Meine Damen und Herren, Sie haben heute die Chance, einen ganz einfachen Antrag zu unterstützen. Oder Sie sagen den Studenten klipp und klar: Nein, ihr seid uns völlig egal, macht, was ihr wollt, geht zum VfGH und verliert dort, zahlt ein oder zahlt nicht ein, wir verhandeln nicht weiter, wir von SPÖ und ÖVP verweigern uns bis zum Ende der Legislaturperiode, Schluss, aus, Ende, wir wollen nicht, dass ihr korrekte Voraus­setzungen habt!

Daher sage ich: Unterstützen Sie diesen Antrag! Gestalten Sie die Studienbeihilfen und die Studiengebühren entsprechend aus und legen Sie bis Herbst einen Entwurf vor! Dann können Sie auch mit entsprechender Unterstützung der Opposition rechnen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

16.38

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager. – Bitte.

 


16.38.17

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die heute vorliegende Verlängerung der bis 2016 geltenden Artikel-15a-Vereinbarung mit Niederösterreich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Science and Technology Austria, IST Austria, bis 2026 soll diesem Institut mehr Planungssicherheit geben – mehr Planungssicherheit auf der Basis einer internationalen Evaluierung, die festgestellt hat, dass in der kurzen Zeit überdurchschnittlich exzellente Forschungsleistungen erbracht wurden, und mehr Sicherheit aufgrund dessen, dass es ein Institut ist – im Unterschied zu den Uni­versitäten und Fachhochschulen oder auch im Unterschied zur ÖAW –, das nicht gesetzlich verankert ist, sondern auf einer Übereinkunft basiert zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich.

Um dieselben fairen Bedingungen und um exzellente Wissenschafterinnen und Wis­senschafter zu ermöglichen – zwischen den Universitäten, Fachhochschulen und dem IST Austria und anderen exzellenten außeruniversitären Forschungseinrichtungen –, braucht es die Zusicherung, dass auch da auf Dauer unsere öffentlichen Mittel in diesem Bereich eingesetzt werden. Das Institut hat über ein Drittel Drittmittel einge­worben. Das ist eine sehr beachtliche Summe, und ich würde mir wünschen, dass das ein Anreiz für alle Bundesländer ist, Kollege Widmann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 150

Es gibt kein exklusives „nur Niederösterreich soll in die Forschung investieren“ – ganz im Gegenteil: Schauen wir, dass alle anderen acht Bundesländer genauso viel in die Forschung investieren. Das muss doch unser Ziel sein! Also nicht Engpass – die dürfen nicht investieren –, sondern Erweiterung. Wir wollen, dass alle in ganz Öster­reich ihre Innovationsleistungen finanzieren und hier entsprechende Unterstützungen erbringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Einwerbung dieser ERC Grants zeigt exemplarisch, dass trotz der Konsolidie­rungsmaßnahmen, die wir treffen, und dank des Herrn Bundesministers für Wissen­schaft und der Frau Bundesministerin für Finanzen und dank der Entscheidung der Bundesregierung, Offensivmittel in die Forschung zu investieren, dass trotz durchaus Wachstumswünschen, die wir noch haben – ich darf erinnern an die Rede, die der Herr Vizekanzler gehalten hat: langfristig hätte er gern eine Forschungsquote von 6 Prozent; wir wissen, dass wir noch viel zu tun haben –, dass trotz dieser herausfordernden Ziele und der Brücken, die wir auf dieses Ziel hin noch zu bauen haben, unsere For­schungsleistungen exzellent sind und wir in ganz Europa und weltweit mithalten können. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist daher wichtig, dass wir auch künftig die FWF-Mittel entsprechend weiterent­wickeln, dass wir für die Grundlagenforschung entsprechende Mittel zur Verfügung stellen und dass wir den Herrn Bundesminister dabei unterstützen, künftig noch mehr private Mittel zu lukrieren, denn da müssen wir in Österreich besser werden. Wenn wir uns mit anderen Ländern vergleichen, dann haben wir da noch einen Nachholbedarf und müssen entsprechende Anreize setzen, damit mehr Privatmittel in die Forschung fließen.

Aktuell: 3 Prozent der bewilligten Fördergelder des 7. Rahmenprogramms kommen wieder zurück nach Österreich. Das sind 130 Prozent für Österreich, gemessen an 100 Prozent als Nettozahler – eine tolle Rückflussquote. Das heißt, in Forschung in Österreich zu investieren zahlt sich aus. Wir werben aus den EU-Mitteln mehr Gelder ein, als wir hineinzahlen.

Letzter Punkt, zu den Fachhochschulen; wir haben es im Ausschuss schon gesagt: Hier geht es eigentlich nur um eine kleine Übergangsbestimmung. Wir möchten, dass, wenn das Kollegium jene Rektoren bestätigt, die erst kürzlich gewählt worden sind, diese wieder verlängert werden und nicht noch einmal internationale Ausschreibungen notwendig sind. Hier handelt es sich um eine Übergangsmaßnahme, die sicherstellen soll, die Besten sollen in einem demokratischen Prozess übers Kollegium wieder­gewählt werden.

Ansonsten aber sollen die Fachhochschulen eine ähnliche Form der Struktur erhalten wie die Universitäten, indem Kollegien künftig gesetzlich, wie wir ja beschlossen haben, besser verankert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

16.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich hole die Verlautbarung nach, dass der vorhin eingebrachte Entschließungsantrag von Herrn Mag. Widmann ordnungsgemäß eingebracht wurde und mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rainer Widmann, Kurt List, Kolleginnen und Kollegen  betreffend Einführung von Studiengebühren und eines treffsicheren Stipendiensystems


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 151

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 12: Bericht des Wissen­schaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1783 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Änderung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Nieder­österreich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Science and Tech­nology - Austria samt Anhang (1875 d.B.)

Die Tatsache, dass das Institute of Science and Technology langfristig finanziell abge­sichert werden soll, ist durchaus begrüßenswert, allerdings stellt sich wieder einmal die Frage, wie es mit der finanziellen Sicherheit der Universitäten aussieht? Die Wieder­einführung der Studiengebühren würde laut Minister Töchterle „bis zu einer halbe Uni-Milliarde in drei Jahren bringen“ (News, Nr.26, 28. Juni 2012).

Die Neuregelung der Studiengebührenfrage würde aber nicht nur die Budgetlöcher der Unis stopfen, sondern auch endlich wieder die Rechtssicherheit für die Studierenden schaffen, die sich nun mit Beschwerdeschreiben an den Verfassungsgerichtshof anstatt mit ihrem Studium befassen müssen. Gerade heute, 05.07.2012, wurde ein entsprechendes Schreiben eines Studierenden aufgrund eines Formalfehlers vom VfGH abgelehnt.

Ein weiteres Problemfeld ist das Stipendiensystem, auch hier muss dringend dafür Sorge getragen werden, dass dieses in ein faires und vor allem treffsicheres System umgewandelt wird.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung wird ersucht, dem Nationalrat bis September 2012 einen Entwurf vorzulegen, der jedenfalls die Neuregelung der Studiengebührenfrage und ein faires sowie treffsicheres Studienbeihilfesystem be­inhaltet.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. – Bitte.

 


16.43.21

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Welt ist ungerecht, klagen alle Rektoren, die kein Geld für den universitären Betrieb erhalten. Dieses Institut in Maria Gugging wird im Vergleich zum übrigen Universitätsbereich gewaltig bevorzugt. Das ist eine nicht wegzuleugnende Tatsache.

Sie, Herr Bundesminister Töchterle, jammern und klagen laufend über zu geringe finanzielle Mittel für die Universitäten. Gleichzeitig aber überschwemmen Sie dieses Institut in Niederösterreich mit fixen Budgetmitteln bis 2026, und das ist eine Unge­heuerlichkeit!

Hier wird die Finanzierung von der schwarzen Finanzministerin Fekter dem schwarzen Landeshauptmann Pröll garantiert. Vermutlich ein Wahlgeschenk für Erwin für seinen Wahlkampf.

Wir sehen hier einen klassischen Kniefall vor dem mächtigen Pröll in Niederösterreich, dem Landeskaiser – wollen doch beide Minister, Fekter und Töchterle, in der nächsten


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 152

Bundesregierung wieder dabei sein. Jeder ÖVP-Mandatar weiß, dass er ohne Erwin nichts gewinnen kann.

Gleichzeitig haben Sie, Herr Bundesminister Töchterle, diesen Beschluss, die finan­zielle Spritze für dieses Institut, mit einer gewissen Genugtuung bereits kommentiert. Kein Genosse, kein Sozialdemokrat aus diesem Haus, aus der Regierung, der Ihnen hier in die Quere kommt. Weder Faymann noch Schmied sind damit direkt befasst. Wäre das der Fall, würde dieses Institut keine Mittel in dieser großzügigsten Form erhalten. Die Sozialdemokraten würden wie bei den Studiengebühren auf der Bremse stehen.

Ihre Frau Kollegin, die Frau Bundesministerin Schmied, hat Ihnen kürzlich in einem Interview vorgeworfen, dass Sie die Unis alleine lassen und als Wissenschaftsminister längst gescheitert sind. Das von Ihrem Regierungspartner, Herr Bundesminister!

Wir vom BZÖ stellen fest, die gesamte Bundesregierung ist längst gescheitert, auch beim heißen Eisen Studiengebühren. (Beifall beim BZÖ.)

Die Unfähigkeit von Rot und Schwarz trägt den Zwist um Studiengebühren in die Universitäten und nötigt diese zum rechtlichen Hasard. So hat die Karl-Franzens-Universität in Graz Studiengebühren trotz massiver Proteste beschlossen. Dabei erklärte der Senat: Die Untätigkeit der Politik hat diesen Schritt erforderlich gemacht. Die Technische Uni Graz hat ebenfalls Studiengebühren beschlossen. Die TU Wien hingegen verweigert diese Einführung. Hier herrscht das autonome Chaos an den Universitäten, und das können wir alle bestätigen: ein autonomes Chaos.

Lösen wir dieses Chaos auf, Herr Bundesminister! Von den Universitäten kommt ein klares Ja zu Studiengebühren. Beiträge führen dazu, dass ernsthafter und schneller studiert wird. Bereits 64 Prozent, eine satte Mehrheit, der Bevölkerung sind für Studiengebühren. (Abg. Hörl: Der Minister auch!) Die Sozialdemokratie wäre gut beraten, sich den Vorschlägen ihrer Landeshauptfrau Gabi Burgstaller anzuschließen und unsere BZÖ-Forderung, die Wiedereinführung von Studiengebühren, sofort zu übernehmen. Das wäre ein Ziel. (Beifall beim BZÖ.)

Diese finanziellen Mittel, geschätzte Damen und Herren, von jährlich rund 150 Mil­lionen € werden für den Universitätsbetrieb dringend gebraucht.

Herr Bundesminister, setzen Sie diese BZÖ-Forderung sofort um! Kämpfen Sie mit uns für die Wiedereinführung von Studiengebühren! Den entsprechenden Antrag hat unser Wissenschaftssprecher vor Kurzem eingebracht.

Sie können gerne unsere Vorschläge im Wissenschaftsbereich übernehmen. Das ist erstens als Schwergewicht die Sofortmilliarde für den Hochschulbereich. Das sind sinnvolle Zugangsbeschränkungen und der Uni-Bonus für die studierenden Öster­reicher. Nur unsere Maßnahmen, das Programm von Klubobmann Josef Bucher und unserem Wissenschaftssprecher Mag. Widmann, garantieren, dass die Universitäten Werkstätten der Zukunft bleiben. Sie streiten, wir haben die Lösungen.

Setzen wir diese Lösungen gemeinsam um! (Beifall beim BZÖ.)

16.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


16.47.41

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! In der Früh hat es ja auf der Rednerliste noch so ausgeschaut, als ob wir heute Konsensmaterien aus dem Wissenschaftsausschuss hätten. Das ist aber leider doch nicht der Fall.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 153

Wir haben vor wenigen Wochen im Wissenschaftsausschuss die Gelegenheit gehabt, einen ersten Evaluierungsbericht des IST Austria zu diskutieren, und sind dort eigentlich einhellig zur Auffassung gekommen, dass das IST Austria eine Bereicherung der österreichischen Forschungslandschaft darstellt. Und in der Debatte war auch Kon­sens, dass es wichtig wäre, dieses neue Forschungsinstitut längerfristig abzusichern, damit es möglich ist, dort auch gute, exzellente Wissenschafter aus dem Ausland zu bekommen. Das soll heute passieren und voraussichtlich auch eine große Mehrheit in diesem Hause finden.

Der zweite Punkt: Fachhochschul-Studiengesetz. Hier handelt es sich um eine kleine Reparatur, wo es darum geht, dass erst kürzlich gewählte Kollegien und Rektoren nicht noch einmal gewählt werden müssen.

Zu Studiengebühren, weil sie angesprochen worden sind beziehungsweise Anträge dazu eingebracht wurden: Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, die heute bekannt geworden ist, ist keine Entscheidung, noch keine Entscheidung in der Sache selbst, sondern eine Entscheidung darüber, auf welchem Weg die Beschwerde seitens der Studierenden an den Verfassungsgerichtshof herangetragen werden kann: eben nicht über eine Individualbeschwerde, sondern über eine Bescheidbeschwerde.

Es hat heute noch eine wichtige Entscheidung gegeben, nämlich die Entscheidung des Senates der Uni Wien, die Berufungen der Studierenden abzulehnen und die ent­sprechenden Bescheide sehr schnell auszustellen.

Ich begrüße jede Entscheidung, die dazu führt, möglichst rasch Rechtssicherheit herzustellen, weil das – das stimmt, was vorher gesagt wurde – ein nicht hinzuneh­mender Zustand ist, dass hier Rechtsunsicherheit besteht.

Wir haben einen Reparaturvorschlag, einen Gesetzesvorschlag vorgelegt. Wir sind sehr daran interessiert, zu verhandeln und Rechtssicherheit zu schaffen. Vielleicht geht in den nächsten Wochen doch etwas in dieser Richtung weiter. (Beifall bei der SPÖ.)

16.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 


16.50.16

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Zunächst darf ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ehestmöglich eine Regierungsvorlage vorzu­legen mit dem Ziel:

1. Studierende, welche die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, EU Bürger sind oder denen Österreich auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages (wie zB der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge) dieselben Rechte für den Berufs­zugang zu gewähren hat wie Inländern, haben, wenn sie zumindest 20 ECTS-Punkte pro Semester nachweisen, keinen Studienbeitrag zu entrichten. Zeiten des Präsenz- und Zivildienstes oder Zeiten des Mutterschutzes bzw. der Karenz, die während der Studienzeit absolviert werden, sowie bei Werkstudenten bzw. Werkstudentinnen müssen keine ECTS-Punkte nachgewiesen werden;

2. Allfällige zusätzliche sinnvolle Studienbeitragsbefreiungstatbestände vorzuschlagen;

3. Für alle nicht unter 1. oder 2. fallende österreichische Staatsbürger/-innen oder EU Bürger/innen, soll die jeweilige Universität autonom jedoch nicht höher als 500 € / Semester Studiengebühren festlegen können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 154

4. Die eingehobenen Studiengebühren sind von den Universitäten zweckgebunden für die Lehre bzw. für die Infrastruktur der Lehre zu verwenden.

*****

Ganz kurz noch zu dem Antrag: Bei Punkt 2 ist es nicht so, dass wir wollen, dass die Regierung Vorschläge macht, sondern wir sind hier gesprächsbereit und zeigen dies auch in dem Antrag.

Wer ist unter Punkt 3 gemeint? – Im Wesentlichen sind damit die Bummelstudenten gemeint, die einfach länger studieren, ohne einen Hinderungsgrund zu haben.

Punkt 4 soll sicherstellen, dass dieses Geld auch bei den Universitäten bleibt. Es hat keinen Sinn, wenn wir die Studienplätze auf der einen Seite haben, aber dann zum Beispiel keine Laborplätze haben. Das muss gegeben sein, damit man das Studium auch innerhalb der vorgesehenen Zeit abschließen kann.

Wir haben unter Tagesordnungspunkt 13 einen Antrag zum Fachhochschul-Stu­diengesetz. Das ist ein formeller Antrag und wird daher von uns unterstützt.

Interessanter fand ich im Ausschuss den Bericht des Fachhochschulrates. Wir haben mit Stand des letzten Studienjahres um die 37 000 Studienplätze, rund 33 000 werden vom Bund gefördert. Davon sind rund zwei Drittel gebührenpflichtig, teilweise mit sehr hohen Gebühren belegt. Das zeigt, dass Gebühren nicht unbedingt abschreckend sind, sondern durchaus auch eine Qualität bilden können.

Wir haben 21 Fachhochschulerhalter. Es ist interessant, dass auf drei Bewerber nur ein Studienplatz kommt. Am schlimmsten ist es bei den Gesundheitswissenschaften. Da kommen acht Bewerber auf einen Studienplatz. Hier schrecken Studiengebühren offensichtlich nicht ab, wenn Qualität geboten wird.

Wenngleich unsere Universitäten sichtlich Qualität anbieten können, so gibt es immer wieder Klagen, dass das eine oder andere auf den Universitäten noch zu verbessern wäre. Zum Beispiel das, was ich schon gesagt habe: Laborplätze, die nicht aus­reichend zur Verfügung gestellt werden können, was die Studierenden daran hindert, ihren Abschluss in der Zeit machen zu können.

Interessant ist auch, dass der Fokus der fachhochschulischen Forschung auf der anwendungsbezogenen Forschung und Entwicklung liegt. Das heißt, nicht nur auf den Universitäten wird Forschung betrieben, sondern gerade auch auf den Fachhoch­schulen.

Der Bericht des Fachhochschulrates zeigt auf, dass die Fachhochschulen eine interessante Alternative am tertiären Bildungssektor sind. Und wir hoffen, dass mit unserem Antrag auch die Universitäten diesen interessanten Beitrag leisten können. (Beifall bei der FPÖ.)

16.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grüne­wald. – Bitte.

 


16.54.07

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, bei IST Austria sollte man zwei Dinge auseinanderhalten. Viele frühere Skeptiker haben ihre Meinung nach Betrachtung der Entwicklung von IST Austria doch revidiert. Es macht wenig Sinn, über IST Austria herzuziehen, wenn hier hervorragende Leistungen von hervorragenden Leuten unter – das kommt dazu – hervorragenden Bedingungen erbracht werden. Also


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 155

IST Austria ist gut und verdient natürlich auch Planungssicherheit und ausreichende Finanzierung.

Der Punkt ist ein anderer. Die Kritiker von früher oder ein guter Teil dieser hat letztlich IST Austria zugestimmt, sich aber gewünscht, dass ähnliche Strukturen auch an Universitäten ermöglicht werden, an jenen Universitäten oder vielleicht besser Fakul­täten oder Instituten, die im internationalen Ranking gut sind und herausragende, exzellente Leistungen erbringen.

Gerade die ÖVP spricht immer vom Wert der Konkurrenz, von Wettbewerb und von Exzellenz. Man muss aber auch Exzellenz und Wettbewerb ermöglichen. Wenn wir in internationalen Wettbewerb treten wollen, brauchen die Universitäten jene Ressourcen und jenes Personal, die einen Wettbewerb erst ermöglichen.

Und hier sind jetzt schon kritische Stimmen gekommen, die sich nicht gegen IST Austria und dessen Präsidenten und dessen Forscher gewendet haben, sondern irritiert waren davon, dass hier Planungssicherheit über 14 Jahre geschaffen wird, was für Universitäten undenkbar ist, dass Drittmittel verdoppelt werden, was für Universitäten undenkbar ist, gerade nach einer langen Zwangspause mit einem Beitrag zu den Overhead-Kosten in der Höhe von 20 Prozent, wo viele sagen, das ist international weit unter dem Schnitt; meistens werden 50 Prozent gewährt. Da würden die Universitäten ganz anders dastehen. Und dann sind ein Punkt die Arbeits­bedingungen. Universitäten lehren auch, sie verwalten auch – und haben Arbeitsbedin­gungen, die nicht immer, in einigen Punkten sehr wohl, aber nicht überall, inter­nationalen Standards entsprechen.

Ich nehme jetzt nur als Beispiel her, was Kratky als Präsident des Forschungsfonds gesagt hat, nämlich dass Forschung immer mehr eine Teilzeit- und eine Freizeit­forschung wird, und zwar durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse, durch Splitten von Planstellen und so weiter und so fort. Die Lehre ist manchmal eine überbordende Belastung. Wenn man teilweise 20 Stunden in der Woche lehrt, in Seminaren, in Vorlesungen – wo bleibt dann die Zeit für die Forschung?

Denken Sie, Herr Minister, an die Medizin! Da gibt es keine Sommerpause – beim Unterricht schon, aber nicht bei den Kranken. Die gibt es im Sommer wie im Winter wie in den Semesterferien. Und es ist nachweislich, Sie kennen die Zahlen, dass teilweise 80 bis 100 Prozent der regulären Arbeitszeit in der Krankenversorgung verbracht wird. Ist das wettbewerbsfähig? Wenn man das im Ausland erzählt, die greifen sich an den Kopf oder lachen, wenn sie freundlich sind. Das geht nicht!

Hier haben Sie die Aufgabe, den Universitäten faire Bedingungen zu geben. Wenn Schmidinger kritisiert, dass es unsensibel ist, der Zeitpunkt schlecht gewählt ist, wo es Kürzungen an den Unis, Kürzungen an der Österreichischen Akademie der Wissen­schaften gibt, wenn sich Denk in dieser Sache zu Wort gemeldet hat, wenn Mittelstraß von einer auffallenden Dysbalance zu den Universitäten spricht, dann müssten Sie doch den Universitäten Signale senden, dass sie nicht so offensichtlich benachteiligt werden.

Nichtsdestotrotz: IST Austria soll das bekommen, was es braucht.

Abschließend möchte ich noch sagen: In Tirol wird ein Landeshauptmann Ehren­senator. – Da muss man schon fragen: Was hat das Land Tirol für die Universität getan?

Pröll zeigt es vor. Er ist nicht sozusagen mein Idol in seinem Gehabe und in seiner Machtfülle, aber er tut etwas. Platter wenig! (Beifall bei den Grünen.)

16.58



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 156

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich hole noch nach, dass der von Herrn Abge­ordnetem Vock eingebrachte Entschließungsantrag mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Graf und weiterer Abgeordneter betreffend Studiengebühren – Klarheit für die Studierenden und Universitäten

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 13, Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 1994/A der Abgeordneten Mag. Katharina Cortolezis-Schlager, Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, BGBl. Nr. 340/1993, zu­letzt geändert durch BGBl. I Nr. 74/2011, geändert wird (1876 d.B.) , in der 166. Sit­zung des Nationalrates, XXIV.GP, am 5. Juli 2012

Die unterschiedlichen Positionen der Parteien in Sachen Studiengebühren sind bekannt. Der Gesetzgeber ist aufgerufen im Sinne der Studierenden und der Universitäten den gegenwärtigen Zustand der Unsicherheit zu beenden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ehestmöglich eine Regierungsvorlage vorzu­legen mit dem Ziel:

1) Studierende, welche die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, EU Bürger sind oder denen Österreich auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages (wie zB der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955) dieselben Rechte für den Berufszugang zu gewähren hat wie Inländern, haben, wenn sie mindestens 20 ECTS-Punkte pro Semester nachweisen, keinen Studienbeitrag zu entrichten. Zeiten des Präsenz- und Zivildienstes oder Zeiten des Mutterschutzes bzw. der Karenz, die während der Studienzeit absolviert werden, sowie bei Werkstudenten bzw. Werkstudentinnen müssen keine ECTS-Punkte nachgewiesen werden;

2) Allfällige zusätzliche sinnvolle Studienbeitragsbefreiungstatbestände  vorzuschla­gen;

3) Für alle nicht unter 1) oder 2) fallende österreichische Staatsbürger/-innen oder EU Bürger/innen, soll die jeweilige Universität autonom jedoch nicht höher als 500,- Euro / Semester Studiengebühren festlegen können.

4) Die eingehobenen Studiengebühren sind von den Universitäten zweckgebunden für die Lehre bzw. für die Infrastruktur der Lehre zu verwenden.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Dr. Töchterle. – Bitte.

 


16.59.05

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Karlheinz Töchterle: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Im Wissenschaftsausschuss waren ja mehrere


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 157

Themen auf der Tagesordnung – zwei davon werden heute behandelt. Ein Punkt ist bereits erwähnt worden: der Bericht des Fachhochschulrates.

Ein zweiter sehr wichtiger Bericht, der dort auch zur Debatte stand und akzeptiert wurde, war der Universitätsbericht, der ja ein sehr erfreulicher Rückblick auf eine dreijährige Phase gewaltiger Steigerungen in nahezu allen Bereichen war: Es gab mehr Budget. Es gab mehr Raum. Es gab vor allem auch mehr Absolventinnen und Absolventen. Und es gab viel, viel mehr Studierende. Und da gebe ich zu, dass die finanzielle Entwicklung mit der Entwicklung der Studierendenzahlen nicht schritthalten konnte. Die Betreuungsrelationen haben sich ein bisschen verschlechtert.

Umso erfreulicher ist es, dass man den Universitäten jetzt mit der Hochschulmilliarde eindeutig wesentliche Mittel in die Hand geben kann, um hier wieder nachzuziehen, die Betreuungsverhältnisse wieder deutlich zu verbessern.

Jetzt aber zu den Themen, die heute zur Debatte stehen: IST Austria ist – und es freut mich, dass es inzwischen viele genauso sehen – eine Erfolgsgeschichte. Es ist ein erst vor wenigen Jahren gegründetes Institut, und doch ist es bereits sehr erfolgreich und wird eigentlich nahezu einhellig anerkannt. Es liefert genau das, was seine Gründer wollten, nämlich Grundlagenforschung auf höchstem Niveau, ausgestattet und konstruiert nach internationalen Spitzenvorbildern.

Das zeigt sich sowohl in der ersten Evaluierung als auch an den ERC-Grants, die ein eindeutiges europäisches Qualitätsmerkmal sind. Es sind dort schon acht da, und weitere drei werden bis zum Oktober kommen – also ein absoluter Spitzenanteil. Präsident Henzinger hat eben den Wittgenstein-Preis bekommen, der immer von einer internationalen Jury ausgewählt wird. 17 Millionen € Spenden aus privater Hand konnten bereits eingeworben werden. Das alles ist eine wirkliche Erfolgsgeschichte und das wird auch gemeinhin so gesehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Problem dabei ist in der Tat die ungesicherte Finanzierung ab 2017 gewesen. Da muss ich klar sagen, und Frau Kuntzl hat es dankenswerterweise schon im Ausschuss gesagt: Das mit den Universitäten zu vergleichen, ist nicht stimmig. Die Universitäten haben eine gesicherte Finanzierung per Gesetz, IST Austria hatte keinerlei Finanzierung, die ÖAW hat eine gesicherte Finanzierung.

Man musste einerseits, um dort die hochqualifizierten, international begehrten Forscher und Forscherinnen anstellen zu können, eine längere Perspektive haben; und man musste sie auch haben, weil das Land Niederösterreich dankenswerterweise sehr viel Geld in die Hand nimmt, um da Infrastruktur zu liefern. Das kann man nur machen, wenn längerfristige Finanzierung gesichert ist. Das ist plausibel. Das haben wir jetzt geschafft.

Das ist jetzt bis 2026 finanziert, und zwar mit einer Summe, die jährlich als Basis­finanzierung etwa 2,5 Prozent der universitären Finanzierung ausmacht, die aber, das ist richtig, bei entsprechender Anstrengung vonseiten des IST Austria noch ein bisschen aufgebessert wird, sodass sich für diese zehn Jahre nahezu 1 Milliarde € an maximaler Finanzierung ergibt.

Wir haben aber auch die Universitäten bedacht. Wir haben auch die ÖAW bedacht, im Gegensatz zu vielen Meldungen. Dort gibt es eine Leistungsvereinbarung, dort gibt es eine maßvolle Steigerung nach sehr starker Steigerung im letzten Dezennium. Wir haben den FWF. Der FWF bekommt heuer 10 Prozent mehr Budget als letztes Jahr. Wir bemühen uns also auf allen Ebenen, die Wissenschaft, die Forschung besser zu dotieren, mit mehr oder weniger Erfolg, aber immer mit Erfolg, und das muss ich mir schon zugutehalten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 158

Am Schluss darf ich mich noch ganz kurz dafür bedanken, dass zum zweiten Punkt, der hier zur Diskussion steht, nämlich der Novelle des Fachhochschul-Studiengeset­zes, sehr schnell und sehr breit Einigung gefunden werden konnte, dass Fachhoch­schulen, die erst kürzlich ihre neuen Leitungen und Stellvertretungen gewählt haben, in den Kollegien nicht schon wieder wählen müssen. Das hätte sehr erhebliche Komp­likationen bedeutet. Auf diese sehr pragmatische Weise konnte das vermieden werden. Dafür bedanke ich mich bei allen, die da zugestimmt haben.

Insgesamt danke ich ganz explizit allen, denen die Steigerung, Verbesserung und Stärkung der österreichischen Wissenschaft und Forschung ein Anliegen ist und die das auch durch ihre Tat zeigen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Schmucken­schlager zu Wort. – Bitte.

 


17.04.27

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Zuge dieser Debatte im Rahmen dieses Artikel-15a-Vertrages zwischen der Republik Österreich und dem Land Niederösterreich wurde hier schon zum Teil als Kritik aufgeworfen, dass diese Finanzierung auf lange Sicht für das IST Austria in Klosterneuburg aufgrund der Machtfülle und der Durchsetzungskraft des Landeshauptmanns von Niederösterreich stattfindet.

Ich kann Ihnen zu dieser Analyse nur gratulieren. Natürlich – und darüber sind wir Niederösterreicher sehr froh –, wir haben einen machterfüllten und durchsetzungs­star­ken Landeshauptmann, das wünsche ich jedem Bundesland in Österreich. Es sind sehr viele Landesmittel aufgewendet worden, um dieses Institut in Niederösterreich zu etablieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber das ist nur die politische Seite. Hier gilt es, Rahmenbedingungen vorzugeben, hier geht es um Standortsicherheit und Planungssicherheit für dieses Institut. Die andere Seite sind die Leistungen des Institute of Science and Technology in Kloster­neuburg, und auch die sind hervorragend, denn sie bilden ja die Basis dafür, dass man die politische Entscheidung treffen kann, hier auch in Zukunft weiterhin zu forschen.

Bis zum Jahre 2016 werden wir 40 bis 50 Forschungsgruppen ausbilden, mit über 500 Wissenschaftlern. Es sind jetzt schon zahlreiche europäische Preise gewonnen worden, sogenannte Grants. Wir haben elf davon gewinnen können. Erst kürzlich wurde durch Jiří Friml eine Goldmedaille, die sogenannte EMBO-Goldmedaille 2012 gewonnen. Hier geht es um eine Auszeichnung im Bereich Molekularbiologie. Auch Christoph Lampert konnte so einen europäischen Forschungspreis gewinnen, der schließlich und endlich mit 1,5 Millionen € dotiert war.

Das heißt, in den vergangenen Jahren konnten wir fast 25 Millionen € an Fördermitteln gewinnen, die zu 90 Prozent außerhalb Österreichs finanziert wurden, und das ist doch wichtig für unseren gesamten Standort hier in Österreich. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Wer ist „wir“?)

Geschätzte Damen und Herren, auf die Zwischenfrage, wer „wir“ sei: Das ist die Bevölkerung in Österreich, das ist der Wissenschaftsstandort – das sollten Sie als Wissenschaftssprecher Ihrer Fraktion auch wissen (Abg. Kopf: Autsch!) –, und das ist letztendlich die Basis – Wissenschaft und Forschung – für unser Wachstum und die Wirtschaftskraft in Österreich.

Wir konnten aber auch durch private Unterstützung, die hier eine weitere Säule ist, schon einige Gelder für dieses Institut lukrieren. Ich möchte hier nur 10 Millionen € der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 159

Invicta Privatstiftung erwähnen, denn es sollte ja auch Privatstiftungen geben, die etwas Positives leisten.

Geschätzte Damen und Herren, ich möchte hier mit den Worten enden: Im Auftrag der Zukunft und im Dienste der Menschen sollten wir in ganz Österreich weiterhin den Weg gehen, Forschung voranzutreiben, hier Gelder zu ermöglichen und positiv in die Zukunft zu schauen. Daher danke ich Ihnen für Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

17.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Ober­hauser. – Bitte.

 


17.07.31

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bun­des­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Zuge der Recherche für diese Rede über das IST Austria habe ich mir einmal die Geschichte angeschaut, wie der Beschluss zu IST Austria gekommen ist, wie die Frage des Standortes gekommen ist, und vor allem, welcher Zeitpunkt es war. Es war in der Zeit der schwarz-orangen Regierung, das heißt unter oranger Regierungsbeteiligung. (Abg. Mag. Karin Hakl: Blau!) – Nein, es war nicht Blau, sondern Orange. (Abg. Zanger – in Richtung ÖVP –: Ihr kennt euch nicht aus!)

In den Pressemeldungen ist damals gestanden, was die SPÖ betrifft: Die SPÖ stimmt zähneknirschend zu. Wir sind damals in der Frage des Beschlusses mitgegangen. Die Grünen waren damals dagegen, aus Gründen, die wir auch heute sehr kontroversiell diskutieren, ich meine die Frage: Sichern wir IST Austria ab im Vergleich mit den Universitäten? (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Die Grünen haben damals gesagt: Wir hätten gerne auch die Frage der Universitäten besser gesichert. Nur, meine Damen und Herren vom BZÖ, wer A sagt, muss auch B sagen. Das ist das, was die Grünen jetzt im Prinzip machen, und zwar aus einem einfachen Grund: Wir haben das IST Austria. Die Erfolgsgeschichte des IST Austria haben wir gehört. Wir haben gesehen, was in der kurzen Zeit möglich war, dort auf die Beine zu stellen. Wir hoffen, dass es in den nächsten Jahren noch deutlich mehr wird, und dafür braucht es Geld und vor allem eine gesicherte Finanzierung. Kein Top-Forscher wird nach Österreich kommen, wenn nicht klar ist, wie die Finanzierungen dort laufen.

In diesem Sinne wird auch die Sozialdemokratie der gesicherten Förderung des IST Austria zustimmen. Und wie gesagt, meine Damen und Herren von den Orangen, wer A sagt, müsste eigentlich auch B sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

17.09


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


17.09.12

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Auch wir stimmen dem IST-Austria-Finanzierungsgesetz, den Plänen für die Zukunft, zu. Aber das Problem ist ja ein ganz anderes. Wir haben heute gesehen, dass wir durch gezielte Förderungen, gezielte Ansiedelungen und auch gezielte Finanzierungsströme natürlich etwas bewirken können. Wir haben dieses Institut in Gugging – beziehungsweise darf man heute nicht mehr „Gugging“ sagen, es ist in Klosterneuburg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 160

Wir haben in Österreich auch ein anderes vorbildliches Institut; und da möchte ich ein bisschen hinter die Kulissen schauen, um zu beleuchten, was eigentlich im Wesent­lichen schiefläuft bei diesen Projektbeurteilungen und Projektbeschaffungen. Das ist das Projekt in Wiener Neustadt, CERN-assoziiert, wir nennen es dort MedAustron.

Was ist das? – Das ist, um es kurz zu sagen, im Wesentlichen nichts anderes als eine wirklich tolle Angelegenheit, eine Weiterentwicklung einer medizinischen Behandlungs­therapie, eine Strahlentherapiemethode, eine Weiterentwicklung eines Linearbeschleu­nigers, der ein wirklicher Quantensprung in der Behandlung der Menschen sein wird.

Wenn man sich nun anschaut, wie dieses Projekt vor Jahren, vielleicht sogar schon vor Jahrzehnten ins Auge gefasst worden ist, welche Hürden den Betreibern, den Entwicklern, den Ideengebern seinerzeit in den Weg gelegt worden sind, dann muss man ja froh sein, dass das heute trotzdem realisiert werden kann.

Was ist geschehen? – Private Geldgeber wollten seinerzeit dieses Projekt finanzieren. Dieses Projekt konnte aber nicht finanziert werden, weil es keine Sicherheiten gegeben hat. Es hat sich keiner gefunden, der da garantiert hätte. So sind wir heute, um es kurz zu machen, in dem Bereich, dass der Bund auf der einen Seite und das Land auf der anderen Seite – dankenswerterweise, sage ich dazu – es finanziert und ermöglicht.

Da sind wir jetzt in dieser Schere: Auf der einen Seite hat die Bevölkerung den Ein­druck, dass für einige wenige ausgesuchte Projekte, wo auch wir dafür sind, zum Wohle der Bevölkerung Millionen, wenn nicht sogar Milliarden, in die Hand genommen werden. Auf der anderen Seite sind die staatlichen Universitäten, der staatliche Bildungsbereich auf einem ganz anderen Finanzierungszug. Da wird – nicht nur nach Meinung der Bevölkerung, sondern das ist ja offensichtlich, und wir sagen das auch – ausgehungert, und Plan- und Konzeptlosigkeit halten hier Einzug.

Aber gehen wir zurück zu diesem Wiener Neustädter Projekt, das eigentlich in der Schweiz, in Genf verwirklicht wird. Dort haben die Forscher das gefunden, was ein Forscher braucht. Ich muss Ihnen das nicht sagen, Herr Minister, ich maße mir das nicht an, Sie kommen ja aus diesem Bereich. Ich möchte nur sagen: Ich habe in meinen Anfängen einmal versucht, wissenschaftlich zu arbeiten. Ich habe also als Hobby­wissenschaftler ein bisschen herumgeforscht und muss sagen, ich habe damit aufgehört, bin nicht mehr weiter gegangen in diesem medizinischen Forschungs­bereich.

Warum habe ich das nicht gemacht? – Weil die Rahmenbedingungen in keinster Weise gestimmt haben. Das hat sich verschlimmert in den öffentlichen Einrichtungen. Das Umfeld stimmt nicht, es stimmt die Kontinuität nicht, es ist keine Planungssicherheit da.

Das haben die Forscher im Ausland gefunden. Sie sind in die Schweiz gegangen, dort entwickeln sie sich. Vor drei Tagen habe ich dort einen Besuch abstatten dürfen, bin von unseren Freunden in diesem Institut ein wenig herumgeführt worden. Ich habe dort eine hochqualitative, ganz tolle Motivationslage der Österreicher, die dort arbeiten, gesehen. Ich habe gesehen, was möglich ist, wenn die Umgebung stimmt, wenn die Finanzierung stimmt.

In Wirklichkeit schaut es so aus: Österreichisches Know-how, das hier ausgebildet wurde, hat sich im Ausland weiterentwickeln können. Es wird dort mit unserem Know-how – zum Glück, sage ich jetzt einmal – in einer Umgebung, die so ist, wie sie sein soll, Hochleistungstechnologie entwickelt; und diese Entwicklung wird dann mit der Eisenbahn nach Österreich transferiert, wird dort aufgebaut. Ich hoffe, ich habe jetzt unrecht, aber ich glaube, dass, wenn es dann implementiert wird, hier die Streiterei losgehen wird; denn das, was dort etabliert werden soll, ist eine hightech-medizinische Versorgung, die von den Krankenkassen bezahlt werden muss.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 161

Gehen wir also weg von dieser Schwarzmalerei. Ich hoffe, ich irre mich. Und um dem Eindruck entgegenzutreten, dass nur der private Hightech-Bereich gefördert wird, haben wir einen Initiativantrag eingebracht, den ich jetzt nicht vorlesen werde. Ich möchte ihn Ihnen nur zur Kenntnis bringen.

Es ist ein Antrag, mit dem wir diesbezüglich eine Verbesserung im öffentlichen Bereich einfordern. Wir wollen, dass die Leistungsvereinbarung, die zwischen der Republik und den Universitäten getroffen wird, nicht von drei Jahren jetzt auf fünf Jahre verlängert wird, und wir fordern, dass die Leistungsvereinbarung zwischen den Universitäten und dem Bund zukünftig auf fünf Jahre abzuschließen ist.

Wir hoffen, dass Sie diesem Antrag zustimmen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

17.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


17.14.46

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Lieber Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es freut mich jetzt, Jahre später, den schon damaligen Wissen­schafts­sprecher der Grünen, Herrn Dr. Kurt Grünewald eines besseren belehrt zu sehen.

Ich kann mich an die heftigen Debatten bei der Gründung des IST Austria erinnern: dass eine derartige Eliteinstitution in Österreich nur zum Schaden und zum Aushun­gern der Universitäten sei, dass diese Elitenförderung unnötig sei, und dass dieses Geld besser ausschließlich in die Budgets der Universitäten fließen solle. Es war damals sehr, sehr heftig, und wir haben gesagt: Diese Institution wird großartige Ergebnisse bringen. – Genau so ist es jetzt!

Ähnlich wird es uns mit vielen anderen Dingen ergehen, wo die Grünen anfänglich dagegen waren, und zwar ganz massiv, und dann doch einschwenken und auch zugeben müssen, dass die damalige ÖVP-geführte Regierung sehr viel Gutes für dieses Land bewirkt hat. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ich habe Verständnis dafür, wenn sich Universitäten mehr Planungssicherheit und mehr Geld wünschen. Wir wissen alle, dass das Geld, das wir verteilen, dem Steuer­zahler erst einmal abzuknöpfen ist. Deswegen wundert mich auch der Widerspruch in der Haltung sowohl der Grünen als auch – leider – des Koalitionspartners.

Beide Parteien betonen immer wieder, dass an unseren Universitäten, was die soziale Zusammensetzung betrifft, sehr viel mehr Kinder aus gut verdienenden Haushalten zu finden seien. Dennoch sind Sie gegen Studienbeiträge – genau für jene, die es sich nämlich leisten können. Man darf da nicht die Augen verschließen: Auch die gibt es, und wahrscheinlich gar nicht so wenige an unseren Universitäten, während man für sozial Bedürftigere genau diese Studienbeiträge problemlos abfangen kann.

Dieses Geld den Universitäten zu entziehen, ist höchst nachlässig und ein riesiger Fehler, der unseren jungen Forschern und Studierenden ausschließlich zum Schaden gereicht. Ich kann es nicht nachvollziehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Insofern habe ich für beide Anträge hinsichtlich der Wiedereinführung von vernünftigen Studienbeiträgen große Sympathien. Ich muss aber sagen, dass das von unserem Bundesminister Töchterle sehr sorgfältig und sozial ausgewogen erarbeitete Konzept das noch bessere ist. Das Noch-Bessere ist oft der Feind des Guten, weshalb wir beiden Anträgen nicht beitreten können. Das Konzept ist schon älter und breit bekannt. Ich hoffe, dass wir es zur Durchsetzung bringen.

Was das IST Austria betrifft, möchte ich noch einmal auf die Unterschiede hinweisen. Das IST Austria ist eben keine Universität, das IST Austria ist ausschließlich eine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 162

Forschungseinrichtung; und ja, es ist nicht durch Lehre „belastet“ – unter Anführungs­zeichen –, das wurde heute ganz oft gesagt. Ich glaube, es ist ein Grundübel an unseren Universitäten, dass das „Lehren-Dürfen“ – die Arbeit mit jungen Menschen – von so vielen Forschern immer mehr als Belastung empfunden wird; und zwar auch dann und auch in Bereichen, wo es nicht übermäßig viele Studierende gibt.

Ich glaube, dass angesichts der immer größeren Mittel, die wir jetzt unseren Uni­versitäten zur Verfügung stellen, auch dieser Sinneswandel eine große Bereicherung wäre und unseren Universitäten sehr gut täte. Unsere durch Gesetz abgesicherten Universitäten brauchen für die Sicherheit und Planungssicherheit keinen Staatsvertrag zwischen Land und Bund, sondern haben eben ein Gesetz. Das ist ein sehr großer Unterschied. Das IST Austria braucht das, um abgesichert zu sein.

Abschließend bedanke ich mich auch beim Land Niederösterreich und erinnere in diesem Haus daran, dass Demokraten zur Kenntnis nehmen müssen, dass Machtfülle uns und in diesem Fall dem Landeshauptmann Pröll vom Wähler geschenkt wird, und dass das nicht etwas ist, das irgendjemand sich selbst einfach nimmt. Deswegen hoffe ich, dass diese Machtfülle unseren ÖVP-Landeshauptleuten zu Recht, weil sie gute Arbeit leisten, auch in Zukunft geschenkt wird. Bei Pröll und Platter gehe ich davon aus. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


17.20.01

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, dass doch große Teile der heutigen Debatte sich auch inhaltlich mit dem Thema Wissenschaft und IST Austria und allem, was damit zusammenhängt, auseinandergesetzt haben und man nicht nur wieder mit der unseligen Bildungssteuer auf unsere jungen Menschen hindrischt. Bei der Oppo­sition sehe ich ja zum Teil noch ein, dass sie solche Anträge bringt und darin ihr Glück sieht, nicht aber, dass der Koalitionspartner es immer noch notwendig hat, diese Dinge zu trommeln, ohne endlich auf die Inhalte einzugehen.

Da gibt es ja wirklich viele positive Dinge zu berichten, und eines davon ist dieser Vertrag, den wir heute beschließen. Denn was in Gugging gemacht wird – das sei voller Stolz unterstrichen –, ist eine Erfolgsgeschichte, soll es auch bleiben und soll auch in dieser Form weiterentwickelt werden. Wir haben ja in einem eigenen Aus­schuss darüber intensiv diskutiert. Wenn man den Bericht der Evaluierungskom­mission, die wirklich höchstrangig besetzt war und die ein hervorragendes Zeugnis ausstellt, liest, erkennt man, dass dieses Institut wirklich auf dem besten Weg ist, exzellent zu werden. Also von daher gibt es sehr vieles, was man hier positiv unter­streichen kann.

Ich möchte zu diesem Beispiel mit dem Teilchenbeschleuniger, das gebracht wurde, auch etwas sagen. Ich habe auch ein bisschen recherchiert: Was kann man noch tun, wo gibt es Umwegrentabilitäten in anderen Bereichen? Dabei bin ich fündig geworden und auf einen Vorarlberger Kleinunternehmer gekommen, Herrn Edgar Tschann, der zum Beispiel seine Firma dadurch retten konnte – er war immer ein Bastler, ein Genie in Wirklichkeit –, dass er zusammen mit CERN auch im Entwicklungsbereich tätig war, dort, ich glaube, an die 11 000 Rohrflanschverbindungen entwickeln konnte und 60 000 Dichtungen geliefert hat und sich allein damit finanzieren konnte. Er ist hier mit eingebunden und kann ganz entscheidend mitgestalten, weil er einfach durch diese exzellente Forschung, die man hier unabhängig von anderen Rahmenbedingungen betreiben kann, Unterstützung gefunden hat und wirklich weltweit – nicht nur im Bereich Patent – sehr, sehr viel tun konnte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 163

Dennoch – wie hat es Hannes Androsch formuliert? –: Eine IST-Austria-Schwalbe macht noch keinen Sommer, und ich meine daher, das darf man nicht aus den Augen verlieren. Ich glaube, wir müssen alles tun, um allen Forschungseinrichtungen Planbarkeit und langfristige Absicherung garantieren zu können. (Beifall des Abg. Mag. Widmann.)

Die Zahlen sprechen für sich. Es sind hier die richtigen Schritte gesetzt worden. Im Rahmen der Konsolidierungsmaßnahmen sind die Bereiche Bildung und Wissenschaft wirklich ausgenommen worden, und man ist auf dem richtigen Weg, einen Finan­zierungspfad zu beschreiten, der den Namen auch verdient.

Ich meine – und möchte das unterstreichen, was kritische Vorredner gesagt haben –, dass die Forschungsstrategie, die ja vom Forschungsrat begleitet wird, immer noch – und davon gehe ich aus – ein Forschungsfinanzierungsgesetz geplant hat und auch versprochen hat, ein solches vorzulegen, damit wir einen Korridor haben für zukünftige Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen, die wir dringend brauchen. Dieser langfristige Budgetpfad ist daher dringend notwendig.

Meine Damen und Herren! Ich habe eigentlich geglaubt, Kollege Van der Bellen kommt etwas früher zu Wort, aber er wird heute am Schluss seine Rede halten. Ich möchte mich vorneweg, ohne mir da irgendetwas anzumaßen, persönlich ganz einfach bei einem Großen in diesem Haus bedanken. Ich freue mich schon auf seine Rede hier! Ich meine das ehrlich, wenn ich von einem Großen in diesem Haus spreche, und ich habe ihn immer, auch schon, bevor ich hier sein konnte, mit großem Respekt begleitet und beachtet.

Ich möchte Herrn Dr. Van der Bellen persönlich zu seiner langjährigen Arbeit hier im Hohen Haus gratulieren. Ich denke, vor mir liegt das letzte wichtige Papier über die Finanzierungslücken der Universitäten, das uns natürlich bei allen Maßnahmen, die wir auch in Zukunft setzen werden, begleiten wird, weil es tatsächlich eine fundierte Grundlage ist.

Ich wünsche Ihnen alles, alles Gute für die neue Tätigkeit und vielen Dank für Ihr Wirken im Parlament! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Rudas. – Bitte.

 


17.24.26

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das IST Austria ist ein Erfolgsprojekt und verdient Planungs­sicherheit, und es jetzt zu politisieren, weil es in Klosterneuburg ist, ist, glaube ich, auch den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gegenüber nicht fair.

Ich möchte aber gleich zu den Anträgen kommen und zur Vorrednerin Hakl. Ich glaube, Sie haben da etwas missverstanden. Es gab Studiengebühren. Es gab einen Antrag auf Studiengebühren, der eingebracht und mit Mehrheit beschlossen wurde in diesem Haus, aber es hat nur eine kleine Anzahl von Leuten diese Studiengebühren gezahlt. Und dass den Universitäten jetzt das Geld fehlt, ist nicht die Schuld der Mehrheit des Hauses, sondern die des Ministers, der die Reparaturarbeit des Gesetzes nicht macht. (Abg. Mag. Karin Hakl: Nein, so ist es nicht!) Deswegen: Bleiben wir bei der Wahrheit!

Ich rufe eher dazu auf, dass sich die konstruktiven Kräfte zusammensetzen und an einer Reparatur arbeiten. Der Antrag der FPÖ kommt unserem Vorschlag schon sehr nahe. Ich möchte jetzt nicht ins Detail gehen, aber ich befürchte auch hier, die 20 Eck­punkte könnten nicht ganz verfassungskonform sein, denn das war ja schon beim ersten Entwurf ein Problem. Trotzdem kommt es unserer Idee nahe. Aber nochmals:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 164

Ich rufe dazu auf, dass wir zum Primat der Politik zurückfinden und nicht Gerichte darüber entscheiden lassen, ob es Studiengebühren gibt oder nicht, sondern schon das Haus und die Politik, denn das ist eine politische Frage.

Deshalb mein Appell auch an den Koalitionspartner, zu dem wir uns bekennen. Wir bringen gerade im Wissenschaftsbereich, im Universitätsbereich gemeinsam sehr viel weiter, aber es gibt eine Frage, da haben wir tatsächlich Dissens, das ist die Frage der Studiengebühren. Ich glaube, da muss es ein Aufeinanderzugehen geben, denn – noch einmal – das ist eine politische Frage und keine Frage, die vor Gericht ent­schieden wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


17.26.32

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich in meinen Ausführungen mit den Fach­hochschulen beschäftigen, da diese, wie ich glaube, in der laufenden Debatte etwas zu kurz gekommen sind. Ich darf erwähnen, dass die Novellierung des Fachhochschul-Studiengesetzes zum größten Teil technischer Natur ist. Es geht darum, dass Erhalter der Fachhochschulen bis spätestens 1. September 2012 entsprechende Kollegien einzurichten oder diese zu erweitern haben.

Kolleginnen und Kollegen! Auch hier geht das Burgenland mit gutem Beispiel voran. Ich möchte erwähnen, dass wir im letzten Wissenschaftsausschuss erst kürzlich die Gelegenheit hatten, über entsprechende Entwicklungen im Fachhochschulbereich zu diskutieren, wie ich meine, positiv zu diskutieren. Grundsätzlich ist diese Entwicklung im Fachhochschulbereich in Österreich eine sehr positive, und auch ich beurteile sie sehr positiv, trotzdem gibt es einige Bereiche, in denen zügig weiterentwickelt werden muss. Stichwort: Förderung des Zugangs für nichttraditionelle Hochschulzugänge.

2010/2011 hatten rund 75 Prozent jener, die im Fachhochschulsektor inskribiert haben, ein Reifezeugnis, das im Wege einer traditionellen österreichischen Schullaufbahn erworben wurde. Noch weiter verbessern sollten wir die Zugangschancen für die übrigen Bereiche, also Studienberechtigung, Lehrabschluss, Lehre mit Matura, berufs­bildende mittlere Schule und Berufsreifeprüfung.

Geschätzte Damen und Herren, zum Schluss noch ein kurzer Ausblick auf das Bur­genland. Die Fachhochschulen im Burgenland haben keine Studiengebühren einge­führt, trotzdem bieten diese Fachhochschulen eine qualitativ hochwertige Ausbildung für die Studentinnen und Studenten, was wesentlich ist für den zukünftigen Berufs­einstieg der dann ehemals Studierenden.

Ich gehe nicht konform mit der Aussage von Frau Kollegin Hakl, indem ich meine, dass ich mich mit dem Gedanken einer generellen Einführung von Studiengebühren absolut nicht anfreunden kann. Das, glaube ich, ist unsozial und nicht verträglich mit einer solidarischen Gesellschaftsordnung in Österreich. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

17.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Buchmayr. – Bitte.

 


17.28.57

Abgeordneter Harry Rudolf Buchmayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Verehrte Damen und Herren! Die Idee eines Spitzen­forschungsinstitutes, ich glaube, vor ungefähr zehn Jahren – ich habe das in den Medien damals mitverfolgt – ausgesprochen oder initiiert durch Anton Zeilinger, fand


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 165

zeitlich relativ rasch eine Umsetzung, und zwar sehr erfolgreich, wie man liest und hört. Das findet heute hoffentlich auch seine Fortsetzung durch eine langfristige finanzielle Absicherung. Gerade die erwähnte Planbarkeit bis zum Jahr 2026 wurde heute sehr oft angesprochen, aber argumentiert wurde das IST Austria grundsätzlich mit einer Notwendigkeit der Spitzenforschung. Und daran hat sich ja nichts geändert.

Notwendigkeiten gibt es in Österreich noch sehr viele. Ich möchte kurz an einen Tag erinnern, an den 5. Juli 1962. Damals, also heute vor 50 Jahren, wurde hier im Parla­ment die Hochschule Linz beschlossen, die jetzige Johannes Kepler Universität, und ich würde mir wünschen, dass die medizinische Fakultät für Linz eine ebenso schnelle Umsetzung erfährt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.29


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


17.30.26

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Ich habe schon im Wissenschaftsausschuss ausführlich Stellung ge­nommen zur IST-Austria-Finanzierung. Ja, Frau Kollegin Hakl, es stimmt schon, wir waren seinerzeit dagegen und finden jetzt, da hat etwas Erstaunliches stattgefunden. Das ist ein hervorragendes Institut geworden, das jede Planungssicherheit und ausreichende Finanzierung auch für diesen langen Planungszeitraum verdient.

Natürlich kann man jetzt rechten, fordern und beklagen, dass andere Institutionen diese lange Planungssicherheit nicht haben. Natürlich wird niemand die Universität Innsbruck, Salzburg, was auch immer, von heute auf morgen zugrunde richten, auch diese Bundesregierung nicht – da sind wir uns doch einig –, aber dass die eine derart langfristige Finanzierung mit dieser Sicherheit nicht haben, das wurde schon vielfach mit Recht kritisiert.

Ich würde auf einen Punkt noch besonders hinweisen. Viel der Kritik an der IST-Austria-Finanzierung seitens der Professoren von Universitäten oder von der Aka­demie der Wissenschaften könnte abgefangen werden, wenn man sozusagen im kompetitiven Arm der Forschungsförderung, nämlich jener über den FWF, die Mittel deutlich erhöhte, denn es hat ja keinen Sinn, die Universitäten zunehmend auf die kompetitive Forschungsförderung zu verweisen, wenn die Mittel des FWF nicht entsprechend steigen. Das hat überhaupt keinen Sinn. (Beifall bei den Grünen.)

Wie Kollege Elmar Mayer schon erwähnt hat, ich nehme Abschied als Abgeordneter zum Nationalrat. Lieber Herr Kollege, vielen Dank für Ihre freundlichen Worte.

Bei der Vorbereitung auf diese Minuten habe ich schon gemerkt, wie ungern ich das mache: letzte Rede! Ich gehe ungern, das ist gar keine Frage, ich nehme ungern Abschied, es fällt mir schwer, auch wenn ich mir hundertmal sage, das Wiener Rathaus ist ein so interessanter Mikrokosmos (Heiterkeit), dass es mir dort sicher nicht lang­weilig sein wird, sondern dass das ganz im Gegenteil eine interessante Sache sein wird – noch dazu in einer Regierungsfraktion. Das ist ja etwas, was ich bis jetzt nie erleben durfte. Trotzdem: Es ist sinnlos, das zu leugnen, dass man mit Wehmut geht.

Bis vorhin habe ich versucht, mich zu erinnern: Bin ich, als ich eingezogen bin, eher da oder eher da (der Redner weist nach links und rechts) gesessen? – Ich bin jedenfalls hinten gesessen im Herbst 1994, als ich das erste Mal in den Nationalrat gekommen bin. Das Leben eines Hinterbänklers ist nicht schlecht, muss ich sagen. Im Lauf der Jahre bin ich dann nach vorne gerückt, bis in die erste Reihe, aber hinten ist es in gewisser Weise angenehmer, fand ich. (Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 166

Dort hinten ist man nicht so im Blickfeld, die Akustik ist dort mindestens so gut wie hier vorne, und man hat eine bessere Übersicht. – Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich fand das da hinten ganz nett.

Ich kann mich auch erinnern an meine erste Rede damals; es muss zum Budget 1995 gewesen sein. Ich war sehr nervös, und es war auch keine besonders gute Rede. Ich weiß noch, wie der Abgeordnete Ewald Nowotny – er war damals Finanzsprecher der SPÖ – hinausgegangen ist und seine Rede damit begonnen hat: Also wenn ich den Kollegen Van der Bellen richtig verstanden habe ... Und ich habe mir gedacht: Oje, wenn das schon so losgeht, muss ich mich sehr unklar ausgedrückt haben. – Vielleicht wusste ich selbst nicht wirklich, was meine Botschaft in dieser Rede war.

Die kommenden Jahre waren weitgehend damit zu verbringen, schlicht das Handwerk zu erlernen. So ein Universitätsprofessor ist ja nicht a priori geeignet, dieses politische Handwerk zu beherrschen – in verschiedener Hinsicht. Ich finde, das ist wirklich ein Handwerk, wo man buchstäblich zwei, drei, vier Jahre braucht, wenn man nicht ein ausgesprochenes Naturtalent ist. Ich war sicher kein ausgesprochenes Naturtalent. An der Uni lernt man alles Mögliche, etwa Analysefähigkeit, hoffe ich. Wir sind gewohnt, alles zu überdenken, neu zu prüfen, ob nicht irgendwo ein Fehler sein könnte und so weiter.

Als Andreas Khol zum Beispiel diese Aussage getätigt hat – „Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit“ –, habe ich gedacht: Ich weiß nicht, worüber sich alle so echauffieren, in der Forschungspolitik ist das Grundsatz. Selbstverständlich ist die Wahrheit eine Tochter der Zeit. Was für Aristoteles gegolten hat, gilt für Galilei nicht mehr, und das Higgs-Teilchen, was immer das sein mag, ist wieder eine neue Entwicklung.

Also Analysefähigkeit lernt man, aber das, was mir in der Politik in den ersten Jahren besonders schwer fiel, war, dauernd eine Meinung zu haben. Und je weiter man aufsteigt in der politischen Hierarchie, bis zum Parteichef, immer musst du sofort eine Meinung haben, wo du doch lieber einmal nach Hause gehen würdest und nachdenken und am nächsten Tag sagen: Ich könnte mir vorstellen, dass ... – Aber das ist ganz unerwünscht. In der Sekunde sollst du irgendeine, womöglich dann auch noch eine Woche haltende Meinung haben, unter einem Zeitdruck, den man nicht gewöhnt ist.

Das sehe ich jetzt, wenn ich als Politiker komme und sage, lieber Herr Kollege, könnten Sie mir ein Gutachten machen über XY! – Und er sagt, ja, gerne, sagen wir, im Oktober liefere ich!, und ich antworte: Wir brauchen es nächste Woche! – Das sind also völlig andere Welten.

Was mir auch neu war, das war der Umgang mit Medien. Erste „ZiB 2“. Ich habe vergessen, worum es ging, aber was ich nicht vergessen habe, ist, ich war dort und durfte mir nachher von meinem Coach anhören: Warum haben Sie die Frage des Moderators nicht beantwortet? – Ich sage: Was? Ich? Ich eine Frage nicht beant­wortet? – Ja, schauen wir es uns noch einmal an. – Tatsächlich. Beim Analysieren dieser Situation ist mir dann aufgefallen oder konnte ich mir erklären, was passiert ist. Ich war so gedrillt – und ich würde fast vermuten, 170 andere Abgeordnete hier im Haus sind genauso gedrillt –: Du hast die Chance, einmal ins Fernsehen zu kommen. Pass auf! „ZiB 2“, effektive Redezeit vielleicht vier, fünf Minuten, wir haben folgende fünf Botschaften.

Und du fährst auf den Küniglberg, sitzt im Taxi und denkst dir: Erste, zweite, dritte Botschaft, was zum Teufel war die vierte und fünfte Botschaft? (Allgemeine Heiterkeit und Beifall.)

Dann sitzt du dort, du kannst dir nicht einen Zettel hinlegen so wie hier, du musst das ja irgendwie auswendig beherrschen. Und ich habe die Frage nicht mitbekommen, ich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 167

habe nur mitbekommen: Jetzt bin ich dran, jetzt muss ich die Botschaften herunter­spulen. (Heiterkeit.)

Das habe ich mir im Lauf der Zeit abgewöhnt. Ich finde, so etwas hat gar keinen Sinn. Diesen Teil des Drills, des üblichen Politiker-Drills, den finde ich ganz falsch. Ich habe dann versucht, auf Fragen einzugehen – und wenn ich die Antwort nicht weiß, dann weiß ich sie halt nicht – und die Botschaften nur insoweit rüberzubringen, als sie sich aus der Situation ergeben.

Die Philosophie dahinter: Das Publikum der Journalisten ist eine Sache, die Kolle­ginnen und Kollegen der eigenen Fraktion, das ist auch ein wichtiges Zielpublikum, aber nicht das einzige; ein wichtiges Zielpublikum ist auch der Mensch, die Frau, der Herr, der Mann zu Hause im Wohnzimmer vor dem Fernseher, der dich jederzeit hinaus­kippen kann. Warum soll er/sie zulassen, dass ein fremder Mensch im Wohn­zimmer ist? Die haben vielleicht ganz andere Interessen, die identifizieren sich vielleicht mit dem Moderator und sagen: Also bitte, der beantwortet ja die Frage nicht!

Wenn das sozusagen das Phänomen ist, dann übt jeder hier im Haus, der die alte Linie verfolgt und sagt: Botschaft ist Botschaft – und die Frage interessiert mich nicht!, im ökonomischen Sinn tatsächlich negative externe Effekte auf den Rest von uns aus, weil das unser Image schädigt. – Das wollte ich Ihnen noch mitgeben.

Von den Gesprächssituationen mit Journalisten im Radio, im Fernsehen oder in den Printmedien fand ich: Die Printmedien sind überhaupt das Beste, denn da kann man im Nachhinein etwas korrigieren. Im Ernst. Fernsehen live: tödlich! Radio: fast so tödlich! Print: super!, denn da kann ich sagen, das habe ich noch vergessen, vielleicht können wir darüber noch reden.

Was ich aber noch sagen wollte, ist: Die Situation im Wahlkampf mit dem politischen Konkurrenten ist noch einmal etwas ganz anderes. Ich habe mich oft gefragt, ob wir die Spielregeln, sozusagen die Kontextdefinition, nicht zu sehr den Medien und den Journalisten überlassen. (Allgemeiner Beifall.)

Wenn ich da zu zweit sitze, sagen wir mit Herrn Graf, oder egal mit wem, mit dem politischen Konkurrenten, dem anderen Spitzenkandidaten/der anderen Spitzenkandi­datin: Was erwarten die Journalisten? – Das sind zwei Gladiatoren, mindestens einer muss tot liegen bleiben, aber am besten beide! (Heiterkeit.)

Das ist doch die Erwartungshaltung. Diese muss aber nicht identisch sein mit der Erwartungshaltung des Wählers/der Wählerin zu Hause. Die sind aber viel wichtiger für uns, oder? – Denke ich eben manchmal. (Allgemeiner Beifall.)

Da mich Journalisten jetzt ununterbrochen danach fragen: Was waren denn Highlights Ihrer Tätigkeit? – Da bin ich irgendwie ratlos. Highlights, nämlich parlamentarische Highlights? Also nicht unerwartete Ergebnisse am Grünen-Bundeskongress, wo ich dann wutschnaubend hinausgehe? – Das waren schon auch Highlights, aber vielleicht keine, die hier gemeint sind. (Heiterkeit.)

Diese letzten ESM-Verhandlungen: Das war in gewisser Hinsicht ein Highlight! Einmal zu erfahren, dass vier Fraktionen verhandeln. Ich habe ja schon mehrfach gesagt, dass das Finanzministerium die „vierte Fraktion“ war. Die war nicht identisch mit der ÖVP! Überhaupt nicht, würde ich sagen. (Heiterkeit.) Also das zu sehen, war interessant.

Die Zusammenarbeit mit der Parlamentsdirektion war fundamental. Da haben sich legistisch für uns alle, glaube ich, völlig unerwartet Schwierigkeiten aufgetan. Wir haben gedacht, es genügt, das deutsche Modell anzuschauen; das schreiben wir mehr oder weniger ab. Das war überhaupt nicht der Fall! Die österreichische Ästhetik der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 168

Legistik ist eine ganz andere. – Also dafür mein Dank, was alles geht, wenn man dahinter ist und die Überstunden in Kauf nimmt.

Aber was in diesem Zusammenhang auch interessant war, ist: Ich glaube, noch vor einem Jahr wäre das nicht gegangen, nämlich dass wir diese Mitwirkungsrechte des Parlaments an der Vollziehung durchgesetzt hätten, in dem Fall an der Vollziehung des Finanzministeriums! Noch vor einem Jahr wäre dieses Leidensbewusstsein nicht vorhanden gewesen, diese ständigen intergouvernementalen Methoden auf der EU-Ebene und so weiter. Vielleicht ist seit einem Jahr – das wäre das Entscheidende, aber das ist nur eine Hypothese, die Sie dann belegen oder widerlegen müssen –, ist in diesen zwölf Monaten – das ist jetzt ein willkürlicher Zeitraum – das Selbstbewusstsein der Parlamentarier entsprechend gestiegen.

Ich glaube, vor einem Jahr noch hätte man gesagt: Ja, das soll das Finanzministerium machen, und basta. – Jetzt nicht mehr! Dieses Selbstbewusstsein des Parlaments wünsche ich mir in anderen Dingen auch. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Beim Suchen von Highlights fallen einem dann Sachen ein, die man eigentlich schon vergessen hatte, die aber, für sich genommen, alle interessant und teilweise auch amüsant waren, so zum Beispiel die Verhandlungen über das bundeseinheitliche Tier­schutzgesetz. Molterer war Klubobmann, wenn ich mich nicht irre; oder war er Minister? – Das könnte ich jetzt nicht mit Sicherheit sagen. Jedenfalls hat er sinn­gemäß zu mir gesagt:

Wir wollen natürlich in der Sache ein tolles Gesetz, klar, aber außerdem ist es Aufgabe der ÖVP, die Bauern bei der Stange zu halten, und Aufgabe der Grünen, die NGOs bei der Stange zu halten. – Das ist gelungen! Fragen Sie mich im Nachhinein nicht, wie, aber es ist gelungen.

Dann fallen einem auch Sachen ein, die völlig unwichtig sind, die aber irgendwie amüsant waren. Die wenigsten werden sich daran erinnern, dass ich in der Nach­kriegsgeschichte wahrscheinlich der einzige Abgeordnete bin, der das Instrument der tatsächlichen Berichtigung gegen sich selbst angewandt hat. (Heiterkeit.)

Das war spätabends, das weiß ich noch. Ganz kurz die Vorgeschichte: Ich habe in einer Rede das literarische Zitat: Spät kömmt Ihr – Doch Ihr kömmt!, an die Sozial­demokraten gewandt, gesagt und habe es Shakespeare zugeschrieben. Nachher bin ich wieder da gesessen; einer nach dem anderen von den Kollegen aus verschie­densten Fraktionen kommt und sagt: Na, Shakespeare, nein! – Unterschiedlichste Vermutungen, von wo das ist! (Heiterkeit.) Bis Andreas Khol kam – und irgendwie, fragen Sie mich nicht, warum, habe ich von Andreas Khol geglaubt: Er weiß das! Andreas Khol hat gesagt: Nein, nein, nicht Shakespeare; Schiller, „Wallenstein“!

Dann habe ich gegrübelt: Was mache ich jetzt? (Heiterkeit.) – Heinz Fischer führte den Vorsitz. Ich bin dann zu ihm hinauf gegangen und habe gesagt: Herr Präsident, ich möchte eine tatsächliche Berichtigung machen, aber in eigener Sache. (Heiterkeit.) Schauen Sie in der Geschäftsordnung nach, Herr Präsident, da steht nicht, dass das verboten ist. (Heiterkeit.) Und typisch Heinz Fischer: Er hat es zugelassen, aber ohne Präjudiz! (Allgemeine Heiterkeit und Beifall.)

Das muss man dann natürlich zelebrieren. Ich ging also zum Rednerpult und sagte: „Der Abgeordnete Van der Bellen hat in seiner Wortmeldung fälschlich behauptet, daß das Zitat ‚Spät kömmt er, aber er kömmt!‘ von Shakespeare sei ...“ – und so weiter. – Und: Wahr ist vielmehr, ich berichtige tatsächlich ...! – Das war sehr lustig; spät am Abend.

Also, ich gehe jetzt mit Wehmut.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 169

Meine Redezeit ist ohnehin erschöpft – und ich bin auch erschöpft.

Ich habe immer wieder etwas Neues erfahren, und das macht die Sache irgendwie spannend. Gestern zum Beispiel – ich werde das nachlesen; man ist ja oft beeindruckt von einer Rede, und wenn man sie nachliest, ist man weniger beeindruckt –, was Kollege Matznetter im Zusammenhang mit dem Fiskalpakt gesagt hat. Ich bin da drinnen gesessen und habe mir gedacht: Herrgott, er hat mich fast überzeugt! Das war interessant! (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ. – Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich werde jetzt nicht alle aufzählen – bevor wir auch noch sentimental werden!

Es ist üblich, solche Reden mit Dank zu beschließen; das mache ich jetzt. Stellver­tretend für alle anderen möchte ich nur eine Person herausheben: Das ist meine langjährige Assistentin Gertraud Teppan! (Allgemeiner Beifall.) Sie hat mich – ich weiß nicht über wie viele Jahre – begleitet, ich würde sogar sagen: geführt (Heiterkeit), jedenfalls teilweise.

Natürlich danke ich dem Grünen Klub, also allen meinen Freundinnen und Freunden, die mir dieses interessante Leben ermöglicht haben. Hoffentlich habe ich auch ein bisschen etwas zurückgegeben.

Die Parlamentsdirektion habe ich schon erwähnt. Die personelle Infrastruktur im Haus ist hervorragend. Aber wir wissen: Wenn wir es mit dem Deutschen Bundestag vergleichen, sind wir Kirchenmäuse!

Ich hoffe, dass Sie meinem Nachfolger, nämlich Bruno Rossmann, auch dieses Wohl­wollen entgegenbringen, das ich hier von Ihnen spüre. Er ist ein langjähriger Wegbegleiter – „Genosse“ kann man jetzt schlecht sagen (Heiterkeit), ja, okay – von mir; er ist auch ein guter Ökonom. Insofern also hinterlasse ich keine Lücke.

Wenn ich abschließend einen Wunsch aussprechen darf – meinen letzten Wunsch als Parlamentarier –: Dieses Haus gehört renoviert! (Heiterkeit und Beifall bei Grünen, SPÖ, ÖVP und BZÖ.) Als ich vor 18 Jahren eingezogen bin, waren die Sessel genauso abgewohnt. Das ist ergonomisch eine Katastrophe! Ich habe meistens Glück gehabt: Auf meinen Sesseln müssen vor mir immer leichte Damen gesessen sein (Heiterkeit); meine Sessel waren relativ wenig durchgesessen. Aber ich kenne andere, wo das arg ist, wirklich arg.

Also: Dieses Haus gehört renoviert! Lassen Sie sich nicht beeinflussen von irgend­welchen gegenteiligen Meinungen! Demokratie ist uns etwas wert, und ein Haus gehört auch dazu. Ich erhoffe Härte von Ihnen, Frau Präsidentin, Härte in dieser Beziehung! – Danke schön. (Allgemeiner, stehend dargebrachter Beifall. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek überreicht dem das Rednerpult verlassenden Abg. Dr. Van der Bellen einen Blumenstrauß. – Präsidentin Mag. Prammer begibt sich zu Abg. Dr. Van der Bellen und schüttelt diesem die Hand; anschließend tun dies auch die Klubobleute Dr. Cap und Strache.)

17.49


Präsident Fritz Neugebauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, sehr geehrter Herr Professor! Ich darf nur alle Kolleginnen und Kollegen einladen, wenn sie mehr über Dr. Alexander Van der Bellen wissen wollen und es in den letzten 18 Jahren, den Jahren seiner Zugehörigkeit zum Hohen Haus, nicht gelungen ist, ihn vollständig auszuloten: Er wird erst im September im Rot-, im „Rothaus“ hätte ich fast gesagt (Heiterkeit), im Rathaus ... (Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

Herr Professor Van der Bellen wird im Rathaus angelobt, und zwar im Wiener Rathaus, das ja nur einen Steinwurf weit weg von hier ist. Ich empfehle Ihnen auch, wenn Sie eine sehr spannende Lebensgeschichte – auch seiner Vorfahren, die, so wie Sie,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 170

immer auf der Flucht gewesen sind – kennenlernen wollen, Wikipedia. Ich empfehle Ihnen, wenn Sie die politische Karriere in allen Einzelheiten kennenlernen wollen, ebenso Wikipedia.

Ich zitiere daraus zum Schluss nur „Privates“, da heißt es:

„Van der Bellen ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Seine engsten Freunde und Parteikollegen nennen ihn ‚Sascha‘. In der Freizeit liest van der Bellen Kriminalromane und Donald-Duck-Hefte. Er ist starker Raucher 

In dieser Frage ist Wikipedia renovierungsbedürftig! (Heiterkeit.)

Herr Professor, ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute, Gesundheit und viel Freude! (Allgemeiner Beifall.)

*****

17.51.10

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zunächst erfolgt die Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Wissen­schaftsausschusses, dem Abschluss der Vereinbarung gemäß Art. 15a Bundes-Verfassungsgesetz zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Änderung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Nieder­österreich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Science and Technology Austria samt Anhang, 1783 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung von Studiengebühren und eines treffsicheren Stipendiensystems.

Wer diesen Entschließungsantrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1876 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung zustimmen, dann bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studiengebühren – Klarheit für die Studierenden und Universitäten.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Wir gehen daher so vor.

Da wir gestern ausreichend geübt haben, wie namentliche Abstimmungen vorzu­nehmen sind, gehe ich davon aus, dass alle in Kenntnis der Vorgangsweise sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 171

Ich bitte nun die Schriftführer, zunächst Herrn Abgeordneter Zanger und dann Frau Kollegin Franz, den Namensaufruf durchzuführen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Franz werfen die Abge­ordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführerinnen und Schriftführer die Stimmenauszählung vornehmen. Zu diesem Zweck werde ich die Sitzung kurz unterbrechen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.58 Uhr unterbrochen und um 18.03 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 166; davon „Ja“-Stimmen: 33, „Nein“-Stimmen: 133.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufge­nom­men.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein;

Deimek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Gradauer, Graf;

Hackl Heinz-Peter, Haider, Herbert Werner, Höbart Christian, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kitzmüller, Kunasek;

Lausch, Linder;

Mayerhofer, Mühlberghuber;

Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 172

Stefan, Strache;

Tadler Erich, Themessl;

Unterreiner;

Venier, Vock;

Winter;

Zanger.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz Dieter, Brunner Christiane, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Dolinschek, Donabauer Karl, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Glawischnig-Piesczek, Grüne­wald;

Haberzettl, Hagen, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Haubner Ursula, Hechtl, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg, Huber Gerhard;

Ikrath;

Jarmer, Jarolim;

Kaipel, Katzian, Kaufmann-Bruckberger, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, List, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela, Lugar Robert;

Maier Johann, Marek, Markowitz, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Moser, Muchitsch, Musiol, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer, Öllinger;

Pendl, Pirklhuber, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schatz, Scheibner, Schenk, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Silhavy, Singer, Spadiut, Spindelberger, Stauber Peter, Steindl Konrad, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 173

Tamandl;

Van der Bellen;

Walser, Weninger, Widmann Rainer, Windbüchler-Souschill, Windholz, Windisch, Wöginger, Wurm;

Zinggl.

*****

18.03.30 14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungs­vor­lage (1801 d.B.): Bundesgesetz über die Haltung von Mindestvorräten an Erdöl und Erdölprodukten (Erdölbevorratungsgesetz 2012 – EBG 2012) (1873 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen damit in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


18.03.53

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Bevor ich auf die Mindestvorräte von Erdöl und Erdölprodukten zu sprechen komme, möchte ich noch im Namen unserer Fraktion Herrn Professor Van der Bellen alles Gute für seine Zukunft wünschen und tiefen Respekt für seine Arbeit hier im Hohen Haus zollen. Danke vielmals und alles Gute! Ich wünsche mir manchmal, alle Grünen wären so wie Sie, aber das ist eben nur ein Wunsch. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt komme ich zum Thema Erdölbevorratungsgesetz. Die große Überschrift über diesem Erdölbevorratungsgesetz heißt Versorgungssicherheit, meine Damen und Herren. Die Erdölbevorratung war und ist eine wichtige Maßnahme zur Erfüllung aktu­eller Vorsorgekriterien. Nahezu alle Notstromaggregate in Österreich, sei es in den Spitälern, sei es in den Lebensmittelverteilungszentren, in den Regierungsstellen oder natürlich auch in den militärischen Einrichtungen, werden mit Diesel, also mit einem Erdölprodukt betrieben. Daher ist es Aufgabe der Politik, für den Notfall vorzusorgen, um als Staat in Krisensituationen, vor allem bei Stromausfällen, handlungsfähig zu bleiben. Spätestens seit der ersten Erdölkrise ist klar, dass die Versorgungssicherheit in Bezug auf Erdölprodukte nur eingeschränkt besteht. Durch den zunehmenden Rückgang an Erdölreserven und den weltweit wachsenden Verbrauch von Erdöl­erzeugnissen erhöht sich das Risiko, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Ver­sorgungsproblemen.

Zur Sicherstellung der Versorgung haben daher die meisten Staaten strategische Ölreserven angelegt, die die Abhängigkeit von Ölimporten reduzieren, die Krisen­festigkeit erhöhen und Schwankungen der Versorgung ausgleichen sollen. Als strate­gische Erdölreserven bezeichnet man die strategische Bevorratung mit Erdöl, Benzin, Heizöl und Erdölzwischenprodukten. Nach dem ersten Erdölschock in den Jahren 1973 und 1974 wurde auf Grundlage des Internationalen Energieprogramms die Erdöllager­gesellschaft gegründet. Dabei handelt es sich um die Österreichische Bevorratungs­gesellschaft für Erdöl und Erdölprodukte, die unsere strategischen Ölreserven sichert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 174

Das Internationale Energieprogramm verpflichtet die Mitgliedstaaten zu einer Energie­versorgung, zu einer Krisenvorsorge für 90 Tage. Darauf basiert über unser inlän­disches Energiebevorratungsgesetz die Sicherung der österreichischen Energiever­sorgung. Neben der Verpflichtung durch das Internationale Energieprogramm ist Österreich auch durch den Beitritt zur Europäischen Union verpflichtet, Mindestvorräte in einer Menge zu halten, die dem durchschnittlichen Bedarf von 90 Tagen des vorangegangenen Kalenderjahres entspricht. Im Jahr 2011 hatte Österreich eine Ölreserve von 2,9 Millionen Tonnen, mit der die Versorgung unseres Landes in Krisensituationen für 90 Tage sichergestellt wurde.

Gelagert werden unsere Notfallreserven einerseits in Speichern der OMV und andererseits der RAG, die mit der Suche und Förderung von Erdöl und Erdgas seit mehr als 75 Jahren einen nachhaltigen Beitrag zur Energieversorgung in Österreich leisten.

Meine Damen und Herren! Die Bevorratung mit Erdöl folgt aus einem verantwor­tungsbewussten Vorausdenken. Es ist daher unsere Pflicht, diese Krisenvorsorge bewusst vorzunehmen und wieder ausreichend Öl für Notfälle vorrätig zu halten, damit die Versorgung Österreichs im Katastrophenfall auch in Zukunft für 90 Tage aufrechterhalten werden kann. Dieses Gesetz gewährleistet diese Versorgungssicher­heit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


18.07.53

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Bei den derzeit mehr als heißen Temperaturen will man ja gar nicht glauben, dass irgendwann wieder einmal auch wieder die Kälte einzieht und ein Winter kommen kann, ein ähnlicher wie im heurigen Februar, der als Rekordwinter bezeichnet wurde, in dem auch der Heizbedarf außergewöhnlich hoch gewesen ist. Dann sind auch noch die Gaslieferungen aus Russland zurückgegangen, und schon gab es die Befürchtung, eine ähnliche Gaskrise wie 2006 oder 2009 zu erleben. Trotzdem ist es aber so gewesen, dass anders als in anderen europäischen Ländern die großen Probleme ausgeblieben sind. In Österreich haben wir von dieser Ent­wicklung in Wahrheit gar nichts gemerkt.

Wir haben auch deswegen nichts gemerkt, weil wir rechtzeitig vorgesorgt und im Gasbereich die entsprechenden Strukturen geschaffen haben, um Lieferengpässe oder auch -ausfälle für einen bestimmten Zeitraum zu verkraften. Bei der Verfügbarkeit von Gasreserven in inländischen Speichern liegen wir im europäischen Spitzenfeld und können so die Versorgungssicherheit vor allem für die Haushaltskundinnen und -kunden entsprechend sicherstellen.

Natürlich verbrauchen wir nicht nur Erdgas in Österreich. Wir verbrauchen auch Erdöl, und zwar neben dem Verkehr auch für Raumwärme und industrielle Anwendungen. Wir sprechen daher von Maßnahmen für die Versorgungssicherheit. Auf dem Gebiet haben wir, wie schon mein Vorredner ausgeführt hat, seit dem Ölpreisschock der siebziger Jahre entsprechende Vorkehrungen getroffen. Das damalige Erdöl-Bevor­ratungs- und Meldegesetz in seiner Urversion mit all den Novellen, die es zwischen­zeitlich gegeben hat, stammt aus dem Jahr 1976. Angestoßen durch die Erdöl­bevorratungsrichtlinie der EU machen wir jetzt ein neues Gesetz und integrieren all diese Schritte. Trotzdem sind nur geringfügige Anpassungen notwendig, weil wir eigentlich ein sehr gutes Gesetz haben und die meisten Anforderungen schon erfüllt sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 175

Worum geht es? – Im Kern geht es darum, dass Importeure von Erdöl, Erdölprodukten und Biokraftstoffen verpflichtet werden, Notstandsreserven zu bilden, die garantieren, dass zumindest der durchschnittliche Inlandsverbrauch von 61 Tagen gedeckt werden kann. Das ist ein Beitrag zur Versorgungssicherheit, und wir stellen damit sicher, dass Erdöl eben auch dann entsprechend zur Verfügung steht, wenn ein Krisenfall eintreten sollte.

Das brauchen wir nicht nur beim Erdöl, das brauchen wir auch in anderen Bereichen. Seit gestern gibt es im Haus die Novelle des Energielenkungsgesetzes, eine Materie, die uns in der nächsten Zeit beschäftigen wird, und last but not least hat der Minister das Energieeffizienzgesetz im Wirtschaftsausschuss angekündigt, ein großes Vor­haben. Da liegt sehr viel ungenutztes Potenzial, und es geht darum, diese Potenziale gemeinsam zu heben. – Besten Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


18.11.16

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte jetzt alles wiederholen, was die Kollegen Haubner und Katzian gesagt haben, aber ich will Ihre Zeit nicht strapazieren. Österreich ist ja wirklich ein Vorzeigeland, was die Bevorratung angeht. Wie Kollege Katzian richtigerweise erwähnt hat, haben wir das bei diesem Gaslieferstopp gemerkt, der uns wie auch viele andere Länder getroffen hat, nur haben wir ihn nicht gemerkt. Es ist eine Grundaufgabe des Staates, solche Bevorratungen durchzuführen und damit auch die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Wir werden dem Ganzen selbstverständlich unsere Zustimmung geben.

Ich hätte nur eine Bitte an Sie, Herr Bundesminister: Ich hoffe nicht, dass Sie diese Beschlussfassung heute dazu nutzen, die Bevorratungsabgabe zu erhöhen und damit unnötig den Benzinpreis ein weiteres Mal anzuheben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


18.12.20

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Energie­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Es ist von meinen Vorrednern schon erwähnt worden, es geht in diesem Gesetz darum, strategische Ölreserven zu bilden. 1973 haben die OECD-Staaten damit begonnen. Österreich hat seit 1976 ein entsprechendes Gesetz.

Ich möchte betonen, dass es darum geht, Reserven für potenzielle kurzfristige Versor­gungs­engpässe zu bilden, und ich betone dabei: kurzfristig. Unser aller politisches Ziel muss es jedoch sein, raus aus fossilen Energieträgern zu kommen und die Energiewende voranzutreiben.

Mein Appell in diesem Zusammenhang ist, endlich auf allen Ebenen und mit allen Maßnahmen, die uns zur Verfügung stehen, in Richtung Energiewende zu gehen. Wir wissen seit Jahrzehnten, dass fossile Energieträger zu Ende gehen werden. Wir wissen fast genauso lange, dass wir den Klimawandel haben. Der Klimawandel ist im vollen Gange. Wir wissen, dass Österreich Klimaschutz-Schlusslicht ist und wir jetzt mehr CO2 ausstoßen als noch in den neunziger Jahren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 176

Das heißt, wir können uns nicht nur die Abhängigkeit von den immer teurer und knap­per werdenden fossilen Rohstoffen nicht leisten, sondern wir können es uns auch nicht leisten, sowohl finanziell nicht als auch aus Umweltschutzsicht nicht, diese Rohstoffe zu verbrennen.

Deswegen: Konsequente Energiewende in allen Bereichen! Wir konnten im letzten Jahr gemeinsam das Ökostromgesetz beschließen, das jetzt auch in Kraft getreten ist. Ich hoffe, dass Sie auch eine entsprechende Verordnung erlassen werden, damit die Tarife auch tatsächlich so sein werden, dass die Mittel, die wir gemäß Ökostromgesetz zur Verfügung stellen, auch tatsächlich ausgeschöpft werden und wir endlich den Stopp, den es in den letzten Jahren gegeben hat, durchbrechen können und wieder ein Boom beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Österreich festzustellen ist.

Das Energieeffizienzgesetz ist auch schon angesprochen worden. Es erfordert auch eine Zweidrittelmehrheit. Wir bieten gerne wieder unsere Zusammenarbeit an, weil Energieeffizienz und auch Energiesparen die Schlüssel dazu sind, die Energiewende auch wirklich umsetzen zu können. Wir wissen, dass wir dazu bis 2050 unseren Ener­giebedarf halbieren müssen. Wir haben Vorschläge dazu, wie wir mit diesem Energie­effizienzgesetz dazu den ersten Schritt setzen können, und ich bin sehr gespannt auf die Verhandlungen, die wir dazu führen werden.

Es gibt in diesem Haus aber auch immer wieder kontraproduktive Maßnahmen. Wir dürfen also nicht nur Maßnahmen für die Energiewende setzen, sondern wir müssen auch aufpassen, dass wir diese in anderen Bereichen nicht wieder konterkarieren. Es gibt immer noch umweltschädliche Subventionen in Österreich, wir haben unser Steuersystem immer noch nicht ökologisiert, gestern wurde unser Antrag zum Verbot von Schiefergas – auch eine fossile Ressource – abgelehnt . Das kann man weder umweltfreundlich fördern, noch können wir es aus Klimaschutzgründen verbrennen.

In dem Zusammenhang auch mein Appell an Sie (in Richtung Regierungsbank), sich den Antrag, der gestern abgelehnt wurde, trotzdem anzuschauen, weil wir einen Vor­schlag für Sie hätten, wie Sie das verhindern könnten.

Jedenfalls geht es darum, konsequent auf erneuerbare Energieträger umzusteigen. Da gibt es einige Ansätze dazu in Ihrem Haus, an denen wir gerne mitarbeiten. Ich würde mir eigentlich wünschen, dass Energie mehr unter Umweltgesichtspunkten als unter wirtschaftlichen Aspekten gesehen wird. Obwohl wir ja manchmal ganz gut zusam­menarbeiten können, gehört das Thema eigentlich im Umweltministerium angesiedelt, aber dazu brauchen wir ein eigenständiges, engagiertes und starkes Umweltminis­terium. (Beifall bei den Grünen.)

18.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

 


18.16.14

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Wirtschaftsminister! Hohes Haus! Meine Vorredner haben alle Facetten des Erdölbe­vorratungsgesetzes, das ja ein Wirtschaftslenkungsgesetz ist, schon beleuchtet. Ich kann es daher sehr, sehr kurz machen: Es spricht alles dafür und nichts dagegen, da­her wird es selbstverständlich unsere Zustimmung dazu geben.

Ein paar Worte noch zu Alternativenergien, zur Energieeffizienz. Das ist gerade bei einem solchen Beschluss anzusprechen. Es ist das, was uns in Zukunft beschäftigen soll, und ich kann den Wirtschaftsminister nur ermuntern, auf dem Gebiet weitere Akzente zu setzen. Das BZÖ hat daran größtes Interesse und bringt sich natürlich gerne in all diesen Bereichen ein. (Beifall beim BZÖ.)

18.17



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 177

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti. – Bitte.

 


18.17.00

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte ergänzend zu meinen Vorrednern sagen, dass die IEA 1974 gegründet wurde, nachdem 1973 der Yom-Kippur-Krieg aus­gebrochen war und die westlichen Staaten Sympathie mit Israel gezeigt hatten. Daraufhin kam es eben zu einem Lieferengpass. Innerhalb von einem Jahr hat sich der Ölpreis vervierfacht, und daraufhin eben die Gründung der IEA. Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, ist auch Österreich in diese Agentur eingestiegen. Wir waren von Beginn an dabei und haben bei der Ausarbeitung des Energie­pro­gramms auch entsprechend mitgewirkt.

Die Vorratspflichten belaufen sich im Moment auf 3 Millionen Tonnen Erdöleinheiten, und die Bevorratung in Österreich, das wurde auch schon erwähnt, übernimmt zu 96 Prozent die Erdöl-Lagergesellschaft ELG an 40 Standorten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kuzdas. – Bitte.

 


18.18.00

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Dieses Gesetz ist kein extrem kompliziertes oder komplexes Gesetz, aber es ist ein sehr wichtiges Gesetz und bildet mit dem Energie-Versorgungssicherheitsgesetz ein wesentliches Wirtschaftslenkungsgesetz, das daher auch in der vorliegenden Form zu beschließen ist.

Ein Aspekt, der von den Vorrednern noch nicht angesprochen wurde: Die ELG wurde als zentrale Bevorratungsstelle eingerichtet. Das ist gut so.

Zur Sicherheit vielleicht noch ein Aspekt: Sicherheit, Versorgungssicherheit hat natür­lich auch einen gewissen Preis. Die Tarife, die verrechnet werden, sind aber relativ erträglich, weil sie durch eine gute Zusammenarbeit niedrig gehalten werden können. Sie liegen zwischen 38 und 49 € je Tonne Erdöleinheit. Wenn man die Sicherheit gegen diesen kleinen zusätzlichen Aufschlag in die Waagschale legt, sollte die Sicherheit obsiegen, und daher ist dieses Wirtschaftslenkungsgesetz heute zu beschließen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nunmehr gelangt Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner zu Wort. – Bitte.

 


18.19.37

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Wesentlichen, was die inhaltliche Seite anbelangt, ist ja schon vieles und das meiste auch durchaus einver­nehmlich dargestellt worden. Es geht, was den Grund anbelangt, warum wir tätig werden, darum, die Erdölbevorratungsrichtlinie und diverse internationale Energie­abkommen umzusetzen. Wie schon angesprochen wurde, haben wir gerade in diesem Bereich 1972, 1982 und in den Jahren darauf schon vieles erledigt, sodass es nicht um gravierende Anpassungen geht.

Daher ist der Hintergrund eben die Einrichtung der zentralen Bevorratungsstelle, teilweise auch die Beseitigung von Substitutionsmöglichkeiten, die bisher gegeben wa-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 178

ren. Beispielsweise konnten bestimmte Kontingente an Altreifen auch dafür dienen, um die Erdölbevorratungsnotwendigkeiten zum Teil auszugleichen; das ist überholt und daher nicht mehr möglich. Es steigt natürlich durch diese Umsetzung jetzt die Sicherheit, was die Bevorratung insgesamt angeht und damit auch die Möglichkeiten Österreichs als Energiedrehscheibe. Es gibt auch diverse Verordnungsermächti­gun­gen, die uns betreffen.

Herr Abgeordneter Themessl, wenn die Gesamtentwicklung stimmt, dass wir insge­samt mehr erneuerbare Energie erzeugen – auch Frau Brunner hat das ange­sprochen –, dann werden wir natürlich auch weniger an Erdöl und damit auch weniger an Bevorratung brauchen. Daher ist die Gefahr, dass wir jetzt auf den Sprit Preiserhöhungen, was die Bevorratung anbelangt, legen müssen, nicht gegeben.

Wir werden aber trotz alledem einen bestimmten Anteil, was die Mobilität anlangt, nach wie vor brauchen. Denken Sie daran: Im Strombereich werden wir im Jahr 2020 85 Prozent haben, aber in den anderen Bereichen werden wir 35 Prozent des gesam­ten Energieverbrauchs, sprich eben Mobilitätserfordernisse, teilweise auch im Ma­schinenbereich haben.

Was die angesprochenen anderen Themen anbelangt, wie Energieeffizienz und Sonstiges, gehen wir gerne darauf ein, mit allen Interessierten Detailverhandlungen zu führen. Sie haben es ja mitverfolgt: Die politische Einigung, was die Energie­effizienz­richtlinie anbelangt, ist auf EU-Ebene schon da. Daran werden wir uns auch bei der österreichspezifischen Umsetzung orientieren.

In diesem Sinne danke für die einvernehmliche Linie im Ausschuss und hoffentlich auch jetzt hier im Plenum. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


18.22.21

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! 1973/74 hat ein Bereich der Energie noch nicht wirklich eine Rolle gespielt, der heute ein sehr wesentliche Rolle spielt, nämlich jener der erneuerbaren Energie, der Biokraftstoffe. Ich möchte darauf kurz eingehen.

In der Zwischenzeit sind ja die Biokraftstoffe auch Teil dieses Erdölbevorratungs­gesetzes, und ich glaube, dass früher oder später dieses Gesetz wahrscheinlich Energie- und Rohstoffbevorratungsgesetz heißen wird, denn es geht einfach auch um Biokraftstoffe und um pflanzliche Rohstoffe, die bevorratet werden müssen.

In Zusammenhang mit den Biokraftstoffen eine Anmerkung: Es gibt ja immer noch relativ viele Leute, die dem Biokraftstoff skeptisch gegenüberstehen. Das merkt man auch zurzeit bei der Einführung des E10. Ich persönlich verstehe das nicht. Es ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar. Warum man dagegen ist mit dem Argument, dass hier der Nahrungsmittelerzeugung eventuell Flächen entzogen würden, damit kann man nicht wirklich punkten, solange ein Drittel der Nahrungsmittel weggeworfen wird. Also ich glaube, wir müssen diesen Wechsel, die Energiewende durchaus weiter verfolgen, aber in allen Bereichen, auch bei den Biokraftstoffen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.– Kollege Pirklhuber, Sie werden sich auch noch davon überzeugen können, dass das richtig und notwendig ist.

Wir werden insgesamt wesentlich sorgsamer mit unseren Rohstoffen, sowohl den fossilen als auch jenen, die wir nachwachsbar produzieren, umgehen müssen. Wir werden die Effizienz steigern. Je früher und je besser wir das machen, desto besser wird es für uns alle sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.24



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 179

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

 


18.24.28

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Mein Kollege Katzian hat es schon erwähnt: Das erste Erdölbevorratungsgesetz wurde 1976 hier in diesem Haus beschlossen. Wir erinnern uns, in den siebziger Jahren gab es die erste Erdölkrise. Der Begriff einer umfas­senden Landesverteidigung, auch der wirtschaftlichen Landesverteidigung, wurde damals modern. Daher haben wir in Österreich auch bisher nie Probleme gehabt.

Diese Adaptierungen, die heute stattfinden – Kollege Glaser hat es schon erwähnt, Biokraftstoffe haben inzwischen auch eine Rolle in unserer Wirtschaft gefunden –, sind notwendig.

Ich glaube, das Gesetz verdient diese Zweidrittelmehrheit. Es ist ein wichtiges Gesetz für unser Land. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.25

18.25.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung.

Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1873 der Beilagen.

Da der vorliegende Entwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Auch die erforderliche Zweidrittelmehrheit ist gegeben.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie den Entwurf auch in dritter Lesung unterstützen, bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist ebenso einstimmig. Die Zweidrittelmehrheit ist gegeben. Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

18.26.1915. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungs­vorlage (1800 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1874 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


18.26.42

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Eines vorweg, Herr Bundesminister: Ihrer Vorlage, die Sie ursprünglich eingebracht haben, hätten wir zugestimmt. Bedauerlicherweise haben aber Ihre eigenen Abgeordneten Steindl und Matznetter den Antrag so abgeändert, dass er nicht mehr annehmbar ist.

Das, was bei diesem Abänderungsantrag herausgekommen ist, ist weder Fisch noch Fleisch. Es hat auch kein umfangreicher Interessenausgleich darüber stattgefunden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 180

Im Interesse der Berufsvertreter ist er auch nicht. Aus diesem Grund werden wir diesen vorliegenden Antrag auch ablehnen.

Aber, Herr Bundesminister, das gibt mir natürlich auch die Gelegenheit, auf diverse Baustellen im Wirtschaftsressort beziehungsweise generell in der Gewerbeordnung hinzuweisen.

Sie haben in einer Anfragebeantwortung geschrieben, wie viele Aufträge Sie extern in den Jahren 2010 und 2011 ausgelagert haben, das sind 3,8 Millionen €. Jetzt könnte man sagen, das ist furchtbar viel. Man könnte auch sagen, Sie sind sehr sparsam damit umgegangen, denn Ihr Kollege, der Herr Umwelt- und Landwirtschaftsminister Berlakovich hat das Doppelte ausgegeben. Aber darum geht es mir gar nicht.

Worum es mir gegangen ist, ist Folgendes: Ich habe mir das durchgeschaut, was Sie da so in Auftrag gegeben haben. Es ist mir kein einziger Punkt aufgefallen, wo Sie vielleicht irgendjemanden damit beauftragt hätten, einmal auch die Gewerbeordnung zu entrümpeln oder Generelles zu überlegen und auch sonstige Baustellen im Wirtschaftsressort vielleicht einmal in Angriff zu nehmen.

Und jetzt bin ich beim springenden Punkt, den wir sehen. Sie wissen genau, dass unsere Gewerbeordnung in vielen Bereichen, sage ich einmal, antiquiert ist. In vielen Bereichen widerspricht sie auch ganz klar den europäischen Dienstleistungsrichtlinien. Das wissen Sie. Ich mache die Erfahrung, seit ich in diesem Hohen Haus bin, dass zizerlweis, so alle halben Jahre oder Jahre, irgendwo eine geringfügige Novelle zu irgendeinem Gewerbeordnungsbereich in Angriff genommen wird und Baustellen, auf die ich schon länger hinweise, nach wie vor aufrecht sind.

Wir haben in der Gewerbeordnung, wenn Sie ein paar Beispiele hören wollen – ich kann Ihnen natürlich eine ganze Litanei aufzählen –, Probleme im Bereich der Sattler, wir haben Probleme im Bereich der Technischen Büros. Wir haben Probleme im gesamten Kosmetik- und Fußpflegebereich. Sie wissen zum Beispiel, dass in Öster­reich im Fußpflege- oder im Kosmetikbereich anerkannte Ausbildungen in Deutschland nicht anerkannt werden. Wenn aus den ehemaligen Ostblockstaaten Leute zu uns kommen, dann benötigen sie, um einen Gewerbeschein zu bekommen, nichts anderes als eine beglaubigte Übersetzung des bestehenden Gewerbescheines und schon können sie tätig werden. Es wird nicht überprüft.

Auf der anderen Seite ist man nicht in der Lage, Ausbildungen aus Deutschland oder der Schweiz anzuerkennen, wobei mir die Schweiz noch einleuchten würde, weil sie kein EU-Mitglied ist. Deutschland betreffend verstehe ich es aber nicht, weil Sie ja nicht glauben können, dass eine Ausbildung in Lettland oder Litauen oder wo auch immer anspruchsvoller oder vielleicht hochstehender ist als eine Ausbildung in unserem Nachbarland Deutschland.

Dann haben wir in vielen Bereichen natürlich auch Harmonisierungen vorgenommen, die eigentlich nichts fruchten. Sie wissen, worauf ich anspiele. Ich bedanke mich auch bei Ihnen, dass Sie sich dafür eingesetzt haben. Es geht um die Handwerksleistungen in der Schweiz, was viele Vorarlberger Handwerker betrifft.

Es ist schon in Ordnung, wenn man Harmonisierungen aufgrund von EU- oder EWR-Bestimmungen vornimmt. Aber wenn es dann Ausnahmebestimmungen für unsere Nachbarn oder Betriebe in unseren Nachbarlanden gibt und unsere eigenen Hand­werker dadurch benachteiligt werden, dann müssen Sie tätig werden. Sie haben das dankenswerterweise getan. Es war ein sehr mühsamer Weg. Sie haben mir auch mitgeteilt, dass das leider noch nicht von Erfolg gekrönt war. Ich hoffe, wir werden weitere Schritte einleiten, denn das kann man so nicht stehen lassen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 181

Nicht direkt mit der Gewerbeordnung zu tun hat folgender Bereich, den ich schon viele Jahre anspreche. Wir haben eine Baustelle, einen Graubereich, einen gesetzlichen Graubereich in Bezug auf das Handelsvertretergesetz, wo Sie genau wissen, dass zwischen dem 1. Jänner 2007 und dem 31. Juli 2010 eine Gesetzeslücke besteht, weil man das in der Novelle 2006 geändert und dann erst wieder mit 1. August 2010 repariert hat. Man hat aber im Handelsvertretergesetz keine Rücksicht darauf genom­men, diese drei Jahre Gesetzeslücke sozusagen auszufüllen.

Ich garantiere Ihnen, wenn es hier zu Verhandlungen oder zu Gerichtsverfahren kommt, die bis zum Obersten Gerichtshof gehen, dann wird das aufgehoben werden. Und ich bin schon gespannt darauf, wann die Wirtschaftsabteilung in dieser Regierung endlich einmal diese Baustellen angehen wird. Ich bin gespannt auf Ihre Antworten, wann Sie vorhaben, die Gewerbeordnung grundsätzlich auf eine neue Basis zu stellen, gewisse Baustellen zu vermeiden beziehungsweise sie einmal anzugehen oder aufzuarbeiten.

Eines ist schon klar: Sie können nicht auf der einen Seite die europäische Dienstleis­tungsrichtlinie anerkennen und sich auf der anderen Seite auf eine Gewerbeordnung berufen, die in vielen Teilen dieser europäischen Dienstleistungsrichtlinie ganz klar widerspricht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


18.32.16

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Themessl! Österreich, vor allem die Betriebe in Gewerbe und Handwerk sind mit dem System Wettbewerb unter Qualifizierten über Jahrzehnte sehr, sehr gut gefahren, weil die technischen Standards, die berufliche Weiterentwicklung in Österreich besonders waren.

Vor allem auch für den Konsumenten, lieber Bernhard Themessl, hat das Vorteile, es bringt Sicherheit, wenn eine entsprechend qualifizierte Leistung am Markt angeboten werden kann.

Weil du dich hier darüber beschwert hast, dass die Regierungsvorlage jetzt abgeändert wird: Ihr bringt tagtäglich Abänderungsanträge zu Regierungsvorlagen ein. Das sei bitte auch uns gestattet! Wir haben da in guter Zusammenarbeit der Wirtschafts­sprecher – da möchte ich auch Frau Dr. Ruperta Lichtenecker und meinen Kollegen Dr. Christoph Matznetter erwähnen – einen guten Konsens in dieser Gewerbeordnung gefunden, auch für die Fotografen. Beide Gruppierungen – die freien Fotografen und die Berufsfotografen – sind mit dem Kompromiss, der hiemit festgeschrieben wird, einverstanden. Es geht darum, dass wir auch einen großen Schritt in der Liberalisie­rung machen. Die Möglichkeiten der Pressefotografen werden dahin gehend weiter­entwickelt, dass sie ihre Produkte auch erweitern und verkaufen können. Zusätzlich werden sogenannte Fotodesigner aufgenommen.

Im Übrigen umfasst diese Novelle der Gewerbeordnung auch eine ganze Reihe anderer Regelungen. Bernhard Themessl, weil du gesagt hast, hier wird auch EU-Recht vollzogen und angepasst: Hier wird auch geregelt, wie es mit den Fremden­führern bei der Niederlassung ausschaut. Darüber hinaus werden Berufsbilder und -bezeichnungen entsprechend angepasst, also langjährige Wünsche umgesetzt, beispielsweise bei den Holzbau-Meistern und so weiter.

Es werden aber auch Verwaltungsvereinfachungen durchgeführt, was die Anerken­nung ausländischer Ausbildungen anlangt. Aber die Dienstleistungsrichtlinie ist eine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 182

ganz andere Sache. Diesbezüglich haben wir in Österreich bereits eine entsprechende Regelung geschaffen.

Ich glaube, das ist insgesamt eine sehr gute Novelle, die den Erfordernissen der heutigen Zeit entspricht. Wir sind mit den Regelwerken, die wir in Österreich vorfinden, durchaus in der Lage, eine ordentliche und verlässliche Wirtschaftspolitik zu betreiben. Wir vermissen manchmal diese Regelwerke auf europäischer Ebene, die es nicht mehr gibt und die uns auf der anderen Seite auch große Schäden eingebracht haben. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Dr. Lichtenecker.)

18.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

 


18.35.35

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Wirtschaftsminister! Hohes Haus! Die Vorgänge im Zusammenhang mit der Erstellung des gegenständlichen Gesetzesvorhabens haben einmal mehr drastisch vor Augen geführt, wie stark die Agitation der Wirtschaftskammer und ihres verlängerten Arms im Nationalrat vom Prinzip des Bewahrens und Einzementierens von einmal erworbenen Rechten einzelner Berufsgruppen geprägt ist, völlig losgelöst von fachlichen Argumenten, beispielsweise die Zeitgemäßheit einzelner Rechte in Frage zu stellen, wie es im gegenständlichen Fall der Liberalisierung des Fotografengewerbes auch in den Erläuterungen der Regierungsvorlage klar zum Ausdruck kommt.

Herr Minister! Das, was Sie eingebracht haben, war absolut unterstützenswert. Das, was jetzt vorliegt, da kann man nur mehr den Kopf schütteln. Und wenn mein Vor­redner, der Kollege Steindl, hier von der großen Liberalisierung spricht, dann werde ich das am Ende meiner Rede noch genau erläutern.

Ich darf jetzt einmal wörtlich aus dem zitieren, was von der Bundesregierung vorgelegt wurde:

„Die Reglementierung eines Gewerbes ist nur dann rechtfertigbar, wenn die Ausübung des Gewerbes mit Gefahren für die Gesundheit oder die Sicherheit verbunden ist oder der Befähigungsnachweis für den Schutz der Kunden vor Vermögensschäden erforderlich ist.

Für die Ausübung der analogen Fotografie waren noch bestimmte Fähigkeiten und Kenntnisse notwendig, um korrekt entwickelte Abzüge mit Hilfe von Chemikalien auf Fotopapier bringen zu können. Dies trifft auf die mittlerweile umfassend verbreitete Technologie der digitalen Fotografie nicht mehr zu. Die Herstellung von () Bildern und ihre Verbreitung sind daher auch technisch nicht mehr mit hohen Anforderungen verbunden. So ist schon derzeit die Pressefotografie ein freies Gewerbe, das von ca. 1 300 gewerblich tätigen Pressefotografen ohne das Erfordernis eines Befähigungs­nachweises erfolgreich ausgeübt wird, obwohl es in handwerklicher Hinsicht keinen Unterschied bedeutet, ob ein Fotograf für einen Medienverlag oder einen sonstigen Kunden tätig ist.

Ein Festhalten am Befähigungsnachweis der Berufsfotografen ist vor diesem Hinter­grund nicht mehr sachlich zu begründen.“

Herr Minister, da haben Sie auch unsere Unterstützung. Das war richtig festgestellt. Was aber dann kommt, ist – der Kollege sagt – „die große Liberalisierung“. Letztlich führt das jetzt dazu, dass man Ihren Gesetzesvorschlag wieder abgeändert hat, wieder zurück in die falsche Richtung. Matznetter und Steindl konterkarieren damit das, was Sie vorgelegt haben. Sie konterkarieren damit eine Liberalisierung des Fotografen­gewerbes.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 183

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde sagen, das ist alles andere als alltäglich. Das ist wohl die grobe Ausnahme. Heute hätten wir gerne dem Wirtschafts­minister zugestimmt – wir können es nicht. SPÖ und ÖVP haben sich geeinigt, den Schritt zurück zu machen.

Herr Kollege Steindl, Sie haben gesagt, die Liberalisierung war ein großer Schritt. Da kann ich nur sagen, es ist Ihnen wirklich ein großer Schritt gelungen – allerdings in die falsche Richtung. Sie haben hier einen Rückschritt vollzogen. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Themessl.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ernest Windholz, Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft bei den Wirtschaftskammern

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Na­tional­rat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die Abschaffung der Zwangsmitglied­schaft bei den Wirtschaftskammern vorsieht.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Mitgliedschaft wird funktionieren, wenn es eine gescheite Leistung gibt. Zwang ist immer das schlechteste Argument. Ich kann Ihnen sagen: Da Sie immer wieder von einer modernen Wirtschaft, von einer inno­vativen Wirtschaft sprechen und das Wort „Entbürokratisierung“ in den Mund nehmen – Sie haben heute den Beweis dafür erbracht, dass Sie alles machen, nur nicht das, was Sie versprechen. Sie machen genau das Gegenteil. (Beifall beim BZÖ.)

18.39


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ernest Windholz, Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft bei den Wirtschaftskammern

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 15: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (1800 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1874 d.B.)

Die Vorgänge in Zusammenhang mit der Erstellung des gegenständlichen Gesetzes­vorhabens hat einmal mehr drastisch vor Augen geführt, wie stark die Agitation der Wirtschaftskammer und ihren „verlängerten Armen“ im Nationalrat vom Prinzip des Bewahrens und Einzementierens von einmal erworbenen Rechten einzelner Berufs­gruppen geprägt ist. Dies völlig losgelöst von fachlichen Argumenten, die bspw. die Zeitgemäßheit einzelner Rechte in Frage stellen, wie dies im gegenständlichen Fall der Frage der Liberalisierung des Fotografengewerbes auch in den Erläuterungen der Regierungsvorlage klar zum Ausdruck kommt, wenn es dort wörtlich heißt:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 184

„Die Reglementierung eines Gewerbes ist nur dann rechtfertigbar, wenn die Ausübung des Gewerbes mit Gefahren für die Gesundheit oder die Sicherheit verbunden ist oder der Befähigungsnachweis für den Schutz der Kunden vor Vermögensschäden erfor­derlich ist.

Für die Ausübung der analogen Fotografie waren noch bestimmte Fähigkeiten und Kenntnisse notwendig, um korrekt entwickelte Abzüge mit Hilfe von Chemikalien auf Fotopapier bringen zu können. Dies trifft auf die mittlerweile umfassend verbreitete Technologie der digitalen Fotografie nicht mehr zu. Die Herstellung von (guten) Bildern und ihre Verbreitung sind daher auch technisch nicht mehr mit hohen Anforderungen verbunden. So ist schon derzeit die Pressefotografie ein freies Gewerbe, das von ca. 1 300 gewerblich tätigen Pressefotografen ohne das Erfordernis eines Befähi­gungs­nachweises erfolgreich ausgeübt wird, obwohl es in handwerklicher Hinsicht keinen Unterschied bedeutet, ob ein Fotograf für einen Medienverlag oder einen sonstigen Kunden tätig ist.

Ein Festhalten am Befähigungsnachweis der Berufsfotografen ist vor diesem Hinter­grund nicht mehr sachlich zu begründen.“

Genau diese völlig zu Recht erfolgte Begründung führte letztlich zur einstimmigen Beschlussfassung der Liberalisierung des genannten Gewerbes in Form der gegen­ständlichen Regierungsvorlage im Ministerrat, jedoch machte Wirtschaftsminister Mitterlehner in diesem Fall die Rechnung ohne den Wirt und musste sich dem Druck der Wirtschaftskämmerer und Besitzstandsbewahrer beugen. Die Kämmerer und Abgeordneten Matznetter und Steindl konterkarierten mit der Rücknahme der Liberalisierung des Fotografengewerbes die Position des Ministers vollständig.

Diese ungeheuerliche Vorgangsweise innerhalb der Wirtschaftskammer zeigt einmal mehr, wie notwendig es wäre, endlich die Zwangsmitgliedschaft bei der Wirtschafts­kammer abzuschaffen und damit endlich eine tatsächlich auf die aktuellen Bedürfnisse und Interessen der Mitglieder abstellende Tätigkeit dieser Interessensvertretung her­bei­zuführen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem National­rat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die Abschaffung der Zwangs­mitgliedschaft bei den Wirtschaftskammern vorsieht.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

18.40.06

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wer lesen kann, ist im Vorteil. Sie haben ja gerade eine Leseübung gemacht, insofern halte ich das für sehr vernünftig. Sie sollten nur vollständig lesen, Herr Kollege Windholz, dann könnten Sie und auch der Kollege Themessl die Dinge hier auch sachlich richtig beurteilen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Windholz und Themessl.) Aber es ist ein guter Anfang, einmal ein Stückchen zu lesen; das nächste Mal voll­ständig, dann können wir uns damit befassen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 185

Vielleicht, dass man das einmal gesamt hat, denn das kann er noch nicht kennen, bringe ich einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Steindl, Dr. Ruperta Lichten­ecker und von mir ein. Er ist zum Glück um drei Zeilen länger als eine Seite, sodass ich mich auf die Begründung und das Wesentliche beschränken kann.

Einerseits soll in Z 3 der § 14 Abs. 3 dahin gehend geändert werden (Abg. Dr. Spadiut: Leseübung machen! – Abg. Mag. Widmann: Leseübung!), dass jede eingetragene Partnerschaft, auch wenn sie nicht nur nach EU-Recht ist, im Folgenden anerkannt und der Ehe gleichgestellt wird.

Der zweite Teil bezieht sich auf Z 29a, eine neu eingeführte Ziffer nach Z 29, laut der analog zu den im Abänderungsantrag des Ausschusses bereits vorgenommenen Einschränkungen der notwendigen Haftpflichtversicherung für Bauunternehmen auch solche für das Gewerbe des Immobilienmaklers hergestellt werden müssen.

*****

Für die Kollegen, die noch nicht Zeit hatten zum Lesen: Die Geschäftsordnung des Nationalrates erlaubt es, wenn der Antrag länger als eine A4-Seite ist, diesen im Wesentlichen zu begründen. Die Lesestunde ist für Ihren Kollegen Windholz vorgesehen, bitte. (Zwischenruf des Abg. Mag. Widmann.)

Zurück zur Sache selber: Es ist natürlich einfach falsch, dass die Liberalisierung nicht durchgeführt wird. Es ist auch falsch, Kollege Themessl, dass der Interessenausgleich nicht stattgefunden hat. Kollege Steindl und ich haben nicht irgendetwas willkürlich abgeändert, wir haben uns an einen Tisch gesetzt – und zwar in der Folge der Diskus­sion, die schon in der Bundesregierung stattgefunden hat – mit allen Betroffenen – mit der Innung der Berufsfotografen, die am liebsten gar nichts zulassen will, mit denen, die eine Initiative eingebracht haben; tolle, engagierte Leute der Creative Industries – und haben gesagt: Freunde, wir wollen das liberalisieren, aber wir wollen nicht, dass es den Beruf gar nicht mehr gibt.

Dann sind wir durchgegangen, um welche Fälle es geht: Was ist mit den Menschen, die schon eine Graphische Lehranstalt besucht haben, die Akademie besucht haben, im Ausland eine Ausbildung gemacht haben? – Da haben wir gesagt, selbst­ver­ständlich sollen die sofort uneingeschränkt fotografieren dürfen. Das ist gemacht wor­den.

Zweiter Teil: Was machen wir mit jenen, die gar keine Ausbildung haben, es aber selbst erlernt haben? – Da haben wir gesagt: Entschuldigung, wenn das einer selbst erlernt hat und ein bisschen Erfahrung hat, soll er alles machen dürfen. Schon nach drei Jahren, ohne Prüfung, ohne irgendetwas kann jeder Autodidakt alles machen.

Und jene, die frisch anfangen: Auch die Hausfrau, die sagt: Hör einmal, das Fotografieren im Urlaub war super, das mache ich morgen auch!, darf sofort anfangen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenecker.) Sie muss es nicht einmal nur Medien­organen, sondern Sie darf es jedem verkaufen, der selber wissen muss, was er einkauft. Das ist B2B. (Abg. Themessl: Und was ist jetzt herausgekommen?)

Das Einzige, Herr Kollege Themessl, wo diese Frau, diese engagierte Hausfrau (Abg. Dr. Lichtenecker: Seltsamer Vergleich!), die nach drei Jahren ohnehin alles darf, nach der Gewerbeordnung noch zuwarten muss, ist, wenn sie für ihre Tochter die Hochzeitsfotos macht.

Ehrlich gesagt, ich meine, stellen Sie sich das Risiko vor, die gehen schief! (Abg. Mag. Stefan: Ist das jetzt sachlich?) – Na, ich sage das hier bewusst. Die Schwierig-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 186

keit ist ja die: Wer weiß, ob sich die zwei ein oder ein halbes Jahr später noch einmal hinstellen? (Zwischenruf des Abg. Themessl.)

Aber weg vom Scherz zum Konsumentenschutz, jetzt komme ich zum Prinzipiellen: Wie Sie den Schutz vor den Schweizer Handwerkern eingefordert haben, ist das, was Sie tun, doch völlig unlogisch! In derselben Rede verlangen Sie, dass wir alles tun, um einem qualifizierten Handwerk auch einen vernünftigen Rahmen zu geben (Abg. Themessl: Auch für die eigenen!), und gleichzeitig regen Sie sich darüber auf, dass die Kosmetikerin aus Ungarn in Österreich arbeiten darf (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber), verlangen aber im gleichen Atemzug eine uneingeschränkte Libera­lisierung. Das ist unlogisch, Herr Kollege Themessl! (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist ein vernünftiger Weg: mit den Beteiligten zu reden, Ausbildung, Qualifikation hochzuhalten, die Berufe zu erhalten, den jungen Leuten auch eine Berufsmöglichkeit zu geben und die Liberalisierung auf jenes Ausmaß zu beschränken, dass wir die Berufe auch in 20 Jahren noch haben.

Ich wünsche Ihnen viel Glück mit amerikanischen Verhältnissen, wo Sie dann nicht einmal mehr beim Installateur sicher sein können, ob er es kann. Das wünsche ich mir für unser Land nicht. Da sind mir die Tausenden Betriebe, die wir heute haben, tausendmal lieber. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Abg. Dr. Lichtenecker.)

18.44


Präsident Fritz Neugebauer: Der wegen seines Umfangs verteilte Abänderungs­antrag ist in seinen Kernpunkten erläutert und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Konrad Steindl, Dr. Christoph Matznetter, Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeord­nung 1994 geändert wird (1 800 d.B.), idF des Berichtes des Wirtschaftsausschusses (1874 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage (1 800 d.B.) in der Fassung des Aus­schuss­berichtes (1 874 d.B.) wird geändert wie folgt:

1. Z 3 lautet:

„3. § 14 Abs. 3 lautet:

„(3) Familienangehörige von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der EU oder eines Vertragsstaates des EWR, die das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR genießen, dürfen ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit Gewerbe wie Inländer ausüben. Als Familienangehörige sind anzusehen

1. der Ehegatte oder eingetragene Partner,

2. Verwandte in gerade absteigender Linie eines Staatsangehörigen eines Mitglied­staates der EU oder eines Vertragsstaates des EWR und des Ehegatten oder des eingetragenen Partners, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen von diesen Unterhalt gewährt wird, und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 187

3. Verwandte in gerade aufsteigender Linie eines Staatsangehörigen eines Mit­gliedstaates der EU oder eines Vertragsstaates des EWR und des Ehegatten oder des eingetragenen Partners, denen von diesen Unterhalt gewährt wird.““

2. Nach der Ziffer 29 wird folgende Ziffer 29a eingefügt:

„29a. § 117 Abs 7 lautet:

„(7) Die zur Ausübung des Gewerbes der Immobilienmakler (§ 94 Z 35) berechtigten Gewerbetreibenden haben für ihre Berufstätigkeit eine Haftpflichtversicherung für Personen- und Sachschäden mit einer Versicherungssumme von mindestens 100 000 Euro pro Schadensfall abzuschließen. Für diese Pflichtversicherungssumme darf ein Selbstbehalt von höchstens fünf vH dieser Summe pro Schadensfall vereinbart werden. Es ist zulässig, die Versicherungsleistung pro jährlicher Versicherungsperiode auf 300 000 Euro zu beschränken. Die Haftpflichtversicherung für Personen- und Sachschäden muss bei einem Unternehmen erfolgen, das zum Geschäftsbetrieb in Österreich befugt ist.

Die zur Ausübung des Gewerbes der Immobilienverwalter (§ 94 Z 35) berechtigten Gewerbetreibenden haben für ihre Berufstätigkeit eine Haftpflichtversicherung für Personen- und Sachschäden mit einer Versicherungssumme von mindestens 400 000 Euro pro Schadensfall abzuschließen. Für diese Pflichtversicherungssumme darf ein Selbstbehalt von höchstens fünf vH dieser Summe pro Schadensfall vereinbart werden. Es ist zulässig, die Versicherungsleistung pro jährlicher Versicherungsperiode auf 1 200 000 Euro zu beschränken. Die Haftpflichtversicherung für Personen- und Sachschäden muss bei einem Unternehmen erfolgen, das zum Geschäftsbetrieb in Österreich befugt ist.

Die zur Ausübung des Gewerbes der Bauträger (§ 94 Z 35) berechtigten Gewer­betreibenden haben für ihre Berufstätigkeit eine Haftpflichtversicherung für Personen- und Sachschäden mit einer Versicherungssumme von mindestens 1 000 000 Euro pro Schadensfall abzuschließen. Für diese Pflichtversicherungssumme darf ein Selbst­behalt von höchstens fünf vH dieser Summe pro Schadensfall vereinbart werden. Es ist zulässig, die Versicherungsleistung pro jährlicher Versicherungsperiode für Unterneh­men mit einem jährlichen Umsatz von weniger als 2 000 000 Euro auf 1 500 000 Euro und für andere Unternehmen auf 3 000 000 Euro zu beschränken. Die Haftpflicht­versicherung für Personen- und Sachschäden muss bei einem Unternehmen erfolgen, das zum Geschäftsbetrieb in Österreich befugt ist.““

Begründung:

Die Änderung ist notwendig, um eine Versicherbarkeit zu gewährleisten und weil inter­nationale Rückversicherer auf einer Limitierung der Versicherungsleistungen pro Versicherungsjahr bestehen. Gleichzeitig wird Vorsorge getroffen, dass KMU nicht über Gebühr belastet werden.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


18.45.09

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Das war jetzt ein gelebtes Beispiel vom Kollegen Matznetter, wie man wortreich, blumig, schön ausformuliert (Abg. Jakob Auer: Das kannst du auch ganz gut!) Reformunwilligkeit,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 188

Anti-Liberalisierung, Anti-EU-Haltung (Abg. Jakob Auer: Das kannst du auch ganz gut!) vortragen kann.

Denn das, was Sie jetzt gesagt haben, Kollege Matznetter, das stimmt ja nicht! Ich werde auch gleich darlegen, dass die Sache in Wirklichkeit eine ganz andere ist. Und sagen Sie nicht, Sie hätten hier etwas mit den Berufsgruppen ausverhandelt. Ich habe erst gestern mit Berufsfotografen gesprochen. Nicht alle sind glücklich mit dem, was Sie hier zu Papier gebracht haben (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), ganz im Gegenteil!

Denn es gibt auch Fleißige, Tüchtige – und das sind die meisten Unternehmer –, die wollen die Liberalisierung, die wollen den Wettbewerb. Und es gibt kein Schutzgut mehr, das man bei der Fotografie schützen muss, denn es gibt keine gefährlichen Chemikalien mehr, es gibt kein Fotopapier mehr, wo etwas sein könnte, es geht nur mehr um den Schutz der Konsumenten. Ja, was wollen Sie denn da schützen, Kollege Matznetter? Den Konsumenten vor einem hässlichen Bild? – Das frage ich Sie! (Beifall beim BZÖ.) – Dann wird er eben nicht mehr hingehen zum Fotografen, wenn das Bild nicht passt.

Daher sage ich Ihnen Folgendes: Es besteht keine Gefahr für die Gesundheit. Es besteht keine Gefahr für die Sicherheit. Es gibt keine Vermögensschäden, und es besteht daher zu Recht das, was Herr Minister Mitterlehner in die Regierungsvorlage hineingeschrieben hat:

„Ein Festhalten am Befähigungsnachweis der Berufsfotografen ist vor diesem Hinter­grund nicht mehr sachlich zu begründen.“

Ich wiederhole: „nicht mehr sachlich zu begründen.“ Haben Sie das verstanden? (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Es ist nicht mehr sachlich zu begründen!

Dann stellen Sie sich hier heraus und versuchen, durch die Hintertür sachlich zu begründen, obwohl alles weggefallen ist. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matz­netter.) Wissen Sie, Herr Kollege, zum Glück gibt es das BZÖ und auch die FPÖ, die schützen diesen Wirtschaftsminister. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Wir schützen diesen Wirtschaftsminister vor den Angriffen der Kämmerer der Zwangsmitgliedschaften und jenen, die gegen Liberalisierung und Entbürokratisierung sind. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Zum Glück gibt es uns, denn man muss inzwischen die Minister vor den eigenen Parteien schützen. So schaut es aus hier in Österreich! (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Matznetter, ich setze fort – auch Sie haben vorgetragen. Geltendes Recht war (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter): Berufsfotograf ist gemäß § 94 Z 20 Gewerbeordnung ein regle­mentiertes Gewerbe. Das war geltendes Recht!

Der Herr Minister hat dann in der Regierungsvorlage vorgeschlagen, dass der Berufs­foto­graf gemäß § 94 Z 20 entfällt und somit zum freien Gewerbe wird. Und was haben Sie gemacht, die Zwangswirtschaftskämmerer Steindl und Matznetter? – Sie haben dann als verlängerter Arm der Zwangskammern im Parlament den Abänderungsantrag hineinreklamiert (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter) – hören Sie zu! –: Berufsfoto­graf bleibt ein gemäß § 94 Z 20 reglementiertes Gewerbe. Also er bleibt ein reglemen­tiertes Gewerbe! (Abg. Dr. Matznetter: Handwerk! Handwerk!) Verstehen Sie?

Also wenn er es bleibt, dann bleibt er es, das kann man nicht wegdiskutieren, daher befinden Sie sich hier völlig auf dem Holzweg und verhindern auch eine entsprechende Liberalisierung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 189

Der Antrag des BZÖ ist mehr als gerechtfertigt, auch aus dem Grund, wieder über die Zwangsmitgliedschaften bei den Kammern zu sprechen – ob das die Wirtschafts­kammer ist, ob das die Arbeiterkammer ist, sage ich gleich dazu. Denn ich glaube, die Betriebe, die Unternehmen wollen keine Zwangskammern, die sie behindern im Wettbewerb, die sie behindern bei der Ausübung ihres Gewerbes; die wollen Service haben, und das kann man mit einem Verein viel besser machen als mit dieser Zwangs­kammernwirtschaft, die wir hier in Österreich haben. (Abg. Dr. Matznetter: Das hat aber die Mehrheit abgelehnt! So viel zur Demokratie!)

Das heißt, Herr Kollege Matznetter – ich komme zum Schluss –, es ist besser, wir haben hier gutes Service für die Unternehmen in Form von freiwilligen Vereinen statt Zwangsbeiträge für Zwangskammern, die nur den Wettbewerb verhindern. (Beifall beim BZÖ.)

18.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


18.48.42

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte bislang noch nie das Gefühl, dass unser Wirtschaftsminister besonders schutzbedürftig ist. Wenn Kollege Widmann das anders empfindet, dann sei es so. (Abg. Mag. Widmann: Ja, schutzbedürftig! ... beim ESM auch ...!)

Zur Gewerbeordnung: Es ist inhaltlich einiges gesagt worden, ich möchte auch auf den Werdegang in dieser Form eingehen, weil durchaus interessant ist, was heute in dieser Form vorliegt.

Ja, es hat den Begutachtungsentwurf vom Wirtschaftsministerium gegeben, und ja, nicht nur in Bezug auf das Thema Freigabe des Fotografiegewerbes, Herr Minister Mitterlehner, hätten Sie unsere Unterstützung gehabt. Es ist anders gekommen.

Über verschiedene Kanäle hat man vernehmen können, es würde eine starke Einschränkung kommen. Was ist dann geschehen? – Es hat sich eine Initiative Freie Fotografie gegründet, die von über 10 000 Menschen unterstützt worden ist, die sich für die Liberalisierung eingesetzt hat.

Ein nächster Schritt war, dass man sich zusammengesetzt hat und so auch die Meinung der Proponentinnen und Proponenten dieser Initiative Freie Fotografie und auch der Berufsfotografen erfahren und einen gangbaren Kompromiss gefunden hat, und der liegt heute vor.

Ich denke, das ist auch wegen der Verhandlungen, die seitens der Initiative Freie Fotografie geführt worden sind, die konsequent und kompetent verhandelt hat, so weit gekommen, und ich denke, das ist auch gut so.

Es gibt eine weitgehende Freigabe, und es gibt viele Verbesserungen, wie beispiels­weise, dass Absolventen von entsprechenden Schulen, Kollegs und Universitäten keine dreijährige Praxiszeit mehr brauchen, die große Gruppe der Pressefotografen massiv bessergestellt worden ist und noch anderes mehr. Ich glaube, das ist in dieser Form ein Kompromiss, der gut zu unterstützen ist, und in dieser Form werden wir das auch machen.

Liebe Kollegen von BZÖ und FPÖ! Die Initiative mit mehr als 10 000 Unterstützerinnen und Unterstützern titelt:

„FOTOGRAFIE ist nun auch in Ö (so gut wie) FREI!“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 190

Genau so, denke ich mir, sollten wir diesen Kompromiss auch sehen.

Ein weiterer Punkt, der uns Grünen beim Bestreben, dass die Gewerbeordnung moderner, offener, fairer wird, auch wichtig war, war, dass die eingetragenen Partner­schaften in dieser Form Eingang finden, nämlich dass sie genauso wie die Ehegatten als Familienangehörige hineinkommen. – Das ist uns gelungen, und das freut uns. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist kein leichter Werdegang gewesen, auch nicht bei diesem Thema der eingetra­genen Partnerschaften. Es ist bis heute verhandelt, diskutiert worden, aber jetzt, denke ich mir, liegt es in einer sehr guten, unterstützenswerten Form vor, und ich möchte mich diesbezüglich – das war bei dieser Gesetzesvorlage wirklich sehr interessant – heute ganz bewusst bedanken, und zwar ganz bewusst bedanken bei den Initia­torinnen und Initiatoren von Freie Fotografie. Sie haben da toll mitgearbeitet und ihre wichtigen Bereiche eingebracht.

Ich möchte mich aber auch beim Kollegen Konrad Steindl und auch beim Kollegen Christoph Matznetter bedanken, dass es bis zur letzten Stunde immer wieder Bewe­gung gegeben hat, und ich möchte mich selbstverständlich auch bei den Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern der involvierten Klubs bedanken und selbstverständ­lich auch beim Ministerium.

Das ist etwas, was, wie ich glaube, in der heutigen Zeit – und wir haben das bei vielen anderen Debatten erlebt – nicht selbstverständlich ist, und umso mehr schätze ich es als Demokratin, dass hier Bewegung hineingekommen ist.

Noch einmal zurück: Wir haben eine Öffnung, eine Liberalisierung im Fotografie­gewerbe, und ich denke, das belebt auch den Wettbewerb. Das ist gut so, und das schafft in verschiedenen Bereichen Rechtssicherheit, wiewohl ich sehr wohl glaube, dass man sich in den nächsten Jahren anschauen muss, wie sich denn dieser Kom­promiss bewährt.

Bewährt er sich, oder bewährt er sich nicht? – Wenn nicht, dann sind wir wieder beim Vorschlag vom Herrn Minister betreffend die völlige Freigabe und werden das dann in dieser Form vorantreiben. Generell muss das Ziel eine schlanke, moderne, offene Gewerbeordnung sein. Die heutige Vorlage sehen wir als richtigen Schritt, und daher werden wir sie auch unterstützen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

18.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


18.54.06

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ja, Kollegin Lichtenecker hat es schon gesagt: Unser Minister braucht keinen Schutz, schon gar nicht vom BZÖ. In der Hinsicht wissen wir, was wir an ihm haben: einen sehr entscheidungskräftigen Minister, der sich für die Wirtschaft in Öster­reich einsetzt. (Zwischenruf des Abg. Themessl.) Also in der Hinsicht, meine Damen und Herren, der richtige Mann am richtigen Platz!

Zum Fotografengewerbe ist schon sehr viel gesagt worden, aber ich möchte wirklich im Sinne des Standortes und auch im Sinne der Lösung dieses Problems, kann man ja sagen, der Regierungsvorlage und jetzt des Endprodukts auch Christoph Matznetter und Konrad Steindl herzlichen Dank sagen, die in vielen, vielen Gesprächen mit den Berufsgruppen eine gute Lösung zusammenbekommen haben, nämlich eine, die von beiden Seiten akzeptiert wird, und das ist das Wichtigste.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 191

Kollege Themessl, dir sage ich auch noch etwas: In einer Beziehung – ich denke da gerade an Vorarlberg, ein Land mit großer Handwerkstradition – solltest du dich auch einsetzen für Qualität und für die Sicherung dieser Qualität. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Themessl: Warum misst die Wirtschaftskammer mit zweierlei Maß?) Da wärst du gefragt! Nicht immer dagegen sein, sondern sich in die Verhandlungen einbringen, das würde ich mir einmal wünschen. Da wärst du gefordert!

Ich komme aber zu einem zweiten Punkt. Es ist nämlich noch etwas in dieser Gewer­be­ordnung enthalten, was mich als Salzburger ganz besonders freut, und zwar eine Umsetzung, nämlich die Berufsbezeichnung des Holzbau-Meisters. Richard Rothböck, der Innungsmeister, hat sich jahrelang dafür eingesetzt. Mit der heutigen Änderung der Gewerbeordnung schaffen wir es, diese Forderung auch umzusetzen. Es ist auch ein wichtiges Signal für die Branche, die Berufsbezeichnung des Holzbau-Meisters umzu­setzen.

Als Letztes noch zum Thema Pflichtmitgliedschaft: Lieber Kollege Widmann, die Unternehmer haben sich ja bei der letzten Mitgliederbefragung ganz klar für die Beibehaltung dieser Pflichtmitgliedschaft ausgesprochen. (Abg. Mag. Widmann: Wie beim ESM!)

Ich denke, die Sozialpartnerschaft und der Weg, wie wir die österreichische Wirtschaft und den Standort absichern, sind der richtige Weg, und den werden wir weitergehen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 


18.56.14

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bedauere es ausdrücklich, dass man eine Diskussion über die Gewerberechtsreform dazu benutzt, die österreichische Sozialpartnerschaft infrage zu stellen. Das ist die Erfolgsgeschichte Österreichs und auch der Wirtschaft, und daher gilt es, das wirklich zurückzuweisen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Widmann und Themessl.)

Als Zweites möchte ich auf Folgendes hinweisen: Der Erfolg Österreichs beruht auch darauf, dass die Dienstleistungen, die Produkte eine hohe Qualität haben – eine hohe Qualität, mit der sie sich auf dem internationalen Markt von anderen unterscheiden. Diese hohe Qualität gilt es, weiter zu gewährleisten. Dazu ist Ausbildung notwendig, und diese Ausbildung ist auch ein Teil der Gewerbeordnung.

Die heutige Anpassung der Gewerbeordnung entspricht der Praxis, und es ist schön und gut, wenn aus der Praxis heraus Diskussionen geführt werden und ein Kom­promiss gefunden wird, der Vorteile bringt.

Meine Damen und Herren! Ich möchte die heutige Gewerberechtsdiskussion auch dazu benützen, darauf hinzuweisen, dass hier in diesem Haus 2008 das Gütesiegel „Meisterbetrieb“ beschlossen und 2009 dann umgesetzt wurde. Herr Bundesminister, ich denke, dieses Gütesiegel „Meisterbetrieb“ ist für den einzelnen Betrieb, aber auch für die Innungen eine sehr gute Möglichkeit, die Qualität in den Mittelpunkt zu stellen. Das, so glaube ich, gehört auch noch verstärkt betont.

Im Kreativbereich – und Fotografie gehört bestimmt dazu – sind vor allem Kleinst­betriebe tätig, vor allem Ein-Personen-Unternehmen. Für diese Ein-Personen-Unter­nehmen ist die soziale Absicherung ganz besonders wichtig. Ich denke, auch diesen Bereich gilt es ganz genau im Auge zu haben. Die soziale Absicherung ist ein wichtiger


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 192

Bereich für diese Betriebe, und ich denke, das wird eine der nächsten Aufgaben sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner zu Wort. – Bitte.

 


18.58.44

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier aufgrund diverser EU-rechtlicher Vorschriften Änderungen an der Gewerbeordnung vorzu­nehmen, aber auch aufgrund anderer schon angesprochener Diskussionspunkte.

Was den Herrn Kollegen Themessl anlangt, der die Gewerbeordnung insgesamt als Ansammlung von Baustellen bezeichnet hat, so kann ich ihm nur erwidern, dass das natürlich nicht der Fall ist. Die Gewerbeordnung ist, so wie das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, eine der wichtigsten Rechtsgrundlagen – und eine, die jedem Gewerbe­treibenden Kontinuität vermittelt. Es gibt sie nicht umsonst seit 1859, sie wurde aber entsprechend modernisiert und immer auch den aktuellen Gegebenheiten angepasst.

Wir arbeiten auch – weil Sie gefragt haben, warum es verschiedene Aufträge gibt und dort nichts – anlässlich der 150-Jahr-Feier der Gewerbeordnung mit renommierten Professoren und Experten, wie unter anderem mit Herrn Professor Korinek, dem langjährigen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, oder Professor Raschauer und anderen an einer Weiterentwicklung der Gewerbeordnung und werden diese zu gegebener Zeit auch hier vorstellen. Das wird demnächst der Fall sein.

Damit aber auch zu den Punkten, die mit der Gewerbeordnungsnovelle jetzt ange­sprochen werden. Es geht um viel mehr als die Fotografen, beispielsweise um einige EWR-rechtliche Umsetzungen. Fremdenführer beispielsweise müssen nicht wirklich eine Niederlassung im Inland haben, um hier auch tätig zu sein. Das ist sicherlich keine gravierende Veränderung, aber eine EU- und EWR-mäßige Anpassung.

Etwas wichtiger ist es schon, wenn es darum geht, Ausbildungsnachweise aus anderen Staaten hier bei uns entsprechend anzuerkennen. Das haben wir jetzt vereinheitlicht. Wir haben das im Rahmen der Dienstleistungsrichtlinie bei den jeweiligen One-Stop-Shops auf Landesebene vorgesehen, und das wird einfach eine Erleichterung für jeden Bürger sein. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt noch andere Punkte. Sie erinnern sich alle noch an den § 360 und ein Verfah­ren in Oberösterreich, was einem stellvertretenden Bezirkshauptmann dann eine Verurteilung eingebracht hat, weil die Rechtslage sehr ungewöhnlich war und keine Verbesserung und keine Nachfristsetzung möglich war. Dieser Punkt wird jetzt so gestaltet, dass einfach eine Klarstellung da ist und solche Dinge in Zukunft nicht mehr passieren.

Bei der Kundmachung im gewerberechtlichen Betriebsanlagenverfahren haben wir auch eine Vereinfachung gemacht, ohne jetzt die Bürger in ihren Rechten zu beschrän­ken. Es gibt ein duales System von Hausanschlägen und Publikation im Internet. Wir haben das im Ausschuss ja detailliert diskutiert. Ich halte das insgesamt für sehr positiv.

Ich möchte auf ein paar andere Dinge eingehen, die angesprochen worden sind, was Haftungsfragen anbelangt, was Ergänzungen und Weiterentwicklungen anbelangt. Bei der Bezeichnung „Baumeister“ ist die Holzbaumeister-Frage ja schon angesprochen worden und auch ein paar andere Klärungen. Es gibt jetzt die Berufsbezeichnung Baugewerbetreibender, Holzbaugewerbetreibender, Steinmetzgewerbetreibender. Das wird dann jeweils auf den Einschränkungsbereich abgestellt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 193

Ich möchte Ihre Zeit da jetzt nicht strapazieren – dieses ist schon weit vorgeschritten –, deshalb komme ich zum abschließenden Punkt. Es ist die jetzt hauptsächlich disku­tierte Berufsberechtigung, was die Fotografen anlangt. Ich sehe die ganze Angele­genheit relativ entspannt. Es ist nichts Ungewöhnliches im Leben, dass hier eine Position beschrieben wird, die wir wahrgenommen haben, die meiner Meinung auch begründet ist. Wir haben von dieser Position in Richtung Liberalisierung, von dieser sachlichen Begründung nichts zurückgenommen. Sie haben aber, wenn Sie auf der einen Seite 10 000 Befürworter dieser Liberalisierung haben, auf der anderen Seite auch mehrere Tausend Personen, die der Meinung sind, das ist zu schnell, das wäre nicht angebracht und würde ihre bisher erworbene Befähigung in Frage stellen. Auch die Kosten, die dadurch entstanden sind, wären ein Nachteil.

Deswegen haben wir uns so geeinigt, wie man das halt immer in der Praxis macht, auf einem höheren Niveau, in Form eines Kompromisses. Der Kompromiss sieht vor, dass der Pressefotograf zusätzlich zu den bisher ausgeübten Tätigkeiten einfach mehr Möglichkeiten hat. Er darf sich in Zukunft Pressefotograf und Fotodesigner nennen. Für das Gewerbe Pressefotograf und Fotodesigner wird der Kundenkreis erweitert auf alle Buisness-to-Buisness-Geschäfte. Nach drei Jahren soll der Pressefotograf und Foto­designer auf Antrag ohne weitere Prüfung voller Berufsfotograf werden können. Absolventen – das hat Frau Lichtenecker angesprochen – von Fotoausbildungen auf höheren berufsbildenden Schulen, Unis, FHs oder von qualitativ und zeitlich gleichwertigen Ausbildungen sollen bei Nachweis einer kaufmännischen Ausbildung ohne Nachweis einer Praxiszeit den vollen Berufszugang bekommen. Das ist, meine Damen und Herren – Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen –, einfach eine qualitative Verbesserung.

Ihnen, Herr Kollege Widmann, danke ich für das Schutzangebot. Ich brauche es wirklich nicht. Ich fühle mich eher bei der Frau Dr. Lichtenecker aufgehoben (Heiterkeit beim BZÖ sowie der Abg. Dr. Lichtenecker – Hört-Hört-Rufe bei der SPÖ), die irgendwie ein Talent für den diplomatischen Dienst erkennen hat lassen, denn sie hat sowohl das eine richtig als auch das andere richtig gefunden. Und ich kann mich ihr nur anschließen, denn im Endeffekt – es ist noch nicht aller Tage Abend – werden wir mit dieser Praxisregelung Vorteile für beide haben. Es ist auch angesprochen worden, der eine ist unzufrieden, der andere auch. Das stimmt nicht, es sind eigentlich beide Teile recht zufrieden. „Recht“ ist etwas Relatives, und wir werden das weiterentwickeln.

Daher glaube ich auch, dass die gesamte Materie durchaus weiterführend und insge­samt auch zufriedenstellend geregelt ist. Wenn Sie schauen, wie viele Novellen der Gewerbeordnung wir schon gemacht haben, wird es so ähnlich sein wie beim ASVG, vielleicht etwas weniger. Daher: Wir werden wieder über das Thema diskutieren, wir werden weitere Fortschritte erzielen, aber dieser ist eigentlich sehr positiv. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Lettenbichler. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.05.08

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es wurde ja schon ausgeführt, dass die Änderung der Gewerbeordnung grundsätzlich drei Blöcke beinhaltet. Zum Ersten werden Anpassungen an das europäische Recht vorgenommen, zweitens erfolgen Deregulierungen von Bundesrecht, drittens werden Änderungen bei Berufsbezeichnun­gen beschlossen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 194

Ich möchte mich aber auf ein Detail der neuen Gewerbeordnung konzentrieren, welches für viele Grenzregionen, so auch für meinen Wahlkreis, dem Tiroler Unterland, bestehend aus den Bezirken Kufstein und Kitzbühel, von doch erheblicher Bedeutung ist, denn es ist leider zu beobachten, dass vor allem ältere Menschen immer wieder an den verschiedensten Werbeveranstaltungen und Werbefahrten teilnehmen, um die ihnen per persönlichem Anschreiben versprochenen und in Aussicht gestellten Ge­winne oder Geschenke, wie eine Ausflugsfahrt mit Gratisessen, abzuholen. Stattdessen landen sie aber oftmals auch in entlegenen Gasthäusern, wo sie eine mehrstündige Produktpräsentation erwartet. Angepriesen werden hier Produkte wie zum Beispiel Geschirr, Decken, Matratzen oder Pölster, unterbreitet von perfekt geschulten, psychologisch bestgeschulten Verkäufern. Ausgeschmückt mit den schöns­ten Worten und größten Versprechungen, manchmal sogar auch nachweislich mit falschen Aussagen untermauert, bauen eben diese Verkäufer einen gewissen Druck auf, und leider ist so mancher diesem Druck nicht gewachsen und kauft schluss­endlich etwas, was er nicht braucht, und das leider auch zu oftmals überteuerten Preisen.

In Österreich haben wir diesen Markt im Großen und Ganzen unter Kontrolle. Es ist aufgrund der derzeit geltenden gesetzlichen Maßnahmen nämlich so, dass solcherlei Veranstaltungen bislang auch schon sechs Wochen vor der Durchführung bei der Gewerbebehörde angemeldet werden mussten, wenn sie außerhalb der Betriebsstätte des Gewerbetreibenden stattfinden. Leider ist in den vergangenen Monaten festzu­stellen gewesen, dass man diesem Passus ausgewichen ist, vor allem eben – und da schließt sich der Kreis – in grenznahen Gebieten, da solche Veranstaltungen zwar in Österreich beworben wurden, Konsumenten angeschrieben wurden, oftmals die potenziellen Teilnehmer auch in ihren Heimatorten oder an Sammelpunkten abgeholt wurden, aber dann plötzlich die Reise, wie es bei uns ist, über den Inn ging und dann eine solche Veranstaltung im grenznahen Bayern abgehalten wurde.

Mit dieser Novelle schließen wir aber heute diese Lücke, denn künftig sind auch solche Veranstaltungen zu melden, die im Inland beworben werden, aber dann im Ausland durchgeführt werden. Somit hat man zumindest das Problem der Nachvollziehbarkeit von Veranstaltern besser im Griff als bisher. Sie sind einer entsprechenden behörd­lichen Überprüfung nun zugänglich.

Abschließend gilt mein Dank meinem Kollegen Konrad Steindl und allen anderen Verhandlern, die in harten und langwierigen Verhandlungen gemeinsam mit unserem Wirtschaftsminister einen doch sehr guten Kompromiss erreicht haben und ein herzeigbares Ergebnis präsentieren können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hechtl. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.08.37

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit dieser Gesetzesänderung der Gewerbeordnung 1994 werden bei verschiedenen Gewerben die Gewerbeberechtigun­gen den gegenwärtigen und auch den zukünftigen Anforderungen angepasst. Die gesetzlichen Änderungen – das wurde schon in einigen Bereichen angeführt – führen beispielsweise bei Elektrizitätsunternehmen zu strengeren Regelungen für die Werbe­veranstaltungen und erhöhen somit den Schutz der Konsumenten. Weitere Beispiele sind – wie ebenfalls schon angeführt wurde – die Einführung der Berufsbezeichnung des Baugewerbebetreibenden und Holzbaumeister, Änderungen beim Ruhen des Ge­werbes der Baumeister und deren Teilgewerbes, genauso wie die Einführung einer


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 195

Haftpflichtversicherung, welche mehr Sicherheit für den Auftraggeber mit sich bringt, all das sind wesentliche Maßnahmen.

Ich möchte auch auf den Beruf des Fotografen eingehen, dessen Zulassung erweitert und gleichzeitig, die im Wege einer Hochschulausbildung erworbene Qualifikation als Berufsausübungsvoraussetzung angerechnet wird, wodurch die Qualität der Ausbil­dung sichergestellt ist. Der Beruf des Fotografen behält aber nach wie vor seinen Sta­tus als Lehrberuf bei.

Geschätzte Damen und Herren! Ich denke, dies sind wesentliche Maßnahmen, wodurch die Gewerbeordnung eine wichtige Aktualisierung erfährt. Ich denke, dass ein wesentlicher Teil der Gewerbeordnung auch die Lehrlingsausbildung ist. Der Bericht des Bundesministers über die Beschäftigung der Jugendlichen und der Lehrlings­ausbildung in Österreich hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Lehrlings­ausbildung ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft ist und eine Lehrlingsausbildung unbedingt mit größter Qualifikation verbunden sein muss.

Ich denke, die ablehnende Haltung der Freiheitlichen Partei und des BZÖ im Aus­schuss sollte nochmals überdacht werden. Es geht hier um die Ausbildung unserer Jugendlichen, unserer Kinder, denen die beste Qualifikation vermittelt werden muss. In diesem Sinne ersuche ich Sie, Ihre Haltung noch einmal zu überdenken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Ing. Lugar. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.11.26

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn man sich anschaut, wie in Österreich mit der Gewerbeordnung umge­gangen wird, wenn man sich anschaut, was passiert, wenn man versucht, die Gewerbe­ordnung zu liberalisieren, und wenn man dann auch noch sieht, dass wir einen Hintergrund haben, der besorgniserregend ist – wir haben ja eine Weltwirt­schaftskrise, die im Begriff ist, wieder über uns hereinzubrechen –, wäre es in dieser Situation an und für sich angebracht, die Wirtschaft von ihren Fesseln zu befreien und die Gewerbeordnung entsprechend zu entrümpeln. All das wäre notwendig gewesen, aber was machen Sie? (Abg. Dr. Matznetter: Vorschläge!) Sie gehen her – ich komme schon zu den Vorschlägen –, machen eine Reform und machen dann mitten in der Reform sofort einen Rückzieher, genau wie Sie das immer machen.

Ich habe mir das jetzt einmal angeschaut, denn es wird immer wieder erklärt – Kollege Herr Matznetter hat das heute ganz genau auf den Punkt gebracht –, die Hoch­zeitsfotografie ist deshalb kein freies Gewerbe, weil es ja passieren könnte, dass jemand den Fotoapparat nicht ordentlich bedient und die Hochzeitsfotos für immer verloren sind. Und deshalb muss man das reglementieren.

Jetzt frage ich mich, warum in anderen Bereichen das nicht so kritisch gesehen wird. Es gibt ja laut Liste der freien Unternehmenstätigkeiten einige Dinge, die ohne Befähi­gungsnachweis oder Sonstiges gemacht werden. Zum Beispiel das Beaufsichtigen von Kindern, zum Beispiel der Betrieb von Schleppliften oder Tankstellen, zum Beispiel können Diätnahrungsmittel, insbesondere Kindernährmittel hergestellt werden, Erdöl­produktion, Erdölverarbeitung, Erzeugung von Lebensmitteln aller Art und tiefgekühlten Lebensmitteln, Erzeugung von Fruchtsäften, Erzeugung von Pizzen und sonstigen Lebensmitteln. Jetzt frage ich mich, kann da nichts passieren, wenn man Lebensmittel für Kinder erzeugt oder Sonstiges.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 196

Da kann nichts passieren, aber – und jetzt komme ich zu den reglementierten Gewerben – bei der Arbeitsvermittlung, da kann ja unwahrscheinlich viel passieren, da müssen wir wirklich reglementieren. Bei der Bestattung zum Beispiel, da kann natürlich dann jemand zu wenig tief gelegt werden, das kann schon passieren. Die Bodenleger können auch einiges falsch machen. Oder die Damenbekleidungsmacher, die Wäsche­warenerzeugung. Ich verstehe das natürlich, wenn die Wäsche zu eng sitzt, kann sie schon mal zwicken. Das muss natürlich entsprechend reglementiert werden, keine Frage. Perückenmacher müssen reglementiert werden, Fußpflege, Getreidemüller, all das muss reglementiert sein, Inkassobüros, Kosmetik, Schönheitspflege, Reisebüros, all das muss reglementiert werden.

Das hat in Wirklichkeit keinen Hintergrund. Da gibt es nicht jemanden, der sich überlegt, das eine muss reglementiert werden, das andere muss frei bleiben oder frei sein. Das gibt es nicht, sondern das ist rein gewachsen, eine gewachsene Struktur. Jene, die sich absichern wollen gegen Konkurrenz, verhindern mit Zähnen und Klauen, dass sich hier etwas ändert. Und die Regierung macht seit Jahrzehnten die Mauer, sonst wären all diese Dinge, die ich jetzt genannt habe – von der Arbeitsvermittlung angefangen, wo natürlich das AMS keine Freude hat, und, und, und –, schon lang liberalisiert worden. Aber weil es eben Interessen gibt, passiert das nicht.

Genau das Gleiche ist jetzt bei den Fotografen wieder passiert, die einfach Angst haben, dass man ihnen sozusagen wieder einen gewerbsmäßigen Bereich wegnimmt, sodass sie dann wieder Einbußen haben und wieder mit Konkurrenz zu leben haben. Das ist ja das Problem: Die, die haben, wollen keine Konkurrenz. Ich verstehe das schon. Wenn ich einen Betrieb habe, wo es keine Konkurrenz gibt, dann werde ich den Teufel tun, Konkurrenz zuzulassen. Und die Wirtschaftskammer macht da die Mauer. Das ist genau das Problem.

Herr Minister, wenn Sie schon von Modernisierung der Gewerbeordnung sprechen, dann wissen Sie, dass es manche Altbestände in der Gewerbeordnung gibt, die seit 1859 in Funktion sind. Zum Beispiel gibt es noch einen Entlassungsgrund aus 1859, wo das Küssen am Arbeitsplatz verboten ist und als Entlassungsgrund definiert wird. Und das wird auch noch angewandt. Es hat einen Fall gegeben, wo das angewandt wurde. Solche Dinge gibt es heute immer noch. 1859! Wachen Sie bitte auf! Da muss man endlich etwas tun. Und das Ganze noch angesichts dessen, dass wir eine Wirtschaftskrise zu erwarten haben und endlich der Wirtschaft die Fesseln abnehmen sollten, damit sie das machen kann, wofür sie da ist, nämlich Gewinne erwirtschaften und Steuern zahlen, und von den Steuern profitieren dann alle. Es geht nicht an, die einen von der Konkurrenz abzuschirmen, damit sie ihr Gerstl verdienen können, und die anderen nicht an den Futternapf zu lassen. Das ist das Denken von gestern, Herr Minister.

Eine Sache noch zum Antrag des BZÖ. Selbstverständlich brauchen wir eine freie Mit­gliedschaft bei den Kammern. Selbstverständlich! Es kann mir doch kein Mensch erklären, warum man einen Unternehmer zwingen muss, bei der Kammer Mitglied zu sein. Warum muss man ihn zwingen? Warum muss man einen Unternehmer zwingen? Wenn die Kammer so tolle Errungenschaften für die Unternehmer hat, wenn die Kammer so viel Service bietet, wenn die Kammer so viel Gutes tut für ihre Unter­nehmer, warum zwingen wir sie dann? Das müsste doch so sein wie bei der IV, da sind sie auch freiwillig dabei. Da müssten doch, so wie bei der IV, wo die Industriellen freiwillig zahlen, genauso die Unternehmer auch freiwillig bei der Wirtschaftskammer zahlen. Das muss doch möglich sein.

Wenn Sie nicht glauben, dass das möglich ist, dann weiß ich schon, warum Sie das nicht glauben. Weil Sie wissen, dass die Wirtschaftskammer letztlich nichts anderes ist als ein Moloch, der sich selbst bedient und der letztlich nicht viel für die Wirtschaft tut.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 197

Das müssten Sie ändern, und wenn Sie das ändern, dann würde auch eine freiwillige Mitgliedschaft funktionieren. So lang Sie das nicht ändern, glaube ich, dass Sie diese Zwangsmitgliedschaft brauchen.

Sie werden auch heute diesem Antrag sicherlich nicht zustimmen, dass es endlich eine Freiwilligkeit gibt, denn Sie wissen, dann würde es die Wirtschaftskammer nicht mehr geben.

Deshalb mein Tipp an Sie: Reformieren Sie nicht nur die Wirtschaftskammer, refor­mieren Sie auch die Gewerbeordnung und entrümpeln Sie endlich Dinge, die seit 1859 Geltung haben. Das ist nicht mehr zeitgemäß. – Vielen Dank. (Abg. Tamandl: Tosen­der Applaus!)

19.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Obernosterer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.18.12

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lugar, wenn Sie noch da sind (Heiterkeit), meine Redezeit ist zu kurz, um Sie aufzuklären über den Unterschied zwischen Wirtschafts­kammer und Industriellenvereinigung. Aber das machen wir draußen einmal, damit Sie das endlich verstehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, zum Inhalt der Gewerbeordnung wurde alles gesagt. Der Herr Bundes­minister hat es ja dann noch auf den Punkt gebracht in seinen Ausführungen – das zu meinen Vorrednern, die gerade gesprochen haben, zum Beispiel der Herr Themessl von der FPÖ –: Einen großen Wurf der Gewerbereform, den wird es nicht geben, den kann es nur teilweise geben.

Eine der größten Stärken der österreichischen Wirtschaft, das wissen wir, ist unsere Qualität in der Produktion und in der Dienstleistung. Ich kann mich noch gut erinnern, als wir zur EU gegangen sind, sind gerade von eurer Seite her große Bedenken gekommen, dass die Qualität leiden wird. Die Voraussetzungen für diese große Qualität brauche ich jetzt, glaube ich, nicht im Einzelnen auszuführen, ihr seid ja alle Profis in dem Bereich. Wir wissen, dass wir diesen Standard halten müssen, um weiter­hin konkurrenzfähig zu sein in allen Bereichen, wir wissen aber auch, dass es da und dort auch zu ordentlichen Liberalisierungen kommen muss, um weiterhin konkur­renzfähig zu sein.

Die Qualität ist ja nicht nur für das Produkt, sondern insbesondere für den Kon­sumenten sehr wichtig. Und dass es eine gewisse Ausbildung in diesem Bereich braucht, um diese Qualität zu bieten – es geht ja nicht nur um die Produktion, sondern auch um die Ausbildung in Buchhaltung, im Rechnungswesen –, sehen wir an den Statistiken, die zeigen, dass sehr viele Klein- und Einzelbetriebe, die sehr stark auf den Markt drängen mit Preisen, unter denen man nicht produzieren oder eine Dienst­leistung erbringen kann, nach einem Jahr in der Insolvenz sind, weil vielfach nicht bedacht wird, dass Umsatz nicht gleichzeitig Gewinn ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dieser Schutz ist nicht nur für den Konsumenten hinsichtlich der Qualität wichtig, sondern der Schutz der Gewerbeordnung ist auch für die Unternehmen da.

Das BZÖ hat da wirklich ein bisschen das Thema verfehlt. Es geht um die Gewerbe­ordnung. Es geht darum, weiterhin die Qualität zu halten. Die Gewerbeordnung geht in Richtung Liberalisierung, damit man auch in Zukunft konkurrenzfähig ist, aber ich habe nicht gelesen, dass es im Grunde um die Frage: Pflichtmitgliedschaft in der Wirt­schaftskammer, ja oder nein?, geht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 198

Bleiben wir bei der Sache, und schauen wir, dass Österreich weiterhin ein solch starker Wirtschaftsstandort bleibt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.)

19.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. 3 Minu­ten sind eingestellt. – Bitte.

 


19.21.38

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja zu den freien Fotografen oder zu den Berufs­fotografen, Pressefotografen schon alles gesagt worden. Ich möchte nur noch ein paar Punkte herausnehmen, die mir sehr wichtig sind.

Es hält sich der Glaube, dass, wenn ein Gesetzesvorschlag von der Regierung kommt, dieser im Parlament abgenickt wird. Aber genau so war es in diesem Fall nicht, denn es ist immer noch so, dass das Parlament die Gesetze macht. Und wir hier vertreten viele Interessen, viele verschiedene Interessen von unterschiedlichen Berufsgruppen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.)

Wenn so wie hier viele unterschiedliche Interessen zusammenkommen, sind Kom­promisse notwendig. Und zur Erreichung des Kompromisses – das ist auch das Schöne in diesem Prozess rund um die freie Fotografie – haben sich alle Vertreter dieser Interessengruppen an einen Tisch gesetzt und haben gemeinsam verhandelt.

Die VertreterInnen der freien Fotografie schreiben und sagen selbst auch: 95 Prozent ihrer Interessen sind jetzt in der Gewerbeordnung drinnen.

Ich möchte noch einmal ganz kurz diesen Punkt herausnehmen: Sie heißen jetzt Pressefotograf und Fotodesigner und dürfen ab sofort nicht nur wie bisher nur Presse­medien zur redaktionellen Berichterstattung beliefern, sondern sie dürfen Aufträge im B2B-Bereich machen, also PR-Bilder, Werbung, Firmenbroschüren, Portraits von Firmen­chefs, Politiker-Wahlwerbung und so weiter.

Für das B2C-Geschäft, also direkte Kundengeschäfte, wie zum Beispiel Hochzeits­fotografien, müssen sie vorher drei Jahre das Gewerbe ausgeübt haben.

Das Schöne an dieser Änderung der Gewerbeordnung ist auch, dass einige der besten Fotografen Österreichs damit endlich aus dem Kriminal geholt werden können, endlich Wettbewerb innerhalb der EU gegeben ist und es nicht mehr notwendig ist, sich gute Werbefotografen zum Beispiel aus Deutschland oder Italien zu holen, wenn man Wahlplakate machen möchte, wie das einige andere Parteien bisher gemacht haben. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Abg. Dr. Lichtenecker.)

19.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tages­ordnungspunkt ist Herr Abgeordneter Hörl zu Wort gemeldet. 3 Minuten sind einge­stellt. – Bitte.

 


19.24.03

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn wir heute diese Novelle beschließen, dann setzen wir damit eine lange Tradition fort.

Gabriel Obernosterer hat festgestellt, dass wir die Gewerbeordnung nie ganz libe­ralisieren können. Ich bin der Meinung, dass wir das auch gar nicht machen sollen und wollen, weil wir eigentlich stolz darauf sein sollten, dass wir als eines der ersten Länder


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 199

schon 1876 eine Gewerbeordnung bekommen haben. (Bundesminister Dr. Mitter­lehner: 1859!) – 1859, der Herr Bundesminister berichtigt mich, danke.

Wir sollten die Gewerbeordnung in großer Tradition weiterentwickeln, was wir heute auch machen, wir entwickeln sie weiter und schreiben sie fort.

Was brauchen wir dazu? – Wir brauchen einen sehr liberalen Wirtschaftsminister, zwei praxisbezogene Parlamentarier, die haben wir mit Christoph Matznetter und Konrad Steindl, die wirklich aus der Praxis kommen – und wir brauchen keine Traumtänzer, die hier von Liberalisierung reden, die die Leute selbst nicht wollen.

Ich wundere mich schon und stelle an Sie von den Freiheitlichen und vom BZÖ die Frage: Was halten Sie eigentlich von direkter Demokratie? (Die Abgeordneten Ursula Haubner und Mag. Widmann: Sehr viel!) Die Fotografen wurden einbezogen, wir haben eine Lösung gefunden, Konrad Steindl und Christoph Matznetter haben eine Lösung gefunden, die allen passt, und dann kommen Sie und sagen: Das geht so nicht!

Sie wollen die Abschaffung der Wirtschaftskammer. Wollen Sie die Wirtschaft schwächen?! Das wollte Ihr großes Idol Haider auch schon. (Abg. Mag. Widmann: Befreien! Vom Zwang befreien!) Aber bei der Reduktion der Arbeiterkammer hat er kläglich versagt.

Die Wirtschaftskammer, das sage ich Ihnen, ist die Interessenvertretung der Unter­nehmer. Sie hat Beiträge gesenkt, tut viel für die Ausbildung der Lehrlinge, und aus der ganzen Welt kommen heute Menschen zu uns, die die duale Ausbildung im Rahmen der Lehre bewundern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Bravoruf bei der ÖVP.) Und Sie wollen sie abschaffen, das ist ungeheuerlich!

Meine Damen und Herren! Wir müssen mit Augenmaß vorgehen. Wir müssen die Betroffenen einbeziehen. (Zwischenruf des Abg. Zanger. – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Wir müssen schauen, dass wir das so weiterentwickeln, wie es für unseren Standort und für uns das Beste ist. Und das können wir nur mit den Unter­nehmern, mit der Wirtschaft – und nicht mit Liberalisierungsfanatikern.

Ich freue mich heute auch darüber, dass sich meine Blumenhändlerin in Zukunft „Floristin“ nennen darf. Das ist ein positiver Beitrag. Sie hat sicher große Freude damit.

Eines ist noch nicht angesprochen worden: Es ist gut, dass wir im Baugewerbe eine Pflichtversicherung eingeführt haben, das ist ganz wichtig, auch bei den Immobilien­maklern und -händlern, sodass wir da für ein Stück Sicherheit gesorgt haben.

Herr Bundesminister Mitterlehner, weiter so! Sie sind sehr erfolgreich. Sie sind zu höheren Weihen berufen. Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei FPÖ und BZÖ.)

19.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Themessl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.27.04

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! (Abg. Mag. Widmann – in Richtung Bundesminister Dr. Mitterlehner –: Bundespartei­obmann!) Werte Kolleginnen und Kollegen! Man muss ein paar Sachen richtigstellen, die kann man so nicht im Raum stehen lassen.

Herr Hörl, soviel ich weiß, sind Sie Seilbahnobmann oder etwas so Ähnliches. Sie werden nicht sagen, dass es 1850 schon Seilbahnen gegeben hat und Sie erst jetzt, 150 Jahre später, draufkommen (Zwischenruf des Abg. Hörl), dass man dort etwas


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 200

modernisieren muss. Da hätten Sie im Zillertal in der Zwischenzeit einiges verschlafen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Die Ausführungen des Herrn Hörl, des Herrn Obernosterer und vor allem auch des Herrn Kollegen Hechtl haben mich dazu veranlasst, Ihre Zeit, meine Damen und Herren, noch etwas in Anspruch zu nehmen. (Abg. Riepl: Das haben wir befürchtet!)

Es ist ein Armutszeugnis, Herr Kollege Hechtl, wenn Sie eine Zwangsmitgliedschaft brauchen, um die sogenannte Sozialpartnerschaft aufrechtzuerhalten. Es wäre sinn­voll, wenn sowohl die Wirtschaftskammer als auch die Arbeiterkammer durch Leistung überzeugen würden, denn dann würden Sie die Zwangsmitgliedschaft nicht brauchen, schon gar nicht im Gesetzesrang. – Das ist das Erste. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Obernosterer! Ich gebe Ihnen vollkommen recht, selbstverständlich steht unser Handwerk auf goldenen Beinen, auf guten Füßen – weil wir die Ausbildung garan­tieren.

Ich bin ganz bei Ihnen, dass man nicht alle Berufszweige freigeben kann (Ruf bei der ÖVP: Aha!), aber wie Sie wissen, sind wir in der Zwischenzeit in der EU. Und nicht alles, was aus Brüssel kommt, ist gut.

Sie können doch nicht ernsthaft behaupten, dass jemand, der aufgrund von EU-Vorgaben nach Österreich kommt, einen Beruf ausüben kann, wofür der Österreicher nur unter ganz anderen Bedingungen einen Gewerbeschein erhält. Das ist die Ungleichbehandlung, die wir ablehnen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.)

Das gibt es im Kosmetikbereich, das gibt es im Fußpflegebereich, und das gibt es auch in vielen anderen Bereichen. Und ich erwarte vom Herrn Bundesminister, dass er diesbezüglich endlich eine Anpassung vornimmt.

Es kann nicht sein, dass eine Fußpflegerin aus Lettland oder Litauen oder sonst wo mit ihrem Gewerbeschein kommt, keinen Nachweis darüber bringen muss, wie die Ausbildung dort vonstattengegangen ist (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm), der Gewerbeschein aufgrund einer amtlich beglaubigten Übersetzung eins zu eins über­nommen wird, die österreichische Fußpflegerin jedoch eine Ausbildung machen und dann noch fünf Jahre Praxis nachweisen muss.

Das ist eine Ungleichbehandlung von EU-Bürgern, und das ist richtigzustellen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Dolinschek.)

19.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Windholz. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.29.35

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Die Ausführungen von Herrn Hörl und von Herrn Obernosterer führen einen natürlich an dieses Rednerpult.

Wisst ihr beide, wen ihr jetzt gerade kritisiert habt, wortgewaltig kritisiert habt? Kollege Hörl hat gesagt: Ungeheuerlich! Wisst ihr, zu wem ihr das gerade gesagt habt? – Zu eurem eigenen Wirtschaftsminister habt ihr das gesagt! (Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Ruf: Den muss man schützen!)

Herr Wirtschaftsminister, auch wenn Sie es nicht geglaubt haben: Sie brauchen doch jemanden, der Sie hier vom Rednerpult aus verteidigt. Sie haben einen liberalen Vor­schlag gemacht, der unsere Zustimmung gefunden hätte, und diese beiden Seiten, die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 201

Regierungsparteien ÖVP und SPÖ, haben das wieder zu Fall gebracht – nicht mehr, nicht weniger.

Und wenn Sie sich über uns beschweren im Zusammenhang mit der Zwangs­mitglied­schaft: Das ist unser gutes Recht! Und wir wissen viele, viele tüchtige Unternehmer auf unserer Seite. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

Wettbewerb kann doch nur etwas Gutes sein. Wenn ihr eine ordentliche Leistung erbringt, werdet ihr keinen Zwang brauchen. Wovor fürchtet ihr euch? (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist eine Pflicht und kein Zwang!)

Daher bleibt es dabei: Weg mit der Zwangsmitgliedschaft! Solange wir hier sind, werden wir dafür eintreten. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

19.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zum Wort ist nun ... (Abg. Hörl: Tatsächliche Berich­tigung!)

Herr Abgeordneter Hörl meldet sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort. Ich verweise auf die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


19.31.00

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Herr Kollege Wildhölzl hat gesagt, ich hätte zum eigenen Wirtschaftsminister „Ungeheuerlich!“ gesagt.

Ungeheuerlich ist Ihre Einstellung zur dualen Ausbildung, das habe ich gesagt!

19.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Hörl, das war keine tatsächliche Berich­tigung, und der Herr Abgeordnete heißt Windholz; das berichtige ich jetzt tatsächlich. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ.)

Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. (Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.  Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Lugar. – Bitte.

 


19.31.41

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Ich kann das leider nicht unwidersprochen lassen.

Herr Obernosterer hat ja behauptet, dass ich den Unterschied zwischen IV und Wirt­schaftskammer nicht kenne. – Mir ist der Unterschied sehr wohl bekannt, und mir ist auch der Unterschied zwischen Gewerkschaft und Arbeiterkammer bekannt. Trotzdem ist es ein Teil unserer österreichischen Wirklichkeit, dass es auf der einen Seite Organisationen gibt, die mit Zwang arbeiten, und auf der anderen Seite Organi­sationen, die mit – einigermaßen – Freiwilligkeit arbeiten, wie zum Beispiel der Ge­werkschaftsbund – ganz so freiwillig ist es ja nicht immer. (Abg. Riepl: Na geh! Geh! Geh!) Das sieht man gerade in den Staatsbereichen, wo man nur dann eine Anstellung bekommt, wenn man auch der Gewerkschaft beitritt. Also ganz freiwillig ist das auch nicht.

Aber zumindest die IV ist meines Wissens eine freiwillige Organisation, besteht parallel zur Wirtschaftskammer, erfüllt auch ihren Zweck und hat keinen Zwang.

Noch eine Sache, und zwar von Herrn Obernosterer: Er hat hier gesagt, dass es ein Wahnsinn und eine Themenverfehlung ist, dass einige vom BZÖ und auch ich es wagen, hier einen Antrag anzusprechen. – Ich weiß nicht, in welchem Film Sie sind! Dieser Antrag steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 202

Es gibt einen Antrag für die freiwillige Mitgliedschaft, und dieser Antrag – fragen Sie den Herrn Präsidenten! – steht mit in Verhandlung. Und „mit in Verhandlung“ heißt, dass wir auch darüber reden. Und wenn Sie es ganz furchtbar finden, dass wir über einen Antrag sprechen, der hier eingebracht wurde, dann sind Sie in der falschen Veranstaltung, aber können uns sicherlich keinen Vorwurf daraus machen! (Ruf bei der ÖVP: Wer ist „uns“?) – Die Opposition ist „uns“. Ich gehöre da auch dazu, wenn es Ihnen recht ist, denn zu Ihnen möchte ich nicht gehören, davon können Sie ausgehen! (Beifall der Abg. Schenk.)

So, nun noch zu Herrn Hörl: Das war ja wahnsinnig witzig, ich finde das auch ganz nett um diese Uhrzeit, damit es witzig bleibt, aber wenn Sie sagen, dass das alles ganz wunderbar ist, dass Sie ja die Fotografen gefragt haben, bevor Sie da entsprechend zurückgerudert sind: Entschuldigung, da haben Sie ja die Frösche gefragt, ob Sie den Sumpf trockenlegen sollen! (Heiterkeit.)

Das geht doch nicht! Sie können doch nicht die fragen, die da an der ganzen Sache etwas verlieren. Es mag schon sein, dass die Fotografen, die da etwas verlieren könnten, nicht begeistert sind. Das ist doch der Sinn der Sache. Liberalisierung bedeutet, dass manche etwas verlieren und andere etwas gewinnen. Ich hoffe, das haben Sie verstanden! (Beifall des Abg. Mag. Stefan.)

Und wenn Sie das Ganze dann als Liberalisierungsexzess betrachten – entschuldigen Sie, Sie von der ÖVP (Abg. Kopf: Tut uns leid!), entschuldigen Sie, einen Libe­ralisierungsexzess haben wir heute gesehen, hat Herr Hörl gesagt, Ihr Mann! Er hat heute gesagt, wir haben jetzt einen Liberalisierungsexzess erlebt. (Ruf bei der FPÖ: Die Wirtschaftspartei!) Einen Liberalisierungsexzess! Entschuldigung, das ist ja nicht einmal irgendetwas, was Sie hier machen!

Und wenn dann der Herr Minister von Herrn Hörl so wortreich für höhere Weihen empfohlen wird, wovon spricht er da? – Niederösterreichischer Landeshauptmann? Denn das ist ja der liebe Gott bei Ihnen. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Vielleicht ist das das, was Sie meinen. Wollen Sie ihn wegloben nach Niederösterreich, oder was meinen Sie damit? (Ruf bei der ÖVP: Kanzler! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Also sprechen Sie bitte nicht von einem Liberalisierungsexzess, wenn Sie letztlich genau das verhindern. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Haberzettl.)

19.34

19.34.54

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist nun dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1874 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Steindl, Dr. Matznetter, Dr. Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Steindl, Dr. Matznetter, Dr. Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Ziffer 3 sowie die Einfügung einer neuen Ziffer 29a bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 203

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Windholz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft bei den Wirtschaftskammern.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

19.36.5316. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1901/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend bessere Unter­stützung für Mehrlingsfamilien (1813 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1902/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend bessere Unterstüt­zung für Familien mit Folgegeburten im Bezugszeitraum des Kinderbetreuungs­gelds (1814 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zu den Punkten 16 und 17 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Kitzmüller. Wunschgemäß sind 4 Minu­ten Redezeit eingestellt. – Bitte.

 


19.37.41

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Dass wir die gegenständlichen Anträge am Schluss der Tagesordnung abseits der Wahrnehmung der Öffentlichkeit behandeln (Ruf bei der ÖVP: Stimmt ja nicht!), verdeutlicht den Stellenwert der Familie unter der schwarz-roten Regierung: Sie steht offensichtlich an der letzten Stelle! (Beifall bei der FPÖ.)

Sollte aber doch jemand außerhalb dieses Hauses die Debatte verfolgen, so muss ich ihm leider jetzt schon sagen, dass Rot-Schwarz unter Assistenz ihres Neo-Partners in der neuen Dreierkoalition sozusagen die Anträge, die Familien zu unterstützen, ableh­nen werden.

Wenn auch die Anträge abgelehnt werden, so haben sie doch, meine Damen und Herren, einen positiven Zweck erfüllt: Hätten wir die Anträge nicht gestellt, wären sie nicht abgelehnt worden, wäre heute die Familie nicht einmal bei einem einzigen Punkt auf der Tagesordnung gestanden. (Abg. Zanger: Traurig!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 204

Wir sehen, dass Mehrlingsfamilien eine bessere Unterstützung brauchen und dass Familien mit Folgegeburten im Bezugszeitraum des Kinderbetreuungsgeldes auch benachteiligt sind. Das zeigt, wie skandalös das Verhalten hier ist.

Aber Sie sind auch sehr kreativ gewesen, vor allem in der Argumentation. Es heißt, dass die Erhöhung des Kinderbetreuungsgeldes nicht, wie wir meinen, den Kindern zugutekommt, Leistungen sind, die für die Kinder da sind, sondern dass das nur für Vater und Mutter ist. Wie kann man sich das vorstellen?

Und diese schwache Argumentation, die ich Ihnen hier vorgebracht habe, hat allen voran unsere ehemalige Staatssekretärin für Familien Abgeordnete Marek im Aus­schuss gebracht.

Meine Damen und Herren, Sie sehen daran, wie realitätsfremd unsere Damen und Herren im Familienausschuss sind, wenn es um Familien geht. Stellen Sie sich wirklich vor, dass das Geld ein Mascherl hat: Das eine kommt ins Geldbörserl für die Kinder, das andere kommt ins Geldbörserl für die Mutter? – Na sicher nicht. Es kommt in jedem Fall unseren Kindern zugute. So schaut es nämlich in der Realität aus! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, haben Sie etwas mehr Bodenhaftung! Ich empfehle Ihnen auch ganz deutlich, anzusehen, wie die Situation der Österreicherinnen und Österreicher in der Realität ausschaut, denn wahrlich heilend ist diese verfehlte Familienpolitik nicht. Sie hat auch wirklich nicht den letzten Schliff bekommen, denn ein Großteil der österreichischen Familien kann es sich nicht mehr leisten, den Kindern die beste Unterstützung zu geben, denn das Geld im Börserl der Familien ist tatsächlich sehr knapp. Das ist vor allem dann zu beobachten, wenn wir uns die Mehrkindfamilien ansehen, deren Lage, gelinde gesagt, sehr angespannt ist.

Deshalb ersuche ich Sie, doch noch einmal unsere Anträge zu überdenken und diese im Sinne unserer Familien zu unterstützen und mit uns mitzutragen!

Aber der letzte Familienausschuss hat auch noch ganz etwas anderes Interessantes zutage gebracht. Wir haben einen Experten in der Runde gehabt. Wir Freiheitliche haben ja schon immer das gesagt, was dieser Experte, der Experte des Ministeriums, des Ministers uns gesagt hat, nämlich dass die Zuverdienstgrenze ein sehr unge­eignetes Steuerungsmittel ist, um die Qualität der Kinderbetreuung zu erhöhen.

Deshalb, meine Damen und Herren, fordere ich Sie auf, besonders die Damen und Herren von der ÖVP, deren Experte auch dort war, diesem Experten zu folgen und sich nicht nur das herauszupicken, was gerade in den Kram passt, und das andere, was ein Experte gesagt hat, zu verneinen und nicht zu berücksichtigen, denn so kann es jetzt nicht weitergehen, dass die Familien benachteiligt werden!

Ich bringe daher – angelehnt an das, was Herr Professor Mazal gesagt hat – folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller und weiterer Abgeordneter betreffend die Abschaffung der Zuverdienstgrenze bei Inanspruchnahme des Kinderbetreuungsgeldes

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 205

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche eine vollständige Abschaffung der Zuverdienstgrenze bei Inan-spruch­nahme des Kinderbetreuungsgeldes vorsieht.“

*****

Meine Damen und Herren, machen Sie etwas für unsere Familien! Vertrauen Sie auch Ihren eigenen Experten und stimmen Sie diesem Antrag zu! (Beifall bei der FPÖ.)

19.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller und weiterer Abgeordneter betreffend die Abschaffung der Zuverdienstgrenze bei Inanspruchnahme des Kinderbetreuungsgeldes

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 17, Bericht des Fa­milienausschusses über den Antrag 1902/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitz­müller, Kolleginnen und Kollegen betreffend bessere Unterstützung für Familien mit Folgegeburten im Bezugszeitraum des Kinderbetreuungsgelds (1814 d.B.), in der 166. Sitzung des Nationalrates am 5. Juli 2012

Derzeit gibt es fünf verschiedene Kinderbetreuungsgeld-Modelle, vier einkommens­unabhängige, die sogenannten Pauschalvarianten und eine einkommensabhängige Variante.

Bei allen Pauschalvarianten beträgt die Zuverdienstgrenze 16.200,- Euro jährlich oder bis zu 60 Prozent des früheren steuerpflichtigen Einkommens. Bei der einkommens­abhängigen Variante ist der Zuverdienst mit 6.100,- Euro jährlich gedeckelt.

Um eine höhere Väterbeteiligung bei der Kinderbetreuung zu erzielen und auch die tatsächliche Wahlfreiheit zu fördern, wurde bereits in der Vergangenheit mehrmals der Versuch gestartet die Zuverdienstgrenze abzuschaffen. Eine Abschaffung dieser hätte ebenfalls eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur Folge.

Die Anhebung der Zuverdienstgrenze von 14.600,- Euro auf 16.200,- Euro war ein erster richtiger Schritt. 

Wie auch der Institutsleiter des österreichischen Instituts für Familienforschung Prof. Mazal im Familienausschuss am 20. Juni 2012 erläuterte, hat diese Zuverdienst­grenze absolut keinen Lenkungseffekt.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 206

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche eine vollständige Abschaffung der Zuverdienstgrenze bei Inan­spruch­nahme des Kinderbetreuungsgeldes vorsieht.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Marek. 3 Minu-ten Redezeit. – Bitte.

 


19.42.48

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Also das war jetzt wieder einmal ein Meisterstück, Frau Kollegin (Abg. Kitzmüller: Danke!), wie man bewusst jemanden falsch interpretiert. Aber ich kann es gerne noch einmal erklären. Das, was ihr mit euren beiden Anträgen gemacht habt, ist, zwei unterschiedliche Systeme zu interpretieren. Das eine ist der Ersatz für Betreuungsleistungen, das ist nämlich das Kinderbetreuungsgeld, und das andere der Ersatz für Unterhaltskosten von Kindern, das ist die Familienbeihilfe, das sind der Mehrkindzuschlag, Geschwisterstaffel und vieles mehr.

Da geht es natürlich dann sehr wohl um die Unterstützung pro Kind, weil pro Kind auch die Kosten entstehen. Aber das Kinderbetreuungsgeld ist einfach teilweise Ersatz für die Betreuungsleistung, die Eltern für ihre Kinder erbringen. Und das ist ganz etwas anderes, als wenn ich gesagt hätte, das eine ist fürs Kind, das andere ist für die Eltern, denn natürlich kommt das Kinderbetreuungsgeld massiv den Kindern zugute, indem man die Eltern hier unterstützt, denn es schafft Elternzeit. Und genau das ist es.

Ein Antrag betrifft Zwillinge. Es gibt pro Zwilling 50 Prozent Zuschlag, denn man hat ja nicht gleich zweimal die doppelte Betreuungsbelastung, sondern es geht einfach darum, dass mehr Zeit aufgewendet werden muss. Deswegen haben wir das hier auch vor ein paar Jahren verbessert: 50 Prozent pro Zwilling beziehungsweise Mehrling gibt es dazu. Also da bitte nicht das System so grundlegend missverstehen!

Auch bei der Unterstützung im Falle von Folgegeburten geht es darum, dass wir einfach annehmen, und das ist eine Tatsache, dass der Betreuungsaufwand natürlich immer für das jüngste Kind der höhere ist. Deswegen ist es auch durchaus gerecht­fertigt, dass wir mit der Geburt des nächsten Kindes den Bezug beenden und dieser dann wieder neu beginnt für das nächste Kind, wobei ich, Frau Kollegin, die Argu-mentation im Antrag leicht gewagt finde, dass sich die unterschiedlichen Varianten beim Kinderbetreuungsgeld als regelrechtes Ratespiel entwickeln und zur Familien­planung passen müssen. Also das finde ich etwas eigenartig.

Zur Zuverdienstgrenze: Wir haben im Ausschuss wieder einmal intensiv darüber diskutiert. Ja, ich kenne die Position von Professor Mazal, aber eines muss ich klar sagen, wir wollen ja auch – und gerade wenn es um die Väter geht, ist dies ein vehe­mentes Argument –, dass dies auch Zeit für die Familie schafft, was nur funktioniert, wenn es eine Zuverdienstgrenze gibt. Diese ist auch aus budgetären Gründen wichtig. Das Kinderbetreuungsgeld kostet jährlich eine Milliarde beziehungsweise 1,1 Milliar­den €, das ist viel Geld, das den Familien in positivstem Sinn zugutekommt. Da von einer Benachteiligung der Familien zu sprechen, ist völlig lächerlich und überzogen. Wir sind hier weltweit wirklich an der Spitze. Eine Milliarde noch zusätzlich für Pen­sions­beiträge für die Frauen, auch das möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen, die pensionsbegründenden Beiträge.

Warum soll bitte irgendein Vater Arbeitszeit reduzieren zugunsten seiner Kinder, zugunsten der Familienzeit, wenn es egal ist, wenn er ohnehin auf jeden Fall das Kinderbetreuungsgeld bekommt, weil es keine Zuverdienstgrenze gibt? Dann haben


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 207

wir zwar die maximalen Kosten, aber der Nutzen und die Zeit für die Familie sind einfach nicht so groß. Und genau das haben wir diskutiert, und die Gegenargu­men­tation schaue ich mir an. Dann haben wir zwar die finanzielle Unterstützung für die Familie, aber es gibt deswegen nicht mehr Zeit für die Familie, für die Kinder. Und genau deswegen lehne ich die Abschaffung der Zuverdienstgrenze ab. Wenn du mir da skandalöses Verhalten unterstellst, Frau Kollegin, meine ich, darüber musst du selber lachen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.46.44

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister, der Sie zu höheren Weihen kommen sollen! Ich möchte aber jetzt zur Familienpolitik  (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Ich kann nichts dafür!) – Ich weiß das ja. Ich habe gesehen, wie Sie gelitten haben. Das Schlimmste, was einem passieren kann, ist, von den eigenen Leuten zu höheren Weihen empfohlen werden. (Zwischenruf des Abg. Kopf.) Ich habe vollstes Verständnis.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir befassen uns heute mit zwei Anträgen aus dem Familienausschuss, die die FPÖ eingebracht hat, die eigentlich übrig geblieben sind von einer Tagesordnung, wo alles vertagt wurde, wichtige Dinge wie das bundeseinheitliche Jugendhilfegesetz, wie die Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes, einer Tagesordnung, die eigentlich ohnehin nur zustande gekommen ist, weil es Anträge der Oppositionsparteien gegeben hat. Und das wirft schon ein etwas verräterisches Licht auf die Familienpolitik, wenn im Ausschuss eigentlich keine Themen von der Regierung vorgelegt werden, mit denen wir uns befassen können.

Was diese zwei Anträge anbelangt, werden wir dem ersten Antrag, der die Erweiterung des Kinderbetreuungsgeldes bei Mehrlingsgeburten vorsieht, nicht zustimmen, denn wir sind der Meinung, wenn Kinder gleichzeitig betreut werden müssen, dass diese 50 Prozent-Regelung eine klare und faire Unterstützung für die Familien darstellt. Ich habe das selbst auch damals als Familienministerin so vorgeschlagen und stehe heute noch zu diesem Modell.

Was den zweiten Antrag, wo es darum geht, bei Folgegeburten nicht wieder von vorne zu beginnen mit einer neuen Form des Kinderbetreuungsgeldes, betrifft, denke ich, sollte man schon überlegen, ob es da nicht Verbesserungen geben könnte. Wenn ich mich recht erinnere, hat die Frauensprecherin der ÖVP, Frau Kollegin Schittenhelm, auch einmal einen ähnlichen Vorschlag gemacht. Daher würde ich bitten, vielleicht nicht gleich gegen dieses Thema zu sein, sondern darüber einmal intensiv zu diskutieren.

Wir werden dem zustimmen, weil wir der Meinung sind, die Familien als Leistungs­träger haben schon genug bezahlt, Familie muss leistbar sein. Da ist jedes Kind gleich viel wert und sollte auch gleich bewertet und auch finanziell bedacht werden.

Wir haben, wie schon angesprochen wurde, im Ausschuss sehr intensiv über das Kinderbetreuungsgeld diskutiert, vor allem auch weil Sie, Herr Bundesminister, eine Evaluierung von zwei Modellen vorgestellt haben. Was mich besonders freut, ist, dass bis heute – und ich weiß dies ja aus vielen Gesprächen – das Kinderbetreuungsgeld als grundsätzlich einkommensunabhängige Familienleistung ein Erfolgsmodell ist.

Das Kinderbetreuungsgeld wird gut angenommen, besonders auch die Langzeit­variante. Daher wäre aus unserer Sicht einmal interessant, sich auch die anderen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 208

Varianten anzuschauen, nicht nur die zwei, die Pauschalvariante und die einkommens­abhängige Variante, weil eben die andere eine sehr hohe Akzeptanz hat.

Ich glaube, wichtig wäre es auch, Herr Bundesminister, sich einmal anzuschauen, wie die Eltern zur Zuverdienstgrenze stehen. Nach zehn Jahren, in denen von FPÖ-Seite und von BZÖ-Seite immer wieder die Forderung kommt, die Zuverdienstgrenze abzu­schaffen, sollte man auch einmal die Eltern fragen: Wie seht ihr diese Zuverdienst­grenze? Und ich möchte jetzt nicht noch einmal Prof. Mazal zitieren, der richtig gesagt hat: Es ist kein Lenkungseffekt, kein familienpolitischer Lenkungseffekt. Ich kenne seine Meinung schon seit Langem, weil er auch damals bei der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes entsprechende fachliche Unterstützung gegeben hat. Daher sollte man sich das jetzt wirklich einmal anschauen.

Herr Bundesminister, Sie haben ja, wenn ich Sie richtig verstanden habe, auch im Ausschuss gesagt, Sie sehen da ein Problem und darüber können wir reden, das sollten wir uns jetzt wirklich überlegen. Das ist ja ein Lichtblick, denn bisher hat es immer geheißen, wir können uns das nicht leisten und daher lassen wir das.

Und sozusagen als Unterstützung, damit Ihre Meinungsbildung noch ein bisschen rascher in Richtung Abschaffung der Zuverdienstgrenze geht, möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Novellierung zum Kinder­betreuungsgeldgesetz zuzuleiten, die eine Abschaffung der Zuverdienstgrenze vor­sieht.“

*****

Wir vom BZÖ stehen für Wahlfreiheit, Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung, und diese Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung wird immer wichtiger in einer Arbeitswelt, die in Zukunft hoffentlich noch familienorientierter wird. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

19.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Martina Schenk

Kollegin und Kollegen

betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 209

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 17 Bericht des Familien­ausschusses über den Antrag 1902/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend bessere Unterstützung für Familien mit Folge­geburten im Bezugszeitraum des Kinderbetreuungsgelds (1814 d.B.)

Das Kinderbetreuungsgeld wurde 2002 unter der damaligen FPÖ/ÖVP Regierung als neue, einkommensunabhängige Familienleistung eingeführt. Entgegen der kritischen Haltung der damaligen Opposition (SPÖ, Grüne) wurde das Kinderbetreuungsgeld von den Familien gut angenommen und ist heute unverzichtbarer Bestandteil der österreichischen Familienpolitik.

Dies wurde erst vor kurzem wieder bestätigt und zwar durch den Leiter des Öster­reichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF), Universitätsprofessor Wolfgang Mazal, der als Experte in der Sitzung des Familienausschusses am 20.06.2012 ein­geladen war und einen neuen Evaluierungsbericht zum Kinderbetreuungsgeld erläutert und mit den teilnehmenden Abgeordneten diskutiert hat.

Die positive Entwicklung des Kinderbetreuungsgeldes in den letzten Jahren wird allerdings immer wieder durch einen Stolperstein eingebremst und zwar durch die existierende Zuverdienstgrenze, die in Wahrheit bloß eine Beschneidung der Wahl­freiheit der Eltern darstellt und kein Lenkungsinstrument im familienpolitischen Sinne ist. Dies wurde von Professor Mazal im Rahmen des Familienausschusses am 20.06.2012 ganz klar bestätigt.

Darüber hinaus schafft die komplizierte Berechnungsmethode bei manchen Eltern Barrieren für die tatsächliche Nutzung der Zuverdienstmöglichkeiten. Jene Eltern, die während des Bezuges der Leistung ihre Erwerbstätigkeit weiterführen oder eine Tätigkeit aufnehmen wollen, sehen sich oft mit der Schwierigkeit konfrontiert, ihre künf­tigen Bezüge richtig einschätzen zu können. Einige Eltern müssen daher deutlich unter der Zuverdienstgrenze bleiben, um keine Rückforderung zu riskieren. Andererseits hat sich insbesondere bei besser verdienenden Eltern gezeigt, dass etwa eine qualifizierte Teilzeitbeschäftigung während der Kleinkindphase bereits zu einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze führt, sodass das Kinderbetreuungsgeld nicht beantragt bzw. vorzeitig beendet wird. Die Zuverdienstgrenze beschränkt somit in manchen Fällen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Den Eltern muss die Freiheit bleiben, zwischen Eigen- oder Fremdbetreuung ent­scheiden zu dürfen. Die Einschränkung der Erwerbstätigkeit über die Bestimmung einer Zuverdienstgrenze schränkt diese Wahlfreiheit der Eltern ein.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Novellierung zum Kinder­betreuungsgeldgesetz zuzuleiten, die eine Abschaffung der Zuverdienstgrenze vor­sieht.“

Wien, am 05.07.2012

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Binder-Maier. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 210

19.52.41

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich gebe allen recht, die feststellen, dass Familien in ihren unterschiedlichsten Gestaltungen und Zusammensetzungen Stabilität, Planbarkeit, Beständigkeit und vor allem Unterstützung brauchen. Was mich immer wieder amüsiert, Frau Kollegin Kitzmüller, ist, wenn Sie sozusagen den alleinigen Anspruch darauf erheben, für Familien da zu sein, in Familien zu leben. Ich denke mir, wir alle haben Familien und wissen, wie es in den Familien ausschaut, weil wir in Familien auch leben. (Abg. Zanger: Ich bin nicht so sicher!)  Doch, ganz sicher sind wir da, Herr Kollege.

Die österreichischen Familienleistungen können sich sehen lassen. Und wir wissen auch, dass immer wieder Verbesserungsbedarf angesagt ist. Es geht aber auch darum, wie effizient der Einsatz der finanziellen Mittel gestaltet wird und wie diese weitergeleitet werden. Wir sprechen von rund 3,4 Milliarden €, die wir an Familien­beihilfengeldern für rund 1,8 Millionen Kinder und Jugendliche zur Verfügung stellen, oder 5,3 Milliarden € an vielfältigen anderen Familienleistungen.

Das heißt, das ist eine ansehnliche Summe, wiewohl ich natürlich festhalten möchte, dass der Zugang zu den Leistungen oft etwas sehr kompliziert und manchmal auch sehr undurchsichtig ist. Deshalb auch volle Unterstützung für die Forderungen und Vorschläge unserer Frauenministerin, nämlich, auf den Punkt gebracht, nach mehr Klarheit und mehr Fairness bei den Familienleistungen, denn das ist es, was die Familien brauchen.

Zu den beiden Anträgen: Zum einen geht es um die bessere Unterstützung von Mehr­lingsgeburten in Familien. Der zweite Antrag fordert Parallelauszahlung und Inan­spruchnahme des Kinderbetreuungsgeldes bei Folgegeburten. Dazu wird es von meiner Fraktion keine Zustimmung geben, denn es gab im Rahmen der letzten Novelle 2010 eine Anhebung des Mehrkindzuschlages um 50 Prozent beim Kinderbetreuungs­geld. Meine Damen und Herren, wir dürfen uns auch nicht darüber hinwegschwindeln, dass der Kostenfaktor natürlich auch insgesamt zu betrachten und zu berücksichtigen ist.

Unsere Prioritäten möchte ich Ihnen kurz darstellen. Zum einen sind es natürlich finan­zielle Leistungen, die den Familien zugutekommen, aber auch Investitionen in den Ausbau, in Qualitätssicherung und Steigerung bei der institutionellen Kinderbetreuung, vor allem für die Unterdreijährigen und auch für die Schulkinder.

Eine zweite Priorität ist für uns auch verstärkte Väterbeteiligung, Stichwort Papamonat. Väter wollen mehr Familienzeit, mehr partnerschaftliche Beteiligung. So auch die Ausführungen von „Ihrem“ Experten Dr. Mazal, Herr Minister, wie Kollegin Kitzmüller gemeint hat. Ich denke, das ÖIF ist ein eigenständiges Institut, das wissenschaftliche Grundlagenforschung macht. Die politische Bewertung liegt noch immer bei uns, meine Damen und Herren. Und gerade bei der partnerschaftlichen Beteiligung müssen noch einige Hürden beseitigt werden.

Vereinfachung, Neustrukturierung der Familienförderung sind angesagt – mit dem Blick auf die bestmögliche Unterstützung für die Familien und Kinder. (Beifall bei der SPÖ.)

19.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.56.37

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beziehe mich in meinem Redebeitrag auf den Antrag betreffend bessere Unterstützung für Familien mit Folgegeburten im Bezugs-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 211

zeitraum des Kinderbetreuungsgeldes. Wir werden diesem Antrag unsere Zustimmung geben. Kollegin Haubner hat das schon begründet.

Für uns würde dies, wenn dieser Antrag angenommen und die darin enthaltenen Forderungen umgesetzt würden, eine Erleichterung für Familien darstellen, eine bessere Planbarkeit im Familienbereich, eine bessere Unterstützung der Familien und eine finanzielle Besserstellung ermöglichen und würde vielleicht auch dazu beitragen, die Geburtenrate zu erhöhen, die in Österreich, wie wir alle wissen, sehr niedrig ist.

Familien brauchen unsere Unterstützung, brauchen finanzielle Unterstützung. Da, glaube ich, sind wir uns auch alle einig, und das ist auch als Succus aus den voran­gegangenen Redebeiträgen mitzunehmen.

Wir wollen heute einen Antrag hier einbringen, der auch eine Erleichterung für Familien mit sich bringen und eine Verbesserung bei der Unterstützung von Familien darstellen würde, nämlich betreffend Verbesserung bei der Pflegefreistellung. Es ist ja derzeit so, dass es dafür die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht gibt, dass beide Elternteile das Recht auf eine Pflegefreistellung haben, wenn sie nicht im selben Haushalt wohnen. Dieser unser Antrag geht in die Richtung, dass auch AlleinerzieherInnen dadurch unterstützt würden, dass eben kranke Kinder von beiden Elternteilen gepflegt werden könnten. Wir wollen mit unserem Antrag auch erreichen, dass die Pflegetage nicht pro Arbeitnehmer, sondern pro Kind gewährt werden. Und es ist ja auch durch Studien belegt, dass für Kinder, wenn sie krank sind, die beste Medizin ist, wenn sie zu Hause betreut werden, im gewohnten Umfeld betreut werden, von Personen betreut werden, die ihnen nahestehen, also von den beiden Elternteilen.

Ich bringe in diesem Zusammenhang folgenden Antrag ein:

 Entschließungsantrag

der Abgeordneten Martina Schenk, Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Verbesserung der Pflegefreistellung.

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der die Anzahl der Pflegefreistellungstage pro Kind und nicht pro Arbeitnehmer vorsieht; darüber hinaus soll auch derjenige Elternteil, der nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind lebt, Anspruch auf Pflegefreistellung er­halten.“

*****

Ich bitte um Zustimmung zu diesem unserem Antrag. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

19.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Martina Schenk, Ursula Haubner

Kollegin und Kollegen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 212

betreffend Verbesserung der Pflegefreistellung

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 17 Bericht des Familien­aus­schusses über den Antrag 1902/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend bessere Unterstützung für Familien mit Folge­geburten im Bezugszeitraum des Kinderbetreuungsgelds (1814 d.B.)

Eine bessere Unterstützung von Familien würde auch die Verbesserung der Pflege­freistellung für Eltern  bedeuten.

Wir sind davon überzeugt, dass für erkrankte Kinder die beste Medizin in den meisten Fällen die liebevolle Betreuung zu Hause ist. Für die Psyche der Kinder ist gerade im Krankheitsfall eine vertraute Person/Umgebung immens wichtig. Auch ökonomisch betrachtet ist es jedenfalls kostensparender, Kinder privat betreuen zu lassen, selbst wenn man den Ausfall am Arbeitsplatz miteinkalkuliert.

Hier müssen die Bedingungen für die Eltern aber dringend verbessert werden und zwar erstens dahingehend, dass Pflegetage nicht pro Arbeitnehmer sondern pro Kind gewährt werden. Dies würde die derzeit schwierige Situation der Mehrkindfamilien deutlich verbessern.

Darüber hinaus müssen auch Elternteile, die nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind leben, Anspruch auf Pflegefreistellung erhalten, dies würde eine große Erleich­terung für Alleinerziehende bedeuten.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat so rasch wie möglich eine Gesetzesentwurf zuzuleiten, der die Anzahl der Pflegefreistellungstage pro Kind und nicht pro Arbeitnehmer vorsieht; darüber hinaus soll auch derjenige Elternteil, der nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind lebt, Anspruch auf Pflegefreistellung er­halten.“ 

*****

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.00.05

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Kitzmüller, vorweg: Man kann schon darüber diskutieren, welche Punkte wie auf der Tagesordnung gereiht werden, aber aufgrund der Tatsache, dass heute am zweiten Plenartag um 20 Uhr Familienpolitik diskutiert wird, sozusagen zu behaupten, daraus könne man schließen, was Familienpolitik den regierenden Parteien wert ist, und das von einer Kollegin aus einer Fraktion, die bei der Behandlung des Bildungsvolksbegehrens ausgezogen ist, weil die Behandlung des Bildungsvolksbe­gehrens der erste Punkt war, und nicht wiedergekehrt ist und sich an der Diskussion nicht beteiligt hat, das ist schon sehr spannend. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Man kann den Regierungsparteien durchaus vorwerfen, dass ihre Familienpolitik verfehlt ist, aber sicher nicht deshalb, weil dieser Punkt jetzt hier zu diesem Zeitpunkt verhandelt wird.

Zu den Anträgen, die Sie gestellt haben, ist schon genug gesagt worden. Ich brauche dazu inhaltlich nicht viel zu sagen, aber was sie gemein haben – und jetzt werden Sie


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 213

sich gleich wieder aufregen –, ist – und das dringt aus jeder Pore dieses Antrags, obwohl man von „Antragsporen“ nicht sprechen kann, also vielleicht aus jeder Faser dieses Antrages –, dass sie die Mutter als Gebärmaschine in den Mittelpunkt stellen. Das liegt beiden Anträgen zugrunde, und da machen wir sicher nicht mit.

Das Erfreuliche ist, dass da auch die Regierungsparteien nicht mitmachen. Es ist nicht so oft üblich, dass Anträge im Ausschuss tatsächlich positiv oder negativ abgestimmt werden, das wissen Sie. Anträge werden üblicherweise vertagt. Glücklicherweise sind diese Anträge nicht vertagt worden, sondern wir konnten sie vollen Herzens ablehnen.

Die Anträge, die heute zur Zuverdienstgrenze eingebracht werden, werden wir auch nicht unterstützen, und zwar aus altbekannten Gründen. Ich wiederhole sie sehr gerne. Sehr wohl wurde in der Evaluierung, die Professor Mazal vorgestellt hatte, die Zuver­dienstgrenze debattiert und zur Disposition gestellt, aber nicht dahin gehend, dass sie gänzlich abgeschafft werden soll. Das ist aus unserer Sicht auch nicht sinnvoll, vor allem frauenpolitisch nicht sinnvoll.

Stellen Sie sich vor, wir haben keine Zuverdienstgrenze! – Dann besteht die Gefahr, dass in den Monaten, in denen vor allem die Väter die Kinderbetreuung übernehmen, sie einerseits Kinderbetreuungsgeld beziehen, andererseits aber auch – nicht, weil sie unter Umständen so böswillig sind, sondern weil es existenziell notwendig ist – einer Zuverdienstmöglichkeit nachgehen, die vielleicht sogar bis zu 40 Wochenstunden in Anspruch nimmt. Das wäre absolut kontraproduktiv, was Väterbeteiligung betrifft.

Wir gehen da einen anderen Weg: nur mehr eine Variante, eine einkommens­abhän­gige Variante und Zuverdienstgrenzen, die entweder in Geld oder in Zeit regulieren, sicher eine Unterscheidung zwischen jenen Menschen, die wenig verdienen, und allen anderen, die viel verdienen. Aber eine Abschaffung der Zuverdienstgrenze unter­stützen wir sicher nicht.

Anders verhält es sich mit dem Antrag bezüglich der Pflegefreistellung. Einen ähn­lichen Antrag haben auch wir eingebracht – er liegt auch im Ausschuss, weil schon mehrfach vertagt –, in dem es eben darum geht, wirklich auch den Familiensituationen angemessene neue Regelungen zu schaffen. Es ist tatsächlich nicht einzusehen, warum man nur fünf Tage hat, ungeachtet dessen, wie viele Kinder man hat. Es ist auch tatsächlich nicht einzusehen, warum getrennt lebende Elternteile, die sich aber im gleichen Ausmaß kümmern, keine Pflegefreistellung erhalten sollen. Das unterstützen wir vollinhaltlich.

Dass es viel im Bereich der Familienpolitik braucht, wissen wir, beginnend bei den Familienleistungen, die undurchsichtig sind, die überarbeitet gehören, über die Kinderbetreuungssituation, die ja durchaus auch ein wichtiges bildungspolitisches Anliegen ist – auch dazu liegt ein Antrag von uns im Ausschuss, der vertagt wurde, nämlich dass Bildung in Bundeskompetenz kommt, damit eben alle Kinder in ganz Österreich die gleichen Situationen vorfinden –, bis hin zur Frage, welche Familien denn überhaupt von der Politik dieser Regierung gemeint werden. In der Vergan­genheit waren es die gut und besser verdienenden Familien, siehe Familienentlas­tungspaket, Steuerentlastungspaket 2009, oder eben nur Familien, die Ihrem Ideal entsprechen, nämlich Vater, Mutter, Kind.

Wir meinen auch alle anderen Familien. Wir meinen die nicht so gut und besser verdienenden Familien, die dringend Unterstützung benötigen, wir meinen gleichge­schlechtliche Partner, wir meinen Patchworkfamilien, wir meinen Familien mit Migra­tions­hintergrund, wir meinen Einpersonenfamilien und viele mehr, und ich hoffe, dass Sie sich irgendwann einmal unserem Familienbegriff anschließen können und dann auch die entsprechende Politik machen. (Beifall bei den Grünen.)

20.04



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 214

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.04.23

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Kitzmüller! Ich glaube, dass beide Anträge, ob sie jetzt zu dieser oder zu einer anderen Zeit verhandelt werden, sicherlich nicht der richtige Maßstab sind, um die Qualität der Familienpolitik zu bewerten. Es ist schon argumentiert worden, warum die Anträge auch im Ausschuss abgelehnt worden sind.

Was die erste Antragstellung anlangt, betreffend die Mehrlingsgeburten, ist zu sagen, Sie haben hier zwei Elemente vermischt. Das Element Kinderbetreuungsgeld hat eben eine andere Aufgabe als die Familienbeihilfe. Ich möchte jetzt aber auf die Argu­mentation gar nicht mehr eingehen, weil sich der Aufwand, was die Betreuung anlangt, bei Mehrlingsgeburten einfach nicht proportional erhöht. Das ist auch schon gerichtlich angefochten worden. Die Regelung ist bei den Höchstgerichten als verfassungskon­form entsprechend bestätigt worden. Das ist der eine Aspekt.

Der zweite Aspekt, den zweiten Antrag betreffend, geht in eine ähnliche Richtung: Die Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes für ein Kind soll nicht mehr durch die Geburt eines Geschwisterkindes beendet werden, sondern dann für beide Kinder erfolgen. Das geht in eine ähnliche Richtung.

Kinderbetreuungsgeld gebührt für das jüngste Kind, da dieses den höchsten Betreu­ungsaufwand verursacht, und endet mit der Geburt eines weiteren Kindes. Diese Argumentation ist – ähnlich wie gerade beim ersten Fall vorgebracht – auch schon von den Gerichten als verfassungskonform bestätigt worden.

Beide Punkte haben aber eines gemeinsam, und das spricht natürlich auch dafür, warum wir bei der Familienpolitik nicht so großartige Anträge einbringen können: Im Endeffekt – worum geht es bei Familienpolitik in den meisten Fällen? – geht es um Geld, um mehr Geld, und beide Varianten, die Sie vorgeschlagen haben, kosten einfach mehr Geld.

Sie wissen ganz genau, dass wir jetzt eigentlich schon seit drei Jahren eine Reform beziehungsweise eine Sanierung des Familienlastenausgleichsfonds haben. Das war eine schmerzhafte Angelegenheit, gerade was die Familienbeihilfe bis 24 oder 26 Jahre für Studenten anlangt, aber die Maßnahmen haben gewirkt; nicht zuletzt deswegen, weil sich auch die Wirtschaftssituation in den beiden letzten Jahren gebes­sert hat. Dadurch sind wir jetzt in einer Situation, die uns hoffen lässt, dass der Familienlastenausgleichsfonds wieder einigermaßen so auf finanziell gut abgesicherten Beinen steht, dass wir auch wirkliche Verbesserungsleistungen durchführen können.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, aus Sicht der Familien halte ich beispielsweise eine Valorisierung der Familienbeihilfen für wirklich gerechtfertigt, unter Berücksichtigung eben der finanziellen Entwicklung des Familienlastenausgleichsfonds, denn wenn wir andere Beiträge erhöhen, etwa für Parteien oder was weiß ich, dann ist es durchaus gerechtfertigt, für Familien das Gleiche zu tun. Ich sage Ihnen aber noch einmal: zu einem Zeitpunkt, der auch in gewissem Abstand zum Konsolidierungspaket liegt, denn es ist natürlich nicht ganz einsichtig, wenn jetzt sozusagen in einem Bereich überall gespart werden muss und wir dort riesige Verbesserungsmöglichkeiten hätten. Aber in dem Zusammenhang muss man auch sagen, das wird sich stimmig weiterentwickeln. Bei dem jetzigen Konsolidierungspaket haben wir keinerlei Kürzungen.

Ich gebe Ihnen auch darin recht, dass wir einige Leistungen vereinfachen müssen, um einen besseren Überblick zu haben. In dem Zusammenhang gehen wir durchaus in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 215

eine ähnliche Richtung, die andere schon vorgeschlagen haben, und werden das auch zu geeigneter Zeit vorstellen.

Jetzt aber zu dem letzten Ausschuss, den Sie angesprochen haben, zu dem Kin­derbetreuungsgeld und zu „meinem“ Experten Mazal. – Ich muss Ihnen sagen, Herr Professor Mazal würde sich dagegen verwehren, als „mein“ Experte oder sonst irgendjemand bezeichnet zu werden. Ein Experte hat eben die Eigenschaft, dass er unabhängig ist. Auch die Themenstellung hat das Institut selbst ausgewählt, aber sehr schön objektiviert. Wir haben nicht nur zwei Varianten des Kinderbetreuungsgeldes evaluiert, sondern werden auch einen Überblick haben über alle anderen Varianten, von deren Inanspruchnahme wir ja jetzt schon wissen. Gerade auch die Langvariante und andere erfreuen sich in den letzten zehn Jahren, seit es das Kinderbetreuungsgeld gibt, großer Beliebtheit und auch reger Inanspruchnahme.

In diesem Zusammenhang ist im Ausschuss die Frage betreffend die Zuverdienst­grenze aufgetaucht. Meiner Meinung nach kann man das durchaus diskutieren – mit allem Wenn und Aber, sage ich dazu und habe ich auch im Ausschuss gesagt.

Da haben wir Probleme bei den Selbständigen. Die Frage ist, ob wir dann nicht in der Folge sozusagen nur reine Mitnahmeeffekte haben werden, wenn wir das einfach abschaffen. Die Tendenz zu einer zeitlichen Regelung, dass man das auf ein bestimm­tes Ausmaß einschränkt, das mit dem Zeitfaktor regelt, halte ich für eine interessante Idee. Auf der anderen Seite hat Herr Professor Mazal darauf hingewiesen, dass der Steuerungsaspekt nicht mehr da ist in dem Augenblick, in dem jemand relativ wenig verdient, daher voll unter die Zuverdienstgrenze fällt und daher praktisch die gesamte Zeit arbeiten kann. Dann bleibt für die Betreuung des Kindes keine Zeit mehr, was aber intendiert und an sich als Lenkungsmaßnahme angesprochen war.

Diese Frage werden wir in allen Facetten diskutieren. Es gibt bereits einen Termin mit den FamiliensprecherInnen, und da werden wir schon ein paar Aspekte zusätzlich einbringen können.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren: Diese beiden Anträge sind im Ausschuss länger diskutiert worden, sie wurden abgelehnt, und ich glaube, das ist auch durchaus begründbar. Alles andere, muss ich sagen, ist eine Geld-, teilweise auch Kompetenz­frage – geben Sie mir die Kompetenz! Wir haben schon das Bundes-Kinder- und Jugendhilfsrecht angesprochen, das ist wirklich auch eine Frage der Finanzierung seitens der Länder, ebenso die Qualitätsstandards bei Kinderbetreuungseinrichtungen, und dieses Geld steht eben momentan nicht zur Verfügung bei den Ländern. Der Bund hat es leider auch nicht, ebenso wenig die Kompetenzlage.

Daher sollten wir das vielleicht beim nächsten Finanzausgleich einigermaßen zufrie­den­stellend und weitreichender erledigen. Die Neigung, das in Koalitionsverhand­lungen hineinzuschreiben und somit eigentlich die Falschen anzusprechen, ist leider auch schon über mehrere Perioden mitgenommen worden. Der richtige Ansatz wird dort zu finden sein. – In diesem Sinne danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosen­kranz. – Bitte.

 


20.11.05

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! An sich wollte ich jetzt zu diesem Punkt überhaupt nicht sprechen, um die Zeit zu nutzen, früher nach Hause zu kommen, zur Familie zu kommen, aber Frau Kollegin Musiol hat das jetzt verhindert, leider – wieder ein paar Minuten meiner


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 216

Lebenszeit weg von der Familie. Aber ich muss jetzt schon einige Dinge ein bisschen näher hinterfragen, die sie hier an diesem Rednerpult gesagt hat.

Zunächst einmal zu Ihrer Wahrnehmung, Frau Musiol – Sie haben es bereits gestern gesagt, und auch wenn Sie es heute wiederholen, wird es nicht wahrer –, die freiheitliche Fraktion hätte sich der Debatte hinsichtlich des Bildungsvolksbegehrens durch Auszug entzogen. Schauen Sie sich ein Protokoll an! Ich war als Erster zu Wort gemeldet auf der ganz normalen Rednerliste, und an dieser Debatte haben sich sowohl Klubobmann Strache als auch Generalsekretär Vilimsky beteiligt. Also ich weiß nicht, wie sich diese Spitzenrepräsentanten der FPÖ, Strache und Vilimsky, an einer Debatte beteiligen können, wenn sie gar nicht hier sind. (Beifall bei der FPÖ.) Sehr interessant, aber mir fehlt an sich die nötige Ausbildung, um solche Bewusstseinsdinge näher beleuchten zu können.

Jetzt zur Familienpolitik. – Frau Kollegin Musiol, und das auch an Ihre Fraktions­kollegen, wir haben einen anderen Begriff von dem, was man mit „Familie“ meint (Abg. Mag. Musiol: Das wissen wir!) – und das ist gut so. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie davon sprechen, was alles Familie ist, bis hin zur Einpersonenfamilie, wie Sie jetzt erwähnt haben (Abg. Mag. Musiol: Einelternfamilie!)  – Sie haben von Einpersonenfamilien gesprochen, jetzt sind wir bei der Einelternfamilie. Wie wird das funktionieren? Wissen Sie, was Sie als Grün-Partei nicht machen? – Sie akzeptieren das nicht, was das Natürlichste wäre, nämlich die Biologie. Sie sind eine ökologische Partei oder sonst etwas, aber das, was Sie in keinem Fall wegargumentieren können, das, worüber Sie nicht hinwegsehen können, ist einfach die Tatsache, dass es für eine Familie, insbesondere für Kinder, Mann und Frau braucht. (Abg. Mag. Musiol: Oder Frau/Frau oder Mann/Mann!) Das ist etwas, das Sie absolut negieren! Da sind wir anders, für uns besteht die Familie aus Vater, Mutter und Kind, und am besten noch aus mehreren Kindern. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt zum Eigentlichen, und das muss ich auf das Entschiedenste zurückweisen, weil das freiheitliche Familienpolitik ist, was von unseren Frauen hier auch vorgetragen wird, die diese Familienpolitik wirklich mit Leib, Herz und Seele leben: Wir wollen keine Gebärmaschinen (Beifall bei der FPÖ), sondern wir wollen Mütter haben, die ihre Kinder lieben und bei ihren Kindern sein wollen. Frau Musiol, es gibt Mütter, die nicht so wie Ihre Klubvorsitzende Glawischnig wollen, dass die Kinder möglichst bald in Kinderkrippen und Kindergärten den Familien entzogen werden, und wir wollen den Frauen ermöglichen, dass sie die Wahlfreiheit haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen Frauen ermöglichen, dass sie sagen können: Ich möchte mein Kind nicht abgeben, sondern ich möchte mein Kind erleben, wenn es mit 15, 16, 18 Monaten vielleicht einmal die Schränke in der Küche „inspiziert“ oder irgendwo spielt oder Ähnliches! Das wollen wir!

Wir wollen nämlich Frauen, die nicht mit ihren kühlen Kalkülen dabei sind und nicht nur ideologisch Verbrämtes machen. Und wir wollen auch Männer haben, wir wollen auch Väter haben, die das gerne haben und die gerne bei Ihren Familien und bei Ihren Kindern sind. Das ist nämlich das Natürliche – und da können Sie dort hinten lachen, wie Sie wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

In diesem Punkt, was eine gesunde und richtige Familie ist, nützt Ihnen die Literatur von Karl Marx relativ wenig. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

20.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 217

20.15.11

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ein berühmter italienischer Philosoph und Dichter hat einmal gesagt:

Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: die Sterne der Nacht, die Blumen des Tages und die Augen der Kinder.

Kinder sind das Leben, Kinder sind Zukunft. Und ja, je mehr Kinder eine Familie hat, desto höher sind auch die Kosten. Gott sei Dank ist unsere Familienpolitik darauf ausgerichtet, diesem Umstand in verantwortungsvoller Art und Weise gerecht zu werden. Daher gibt es zum Beispiel einen 50 prozentigen Zuschlag zum Kinderbetreu­ungsgeld bei Mehrlingsgeburten. Die Höhe der Kinderbeihilfe in Fällen von Mehrlings­geburten und bei Folgegeburten richtet sich nach diesem Mehraufwand. Daher haben wir auch eine auf die Wünsche und Bedürfnisse ausgerichtete Familienförderung, die mit Staffelung und Absetzbeträgen sowie fixen Beträgen den verschiedensten Ansprüchen der Familien individuell gerecht wird.

Wir stehen für die Vielfalt und für die Wahlfreiheit der Familien, denn unsere Familien sind vielfältig und individuell. Daher macht eine Einheitsförderung auch keinen Sinn, es gibt ja auch keine Einheitsfamilie. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist unsere Aufgabe, diese Vielfalt auch durch die verschiedensten Arten von Unter­stützungen zu gewährleisten und den Familien Wahl- und Entscheidungsfreiheit zu lassen. Vorschläge, wonach schon die Kleinsten der Kleinen in staatlich organisierte Betreuungseinrichtungen gesteckt werden sollen, werden wir nicht zulassen. Wir wollen, dass Eltern selbst entscheiden können, was für sie und ihre Kinder das Beste ist.

Außerdem werden wir nicht zulassen, dass Familien mit mehreren Kindern durch eine Abschaffung von staatlichen Frei- und Absetzbeträgen oder eine Kürzung von Transferleistungen in Zukunft weniger bekommen. Denn gerade Familien mit mehr Kindern leisten einen wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft. Das muss der Gesellschaft auch etwas wert sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Die staatlich geförderte Einkindfamilie ist nicht unser Ziel. Wir wollen, dass junge Menschen aus freien Stücken entscheiden können, wann und wie viele Kinder sie bekommen wollen und wie diese betreut werden sollen. Daher ist die Familienpolitik bei der ÖVP gut aufgehoben. (Beifall bei der ÖVP.)

20.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Petzner. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.17.39

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich musste mich jetzt schon noch zu Wort melden, denn, Herr Kollege Rosenkranz, bei aller Wertschätzung: In welchem Jahrhundert leben Sie denn?! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich komme selbst aus einer ländlichen Region, aus einer Bergbauernfamilie mit fünf Kindern, eher auch aus einem konservativen Milieu, aber selbst meine Eltern sind toleranter und weiter, als das offensichtlich die Damen und Herren von der FPÖ sind.

Wir müssen schon zur Kenntnis nehmen, dass sich die Lebensrealität, die Lebenswirk­lichkeit der Menschen geändert hat und dass wir heute auch neue Formen von Familie und familiärem Zusammenleben in unserer Gesellschaft haben, auf die die Politik reagieren und auf die die Politik Rücksicht nehmen muss, und wir müssen die familien­politischen Maßnahmen diesen neuen Gegebenheiten entsprechend anpassen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 218

Wenn Sie sich zum Beispiel über Einelternfamilien lächerlich machen, dann verstehe ich das überhaupt nicht. Schauen Sie sich die Zahlen an, wie viele alleinerziehende Mütter, wie viele alleinerziehende Väter es in diesem Land gibt, die hervorragende Kindererziehungsarbeit leisten! (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Zentral muss immer das Kindeswohl sein, das muss immer im Mittelpunkt stehen. Das Kind ist das Wichtigste. (Neuerlicher Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Es können zwei Papas genauso eine gute Familie für ein Kind bilden wie zwei Mamas oder eine Mama allein oder ein Papa allein, das sei an dieser Stelle auch gesagt. Das möchte ich ganz deutlich festhalten und auch gesagt haben. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kollegin Haubner hat – wenn ich das zitieren darf, das möchte ich wirklich unter­streichen – gesagt: Gott sei Dank haben wir mit diesen Herrschaften und mit diesen krausen Werte- und Gesellschaftsvorstellungen, mit diesen uralten Rollenbildern und tradierten Formen von Familie, die Sie da vertreten, überhaupt nichts mehr zu tun!

Ich kann Sie nur ersuchen, wenden Sie Ihren Blick nicht zurück in Richtung Vergan­gen­heit, sondern wenden Sie Ihren Blick in Richtung Zukunft, nach vorne. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.) Öffnen Sie sich, und seien Sie bereit, eine offene, moderne, richtige Familienpolitik, die den aktuellen Entwicklungen der Zeit auch Rechnung trägt, zu verfolgen. Das BZÖ tut das auf jeden Fall, und wir sind sehr stolz darauf, dass wir das tun. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Zanger: Damit du über Kinder reden kannst, müsstest du welche haben ! – Zwischenrufe des Abg. Dr. Rosenkranz.)

20.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.20.42

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte KollegInnen des Hohen Hauses! Ich glaube, die beiden Entschließungsanträge, die wir im Ausschuss behandelt haben, sind inhaltlich schon ausführlich diskutiert worden. Ich werde meine Redezeit dafür verwenden, zum Familienbild des Herrn Rosenkranz zu sprechen.

Sehr geehrter Herr Rosenkranz, in welchem Jahrhundert leben Sie?! (Abg. Mag. Stefan:  längst überholt!) Mutter, Vater, Kind – das gibt es bei einer Scheidungsrate von weit über 40 Prozent nicht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosen­kranz.) Und wenn die Frau Kitzmüller von einer Wahlfreiheit spricht, dann frage ich mich, wie das funktionieren soll. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Rosekranz.)

Einen alleinerziehenden Vater oder eine alleinerziehende Mutter, der/die arbeiten gehen muss (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller) und sein/ihr Kind in eine gute und qualitätsvolle erste außerhäusliche Kinderbetreuungseinrichtung – oder besser gesagt: Kinderbildungseinrichtung (Abg. Dr. Rosenkranz: Zwangsweise, ja!) – bringt, warum verurteilen Sie diese Menschen? Das ist nämlich auch ein Beitrag, um ganz einfach Wahlfreiheit zu haben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Petzner. – Rufe bei der FPÖ: Nein, nein, nein!) Was Sie hier machen, ist schlichtweg Realitätsverweigerung.

Herr Abgeordneter Rosenkranz, ich möchte Sie nur kurz zitieren, weil das für mich so abstrus war. Sie haben gesagt: Wir Männer möchten haben, dass unsere Frauen zu Hause bleiben. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Nein, ich höre sehr gut, und ich habe Sie auch richtig zitiert. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.) Ich würde mir wün­schen, dass Sie als Mann es dann auch in Anspruch nehmen, in Karenz zu bleiben,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 219

und für die Kinder ganz einfach auch die Verantwortung übernehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber noch gerne zu den beiden Anträgen betreffend die Abschaffung der Zuverdienstgrenze kommen. Da bin ich schon auf der Seite des Herrn Ministers, dass wir das noch sehr genau diskutieren müssen, denn mit dem Bezug des Kinderbetreu­ungs­geldes wird ja – wie der Begriff schon sagt – die Betreuung abgegolten. Was würde die Aufhebung der Zusatzverdienstgrenze für jemanden, der unselbständig erwerbstätig ist, bedeuten? – Der Dienstgeber kann die Frau zwingen, dass sie arbeiten geht, während sie vielleicht, was ihrer Wahlmöglichkeit nicht entspricht, vielleicht zu Hause bleiben möchte. Das ist ein Punkt, den man sicherlich nicht möchte.

Was ist bei Selbständigen das Problem? – Bei Selbständigen ist das Problem, dass die gute Idee der zeitlichen Einschränkung nicht kontrollierbar ist. Es ist überhaupt nicht kontrollierbar, dass der Bezug des Kinderbetreuungsgeldes rein für die Betreuung der Kinder zur Verfügung steht.

Und ich frage mich jetzt, welches Modell Sie im Kopf haben. Zwölf Monate ist die Mutter in Karenz (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller), zwei Monate ist der Papa mit in Karenz, beide gehen arbeiten. Und was kommt dann noch dazu: Wenn die Zuver­dienstgrenze aufgehoben wird, dann gebe ich das Kind noch zur Großmutter, und die Großmutter kann ich dann steuerlich absetzen?! – Das kann ja nicht im Sinne Ihrer Familienpolitik sein (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber), seien Sie mir nicht böse! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher steht die Sozialdemokratie dafür, dass Familienleistungen offen und transparent sind und sich nicht hinter Steuern verstecken. Wir haben fast 220 Millionen € – das ist das Ergebnis einer Anfrage –, die sich Eltern nicht abholen, weil sie es ganz einfach nicht wissen oder nicht geltend machen können. Da würde ich mir wünschen, dass dieses Geld für Kinder, fürs Kindeswohl und für den Ausbau außerhäuslicher Kinder­bildungseinrichtungen zweckgebunden ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rosen­kranz: DDR!)

20.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zanger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (He-Rufe bei FPÖ und BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Petzner.)

 


20.24.42

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Irgendwann reicht es wirklich, denn da kommen Vorwürfe in Richtung der Freiheitlichen Partei, die überhaupt nicht den Tatsachen entsprechen und wo offensichtlich das Ver­ständnis des Familienbildes, das wir haben, fehlt und Sie es aber nicht verstehen wol­len. Das ist das Problem. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.)

Frau Kollegin Lueger unterstellt uns (Ruf bei der SPÖ: Teilzeit!), dass wir alleiner­ziehende Mütter schlecht beurteilen, weil wir sozusagen Vater, Mutter, Kind wollen, etwas anderes kann es nicht geben. (Zwischenruf beim BZÖ.) – Das ist das Idealbild, und möglichst noch mit mehreren Kindern, das hat Kollege Rosenkranz schon gesagt.

Es ist traurig genug, wenn Sie von einer 40-prozentigen Scheidungsrate reden. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Es wird auch den Tatsachen entsprechen, es ist traurig genug. Meines Erachtens – das ist jetzt eine persönliche Meinung von mir – muss man nicht beim ersten Anzeichen von Sturm die Segel straffen und auseinanderrennen, das muss nicht sein. (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) Ich glaube, ein bisschen mehr miteinander an der Beziehung zu arbeiten, würde der österreichischen Gesellschaft sehr guttun. (Beifall bei der FPÖ. – Neuer-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 220

licher Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig. – Abg. Scheibner: Geh, sagen Sie das nochmals, ich bin erst jetzt gekommen! – Abg. Petzner: So was von vor­gestern!)

Aber eines muss ganz klar herausgestrichen werden: Auch die Alleinerziehenden erbringen eine Leistung, die ihresgleichen sucht und die alle Wertschätzung verdient. Das bringen wir in unserer Haltung und in unserer Einstellung betreffend die Familien auch zum Ausdruck. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der SPÖ: „Auch“!? Das Wort „auch“ !) Selbstverständlich „auch“; Vater und Mutter machen ja auch eine ordentliche Arbeit oder nicht, Sie Kasperl? (He-Rufe bei der SPÖ.) – Ja, der regt mich echt auf!

Es geht darum, dass sich eine Familie oder eine Mutter entscheiden können muss, ob sie daheim bleiben will. (Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas.) Wenn sie das will, muss es leistbar sein, und wenn sie das nicht will, dann stehen ihr Einrichtungen zur Verfügung, die sie nutzen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist es, worauf es hinauslaufen muss. Und es muss für jede Familie – wurscht, ob das eine alleinerziehende Mutter, ein alleinerziehender Vater oder die traditionelle klassische Familie ist – gleich sein, leistbar sein und möglich sein. Darum geht es. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Ganz schwindelig wird mir, wenn Kollege Petzner von Familienpolitik zu reden beginnt. Das ist so, wie wenn ein Blinder uns die Farbenlehre erklären will. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

20.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte. (Rufe bei der SPÖ: Ordnungsruf! Ordnungsruf!)

Ich darf um etwas Aufmerksamkeit bitten; auch die Frau Kollegin Wurm hat sicher einen wesentlichen Beitrag zu leisten, und wir wollen ihn alle hören!

Bitte, Frau Kollegin, starten Sie!

 


20.27.45

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Ich gratuliere Ihnen, Herr Abgeordneter Petzner, zu dieser sehr mutigen Rede und zu Ihrem Bekenntnis zum Familienbild des BZÖ. (Beifall bei SPÖ und BZÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Morgen beginnen für Kinder in sechs Bundesländern die Ferien. Das ist für viele ein Freudentag, viele sind heute schon aufgeregt. Morgen beginnen acht, neun Wochen Ferien für sehr viele Kinder hier in Österreich, in den westlichen Bundesländern.

Viele Familien stehen dann aber auch vor einem großen Problem, denn die Sommer­ferien dauern acht, neun Wochen, und der Urlaub – Herr Bundesminister, das wissen Sie auch – dauert im Normalfall fünf, bestenfalls sechs Wochen. Das abzustimmen stellt für viele Familien und besonders für die Alleinerzieherinnen eine große Herausforderung dar, weil die Sommerbetreuung in vielen Bundesländern schlicht und einfach nicht so gegeben ist, wie wir es uns oft wünschen. Es gibt Alternativangebote, es gibt aber viel mehr Schließtage, als die Eltern wirklich Urlaub haben oder der/dem Alleinerziehenden Urlaub zur Verfügung steht. Das ist ein großes Problem.

Wenn ich mir jetzt Innsbruck anschaue, dann sehe ich, da gibt es zum Beispiel den Kinderferienzug. Das ist ein Angebot, das gut ist, aber relativ teuer, und daher müssten wir da eingreifen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 221

Österreich hat sehr gute Familienleistungen, hohe Familienleistungen, da sind wir europaweit Spitze. Wo es aber fehlt, das sind die Infrastrukturleistungen. Daher – und davon bin ich überzeugt – müssten wir da nachbessern, Frau Kollegin Kitzmüller, dass wir diese Gelder hier auch entsprechend einsetzen.

Es hat – und das haben wir schon gesagt – Verbesserungen bei den Mehrkinder­familien gegeben – 2010 die Novellierung, dass 50 Prozent ausbezahlt werden –, da ist etwas geschehen. Die Regelung, die Kollegin Schenk vorgestellt hat, ist eine Variante, die in Bezug auf die Pflegefreistellung natürlich sehr überlegenswert ist. Auf der anderen Seite gilt natürlich auch das, was der Herr Minister gesagt hat: Wir befinden uns in Zeiten der Konsolidierung; auch das ist Faktum.

Die Frauenministerin hat in die Debatte geworfen – und auch das wurde hier schon gesagt: Jedes Kind soll gleich viel wert sein! –, dass die Steuerleistungen nicht das Ideale sind, wenn unterschiedlich abgesetzt werden soll. – Ja, dann nehmen wir uns das doch zu Herzen, rechnen wir durch, und zahlen wir für die Kinder entsprechend aus, und zwar gleich viel! (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Sinne wünsche ich allen Kindern, allen Eltern schöne Ferien und dass sie es sich halbwegs einteilen können, dass der Juli und der August für die Eltern und für die Kinder gut werden, und besonders auch für die Alleinerziehenden. (Beifall bei der SPÖ.)

20.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Petzner. 5 Minuten Redezeit sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Mayerhofer. – Gegenruf bei der SPÖ.)

 


20.31.25

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Da fehlen einem fast die Worte, Herr Kollege Zanger! Ich war ja relativ positiv überrascht von Ihnen, weil Sie eigentlich sehr viel Richtiges gesagt haben, das ich auch durchaus unterstreichen und unterstützen kann. (Zwischenrufe.)

Sie haben gesagt, dass man gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen muss – ob das jetzt ein alleinerziehender Vater oder eine alleinerziehende Mutter ist, oder auch eine klassische Familie –, damit Familie einfach leistbar ist.

Familie muss leistbar sein. Das ist auch ein Prinzip, das wir verfolgen. Ich darf daran erinnern, dass es Politiker und Minister wie Sozialministerin Haubner, Staatssekretär Dolinschek, Klubobmann Herbert Scheibner waren, die dafür gesorgt haben, dass wir heute noch stolz sind und Familienleistungen haben, die sich bewährt haben und die es ermöglicht haben, dass genau dieses Prinzip, dass Familie wieder leistbar sein muss, erfüllbar ist: das Müttergeld, das wir eingeführt haben; das Kindergeld, das wir eingeführt haben; die Pensionsregelungen für Frauen, die wir eingeführt haben; die Anrechnung von Kindererziehungszeiten. – Das alles sind Leistungen, die in unserer Regierungszeit, von unseren Ministern, von unseren Mitstreitern erbracht wurden. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist auch korrekt so, und diese Leistungen verteidigen wir auch, Herr Kollege Zanger.

Ihr Schlusssatz oder Ihre Schlussbemerkung hat aber alles wieder zunichtegemacht. Ich glaube, Sie haben so etwas überhaupt nicht nötig. Ich glaube auch, dass das auf einem Niveau war, das absolut unzulässig ist. Mich trifft das persönlich auch überhaupt nicht, weil ich mir einfach denke: Das ist so eine dumme Aussage, die bewerte ich gar nicht (Zwischenruf bei der FPÖ), die lasse ich gar nicht an mich herankommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 222

Sie sollten aber manchmal, bevor Sie den Mund aufmachen, schon auch ein bisschen nachdenken, was Sie sagen werden, Herr Kollege Zanger. (Zwischenruf der Abg. Schenk.) Das sei Ihnen an dieser Stelle als kleiner Rat für Ihren Sommerurlaub (Zwischenruf des Abg. Dolinschek) – wo immer Sie den auch verbringen – mitge­geben: Denken Sie zuerst, und reden Sie dann! Öffnen Sie Ihr verkorkstes Weltbild ein bisschen, und werden Sie ein bisschen lockerer! (Beifall beim BZÖ.)

20.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Riepl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.34.25

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Hohes Haus! Ich glaube, im Laufe dieser Debatte sind die Gründe, warum wir von der SPÖ die Anträge der Freiheitlichen betreffend die Ansprüche auf Bezug des Kinderbetreuungsgeldes ablehnen werden, schon ausführ­lich erläutert worden. Man kann es mit einem Satz sagen: Sie sind einfach nicht mehrheitsfähig! – Punkt. So ist es! (Beifall bei der SPÖ.)

Zwei Bemerkungen noch zum Grundsätzlichen: Es ist vonseiten der freiheitlichen Rednerinnen und Redner ja auch gesagt worden: Wahlfreiheit: Ja, das ist auch irgendwie die Forderung, oder das sollte so sein!, ich sage Ihnen ganz ehrlich, was mein persönlicher Eindruck ist: Wenn zu Ihnen eine Frau kommt und fragt, was sie machen soll, ob sie sich eine Arbeitsstelle suchen soll, weil das Geld schon gut wäre und Ähnliches, oder ob sie beim Kind bleibe soll, dann werden wahrscheinlich viele von Ihnen sagen: Besser ist es, beim Kind zu bleiben, vergiss die Arbeit! (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller. – Abg. Mag. Stefan: Was würden Sie sagen?)

Ich glaube, das ist so Ihre Position. Unsere Position ist die: Wir sind noch nicht überall in Österreich, in jeder Region, bei einer echten Wahlfreiheit, für eine echte Wahlfreiheit fehlt noch einiges. (Abg. Mag. Stefan: Was würden Sie sagen? – Weitere Zwischen­rufe bei der FPÖ.)

Ich glaube, darum geht es, dass wir Kinderbetreuungseinrichtungen und Ähnliches wirklich noch entsprechend ausarbeiten. Das ist meine Einschätzung. Ich glaube, manchmal ist es besser, wenn das Kind in einer ordentlichen, mit Qualität ausgerich­teten Kinderbetreuungseinrichtung ist, als wenn es umgekehrt der Fall ist. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Dr. Rosenkranz und Mag. Unterreiner. – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.) – Das ist meine Einschätzung. Ich darf ja auch eine Meinung haben, oder? Oder sprechen Sie mir meine Meinung ab? – Das ist das Erste.

Das Zweite ist noch ein Gedanke zum Thema „Familienförderung“: Es ist von unserer Familiensprecherin schon über die Prioritäten im Bereich der Familienförderung gesprochen worden, nämlich: Geldleistung, Sachleistung. Ich möchte nur eine Idee oder einen Punkt einbringen, das ist die Frage der Steuerabsetzbeträge und der steuerlichen Behandlung im Bereich der Kinderbetreuung.

Ich frage mich, wer von manchen Familienleistungen mehr profitiert, was die Steuer betrifft: der, der viel verdient, oder der, der wenig verdient? Es ist manchmal der, der viel verdient, der dann durch Absetzbeträge mehr davon hat. Ich denke, Herr Bun­desminister, bei allen Überlegungen, die in Richtung Verbesserung und besserer Treff­sicherheit bei Familienleistungen gehen, ist man wahrscheinlich gut beraten, auch dafür zu sorgen, dass die Fragen der steuerlichen Behandlung von Familienunter­stützungen eine Rolle spielen.

Ich sehe nicht ein, warum jemand, der viel verdient – der Herr Generaldirektor –, vielleicht mehr Absetzmöglichkeiten hat und netto mehr hat als die Mutter, die vielleicht gerade ein paar Euro Steuer zahlt. Ich glaube, dieses Thema sollte man auch berück-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 223

sichtigen, wenn es darum geht, sinnvollerweise über neue Familienleistungen oder eine neue Ordnung der Familienleistungen nachzudenken. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig Letzter zu diesen Tagesordnungs­punkten ist Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.37.48

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Herr Kollege Zanger, ich habe nur eine Verständnisfrage. Vielleicht habe ich das nicht mitbekom­men; ich gebe zu, ich bin ein wenig später zur Debatte hereingekommen. (Ruf bei der FPÖ: Das ist schlecht!) – Ja, das ist schlecht, hurra, aber ich rede jetzt mit dem Herrn Kollegen Zanger, vielleicht kann er mir das beantworten. Sie haben gesagt – sofern ich das richtig gehört habe –: Wenn Kollege Petzner von der Familienpolitik spricht, ist das so wie der Blinde von der Farbe. – Ist das richtig? (Zwischenruf des Abg. Zanger.) – Ungefähr.

Was haben Sie denn damit gemeint? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Aha, das heißt also, jemand, der keine Kinder hat, darf nicht über Familienpolitik reden – oder was haben Sie gemeint? Sagen Sie es! (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Warum? Wie kommt er darauf?

Herr Kollege Zanger, Sie brauchen uns nicht für dumm zu verkaufen, wir wissen schon, was Sie gemeint haben. (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich frage Sie, Herr Kollege Zanger: Was ist für Sie eine Familie? (Abg. Mag. Stefan: Warum soll er’s gesagt haben?) – Ja, ich habe ihn gefragt, er hat mir keine Antwort gegeben. (Ruf bei der FPÖ:  ganz klar erklärt!)

Was ist für Sie eine Familie? – Mutter, Vater, Kind, zwei Kinder, drei Kinder; alles andere ist keine Familie? (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich meine, Sie gehören einer Partei an – und ich kann mich auch noch gut daran erin­nern –, die die Freiheit des Einzelnen so in den Mittelpunkt gestellt hat – irgendwann einmal dürfte da wohl etwas verloren gegangen sein –, auch die Freiheit der Art zu leben und auch die Freiheit des Zusammenlebens. Ist es nicht so? Selbstbestimmt? (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Über diese persönliche Entscheidung – und das ist eine wirklich ganz eigene, persönliche Entscheidung – sollte man sich nicht lustig machen, und das sollte man auch nicht abqualifizieren. (Abg. Mag. Stefan: Was für eine Entscheidung denn?) Genauso wenig wie man jemanden abqualifizieren sollte, der sechs Kinder hat, der sich dafür entschieden hat – wunderbar. (Abg. Mag. Stefan: Was ist jetzt das Prob­lem?) – Lieber Kollege, vielleicht passt auch du nicht in das Familienbild des Herrn Kollegen Zanger? (Heiterkeit bei BZÖ, Grünen und SPÖ.) Und ich würde das auch kritisieren, wenn man sich darüber lustig machten würde. – Wenn du schon fragst. (Heiterkeit und Beifall bei BZÖ, Grünen und SPÖ.)

Das ist nämlich schon ein Problem, denn: Es gibt viele offene Fragen in der Familien­politik – viele offene Fragen –, und ich bin auch der Meinung, dass der Staat nicht alles fördern muss, sondern der Staat fördert dort und gibt dort Subventionen, wo er, der Staat – also wir alle –, ein Interesse hat. Das ist in erster Linie natürlich auch an die Kinder gebunden: Das Kindeswohl gehört gefördert, und auch die Möglichkeit der Kindererziehung, der Schulbildung – das ist überhaupt keine Frage. Das ist aber die staatliche Förderung (Abg. Mag. Stefan: Davon reden wir die ganze Zeit! Das sind ja unsere Anträge!) – aber das Zusammenleben und die Art und Weise, wie man sich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 224

selbst gestaltet, das ist höchstpersönliches Recht, und da braucht man sich nicht darüber lustig zu machen, und das kann man auch nicht abqualifizieren. (Beifall bei BZÖ, Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jeder hier in diesem Hohen Haus hat das Recht, auch zur Familienpolitik seine Mei­nung zu sagen (Abg. Mag. Stefan: Das ist unsere Meinung! – Abg. Dr. Rosenkranz: Nur wir haben das Recht nicht!), und hat es nicht verdient, hier – gerade von Ihnen – abqualifiziert zu werden. (Abg. Dr. Rosenkranz: Nur wir haben das Recht nicht, nach dem Herrn Petzner!) – Solche Meinungen gehören in das Panoptikum, ins politische Museum, da können wir uns das anschauen und bewerten. Aber das hat nichts damit zu tun, dass wir die Zukunft unserer Gesellschaft gestalten müssen. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ, Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Marek.)

20.41

20.41.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht eine der Berichterstatterinnen ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Familien­ausschusses, seinen Bericht 1813 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Antrag des Familien­ausschusses, seinen Bericht 1814 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. (Abg. Dr. Jarolim – auf den leeren Sitzplatz von Abg. Strache weisend –: Herr Strache ist mit der Familie unterwegs! – Abg. Mag. Wurm: Mit welcher?)

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abschaffung der Zuver­dienst­grenze bei Inanspruchnahme des Kinderbetreuungsgeldes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen des Weiteren zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Pflegefrei­stellung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 225

20.43.30Einlauf

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2036/A(E) bis 2052/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 12290/J bis 12338/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Freitag, den 6. Juli 2012, 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

20.44.20Schluss der Sitzung: 20.44 Uhr

 

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien