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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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117. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 16. März 2016

 

 


Stenographisches Protokoll

117. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode                    Mittwoch, 16. März 2016

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 16. März 2016: 9.06 – 20.42 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: EU-Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 74b Abs. 1 lit b der Geschäftsordnung des Nationalrates zur bevorstehenden Tagung des Europäischen Rates vom 17. und 18. März 2016

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1570/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionsautomatismus

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1016/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend versicherungsmathematisch korrekte Zu- und Abschläge bei Pensionen

5. Punkt: Bericht über den Antrag 947/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtendes und tatsächliches Pensions­split­ting

6. Punkt: Bericht über den Antrag 1179/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Erhalt der Hinterbliebenen-Pensionen

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1555/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein einheitliches und existenzsicherndes Pen­sions­system für alle

8. Punkt: Bericht über den Antrag 1360/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Möglichkeit zur vierteljährlichen Auszahlung der 13. und 14. Monatspension für Pensionisten“

9. Punkt: Bericht über den Antrag 1428/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 1562/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuregelung des § 311(5) ASVG


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bericht über den Antrag 1504/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung des Bank-Austria-Pensionsdeals zwischen SPÖ-Wien und dem BMASK unter der Federführung von Ex-Minister Rudolf Hundstorfer

12. Punkt: Bericht über den Antrag 1582/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Privilegien dürfen nicht weiter vergoldet werden – keine Sonderbestimmungen für staatliche oder im staatsnahen Bereich erworbene Pensionsanteile über der ASVG-Höchstgrenze“

13. Punkt: Bericht über den Antrag 1578/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der Säuberungs­welle im Wiener Gesundheitswesen

14. Punkt: Bericht über den Antrag 1481/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Separate monatliche Bekanntgabe der Zahl der anerkannten Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigten in der Arbeitslosen­statistik“

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1441/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Zusammenlegung der Sozialversicherungen

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1291/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verpflichtendes Mindestgeräusch für Kraftfahrzeuge“

17. Punkt: Bericht über den Bericht des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend EU-Vorhaben Jahresvorschau 2016, Verwaltungsbereich Wirtschaft

18. Punkt: Bericht über den Antrag 1568/A(E) der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Nutzbar­machung des Alternativfinanzierungsgesetzes für die österreichische Tourismus- und Freizeit­wirtschaft

19. Punkt: Bericht über den Antrag 1569/A(E) der Abgeordneten Mag. Maximilian Unterrainer, Gabriel Obernosterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 19

Ordnungsruf ................................................................................................................. 106

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 47


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 3

Aktuelle Stunde (33.)

Thema: „Auswirkung der Flüchtlingspolitik: Sicherheitsnotstand in Öster­reich“                19

Redner/Rednerinnen:

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ..... 19

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner .......................................................... 22

Otto Pendl ..................................................................................................................... 25

Werner Amon, MBA ................................................................................................ ..... 27

Mag. Gernot Darmann ............................................................................................ ..... 28

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ..... 30

Mag. Nikolaus Alm .................................................................................................. ..... 31

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 33

Angela Lueger ......................................................................................................... ..... 35

Mag. Michaela Steinacker ...................................................................................... ..... 36

Ing. Christian Höbart .............................................................................................. ..... 38

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ..... 40

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ..... 41

Martina Schenk ....................................................................................................... ..... 43

Rupert Doppler ....................................................................................................... ..... 45

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ..... 45

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 19

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  46, 169

Verhandlungen

1. Punkt: EU-Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 74b Abs. 1 lit b der Geschäftsordnung des Nationalrates zur bevorstehenden Tagung des Europäischen Rates vom 17. und 18. März 2016 ................................................................................................................. 48

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................... 48

Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner ....................................................................... 51

Durchführung einer Debatte gemäß § 74b der Geschäftsordnung ............................... 53

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 53

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 57

MEP Mag. Ulrike Lunacek ............................................................................................ 60

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 62

Mag. Dr. Matthias Strolz ......................................................................................... ..... 64

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................ ..... 67

Ing. Waltraud Dietrich ............................................................................................ ..... 68

Brigitte Jank ............................................................................................................ ..... 70

MEP Harald Vilimsky .............................................................................................. ..... 71

Nurten Yilmaz .......................................................................................................... ..... 73

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 74

Jakob Auer .............................................................................................................. ..... 76

Dr. Rainer Hable ...................................................................................................... ..... 77

Hannes Weninger ................................................................................................... ..... 79

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 80


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 4

Mag. Alev Korun (tatsächliche Berichtigung) ............................................................... 82

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ..... 83

Herbert Kickl ........................................................................................................... ..... 84

August Wöginger .................................................................................................... ..... 87

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ..... 89

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ..... 92

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ..... 95

Mag. Nikolaus Alm (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 96

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ..... 97

Dr. Harald Troch ..................................................................................................... ... 100

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 101

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 102

Mag. Werner Kogler ................................................................................................ ... 103

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 105

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend zeitgerechte Zuleitung der europäischen Beschlussvorlagen, damit dem Nationalrat entsprechend Art. 23e B-VG Gelegenheit zur Stellung­nahme gegeben wird – Ablehnung ..........................  91, 106

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Verhinderung des geplanten Türkeiabkommens – Ablehnung .............................  98, 107

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (1027 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungs­gesetz geändert wird (1039 d.B.)                  107

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1570/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionsautomatismus (1040 d.B.)              ............................................................................................................................. 107

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1016/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend versicherungsmathematisch korrekte Zu- und Abschläge bei Pensionen (1041 d.B.) .......................................................................... 107

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 947/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtendes und tatsächliches Pensionssplitting (1042 d.B.) .................................................................................................................... 107

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1179/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt der Hinterbliebenen-Pensionen (1043 d.B.)   ............................................................................................................................. 107

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1555/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein einheitliches und existenzsicherndes Pensionssystem für alle (1044 d.B.) ............................................................................ 107

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1360/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Möglichkeit zur vierteljährlichen Auszahlung der 13. und 14. Mo­natspension für Pensionisten“ (1045 d.B.) ........................................... 107


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 5

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1428/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungs­gesetz geändert wird (1046 d.B.) ................................................. 108

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1562/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Neuregelung des § 311(5) ASVG (1047 d.B.) .................................................................................................................... 108

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1504/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Offenlegung des Bank-Austria-Pensionsdeals zwischen SPÖ-Wien und dem BMASK unter der Federführung von Ex-Minister Rudolf Hundstorfer (1048 d.B.) ................................................................................................ 108

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1582/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Privilegien dürfen nicht weiter vergoldet werden – keine Sonderbestimmungen für staatliche oder im staatsnahen Bereich erworbene Pensionsanteile über der ASVG-Höchstgrenze“ (1049 d.B.) ............................................................................... 108

Redner/Rednerinnen:

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 108

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ... 112

Mag. Dr. Matthias Strolz ......................................................................................... ... 115

August Wöginger .................................................................................................... ... 116

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 118

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 119

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................ ... 121

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 123

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 125

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) ....................................................................... ... 126

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................ ... 128

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 129

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 129

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 130

Johann Hell .............................................................................................................. ... 131

Dr. Franz-Joseph Huainigg ................................................................................... ... 132

Wolfgang Knes ........................................................................................................ ... 132

Fritz Grillitsch ......................................................................................................... ... 134

Gerhard Schmid ...................................................................................................... ... 135

Ing. Waltraud Dietrich ............................................................................................ ... 135

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entfall der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Pensions­versicherung aufgrund von Erwerbstätigkeit in der Pension unter Berücksich­tigung der ASVG-Höchstpension – Ablehnung .......................  110, 138

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung der Auszahlung des 13. und 14. Mo­natsgehalts inklusive einer quartalsmäßigen Anweisung – Ablehnung ......................................................................................  111, 138

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ablehnung der Anmeldung von Mitarbeitern der UniCredit Bank Austria AG zur Kranken- und Pensionsversicherung nach ASVG – Ablehnung ...............................................  124, 137

Annahme des Gesetzentwurfes in 1039 d.B. ............................................................... 137


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 6

Kenntnisnahme der zehn Ausschussberichte 1040, 1041, 1042, 1043, 1044, 1045, 1046, 1047, 1048 und 1049 d.B. ...................................................................................................................... 137

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1578/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Stopp der Säuberungswelle im Wiener Gesund­heitswesen (1050 d.B.) ........................................................................ 139

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1481/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Separate monatliche Bekanntgabe der Zahl der aner­kann­ten Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigten in der Arbeitslosenstatistik“ (1051 d.B.)         ............................................................................................................................. 139

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas F. Karlsböck ...................................................................................... ... 139

Ing. Markus Vogl ..................................................................................................... ... 141

Ing. Waltraud Dietrich ............................................................................................ ... 142

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 145

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 146

Dr. Eva Mückstein ................................................................................................... ... 147

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 148

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 148

Gerhard Schmid ...................................................................................................... ... 149

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ... 149

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreich braucht einheitliche Mindestsicherungs­rege­lung“ – Ablehnung .......  143, 151

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1050 und 1051 d.B. ........................... 151

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1441/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenlegung der Sozialversicherungen (1052 d.B.)   ............................................................................................................................. 151

Redner/Rednerinnen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. ... 151

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 153

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 155

Mag. Michael Hammer ............................................................................................ ... 156

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 156

Fritz Grillitsch ......................................................................................................... ... 157

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 158

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ... 161

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 162

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 163

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Eine einzige Sozialversicherung für Österreich“ – Ablehnung ....................................  159, 164

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1052 d.B. .................................................... 164


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 7

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1291/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Verpflichtendes Mindestgeräusch für Kraftfahrzeuge“ (1053 d.B.) ......................................................................................... 164

Redner/Rednerinnen:

Ing. Waltraud Dietrich ............................................................................................ ... 164

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 165

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 166

Angela Fichtinger ................................................................................................... ... 166

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................ ... 167

Gerhard Schmid ...................................................................................................... ... 168

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1053 d.B. .................................................... 168

Zuweisung des Antrages 1291/A(E) an den Verkehrsausschuss ................................ 169

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Be­richt des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend EU-Vorhaben Jahresvorschau 2016, Verwaltungsbereich Wirtschaft (III-237/1017 d.B.) ....................................................................................... 169

Redner/Rednerinnen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. ... 169

Rainer Wimmer ....................................................................................................... ... 171

Mag. Werner Kogler ................................................................................................ ... 173

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 175

Bernhard Themessl ................................................................................................ ... 177

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ... 179

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ....................................................................... ... 182

Staatssekretär Mag. Dr. Harald Mahrer ..........................................................  183, 200

Cornelia Ecker ......................................................................................................... ... 186

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ... 187

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 191

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 193

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 194

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 195

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................ ... 197

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................ ... 198

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 199

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 201

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................ ... 202

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................ ... 203

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 204

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend One in – One out – Ablehnung ...........................................................................................  181, 208

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Dringlichkeit der Beseitigung der überbordenden bürokratischen und kostentreibenden Bestimmungen der Recycling-Baustoff Verordnung, BGBl. II Nr. 181/2015 – Ablehnung ................  189, 208

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kennzeichnung von verarbeiteten Eiern“ – Ablehnung .....................................  207, 208

Kenntnisnahme des Berichtes III-237 d.B. ................................................................... 208


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 8

18. Punkt: Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 1568/A(E) der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Nutzbarmachung des Alternativfinanzie­rungsg­esetzes für die österreichische Tourismus- und Freizeitwirtschaft (1025 d.B.)   ............................................................................................................................. 208

Redner/Rednerinnen:

Ing. Thomas Schellenbacher ................................................................................. ... 208

Mag. Andreas Hanger ............................................................................................. ... 209

Georg Willi ............................................................................................................... ... 210

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 211

Mag. Nikolaus Alm .................................................................................................. ... 212

Dr. Georg Vetter ...................................................................................................... ... 217

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 218

Michael Ehmann ...................................................................................................... ... 219

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 221

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 223

Hermann Brückl ...................................................................................................... ... 225

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sweat Equity – Ablehnung .............................................................................................  214, 226

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Einschränkungen im AltFG auf Unterneh­mensgrößen – Ablehnung  215, 226

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Realwirtschaftsinvestitionsfreibetrag – Ablehnung .............................................  216, 226

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Qualitätspartnerschaft für heimische Gastronomiebetriebe“ – Ablehnung          220, 226

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1025 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Nutzbarmachung des Alternativfinanzierungsgesetzes für die österreichische Tourismus- und Freizeitwirtschaft (E 126) ............................................................................................. 226

19. Punkt: Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 1569/A(E) der Abgeordneten Mag. Maximilian Unterrainer, Gabriel Obernosterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2302 des Euro­päischen Parlaments und des Rates über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates (1026 d.B.) .................................................................................................................... 226

Redner/Rednerinnen:

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ... 226

Asdin El Habbassi, BA .............................................................................................. 228

Mag. Maximilian Unterrainer .................................................................................. ... 229

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 231

Georg Willi ............................................................................................................... ... 233

Staatssekretär Mag. Dr. Harald Mahrer ................................................................ ... 234

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 235

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 235

Walter Bacher .......................................................................................................... ... 236

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1026 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2302 des Euro­päischen Parlaments und des Rates über Pauschalreisen und verbundene


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 9

Reise­leistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates (E 127) ................................................................... 237

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 47

Petition betreffend „der Resolution für eine TTIP- und CETA-freie Landwirtschaft auf Initiative des Ortsbauernausschusses der Gemeinde Meggenhofen“ (Ord­nungs­­nummer 70) (überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber)

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 46

1028: Bundesgesetz, mit dem das Rechtspraktikantengesetz, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und die Notariatsord­nung geändert werden

1054: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (32. KFG-Novelle)

1055: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 und das ASFINAG-Gesetz geändert werden

1056: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeug­nisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) und das Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bun­desamt für Sicherheit im Gesundheitswesen eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz – GESG) geändert werden

1057: Verwertungsgesellschaftengesetz 2016 – VerwGesG 2016

1058: Strafprozessrechtsänderungsgesetz I 2016

1059: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Vergleichbarkeit von Entgelten für Verbraucherzahlungskonten, den Wechsel von Verbraucher­zah­lungs­konten und den Zugang zu Verbraucherzahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (Verbraucherzahlungskontogesetz – VZKG) erlassen wird und das Konsumentenschutzgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geän­dert werden

Bericht ........................................................................................................................... 47

III-248: Bericht betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der Öster­reichischen Entwicklungspolitik 2016 bis 2018; BM f. Europa, Integration und Äußeres

Anträge der Abgeordneten

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erreichung der Ziele der FTI-Strategie bis 2020 und Forschungsfinanzierungsgesetz (1592/A)(E)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche, unbürokratische Eingliederung syrischer ÄrztInnen und weiteren Gesundheitspersonals in das öster­reichische Gesundheitssystem (1593/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 10

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verstärkung der Lohnkon­trollen durch personelle Aufstockung der Finanzpolizei (1594/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Beamten (Beam­ten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979) geändert wird (1595/A)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vom Inno­vation Follower zum Innovation Leader“ (1596/A)(E)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen betreffend Entpoliti­sierung der Entscheidungsprozesse bei der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) (1597/A)(E)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein drittes humanitäres Aufnahmeprogramm (Resettlement) (1598/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtliche Klarstellung bezüglich Kammerprüfungen (1599/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wieder­einführung des Fachkräfte-Stipendiums (1600/A)(E)

Erwin Spindelberger, Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz geändert wird (1601/A)

Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung des Dieselprivilegs in Österreich (1602/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Rechtsgrundlage der „WKO Pfuschjäger“ (8529/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Flüchtlingsbekämpfung mit Tasern, Granaten und Schockbomben (8530/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Baurecht und (teilweisen) Verzicht auf die Einhebung des Bauzinses für das Grundstück der VIS – Vienna International School (8531/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend: Drohplakate ersetzen Flüchtlingspolitik nicht (8532/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend: Drohplakate ersetzen Flüchtlingspolitik nicht (8533/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die derzeitige Beschäftigungssituation von Strafgefangenen im Strafvollzug (8534/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend widersprüchliche BMI-Werbekampagne in Afghanistan (8535/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Integrationstopf (8536/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 11

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Integrationstopf (8537/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Integrationstopf (8538/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Integrationstopf (8539/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Statistik Grundversorgung (8540/J)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Finanzausgleichsverhandlungen 2016 (8541/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vollzug des Finanzstrafgesetzes 2015 (8542/J)

Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend offene Abgabenrückstände 2015 (8543/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „IG-L Hunderter zwischen Ansfelden und Enns“ (8544/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „IG-L Hunderter zwischen Ansfelden und Enns“ (8545/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Statutarstadt Waidhofen an der Ybbs 2015 (8546/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Statutarstadt Wiener Neustadt 2015 (8547/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Statutarstadt Krems 2015 (8548/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Statutarstadt St. Pölten 2015 (8549/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Zwettl 2015 (8550/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Wien Umgebung 2015 (8551/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Wiener Neustadt Land 2015 (8552/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 12

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Waidhofen an der Thaya 2015 (8553/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Tulln 2015 (8554/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Neunkirchen 2015 (8555/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Mödling 2015 (8556/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Mistelbach 2015 (8557/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Krems Land 2015 (8558/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Korneuburg 2015 (8559/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Horn 2015 (8560/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Hollabrunn 2015 (8561/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Gmünd 2015 (8562/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Gänserndorf 2015 (8563/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Bruck an der Leitha 2015 (8564/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Lilienfeld 2015 (8565/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Scheibbs 2015 (8566/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 13

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Melk 2015 (8567/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Amstetten 2015 (8568/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk St. Pölten Land 2015 (8569/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Niederöster­reich – Bezirk Baden 2015 (8570/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Übergriffe auf Kraftfahrzeuge bei Ampeln und in Staus (8571/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­mi­nister für Justiz betreffend Einstellung eines Ermittlungsverfahrens betreffend schwers­ten sexuellen Missbrauch und Kinderpornographie (8572/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Aus­stel­lung Kunstforum Wien (8573/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Befall der amerikanischen Rebzikade in der Südoststeiermark (8574/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Befall der amerikanischen Rebzikade im Bezirk Deutschlandsberg (8575/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Befall der amerikanischen Rebzikade im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld (8576/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend enorme Sozialausgaben (8577/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend horrende Steuerlast auf Arbeit (8578/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Zusatzkosten bei Beiziehung von Rettungsorganisationen (8579/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Kosten für Sicherheitsmaßnahmen im Rahmen von Gipfelgesprächen (8580/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend Kosten für Sicherheitsmaßnahmen im Rahmen von Gipfelgesprächen (8581/J)

Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend „Finanzielle Rückstände ausländischer Versicherungsträger bei den Gebietskrankenkassen (GKKs) und anderen Sozialversicherungsträgern sowie den Landesgesundheitsfonds 2014 und 2015“ (8582/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend All-in-Verträge (8583/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Hausapotheken (8584/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend „Homepage des BMLFUW und BMFJ“ (8585/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 14

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Homepage des BMLFUW und BMFJ“ (8586/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Gleichstellungsziele im Hoch­schul- und Forschungsbereich (8587/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Integration von Asylwerbenden und Asylberechtigten in Wissenschaft und Wirtschaft (8588/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Doktoratsstudium in Österreich (8589/J)

Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Unterstützungsleistung durch das BMLVS (8590/J)

Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Unterstützungsleistung (8591/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Urteil des Bundesverwaltungsgerichts betreffend Leiterbestellung Mürzzuschlag (8592/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Unternehmerische Bildung (8593/J)

Johann Rädler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend „Fern- und Nahverkehrsangebot auf der Süd­bahn-Achse ab dem Jahr 2023+“ (8594/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Gefährliche Zuckerersatz­stoffe“ (8595/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die grobe Unterschreitung der Begutachtungsfrist bei der Änderung des Scheidemünzengesetzes sowie des Bundeshaftungsobergrenzengesetzes (8596/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vernichtung der Gesprächsprotokolle des „Griss-Berichtes“ (8597/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten (8598/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den Bezug der Familienbeihilfe ohne Bankkonto (8599/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Islamgesetz 2015 (8600/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten (8601/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Befall der amerikanischen Rebzikade im Bezirk Leibnitz (8602/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 15

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Risikoabschätzungen bezüglich der Anhebung der Bundeshaftungs­ober­grenze um 2 Milliarden € (8603/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Vernichtung der Gesprächsprotokolle des „Griss-Berichtes“ (8604/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Schulerfolge auf Basis der grundlegenden- und vertieften Bildung an NMS in Wien (8605/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Schulerfolge auf Basis der grundlegenden- und vertieften Bildung an NMS in Vorarlberg (8606/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Schulerfolge auf Basis der grundlegenden- und vertieften Bildung an NMS in Tirol (8607/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Schulerfolge auf Basis der grundlegenden- und vertieften Bildung an NMS in Salzburg (8608/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Schulerfolge auf Basis der grundlegenden- und vertieften Bildung an NMS in der Steiermark (8609/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Schulerfolge auf Basis der grundlegenden- und vertieften Bildung an NMS im Burgenland (8610/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Schulerfolge auf Basis der grundlegenden- und vertieften Bildung an NMS in Oberösterreich (8611/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Schulerfolge auf Basis der grundlegenden- und vertieften Bildung an NMS in Niederösterreich (8612/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Schulerfolge auf Basis der grundlegenden- und vertieften Bildung an NMS in Kärnten (8613/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Therapeutische Gemeinschaften – TG Dienstleistungs GmbH“ (8614/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Willkür gegenüber Schutzsuchenden an Österreichs Grenzen (8615/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Glyphosat – (K)ein Gift auf unserem Acker (8616/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Justiz betreffend Entnahme von 135 000 € aus der Klubkasse des Klubs der Wiener Kaffeehausbesitzer (8617/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 16

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Islamgesetz 2015 (8618/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend „Der Gewalt keine Chance“ – Inserat des BMBF in „Heute“ vom 8. März 2016 (8619/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend „Der Gewalt keine Chance“ – Inserat des BMBF in „Heute“ vom 3. März 2016 (8620/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend „Der Gewalt keine Chance“ – Inserat des BMBF in „Österreich“ vom 29. Feb. 2016 (8621/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Wussten Sie, dass… Windräder aus Hanf“ – Inserat des BMVIT in „Heute“ am 23. Feber 2016 (8622/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend AHS-Administratoren für Verschiebung der NOST (8623/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Negativbeurteilungen von Diplom- und Masterarbeiten (8624/J)

*****

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betreffend Feuerwehreinsatz mit schwerem Atemschutz wegen giftiger oder hochgiftiger Substanzen im Parlamentsgebäude (23/JPR)

Dieter Brosz, MSc, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betreffend Umgang der FPÖ mit einem Tuberkulose-Krankheitsfall im Parlament (24/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (7321/AB zu 7809/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen (7322/AB zu 7959/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7323/AB zu 8013/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (7324/AB zu 7612/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (7325/AB zu 7608/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberg­huber, Kolleginnen und Kollegen (7326/AB zu 7609/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (7327/AB zu 7604/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (7328/AB zu 7602/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (7329/AB zu 7599/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (7330/AB zu 7601/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (7331/AB zu 7596/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (7332/AB zu 7932/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (7333/AB zu 8232/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (7334/AB zu 8031/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (7335/AB zu 7963/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (7336/AB zu 7654/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen (7337/AB zu 7600/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (7338/AB zu 7597/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ord­neten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (7339/AB zu 7598/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (7340/AB zu 7615/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (7341/AB zu 7606/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (7342/AB zu 7613/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (7343/AB zu 7611/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (7344/AB zu 7607/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (7345/AB zu 7614/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (7346/AB zu 7605/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (7347/AB zu 7610/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (7348/AB zu 7603/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen (7349/AB zu 7993/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen (7350/AB zu 7994/J)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 19

09.05.48Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Doris Bures, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren, einen schönen guten Morgen! Die 117. Sitzung des Nationalrates ist eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 115. und 116. Sitzung vom 8. März 2016 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Krainer, Katzian, Kirchgatterer, Mag. Schieder, Mag. Gisela Wurm, Mag. Johannes Rauch, Dr. Nachbaur, Ing. Hackl, Mag. Schrangl, Peter Wurm, Zanger, Schmid Julian und Dr. Winter.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Doris Bures: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertre­tung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Die Bundesministerin für Bildung und Frauen Gabriele Heinisch-Hosek wird durch den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger vertreten.

Ferner gebe ich die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt bekannt:

Der Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter wird durch den Bundes­minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter vertreten.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr übertragen wird. ORF III wird diese Sitzung in voller Länge live übertragen.

 

09.07.33 Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

Auswirkung der Flüchtlingspolitik: Sicherheitsnotstand in Österreich“

Ich begrüße dazu auch Frau Bundesministerin Mikl-Leitner.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Lugar. Die Redezeit beträgt 10 Minu­ten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.07.57

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hohes Haus! Das Thema heute ist „Sicherheitsnotstand in Österreich“. Da wir natürlich wissen, dass jetzt gleich wieder einige, auch von den Grünen, hier herauskommen und sagen werden, es ist alles halb so schlimm, wir übertreiben, dieser Sicherheitsnotstand ist gar nicht gegeben und die


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Menschen fühlen sich eh sicher in unserem Land, haben wir wohlweislich eine Studie in Auftrag gegeben – mit 1 000 Befragten, also sehr repräsentativ –, und zwar vom Institut für Grundlagenforschung. Diese Studie habe ich gleich mitgebracht, und ich würde Ihnen daraus gerne einmal ein paar alarmierende Zahlen zur Kenntnis bringen.

Erstens: Wie zufrieden sind die Österreicher mit dem Krisenmanagement der Regie­rung? – Wir sehen hier (der Redner zeigt in der Folge die jeweils entsprechende Grafik), 74 Prozent der Befragten sind nicht zufrieden oder überhaupt nicht zufrieden mit dem Krisenmanagement der Regierung.

Oder: Veränderung des Sicherheitsgefühls. – Da haben wir bei 62 Prozent eine Verschlechterung. Ganz schlimm ist es bei älteren Personen, da sind es sogar über 70 Prozent, die sich nicht mehr sicher fühlen in unserem Land.

Jetzt werden viele behaupten, vor allem von den Grünen, dass das wahrscheinlich nur diejenigen sind, die ohnehin noch nie einen Flüchtling gesehen haben, die einfach irgendwelche diffusen Ängste haben. Auch das haben wir abfragen lassen, und wir sehen, dass fast die Hälfte schon Kontakt mit Flüchtlingen hatte und mehr als 30 Pro­zent auch schon negative Erfahrungen mit Flüchtlingen hatten – trotz der Tatsache, dass nur die Hälfte auch Kontakt hatte.

Nächste Frage: Erwarten Sie Nachteile aufgrund der Flüchtlingsproblematik? – 62 Pro­zent sagen Ja. (Zwischenruf bei den Grünen.)

Jetzt konkret zu den Befürchtungen: Welche Befürchtungen gibt es? – Da sind nicht nur diffuse Ängste dabei, wo man sagt, der Arbeitsplatz könnte gefährdet sein, sondern das ist ganz konkret: 62 Prozent sehen ein Absinken des Bildungsniveaus in öffent­lichen Schulen, also da haben sich schon einige Gedanken gemacht. Natürlich – und das ist ein Riesenproblem –, mehr als 50 Prozent erwarten, dass die Rechte der Frauen in Österreich eingeschränkt werden – mehr als 50 Prozent!

Jetzt sind wir bei der Obergrenze – weil viele sagen, diese Obergrenze ist jetzt endlich da und wir haben das Problem gelöst –: Mehr als 50 Prozent sagen, diese Obergrenze ist zu hoch. Was uns und vor allem Ihnen von der Regierung ganz besonders zu denken geben muss: Ein Drittel will weniger als diese 37 500 und ein Drittel will gar keine Flüchtlinge mehr aufnehmen. Nur 17 Prozent sind einverstanden mit dem, was die Regierung macht, und mit diesen 37 500. Manche, 6 Prozent, wollen sogar noch mehr Flüchtlinge, aber zwei Drittel der Österreicher lehnen das ab. Entweder sie wollen weniger oder gar keine mehr, ein Drittel will gar keine Flüchtlinge mehr aufnehmen.

Genau das ist das Problem, und genau darüber wollen wir heute reden. Es geht darum, dass mit der Flüchtlingspolitik dieser Regierung in diesem Land ein Sicherheits­vakuum geschaffen wurde, das die Menschen zutiefst beunruhigt. (Ruf bei der ÖVP: Ein Blödsinn!) Viele sagen jetzt, das konnten wir nicht wissen und das ist alles über uns hereingebrochen, niemand konnte das verhindern.

Ich habe ein bisschen recherchiert, und im September letzten Jahres gab es ein offizielles Papier des Innenministeriums, das dann abgestritten wurde. Im September letzten Jahres, die Zeitungen haben darüber berichtet (Abg. Rädler: Da hilft nur noch Pfefferspray!), gab es ein Papier, wo alles genau so dringestanden ist, wie es jetzt eingetreten ist. Es ist damals dringestanden, dass Menschen nach Österreich kom­men, die hier untertauchen.

Die Busunternehmer haben sich damals darüber beschwert, dass sie an der Grenze Flüchtlinge einladen und an der deutschen Grenze nur mehr halb so viele Flüchtlinge im Bus sitzen, weil sie bei der Pinkelpause einfach verschwunden sind. Es gab Züge, die mit Notbremsungen angehalten wurden, wo die Flüchtlinge einfach verschwunden sind. Es gab riesige Probleme, und damals hat das Innenministerium schon gewarnt.


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Sie haben damals schon gesagt, dass dieses Problem auf uns zukommt und wir in diesem Land eine riesige Sicherheitsproblematik erleben werden – im September schon. Und was ist passiert? – Nichts ist passiert.

Jetzt sind wir genau an dem Punkt. Wir haben vor Kurzem eine Anfrage an das Innenministerium, an Sie, Frau Minister, gestellt, wie viele Illegale sich im Land auf­halten. Dazu haben Sie ganz lapidar gesagt, das wissen Sie nicht, dazu gibt es keine Statistik. – Ist auch nicht so interessant, nicht?!

Dann haben Sie gesagt, Sie können nur darüber Auskunft geben, wie viele pro Jahr aufgegriffen werden, und das waren 92 000 Menschen, die als Illegale, als U-Boot in Österreich aufgegriffen werden. Und dann haben Sie gesagt, da könnten auch welche dabei sein, die mehrmals aufgegriffen wurden. Ja, wissen Sie, warum das so ist? – Weil Sie sie einfach wieder freilassen. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Da greift die Polizei schon einmal jemanden auf, der illegal im Land ist, und dann lassen Sie ihn wieder frei!

Oder, noch besser: Jemand ist jahrelang in Österreich illegal im Land, macht alles Mögliche, was wir nicht wissen, von Drogenhandel bis zu sonstiger Kriminalität; der wird aufgegriffen und sagt dann: Ich suche um Asyl an! Dann kommt er ins Verfahren und dann taucht er wieder unter, und das Spiel geht von vorne los. Er wird wieder aufgegriffen, sagt wieder einen anderen Namen und sucht wieder um Asyl an.

Jetzt sage ich Ihnen einmal was, Frau Minister: Die Genfer Flüchtlingskonvention, die Sie immer so überstrapazieren, und vor allem Ihr Kollege, der Herr Kanzler, sagt ganz eindeutig: Wenn jemand illegal nach Österreich kommt und nicht augenblicklich um Asyl ansucht, sich nicht augenblicklich bei den Behörden meldet, dann hat er jegliches Recht auf Asyl verwirkt! So schaut das aus. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Scherak: Das stimmt überhaupt nicht!)

Dann hat er jedes Recht verwirkt, und man kann ihn sofort dorthin, wo er herge­kommen ist, zurückschicken. (Abg. Scherak: Wo steht das? Wo?) Das steht in der Genfer Flüchtlingskonvention, und ich würde jedem empfehlen, das einmal ausführlich zu lesen. (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie des Abg. Amon.)

Wenn wir 92 000 sogenannte Illegale in Österreich haben, die Sie auch statistisch erfasst haben, dann kann man davon ausgehen, dass mindestens 200 000 bis 300 000 tatsächlich illegal in diesem Land sind, denn die Dunkelziffer ist da sehr, sehr hoch. Da müssen die Alarmglocken läuten!

Wenn Sie es nicht glauben, haben wir noch eine Statistik für Sie – die Sie dann wahrscheinlich auch wieder in Abrede stellen, aber in diesem Fall ist es eine offizielle Statistik von Ihrem Innenministerium. Diese besagt, dass zum Beispiel bei 100 Asyl­anträgen von Algeriern 155 Straftaten begangen worden sind. Das muss man sich einmal vorstellen! Das heißt, jeder Algerier begeht mindestens eine Straftat. Genauso sieht es bei den Georgiern aus, genauso sieht es bei den Nigerianern aus, Frau Minis­ter. – Na, sagen Sie einmal etwas dazu! Erklären Sie mir einmal, wie es sein kann, dass Sie zulassen, dass man Algerier, Georgier und Nigerianer – die alle drei keinen Asylgrund in Österreich haben, nicht einmal beim besten Willen einen Asylgrund haben, nicht einmal bei Ausschöpfung aller Winkelzüge, um denen einen Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen –, dass man diese Menschen, die alle mindestens eine Straftat in Österreich begehen, in Österreich belässt! Erklären Sie mir das einmal!

Zum Durchschnitt bei den Straftaten: Der Durchschnitt liegt immer noch bei 55 Straf­taten pro 100 Asylwerber. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! Das heißt, pro zwei Asylwerber eine Straftat. (Abg. Scherak: Anzeigen!) Das Aller-


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beste ist, dass die Staatenlosen mehr als den Durchschnitt ausmachen, das heißt bei 100 Staatenlosen 75 Straftaten. (Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Jetzt erklären Sie mir einmal, Frau Minister, wie das möglich ist! Wie kann ein Staaten­loser überhaupt in Österreich sein? Erklären Sie mir das einmal! Die Genfer Flücht­lingskonvention sagt ja, es muss einen Fluchtgrund geben, das heißt, er muss ja vorher irgendwo sein, um verfolgt zu sein. Wenn der aber staatenlos ist, dann war er anscheinend nirgends, dann ist er sozusagen jemand, der da im luftleeren Raum war, ein Außerirdischer möglicherweise.

Also all das ist aufklärungsbedürftig, und deswegen, Frau Minister: Hören Sie auf, mit Absichtserklärungen den Menschen Sand in die Augen zu streuen und zu sagen, wir machen eh! Machen Sie einmal was! Kümmern Sie sich um die Illegalen, kümmern Sie sich einmal darum, dass diejenigen, die tatsächlich – wie die Algerier, die Georgier und die Nigerianer – Straftaten begehen, und zwar in einem Ausmaß, das unvorstellbar ist, endlich außer Landes kommen!

Wenn Sie nicht wissen, wohin mit ihnen, dann sperren Sie sie zumindest ein! Das haben wir uns doch verdient. Wir haben uns doch verdient, dass unsere Kinder von diesen nigerianischen Drogenhändlern unbehelligt bleiben. Sperren Sie sie ein! Ich glaube, das ist das Mindeste, was wir von Ihnen erwarten können, Frau Minister! (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ein Punkt noch zum Schluss, da meine Redezeit gleich erschöpft ist: Dieser Deal mit der Türkei ist eine gefährliche Drohung. Da will man doch allen Ernstes eine halbe Million Flüchtlinge legal nach Europa schaffen, und das Allerbeste daran ist, dass nicht wir die aussuchen werden – und das hat die Türkei schon klargemacht –, sondern die Türkei wird aussuchen, wen wir aufzunehmen haben. Das muss man sich einmal vorstellen! Dafür geben Sie 6 Milliarden aus, Frau Minister!

Sagen Sie dazu einmal etwas! Erklären Sie uns einmal, warum wir unser sauer verdientes Steuergeld in die Türkei transferieren, für etwas, was die Türkei ohnehin tun sollte, nämlich ihre Nachbarn aufnehmen, denn das haben wir in der Flüchtlingskrise mit den Ungarn damals genauso gemacht, die haben wir auch nicht in die Türkei geschickt! Deshalb: Überweisen Sie kein Geld in die Türkei, und vor allem, nehmen Sie keine halbe Million Flüchtlinge aus der Türkei, die noch dazu von der Türkei handverlesen sind! (Beifall beim Team Stronach.)

9.18


Präsidentin Doris Bures: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Frau Bundesminister Mag. Mikl-Leitner zu Wort gemeldet. Frau Ministerin, Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.18.30

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Damen und Herren auf der Besuchergalerie und vor allem auch vor den Fernsehschirmen! Diese Aktuelle Stunde gibt mir die Gelegenheit, einige Fakten auf den Tisch zu legen. Sehr geehrter Herr Klubobmann, wie Sie wissen, ist Österreich eines der sichersten Länder der Welt, und unser Ziel ist es, und all unsere Kraftanstrengung ist diesem Ziel unter­geordnet, dass Österreich auch weiterhin zu einem der sichersten Länder gehört. (Bei­fall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich bitte Sie schon auch, sich einmal die Rechtsordnung anzuschauen! Gott sei Dank befinden wir uns in einem Rechtsstaat, wo es für uns alle heißt, vor allem für uns seitens des Innenministeriums, sich rechtsstaatlich zu verhalten. In diesem Zusam-


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menhang hilft uns einfach keine Polemik und helfen uns auch keine falschen Daten und Fakten. (Beifall bei der ÖVP.)

In einem haben Sie recht: Für die Polizei war das im letzten Jahr angesichts der Migrationskrise eine ganz große Kraftanstrengung. Ich sage hier, ich bin stolz auf die Polizei, die Großartiges geleistet hat; viele sind bis an ihre Grenzen gegangen. Ich bin stolz auf die gute Zusammenarbeit von Polizei und Bundesheer mit den NGOs und der Zivilbevölkerung; sie haben diese schwierige Situation in den letzten Monaten bestens bewältigt.

Schauen wir uns einmal die Situation an: Wir haben über 89 000 Asylanträge ange­nommen, 89 100 Menschen haben letztes Jahr bei uns um Asyl angesucht; das sind mehr Asylanträge, als 18 andere EU-Mitgliedstaaten gemeinsam bewältigen. Diese Zahl unterstreicht, dass wir unserer humanitären Tradition gerecht geworden sind, auch wenn der eine oder andere meint, das sei noch immer zu wenig. Ihnen sei ins Stammbuch geschrieben, dass Österreich neben Schweden und Deutschland die meiste Belastung, die größte Verantwortung auf den Schultern zu tragen hat, dass Staaten wie Slowenien und Kroatien gemeinsam allein im letzten Jahr nur 500 Asyl­anträge zu bewältigen hatten. Deswegen war ich von der ersten Minute an für eine geregelte Migration, war ich von der ersten Minute an für das Motto: Wer Flüchtlingen helfen will, wer Flüchtlinge unterstützen will, wer sie vor allem auch integrieren will, braucht eine Obergrenze.

Ja, es war ein Bohren harter Bretter. Gott sei Dank gibt es jetzt diese Obergrenze, die garantiert, dass all unsere Systeme das bewältigen können (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wer’s glaubt! Wie oft erzählen Sie den Schmäh noch?), dass vor allem auch die Bevölkerung mitgehen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Obergrenze mag dem einen zu hoch und dem anderen zu niedrig sein; ich glaube, sie ist ein ganz klares Signal, auch gegenüber den anderen EU-Mitglied­staaten, dass Österreich bereits in Vorlage getreten ist und sich nicht abschottet, son­dern bereit ist, weiter humanitär zu helfen, aber in dem Rahmen, in dem dies letztend­lich auch möglich ist. Österreich wird mit Deutschland und Schweden allein diese Migrationskrise nicht bewältigen können. Das ist eine weltweite Migrationskrise, eine Krise, die Österreich intensiv betrifft, und wir alle wissen, es braucht eine europäische Lösung. Wir alle wissen aber auch, dass diese europäische Lösung nicht von heute auf morgen kommen wird (Zwischenruf des Abg. Höbart) und dass es nationale Maßnah­men braucht, um die europäische Lösung voranzutreiben.

Aus diesem Grund bin ich auch froh über die Entscheidung Österreichs, Tageskontin­gente einzuführen, engstens mit den Staaten auf der Balkanroute zu kooperieren und darüber, dass es gelungen ist, die Balkanroute zu schließen. Die Balkanroute zu schließen ist uns allerdings zu wenig (Zwischenruf des Abg. Höbart), unser Ziel muss sein, dass es keine Folgerouten gibt. Unser Ziel muss sein, dem unkontrollierten Durchzug durch Europa ein Ende zu setzen, und dafür gilt es, konsequent zu sein und gesamteuropäisch zusammenzuhalten. Unsere Maßnahmen greifen, das zeigt sich vor allem auch, wenn man die Zahl der Asylanträge anschaut: In den letzten Wochen gab es durchschnittlich pro Woche 800 Asylanträge; das ist der niedrigste Wert seit April letzten Jahres. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.) Das ist ein wichtiger Schritt, um die Obergrenze einhalten zu können und vor allem auch unsere Systeme nicht zu überlasten.

Nun zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen, was die Sicherheit betrifft, und auch zu den von Ihnen genannten Zahlen: Zum wiederholten Mal versuchen Sie, den Men­schen einzureden, dass die Kriminalität explodiert; zum wiederholten Mal versuchen Sie, zu verunsichern (Abg. Belakowitsch-Jenewein: … gibt keine Vergewaltigungen!);


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zum wiederholten Mal versuchen Sie, Zahlen, Daten und Fakten falsch zu interpre­tieren. Lassen Sie daher einige Fakten sprechen! (Abg. Darmann: Was sagen Sie den Opfern?)

Wir werden diese Woche, wie jedes Jahr, die Kriminalstatistik präsentieren. (Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.) Diese Woche wird die Kriminalsta­tistik für das Jahr 2015 präsentiert werden, und ich kann Ihnen jetzt bereits sagen, dass es wieder gelungen ist, die Kriminalität insgesamt zu verringern (Zwischenruf des Abg. Lugar), und dass es vor allem auch gelungen ist, die Aufklärungsrate auf hohem Niveau zu halten beziehungsweise zu steigern. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Zur Frage der Kriminalität von Asylwerbern: Wir haben uns die Zahlen, Daten und Fakten angeschaut, sowohl aus dem Jahr 2014 als auch aus dem Jahr 2015. Von Jänner bis Dezember 2014 hatten wir 28 064 Asylwerber und davon 10 416 Tatver­dächtige. (Ruf bei der FPÖ: Wahnsinn! – Abg. Kassegger: Das ist ein Drittel!) Wie schaut es im Jahr 2015 aus? – Von Jänner bis Dezember 2015 hatten wir 89 100 Asyl­anträge, davon 11 514 Tatverdächtige.

Herr Klubobmann Lugar, Sie werden jetzt sagen, die Zahl der Tatverdächtigen ist gestiegen. – Ja, Sie haben recht, die Zahl der Tatverdächtigen ist gestiegen (Abg. Lugar: Was ist mit den Algeriern …, mit den Nigerianern?), aber setzen Sie diese Zahl in Relation zur Zahl der Asylwerber, dann werden Sie mathematisch feststellen, dass der Anstieg der Tatverdächtigen relativ gering ist. (Zwischenruf des Abg. Riemer.)

Ich möchte aber auch nicht verhehlen, dass wir im letzten Quartal des letzten Jahres vor allem einen Anstieg bei den Straftaten von Asylwerbern verzeichnen. Bei diesen Straftaten – im letzten Quartal des letzten Jahres – handelt es sich vor allem um Diebstähle, Suchtmitteldelikte und Körperverletzungen, vor allem in den Betreuungs­einrichtungen oder rund um die Unterkünfte.

Wir haben uns das auch näher angeschaut, eine Analyse hat ergeben, dass bei etwa einem Drittel der Körperverletzungen Täter und Opfer aus der Migranten- oder Asyl­werbergruppe kommen – das heißt, wenn Sie so wollen, es handelt sich da vor allem um Delikte untereinander. (Zwischenruf des Abg. Lugar. – Abg. Kickl: Sehr beru­higend! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Selbstverständlich ist es unsere Aufgabe, auf dieses Phänomen zu reagieren, konkrete Maßnahmen zu setzen; selbstverständlich haben wir die Kontrollintensität verstärkt; selbstverständlich sind wir bei den Ermittlungen und vor allem bei den Festnahmen ganz konsequent, da darf es null Toleranz geben, und das ist auch so. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Pendl und Weninger. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Wichtig ist mir aber auch, vor allem auf Prävention zu setzen, um Straftaten zu ver­hin­dern. Wir wissen, es kommen Menschen mit unterschiedlichsten Kulturen, mit falschen Informationen zu uns, und es ist einfach wichtig, sie über unsere Grundwerte, über unsere Regeln zu informieren. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.) Aus diesem Grund haben wir eine Fibel zu den Grundwerten ausgear­beitet, die wir so rasch wie möglich an die Asylwerber transportieren (Zwischenruf des Abg. Deimek); es geht darum, dass vor allem das Betreuungspersonal die Menschen über unsere Werte und Grundrechte informiert.

Wir alle wissen, dass unsere Werte nicht verhandelbar sind, dass jede und jeder, die oder der zu uns kommt, sich auch an diese Grundregeln halten muss. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Deimek.) Deswegen war es uns wichtig, vor allem hier in Wien, wo wir im Vergleich zu anderen Bundesländern den größten Anteil an Migranten ha-


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ben, Präventionsmaßnahmen zu setzen. Wir haben zum Beispiel Kontaktbeamte für die Flüchtlingsunterkünfte installiert, die Drehscheibe und Vermittler zwischen der Polizei, den Asylwerbern, den NGOs und den Betreuern in den Unterkünften sind. Es geht darum, rechtzeitig zu informieren, rechtzeitig darüber zu reden, wie man sich bei uns zu verhalten hat; das heißt, diese Kontaktbeamten unterstützen, informieren und klären auf. (Abg. Kickl: Und das alles kostet nichts?!)

Ja, wir müssen damit rechnen, dass in den nächsten Monaten vor allem die Zahl der Delikte ansteigt, aber nicht allein wegen der Asylwerber – weil die Kleinkriminalität eventuell ansteigen könnte –, sondern natürlich auch aufgrund von Phänomenen wie Cyberkriminalität. (Abg. Deimek: … keine Cyberkriminalität!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden alles tun, um weiterhin zu einem der sichersten Länder zu gehören. Aber um weiterhin Sicherheit garantieren zu können, braucht es nicht nur die Polizei, sondern es sind natürlich auch in allen anderen Bereichen – von der Schule über den Kindergarten und den Arbeitsmarkt bis hin zum Sozialbereich – alle gefordert, auch die Zivilbevölkerung.

Ich glaube, es gibt wohl kein besseres Kompliment an die Polizei als dass neun von zehn Österreicherinnen und Österreichern sagen, sie fühlen sich sicher. (Abg. Lugar: Was? … aktuelle Studie!) Das ist ein Barometer, das das großartige Engagement und die Kompetenz der Polizistinnen und Polizisten unterstreicht. (Abg. Lugar – auf eine Grafik zeigend –: Die Hälfte fühlt sich unsicher!)

Sie wissen, dass wir auch personelle Aufstockungen vornehmen werden, dass wir heuer alleine 1 500 junge Polizistinnen und Polizisten aufnehmen werden, sie aus­bilden werden, damit sie das jetzige Team voll und ganz unterstützen können. Genau­so ist es beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, damit rasch Entscheidungen getroffen werden können, ob die Menschen bei uns im Land bleiben können oder ob sie außer Landes gebracht werden können. Also ich bitte Sie, halten Sie sich an die Zahlen, Daten und Fakten und betreiben Sie hier nicht Verunsicherung. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Scherak. – Abg. Lugar – neuerlich auf eine Grafik zeigend –: Da! Die Hälfte, Frau Ministerin! Die Hälfte fühlt sich unsicher!)

9.31


Präsidentin Doris Bures: Ich mache darauf aufmerksam, dass allen weiteren Teilnehmern an der Aktuellen Stunde eine Redezeit von 5 Minuten zur Verfügung steht.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


9.31.41

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Meine Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Es gelingt nicht und nicht, eine der heikelsten Materien sachlich zu diskutieren.

Kollege Lugar, ich glaube, die wichtigste Aufgabe der Politik, und zwar gesamtstaatlich gesehen, ist es, den Menschen Sicherheit zu vermitteln. (Abg. Lugar: Nicht „ver­mitteln“, sondern Sicherheit geben! – Rufe bei der FPÖ: … gewährleisten! Sicherheit schaffen!) Was ihr macht, ist, ununterbrochen alle zu verunsichern! Wir sind – und darauf können wir stolz sein – eines der sichersten Länder dieser Welt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Jede einzelne Straftat ist eine zu viel, das sage ich, seit ich die Ehre habe, diesem Hohen Haus anzugehören. Jede einzelne Straftat ist eine zu viel, aber Zahlen und Fakten sind, wie sie sind. Dafür, dass wir dieses Ergebnis für den kommenden Sicher­heitsbericht überhaupt haben können, ist zu danken. Es wird immer gelacht oder nicht


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zugehört, aber ich mache das, weil ich glaube, dass sich alle öffentlich Bediensteten, die sich da einbringen, vor allem die Polizei und das Bundesheer, aber auch die NGOs, unseren gemeinsamen Dank verdienen. Es ist nicht alles in Grund und Boden zu kritisieren. Ich glaube, es steht uns ganz gut an, zu sagen, die Kolleginnen und Kolle­gen in den Sicherheitsbereichen leisten hervorragende Arbeit für unsere Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abgeordneten Hagen und Moser.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei jeder Sitzung wird berichtet, was die Bundesregierung beschlossen hat, um wie viele Exekutivplanstellen aufgestockt wird, um wie viele Verwaltungsplanstellen beim BFA aufgestockt wird. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.) All das ist bekannt! Also wer hat denn dann nicht re­agiert? – Die Regierung hat auf alle Fälle reagiert, und wir haben in diesem Zusam­menhang hier auch einige wichtige Beschlüsse gefasst (Zwischenruf des Abg. Lugar), zeitgerecht gefasst.

Eines muss uns aber klar sein: dass das eine gesamteuropäische Aufgabe ist und sie auf Dauer nur gesamteuropäisch gelöst werden kann. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Aha!) Bis es zu einer gesamteuropäischen Lösung kommt (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Die kommt ja nicht!), werden wir – und das ist auch eingeleitet – auf nationaler Ebene die notwendigen Maßnahmen zu setzen haben; das ist auch keine Frage, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Deimek: … versagt!)

Ich glaube, dass wir das gemeinsam – sowohl das Bundesministerium für Inneres als auch das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport – versuchen müssen, so gut es geht, denn eines muss uns auch klar sein: So, wie es den Menschen immer vorgegaukelt wird, dass man jeden Zentimeter dichtmachen kann, geht es auch nicht. Aber wir kontrollieren, wir wollen wissen, wer in unser Land kommt, und ich gehe noch weiter: Ich sage immer, ich will auch wissen, wer unser Land wieder verlässt, denn das ist die nächste wichtige Frage. All das ist eingeleitet. (Ruf: Wer hindert euch …?) – Nein, nicht: Wer hindert euch?, das ist ja eingeleitet. Sie brauchen ja nur zu lesen und zuzuhören, was gesagt wird (Zwischenrufe der Abgeordneten Lugar und Deimek), so einfach ist das!

Ich glaube, dass wir noch mehr versuchen müssen, jene Damen und Herren, die unsere Hilfe suchen, bereits zeitgerecht, vor der österreichischen Grenze, so weit zu beamtshandeln, dass nur jene, die Hilfe brauchen und denen sie gemäß allen Rechts­grundlagen zusteht, zu uns kommen. Und genauso müssen wir jene, die im Lande sind, aber negativ beschieden sind, auch einladen, das Land wieder zu verlassen, mit aller Konsequenz, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Zwischenrufe der Abge­ordneten Deimek und Hübner. – Abg. Kickl: … Doskozil! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Einladen …!) Das ist ja alles nicht zum Lachen.

Wenn ihr glaubt, ihr könnt alle nur verunsichern, dann werden wir hier keine Lösung zusammenbringen. Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung und vor allem die betroffenen Minister – ich lade auch den Außenminister dazu ein – alles versuchen, um die notwendigen Verträge und Rückreisezertifikate zusammenzubringen. Wir müssen schauen, dass auf der einen Seite jene, die unsere Hilfe brauchen, denen sie zusteht, zu uns kommen und auf der anderen Seite jene, die illegal im Lande sind, so schnell wie möglich – im Rahmen des Rechtsstaats, natürlich – außer Landes gebracht werden. Das ist überhaupt keine Frage, und all das ist eingeleitet, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Lugar: Aber ihr macht es nicht! – Zwischenruf des Abg. Hübner.)

Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas sagen! Vergessen wir eines nicht: Wir reden immer über Menschen, und es würde jedem gut anstehen, diese Diskussion – nicht nur


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hier im Haus, sondern generell in der Politik – menschlich zu führen. (Abg. Lugar: Was ist mit der Glocke? Der redet und redet …!) Ich denke, das sollten wir wirklich zusammenbringen, weil es im Sinne der Humanität ganz einfach notwendig ist. (Präsi­dentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Das ist eine große Herausforderung für Europa, das ist eine große Herausforderung für unsere Republik, daher lade ich Sie ein: Versuchen wir, das sachlich im Interesse unserer Heimat zu lösen! (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall und Bravoruf bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Schwache Rede!)

9.37


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


9.37.33

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Aktuelle Stun­de hat das Team Stronach angeregt. Sie meinen, hier mit dieser Studie eine Fleißaufgabe leisten zu müssen – sie ist ganz interessant (Abg. Lugar – eine Grafik zeigend –: Ja!), sie hat nur nicht wirklich einen Neuigkeitswert. (Abg. Pendl: Genau! – Abg. Lugar: … das Gegenteil behauptet!)

Es gibt einen Unterschied zwischen dem, was objektiv vorliegt – Frau Bundesministerin Mikl-Leitner hat die Kriminalitätsstatistik in beeindruckender Weise dargelegt (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sehr beeindruckend!), und wir werden in den nächsten Tagen ja auch die ganz aktuelle Kriminalitätsstatistik im Detail bekommen –, und dem, was die Menschen subjektiv empfinden, da gebe ich Ihnen recht, und deshalb ist es ja die Aufgabe der Politik, Angst zu nehmen, Herr Kollege Lugar, und nicht, wie Sie es tun, Angst zu machen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Lugar – sich eine Hand vor den Mund haltend und diese mehrmals schnell hintereinander öffnend und schließend –: Aber durch Maßnahmen, nicht durch Worte! Nicht nur sprechen!)

Herr Kollege Lugar, „Maßnahmen“; ich bin dankbar für diesen Zwischenruf. Mein Wahl­kreis umfasst die Bezirke Leibnitz, Deutschlandsberg und Voitsberg, und ich kann Ihnen sagen, dass die Maßnahmen, die insbesondere diese Frau Bundesministerin gesetzt hat, zu ganz massiven Unterschieden geführt haben gegenüber dem, was sich noch vor einigen Wochen abgespielt hat. Nicht zuletzt die Initiative von Frau Bun­desministerin Mikl-Leitner und Herrn Außenminister Kurz, in Wien eine Konferenz mit all jenen Staaten, die Schlüsselstaaten auf der Balkanroute sind, zu veranstalten, hat dazu geführt, dass diese Balkanroute nun geschlossen ist. Und das ist ein gewaltiger Unterschied (Zwischenruf der Abg. Schwentner) zu dem, was sich noch vor Wochen abgespielt hat. (Zwischenruf des Abg. Haider.) Das möchte ich Ihnen sagen: Diese Maßnahmen greifen. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass manche keine Freude damit haben, dass diese Maßnahmen greifen, weil sie da­durch politisches Kleingeld wechseln, dass hier Zustände waren (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Was heißt „waren“?!), die ganz einfach nicht mehr akzeptabel waren, das verstehe ich. Aber nehmen Sie zur Kenntnis, dass diese Maßnahmen jetzt greifen und dass es der Frau Bundesministerin nicht nur gelungen ist, innerhalb der Bundesregie­rung eine einheitliche Linie herzustellen, sondern dass mittlerweile auch auf europä­ischer Ebene Gewaltiges in Bewegung gekommen ist, und das ist gut so. Das möchte ich Ihnen sagen. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Riemer: Das hat aber im Dezember anders geklungen! Abg. Steinbichler: Ein Jahr zu spät!)

Ergänzend zu Ihrer Studie: Die „Kronen Zeitung“ (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Die „Kronen Zeitung“?!) hat vor ein paar Tagen auch eine Umfrage veröffentlicht, eine


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IMAS-Studie, der gemäß 80 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher sagen: Wir haben im Hinblick auf die Aufnahme von Flüchtlingen genug getan. Österreich braucht sich nicht vorhalten zu lassen – von niemandem! –, zu wenig getan zu haben. (Ruf bei der FPÖ: Das ist eine Erkenntnis! Abg. Lugar: Da habt ihr ein Jahr dafür gebraucht?) Nur 15 Prozent sagen in dieser Studie, dass wir weiterhin eine Politik der offenen Türen machen sollen. (Abg. Neubauer: Eine kleine Werbeeinschaltung der ÖVP! – Abg. Lugar: Das Gleiche habe ich auch gesagt!Ja eben, darum habe ich ja gemeint, das ist eine Fleißaufgabe, Herr Kollege Lugar, weil Sie in Ihrer Studie das Gleiche herausgefunden haben – aber wunderbar, wir decken uns da!

Aufgabe der Politik ist es aber nicht, Angst zu machen, sondern Angst zu nehmen. (Abg. Höbart: … vertuschen, das ist wieder typisch!) Frau Kollegin Korun, die Sie kürzlich in Mazedonien waren und offenbar mitgeholfen haben, Informationen darüber zu verteilen, wie man denn am besten Grenzzäune umgehen und doch über die Balkanroute nach Europa kommen kann (Ah-Rufe bei der ÖVP): Das ist, glaube ich, nicht die Aufgabe einer österreichischen Abgeordneten, aber das müssen Sie selbst verantworten, wenn Sie solche Maßnahmen setzen. Ich halte das jedenfalls nicht für anständig, gerade im Lichte der Dinge, die sich in den letzten Tagen an der mazedonischen Grenze abgespielt haben. Auch das möchte ich Ihnen sagen. (Beifall bei ÖVP und Team Stronach.)

Ich glaube, eine Politik der Menschlichkeit ist notwendig, aber es ist auch notwendig, diese kapazitätsorientierte Obergrenze zu exekutieren. Jemand, der glaubt, dass er allen helfen kann, wird am Ende niemandem helfen können. Es geht darum, dass wir jene, die zu uns gekommen sind, ordentlich behandeln, dass wir ihnen eine ordentliche Unterkunft bieten, dass wir sie mit allem, was uns zur Verfügung steht, in unser Staatswesen integrieren – dafür bin ich –, aber ich bin dagegen, zu sagen, jeder kann kommen, denn das ist eine Illusion, das ist nativ und das kann dieses Land nicht leisten.

Deshalb ist die Politik dieser Innenministerin gar nicht hoch genug einzuschätzen. (Beifall bei der ÖVP.)

9.43


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Darmann. – Bitte.

 


9.43.09

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Frau Präsident! Werte Frau Bun­desminister! Hohes Haus! Es war ja nicht anders zu erwarten: SPÖ und ÖVP scheinen nichts dazugelernt zu haben. Die Schönfärberei wird fortgeschrieben. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Werte Kolleginnen und Kollegen, gleich zu Beginn zwei bezeichnende Trugschlüsse seitens der SPÖ- und ÖVP-Vertreter:

Erstens, Frau Bundesminister, betreibt niemand Verunsicherung (Rufe bei der ÖVP: Naaa!), sondern die Bevölkerung ist aufgrund Ihrer desaströsen Asylpolitik zu Recht verunsichert. – Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.)

Und der zweite Trugschluss, werte Damen und Herren, Herr Kollege Pendl: Bei aller Wertschätzung, Otto, es geht nicht darum, durch die Politik Sicherheit zu vermitteln (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Nein, zu schaffen!), sondern darum, diese Sicherheit zu gewährleisten. (Abg. Moser: Die ist ja eh gewährleistet …!) Das ist der richtige Ansatz für eine Sicherheitspolitik! Die Bevölkerung hat sich verdient, in einem sicheren Staate Österreich zu leben. (Beifall bei der FPÖ.)


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Werfen wir jedoch einen Blick zurück, werte Kolleginnen und Kollegen! Es wird ganz interessant sein, die letzten Monate etwas zu beleuchten, bevor durch SPÖ und ÖVP dieser wahlkampftaktische Asylschwenk angesichts eines desaströs laufenden Bun-des­präsidentschaftswahlkampfes eingeleitet wurde.

Jeder Österreicher, der zum Schutz der eigenen Heimat echte, wahre Grenzzäune – keine Löcher mit Seitenteilen – eingefordert hat, werte Kollegen, wurde durch SPÖ, ÖVP und Grüne als Hetzer diffamiert. Werfen wir einen weiteren Blick zurück! Jeder Österreicher, der zum Schutz der eigenen Familie dann auch noch konsequente Kon­trollen an der Grenze eingefordert hat, wurde ins rechtsextreme Eck gestellt.

Und zu guter Letzt: Jedem Österreicher, der vor den terroristischen Gefahren und weiteren drohenden Verbrechen an den Menschen in unserem Land gewarnt hat, hat diese handlungsunfähige und handlungsunwillige Stillstandsregierung auch noch vorgeworfen, Ängste zu schüren. – Das ist heute übrigens wieder geschehen, deswegen sagen wir: Sie lernen wirklich nichts dazu! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.)

Werte Damen und Herren, vor allem auch zu Hause vor den Fernsehgeräten und hier auf der Galerie! Die von den Freiheitlichen und auch von vielen Experten im In- und Ausland vorhergesehenen und nunmehr leider auch eingetretenen Entwicklungen sind Ergebnis Ihrer desaströsen und verantwortungslosen Asylpolitik – einer Asylpolitik, die sich nur mit einem Wort zusammenfassen lässt: Asylchaos! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.)

Das ist das reine Asylchaos zum Schaden unseres Staates Österreich, zum Schaden der österreichischen Bevölkerung, und das ist mit einigen Fakten ganz leicht zu unter­mauern: Sie werden sich daran erinnern können, dass mittlerweile rund eine Million Migranten illegal durch Österreich geschleppt wurden. Sie werden sich ebenso daran erinnern können, dass es dadurch eine steigende und von Ihnen in Kauf genommene Terrorgefahr gibt, werte Damen und Herren, einen anwachsenden Krieg der Kulturen, über hunderttausend Asylwerber bis dato, die Familiennachzüge noch nicht hinzuge­rechnet, unzählige Straftaten gegen Vermögen, Leib und Leben, aber insbesondere gegen die sexuelle Integrität unserer Frauen und Kinder. Die gelebte Willkom­mens­kultur zieht zigtausend fehlende Asylquartiere nach sich, die alle der Steuerzahler zu finanzieren haben wird. Bei der eigenen Bevölkerung wird gespart, aber für die Asylindustrie scheint unendlich viel Steuergeld vorhanden zu sein. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Werte Damen und Herren, das sind die Fakten, die die österreichische Bevölkerung bewegen, auch erzürnen, und dann meinen Sie, der Bevölkerung im seit wenigen Wochen anlaufenden Bundespräsidentschaftswahlkampf einen Asylkurswechsel ver­kaufen zu können! Ich sage Ihnen: Das ist durchschaubar, das ist unglaubwürdig, und die Bevölkerung wird ihre Schlüsse zu ziehen haben, auch bei dieser kommenden Bundespräsidentschaftswahl. (Beifall bei der FPÖ.)

Klar ist, die österreichische Bevölkerung hat ja leider in den letzten Jahren, nicht zuletzt bei der Thematik der modernen Völkerwanderung, die leidvollen Erfahrungen machen müssen, dass sowohl auf die österreichische Bundesregierung als auch auf die Euro­päische Union sicherlich kein Verlass ist, dass immer nur mit vollmundigen Ankündi­gungen gearbeitet wird, aber die wirklichen Taten fehlen.

Wo sind denn die vollmundig versprochenen Massenabschiebungen der illegal in Österreich aufhältigen Migranten, werte Frau Bundesminister? Sie werden seit Wochen, ja Monaten angekündigt, wurden aber bis dato nicht umgesetzt. Wo sind denn die notwendigen Mittel für mehr Sicherheit im Bereich der Sicherheitsexekutive, also bei der Polizei, und auch beim österreichischen Bundesheer? Wo bleibt denn Ihr


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versprochenes Vorgehen gehen die neuen Formen der Asylkriminalität? Wo sind denn die der Bevölkerung vorgegaukelten Abschiebungen der straffällig gewordenen Asyl­werber und Asylanten? – Schall und Rauch! Viele Versprechungen, die im Bundes­präsidentschaftswahlkampf angekündigt wurden, wurden bis jetzt nicht umgesetzt, und Sie werden sehen, dass es auch nach der Wahl zu keiner Umsetzung kommt, dass dann wieder der ganze Trott von vorne beginnt und die Bevölkerung diese Last zu tragen hat, die Sie aufgrund Ihrer gescheiterten Asylpolitik der Bevölkerung überstül­pen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.)

Werte Damen und Herren, das ist kein Zugang, um verantwortungsvolle Politik zu machen. Sicherheitspolitik verlangt mehr denn je nach einer hemdsärmeligen Politik, nach einer Politik mit Tatkraft und Handschlagqualität. Wir Freiheitlichen sind zu einer solchen Politik bereit! (Beifall bei FPÖ und Team Stronach. – Abg. Obernosterer: Oje!)

9.48


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Das wird spannend! Abg. Kickl: Wie ist das mit den Bolzen­schneidern?)

 


9.48.57

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen zu Hause! Worüber reden wir eigentlich, wenn wir über die Flüchtlingssituation reden? – In diesen Tagen geht der Krieg in Syrien in das fünfte Jahr. Wenn wir über Syrien reden, reden wir über ein Land, wo die Hälfte der Bevölkerung – das sind 11 Millionen Menschen – entweder im eigenen Land vertrieben wurden, ins Ausland flüchten mussten oder ermordet wurden. (Abg. Deimek: Willkommen Marokkaner, Afghanen, Algerier …! Abg. Lugar: Wir reden nicht über Syrer!)

Sehr geehrte Kolleginnen und vor allem Kollegen, weil die meisten Zwischenrufe von Kollegen kommen (Abg. Lugar: Wir reden über Marokkaner, Algerier, Afghanen …! Davon reden wir! Abg. Deimek: Türkische Syrer!), ich glaube, die europäischen Werte, die wir immer gemeinsam so hochhalten, die für mich Demokratiewerte sind, Werte wie Meinungsfreiheit, Werte wie Medienfreiheit, sollten auch für uns alle als gewählte Abgeordnete dieses Hauses gelten. Davon würde ich einmal ausgehen wollen.

Zurück zum Thema: Wovon sprechen wir, wenn wir von Asyl und der Situation der Flüchtlinge sprechen? Wenn das Gleiche bei uns in Österreich passiert wäre, was in Syrien in den letzten fünf Jahren passiert ist, dann würde das bedeuten, dass über vier Millionen Österreicher entweder vertrieben worden, ins Ausland geflüchtet oder ermordet worden wären – vier Millionen Menschen, die Hälfte unserer Bevölkerung! – Das nur zur Erinnerung, mit welchen Größenordnungen wir es hier zu tun haben, und ich habe noch gar nicht vom Irak oder von Afghanistan gesprochen.

Was heißt das? – Das heißt, es geht nur gemeinsam. Wenn Menschen in diesen Größenordnungen flüchten müssen oder zu Hunderttausenden ermordet werden, dann braucht es internationale Solidarität, dann geht es nicht mit nationalistischen Haltungen wie: Wir machen einfach die Grenzen zu, alle anderen sollen es uns nachmachen, und dann werden sich diese Flüchtlinge schon in Luft auflösen! – Das ist naiv und weltfremd, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es hat natürlich auch eine besondere Pointe, wenn ausgerechnet die Partei des Wirt­schaftsflüchtlings Frank Stronach, der ja vor Jahrzehnten aus wirtschaftlichen Gründen


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aus Österreich nach Kanada gegangen ist und dort wirtschaftlich erfolgreich wurde (Abg. Lugar: Er hat aber nicht um Asyl angesucht! – weitere Zwischenrufe bei Team Stronach und FPÖ) – ich weiß, die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar, aber sie ist manchmal schwer auszuhalten; so viel Wahrheit muss jedoch im Parlament erlaubt sein –, Flüchtlinge schlechtmachen möchte, und zwar in Bausch und Bogen. (Abg. Lugar: Ich glaube nicht, dass er mit einem Bolzenschneider bewaffnet durch einen Zaun eingedrungen ist! Das ist Themenverfehlung! Ruf bei der FPÖ: Sagen Sie etwas zu den Kriminalfällen!)

Ja, wir brauchen internationale Solidarität, ja, wir werden diese Größenordnungen nicht national, nicht als Nationalstaat bewältigen können. Ja, wir brauchen eine gleich­mäßige Verteilung in der EU. (Abg. Lugar: Sie sollten etwas zum Thema sagen!) – Ich rede genau zum Thema, Herr Kollege Lugar, und zwar zum Thema Flüchtlinge. (Abg. Lugar: Nein, wir reden über Sicherheit!) Ich rede darüber, was es heißt, heute ein Flüchtling zu sein, was es heißt, an einer Grenze gestrandet zu sein, und was es heißt, wenn Tausende Menschen im Schlamm liegen.

Ich war vor zwei Wochen in Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze. Ich habe dort auch Menschen vom Flüchtlingshochkommissariat und vom Internationalen Roten Kreuz getroffen. Laut ihren Aussagen waren in den umliegenden Flüchtlings­lagern in der Nähe von Idomeni mindestens 7 500 Schutzsuchende untergebracht und in Idomeni über 10 000 Flüchtlinge – es wurde geschätzt, 13 000 bis 14 000 –, die großteils im Schlamm gelegen sind.

Von diesen Zuständen reden wir, und als gewählte Volksvertreter und -vertreterinnen sollten wir über gemeinsame Lösungen sprechen und nicht über die Diffamierung von Menschen, die ihr Zuhause verlassen mussten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was ist mein, was ist unser Lösungsvorschlag? Unser Lösungsvorschlag ist, dass wir gemeinsame Erstaufnahmezentren für die EU errichten, und zwar dort, wo die Menschen hauptsächlich ankommen – das sind zurzeit Griechenland und Italien –, und dass wir die Menschen ohne Verzögerung gleichmäßig auf alle EU-Länder aufteilen. (Abg. Darmann: Haben Sie das mit dem Kollegen Pilz besprochen?)

Ja, wir alle haben hier gemeinsam Verantwortung zu tragen. (Abg. Lugar: Redezeit!) Und weil immer wieder gesagt wird, Länder wie Ungarn wollen diese Verantwortung nicht übernehmen: Na dann muss man im Europäischen Parlament über das euro­päische Budget reden, denn wer sich bei der Flüchtlingsfrage ausklinkt und sich unsolidarisch zeigt, wird bei den anderen EU-Ländern auch nicht auf Solidarität hoffen können! In diesem Sinne: Lasst uns gemeinsame Lösungen angehen und dabei nie vergessen, dass es da um Menschen geht, um Menschen wie Sie und ich! Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Lugar: Themenverfehlung, setzen!)

9.54


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 


9.54.47

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Wir kennen ja das Narrativ des Teams Stronach bereits zur Genüge. Es sitzt in seiner Höhle und wartet, welche Schatten an die Wand geworfen werden. (Heiterkeit bei NEOS und Grünen.) Ich will damit das Team Stronach natürlich nicht als Höhlenmenschen bezeichnen – das muss man ja heutzutage dazusagen. Das Licht, das von den Flüchtenden projiziert wird, wird jetzt von den Vertretern Frank Stronachs im Parlament als Sicherheitsnotstand wahrgenommen, doch das ist natür-


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lich nur ein Schein. Das ist kein Faktum, das ist ein Artefaktum, und es ist eigentlich nicht einmal ein Artefaktum, es ist ein Antifaktum. Es ist die perpetuierte Verdrehung von Korrelation und Kausalität, wobei diese in dem Fall nicht einmal vorliegt. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Kickl: … was in den Kaffee getan!)

Da ist es einmal mehr notwendig, das Phänomen der Scheinkorrelation aufzuzeigen. Sie stehen ja so auf Studien, deswegen habe ich Ihnen ein bisschen etwas mitgebracht und erkläre Ihnen, wie das funktioniert, wenn zwei Variablen ohne zugrunde liegende Kausalität eine Korrelation bilden. (Der Redner hält ein Blatt Papier in die Höhe, auf das mit Filzstift ein Koordinatensystem gezeichnet ist, in dem ein Pfeil von links unten nach rechts oben zeigt.) Das Beispiel hier zeigt die Entwicklung der Erderwärmung im Lauf der Jahrhunderte: Es wird immer wärmer, der Pfeil geht nach oben.

Gleichzeitig (der Redner hält ein Blatt Papier in die Höhe, auf das mit Filzstift ein Koordinatensystem gezeichnet ist, in dem ein Pfeil von links oben nach rechts unten zeigt) nimmt die Zahl der Piraten auf den Weltmeeren ab. (Heiterkeit bei NEOS und Grünen.)

Das Team Stronach würde sofort den Schluss ziehen, dass die Abnahme der Anzahl der Piraten für die Erderwärmung verantwortlich ist. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Genau so passiert es natürlich mit Flüchtlingspolitik und Sicherheitsnotstand: Die Zahl der Asylwerbenden nimmt zu (der Redner zeigt nochmals das Koordinatensystem mit dem Pfeil, der nach oben zeigt), die Sicherheit nimmt angeblich ab (der Redner zeigt nochmals das Koordinatensystem mit dem Pfeil, der nach unten zeigt), bis zum Not-stand, nur dass hier nicht einmal mehr eine Scheinkausalität vorliegt, denn die Sicher­heit bleibt eigentlich gleich (der Redner hält ein Blatt Papier in die Höhe, auf das mit Filzstift ein Koordinatensystem gezeichnet ist, in dem ein Pfeil parallel zur x-Achse von links nach rechts zeigt), wie uns auch die Frau Ministerin vorhin schon erzählt hat. (Abg. Lugar: Bei Ihnen daheim vielleicht! Bei Ihnen daheim bleibt sie gleich!) Ja, bei mir zu Hause bleibt sie auf jeden Fall gleich. (Abg. Lugar: Ja! – Abg. Deimek: Im Wohnzimmer!)

Dieser faktenfreie Zugang zu einer Stimmungspolitik bringt keine Lösungen, sondern weitere Probleme, und das ist nicht der erste Versuch des Teams Stronach, die Kriminalitätsentwicklung mit der Flüchtlingssituation zu verknüpfen. Das ist ein gefährlicher Versuch in einer emotionalen Debatte, der natürlich die wirklich sicher­heitsrelevanten Forderungen ausblendet und weiter Ängste verstärkt. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Besonders gefährlich wird es dann, wenn auf Basis von Einzelfällen pauschale Aus­sagen getroffen werden, und dazu nenne ich Ihnen ein paar Fakten:

Erstens: Straftaten werden von Individuen begangen und nicht von Volksgruppen, und wenn wir schon in der Logik der Partei Frank Stronachs bleiben: Die Top-5-Herkunfts­länder von nichtösterreichischen Tatverdächtigen sind Rumänien, Serbien, Deutsch­land, die Türkei und Bosnien-Herzegowina – keines davon ist ein klassisches Her­kunftsland von Flüchtlingen.

Zweitens ein Blick auf die Gesamtstatistik: Der Vorbericht der Polizei zur Kriminal­statistik zeigt uns – Frau Ministerin Mikl-Leitner hat es vorhin auch schon gesagt –, dass es, was die Anzeigenstatistik betrifft, zu einem Sinken der Zahlen gekommen ist, dass es also weniger Anzeigen gibt als 2014.

Drittens: Die Flüchtenden lösen auch keine Welle der Kriminalität aus. Es ist zwar so, dass tatsächlich die Zahl der Strafanzeigen gestiegen ist, und das ist natürlich ein


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Problem, aber es hat sich die Zahl der Asylanträge in der gleichen Zeit verdreifacht, und das ist ein deutlich höherer Prozentsatz als die Zunahme der Anzeigen. Das heißt, von diesem Personenkreis geht ein deutlich geringerer Kriminalitätsdruck aus als von der ansässigen Bevölkerung. Die Zahlen für Deutschland sind da ganz ähnlich.

Viertens: Ein weiterer Fehler in dieser Gesamtbetrachtung ist, dass die Zahl der von Ausländerinnen und Ausländern verübten Straftaten mit der Wohnstatistik verglichen wird. Tatsächlich müsste man es natürlich mit der Zahl der Menschen in Relation set­zen, die sich tatsächlich hier aufhalten – da würden auch Touristen dazuzählen –, und das würde natürlich den Anteil von Ausländerinnen und Ausländern an den Straftaten deutlich senken.

Natürlich bedeutet das auch, dass diese große Anzahl von Asylwerberinnen und Asyl­werbern aus Ländern mit anderem kulturellem Hintergrund eine Herausforderung für diese Gesellschaft darstellt. Wenn Sie so gerne Studien machen: Haben Sie auch erheben lassen, wo die Angst am größten und wo das subjektive Sicherheitsgefühl am geringsten ist? Dann wissen Sie nämlich – Sie haben das ja auch selbst angekündigt –, dass das dort ist, wo am wenigsten Konfrontation mit diesen Menschen besteht. (Abg. Lugar: In Wien, oder was? In Wien ist das? Unglaublich!) Was Sie da betreiben, ist Panikmache, ist Demagogie.

Wir müssen natürlich zwei Dinge ernst nehmen. Das eine ist dieses Unsicherheits­gefühl, das durch die Versäumnisse in der Asylpolitik hervorgerufen wird, und das andere ist die Polarisierung der Gesellschaft, die sich den Herausforderungen der Inte­gration, die auf uns zukommen werden, noch nicht gestellt hat. Da stecken wir noch völlig im Ansatz. Wir müssen das aber lösen, und zwar auf europäischer Ebene, sonst haben wir dort Zäune, wo wir seit Jahrzehnten keine mehr hatten, und nicht nur an der Grenze zum Osten, sondern innerhalb Europas. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.00

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


10.00.04

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Alm, das Nudelsieb auf Ihrem Kopf dürfte unten ein bisschen einen Wasserschaden verursacht haben. So kann ich Ihre Rede deuten, denn wenn ich mir das jetzt anhöre … (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeord­neten der FPÖ. – Unruhe im Sitzungssaal.)

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Hagen, ich würde Sie wirklich ersuchen, die Würde und den Anstand des Hauses zu wahren und sich in Ihrer Ausdrucksweise zu mäßigen!

Bitte setzen Sie jetzt fort!

 


Abgeordneter Christoph Hagen (fortsetzend): Frau Präsident! Aber es ist für mich nicht nachvollziehbar, wenn der Kollege Alm auf der einen Seite in seiner eigenen Rede sagt, dass, je mehr Asylwerber gekommen sind, mehr Straftaten begangen wurden, und er auf der anderen Seite sagt, das habe gar nichts damit zu tun. (Abg. Scherak: Absolut, relativ!) – Also mehr Asylwerber rein, noch mehr Straftaten. Das ist die Logik daraus. (Beifall beim Team Stronach.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich jetzt etwas deutlich zur Sache sagen! Hier wurde schon einiges angesprochen, was ich so nicht stehen lassen kann. Österreich ist eines der sichersten Länder der Welt. – Frau Bundesminister, da gebe ich Ihnen recht. Ja, aber wie lange noch? Da geht es mir schon darum, darauf hinzuweisen, wenn wir jetzt ein bisschen die Medien verfolgen. Da lese ich: Vergewaltigung von Kin-


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dern, von Greisinnen, Vergewaltigungsversuche, sexuelle Belästigungen am laufenden Band, Raubüberfälle.

Ich möchte Ihnen die Zeitung von letzter Woche zeigen, 9. März, zwei Beispiele (Artikel aus der Zeitung „ÖSTERREICH“ in die Höhe haltend): Praterstern-Bande bis zu 25 Coups. Ein Ex-Radprofi ist niedergeschlagen worden, weil er Leuten helfen wollte. Diese Zivilcourage wurde damit belohnt. Und wer war es? – Asylwerber aus Tunesien, Asylwerber aus Marokko.

Meine Damen und Herren, so geht es dahin! Millennium City, Sie wissen, 50 Tsche­tschenen und Afghanen haben aufeinander eingeschlagen, eine Massenschlägerei, Riesenpolizeieinsatz. – Aber wir haben ja keine Kriminalität, die ist ja nicht so schlimm.

Frau Bundesminister, Sie haben es selber angedeutet: Im letzten Quartal des letzten Jahres ist die Kriminalität gestiegen. Warum ist sie gestiegen? Weil wir sehr viele Asyl­werber hereinbekommen haben beziehungsweise, sagen wir einmal, der Flüchtlings­strom unkontrolliert in unser Land gekommen ist. Da waren nicht nur gute Menschen dabei, die wirklich vor dem Krieg geflüchtet sind, sondern da waren sehr viele Marok­kaner, Tunesier, Straftäter dabei. Das wissen wir. Es waren auch Terroristen vom IS dabei, die durch unser Land gereist sind. Die sind unkontrolliert hereingekommen.

Gestern habe ich mir den ORF-„Report“ im Fernsehen angeschaut. Das hat mir etwas Unbehagen bereitet, möchte ich einmal sagen. 2015 sind 19 500 Asylverfahren negativ beschieden worden. Von diesen 19 500 Personen haben 8 150 durch Rückschie­bungen und freiwillige Ausreise Österreich verlassen. Meine Frage lautet: Wo sind die restlichen 11 350, Frau Bundesminister? – Das ist eine Frage, die man berechtigt stellen kann, denn diese Personen bekommen keine Unterstützung mehr, die müssen sich irgendwo den Lebensunterhalt verdienen und das machen sie auf kriminelle Weise.

Sie werden nicht abgeschoben, Polizeikollegen von mir erzählen mir immer wieder, dass sie solche Individuen anhalten, dann klären sie das mit der Behörde ab, dann sagt man ihnen: Ja, sagen Sie ihnen, sie sollen ausreisen. – Am nächsten Tag haben sie dasselbe Individuum wieder. Also täglich grüßt das Murmeltier, meine Damen und Herren! Das ist, glaube ich, der falsche Weg, um Sicherheit in Österreich zu bewirken. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich bin gestern mit der U6 gefahren und habe in der Station Thaliastraße eine große Polizeiaktion beobachtet. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das ist jeden Tag!) Hut ab, Kompliment, das ist auch gut so, dass man das macht. Jede Menge Schwarzafrikaner, Drogendealer. Ich weiß das, ich fahre oft mit der U6, ich habe es selber schon beobachtet. Wir wissen, als die Gesetze geändert worden sind, wurde beschlossen, dass immer drei Straftaten nachgewiesen werden müssen, damit man überhaupt handeln kann. Das wird jetzt repariert, habe ich gehört. Ich hoffe, das wird ordentlich repariert, sodass die Polizei wieder eine Handhabe gegen diese Menschen hat, um diese Kriminalität zu unterbinden. Aber ich weiß immer noch nicht, wo die 11 350 Per­sonen geblieben sind, einige davon werden an der U6 stehen.

Ja, ich gebe Ihnen recht, Frau Bundesminister, die Polizei macht gute Arbeit, die macht wirklich gute Arbeit unter den schwierigen Bedingungen, die Polizeibeamte in Öster­reich vorfinden, aber sie sind an der Belastungsgrenze. Wir haben im Budgetaus­schuss darüber diskutiert, dass man zwar einige Planstellen im Bundesministerium für Inneres dazugetan hat, aber die meisten sind für das Asylwesen, das heißt, wirklich auf der Straße draußen sind weniger Beamte. Das habe ich Ihnen damals im Ausschuss auch ausgerechnet.


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Bürgerschutz ist meiner Ansicht nach schon Aufgabe des Staates und nicht Selbstschutz durch die Bürger. Leider werden immer mehr Bürger dahin gezwungen. Und wenn Sie jetzt noch die Waffengesetze verschärfen wollen, dann tun Sie der Bevölkerung nichts Gutes.

Ich sage Ihnen abschließend: Das Durchschleusen von Menschenmassen ohne jegliche Kontrolle, das war der Fehler, den diese Bundesregierung begangen hat. Die Rechnung haben wir präsentiert bekommen, jetzt müssen wir die Suppe auslöffeln. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.05


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Lueger zu Wort. – Bitte.

 


10.05.30

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Kol­legInnen des Hohen Hauses! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Herr Kollege Lugar, die Aktuelle Stunde heißt heute eigentlich Flüchtlingspolitik und Sicherheitsstan­dards, aber Sie haben sie nur dazu genutzt (Abg. Lugar – durch Winken auf sich aufmerksam machend –: Da bin ich! Hallo!), Ihre Studie hier noch einmal zu präsen­tieren, die Studie zu präsentieren, die Sie mit, sage ich jetzt einmal, Fragen bestückt haben. Wenn man auf die persönliche, auf die subjektive Einstellung der Menschen eingeht, so zeigt sich ein anderes Bild, als sich in der Realität darstellt. Und wenn dann Antworten auf Fragen, die ich nicht kenne, kommen, wie, sie sind nicht zufrieden mit dem Krisenmanagement, es fürchten sich durchwegs ältere Menschen (Abg. Lugar: Genau!), die Hälfte hat Kontakt mit Flüchtlingen gehabt, sie fürchten ein Absinken des Bildungsniveaus und der Frauenrechte und ein Drittel will gar keine Flüchtlinge, dann nenne ich das Realitätsverweigerung – Realitätsverweigerung, weil diese Menschen, die vor Krieg und Terror geflüchtet sind, ganz einfach hier sind. (Abg. Lugar: Wer sagt das? Wissen Sie das?) Es ist unsere verdammte Aufgabe, diese Menschen in Österreich menschenwürdig unterzubringen. Das ist unsere Aufgabe. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lugar: Woher wissen Sie das? Sind Sie Hellseherin?)

Zum Zweiten: Sie sollten als Abgeordneter dieses Hauses wissen, dass wir in diesem Land eine Gewaltentrennung haben. Sie haben in Ihrem Beispiel erzählt, die Polizei sperrt ein, lässt wieder frei. Wir haben Gewaltentrennung, das sollten Sie wissen. – Ja, die Polizei sperrt ein, aber die Polizei entscheidet nicht darüber, wie lange jemand in Haft ist, das sind die Gerichte. Das sollten gerade Sie in diesem Haus hier wissen. Nicht böse sein, mit dieser Rede haben Sie wieder den Beweis erbracht, dass Sie sich so ein bisschen Richtung Blau anbiedern, denn das war, glaube ich, der eigentliche Sinn und Zweck Ihrer heutigen Rede.

Ich möchte aber noch einmal die Frage stellen, das, was Sie hier in den Raum gestellt haben: Stimmt diese Gleichung: Asylwerber ist gleich kriminell? – Ich sage Nein, diese Rechnung stimmt auf keinen Fall. Die Frau Bundesministerin hat die Zahlen genannt; die Zahlen von 2014 auf 2015 im Verhältnis zu dem, was an Asylwerbern nach Öster­reich gekommen ist, haben sich fast nicht verändert. Da hätte es eine Kriminalitäts­steigerung von weit über 33 Prozent geben müssen und die haben wir nicht, die ist ganz einfach nicht da.

Wir warten natürlich auf die aktuellen Zahlen, die wir Ende der Woche bekommen. Der Sprecher des Innenministeriums, Herr Grundböck, hat gesagt, in der Gesamtkrimi­nalitätsstatistik beträgt der Anteil der Asylwerber genau 2 Prozent.

Wir wissen alle, dass sich die Situation seit Köln verändert hat. Wir wissen, dass die Menschen Ängste vor Sex-Attacken haben, dass die Menschen in den Zeitungen Be-


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richte lesen und Berichte im Fernsehen sehen. Und wir wissen auch, dass über Facebook relativ rasch Meldungen – seien sie oft gefakt oder auch nicht –, sehr rasch Meldungen unter den Menschen verbreitet werden. Ja, es stimmt – das hat gestern auch Polizeichef Mahrer gesagt –: Wir haben ein Problem mit Drogendealern entlang der U6 in Wien. Ja, da wird das Gesetz jetzt wieder geändert. Wenn wir mit den neuen Zahlen agieren können, dann ist es auch wichtig, dass die Polizistinnen und Polizisten, die hervorragende Arbeit leisten, mit ordentlicher Schutzkleidung ausgestattet werden.

Verurteilter Straftäter heißt auch nicht automatisch gleich Abschiebung oder Aufent­haltsverbot. Das wissen Sie aber auch. Das ist klar, oder? Verurteilte Straftäter müssen bei einem Delikt mit mindestens drei Jahren Haft bedroht sein oder eine vorsätzlich schwere Körperverletzung begangen haben, dann gibt es die Variante zum Abschie­ben. (Abg. Lugar: Ja, das ist Ihr Gesetz! Ändern Sie es!)

Es ist aber nicht unsere Aufgabe, hier zu polarisieren, es ist unsere Aufgabe, hier Lösungen zu finden. (Abg. Lugar: Na, dann machen Sie was! Ich habe geglaubt, Sie sind in der Regierung! Sie sind in der Regierung! Oder nicht?) Wir versuchen, die Lösungen zu finden. Das, was für mich erschreckend ist, ist ganz einfach, dass nicht die Kriminalität von Asylwerbern gestiegen ist, sondern dass die Kriminalität gegen Asylwerber gestiegen ist. (Abg. Lugar: Ein Blödsinn!) Die ist um 5 Prozent gestiegen. Das ist eigentlich fatal. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Abg. Lugar: So ein Blödsinn!)

Sie haben zwar die Probleme aufgezeigt, aber Sie haben keinen einzigen Lösungs­vorschlag gebracht – keinen einzigen Lösungsvorschlag. (Abg. Lugar: Nach Hause schicken, habe ich gesagt!) Sie wissen genau, dass wir da eine rechtliche Basis haben und dass das nicht so einfach ist. (Abg. Lugar: Abschieben! Dreimal abschieben!)

Aber nichtsdestotrotz, ich möchte einen Lösungsansatz bringen: Verwenden wir von diesen 75 Millionen €, die zur Verfügung gestellt werden, 25 Millionen vom Integra­tions­minister und 16 Millionen vom Innenministerium dafür, dass wir die Menschen, die hierhergekommen sind, vom ersten Tag an mit Deutschkursen versorgen können, denn das ist die Basis für ein gemeinsames Zusammenleben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lugar: Zurückschicken!)

10.10


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steinacker zu Wort. – Bitte.

 


10.11.09

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbür­ger! Die Migrationsfrage wird uns für die nächsten 20 bis 30 Jahre beschäftigen, sie wird das „Thema Nummer eins“ in Europa sein. – Ich zitiere unseren EU-Kommissar Johannes Hahn; er hat es auf den Punkt gebracht.

Das sind Themenstellungen und Aufgabenstellungen, die nicht heute und nicht morgen schon gelöst sein werden, sondern sie werden lange Zeit brauchen. Europa ist unsere ideelle Basis, unsere Lebensgrundlage. Es gilt zu verteidigen: Demokratie, Rechts­staatlichkeit, Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung, Menschenrechte. Das sind die Werte, auf denen unser Europa nach dem Krieg gebaut wurde.

Und erlauben Sie mir, zu sagen: Das gilt für alle Menschen, die in Europa leben wollen. Die Werte gilt es zu verteidigen, und die Werte gilt es zu erhalten – und das besonders in Krisenzeiten wie jetzt.

Wir brauchen lösungsorientierte, klare Strategien, rasche, mutige Handlungen. Aber die müssen natürlich auch immer die aktuelle Situation berücksichtigen. Genau diesen Weg gehen unsere Innenministerin und unser Außenminister Sebastian Kurz seit


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Anfang der Flüchtlingskrise. Erlauben Sie mir, Folgendes zu sagen: Mit großem Realis­mus und Beständigkeit, mit Nachhaltigkeit haben sie dem Durchwinken Hunderttau­sender Personen ohne Kontrolle ein Ende gesetzt. (Abg. Kitzmüller: Wer hat es überhaupt erlaubt?)

Herr Kollege Hagen, Sie haben gerade davon gesprochen, dass die Polizei gute Arbeit leistet. – Das unterstreiche ich zu 100 Prozent. Aber von einem Sicherheitsnotstand zu sprechen, das ist eine Beleidigung unserer Sicherheitskräfte in Österreich, denen Dank gebührt und nichts anderes. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Der wirksame Grenzschutz ist durch die Zusammenarbeit mit Partnerländern gelungen. Unsere Bürger haben das Recht auf größtmöglichen Schutz und Sicherheit. Die Schließung der Balkanroute war ein vernünftiger, dringender und notwendiger Schritt, um unkontrollierte Migration zu stoppen und eine geregelte Asylpolitik in Europa in Gang zu bringen. Unsere Innenministerin ist da eine gewesen, die an vorderster Front in Europa gestanden ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Illegale Migration aus wirtschaftlichen Gründen mag aus Sicht der Betroffenen nach­vollziehbar sein. Aber selbstverständlich muss es auch den aufnehmenden Län­dern überlassen bleiben, klare Regelungen dafür festzulegen. Romantische Vorstel­lungen über grenzenlosen Zuzug, wie ich sie auch in diesem Haus immer wieder höre, helfen niemandem, auch nicht den Migranten, die sich hier ein besseres Leben erwarten. Diese Ideen sind gefährlich, sie sind naiv. Ungesteuerte Migration führt zu Überfor­derung und kann letztlich unseren sozialen Frieden und unsere Demokratie in Europa gefährden.

Lassen Sie mich aber Folgendes sagen: Das Recht auf Asyl muss selbstverständlich unantastbar bleiben. Aber es gilt per definitionem nur für Menschen, die tatsächlich Schutz vor Verfolgung und Gewalt brauchen. Da bin ich ganz einer Meinung mit dem Verfassungsgerichtshofpräsidenten Holzinger, der gestern gesagt hat, dass Asyl natürlich für jene zur Verfügung stehen muss, die echte Flüchtlinge sind.

Den Vorschlag von Sebastian Kurz für eine neue Resettlement-Politik in ganz Europa empfinde ich als richtungsweisend und als den besten Lösungsansatz, den wiederum ein ÖVP-Minister gebracht hat. Er wird helfen, dem Schlepperunwesen ein Ende zu bereiten. (Abg. Darmann: Ihr habt eine Million Migranten selbst durch Österreich geschleppt!) Den Ärmsten der Armen, jenen, die schutzbedürftig sind und die vor Ort nicht wegkommen, genau jenen ist zu helfen. Es muss legale Wege nach Europa geben, ebenso wie sichere Zonen in den Kriegsgebieten und vor allem auch in den Nachbarländern. Um das zu erreichen, bemühen sich alle – ich glaube, wirklich alle –, gemeinsam eine faire Kooperation innerhalb und außerhalb Europas, insbesondere auch weltweit, zu erreichen.

Das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei wird verhandelt. Es kann nur ein Baustein, ein kleiner Teil unserer Lösungsansätze sein. (Abg. Darmann: Das ist eine gefährliche Drohung!) Es braucht eine Kombination aus Entwicklungszusammenarbeit und Part­nerschaft mit der Wirtschaft in den Ländern vor Ort sowie Abschiebungsabkommen mit den Herkunftsländern. In diese Richtung arbeiten unsere Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und unser Außenminister. Sie haben es geschafft, eine Linie der Vernunft und der Kooperation in Europa vorzuzeigen. Österreich ist hier Vorreiter innerhalb der EU und zeigt zukunftsweisende Wege.

Meine Damen und Herren, solange es keine Lösungen auf europäischer Ebene gibt, müssen wir die Interessen unseres Landes weiterhin eigenständig mit Maßnahmen schützen. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in Österreich befürwortet die Maß­nahmen der Bundesregierung: Asyl auf Zeit, Obergrenzen und Grenzschutzmaß­nah­men.


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Ich nehme meine Aufgabe als verantwortungsvolle Politikerin wahr, hier mitzuge­stal­ten. Tun Sie das auch? – Ich hoffe, schon. Den Weg der Vernunft gemeinsam zu gehen, das gilt für uns alle hier in diesem Hohen Haus. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

10.16


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Höbart zu Wort. – Bitte.

 


10.16.27

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Frau Kollegin Steinacker, mich wundert es, dass Sie sich nach dieser offensichtlich vom Innenministerium und von Außenminister Kurz zusammengeschriebenen Rede, die Sie ja auch nur herunterlesen konnten, noch in den Spiegel schauen können. (Abg. Wöginger: Unterlassen Sie das!)

Ich finde das spannend: Da sitzen Abgeordnete in den ÖVP-Reihen, die heute zu Vor­schlägen klatschen, die umgesetzt werden sollen – denn das hört man ja permanent –, von Maßnahmen, die die Freiheitliche Partei schon seit Monaten und Jahren gefordert hat. (Beifall bei der FPÖ.) Hätten Sie, bitte, diese Vorschläge schon damals umgesetzt, dann hätten wir keine 100 000 Asylanträge in Österreich gestellt bekommen. (Abg. Wöginger: Facebook-Experte!)

Herr Kollege Pendl – das hat schon mein Kollege Gernot Darmann gesagt –, Sie reden immer davon, Sicherheitsgefühl zu schaffen. Sie haben heute auch gesagt, Sie wollen Sicherheit vermitteln. Wir bringen es auf den Punkt: Sicherheit gehört nicht vermittelt, sondern Sicherheit gehört geschaffen! Das ist ein Riesenunterschied, und das unter­scheidet uns auch ganz deutlich von den Regierungsparteien, denn wir hätten schon längst gehandelt. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte nochmals Ereignisse des Jahres 2015 zusammenfassen. Das war ein Jahr, das für unsere Republik nichts Gutes gebracht hat: eine handlungsunfähige Regierung, die dazu geführt hat, dass wir – ich habe es schon erwähnt – fast 100 000 Asylanträge in Österreich gestellt bekommen haben; die überwiegende Mehrheit aus wirtschaftlichen Gründen, wie wir aus allen Daten und Fakten wissen. Das ist ein zweiter Punkt.

Es sind zwischen 70 Prozent und 80 Prozent junge Männer – da komme ich natürlich auch noch auf den Sicherheitsnotstand zu sprechen –, die dafür sorgen, dass wir eben einen Sicherheitsnotstand haben.

Die meisten, die nach Österreich kommen, sind ohne Bildung. Ich habe das letztens in einer Rede gesagt. Das AMS hat festgestellt: Von 200 Afghanen haben gerade einmal drei halbwegs eine Ausbildung, der Rest keine. Da frage ich mich schon, da fragen wir uns, was mit diesen Herrschaften geschehen soll, wenn es nämlich so ist, dass die Wirt­schaft in Österreich nicht nur stagniert, sondern sogar sinkt.

Wir haben einen Asyl-Tourismus durch ganz Europa erlebt. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Das sind angeblich Schutzsuchende. Die haben schon Schutz in der Türkei gefunden, dann setzen sie mit dem Boot nach Europa über. In Griechenland dürfte der Schutz noch immer nicht ausreichend sein. Na, dann will man auf einmal weiter nach Mazedonien – sprich, von einem EU-Land in ein Nicht-EU-Land –, von Mazedonien wieder weiter nach Serbien, Ungarn, Österreich. Das Ziel dieser Asyl-Touristen ist nur eines: Sie wollen in jene Länder kommen – ich nenne sie namentlich: Österreich, Deutschland, die nordischen Länder –, wo sie vermuten, dass Milch und Honig fließen. Und das ist der einzige Grund, warum diese Menschen dort­hin wollen. Sie nehmen letztendlich auch die Kapazitäten für jene Menschen weg, die


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 39

tatsächlich Schutz benötigen. Also hier hat ja eine Asylindustrie eingesetzt, die ihres­gleichen sucht. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

Wir haben jetzt Riesenprobleme – ich habe es bereits erwähnt –: Die meisten sind bildungsfern, kommen aus Regionen, die mit unserer Kultur überhaupt nichts zu tun haben. Es gibt Infrastrukturprobleme. Allein bei meinem Sohn in der Schule sitzen bereits fünf afghanische Jugendliche. Na, ich kann Ihnen sagen: Dort geht es „wunder­bar“ zu. (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) – Das ist ja alles „kein Prob­lem“. – Es funktioniert nichts! Diesen Menschen muss man erst Deutsch beibringen. Das geht auf Kosten der Bildung unserer Kinder. Und das darf in Wirklichkeit nicht sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Wohnraumschaffung: Man fährt über Gemeinden drüber, man fährt über Länder drüber. Ich erwähne das Durchgriffsrecht des Bundes. Es entstehen uns Milliarden an Kosten, Milliarden, die wir in Wahrheit für unsere eigene Bevölkerung brauchen wür­den, für 500 000 Arbeitslose, die nach Arbeit suchen und keine Arbeit bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt zum sogenannten Sicherheitsnotstand. Da wird ja auch schon wieder herum­laviert. Kollege Scherak scheint ein besonders guter Mensch zu sein. Sie kennen die Statistiken: Jeder zweite Asylwerber wurde letztes Jahr angezeigt. Sie sagen, das sind ja nur Anzeigen. Ich gehe nicht davon aus, dass jeder Österreicher, der irgendwelche kriminelle Handlungen sieht, einfach aus Jux und Tollerei einen Asylwerber anzeigt. Also, bitte, kommen Sie einmal in der realen Welt an! Wir haben massive Probleme, und die können Sie sicherlich nicht von der Hand weisen. (Beifall bei der FPÖ.)

Asylwerber wegen des Tatbestands der geschlechtlichen Nötigung angezeigt am 25. Jänner 2016. Die Kölner Vorfälle gab es natürlich nicht nur in Köln, sondern auch in anderen Städten. Das wissen Sie auch ganz besonders. Wir hatten in Traiskirchen die Vergewaltigung einer 72-jährigen Frau. Da hat man auch lange versucht, den Deckel draufzulegen, bis wir eine parlamentarische Anfrage losgelassen haben. Dann hat sich herausgestellt, es waren Afghanen.

Es gab einen besonders abscheulichen Vorfall, nämlich die Vergewaltigung eines zehnjährigen Buben – eines zehnjährigen Buben! – in einem Hallenbad! Also ich sage ganz offen, ich traue mich nicht mehr, meine Kinder alleine in Hallenbäder oder in andere Bäder gehen zu lassen, wenn man dort möglicherweise auf Menschen trifft, die halt … (Zwischenruf des Abg. Rädler.– Ja, ja, das kann man wieder ins Lächerliche ziehen, Herr Rädler. Finden Sie das lustig? Finden Sie das lustig, dass man Frauen in unserer Republik sexuell belästigt? (Rufe bei der ÖVP: Nein!) Finden Sie das lustig? Das werden wir den Medien mitteilen, dass Sie das lustig finden. Lenken Sie nicht ab von den wahren Problemen in dieser Republik! (Beifall bei der FPÖ.)

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt zum Schlusssatz kom­men!

 


Abgeordneter Ing. Christian Höbart (fortsetzend): Afghanen gegen Tschetschenen. Wir haben davon gelesen. Tschetschenische Sittenwächter in der Millennium City. Sittenwächter! – Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. (Ruf: Das reicht!)

Ich komme zum letzten Satz. Karl Mahrer, Landespolizeivizepräsident in Wien, spricht davon, dass drei Viertel der Drogenszene in den Händen von Asylwerbern sind.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen jetzt endlich handeln! Wir müssen Europa nach dem Vorbild Australiens abschotten: No way!

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich mache Sie auf die Redezeit auf­merksam!

 



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Abgeordneter Ing. Christian Höbart (fortsetzend): Dann komme ich auch schon zum Schluss: Die Willkommenspolitik muss jetzt endlich aufhören – zur Sicherheit unserer eigenen Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ.)

10.22


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser.

 


10.22.40

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Integration von 100 000 Menschen in Österreich ist mit Sicherheit eine Heraus­forderung. Aber die entscheidende Frage ist: Nehmen wir diese Herausforderung an, oder benutzen wir dieses Thema, um zu eskalieren und politisches Kleingeld heraus­zuholen? Und ich finde, es ist gut, dass wir die heutige Debatte haben, denn es können sich alle ZuseherInnen heute ein Bild machen, wer Lösungen anbietet und wer Stim­mung macht.

Punkt eins: Worum geht es? – Die Grundsatzdebatte. Wir erleben längst einen Angriff auf das Asylrecht. Das Asylrecht ist ein Menschenrecht, das nicht relativierbar ist. Und das muss uns Sorge machen. Denn das Asylrecht ist die große Erkenntnis, die große Errungenschaft aus den Gräueln des Zweiten Weltkriegs und der Naziherrschaft. Dieses Menschenrecht ist nicht relativierbar, weil es den Menschen zum Menschen macht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Darmann: Der Missbrauch ist nicht …!)

Zweiter Punkt – wir haben es gerade vorher wieder erlebt –: Unter dem Etikett „Will­kommenskultur“ wird versucht, jene Menschen zu diskreditieren, die in Wirklichkeit jene Löcher stopfen, die dadurch entstehen, dass vieles in Österreich nicht funktioniert. Wer über Willkommenskultur herzieht, der zieht über jene Lehrerin her, die in Pension ist und in ihrer Freizeit mit Kindern von Asylwerberinnen und Asylwerbern lernt. Sie ziehen über jene Schule her, die eine Benefizveranstaltung macht, um Geld für Kinder aufzu­stellen, die in diese Schule gehen. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Sie ziehen über jene Verkäuferin her, die ich kennengelernt habe, die allein eine Asylwerber-Familie betreut und sozusagen eine Art Patenschaft übernommen hat. Das ist eine Verkäuferin.

Dritter Punkt: Sie ziehen über jenen blinden Mann her, den ich kennengelernt habe, der sechs Asylwerber betreut und mit ihnen Ausflüge unternimmt, damit sie eine Freizeitgestaltung haben.

Ich werde nicht zulassen, dass wir diese Menschen mit dem Angriff auf eine Willkom­menskultur in ihrem Engagement diskreditieren, denn sie haben einen wesentlichen Anteil daran, dass in diesem Land Integration gelingen kann. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

100 000 Menschen zu integrieren ist nicht einfach. Daher ist das die zentrale Frage, denn anhand dieser Frage wird sich entscheiden, ob die Integration gelingt oder ob wir eine Generation von Perspektivenlosen haben. Ich will Ersteres. Die Frage ist: Was wollen die anderen? Daher bringt auch der Sicherheitsnotstands-Alarmismus nichts, sondern wir müssen über Integrationspolitik diskutieren.

Diskutieren wir über Unterkunft und Unterbringung! Einmal ist der Ort zu klein, damit man Asylwerber unterbringt. Das nächste Mal, wenn es in der Stadt ist, passt es auch wieder nicht. Wenn die Asylwerber dann auf der Straße stehen, passt es auch nicht. Ich frage mich: Hat es schon einmal eine Unterbringung, ein Asylquartier gegeben, wo die FPÖ zugestimmt hat? – Nein, hat es nie gegeben, weil die FPÖ nicht an der Problemlösung interessiert ist, sondern die Probleme multiplizieren will. Sie will offen­sichtlich, dass die Leute auf der Straße stehen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 41

Dieses Modell hatten wir übrigens schon einmal in Europa. Die norwegische Fort­schritt­spartei, das ist eine rechtsextreme Partei, die in Norwegen ungefähr das verkör-pert, was die FPÖ verkörpert, hat genau diese Politik verfolgt, die Politik der Flüchtlinge auf der Straße, weil sie gegen Quartiere war. Sie ist bei den Kommunalwahlen abge-straft worden, weil die Norweger erkannt haben, in der Problemeskalierung liegt keine Lösung. (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt: Integration, Deutschkurse. Deutsch ist der Schlüssel. Wer Deutsch kann, kann seinen Weg machen, kann am gesellschaftlichen und beruflichen Leben in diesem Land teilnehmen. Das Problem wird hier immer diskutiert unter dem Ge-sichtspunkt, Flüchtlinge wollen keine Deutschkurse machen. Das Problem ist genau umgekehrt: Flüchtlinge beklagen sich, dass es zu wenig Deutschkurse gibt, dass es zu spät Deutschkurse gibt und dass die Qualität nicht passt. (Zwischenrufe des Abg. Darmann.) Und ich habe noch nicht erlebt, dass die FPÖ einem Antrag zugestimmt hat, wo wir für verstärkte Deutschkurse eingetreten sind, weil es der FPÖ gar nicht darum geht, dass wir diese Menschen integrieren, weil der FPÖ die Deutschkenntnisse egal sind, weil sie die Probleme vergrößern will. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Nächster Punkt: Integration am Arbeitsmarkt. Wesentlich ist, dass wir die Qualifizie­run­gen jener, die zu uns kommen, nutzen. Auch da ist wieder Deutsch der Schlüssel, dass wir diese Qualifikationen abrufen können. Mir ist keine Qualifizierungsmaßnahme be­kannt – ich weiß nicht, ob Ihnen eine bekannt ist –, wo die FPÖ einmal irgendwo zugestimmt hätte. Es ist der FPÖ egal. Es geht ihr auch nicht um die Integration in den Arbeitsmarkt. Das ist schlicht egal. Ihr wollt die Probleme vergrößern, wir wollen sie verkleinern, und das ist der wesentliche Unterschied zwischen Grünen und anderen Parteien. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Unser Ziel ist, dass Integration gelingt, ihr wollt eskalieren. (Beifall bei den Grünen.)

10.27


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Scherak ist als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.27.36

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Ich probiere es jetzt noch einmal mit Zahlen und Fakten, weil das offensichtlich weder die FPÖ noch das Team Stronach hören wollen.

Wir haben von der Innenministerin gehört, dass, wenn wir die Kriminalitätsstatistik an­schauen, die Anzeigen zurückgegangen sind. Das ist einmal das Erste. Das heißt, es gab in Summe offensichtlich weniger Anzeigen – und Sie sprechen hier von einem Sicherheitsnotstand. Das heißt, wir haben ganz offensichtlich im Zusammenhang mit der Flüchtlingsbewegung am Schluss weniger Anzeigen.

Richtig ist, dass die Strafanzeigen in Bezug auf Asylwerber gestiegen sind, nämlich von 10 000 auf 14 000 oder 15 000. Das ist unbestritten. Umgekehrt hat sich in dersel­ben Zeit die Zahl der Asylwerber verdreifacht. (Zwischenruf des Abg. Hagen.) Das heißt, wenn Sie um 200 Prozent mehr Asylwerber haben, ist es, wenn Sie um 50 Pro­zent mehr Anzeigen haben, in der Relation eigentlich wenig. Sie müssen das in der Relation sehen, das ist eine ganz einfache Prozentrechnung, Herr Kollege Hagen, in Relation ist es weniger.

Herr Klubobmann Lugar, Sie haben gesagt, jeder zweite Asylwerber wurde angezeigt. Da haben Sie eine Statistik, die letzte Woche, glaube ich, in der „Presse“ war, zitiert. Das Problem ist nur, wenn Sie hier in diesem Zusammenhang die alte Statistik, die in den Jahren 2003 bis 2014 geführt wurde, in Relation zur jetzigen Flüchtlingsbewegung setzen, dann vergessen Sie, dass die momentane Flüchtlingsbewegung, insbesondere


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der Syrer, erst später eingesetzt hat. Das heißt, Sie können nicht Äpfel mit Birnen ver­gleichen oder alte Statistiken hernehmen und sagen, das steht mit der momentanen Flüchtlingsbewegung in einem Zusammenhang.

Was Sie richtig gesagt haben, ist, dass es innerhalb der Gruppe der Verurteilten im Wesentlichen drei Gruppen gibt, die massive Ausreißer nach oben sind, da haben Sie völlig recht, das sind die Algerier, die Nigerianer und die Georgier. Und da ist uns allen bewusst, dass da ein massiver Notstand ist und dass wir da etwas tun müssen, weil es nicht sein kann, dass diese Gruppen, bei denen es – da haben Sie auch recht – unwahrscheinlicher ist, dass sie Asyl bekommen, so stark in der Kriminalitätsstatistik, in der Verurteilungsstatistik auffallen.

So, jetzt ist Ihnen vielleicht ein Unterschied aufgefallen: Das eine sind verurteilte Straf­täter, von denen ich gesprochen habe – wo eben massiv Algerier, Georgier und Nigerianer betroffen sind –, und das andere ist die Anzeigenstatistik. Und jetzt verstehe ich nicht, wie es sein kann, dass Menschen Anzeigen und Verurteilungen offensichtlich gleichsetzen und von Anzeigen darauf schließen, dass es Kriminalität ist.

Also ich lebe in einem Rechtsstaat. In einem Rechtsstaat ist es so, dass ich grund­sätzlich darauf warten muss, bis jemand verurteilt ist. Ich sage Ihnen, wie das mit einer Anzeige funktioniert: Ich gehe einmal zur Polizei, schildere einen Sachverhalt und nehme irgendeinen mutmaßlichen Täter. Also ich gehe hin und sage, Herr Klubob­mann Lugar hat eine Straftat begangen. Dann kann es, wenn ich das halbwegs logisch vermittle, dort so sein, dass Sie angezeigt sind.

Besonders spannend ist, wenn Kollege Höbart und Kollege Deimek da dazwischen­rufen, denn das sind nämlich die zwei, die angezeigt wurden. Jetzt glaube ich, dass für Sie der Rechtsstaat gilt, und wir warten, bis das Gericht … (Zwischenruf des Abg. Höbart.) Richtig, genau. Sie argumentieren aber mit einer Anzeigenstatistik und nicht damit, wie viele Verurteilte es in diesem Zusammenhang gab. Schauen Sie, Herr Kollege Höbart, für mich gilt der Rechtsstaat, ich warte, bis jemand verurteilt ist. Das gilt für Sie und das gilt genauso für alle angezeigten Asylwerber. Und darauf sollten wir uns hier auch einmal verständigen. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Natürlich, Sie behaupten dauernd etwas anderes, Sie gehen auch dauernd von Anzei­genstatistiken aus, obwohl Sie wissen, dass … (Abg. Höbart: Anzeige, das ist doch ein Signal!) Herr Kollege Höbart, gehen Sie einmal zur Polizei und versuchen Sie, eine Anzeige einzubringen! Wenn Sie es halbwegs logisch machen, dann wird die Anzeige auch entsprechend aufgenommen werden. Das ist genauso beim Kollegen Deimek und bei Ihnen, weil Sie jemand angezeigt hat. Und wir warten, bis Sie ein unabhän­giges Gericht abgeurteilt hat, genauso wie bei allen angezeigten Asylwerbern. So geht der Rechtsstaat, und darauf sollten wir uns verständigen, Sie genauso. Darauf warten wir auch, dass dieses Urteil entsprechend kommt, wie bei allen anderen Urteilen auch.

Was in diesem Zusammenhang auch interessant ist und worüber wir diskutieren sollten, ist, dass ganz viele Delikte, die im Zusammenhang mit Asylwerbern angezeigt werden, Delikte innerhalb der Asylwerber-Community selbst sind, die Frau Innen­ministerin hat es gesagt, bis zu einem Drittel. Es gibt auch andere Statistiken, die bis zur Hälfte sagen. (Zwischenruf des Abg. Lugar.)

Ich sage nur, dass wir hier offensichtlich ein Problem sehen und dass es auch wichtig ist, die Probleme anzusprechen. Wir haben hier teilweise importierte Konflikte, insbe­son­dere bei Afghanen und Tschetschenen sehen wir momentan, dass es ein Problem gibt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Nein, ich sage nicht, dass es gut ist, aber hier muss man ansetzen. Und es bringt nichts, wenn Sie mit irgendwelchen Anzeigenstatistiken


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argumentieren und damit Angst schüren, anstatt dass wir konkret darüber diskutieren, wie wir die Probleme in den Griff bekommen können. Das müssen wir angehen, und da müssen wir schauen, dass genau diese importierten Konflikte in Zukunft auch befriedet werden.

Worüber wir auch diskutieren sollten, ist, wenn die Polizei uns jetzt schon sagt, dass gerade die organisierte Kriminalität auf Asylwerber schaut, weil das einfache und billige Arbeitskräfte sind. Das ist auch nachvollziehbar, dass genau in diesem Zusammen­hang auf Asylwerber zurückgegriffen werden wird, weil diese natürlich extrem viel Zeit haben. Das heißt, hier müssen wir genauso ansetzen und schauen, dass wir Asylwer­ber möglichst schnell in den Arbeitsmarkt integrieren können, damit wir eben nicht die Problematik haben, dass sie in die Schwarzarbeit oder in die Kriminalität abrutschen. Das sind Maßnahmen, die man setzen kann, wo man sich mit dem Problem auseinan­dersetzt und schaut, dass Menschen, die jetzt offensichtlich teilweise auch kriminell werden – gar keine Frage, das steht ja hier zur Debatte –, in Zukunft nicht mehr krimi­nell werden.

Mit solchen Diskussionen könnten wir die Probleme in irgendeiner Art und Weise lösen, nicht aber, indem Sie, Kollege Höbart und Kollege Deimek, andauernd von Anzeigenstatistiken reden und nicht darüber diskutieren, wo die konkreten Verurteilun­gen sind. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

10.32


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


10.33.00

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Debatte erinnert mich an die Asyldebatte, an die Flüchtlingsdebatte der vergangenen Wochen und Monate. Und man wird in naher Zukunft auch sehen, dass Sie hier auch unrecht haben, so wie Sie mit Ihrer Willkommenspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot, Schwarz, Grün und NEOS, unrecht gehabt haben. Jetzt versuchen Sie im Vorfeld der Präsidentschaftswahl – ein Schelm, der dabei denkt, dass das damit im Zusammen­hang stehen könnte – einen Kurswechsel, wir haben es heute schon gehört. Und nach der Präsidentschaftswahl wird es wieder munter weitergehen, werden Sie wieder munter weitermachen, denn da sind die Wahlen geschlagen, und damit hoffen Sie, sich mit Ihren jetzigen Aktionen drüberzuschwindeln. (Beifall beim Team Stronach.)

Frau Ministerin, Sie haben davon gesprochen, dass hier alles ganz wunderbar ist, dass wir kein Problem haben und dass Österreich das sicherste Land ist, die Anzeigen ge­hen zurück et cetera. Dann müssen wir aber erfahren, dass 92 000 Personen, die hier illegal sind, aufgegriffen worden sind. Was kommt dazu aus dem Innenminis­terium? – Die Daten werden statistisch nicht erfasst, der Verwaltungsaufwand wäre dafür zu hoch. Bei so wichtigen, essenziellen Themen, Punkten werden von Ihrem Ministerium keine Aufzeichnungen geführt, es werden keine Statistiken geführt, sonst ist Geld für alles vorhanden. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Ministerin, muss man Ihnen zum Vorwurf machen und das müssen Sie sich auch gefallen lassen, dass wir sagen, dass Sie hier nicht im Sinne der Bevölkerung arbeiten und nicht auf Seite der Österreicherinnen und Österreicher stehen. (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich darf dazu auch kurz aus der „Kronen Zeitung“ zitieren. Es geht da um die sexuellen Übergriffe in Salzburg. Polizeichef Franz Ruf – dieser steht sicher nicht im Verdacht, uns nahezustehen – hat seiner Besorgnis Ausdruck verliehen, indem er sagt: „Salzburg macht gerade eine ,neue und unangenehme Entwicklung bei den Straftaten durch‘.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 44

Das ist eine neue Form der Kriminalität, eine unangenehme Erscheinungsform der Kriminalität, also keine gute Entwicklung, der wir hier entgegentreten müssen! So sieht das Ihr Polizeichef in Salzburg.

Wenn ich mir auch vor Augen führe, was unsere letzte parlamentarische Anfrage zutage gebracht hat, nämlich dass auch in Österreich zum Jahreswechsel 24 Fälle von strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von Frauen von der Polizei registriert wurden und nicht einmal die Hälfte der Fälle öffentlich bekannt wurde, dann spricht das auch eine eindeutige Sprache, meine sehr geehrten Damen und Herren. Da wird die Bevölkerung bewusst nicht informiert, nur halb informiert, um quasi alles schön ruhig zu halten, nach dem Motto: Wir haben keine Probleme und es gibt gar keine Probleme. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin! Das ist nicht die richtige Politik, denn da streuen Sie den Menschen Sand in die Augen, und das ist nicht zu akzeptieren. (Beifall beim Team Stronach.)

Zur SPÖ, die uns vorwirft, dass wir Realitätsverweigerung betreiben, möchte ich sagen, Sie betreiben Realitätsverweigerung mit Ihrer Politik, und man hat ja gesehen, wohin das führt.

Zu den Anzeigen: Sie sagen immer, die Kriminalität sinkt und es gibt keine Anzeigen. Warum nicht? – Weil die Leute resigniert haben. Es wird nicht mehr angezeigt. Im Zuge der haufenweisen Schließungen von Polizeiinspektionen haben wir das hier schon erwähnt und diskutiert, auch beim letzten Sicherheitsbericht: Die Kriminalität steigt deswegen nicht so exorbitant, weil es viel weniger Anzeigen gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das muss man hier auch einmal klar ansprechen.

Zu den schrottreifen NEOS möchte ich noch kurz anmerken, obwohl es sich gar nicht lohnt, näher darauf einzugehen: Es ist schon ein starkes Stück, wenn ein Abgeordneter hier herausgeht und sagt, von den Flüchtlingen geht weniger Kriminalität aus als von den Österreichern, als von der österreichischen Bevölkerung. Na danke, da werden sich die Damen und Herren, die heute dieser Debatte folgen, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sehr herzlich bedanken bei der Truppe der schrottreifen NEOS. Das muss man hier auch einmal sagen. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)

Es hat sich heute auch herausgestellt, dass es in diesem Parlament zwei Parteien gibt, die auf der Seite der Österreicherinnen und Österreicher stehen, zwei Parteien, die für die Österreicherinnen und Österreicher Politik machen, das ist das Team Stronach und das ist die FPÖ. Die anderen haben hier alle abgedankt, mit denen kann man hier nicht rechnen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das hat sich im Zuge nicht nur dieser heutigen Debatte gezeigt. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Wir reden nicht nur, wir handeln. Und wir haben auch anlässlich des Internationalen Frauentages eine Pfefferspray-Verteilaktion vor dem Parlament gemacht, die sehr erfolgreich war. Wir haben einen unglaublichen Zustrom von Menschen gehabt, von Frauen, die gekommen sind, die Angst haben, die sich selbst verteidigen wollen, die sich von der Politik nicht ausreichend geschützt fühlen. Wir stehen für diese Frauen zur Verfügung, wir stehen auf der Seite der Österreicherinnen und Österreicher, …

 


Präsidentin Doris Bures: Sie müssen den Schlusssatz formulieren, Frau Abgeord­nete.

 


Abgeordnete Martina Schenk (fortsetzend): , der Frauen, die diese Politik im Stich lässt, und wir werden das auch weiterhin tun. (Beifall beim Team Stronach.)

10.38


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 45

10.38.48

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aktuelle Stunde: „Auswirkung der Flüchtlingspolitik: Sicherheitsnotstand in Österreich“. Wir haben in Österreich durch den enormen Flüchtlingsstrom ein großes Problem, und die Krimi­nalität, Herr Kollege, nimmt enorm zu, das steht außer Frage. Ich glaube, das kannst du, Herr Kollege Scherak, auch bestätigen. Diese ist nicht, wie du gesagt hast, rückläufig. Die Kriminalität nimmt mit diesem Zustrom enorm zu, das steht außer Frage, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Dass Menschen, die auf der Flucht sind, die politisch verfolgt sind, geholfen werden muss, ist auch richtig. Aber es ist auch richtig, meine sehr geehrten Damen und Her­ren, dass Österreich nicht die ganze Welt retten kann.

In der Flüchtlingspolitik wurden von dieser Bundesregierung große Fehler gemacht, es wurde lange überhaupt nicht kontrolliert, nur durchgewunken. Wir wissen nicht mehr, wer sich alles in unserem Land aufhält.

Österreich wurde zum modernen Reisebüro für Wirtschaftsflüchtlinge und Schein­asylanten. Das kann man nicht wegleugnen. Die EU funktioniert in dieser Form über­haupt nicht, und schon gar nicht, was die Verteilung der Flüchtlinge oder die EU-Außengrenzen betrifft. Er habe seine Meinung geändert, sagte der Herr Bundes­kanzler, als ihm klar wurde, dass eine europäische Lösung nicht funktioniere. Eine weise Entscheidung und Einsicht!

Jeder Mensch, meine sehr verehrten Damen und Herren, sieht, dass die EU in der Flüchtlingspolitik überhaupt nicht funktioniert. Zuerst durften wir nicht „Zaun“ sagen, die Frau Innenministerin sagte „Maßnahmenpaket“, um ja nicht das Wort „Grenzzaun“ in den Mund zu nehmen. Den Ministerpräsidenten von Ungarn – das habe ich hier von dieser Stelle aus schon einmal angesprochen – hat man heftig kritisiert für seine Grenzpolitik. Ich sage, er hat vollkommen richtig gehandelt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Unsere Aufgabe, auch die Aufgabe der Bundesregierung muss es sein, die innere Sicherheit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der heimischen Bevölkerung zu gewährleisten. – Herzlichen Dank.

10.41


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Franz ist als Nächster zu Wort ge­meldet:. – Bitte.

 


10.41.20

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Die Sicherheit Österreichs wird durch die deutsche Einladungs­politik gefährdet; ich glaube, das muss man einmal offen aussprechen. Solang die Deutschen ihre Politik nicht ändern, wird Österreich das Problem mit haben. Die deutsche Bevölkerung ist ohnehin mehrheitlich der Meinung, dass die Einladungspolitik nicht mehr gut ist. Die offizielle deutsche Regierungspolitik hält leider noch immer daran fest. Solang das nicht geändert wird und nicht noch viel mehr von unserer Regierung in Richtung Deutschland und in Richtung EU ventiliert wird, dass diese Form der Migrationspolitik nicht richtig sein kann, weil niemand die Verpflichtung hat, den halben Orient nach Europa zu holen, so lange werden wir das Sicherheitsproblem in Österreich haben.

Ich glaube, man muss auch deutlich aussprechen, es ist heute schon mehrmals ange­klungen, dass weitaus mehr als die Hälfte der sogenannten Flüchtlinge eben keine Flüchtlinge sind, sondern reagiert haben auf die deutsche Einladung. Das sind Wirt-


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schaftsmigranten, und die kommen illegal. Und, meine Damen und Herren, wir leben in einem Rechtsstaat, wir kennen das Völkerrecht, das Staatsrecht, wir können das nicht tolerieren, dass illegale Migranten zu Hunderttausenden zu uns kommen. Das muss man beenden, dem muss man einen Riegel vorschieben, und das muss immer wieder geschehen und immer wieder ventiliert werden. Und solange das nicht seitens der EU geschieht, sind wir als Österreicher und als österreichische Politiker, ist die österreichi­sche Regierung aufgefordert und geradezu verpflichtet, diese Signale auszusenden: Illegale Migration kann nicht geduldet werden!

Man muss sich da dem australischen Modell annähern, dass man den Menschen in den Ländern, von wo die Migranten aufbrechen, um zu uns zu kommen, ganz klar sagt: Das geht nicht, wir können euch hier nicht unterbringen, wir können euch hier keine Zukunft bieten! Das ist eines der wichtigsten Dinge. Die Leute im Nahen Osten und in Afrika müssen informiert werden, dass es nicht möglich ist, nach Österreich, nach Deutschland, nach Europa zu kommen, wenn man keinen Grund dafür hat. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Doppler.)

10.43


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.43.20Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 8529/J bis 8624/J

Schriftliche Anfragen an die Präsidentin des Nationalrates: 23/JPR und 24/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 7321/AB bis 7350/AB

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Rechtspraktikantengesetz, das Richter- und Staatsanwalt­schaftsdienstgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, die Rechtsanwaltsord­nung, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und die Notariatsordnung geändert werden (1028 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (32. KFG-Novelle) (1054 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 und das ASFINAG-Gesetz geändert werden (1055 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehr­bringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) und das Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz – GESG) geän­dert werden (1056 d.B.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 47

Verwertungsgesellschaftengesetz 2016 – VerwGesG 2016 (1057 d.B.)

Strafprozessrechtsänderungsgesetz I 2016 (1058 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Vergleichbarkeit von Entgelten für Verbraucherzahlungskonten, den Wechsel von Verbraucherzahlungskonten und den Zugang zu Verbraucherzahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (Verbraucher­zah­lungskontogesetz – VZKG) erlassen wird und das Konsumentenschutzgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert werden (1059 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 70 betreffend „der Resolution für eine TTIP- und CETA-freie Landwirtschaft auf Initiative des Ortsbauernausschusses der Gemeinde Meggenhofen“, überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Außenpolitischer Ausschuss:

Bericht des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres betreffend Fort­schreibung des Dreijahresprogramms der Österreichischen Entwicklungspolitik 2016 bis 2018 (III-248 d.B.)

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 bis 12 sowie 13 und 14 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Dann gehen wir in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatte erzielt.

Der Tagesordnungspunkt 1: EU-Erklärung gemäß § 74b Abs. 1 lit. b der Geschäfts­ordnung des Nationalrates ist nicht in die Tagesblockzeit einzurechnen.

Es wurde eine Tagesblockzeit von 5,5 „Wiener Stunden“ für die Tagesordnungs­punkte 2 bis 19 vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 74, FPÖ 69, Grüne 58 sowie NEOS und STRONACH je 30 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 2 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit jener Abgeordneten, die keinem Klub angehören, im Rahmen dieses Beschlusses je 15 Minuten. Darüber hinaus wird die Redezeit von Abgeordneten, die keinem Klub angehören, auf 5 Minu­ten je Debatte beschränkt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 48

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten. Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür stimmen, um ein Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen.

10.45.151. Punkt

EU-Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 74b Abs. 1 lit. b der Geschäftsordnung des Nationalrates zur bevorstehenden Tagung des Europäischen Rates vom 17. und 18. März 2016

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ich begrüße den Herrn Bundeskanzler, den Herrn Vizekanzler und die Mitglieder der Bundesregierung.

Diese Erklärungen sollen eine Dauer von insgesamt 25 Minuten nicht überschreiten. Im Anschluss daran wird im Sinne des § 74b der Geschäftsordnung auch eine Debatte darüber stattfinden.

Folgende Mitglieder des Europäischen Parlaments wurden für die Teilnahme an der Debatte zur EU-Erklärung nominiert: Freiheitlicher Klub: Harald Vilimsky; Grüner Klub: Mag. Ulrike Lunacek. – Ich begrüße die Abgeordneten zum Europäischen Parlament in unserer Mitte.

Ich erteile Herrn Bundeskanzler Faymann das Wort. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


10.46.23

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Sehr verehrte Abgeordnete! Sehr verehrte Damen und Herren! Im Europäischen Rat sind zwei Fragen zu diskutieren, wo ich überzeugt bin, es ist notwendig und richtig, hier auch über die nötige Information und Abstimmung zu diskutieren. Es wird die grundsätzliche Frage noch einmal zu erörtern sein: Was kön­nen wir als Europäische Union vor Ort unternehmen – da sind ja die Möglichkeiten nicht unbegrenzt –, um den Fluchtgrund zu beseitigen? (Abg. Kickl stellt einen Wetter­hahn, eine Seite rot, eine Seite schwarz gefärbt, auf seine Abgeordnetenbank und dreht ihn hin und her.)

Man darf niemals übersehen, wenn ein Fluchtgrund darin besteht, dass jemand ver­sucht, sich vor einem Krieg, vor Bomben in Sicherheit zu bringen, dass keine Flüchtlingspolitik der Welt gut genug sein kann, das menschliche Elend zu beseitigen oder den Krieg zu beenden. Es können nur die …

 


Präsidentin Doris Bures: Entschuldigen Sie kurz, Herr Bundeskanzler!

Herr Abgeordneter Kickl, ich glaube, alle haben das gesehen. Ich würde Sie ersuchen, das wieder wegzuräumen. (Abg. Kickl: Extra für den Kanzler mitgebracht!)

Herr Bundeskanzler, Sie können mit Ihren Ausführungen fortsetzen.

 


Bundeskanzler Werner Faymann (fortsetzend): Die Fluchtgründe zu beseitigen, ist für die Europäische Union alleine natürlich nicht möglich. Sie kann nur Beiträge liefern, sei es für Friedensverhandlungen oder in der Antiterrorbekämpfung. Sie kann das, was in London an enormen Beträgen, an Unterstützung für UNHCR vereinbart wurde, ver­suchen, auf den Boden zu bringen, denn zwischen den politischen Zusagen, die ins­gesamt Milliarden ausmachen, über 11 Milliarden, die an diesem Tag für die Unter­stützung von UNHCR zugesagt wurden, und der Realität, wie viel morgen im Lager im Libanon eintrifft, wie viel in Jordanien eintrifft, wie viel an Verbesserungs­möglichkeiten es in der Türkei gibt, ist ja bekanntlich auch noch ein Unterschied.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 49

Also die Europäische Union hat auch hier Aufgaben, die besonders wichtig sind. Beschäftigen wir uns aber mit der Frage: Was machen wir mit jenen Menschen, die sich zum Ziel gesetzt haben, in die Europäische Union zu kommen? Und da muss man erst einmal teilen in jene, die ein Asylrecht haben, und in jene, die keines haben. Jene, die keines haben, sollten möglichst schon außerhalb der Europäischen Union, natürlich nur mit Zustimmung dieser Länder, erfahren, dass sie keine Möglichkeit haben und davon abgehalten werden, in die Europäische Union zu kommen. Spätestens an der Außengrenze, bei den sogenannten Hotspots, ist nicht nur die Registrierung mit dem Fingerprint notwendig, denn das bringt ja nur, dass man weiß, wer es ist, sondern wären diese Rückführungsabkommen, die von der Europäischen Union verhandelt werden, so wichtig und entscheidend.

Dann geht es darum, jene Menschen – und das gilt natürlich auch nicht in unbe­grenz­ter Zahl –, die ein Asylrecht haben, zu verteilen, und da kann Österreich durchaus als Vorbild genommen werden. 37 500 ist eine Zahl, die, unsere Bevölkerungszahl um­gerechnet auf die Europäische Union, zwei Millionen Menschen, die ein Asylrecht haben, die Chance auf ein faires Verfahren und Schutz bringen würde.

Selbst wenn man die Zahl etwas geringer sieht, weil man sagt, nicht alle Länder haben die wirtschaftliche Kraft Österreichs, geht es hier doch um eine gewaltige mögliche Leistung, wenn man sich am österreichischen Beispiel alleine von heuer orientiert. Wenn man sich das Beispiel vom Vorjahr ansieht, in dem Österreich 90 000 Menschen aufgenommen hat, wenn man sich die Beispiele ansieht, wo wir ebenfalls Spitzenreiter sind, beim Resettlement, in der Übernahme von Menschen, dann kann Österreich mit Fug und Recht sagen, wir haben moralisch, politisch das geleistet, was von uns zu erwarten ist, wenn eine Not ausbricht und jeder einen Beitrag zur Hilfe leisten muss.

Österreich hat die Ärmel aufgekrempelt, viele Ehrenamtliche, aber vor allem auch die Bevölkerung, die akzeptiert hat – das wurde auch politisch heftig diskutiert –, dass hier zu helfen ist. Österreich ist ein Land, das bei Ungarn geholfen hat. Österreich ist ein Land, das bei Jugoslawien geholfen hat. Österreich ist ein Land, das im Vorjahr 90 000 Menschen die Möglichkeit eines Asylantrags gegeben hat, und wir haben für heuer, Bund, Länder, Gemeinden, die Zahl 37 500 festgelegt.

Vor dem Hintergrund dieser moralischen und politischen Leistung in der Vergan­genheit, die wir belegen und beweisen können, aber auch unserer Absicht, in den nächsten vier Jahren nicht eine Nulllinie einzuziehen, zu sagen, niemand hat ein Asylrecht, das geht uns alles nichts an, haben wir für die nächsten vier Jahre eine gemeinsame Zahl festgelegt, wie viele Menschen wir in der Lage sind – auch mit den entsprechenden integrativen Maßnahmen, die notwendig sind – unterzubringen.

Warum sage ich das? Weil es aus dieser moralischen Position eines Landes, das in seiner Geschichte geholfen hat und hilft, ein hilfsbereites Land ist, notwendig ist, hier auch für eine Ordnung zu sorgen – für eine Ordnung, die heißt, es gibt keine Schlep­perrouten, das Durchwinken ist zu Ende. Das ist ein Beschluss vom letzten Europä­ischen Rat, in einer Erklärung der Regierungschefs festgelegt, und hier haben auch Griechenland und Deutschland mitgestimmt. Und deshalb gibt es da kein Augen­zwin­kern! (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. – Abg. Kickl: Das ist so peinlich!) Alle Routen sind zu schließen! Es darf überall dort, wo neue Routen entstehen, das nicht mit einem Augenzwinkern zur Kenntnis genommen werden.

Wir müssen uns daher die Frage stellen: Wie können wir an unseren Außengrenzen das nachholen, was wir eigentlich schon mehrfach beschlossen haben? Nämlich aus­reichende Mittel für Frontex zur Verfügung stellen, für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für technische Ausstattung, um die Außengrenzen entsprechend sichern zu können. Oder: eine ausreichende Anzahl an Quartieren schaffen. Das ist ja ein gewaltiges Pro-


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gramm, bei hunderttausenden Menschen, wenn sie kommen, einmal eine Vorauswahl vorzunehmen: Wer hat überhaupt ein Asylrecht, wer hat keines? Und dann die Frage: Wie kann man sie verteilen? Das ist ja eine gewaltige Aufgabe. Darum komme ich gleich zu der Kernfrage, die morgen eine große Rolle spielt: Soll man mit der Türkei reden, ja oder nein? Und: Was soll man mit der Türkei reden?

Was außer Frage steht: Es gibt keinen inhaltlichen Werteabtausch zwischen der Euro­päischen Union und der Türkei. Das hat die Türkei auch nicht verlangt. Das würden wir aber auch niemals anbieten und sagen: Wir setzen uns nicht für Minderheitenrechte ein, wir setzen uns nicht für Meinungsfreiheit ein, denn wir brauchen jetzt irgendeinen Pakt! Es gibt keinen inhaltlichen Abtausch zwischen Grundwerten, wie eine Visali­beralisierung inhaltlich abzuwickeln und zu beurteilen ist (Abg. Kickl: Da hätten Sie bei anderen Ländern schon lange nach Sanktionen gerufen!), wie ein Beitrittsprozess zur Europäischen Union abzuführen ist, wie die Werte, die die Europäische Union hat, zu vertreten sind.

Was es mit der Türkei geben soll, ist eine ernsthafte Vereinbarung, die besagt, wir versuchen die EU-Außengrenzen insofern gemeinsam zu schützen, als die Türkei einverstanden ist, dass man Menschen zurückbringt, die sich verselbstständigen oder von Schleppern nach Griechenland gebracht werden.

Nun kann man natürlich sagen: Was ist so eine Vereinbarung wert? Aber ich möchte nur kurz noch einen Punkt in den Fokus bringen: Wie soll denn eine Außengrenze geschützt werden, wenn der Nachbar ablehnen würde, jemanden zurückzunehmen? Es gibt keine faktische Möglichkeit, dem Nachbarn jemanden zurückzubringen, wenn er das nicht in irgendeiner Art und Weise akzeptiert. (Abg. Kickl: Worüber verhandeln Sie denn dann?) Gegen den Nachbarn eine derartige Maßnahme zu setzen, wenn dieser Nein sagt, stellen sich manche entweder absichtlich, weil sie glauben, politi­sches Kleingeld machen zu können, oder unabsichtlich, weil sie sich das nicht bewusst gemacht haben, leichter vor, als es ist. Dem Nachbarland Menschen zurückzuführen, wenn es Nein sagt, ist faktisch, politisch wie auch rechtlich, nicht so einfach, wie ich das in vielen Kommentaren lese. Im Gegenteil!

Daher ist die Bereitschaft des Nachbarn, auch wenn er ein schwieriger Nachbar ist wie die Türkei, mitzuwirken, dass jemand zurückgebracht wird, der sich verselbstständigt hat, eine Voraussetzung für eine Vereinbarung. Daher ist diese Vereinbarung sinnvoll, wenn sie zustande käme, bei aller rechtlicher Problematik, die auch der Rechtsdienst des Ratspräsidenten und Kommissionspräsidenten aufgeworfen hat.

Aber es ist vom Prinzip her eine gemeinsame Kontrolle an Grenzen mit dem Nachbarn machbar, ohne den Nachbarn ist das mit extremen Schwierigkeiten verbunden. Das ist der Grund, warum man mit der Türkei spricht – und nicht ein falsch verstandener Romantizismus, wo man sich einbildet, na ja, da werden wir schon irgendwie alle über­zeugen, und zum Schluss geht alles gut aus. Nein, es ist nicht die Frage der Unter­schätzung der politischen Unterschiede, sondern es ist die Frage der Sinn­haftigkeit an einer Grenze, nicht alles Griechenland allein zu überlassen.

Sonst würde das bedeuten, wenn eine Million Menschen wie im Vorjahr oder vielleicht sogar zwei Millionen oder mehr sich über die Türkei verselbstständigen und nach Griechenland kommen, dass wir das alles in Griechenland abwickeln müssten, ohne den Nachbarn, ohne in Sachen Abreise etwas mitbeeinflussen zu können, ohne die Möglichkeit einer Rückführung in die Türkei. Das ist ein so erheblicher Aufwand, der natürlich mittel- und langfristig bewältigbar sein muss, um sich eben nicht dauerhaft auf die Türkei verlassen zu müssen, der aber eine derart gewaltige Herausforderung ist, mit der sich jeder, der ernsthaft an die Sache herangeht, politisch beschäftigen muss.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 51

Wir bleiben also bei unserer Linie, die wir zu Recht vertreten. Wir als Bundesregierung haben eine Linie, gemeinsam oftmals auch mit dem Herrn Bundespräsidenten be­sprochen, und ich bin jedem dankbar, auch jedem Oppositionspolitiker, der sich die Mühe macht, in dieser schwierigen Frage Österreichs, die seit den siebziger Jahren die härteste Herausforderung sein wird, konstruktiv mitzudenken, anstatt den Hass zu schüren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.58


Präsidentin Doris Bures: Ich erteile nun dem Herrn Vizekanzler das Wort. – Bitte.

 


10.58.13

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Rein­hold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben mittlerweile den achten Europäischen Rat seit Beginn der Flüchtlingskrise, der sich mit diesem Thema beschäftigt, und es stehen wirklich wichtige Themen wie die gerade angesprochene Vereinbarung mit der Türkei, der umfassende Schutz der Außengrenzen, die schnel­lere Umverteilung aus Griechenland, aber auch weitere Grenzschließungen aufgrund neuer Routen auf der Tagesordnung.

Sie merken aber allein an der Tatsache, dass wir uns mittlerweile schon bei acht Euro­päischen Räten mit diesem Thema beschäftigen, dass schon die Frage gerecht­fertigt ist, ob alles in dem Zusammenhang inhaltlich und auch was den Zeitablauf anbe­langt, schnell und ausreichend genug passiert. In dem Zusammenhang glaube ich auch, dass die österreichische Position, die ja mehrfach in der Vergangenheit ange­sprochen worden ist, aber natürlich auch in der Zukunft erwähnt werden wird, die Fragestellung aufwirft: War es richtig in dieser Situation, national einmal einen Schritt nach vorne zu machen, mit Maßnahmen des Grenzmanagements und mit anderen Überlegungen?

Schauen Sie sich die historische Entwicklung Österreichs an; der Herr Bundeskanzler hat es angesprochen: Österreich hat die moralische Verpflichtung, was Hilfe anbelangt, in der Vergangenheit, besonders auch im letzten Jahr wahrgenommen und wird sie auch in Zukunft wahrnehmen. Wir verpflichten uns selbstverständlich, im Hinblick auf Flüchtlinge, Schutzbedürftige unseren Teil zu leisten.

Meine Damen und Herren, ich glaube, das Problem ist und war, dass wir uns mit der gesamten Abwicklung – mit Ausnahme von Deutschland und Schweden – doch relativ allein gelassen fühlen mussten und das auch bemerkt haben. Daher: Es geht nicht darum, dass wir nicht helfen wollen, es geht darum, dass wir keine illegale Migration dulden können, sondern geregelte und solidarisch, von ganz Europa solidarisch getra­gene Migration brauchen. Das ist der Vorgang, das ist der Unterschied. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Weninger und Strolz.)

Wenn Sie auf die Zwischenergebnisse schauen – und ich glaube, es ist ein Zwischen­ergebnis –, war es notwendig, dass wir hier einen Weckruf getätigt haben, eine Zwi­schenlösung erreicht haben, denn im Endeffekt ist das, was wir vorgeschlagen haben, mittlerweile europäischer Konsens. Herr Präsident Tusk hat letzte Woche am Mittwoch Europa, insbesondere die Balkanstaaten dafür verteidigt und gelobt, dass die Balkan­route – als Ausdruck dieser illegalen Migration – geschlossen worden ist. Wir fühlen uns daher unterstützt, aber nicht nur unterstützt, sondern wir haben genau diesen Weg auch vorgeschlagen. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Die entscheidende Frage ist jetzt, glaube ich, folgende: Wir müssen gemeinsam in Europa dafür sorgen, dass die Balkanroute auch geschlossen bleibt. Selbst wenn Druck aufgebaut wird, darf es nicht zu einer Öffnung kommen! Warum? – Weil ansons­ten genau das Gleiche passiert, was vorher der Fall gewesen ist, nämlich, dass die


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unkontrollierte, die quantitativ nicht beherrschbare Migration, der Zustrom nach Öster­reich und nach Deutschland aufrechterhalten werden würde. Daher glaube ich, dass es richtig ist, auch der mazedonischen Regierung dafür zu danken, dass sie an ihren Grenzen einen Beitrag leistet – der nicht einfach ist –, um genau diesem Ziel einer dauerhaften Lösung zu entsprechen, dass dieses Ziel dadurch unterstützt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Das reicht aber allein nicht aus. Es muss auch Griechenland seinen Beitrag leisten und darf nicht die Menschen weiter an die Grenze strömen lassen, weil dadurch natürlich Druck aufgebaut wird, Situationen entstehen, die wir nicht haben wollen. Es wird uns ja vielfach dann in diesem Zusammenhang gesagt, wir hätten jetzt die österreichische Problematik nach Griechenland exportiert und Griechenland würde jetzt allein da­stehen. Meine Damen und Herren, das ist nicht so. Wir haben 100 000 Menschen in unserem Land aufgenommen und die Asylanträge in Bearbeitung. Griechenland ist nicht einmal noch bei 50 000 angelangt und ist ein Land, das größer ist als Österreich.

Daher muss man sagen, natürlich wissen wir die finanziellen Probleme dort zu würdi­gen, aber schauen Sie, was die Europäische Union tut: Sie leistet finanzielle Hilfe – sie hat das schon im Vorjahr getan und hat auch jetzt 600 Millionen € angekündigt – und natürlich auch humanitäre Hilfe. Die wollen wir auch leisten, aber ich glaube, es ist dem Land durchaus zumutbar, dass die Flüchtlinge dort – in einem EU-Land – bleiben, wenn die Versorgung gewährleistet ist, und kein Recht darauf haben, jetzt nach Deutschland oder sonst wohin, ihrem Wunschprogramm entsprechend, zu gehen – das ist es meines Erachtens, was wir auch gewährleisten müssen – und dass diese Erwar­tungshaltung der Flüchtlinge: Wir brauchen nur an der Grenze Druck zu erzeugen, und irgendwo gibt es eine Lösung!, dann auch tatsächlich in der Praxis gerechtfertigt ist. Es gibt keinen Fluchtgrund aus einem EU-Land wie Griechenland und kein Recht darauf, sich das beste Land auszusuchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher, meine Damen und Herren, gibt es zwei Dinge zu tun: Man muss auch einen Appell richten, nämlich an die Schlepper – das wird schwierig sein, das weiß ich –, aber vor allem auch an die Aktivisten, die, falsch verstanden oder in der Absicht, das so auch wirklich umzusetzen, Falschinformationen verbreiten, weil sie mit diesem unerlaubten Übergang natürlich genau das Leben derer gefährden, in den Flüssen, die sie eigentlich schützen wollen. Der Vorwurf geht genau in diese Richtung, und ich glaube, er ist auch berechtigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher, meine Damen und Herren, muss auch Deutschland aus seiner schweigenden Rolle in eine klare Erklärungsrolle gebracht werden, und es gibt meines Erachtens zwei Möglichkeiten: Entweder sagt Deutschland, wir nehmen so und so viele Migranten auf und bringen diese dann, auf welchem Weg auch immer, ins Land – das ist die eine Variante; dann kann man eine Erwartungshaltung auch entsprechend bedienen –; oder Deutschland sagt – das ist die andere Variante –, wir sind auch an der Grenze angelangt, wir können auch nicht unbeschränkt und unbedingt aufnehmen. Und dann, wenn das gesagt wird, wird auch die Erwartungshaltung bei den Flüchtlingen eine andere sein.

Wie richtig ich mit meiner Meinung liege, können Sie an dem Umstand erkennen, dass ein Großteil der Flüchtlinge Angebote, nach Luxemburg, nach Norwegen, nach Portu­gal gehen zu können, nicht annimmt – eben genau in der Erwartungshaltung, es gibt irgendwann das erlösende Wort oder die erlösende Öffnung Richtung Deutschland und alles ist so wie vorher.

Meine Damen und Herren, das ist notwendig und darauf werden wir auch drängen, dass eine klare Erklärung erfolgt, dass es entweder eine bestimmte Quote gibt, oder aber eine Erklärung dahin gehend, dass man sagt, wir können aus bestimmten Grün-


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den auch nicht. Auch dort werden bestimmte Ressourcen vorhanden sein und nicht mehr.

Wir müssen aber natürlich mehr tun. Der nächste Schritt, Herr Bundeskanzler, wird sein, auch im Rat einzufordern, die Ausweichrouten abzusichern, aber auch die Außen­grenzen zu sichern. Ich glaube nicht, dass wir die Auffassung haben können, jetzt machen wir mit der Türkei einen Deal und die Türkei wird im Alleingang alles übernehmen. Ganz im Gegenteil, wir brauchen die NATO, wir brauchen Frontex mit erweitertem Auftrag, um die Außengrenzen zu schützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist nicht nur ein Recht, das ist auch eine Pflicht, die wir im Schengen-Vertrag vereinbart haben, und auf diese Pflicht bestehen wir auch vonseiten Österreichs.

Das heißt, auch was den Türkei-Vertrag anbelangt, es darf nicht der Druck entstehen, dass wir uns dort ausliefern. Es sind Visabedingungen und insbesondere, für den Fall, dass Probleme entstehen, auch eine Art Revisionsklausel aufzunehmen, um auch die Interessen Europas entsprechend zu wahren. All das wissen wir.

Wir haben daher, glaube ich, Österreich mit unserer Initiative Zeit verschafft. Man sollte das so sehen, dass man das nicht hoch genug schätzen kann. Warum? – Weil wir uns im Endeffekt, wenn wir – wie es die EU eigentlich geplant hatte – bis Juni gewartet hätten, einem unregulierbaren Strom von Menschen gegenübersehen würden und gar nichts mehr tun könnten. Ich glaube, es ist im Interesse der Flüchtlinge, im Interesse der einzelnen Länder, hier geordnete Verhältnisse und einen geordneten Zugang zu haben.

Es wird daher wichtig sein, morgen ein vernünftiges Ergebnis mit der Türkei zu erzie­len. Daran die Erwartungshaltung anzuschließen, damit sei alles gelöst, wäre sicherlich falsch. Wir haben einen Zwischenschritt. Und bevor nicht alle anderen Schritte auf der gesamtsolidarischen und europäischen Ebene getätigt werden, gilt es, die Politik der Obergrenze, die Politik der nationalen Maßnahmen fortzusetzen. Das ist richtig, das ist die Voraussetzung dafür, dass alle anderen Maßnahmen auch greifen werden.

In diesem Sinn: Eine gemeinsame Linie Österreichs! In diesem Sinn: Keine andere Alternative! Ich hoffe, Sie werden diesen Weg unterstützen. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Bravoruf des Abg. Lopatka.)

11.08


Präsident Karlheinz Kopf: Danke, Herr Vizekanzler, Herr Bundeskanzler, für Ihre Erklärungen.

Wir gehen in die Debatte ein. (Der Beifall vonseiten der ÖVP-Fraktion hält nach wie vor an. – Abg. Kickl: Das ist wie bei der KPdSU am Parteitag!)

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 74b Abs. 4 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Weiters darf sich gemäß § 74b Abs. 6 der Geschäftsordnung jedes Mitglied des Europäischen Parlaments einmal mit einer Redezeit von maximal 5 Minuten zu Wort melden.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


11.08.53

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren vor den Bildschirmen! Herr Bundeskanzler, danke für Ihre sal­bungsvollen Worte im Rahmen Ihrer Erklärung, in der Sie wieder einmal darzu­stellen


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versucht haben, wie segensreich die Europäische Union ist und wie wichtig es ist, diese Europäische Union zu haben, wo man ja ein Nest von Widersprüchen erleben muss: Die achte EU-Rats-Sitzung und keine Lösung in Sicht! Die vorhandenen Prob­leme werden vonseiten der Europäischen Union nicht gelöst, im Gegenteil – ich sage das immer wieder –, diese Europäische Union ist Teil des Problems, das wir haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Ein völliges Versagen auf unterschiedlichsten Ebenen seit über einem Jahr an den EU-Außengrenzen, wo Staatsverträge nicht eingehalten werden, Gesetze gebrochen werden, bis zu den Dublin-Verträgen – bis hin zu nationalstaatlichen Gesetzen, die am laufenden Band hier in Österreich unter Ihrer Verantwortung, Herr Faymann, ge­brochen worden sind!

Ich sage, in Wirklichkeit erleben wir seit einem Dreivierteljahr und länger geradezu eine Symphonie des Irrsinns mit einer unverantwortlichen, naiven Einladungs- und Willkommenskultur, die von der Frau Merkel ausgesprochen wurde und die sie feder­führend – mit Ihrer Unterstützung, Herr Faymann! – über ein Dreivierteljahr lang unver­antwortlicherweise gelebt hat. Und da waren Sie ein Dreivierteljahr lang dabei, bei diesem Chaos-Orchester!

Das Ergebnis ist erschreckend. Der Schaden ist ja angerichtet worden seit dem Sommer 2015 bis in den Februar 2016, dieses Jahres, hinein. Und dafür waren Sie maßgeblich verantwortlich, Herr Faymann, das muss man einmal klar und deutlich sagen! – So gesehen vielleicht eine kurze Zusammenfassung dessen, was da letztes Jahr passiert ist:

Über eine Million Menschen sind nach Österreich rechtswidrig hereingelassen worden. Sie haben es nicht der Mühe wert gefunden, die österreichischen Grenzen zu schüt­zen, zu sichern, zu kontrollieren. Sie haben es nicht der Mühe wert gefunden, Pass­kontrollen, Registrierungen vorzunehmen. Sie haben es nicht der Mühe wert gefunden, Menschen abzuweisen, die rechtswidrig versucht haben, nach Österreich zu kommen. Sie haben es unterstützt, diese rechtswidrige Massenzuwanderung auch noch als staatliche Schlepperorganisation Richtung deutscher Grenze weiterzuleiten. Sie haben 93 000 Asylanträge in Österreich angenommen, die geprüft werden, obwohl es laut Genfer Flüchtlingskonvention diesen Rechtsanspruch gar nicht gibt. Darüber hinaus haben wir im letzten Jahr Zigtausende aufgreifen müssen, die sich rechtswidrig hier aufgehalten haben. – Das ist die Tatsache.

Und jetzt versuchen Sie, angesichts Ihrer zu Recht dramatischen Umfragedaten, plötzlich eine Kehrtwende vorzunehmen, wo ich frage: Glauben Sie das, was Sie da sagen, eigentlich noch, angesichts dieser 180-Grad-Wendung?

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an alle unsere freiheitlichen Forderungen, die wir seit dem letzten Sommer erhoben haben, nämlich diese Krise ernst zu nehmen, die eigene Bevölkerung zu schützen. Als wir im letzten Sommer gefordert haben, die Grenzen zu sichern, zu schützen, illegale Massenzuwanderung zu verhindern, da haben Sie uns als „Hetzer“ beschimpft und diffamiert. (Abg. Rädler: Zu Recht!) Und jetzt stellen Sie sich angesichts dramatischer Umfragewerte hin und übernehmen, zumindest verbal, unsere richtigen Forderungen – nachdem Sie ein Dreivierteljahr lang genau das Gegenteil gemacht haben. Das ist ja unglaubwürdig, Herr Faymann, mehr als unglaubwürdig! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kickl: … schon den Parteiausschluss!)

Ich sage, das kauft Ihnen ja niemand mehr ab! Sie haben Österreich einen katastro­phalen Dienst erwiesen – manche sagen sogar, Sie haben Österreich verkauft und verraten im letzten Dreivierteljahr. Und ich sage, das ist die bittere Wahrheit, über die man nicht hinwegtäuschen kann.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 55

Aber es zeigt zumindest eines, und das gibt mir Hoffnung: Die Freiheitliche Partei Österreichs treibt zumindest diese Regierung vor sich her (Beifall bei der FPÖ) und hat den Druck so aufgebaut, dass Sie diesen Unsinn des letzten Dreivierteljahrs nicht mehr einfach ungehindert fortsetzen können! Die Freiheitliche Partei, als Schmied in dieser Frage, zeigt, dass Sie offenbar gezwungen worden sind, zumindest verbal Ihre Positio­nen zu verändern, Bocksprünge vorzunehmen (Abg. Kogler: Da haben Sie recht!), Kehrtwendungen im Wochentakt vorzunehmen. Das ist ja leider der Fall, da sind Sie das Chamäleon Europas – anders kann man das nicht benennen –, und ich nehme Sie da auch in vielen Fragen nicht mehr ernst, muss ich ganz offen sagen. Ich kann das gar nicht mehr bei all den Bocksprüngen, die ich schon erlebt habe. (Beifall bei der FPÖ.)

Und ich sage, Sie, Herr Faymann, haben innenpolitisch, aber auch auf dem internatio­nalen Parkett jede Glaubwürdigkeit verloren. Wenn jemand als Kanzler so wie Sie die Positionen immer wieder zu 180 Grad komplett verändert und über Bord wirft und völlige Richtungsänderungen macht, weil er offenbar in den Analysen völlig falsch gelegen ist, in den Fehleinschätzungen sich selbst überdribbelt hat, dann ist er sowieso gescheitert! In Wirklichkeit sollten Sie konsequent sein und zurücktreten und den Weg frei machen für demokratische Neuwahlen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.)

Die Bevölkerung hätte ein Recht darauf, angesichts dessen, was Sie schon an Schaden angerichtet haben. Sie sind ein Kanzler des politischen Totalversagens und Scheiterns gewesen. Das ist leider die Realität!

Wenn wir die Lage beurteilen – und vor dem EU-Rat, es ist ja heute schon ange­sprochen worden, wird das Thema sein: wie geht man jetzt mit der Situation um? –, dann müssen wir sagen, wir sind dankbar, dass Mazedonien heute als Nicht-EU-Land die Grenzen sichert und schützt. Dafür müssen wir dankbar sein! Stellen wir uns vor, die würden das nicht machen, was dann an den österreichischen Grenzen los wäre – bei der Grenzsicherung, die nicht vorhanden ist! Monatelang hätten Sie Zeit gehabt, alles diesbezüglich vorzubereiten! Jeder im Bereich der internationalen Experten weiß heute, dass wir davon ausgehen müssen, dass mit Ende des Winters die Ausweich­routen der Schlepper natürlich in Angriff genommen werden und wir befürchten müs­sen, dass Italien seine EU-Außengrenzen nicht entsprechend schützen wird und dadurch über Italien eine neue Route aufgemacht werden wird, über die mit Ende des Winters Hunderttausende Richtung Österreich – wahrscheinlich dann von Italien – weitergeschleppt werden.

Das heißt: Wo sind die konkreten Vorbereitungen in Richtung Exekutive und Bundes­heer, die Grenze zu sichern? Da hat man sich nicht einmal getraut, den Grenzzaun als Begriff zu verwenden und hat dort offene „Türln mit Seitenteilen“ errichtet – Maß­nahmen, mit denen man sich in Wirklichkeit lächerlich gemacht hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Da geht man dann her und spricht von „Obergrenzen“ und „Richtwerten“ und „Pla­nungs­zielen“, wobei man dann permanent Widersprüche zwischen Innenministerin und Verteidigungsminister erlebt. Die Innenministerin sagt, 83 Anträge am Tag, und der Verteidigungsminister widerspricht ihr noch am gleichen Tag in der „Zeit im Bild 2“ und sagt, nein, 83 bei jedem Grenzübergang – beziehungsweise, wenn jemand es nach Österreich geschafft hat und dann erst im Land den Antrag stellt, wird das gar nicht gezählt; und die 300, die bereits täglich von Deutschland zurückgeschickt werden – das sind ohnehin im Jahr 2016 nur 90 000, mit denen wir rechnen müssen, die zurückgeschickt werden –, die rechnen wir ja auch nicht dazu. – Das ist alles unglaub­würdig!


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So gesehen ist es ja auch im Vorfeld der Türkei-Verhandlungen unglaublich, dass sich diese Regierung hinstellt und hier wirklich ernsthaft eine Partnerschaft mit Erdoğan und der Türkei sucht, einem Land, das unter Erdoğan – und das gerade im Vorfeld des Weltfrauentags – mit Gummigeschoßen auf Frauen schießen hat lassen!

Eine Erdoğan-Türkei, die mit Polizeigewalt Oppositionsmedien besetzt und übernimmt, wo man mit dem Militär gegen die Kurden im eigenen Land brutal vorgeht und einen Krieg gegen die eigene Minderheit im Land führt, wo Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind und es auch ernsthafte Vorwürfe gibt, dass Erdoğan mit dem „Islamischen Staat“ brutale, blutige Geschäfte macht mit dem Erdöl und mit Liefe­rungen, die dort stattfinden – mit so einem Erdoğan und so einer Türkei wollen Sie ernsthaft eine Partnerschaft erzielen und glauben wirklich, dass das von Erfolg gekrönt ist? Bei jedem anderen Land würde man zu Recht sagen, da gehören Sanktionen eingeführt (Beifall bei der FPÖ), da gehören alle EU-Förderungen eingestellt! Da müssen wir doch selbst danach trachten, dass wir nicht 16 Milliarden – so wie jetzt schon manche in der EU vorschlagen – in die Türkei zahlen, sondern diese 16 Milliarden sollten wir dafür einsetzen, den Griechen zu helfen, den Mazedoniern zu helfen, die Außengrenzen zu sichern und Europa entsprechend zu schützen – und nicht solche faulen Deals vorzunehmen und einem Erpressungsversuch der Erdoğan-Türkei vielleicht sogar noch anheimzufallen.

Wo ist da Ihr Veto, das sich die österreichische Bevölkerung erwartet? Dank sei Orbán, dass der das letzte Mal ein Veto eingelegt hat! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.)

Ja, so eine Politik wäre notwendig, um Europa zu schützen und vor einem Suizid zu bewahren, der hier offenbar in Vorbereitung steht und von dem Sie auch sagen, dass das von Ihnen sogar gewünscht ist. In Wirklichkeit gehört eine ganz andere, klare europäische, gemeinschaftliche Linie gesucht, und zum Glück wachen da immer mehr europäische Staatschefs, neben Orbán, ebenfalls auf, die sagen, wir müssen klar kommunizieren: Probiert es nicht, im Sinne einer modernen Völkerwanderung nach Europa zu kommen! No way! Wir werden euch dorthin zurückschicken, wo ihr aufge­brochen seid. Das muss der Auftrag auch an Frontex sein. Diesen Auftrag gibt es bis heute nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Frontex hat bis heute den Auftrag, im Mittelmeer Menschen, die mit Schiffen von Afrika auslaufen, in Sicherheit zu bringen, aber nicht zu den Auslaufhäfen zurückzubringen, sondern nach Europa zu bringen, um sie hier zu verteilen. Damit wird ja das tödliche Geschäft der Schleppermafia unterstützt, anstatt dem endlich einen Riegel vorzuschie­ben! (Beifall bei der FPÖ.)

Das zeigt ja, wie falsch und unglaubwürdig diese Gesamtpolitik heute ist. So gesehen ist es notwendig, da gegenzusteuern.

Der Schaden, der angerichtet worden ist, der ist da. Und natürlich muss man auch daran erinnern: Wenn jetzt da überall die große Kehrtwendung eingetreten ist und man auf einmal, zumindest verbal, vonseiten der SPÖ und der ÖVP freiheitliche Forde­run­gen übernimmt, dann ist damit schon einmal ein erster Schritt in die richtige Richtung gesetzt. Ob das nur aus wahltaktischen Gründen vor der Präsidentschaftswahl der Fall ist, das wird sich weisen. (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.) Denn wir werden sehen, wenn mit Ende des Winters die Routen vielleicht neue sind, ob dann auch wirklich die Konsequenz jene sein wird, die österreichischen Grenzen zu schützen und dicht gemacht zu haben. Das wird dann die Nagelprobe sein, ob Sie es ernst meinen oder wieder nur tarnen und täuschen – das wäre zu wenig. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.)

11.19



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 57

Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


11.19.26

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Klubobmann Strache, das Zeichnen apo­kalyptischer Bilder ist zu wenig. (Abg. Kickl: „Eine Frechheit für den Werner!“) Ich habe während Ihrer Rede zufällig auf mein Handy geschaut. Ich habe fünf SMS bekommen, wo gestanden ist: Wo sind die Vorschläge zur Lösung der Probleme vom Klubobmann der FPÖ? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Da haben Sie wieder nicht aufge­passt!)

Sie haben keine Vorschläge gehabt, das ist das Problem! (Abg. Strache: Keine 16 Milliar­den für die Türkei, sondern sie für die Grenzsicherung einsetzen!) Wissen Sie, Sie könnten viel Zeit sparen, … (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Herr Generalsekretär Kickl, ich weiß, Sie sind unausgelastet, ich habe das an Ihren Übungen schon gemerkt. Herr Klubobmann, seien Sie vorsichtig: Ein unausgelasteter Generalsekretär kann sehr gefährlich sein, wenn Sie einmal eine Schwächephase haben. Seien Sie vorsichtig! (Abg. Strache hält eine Tafel in die Höhe, auf der auf einer Seite in roten Buchstaben „WENDE“ und auf der anderen in schwarzen Buch­staben „HALS“ steht.)

Sie bringen aber keine Vorschläge! Und es ist einfacher und Sie können Zeit sparen, wenn Sie herauskommen und zur Regierung sagen: Ich mag Sie einfach nicht!, oder: Ich mag euch nicht!, je nachdem, wie viele davon Sie nicht mögen! – Und dann können Sie inhaltlich Vorschläge machen und reden. Aber das hilft nicht, ein Problem zu lösen. (Abg. Kickl: Aber bis jetzt haben Sie auch noch nichts gelöst!)

Die Bevölkerung will in Wahrheit, dass die Schutzfunktion der Politik erfüllt wird, die Bevölkerung will Lösungskompetenz und vor allem, was ganz besonders wichtig ist, dass man auch kommuniziert – und das ist das, was wir vorhaben. (Abg. Kickl: Wir wissen, dass es Ihnen schwerfällt, Faymann zu verteidigen!) Wir erfüllen die Men­schen­rechte, wir erfüllen die Genfer Konvention. Wir – Deutschland, Österreich, Schweden – haben das vorbildlich erfüllt – die anderen 25 Länder nicht. Wir wollen aber, dass das natürlich nicht zulasten der österreichischen Bevölkerung geht (Abg. Kickl: Ich kann mich erinnern, wie Sie in Lampedusa Flüchtlinge abgeholt haben!), wir wollen, dass es deswegen keinen Sozialabbau gibt, wir wollen, dass es keine Verengung am Wohnungsmarkt gibt. (Zwischenruf der Abg. Schimanek.)

Daher gibt es in diesem Bereich Aktivitäten von uns, damit man gemeinsam mit der Bevölkerung Menschlichkeit und Ordnung verbinden kann. Das ist unser Ziel und an dem werden wir festhalten. Das macht jetzt die Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich meine: Seien Sie mir nicht bös! Sie geben ja mit diesem einen komischen Plakat, das Ihnen dauernd fast aus der Hand fällt, weil hinten und vorne etwas draufsteht, zu … (Abg. Strache: Schauen Sie: Wende – Hals! Unglaubwürdig!) – Ja, aber damit geben Sie ja etwas Inhaltliches zu, nämlich dass richtig ist, was die Bundesregierung jetzt gerade macht. Es ist richtig! (Abg. Strache: … das ist ein Unsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Man muss schauen, dass, wenn es da Bewegungen gibt, diese geordnet sind (Abg. Kickl: Aber man kann doch nicht Menschen ohne ihren Willen in einen Zug setzen! Das hat der Kanzler von sich gegeben!), dass es eine Schengen-Grenze gibt, dass es Hotspots gibt, dass es eine Verteilung in Europa gibt, dass es Druck auf die anderen europäischen Länder gibt, um diese Verteilung auch zu akzeptieren.

Sie haben keine Alternative dazu gesagt. Wie wollen Sie die anderen 25 EU-Länder überzeugen? – Auch das haben Sie hier nicht gesagt. Der Zuseher jetzt vor dem Fernsehapparat wird von Ihrer Rede ziemlich enttäuscht gewesen sein. Sie haben ihm


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auch die Angst nicht genommen, sofern eine vorhanden war. Das, worum es diesbezüglich geht, ist letztendlich, dass es dort, wo dann die Härte des Gesetzes gefragt ist, auch null Toleranz gegenüber Kriminalität gibt – egal, von wem. (Rufe bei der FPÖ: Wo? – Abg. Strache: Messerstecher und Gewalttäter werden nicht abgeschoben! Sagen Sie doch nicht die Unwahrheit! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ob das jemand ist, der schon länger hier lebt, oder ob das jemand ist, der gerade nach Österreich gekommen ist: null Toleranz! Das ist hier eindeutig gekommen.

Es gibt auch null Toleranz für illegale Wanderung. Null Toleranz! Dafür wird auch das Management eingerichtet und es werden auch Maßnahmen gesetzt. Das ist die Basis, mit der man dann diese Frage angehen kann. (Zwischenruf des Abg. Riemer.)

Jetzt komme ich zu diesem Türkei-Deal, den Sie angesprochen haben: Ich bin kein Freund eines EU-Beitritts der Türkei, das habe ich in dem Rahmen schon einige Male gesagt. Es gibt viele in Europa, die meinen, da gibt es die privilegierte Partnerschaft, das muss wohl reichen. Ich bin dafür, dass man mit der Türkei dieses Übereinkommen trifft, sofern das auch möglich ist, aber man soll, während man mit der Türkei spricht, ruhig auch auf bestimmte Dinge hinweisen – und das geschieht auch –: ob das der Umgang mit der Justiz ist, ob das der Umgang mit der Demokratie, mit den Jour­nalisten ist, der Umgang mit den Kurden. Das soll man dort auch ansprechen.

Etwas hat mich heute gestört: Ich habe mir in der „Presse“ das Interview mit dem türkischen Botschafter bei der EU durchgelesen, und der sagt am Schluss des Inter­views betreffend die Entscheidung, die Österreich getroffen hat, nämlich dass wir hier ein wirksames Grenzmanagement haben, damit es keine illegalen Übertritte gibt, Folgendes: 

„Für mich ist diese Entscheidung auch nicht nachvollziehbar, weil sie gegen die Werte spricht, für die die EU steht.“

Der soll uns über Werte nicht belehren! (Beifall bei der SPÖ.) Da ist jetzt umfassende Selbstkritik angebracht! (Abg. Strache: Aber das ist doch Ihr Freund, mit dem Sie …!) Das ist kein Freund von uns (Abg. Strache: Dem überweisen Sie Milliarden an Steuergeld!), sondern das ist einer, mit dem man jetzt – so wie mit anderen auch – Gespräche führen muss und vielleicht auch zu einem Übereinkommen kommt, damit dort Ordnung herrscht. Das ist ganz entscheidend.

Seit wann sind Sie eigentlich gegen Ordnung? Ich verstehe das ja überhaupt nicht. Sie sind für Ordnungslosigkeit? (Abg. Strache: Sie überweisen Milliarden, wo Menschen­rechtsverletzungen an der Tagesordnung sind! Da ist nichts mit „Ordnung“!) Sie wollen nicht, dass es diese Regelungen gibt? Das Problem ist, bei Ihnen bricht ein Bild zusammen, das Sie permanent konstruieren, und plötzlich stimmt dieses Bild, das Sie konstruieren, mit der Wirklichkeit nicht mehr überein, weil unsere Regierung – und unter anderem andere Regierungen auch – diese Schritte setzen. Und jetzt müssen Sie sich die Mühe machen und neue Bilder suchen. Um Gottes willen, das werden Sie ja zusammenbringen! Herbert Kickl sitzt doch eh neben Ihnen, der wird schon wieder irgendein Bild entwickeln können! (Abg. Strache: Da muss sogar der Cap selber lachen! – Zwischenruf der Abg. Schimanek.) Aber das ist jedenfalls, wie ich glaube, einer der Punkte.

Was Sie heute gleichfalls nicht gesagt haben – und das ist, wie ich meine, auch ein Punkt, der wichtig ist –, das ist, dass wir auch an die Wurzeln gehen müssen: noch einmal – man kann das nicht oft genug erwähnen –, ob das jetzt die Friedenspolitik ist, der Friede in Syrien ist, ob das die Lösung im Irak ist, der Kampf gegen den „Islamischen Staat“ (Abg. Strache: Wird nicht durch Verteilung gelöst!), ob das die Verbesserung der wirtschaftlichen Bedingungen und der klimatischen Bedingungen ist, damit die Menschen darin einen Sinn sehen, dort auch weiter zu leben, weil sie eine


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wirtschaftliche Perspektive haben. Das gehört genauso dazu! Wenn man das seriös behandeln will, gehört das auch dazu.

Ich finde, das geschieht auch. Die Initiative gibt es: Beispielsweise ist die Klimakon­ferenz in Paris so etwas, und auf weltwirtschaftlicher Ebene muss man sich damit auch auseinandersetzen.

Als grundsätzliche Herangehensweise bin ich auch dafür, dass eine Vielfalt in einer Gesellschaft – eine religiöse, eine ethnische Vielfalt – durchaus wünschenswert ist, aber diese muss auf der Basis der Aufklärung, auf Basis jener Werte, die wir in Europa erkämpft haben, der Verfassungen, der Rechte, der Gesetze gelebt werden. Und ich verstehe nicht, warum sich 183 Abgeordneten diesbezüglich nicht auf diesen Grund­konsens einigen können, auch was die grundsätzliche Lösung des Problems ist, wes­wegen es hier überhaupt die Bewegung gibt.

Folgendes möchte ich noch ins Gedächtnis rufen, weil schon wieder die Tendenz besteht, Flüchtlinge oder Schutzsuchende immer als statistische Größen zu behandeln (Ruf bei der FPÖ: … Schutzsuchende?!): Es gibt immerhin 300 000 Tote in Syrien und Millionen Flüchtlinge, davon im Libanon und Jordanien die, die es sich gar nicht leisten können, dass sie sich Schlepper engagieren. 2 Millionen gibt es in der Türkei. Das muss man anerkennen! Es ist eine Leistung seitens der Türkei, dass sie das tut, aber es sind Millionen, die unverschuldet und teilweise auch durch Intervention von außen in diesen Ländern zu Flüchtlingen wurden. Das sollte man dabei bitte auch berücksich­tigen, denn das, finde ich, ist auch ein wesentlicher Punkt.

Letzter Punkt – weil Sie immer für Ordnung sind –: Die Schlepper verdienen gerade Milliarden – Milliarden! Die Hersteller von Schwimmwesten verdienen sich dumm und dämlich, die Hersteller von Schlauchbooten verdienen sich dumm und dämlich, genau­so wie diejenigen, die die Menschen hinüberführen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist jedenfalls wirklich auch ein Skandal, und ich finde, das gehört gleichfalls bekämpft. Das muss man in dem Zusammenhang auch erwähnen, und das gehört zu diesen vielen Punkten … (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich weiß schon, das passt nicht in Ihr Bild, denn Ihre Schuldstrategie orientiert sich ausschließlich an den Kolleginnen und Kollegen, die auf der Regierungsbank sitzen. Die haben aber weder den Krieg begonnen noch produzieren sie Schwimmwesten noch produzieren sie Schlauchboote noch machen sie sonst irgendetwas. Sie ver­suchen, das Problem für Österreich, im Interesse der österreichischen Bevölkerung zu lösen, mitzulösen, dabei mitzuhelfen. Das ist schwer genug bei 25 anderen Ländern in der EU, die gar nicht bereit sind, da so mitzumachen, wo man durchaus auch Kritik anbringen kann.

Ich habe mich heute bemüht, denn wir haben auch immer eine Gesprächsbasis. Wir wollen ja auch fair und seriös diskutieren, daran bin ich auch weiterhin interessiert, denn man sieht bei diesen Dingen Folgendes: Dort, wo es um menschliche Schicksale geht, wo es um Leben und Tod geht, wo es aber auch um den Zusammenhalt in einer Gesellschaft wie Österreich geht, wo man nicht Feindbilder produzieren soll, wo wir das Gemeinsame suchen sollten, wo wir gemeinsam nach Lösungen suchen sollten, wo wir einen nationalen Schulterschluss machen müssen (Abg. Kickl: Nationaler Schulterschluss?!), wo wir versuchen müssen, in der Europäischen Union Unterstüt­zung zu organisieren, müssen doch 183 Abgeordnete in diesem Haus in dieser Frage an einem Strang ziehen können. Das muss doch möglich sein! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Das war jetzt das Ende der Parteitagsrede!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 60

11.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt das Mitglied des Europäischen Parlaments, Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, zu Wort. – Bitte.

 


11.28.28

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren im Plenum, auf der Regierungs­bank und auch auf der Galerie! Ich habe mir die Rede des Herrn Klubobmannes Strache angehört, und ich kann nur eines sagen: Von Ihnen, der FPÖ, und jenen Parteien, mit denen Sie in der Europäischen Union zusammenarbeiten, erwarte ich mir ja nichts anderes. Sie waren, sind und werden immer gegen die Europäische Union sein (Zwischenrufe bei der FPÖ), gegen den gemeinsamen Raum von Freiheit, Sicher­heit und Recht. Und Sie sind jene, die Angst und Hass schüren und Hetze betreiben in Österreich und in ganz vielen anderen Teilen der Europäischen Union. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Idomeni! – Ruf bei der FPÖ: … Schlepper, die Leute aus Idomeni in den Tod hetzen!)

Was aber schon sehr erschreckend ist – und das ist leider im Europäischen Parlament ähnlich wie hier –, ist Folgendes (Abg. Kickl: Sie sollten einen Bolzenschneider ins Parteilogo aufnehmen! – Ruf: Die Grünen als Schlepper in Mazedonien!): Von jenen – ÖVP, SPÖ –, die angeblich die Freunde und Freundinnen Europas sind und die angeblich diejenigen sind, die hinter den europäischen Verträgen stehen, so wie der frühere Klubobmann Cap das jetzt auch ausgeführt hat, hätte ich mir das nicht erwartet. Sie sind diejenigen, die in diesem letzten halben Jahr in so etwas wie einer Zickzacklinie gegangen sind.

Herr Bundeskanzler, Sie haben von einer geraden Linie gesprochen, die Sie dies­bezüglich fahren. – Wie war das noch vor einigen Monaten, als Sie ganz anders geredet haben? Da waren Sie mit Frau Merkel einer Meinung und haben gesagt, diese Willkommenskultur ist richtig (Abg. Kickl: Der Cap hat schon alles gesagt! – Abg. Strache: Was der schon seit ’68 …!), der Vorsatz: Wir schaffen das, wir finden Lö­sun­gen, damit das möglich ist! Was sagen Sie heute? – Genau das Gegenteil. (Zwi­schen­ruf des Abg. Neubauer.)

Herr Bundeskanzler, das ist eine reine Zickzacklinie, das hat mit einer Geradlinigkeit und einer proeuropäischen Haltung leider wirklich nichts mehr zu tun. Was Sie damit tun, ist, Sie stärken damit nur die Rechten und die extremen Rechten. Schauen Sie hinüber nach Bratislava, in die Slowakei, was dem dortigen Premier passiert ist, Herrn Fico aus derselben europäischen Parteienfamilie. (Zwischenruf des Abg. Lopatka.) Der hat verloren! Der hat massiv verloren bei einer Wahl, und die extreme Rechte hat zugelegt, und zwar massiv. (Abg. Steinbichler: Die Grünen haben in Deutschland gewonnen!) – Ja, die Grünen haben in Deutschland gewonnen, in Baden-Württemberg, über 30 Prozent, das schaffen nicht einmal Sie. (Abg. Strache: Aber auch nur durch die …! – Abg. Kickl: Das ist ein umlackierter Schwarzer! – Unruhe im Sitzungssaal.) Das schafft nicht einmal die FPÖ, die SPÖ auch nicht – und das Team Stronach schon gar nicht.

Betreffend die Zickzacklinie bezüglich dieser Willkommenskultur, die Sie jetzt ableh­nen, und die ÖVP genauso (Abg. Lopatka: Selektive Wahrnehmung! In drei Bundes­län­dern ist gewählt worden! Selektive Wahrnehmung!): Herr Lopatka, haben Sie von den Christdemokraten, die sich immerhin christlich nennen, den Papst gehört und was der gesagt hat? – Der hat nämlich gemeint, dass man Brücken bauen muss und nicht Mauern. Sie machen das genaue Gegenteil! Wie Sie sich noch Christen nennen können, ist mir wirklich ein Rätsel. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Von der arabischen Invasion hat er auch gesprochen! – Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Lassen Sie mich im Zusammenhang mit dieser Willkommenskultur kurz ein großes Danke sagen all jenen österreichischen Bürgerinnen und Bürgern, die sich in den letzten Monaten dafür eingesetzt haben, dass Menschen, die vor Bomben fliehen, tatsächlich in diesem Land willkommen sind! (Beifall bei den Grünen.)


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Diese Menschen haben Großartiges geleistet, und das machen viele auch noch heute. Ein Danke geht auch an all jene österreichischen Bürgermeisterinnen und Bürger­meister – mittlerweile sind es, glaube ich, zwei Drittel –, die auch bereit waren, Flücht­linge aufzunehmen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein), und ich hoffe, dass das restliche Drittel das auch bald tut, denn das ist die Basis dafür, Menschen wirklich eine Zukunft in diesem Land zu geben. (Abg. Rädler: Da war aber kein grüner Bürgermeister dabei!)

Was Sie von SPÖ und ÖVP jetzt aber auch tun, ist, dass Sie das europäische Gesetz mit Füßen treten. Da steht nämlich drinnen, zum Beispiel in der Charta der Grund­rechte, dass das Recht auf Asyl und der Schutz vor Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung gewährleistet wird (Abg. Strache: Das erste sichere Land! Da muss man das Gesetz richtig lesen!) – Sie machen genau das Gegenteil. Sie machen nationale Alleingänge. Betreffend diese Balkankonferenz, die da vor Kurzem der Außenminister, der heute nicht hier ist, gemacht hat, meine ich: Ich bin sehr dafür, mit den Balkan­staaten zusammenzuarbeiten, aber nicht ohne Griechenland und nicht ohne Deutsch­land und nicht ohne die Europäische Kommission. (Zwischenruf des Abg. Lopatka.) Diese Alleingänge schwächen die Europäische Union. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Lopatka: … positiv bewertet! … eine Katastrophe!)

Ich kann nur sagen, Herr Bundeskanzler, Sie haben gemeint, Sie haben eine gute moralische und politische Vergangenheit – Zukunft haben Sie damit keine, weder eine moralische und hoffentlich auch keine politische.

Lassen Sie mich kurz Herrn Filippo Grandi, den UNO-Flüchtlingshochkommissar, zitieren. Dieser hat uns letzte Woche im Europäischen Parlament gesagt, dass es keine Lösung ist, Grenzen und Zäune zu bauen, um Menschen draußen zu halten, dass wir damit nur das Leiden jener Menschen vermehren und schüren, die schon Unvorstellbares – wohl für alle von uns Unvorstellbares – erlitten haben. Das machen Sie, die Regierungsparteien, mit Ihrer jetzigen Politik. Das ist keine Lösung! (Abg. Lopatka: Der Van der Bellen redet ganz anders!) – Das sage nicht nur ich, das sagen ganz viele.

Und was machen Sie jetzt darüber hinaus? – Wissen Sie, ich habe vor vielen Jahren in Innsbruck studiert, als die Brennergrenze noch zu war, diese Unrechtsgrenze (Ruf bei der FPÖ: Unrechtsgrenze?!), wo ganz viele von Ihnen hier im Raum jahrzehntelang dafür gekämpft haben, dass sie fällt, dass diese Europäische Union dort endlich einen gemeinsamen Durchgang ermöglicht. Jetzt schließen Sie die Brennergrenze wieder, und sogar Landeshauptmann Platter macht mit?! – Also das ist wirklich vollkommen unverständlich!

Was wir brauchen, sind legale Zugänge. Wir müssen den Schleppern das Handwerk legen! Legale Zugänge braucht es und, ja, sehr viel mehr Geld (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen), UNHCR, UNICEF et cetera, das ist notwendig. (Abg. Kickl: Wenn man nur wüsste, …!) Und ein Abkommen mit der Türkei – lassen Sie mich die­sen Satz noch zu Ende reden –, ja, auch das ist notwendig, aber gleichzeitig braucht es Druck, den Kahlschlag bei den Medien in der Türkei und die staatliche Gewalt (Abg. Pirklhuber: Gegen die Kurden!) gegen Kurden und Kurdinnen zu beenden.

Ich muss zum Schluss kommen. Ich muss mich auch dafür entschuldigen, dass ich, weil Beamen leider noch nicht erfunden ist, den nächsten Flieger nach Brüssel nehmen muss, um dort meine Arbeit für europäische Solidarität gemeinsam mit vielen anderen fortzusetzen und zu versuchen, einen neuen Weg zu gehen, der Lösungen heißt und nicht Hetze und Angstmache. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Lopatka: Ach,


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Sie gehen wieder? – Abg. Strache: Die einen kommen, die anderen gehen wieder! – Abg. Kickl: Das ist eine negative CO2-Bilanz!)

11.34


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Lopatka zu Wort. – Bitte. (Abg. Lopatka begibt sich zum Rednerpult und deponiert dort eine Tafel mit der Überschrift: „Europäischer Rat 17./18.3.2016; Checkliste; Regierungschef Werner Faymann; Erledigtes hake ich immer ab“. – Abg. Brosz: Noch 20 Zentimeter höher! – Abg. Strache: Das ist die checkfelix-Liste!)

 


11.34.51

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren der Bundesregierung! Es ist gut, dass die Bundesregierung heute hier klar gezeigt hat, dass es eine gemeinsame Regierungslinie gibt. Dass es eine gemeinsame Regierungslinie gibt, das war nicht immer so, meine sehr geehrten Damen und Herren – und diesbezüglich stimme ich überein sowohl mit Frau Abgeordneter Lunacek als auch mit Klubobmann Strache.

Erinnern wir uns zurück: Als im August des letzten Jahres der Außenminister gemeint hat, dass Durchwinken keine Lösung sei (Abg. Strache: Damals hat er gesagt, wir brauchen mehr Willkommenskultur! Das war es!), kam prompt die Antwort. Er, Sebastian Kurz, hat das wortwörtlich gesagt (Abg. Strache: … und auch gesagt, dass der Islam ein Teil Österreichs ist!) – werden Sie nicht nervös, Kollege Strache! Sie können das im ORF nachsehen, es war sogar am Sonntag in der Sendung „Im Zentrum“ zu sehen, wobei ja nur dann andere als Bundeskanzler Faymann zu Wort gekommen sind, wenn es Einblendungen gegeben hat, und Minister Kurz ist einmal eingeblendet worden. Das war ja das Diskussionsformat, wo Sebastian Kurz hier gesagt hat, Durchwinken ist keine Lösung.

Die Antwort des Bundeskanzlers ist sehr rasch gekommen: An der Seite der deutschen Kanzlerin stehend hat er gesagt: „Balken auf für die Menschlichkeit“. (Abg. Mayer: Das war auch dringend notwendig!) – So lautete damals die Formulierung des Herrn Bun­des­kanzlers.

Als dann die Innenministerin am 27. Oktober gesagt hat, wir brauchen einen Grenz­zaun für Spielfeld, hat der Herr Bundeskanzler gesagt: Ja, aber es darf nicht mehr sein als „ein Türl … mit Seitenteilen“ (Abg. Strache: Das sind aber offene Türen, die sind nicht versperrt!) – Sie können sich noch erinnern.

Im Jänner dieses Jahres – genauer: am 12. Jänner – hat der Herr Bundeskanzler auf die Frage, ob es Obergrenzen geben muss, noch gesagt, es gibt keine Obergrenzen.

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hat immer sehr klar das gesagt, was er auch heute gesagt hat. Er hat nämlich damals gesagt, es gibt Grenzen: bei der Belastbarkeit der Bevölkerung, bei unseren Ressourcen und bei der Gesellschaft als Ganzes. (Zwi­schenruf des Abg. Lugar. – Abg. Mayer: Was ist das?) – Es geht darum, klar herauszuarbeiten, wer hier die Richtung vorgegeben hat, und das war Reinhold Mitterlehner, das waren Hanni Mikl-Leitner und der Außenminister (Beifall bei der ÖVP), wenn Sie es noch immer nicht verstanden haben. Genau darum geht es! (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) Und es ist sehr gut, dass wir jetzt das als gemeinsame Regierungslinie haben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mayer.)

Das ist sehr gut! Ich glaube, Sie freuen sich ja auch darüber, dass wir jetzt eine gemeinsame Regierungslinie haben. (Abg. Königsberger-Ludwig: … Ego-Problem!) Nein? Es freut Sie nicht? Für Österreich ist es gut, dass wir jetzt eine gemeinsame Regierungslinie haben. Das sage ich Ihnen, auch wenn es Sie nicht freut! (Beifall bei der ÖVP.)


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Denn das, was der Herr Bundeskanzler heute gesagt hat, ist im Interesse der Öster­reicherinnen und Österreicher. Sogar der freiheitliche Klubobmann muss zugeben, dass es richtig und im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher ist, hier eine klare Regierungslinie zu haben. (Zwischenruf des Abg. Lugar. – Abg. Kogler: Das einzige Positive ist, dass die …!)

Und das sage ich Ihnen: Das Entscheidende ist jetzt, das in Brüssel zu vertreten, und das ist nicht einfach. Das in Brüssel durchzusetzen ist nicht einfach! Da ist der Herr Bundeskanzler enorm gefordert. (Abg. Königsberger-Ludwig: Wo ist der Herr Außenminister? Kurz weg?)

Der Herr Bundeskanzler hat am Sonntag gesagt: „Schauen Sie, den Herrn Orbán, den werde ich als Letzten überzeugen. Da habe ich eine Liste, da hake ich immer ab, wen ich schon überzeugt habe. Den habe ich mir sicherheitshalber unten aufge­schrie­ben.“ – Daher, Herr Bundeskanzler, habe ich auch auf meiner Checkliste Orbán für das Schlussgespräch unten aufgeschrieben. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Was soll denn diese …?)

Den ersten Punkt auf meiner Checkliste, ich glaube, den können wir abhaken. Die Koalition der Willigen ist abgesagt. (Zwischenruf des Abg. Lugar. – Abg. Glawischnig-Piesczek: Was soll das?) Balken auf ist abgesagt, das können wir abhaken, aber dann bin ich mit dem Abhaken schon am Ende, denn die anderen Punkte sind noch offen, beispielsweise Punkt zwei, die Sicherung der EU-Außengrenzen.

Die Sicherung der EU-Außengrenzen brauchen wir, damit Länder wie Österreich, Deutschland und Schweden nicht weiterhin die Hauptlast bezüglich der Flüchtlinge zu tragen haben, denn die anderen waren dazu nicht bereit. Die wirksame Sicherung der EU-Außengrenzen muss geschafft werden, denn sonst werden wir diese Massen­migration, die droht, nicht in den Griff bekommen.

Herr Bundeskanzler, was werden Sie im Europäischen Rat konkret tun, um es zu schaffen, dass man zu einer konkreten Beschlussfassung zur Sicherung der EU-Außen­grenzen kommt?

Dritter Punkt: die Hotspots in Gang bringen. – Sie, Herr Bundeskanzler, haben mit Ihrem damaligen Freund Tsipras Hotspots bereits besucht. Es ist aber zu wenig, die Hotspots zu besuchen. Das Entscheidende ist, dass diese endlich ihre Arbeit aufnehmen. Das muss gelingen, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Vierter Punkt: die gerechte Verteilung der Flüchtlinge. – Dazu haben Sie uns mitge­teilt – ich habe bei der Sendung „Im Zentrum“ aufmerksam zugehört –, dass Sie mit Hollande schon Gespräche geführt haben.

Ja, reden ist wichtig, aber das Entscheidende bei der Aufteilung der Flüchtlinge sind Lösungen. Daher frage ich mich, Herr Bundeskanzler: Wie schaffen wir diese Lösun­gen? Da sind wir von einem Hakerl sehr weit entfernt, da habe ich bisher keine Bewegung auf europäischer Ebene bemerkt. (Zwischenruf des Abg. Mayer.)

Ein ganz wesentlicher Punkt, Herr Bundeskanzler, ist folgender: kein Blankoscheck für die Türkei. (Beifall bei der ÖVP.) – Sie haben es heute hier gehört: Bei der derzeitigen Situation in der Türkei – und da stimme ich hundertprozentig mit Abgeordnetem Cap überein bei dem, was er zur Türkei gesagt hat – müssen wir sehr aufpassen, dass es da keinen Blankoscheck gibt in Richtung Visa-Liberalisierung und in Richtung EU-Beitritt. Würde es so etwas geben, dann hätten wir wieder ein Problem in der Koalition, Herr Bundeskanzler. Also sehr aufpassen, was einen Blankoscheck für die Türkei betrifft! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Bundeskanzler Faymann begibt sich aus dem Sitzungssaal.)


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Herr Bundeskanzler, wir unterstützen Sie (Rufe bei der FPÖ: Wo ist der Herr Bundes­kanzler?), wenn Sie auf europäischer Ebene das vertreten (neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ – Abg. Kogler: Für das Protokoll: Der Herr Bundeskanzler verlässt demonstrativ den Saal!), was wir in der Bundesregierung in Wien gemeinsam be­schließen. Tun Sie alles, dass die Probleme auf europäischer Ebene kleiner werden! Das erwarten wir uns! Dafür haben Sie unsere Unterstützung.

Aber nochmals, von meiner Seite: Vorsicht, was die Türkei betrifft! (Beifall bei der ÖVP.)

11.42


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Klubobmann Dr. Strolz zu Wort. – Bitte.

 


11.42.25

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Regie­rungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Ich begrüße heute hier meine Mama mit 20 Cousins und Cousinen – schön, dass ihr hier seid, das freut mich sehr! (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

Ich habe ja nicht nur mit meiner Mama und meinem Papa Glück gehabt, sondern auch mit „meinem Europa“. Wir waren gestern Abend beim Heurigen, und ich habe mir auf dem Heimweg durch den Schnee überlegt, was ich hier heute einbringen will. Wir haben ja dieses Thema hier schon so oft debattiert, und ich habe mich entschlossen, dass ich über „mein Europa“ berichten und erzählen möchte.

Ich bin hineingeboren in eine Generation, die Frieden, Wohlstand und Lebensqualität in einer Weise erlebt, wie sie diese Welt und dieser Kontinent noch nie gesehen hat, und das macht mich in einer Art und Weise dankbar, dass ich als Politiker da auch viel Verantwortung spüre in der Hinsicht, dass wir gut darauf schauen. Insofern, Klub­obmann Strache, kann ich sagen: Ich sehe das, was wir hier bisher an europäischer Integration geschaffen haben, natürlich als segensreich an.

Ich habe von klein auf Europa als äußerst positiv erlebt, noch bevor ich es bewusst wahrgenommen habe. Wir haben zu Hause eine kleine Frühstückspension gehabt, und ich habe das Wohnzimmer mit den deutschen Touristen zu Weihnachten, zu Ostern und auch zwischendurch geteilt. Das war mein Europa! Im Sommer waren Franzosen da. Das war mein Europa! Ich habe Integration erlebt, wie es in den letzten Jahrhun­der­ten europäisch funktioniert hat. Meine Nachbarn haben geheißen Avanzini, D’Alberto, Pisoni. Die sind damals, 1880, 1884, zum Arlbergbahnbau gekommen. Sie waren damals angefeindet, das war ja die erste Generation der „Tschuschen“, wenn man so will. Die „Welschen“ haben wir damals nicht gebraucht. Sie sind bei uns geblieben, und heute können sie den Vorarlberger Dialekt besser sprechen als ich. Mein Nachbar und Schulfreund Pisoni hat einen Vater, der französische Eltern hat oder zumindest einen französischen Vater, den er aber nie kennengelernt hat. Er ist ein Besatzungskind. 

Das ist das Europa, wie ich es in meiner Generation an vielen Ecken und Enden erlebt habe: Ich habe in Irland in einer deutschen Mannschaft von kölnischen Studenten und Studentinnen gespielt, ich war der „Toni Doppelpack Schluchtenfurzer“, wir haben dort Tore geschossen. Ich habe 1994 in Frankreich erlebt, dass junge Menschen aus zehn Nationen gemeinsam Lieder gesungen haben, und zwar zum 50-jährigen Jubiläum des D-Day, der Befreiung durch die Alliierten, die über die Normandie gekommen sind und Europa befreit haben. Dort, wo unsere Großväter 50 Jahre davor im Blut gelegen sind, sich zu Zehntausenden abgeschlachtet haben, sind wir 50 Jahre danach uns einander in den Armen gelegen und haben miteinander gesungen.

Das ist mein Europa! Das ist so großartig, dass ich es kaum in Worte fassen kann, dass ein warmer Schauer mir über den Rücken geht, wenn ich an dieses Europa


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denke, daran, was es mir und meiner Generation geschenkt hat. Und ich rede noch gar nicht von den 270 000 jungen Menschen, die jedes Jahr in Europa einen ERASMUS-Aufenthalt machen. Das ist großartig, was wir da geschaffen haben! Dafür gebührt Wertschätzung und Dankbarkeit den zwei Generationen, die das ins Land gebracht haben. Und darauf gut zu schauen, haben wir die verdammte Pflicht! Darauf müssen wir gut schauen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kogler: Da hat er recht! – Bundes­kanzler Faymann nimmt wieder auf der Regierungsbank Platz.)

Aber ich habe nicht das Gefühl, Herr Bundeskanzler und Herr Vizekanzler, dass wir gut darauf geschaut haben, denn wenn ich auf die Krisen schaue, die uns in den letzten Jahren in multipler Weise erreicht haben – ob das Griechenland betraf, ob das die Ukraine betraf, ob das jetzt die Flüchtlingskrise ist –, so muss ich sagen: Das alles sind Symptome dafür – und als solche müssen wir sie wahrnehmen, Herr Bundeskanzler –, dass wir in der europäischen Einigung nicht zeitgemäße Prozesse haben, dass wir die Architektur Europas nicht weiterentwickelt haben.

Wir haben da einstürzende Neubauten! Europa ist noch jung, aber es stürzt ein, und das können und sollen wir nicht akzeptieren. Und da nehme ich Sie alle in die Pflicht – auch die Freiheitlichen! Ihr seid auch in der Pflicht – auch mit euren Kollegen im Europäischen Parlament –, euch konstruktiv einzubringen. Wir haben so viel zu verlieren – das ist unendlich viel! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir haben da unendlich viel zu verlieren.

Und natürlich, neben dieser Dankbarkeit habe ich auch einen Ärger, wenn ich an dieses Europa denke, und eine Beklemmung, dass wir, Herr Bundeskanzler, es nicht besser schaffen. Wir sind jetzt – gestern war der Jahrestag – im fünften Jahr des Syrien-Krieges. Wir haben gestern diesen Jahrestag gehabt. Es gab bisher 300 000 Tote und es gibt 11 Millionen Flüchtlinge. Das ist nicht „vom Himmel gefallen“. Wir wissen seit fünf Jahren, was auf uns zukommt.

Wir haben bei der Ukraine weggeschaut, als die USA der Ukraine einen NATO-Beitritt angedient haben. Ja glauben wir, dass die Russen ihren Flottenstützpunkt aus einem NATO-Land heraus betreiben werden?! Wir müssen doch als Europäer selbst überlegen: Wer sind wir und was brauchen wir für eine gute Zukunft? Das haben wir dort übersehen und das haben wir bei Syrien übersehen.

Und natürlich brauchen wir mehr europäische Integration. Ich würde meinen Kindern wünschen, dass sie eines Tages hier heraußen stehen können und auch über ihre „goldene europäische Generation“ berichten können. Dafür müssen wir aber arbeiten, dafür muss mehr kommen als bisher. Da müssen wir, Herr Bundeskanzler, auch antizi­pativer sein, da müssen wir weiter vorausschauen und nicht nur den Krisen hinter­her­hecheln, so wie Sie es machen – jetzt teilweise mit durchaus brauchbaren Schritten, aber wir hecheln immer noch hinterher.

Ich möchte natürlich auch einige Lösungsvorschläge machen, denn die Beklemmung alleine kann es nicht sein.

Wir müssen Lösungen präsentieren! Und ich ersuche Sie, Herr Bundeskanzler und Herr Vizekanzler, eindringlich: Setzen Sie sich in Brüssel für ein Ende von Dublin II ein! Dublin II hat nicht funktioniert und wird nicht die Zukunft für Europa sein! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Strache: Das ist das Aufmachen von Problemen! Diese Lösung schafft Probleme!)

Wir brauchen ein gemeinsames Asylverfahren, wir brauchen eine gemeinsame Lösung: Aufnahmezentren an der Außengrenze; das muss gemeinsam organisiert sein und gemeinsam finanziert sein. Jeder Staat, der mitmacht, muss die Gewissheit haben,


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dass er nicht auf den Flüchtlingen „sitzen bleibt“, dass wir sie solidarisch verteilen. (Abg. Strache: Sie wollen ja Europa abschaffen!)

Herr Strache, ich schaffe nicht Europa ab! Ich bin da sehr realistisch: Wenn die Schengen-Staaten aktuell nicht bereit sind, gemeinsam zu organisieren, zu finanzieren, zu verteilen, dann sage ich: Dann, bitte, Schengen verlassen! Ich möchte Schengen vertiefen, und wenn es notwendig ist, müssen wir es verkleinern. Das wird ohnehin kommen. Und diese lange Strecke des Schmerzes können wir verkürzen, indem Sie, Herr Bundeskanzler, proaktiv diese Lösungen vorantreiben.

Zweitens: Wir können auch in Österreich ganz viel machen. Wir müssen natürlich auch hier Solidarität umsetzen.

Herr Bundeskanzler und Herr Vizekanzler! Wir haben erstens vorgeschlagen – und ich weiß, dass es viel Sympathie dafür auch bei der Sozialdemokratie gibt, und ich nehme an, auch bei der Christdemokratie, bei den Konservativen –, dass wir für subsidiären Schutz Schnellverfahren einführen. (Bundeskanzler Faymann spricht mit Vizekanzler Mitterlehner.) Herr Bundeskanzler, bitte zuhören, nicht tuscheln da hinten! – Das ist ein Vorschlag (Zwischenruf des Abg. Lopatka) – ja schon, Herr Lopatka, aber man sollte nicht nur Transferlisten präsentieren –, den wir, glaube ich, umsetzen können.

Wir haben jetzt Flüchtlinge, 100 000 und mehr, die mit dem heurigen Jahr in der Grundbetreuung sein werden. Die warten heuer wahrscheinlich über ein Jahr lang, bis sie zu ihrem Verfahren kommen. Das ist ja ein Wahnsinn, da gibt es nur Verlierer! Die warten auf das erste Gespräch wahrscheinlich über ein Jahr lang. Der Steuerzahler muss immens viel Geld für die Wartefrist in die Hand nehmen. Die sitzen herum, versauern dabei, gleiten ab, womöglich in falsche Richtungen. Da gibt es keine Gewinner! Also: Machen wir Schnellverfahren im Bereich subsidiärer Schutz!

Wir wissen, dass Krieg allein noch kein Asylgrund ist – das wissen Sie und ich –, es gibt aber keine Möglichkeit, in den subsidiären Schutz zu kommen, außer über das reguläre Asylverfahren, und deswegen sagen wir: Machen wir eine eigene Linie, wo Menschen aus Kriegsländern um subsidiären Schutz ansuchen können! Den gestehen wir ihnen temporär zu – und wir haben massiv verkürzte Verfahren! Die Folge davon ist: Wir brauchen viel weniger Geld in der Grundbetreuung. Wir haben viel schneller Klarheit. Und wir haben auch viel schneller Klarheit darüber, wer sich unter die Flüchtlinge schummelt und eigentlich ein Arbeitsmigrant ist. Denn: Wir werden nicht alle Arbeitsmigranten aufnehmen können und wollen, auch da müssen wir Klarheit haben. Dazu brauchen wir aber gelingende Prozesse.

Das können wir schon morgen umsetzen. Da bitte ich Sie, Herr Bundeskanzler, das zu prüfen. Ich habe es Ihnen vor eineinhalb Monaten schon gesagt. Ich weiß, dass es dafür Sympathie gibt bei Ihren Kollegen. Warum machen wir es nicht? – Das sind Lösungen, die wir umsetzen können!

Ein letzter Punkt noch: Wir schlagen eine Wohnsitzbindung vor. – Wir müssen in der Integration zu Lösungen kommen. Wir werden in den nächsten Monaten eine brutale Überforderung von Wien sehen. Warum? – Es kommen wahrscheinlich, wenn wir an der Gesetzeslage nichts ändern, Herr Bundeskanzler, bis zu 80 Prozent der Flüchtlinge nach Wien. (Abg. Strache: Ja warum?) Weil ein Wettbewerb eingesetzt hat, eine Spirale nach unten für die Bedingungen. (Zwischenruf des Abg. Lopatka.) Ja, ich präsentiere eine Lösung, Herr Lopatka. Auch hier eine Lösung!

Wir sagen, so wie wir es für „Schengen 2.0“ vorschlagen: Machen wir eine Wohnsitz­bindung! Die Flüchtlinge bekommen natürlich Schutz, aber sie werden einem Mit­gliedsland – „Schengen 2.0“ – zugewiesen. Und so werden sie natürlich auch in Öster­reich einem Bundesland zugewiesen, wenn sie Sozialleistungen in Anspruch nehmen


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wollen. Das brauchen wir, sonst wird die Integration nicht gelingen. Diese Wohnsitz­bindung halte ich für ganz wichtig. Es gibt auch Erkenntnisse des Europäischen Gerichtshofes, die das als eine Maßnahme für gelingende Integration zugestehen. (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Wir müssen zu Lösungen kommen – nicht so sehr Zäune schmieden, sondern Lösun­gen schmieden! Das wäre die Lösung für Europa! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Rädler: Das war nicht gut!)

11.52


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Muttonen zu Wort. – Bitte.

 


11.52.45

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Lopatka, das peinliche Hickhack war leider weit entfernt von einer diesem Hause würdigen Debatte. (Zwischenruf des Abg. Lugar.) Ich befürchte, dass etliche Zuschauer ihre Fernsehgeräte wieder abgeschaltet haben. Und ich befürchte weiters, dass Sie einen Stein gelegt haben zu einer weiteren Politikverdrossenheit – eigentlich etwas, wogegen wir alle sehr ankämpfen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hübner.)

Meine Damen und Herren, das hat nichts mit Kritik zu tun, sondern da muss man sagen: Das war ein peinliches Hickhack!

Meine Damen und Herren, stellen Sie sich einmal vor: Jede zweite Person, die Sie kennen, ist geflüchtet! Und stellen Sie sich weiter vor: Es gibt mehr Tote und verletzte Menschen als Menschen, die in Wien wohnen! Hinzu kommt noch: Geld und Ver­mögen hat so gut wie keiner mehr, weil alles zerstört wurde. Das ist die momentane Situation in Syrien!

Solange diese Situation anhält, solange Gewalt stattfindet, so lange werden Menschen versuchen, ihr Leben und vor allem das ihrer Kinder in Sicherheit zu bringen. Und diese Menschen haben eine humane, unseren Grundwerten entsprechende Behand­lung verdient.

Was dafür notwendig ist, die Maßnahmen, die dafür getroffen werden müssen, haben Bundeskanzler Faymann und Josef Cap ja schon sehr klar und sehr deutlich aus­geführt. Und wenn Sie sich die Bilder anschauen, die jetzt in den Medien zu sehen sind: Die schreien ja förmlich nach einer gesamteuropäischen Lösung! Und für diese setzt sich die Bundesregierung auch ein. (Abg. Bösch: Sie träumen, Frau Kollegin!)

Wir haben viel darüber diskutiert, was wir in Österreich, in der EU oder auch mit der Türkei machen sollen und unternehmen müssen, damit wir Ordnung, eine Struktur und Regeln in den Umgang mit schutzsuchenden Menschen bringen, um das Schlepper­unwesen zu unterbinden und auch die gefährlichen Fahrten über das Mittelmeer zu stoppen.

Das alles ist wichtig und richtig, aber es muss uns auch gelingen, in Syrien selbst Sicherheit, Stabilität und Frieden herzustellen. Europa sollte sich auf keinen Fall länger durch interne Streitereien schwächen, sondern sein starkes, gesamtes, gemeinsames Gewicht in die Friedensgespräche in Genf einbringen und dort auch den Friedensplan, der von der UNO vorgelegt wurde, unterstützen.

Dabei muss die EU auch darauf achten, dass in diese Verhandlungen auch Zivilor­ganisationen und auch Frauenorganisationen miteingebunden werden, denn Frauen sind, wie Sie wissen, ein unverzichtbarer Faktor bei friedensstiftenden und letztendlich


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nachhaltigen friedenserhaltenden Maßnahmen, sonst werden wir das Scheitern einer friedlichen Lösung in Syrien auch in Europa immer wieder zu spüren bekommen.

Einen blassen Hoffnungsschimmer gibt es jetzt für die Menschen in Syrien, das ist die brüchige, aber weitgehend stabile Waffenruhe, die derzeit dort herrscht. Und der über­raschende teilweise Truppenabzug Russlands ist vielleicht ein erstes gutes Zeichen, dass jetzt diplomatische Lösungen am Zug sind.

Wir müssen uns aber auch stärker um jene Länder kümmern, die den Großteil der Flüchtlinge aufgenommen haben. Das ist ja nicht nur die Türkei, das sind auch Jor­danien und der Libanon. Vor knapp einem Jahr war der Vorsitzende des Außenpoliti­schen Ausschusses des jordanischen Parlaments zu Besuch hier bei uns im Haus, und in einem Gespräch, das er mit uns führte, hat er sein Land mit einer Nussschale auf einem stürmischen Ozean verglichen, das einen friedlichen, sicheren Hafen sucht – ein Land mit acht oder neun Millionen Einwohnern, das selbst eine Million syrische Flüchtlinge beherbergt, ganz zu schweigen von den palästinensischen Flüchtlingen.

Der Vorsitzende und auch – bei einem späteren Besuch – der jordanische König haben uns inständig um europäische Unterstützung gebeten, damit sie die Stabilität in ihrem Land aufrechterhalten können und nicht Chaos und Gewalt in ihr Land eindringen. Damit meinen sie nicht nur die Unterstützung für Flüchtlingslager, für medizinische Betreuung, für Lebensmittel oder für Unterkünfte, sondern dabei geht es auch um Investitionen und eine bessere wirtschaftliche Zusammenarbeit. Jordanien braucht dringend Arbeitsplätze für die Flüchtlinge, aber auch für seine junge Bevölkerung.

In dieser Hinsicht muss die EU stärker aktiv werden, denn das betrifft nicht nur Jor­danien. Die fehlende wirtschaftliche Zukunftsperspektive für viele junge Menschen in der Region dort – in Jordanien, Tunesien, Algerien, Ägypten – zählt zu den Grund­prob­lemen, die gelöst werden müssen. Das funktioniert nicht mit bilateralen Freihandelsab­kommen nach dem alten Muster, sondern, im Gegenteil, wir müssen dafür sorgen, dass wir die lokale Wirtschaft nicht mit massiv gestützten Produkten aus der EU zerstören.

So können wir dazu beitragen, dass auf der anderen Seite des Mittelmeeres wieder Frieden, Sicherheit und Stabilität einkehren und junge Menschen ihre Zukunft nicht mehr in Europa suchen müssen, sondern dort bleiben, und dass diejenigen, die hierher gekommen sind, gerne wieder zurückgehen, um in ihrer Heimat, in ihren Heimat­ländern eine sichere Zukunft aufzubauen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ing. Dietrich. – Bitte.

 


11.59.28

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Bei all der Diskussion, wie toll die EU ist, was sie alles zustande bringt, dürfen wir nicht übersehen, dass die Skepsis gegenüber der EU von Tag zu Tag zunimmt. Das zeigen nicht nur die Wahlergebnisse, wo aufgrund der Unzufriedenheit mit der Politik nationale Parteien Zugewinne haben in einem Ausmaß, über das man nur staunen kann, sondern das drückt sich auch darin aus, dass in Österreich aus dem Nichts heraus 261 000 Menschen ein Volksbegehren für den EU-Austritt unterschrieben haben.

Der Grund dafür, dass diese Skepsis zunimmt, liegt wohl klar auf der Hand: Wir haben riesige Probleme, und es gibt nur eine geringe Lösungskompetenz seitens der EU. Der einzelne Bürger nimmt nur wahr, dass es Sitzung um Sitzung gibt, dass Beschlüsse gefasst werden, die doch nicht eingehalten werden, dass es Regierungschefs gibt – Stichwort: Tsipras –, die allen auf der Nase herumtanzen, dass einfach jeder macht,


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was er will. Es gibt keine Lösungskompetenz in der EU, und das ist auch der Grund dafür, dass der Bürger schön langsam das Vertrauen verliert.

Wir haben ein Problem, das wir eigentlich gar nicht haben dürften: Wir haben die Innengrenzen aufgelöst im großen Vertrauen darauf: Die Schengen-Außengrenze ist ja gesichert! Und jetzt, wo die Probleme da sind, kommen wir drauf: Die Schengen-Außengrenze ist überhaupt nicht gesichert, die ist löchrig wie Emmentaler Käse, und jeder kommt herein, jeder macht, was er will!

Meine geschätzten Damen und Herren! Wenn die EU sich selbst nicht so ernst nimmt und die Beschlüsse, die gefasst wurden, umsetzt, woran sollte der Bürger dann eigentlich noch glauben?

Ich sehe es auch äußerst kritisch, wenn man jetzt die Türkei als den großen Hilfesteller sieht. Bei dieser innenpolitischen Lage in der Türkei kann das für uns kein Partner sein! Die EU muss aus sich heraus die Stärke entwickeln, endlich die Grenzen zu sichern. Wir können doch nicht alle Verantwortung wieder einem Land zuschieben, in dem es drunter und drüber geht, in dem Frauenrechte nicht akzeptiert werden!

Und wenn wir darauf warten, dass die anderen Länder sagen: Ja, wir teilen die Flüchtlinge den Quoten entsprechend europaweit auf!, so kann ich nur sagen: Seien wir doch ehrlich, diese Quotenaufteilung ist doch schon längst gestorben! Es sind nicht alle Länder bereit, Flüchtlinge aufzunehmen. Das ist Faktum, das müssen wir so akzeptieren! (Beifall beim Team Stronach.)

Faktum ist auch, die Außengrenze ist nicht gesichert, und deshalb hat Österreich so wie die Balkanstaaten zu Recht einen Grenzzaun errichtet.

Ich möchte auch einen Punkt aufgreifen, von dem ich weiß, dass er ganz heikel ist: die Rolle der NGOs. Es gibt viele Hunderte, Tausende Menschen, die wirklich mit bester Gesinnung sich einsetzen und helfen wollen. Hut ab vor jedem Einzelnen! Aber es ist nicht in Ordnung, wenn Scheren in Mazedonien verteilt werden, damit der Grenzzaun durchschnitten werden kann. Es ist nicht in Ordnung, wenn Flugzettel verteilt werden, damit man den Zaun umgehen kann, dort schon Journalisten positioniert werden, damit man wirklich drastische Bilder erhaschen kann, und am Ende des Tages Menschen ums Leben kommen. Das verdient größte Verachtung, meine geschätzten Damen und Herren! (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Schimanek und Franz.)

Auch die Rolle Deutschlands ist zu hinterfragen. Mit dieser Willkommenspolitik hat man den Flüchtlingen ganz klar signalisiert: Kommt herbei, ihr seid willkommen! Und diese Rolle wollte man allen EU-Staaten aufzwingen und wundert sich jetzt, dass die anderen EU-Staaten sagen: Was haben wir damit zu tun? Wenn Frau Merkel die Flüchtlinge einlädt, so ist das ihr Problem, das ist nicht unseres! (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Doppler und Franz.)

Jetzt möchte man die Last auf alle verteilen, nachdem man zuerst alles auf sich gezogen hat. Und ich sage auch – ich schaue mir viele Diskussionen in deutschen Sendern an –, ich frage mich, ob da nicht unter dem Schutzmantel der Menschlichkeit letztendlich billige Arbeitskräfte herbeigekarrt werden sollen, ob diese Diskussion nicht unehrlich geführt wird, ob es nicht ehrlicher wäre, zu sagen: Jawohl, wir brauchen eine Einwanderungspolitik, jawohl, wir haben eine Alterspyramide, die sich nicht mehr rechnet!, ob das nicht der fairere und gerechtere Weg wäre!

Meine geschätzten Damen und Herren! Die Auswirkungen werden wir bei einem ande­ren Tagesordnungspunkt noch zu diskutieren haben, aber die Rolle der ÖVP möchte ich schon ansprechen. Kollege Lopatka! Kollege Lopatka (Abg. Lopatka spricht mit Bundesministerin Oberhauser) – er ist beschäftigt (Zwischenrufe bei der ÖVP) –, diesen Zickzackkurs, den die Bundesregierung gefahren ist, den ist auch die ÖVP


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gefahren! (Zwischenruf der Abg. Fekter.) Ich erinnere an die Schubumkehr des Herrn Vizekanzlers Mitterlehner. (Vizekanzler Mitterlehner: Da war ein anderer Sachverhalt!) Als wir gesagt haben, es geht nicht mehr, hat es geheißen: Schubumkehr im Sinne der Humanität! (Vizekanzler Mitterlehner: Frau Dietrich, anderer Sachverhalt!)

Kollege Lopatka, es nützt Ihnen nichts, sich eine blaue Krawatte umzuhängen und dennoch schwarze Politik zu fahren! (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)

12.05


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Jank zu Wort. – Bitte.

 


12.05.45

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Österreich hat zur Bewältigung des Flüchtlingsstromes einen tragbaren Weg beschritten und entscheidend zum Umdenken in der Europäischen Union beigetragen.

Außenminister Sebastian Kurz, das wurde heute schon gesagt, hat bereits letzten Sommer ein Ende des Durchwinkens gefordert, und er hat damit recht behalten. (Zwi­schenruf der Abg. Kitzmüller.)

Ich werfe jetzt keinen Blick auf die Frage, ob wir in der Bewältigung der Flüchtlings­frage nicht schon viel weiter wären, wenn der Regierungspartner schon vor Monaten Bereitschaft gezeigt hätte, die Wiedereinführung von Grenzkontrollen oder die Umset­zung von Obergrenzen entschlossen mitzutragen. Es ist so, wie es ist.

Mit dem Schließen der Balkanroute und nun auch der Route über den Brenner, wie Landeshauptmann Platter angekündigt hat, wurden und werden Fakten geschaffen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein), die mittlerweile auch europäischer Konsens sind und ihre Wirkung zeigen: Der Zustrom ist deutlich zurückgegangen!

Es gilt jetzt, keine neuen Routen mehr zuzulassen – das ist ebenfalls Konsens. Es gilt aber auch, keine falsch verstandene Hilfestellung zu leisten. Frau Kollegin Korun ist im Moment nicht im Saal, aber ich muss sagen: Gut gemeint war in diesem Fall nicht gut, denn es hat Menschenleben gekostet.

Herr Bundeskanzler! Sie haben gestern im Ausschuss gesagt, dass es nicht einfach sein wird, bei der kommenden Tagung des Rates einen einstimmigen Beschluss der EU-28 herbeizuführen. Insbesondere geht es natürlich um die Vereinbarung mit der Türkei. Ein derartiger Deal muss konkrete Zusagen der Türkei zu einer nachhaltigen Flüchtlingspolitik beinhalten.

Aus Sicht der Wirtschaft sehen wir das durchaus ein wenig liberaler. Wir haben mit der Visa-Liberalisierung kein Problem. Wir haben derzeit schon mit dem Außenministerium den sogenannten Red White Red Carpet ausverhandelt. Das heißt, Geschäftsreisende genießen Erleichterungen bei der Visa-Ausstellung. Wir verstehen aber sehr wohl die grundsätzlichen Sorgen.

Ein Vorschlag könnte daher sein, ein sogenanntes Probejahr zu installieren und da­nach zu evaluieren, zu schauen, wer denn eigentlich nach Europa kommt, und dann eine endgültige Entscheidung zu treffen.

Viel problematischer aus wirtschaftlicher Sicht ist es allerdings, wenn es keine Korri­dore für den Güterverkehr an den Grenzen gibt. Zu Spitzenzeiten kosten diese Grenz­kon­trollen, die es derzeit bereits gibt, die Transportwirtschaft 2,5 Millionen € pro Tag. Am Brenner gibt es jährlich 2 Millionen Lkw-Fahrten. Eine lückenlose Grenzkontrolle


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wird einen Kostenanstieg in der Höhe des Drei- bis Vierfachen verursachen. Das wäre eine unerträgliche Belastung der Transportwirtschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegen aber noch viele Aufgaben vor uns. Damit die Integration derjenigen, die schon bei uns sind, gelingen kann, brauchen wir eine Art Masterplan und valide und lückenlose Erhebungen über die Sprachkenntnisse, den Bildungs- und Ausbildungsstand – gemessen an unseren Normen, die andere sind als jene in den Herkunftsländern –, aber auch Wissen über die familiäre und gesund­heitliche Situation der Asylwerber. Und wir brauchen einen Schulterschluss aller Minis­terien. Jedes Ministerium ist von dieser Situation betroffen und die Zusammen­arbeit daher unumgänglich.

Wir – Herr Kollege Strache ist nicht mehr im Saal –, wir nehmen es ernst. Alle Unwäg­barkeiten, die mit der Integration einhergehen, müssen auf den Tisch; auch, dass es viel Zeit brauchen wird, bis von einer erfolgreichen Integration auf dem Arbeitsmarkt gesprochen werden kann. Deutschland rechnet mit fünf Jahren, Schweden rechnet gar mit sieben Jahren.

Es geht deshalb um ein Abrüsten der Worte. Es gilt auch sicherzustellen, dass Situ­ationen, wie wir sie jüngst in Wien erlebt haben, nicht passieren. Es muss Schluss sein mit dieser verunsichernden, angstgetriebenen Debatte, wie sie derzeit manche führen. (Zwischenruf des Abg. Darmann.)

Es muss aber auch klar sein, dass ein Schelm der ist, der mehr verspricht, als er halten kann. Deshalb hat sich die Regierung zu der gewählten Vorgangsweise entschlossen. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.)

Wir sind auf dem richtigen Weg, werden ihn aber nur bewältigen, wenn wir ihn gemein­sam gehen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

12.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt das Mitglied des Europäischen Parlaments Vilimsky zu Wort. – Bitte.

 


12.11.01

Mitglied des Europäischen Parlaments Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz kurz vorab ein Wort zu dem Reigen meiner Vorredner. Ich möchte nur einen herauspicken, der mich schon damals, als ich noch Mitglied dieses Hohen Hauses war, immer wieder zum Schmunzeln gebracht hat: Dort steht er, es ist Herr Abgeordneter Josef Cap, der in Reaktion auf die Rede unse­res Bundesparteiobmannes gesagt hat, dass er fünf SMS bekommen hat, in denen gefragt wurde, wo denn die Lösungen seien. (Abg. Cap: Blaue!)

Ich bin überzeugt davon, das waren die letzten fünf aufrechten Kämpfer der Hernalser Sektion, die noch verblieben sind (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ) und das wahr­scheinlich mit einem entsprechenden „Freundschaft!“ einbegleiten, denn die Hunder­ten, Tausenden, wenn nicht Zehntausenden, die aus Ihren Reihen aus den Sektionen zu uns gekommen sind und heute uns wählen, verstehen sehr wohl, welche Lösungen wir anzubieten haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Abgeordneter und Klubobmann außer Dienst Cap, ich bewundere immer wieder, wie Sie die verquerte Linie dieser Bundesregierung in einer artistischen rhetorischen Leistung fast als politischer Schlangenmensch da verkaufen. Ich weiß selbst, dass Sie das, was Sie hier sagen, nicht wirklich alles so ernst nehmen, aber es verdient Respekt, es so darstellen zu können. (Zwischenruf des Abg. Wimmer.)

Ich hoffe, Sie sind noch viele Jahre Mitglied dieses Hohen Hauses, aber wenn Sie einmal in Pension gehen und eine Art Hernalser Tschauner Bühne machen und ich in


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Wien bin, dann, das verspreche ich Ihnen, komme ich hin und kaufe Ihnen auch eine Karte ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, man kann hier als Grundkonsens festhalten, dass jeder Mensch auf diesem Erdball, der verfolgt ist, der Schutz und Hilfe benötigt, diese auch erhalten muss. Die Frage, über die wir debattieren, ist doch nur, wo diese Hilfe zu erfolgen hat und wie sie auszusehen hat. Darum geht es. Und der Weg, der hier beschritten wurde, nämlich Hunderttausende – um nicht zu sagen, Millio­nen – nach Europa einzuladen – auf Einladung der deutschen Bundeskanzlerin Merkel und mit einer Schlepperleistung des österreichischen Bundeskanzlers Faymann –, der ist doch das Problem, über das wir hier zu reden haben.

Ihnen allen, die Sie jetzt gesagt haben, wir brauchen mehr europäische Lösungen, wir brauchen noch mehr Europa, möge ins Stammbuch geschrieben sein, dass mit jedem Schritt eines Mehr an Europa und eines Mehr an EU die Probleme nur noch größer geworden sind.

Wissen Sie, was interessant war? – Vergangene Woche hatten wir die große Plenar-Session in Straßburg, und da hätten alle Parteien zu dem Gipfel der Europäischen Union, der das Problem hätte lösen sollen, es aber nicht gelöst hat, Stellung beziehen sollen. Da flatterte plötzlich eine Erklärung der vier Delegationsleiter der anderen Europa-Fraktionen über die Austria Presse Agentur auf den Schirm, in der stand, dass sie alle das Ergebnis dieses Gipfels ausdrücklich begrüßen. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Halten wir uns noch einmal vor Augen, was das Ergebnis war:

Obergrenzen brauchen wir nicht, Obergrenzen darf es nicht geben.

Zäune? – Zäune sind keine Lösung, sagen Karas, Regner, Lunacek und Mlinar.

Das Nächste, das bei diesem Gipfel vereinbart wurde: Visa-Freiheit für die Türkei. Ihnen allen, die Sie heute geklatscht haben, als es geheißen hat, man müsse der Tür­kei kritisch gegenüberstehen, muss ich sagen: Ihre Europavertreter im Euro­päischen Parlament begrüßen das. Genauso wie sie begrüßen, dass die Türkei näher an die Europäische Union herangeführt werden soll.

Das ist doch der Widerspruch! Das, was Sie hier sagen, jetzt in einer Panik, dass Ihnen die letzten Wähler davonlaufen (Beifall bei der FPÖ), steht in völligem Widerspruch zu dem, was Ihre Europaparlamentarier von Rot und Schwarz machen. Und wahrscheinlich deswegen sind die heute nicht einmal hierher gekommen.

Meine Damen und Herren! Wie kann es sein, dass die Vertreter Ihrer beiden Fraktionen, die sagen, dass Europa so enorm wichtig ist, jetzt, wo das wichtigste Thema, das diesen Kontinent betrifft, zur Debatte steht, nicht einmal herkommen?!

Sie sollten versuchen, da wieder mit einer Stimme zu sprechen, und dann, wenn Sie hier das Wort ergreifen, auch im Einklang mit dem sein, was Herr Karas und Co in Europa machen. Die sagen nämlich, wir brauchen keine Obergrenzen, wir brauchen keine Zäune und: Türkei, hollodero, herein in die Europäische Union! Das ist ihre Linie, und das halte ich Ihnen hier auch entsprechend vor. Das ist nicht meine Erfindung, aber das, was Ausdruck Ihres politischen Wollens ist.

Meine Damen und Herren, es gäbe Lösungen, und die sind nicht einmal von uns erdacht worden, welche, die etwa vom damaligen deutschen Innenminister Schily kamen, vom konservativen deutschen Innenminister de Maizière, sogar Mikl-Leitner hat das einmal verlangt, nämlich dass man in der Region selbst Erstaufnahmestellen macht, dass man sichere Betreuungszonen macht. Aber es kann doch nicht funk­tionieren, all diese Menschen hierher einzuladen und immer noch weiterzumachen.


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Die griechische Regierung hat heute festgestellt, dass 90 Prozent der Leute (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen), die in Griechenland sind, Wirtschaftsflüchtlinge sind und keinen Asylgrund haben.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident! Ich bin froh, dass jemand wie Norbert Hofer jetzt bei der Bundespräsidentschaftswahl antritt, da mit solch einem Mann an der Spitze auch sichergestellt werden kann, dass die rot-weiß-roten Interessen für unsere Republik Österreich entsprechend gewahrt bleiben. – Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

12.16


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Yilmaz. – Bitte.

 


12.16.33

Abgeordnete Nurten Yilmaz (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Vilimsky ist schon gegangen? – Nein, er sitzt dort hinten. (Rufe bei der FPÖ: Frau Lunacek ist weg!) Vilimsky – also wirklich, es ist unter der Wahrnehmungsgrenze, was er im Europäischen Parlament macht. Keine Ahnung, niemand weiß, was er dort macht. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Hier schwingt er seine radikalen Reden, aber nicht einmal Herr Strache hört ihm zu! Und seine Fraktion wollte überhaupt nicht, dass er in unserem Parlament redet. – So viel dazu. (Ruf bei der FPÖ: Herr Schieder ist auch nicht da! – Abg. Königsberger-Ludwig: Herr Schieder ist krank! – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Hat er sich in Kuba angesteckt?) – Herr Schieder ist krank. (Abg. Kickl: Der Niedergang der Sozialdemokratie ist unaufhaltsam! – Weitere Zwischenrufe.)

Im Gegensatz zu vielen KollegInnen habe ich großes Vertrauen in unsere Bun­des­regierung. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: In den Bundeskanzler auch?) Ich vertraue auf unseren Bundeskanzler und unseren Vizekanzler, dass sie morgen und über­morgen zu einer Einigung kommen werden, die für uns alle sehr wichtig ist und von der wir, aber nicht nur wir, sondern die ganze Europäische Union, profitieren werden.

Was auch sehr wichtig ist, sehr geehrte Damen und Herren: Es wird das erste Mal die Möglichkeit geben, dass Schutzsuchende auf legalem Weg in die Europäische Union kommen können. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Zurzeit gibt es diesen Weg nicht. (Abg. Kickl: Ist die Türkei nicht sicher?) Sie sind den Schleppern ausgeliefert, um illegal nach Europa zu kommen. (Abg. Darmann: Millionen Menschen werden …!) Und dann gibt es Tausende und Abertausende, die sich überhaupt keine Schlepper leisten können, so zynisch das auch klingt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Seit der Krise in Syrien oder in dieser Region haben der Libanon und die Türkei Großartiges geleistet. Sie haben diese Menschen aufge­nommen, aber sie sind an ihren Grenzen angelangt. Sie brauchen die Unterstützung der Europäischen Union vor Ort, um damit fertig zu werden, Infrastruktur aufzubauen, aber … (Die Rednerin sucht in ihren Unterlagen. – Abg. Kickl: Haben Sie den Zettel vertauscht? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich weiß nicht, worüber Sie sich da begeilen. Ja, manchmal kommt es vor …

 


Präsident Karlheinz Kopf: Frau Abgeordnete, ich nehme an, Sie wollen diesen Begriff zurücknehmen.

 


Abgeordnete Nurten Yilmaz (fortsetzend): Ja, ich nehme es zurück. (Abg. Höbart: Ist das der Ton in der Sektion?)

Ich hoffe sehr, dass diese Einigung zustande kommt. Sie wird aber nicht all diese Prob­leme lösen. Das ist ein Lösungsansatz, wir werden noch sehr viel darüber nachdenken


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 74

müssen, wie wir die Region befrieden können. Was wir auch tun müssen, ist, das Dublin-Abkommen zu überarbeiten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.19


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek zu Wort. – Bitte.

 


12.20.06

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen Abge­ord­nete! Herr Bundeskanzler, ich weiß nicht, ob Sie sich daran erinnern können, was Sie noch im September und Oktober gesagt haben. Ich möchte Ihnen ein paar Sätze davon vorlesen:

„Zäune haben keinen Platz in Europa.“ – Das war am 28. Oktober im letzten Jahr. Es geht darum, „ob wir das gemeinsam lösen, oder ob die einzige Idee darin besteht, Menschen zum Nachbarn zu schieben, damit man die Probleme nicht selber hat.“ Es gilt zu „verhindern, dass jeder eine Mauer baut“.

Weiters: „Es ist eine Zeit, wo wir beweisen müssen, dass wir kein Europa wollen, in dem jeder versucht, seine Probleme auf dem Rücken des anderen zu lösen.“ „Auf­einanderzugehen ist in der europäischen Politik unverzichtbar.“

Das letzte Zitat stammt auch noch von Oktober 2015: „Jetzt geht es um ein gemein­sames Europa oder um den leisen Zerfall der EU. Der eine Weg ist mühsam, schwierig und vermutlich langsam, doch der andere führt nur ins Chaos.“

Jetzt hören wir von Ihnen Wörter wie „Schengen“, „Außengrenze“, „FRONTEX“, „Obergrenze“, „illegale Routen“. Der Ausdruck „Menschen in Not“ kommt bei Ihnen nicht mehr vor. Sie vertreten im Moment das glatte Gegenteil von dem, was Sie noch vor wenigen Monaten als alternativlos angesehen haben. Ich frage mich, wie es zu so einer Kehrtwende kommen kann. Sie sollten sich auch die Frage stellen, was Sie damit anrichten, und zwar nicht nur für die österreichische Politik, sondern vor allem für die Zukunft der Europäischen Union. (Beifall bei den Grünen.)

Ich weiß nicht, wie man es sich vorstellen soll, dass syrische und afghanische Flücht­linge jetzt geordnet vor Krieg und Terror flüchten. Es gibt nach wie vor keine legale Einreisemöglichkeit für Flüchtlinge in die Europäische Union. Alles, das Sie im Moment als sogenannte Lösungen vertreten, blendet ein ganz wichtiges Kriterium aus: Men­schen in Not haben keine legale Möglichkeit, nach Griechenland zu kommen. Sie können nur über Schlepper oder über gefährliche Seerouten kommen. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Es ist eine Schande, dass es heute nicht stärker thematisiert wird, dass an der Grenze zwischen Mazedonien und Griechenland Tausende Menschen, darunter über 4 000 Kin­der, de facto im Gatsch und im Dreck liegen. Sie sind durchnässt und unterkühlt. Alle Behauptungen, die es so darstellen, dass in Nachbarlagern noch trockene Plätze frei sind, sind unwahr. Lokalaugenschein vor Ort: Es ist unwahr, es gibt keine freien Plätze in anderen Aufnahmestätten. Dass das nicht stärker thematisiert wird, ist eine Schande! (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Eine Schande ist etwas ganz anderes!)

Es tut mir leid, Kollegen von den Freiheitlichen! Sie reden immer nur von Grenzschutz. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Sie reden von Grenzbalken, Sie reden von nationalen Ich-weiß-nicht-Was. Sie blenden vollkommen aus, dass man Krieg und Elend nicht einfach auf Knopfdruck abschalten kann. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 75

UNHCR, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, klagt nach wie vor, dass gerade einmal 50 Prozent der Gelder, die es benötigen würde, um vor Ort die not­wendigste Hilfe zu leisten, tatsächlich vorhanden sind. Das ist die Realität. Das kann man nicht ausblenden. Damit sollten Sie sich ein bisschen ernsthafter befassen, anstatt hier Präsidentschaftswahlkampf zu betreiben. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Ich komme zurück zu dem, das mich so ärgert, und das wirklich gefährlich ist: Ich habe Ihnen eine Zeit lang geglaubt, dass Sie wirklich eine euro­päische Perspektive haben und dass Sie es mit diesem Gedanken, dass die Flücht­lingsfrage in Europa nur gemeinsam gelöst werden kann, wirklich ernst meinen. Sie haben sich jetzt mit dieser 180-Grad-Kehrtwende genau in das Boot jener gesetzt, die mit viel Kraft daran arbeiten, dass keine europäische Lösung zustande kommt.

Sie haben es sich mit Kanzlerin Merkel verscherzt, jeden Tag gibt es eine Provokation. Ich frage mich, was Freundschaften und politische Bündnisse wert sind, wenn man es schafft, seine Meinung innerhalb von so kurzer Zeit so drastisch zu ändern und sich auf eine andere Seite zu stellen. (Abg. Neubauer: Sieht das der Herr Pilz auch so? – Abg. Darmann: Der Sicherheitssprecher der Grünen sieht das anders!) Seehofer und Orbán freuen sich über diesen Kurswechsel in Österreich.

Ohne eine europäische Lösung geht es nicht – das sage ich noch einmal. Eine halbe Milliarde Menschen, 500 Millionen Menschen leben in der Europäischen Union. Letztes Jahr gab es eine Million Asylanträge. Wir, die 28 EU-Mitgliedstaaten, können das mit einer verbindlichen Verteilungsquote und einer gemeinsamen Standardisierung der Asylverfahren schaffen. Durch eine gemeinsame Finanzierung in der Europäischen Union sind auch die Gelder dafür vorhanden.

Die Kommission arbeitet auch in diese Richtung. In diese Richtung geht auch unser Modell. Wir haben das letzte Woche noch einmal vorgestellt, und europaweit vertreten alle Grünen dieses Modell. Das Modell sieht so aus: Bei Erfüllen der verbindlichen Quote gibt es einen Jahressatz für die Versorgung pro Flüchtling, bei Übererfüllung der Quote gibt es vollen Ersatz der Kosten für Unterbringung und Versorgung. Das ist auch die Lösung, an der die Europäische Kommission arbeitet. Ich würde mir von Ihnen, der Bundesregierung, wünschen, dass Sie diese Lösung mit aller Kraft und ganz radikal unterstützen. Anders wird es nicht gehen. (Beifall bei den Grünen.)

Der Vizekanzler, der auch eine Kehrtwende vollzogen hat, spricht jetzt von Invasion und so weiter. In einem Zitat vom September war das noch anders, da sagten Sie: „Leute, die um ihr Leben kämpfen, lassen sich von Stacheldraht, wahrscheinlich auch von Schüssen nicht abhalten. Not und Elend kann man nicht aussperren! Man muss das Problem lösen!“

Ein weiteres Zitat von Ihnen, Herr Vizekanzler, das ich damals sehr unterstützt habe, lautet:

Es gilt, sich tatsächlich zu entscheiden. Will man weiter Angst schüren, will man innen­politisch Kleingeld damit machen, will man damit Wahlkämpfe in irgendeiner Form befeuern, oder will man wirklich eine Lösung für eine sehr große Herausforderung? – Zitatende.

Im Moment sind Sie in die falsche Richtung abgebogen. Sie haben sich von der europäischen Lösungsmöglichkeit verabschiedet. Mit diesem Abschied arbeiten Sie jenen in die Hände, die keine europäische Lösung wollen.

Einen Satz zum Schluss noch dazu, dass viele aus Ihren Reihen sagen: Wir sind enttäuscht von der Europäischen Union. (Zwischenruf des Abg. Darmann.) Reflek­tieren Sie doch einmal: Wer ist denn die Europäische Union? – Das sind die 28 Staats- und Regierungschefs, von denen ein Großteil nicht an einer gemeinsamen Lösung


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 76

mitarbeiten möchte. Sie sagen: Das ist das Problem von Griechenland und von Italien, das geht uns nichts an! – Das ist aber keine gemeinsame europäische Vorgangsweise!

Sie sollten einmal reflektieren, dass wir als kleines Österreich in diesem europäischen Verbund deutlich mehr Chancen, deutlich mehr Zukunft und deutlich mehr Lösungs­möglichkeiten für viele Probleme dieser Welt haben. (Abg. Darmann: Jetzt gilt es, Europa zu schützen, und das kann …!) Ich beginne gar nicht, über Klimaschutz, über Arbeitsplätze, über eine positive Wirtschaftsentwicklung zu sprechen. Dafür brauchen wir eine gemeinsame europäische Vorgangsweise.

Sie sind daran überhaupt nicht interessiert. Sie wollen im Grunde die Strukturen, die es jetzt gibt, zerschlagen, und hauen sich mit denen auf ein Packel, die auch offen sagen, dass sie sich über einen Zerfall der Europäischen Union freuen würden. (Abg. Darmann: Die Strukturen haben sich schon selbst zerschlagen!)

Ich nehme Sie jetzt aber zu wichtig. Herr Bundeskanzler, Herr Vizekanzler, wichtig ist vielmehr, dass Sie sich aus dieser Wagenburgpolitik, aus dieser Grenzbalkenpolitik, herausbegeben und wieder europäisch zu denken und vor allem zu arbeiten beginnen. Anders wird es nicht gehen! Ich zitiere Sie noch einmal:

Es ist zwar schwierig und mühsam, doch der andere Weg führt nur ins Chaos. (Beifall bei den Grünen.)

12.27


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


12.27.13

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Mir ist es grundsätzlich gleich, wer was wann wo und wie gesagt hat. Die entscheidende Frage wird sein: Gelingt es, eine gemeinsame Lösung fertigzubringen: ja oder nein? – Das ist der Punkt.

Es ist bemerkenswert, wenn man meint, Europa sei uneinig, die Europäische Union hätte Schuld und sie hätte versagt. Das mag alles richtig sein. Wir sind uns in diesem Haus auch nicht einig. Es steht uns daher nicht zu, Europa belehrend zu sagen, was alles hätte sein sollen und hätte sein müssen. Ich stelle fest, dass man auch in der Koalition lange gebraucht hat, um einig zu werden. Auch in so mancher Partei der Koalition hat es länger gedauert, um einig zu werden. (Abg. Kogler: „So mancher“ ist gut!)

Meine Damen und Herren! Da kann man durchaus von einem Diskussionsprozess und davon sprechen, dass eine offene Diskussion notwendig ist. Ich halte fest: Seit wir einen neuen Verteidigungsminister haben, Herrn Doskozil, ist eine Zusammenarbeit mit der Innenministerin auf einer ganz anderen, tragfähigen und positiven Basis festzustellen. Das ist einmal positiv, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Unserem Außenminister Kurz wurde vieles vorgehalten, als er meinte: „Es ist viel zu spät ein Bewusstsein eingetreten, aber ich hoffe, dass jetzt die Dinge in Bewegung kommen. Denn sonst werden immer mehr Staaten versuchen, das Thema für sich alleine zu lösen und Ungarn wird nicht das einzige Land bleiben, das mit einem Grenz­zaun versucht, die Dinge in den Griff zu bekommen.“

Das war die Aussage unseres Außenministers am 26. August des letzten Jahres. Was wurde er nicht dafür kritisiert! Am nächsten Tag hat man vernehmen können: Der Minister solle zuerst seine Hausaufgaben machen, er solle auf EU-Ebene Druck machen. Österreich solle für syrische Flüchtlinge das Dublin-Verfahren aussetzen, Deutschland habe das bereits beschlossen, meinten die anderen. Konkret meinte das


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jene Dame, die heute gekommen ist, um hier zu sprechen, und schon wieder zurück­ge­kehrt ist, Ulrike Lunacek.

Damals, meine Damen und Herren, hat unsere Innenministerin Mikl-Leitner sich vehe­ment gegen diese Forderung der Grünen ausgesprochen. Sie wusste nämlich, was das auslösen würde, und sie hat – wie schon von Beginn an in dieser Flüchtlingskrise – recht behalten. Heute, sechs oder acht Monate später, wissen wir, dass man im Sommer oder im Herbst 2015 mit dieser Einschätzung richtig gelegen ist. Wir haben heute in Bulgarien, in Mazedonien und an unserer Südgrenze in Spielfeld Grenzzäune, um die ungeordnete und illegale Einreise in den Griff zu bekommen.

Gestern hat der griechische Ministerpräsident Tsipras gemeint, es sei ausgeschlossen, dass die Balkanroute sich noch einmal öffnen wird. – Na bitte, nun hat es auch diese griechische Regierung endlich verstanden! Die Griechen haben aber immer länger gebraucht, das sieht man ja auch an den Budgetvorgaben in Griechenland. (Abg. Steinhauser: Peinlicher Auftritt!)

Dass aber mitzuhelfen ist, um das zu lösen, ist unbestritten. (Abg. Steinhauser: Das ist peinlich, was Sie da abziehen!) Es ist unbestritten, dass mitzuhelfen ist, um das zu lösen. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, Tatsache ist: Schwierige politische Richtungsentschei­dun­gen erfordern einen gewissen Reifeprozess. Herr Kollege Steinhauser! Ob es Ihnen gefällt oder nicht, auch Sie werden es noch lernen. (Ruf bei der FPÖ: Das glaube ich nicht!)

Meine Damen und Herren, es kann durchaus recht sein, was du meintest. Es ist so: In der politischen Realität muss man in vielen Bereichen sorgsam umgehen und vor­sichtig argumentieren, damit es zu keiner Spaltung der Gesellschaft kommt, die zum Schaden des Standortes zu einer Ausgrenzung und zur Abschottung Österreichs füh­ren würde. Wichtig ist ein gemeinsames Miteinander. (Zwischenruf des Abg. Kogler.)

Österreich kann zu Recht stolz sein. Wenn man als eines der kleinen Länder der Europäischen Union eine derartige Hilfeleistung auf die Füße gestellt hat, dann braucht man sich dafür nicht zu schämen. Das sei einmal festgehalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich hat bewiesen – von der Regierungsebene über die Hilfsorganisationen bis hin zu vielen privaten Personen –, dass man gemeinsam zu einer Kraftanstrengung fähig ist, die herzeigbar ist. Viele andere Länder der Europäischen Union könnten sich durchaus ein Beispiel daran nehmen, dass man in Österreich jenen, die in Not sind und Hilfe und Unterstützung brauchen, wirklich hilft. Jene, die nur gute Beispiele oder Vorschläge predigen, aber selbst nichts dazu beitragen, sollten einmal nachdenken und sich am Beispiel Österreichs orientieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kogler: Welches Österreich? Die sagen ja alle drei Tage etwas anderes!)

12.32


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte.

 


12.32.39

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Bürgerinnen und Bürger! Gestern hatten wir einen Jahrestag. Es war kein Jahrestag, den man feiern kann. Gestern waren fünf Jahre Krieg in Syrien, und da ist es auch an der Zeit, zurückzublicken. Die Bilanz ist natürlich erschreckend: 300 000 Tote, 11 Millionen Flüchtlinge, sechseinhalb Millionen davon im Land selbst. Viereinhalb Millionen sind in Nachbarländer geflohen, insbeson­dere in die Türkei, aber auch in den Libanon und nach Jordanien.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 78

Letztes Jahr sind über eine Million davon nach Europa gekommen. Sie sind in ein Europa gekommen, das 500 Millionen Einwohner hat. Nur um die Relationen ins richtige Lot zu bringen: In den Libanon, ein kleines Land mit 5 Millionen Einwohnern, sind mehr Flüchtlinge – deutlich über eine Million – gekommen als nach ganz Europa. Der kleine Libanon hat letztes Jahr mehr Flüchtlinge aufnehmen müssen als ganz Europa. (Abg. Kogler: Richtig!)

Ich frage mich: Warum kann es sein, dass ein Kontinent wie Europa mit 500 Millionen Einwohnern durch diese Anzahl an Flüchtlingen in eine Krise gerät? – Das dürfte nie und nimmer eine Krise sein! Warum ist es aber doch eine geworden? – Weil es keine gemeinsame europäische Politik gibt. Es gibt 28 Köche, die versuchen, das auf eine Art und Weise zu lösen, wie es nicht zu lösen ist. Diese Krise wäre managbar. Europa wäre durch eine Million Flüchtlinge nicht in die Krise geschlittert, wenn es gemeinsam auftreten würde, wenn es eine gemeinsame europäische Politik geben würde.

Diese gemeinsame europäische Politik fehlt an allen Ecken und Enden. Es gibt schon einmal keine gemeinsame europäische Außenpolitik. Das hat zur Konsequenz, dass bei den Friedensverhandlungen für Syrien in Genf die USA und Russland am Tisch sitzen. Diejenigen, die nicht betroffen sind, sitzen dort am Tisch und versuchen zumin­dest, das Problem am Kern zu packen und zu lösen. Diejenigen, die betroffen sind, nämlich Europa, sind gar nicht dabei. Warum sind wir nicht dabei? – Weil es keine gemeinsame europäische Außenpolitik gibt. Genauso wenig gibt es eine gemeinsame europäische Asylpolitik. Es gibt keine gemeinsame europäische Migrationspolitik. Es gibt keine gemeinsame europäische Grenzsicherung.

Weil es das alles bedauerlicherweise nicht gibt, gleitet jetzt ein Großteil der 28 EU-Staaten in Nationalismus und Egoismus ab – leider auch unsere österreichische Bun­desregierung. Unsere österreichische Bundesregierung will verkaufen, dass es die Lösung aller Probleme ist, wenn wir in Österreich die Grenzen vollkommen dicht­machen und niemanden mehr hereinlassen. – Das ist es nicht!

Es löst schon etwas aus. Es löst aus, dass der erste Dominostein fällt und dass am Balkan die nächsten Dominosteine fallen. Alle machen ihre Grenzen dicht, bis es jenen trifft, der die Grenzen nicht mehr dichtmachen kann, nämlich Griechenland. Mir hat noch niemand erklärt, wie man einen Grenzzaun auf offenem Meer bauen soll. Wie soll Griechenland die Grenzen dichtmachen, wenn die Leute mit dem Boot ankommen? Die Antwort darauf habe ich bisher noch nicht gehört.

Die Strategie, die von der österreichischen Bundesregierung verfolgt wird, ist keine Problemlösung. Es ist das rote Muster, nach dem die Bundesregierung Politik macht, auch in der Vergangenheit und in ganz anderen Fragen: Das Problem wird in die Zukunft verschoben oder auf andere abgeschoben. In diesem Fall war es zuerst Deutschland, nach dem Motto: Nehmt sie alle!

Es wird immer auf Griechenland gezeigt und gesagt, sie wären diejenigen gewesen, die durchgewunken haben. Ich frage mich: Was hat denn die österreichische Bun­desregierung gemacht? – Das Einzige, das gemacht worden ist, war doch, die Leute in Kärnten und im Burgenland in einen Bus zu setzen und nach Deutschland zu verfrach­ten. Dann wird auf Griechenland gezeigt. (Abg. Fekter: 90 000 haben wir aufge­nom­men!) – Ja, das ist auch vollkommen richtig! Der Vorwurf an Österreich ist nicht, dass keine Solidarität gezeigt worden ist. Der Vorwurf ist nicht, dass Österreich nicht aus­reichend Flüchtlinge aufgenommen hat. In diesem Bereich ist dieses Land sicherlich vorbildhaft. Das ist nicht der Punkt!

Das Problem ist, dass Österreich gemeinsam mit anderen in einen nationalen Egois­mus verfällt. Das hat konkret zur Folge, dass die Probleme auf Griechenland abgewälzt werden. – Das ist keine Lösung!


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Jetzt kommt man mit dem Türkei-Deal daher, und man sagt, na ja, das wäre die Mutter aller Lösungen. Der türkische Staatspräsident, der die Menschenrechte mit Füßen tritt, will andere Themen mit auf den Verhandlungstisch packen, die damit nichts zu tun haben, zum Beispiel Verhandlungen über einen Beitritt zur Europäische Union. Da frage ich mich: Sind wir auf einem Basar, wo wir Flüchtlinge gegen Beitrittsver­handlungen mit der Europäischen Union tauschen? – Das kann es nicht sein! (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Was zu tun ist, ist völlig klar. Erstens: Hilfe vor Ort. Helfen Sie den Menschen, denn sonst machen sich noch viel mehr auf den Weg als bisher! Davon ist nichts zu hören. Zweitens: Sorgen wir gemeinsam für eine gemeinsame Sicherung der EU-Außengren­zen! Gemeinsam! Wenn das im Rahmen der EU 28 nicht funktioniert – und das ist der dritte Punkt –, dann müssen eben ein paar Mutige, ein paar Willige vorangehen und ein Kerneuropa schaffen, in dem wir das zustande bringen, was 28 vielleicht nicht schaffen: eine gemeinsame Außenpolitik, eine gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik und eine gemeinsame Grenzsicherung. Wenn diese drei Punkte nicht funktionieren, dann funktioniert sowieso nichts. Auf jeden Fall funktioniert es nicht, wenn man darangeht, die Probleme auf andere abzuschieben.

Das Bedauerliche ist, dass wir im Moment von Nationalisten regiert werden. Von der FPÖ ist es ja nicht anders zu erwarten, sie stehen ja auch dazu. Was ich nicht ver­stehe, ist, dass SPÖ und ÖVP jetzt vollkommen auf diesen Kurs eingeschwenkt sind und dass es kein Engagement, kein Herz mehr für europäische Lösungen gibt.

Was wir brauchen, sind keine Nationalisten, was wir brauchen, sind keine Egoisten, was wir brauchen, sind Europäer – große Europäer –, die für gemeinsame Lösungen kämpfen! Diese Europäer sehe ich auf dieser Regierungsbank leider nicht mehr. – Danke. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

12.40


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Weninger zu Wort. – Bitte.

 


12.40.13

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Liebe Schülerinnen und Schüler der BHAK Fürstenfeld! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundeskanzler, herzlichen Dank dafür, dass Sie an der Spitze dieser Bundesregierung gemeinsam mit unserem Koalitionspartner Linie gehalten haben! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Der hat es wahrscheinlich intern – wenn ich die Dis­kussion so verfolge – auch nicht ganz leicht. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Aber wir haben in der schwierigen Zeit des Sommers und Herbstes vergangenen Jahres in der Zusammenarbeit zwischen der Behördenstruktur, den NGOs und zahl­reichen Freiwilligen alles an Organisation, Menschlichkeit und Know-how aufgebracht (Zwischenruf des Abg. Kogler), um jenen Menschen, die damals vorrangig aus Ungarn gekommen sind, Schutz und Hilfe zu geben. Und wir waren auch bereit, dabei mit­zuhelfen – das muss man auch zugeben –, einen großen Teil weiter nach Deutschland zu leiten. Aber immerhin haben wir fast 100 000 Menschen Schutz und Hilfe in Öster­reich geboten.

Zu dieser Zeit – das würde ich gerne Kollegen Lopatka mitgeben – hat auch Vize­kanzler Mitterlehner davon gesprochen – ich zitiere –: „Grenzzäune innerhalb der EU sind aber mit dem europäischen Gedanken nicht vereinbar.“

Das war zu diesem Zeitpunkt die gemeinsame und die richtige Linie der österreichi­schen Bundesregierung. (Ruf bei der SPÖ: Genau!)


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In der Zwischenzeit, meine Damen und Herren, hat sich die Situation deutlich verän­dert. Österreich wird in seiner langen historischen Tradition der Menschlichkeit auf dem Weg zu einer gemeinsamen europäischen Lösung – die sehr schwierig ist – auch jetzt und in der Zukunft großzügig Hilfe geben, aber auch Maßnahmen setzen, um den Menschen, die bereits bei uns um Asyl angesucht und es bekommen haben, eine hochqualitative Integration zu ermöglichen.

Wir haben die Aufgabe – gerade als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist uns das besonders wichtig –, Menschen nicht nur Schutz zu versprechen, sondern ihnen diesen auch zu geben, das heißt, ihnen alles anzubieten – von Wohnraum, Ver­pflegung, Gesundheitsvorsorge, Arbeitsmarkt bis hin zur Bildung (Ruf bei der FPÖ: Wem wollen Sie das wegnehmen?) –, damit diese Menschen tatsächlich das bekom­men können, was sie sich zu Recht von Europa erwarten. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Wem nehmen Sie das weg?!)

Noch einmal zum Kollegen Lopatka, weil er jetzt wieder da ist: Wir haben das ja schon gestern Abend in der Hauptausschusssitzung diskutiert. Kollege Lopatka hat da zuge­geben, seinen Glauben verloren zu haben. Das ist natürlich ein Problem, wenn ein christlich-konservativer Politiker seinen Glauben verliert, das klingt dann leicht ver­zweifelt, hilflos und depressiv. (Abg. Kogler: Dann hat er es leichter! – Zwischen­rufe der Abgeordneten Lopatka und Kickl.)

Aber da wir eine gute, enge Zusammenarbeit pflegen und ich dich als Europäer schätze und achte, würde ich dich ersuchen, dass du deine Checkliste nimmst, sie unter den Arm klemmst und dich auf den Weg zu deinen konservativen Schwester­parteien in Europa machst. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Lopatka: Die Check­liste hat der Bundeskanzler!)

Fahr mit deiner Checkliste zu Herrn Cameron, fahr mit deiner Checkliste zu Herrn Orbán und arbeite diese Punkte parteipolitisch ab! (Abg. Lopatka: Ich habe keine Checkliste!) Dann werden der Bundeskanzler und der Vizekanzler die Möglichkeit haben, auch eine europäische Lösung durchzusetzen! (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

In diesem Sinne wünsche ich mir eine starke, gemeinsame Regierungspolitik zum Wohle Österreichs und zum Wohle auch derjenigen Menschen, die bei uns Schutz und Hilfe erwarten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Darmann.)

12.44


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hagen zu Wort. – Bitte.

 


12.44.05

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Schade, dass der Herr Bundeskanzler nicht mehr da ist, aber ich nehme an, er ist unterwegs zum Bundespräsidenten und gibt die Auflösung der Bundesregierung bekannt. (Zwischenruf des Abg. Lopatka.) Nach dem Auftritt vom Kollegen Lopatka könnte ich mir das gut vorstellen. (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Aber vielleicht gibt es einen Umkehrschluss in dem Punkt (Abg. Lopatka: Kollege Hagen, das wäre das Ende deiner Laufbahn! Hast du Todessehnsucht?), dass Kollege Lopatka, der früher ein politischer Schlepper in Bezug auf das Team Stronach war, jetzt zu einem politischen Flüchtling wird. Neben dem Kollegen Franz hinten wird noch ein Platz frei sein; da könnte Lopatka dann sein Ausgedinge haben.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Thema kommen. (Abg. Lopatka: Hast du Todessehnsucht?) – Es passt schon, danke. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Lopatka.) Meine Damen und Herren, ich möchte etwas auf die europäische Flücht-


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lingspolitik eingehen, die ja eigentlich das Thema ist. Leider ist der Bundeskanzler nicht mehr da. Vermutlich ist er, wie gesagt, beim Bundespräsidenten.

Ich möchte schon anregen, dass diese Flüchtlingspolitik der EU natürlich zu hinter­fragen ist. Nach monatelangem Stillstand ist jetzt endlich etwas Bewegung in die Sache gekommen. Da gibt es schon ein paar Sachen, die angesprochen worden sind und auf die ich reagieren möchte.

Frau Kollegin Glawischnig-Piesczek ist jetzt wahrscheinlich auch beim Mittagessen – ich wollte das kurz ansprechen, weil Sie von einer Schande der EU gesprochen hat beziehungsweise davon, wie in Idomeni vorgegangen wird. Meine Damen und Herren, liebe Frau Glawischnig-Piesczek, ich möchte es Ihnen so ausrichten: Eine Schande ist für mich etwas anderes dort unten, nämlich dass die Flüchtlinge ja – diese Möglichkeit hat es gegeben, das war x-mal nachzulesen, nur anscheinend für die Grünen nicht – ins Innenland von Griechenland gehen und dort ausreichend Quartier bekommen können. Aber natürlich wollen sie dort nicht hingehen, weil sie immer hoffen, dass die Tür Richtung Europa aufgeht.

Ich war letzte Woche in der Sitzung des Menschenrechtsausschusses, in dem Frau Kollegin Korun von den Grünen Vorsitzende ist. Sie hat dort toll davon berichtet, wie sie in Idomeni war und mit Flüchtlingen gesprochen hat. Alles, was sie da erlebt hat, hat sie uns mitgeteilt. Die Diskussion ist fast eineinhalb Stunden gegangen.

Ich habe mir eigentlich nicht viel dabei gedacht. Aber dann habe ich gehört, dass in Idomeni plötzlich diese Flugblätter aufgetaucht sind – der Kurier hat sie abgedruckt. (Der Redner hält eine Kopie des Artikels in die Höhe.) Mit diesen Flugblättern werden die Menschen aufgefordert, über die Grenze, über den Fluss hinüber zu flüchten, sie würden dann sicher nach Europa können und würden nicht mehr zurückgeschickt werden. Da bin ich dann ein bisschen vorsichtig geworden, da hat sich bei mir im Hinterkopf ein Rad gedreht. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Dann habe ich gestern die Schlagzeile „Grüne aus Österreich bei Grenzdrama verhaftet“ in der „Kronen Zeitung“ gelesen. (Der Redner hält eine Kopie des Artikels in die Höhe.) Meine Damen und Herren, da hat es bei mir dann Klick gemacht. Erinnern Sie sich daran, was dieser Flüchtling, dem eine Kamerafrau vor ein paar Monaten an der ungarisch-serbischen Grenze ein Bein gestellt hat, in der Hand hatte? (Der Redner hält eine Kopie eines Fotos in die Höhe und zeigt darauf.) Eine Tasche der Grünen!

Meine Damen und Herren, die Grünen machen nicht nur Flüchtlingshilfe, sondern sie machen Schlepperhilfe da unten. Das ist da nachgewiesen. (Abg. Kogler: Bist du überhaupt noch dicht?!) Mich würde interessieren, was die Bundesregierung dazu sagt. Das ist nämlich schon ein klarer Fall, den man hier einmal offen ansprechen muss, weil die Grünen vermutlich (Abg. Kogler – einen grünen Kugelschreiber in die Richtung des Redners haltend –: Ich habe da einen grünen Kuli, nimm dich in Acht!), wenn sie zu wenig Flüchtlinge haben, ihre Klientel, nämlich die Sozialarbeiter, nicht mehr beschäf­tigen können. Dann sind dort mehrere Grüne arbeitslos. Deswegen wird offiziell ge­schleppt, so wie das ausschaut, meine Damen und Herren! Das ist für mich schon zu hinterfragen.

Ich möchte vielleicht ein weiteres Thema ansprechen, das Europa direkt betrifft. Meine Damen und Herren, vor ein paar Tagen in der Zeitung: Man hätte 10 000 Ungarn­flüchtlinge – die Flüchtlinge, die bei der Grenzöffnung über Ungarn herübergekommen sind – zurückschicken können. Die Frist ist jetzt abgelaufen. Österreich hat keinen einzigen Flüchtling zurückgeschickt.

Mich würde interessieren, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, wer die Kosten für die Unterbringung dieser Flüchtlinge in Österreich trägt, für die Verfahren


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und all das, was da auf den Steuerzahler zukommt. Trägt das der Herr Bundeskanzler, der ja offiziell eingeladen hat, die Frau Innenminister, die nicht abgeschoben hat, oder muss das wieder der „dumme“ – unter Anführungszeichen – Steuerzahler berappen? Meine Damen und Herren, ich hätte da schon gerne einmal Klarheit. (Beifall beim Team Stronach.)

Hinsichtlich der Flüchtlinge ist auch der Arbeitsmarkt in der EU angesprochen worden. Meine Damen und Herren, wir wissen, dass der Großteil der zu uns kommenden Flücht­linge nicht diese qualifizierten Arbeitskräfte sind, wie man uns zuerst immer weismachen wollte. Es kommen sehr viele ohne Schulbildung – irgendwelche Ziegen­hirten aus Afghanistan und was weiß ich woher – nach Österreich. (Ruf bei den Grünen: Sind das keine Menschen?)

Da hat Kollege Lugar einmal etwas Richtiges gesagt, vor einigen Monaten schon. (Ruf beim Team Stronach: Einmal?) – Nicht einmal, sondern immer wieder. (Abg. Lugar: Immer wieder mal!) – Vor einigen Monaten hat er das erste Mal gesagt, dass Frau Merkel versucht, über diesen Flüchtlingsstrom billige Arbeitskräfte ins Land zu bringen. Aber die benötigten Fachkräfte sind nicht gekommen, sondern diese billigen Arbeits­kräfte.

Wenn dann Herr Kopf gestern wieder einmal beteuerte, dass die meisten Menschen von dort nicht vermittelbar sind und wir diese Arbeitsplätze für die, die geeignet wären, nicht haben, sie keine deutsche Sprache sprechen und keine Facharbeiter kommen, dann haben wir schon ein Problem, und zwar ein europäisches Problem, also nicht nur ein österreichisches.

Wir wollen die qualifizierten Arbeitskräfte – für deren Zuwanderung sind wir absolut –, aber nicht die unqualifizierten. Wir haben in Österreich genug Schulabbrecher oder Menschen mit Migrationshintergrund in zweiter, dritter Generation, die keine oder eine schlechte Schulbildung haben und nicht auf dem Arbeitsmarkt vermittelt werden können. Die haben einmal den Vorzug, die soll man gut ausbilden, bevor man neue Leute ins Land lässt. (Beifall beim Team Stronach.)

Noch kurz zum Schluss, damit ich die Zeit nicht überziehe: das Türkei-Abkommen. Meine Damen und Herren, ich glaube, das Türkei-Abkommen ist ein Kuhhandel. Da geht es lediglich darum, einen Flüchtlingsaustausch ohne Mehrwert für die EU zu machen. Das ist zu unterlassen!

Schutzzonen in den Regionen dort unten zu schaffen, das wäre der richtige Schritt. Das haben wir schon vor fast einem Jahr gefordert. Frank Stronach hat das immer wieder beteuert, auch wir hier im Nationalrat. Das wäre der richtige Weg. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

12.50


Präsident Karlheinz Kopf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Korun zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.50.36

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Gäste auf der Galerie und zu Hause bei den Fernsehschirmen! Abgeordneter Hagen hat behauptet, die Grünen würden Schlepperhilfe leisten. – Das ist schlicht und ergreifend falsch! (Ruf bei der FPÖ: Ist eh richtig!)

Ferner hat er behauptet, es wäre erwiesen, dass die Grünen Schlepperhilfe leisten würden. – Das ist ebenfalls falsch!

Ich würde Sie bitten (Abg. Neubauer: Nein, das ist nicht falsch!), nicht unter dem Schutz der Immunität Dinge zu verdrehen und falsche Behauptungen aufzustellen!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 83

(Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Hagen hält Kopien von Zeitungsartikeln in die Höhe und zeigt darauf.)

12.51


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Schittenhelm zu Wort. – Bitte.

 


12.51.00

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Im Zuge der aktuellen Flüchtlingskrise wurde und wird Österreich und die gesamte österreichi­sche Bevölkerung – wir erleben das ja alle tagtäglich mit – vor große Herausforderun­gen gestellt. Aufgrund der wirklich großartigen Hilfe von Hunderten, Tausenden Privaten und NGOs, die mithelfen, können wir diese Krise bewältigen. Sie sind auch jetzt noch im Einsatz. – Dafür heute einmal ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Bereits im Sommer letzten Jahres, geschätzte Damen und Herren, hat unsere Frau Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner vor den Herausforderungen, die im Rahmen der Flüchtlingswelle auf uns zukommen, gewarnt. Bereits zu diesem Zeitpunkt wären erste Maßnahmen notwendig gewesen. Wir alle wissen, dass diese europäische Ausnahme­situation erst ganz eklatant ansteigen musste, um bereit zu sein, ihr auch recht zu geben.

Ein Beispiel für die Fehleinschätzungen möglicher Entwicklungen war für mich die Ablehnung vonseiten des EU-Ratspräsidenten Tusk im vergangenen Sommer, die Staats- und Regierungschefs zu einem Flüchtlingsgipfel einzuladen. Er hat gemeint, das bräuchten wir nicht, es gäbe dazu keine Notwendigkeit.

Hohes Haus! Im letzten Jahr wurden – und das wurde heute schon öfter gesagt – in Österreich an die 90 000 Asylanträge eingebracht. Das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 200 Prozent. Um diesem Aufkommen langfristig gerecht werden zu können, braucht es eine gesamteuropäische Lösung, wie heute schon sehr oft angesprochen worden ist.

Wir in Österreich stoßen da an die Grenze. Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht mehr möglich – daher auch die Obergrenze, die seitens der Bundesregierung festgesetzt wurde. Durch die nationalen Maßnahmen, die unsere Frau Innenministerin gesetzt hat und umsetzt, konnte auch Bewegung in die europäische Politik gebracht werden. Das sollte man nicht übersehen.

Es war ganz einfach der Druck, die Zähigkeit und der Mut, mit denen unsere Innen­ministerin – aber auch der Herr Vizekanzler und letztendlich der Herr Bundeskanzler – die Meinung der österreichischen Bundesregierung vertreten und darauf hingewiesen hat, in welcher Situation nicht nur wir uns befinden, sondern natürlich auch unsere Nachbarländer und ganz Europa.

Am Ende des Tages müssen wir nämlich wissen – es geht dann nicht mehr um die Gesundheitsbetreuung, nicht mehr nur darum, die Sprache in der Schule zu lernen, nicht mehr um die Betreuung von Kindern und Jugendlichen –: Wie wird sich denn dieses Europa, dieses unser Österreich in zehn, 15 Jahren darstellen? Mit welcher gesellschaftspolitischen und kulturellen Entwicklung haben wir zu rechnen? Welches Umfeld werden unsere Kinder und Kindeskinder vorfinden?

Daher war es wichtig und richtig, dass wir, die ÖVP, bei unserer Klubklausur im Jänner diese Linie, die wir vertreten, festgelegt haben. Das wird mittlerweile auch vom Koali­tionspartner mitgetragen. Wir wissen natürlich, dass eine nationale Lösung alleine nicht


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 84

die wirkliche Lösung ist. Wir brauchen eine europäische Zusammenarbeit, die auch langfristig hält.

Meine geschätzten Damen und Herren! Österreich und Europa brauchen schlicht und ergreifend Menschlichkeit mit Realitätssinn. Dies ist im Sinne der Flüchtlinge, aber auch im Sinne der eigenen Bevölkerung.

Geschätzte Damen und Herren! Wenn wir uns mit der aktuellen Flüchtlingswelle beschäftigen, dann möchte ich den Fokus vor allem auf die Frauen und Kinder, die unterwegs sind, legen: Es ist alles zu tun, damit Frauen und Kindern vor Ort, in den Lagern, eine entsprechende menschenwürdige Unterkunft und eine menschenwürdige Behandlung zu geben ist. Die Kinder und Frauen brauchen auch einen ent­sprechen­den Schutz vor Gewalt, die es, wir wissen, leider auch gibt. (Beifall bei der ÖVP.) Daher gibt es einen gemeinsamen Antrag der Frauensprecherinnen – den wir morgen auch zur Diskussion haben werden – auf Schutz und Sicherheit für die Frauen und Kinder auf der Flucht. Das ist ein wesentlicher Bereich, der oft totgeschwiegen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aufgrund der verschiedenen Vorkommnisse möchte ich aber auch auf die heimische Bevölkerung – speziell auf Frauen und Mädchen – eingehen. Wir werden keinen Millimeter zurückweichen – so hat es unsere Frau Innenministerin auch gesagt –, wir werden unseren Freiraum nicht einschränken, wir wollen unsere Werte, die wir uns schwer erkämpft haben, auch weiterhin leben. Wer bei uns bleiben möchte, muss sich ganz einfach unserer Werteskala an­schließen – anders wird es nicht gehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es braucht nicht Verunsicherung, Angstmacherei oder Darstellung von falschen Tat­sachen – auch das passiert laufend. Und es hilft auch nicht der Pfefferspray. Es braucht seriöse, umfassende Information und vor allem das Bewusstmachen dessen, welchen Risiken Frauen und Mädchen unter Umständen ausgesetzt sein können.

Das heißt, wir brauchen ein gesellschaftliches Klima, meine Damen und Herren, das einen offenen Umgang miteinander möglich macht. Jeder und jede Einzelne von uns kann dazu einen wesentlichen Beitrag leisten. (Beifall bei der ÖVP.)

12.56


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Kickl zu Wort. – Bitte. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

 


12.56.37

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich vermisse den Bundeskanzler und ich vermisse den Vizekanzler. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Immerhin ist das, was hier stattfindet, ihre Veranstaltung, es ist die Europastunde des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers. (Neuerliche Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Vielleicht haben wir etwas versäumt, vielleicht sollten wir einmal im Fernsehen durchzappen, möglicherweise läuft in dieser Sekunde eine Sondersendung für den Herrn Bundeskanzler, in der er einmal mehr eine Erklärung abgeben kann – ganz allein und nicht von irgendwelchen lästigen Zwischenrufen und Fragen der Opposition beläs­tigt. Das scheint die neue Methode der politischen Auseinandersetzung in Österreich zu sein. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Wahrheit ist, dass man sich diese Erklärungen – so wie wir sie heute vom Herrn Bundeskanzler bekommen haben – ohnehin sparen kann. Die Wahrheit ist eine ganz einfache: Er bekommt den Stöpsel nicht mehr in die Flasche hinein, aus der er diesen Stöpsel herausgezogen hat. Das ist das Problem des Herrn Faymann. Ausbaden müssen das einmal mehr die Österreiche­rinnen und Österreicher.


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Weil heute viel von Alleingängen die Rede gewesen ist: Das war der Alleingang, der uns alles eingebrockt hat, sein Alleingang, den er dann zu einem Duett gemacht hat – Hand in Hand mit Frau Merkel –, als es einem nicht zu blöd gewesen ist, die ganze Welt hierher einzuladen, die Grenzbalken für null und nichtig zu erklären, die Gesetze außer Kraft zu setzen und zu sagen: Ihr Verfolgte, woher auch immer, egal, ob ihr einen aufrechten Verfolgungsgrund habt oder nicht, kommt zunächst einmal alle hier­her, wir werden das dann schon der Reihe nach aufarbeiten! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

In genau diesem Schlamassel sitzen wir jetzt drin, und diesen Stöpsel bekommt er nicht mehr hinein. Und anstatt eine Erklärung abzuhalten und noch eine Erklärung abzuhalten und noch eine Erklärung abzuhalten und dann auch noch Herrn Cap in die Verlegenheit zu bringen, ihn verteidigen zu müssen, wäre es viel vernünftiger gewesen, wenn sich der Herr Kanzler hingestellt und eine Entschuldigung abgegeben hätte. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Faymann hätte zum Beispiel sagen können: Liebe Österreicherinnen und Öster­reicher, ich, Werner Faymann, bitte euch ganz inständig dafür um Entschuldigung, dass ich einfach eine viel längere Leitung habe als Viktor Orbán in Ungarn! – Das ist nämlich die Wahrheit: Er hat eine viel längere Leitung. (Abg. Hagen: … drauf ge­standen!)

Nun ist es so, dass Menschen mit verschiedenen Talenten ausgestattet sind – das ist so. Die Frage ist doch nur, ob die Talente, die man mitbringt, auch dafür geeignet sind, eine staatspolitisch verantwortungsvolle Position einzunehmen. (He-Rufe bei der SPÖ.) Ich sage, bei Herrn Faymann ist das nicht der Fall. (Beifall bei der FPÖ.) Gegen ihn ist Viktor Orbán eine Lichtgestalt und nahezu ein Prophet, wenn es um die Frage der Völkerwanderung geht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Der Herr Bundeskanzler hat halt das getan, was er immer macht, wenn er in der politischen Auseinandersetzung nicht weiterkommt – das war in der Zeit, bevor er alleinige Erklärungen abgegeben hat –: Er packt die Faschismuskeule aus. So war es ihm auch nicht zu blöd, den ungarischen Regierungschef massiv zu beleidigen. (Prä­sident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Interessant ist, was er ihm vorgeworfen hat: Erstens einmal den Zaun. Kollege Lopatka hat verdienstvolle Recherchearbeit geleistet, daher erspare ich mir, dass wir das alles noch einmal wiederholen. Aber dann hat es ja noch etwas gegeben, er hat gesagt – das war dieser abstoßende NS-Vergleich –: Man kann doch bitte nicht hergehen und Menschen in einen Zug setzen, der in eine Richtung fährt, in die sie gar nicht fahren wollen.

Das war ja der fundamentale Vorwurf des Werner Faymann gegen Viktor Orbán. Wenn man sich das auf der Zunge zergehen lässt, dann fragt man sich: Wie und unter welchen Voraussetzungen soll denn jetzt die Verteilung von Flüchtlingen auf diesem europäischen Kontinent erfolgen? Wie stellt er sich denn das vor, wenn die Menschen, die in diesen Zug einsteigen sollen, dann sagen, dort will ich nicht hinfahren, wo du, lieber Werner Faymann, mich hinverbringen möchtest? – Da hat er also ein gewisses Dilemma, das er auch noch nicht aufgelöst hat, und deshalb ist er in dieser ganzen Angelegenheit unglaubwürdig. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich habe schon gesagt, es war heute durchaus eine verdienstvolle Aufgabe der ÖVP, dem Kanzler hier den Spiegel vorzuhalten, wobei ich dazusagen muss, die ÖVP ist da in einer relativ angenehmen Position, denn sie ist die Partei, die zu jeder Position auch die Gegenposition vertritt. Das ist typisch ÖVP: Es gibt nichts, bei dem die ÖVP nicht die eine Meinung hätte und Vertreter der ÖVP nicht auch das Gegenteil davon vertreten würden. (Beifall bei der FPÖ.)


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Ich habe heute schon viele Rückblicke auf die richtungsweisenden Aussagen des Herrn Kurz gehört. Ich darf nur erinnern, dass Herr Kurz im Sommer, glaube ich, noch angekündigt hat, eine allgemeingültige Übersetzung des Koran in Österreich abzu­liefern. Das, wozu eine mehr oder weniger vorhandene islamische Theologie nicht in der Lage ist, wollte er also in seinem Ministerium erledigen. Bis heute ist er damit nicht fertig geworden. Es ist erschütternd, wie naiv man in Vorbereitung des Islamgesetzes an die Dinge herangehen kann. (Ruf bei der ÖVP: Nächstes Thema!)

Kurz hat auch gesagt, dass der Islam zu Österreich gehört. Dazu hat sich Herr Faymann nicht in dieser Deutlichkeit verstiegen. Das ist schon ein Verdienst der ÖVP und des Herrn Kurz. Dann hat er noch gesagt, dass der durchschnittliche Zuwanderer intelligenter ist als der durchschnittliche Österreicher. (Abg. Lopatka: Das haben Sie falsch verstanden!) Auch das ist ein Zitat des Herrn Kurz, das man wieder in Erin­nerung rufen muss, um einmal zu zeigen, wie weit es eigentlich mit seiner Österreich­freundlichkeit ist. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hagen.)

Herr Kurz war es auch, der dann, als es zu den ersten Wickeln und Schwierigkeiten gekommen ist, natürlich eine Erklärung parat gehabt hat, warum es mit diesen Flücht­lingen so schwierig ist. „Kulturfremd“ darf man ja nicht sagen, aber wenn es mit diesen Flüchtlingen, die aus anderen Gegenden der Welt kommen, wo andere Menschen­bilder, Gesellschaftsbilder und politische Vorstellungen herrschen, Schwierigkeiten gibt, dann liegt das nicht daran, dass die falsch ticken, sondern dann liegt es daran, dass unsere Willkommenskultur zu gering ausgeprägt ist. Auch das war Herr Kurz – nur der Vollständigkeit halber –, denn auch er hat einige Windungen in dieser ganzen politischen Debatte hinter sich. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar. – Abg. Darmann: Ein Wahnsinn!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere aber trifft dieser Vorwurf schon unseren Bundeskanzler. Seiner Politik und seinem Herumgewurschtle ist es zu verdan­ken, dass die interessierten politischen Beobachter erst in zweiter Linie an einen afri­kanischen Singvogel denken, wenn sie das Wort „Wendehals“ hören. Damit wird er in Zukunft leben müssen. Dieses Verdienst bleibt ihm unbenommen. Das wird in seiner Biographie als politische Leistung stehenbleiben und nicht eine harte Linie, die er sich jetzt gerne zuschreiben möchte.

Heute hat Herr Faymann wieder eine Erklärung abgegeben, denn es steht wieder ein EU-Gipfel bevor. Ein Wort ist heute schon ein paar Mal genannt worden, es geht um diese Verhandlungen mit der Türkei, und einen treffenderen Namen als das Wort „Deal“ kann es dafür gar nicht geben. Ein Deal wird von Dealern gemacht, also ist unser Bundeskanzler offenbar ein Dealer auf europäischer Ebene. Das zeigt schon, dass es sich dabei um ein schmutziges Geschäft mit der Türkei handelt. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Erdoğan, meine Damen und Herren, glaubt, er kann sich aufführen wie ein erpresserischer Türsteher vor den Toren Europas. Mit Herrn Erdoğan werden wir nicht in ein gutes Einvernehmen kommen, um diese ganze Frage lösen zu können. Was hat denn die Europäische Union – und wenn ich „Europäische Union“ sage, dann meine ich in diesem Zusammenhang die Nettozahler, und so viele sind das nicht – schon an Milliarden an Vorbeitrittshilfe in diese Türkei hineingepumpt, um einen Zustand zu erleben, der von Jahr zu Jahr schlechter statt besser wird?

Diese Türkei soll jetzt die Lösung dafür sein, dass wir auf diesem Kontinent mit den Flüchtlingen nicht zurande kommen, die Faymann und Merkel gerufen haben. Das ist ein abenteuerliches Konzept. Wie wird es funktionieren? – Wir zahlen der Türkei viel


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Geld dafür, dass sie uns dann diejenigen, die zu Unrecht bei uns sind – die Wirt­schaftsflüchtlinge – zurücknehmen.

Jetzt haben wir aber vorher gehört, dass die Türkei schon bis obenhin voll ist und selbst nichts mehr zu leisten imstande ist. Was macht die Türkei dann mit diesen Menschen? Schickt sie diese zurück nach Syrien? Ist das zu Ende gedacht? Oder gibt es da nicht eine ganz andere Gefahr, die vielleicht darin bestehen könnte, dass man diese Leute in der Türkei umetikettiert und ihnen das Gütesiegel ausstellt, sodass es sich doch um legale Flüchtlinge handelt? Das wäre nämlich die einfachste Lösung, und die Europäische Union ist noch so blöd, dafür zu bezahlen. Ich glaube, dass das Modell in dieser Art und Weise ablaufen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, noch etwas zu diesem Wandel, um der Wahrheit willen: Alle negativen Auswirkungen dieser Völkerwanderung waren zu dem Zeitpunkt schon bekannt, als Werner Faymann noch der Oberste der Willkommensklatscher gewesen ist und er zusammen mit Frau Merkel, mit Herrn Schulz und mit dem Herrn Selfie-Bundespräsidenten diese Koalition der Willigen gebildet hat. All das war zu diesem Zeitpunkt schon bekannt: dass das am Arbeitsmarkt nicht gutgehen kann, weil von Qualifikation keine Rede sein kann – da haben Sie uns vonseiten der SPÖ noch etwas ganz anderes ausrichten lassen –, die Sicherheitsproblematik, die Wohnraum­proble­matik, die Gesundheitsproblematik, die Bildungsproblematik, die Integrationsprob­lematik und so weiter und so fort. All das war zu diesem Zeitpunkt schon bekannt, und all das ist nach wie vor existent, und zwar in einer Anzahl von 90 000 bis 100 000 Menschen. Das sind diejenigen, die wir registriert haben. Von denen, die untergetaucht sind und wir nicht wissen, wo sie sind, rede ich noch gar nicht. Das Problem ist trotz allen Wandels in den Reden des Bundeskanzlers nach wie vor existent; das haben wir ja. (Abg. Darmann: So schaut es aus!)

Ich habe noch nicht erlebt, dass die Hercules mit irgendjemand hinten drinnen abge­hoben hätte, dem man erklärt hätte: Lieber Freund, du bist zu Unrecht hier, dein Antrag hat keine Substanz, wir müssen dich abschieben. Der einzige Flug war der mit Doskozil, ansonsten war noch niemand in dem Laderaum drinnen, obwohl man bezüg­lich der Umsetzung einer angeblich konsequenten Linie anderes angekündigt hat. Da hat sich nichts geändert. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich sage, dieser Bundeskanzler ist hochgradig unglaub­würdig. Das ist eine Charakterfrage. Ich muss ihm das in dieser Deutlichkeit sagen, und Sie werden ihm das ausrichten: Mich erinnert er an einen dieser Männer an Bord der Titanic (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen), die zunächst gesagt haben: Mit Vollgas durch dieses Eisfeld, das ist alles kein Problem! Sie haben die Gefahren in den Wind geschlagen und dann man mit diesem Eisberg kollidiert. Dieser Mann hat aber dann nicht den Mut gehabt, mit unterzugehen, sondern er hat sich in Frauenkleider geworfen und ins Rettungsboot geflüchtet. – Das ist die Methode Faymann. (Beifall bei der FPÖ.)

13.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


13.07.03

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kickl, wenn Sie die hohen Beliebtheitswerte unseres Außenministers Kurz stören, dann ist das Ihr Problem, aber diese Anschüttungsversuche, die Sie hier getätigt haben,


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weisen wir von der ÖVP entschieden zurück. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Bösch. – Abg. Darmann: … Fakt!)

Gerade in der Flüchtlingsfrage leistet unser Außenminister Sebastian Kurz hervor­ra­gende Arbeit. Er hat alle unsere Nachbarländer besucht und auch darauf aufmerksam gemacht, dass wir im Rahmen der österreichischen Gesetzgebung Änderungen herbei­führen. Er macht eine gute Arbeit, diese ist auch zu akzeptieren, und die Bevölkerung weiß das, meine Damen und Herren. Daher sind seine Beliebtheitswerte sehr hoch. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Diskussion einer europäischen Lösung: Meine Damen und Herren, wir halten an einer europäischen Lösung fest, das ist überhaupt keine Frage. Wir wollen die Sicherung der EU-Außengrenzen, wir wollen, dass die Hotspots funktionieren, wir wollen, dass zwischen Wirtschafts- und Kriegsflüchtlingen unterschieden wird. Wir wollen auch eine Quotenverteilung auf alle 28 europäischen Länder, und natürlich muss mit der Türkei verhandelt werden, denn jeder, der die Landkarte kennt, weiß, dass das anders nicht möglich ist. Wir warten aber auch schon seit Monaten auf diese europäische Lösung (Abg. Kickl: … noch lange warten!), und ich kann nur hoffen, dass bei der kommenden Tagung des Europäischen Rates etwas in diese Richtung in Bewegung gesetzt wird. Wir waren aber auch gezwungen, und es war notwendig, nationale Maßnahmen zu setzen, meine Damen und Herren.

Eines möchte ich schon betonen: Österreich hat eine Geschichte, was die Aufnahme von Flüchtlingen anbelangt. Wir haben immer Menschen geholfen, wenn Menschen in Not waren und aus ihren Ländern vertrieben wurden. Das haben wir im vergangenen Jahr gezeigt, und das zeigen wir auch jetzt. Wir haben im vergangenen Jahr 90 000 Menschen aufgenommen. Wir nehmen auch heuer 37 500 auf, und auch in den nächsten Jahren gibt es Aufnahmekontingente. (Zwischenruf des Abg. Darmann.) Das möchte ich einmal festhalten, denn das unterscheidet uns von Ihnen, meine Damen und Herren von der FPÖ, wir nehmen Kriegsflüchtlinge auf. Das wäre bei Ihnen nicht gewährleistet, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Darmann: Das ist ein Fehler! … diese Verantwortungslosigkeit!)

Es geht aber darum, Grenzen hinsichtlich der Kapazitäten zu setzen. Demzufolge können wir einen Satz der deutschen Kanzlerin nicht unterstreichen, sie hat nämlich gesagt: Wir schaffen das! – Meine Damen und Herren, wir schaffen das dezidiert nicht! (Abg. Darmann: Vor einem Monat habt ihr auch noch anders geredet!) Jeder, der in die Bundesländer und in die Gemeinden schaut, weiß, dass es eine riesige Heraus­forderung ist, diese Flüchtlinge unterzubringen. Ich bedanke mich bei all jenen, die da mithelfen, bei jenen, die auch in den Flüchtlingszelten stehen, und bei allen Bürger­meis­terinnen und Bürgermeistern, die dahinter sind, dass Quartiere geschaffen werden. Dieser Dank kommt von unserer Seite, von der ÖVP, weil es wichtig ist, dass man in dieser schwierigen Situation zusammensteht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Darmann: … ein Wahnsinn!)

Es war notwendig, Grenzen zu setzen. Wir müssen aber auch die Attraktivität unseres Landes senken, was die Sozialleistungen anbelangt, meine Damen und Herren. Das Thema, das wir seit Monaten diskutieren, ist die bedarfsorientierte Mindestsicherung. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.) Ich bitte Sie, Herr Bundesminister, dass wir diesbezüglich gemeinsam zu einer Lösung kommen im Sinne von Landeshauptmann Niessl, der das heute im Morgenjournal angesprochen hat, der sich auch vorstellen kann, über eine Deckelung zu diskutieren, da es um die soziale Gerechtigkeit auch innerhalb der Familien in diesem Land geht. Meine Damen und Herren, es ist machbar, es ist möglich, setzen wir diese Maßnahmen um! (Beifall bei der ÖVP.)

13.10



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 89

Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


13.10.50

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­schätzte Damen und Herren auf der Ministerbank! Geschätzte Gäste auf der Besucher­galerie! Vor allem möchte ich die jungen Gäste auf der Besuchergalerie begrüßen, die heute unserer Debatte zuhören.

Ich möchte … (Ruf bei der ÖVP: Lauter!) – Bin ich nicht laut genug? Entschuldigung, meine Stimme ist in keinem guten Zustand; ich bin gesundheitlich etwas ange­schla­gen.

Ich möchte mit etwas beginnen, das mir am Herzen liegt, denn ich beobachte unsere Debatte seit neun Uhr in der Früh, und ich fürchte, dass wir als österreichischer Natio­nalrat insgesamt kein sehr gutes Bild für alle Menschen abgeben, die uns zuhören und zuschauen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Jetzt kommen schon die ersten Zwischen­rufe (Abg. Schönegger: Das ist im Parlament so!), das ist leider so, aber ich möchte alle bitten, zu versuchen, wertschätzend miteinander umzugehen.

Wir haben unterschiedliche Meinungen. Wir finden, dass unterschiedliche Vorschläge zu einer guten Lösung führen, aber ich fürchte, die Art, wie wir miteinander umgehen, ist vor allem für die jungen Menschen, die zum Beispiel zur Stunde auf der Besucher­galerie sitzen und uns zuschauen, kein sehr gutes Vorbild. Deshalb möchte ich alle, wirklich alle, mich selber auch angesprochen fühlend, bitten, diese Wertschätzung allen entgegenzubringen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scherak.)

Ich schaue noch einmal kurz auf die Regierungsbank, ob ich jemanden übersehe; das scheint nicht der Fall zu sein. Auf unserer Tagesordnung steht nämlich „EU-Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers“, und ich finde es schon irritierend, bei aller Wertschätzung, dass weder der Herr Kanzler noch der Herr Vizekanzler da sind; und das seit einigen Minuten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.) Ich finde, es ist nicht sehr wertschätzend, mit dem Parlament so umzugehen, eine Erklärung abzugeben und dann einfach nicht mehr da zu sein, auch wenn einem die Debatte teilweise oder oft nicht gelingt.

Worüber sprechen wir hier? – Wir sprechen über einen EU-Ratsgipfel, in dessen Rahmen die Regierungschefs und Regierungschefinnen der EU-Mitgliedstaaten mor­gen und übermorgen zusammenkommen werden, um bei der Flüchtlingsfrage, bei der Menschenrechtsfrage gemeinsame Lösungen zu finden. Da ist es leider sehr irritie­rend, dass etwas passiert, das eigentlich den demokratischen Werten, die wir alle hochhalten und die gerade in Zeiten wie diesen sehr bemüht werden, zuwiderläuft.

Es ist ja vorgesehen, dass wir uns vor jedem EU-Ratsgipfel im Parlament treffen, um als Abgeordnete des österreichischen Nationalrates eine gemeinsame Linie zu finden, um die Bundesregierung gegebenenfalls mit einem politischen Auftrag auszustatten, damit sie diese oder jene Linie vertritt. Das war nicht möglich, weil im EU-Unteraus­schuss, der gestern Abend stattgefunden hat, keine Dokumente vorhanden waren, die eigentlich vorbereitete Schlussfolgerungen sind. Wie sollen wir – noch einmal erin­nernd an die demokratischen Werte, die wir alle miteinander teilen – gemeinsame Ent­scheidungen fällen, wenn die Dokumente gar nicht da sind?

Das ist leider Teil des Problems, das morgen und übermorgen bei diesem EU-Gipfel behandelt wird, dieser Deal, den die EU mit der türkischen Regierung zu finden ver­sucht, nämlich Geld und Visaliberalisierung gegen Zurückhaltung von Flüchtlingen und Schutzsuchenden, gegen Verhinderung von Asylantragstellung in der EU.


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Das noch dazu mit einer Regierung, die die Menschenrechte in den letzten Monaten und Jahren mit Füßen getreten hat. In der Türkei sitzen so viele verhaftete Journalisten und Journalistinnen wie sonst nirgends außer in China. Dazu gibt es zu Recht Wort­meldungen von türkischen und kurdischen Menschenrechtlern und Menschenrecht­lerin­nen, die sagen, die EU soll uns bitte nicht noch einmal mit den sogenannten Men­schenrechten kommen, wenn in der Türkei Regimekritiker, Regierungskritiker, Kurden und Kurdinnen im Gefängnis sitzen und von ihrem demokratischen Recht auf Meinungsfreiheit nicht Gebrauch machen können. Wenn diese Vorgehensweise dann auch noch von der EU mit Geld belohnt wird, dann hat das mit Menschenrechten nichts zu tun. (Beifall bei den Grünen.)

So viel also zu unseren gemeinsamen europäischen Werten, zu den Menschen­rechten, die ja von allen verteidigt werden sollten.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend zeitgerechte Zuleitung der europäischen Beschlussvorlagen, damit dem Nationalrat entsprechend Art. 23e B-VG Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundeskanzler beziehungsweise das zuständige Mitglied der Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene, insbesondere beim nächsten Euro­päischen Rat am 17. und 18. März 2016, mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass in Hinkunft dem österreichischen Nationalrat die vollständigen Beschlussvorlagen und Protokolle in einer Weise ‚unverzüglich‘ zugeleitet werden, dass der Nationalrat von seinem verfassungsrechtlich in Art. 23e B-VG zugesicherten Recht auf Stellungnahme rechtzeitig vor den Europäischen Räten Gebrauch machen kann.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren, abschließend möchte ich sagen: Auch beim voran­gegangenen Tagesordnungspunkt haben mehrere Kollegen und Kolleginnen erörtert, dass in dieser Situation nur eine gemeinsame, eine europäische Lösung möglich ist. Wir alle in diesem Haus, aber auch im Europäischen Parlament in Brüssel, sind dafür gewählt, Lösungen auf den Weg zu bringen, nicht herumzujammern, was alles nicht geht, dass wir nicht können und dass wir nicht wollen, sondern dass wir die Heraus­forderungen anpacken und dass wir sie gemeinsam meistern.

Dafür sind wir gewählt, und deshalb hätte ich der Bundesregierung und vor allem dem Herrn Bundeskanzler gestern gerne einen Auftrag mitgegeben, welche Linie er im Namen der österreichischen Republik beim EU-Ratsgipfel vertreten soll, nämlich dass nur eine gemeinsame Lösung geht, und nicht ein Domino mit nationalen Grenz­schließungen, was zur Folge hat, dass die Menschen im Endeffekt in Idomeni im Dreck liegen und, wenn Sie versuchen, einen Fluss zu überqueren, dann auch noch ertrin­ken. Gemeinsam sind Lösungen machbar, man muss sie nur wollen und man muss sie auch angehen. In diesem Sinne: Lassen Sie uns die Probleme gemeinsam an­packen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 91

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alev Korun, Werner Kogler; Tanja Windbüchler-Souschill, Freun­dinnen und Freunde

betreffend zeitgerechte Zuleitung der europäischen Beschlussvorlagen, damit dem Nationalrat entsprechend Art 23 e B-VG Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird

eingebracht im Zuge der Debatte über die EU-Erklärung gemäß § 74b Abs. 1 lit b GOG-NR

Begründung

Die Differenzen am letzten Sondergipfel der europäischen Staats- und Regie­rungs­chefInnen am 7. März 2016 zur Flüchtlings- und Menschenrechtspolitik haben dazu geführt, dass erstmals kein Beschluss in Form von gemeinsamen Schlussfolgerungen zustande gekommen ist. Die Staats- und RegierungschefInnen haben lediglich in einer allgemein gehaltenen Erklärung ihre politischen Anliegen umrissen und auf den nun bevorstehenden Gipfel verwiesen. Ursache für das Scheitern des letzten Gipfels waren laut Medienberichten nicht zuletzt übermäßige Forderungen des türkischen Premiers Ahmet Davutoglu im letzten Moment.

Ein weiterer Grund für die immer schlechtere Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten besteht darüber hinaus auch in einer Renationalisierung der Flüchtlingspolitik, die nicht zuletzt durch Alleingänge der österreichischen Bundesregierung ausgelöst wurden:

die Schließung der Grenzen Österreichs und die Festlegung von absoluten Ober­grenzen von Spielfeld bis zum Brenner;

die Balkankonferenz unter Ausschluss Griechenlands dem Hauptbetroffenen als Erstaufnahmeland;

das Betreiben von Grenzschließungen auf der gesamten Balkanroute durch Außen­minister und Innenministerin Österreichs;

die abrupte Schließung der Grenzen von Mazedonien gegenüber Griechenland, die auf Anregung Österreichs durch die mazedonische Regierung zustande gekommen ist, macht Griechenland zum größten Flüchtlingslager Europas;

die bilaterale Aktion Österreichs nun auch Bulgarien zu einer raschen Schließung der Grenzen gegenüber Griechenland zu bewegen;

die dadurch ausgelöste Übertragung der Hauptverantwortung der Erstaufnahme für Flüchtlinge an das durch die Wirtschaftskrise schwer angeschlagene Griechenland;

eine Abwendung von einer Politik der Zusammenarbeit mit den anderen hauptbetrof­fenen EU-Staaten und stattdessen Hinwendung zum Florianiprinzip.

Mit der Verwirklichung des vermeintlich nationalen Eigeninteresses ohne Rücksicht auf Verlust der Gemeinsamkeit in der Europäischen Union wird bewusst auf ein Scheitern einer gemeinsamen Lösung hingearbeitet.

Auf diese Weise wird es nie eine echte gemeinsame Flüchtlingspolitik geben, die ver­bindliche Verteilungsquoten, ein gemeinsames europäisches Asylrecht mit gemein­samen Standards und harmonisierten Betreuungsregeln hervorbringt. Im Gegenteil: Aufgrund der nationalen Verzwergung der Flüchtlingspolitik stehen Grund- und Men­schenrechte und europäische Werte immer massiver in Frage. Der Ausschluss von


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Verfolgten vom Asylrecht durch Grenzschließungen und Obergrenzen, geplanten Mas­senabschiebungen in den Erstaufnahmeländern und  die Schließung der Binnen­grenzen der Union spiegeln auch auf Ebene der europäischen Werte das Scheitern der nationalen Regierungen Europas wider.

Gleichzeitig finden vor allem von deutscher Seite vorangetrieben, hektische Verhand­lungen auf Regierungsebene mit der türkischen Regierung statt, die eine Reihe neuer außen-, friedens-, demokratie-, menschenrechts- und integrationspolitischer Fragen für die Union aufwerfen. Sie hat spezifische Eigeninteressen im Syrienkonflikt. Sie schränkt die Grundrechte massiv ein. Sie zerstört den Friedensprozess mit den KurdInnen mit militärischer Gewalt. Sie schließt Zeitungsredaktionen nach Belieben. Sie kann daher kaum als verlässlicher Partner wahrgenommen werden.

Selbst vor diesem Hintergrund wollen Teile der Europäischen Union dieser türkischen Regierung die Gatekeeperfunktion gegenüber den Flüchtlingen aus Syrien übertragen.

In dieser Situation schickt sich der Europäische Rat im letzten Moment an, Beschlüsse mit der Türkei zu fassen, die die Arbeitsfähigkeit des Europäischen Rates selbst gefährdet. So können die Beschlussvorlagen auch den nationalen Parlamenten nicht vorgelegt werden und schneiden diese somit von ihren Rechten ab. Die vorbereitenden Dokumente sind dem Nationalrat in vollständiger Form nicht mehr zugeleitet worden. Damit kann dieser auch keine Stellungnahmen beschließen, die den Bundeskanzler an demokratisch gefasste Beschlüsse bindet.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundeskanzler bzw. das zuständige Mitglied der Bundesregierung wird aufge­fordert, sich auf europäischer Ebene, insbesondere beim nächsten Europäischen Rat am 17. und 18. März 2016, mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass in Hinkunft dem österreichischen Nationalrat die vollständigen Beschlussvorlagen und Protokolle in einer Weise „unverzüglich“ zugeleitet werden, dass der Nationalrat von seinem verfas­sungsrechtlich in Art. 23 e B-VG zugesicherten Recht auf Stellungnahme rechtzeitig vor den Europäischen Räten Gebrauch machen kann.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


13.18.13

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Ich muss auch noch einmal das Prozedere ansprechen. Ich habe sonst schon grundsätzlich Verständnis dafür, dass Regierungsmitglieder sich nicht die ganze Zeit bei einer parlamentarischen Debatte hier vor Ort befinden können, da gibt es immer wieder diesbezügliche Situationen.

Aber wenn es eine Erklärung der Bundesregierung, vom Bundeskanzler und vom Vize­kanzler, gibt – man kann das mögen, was Kollege Kickl, Frau Kollegin Korun, Kollege Wöginger und ich sagen, oder auch nicht, aber wir stellen uns hier gemeinsam der Debatte, hören uns nicht nur die Erklärung an, sondern diskutieren all das, was wir eventuell der Bundesregierung mitgeben wollen –, und die beiden Herren sind nicht da,


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dann halte ich das für ein gelebtes und selbstbewusstes Parlament wirklich für höchst problematisch. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Herr Bundeskanzler hat, glaube ich, zumindest teilweise ganz richtige Dinge gesagt. Er hat einerseits gesagt, die Türkei ist ein Nachbar, wenn auch ein schwieriger, und mit einem Nachbarn muss man reden. Das sehe ich auch so. Ich glaube, es wird nicht funktionieren, dass wir in dem Zusammenhang ohne Nachbarn zu Lösungen kommen werden.

Das Zweite, was er gesagt hat, war, es darf keinen inhaltlichen Werteaustausch zwi­schen der Europäischen Union und der Türkei geben. Das Problem ist nur, dass der Plan, der momentan auf dem Tisch liegt, bis zu einem gewissen Grad so einen Werte­austausch vorsieht.

Dieser Plan kann nur dann funktionieren, wenn wir uns auf europäischer Ebene darauf einigen, dass die Türkei einerseits ein sicherer Drittstaat und andererseits ein sicherer Herkunftsstaat ist. Wenn wir das nicht machen, dann wird es auf der einen Seite schwierig werden, dass Griechenland alle Flüchtlinge in die Türkei zurückschickt, und auf der anderen Seite wird es schwierig werden, weil sich viele Kurden, die in der Türkei unter Repressionen leiden müssen, irgendwann einmal, wenn es Visaerleichte­rungen gibt, auf den Weg machen und bei uns um Asyl ansuchen werden.

Es gibt im Plan momentan drei ganz wesentliche Punkte, weshalb dieser Plan einer­seits rechtlich wohl nicht in Ordnung und andererseits moralisch auch verwerflich ist: Der erste Punkt ist, dass die Türkei kein sicherer Drittstaat ist; der zweite Punkt ist, dass Massenrückschiebungen, so wie sie vorgesehen sind, weder nach der Flücht­lingskonvention noch nach der Menschenrechtskonvention in irgendeiner Art und Weise möglich sind; und der dritte Punkt – das haben wir auch schon gehört – ist die momentane Menschenrechtssituation in der Türkei.

Ein sicherer Drittstaat ist ein Land, in dem Flüchtlinge, wenn sie dort hinkommen, die Möglichkeit haben, ein Asylverfahren zu beantragen und in dem sie gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention Schutz finden können. Das heißt, sie müssen die Möglichkeit haben, menschenwürdig unterzukommen, einstweilen dort zu leben und dort zu bleiben. Die Voraussetzung dafür ist, dass sie überhaupt einen Asylantrag stellen kön­nen, ihr Schutzbegehren ein faires Verfahren bekommt, und dass sie dann auch men­schenwürdig aufgenommen werden und unterkommen können, falls sie einen positiven Asylbescheid bekommen.

Es ist momentan in der europäischen Aufnahmerichtlinie so geregelt, dass ein sicherer Drittstaat ein Staat ist, der die Genfer Flüchtlingskonvention ohne regionalen Vorbehalt ratifiziert hat. Das hat die Türkei nicht, die Türkei hat die Genfer Flüchtlingskonvention zwar ratifiziert, aber mit einem Vorbehalt, nämlich dass in erster Linie nur europäische Staatsbürger und europäische Unionsbürger überhaupt um Asyl ansuchen können. Das heißt, hier fällt das einmal raus, demnach kann die Türkei kein sicherer Drittstaat sein.

Die zweite Möglichkeit, die es gibt, ist, dass die regionalen Vorbehalte nicht das Prob­lem sind, nach Art. 38 der Aufnahmerichtlinie. Dabei geht es aber auch darum, dass die faktischen Möglichkeiten der Genfer Flüchtlingskonvention – das heißt, dass ich überhaupt um Asyl ansuchen kann und dass die materiellen Garantien überhaupt gewährleistet werden – eingehalten werden. Auch hier sagt die Europäische Kom­mission selbst, dass ganz massive, gravierende Mängel vorliegen. Das heißt, auch so kann die Türkei kein sicherer Drittstaat sein.

Der zweite wesentliche Punkt ist die Frage der Kollektivausweisungen. Ich habe schon gesagt, es geht weder nach der Europäischen Menschenrechtskonvention noch nach


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der Flüchtlingskonvention noch nach der EU-Grundrechtecharta noch nach den europäischen Verträgen noch geht es in irgendeiner Art und Weise in einem Rechts­staat, kollektiv Menschen in ein anderes Land zurückzuschicken. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Das Recht auf Asyl ist ein individuelles Recht. Ich muss die Möglichkeit haben, dass mein eigenes Vorbringen auch entsprechend berücksichtigt, angehört und geprüft wird, und erst dann entschieden wird, ob ein Asylgrund vorliegt oder nicht. Wenn einer vorliegt, muss ich auch die Möglichkeit haben, in dem Zusam­menhang Asyl zu bekommen.

Das heißt, es wird auch das nicht funktionieren. (Abg. Lugar: Falsch!) – Es ist richtig, Herr Kollege Lugar. Ich weiß, Sie lesen die Genfer Flüchtlingskonvention, aber so, wie Sie sie wollen, nämlich immer nur bis zur Hälfte und dann hören Sie damit auf. Ich gebe Ihnen gerne einmal Nachhilfe, setzen wir uns zusammen, gehen wir die Grund­lagen durch! (Abg. Lugar: Das ist ein Blödsinn! Seien Sie nicht so herablassend!) – Das ist nicht herablassend! Nur weil Sie sie falsch lesen und nicht sinnerfassend ver­stehen, ist das nicht herablassend. Sie können sie sich mitsamt der Kommentierungen einmal in Ruhe durchlesen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Steinhauser.)

Das heißt, auch das wird nicht funktionieren, weil kollektive Zurückweisungen nach den diversen Menschenrechtsdokumenten nicht möglich sind.

Der letzte Punkt betrifft die Menschenrechtssituation in der Türkei: Dazu kann man einerseits die Berichte der Kommission lesen, andererseits einfach jeden Tag in der Früh die Zeitung aufschlagen und sehen, dass die Kommission von Rückschritten bei der demokratischen Verfasstheit, bei den demokratischen Grundrechten in der Türkei spricht; auch beim Kampf gegen Korruption gibt es Rückschritte. Die Kommission wie auch die österreichische Richtervereinigung bekritteln den Aufbau des Justizsystems in der Türkei. Wir sehen, dass Richter und Staatsanwälte immer wieder unter Druck gesetzt werden. Wir merken, dass es bei der Meinungs- und Versammlungsfreiheit massive Rückschritte gibt und dass Journalisten inhaftiert werden und gegen sie ermittelt wird.

Das alles passiert – und das ist das Spannende –, obwohl wir als Europäische Union zwischen 2014 und 2020 4,5 Milliarden € nur als Unterstützung für die Weiterent­wicklung der Menschenrechte, Grundrechte und der Demokratie in die Türkei inves­tieren. Es gibt keinen Fortschritt, sondern es gibt einen massiven Rückschritt. Wir sehen, hier investieren wir Geld, aber die Menschenrechtssituation in der Türkei wird noch dazu schlechter.

Dieser gesamte Plan, der auf dem Tisch liegt, kann aus drei Gründen nicht funktio­nieren: die Türkei ist kein sicherer Drittstaat, Massenrückschiebungen sind nicht mög­lich, und drittens aufgrund der Menschenrechtssituation in der Türkei.

Was wir wirklich brauchen würden – dann könnten wir diesen Eiertanz, den wir mit der Türkei veranstalten, beenden –, ist, endlich legale Einreisemöglichkeiten zu schaffen. Dabei hilft es nicht, wenn der Bundeskanzler, die Innenministerin und der Außenminis­ter das immer vollmundig ankündigen, indem sie sagen, wir brauchen das, umgekehrt aber auf legalem Weg, nämlich über Resettlement-Programme, bis Ende des Jahres 1 900 Leute in Österreich aufgenommen haben wollen. Das heißt, wir brauchen sinnvolle Resettlement-Maßnahmen, damit wir den Schleppern ihre Erwerbsgrundlage entziehen können. Wir müssen es schaffen, Menschen legal die Möglichkeit zur Flucht zu geben. Das müssen wir machen und nicht nur darüber reden, so wie es die Bundesregierung momentan macht., denn 1 900 Leute halte ich persönlich für extrem wenig. Und da wundert es mich auch nicht, dass viele sich auf den Weg machen und einfach so versuchen, nach Österreich und nach Europa zu kommen.


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Das heißt, wir müssen legale Aufnahmemöglichkeiten schaffen und wir müssen schauen, dass wir diesen Türkei-Deal, so wie er jetzt auf dem Tisch liegt, möglichst so verändern, dass wir uns in irgendeiner Art und Weise als Europäische Union ent­sprechend unserer Grundwerte auch nachher noch in den Spiegel schauen können. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

13.25

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


13.25.26

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte ZuseherInnen auf den Tribünen und vor den Fernsehgeräten! (Der Red­ner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der ein Reiter mit der Aufschrift „Konzern­steuer“ dargestellt ist, der versucht, drei Pferde mit den Aufschriften „IKEA“, „Google“ und „Starbucks“ mit einem Lasso einzufangen.)

Herr Kollege Scherak, ich darf dir das Angebot gleich zurückgeben: Wir werden dir und Kollegen Alm helfen, die Statistiken zu lesen, aus denen er herausliest, dass die heimische Bevölkerung krimineller ist als die Asylanten. (Abg. Schatz: Das stimmt ja nicht!) Diesen Sager, den er heute hier getätigt hat, habe nicht ausgehalten. Diese Statistik möchte ich sehen. (Beifall beim Team Stronach.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, vor fast einem Jahr, am 21. Mai, habe ich hier an diesem Pult darauf hingewiesen, dass in diesen 500 Krisenherden vor Ort gehan­delt werden muss. (Ruf bei der ÖVP: Eine Sternstunde!) Sehr viele Kolleginnen und Kollegen haben das ein bisschen oberflächlich abgewiesen und gesagt, dass das kein Thema ist. In der Zwischenzeit muss ich ehrlicherweise Kanzler Faymann an dieser Stelle ein Kompliment machen. Frau Kollegin Korun, du appellierst, dass alle gemein­sam an einer guten Lösung arbeiten sollen, aber es ist, glaube ich, sehr wesentlich, dass jemand bereit ist, seinen Kurs zu ändern.

Ich glaube, das ganz Wesentliche ist – ich bin da über die Frau Klubobfrau Glawischnig-Piesczek verwundert, die sich erbost hat, dass der Kanzler diese notwendige Kurs­änderung im Sinne der eigenen Bevölkerung vorgenommen hat –, dass die Regie­rung diesen Schritt gesetzt hat, den Kollege Auer gefordert hat, und gesagt hat, bei so einer wichtigen Problematik müssen alle an einem Strang ziehen, sonst ist das überhaupt nicht zu bewältigen.

Wir wissen, welches Geschäftsmodell hinter diesem Asylthema steht. Ich erinnere daran, dass ich am 21. Mai hier gefordert habe, dass wir ganz klar (Ruf bei der ÖVP: Eine große Sternstunde!) – jawohl, Kolleginnen und Kollegen, lest die Protokolle – zwischen Wirtschaftsflüchtlingen und Kriegsflüchtlingen unterscheiden müssen. Das ist das ganz Wesentliche, und deshalb wieder diese Tafel (auf die auf dem Rednerpult stehende Tafel verweisend): Die habe ich damals schon mitgehabt, sie ist von Dr. Tas­silo Wallentin, der auch sagt: „Den Bürger hängen und die Großen laufen lassen.“

Hat heute jemand das „Morgenjournal“ gehört? Es ist interessant, dass morgen in Brüssel eine Sondersitzung über die Steuerpolitik der Konzerne stattfindet. Es ist verwunderlich, dass sich ein Riesenkonzern wie „Apple“ in Luxemburg ansiedelt, weil er dort nur 0,7 Prozent Steuern bezahlt, während die heimische luxemburgische Wirtschaft 29 Prozent zu bezahlen hat. Ich denke, das ist ein Teil dieser Flüchtlings- und Asylpolitik, die wir hier diskutieren: Durch den Raubtierkapitalismus in diesen Ländern hat die heimische Bevölkerung keine Überlebenschance, sie wird vertrieben und fährt natürlich dann dorthin, wo ihre Waren ja scheinbar so begehrt sind. Ich werde


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heute bei der Sitzung des Tourismusausschusses noch ein Beispiel bringen, wie herrlich diese superehrliche Osterschokolade bei den Kakaobauern da drüben, mit 0,80 € Stundenlohn, produziert wird.

Ich darf noch einmal die Rolle des Kanzlers, der Regierung und diese Chance Österreichs ansprechen: Jawohl, Österreich hat mit diesem Kurswechsel europaweit oder vielleicht sogar weltweit für Aufsehen gesorgt. Österreich – dieses oftmals von den eigenen Leuten so heruntergeredete Österreich – hat diesen Kurswechsel ein­geleitet. Nachdem man Orbán vorweg belächelt hat, hat man darauf hingewiesen und gesagt, jawohl, die Bürger und Bürgerinnen gehen mit diesem Kurs nicht mehr mit.

Ich darf an dieser Stelle eine ganz prominente Nahost-Expertin, Frau Karin Kneissl, zitieren. Sie hat vor 14 Tagen in Schwanenstadt bei einem Vortrag auf die Frage, ob das im internationalen Staateneinklang steht, wenn Österreich hier so einen harten Grenzkurs fährt, ganz klar geantwortet. Wissen Sie, was die Antwort war? – Ja selbst­verständlich, weil es die primäre Aufgabe einer Bundesregierung ist, für ihre eigenen Bürgerinnen und Bürger einzutreten.

Ich denke, das ist das ganz Wesentliche: Wir müssen vielmehr das Gesamte im Auge haben, wir dürfen keinen politischen Kleinkrieg führen, kein fadenscheiniges Spiel spielen. Wenn wir der Sache dienen wollen, dann dürfen wir nicht pauschalieren, dann müssen wir der Sache auf den Grund gehen und die richtigen Schritte setzen, sonst haben diese Asylanten, die berechtigt einen Asylantrag stellen, überhaupt keine Chance. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Schwentner: Kann man bitte von „Asylwerbern“ sprechen?!)

Ich darf auf das Modell des Kollegen Schellhorn verweisen – er ist ja ein Vorbild in der Asylbetreuung – und darauf, wo sein ehemaliger Mitarbeiter, sein Hausmeister, hinge­kommen ist. Mit 1 900 € Bruttolohn – bitte, das ist ja ein ordentlicher Lohn – ist er nach Wien geflüchtet, weil er dort mit seiner Familie 36 000 € Sozialhilfe bekommt. Das sagt nicht der Leo Steinbichler, das schreiben die „Salzburger Nachrichten“ auf der Titel­seite. Und da möge mir hier in diesem Saal jemand von denen, die es sicherlich ehrlich und besonders gut meinen, erklären, wie wir das finanzieren!

Wie erklären wir unseren 490 000 arbeitslosen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, dass wiederum zirka 45 000 Menschen Asyl bekommen sollen, davon zirka 7 Prozent eine Chance auf einen Arbeitsplatz haben, und wir den Rest mit der Sozialhilfe bedienen müssen? Wenn jemand dieses Modell erklären kann, dann werden wir wahrschein­lich – nach der Registrierkasse – die nächste Steuer für unsere heimischen Unterneh­mer und Unternehmerinnen erfinden und die regionale Wirtschaft noch mehr be­schränken, und dann wird das Ganze immer unleistbarer.

In diesem Sinne, Kolleginnen und Kollegen: In dieser wichtigen Sachlage gemeinsame Zusammenarbeit, alle Argumente haben etwas ganz Wesentliches für sich – aber die Österreicherinnen und Österreicher zuerst! – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

13.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Alm zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen dazu.

 


13.31.49

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Kollege Leo Steinbichler meint, ich hätte behauptet, Österreicherinnen und Österreicher seien Kriminelle. Jetzt habe ich sicher­heitshalber in meiner Rede nachgeschaut, dieser Vergleich ist nicht gefallen. (Abg. Rasinger: Vielleicht hat er …!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 97

Möglicherweise meinen Sie die Passage mit der ansässigen Bevölkerung, das be­gründet aber hier keine Staatsbürgerschaft. – Danke. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Steinbichler: Das war Ihre Originalaussage, Herr Kollege!)

13.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haider zu Wort. – Bitte.

 


13.32.00

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte spärlich verbliebene, aber umso tapferer ausharrende Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Zum letzten Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs mit der Türkei am 7. März ist von meinen Vorrednern schon sehr viel gesagt worden. Soviel nur kurz dazu: Es war der Gipfel der Heuchelei am 7. März. Während der demokratische Regie­rungschef eines EU-Mitgliedslandes, Viktor Orbán, geradezu dämonisiert worden ist, kriecht der Europäische Rat jetzt geradezu vor der Türkei, einem Staat, der durch beispiellose Härte gegen eine nationale Minderheit, die Kurden, gerade einen neuen Bürgerkrieg entfacht. – So viel zur viel beschworenen europäischen Wertestruktur.

Aber nicht nur deswegen, sondern auch aufgrund des Vorgehens der türkischen Behör­den gegen Frauen und FrauenrechtlerInnen und wegen des Vorgehens gegen oppositionelle Medien ist es ganz einfach nicht angebracht, die türkische Erdoğan-Regierung als zuverlässigen Partner zu betrachten. Darüber hinaus würde Europa einen EU-Beitritt schlicht und ergreifend nicht verkraften. Es kann angesichts der Menschenrechtsverletzungen, der undemokratischen Vorgehensweise gegen kritische Medien und des Umgangs mit den eigenen Minderheiten im Land kein Beitritts­ver­fahren für die Türkei geben.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­hin­derung des geplanten Türkeiabkommens

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf europäischer Ebene vehement gegen das Türkeiabkommen, welches die Aufhebung der Visumpflicht für türkische Staatsbürger, Milliarden-Subventionen und den EU-Beitritt der Türkei beinhaltet, einzutreten.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Seit einem Dreivierteljahr, seit Mai vorigen Jahres, hat es unzählige Treffen, acht Rats­sitzungen – der Vizekanzler hat es vorhin gesagt – und Konferenzen auf allen Ebenen der EU gegeben. Das Ergebnis war – leicht zu erraten –: null. Während also eine Million Migranten Europa überrannt haben, hat es von der EU außer Absichtserklä­rungen nichts gegeben. Aber nicht nur die Europäische Union, die österreichische und auch die deutsche Bundesregierung haben in dieser Krise entgegen den Interessen ihrer eigenen Bevölkerungen agiert. Eine ganz besonders unrühmliche Rolle – und darauf muss bei dieser EU-Erklärung einmal hingewiesen werden – spielten und spielen immer noch diejenigen Extremisten, die oftmals als Vertreter der Zivilgesell­schaft oder als Aktivisten verharmlost werden, die aber zu einem nicht geringen Teil aus dem linksextremen Milieu kommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 98

Der gescheiterte Versuch von mehreren Hundert Migranten am letzten Wochenende, die mazedonische Grenze zu überqueren, der drei sogar das Leben gekostet hat, weil sie ertrunken sind, war offensichtlich von solchen Aktivisten organisiert und inszeniert. Jawohl, es war eine TV-Inszenierung, um möglichst dramatische Bilder nach Europa zu schicken. Diese Aktivisten sind dann schlussendlich auch von den mazedonischen Behörden in Gewahrsam genommen worden, und unter diesen Aktivisten war auch – die Zeitungen sind heute ja ohnehin voll davon – eine gewisse Fanny Müller-Uri aus Österreich. Diese Dame hat beste Kontakte zu den Grünen, Zeitungen schreiben sogar, dass sie Mitarbeiterin in der Grünen Bildungswerkstatt war. Das überrascht auch nicht weiter, weil die Grünen ja auch bisher nicht durch besondere Distanz zum linksextremen Rand aufgefallen sind. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Für ihre ideologischen Grabenkämpfe, meine Damen und Herren, nehmen diese Leute sogar den Tod jener in Kauf, die sie zu schützen vorgeben. Das ist die wahre Schande, und dafür sollten Sie sich schämen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei FPÖ und Team Stronach. – Abg. Brosz: Eine Schande sind Sie am Rednerpult! Sie sind die einzige Schande im Saal!)

Dafür sollten Sie sich schämen, Klubobfrau Glawischnig, wenn Sie von Schande sprechen. Diese drei Toten klagen Sie an, und diese drei Toten sind Ihre Schande! Ich erwarte mir, dass Sie sich von solchen Leuten distanzieren! (Beifall bei der FPÖ.) Das sind alles Extremisten, die aus Ihrem politischen Dunstkreis kommen. Ich erwarte mir auch eine Distanzierung Ihres grünen Präsidentschaftskandidaten Van der Bellen von solchen Leuten. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei den Grünen: Überparteilich! – Ruf bei der FPÖ: „Überparteilich“, haha!)

Eines muss man noch dazusagen: Die SPÖ kann man da auch nicht aus der Pflicht nehmen, denn diese Dame wurde ja schon mehrfach von der roten Magistrats­ab­teilung 7 finanziell gefördert und unterstützt. Diese Vernetzung ist auch noch hinterfra­gens­würdig, und wir werden sie auch hinterfragen. Sie schaden mit diesem Vorgehen nichts anderem, als genau dem, was Sie zu schützen vorgeben. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Österreich braucht eine neue Linke!)

13.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der von Herrn Abgeordnetem Haider eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Strache, Mag. Haider und weiterer Abgeordneter

betreffend Verhinderung des geplanten Türkeiabkommens

eingebracht im Zuge der Debatte über Tagesordnungspunkt 1, EU-Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 74b Abs. 1 lit b der Geschäftsordnung des Nationalrates zur bevorstehenden Tagung des Europäischen Rates vom 17. und 18. März 2016, in der 117. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 16. März 2016.

Der APA0019 vom 08. März 2016 war zu entnehmen, dass nach einem Beschluss der europäischen Staats- und Regierungschefs beim EU-Türkei-Gipfel über folgende Punkte verhandelt wurde:

Rückführung aller Migranten, die unerlaubt aus der Türkei auf die griechischen Inseln übersetzen. Die Kosten dafür trägt die EU.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 99

Geordnete Aufnahme von syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen durch die EU-Staaten. Für jeden Syrer, der von den griechischen Inseln zurück in die Türkei gebracht wird, soll einer legal in die EU kommen können. Dafür könnte der existierende Rahmen zur Umsiedlung von Flüchtlingen genutzt werden.

Beschleunigung des Verfahrens zur Aufhebung der Visumpflicht für türkische Staats­bürger, die in die EU reisen wollen. Ziel ist es, dass Türken spätestens von Ende Juni an kein Visum mehr für Reisen in EU-Länder brauchen.

Mehr Tempo bei der Auszahlung der drei Milliarden Euro, die die EU der Türkei bereits im November für die Versorgung von Flüchtlingen zugesagt hat. Die ersten Projekte sollen bis Ende März finanziert werden. Zudem soll die EU über zusätzliche Hilfsgelder entscheiden.

Start der Vorbereitungen für eine Ausweitung der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.

Zusammenarbeit mit der Türkei, um die humanitären Bedingungen in Syrien zu verbessern. Ziel ist es, dass die lokale Bevölkerung und Flüchtlinge in einigermaßen sicheren Gebieten leben können.

Nicht nur aufgrund des Vorgehens der türkischen Behörden gegen Frauen und oppositionelle Medien ist es kaum angebracht, die türkische Erdogan-Regierung als zuverlässigen Partner zu betrachten. Es ist höchst bedauerlich, dass seitens der EU das Vorgehen gegen Frauen und freie türkische Medien nur halbherzig bemängelt wird, anstatt eine klare Verurteilung auszusprechen.

Einen EU-Beitritt der Türkei würde Europa nicht verkraften. Es kann angesichts der Menschenrechtsverletzungen, der undemokratischen Vorgehensweise gegen kritische Medien und dem Umgang mit den eigenen Minderheiten im Land kein Beitrittsver­fahren geben.

Der nun angestrebte Deal mit der Türkei ist ein Offenbarungseid des Versagens der Europäischen Union. Als Gegenleistung für das Zurückhalten von Flüchtlingen Visa-Erleichterungen, Milliardenzahlungen und ein Beitrittsverfahren zuzusagen kommt einem politischen Suizid gleich. Wer dem zustimmt, fügt den Menschen in Europa schweren Schaden zu.

Selbst die Bundesministerin für Inneres Mikl-Leitner sieht die Pläne einer raschen Visa-Liberalisierung für türkische Staatsbürger in der EU „äußerst kritisch“, wie die APA0048 vom 10. März 2016 berichtete.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf europäischer Ebene vehement gegen das Türkeiabkommen, welches die Aufhebung der Visumpflicht für türkische Staatsbürger, Milliarden-Subventionen und den EU-Beitritt der Türkei beinhaltet, einzutreten.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Troch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 100

13.38.05

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Flüchtlingskrise ist klarerweise eine europäische Krise: Wenn Länder der EU wegschauen, wenn die Europäische Kommission nicht handelt, dann wird aus dieser Flüchtlingskrise eine europäische Krise.

Ich kann aber sagen – und das stimmt mich optimistisch –, dass die Europäische Union im Februar aufgewacht ist, dass die europäischen Länder aufgewacht sind. Ich darf sagen, dass es auch ein Verdienst der österreichischen Bundesregierung, der österreichischen Politik ist, dass die Union aufgewacht ist. Schauen wir uns kurz die Maßnahmen an, die wie ein Weckruf für Europa gewirkt haben: Da sind einmal die Ergebnisse des Asylgipfels von SPÖ und ÖVP, mit einem Richtwert, einer Obergrenze von 37 500. Das war ein ganz klares Signal an die Europäische Kommission und auch an die diversen Transitländer. Aber auch der Gipfel mit den Westbalkanländern war ein politischer Erfolg, eine gute diplomatische Aktion. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Früchte dieser positiven Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung kön­nen wir nun ernten. Die Zeit des Durchwinkens ist vorbei, das ist schon vielfach fest­ge­stellt worden, und sie muss auch vorbei sein. (Beifall und Bravorufe bei Abgeordneten der ÖVP.)

Österreich ist in einer einzigartigen Situation: Wir sind Transitland wie der Westbalkan, wir sind Zielland wie Deutschland und Schweden. Das heißt, wir sind besonders gefordert. Man musste diese schwierige Stellung – dass Österreich keine Pufferzone zwischen dem Westbalkan und Deutschland ist, dass Österreich nicht das Wartezim­mer für jene sein kann, die unbedingt nach Deutschland wollen, aber mit den Tages­kon­tingenten ja gar nicht mehr genommen werden – Angela Merkel ganz einfach erklären.

Ich sage: Wer beispielhafte Arbeit geleistet hat, das ist Bundeskanzler Werner Faymann. Er ist diplomatisch in Europa unterwegs und hat im Dialog mit Angela Merkel – die eine Parteifreundin der ÖVP ist, das muss man auch sagen (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP) – Außerordentliches erreicht, das ist ja heute schon gelobt worden.

Es gibt auch Teilerfolge im europäischen Bemühen um europäische Lösungen. Die Koalition der Willigen ist nicht nur ein Schlagwort. Frankreich hat sich bereit erklärt, einmal minimale Kontingente aufzunehmen, Portugal ebenfalls. Unsere Aufgabe ist es nur, den Flüchtlingen zu erklären: Ihr müsst nach Deutschland und Portugal gehen.

Daher: Ja zu einem Schutz der Außengrenzen, ja zu den Zentren für Flüchtlingsauf­nahme, den Hotspots, um zu europäischen Lösungen zu kommen und eine faire und geordnete Verteilung der Flüchtlinge im europäischen Rahmen zu gewährleisten.

Es war Werner Faymann, der von Anfang an gesagt hat: Um einen Schutz der Außen­grenzen der Europäischen Union kommen wir nicht herum. (Zwischenruf des Abg. Schönegger.) Das war eine lange Arbeit, eine lange Überzeugungsarbeit, die aber jetzt auch Früchte trägt, um Flüchtlinge entsprechend leiten zu können.

Daher: Die Schließung der illegalen Routen am Balkan ist jetzt gelungen, das ist ein erster Erfolg. Ziele und Handlungsmaximen der österreichischen Bundesregierung sind dabei Menschlichkeit, Ordnung, Sicherheit. Ich darf sagen, dass SPÖ und ÖVP Schulter an Schulter stehen (Beifall bei SPÖ und ÖVP), um nach diesem Prinzip – Menschlichkeit, Ordnung, Sicherheit – diese Flüchtlingskrise in den Griff zu bekom­men. (Zwischenruf des Abg. Schönegger.)

Und ich darf sagen: Wir sind erfolgreich. Die Europäische Union reagiert auf diese Maßnahmen. Jetzt geht es darum, Griechenland nicht alleine zu lassen, Griechenland


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zu helfen. Da wird man die Türkei nicht außen vor lassen können. Die Ägäis ist der schwierigste Meeresbereich, wenn es darum geht, die Außengrenze zu schützen. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.) Es ist sinnvoll, mit der Türkei zu sprechen und da die entsprechenden Maßnahmen zu setzen.

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Bitte um den Schlusssatz!

 


Abgeordneter Dr. Harald Troch (fortsetzend): Menschlichkeit, Ordnung, Sicherheit – das ist auch unser oberstes Gebot im Dialog mit der Türkei. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Rädler: Österreich braucht eine neue Linke!)

13.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


13.42.47

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von Menschlichkeit und Ordnung, so das viel zitierte Mantra heute, kann in der Entwicklung der Europäischen Union und in der unilateralen Prägung der einzelstaatlichen Vorstellungen leider nicht mehr die Rede sein.

Es geht auch nicht um Kontrolle, wie heute viel zitiert wurde, sondern eigentlich und in letzter Konsequenz darum, Europa und somit auch die Nationalstaaten tatsächlich abzuschotten. Das wird unter anderem von Außenminister Sebastian Kurz forciert, von Innenministerin Mikl-Leitner, aber auch von Verteidigungsminister, Kanzler und Vizekanzler. Österreich agiert unilateral und antieuropäisch. Diese Kritik ist nicht neu, ist aber weiterhin aufrecht und bedarf auch einer Erläuterung.

Was ist denn passiert? – Es gab die Schließung der Grenzen Österreichs und die Fest­legung von absoluten Obergrenzen von Spielfeld bis zum Brenner. Die Ausrichtung einer Balkankonferenz unter Ausschluss Griechenlands und Deutschlands wurde wissend, dass es vor allem mit Griechenland zu diplomatischen Verwerfungen kom­men wird, durchgeführt. Weiters: das Betreiben von Grenzschließungen auf der gesamten Balkanroute durch Außenminister und Innenministerin (Abg. Schönegger: Die Staaten am Balkan liegen …!); die abrupte Schließung der Grenzen von Maze­donien gegenüber Griechenland; die bilaterale Aktion Österreichs nun auch auf Bulgarien ausgeweitet – gerade vonseiten des Verteidigungsministers und vonseiten der Innenministerin, die auch dort Schließungen gegenüber Griechenland vonseiten Bulgariens fordern –; die Übertragung der Hauptverantwortung der Erstaufnahme der Flüchtlinge ausschließlich an Griechenland; eine Abwendung von der Politik einer Zusammenarbeit im europäischen Kontext.

Das alles, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat nichts mit der Tradition der öster­reichischen Außen- und Europapolitik zu tun. Das ist ausschließlich zynisch, das ist ausschließlich innenpolitisch motiviert und von unserer Seite striktest abzulehnen. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Auswirkungen der Politik der Abschottung können wir ja tagtäglich vor allem in den Medien verfolgen. Die Bilder betreffen uns mit Sicherheit alle, davon bin ich über­zeugt. Die Frage ist nur, wie wir damit umgehen. Mehr als 35 000 Menschen sitzen jetzt in Griechenland fest, sitzen im Schlamm, in Zelten vor Stacheldrahtzäunen. Eine humanitäre Katastrophe attestiert die Caritas vor Ort, die Hilfsorganisation, die auch tatsächlich Menschen in Not hilft.

Immer dort, meine sehr verehrten Damen und Herren, und immer dann, wenn die Politik versagt, muss die Zivilgesellschaft helfen, muss die Zivilgesellschaft eingreifen – in Österreich, in Slowenien, aber auch in Griechenland, unter anderem auch in Idomeni.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren der FPÖ! Flüchtende Menschen sterben nicht, weil ihnen geholfen wird. Flüchtende Menschen sterben, weil es eine Abschot­tungs- und eine Grenzpolitik gibt, weil es keine Möglichkeit gibt, legale Wege nach Europa zu nehmen, und weil es eine Politik Europas gibt, die Kriegsflüchtlinge tat­sächlich nicht in Europa haben will. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch-Jenewein: … Ostzug!)

Gleichzeitig wird jetzt vorgesehen, einen Deal mit der Türkei auszuhandeln. Allerdings betrifft der Deal mit der Türkei nicht jene, die jetzt schon in Griechenland festsitzen, die vielen Menschen, die jetzt im Schlamm in der humanitären Notlage festsitzen. Sondern der Deal der Türkei bezieht sich auf einen noch nicht vorgesehenen Stichtag – nennen wir ihn 1. Juli. All jene, die dann mit dem Boot an griechischen Küsten ankommen, werden genommen – egal, woher sie kommen, ob aus Syrien, Afghanistan oder dem Irak –, möglicherweise in die Hercules-Maschine gesteckt und in die Türkei zurück­gebracht, wobei dann die gleiche Anzahl an Flüchtlingen von der Türkei wieder in die Europäische Union gebracht wird, und dann in erster Linie Syrer und Syrerinnen.

Dieses System ist nicht rechtskonform, es widerspricht allen Grundrechten der Euro­päischen Union, es widerspricht allen menschenrechtsbasierten Grundlagen, auf denen wir unsere Europäische Union aufgebaut haben und ist mehr als zynisch.

Dieses System wird ganz klar von Kanzler Faymann und Vizekanzler Mitterlehner und der gesamten Bundesregierung verfolgt. Das ist abzulehnen! Einem solchen Deal, der nicht auf den Grundwerten der Europäischen Union basiert, kann nicht zugestimmt werden, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Die Türkei soll der Gatekeeper für die Europäische Union sein. 6 Milliarden €, Visa-Liberalisierung, Flüchtlingsaustausch wie eben genannt, Weiterführung der EU-Beitritts­verhandlungen – das wird vonseiten der Türkei gefordert. Das geschieht ohne ein Wort über die Menschenrechtssituation in der Türkei selbst, ohne Bedingungen vonseiten der Europäischen Union, vonseiten der Kommission oder auch vonseiten Österreichs der Türkei gegenüber. Der Friedensprozess mit den Kurden und Kurdinnen wurde mit allen militärischen Mitteln vonseiten der AKP-Regierung zerstört. AKP- und Erdoğan-kritische Zeitungen werden tatsächlich beschlagnahmt. Medien-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit existieren tatsächlich nicht.

Ein Deal mit der Türkei ohne Bedingungen kann nicht funktionieren! Das wird euro­papolitisch, außenpolitisch, menschenrechtspolitisch Folgen haben, die wir dann hier wahrscheinlich wieder zu diskutieren haben, die aber gravierend für die Flüchtlings­politik in ganz Europa sein werden. (Beifall bei den Grünen.)

13.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


13.49.02

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe bei der Erklärung der Herren Bundeskanzler und Vizekanzler sehr genau zugehört und ich stelle fest: Die EU hat keine gesamte Lösung in der Flüchtlingsfrage – zumindest bis heute nicht, vielleicht noch morgen oder übermorgen, wollen wir es hoffen.

Die Nationen, die Länder sind gezwungen, eigene Grenzen zu schützen und zu sichern. Jetzt soll noch die Türkei enger an die EU gebunden werden, ja sie soll gar einen Freibrief bekommen, und das lehne ich ganz entschieden ab.

Der Bundeskanzler und auch die deutsche Bundeskanzlerin haben – Kollegin Dietrich hat es, glaube ich, schon angesprochen – ja eine Einladungspolitik betrieben. Ich denke, dass es höchste Zeit ist, dass Frau Bundeskanzlerin Merkel und Herr Bundes-


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kanzler Faymann dringend eine Botschaft in die Welt senden, dass wir einfach nicht mehr in der Lage sind, weitere Flüchtlinge aufzunehmen.

Dabei ist zu betonen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Bei aller Hilfe, die notwendig ist, aber die Zeche zahlen die Steuerzahler und die Steuerzahlerinnen in Österreich, liebe Freunde. Dabei sind, glaube ich, so manche Personen auch bei uns schon finanziell über dem Limit. Ich denke, da soll man endlich einmal Rücksicht auf unsere Mitmenschen, die ihre Rechnungen zu begleichen haben, nehmen.

Was mich besonders stört: Dass Menschen, die Hilfe brauchen, Hilfe geboten werden muss, steht außer Frage, aber ich höre heute nicht – weder vom Herrn Bundeskanzler noch vom Herrn Vizekanzler –, dass die Verursacher in die Mangel genommen werden und die Zeche zahlen sollten, und nicht immer nur der fleißige Steuerzahler. – Herzlichen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

13.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. – Bitte.

 


13.51.10

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat heute seine Rede, seine Erklärung – die ist ja Gegenstand der Debatte – mit den Worten beendet, dass die Situation so schwierig sei wie seit den siebziger Jahren nicht, worauf auch immer er sich dabei bezogen hat. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) – Die ÖVP sollte sich, glaube ich, mit Zurufen zurückhalten. Schaut, wie ihr da selbst zusammenkommt! (Beifall bei den Grünen. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die ÖVP leistet sich schon den ersten wilden Klubobmann im Parlament, der dauernd gegen die Regierung auftritt. Wenn Sie sich da noch anhängen wollen, dann haben wir noch einen ganzen wilden Klub, aber das ist ja Ihr Recht. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Wir müssen vielleicht die Sitzordnung ändern!)

Aber zurück zum Ernst der Sache: Der Herr Bundeskanzler hat von der Opposition Konstruktivität eingefordert. Ja, ich gestehe durchaus ein, dass die Situation nicht einfach ist. Das ist ganz klar. Nur kommt es immer darauf an, wie man sich bemüht und was man daraus macht. Man sollte es sich, nur weil die Situation nicht einfach ist, nicht zu einfach machen. Das ist eben einfach der Unterschied.

Es ist ja klar, dass die Europapartei ÖVP aussteigt, wenn es eine Europaerklärung gibt, aber das ist auch nichts Neues. Es mangelt auf europäischer Ebene ja auch nicht an Kompetenz, Institutionen und Phantasie, es mangelt in Wirklichkeit an etwas ganz anderem. Das Problem ist, dass Staatenlenker und -lenkerinnen – meistens sind es Männer, wie man früher gesagt hat – einfach nicht die Courage aufbringen, zu vermit-teln, was notwendig, richtig und wichtig wäre, nämlich dass die Situation durchaus auf europäischer Ebene handlebar wäre.

Da braucht es Politikerinnen und Politiker mit Haltung, aber die werden immer weniger, auch in Österreich. (Zwischenruf des Abg. Schönegger. Haltung habe ich gesagt, Herr Kollege, nicht Wendehälse, Haltung, das ist etwas anderes. Haltung zu bewahren ist auch eine brauchbare Eigenschaft, in diese Reihen gesprochen und auch dorthin. (Der Redner deutet in Richtung SPÖ und ÖVP.) Das strahlt natürlich auch aus, dass man sich etwas zutraut. Nur einer politischen Führung, die sich etwas zutraut, wird auch vertraut, und völlig zu Recht. (Beifall bei den Grünen.)

Alle Umfragen in der europäischen Bevölkerung deuten ganz eindeutig darauf hin, dass die Mehrheit – das wurde heute noch nicht gesagt – europäische Lösungen bevorzugt. Natürlich, wenn das Ding zum Scheitern gebracht wird, dann verstehe ich


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schon, warum man auf sogenannte nationale Lösungen zurückfällt. Sonst bleibt nämlich fast nichts übrig. Aber das ist das Problem und eben nicht die Lösung. Darauf legen es manche an, und das ist der Kern der Sache.

Es geht ja nicht darum, dass man sagt: Europa bringt nichts zusammen, und deshalb müssen wir wie früher nationalstaatlich handeln, Uraltpolitik machen. Es ist ja umge­kehrt: Europa, selbst die Union und ihre Institutionen können, obwohl dort viel möglich wäre, nicht mehr viel weiterbringen – das ist ja tatsächlich der Befund –, weil es absichtlich zum Scheitern gebracht wird. (Abg. Neubauer: Wer bringt was absichtlich zum Scheitern?)

Also noch einmal: Das ist das Problem und nicht die Lösung. Einzelne Politiker, aber auch einzelne Mitgliedstaaten legen es darauf an. Vor allem deshalb ist es nicht einfach und, zugegeben, tatsächlich schwierig. Also muss das erste Bemühen immer sein, dort Hand anzulegen, das zu verbessern. Was macht unsere Bundesregierung?

Ich erkenne im Übrigen an, dass man irgendwie unter Druck kommt, denn in diesem Land sind immerhin 90 000 Asylanträge entgegengenommen worden. Ja, richtig, das gibt es fast nirgends in Europa. Man versteht auch den Druck, dem sich der Herr Bundeskanzler ausgesetzt fühlt. Ich verteidige aber trotzdem nicht, was er tut.

Der Punkt ist ja noch ein anderer: Solche Freunde möchte man haben! Er war doch vor dieser Kehrtwende – zuerst hat es geheißen, keine Obergrenzen, dann auf einmal doch, das ist heute schon dreimal aufgezählt worden – der allerbeste Freund von Tsipras und gehörte zu den besten Freunden von Frau Merkel. Er hat es über Nacht geschafft, es sich mit beiden Freunden zu verscherzen und hat ihnen einfach das Rückenteil gezeigt. Ob das die richtige Lösung für einen europäischen Weg ist, wage ich zu bezweifeln. (Beifall bei den Grünen.)

Man hat es absichtlich in Kauf genommen, dass Menschen in Griechenland anstran­den – auch wenn es nach Ihrer Rechnung nur 15 000 oder 30 000 sind. Natürlich, mit dieser Logik muss es früher oder später so weit sein, dass es weniger werden, das ist in dieser Logik drinnen. Aber auf der anderen Seite geht es doch da­rum, dass man auch 30 000 oder 50 000 Menschen nicht zum Spielball einer solchen Strategie machen kann.

Die Balkanroute ist in dieser Form über Nacht geschlossen worden, und auch alleine das ist vorwerfbar, wenn man nämlich dieserart mit dem Schicksal der Menschen spielt. Da braucht man diejenigen, die helfen wollen, nicht noch zu kriminalisieren, aber das richtet sich ohnehin von selbst. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Abschließend, was aber die Türkei betrifft: Dazu wurde alles vorgebracht, vor allem von der NEOS-Fraktion. Da schließe ich mich den Kollegen an.

Am Schluss wird der Punkt sein, dass die Lösung mit Menschlichkeit, auf Menschen­rechtsbasis und sogar mit ökonomischer Vernunft gelingen muss. (Abg. Rädler: Blabla!)

Was glauben Sie, was es kostet, alle Binnengrenzen im Schengen-Raum zu schließen? – Das kostet doch allein in Österreich 3 Milliarden € im Jahr! Das hat Herr Leitl gesagt und nicht ich. Ich habe die Studie gesucht, und er hat recht: 3 Milliarden € pro Jahr.

Also: Menschlichkeit und wirtschaftliche Vernunft! Machen wir keine Grenzen dicht, sondern auf und kontrollieren bitte an der Schengen-Grenze. Das verhindern Sie ja! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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13.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


13.57.08

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hohes Haus! Da schon einiges gesagt wurde, würde ich gerne ein paar grundsätzliche Dinge beleuchten. Was hier in der Diskussion nicht so richtig herauskommt, ist, dass ein Flüchtling anscheinend, wenn er sich hinter dem Zaun befindet, also außerhalb des Landes, in das er hineinwill, keine Rechte hat. Das heißt, er kampiert dort, versucht jede Nacht durchzukommen, und je nachdem, wie hoch die Zäune sind und wie schwer es ist, durchzukommen, schafft er es oder schafft er es nicht.

Die Logik ist die, dass er ab dem Moment, in dem er es schafft, Rechte besitzt. Das heißt, wenn er diesen Zaun überwindet, wenn er sich unter diesem Zaun durchgräbt, wenn er es nur irgendwie schafft, diesen Zaun zu überwinden, dann hat er plötzlich Rechte. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Es ist ein Grundrecht, dass man Asyl bean­tragen darf!) Wenn er sich aber dahinter befindet, hat er keine Rechte. Das ist dieses Casting, das wir veranstalten, bei dem die Menschen monatelang, wochenlang ver­suchen – wir sehen es in Spanien und in vielen anderen Regionen –, diesen Zaun zu überwinden, weil sie wissen: Es ist wie bei einem Casting, wenn sie es schaffen, dürfen sie bleiben.

Genau das suggerieren wir auch. Wir sagen ihnen: Ihr seid auf der anderen Seite des Zauns, ihr habt keine Rechte, ihr müsst dort bleiben. Wir machen die Zäune immer höher. Wenn ihr es aber doch schafft, dann seid ihr im Verfahren, dann habt ihr eine Chance, hier aufgenommen zu werden. Das motiviert die Menschen natürlich dazu, zu uns zu kommen.

Die Lösung ist aber nicht das, was Sie sagen, nämlich eine legale Möglichkeit zu schaffen. Denn wissen Sie, was geschieht, wenn ich eine legale Möglichkeit schaffe? – Dann kommen plötzlich alle. Damit man eine Vorstellung davon hat, wie viele das sein könnten: Da spreche ich nicht von den 60 Millionen Kriegsflüchtlingen, sondern ich spreche von den drei Milliarden Menschen weltweit, die laut Weltbank arm sind, die weniger als 2 Dollar pro Tag verdienen – drei Milliarden Menschen! (Abg. Scherak: Die haben aber keinen Asylgrund!) Wenn es darum geht, für sie eine Perspektive zu schaffen, dann geht sich das nicht aus.

Da Sie sagen, die haben keinen Asylgrund: Auch Kriegsflüchtlinge haben keinen Asylgrund, denn Sie wissen ganz genau, dass Bürgerkrieg oder Kriegszustände keinen Asylgrund darstellen. (Abg. Scherak: Subsidiärer Schutz!) – Ja, genau, und dieser subsidiäre Schutz wurde verdoppelt, weil man weiß, dass die Genfer Flüchtlingskon­vention das gar nicht hergibt. Hier in der Diskussion wird aber immer wieder behauptet, dass es diesen Asylgrund gibt, und dass wir wegen der Menschenrechte alle herein­lassen müssen. Genau das ist das Problem.

Die Lösung ist daher ganz einfach. Es geht nicht darum, legale Zuwanderung zu organisieren. Sonst müssten wir jedes Jahr Millionen aufnehmen, Millionen! Allein den 8,7 Millionen Menschen, die jedes Jahr verhungern, müssten wir auch dement­sprechend Schutz bieten, denn sie sind genauso gefährdet.

Sie sagen: Manche flüchten vor Bomben und vor Terror. (Zwischenrufe bei den Grü­nen.) Ein Mensch, der verhungert, hat selbstverständlich genauso einen Grund, aufge­nommen zu werden. Wenn wir so anfangen, dann sprechen wir von den sechs Millionen Kindern, die heuer wahrscheinlich weltweit verhungern werden. (Abg. Brosz: … sind Ihnen auch egal?) Sechs Millionen Kinder verhungern heuer, sechs Millionen sind 2015 verhungert, und sechs Millionen werden 2016 verhungern. (Abg. Brosz: Sollen wir denen auch nicht helfen?) Wir könnten ihnen mit den Eltern natürlich auch eine Perspektive bieten. Da sprechen wir auch von zehn Millionen.


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Die Lösung ist ja ganz einfach. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Ja, was ist die Lösung?) Wir brauchen keinen legalen Zuzug, wir brauchen keine Stacheldrahtmauern, die 20 Meter hoch sind. Was wir brauchen, ist Hilfe vor Ort. Genau da hapert es.

Wir lassen die Menschen ohne Perspektive hier herein und zahlen das 20-Fache von dem, was wir zahlen müssten, wenn wir ihnen vor Ort helfen. (Abg. Kogler: Es wird ja vor Ort …!) Und warum machen wir das? – Nicht weil wir so dumm sind, sondern weil es in Europa leider – ausgehend von der Frau Merkel – eine stille Übereinkunft gibt, dass Europa ab jetzt ein Zuwanderungskontinent sein muss. Das haben die Deutschen beschlossen. Ist Ihnen das nicht aufgefallen? Vor zwei Jahren ist das geschehen, mittlerweile geben es alle zu.

Die Deutschen haben vor zwei Jahren beschlossen: Ab jetzt ist Europa ein Zuwan­de­rungskontinent. Der deutsche Innenminister de Maizière hat es ja gesagt: Der Konflikt in Syrien ist ja ein Glücksfall – das hat er so im Deutschen Bundestag gesagt –, denn die Menschen, die von dort kommen, sind hoch ausgebildet, und die können wir in Deutschland bestens brauchen. – Das ist ja der Hintergrund.

Die Diskussion wird ja nicht ehrlich geführt, denn wenn wir den Menschen wirklich helfen wollten, dann helfen wir ihnen nicht in Österreich mit dem 20-fachen an Kosten, mit den ganzen kulturellen, religiösen Problemen, sondern wir helfen ihnen vor Ort. Aber das will man nicht! (Beifall beim Team Stronach.) Man will es nicht, weil Europa noch ein paar Arbeitskräfte abstauben will, in der Hoffnung, die Probleme, die wir aufgrund der Demographie haben, zu lösen. Das ist der Hintergrund.

Da wird die Bevölkerung letztlich verarscht, weil man ihr Sand in die Augen streut und sagt: Wir machen das wegen der Menschenrechte, die sind ja so arm, diese Men­schen, denen müssen wir helfen. Wir sind ja alle furchtbar kaltherzig, wenn wir nicht helfen.

Das ist nicht der Hintergrund. Helfen könnten wir ihnen vor Ort viel, viel besser. Aber nein, man will sie herholen, weil man sich davon verspricht, Arbeitskräfte für die Zukunft zu haben. Das funktioniert aber nicht, denn die meisten, die kommen, sind ungebildet, sind religiös verblendet, sind fanatisch, nicht integrierbar und haben ein Weltbild wie Neandertaler, wo man Frauenrechte mit Füßen tritt. (Abg. Kogler: Wahn­sinn, ein totaler …!) Dass die Grünen sich für eine solche Spezies einsetzen, ist für mich wirklich eine Katastrophe, denn normalerweise haben die Grünen immer die Frauenrechte hochgehalten, und jetzt holen Sie genau solche Neandertaler herein, die wir bei uns Gott sei Dank ausgerottet haben! (Unruhe im Sitzungssaal.)

14.03

*****

14.03.03

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Klubobmann Lugar, bitte, das geht zu weit! Ich muss Ihnen dafür einen Ordnungsruf erteilen. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Warum tut Ihnen das leid?) – Es geht zu weit, habe ich gesagt. (Unruhe im Sitzungssaal.)

*****

14.03.50

Zu diesem Tagesordnungspunkt ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend zeitgerechte Zuleitung der europäischen Beschlussvorlagen, damit dem Nationalrat entsprechend Art. 23e B-VG Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhinderung des geplanten Türkeiabkommens.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

14.04.142. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1027 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1039 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1570/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionsautomatismus (1040 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1016/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ver­sicherungsmathematisch korrekte Zu- und Abschläge bei Pensionen (1041 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 947/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ver­pflichtendes und tatsächliches Pensionssplitting (1042 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1179/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt der Hinterbliebenen-Pensionen (1043 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1555/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein einheitliches und existenzsicherndes Pensionssystem für alle (1044 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1360/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Möglichkeit zur vierteljährlichen Auszahlung der 13. und 14. Monatspension für Pensionisten“ (1045 d.B.)


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9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1428/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1046 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1562/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuregelung des § 311(5) ASVG (1047 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1504/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung des Bank-Austria-Pensionsdeals zwischen SPÖ-Wien und dem BMASK unter der Federführung von Ex-Minister Rudolf Hundstorfer (1048 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1582/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pri­vilegien dürfen nicht weiter vergoldet werden – keine Sonderbestimmungen für staatliche oder im staatsnahen Bereich erworbene Pensionsanteile über der ASVG-Höchstgrenze“ (1049 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 bis 12 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.05.00

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Vor wenigen Tagen hat der sogenannte Pensionsgipfel getagt. Eines der eher dürftigen Ergebnisse dieses Gipfeltreffens war die Erkenntnis, dass man nicht möchte, dass Menschen, die ohnehin nur eine kleine Pension haben, mit Erreichen ihres Pensionsantrittsalters – Frauen: 60, Männer: 65 – in Zukunft zu ihrer kleinen Pension etwas dazuverdienen.

Deshalb beabsichtigt man, wie man den Medien entnehmen konnte, eine in etwa 50-prozentige Reduzierung dessen, was man dazuverdienen möchte. Hat zum Beispiel jemand eine Pension von 2 500 €, und er möchte sich nebenbei ungefähr 1 500 € dazu­verdienen, dann wären das 4 000 €, ausbezahlt sollen aber nur 3 250 € werden.

Das sehen wir als massiv ungerechtfertigt an. Es hat auch bereits massive Proteste seitens der Vertreter des Seniorenrats, des Seniorenrings, des Pensionistenverbandes, des Seniorenbundes gegeben.

Wir stellen daher folgenden Antrag:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entfall der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung aufgrund von Erwerbstätigkeit in der Pension unter Berücksichtigung der ASVG-Höchstpension

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der vorsieht, dass Personen, die eine Alterspension beziehen, von der Pflichtversiche­rung in der gesetzlichen Pensionsversicherung ausgenommen werden, wenn diese in der Pension einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Zielsetzung dafür ist, dass bis zur ASVG-Höchstpension keine Pensionsbeiträge auf Grundlage einer Beschäftigung anfallen. Mehrfach- und Luxuspensionisten aus dem staatlichen und halbstaatlichen Bereich, die diese ASVG-Höchtspension überschreiten, sollen aber einen Beitrag leisten.“

*****

Damit wollen wir sicherstellen, dass sich durch diese eigentlich soziale Maßnahme Luxuspensionisten daran nicht zusätzlich zu ihrem ohnehin schon hohen Pensions­einkommen noch bereichern. (Beifall bei der FPÖ.)

Weiters haben wir in Erfahrung gebracht, dass ungefähr ein Viertel – und da bin ich beim Antrag der Kollegin Dietrich – der Österreicherinnen und Österreicher, auch bei den Pensionisten, gar nicht weiß, wie derzeit eigentlich der Umfang ihres 13. und 14. Gehalts rechtlich geregelt ist. Es hat dazu eine Umfrage der Gewerkschaft der Privatangestellten gegeben, und diese Umfrage hat gezeigt, dass die Menschen glauben, dass 13. und 14. Gehalt in Österreich eine gesetzlich geregelte Selbstver­ständlichkeit seien. Tatsache ist aber, dass 13. und 14. Gehalt eigentlich nicht rechtlich geregelt, sondern nur Bestandteile der Kollektivverträge sind.

Die Umfrage, die Kollege Katzian in Auftrag gegeben hat, hat auch gezeigt, dass die Menschen Angst haben, dass 13. und 14. Gehalt irgendwann einmal in den nächsten fünf bis zehn Jahren gestrichen werden könnten.

Wir wollen das eigentlich nicht, weil wir der Meinung sind, dass 13. und 14. Gehalt viele Steuerungseffekte in Österreich haben; auch die Wirtschaft ist zum Beispiel mit der derzeitigen Regelung, dass einmal vierteljährlich, einmal halbjährlich ausgezahlt wird, nicht einverstanden. Viele Branchen sollen zum Beispiel im Juni, Juli, August dieses halbe Gehalt, also im Wesentlichen ein ganzes Gehalt, dazuzahlen; und dadurch sind Firmen massiven Belastungen ausgesetzt.

Wir stellen daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung der Auszahlung des 13. und 14. Monatsgehalts inklusive einer quartals­mäßigen Anweisung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsu­mentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzu­leiten, der vorsieht, dass die gesetzliche Verankerung einer verpflichtenden Auszah-


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lung des 13. und 14. Monatsgehalts für alle unselbständig Beschäftigten im österreichi­schen Arbeitsrecht umgesetzt wird. Gleichzeitig soll gesetzlich verankert werden, dass das 13. und 14. Monatsgehalt quartalsmäßig an die Beschäftigten ausgezahlt wird.“

*****

Ich ersuche um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)

14.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Beide Entschließungsanträge sind ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen daher mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Werner Neubauer und weiterer Abgeordneter

betreffend Entfall der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung aufgrund von Erwerbstätigkeit in der Pension unter Berücksichtigung der ASVG-Höchstpension

eingebracht in der 117.Sitzung des Nationalrates am 16.03.2016  im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 5: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 947/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtendes und tatsächliches Pensionssplitting (1042 d.B.)

Aufgrund der gegenwärtigen Regelungen sind Bezieher einer Altersperson(Frauen ab dem 60. Lebensjahr, Männer ab dem 65.Lebensjahr) weiter in der gesetzlichen Pen­sions­versicherung pflichtversichert, wenn sie in ihrer Pension einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Dies hindert viele ASVG-Versicherte, in ihrer Pension einer weiteren Erwerbstätigkeit nach zu gehen. Es muss aber im Interesse der Arbeitswelt und auch der Wirtschaft sein, dass Personen, die ihre Erfahrungen aus dem Berufsleben weiter einsetzen wollen bzw. die sich zu ihren kleinen und mittleren Pensionen etwas dazu verdienen müssen, einen Anreiz im Pensionsversicherungssystem erhalten. Gleich­zeitig kommen durch diese zusätzliche Erwerbstätigkeit über Steuern und sonstige Abgaben Einnahmen für das Sozialsystem herein.

Um aber auszuschließen, dass Bezieher von Mehrfach- und Luxuspensionen von einer solchen Regelung privilegiert werden, sollte eine Deckelung dieser Regelung mit der ASVG-Höchstpension eingezogen werden. Erreichen Pensionisten diese ASVG-Höchstpension und erhalten sie darüber hinaus Mehrfach- und Luxuspensionen aus dem staatlichen und halbstaatlichen Bereich, dann sollten sie dafür einen ent­sprechenden Beitrag leisten. Mit dieser Regelung verhindert man eine zusätzliche Privilegierung für einen „geschützten Bereich“, der ohnehin pensionsrechtlich über Gebühr ausgestattet ist. Würde man eine solche Differenzierung nicht vornehmen, dann würden bestehende Privilegien zementiert und neue geschaffen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten,


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der vorsieht, dass Personen, die eine Alterspension beziehen, von der Pflichtver­sicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung ausgenommen werden, wenn diese in der Pension einer Erwerbstätigkeit nachgehen.  Zielsetzung dafür ist, dass bis zur ASVG-Höchstpension keine Pensionsbeiträge auf Grundlage einer Beschäftigung anfallen. Mehrfach- und Luxuspensionisten aus dem staatlichen und halbstaatlichen Bereich, die diese ASVG-Höchtspension  überschreiten, sollen aber einen Beitrag leisten.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Neubauer und weiterer Abgeordneter

betreffend gesetzliche Verankerung der Auszahlung des 13. und 14. Monatsgehalts inklusive einer quartalsmäßigen Anweisung

eingebracht in der 117.Sitzung des Nationalrates am 16.03.2016 im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 8: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1360/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Möglichkeit zur vierteljährlichen Auszahlung der 13. und 14. Monatspension für Pensionisten" (1045 d.B.)

Um ein liebgewordenes Privileg bangt ein Viertel der Österreicher: Sie fürchten, dass das Urlaubsgeld in den nächsten fünf bis zehn Jahren gestrichen werden könnte, wie aus einer IFES-Umfrage im Auftrag der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) hervorgeht.

"13. und 14. Gehalt sind nicht vom Himmel gefallen", sagt GPA-Vorsitzende Wolfgang Katzian. Laut der Umfrage glauben 47 Prozent der Befragten, dass die Urlaubs-und Weihnachtsgelder gesetzlich verankert sind. Das sind sie aber nicht, sie stehen in den Kollektivverträgen, was nur 46 Prozent wussten. Auch wenn 25 Prozent die Abschaf­fung der Sonderzahlung für wahrscheinlich halten, sehen im Umkehrschluss 74 Prozent das 13. und 14. Gehalt dauerhaft gesichert.

Die Umfrage wurde zum zweiten Mal nach 2008 durchgeführt. Der Vergleich zeigt, dass nun 36 Prozent die Sonderzahlungen für tägliche Ausgaben brauchen, 2008 waren es 32 Prozent. Ebenfalls 36 Prozent gaben an, die Gelder für die Altersvorsorge oder für spätere Anschaffungen zu benötigen, 18 Prozent decken damit Schulden und Kontoüberziehungen ab. Verwendungszweck Nummer 1 blieb aber der Urlaub.

Ein Viertel der Umfrageteilnehmer wusste übrigens nicht, wie die Sonderzahlungen berechnet werden. 99 Prozent vertrauen aber sowieso ihrem Arbeitgeber, sie gehen davon aus, dass korrekt abgerechnet wird. 94 Prozent wollen so wie bisher die Aus­zahlung vor dem Sommer und zu Weihnachten. Eine anteilsmäßige monatliche Auszahlung wird von der Mehrheit abgelehnt.

Die Finanzierung einer Lohnsteuersenkung durch die Streichung der Steuervorteile beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld wird in der Umfrage abgelehnt. Das wäre eine Steuerreform "von der linken in die rechte Hosentasche", sagte Katzian. (Kurier vom 02.06.2014)

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­su­mentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der vorsieht, dass die gesetzliche Verankerung einer verpflichtenden Auszahlung des 13. und 14. Monatsgehalts für alle unselbständig Beschäftigten im österreichischen Arbeitsrecht umgesetzt wird. Gleichzeitig soll gesetzlich verankert werden, dass der 13. und 14.Monatsgehalt quartalsmäßig an die Beschäftigten ausgezahlt wird.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


14.09.47

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich darf zum Tagesordnungspunkt 2 betreffend ASVG-Novelle in der Causa Bank Austria Stellung nehmen.

Sie erinnern sich: In den vergangenen Wochen hat es dazu viele hitzige Debatten ge­geben. Es wurden auch Unwahrheiten verbreitet und Verdächtigungen ausgesprochen. Nun sind wir an jenem Punkt angelangt, an dem wir heute im Nationalrat einen Be­schluss fassen werden, nämlich die Novelle zum ASVG laut Regierungsvorlage, ergänzt durch einen Abänderungsantrag, der den fairen Wechsel der über 3 000 Be­schäf­tigten der Bank Austria in das ASVG-System noch sicherer und besser gestalten wird.

Wir schaffen mit der heutigen Beschlussfassung jenen Teil, den der Herr Sozialminister von der ersten Minute an vertreten hat: Eine Überführung der Beschäftigten aus dem firmeneigenen Pensionssystem in das staatliche Pensionssystem kann mit einer Gesetzesänderung nur so gestaltet werden, dass die Beitragshöhe – nämlich die 22,8 Prozent vom Letztgehalt – für die Bank Austria per Gesetz geregelt wird.

Wir schaffen heute mit dieser Beschlussfassung auch, dass eine Überleitung in das staatliche Pensionssystem ohne Kündigung erfolgen kann.

Ich darf einen Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 1039 der Beilagen über die Regierungsvorlage 1027 der Beila­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

a) Nach der Z 1 werden folgende Z 1a und 1b eingefügt:

„1a. Im § 308 Abs. 1 erster Satz wird der Ausdruck ‚7 vH‘ durch den Ausdruck ‚22,8 %‘ und der Aus-druck ‚1 vH‘ durch den Ausdruck ‚3,25 %‘ ersetzt.

1b. Im § 311 Abs. 5 und 9 wird der Ausdruck ‚7 %‘ jeweils durch den Ausdruck ‚22,8 %‘ ersetzt.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 113

b) § 696 Abs. 1 in der Fassung der Z 4 lautet:

„(1) Es treten in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2016 in Kraft:

1. mit 1. März 2016 § 5 Abs. 1 Z 3 lit. a und mit 1. Februar 2016 die §§ 311a samt Überschrift und 312 sowie Abs. 4 dieser Bestimmung, wenn der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz mit Verordnung feststellt, dass die Europä­ische Kommission den Überweisungsbetrag nach § 311a nicht als staatliche Beihilfe beurteilt;

2. mit 1. Februar 2016 die §§ 308 Abs. 1, 311 Abs. 5 und 9 sowie Abs. 5 dieser Bestimmung.“

c) Dem § 696 in der Fassung der Z 4 werden folgende Abs. 4 und 5 angefügt:

„(4) Betriebsvereinbarungen, die in den im § 5 Abs. 1 Z 3 lit. a genannten Angele­genheiten (Ruhe- und Versorgungsgenüsse, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) sowie für Maßnahmen zur Milderung der Folgen von Änderungen bei den angeführten Angelegenheiten für die im Abs. 3 genannten DienstnehmerInnen bereits abgeschlos­sen wurden, sind Betriebsvereinbarungen im Sinne des § 29 des Arbeitsverfas­sungs­gesetzes (ArbVG), BGBl. Nr. 22/1974. Dies gilt auch für künftig abzuschließende Betriebsvereinbarungen insoweit, als sie in diesen Angelegenheiten Maßnahmen in sinngemäßer Anwendung des § 97 Abs. 1 Z 4 in Verbindung mit § 109 Abs. 1 Z 1 bis 6 ArbVG betreffen.

(5) Die pensionsbezogenen Leistungen, Zusagen oder Anwartschaften der Unterneh­mensgruppe UniCredit Bank Austria Aktiengesellschaft gelten bis zur Leistung des Überweisungsbetrages in der Höhe von 22,8 % der Berechnungsgrundlage (§ 311 Abs. 6) weiterhin als gleichwertig im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 3 lit. a und sind zu erbringen und zu erfüllen.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesem Abänderungsantrag haben wir versucht, jene konstruktive Kritik, die es in den letzten Wochen und Tagen auch sei­tens des Rechnungshofes gegeben hat, dementsprechend einzuarbeiten und heute als Beschlussfassung vorzulegen.

Wir schaffen mit der heutigen Beschlussfassung die Sicherheit für die betroffenen Be­schäftigten, die Anrechnung ihrer Versicherungszeiten durch einen gerechten Überwei­sungsbeitrag. Ich möchte mich recht herzlich bei unserem Herrn Bundesminister, der diese Lösung konsequent vorangetrieben hat, bedanken. Ich bedanke mich auch beim Koalitionspartner für die sehr offenen Gespräche, ganz besonders aber auch bei den Oppositionsparteien, die natürlich dieser ganzen Lex Bank Austria kritisch gegenüber­gestanden sind.

Ich hoffe, dass wir heute hier zu einer breiten Zustimmung kommen werden. Ich lade Sie dazu recht herzlich ein. Vielen Dank auch an alle Experten im Sozialministerium, die in den letzten Tagen eine ganz tolle Arbeit zur Vorbereitung der heutigen Be­schluss­fassung geleistet haben. Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 114

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch, Wöginger und Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 1039 der Beilagen über die Regierungsvorlage 1027 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

a) Nach der Z 1 werden folgende Z 1a und 1b eingefügt:

»1a. Im § 308 Abs. 1 erster Satz wird der Ausdruck „7 vH“ durch den Ausdruck „22,8 %“ und der Aus-druck „1 vH“ durch den Ausdruck „3,25 %“ ersetzt.

1b. Im § 311 Abs. 5 und 9 wird der Ausdruck „7 %“ jeweils durch den Ausdruck „22,8 %“ ersetzt.«

b) § 696 Abs. 1 in der Fassung der Z 4 lautet:

„(1) Es treten in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2016 in Kraft:

1. mit 1. März 2016 § 5 Abs. 1 Z 3 lit. a und mit 1. Februar 2016 die §§ 311a samt Überschrift und 312 sowie Abs. 4 dieser Bestimmung, wenn der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz mit Verordnung feststellt, dass die Europäische Kommission den Überweisungsbetrag nach § 311a nicht als staatliche Beihilfe beurteilt;

2. mit 1. Februar 2016 die §§ 308 Abs. 1, 311 Abs. 5 und 9 sowie Abs. 5 dieser Bestimmung.“

c) Dem § 696 in der Fassung der Z 4 werden folgende Abs. 4 und 5 angefügt:

„(4) Betriebsvereinbarungen, die in den im § 5 Abs. 1 Z 3 lit. a genannten Ange­legenheiten (Ruhe- und Versorgungsgenüsse, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) sowie für Maßnahmen zur Milderung der Folgen von Änderungen bei den angeführten Angelegenheiten für die im Abs. 3 genannten DienstnehmerInnen bereits abgeschlos­sen wurden, sind Betriebsvereinbarungen im Sinne des § 29 des Arbeitsverfassungs­gesetzes (ArbVG), BGBl. Nr. 22/1974. Dies gilt auch für künftig abzuschließende Betriebsvereinbarungen insoweit, als sie in diesen Angelegenheiten Maßnahmen in sinngemäßer Anwendung des § 97 Abs. 1 Z 4 in Verbindung mit § 109 Abs. 1 Z 1 bis 6 ArbVG betreffen.

(5) Die pensionsbezogenen Leistungen, Zusagen oder Anwartschaften der Unter­neh­mensgruppe UniCredit Bank Austria Aktiengesellschaft gelten bis zur Leistung des Überweisungsbetrages in der Höhe von 22,8 % der Berechnungsgrundlage (§ 311 Abs. 6) weiterhin als gleichwertig im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 3 lit. a und sind zu erbringen und zu erfüllen.“

Begründung

Zu lit. a (§§ 308 Abs. 1 sowie 311 Abs. 5 und 9 ASVG):

Die Bemessung des Überweisungsbetrages nach den §§ 308 und 311 ASVG entspricht einer Pauschalierung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ASVG dem damaligen Beitragsniveau in der Pensionsversicherung nahe kam (Beitragssatz: 11 % der Beitragsgrundlage).


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 115

Da diese historische Pauschalierung nicht an die im Lauf der Zeit sukzessive An­hebung des Beitragssatzes auf 22,8 % der Beitragsgrundlage angepasst wurde, soll nunmehr für Fälle des Ausscheidens aus dem pensionsversicherungsfreien Dienst­verhältnis mit Wirkung ab Februar 2016 Folgendes normiert werden:

Bei Aufnahme in das pensionsversicherungsfreie Dienstverhältnis ist für jeden ange­rech­neten Beitrags-monat ein Überweisungsbetrag in der Höhe von 22,8 % der Berechnungsgrundlage und bei Ausscheiden aus dem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis ist ein Überweisungsbetrag in der Höhe von 22,8 % des Letztbezuges vor dem Ausscheiden zu leisten.

Damit soll auch bei einem Systemwechsel dem Grundsatz der Kostenwahrheit Rechnung getragen werden.

Zu lit. c (§ 696 Abs. 4 und 5 ASVG):

Im Zusammenhang mit der Schaffung einer Überweisungsregelung für Fälle der Beendigung der Pensionsversicherungsfreiheit von Dienstverhältnissen, ohne aus diesen auszuscheiden, soll auch die Möglichkeit eingeräumt werden, in diesen Ange­legenheiten Betriebsvereinbarungen abzuschließen, die zum Bei-spiel den Entfall von Anwartschaften auf Ruhe- und Versorgungsgenüsse bzw. damit verbundene „Abfede­rungsmaßnahmen“ vorsehen.

Um das Entstehen von Versorgungslücken zu verhindern, soll das Pensionsäquivalent für die DienstnehmerInnen der UniCredit Bank Austria Aktiengesellschaft so lange weiter bestehen, bis die einschlägigen Verfahren abgeschlossen sind und der Überwei­sungsbetrag geleistet wurde.

Auf Basis der geltenden Rechtslage wurden die betroffenen MitarbeiterInnen der UniCredit Bank Austria bei den zuständigen Gebietskrankenkassen angemeldet und haben diese Personen Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung und gege­benenfalls aus der Unfallversicherung.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Dr. Strolz. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


14.16.29

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Wir sind da ganz anderer Meinung wie Sie, Herr Muchitsch. Das ist eine überstürzte Anlassgesetz­gebung. Der ganz kurzfristig daherkommende Abänderungsantrag kann auch die Kritik, die wir geäußert haben, nicht beseitigen, und meines Erachtens auch nicht die Kritik des Rechnungshofes.

Ich halte fest: Der Rechnungshof hat noch diese Woche festgehalten, dass es keine hinreichende Entscheidungsgrundlage für eine umfassende Beurteilung und Be­schlussfassung der vorgeschlagenen Maßnahmen gibt. Jetzt kommen Sie mit Ände­rungen, die meines Erachtens nicht so weitreichend sind, dass das ausgeräumt ist.

Man muss den Bürgerinnen und Bürgern ganz klar sagen: Die Bank Austria hat 1,9 Mil­liarden € Pensionsrückstellungen aufgelöst. Sie machen eine Einmalüberweisung an das ASVG-System – an die Republik, wenn man so will – von 730 Millionen € und haben dann noch Abschlagszahlungen an die MitarbeiterInnen in der Höhe von 360 Millionen €. Jetzt zähle ich das zusammen. Was kommt dabei heraus? – Es fehlen 800 Millionen €.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 116

Das heißt, die Bank Austria nimmt 1,9 Milliarden € aus ihren Büchern, hängt das dem Steuerzahler, der Steuerzahlerin um, und es fehlen 800 Millionen €. (Abg. Schwentner: Oder … rechnet falsch! Zwischenruf der Abg. Schatz.) Ja, entweder hat es die Bank Austria falsch in den Büchern gehabt, oder der Steuerzahler, die Steuerzahlerin kommt einmal mehr – und das ist ja das Muster in der Pensionsthematik – zum Handkuss, so wie man dem Steuerzahler permanent die Kosten für Sonderpensionen, Luxuspen­sionen und Sonderpensionsrechte umhängt. Und das ist nicht okay! (Zwischenruf des Abg. Amon. – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Das findet nicht unsere Zustim­mung! (Beifall bei den NEOS.)

Es konnte uns noch niemand erklären, wo die 800 Millionen € sind, und das ist ja kein Pappenstiel. (Zwischenrufe bei den Grünen.) – Die gehören uns ja nicht! (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Aber noch einmal: Entweder hat die Bank es völlig falsch in den Büchern, oder sie klopft sich jetzt auf die Schenkel und sagt: Die im Nationalrat haben wir g’scheit verschaukelt.

Dass die Grünen das mitmachen – und beim Abänderungsantrag offensichtlich auch die Blauen –, darüber muss ich mich nur wundern. Sie lassen sich meines Erachtens verschaukeln. Die Leidtragenden sind einmal mehr die Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler. Das ist aus unserer Sicht nicht okay.

Und es ist natürlich so, dass der Mehraufwand des Deals – die ersten zehn Jahre werden wir irgendwie von den 730 Millionen € zehren können – sukzessive der Allge­mein­heit umgehängt wird. Da muss ich fragen: Wie kommen wir als Steuerzahlerinnen, Steuerzahler dazu, einer italienischen Bank ihre Sonderpensionsrechte zu zahlen? Das hätten sich die überlegen müssen. (Abg. Schwentner: Eure Logik ist ein Wahnsinn!) – Oh ja, die Logik ist schon so. Ich denke da nur einmal an die Rechnung, da haben Sie es schon mitvollziehen können. Sie können nachher gerne erklären, wo die 800 Mil­lionen € geblieben sind. Wenn Sie uns das sagen können, dann wäre ein Schritt getan, um Licht ins Dunkel zu bringen.

Dass man das so überstürzt macht, ist ein weiterer Hinweis dafür, dass Ungemach unterwegs ist; und deswegen gibt es für diese Lex Bank Austria ein Nein von NEOS. (Beifall bei den NEOS.)

14.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


14.19.52

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Kollege Strolz, was Sie völlig ausblenden, ist, dass es derzeit eine gesetzliche Regelung mit 7 Prozent gibt (Abg. Loacker: Der Minis­ter sagt, dass sie nicht anwendbar ist!) und dass wir auch nicht zur Gänze aus­schließen können, dass das auch im Fall der Bank Austria eintreten könnte, dass es da auch zu Fällen kommen könnte, bei denen letzten Endes nur die 7 Prozent bezahlt werden.

Diese Frage ist genauso offen, und daher sehe ich schon Handlungsbedarf, diese aus meiner Sicht gegebene Lücke, die wir in diesem Paragraphen im ASVG haben, zu schließen. Und wir schließen sie mit dem Abänderungsantrag zur Gänze, nämlich in allen Bereichen, nicht nur für die Bank Austria. Es ist nicht richtig, wenn Sie sagen, das ist eine Lex Bank Austria. Wir machen es zur Gänze in § 308 und § 311, so wie es zum Beispiel auch von Frau Kollegin Dagmar Belakowitsch-Jenewein in einem Antrag gefordert wird. Dem kommen wir nach, meine Damen und Herren, und das gibt uns eine gewisse Rechtssicherheit in dieser sicherlich schwierigen Konstellation.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 117

Deshalb stimmen wir von der ÖVP dem Antrag zu. Wir haben immer gesagt, wir können uns eine gesetzliche Regelung nur unter dem gleichen Beitragssatz von 22,8 Pro­zent vorstellen. 3 068 Menschen sind betroffen; und man sollte vielleicht auch einmal sagen, dass es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wenig dafür können, wie im Unternehmensbereich verfahren wurde, sind.

Es heißt, es werden fast 730 Millionen € überwiesen – vom Letztbezug, das sollte man auch dazusagen. Aus Bürokratiegründen wird nicht Monat für Monat aufgerollt, sondern der Letztbezug herangezogen, was von der Höhe des Betrags her sicherlich ein Vorteil ist. Und es wird zur Gänze klargestellt, dass auch bei anderen Übertra­gungen oder bei anderen Ausscheidungen diese 22,8 Prozent zum Tragen kommen, was auch in einem Antrag – ich habe es schon erwähnt – von der FPÖ gefordert wird; und daher gehen natürlich auch zwei Oppositionsparteien mit. Das heißt, das ist eine Regelung, die man in diesem Zusammenhang schon auch mit gutem Gewissen beschließen kann. Daher werden wir dem zustimmen.

Es werden einige andere Punkte dabei mitbehandelt, und auf die möchte ich kurz eingehen. Bei drei Anträgen des Kollegen Loacker geht es zum einen um einen Pen­sionsautomatismus. Ich verweise auf den Gerechtigkeitsmechanismus, den wir bei unserem Pensionsgipfel verankern konnten, die Neuaufstellung der Pensionskom­mission, eine Verpflichtung für die Bundesregierung, diese Vorschläge auch zur Um­setzung zu bringen – bis hierher ins Hohe Haus.

Der zweite Punkt ist ein Anreiz: Der Aufschubbonus ist auch im Ergebnis des Pen­sionsgipfels abgebildet. Wer länger arbeitet, bekommt eine deutlich höhere Pension. Es gibt das Beispiel einer sechzigjährigen Frau, die Anspruch auf eine Pension von 1 600 € hätte. Wenn sie weiterarbeitet, erspart sie sich die Hälfte der Pensionsbeiträge, auch der Dienstgeber erspart sich die Hälfte der Pensionsbeiträge, und die Pension ist nach drei Jahren um rund 300 € höher, und das bis an das Lebensende, weil der Aufschubbonus dort voll zur Wirkung kommt. Das, glaube ich, ist ein Anreiz sowohl für Dienstnehmer als auch für Dienstgeber und bedeutet insgesamt eine dement­sprechend höhere Pension bis ans Lebensende.

Der dritte Punkt betrifft das Pensionssplitting. Sie schlagen ein verpflichtendes Pen­sions­splitting vor, wir stehen in diesem Bereich zum Prinzip der Wahlfreiheit. Wir haben derzeit eine Splittingmöglichkeit, das heißt, die Beiträge von Mann und Frau in einer Partnerschaft oder in einer Ehe werden zusammengezählt, durch zwei dividiert und auf jedes Konto wird die Hälfte ausbezahlt. Derzeit ist das nur bis zum 4. Lebensjahr des Kindes möglich, wir weiten das jetzt auf 7 Jahre pro Kind und auf insgesamt 14 Jahre pro Person aus.

Es wird auch an der Vermarktung und auch der diesbezüglichen Kampagnisierung liegen, aber ich bin überzeugt davon, dass viele, vor allem auch Männer, dazu bereit sein werden – insbesondere wenn sich die Frauen der Kinderbetreuung widmen –, dieses Splitting auf einer freiwilligen Ebene anzunehmen.

Noch einen Punkt konnten wir im Rahmen des gesamten Pensionsgipfels einbringen, nämlich dass jene Frauen, die Kinder betreut und großgezogen haben, aber keine 15 Versicherungsjahre zustande bringen, weil sie nur acht, zehn oder zwölf Jahre gearbeitet, aber eben mehrere Jahre Kinder großgezogen haben, auch einen Pen­sionsanspruch haben und dass jetzt auch im ASVG nachgezogen wird – im Allge­meinen Pensionsgesetz ist es bereits geregelt –, weil es uns wichtig ist, dass auch wertgeschätzt wird, wenn sich Frauen jahrelang der Kinderbetreuung und der Kinder­erziehung gewidmet haben.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 118

Das wird auch erledigt, und ich glaube, das sind gute familienpolitische Punkte, vor allem auch im Hinblick auf höhere Pensionen für Frauen in diesem Bereich. (Beifall bei der ÖVP.)

14.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


14.25.20

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ)|: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie schon gesagt, war die geplante Übertragung der über 3 000 Mitarbeiter der Bank Austria in das ASVG ein bisschen ein beherrschendes Thema, das in den letzten Monaten eigentlich einerseits die Öffent­lichkeit und andererseits natürlich auch die Mitglieder des Sozialausschusses be­schäftigt hat.

Herr Kollege Strolz, Sie sagen, das ist jetzt sehr schnell gegangen. Vielleicht in den letzten Tagen, aber insgesamt hat die Regierung überhaupt nicht sehr schnell gearbeitet. Ich würde nicht sagen, dass das sehr schnell gegangen ist. Wir haben bereits vor Weihnachten zum ersten Mal über dieses Thema gesprochen, wir haben vor Weihnachten die ersten Anfragen dazu eingebracht. (Abg. Loacker: … der Minister hat nichts gewusst vor Weihnachten!) Also ich denke jetzt einmal, das Thema ist schon sehr lange auf dem Tisch.

Unser Kritikpunkt vor dem Abänderungsantrag ging immer dahin, dass nicht nur für die Bank Austria das eine Schlupfloch, nämlich § 311 Abs. 5, offen geblieben wäre. Das ist jetzt, mit heutigem Tag, geschlossen. Damit hätte die Bank Austria immer noch die Möglichkeit gehabt, im Zuge von Änderungskündigungen nur 7 Prozent zu bezahlen. Das ist geschlossen; aber damit ist noch viel mehr geschlossen, nämlich vor allem für die Zukunft.

Jetzt kann man schon sagen, dass es eine gewisse Anlassgesetzgebung ist. Das ist klar, weil jetzt ein großer Fall dagelegen ist. Für uns ist das Wesentliche jedoch ge­wesen, eine Regelung für die Zukunft zu schaffen, dass so etwas gar nicht mehr angedacht werden kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, diese Lücken hat jetzt dieser Abänderungsantrag geschlossen, denn ich sage Ihnen schon Folgendes: Man kann immer alles weiter kritisieren, aber ich glaube, das Wesentlichste ist jetzt nicht, wie viel die Bank Austria an Rücklagen hatte oder nicht – das ist ein privates Unternehmen. (Abg. Schwentner: Das ist irrelevant! – Zwischenruf des Abg. Strolz. – Abg. Schwentner: Wie denn, erklärt das doch endlich einmal!)

Ich sage Ihnen schon, wichtig ist, dass der Steuerzahler dabei nicht belastet wird; und er wird nicht belastet, weil jetzt jedes Unternehmen – und jetzt gehen wir von der Bank Austria weg – denselben Beitrag bezahlen muss. Wer auch immer woher auch immer von einem Sonderpensionssystem in das ASVG-System wechselt, muss denselben Beitrag bezahlen wie jene, die immer schon dort einbezahlt haben. (Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Strolz und Schwentner.) – Daher, Herr Kollege Strolz – ich versuche es Ihnen nur zu erklären –, erspart sich das Unternehmen in Wirklichkeit nicht wirklich etwas.

Nachteile haben jetzt nur noch die Mitarbeiter, der Steuerzahler hat keinen Nachteil mehr. Darauf haben wir aber keinen Einfluss, denn die Bank Austria ist ein privates italienisches Bankinstitut, wie Sie selbst gesagt haben. Was die an ihren Betriebs­vereinbarungen machen, geht uns relativ wenig an. Das ist natürlich mit dem Betriebs-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 119

rat akkordiert, daher wird das schon so sein. Außerdem haben die Mitarbeiter dem in der Zwischenzeit zugestimmt; sie nehmen die Nachteile in Kauf.

Was wir als Politik zu kritisieren hatten – und das haben wir von der FPÖ sehr lautstark getan, es ist auch, das sage ich unterschwellig, ein bisschen kritisiert worden –, das war die Tatsache, dass es auf Kosten des Steuerzahlers geht; und das wollten wir nicht. Die Allgemeinheit hat nicht belastet zu werden.

Und da muss ich schon sagen, da bin ich sehr froh darüber und auch sehr stolz darauf, dass wir im Gegensatz zu den Kollegen der Grünen da durchgehalten haben – auch noch im Sozialausschuss –, denn ich glaube, diese Beharrlichkeit hat sich jetzt wirklich rentiert. Man muss manchmal auch wirklich hart bleiben und sagen: Nein, bevor das nicht bis zum Letzten umgesetzt ist, werden wir nicht nachgeben.

Das war im Sozialausschuss für uns eine Augenauswischerei und noch keine wirkliche Lösung. Heute haben wir eine Lösung bekommen, da muss ich ehrlicherweise auch Respekt für die Beharrlichkeit des Obmanns des Sozialausschusses, der wirklich bis zum Schluss verhandelt hat, aussprechen. In diesem Sinn kann ich diesem Abänderungsantrag auch mit gutem Gewissen zustimmen – auch im Wissen, dass für die Zukunft solche Spielereien ausgeschlossen sind. Meine beiden Anträge sind damit natürlich auch erledigt.

Zum Antrag der Kollegin Dietrich, dass für Pensionisten das 13. und 14. Gehalt vierteljährlich, also alle drei Monate ausbezahlt, sprich geteilt werden sollte, möchte ich noch kurz etwas sagen. Ich habe nicht ganz verstanden, warum das eigentlich auf Ablehnung gestoßen ist. Ich glaube viele Pensionistinnen und Pensionisten würden sich sehr darüber freuen. Noch dazu wissen wir ja, dass viele Pensionisten diese Gehälter oftmals nicht mehr als Sonderzahlung verwenden, sondern damit meistens nur ihr Konto abdecken können. Insofern wäre das, glaube ich, schon eine Maßnahme gewesen, die gut gewesen wäre. Es mag sein, dass es Pensionisten gibt, die das nicht gut finden. Herr Bundesminister Stöger, vielleicht könnte man doch noch darüber nachdenken, eine Regelung ohne viel Verwaltungsaufwand zu finden, dass es jene, die es so möchten, vielleicht doch bekommen könnten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner ist die nächste Rednerin. – Bitte.

 


14.30.01

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich kann jetzt nur meiner Vorrednerin recht geben, dass sich Beharrlichkeit manchmal lohnt, und in diesem Fall hat sie sich gelohnt. Insofern verstehe ich noch weniger, warum ihr NEOS da überhaupt nicht mitkönnt und überhaupt nicht bereit seid … (Abg. Loacker: Erkläre ich dann nachher gleich!) – Ja, ich bin schon sehr gespannt auf die Erklärungen, warum ihr nicht bereit seid, euch auf die Diskussion einzulassen.

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass ihr eigentlich mit einem anderen Zugang in die Politik gegangen seid. Aber beim Pensionssystem und bei jeglicher Debatte über Pensionen scheint dieser Zugang – nämlich konstruktiv zu sein, diskursbereit zu sein, sich auch die andere Meinung anzuhören, die gesamte Situation anzuschauen – voll­kommen verloren zu sein. Das vermisse ich in dieser Debatte, in anderen nicht, aber in dieser Debatte geht irgendwie die Logik echt spazieren. Tut mir leid, ich kann es nicht mehr nachvollziehen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe wirklich lang versucht zu verstehen, mit welcher Logik ihr herangeht, und meine Erklärung ist: In der Logik eines Bankers – das ist Kollege Gerald Loacker –


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 120

kann man nicht Sozialpolitik machen. (Abg. Loacker: In der Logik einer Sozial­arbei­terin kann man nicht Bankpolitik machen!) In der Logik eines Bankers sind Sozialpolitik und das Denken an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an Konsequenzen im Sozial­system, im Pensionssystem und Konsequenzen für den Steuerzahler und die Steuer­zahlerin offensichtlich nicht drinnen.

Das ist für mich die einzige Erklärung. Ich habe wirklich lang zu verstehen versucht, wo da die Blockade ist. Ich kann es mir nur so erklären: Wer ständig darüber nachdenkt, dass alles schrottreif ist, dass man in einer Bananenrepublik lebt – das sind jetzt alles nur Zitate: „schrottreif“, „Bananenrepublik“, das war nach dem letzten Ausschuss ein tolles Video, das gepostet wurde –, ist nicht bereit weiterzuverhandeln und zu schauen: Wie kann man Fakten schaffen, die seriös sind, die nachvollziehbar sind und die trans­parent sind?

Insofern bin ich auch froh über den Antrag der FPÖ, der nämlich insofern mehr Rechts­sicherheit schafft, weil jetzt für sämtliche Übertragungen in die Systeme nicht diese 7 Prozent – auf die die Bank Austria offensichtlich spekuliert hat, nämlich mög­lichst billig da durchzukommen – die Grundlage für die Bemessung sind, sondern 22,8 Pro­zent. 22,8 Prozent ist die Grundlage – so wie für alle Menschen, die im ASVG pen­sionsversichert sind.

Es geht – und das wollt ihr auch immer – um ein Pensionssystem für alle und die Abschaffung von Sonderpensionen. Jetzt wird das Sonderpensionssystem abgeschafft, in dem offenkundig sehr viele Rücklagen gebildet wurden, nämlich diese 1,9 Milliar­den €, die im Raum stehen. Nur erklärt mir bitte, auf welcher Rechtsgrundlage die Republik das alles ausschöpfen soll! Es gehen nicht mehr als diese 22,8 Prozent … (Abg. Loacker: … bei der Bank Austria lassen!) – Indem man sie bei der Bank Austria lässt, okay; indem man einfach – und das ist der zweite Punkt, warum man sozialpolitisch nicht mitkann – auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort pfeift. Das tut ihr. Ihr denkt nicht nach! (Zwischenruf des Abg. Amon.) Die einen sind unkündbar, die werden dann wahrscheinlich einzeln gekündigt, und die anderen werden auch entsprechende Maßnahmen in Kauf nehmen.

Ich kann – egal, wie ich es drehe und wende – eure Logik nicht nachvollziehen. Und wenn ich nachzuvollziehen versuche, was die Bank Austria mit dieser Betriebs­verein­barung gemacht hat, dann hat sie einfach ihr eigenes Pensionssystem gekillt, hat die MitarbeiterInnen und auch die Republik vor vollendete Tatsachen gestellt, und dann waren alle unter Zugzwang. Aus diesem Zugzwang heraus gab es keine Zeit zu ver­lieren, und deswegen diese Anmeldung bei der GKK, weil es kein gleichwertiges System mehr gegeben hat, deswegen quasi dieser rechtsunsichere Raum. Ja, das ist alles verdammt kompliziert, und Herr Kollege Loacker, du kannst ruhig den Kopf schütteln, du darfst auch nachher reden, aber jetzt rede ich fertig, danke.

Es gibt zwei Möglichkeiten, die die Bank verfolgt haben könnte. Die eine lautet: weil ihr die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so wichtig sind. Das schließe ich jetzt aus, denn das sagt auch ihr bei den NEOS immer: Die werden früher oder später ohnehin alle gekündigt – so ist eure Rede. Die MitarbeiterInnen und der Altruismus werden es nicht gewesen sein, also wird die Bank geschaut haben, dass sie möglichst günstig unter dem Spardruck, den sie von UniCredit vorgegeben hat, aus dieser ganzen Affäre raus­kommt.

Günstiger wäre es mit den 7 Prozent gewesen. Das ist zum Glück nicht gelungen. Es wurde jetzt ein anderer Rechtsbestand geschaffen. Ich kann das nur unterstützen, denn wir haben uns wirklich viele Gedanken darüber gemacht, und ich bin auch wirk­lich dankbar über diesen § 311 Abs. 5, der nämlich im Sinne der FPÖ mit der gleichen


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Beitragsgrundlage geschaffen wurde, denn mir erscheint es als die einzig mögliche saubere Lösung in diesem ganzen Kuddelmuddel.

Eines möchte ich schon noch zu SPÖ und ÖVP sagen. Da ist jetzt leider niemand bei der SPÖ … (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Kaum jemand, Entschuldigung, wenige! Aus dem Schaden müsste man doch endlich klug werden. Wir haben da einen riesigen Pallawatsch, und die Diskussionen um diese Bank-Austria-Situation waren sehr heftig, und wir haben gesehen (Abg. Keck: Sind wir niemand?) – niemand da, wenige da, ich habe da nach links hinübergeschaut –, dass es sehr viel Reparaturbedarf gegeben hat.

Wir wissen, es gibt noch viele andere Sondersysteme, es gibt überhaupt zu viele verschiedene Pensionssysteme, und dass diese unterschiedlichen Systeme noch immer nicht zusammengeführt und harmonisiert werden, ist eines der großen Prob­leme. Und das, was wir jetzt diskutieren, ist Symptom dieses Zustands. Dieser Zustand gehört dringend geändert, und ich verstehe nicht, warum da von ÖVP und SPÖ nicht mehr Bereitschaft gezeigt wird, in Richtung eines einheitlichen Pensionssystems zu denken, eines Pensionssystems, das fair ist, das transparent ist und das für alle nach­vollziehbar ist.

Wir haben – das wird in diesem Tagesordnungspunkt leider nicht entsprechend dis­kutiert – ein Modell vorgeschlagen, ein Pensionssystem für alle. Das Pensionsmodell von uns Grünen sieht vor, dass es eine Grundpension für alle Menschen gibt, nämlich individuell und nicht, wie die Ausgleichszulage jetzt, haushaltsbezogen, und darauf auf­bauend eine Erwerbspension, die sich aus dem ergibt, was an Versicherungsbeiträgen eingezahlt wurde.

Dieses Modell soll vor Armut im Alter schützen, soll geschlechtergerecht sein und auch – und das ist besonders wichtig für junge Menschen, die einmal eine Pension kriegen sollen – Phasen in der Erwerbszeit ausgleichen, in denen man nicht durch­gehend ein Einkommen hat, nicht durchgehend angestellt ist, denn Brüche in der Erwerbsbiografie sind mittlerweile leider eine Selbstverständlichkeit, und darauf muss man sich einstellen, und darauf muss ein Pensionssystem auch entsprechend reagie­ren.

Ich hätte mir daher gewünscht, dass unser Modell, das wir jetzt als Vorschlag einge­bracht haben, ausgiebiger diskutiert wird. Wir werden es noch öfter versuchen, denn ich bin sicher, dass wir es schaffen, ein einheitliches Pensionssystem für alle zu errichten, mit einheitlichen Beiträgen, denselben Leistungen für alle und mit einer Pen­sionsversicherungsanstalt. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Und wenn Sie mithelfen, werter Kollege, dann freue ich mich ganz besonders. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


14.38.26

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger, diplômé|: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe am ersten Tag meines Amtsantrittes eines gesagt: Ich möchte, dass die Ver­sicherten in Österreich in der Pension gleichbehandelt werden, und ich möchte auch, dass jedes Unternehmen, das Pensionsbeiträge zahlt, gleichbehandelt wird.

Jetzt haben wir bei der Bank Austria eine Ausnahme im Gesetz gehabt, und die Bank Austria hat Schritte gesetzt, um von dieser Ausnahme wegzukommen, und wollte mit einem Abschlagsbetrag von 7 Prozent jene Leistung bekommen, für die andere 22,8 Prozent zu zahlen haben. Da habe ich sehr klar gesagt: Danke, das machen wir


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 122

nicht, das wird sich die österreichische Bundesregierung nicht gefallen lassen. Daher habe ich erklärt: Ich sehe keine Möglichkeit, einen solchen Weg zu gehen.

Damit wir Rechtssicherheit bekommen, ist es notwendig, das gesetzlich klar zu regeln. Das tun wir mit der Regierungsvorlage und auch mit dem Abänderungsantrag. Ich bedanke mich bei Ihnen dafür. Ich bedanke mich dafür, dass Sie auch öffentlich signalisieren: Das geht nicht. Es geht nicht, dass sich manche Sonderrechte zulasten der Allgemeinheit herausnehmen. Daher sage ich ganz klar: Es darf sich niemand dieses Recht herausnehmen. Mir ist es wichtig, dass da Gleichheit hergestellt ist.

Zweitens: Die Beschäftigten der Bank Austria haben keine leichten Tage. Sie sind verunsichert. Da gibt es viele, die erzählen ihnen von unterschiedlichen Rechtsfragen, die auch in sich gar nicht klar sind, bei denen der Druck auf die Beschäftigten sehr hoch ist. Mit dieser Rechtssicherheit, die Sie ihnen heute geben, haben sie jedenfalls in einem Punkt Sicherheit bekommen: Sie wissen nämlich, sie werden in Zukunft die staatliche Pension – so wie alle anderen auch – haben.

In einem Punkt verstehe ich die NEOS schon, und das sage ich jetzt in Richtung aller Österreicherinnen und Österreicher: Wenn man glaubt, man kann mit einem kapitalgedeckten Pensionssystem Pensionen sichern, dann ist das der Beweis, dass es gerade dann nicht geht, wenn eine Krise in der Bank auftritt. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Daher an alle Österreicherinnen und Österreicher (Abg. Loacker: … versteht ein kapitalgedecktes System nicht!): Das staatliche Pensionssystem mit der Umlagefinan­zierung ist das einzige Pensionssystem, das auch in der Krise die Chance bietet, Armut im Alter zu verhindern. Das ist eigentlich ein schöner Beweis für das Funk­tio­nieren des österreichischen Pensionssystems. Insofern verstehe ich es, dass die NEOS nicht mitgehen, denn sie wollen immer kapitalgedeckte Systeme haben. Aber diese, das braucht man sich nur anzusehen, funktionieren leider – ich sage „leider“, weil es gut wäre, wenn sie funktionieren würden – in der Krise nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch drei, vier Antworten zum Pensionsgipfel geben. Sie wissen, wir haben in der Bundesregierung sehr intensiv darüber diskutiert: Wie geht es mit den Pensionen in Österreich weiter? – Wir haben es ganz klar gesagt, ich habe es auch hier schon mehrmals gesagt, aber es ist wichtig, das zu wiederholen: Wir haben durch unsere Maßnahmen sichergestellt, dass die Pensionen bei uns sicher sind. Wir haben in den letzten 60 Jahren bewiesen, dass das umlagefinanzierte Pensionssystem gut funktioniert. Dass man immer wieder Ände­rungen machen muss, ist klar, aber es funktioniert. Es hat den Menschen Einkommen gesichert.

Wir haben im Rahmen des Pensionsgipfels wichtige Punkte beschlossen. Erstens haben wir gesagt, dass es darum geht, gesund in Pension gehen zu können, und wir haben Maßnahmen vorgeschlagen – wie Wiedereingliederungshilfe, wie Reha vor Pension –, um dieses Element zu stärken. Wir haben zweitens umgesetzt, dass Men­schen, die lange, aber von einem niedrigeren Lohn oder von Teilzeitarbeit Beiträge in das System eingezahlt haben, eine höhere Mindestpension bekommen. Drittens haben wir zumindest die Pensionskommission hinsichtlich der Beamtenpensionen und der gesetzlichen Pensionen zusammengeführt und damit die Transparenz erhöht. Damit haben wir einen Schritt – ich wünsche mir auch mehrere – dahin gehend gemacht, dass die Transparenz und die Zusammenführung schneller vonstattengehen.

In diesem Sinne bedanke ich mich noch einmal, wenn Sie dem Gesetzesantrag heute die Zustimmung erteilen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.43



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 123

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


14.43.36

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es ist unglaublich: Wir haben einen Sozialminister, der nicht weiß, was ein kapitalgedecktes Pensionssystem ist! Was nämlich die Bank Austria da hat, ist kein kapitalgedecktes Pensionssystem (Abg. Schwentner: Hat er ja nicht gesagt!), wo für jeden Mitarbeiter Kapital angespart wird. Wenn Sie das nicht verstanden haben, dann muss ich Ihnen ganz klar sagen: Setzen, fünf!

Sie haben (Bundesminister Stöger: Sind Sie der Lehrer?) – ja, gerne – auch gesagt: Es gibt für das, was die Bank Austria da macht, keine Rechtsgrundlage, deswegen muss man eine schaffen. – Jetzt schauen wir uns einmal an, was da passiert ist. Die UniCredit Bank Austria AG hat eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen und mit dieser Betriebsvereinbarung mehr als 3 000 Mitarbeiter schlechtergestellt. Da ist zuerst einmal nichts passiert, es hat sich keine Arbeiterkammer aufgeregt, es hat sich kein ÖGB aufgeregt, ein Betriebsratsvorsitzender hat das unterschrieben – über dessen Motive dafür, so etwas zu unterschreiben, darf man zu Recht spekulieren.

Diese Betriebsvereinbarung, Frau Kollegin Schwentner, war nichtig, weil das nicht ging, was die da vereinbart haben – deswegen braucht es den § 696 so, wie er in diesem Abänderungsantrag drinnen ist. Die wollen also rückwirkend diese Betriebs­vereinbarung sanieren, und der Gesetzgeber leistet jetzt einen Beitrag dazu, diesen Deal zu sanieren, den da die UniCredit ihrem Betriebsrat abgeluchst hat.

Also die Arbeiterkammer hat nichts gemacht, der ÖGB hat nichts gemacht. Jetzt löst die Bank Austria 1,9 Milliarden € an Pensionsrückstellung auf. Der Minister hat gesagt, es gibt dafür keine Rechtsgrundlage. Die Finanzmarktaufsicht müsste auf den Plan treten, wenn eine Bank 1,9 Milliarden € an Rückstellung ohne Rechtsgrundlage auf­löst – das hat sie nicht gemacht! Das ist die unerfreuliche Mitarbeit der schwarzen Regierungsseite, die heute im Moment nicht vertreten ist. (Beifall bei den NEOS. – Hallo-Rufe bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Tamandl.) – Frau Kollegin Tamandl, wenn der Finanzminister nie mit der FMA telefoniert, dann leben Sie in einer anderen Welt als ich.

Der Sozialminister hat angeblich erst im Jänner von diesem Deal erfahren, den die Bank Austria gemacht hat, und hat einstweilen einmal nichts gemacht. Am 1. März hat die UniCredit Bank Austria diese Mitarbeiter bei der Krankenkasse angemeldet, und ich wiederhole, was der Sozialminister immer gesagt hat: Es gibt dafür keine Rechtsgrund­lage.

Wenn es keine Rechtsgrundlage gibt, dann darf die Krankenkasse diese Anmeldungen nicht annehmen und muss mit Bescheid … (Abg. Schwentner: Sie muss!) – Nein! Gemäß § 410 ASVG, Kollegin Schwentner, muss sie diese Anmeldungen ablehnen, dann verbleiben die Mitarbeiter bei der Bank Austria. Das hat die Krankenkasse nicht gemacht. Aufsichtsbehörde über die Krankenkasse ist die Gesundheitsministerin, und die hat auch nichts gemacht; sie hat zugeschaut, wie in ihrem Aufsichtsbereich die Gesetze gebrochen und einfach ignoriert werden.

Bei der Krankenkasse hat man die telefonische Auskunft bekommen: Wir lassen diese Anmeldungen jetzt einfach einmal liegen, es kommt dann vielleicht ohnehin ein rückwirkendes Gesetz. – Da mögen sich die Bürgerinnen und Bürger einmal hinein­versetzen: Sie stellen bei einer Behörde einen Antrag, und die lässt den Antrag einmal liegen, weil dann vielleicht ein rückwirkendes Gesetz kommt, das die Grundlage schafft.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 124

Es ist hier also nichts passiert. Peer Steinbrück, der deutsche Finanzminister, ist da­mals gescholten worden, weil er Österreich mit Ouagadougou verglichen hat – aber solche rechtsstaatlichen Zustände haben wir hier! Es geht zu wie in einem Entwick­lungsland. (Beifall bei den NEOS.)

Ein Unternehmen schließt eine Betriebsvereinbarung und kann sich ein Gesetz be­stellen. Ich wünsche den anderen Unternehmen, dass sie das auch tun können.

Wir werden auch das neue Gesetz bei der EU-Kommission als unerlaubte Beihilfe anzeigen, weil die Bank Austria einen Profit von 800 Millionen € aus der Rückstellungs­auflösung macht. Das lassen wir nicht zu, weil das wettbewerbsverzerrend ist.

Damit die Gesetze eingehalten werden, bringe ich nachstehenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ableh­nung der Anmeldung von Mitarbeitern der UniCredit Bank Austria AG zur Kranken- und Pensionsversicherung nach ASVG

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Gesundheit wird aufgefordert, in ihrem Aufsichtsbereich die Einhaltung der Gesetze insbesondere durch die bescheidmäßige Ablehnung jener Anmeldungen von Arbeitnehmern zur Sozialversicherung durch die Gebietskranken­kassen sicherzustellen, denen nach Auskunft des Sozialministeriums die Rechts­grund­lage fehlt, und dadurch die unrechtmäßige Übertragung von Mitarbeitern der UniCredit Bank Austria AG in die gesetzliche Sozialversicherung zu verhindern.

*****

(Beifall bei den NEOS.)

14.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen betreffend Ablehnung der Anmeldung von Mitarbeitern der UniCredit Bank Austria AG zur Kranken- und Pensionsversicherung nach ASVG,

eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1027 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1039 d.B.) – TOP 2

Die Anmeldung der Mitarbeiter_innen der UniCredit Bank Austria AG zur gesetzlichen Sozialversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung ist – wie auch Sozial­minister Stöger bestätigte – ohne gesetzliche Grundlage erfolgt. Nun soll ein Gesetz auf Bestellung beschlossen werden, um dieser Überleitung rückwirkend Legitimation zu verschaffen. Dieses Vorgehen ist verfassungsrechtlich und rechtsstaatlich höchst bedenklich. Abgesehen von den rechtlichen Bedenken gegenüber der geplanten Gesetzesbestimmung selbst, ist auch das Verhalten der Gebietskrankenkasse(n) höchst bedenklich.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 125

Die Gebietskrankenkassen (im Wesentlichen die Wiener Gebietskrankenkasse) lassen die Anmeldungen unbearbeitet und warten auf dieses Sondergesetz, um die Anmel­dung der betroffenen  Mitarbeiter_innen wirksam zu akzeptieren. Die einzig korrekte rechtliche Lösung ist aber einfacher: jede GKK muss gemäß § 410 ASVG mittels Bescheid die Anmeldungen ablehnen. Denn für die Anmeldungen fehlt jede Rechts­grundlage. In diesem Fall gibt es für die Krankenkassen keinen Ermessensspielraum, denn Gesetze sind einzuhalten. Dieses Vorgehen der Krankenkassen zeigt auch, dass Gesundheitsministerin Oberhauser ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkommt. Sie schaut diesem eigentlichen Gesetzesbruch zu.

Der Vorwand, dass dieses Gesetz nun Rechtssicherheit schaffe für jene Mitar­bei­ter_innen, für die unklar sei, wo und ob sie versichert sind, verkehrt die Tatsachen ins Gegenteil. Würde die GKK nach den Gesetzen handeln, hätte sie die Anmeldung sofort ablehnen müssen und die betroffenen Mitarbeiter_innen wären weiter bei der ent­sprechenden Krankenfürsorgeanstalt versichert. Das geplante Sondergesetz wird jahrelange Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen, denen die Gefahr einer Rückab­wicklung nach Jahren innewohnt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Gesundheit wird aufgefordert, in ihrem Aufsichtsbereich die Einhaltung der Gesetze, insbesondere durch die bescheidmäßige Ablehnung jener Anmeldungen von Arbeitnehmern zur Sozialversicherung durch die Gebietskranken­kassen sicherzustellen, denen nach Auskunft des Sozialministeriums die Rechts­grundlage fehlt und dadurch die unrechtmäßige Übertragung von Mitarbeitern der UniCredit Bank Austria AG in die gesetzliche Sozialversicherung verhindern.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte. (Rufe bei der SPÖ: Richtigstellung!)

 


14.48.10

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ja, vielleicht einige Richtigstellungen zur Rede des Kollegen Loacker: Die Gebietskrankenkasse musste die Beschäftigten der Bank Austria annehmen, weil sie kein Pensionsäquivalent und deshalb keine Versicherung hatten. (Abg. Loacker: Die Betriebsvereinbarung war nichtig!)

Wenn Sie uns vorwerfen, dass wir das kapitalorientierte System nicht verstehen – oder unser Herr Bundesminister –, so möchte ich anfügen: Wenn man Ihre Ausführungen nachverfolgt, dann geht hervor, da könnte man annehmen, dass Sie das Umlagever­fahren nicht verstehen oder nicht verstehen wollen.

Zur weiteren Ausführung möchte ich auf die Regierungsvorlage 1027 der Beilagen eingehen, womit den Beschäftigten der UniCredit Bank Austria AG der Umstieg von den betrieblichen pensionsrechtlichen Bestimmungen in die Normen des ASVG ermög­licht wird und damit auch eine Sicherheit gewährleistet wird.

Wie sicher das staatliche Pensionsrecht ist, das haben wir, glaube ich, gerade in den Zeiten von 2008 an bemerkt. Da haben einige Pensionsfonds quasi dermaßen ver-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 126

loren, dass sie die Hälfte oder weniger wert waren und die Betroffenen, die eingezahlt hatten, dann eigentlich keine oder eine sehr geringe Pension erhalten haben.

Ich glaube, auch die Vorgehensweise der Bank Austria im Vorfeld hat für Ver­unsicherung bei den 3 078 Beschäftigten gesorgt. Ich möchte von dieser Stelle aus den Dank an die Gewerkschaft und die Arbeiterkammern aussprechen, die im Vorfeld sehr viele rechtliche Beratungen durchgeführt haben.

Wir schaffen mit dieser Gesetzesgrundlage, dem § 311a, der neu im ASVG eingefügt wird, Rechtssicherheit. Mit dieser Schaffung wird nicht nur die Anhebung von 7 auf 22,8 Prozent, sondern auch eine Gleichstellung herbeigeführt. Wie der Herr Bundes­minister schon gesagt hat, ist es nicht einzusehen, dass einige Personengruppen einen geringeren Sozialversicherungsbeitrag bei gleicher Leistung erhalten und die anderen – im ASVG – 22,8 Prozent bezahlen müssen. Wenn man sich die Summe dieses Überweisungsbetrages ansieht, so kann man feststellen, dass diese an die 730 Millionen € beträgt.

Ein weiterer Punkt ist die Sonderregelung, die in diesem Gesetz verankert ist. Damit wird für Beschäftigte der UniCredit Bank Austria AG auch im Bereich des Kranken­geldbezuges und im Versicherungsfall der Mutterschaft eine soziale Absicherung geschaffen.

Geschätzte Damen und Herren! Ich denke, mit diesem Gesetz wird eindeutig bestätigt, dass unser staatliches Pensionssystem großes Vertrauen genießt. Es wird auch zum Ausdruck gebracht, dass wir mit dem staatlichen Pensionssystem keine und keinen im Stich lassen. Dieses Gesetz bringt klar zum Ausdruck, dass sich die UniCredit Bank Austria AG nicht auf Kosten der Öffentlichkeit bereichern kann.

Deshalb, geschätzte Damen und Herren, verstehe ich es nicht, dass die NEOS nicht mitgehen können bei dieser Gesetzesbestimmung, die Sicherheit für die Beschäftigten der UniCredit Bank Austria und natürlich auch eine soziale Absicherung mit sich bringt.

Ich möchte auch noch ein herzliches Danke an unseren Minister sagen. Es wurde schon angeführt, dass er einer derjenigen war, die von der ersten Minute an gesagt haben: Für mich kommt das nur dann infrage, wenn 22,8 Prozent an Sozialversiche­rungsabgaben für die Pension zu zahlen sind und das Budget oder, besser gesagt, der Steuerzahler dadurch nicht belastet wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 


14.52.05

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Das Motto der Stadt Wien und ihres Umfeldes kennen wir ja alle: Unter Freunden. Freunde lässt man natürlich nicht im Stich. Wenn eine befreundete AVZ-Stiftung Milliardenhaftungen für die Bank Austria übernommen hat und diese schlagend zu werden drohen, dann rennt man natürlich hin und eilt zu Hilfe. Netterweise helfen ÖVP, Grüne und jetzt auch die FPÖ mit, indem man einer Bank 800 Millionen € schenkt, indem man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem bankeigenen Pensionssystem ins staatliche Pensionssystem überleitet – zum Spartarif für eine Bank!

Das soll schon einmal gesagt sein: Es geht hier nicht darum, dass das natürlich eine Absicherung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist. Es ist extrem wichtig, das auch zu sichern. Es ist auch extrem wichtig, ein einheitliches Pensionssystem zu schaffen. Da haben wir ja noch ganz andere Baustellen, wie wir alle wissen, zum Beispiel bei den Beamten oder bei den Unterschieden zwischen Frauen und Männern und so weiter. Das greifen wir alles nicht an.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 127

Es hat niemand etwas dagegen, diese Mitarbeiter in das allgemeine Pensionssystem überzuführen, aber dann muss das auch zu den Kosten erfolgen, die die Bank im eige­nen Pensionssystem dafür rückgestellt hätte. Wenn diese Kosten für die Bank schluss­endlich geringer sind, ist das ein Geschenk. Das muss man sich einfach eingestehen.

In der wirkungsorientierten Folgenabschätzung zur Regierungsvorlage heißt es ja wort­wörtlich: „Beim Pensionsaufwand wird es zu Mehraufwendungen kommen, deren Höhe aber nicht beziffert werden kann (…). Die Mehraufwendungen beim Pensionsaufwand, die mittel- bis langfristig die Mehreinnahmen übersteigen werden, belasten (…) den Bund“, also die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler; und das ist etwas, worüber wir hier nicht reden.

Warum kann dieser Mehraufwand nicht genau berechnet werden? – Weil die Bank Austria die genauen Daten nicht zur Verfügung stellt, da es ihr offensichtlich nicht möglich ist, eine Altersstruktur der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darzulegen, ob das Männer oder Frauen sind – und wir wissen ja, dass das im österreichischen Pensionssystem schon noch einen signifikanten Unterschied macht.

An dieser Stelle sollten wir dem Rechnungshof dafür danken, dass er es geschafft hat, in kurzer Zeit eine Stellungnahme zu diesem Gesetz zu verfassen. In dieser Stellung­nahme hat der Rechnungshof nämlich klargestellt, dass die Informationen zum Alter und anderen wichtigen Determinanten natürlich vorliegen müssten, weil die Bank Austria ja selber auch versicherungsmathematisch berechnete Rückstellungen für den eigenen Pensionsaufwand hat. Das heißt, sie werden es wohl wissen müssen, abge­sehen davon, dass man davon ausgehen kann, dass ein Großkonzern natürlich eine saubere Datenlage zu allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben sollte. Die einzige Erklärung, die es dafür gibt, ist, dass man eben nicht offenlegen will, was der Mehr­aufwand über die nächsten Jahrzehnte sein wird.

Der Rechnungshof hat auch festgestellt, dass man bei so einer Regelung, deren finanzielle Auswirkungen für die nächsten Jahrzehnte eben dieses Ausmaß haben, die langfristige finanzielle Auswirkung genau darlegen muss. Das müsste hier eigentlich dabei sein, weil wir eben wissen, dass diese Regelung nicht nur Auswirkungen für die nächsten vier Jahre, sondern auch darüber hinaus hat.

Wie kommt es nun dazu? Wie kann es sein, dass hier argumentiert wird, dass der Steuerzahler davon keinen Nachteil hat? Warum ist denn diese Logik so löchrig, und warum will das hier auch niemand verstehen?

Es stimmt, es kostet in unserem Pensionssystem weniger, weil halt der Beitragssatz so ist; aber die Problematik liegt darin, dass das Ganze im Pensionssystem der Bank Austria mehr gekostet hätte. Das betrifft nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jetzt übergeführt werden, sondern eine Bank profitiert davon, weil sie diese Kosten einfach nicht mehr trägt.

Frau Schwentner, es tut mir leid, aber diese herablassende, belächelnde Art, die Sie hier an den Tag legen – was immer wieder kommt, wenn Sie einen argumentativen Notstand haben (Zwischenruf der Abg. Schwentner) –, zeigt allerhöchstens, dass in Ihrer Logik Löcher sind, was das Ganze betrifft. Das haben Sie wirklich nicht notwen­dig, hier die ganze Zeit dazwischenzureden und uns vorzuwerfen, dass wir nicht schlüssig argumentieren würden, wenn es hier schwarz auf weiß dargelegt ist. Genau das ist das Geschenk, das wir dieser Bank machen. (Abg. Moser steht an der Regie­rungsbank und spricht mit Bundesminister Stöger.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Entschuldigen Sie, Frau Abgeordnete Gamon!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 128

Frau Abgeordnete Dr. Moser, darf ich Sie bitten! – Wir haben vereinbart, dass während eines Beitrages nicht an der Regierungsbank gesprochen wird. (Abg. Moser begibt sich zu ihrem Sitzplatz.)

Bitte, Frau Abgeordnete Gamon.

 


Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (fortsetzend): Bei den Maßnahmen, die im Pensionssystem notwendig wären, um das Ganze zu sanieren, geht es nicht nur um solche offensichtlichen Fälle, wo man probiert, Löcher, die in der Logik des Pen­sionssystems sind, im Nachhinein zu sanieren. Dazu gehören auch Dinge wie der Pen­sionsautomatismus, versicherungsmathematisch korrekte Zu- und Abschläge und ein verpflichtendes Pensionssplitting, wie wir es in den Anträgen eingebracht haben. Ich hoffe, dass wir auch das debattieren können und dass hier nicht nur verteidigt wird, wie man einer Bank 800 Millionen € schenkt. (Beifall bei den NEOS.)

14.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winzig. – Bitte.

 


14.56.59

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Mein Kollege August Wöginger hat schon ausführlich zu dem Thema Bank Austria Stellung genommen, ob Sie das jetzt akzeptieren oder nicht. Aber eines muss schon gesagt werden: Die FMA ist eine unabhängige Behörde, und ich weise diese Behauptung von Kollegen Loacker zurück.

Finanzminister Dr. Schelling hatte letzte Woche in der Sondersitzung ganz klar seine Position dargelegt: Ein großer Schritt wäre uns lieber gewesen als viele kleine Schritte. Ich kann Ihrem Antrag im Ausschuss zum Penionsautomatismus einiges abgewinnen, aber Sie wissen, es war nicht möglich. Ich kann Ihnen versprechen, dass das Thema auf der Agenda bleiben wird, denn Fakt ist: Wir müssen etwas tun! In den letzten 40 Jahren hat sich die Pensionsdauer verdreifacht, die Erwerbsdauer ist um fast 20 Prozent gesunken, und jeder vierte Euro unseres Budgets fließt ins Pensions­system. Jeder kann sich ausrechnen, dass sich das nicht ausgeht – außer natürlich, man plant Fantasiesteuern und Maßnahmen, die den Wirtschaftsstandort und die Betriebe letztendlich vernichten. Aber dann brauchen wir uns auch über ein Sozial­system nicht mehr zu unterhalten.

Darum konzentrieren wir uns auf die Umsetzung dessen, was in den Verhandlungen möglich war. Ich begrüße den positiven Anreiz der Lohnnebenkostensenkung, nämlich der Halbierung des Pensionsversicherungsbeitrages. Das ist ein wirklicher Anreiz sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber. Ich bin froh darüber, dass das leistungsfeindliche Muhm-Modell endlich vom Tisch ist.

Konzentrieren wir uns aber vor allem auch auf die Steigerung des faktischen Pensions­antrittsalters, und schauen wir, dass wir bei der Umsetzung keinen zahnlosen Tiger schaffen: Hilfe für diejenigen, die sie wirklich brauchen, und für jene, die eine Bereit­schaft zeigen, dass sie diese Hilfe auch annehmen, aber auch Schutz der Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler vor Sozialbetrug. Es kann nicht sein, dass wir das beste Gesundheitssystem der Welt haben, aber auch Weltmeister bei den Invaliditäts­pen­sionen sind.

Ich appelliere da auch an die Kollegen von der Arbeiterkammer: Setzen Sie sich bitte ein für Maßnahmen in Richtung Eigenverantwortung der Mitarbeiter in den Bereichen Gesundheit und Qualifikation, aber auch Arbeitsmotivation! Sie wissen, wie schwierig es ist, wenn man über fünfzig ist und keine Qualifikation hat, um auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 129

Für unser Sozialsystem bleibt wirtschaftliches Wachstum unverzichtbar. Wir wissen alle, dass das im Moment nur über den Außenhandel geht. Daher war ich etwas er­staunt, Herr Bundesminister, über Ihre Aussagen im Ausschuss zu den Handelsab­kommen, denn Wachstum schafft Beschäftigung und von Arbeitsplätzen können wir im Moment gar nicht genug bekommen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Loacker.)

14.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


15.00.14

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme Stellung zu Tagesordnungspunkt 12: Privilegien dürfen nicht weiter vergoldet werden – ich glaube, das ist ein Antrag von Frau Kollegin Dietrich. (Präsidentin Bures übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Rechnungshof hat hinsichtlich der Son­der­bestimmungen für staatliche und staatsnahe Unternehmen und Betriebe die Pen­sionen betreffend sehr genau aufgezeigt, dass es immer noch eine massive Schieflage zwischen ASVG-Versicherten und Beschäftigten von staatsnahen Betrieben gibt. Während ASVG-Versicherte in den letzten 10, 20, 25 Jahren laufend mit Pen­sions­reformen, mit Anpassungen ihrer Beitragsgrundlage, Anhebung des Pensions­alters, Änderung der Durchrechnung konfrontiert waren oder sind, gibt es auf der anderen Seite bessergestellte Personen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie zum Beispiel in staatsnahen Betrieben, bei der Nationalbank, bei der MÜNZE Österreich und vielen mehr. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Es wurden auch da Anpassungen vorgenommen – das stimmt –, aber bei Weitem nicht in dem Ausmaß, Herr Kollege (in Richtung ÖVP), wie bei den ASVG-Versicherten, und deshalb wäre es wichtig, notwendig, dringend und höchste Zeit, diese Luxuspensionen abzuschaffen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten des Teams Stronach sowie der Abgeordneten Neubauer und Loacker.)

15.01


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keck– Bitte.

 


15.01.47

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Schauen wir uns die Anträge an, die vonseiten der NEOS in den Sozialausschuss eingebracht wurden, und schauen wir uns an, meine Damen und Herren, wie aus Sicht der NEOS das Pensionssystem saniert werden sollte.

Antrag 1, Pensionsautomatismus: Herr Kollege Loacker, nicht nur, dass dieser Auto­matismus keinerlei Rücksicht auf die individuelle Lebenssituation nimmt, er führt auch zu einer Benachteiligung jener, die ohnehin schon mit wenig in der Pension auskom­men müssen. Zusätzlich benachteiligt die Pensionsautomatik Gruppen mit geringerer Lebenserwartung deutlich stärker als jene mit einer höheren Lebenserwartung.

Kollege Loacker, Sie als Personalchef oder ehemaliger Personalchef und auch als Rechts­wissenschaftler wissen bestimmt, welche Pensionsgruppe mit dieser geringeren Lebenserwartung gemeint ist. Es sind nicht die top verdienenden Büroangestellten, die haben keine geringere Lebenserwartung, Kollege Loacker! (Abg. Loacker: Das ist doch jetzt genau gleich!) Es sind die hart schuftenden Arbeiterinnen und Arbeiter. Das sind die Personen, die in die Invaliditätspension gehen müssen, Kollege Loacker. Die­jenigen also, die ohnehin körperlich schwer arbeiten müssen und mit einem geringeren


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 130

Einkommen in der Pension das Auslangen finden müssen, würden Sie mit Ihrer gefor­derten Pensionsautomatik doppelt benachteiligen.

Vielleicht sollte das dem einen oder anderen zu denken geben, welche Personen­gruppe von den NEOS in Wirklichkeit vertreten wird, denn genau in dieser Tonart, lie­ber Kollege Loacker, geht es bei Ihren Anträgen weiter.

Das von Ihnen so oft zitierte schwedische Pensionsmodell, das Sie ja so gerne wollen, würde in Österreich zu einer durchschnittlichen Kürzung der Pensionen um 35 Prozent führen – 35 Prozent, lieber Kollege Loacker! Wissen Sie, was das für die betroffenen Menschen bedeutet, wenn sie 35 Prozent weniger haben? (Abg. Loacker: Ob Sie die Zahl gewürfelt haben oder nicht, kann ich nicht sagen!) Aber Ihnen – und man sieht es ja schon an Ihrer Reaktion – als Automatisationsbefürworter ist es egal, was mit diesen Menschen passiert und welche Einschnitte sie in ihrer Pension hinnehmen müssen. Aber uns, lieber Kollege Loacker, ist das sicherlich nicht egal.

Auch Ihr Antrag zu den Zu- und Abschlägen, den Sie gestellt haben: Hier findet sich wieder eine klare Forderung auf Anhebung der Abschläge. Sie wollen nichts anderes als genau das: dass diese betroffenen Personen wieder Abschläge in ihrer Pension haben. Genau in dieser Tonart geht es bei Ihren Anträgen weiter: Leistungskürzungen, Anforderungserhöhungen und natürlich Privatisierungen im Pensionssystem.

Das sind die Forderungen, die Sie haben. Aber, lieber Kollege Loacker: Mit uns geht das sicherlich nicht! Das österreichische System der staatlichen Pensionen wird auch in Zukunft dafür stehen, dass wir ein gutes Auskommen im Alter haben. Dafür wird sich die Sozialdemokratie immer und immer wieder starkmachen.

Schon der Kurs unter Sozialminister Hundstorfer hat da die Weichen richtig gestellt, und ich bin mir sicher, dass der jetzige Sozialminister Alois Stöger diesen Kurs weiter konsequent verfolgen wird und wir – gemeinsam mit ihm – als Sozialdemokraten Ga­rant dafür sind, dass die Pensionen in Österreich gesichert sind. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Stöger: Ganz sicher!)

15.04


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer ist als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.05.01

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte hat auch gezeigt, wie gut Parlamentarismus funktionieren kann: Während einer Debatte gibt es Änderungen, die zu einer guten, runden Lösung führen – Thema Bank Austria. Und ich stehe nicht an, mich bei all jenen Oppositionsabgeordneten zu bedanken, die diese gute Lösung mit uns beschließen wollen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Neubauer.)

Uns war und uns ist wichtig, ein Signal hinauszusenden, dass sich eine Bank ihrer Pensionsverpflichtungen nicht auf Kosten der Steuerzahler entledigen kann. Das ist ein wichtiges Signal, und das wollen wir heute hier gemeinsam aussenden. Es ist wichtig, dass die Bank Austria die gleichen Beiträge zahlt wie alle anderen auch. Das ist auch ein Beitrag zur Gleichbehandlung und eine gute, wichtige Entwicklung.

Was aber weit entscheidender ist: Wie geht es mit unserem Pensionssystem weiter? Dazu haben wir ja eine lebhafte Diskussion im Ausschuss und zahlreiche Oppositions­anträge gehabt. Und zwar geht es darum, wie wir die Pensionen nachhaltig absichern können, damit auch unsere Kinder und Enkelkinder einmal eine gute Pension bekom­men, von der sie akzeptabel leben können.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 131

Die NEOS fordern jetzt eine neue Aufstellung der Pensionskommission: Ja, da bin ich ganz bei Ihnen, das ist schon im Gange, das ist Ergebnis des Pensionsgipfels. Warum ist diese Neuaufstellung der Pensionskommission so wichtig? (Abg. Neubauer: Weil die nichts weitergebracht haben!) – Weil genau diese Kommission vorgibt, wie sich die Pensionen entwickeln werden, Empfehlungen macht, wie wir eine Anpassung an das Lebensalter machen, an die Arbeitslosigkeit, an die wirtschaftliche Entwicklung; also genau da werden Weichen gestellt.

Diese Kommission wird nun deutlich kleiner – dennoch sind Jugend- und Senioren­vertreter drinnen –, und sie wird durch ganz neue Regeln deutlich schlagkräftiger. Diese Regeln besagen: Wenn die Regierung den Empfehlungen der Kommission nicht nachkommt, dann muss sie alternative Modelle bieten und diese im Nationalrat vorlegen. Das heißt, da wird ein guter Mechanismus etabliert.

Ich bin auch sehr froh, dass wir Anreize setzen, einen Bonus dafür, über das Regel­pensionsalter hinaus zu arbeiten. Das wird uns gelingen. Genauso schön ist es, dass auch alle geplanten oder überhaupt ins Gespräch gekommenen möglichen Kürzungen der Pensionen – für Pensionisten, die neben ihrer wohlverdienten Pension dazuver­dienen wollen – jetzt vom Tisch sind.

Wir wollen keine Hemmnisse für leistungswillige Menschen, und Leistung muss sich lohnen – in jedem Alter. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neubauer.)

15.08


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


15.08.25

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir haben uns ja in der letzten Sondersitzung mit dem Thema Pensionen sehr intensiv auseinandergesetzt. Österreich setzt auf ein star­kes öffentliches und in ein Umlageverfahren eingebettetes Pensionssystem. Bereits in den letzten Jahren wurden zahlreiche Reformen gesetzt, und diese Reformen zeigen jetzt auch positive Auswirkungen.

Ich darf mich kurz mit den Tagesordnungspunkten 6 und 7 auseinandersetzen:

Beim Tagesordnungspunkt 6 soll die Hinterbliebenenpension in ihrer derzeitigen Form garantiert werden. Meine sehr geschätzten Damen und Herren, von der Bundes­re­gierung ist nicht angedacht, die Hinterbliebenenpension abzuschaffen. Das Regie­rungs­programm sieht hier vielmehr eine Überarbeitung und kostenneutrale Neuausge­staltung der Hinterbliebenenversorgung vor, womit auch Ungerechtigkeiten aus der Welt geschafft werden sollen. Mit dem Thema Hinterbliebenenpension sollte auch sehr vorsichtig umgegangen werden, um hier keine weitere Verunsicherung zu schaffen.

Beim Tagesordnungspunkt 7 wird ein einheitliches und existenzsicherndes Pensions­system für alle gefordert. Das von den Grünen geforderte Modell beruht auf einer steuerfinanzierten Grundpension ab 65 Jahren und einer Erwerbspension nach 40 Ar­beitsjahren, die an eine Erwerbstätigkeit gekoppelt ist. Wir lehnen ein solches Modell ab, da es auch finanzielle Einschnitte mit sich bringen wird.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, das österreichische Pensionssystem ist sicher und nachhaltig finanziert. Es verhindert Altersarmut, und neue Einschnitte sind weder zumutbar, noch werden sie von uns unterstützt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Aubauer.)

15.10



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 132

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg ist als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.10.37

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister Stöger! Hohes Haus! Die Pensionen sind eine Frage der Gerechtigkeit, der Generatio­nengerechtigkeit. Wir müssen darauf achten, dass auch die Jugend in Zukunft eine Pension bekommt.

Eine große Belastung für das Pensionsbudget stellen die Invaliditätspensionen dar, und wir haben uns auf einen Weg gemacht, der heißt: Rehabilitation vor Pension. Das ist der richtige Weg, auch wenn die Zahlen noch nicht dem entsprechen, wie wir es gerne haben wollen. Ich begrüße aber die Maßnahmen, die im aktuellen Pensions­paket enthalten sind, dass man nämlich früher beginnt, bei der Prävention, dass man dann, wenn erste Ermüdungserscheinungen, psychische Störungen oder Erkrankun­gen auftreten, bereits einschreitet und Rehabilitationsmaßnahmen setzt. Und auch, dass der Wiedereinstieg schrittweise erfolgen kann: vom stundenweisen Arbeitsein­stieg bis wieder zu einer Vollzeitbeschäftigung hin. Ich glaube, das sind wichtige Schritte, die auf diesem Weg helfen werden.

Herr Minister, es war Ihr erster Ausschuss als Sozialminister und wir haben in dem Ausschuss auch die Behindertenthematik diskutiert. Ich möchte noch einmal meine Anliegen darlegen: Es wäre wichtig, dass die Persönliche Assistenz finanziert wird. Es gibt die Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz des Bundes, aber die Länder finan­zieren den Freizeitbereich, und hier braucht es eine bundesweit einheitlich ganzheit­liche Regelung. Ich begrüße es sehr, dass Sie sich auch im Ausschuss dazu bekannt haben, dies im nächsten Finanzausgleich mit zu verhandeln, dass es Ihnen wichtig ist, dass der Entschließungsantrag des Parlaments umgesetzt wird.

Ich möchte Ihnen noch mein Anliegen darlegen, dass Sie auch Behindertenvertreter miteinbeziehen und auch den Arbeitskreis, den Minister Hundstorfer zugesagt hat, wieder aufleben lassen.

Ein zweiter Punkt ist eine Hilfsmittelversorgung nach dem One-Desk-Prinzip, damit behinderte Menschen nicht von einer Stelle zur anderen laufen müssen, um abgelehnt zu werden, sondern dass eine Stelle die Anträge entgegennimmt und mit den anderen Stellen die Finanzierung klärt.

Das dritte Anliegen ist der Nationale Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behinder­ten­rechtskonvention. Auch hier werden wir den Zwischenbericht, der für 2016 vorgesehen ist, entsprechend diskutieren. Die Umsetzung der UN-Konvention ist eine Frage der Menschenwürde, einer Menschenwürde, wie sie auch jetzt – mit der Flüchtlings­thematik – in aller Munde ist; aber die Menschenwürde steht nicht in der österreichi­schen Verfassung. Ich denke, es ist an der Zeit, die unantastbare Menschenwürde in der Verfassung zu verankern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.15


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Knes. – Bitte.

 


15.16.15

Abgeordneter Wolfgang Knes (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Ich möchte auf den Tagesordnungs­punkt 3 eingehen, die Pensionsautomatik, die aufgrund eines Antrags unseres Kolle­gen Loacker hier diskutiert wird, aber mehrfach auch – leider Gottes – von vielen ande­ren Abgeordneten hier gefordert wird. Wir hatten dazu auch bereits das letzte Mal die


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 133

Diskussionen hier in der Sondersitzung, die ja auf Ihren expliziten Wunsch hin zu diesem Thema einberufen wurde.

Da muss man schon ein bisschen nachdenken und sagen, geschätzter Herr Kollege Loacker: Sie tun mir irgendwie leid. Offensichtlich kennen Sie sich in dieser Thematik überhaupt nicht aus. Ich nehme es Ihnen überhaupt nicht übel, dass Sie diese Anträge auch ordnungsgemäß einbringen, aber was ich Ihnen übel nehme, ist, dass Sie sich weder in dieser Sache auskennen und schon gar nicht recherchieren. Sie stellen hier einfach Zahlen in den Raum, die so absolut nicht mehr passen. Ich möchte nur daran erinnern, dass es in der Zeit von 2009 bis 2015 viele Regelmäßigkeiten gegeben hat, aber auch Reformen zu diesen Schritten, unter anderem, interessanterweise, ein Budget­begleitgesetz, worin alle diese Punkte, die Sie hier in Ihrem Antrag fordern, bereits involviert sind: Pensionsanpassungen, Langzeitversichertenpensionen, Invali­ditäts-, Korridorpension, dann die Erhöhung der Pensionsversicherungsbeiträge et cetera, et cetera. Ich bitte Sie wirklich, das einmal nachzulesen.

Des Weiteren haben Sie auch das Stabilitätsgesetz übersehen, das immerhin hier im Hohen Haus beschlossen wurde. Und das beinhaltet das einheitliche Pensionskonto, welches für jede Arbeitnehmerin und jeden Arbeitnehmer – Arbeiter und Angestellte – jederzeit abrufbar und transparent ist und womit sich jeder auf seinen Lebensunterhalt vorbereiten kann.

Das Nächste ist natürlich das (Zwischenruf des Abg. Loacker) – lassen Sie mich ausreden – Sozialrechts-Änderungsgesetz. Offensichtlich ist es komplett an Ihnen vorübergegangen, weil heute ein weiterer Antrag von Ihnen gestellt wird.

Summa summarum aber wurde, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, in den Jahren 2009 bis 2015 allein aus diesen Titeln heraus – die die Bundesregierung geschaffen hat – eine Einsparung in diesem System von 7,5 Milliarden € für das Budget erwirtschaftet. Die Vorausschau ist wirklich erfreulich, auch die Pensionen betreffend, nämlich von 2016 bis 2020 ein Einsparungspotenzial von insgesamt 10 Mil­liar­den €.

Und Sie stellen sich hierher und kommen mit einen Antrag betreffend Pensions­auto­matismus und wollen den ASVG-Angestellten gleich einmal 29 Prozent wegnehmen und gleichzeitig auch das Pensionsalter auf 69 Jahre erhöhen, vom Frauenpen­sionsalter noch abgesehen. (Zwischenruf und Kopfschütteln des Abg. Loacker.– Sie beuteln nur mit dem Kopf, weil Sie sich sowieso nicht auskennen.

Aber, und dies ist auch an die ÖVP gerichtet, weil auch einige von der ÖVP das wollen – erst heute habe ich wieder gehört, diese Pensionsautomatik wäre ja das Allheilmittel –: Genau diese 10 Milliarden € (Zwischenruf des Abg. Rädler), die wir bereits im Pensionssystem eingespart haben und auch vorausblickend bis 2020 einsparen werden, finden wir nämlich in den Förderungswesen. Da lade ich die ÖVP einmal recht herzlich ein, auch in der Agrarförderung nachzudenken, wohin eigentlich das Geld geht – nämlich steuerfrei in die Hosentaschen dieser Bezieherinnen und Bezieher (Zwischenruf des Abg. Schönegger), und nicht nur hinsichtlich der Förderung nachzudenken, sondern auch hinsichtlich der Luxuspensionen, das ist heute auch schon angesprochen worden. Kein Einziger – auch Herr Doppler, der das angesprochen hat – sagt etwas dazu. Im Folgenden ein Beispiel, und ich glaube, da habe ich sogar die FPÖ auf meiner Seite.

Ich glaube, dass eine Pension von 14 000 € brutto eine Luxuspension ist. Ist das richtig? (Zwischenruf des Abg. Rädler.) – Sehr gut, dann haben wir Sie schon auf unserer Seite! Dann erklären Sie bitte nicht mir, sondern den Österreicherinnen und Österreichern (Zwischenruf bei der ÖVP), warum ein Alexander Götz und ein Peter


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 134

Weinmeister, ehemalige FPÖ-Politiker aus Graz, genau 14 000 € brutto kassieren! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Meine geschätzten Damen und Herren, diese Diskussionen brauchen wir nicht mehr zu führen, und ich gebe Ihnen auf diese Reise noch Folgendes mit: Wir werden uns vehement wehren. Wir werden uns dafür einsetzen, dass unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Alter ausreichend Lebensunterhalt haben – das können wir uns leisten –, und wir werden natürlich versuchen, die Pensionsautomatik zu verhindern. Und das werden wir seitens der SPÖ verhindern! (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Wir werden auch das Agrarwesen und die Förderungen ganz genau durchleuchten und diese Mittel genau an jene Leute vergeben, die sozial am schwächsten sind, am Rand stehen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Wie viel Pension kriegt der Herr Blecha? – Abg. Rädler: Der erste Mann für Österreichs neue Linke!)

15.20


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


15.21.07

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Loacker, nehmen Sie das nicht so schwer, was Herr Kollege Knes jetzt gesagt hat. (Abg. Loacker: Das halte ich aus!) Ich finde, es ist eine Zumutung, einem Kollegen zu unterstellen, er kenne sich nicht aus, wenn er hier im Parlament sitzt, Herr Kollege Knes; ich sage Ihnen das ehrlich. Mir sind jene, die sich nicht so gut auskennen, lieber als jene wie Sie, die sagen, es muss alles so bleiben, wie es ist. Das ist nämlich gefährlich für die Pensionen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Knes.)

Sie verkennen völlig die Realität. Sie können Welt-Präsident von Mondi sein, oder was Sie wollen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Knes), Sie verkennen die Realität des Lebens in Österreich, das sage ich Ihnen, denn wir haben ein riesiges demografisches Problem in diesem Land. (Abg. Knes: Papperlapapp!)

Wir wissen heute, dass die Menschen – Gott sei Dank – älter werden und gesünder sind. Wenn man das vergleicht, sieht man, dass die Österreicherinnen und Öster­reicher im Jahr 1971 45 Arbeitsjahre und acht Ruhestandsjahre hatten und heute, 2015 oder 2016, 38 Arbeitsjahre und 22 Ruhestandsjahre haben (Zwischenruf des Abg. Rädler) – nahezu dreimal so viele Ruhestandsjahre und sieben Arbeitsjahre weniger, meine Damen und Herren! Da sind wir in diesem Hohen Haus parteiübergreifend gefordert, nachzudenken, wie wir ohne Polemik, ohne Verunsicherung und ohne zu sagen, es müsse alles so bleiben, wie es ist, die Pensionen mittelfristig und langfristig sichern können – für jene Menschen, die dieses Land zu dem gemacht haben, was es heute ist, ein Wohlstandsland, in dem man gerne zu Hause ist, in dem man arbeiten kann, in dem andere gerne Urlaub machen, aber auch für unsere Kinder und Kindes­kinder, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben klare Ziele, wie wir das nachhaltig weiterentwickeln – und nicht durch Diskussionsbeiträge eines Herrn Knes gefährden – können: mit einem Bonus für längeres Arbeiten. Reden wir darüber! Reden wir offen und ehrlich darüber, wie hoch das Pensionsantrittsalter für Frauen, für Männer sein muss und welchen Bonus man bekommt! Haben wir den Mut, darüber zu reden! Rehabilitation vor Pension durch Frühintervention, meine Damen und Herren!

Teilkrankenstand ist ein wichtiges Thema, da ist ein Modell zu entwickeln, aber auch die Harmonisierung der Pensionssysteme ist ein ganz wesentliches Thema (Zwischen­ruf des Abg. Rädler), mit dem wir uns hier in Zukunft ganz intensiv auseinanderzu­setzen haben, um letztlich für die Österreicherinnen und Österreicher die Pensionen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 135

nachhaltig sichern zu können. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Loacker und Scherak. – Abg. Rädler: … großer Sozialpolitiker!)

15.24


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Schmid zu Wort. – Bitte.

 


15.24.06

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es geht um die vierteljährliche Auszahlung der 13. und 14. Monatspension für Pensionisten. Pensionsansprüche ehemaliger Dienstnehmer im Privatbereich weisen mitunter erhebliche Unterschiede auf, sodass vielen Pensionisten die Finanzierung ihres täglichen Bedarfs zum Problem werden kann. Zusätzliche Kosten für unerwartete Reparaturen, Heizmaterialien et cetera werden zu einer zusätz­lichen Belastung. Die Zeiten, in denen Gelder aus dem Pensionsbezug angespart werden konnten, gehören längst der Vergangenheit an. Die Gewährung von Krediten ist mit Bezug auf eine gesunkene Kreditwürdigkeit und das gehobene Alter nahezu ausgeschlossen.

Kosten für Wohnraum sowie Lebenshaltungskosten sind anhaltenden Preissteigerun­gen ausgesetzt, die Anpassung von Pensionsansprüchen deckt die Inflationsrate gerade bei Mindestrentnern nicht ab. Wenngleich das Pensionssystem in seiner Ge­samt­heit als reformbedürftig zu bezeichnen ist, kann es nicht hingenommen werden, dass Pensionisten nach einem arbeitsreichen Leben sowie jahrzehntelanger Einzah­lung nicht geringer Beträge in ein Rentensystem Finanzierungslücken der Regierung füllen müssen.

Der Antrag, die Möglichkeit zur vierteljährlichen Auszahlung des 13. und 14. Bezugs zu schaffen, würde für einen hohen Anteil von Menschen mit vorwiegend geringeren Pensionsansprüchen eine spürbare Verbesserung der finanziellen Situation bedeuten. Das System ist bei Pensionisten des öffentlichen Diensts bereits bestens erprobt und würde dem Gleichheitsprinzip entsprechen.

Dem Antrag ist aus meiner Sicht somit zuzustimmen. – Danke. (Beifall des Abg. Hagen.)

15.26


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dietrich. – Bitte.

 


15.26.28

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzte Frau Präsident! Geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Während wir am Vormittag sehr intensiv über die EU, über Auswirkungen, über Betroffenheiten dis­kutiert haben, debattieren wir am Nachmittag über ein Thema, das sehr wohl auch von der EU, nämlich von der Globalisierung betroffen ist.

Unternehmen – das wollten wir auch, das wollten viele in diesem Raum – sollen wachsen, sollen internationaler werden, sollen sich globalisieren. Und jetzt sind diejeni­gen hier in diesem Raum, die die Globalisierung ohne Wenn und Aber befürworten, auch diejenigen, die plötzlich von den Problemen der Globalisierung betroffen sind. Großkonzerne machen es nämlich so wie die Bank Austria – der „Standard“ hat vor sieben Tagen getitelt: Bank Austria räumt auf –: Von 190 Filialen werden 70 geschlos­sen, das Retailgeschäft wird reduziert, es werden nur mehr internationale Geschäfte gemacht, Großkunden betreut. Das Gesamtunternehmen wird sich massiv verändern, weil es ein internationales Unternehmen ist, und bei diesem Größerwerden bleiben sehr oft die kleinen Mitarbeiter auf der Strecke. Sie können es sich nämlich nicht richten, sie können sich nicht helfen; ihnen wurde vieles versprochen. Die Bank hat


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 136

Rücklagen gebildet, die jetzt wahrscheinlich irgendwo anders, in Italien oder wo, steu­er­schonend aufgelöst werden, und wir – die Steuerzahler, aber auch das Parlament – können nur zusehen und die Gesamtsituation nicht beeinflussen, weil wir es ja selbst waren, die die Rahmenbedingungen dafür geschaffen haben.

Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist unsere Aufgabe, trotzdem darauf zu schauen und dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter eine gewisse Rechtssicher­heit haben, dass sie die Sicherheit haben, dass sie die Pension bekommen werden, die ihnen versprochen wurde. Und aus diesem Grund werden wir – auch wenn wir im Ausschuss dagegen waren – jetzt, da es Nachbesserungen gegeben hat, die Gesetzeslücke geschlossen wurde, auch zustimmen.

Wir haben das Pensionsthema mit einigen Schwerpunkten auf der Tagesordnung. Das Pensionsthema ist ein Thema, über das wir abendfüllend, tagefüllend diskutieren könnten, weil wir alle wissen, dass eine überalternde Bevölkerung mit der Finanzierung der Pensionen Probleme bekommt.

Wir haben ein Problem, das mir besonders am Herzen liegt – Robert Holzmann von der Weltbank hat es schon mehrfach angesprochen –: Die Kluft zwischen unten und oben ist zu groß. Es kann nicht Ziel des Gesetzgebers sein, und es kann nicht unser aller Sinn und Wille sein, dass es auf der oberen Seite Privilegien gibt – Privilegien, die durch nichts, durch keinen Beitrag begründet sind – und auf der anderen Seite im unteren Bereich sehr, sehr viele Pensionisten, die nicht wissen, wie sie heizen sollen, die nicht wissen, wie sie ihren Unterhalt finanzieren können. (Beifall beim Team Stronach.)

Deshalb zum Antrag, den ich schon mehrfach eingebracht habe: Seien wir doch so ehrlich und sagen wir: Es kann nicht Aufgabe des Staats sein, Privilegien zu vergolden! Schauen wir doch, dass die Pensionserhöhung nur bis zur ASVG-Höchstgrenze stattfindet, dort ordentlich, damit können wir nämlich einer Masse von Menschen ein besseres Leben ermöglichen, und jenen, die eine extrem hohe Pension haben, vergolden wir die Pension nicht mehr durch ständige prozentuelle Aufwertung. Das wäre ein klarer Schnitt, das wäre eine klare Ansage in Richtung mehr Fairness und mehr Gerechtigkeit. (Beifall beim Team Stronach.)

Zum zweiten Antrag, den ich eingebracht habe: Es gibt 900 000 Menschen, die weni­ger als 858 € im Monat haben. Stellen Sie sich das einmal vor: 858 €! Es gibt in Österreich 251 000 Menschen, die weniger als 143 € Pension im Monat haben. (Abg. Neubauer: Ganz Linz!) Und es gibt wirklich viele Leute, denen geholfen wäre, wenn das Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht halbjährlich, sondern vierteljährlich ausbezahlt würde. Seien wir uns doch ehrlich: Jene, die eh so wenig haben, brauchen das Geld dringend, und sie brauchen es sofort! Sie brauchen es nicht für einen Urlaub, denn den können sie sich ohnehin nicht leisten; sie brauchen das Geld, damit sie ihren täglichen Lebensunterhalt finanzieren können. Deshalb ersuche ich Sie alle, diesen Antrag zu unterstützen – es wäre ein Schritt zu mehr Fairness, zu mehr Gerechtigkeit. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

15.32

15.32.20

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir nun zu mehreren Abstimmungen, und ich werde diese über jeden Antrag getrennt vornehmen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 137

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird, in 1027 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Muchitsch, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Mag. Loacker vor.

Ich werde daher zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung sowie vom Zusatzantrag betroffenen Teil, dann über die vom Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zunächst zur getrennten Abstimmung über den Zusatzantrag der Abge­ordneten Muchitsch, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung neuer Ziffern 1a und 1b.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig so angenommen.

Die Abgeordneten Muchitsch, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Z 4 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr über die Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ablehnung der Anmeldung von Mitarbeitern der UniCredit Bank Austria AG zur Kranken- und Pen­sionsversicherung nach ASVG.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1040 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1041 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür stimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 138

Damit gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1042 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entfall der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung aufgrund von Erwerbstätigkeit in der Pension unter Berücksichtigung der ASVG-Höchstpension. (Abg. Auer – auf den leeren Sitzplatz des Abg. Kickl weisend –: Der Kickl will es ja selbst nicht! – Abg. Krainer: Ist der Kickl gegen seinen eigenen Antrag? Kann man das bitte protokollieren?!)

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1043 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1044 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche bei Zustimmung um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit ange­nommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1045 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung der Auszahlung des 13. und 14. Monatsgehalts inklusive einer quartalsmäßigen Anwei­sung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Entschließungsantrag aus­sprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abge­lehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1046 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1047 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer hiezu seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit so angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 139

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1048 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1049 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche bei Zustimmung um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

15.39.4113. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1578/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der Säuberungswelle im Wiener Gesundheitswesen (1050 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1481/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Separate monatliche Bekanntgabe der Zahl der anerkannten Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigten in der Arbeitslosenstatistik“ (1051 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zu den Punkten 13 und 14 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


15.40.34

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht hier um einen etwas unappetitlichen Fall, der sich im Dunstkreis der Stadt Wien und leider auch der Gewerkschaft abgespielt hat und immer noch abspielt. Es gibt in Wien ein Krankenhaus im Krankenanstaltenverbund, die sogenannte Baumgartner Höhe, und eine Abteilung darin ist die 1. Interne Lungen­abteilung. Wenn man sportliche Maßstäbe anlegen will, könnte man sagen, die Ab­teilung, angefangen vom Vorstand bis hin zum jüngsten Arzt, ist Weltmeister, und unter diesen Weltmeistern der Lungenheilkunde gibt es einen, der nach den Beurteilungen der Beliebteste und Beste ist. Sein Name ist Dr. Rainer, und er hat, wie man den Medienberichten entnehmen kann, mit der FPÖ überhaupt nichts am Hut, aber das macht ja nichts; wir können uns ja auch für jemanden einsetzen, der nicht unserer Meinung ist und uns tatkräftig unterstützt.

Dieser Dr. Rainer hat neben seiner ausgezeichneten beruflichen Tätigkeit – er hat Bestnoten bei der Beurteilung seiner fachlichen Tätigkeit bekommen – auch noch etwas anderes getan: Er hat sich für Ärztekollegen in der Stadt Wien eingesetzt und hat erkannt, dass die Gewerkschaft, die dafür verantwortlich ist, nämlich die Gewerk­schaft der Gemeindebediensteten, und vor allem jene Sektion, die sich mit den Ärzten beschäftigt, nicht wirklich die Interessen der Spitalsärzte vertritt, gerade auch ange­sichts dessen, dass vor einem Jahr ein neues Arbeitszeitgesetz in Kraft getreten ist, Herr Minister Stöger, bezüglich dessen wir Freiheitliche auch unter Ihrem Vorgänger


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 140

schon vor Jahren einen Antrag nach dem anderen eingebracht und auf die Missstände hingewiesen haben.

Der jetzige Herr Präsidentschaftskandidat Hundstorfer hat uns damals in das Reich der Märchen verwiesen und gesagt, es sei alles nicht so tragisch und so schlimm. Es ist aber noch schlimmer und noch tragischer geworden, deshalb war es notwendig, da eine eigene Gewerkschaft zu gründen. – So weit, so gut.

Dr. Rainer hat dann um eine Dauerstelle bei der Stadt Wien angesucht – eigentlich ein Bagatellvorgang bei einer solchen Beurteilung, aber siehe da, plötzlich hat er eine Beurteilung bekommen, die darüber hinausgeht, in der es heißt, die Gesamtinteressen der Stadt Wien werden durch ihn nicht verfolgt und deshalb könne man ihn nicht aufnehmen. Beurteilt wurde das Ganze von einer Kommission.

Jetzt muss man noch wissen, wie sich das alles formal abspielt: In einer Stadt wie Wien gibt es natürlich einen Bürgermeister, in diesem Fall ist das auch der Landes­haupt­mann. Ihm unterstellt ist die Gesundheitsstadträtin Wehsely, die ja, muss man leider sagen, mit den Aufgaben der Stadt Wien heillos überfordert ist (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Der Herr Schieder ist nicht da …!): Das Krankenhaus Nord ist mittlerweile ein Millionengrab, und es gibt einen Vergabeskandal um ein Grundstück im Bereich des SMZ-Ost. Da hat man einem Parteigänger – oder einem Günstling, was weiß ich, wie man den nennen soll – ein Grundstück zur Verfügung gestellt, dessen Preis deutlich unter dem normalen Preis der Stadt Wien gelegen ist, was Grundstücke betrifft. In diesem Bereich hat man dann einfach gesagt: Jetzt bau halt etwas hin! Er hat dann seine Frau dort ein Wohnhaus bauen lassen, und in dieses Wohnhaus ziehen jetzt zu überteuerten Mieten Teile des SMZ-Ost ein, beziehungsweise hat man auch vorgesehen, dass dort ein sogenanntes Primärversorgungszentrum hinkommt. – So weit, so gut.

Dann gibt es in diesem ganzen Reigen die – ich nenne sie einmal so – „Frau Bürger­meister“, das ist die ärztliche Direktorin des Krankenhauses, in dem Herr Dr. Rainer arbeitet. Dann gibt es als Dritten den Herrn Gewerkschafter, der diese ganzen Dinge mitverantwortet, obwohl er eigentlich für die Ärzte vorhanden sein sollte – er ist Ge­mein­deratsabgeordneter der SPÖ –, und dann gibt es die Frau Gesundheitsministerin, deren Ehemann zufällig auch Gewerkschaftsvertreter ist, ein sehr guter Kollege, ein sehr guter Arzt, aber er ist halt im Nebenberuf Gewerkschaftsvertreter und sollte auch die Interessen der Kollegen vertreten.

Nun gibt es also diese Kommission, die sich, um es noch einmal zusammenzufassen, aus der Frau des Bürgermeisters, dem Ehemann der Gesundheitsministerin, einem Gewerkschafter der SPÖ und noch aus der einen oder anderen Person zusam­mensetzt – wir haben uns in einer parlamentarischen Anfrage erkundigt, wer da noch drinnen sitzt –, also alles Parteigänger der SPÖ und Gewerkschaftsfunktionäre, die gegen die eigene Konkurrenz votieren.

Herr Minister Stöger, die Gewerkschaft dominiert die Gesundheitspolitik, wie wir wissen. Auch Sie kommen ja aus diesem Eck, waren lange Zeit Gesundheitsminister und sind jetzt Sozialminister. Sie haben bei der letzten Ausschusssitzung bekundet, mit Ihnen sei keine Korruption möglich, mit Ihnen sei keine Freunderlwirtschaft zu machen, dafür stehen Sie ein – keine persönlichen Vorteile aus dieser Funktion! Herr Minister, da nehmen wir Sie beim Wort, weil hier genau das der Fall ist. Der Vertrag des Kollegen Rainer wird deshalb nicht verlängert, weil er sich gewerkschaftlich engagiert, weil er damit bekundet – ein Armutszeugnis für die derzeitige Gewerkschaft der Gemeindebediensteten! –, dass diese Gewerkschaft ihre ureigenen Aufgaben nicht wahrnimmt.


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Herr Minister, veranlassen Sie Ihre Freunde in der Gewerkschaft, die diese Kom­mis­sion steuern, diese Entscheidung rückgängig zu machen, und fordern Sie Ihre Kollegen auf, wieder auf den Pfad der Tugend zurückzukehren, denn das, was da passiert, ist ein wirklicher Skandal! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

15.46


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vogl. – Bitte.

 


15.46.12

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Minister! Es freut mich, hier in unserem Haus Schülerinnen und Schüler der AHS Leoben begrüßen zu dürfen. (Allgemeiner Beifall.)

Frau Dietrich, die Zahlen, die Sie fordern, werden bereits jetzt veröffentlicht; das heißt, diese Zahlen gibt es schon, und deshalb ist Ihr Antrag aus unserer Sicht auch erledigt.

„Stopp der Säuberungswelle“, „DDR-Methoden“, „Kadavergehorsam“, „Neoabsolutis­mus“, „Schergen“ – Herr Dr. Karlsböck, mit diesen Worten ist Ihr Antrag (Abg. Karlsböck: Das ist nicht mein Antrag …!), über den wir jetzt gerade diskutieren, gespickt. Worum geht es eigentlich sachlich? Dr. Gernot Rainer hatte einen befristeten Dienstvertrag mit dem Krankenanstaltenverbund, welcher nicht verlängert worden ist. Dies liegt nicht im Zuständigkeitsbereich des Arbeits- und Sozialministers.

Ich glaube, was wir uns als Gesetzgeber fragen müssen, ist: Sind die Rechte und Pflichten, die sich aus der Beendigung eines Dienstverhältnisses ergeben, von uns ausreichend definiert? Es werden in unserem Land pro Jahr zirka 1,6 Millionen Dienstverhältnisse beendet, und die wenigsten landen so wie dieser Fall vor dem Arbeits- und Sozialgericht. Die Frage ist: Haben wir auf der einen Seite die Rechte, die ein Arbeitnehmer hat, sowie die Pflichten, die sich aus dieser Rolle ergeben, ausreichend beschrieben? Und trifft das auf der anderen Seite auch auf die Rechte und Pflichten des Arbeitsgebers zu, denn es muss ja auch die Möglichkeit geben, ein Dienstverhältnis seitens des Arbeitgebers zu beenden?

Sie haben ja richtigerweise darauf hingewiesen: Natürlich muss man ganz sensibel darauf schauen, dass jemand, der sich in seiner Rolle als Arbeitnehmer für andere engagiert, als Gewerkschafter tätig ist, nicht aus diesem Grund Benachteiligungen in seinem Arbeitsleben erfährt. Es ist die Aufgabe, die wir als Hohes Haus haben, dafür zu sorgen, dass die Grundlagen unserer Gesellschaft, unseres Rechtssystems gewahrt werden. Ich sehe hier aber keinen Widerspruch, denn wir haben Richtlinien geschaf­fen, und darum liegt dieser Fall jetzt auch vor Gericht. Es ist jetzt an den Gerichten, zu entscheiden, ob da die Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind oder nicht. Das ist eine Aufgabe von Demokratie, und diese Aufgabe nehmen wir hier sehr gut wahr. Darum gibt es auch diesen Motivkündigungsschutz. (Abg. Neubauer: Wozu brauchst du dann eine Gewerkschaft?)

Dass man das weiterentwickeln muss, darüber haben wir auch im Ausschuss dis­kutiert. Es gibt dazu einen Antrag der Grünen, in dem darauf hingewiesen wird, dass viele Frauen, die das Pensionsantrittsalter erreichen, von ihrem Arbeitgeber gekündigt werden. Da haben wir zwar den Motivkündigungsschutz, wissen aber aus der Praxis, dass in der Öffentlichkeit natürlich auch Diskussionsbedarf dazu besteht, ob dieser Motivkündigungsschutz ausreichend ist oder nicht.

Es gab letzte Woche im RadioKulturhaus eine Veranstaltung zu dem Thema „‚Ihr lügt doch alle‘ – Zu Flucht und Qualitätsjournalismus“, an der unter anderem Professor Konrad Paul Liessmann und Armin Wolf teilgenommen haben (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ich habe gedacht, Sie reden von Qualitätsjournalismus!) und bei der es darum gegangen ist, inwieweit auch Qualitätsjournalismus an dieser gesellschaftlichen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 142

Stimmung mitbeteiligt ist, dass heute Medien und Politik misstraut wird, und diese haben ganz klar bekannt, dass natürlich auch sie Mitverantwortung tragen. Ich glaube, darum geht es auch in der Politik. Wenn wir heute erleben, dass Hasspostings überhandnehmen, dann tragen auch wir als Politikerinnen und Politiker gemeinsam die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass dieses Klima nicht auch noch unterstützt wird.

Da würde ich mir einfach wünschen, dass man, wenn man solche Anträge schreibt, einiges an solchen Wörtern weglässt und sich mehr auf die Sache, auf den Kern der Botschaft konzentriert.

Dass diese Angstmache, dieses Aufwiegeln, dieses künstliche Erzeugen von Skan­dalen auch politisch nicht immer erfolgreich ist (Abg. Neubauer: Das ist kein künst­licher Skandal! Eine Frechheit!), haben gerade auch die Betriebsratswahlen bei der voestalpine im Bereich Grobblech gezeigt, wo die FPÖ die Hälfte der Stimmen verloren und auch die Hälfte der Mandate nicht wiedererrungen hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Die Voest hat ja wahnsinnig viel mit dem Gesundheitswesen zu tun!)

15.49


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dietrich. – Bitte.

 


15.50.41

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzte Frau Präsident! Geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich bekommt man auf Anfrage seitens des Ministeriums genaue Zahlen dazu, wie viele anerkannte Flüchtlinge noch keinen Job haben, auf einen Job warten oder erst integriert werden müssen. Wir wollen das aber monatlich ausgewiesen haben, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund: Die Zahlen aus Schweden sagen uns, dass es riesige Probleme mit der Integration gibt. Da gibt es eine Studie, wonach nach zehn Jahren 48 Prozent der Menschen, der Migranten, die nach Schweden gekommen sind, noch immer keinen Job haben und nach 15 Jahren noch immer 40 Prozent nicht im Arbeitsprozess integriert sind.

Ich glaube, wir müssen alles daransetzen und uns mit vereinten Kräften darum bemü­hen, dass jene Menschen, die einen Asylstatus erhalten haben, integriert werden. Wir müssen schauen, dass diese Menschen einen Job finden und arbeiten. Zuwanderung ins Sozialsystem ist aus unserer Sicht der falsche Weg. (Beifall beim Team Stronach.)

Wenn es uns nämlich nicht gelingt, die Menschen zu integrieren, dann haben wir Ghettobildungen, dann greift Radikalisierung Platz, dann bauen Menschen ihr eigenes kriminelles System auf – und das alles, meine geschätzten Damen und Herren, wollen wir auf keinen Fall.

Das heißt, wir wollen, dass jene, die hier sind, so rasch wie möglich in den Arbeits­pro­zess eingebunden werden, und wir wollen auch, dass sie ein wichtiger Teil der Gesell­schaft werden und nicht in Ghettos in der sozialen Hängematte liegen.

Meine geschätzten Damen und Herren, Schweden ist genau das Beispiel, das uns zeigt, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Der „Economist“ sagt, es gibt dort eine Bevöl­kerungsschicht, die dauerhaft nur vom Sozialstaat lebt, die nach einer gewissen Zeit überhaupt nicht einmal mehr daran denkt, selbstständig ein Einkommen zu erwirtschaften. Der „Economist“ sagt auch, dass es in Schweden Hunderttausende Menschen gibt, deren Integrationen gescheitert ist.

Das sollte uns zu denken geben, und deshalb diskutieren wir auch noch über einen anderen Bereich, von dem wir glauben, dass dort eine Schraube nachzustellen ist: Kollege Lopatka hat das ja im Bereich der Mindestsicherung angesprochen. Da er heute schon die blaue Krawatte umgebunden hat (Abg. Lopatka: Soll ich eine rote tragen? Stöger hat auch eine blaue Krawatte, der Sozialminister!), bringe ich einen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 143

Entschließungsantrag ein, der dieses Lopatka-Modell fixiert, denn wir wollen sehen, ob die ÖVP nicht so wie immer zwar große Töne spuckt, aber im Endeffekt anders handelt.

Es ist nämlich sehr wichtig, dass es keinen Tourismus in jenes Bundesland gibt, in dem man die meisten Sozialleistungen erhält, und dass die Mindestsicherung so gestaffelt und so ausgelegt ist, dass die Motivation, zu arbeiten, vorherrscht, denn aus dieser Motivation heraus können wir alle gemeinsam mehr bewegen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Öster­reich braucht einheitliche Mindestsicherungsregelung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Gesetzes­vorlage zuzuleiten, welche einheitlich für Österreich folgende Maßnahmen vorsieht:

1. Eine Deckelung in der Höhe von 1 500 € aller Geldtransferleistungen.

2. Die verpflichtende Umstellung auf Sachleistungen/Direktzahlungen und Geldleistun­gen im Verhältnis 50 : 50 im ersten Jahr.

3. Nach einem Jahr die verpflichtende Reduktion der Geldleistungen um 25 Prozent (nur für Personen, die dem Arbeitsmarkt voll zur Verfügung stehen). Wer arbeitsfähig, aber nicht arbeitswillig ist, dem sollen Leistungen gekürzt werden. Das soll auch für Integrationsunwillige gelten.

4. Einen Wiedereinsteigerbonus als finanziellen Anreiz zum Wiedereinstieg.

5. Die Gleichbehandlung von Asylanten, die nie in das österreichische System einbe­zahlt haben, mit Österreichern, die jahrzehntelang Beiträge für das Sozialsystem ge­leis­tet haben, ist zu beenden.

*****

(Beifall beim Team Stronach. Abg. Lopatka: Das habt ihr von mir abgeschrieben!)

Herr Kollege, wir haben deinen Leitfaden aufgegriffen, und ich bin schon neugierig, wie ernst es der ÖVP ist. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

15.56


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Österreich braucht einheitliche Mindestsicherungsregelung“

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1481/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Separate monatliche Bekanntgabe der Zahl anerkannter Flücht­linge und subsidiär Schutzberechtigten in der Arbeitslosenstatistik“ (1051 d.B.) (TOP 14)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 144

Aus den Medien konnte man in der letzten Woche erfahren, dass die ÖVP den Schritt in die richtige Richtung eingeschlagen hat, wenn es darum geht, Österreich als Zuwanderungsland in das Sozialsystem weniger attraktiv auszugestalten:

OTS0189 5 II 0316 VPK0003                                     Do, 10.Mär 2016

ÖVP/Klubobleute-Tagung/Mindestsicherung/Soziales/Lopatka

Lopatka bei Tagung der ÖVP-Landtagsklubobleute: Österreich braucht einheitliche Mindestsicherungsregelung

Utl.: Verschärfungen dringend nötig =

Elixhausen (OTS) - Die Vereinheitlichung der Mindestsicherung für alle Bundesländer ist heute das bestimmende Thema bei der Tagung der ÖVP-Landtagsklubobleute in Elixhausen in Salzburg. ÖVP-Klubobmann Dr. Reinhold Lopatka betont: "Verschär­fungen bei der Mindestsicherung sind ein Gebot der Stunde. Ziel ist es, dass in ganz Österreich dieselbe Regelung gilt. Die von der Flüchtlingswelle besonders betroffenen Staaten wie Schweden, Deutschland und Dänemark haben diese bereits vorge­nommen."

Sozialminister Alois Stöger habe die Aufgabe, bei der Sitzung mit den Landessozial­referenten am kommenden Dienstag in diese Richtung zu verhandeln. Bis zum Jahresende müsse eine einheitliche 15a-Vereinbarung mit allen Ländern fixiert sein, so Lopatka. Die ÖVP-Landtagsklubobleute haben bei ihrer Tagung die ÖVP-Linie noch­mals bekräftigt.

„Eine 15a-Vereinbarung darf nicht am Bundesland Wien scheitern“, stellt Lopatka klar. In Wien habe man heute mit 180.000 Mindestsicherungsbeziehern schon mehr als bei der Einführung im Jahr 2009 in ganz Österreich. Bei mehr als 40.000 Beziehern in Wien liegt die Mindestsicherung über 1.500 Euro.

Lopatka: „Es dürfen nicht alle Steuerzahler aufgrund der Reformunwilligkeit der rot-grünen Wiener Stadtregierung bestraft werden. Alle Steuerzahler müssen die hohen Kosten für Mindestsicherungsbezieher tragen, nicht nur die Wiener.“

Es sei höchst an der Zeit, die fünf Maßnahmen, die die ÖVP fordere, umzusetzen:

1. Eine Deckelung in der Höhe von 1.500 Euro aller Geldtransferleistungen.

2. Die Verpflichtende Umstellung auf Sachleistungen/Direktzahlungen und Geldleistun­gen im Verhältnis 50:50 im ersten Jahr.

3. Nach einem Jahr die verpflichtende Reduktion der Geldleistungen um 25 Prozent (nur für Personen, die dem Arbeitsmarkt voll zur Verfügung stehen). Wer arbeitsfähig, aber nicht arbeitswillig ist, dem sollen Leistungen gekürzt werden. Das soll auch für Integrationsunwillige gelten.

4. Und wir wollen einen Wiedereinsteigerbonus als finanziellen Anreiz zum Wieder­einstieg.

5. Die Gleichbehandlung von Asylanten, die nie in das österreichische System ein­bezahlt haben, mit Österreichern, die jahrzehntelang Beiträge für das Sozialsystem geleistet haben, ist zu beenden. (Schluss)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 145

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat ehestmöglich eine Gesetzes­vorlage zuzuleiten welche einheitlich für Österreich folgende Maßnahmen vorsieht:

1. Eine Deckelung in der Höhe von 1.500 Euro aller Geldtransferleistungen.

2. Die Verpflichtende Umstellung auf Sachleistungen/Direktzahlungen und Geldleis­tungen im Verhältnis 50:50 im ersten Jahr.

3. Nach einem Jahr die verpflichtende Reduktion der Geldleistungen um 25 Prozent (nur für Personen, die dem Arbeitsmarkt voll zur Verfügung stehen). Wer arbeitsfähig, aber nicht arbeitswillig ist, dem sollen Leistungen gekürzt werden. Das soll auch für Integrationsunwillige gelten.

4. Einen Wiedereinsteigerbonus als finanziellen Anreiz zum Wiedereinstieg.

5. Die Gleichbehandlung von Asylanten, die nie in das österreichische System einbe­zahlt haben, mit Österreichern, die jahrzehntelang Beiträge für das Sozialsystem geleistet haben, ist zu beenden.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfinger. – Bitte.

 


15.56.22

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegen durch diesen soeben eingebrachten Entschließungsantrag mittlerweile drei spannende Themen vor, die inhaltlich zwar interessant, aber politisch in dieser Form falsch angelegt sind.

Zum Ersten, „Stopp der Säuberungswelle im Wiener Gesundheitswesen“: Der Fall die­ses anerkannten Lungenfacharztes Dr. Gernot Rainer hat ja große Wellen geschlagen, und es ist in Wirklichkeit ein starkes Stück, das sich die Wiener Stadtregierung da leistet und das zweifelsfrei unsere Aufmerksamkeit verdient, denn da wurde wirklich ein bestbeurteilter, hochqualifizierter Arzt abserviert. Und das Pikante daran – das ist kein Geheimnis mehr –: Es gibt ja fast kein zweites Beispiel, in dem Verantwortliche und Vorgesetzte in einem so unmittelbaren Naheverhältnis zu den politischen Entschei­dungsträgern stehen. Die Namen sind ja bekannt.

Und der Fall ist zustande gekommen, weil sich – das wurde ja auch schon erwähnt – dieser besagte Arzt für seine Kollegen einsetzen wollte. Es ist natürlich mehr als unver­ständlich, was die Stadtregierung da gemacht hat, was da in Wien aus dem Begriff Solidarität beziehungsweise aus diesem gewerkschaftlichen Gedanken gemacht wird und was ihr dieser Gedanke offensichtlich in Wirklichkeit wert ist.

Warum können wir aber bei dem Antrag nicht mitgehen? – Weil er eben falsch ange­setzt ist. Es ist diese Entscheidung eine reine Ländersache, und es ist zweitens eine Klage beim Arbeits- und Sozialgericht anhängig. Wie bei allen anderen Fällen auch


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 146

können und wollen wir uns weder in ein Verfahren einmischen noch dieses auf irgendeine Art und Weise beeinflussen.

Zum zweiten Bericht, der jetzt diskutiert wird, in dem es um die separate monatliche Bekanntgabe der Zahl der anerkannten Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigten in der Arbeitslosenstatistik geht: Auch dieser ist fachlich falsch angesetzt. Inhaltlich ist das natürlich ein spannendes Thema, aber in diesem Antrag ist ständig von Flücht­lingen die Rede. Bitte schauen Sie sich diesen Antrag genau an! Sie haben es eben erwähnt: Das Anrecht auf Arbeit und damit in weiterer Folge auf Arbeitslosengeld gibt es erst ab dem anerkannten Asylstatus. Das wird hier in diesem Antrag so nicht formu­liert und daher jetzt auch nicht zur Abstimmung gebracht. Das ist daher, wie gesagt, einfach falsch angesetzt.

Nun komme ich zum dritten Punkt, zum soeben eingebrachten Entschließungsantrag: Das ist ja hochinteressant! Vielen Dank, dass Sie vom Team Stronach da auf unsere Linie, auf ÖVP-Linie, einschwenken. Sie haben es ja erwähnt: Auch unser Klubobmann vertritt diese Meinung. Es ist aber fachlich ebenfalls falsch angesetzt: Sie wissen, wir können da nicht ganz einfach eine gesetzliche Grundlage schaffen, sondern es ist dies mit den Ländern koordiniert. Daher lautet unsere Aufforderung – und Sie kennen auch unsere Aufforderung an die Stadt Wien –, dass die Länder diese Grundlagen in ihrer Eigenverantwortung umsetzen.

Das ist es uns wert, und daher, wie gesagt: Es sind inhaltlich ganz wichtige Bereiche, aber die Anträge sind leider politisch beziehungsweise fachlich falsch aufgestellt, daher können wir nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.59


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein.

 


15.59.40

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Höfinger, ich sehe es ein bisschen anders, weil es natürlich schon auch die Intention ist, dass es eine ge­setzliche Handhabe geben muss, dass genau so etwas in den Ländern nicht passieren kann.

Es ist ja auch bezeichnend, dass die SPÖ genau einen einzigen Redner dazu heraus­schickt – das war der Herr Vogl aus Oberösterreich; wo auch immer er jetzt ist –, der sich hier herstellt, irgendetwas erzählt und sich dann auch noch damit brüstet, dass die SPÖ bei den Gewerkschaftswahlen in der Voest so viel gewonnen hätte. Das mag alles sein, ich erinnere aber nur an die letzte Landtagswahl in Oberösterreich: Da haben Sie unter anderem zwei Landesräte und sehr, sehr viele Stimmen verloren. Und das hat schon seinen Grund. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man das jetzt ein bisschen weiterspinnt, so ist das genau das, was wir hier so ankreiden, nämlich dass Sie versuchen, Druck auf Mitarbeiter auszuüben, damit diese nur ja Ihre Gewerkschaft wählen. Genau das ist dieses System, das in Wien aufge­gangen ist: Wenn man brav ist, wenn man überall mitmacht, kann man alles haben und werden. Aber wehe, man „identifiziert sich nicht mit den „Gesamtinteressen der Stadt Wien“! Was soll das überhaupt heißen? – Das ist doch nicht normal bei einem Arzt, der fachlich höchste Beurteilungen hat. Das ist der Wahnsinn!

Insofern sehe ich es ein bisschen anders als Sie. Ich glaube, da tut es not, endlich etwas zu tun. Das, was hier passiert, nämlich auf Mitarbeiter so weit Druck auszuüben,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 147

bis hin zu einer Nichtverlängerung eines Vertrags, das geht nicht. Und das vor dem Hintergrund dessen, dass in Wien Lungenfachärzte fehlen, dass ausgeschriebene Stellen nicht nachbesetzt werden können – eben genau auf der Baumgartner Höhe, das ist nämlich die Spezialstation für Lungenheilkunde. Auf der Baumgartner Höhe gibt es beispielsweise eine eigene Tbc-Station. Sie wissen alle, Tbc ist auf dem Vormarsch, die ist im Wiederkommen. Deshalb ist es gut, dass es dort so eine Station gibt.

Aber genau vor diesem Hintergrund wird der Vertrag von jemandem mit bester Qua­lifikation, der noch kürzlich eine Zusatzausbildung, finanziert vom KAV, bekommen hat, plötzlich unter fadenscheinigen Gründen nicht verlängert. Das ist der Filz, der sich hier in Wien breitmacht, und dem sollten wir einfach keine Chance geben. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Vogl, ich sage Ihnen ehrlich: Mit Ihrem Redebeitrag haben Sie meine Kritik bestätigt. Ich würde mich freuen, würde vielleicht auch jemand aus der Wiener SPÖ hier einmal etwas dazu sagen. Die verstecken sich jetzt aber alle hinter ihren Computern. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kitzmüller: Die wissen schon, warum!)

16.02


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mückstein. – Bitte.

 


16.02.10

Abgeordnete Dr. Eva Mückstein (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Minister! Ich möchte auch etwas zum Antrag der FPÖ in Bezug auf die Vorgänge im Gesundheitswesen in Wien sagen. Ich finde auch, dass es sich dabei um eine doch recht pikante Geschichte handelt, dass Herr Dr. Rainer trotz bester Qualifikation und trotz eines enormen Fachärztemangels im Otto-Wagner-Spital seinen Vertrag nicht mehr verlängert bekommen hat. Auch die Beschreibung, dass dies auf­grund mangelnder Identifikation mit den Gesamtinteressen der Dienststelle bezie­hungs­weise der Stadt Wien passiert sei, finde ich äußerst kritikwürdig.

Rainer hat eine freie Gewerkschaft gegründet, also eine Gewerkschaft außerhalb des ÖGB. Damit hat er sich wohl mit den Mächtigsten im Land angelegt: mit dem ÖGB, mit dem KAV, mit der Ärztekammer und mit der Stadt Wien. Das ist schon ein ordentlich mächtiges Paket. So nach dem Motto „Das Imperium schlägt zurück“ ist wahrscheinlich anzunehmen, dass die Dauervertragskommission, die die Nichtverlängerung letztlich beschlossen hat, diesen Vertrag eben nicht verlängert hat. In dieser Dauervertrags­kommission sitzen auch die Vertreter des Krankenanstaltenverbundes, der MA 15, des Landessanitätsrates und der Gewerkschaft, unter anderen eben auch der Ehemann der Gesundheitsministerin, was, denke ich, schon auch die Frage der Unvereinbarkeit aufwirft.

Es drängt sich also die Frage auf: Handelt es sich hier um eine unzulässige politisch motivierte Kündigung? Aus grüner Sicht möchte ich da ganz klar sagen, es kann und darf nicht sein, dass eine kritische Auseinandersetzung mit der Stadt Wien oder mit dem Dienstgeber durch Einschüchterungsmaßnahmen verhindert wird oder dass Men­schen, die sich politisch für ihre Rechte als Beschäftigte einsetzen, mundtot gemacht werden. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Es ist auch so, dass wir Grüne, anders als die Neoliberalen vielleicht, grundsätzlich das Recht unterstützen, Gewerkschaften zu gründen, damit Beschäftigte ihre Interessen vertreten können. Das Recht, eine Gewerkschaft zu gründen oder auch ihr beizutreten, ist außerdem ein Menschenrecht, das im Artikel 11 EMRK geregelt ist. Dieses Men­schenrecht darf nur ausgesetzt oder eingeschränkt werden, wenn es nationale oder


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 148

öffentliche Sicherheitsbestimmungen gefährdet. Ich nehme an, das ist in diesem Fall wirklich nicht so.

Aber der Antrag der FPÖ – das möchte ich auch ganz klar sagen – ist sehr polemisch und die Wortwahl ist gänzlich, wirklich vollkommen inakzeptabel. Der Nationalrat und der Herr Sozialminister sind für diese Thematik nicht zuständig. Außerdem – das finde ich sehr begrüßenswert – liegt diese Causa jetzt beim Arbeits- und Sozialgericht und wird auch von der Volksanwaltschaft geprüft. Dort ist diese Causa sowohl formal als auch inhaltlich richtig platziert, dort gehört sie auch hin. (Beifall bei den Grünen.)

16.05


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


16.06.07

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Entschließungs­antrag 1481/A(E) der Frau Kollegin Dietrich ist ein ganz wichtiger Ansatz, ein richtiger Antrag.

Herr Kollege Höfinger, es wäre schon richtig und notwendig, dass es eine monatliche Bekanntgabe der Zahl der anerkannten Flüchtlinge gibt und dass diese Menschen auch in der Arbeitslosenstatistik erfasst werden.

Ich verstehe schon, dass diese Bundesregierung damit keine große Freude hat, weil so das Bild der Arbeitslosenzahlen verschärft wird. Was in Deutschland und in anderen Ländern in Zukunft möglich ist, muss doch auch in Österreich möglich sein, damit wir in Österreich eine aussagekräftige Arbeitslosenstatistik haben. (Zwischenruf des Abg. Höfinger.) Es ist unbedingt notwendig, dass die anerkannten Flüchtlinge in dieser Statistik enthalten sind, Herr Kollege Höfinger. Das wäre ein wichtiger Ansatz, und ich glaube, das wäre auch für dich wichtig. – Herzlichen Dank. (Beifall der Abg. Dietrich.)

16.07


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schatz zu Wort. – Bitte.

 


16.07.00

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann an meinen Vorredner thematisch anschließen, aber, Herr Abgeord­neter Doppler, die anerkannten Flüchtlinge sind ohnehin enthalten. Es geht ja darum, ob es eine Extrakategorie geben soll.

Da möchte ich schon wissen: Wozu? Was nützt es? Die Problematik, die Frau Abge­ordnete Dietrich angesprochen hat, erkennen wir ja daran nicht. Das heißt, wie lange ein anerkannter Flüchtling bereits in Österreich ist, erkennen wir aufgrund irgend­einer Zahl nicht. Die Problematik, warum die Integration am Arbeitsmarkt nicht funk­tioniert hat, erkennen wir so nicht.

Ich darf Sie schon darauf hinweisen, wenn Sie sich intensiv mit diesem Thema be­schäftigen und wirklich eine Problemanalyse machen wollen, um dann Lösungsvor­schläge zu machen, dann können Sie eine Anfrage stellen. Da können Sie schon in die Tiefe gehen. Aber rein eine Ausweisung einer eigenen Kategorie, das, fürchte ich, bringt uns nicht weiter.

Ich möchte bei der Problemlösung ansetzen. Ich bin bei Ihnen, wenn Sie sagen, es muss uns allen darum gehen, möglichst schnell anerkannte Flüchtlinge am Arbeits­markt zu integrieren, möglichst schnell eine Selbsterhaltungsfähigkeit zu erreichen, das


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 149

heißt, dass Flüchtlinge selbst dafür sorgen können, dass sie und ihre Familien versorgt sind – da bin ich absolut bei Ihnen –, aber ich möchte an den Lösungsansätzen arbeiten. Wir Grüne haben dazu auch einen Antrag im letzten Sozialausschuss einge­bracht, der leider vertagt worden ist.

Ich denke, es müsste darum gehen, intensiv im ersten halben Jahr bei der AMS-Betreuung anzusetzen. Es bräuchte ein Drei-Strang-Modell, dass man sagt: erster Strang Sprachkompetenz, und zwar von der Basis bis zu einem berufsspezifischen Vokabular; zweiter Strang Kompetenzcheck mit anschließender Perspektivenent­wick­lung und Beratung, wie diese Perspektiven umgesetzt werden können; und der dritte Strang ist die Anerkennung von bereits vorhandenen Fähigkeiten und Berufsquali­fikationen. Dieses Dreier-Modell mindestens im ersten halben Jahr, glauben wir, wäre ein guter Schritt.

Die ÖVP hat den Vertagungsantrag im Ausschuss damit argumentiert, dass es ja jetzt ohnehin so etwas in allen Bundesländern gebe. Aber das Problem ist, jedes Bun­desland macht etwas anderes, die Standards sind höchst unterschiedlich. Wir Grüne sagen, es braucht einen einheitlichen, qualitativ hochwertigen Standard, auf den dann auch wirklich jeder Flüchtling einen Anspruch hat. Das ist schon noch einmal etwas ganz anderes.

Meine Damen und Herren, uns geht es um eine qualitative und quantitative Verbes­serung bei der Unterstützung von Flüchtlingen bei der Integration am Arbeitsmarkt, denn – da sind wir uns zumindest einig – wir müssen daran arbeiten, dass möglichst schnell Selbsterhaltungsfähigkeit ermöglicht wird, also möglichst schnell ein Zugang zum Arbeitsmarkt erreicht wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.10


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Schmid zu Wort. – Bitte.

 


16.10.39

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Minister! Es geht um die monatliche Bekanntgabe der Zahl der anerkannten Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigten in der Arbeitslosenstatistik. Die Arbeitslosigkeit ist in Österreich seit einiger Zeit stetig steigend, wobei die heimische Wirtschaft seit Langem als rückläufig zu bezeichnen ist. Die Lage am Arbeitsmarkt wird nun durch die Flüchtlingssituation weiter verschärft. Der Arbeitsmarkt ist für Fremde, auch bedingt durch sprachliche Unkenntnis und Bildungsdefizite, stark eingeschränkt zugänglich.

Flüchtlinge mit und ohne Asylstatus sowie subsidiär schutzberechtigte Personen genießen Rechte, ohne Beiträge in das Sozialsystem geleistet zu haben. Die logische Folgerung daraus hat deren gesonderte Registrierung und die Veröffentlichung ihrer Arbeitslosenquote zu sein.

Für die Zukunft ist anzunehmen und zu beachten, dass die Zahl von Flüchtlingen weiter ansteigen wird, sodass ein Kontrollsystem als unerlässlich zu bezeichnen ist. Dem Antrag ist daher zuzustimmen. – Danke. (Beifall des Abg. Hagen.)

16.12


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Franz zu Wort. – Bitte.

 


16.12.12

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich spreche naturgemäß zur Causa Rainer. Es ist ja so, dass


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 150

Ärzte in totalitären Systemen gefürchtet sind. Wir kennen das von Josef Stalin. Dieser hat ja in der letzten Umnachtung seines Lebens immer von der Ärzteverschwörung gefaselt. Er hat Ärzte grundsätzlich gefürchtet. Das ist ein Kennzeichen von totalitären Strukturen. Man hat nicht gerne Leute, die sich eigene Meinungen bilden und schon gar nicht Leute, die in einem System diagnostisch tätig sind, wobei man natürlich wissen muss, dass Ärzte grundsätzlich Diagnosen und Therapien erstellen. Das ist ihr Beruf.

Aber wenn ein System ist, wie es ist – und die Gemeinde Wien ist ein verkrustetes, einerseits traditionsreiches, andererseits nicht so gut aufgestelltes System (Zwischen­ruf der Abg. Lueger) –, wenn dann jemand kommt und quertreibt und seine eigene Meinung äußert, und dann noch hergeht und eine eigene Gewerkschaft bildet, noch dazu recht hat und praktisch alle Ärzte auf seiner Seite hat, was muss dann der Dienstgeber tun? – Er muss diesen Meinungsbildner, diesen Meinungsäußerer natür­lich früher oder später entfernen, denn sonst stellt sich das System selbst in Frage.

Das ist aber ein grundsätzliches Problem von solchen Systemen, vor allem von öffent­lichen Systemen. Meine Damen und Herren! Der KAV, der Wiener Krankenanstal­tenverbund ist ein öffentlich finanziertes System. Das ist ganz wichtig zu wissen, weil nämlich jede öffentliche Struktur, jedes öffentliche System dazu verpflichtet ist, gera­dezu die Meinungsvielfalt garantieren zu müssen. Deswegen ist es öffentlich und wird von jedem bezahlt. Und wenn dieses System ausscherende Elemente, um es einmal so auszudrücken, kappt und köpft und hinausbugsiert, dann ist dieses öffentliche System nicht mehr funktionstüchtig und nicht mehr in Ordnung. (Neuerlicher Zwischen­ruf der Abg. Lueger.) Das muss uns schon bewusst sein. Hier ist etwas passiert, das ist ganz, ganz schlimm, jetzt abgesehen von den nepotistischen Strukturen, die dort herrschen und heute schon besprochen worden sind.

Da ist im Kern grundsätzlich etwas falsch. Das muss man thematisieren. Das ist nicht nur ein Landesthema, sondern das ist ein grundsätzliches Thema von öffentlichen Systemen, die öffentlich finanziert werden. Das System muss die Meinungsvielfalt garantieren, es muss Platz sein, allein durch die öffentliche Finanzierung und durch die öffentliche Struktur, dass sich Leute öffentlich äußern und auch Kritik am System üben können. Das muss das System gewährleisten.

Wenn es das nicht tut, dann ist es ein totalitäres System und ein System, das man dringendst hinterfragen, kritisieren und reformieren muss. Das ist, glaube ich, auch ein wichtiges Anliegen des Parlaments. Es kann hier aus meiner Sicht nicht argumentativ rational dagegengesprochen werden.

Daher würde es dem KAV und den Oberen dort sehr gut anstehen – sie könnten Größe beweisen –, wenn sie vor dem Gerichtsentscheid, der mit Sicherheit für Gernot Rainer ausgehen wird, diese Größe haben und diese Autorität in positivem Sinn zei­gen, wenn sie sagen, okay, lieber Freund, du bist zwar ein Kritiker von uns, aber gerade deswegen lassen wir dich hier weiter bei uns arbeiten. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, NEOS und Team Stronach.)

16.15

16.15.10

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 151

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1050 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1051 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit ange­nommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreich braucht ein­heitliche Mindestsicherungsregelung“. 

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Min­der­heit und damit abgelehnt.

16.16.4415. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1441/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusam­men­legung der Sozialversicherungen (1052 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kassegger. – Bitte.

 


16.17.09

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um einen Entschließungsantrag der Freiheitlichen Partei, der die Zusammenlegung der Sozial­versicherungsträger zum Gegenstand hat – einen Entschließungsantrag, der in selbem Wortlaut bereits einmal hier im Hohen Haus behandelt und abgelehnt wurde, nämlich im Dezember 2014.

Worum geht es? – Unser Begehr ist es, die Sozialversicherungsträger zusammenzu­legen. Wir halten nach wie vor an 22 verschiedenen Sozialversicherungsträgern, einer ganzen Anzahl von Krankenfürsorgeanstalten, die dann mit zehn Ärztekammern 14 verschiedene Honorarkataloge verhandeln, fest.

Bevor ich inhaltlich darauf eingehe, möchte ich feststellen, dass es sich hier auch um einen Bereich handelt, der ja sinnbildlich für unser Land oder den Zustand, in dem sich unser Land befindet, gelten kann. Wir haben ein Land, das im Stillstand verharrt. Wir haben ein Land, das in allen Rankings, egal, ob es Innovationsrankings, Wettbewerbs­fähigkeitsrankings et cetera sind, zurückfällt.

Wir haben ein Land, das nach wie vor am Modell der Zweiten Republik festhält. Dieses Modell mag zwar in den fünfziger, sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ein erfolg­reiches gewesen sein, ist es aber mit Sicherheit heute nicht mehr. Es wird dann


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von den Regierungsparteien positiv formuliert, das sei das Modell der Sozialpart­nerschaft. Wenn man das kritisch und wirklich wahrheitsgetreu formuliert, dann habe ich doch sehr den Eindruck, dass das ein Modell der absoluten Aufteilung des Landes zwischen Rot und Schwarz ist, in dem wir uns nach wie vor befinden, ein Modell der Königreiche, der Kleinfürstentümer in den Ländern, in den Kammern, in den ausgela­gerten Unternehmen, eben auch in den Sozialversicherungsträgern. Das geht hinunter bis in kleinste Strukturen, bis in Sportvereine. Da gibt es einen roten Sportverein und einen schwarzen Sportverein.

Wir haben ein Modell, das aus der Verteidigung von Besitzständen und Privilegien besteht, das Machterhalt für Parteigünstlinge von Rot und Schwarz zum obersten Ziel erkoren hat. Das müssen wir uns vor Augen führen. Gleichzeitig laufen Ihnen die Wähler in den letzten Jahren in Scharen davon. Das scheint Ihnen aber offensichtlich egal zu sein.

Es wird weiter betoniert, so ist mein Eindruck, bis die ganze Substanz weg ist. Das Problem dabei ist nur, dass parallel dazu unser Land kaputtgemacht wird. Das ist die Sorge, die wir haben. Das heißt, das ist in Wirklichkeit ein Modell von vorgestern, das nicht zukunftsfit ist und abgelöst gehört. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich komme jetzt inhaltlich zu unserem Entschließungsantrag betreffend Zusammen­legung der Sozialversicherungsträger. Wie gesagt, seit Jahren eine Forderung der FPÖ, auch von verschiedenen anderen nicht uns zuzuordnenden Persönlichkeiten, wie etwa Wirtschaftskammerpräsidenten Leitl, bereits 2014 angekündigt im „Im Zentrum“, ich habe das hier mitgenommen. Es sollten sämtliche Sozialversicherungsträger auf drei zusammengelegt werden. Und dann ein interessanter Satz: Dazu sei er innerhalb kurzer Zeit bereit. – Offensichtlich ist die Zeittaktung des Präsidenten Leitl eine andere als die, jetzt muss ich vorsichtig sein mit der Wortwahl, eine langsamere, sagen wir es einmal so.

Worum geht es inhaltlich? Der Gesundheitsökonom Pichlbauer, den ich hier in zwei, drei Passagen zitieren möchte, listet Folgendes auf – und das muss man sich auch unter dem Gesichtspunkt des Bürokratieabbaus, der Verwaltungsvereinfachung, von der immer wieder geredet wird, wo aber nichts geschieht, einmal auf der Zunge zergehen lassen –:

„,Derzeit behandeln die 8000 Kassenärzte anhand von 14 verschiedenen Honorar-Katalogen‘. Das führt dazu, dass beispielsweise eine ‚intermuskuläre Injektion‘  je nach Arzt und Krankenkasse mit einem Betrag zwischen 1,4 Euro und 11,70 Euro abge­golten wird – ein historisch gewachsener Unsinn.“

Weiters:

Es gibt 21 Krankenkassen, 15 Krankenfürsorgeanstalten, mit zehn Ärztekammern, neun für die Länder, eine für den Bund. Die verhandeln stunden-, ja tagelang über Honorarkataloge. Das sind Tausende Verhandlungen, die jedes Jahr durchgeführt werden und wahnsinnig viel an Ressourcen fressen. – Zitatende.

In diesem Sinne unser Antrag auf Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger, weil wir auch der Überzeugung sind, dass mit dieser Maßnahme selbstverständlich auch eine bessere Koordination zwischen ambulanter und stationärer Behandlung möglich ist, und da liegen dann wahrscheinlich wirklich die Einsparungsmilliarden begraben.


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Was ist das Fazit? – Österreich ist, wie es ist. Fast alle sind sich einig. Es gibt dann die Rufer. Täglich ruft Leitl, auch Präsident Raidl, oder von der Industriellenvereinigung hört man dann die Rufe, ja, ja, das wäre vernünftig, das wollen wir machen, aber eben nur außerhalb dieses Hauses.

Hier, im Parlament, wo das beschlossen gehörte, geschieht einfach nichts. Es wird viel geredet, es wird viel vorgeschlagen, es wird viel versprochen, aber letztlich, wenn es dann ums Beschließen und ums Umsetzen geht, scheint es mir so zu sein, als ob den Regierungsparteien dann doch das Hemd näher ist als der Rock und Königreiche und Fürstentümer eben erhalten gehören, was letztlich zu einem Stillstand führt, in dem wir uns befinden. (Beifall bei der FPÖ.)

16.23


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Spindelberger gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


16.23.15

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Bevor ich auf die Rede des Kollegen Kassegger eingehe, möchte ich namens meines niederösterreichischen Kollegen Johann Hechtl die Schülerinnen und Schüler der 4. Klasse des Gymnasiums Neun­kirchen recht herzlich im Hohen Haus begrüßen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Kassegger, ich habe Ihren Ausführungen sehr aufmerksam zugehört, und auch wenn Sie sagen, Sie wollen sich inhaltlich mit der Thematik der Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger auseinandersetzen, dann habe ich in Wirklichkeit nur Populismus herausgehört. Es ist, glaube ich, das vierte oder fünfte Mal, dass ein wortidentischer Antrag eingebracht wird, wo es Ihnen einfach nicht um sachliche Diskussion geht. (Zwischenruf des Abg. Hagen.) Wenn Sie behaupten, durch Fusio­nen, durch Zusammenlegungen gibt es Kosteneinsparungen, dann schauen Sie bitte einmal in die Nachbarländer.

Sie behaupten immer, dass große Krankenversicherungsträger effizienter seien. – Das stimmt einfach nicht, wir haben es in Deutschland ganz eindeutig gesehen, wo die Zahl der Krankenkassen von fast 1 400 auf 169 im Jahr 2010 reduziert wurde. Der deutsche Rechnungshof hat sich ein Viertel aller Krankenkassen ganz genau angeschaut, das heißt, er hat sie auf Herz und Nieren geprüft und festgestellt, dass mit diesen Fusionen keinerlei Senkung der Verwaltungskosten einhergegangen ist. Im Gegenteil! (Zwi­schenruf des Abg. Deimek.)

Das muss man auch jenen Damen und Herren, die vor den Fernsehgeräten sitzen, sagen. In Deutschland wurden die Krankenversicherungsbeiträge seit den Fusionen gewaltig erhöht, das heißt, die Deutschen zahlen in Wirklichkeit das Doppelte von dem, was wir in Österreich zahlen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Arbeit­geber zahlen nämlich 14,6 Prozent, wir hingegen nur 7,65 Prozent.

In Deutschland kommt noch dazu, dass es dort mehr als bedenkliche Lockverträge gibt, wo man als junger Versicherter einfach einen Krankenversicherungsbeitrag zahlt, der ein bisschen geringer als alle anderen ist, dafür sind aber Leistungen ausge­nom­men. Und jetzt kommt es: Stellen wir uns einmal die Situation vor: Ein junger sportlicher Mann will einfach nur einen günstigeren Krankenversicherungsbeitrag zahlen, aber bei dieser günstigen Tarifgestaltung ist zum Beispiel die Behandlung einer schweren Herzerkrankung ausgenommen. Das wird ja bei einem jungen Sportler überhaupt nicht der Fall sein, meint man. Aber was dann, wenn der Fall eintritt und


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genau diese Person dann einen schweren Herzfehler hat, einen Herzkatheter braucht und anschließend Reha-Maßnahmen? – Dann muss er das alles selbst bezahlen!

Und da denke ich, genau solche Verträge brauchen wir in Österreich nicht. Wir haben in Österreich ein gutes ASVG-System, und das lobe ich besonders, weil es einheitliche Versorgungsstandards bei den Ärzten, bei den Medikamenten, aber auch in den Spitälern gibt, das wird uns garantiert. Wenn wie im vorliegenden Antrag unser bewährtes Krankenversicherungssystem in Frage gestellt wird und künftig nur mehr eine einzige Gesundheitsversicherung mit zentraler Steuerung eingefordert wird, dann warne ich auch aus einem anderen Grund davor: Wenn man dezentrale Lösungen anbietet, können die Bedürfnisse der Versicherten auch im ländlichen Raum – das ist nachweisbar – um ein Vielfaches besser abgedeckt werden als durch künftige zentra­listische Organisationsformen, weil es auch gelingt, mit unseren neun Gebietskran­kenkassen einfach flexibler auf die Bedürfnisse zu reagieren, und auch die Ver­sicherten wollen – reden Sie einmal mit denen! –, dass die Entscheidungen, die sie unmittelbar betreffen, vor Ort fallen.

Wir haben heute am Vormittag schon über so ähnliche Situationen diskutiert, wo es darum geht, wie man eine bessere regionale medizinische Versorgung aufbauen kann, die für die Versicherten maßgeschneidert ist, bedarfsorientiert ist und auch auf die Regionen abgestimmt ist. Ich möchte nicht, dass in Wien allein entschieden wird, wie zum Beispiel bei mir zu Hause im Mariazeller Land die medikamentöse oder medizi­nische Versorgung ausschaut, von Leuten, die unter Umständen die Bedürfnisse vor Ort gar nicht kennen.

Apropos kleinere Einheiten: Erlauben Sie mir auch da einen Blick über die Grenzen! Vergleicht man bei uns in Österreich die durchschnittliche Größe der Krankenver­sicherungsträger nach Mitgliederzahlen, dann wird man feststellen können, dass im Schnitt eine Krankenkasse 438 000 Versicherte betreut, während es in der Schweiz lediglich 97 000 sind. In Deutschland ist es ähnlich wie bei uns, die haben, glaube ich, 440 000.

Ich meine, dass das ein gutes System ist. Die Verwaltungskosten betragen bei uns nur 2 Prozent, während sie in Deutschland durch diese Fusionierung fast 10 Prozent sind.

Worum es Ihnen in der Diskussion geht – da brauchen wir uns ja nichts vorzumachen, ich kenne ja Ihre Intentionen –, das ist der Umstand, dass Sie mit aller Gewalt die Selbstverwaltung, also die Verwaltungskörper der ArbeitnehmerInnen und Arbeitgeber auflösen und diese Entscheidungsgremien durch Expertinnen und Experten ersetzen wollen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist es, worum es Ihnen geht.

Die Diskussion kenne ich zur Genüge, von anderen Bereichen auch schon, zum Beispiel heute Vormittag im Zuge der Pensionsdebatte, wo vielleicht Experten wie ein Herr Marin, der wahrscheinlich noch nie in einem Betrieb war und noch nie gesehen hat, wie die Arbeitsbedingungen eines Stahlwerkers sind, der mit Staub, Lärm und Hitze konfrontiert ist und im Mehrschichtbetrieb arbeiten muss, erklären, dass der Arbeiter im Stahlwerk künftig bis zum Alter von 67 Jahren hackeln soll, um einmal eine Pension zu bekommen.

Wollen Sie vielleicht auch im Krankenversicherungsbereich Betriebswirtschaftler sitzen haben, die dann, wenn es darum geht, dass die Krankenkassen einmal eine negative Bilanz erstellen, Leistungskürzungen vornehmen wollen? Für solch ein System bin ich nicht zu haben! Und davor warne ich eindringlich, dass Ihre Intentionen in Österreich einmal umgesetzt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

16.29



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 155

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


16.29.40

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Bei allen Bemühungen, Herr Kollege Spindelberger, dieses wild gewachsene System noch irgendwie zu verteidigen, muss ich sagen, das geht sich einfach nicht ganz aus.

Das ist dermaßen quer und fünfmal ums Eck gedacht. Ich glaube, wir sind uns alle einig und wir reden auch gerade beim Pensionssystem immer wieder davon, dass es eine Harmonisierung braucht, dass alle das Gleiche in die Pensionsversicherung ein­zahlen und auch das Gleiche herausbekommen sollten. Insofern gilt das auch für die Krankenversicherungen, und das sollte auch für die Unfallversicherung gelten.

Es kann niemand mehr nachvollziehen, warum ich, wenn ich mir den Fuß in Vorarlberg oder im Burgenland gebrochen habe, dort versichert bin und danach zur Rehab oder sonst wohin gehen muss, anders behandelt werde in Vorarlberg als im Burgenland, das kann einfach niemand mehr nachvollziehen, oder je nachdem, wie ich versichert bin, welche Krankenversicherung meine Behandlungen bezahlt.

Insofern wäre es wirklich schön, wenn man ein bisschen mehr Mut beweisen würde und das, was offenkundig ist, nämlich ein Sozialversicherungssystem, das extrem re­no­vierungsbedürftig ist, wo es viele gewachsene Strukturen gibt, einmal genauer an­schauen und tatsächlich in Richtung Harmonisierung arbeiten würde.

Deswegen haben wir auch im vorvorigen Tagesordnungspunkt diese komplizierte Bank-Austria-Lösung beschließen müssen beziehungsweise ist es dazu gekommen, weil wir aus diesen verschiedenen Systemen immer wieder Sonderregelungen haben. Da gibt es auch eine gewisse Herausforderung, wie wir gesehen haben, in Bezug auf diese Geschichte.

Warum können wir das nicht angehen? Und warum gibt es einen dermaßen großen Widerstand sowohl von SPÖ als auch von ÖVP, da tatsächlich einmal hinzuschauen und dafür zu sorgen, dass es eine Krankenversicherung gibt, eine Pensionsver­sicherung und eine Unfallversicherung für alle mit den gleichen Beiträgen, mit den gleichen Leistungen, ein vergleichbares und gleiches System?

Insofern unterstützen wir auch den Antrag der FPÖ, wiewohl wir eine Differenzierung bevorzugen, nämlich nicht alles in einen Topf werfen, sondern Krankenversicherung, Pensionsversicherung und Unfallversicherung sollten sehr wohl getrennt sein.

Bitte werfen Sie uns da nicht Populismus vor, wenn wir immer wieder einen Antrag stellen, der in diese Richtung geht! Es ist offenkundig, dass es da Veränderung braucht. Und seien Sie da nicht so resistent, sondern machen Sie einmal auf und versuchen Sie, gemeinsam mit uns darüber nachzudenken, welche Lösungen es gäbe! Beim Pensionssystem haben wir eine gefunden. Es gibt noch viele andere Ideen, das zu regeln. Also gehen wir es an und machen wir nicht immer nur die Scheuklappen zu! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.32


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hammer. – Bitte.

 



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16.32.48

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren hier im Hohen Haus und vor den Bildschirmgeräten! In Vorbereitung dieses Tagesordnungspunktes habe ich mir meine Rede herausgesucht, die ich vor ein paar Monaten zum selben Thema gehalten habe. Man braucht eigentlich nur die Fraktionen auszutauschen. Damals war es von den NEOS beantragt, jetzt von der FPÖ.

Es ist grundsätzlich – das halte ich eingangs fest – natürlich wichtig, sich über Verbes­serungen, Optimierungen und Anpassungen im Sozialversicherungsbereich zu unter­halten. Es ist aber ein bisschen plakativ, wie es von diesen Fraktionen immer wieder eingebracht wird, wenn man sagt, na ja, bloß durch das Zusammenlegen der Sozial­versicherungsträger spart man erstens sehr viel ein und wird das System deutlich besser.

Eines muss man schon festhalten – und das möchte ich ausdrücklich tun –: Sowohl das Sozialversicherungssystem als auch das Gesundheitssystem in Österreich sind ein hervorragendes. Über Verbesserungen bei der Abwicklung, der Optimierung der Strukturen kann man reden. Aber was die Leistungen und das System allgemein betrifft, glaube ich, sind wir hier sehr, sehr gut aufgestellt.

Es wird gesagt, wenn man optimiert, wenn man zusammenlegt, spart man sich so viel ein und die Leistungen werden dann entsprechend besser.

Wir geben derzeit 2 Prozent bis 3 Prozent für Verwaltung in diesem Bereich aus, die Leistungen sind unterschiedlich, das stimmt. Wenn man die Systeme von heute auf morgen zusammenführt – und das muss man den Bürgern und auch den Versicherten immer wieder sagen –, dann ist es so, dass dann der eine weniger Leistungen be­kommt oder der andere höhere Beiträge zu zahlen hat, auch das sollte man sich überlegen, weil nicht alles so leicht harmonisierbar ist.

Ich glaube, man sollte den konsequenten Schritt der Optimierungen weitergehen. Ich möchte auch hier noch einmal sagen, die Zahl der Sozialversicherungsträger ist bereits von 29 auf 22 reduziert worden. Die Bundesregierung hat auch festgelegt, eine Effizienzstudie durchzuführen, die wird auch gemacht. Auf Basis dieser Ergebnisse sollte man dann entsprechend weiterentwickeln, optimieren.

Aber wenn man bloß sagt, alles zusammenzulegen, zu zentralisieren macht das Ganze besser, dann ist das ein bisschen einfach dargestellt. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

16.34


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


16.34.55

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Kollege Spindelberger hat unter Assistenz des Kollegen Hammer die oft wiederholten Vorteile dessen, was wir heute kennen, breitgetreten und von einheitlichen Standards gesprochen.

Also schauen Sie sich bitte einmal an, was es für unterschiedliche Krankenversiche­rungsträger gibt und wie unterschiedlich dort die Leistungen sind! Die meisten werden bei einer Gebietskrankenkasse versichert sein. Ich lade Sie ein, schauen Sie einmal bei der KFG Kranken- und Unfallfürsorge für oberösterreichische Gemeinden nach, unter kfgooe.at, da ist nämlich der Leistungskatalog im Internet. Dann vergleichen Sie


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es mit dem, was Ihre Gebietskrankenkasse zahlt. Da geht Ihnen das Geimpfte auf, das verspreche ich Ihnen.

Da gibt es Gruppen – da gehören die öffentlich Bediensteten dazu, mit den verschie­denen KFAs, Wien ist da auch ein großartiges Beispiel –, die kein Arbeitsmarktrisiko haben, die auch tendenziell Berufe haben, die körperlich nicht so belastend sind, und die bilden dann eigene Versicherungsträger, die natürlich bessere Leistungen anbieten können, weil sie eine günstigere Risikogruppe haben.

Das müssen natürlich die normalen Versicherten querfinanzieren, weil alle, die arbeitslos werden, in der Krankenkasse sind und alle, die in privatwirtschaftlichen Be­trie­ben, Produktionsbetrieben mit großer Gefährdung körperlich belastenden Tätigkei­ten nachgehen, in der Gebietskrankenkasse sind.

Den Schmäh mit den 2 Prozent Verwaltungskosten kann man sich sonst wohin schmieren, denn so, wie die Gebietskrankenkassen ihre Verwaltungskosten rechnen, kommt jeder auf 2 Prozent. Es gibt ja die ausgelagerte Gesellschaft ITSV, die zählt natürlich nicht zu den Verwaltungskosten, weil diese ausgelagert ist. So einfach macht man das. Die lagern einfach irgendetwas, was sie haben, aus, und dann ist es weg. Das muss man gar nicht mehr zahlen. Weg!

Auch Abschreibungen werden in den Kassen nicht zu den Verwaltungskosten gezählt. Da könnte man eine lange Liste führen und man könnte einmal anschauen: Von wo weg rechne ich die Verwaltungskosten? Ich darf nämlich nicht alle Durchläufer in die Berechnungsgrundlage hineinzählen, denn dann blase ich die künstlich auf, und auf einmal sind die Verwaltungskosten anteilig kleiner. Tatsächlich sind sie natürlich gleich groß wie vorher.

Also ein wunderschönes Märchen, das Kollege Spindelberger da erzählt hat.

Ich hoffe, es schlafen alle gut weiter, denn dann bleiben die roten und die schwarzen Funktionäre in ihren Burgen geschützt. (Beifall bei NEOS und FPÖ.)

16.37


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


16.37.34

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Erlauben Sie mir zuerst, dass ich die jungen Damen hier begrüße. Sie sind die Mitarbeiterinnen des Instituts für Arbeitsrecht der Uni Graz. Im Namen ihrer Chefin, unserer Beatrix Karl, darf ich sie recht herzlich begrüßen. (Beifall bei ÖVP, NEOS und Team Stronach.)

Meine Damen und Herren, wenn Herr Kollege Kassegger vorhin die Sozialpartner­schaft so kritisiert hat, dann ist das durchaus legitim, allerdings sollte man schon wissen, dass diese Sozialpartnerschaft im Interessenausgleich in diesem Lande Öster­reich großartige Verdienste gehabt hat und hat (Abg. Kassegger: Gehabt!) und auch in Zukunft haben wird, wenn man sich nicht nur bloß herstellt und sie kritisiert, sondern auch einen Beitrag dazu leistet, wie man diese großartigen Leistungen für die Zukunft auch sichern und der Zeit anpassen kann. Das sollten wir diskutieren, ja.

Ich sage auch dazu, eine Sozialpartnerschaft ist auch immer geprägt von den han­delnden Personen. Auch das sage ich sehr kritisch. Es könnte besser funktionieren, insbesondere mit dem Hecht im Karpfenteich, der Sozialpartnerschaft, mit dem Herrn Muhm, der in den letzten Jahren außer klassenkämpferischen Tönen nichts von sich gegeben hat, außer ideologischen Beiträgen nichts von sich gegeben hat. So kann, das sage ich ganz offen, diese Sozialpartnerschaft nicht funktionieren. Da gibt es dann


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diesen Interessenausgleich nicht mehr. Da ist es Zeit, dass der Herr Muhm hoffentlich demnächst in Pension geht, meine Damen und Herren.

Diskutieren wir über diese Sozialversicherungen! Freilich ist es schön, zu sagen, alles gehört zusammengelegt, wir brauchen eine. Ich bedaure es zutiefst, dass es uns vor Jahren nicht gelungen ist, eine Sozialversicherung für Unternehmer zu schaffen, sprich der Bauern und der Wirtschaft. Schade, dass es nicht gegangen ist. Aber trotzdem müssen wir draufbleiben und nachdenken, wie wir das Leistungsrecht, das Beitrags­recht weiter entsprechend harmonisieren können. Das sollten wir hier ganz offen diskutieren.

Der Verwaltungsbereich für das Bundespflegegeld ist ein absolut positives Beispiel: Wir haben hier in diesem Hohen Haus beschlossen, aus 3 000 Stellen sieben Stellen in der Verwaltung zu machen. Das ist ein positives Beispiel. Das sollten wir als Vorbild auch für eine neue Struktur im Sozialversicherungsbereich nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.40


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


16.40.26

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Ja, ich finde es ganz toll, dass wir dieses Thema wieder diskutieren. Ich möchte daran erinnern, dass ich bereits am 16. Oktober 2014 diesen Antrag ein­gebracht habe. Ich bringe ihn heute noch einmal als Entschließungsantrag ein, damit Sie diesen wortidentisch wieder lesen können.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Eine einzige Sozialversicherung für Österreich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die vollständige Harmonisierung des Sozialver­sicherungssystems vorsieht, welche eine Zusammenführung aller Beitragsleistungen, Finanzierungs- und Steuerungsfunktionen in ein einziges System umsetzt.“

*****

Warum dieser Antrag? – Meine Damen und Herren, wir haben vom Kollegen Spindel­berger einiges gehört, dass es das gar nicht brauche, das System sei super. Das glaube ich schon aus roter Sicht, denn da kann man schwarze und rote Partei­günst­linge in den Sozialversicherungen versorgen. Kollege Hammer hat auch in dieses Horn geblasen. Ich möchte aber erklären, warum das im Antrag Geforderte notwendig ist.

Meine Damen und Herren! Mein kürzlich verstorbener Vater hat mir einen kleinen Wald vererbt. Der ist ein bissel über 3 000 Quadratmeter groß, also wirklich eine Kleinigkeit. Jetzt bin ich als Polizeibeamter BVA-versichert und hier vom Parlament noch einmal BVA-versichert, zahle da die Höchstbemessungsgrundlage. Und jetzt werde ich aufge­fordert, für dieses Stückchen Wald zusätzlich Sozialversicherung an die Bauern­sozialversicherung zu zahlen. (Rufe bei der ÖVP: Unfallversicherung!) Unfallver­sicherung, ja.

Jetzt ist Folgendes: Wenn ich diesen Wald besuche, gehe ich zuerst durch ein paar andere Wälder. Wenn ich mir dort den Fuß verknackse, dann zahlt die BVA, weil es


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nicht in meinem Wald war. Dann habe ich eine Leistung gemäß den Vorgaben der BVA, die wesentlich besser ist als die der Bauernsozialversicherung. Dafür, dass ich bei der Bauernsozialversicherung zusätzlich noch einen Beitrag zahlen darf, bekomme ich noch die schlechtere Leistung. Das ist Fakt. (Abg. Fekter: Das wird rückvergütet ab der Höchstbemessungsgrundlage!) – Ja, jetzt schon, wo ich die Höchstbemessungs­grundlage habe. (Abg. Fekter: Das müssen Sie auch dazusagen!) Aber wenn ich einmal nur noch Polizeibeamter bin, dann ist es nicht so. Und das ist genau der Punkt. Ich habe nämlich auf dieses Argument gewartet.

Frau Finanzminister, auf dieses Argument habe ich gewartet. Wenn ich einfacher Polizeibeamter bin und weniger verdiene, dann trifft es mich noch mehr, weil es mir dann noch mehr wehtut. Und das ist genau der Punkt, den wir diskutieren müssen. Und warum muss ich das zahlen? – Damit sich die schwarzen Bonzen in der Bauern­sozialversicherung einen Dienstwagen leisten können, zusätzliches Personal leisten können, und so weiter und so weiter. Das ist der Grund. Und schon aus diesem Grunde gehören die Sozialversicherungen zusammengelegt. (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja, ich weiß schon, da ist die Aufregung in der ÖVP groß. Aber die Kritik wechselt sich ja ab, bei den anderen sind es wieder die roten Sozialversicherungen. Deswegen Zusam­menlegung: eine Leistung für alle! Das ist gerecht für alle, und da zahlen alle gleich ein.

Jetzt muss ich Ihnen noch etwas ganz Absurdes zu dieser schwarzen Sozialver­sicherung beziehungsweise Krankenversicherung erzählen. Das ist der Hammer, da hat es mir fast die Schuhe ausgezogen, als ich das gehört habe.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie beim steirischen Maschinenring – und ich glaube, das ist in anderen Bundesländern auch so – ein Gerät ausleihen, zum Beispiel einen Ladewagen, und dieses benutzen, dann müssen Sie für dieses Gerät Krankenver­sicherung zahlen. Jetzt kann eine Maschine nicht krank werden, ich weiß nicht, wie Sie sich das vorstellen. – Da sieht man, wie skurril dieses System ist und warum das endlich einmal reformiert gehört. (Bundesminister Stöger: Mit dem Ladewagen im Wald?) – Nein, es geht ja nicht um die Person, die den Ladewagen betätigt, sondern es geht darum, dass das Gerät krankenversichert ist. (Zwischenruf der Abg. Fekter.)

Meine Damen und Herren, das ist skurril, das gehört abgeschafft! Eine Sozialver­sicherung für alle mit denselben Leistungen! – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

16.44


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Eine einzige Sozial­versicherung für Österreich“

Eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozia­les über den Antrag 1481/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenlegung der Sozialversicherungen“ (1052 d.B.) (TOP 15)

Der Entschließungsantrag 681/A(E) XXV. GP - Hagen und Kollegen - des Team Stronach hat angesichts der prekären finanziellen Situation in welche das Österreichi-


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sche Sozialsystem schlittert nichts an Aktualität verloren. Im Gegenteil, Reformen wie diese sind für Österreich unumgänglich wenn das Prinzip der Pflichtversicherung auch weiter funktionieren soll. Eine Zustimmung zu den längst überfälligen Reformen seitens der Regierungsverantwortlichen ist überfällig:

Die österreichische Sozialversicherung beruht auf den Prinzipien der Pflichtver­sicherung, dem Solidaritätsprinzip und der Selbstverwaltung. Sie wird aktuell nur durch immer höher werdende Zuschüsse, also einkommensorientierte Beiträge, finanziert - und damit ausschließlich durch die Steuerzahler erhalten. Die österreichische Sozial­versicherung gliedert sich in drei Zweige: Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung. 22 Sozialversicherungsträger führen die Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung in Österreich durch. Dachverband aller Sozialversicherungsträger ist der Hauptverband.

Da jeder dieser einzelnen Träger schon lange nicht mehr das alleinige Ziel verfolgt, seinen Versicherten die bestmögliche Leistung anzubieten, sondern der Selbstzweck zum Ziel erhoben wurde, für die eigene Existenzberechtigung möglichst viele „Ver­sicherte“ aufzuweisen, haben wir in Österreich das Phänomen der Doppel- und Mehr­fachversicherungspflicht quasi zum Standard erhoben. Besonders betroffen von dieser „Mehrfachversicherungspflicht“ sind Personen, die neben einem Angestelltenverhältnis auch noch Einkommen aus selbstständiger oder bäuerlicher Tätigkeit haben.

Wir vom Team Stronach wollen das Sozialversicherungssystem für die arbeitenden Menschen und die kommenden Generationen fair gestalten und langfristig absichern und natürlich haben Menschen mit höheren Einkommen auch höhere Beiträge in das System zu leisten, jedoch nur in EIN einziges System mit fairen und transparenten Staffelungen bis derselben Höchstgrenze für ALLE Beitragsleistenden.

Auch Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl (ÖVP) hat sich am Sonntag, den 15.6.2014, in der ORF-Sendung "Im Zentrum" bereits dafür ausgesprochen, sämtliche Sozialversicherungsträger auf drei zusammenzulegen. „Dazu sei er innerhalb kurzer Zeit bereit“, so Leitl.

Um die Finanzierbarkeit des österreichischen Sozialversicherungssystems zu gewähr­leisten, sind laut Empfehlung von Rechnungshofexperten die Strukturen des gesamten Systems zu ändern. Es ist die Verpflichtung des Österreichischen Gesetzgebers, seiner Bevölkerung für ihre Beitrags- und Steuerleistungen ein nachhaltiges und finan­zierbares Sozialversicherungssystem mit der Steuerung und Finanzierung aus einer Hand zur Verfügung zu stellen.


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Aus diesem Grund muss eine Zusammenführung aller Beitragsleistungen, Finan­zierungs- und Steuerungsfunktionen im Sozialsystem in ein einziges System erfolgen. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die vollständige Harmonisierung des Sozialver­sicherungssystems vorsieht, welche eine Zusammenführung aller Beitragsleistungen, Finanzierungsund Steuerungsfunktionen in ein einziges System umsetzt“.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


16.44.41

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Als Arzt unterstütze ich den FPÖ-Antrag zur Zusammenlegung der Sozialversicherungen. – Dass das geht, ist historisch belegbar.

Meine Damen und Herren! Wir haben 1890, kurz nach den ersten österreichischen Sozialgesetzen, 3 000 Krankenkassen in Österreich gehabt. 3 000 Krankenkassen bei einer Einwohnerzahl von zirka 40 Millionen! Das ist ein kleines Rechenbeispiel. Wenn man das auf heute herunterbricht, sieht man, was das bedeuten würde. 1890: 3 000 Kran­kenkassen, 1927: 150 Krankenkassen, 2016: insgesamt 34, wenn man die Krankenfür­sorgeanstalten dazurechnet.

Wenn wir schon beim Historischen sind, darf ich einen kleinen Sweep in die Vergan­genheit machen, wie unser Krankenkassensystem überhaupt entstanden ist. Das soll man sich nämlich immer vor Augen halten.

Wir haben für das Krankenkassen- und Pensionsversicherungssystem das sogenannte Bismarck-Modell gewählt. Das hat der Fürst Bismarck Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland eingeführt. Das war, basierend auf den zünftischen Strukturen, auf Bezirksstrukturen, regionalen und beruflichen Strukturen, ein Versicherungsmodell, das abhängig war von den Beiträgen, die die Versicherten hineingezahlt haben, und das natürlich auf einer großen Masse an jungen Beitragszahlern und wenigen Alten und Kranken aufgebaut war. Daher hat das am Anfang sehr gut und über viele Jahrzehnte wunderbar funktioniert.

Man darf aber nicht vergessen, dass diese Systeme zünftisch und eigentlich auch ständisch konstruiert worden sind und das noch immer sind. Und das ist der Grund, warum wir heute noch die Selbstverwaltung und diese eigenen Regulierungen pro Krankenkasse haben und dass von außen her keinerlei demokratische oder fast keine demokratische Intervention möglich ist. Ich wundere mich immer, dass gerade die SPÖ so sehr auf etwas Ständestaatlichem, wenn man so will, und Zünftischem beharrt und dass da kein Weiterdenken in die Moderne, ins dritte Jahrtausend möglich ist.

Das Gegenstück zu den Bismarck-Systemen, die wir in Österreich im ambulanten Bereich haben, sind die Beveridge-Systeme, die ebenfalls ein Hochadeliger in England eingeführt hat, von den nordischen Ländern wurden die dann übernommen. Lord Beveridge hat das Anfang des 20. Jahrhunderts installiert. Das ist ein rein steuerlich, öffentlich finanziertes System, das keinen Versicherungscharakter hat. Hieraus ent­stehen die beiden Gegensätze.


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Wir leben in Österreich. Wir leben den Kompromiss. Wir haben mittlerweile beides bei uns integriert. Denn: Die stationären Strukturen, die wir haben, die Krankenhäuser, sind reine Beveridge-Systeme mit ein bissel Bismarck drinnen. Die werden über die Beiträge der Bürger mitfinanziert, aber grundsätzlich erfolgt die Finanzierung der stationären Strukturen über Steuermittel. Das heißt, wir haben in den letzten Jahr­zehnten einen Mix gefunden, auch durch das ASVG 1956 und kleinere Novellen, die wir immer wieder gemacht haben, wir haben grundsätzlich einen Mix aus Beveridge- und Bismarck-Systemen, also aus Beitragssystemen und steuerfinanzierten Systemen.

Das hat mehrere Vorteile, aber auch gravierende Nachteile. Wie ich schon gesagt habe: Die Bismarck-Systeme sind grundsätzlich intransparent, abgeschottet und im demokratischen Gesamtsetting schwer zu beeinflussen. Das ist die sogenannte Selbstverwaltung, auf die wir recht stolz sind. Diese hat aber eben den Nachteil, dass man sie über das parlamentarische Prozedere oder über den einzelnen Bürger gar nicht oder nur ganz marginal steuern kann. Der Bürger hat keine Wahl, er wird in die jeweilige Versicherung hineinverpflichtet; je nach Wohnort, je nach Berufstätigkeit muss er seine Versicherung annehmen. Ich glaube, darüber sollte man nachdenken, ob man hier nicht Neuerungen im Sinne einer Homogenisierung einführen sollte.

Zum Thema Verwaltungskosten: Die Verwaltungskosten betragen keine 2 Prozent oder 4 Prozent oder was auch immer hier kommuniziert wird. Es ist wesentlich mehr! Dazu kann man die Studien von Czypionka und Pichlbauer lesen: Es sind zumindest 7 bis 9 Prozent, je nach Studie, aber es ist jedenfalls deutlich mehr als die immer kom­munizierten 2 bis 4 Prozent Verwaltungskosten. Es sind fast 10 Prozent! Kanada – die haben ein Beveridge-System – hat im Vergleich dazu nachgewiesene 2 Prozent Ver­wal­tungskosten.

Ich glaube, das alles sollte uns dazu führen, dass wir nachdenken über eine Homo­ge­nisierung und dass wir durchaus den Leitl-Vorschlag mit den drei großen Verwaltungs­körpern aufgreifen: die Angestellten, die Beamten und die Selbständigen, dass wir aus den 34, die wir jetzt haben, drei Körper machen und dass die Krankenversicherungen alle Kosten übernehmen, nicht nur die Kosten für die niedergelassenen Ärzte, sondern sehr wohl auch die Kosten für die Spitäler. Wir reden immer von der Finanzierung aus einer Hand, wir sollten es auch bitte machen, indem wir die Krankenversicherungen dazu verpflichten, alle Gesundheitskosten pro Patient zu übernehmen. (Abg. Fekter: Das geht sich aber nicht aus!) Das würde wesentlich bessere Steuerungsmöglichkeiten ergeben, wesentlich mehr Transparenz und wesentlich mehr Effizienz im System schaffen. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.49


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


16.50.01

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Bereits x-fach ange­sprochen: die Zusammenlegung der verschiedenen Sozialversicherungsanstalten. Es kann mir und auch der Bevölkerung niemand, aber schon wirklich niemand erklären, wofür Österreich 22 verschiedene Sozialversicherungsanstalten braucht! Das bringt nichts, außer dass diese Verwaltung enorm teuer ist – nur Verwaltung, Verwaltung, Ver­waltung!

Wir haben es ja vom Herrn Dr. Franz bereits gehört, in welcher Höhe die Verwal­tungskosten liegen. Sicher nicht, wie vom Herrn Kollegen Schönegger angesprochen, bei 2, 3 Prozent! Lieber Bernd Schönegger, wir haben gehört, sie liegen bei etwa 10


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Prozent. Und das ist die Wahrheit und sonst nichts, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich glaube, dass die Versicherten von dieser Verwaltung nichts haben, außer dass ihnen immer wieder gesagt wird, dass diese und jene Leistung nicht bezahlt wird. Wer soll eigentlich hier versorgt werden, meine sehr geehrten Damen und Herren? Einige Funktionäre – oder doch die Versicherten?

In jüngster Zeit haben wir das von dieser Stelle aus schon oft diskutiert, dass diese vielen Sozialversicherungsanstalten in dieser Form einfach nicht mehr zeitgemäß und viel zu teuer sind. Und wenn Sie es uns schon nicht glauben, meine sehr geehrten Damen und Herren, glauben Sie es wenigstens dem Wirtschaftskammerpräsidenten Christoph Leitl! Der hat gesagt: Die Strukturen der Sozialversicherungsanstalten in Österreich sind nicht mehr zeitgemäß und gehören dringend geändert.

Ja, liebe Freunde, dann gehen wir es an und ändern es! – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Hagen.)

16.51


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


16.51.39

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Spindelberger, Sie haben mich jetzt wirklich motiviert, mich noch zu Wort zu melden. Es ist ja eigentlich das Wesentliche schon gesagt, aber das, was Sie hier heute geboten haben, ist ja wirklich kabarettreif. Sie stellen sich hier her und erzählen irgendwas von Lockangeboten. – Wie kann es bei einer einzigen Krankenkasse Lockangebote geben? Erklären Sie mir das einmal!

Sie haben offensichtlich den Antrag nicht durchgelesen, oder Sie haben ihn nicht ver­standen. Es gibt nur eine dieser beiden Möglichkeiten. Lockangebote kann ich nur dann machen, wenn ich um Kunden keile, weil es eben unterschiedliche Auswahl gibt. Wenn es aber nur eine gibt – und das ist die Intention und das Ziel dieses Antrags –, dann braucht es keine Lockangebote, denn da sind nämlich alle automatisch bei dieser einen Krankenkasse versichert. Punkt eins.

Punkt zwei: Sie haben sich auch hierhergestellt und gesagt, regional kann man im Mariazeller Land ganz anders reagieren. Sie wollen nicht, dass da von Wien aus irgendetwas geregelt wird. Jetzt erklären Sie mir aber schon bitte: Ob ich jetzt einen Herzinfarkt im Mariazeller Land oder in Wien oder in Vorarlberg habe, was wollen Sie denn da bitte schön regional regeln?

Das sind doch alles an den Haaren herbeigezogene Argumente, die Sie hier herein­bringen, weil Sie von der SPÖ und auch Sie von der ÖVP das einfach nicht wollen, und zwar nicht, weil Sie es sachlich ablehnen, sondern, weil Sie es aus politischen Gründen ablehnen, weil Sie dort in diesen Verwaltungseinheiten Ihre abgehalfterten Politiker, Ihre Politpensionäre unterbringen. Die verschieben Sie dorthin! Das ist doch die Wahrheit! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hagen.)

Herr Kollege Spindelberger, Sie selbst kommen aus diesem Bereich. Bei Ihnen war es halt der umgekehrte Weg: Sie sind dort gescheitert und danach in den Nationalrat gekommen. Das ist der einzige Grund, warum Sie beide sich so wehren gegen eine Zusammenlegung. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Ich sage Ihnen, es gibt bis heute keine Leistungsharmonisierung. Ich bin seit dem Jahre 2006 hier im Haus. Die damalige Gesundheitsministerin Kdolsky hat schon davon gesprochen, sie möchte eine Leistungsharmonisierung. – Eine solche ist bis


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heute nicht umgesetzt! Und sie wird auch nicht kommen, weil Sie sich da gar nicht einig sind und weil Sie das gar nicht interessiert, weil Sie die Interessen der Patienten hinter Ihre parteipolitischen Interessen stellen. Das ist die Wahrheit! Und daher ist dieser Antrag so notwendig. (Beifall bei der FPÖ.)

16.54

16.54.20

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht in 1052 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Eine einzige Sozialversicherung für Österreich“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

16.54.4916. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1291/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verpflichtendes Mindestgeräusch für Kraftfahrzeuge“ (1053 d.B.)

Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Frau Abgeordnete Dietrich, Sie haben das Wort.

 


16.55.14

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzte Frau Präsident! Geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir haben den Antrag eingebracht, dass es verpflichtende Mindestgeräusche für Kraftfahrzeuge geben sollte, und das aus einem guten Grund: weil Mindestgeräusche für Leute, die blind oder schwer sehbehindert sind, lebenswichtig sind. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Doppler.)

Der Wegfall der Hörbarkeit bringt sehr, sehr viele Probleme mit sich. Die E-Fahrzeuge sind im Kommen, seit 2014 haben sie sich bereits verdoppelt. E-Fahrzeuge werden also im Straßenverkehr der Zukunft einen großen Bereich einnehmen. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir bei allen Vorteilen, die wir uns von den E-Fahrzeugen erwarten, dass sie umweltfreundlich sind, dass wir von den fossilen Treibstoffen unabhängig sind und vieles mehr, nicht vergessen, dass es Menschen gibt, die Nachteile haben, wenn es Fahrzeuge im Verkehr gibt, die nicht gehört werden. Und das sind nicht nur die Blinden und schwerst Sehbehinderten, da rede ich auch von Kindern, die oft unauf­merksam sind, das sind ältere Leute, die nicht so schnell reagieren können. Aus die­sem Grund ist es uns wichtig, dass wir auch für diese schwache Personengruppe eine Unterstützung anbieten.

Es gibt im Petitionsausschuss auch eine Bürgerinitiative, die von der Frau Monika Weinrichter und vom Herrn Mathias Schmuckerlschlag vorangetrieben wurde, mit der Betroffene ihre Sicht darbringen und versuchen wollen, das Parlament wachzurütteln.


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Wir vom Team Stronach sind wachgerüttelt, und wir wollen für diese Gruppe von Personen eine Verbesserung erreichen. (Beifall beim Team Stronach.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Rund 300 000 Menschen sind blind oder stark sehbehindert und im Alltag sehr, sehr vielen Gefahren ausgesetzt. Alle Kraftfahrzeuge brauchen entweder ein verpflichtendes Mindestgeräusch oder so etwas wie einen Sound, einen Elektrosound, wie es das schon gibt. Auch das Europäische Parlament hat reagiert: Ab 1. Juli 2019 soll es dieses verpflichtende System, entweder Sound oder AVAS, geben.

In diesem Sinne ersuche ich um Zustimmung zu diesem Antrag. (Beifall beim Team Stronach.)

16.58


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig ist die nächste Rednerin. – Bitte.

 


16.58.06

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist richtig, es gibt in Österreich rund 320 000 sehbeeinträchtigte und blinde Menschen. Und ja, das ist auch richtig, es ist wichtig für diese Menschen, dass auch in Zukunft die Fahrzeuge und vor allem die E-Fahrzeuge, wie Kollegin Dietrich angesprochen hat, hörbar sind, weil blinde Menschen sich im Straßenverkehr einfach an den Geräuschen orientieren. Sie können die Autos nicht sehen so wie wir, und deswegen sind Geräusche für sie sehr wichtig.

Frau Kollegin Dietrich, Sie haben es schon angesprochen, es gibt eine EU-Verord­nung, die sagt, dass ab 1. Juli 2019 alle neuen Fahrzeugtypen und ab 1. Juli 2021 auch alle neuen E-Fahrzeuge mit diesen akustischen Warnsignalen ausgestattet sein müssen. Auch Österreich ist da natürlich mit betroffen. Ich glaube, das ist schon einmal ein ganz guter Weg, den die EU da eingeschlagen hat, vor allem, weil immer auch betroffene Menschen daran mitgearbeitet haben. Jetzt geht es darum, dass man die technischen Ausstattungen noch genau hinterleuchtet und ausmacht, wie denn diese akustischen Warnsignale gestaltet sein sollen. Und da ist der Prozess meines Wissens noch im Laufen.

Weil Sie gesagt haben, das Team Stronach ist wachgerüttelt: Ich möchte schon darauf hinweisen, dass der Minister Stöger, als er noch Verkehrsminister gewesen ist, eine Initiative gestartet hat, gemeinsam mit dem BSVÖ und mit dem Arbeitskreis der Automobilimporteure, nämlich die Kampagne „Stell dir vor, das Licht geht aus“. (Prä­sident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Diese Kampagne hat darauf abgezielt, dass Verkehrsteilnehmer, vor allem Verkehrs­teilnehmer, die Elektrofahrzeuge lenken, sensibilisiert werden für die Bedürfnisse von blinden und sehbeeinträchtigten Menschen. Es bekam jeder neue E-Fahrzeug-Lenker einen Schlüsselanhänger mit Solarleuchten. Da waren drei Punkte zu sehen, womit darauf hingewiesen wurde, dass sich sehbehinderte und blinde Menschen im Straßen­verkehr an Signalen orientieren. Mit dieser Kampagne wollte man Bewusstsein für diese Verkehrsteilnehmer schaffen. Ich glaube, das war ein ganz wichtiger Beitrag von Herrn Bundesminister Stöger.

Der Antrag, den Sie eingebracht haben, sollte unserer Meinung nach im Verkehrs­aus­schuss weiterbehandelt werden, wo er damals auch behandelt worden ist. Deswegen haben wir auch die Zuweisung an den Verkehrsausschuss vorgeschlagen und werden diese heute, so denke ich, mit großer Mehrheit beschließen.

Ich möchte aber auch noch darauf hinweisen, dass ich, als die Kampagne ins Leben gerufen worden ist, mit einem Vertreter des BSVÖ aus meinem Bezirk Kontakt gehabt


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habe und dieser Obmann, der selbst auch ein blinder Mensch ist, darauf hingewiesen hat, dass man blinde Menschen animieren soll, dass sie sich – unter Anführungs­zeichen – „kennzeichnen“, eben mit der Blindenschleife oder mit einem Blindenstock, damit sie auch für die Verkehrsteilnehmer sichtbar werden, damit die Verkehrsteil­nehmer, wenn sie denn hoffentlich sensibilisiert sind für die Belange von blinden und sehbeeinträchtigten Menschen, auch ein wenig auf diese Rücksicht nehmen.

Gemeinsam werden wir es schaffen, weil es wichtig ist, dass diese große Errungen­schaft der E-Fahrzeuge, die für die Umwelt und für den Lärmpegel gut sind, auch für Menschen mit Sehbeeinträchtigung und blinde Menschen nicht zu einer Gefahr im Straßenverkehr wird. Wir werden daran gemeinsam, dessen bin ich mir sicher, weiter­arbeiten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rädler – in Richtung der sich zu ihrem Sitzplatz begebenden Abg. Königsberger-Ludwig –: Da wäre eine starke Linke wichtig! – Abg. Königsberger-Ludwig: Bitte? – Abg. Rädler: Eine starke linke Partei! – Abg. Königsberger-Ludwig: Auf jeden Fall! Ohne Linke geht gar nichts!)

17.01


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


17.01.47

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht jetzt um verpflichtende Mindestgeräusche für Kraftfahrzeuge – wir haben es ge­hört. Die Tatsachen sind ja so, dass immer mehr Elektroautos zugelassen werden, die Zahl der Besitzer hat massiv zugenommen.

Es ist aber auch so, meine sehr verehrten Damen und Herren: Diese E-Autos sind gut für die Umwelt – das steht außer Frage –, gut, was die Abgase betrifft – auch das steht außer Frage –, aber sie sind auch sehr leise, und deshalb stellen diese E-Autos auch eine Gefahr dar für Menschen, die blind oder hörbeeinträchtigt sind. Und das ist natürlich ein Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren. Aber auch ältere Menschen und Kinder sind davon betroffen.

Bei diesen Fahrzeugen – ich habe mir einige angesehen – ist es so, dass sie – genau, wie es im Antrag steht – bei geringer Geschwindigkeit fast nicht gehört werden. Erst bei höherer Geschwindigkeit kann man sie wahrnehmen. Wir alle wollen, dass wir keine Unfälle haben, wir wollen Unfälle vermeiden. Und deshalb ist es wichtig und richtig – auch wenn bei den neuen Fahrzeugen diese Vorkehrungen bereits getroffen werden –, dass die bereits im Umlauf befindlichen Autos mit den entsprechenden technischen Vorkehrungen nachgerüstet werden, damit es zu keinen Unfallhäufungen kommt. – Herzlichen Dank. (Beifall der Abg. Dietrich.)

17.03

 


Präsident Karlheinz Kopf: Frau Abgeordnete Fichtinger spricht als Nächste. – Bitte.

 


17.03.38

Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Besucher! Hohes Haus! Elektromobilität ist sicher ohne Wenn und Aber die Zukunft. Ich glaube, davon sind wir alle überzeugt. Auch die Fortschritte technischer Natur, die in den letzten Jahren in diesem Bereich erzielt wurden, sind enorm. Es gilt natürlich, diese auch zu unterstützen und zu fördern, weil dies letzten Endes auch positiv für unser Klima und für unsere Natur ist.

Auch in meiner Heimatregion setzt man sich sehr mit diesem Thema auseinander, die Elektromobilität wird gut angenommen. Auch die Betriebe haben sich schon umgestellt, errichten Elektro-Tankstellen und bieten kostenloses Tanken an.


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Auch das Car-Sharing ist ein sehr gutes System und eine wichtige Sache für viele Menschen draußen auf dem Land, wo nicht jeder ein Auto besitzt. Auch dieses System gilt es weiterhin zu unterstützen.

Im Antrag von Frau Kollegin Dietrich wird auf ein Problem hingewiesen, das, wie schon gesagt wurde, ein Problem für ältere und gebrechliche Menschen, für Kinder und für sehbeeinträchtigte Menschen ist, nämlich dass, wenn diese Autos unterwegs sind, durch deren Geräuschlosigkeit die Gefahr besteht, dass diese Verkehrsteilnehmer übersehen werden.

Es wurde auch schon erwähnt, dass 2014 im Europäischen Parlament die Richtlinie zu diesem Geräuschpegel beschlossen wurde und dass ab 1. Juli 2019 das sogenannte Akustiksystem verpflichtend eingebaut werden soll. Viele Betriebe setzen sich selbst schon sehr damit auseinander und arbeiten daran, dass diese Elektrofahrzeuge umge­rüstet werden und dass sie das anbieten, weil es eben im Sinne der schwachen Verkehrsteilnehmer wichtig ist, dass man ein Geräusch hört, speziell auch dann, wenn rückwärts gefahren wird, wo die Gefahr besonders hoch ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind uns sicher einig, dass Elektro­mobilität natürlich auch in Zukunft bestens gefördert und unterstützt werden muss, dass aber auch alle Verkehrsteilnehmer entsprechenden Schutz erfahren müssen.

Daher ist es eigentlich nur logisch und verständlich, dass dieser Antrag auch dem Verkehrsausschuss zugewiesen wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.06


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. – Bitte.

 


17.06.31

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch einen Gebärden­sprach­dolmetscher): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! E-Fahrzeuge, geräuschlose Kraftfahr­zeuge – ich möchte, bevor ich auf dieses Thema eingehe, noch ein anderes Beispiel ansprechen: barrierefreies Bauen und Barrierefreiheit von Einrichtungen.

Sie wissen, oftmals war es in der Vergangenheit so, dass man auf die Stufen nicht geschaut hat und nicht daran gedacht hat, dass man barrierefrei gestalten sollte. Wir hatten unsere Übergangsfrist, und nun heißt es: Barrierefreiheit – so wie hier. Wir haben hier auch keine volle Barrierefreiheit, sondern mussten immer alles adaptieren, eins zu eins.

Nun müssen wir natürlich im Nachhinein für die Einrichtungen überlegen: Wie können wir das Ganze adaptieren? Wie können wir das barrierefrei gestalten? Fakt ist, es ist noch nicht alles barrierefrei. Selbst Amtsgebäude sind nicht barrierefrei, aber auch Restaurants, Geschäfte, Lokale. Menschen mit Behinderung kommen oftmals nicht hinein. Das wissen die meisten hier im Haus.

Nun zu den Autos. Natürlich: Geräusche, Lärm, man soll alles weniger machen, das ist angenehm für alle. Jedoch ist es so, dass es auch Menschen gibt – das haben meine VorrednerInnen bereits gesagt –, die eine Sehbehinderung, eine Beeinträchtigung haben und die durch die neuen Fahrzeuge, die geräuschlos sind, gefährdet sind. Kollegin Königsberger-Ludwig hat vorhin gesagt, es gibt eine EU-Verordnung. Schön und gut, aber Fakt ist, dass jetzt auch weiterhin Autos produziert werden. Die werden noch die nächsten Jahre produziert und verkauft, und erst ab 2019 gibt es bei den neuen Typen, den neuen Modellen der Autos Warnsignalanlagen, die quasi verpflich­tend sind. Sprich: Ab dann werden alle Fahrzeuge zugelassen, wenn sie damit aus­gerüstet sind. Bis dahin aber ist das nicht der Fall. Sprich: Es werden in den nächsten


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Jahren – 2016, 2017, 2018 – weiterhin Autos verkauft, die das nicht berücksichtigen und die dann im Nachhinein – wie bei den Gebäuden – nachgerüstet werden müssen. Bis dahin gefährden sie alle Fußgänger und Fußgängerinnen, die davon betroffen sind.

Ich denke, es ist unsere politische Verantwortung, dass wir auch auf diese Menschen schauen, auf alle Menschengruppen – auf kleine Kinder, auf ältere Menschen, auf Menschen mit Behinderungen –, und eine logische Lösung für alle Menschen finden und nicht einfach eine Übergangslösung treffen, wo wir dann in ein paar Jahren nachrüsten müssen. Das geht nicht! Es ist unsere Verantwortung, auf alle Menschen zu schauen und dafür zu sorgen, dass niemand gefährdet ist, und nicht in Zukunft nachzubessern. Wenn die Dinge passiert sind, dann ist es zu spät.

Das sehen wir auch am Beispiel der barrierefreien Gebäude. Es gibt da Baustellen, und ich wünsche mir nicht, dass wir noch eine weitere Baustelle errichten. – Danke sehr. (Beifall – gefolgt von Beifall in Gebärdensprache – bei den Grünen.)

17.09


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


17.09.40

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Verpflichtende Mindestgeräusche für Elektrofahrzeuge: Im städtischen Bereich hat sich die Zulassung elektrisch betriebener Fahrzeuge in den letzten Jahren verdoppelt. Eine akustische Wahrnehmbarkeit dieser Fahrzeuge ist im innerstädtischen Verkehr nahezu nicht gegeben. Am täglichen Verkehrsgeschehen nehmen auch besonders schutzwürdige Personen, wie Kinder, seh- und hörbehinderte Personen teil, bei welchen der Vertrauensgrundsatz mitunter außer Kraft gesetzt ist.

Die Technik ist so weit fortgeschritten, dass akustische Module für eine deutliche Verbesserung der Wahrnehmbarkeit angeboten werden. Anzumerken ist, dass für den Schwerverkehr entsprechende akustische Warnungen gesetzlich vorgeschrieben sind und in Verwendung stehen, wird das Fahrzeug beispielsweise im Rückwärtsgang be­wegt. Es ist somit am Gesetzgeber gelegen, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, sämtliche zum öffentlichen Verkehr zugelassene elektrisch betriebene Fahrzeuge mit einer entsprechenden warnenden akustischen Einrichtung verpflichtend auszustatten.

Ein Geräusch zur leichteren Wahrnehmbarkeit ist den Bedingungen des täglichen Verkehrsablaufes, wie Mindest- oder Höchstgeschwindigkeit, sowie dem üblichen Lärmpegel anzupassen beziehungsweise hat diesen zu überschreiten.

Für den innerstädtischen Verkehr werden die Zulassungszahlen elektrisch betriebener Fahrzeuge weiterhin zunehmen, sodass zur Wahrung der Sicherheit der Gesetzgeber gefordert ist. Ich ersuche, dem Antrag zuzustimmen. – Danke. (Bravoruf bei der SPÖ.)

17.11

17.11.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich erkenne keinen Wunsch der Berichterstatterin auf ein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1053 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Es geht um die Verweisung an den Verkehrs­ausschuss. (Auch die Abgeordneten der Grünen erheben sich von ihren Sitzen. – Ah- und Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Glawischnig-Piesczek: Kurz entschlossen!) – Der Nachsatz war nicht ganz ohne Wirkung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


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Ich weise den Antrag 1291/A(E) dem Verkehrsausschuss zu.

17.12.3117. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend EU-Vorhaben Jahresvorschau 2016, Verwaltungsbereich Wirtschaft (III-237/1017 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Es erfolgt keine mündliche Berichterstattung.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Kassegger. – Bitte.

 


17.13.03

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Dass dieser Tagesordnungspunkt über­haupt im Plenum behandelt wird und nicht, wie so vieles, sein Ende in den Ausschüssen mittels Vertagung findet, ist den Grünen zu verdanken, die beantragt haben, dass das hier im Plenum behandelt wird. Das gibt mir jetzt Gelegenheit, etwas breiter auf diesen Bericht einzugehen. In diesem Bericht lesen wir natürlich – ich fasse das jetzt kurz zusammen –: Alles ist in Ordnung, die Umstände sind schwierig, wir haben Luft nach oben, wir werden uns sehr bemühen, und wir werden umgehend oder in kürzester Zeit beginnen, das anzugehen und zu verbessern!

Ich habe hier einen anderen Bericht, nämlich den Bericht der Europäischen Kom­mis­sion, den Länderbericht für Österreich 2016. Der spricht eine etwas andere Sprache, und ich möchte hier den einen oder anderen Punkt aus diesem Kommissionsbericht zitieren.

Einleitend spricht der Bericht davon, dass Österreich insgesamt bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Jahres 2015 begrenzte Fortschritte erzielt hätte. – Also wenn man der Diplomatensprache mächtig ist, dann weiß man, was das sinngemäß heißt.

Erster Punkt des Kommissionsberichts: „Die Maßnahmen zur Finanzierung der Steuer­reform 2016 erbringen möglicherweise nicht die erwarteten Einnahmen, so dass die Einhaltung der haushaltspolitischen Bestimmungen gefährdet sein könnte.“

Das heißt auf Deutsch – und das werden wir dann im November sehen –, dass es wahrscheinlich so nicht halten wird, das Budget 2016, das ja sozusagen verschleiert wird mit dem Terminus „strukturelles Nulldefizit“, was auch immer das sein soll. Ich möchte noch einmal darauf eingehen: Bei mir ergeben 72 Milliarden Einnahmen minus 77 Milliarden Ausgaben ein Defizit von 5 Milliarden. Das ist ja bereits beschlossen worden. Ich stelle die Hypothese auf und ich behaupte jetzt einmal – und wir werden dann sehen, wer recht hat –, das Budget wird selbst in dieser schlechten Form nicht halten. Es wird sich wahrscheinlich bei 6, 7, 8 Milliarden Defizit einpendeln, was immerhin 10 Prozent der Einnahmen ausmacht. Also die Relation zum BIP ist ja auch ein Kunstgriff, um sozusagen das prozentuelle Ausmaß kleiner darzustellen, als es eigentlich ist.

Zweitens: „Beim angestrebten Anteil der erneuerbaren Energien ist Österreich auf einem guten Weg, während bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung […] noch große Anstrengungen erforderlich sind.“

Dritter Punkt, den die Kommission anmerkt – das ist für mich als Wirtschaftssprecher besonders bedeutend –:


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„Die Gründung neuer Unternehmen wird durch hohen Verwaltungsaufwand und einen restriktiv regulierten Marktzugang gebremst.“

Da sind wir beim Dauerthema Gewerbeordnung, Vereinfachung der Gewerbeordnung. Aber es kommt sozusagen noch dicker:

„Rechtliche Hindernisse, Verwaltungsaufwand und begrenzte Finanzierungsmög­lich­keiten hemmen weiterhin in beträchtlichem Maße die Investitionsdynamik.“ – Das ist die Feststellung, die traurige Feststellung der Kommission.

Ein weiterer Punkt – eine Feststellung nicht von uns, sondern von der Kommission –:

„Die wirtschaftliche Entwicklung“ in Österreich „stagniert das vierte Jahr in Folge. […] Die Inlandsnachfrage ist durch eine nur schwache Zunahme von Verbrauch und Inves­titionstätigkeit geprägt […]“ – Also der Stillstand eigentlich in allen Bereichen. – „Die Wirtschaftstätigkeit ist in allen Sektoren weiterhin schwach. Die Inlandsnachfrage wird weitgehend durch Staatsausgaben vorangetrieben […] Die Außenhandelsbilanz ist nach wie vor positiv, wird jedoch deutlich vom Rückgang der Ausfuhren nach China und Russland“ – darauf komme ich noch zu sprechen – negativ „beeinflusst.“

Also durchaus kein Bericht der Europäischen Kommission, der Anlass zur Freude oder zur Zuversicht gibt.

Ich möchte noch den Bereich TTIP ansprechen, weil er auch im Bericht des Minis­teriums enthalten ist. Dazu haben wir Freiheitliche einen klaren Standpunkt: Nicht mit uns, wir wollen insbesondere nicht die Schiedsgerichte! Sofern diese nicht heraus­verhandelt werden, gibt es keine Möglichkeit, unsere Zustimmung zu erlangen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kogler: Na ja, das ist eine Ansage!)

Ich habe auch persönlich die Erfahrung gemacht, was die Transparenz dieses Pro­zesses betrifft, und ich habe das auch schon mehrmals angemerkt: Rein vom Syste­mischen her sind die Europäer im Nachteil. Den Europäern und uns Abgeordneten ist es nicht erlaubt, beim Studium dieser durchaus hochkomplexen Vertragstexte Experten beizuziehen, wohingegen der amerikanischen Seite das sehr wohl erlaubt ist. – Also was wird dann am Ende vom Ergebnis her herauskommen, wer wird da besser fahren?

Sie haben mich auch nach wie vor noch nicht davon überzeugt, dass es positive Effekte auf das Wirtschaftswachstum und den Arbeitsmarkt in Europa oder in Öster­reich geben wird. Sie haben mich auch nach wie vor nicht davon überzeugt, dass es positive Effekte auf klein- und mittelständische Unternehmen geben wird. Meine Hypo­these ist: Das ist ein Vertragswerk, gemacht von internationalen Konzernen für inter­nationale Konzerne! Ich bin gerne bereit, mich von Ihnen argumentativ eines Besseren belehren zu lassen, bin aber eher skeptisch, dass Ihnen das gelingen wird.

Sie haben mich auch nicht davon überzeugt, dass es keine negativen Effekte auf europäische Standards, insbesondere im Arbeitsrecht, aber auch im ganzen Bereich der Nahrungsmittelindustrie geben wird. Und Sie haben mich auch nicht überzeugt, dass das, was wir mühsam jetzt im Bereich des Vergaberechts im Rahmen des Best­bieterprinzips erreicht haben, nicht massiv durch diese völlige Öffnung, die da stattfin­den würde, gefährdet wäre.

Also eine ganze Litanei an Punkten, die zum jetzigen Zeitpunkt ein ganz klares „Nein“ der FPÖ zu diesem Vertragswerk ergeben. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich gehe auf die Russlandsanktionen nur ganz kurz ein. Da ist der Stand der Dinge der, dass sich auch nichts bewegt. Der Herr Vizekanzler war zwar auf Besuchsreise in Moskau und hat artikuliert, dass er eine sehr kritische Meinung zu diesem Thema hat, in Wahrheit gibt es aber aufseiten der Republik Österreich niemanden, der einmal klar und deutlich auf Ebene der Europäischen Union artikuliert, dass wir diese Sanktionen


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für nicht zielführend halten und die sofortige Beendigung dieser Sanktionen fordern. Das findet einfach nicht statt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein allgemeiner Satz noch zum Schluss: Meines Erachtens besteht ja Politik in der Fähigkeit – und das ist auch die Verantwortung der Politik –, Effekte und zukünftige Wirkungen vorab richtig einschätzen zu können, dann eine Entscheidung zu treffen und diese Entscheidung entsprechend umzusetzen. Das gilt für die Russland-Sank­tionen genauso wie für TTIP, für die Migration, für den Arbeitsmarkt – ich kann mich noch daran erinnern, wie wir darauf hingewiesen haben, welche Effekte es haben wird, wenn wir den Arbeitsmarkt für Bulgarien, für Rumänien et cetera öffnen –, und das gilt für das Bundesheer, wo wir darauf hingewiesen haben, welche Krisensituationen es geben wird, wenn wir das Bundesheer zu Tode sparen.

Diese Fähigkeit muss man also haben – und am Ende gilt dann der Spruch: Ob du recht hast oder nicht, das zeigt dir dann das Licht! – Bei den Freiheitlichen ist in den letzten 15 Jahren auffällig, dass sehr oft das Licht gebrannt hat; bei der Regierung war es die letzten zehn Jahre ziemlich dunkel. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.20


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.

 


17.20.56

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Staatssekretär, Sie haben im letzten Wirt­schaftsausschuss TTIP sehr positiv dargestellt. Sie haben gemeint, es werden dann unzählige Arbeitsplätze geschaffen und die Exportquote in Richtung der USA wird jetzt maßgeblich in die Höhe schnellen.

Es wird Sie wahrscheinlich nicht verwundern, wenn ich sage, wir teilen diese Ihre Auffassung nicht – dies auch deshalb nicht, meine sehr geschätzten Damen und Herren, weil die Exporte zum jetzigen Zeitpunkt selbst ohne dieses Handelsüberein­kommen sehr gut unterwegs sind. Allein im Jahr 2014 gab es eine Steigerung der Exporte in die USA von 10 Prozent, 2015 waren es 17 Prozent. Also trotz der angeb­lichen Hemmnisse für den Handel findet das statt und ist unsere Wirtschaft sehr erfolgreich in den USA unterwegs.

Jetzt zu den Verhandlungen: Wir sehen auch die Verhandlungen wirklich sehr kritisch, und was da abläuft, meine sehr geschätzten Damen und Herren, ist in Wirklichkeit eine Zumutung. Wir sehen, dass die betroffenen Menschen ausgeschlossen sind: Arbeit­neh­merinnen und Arbeitnehmer, Konsumentinnen und Konsumenten können am Verhandlungsprozess absolut nicht teilnehmen, und der Datenraum, der schon angesprochen worden ist, ist wirklich ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es ist in Wahrheit eine Verlegenheitslösung, mit der man mit allen Mitteln versucht, es so schwer wie möglich zu machen, zu Informationen zu kommen.

Diesbezüglich sage ich auch ganz offen: Das ist einer Demokratie und eines demokratischen Prozesses, der hier stattfindet, unwürdig! (Beifall der Abg. Ecker.) Daher glaube ich, dass die Bevölkerung in Österreich auch deshalb so negativ darüber denkt, meine sehr geschätzten Damen und Herren (Beifall und Bravoruf des Abg. Kogler sowie Beifall bei der SPÖ), und da wird die Frau Malmström noch einige Male nach Österreich kommen müssen, um hier einen Meinungsumschwung herbeizu­führen.

Wir glauben einfach, dass TTIP ein Deregulierungsabkommen ist. Wo bleibt da der Arbeitnehmerschutz? Wo bleiben da die Arbeitnehmerrechte? Wo bleiben da die Rechte der Konsumentinnen und Konsumenten? Herr Präsident Schultes, mich wundert es, dass du bei dem, was da auf uns zukommt, noch immer so ruhig auf dem


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Sessel sitzt. Aber vielleicht wirst du später etwas dazu sagen. (Beifall des Abg. Steinbichler.)

Meine Damen und Herren! Eigene Schiedsgerichte würde bedeuten, dass die multinationalen Konzerne eine Privatjustiz bekämen, was wir natürlich massiv ablehnen. Wir sind ja keine Bananenrepublik (Abg. Kickl: Na, na, na! Eklat im Nationalrat!), meine sehr geschätzten Damen und Herren, sondern wir haben ein sehr hoch entwickeltes Justizsystem, und da brauchen wir nicht eigene Gerichtsbarkeiten.

Meine Damen und Herren, ich habe vor ein paar Wochen einen Kollegen aus Amerika hier gehabt, und der hat uns erklärt, was damals ablief, als NAFTA ins Leben gerufen wurde und als NAFTA eingestellt wurde. Na, die haben ganz schön aus der Wäsche geschaut, meine Damen und Herren! 1994 hat man den Kolleginnen und Kollegen sehr viel versprochen: 200 000 Arbeitsplätze zusätzlich pro Jahr! Gekommen ist es völlig anders: 600 000 Arbeitsplätze sind verlorengegangen! Ich will das nur als ein Beispiel hier ansprechen.

Alles, was jetzt auf dem Tisch liegt, meine Damen und Herren, alles, in das wir jetzt Einsicht nehmen können, würde uns eine Zustimmung niemals ins Auge fassen lassen. Ich sage Ihnen auch, dass es einen Entschließungsantrag gibt, in dem die Voraus­setzungen festgehalten wurden, deren Erfüllung wir fordern. Soweit ich zum jetzigen Zeitpunkt weiß, finden die Punkte, die wir im Entschließungsantrag festgehalten haben, in keiner Weise einen Widerhall.

Aber lassen Sie mich noch einen weiteren Punkt ansprechen. – Die europäische Stahlindustrie ist zurzeit massiv in der Krise, und wir wissen ja, dass Stahl aus China Österreich beziehungsweise Europa überschwemmt. Die Auswirkungen sind massiv spürbar – in England sind bereits 5 000 Arbeitnehmer aus der Stahlindustrie ausge­schieden, gekündigt worden; sie verlieren ihre Arbeitsplätze –, obwohl es, wie wir sagen müssen, in den letzten Jahren große Strukturänderungen und Anpassungen gegeben hat. Allein bei den ursprünglich 380 000 Beschäftigten in der Stahlindustrie sind fast 80 000 Arbeitsplätze verlorengegangen. Das heißt, da hat sich einiges getan.

Am 15. Februar hat es eine Großdemonstration von StahlarbeiterInnen gegeben. Dort wurden zwei wichtige Aussagen getroffen beziehungsweise Forderungen artikuliert. Nämlich: Einerseits darf es keinen Marktwirtschaftsstatus für China geben – China ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht soweit, dass die Kriterien erfüllt werden –, und vor allen Dingen ist es um Strafzölle gegangen, meine sehr geschätzten Damen und Herren. Wir wissen ja, dass die EU einzelne Stahlprodukte, die aus China kommen, mit Strafzöllen in Höhe von 13 Prozent bis 16 Prozent belegt. Das ist aber ebenfalls wieder bloß ein Tropfen auf den heißen Stein, das ist eindeutig zu wenig! Da sind die Ameri­kaner schon ein bisschen härter: Die verlangen 265 Prozent Strafzoll, meine Damen und Herren, und damit findet dann wirklich ein Wettbewerb statt, bei dem es nicht mehr so einfach möglich ist, dass billiger Stahl sozusagen das Land überschwemmt.

Ich habe heute Mittag eine Presseaussendung der Kommission mitbekommen – ich weiß nicht, ob die schon alle gesehen haben –, und die beschäftigt sich mit Maß­nahmen, durch die dieser Markt einfach besser bearbeitet werden kann und vor allen Dingen geschützt wird. Die Europäische Kommission meint Folgendes – ich zitiere –:

„Es ist höchste Zeit, Worten auch Taten folgen zu lassen: Eine rasche Annahme des Kommissionsvorschlags aus dem Jahr 2013 zur Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente der EU durch die beiden Mitgesetzgeber ist von entscheidender Bedeutung“.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Herr Bundesminister ist heute leider nicht hier, aber ich fordere von dieser Stelle aus unseren Bundesminister, Herrn Mitter-


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lehner, ganz deutlich auf, diesbezüglich umzudenken: Er hat letztes Mal mit ein paar anderen Ländern gegen diesen Kommissionsvorschlag gestimmt, und ich glaube, da muss man Flagge zeigen, damit die rund 18 000 bis 20 000 Arbeitsplätze, die wir in Österreich noch in der Stahlindustrie haben, auch langfristig erhalten bleiben.

Ich glaube, wenn es uns gelingt, diesen Konsens zustande zu bringen, dann können wir uns wirklich gemeinsam vor die arbeitenden Menschen in der Stahlindustrie stel­len. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.27


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


17.27.47

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Guten Tag, Herr Staats­sekretär! Der Vorhabensbericht der Union umfasst ein breites Spektrum. Das Über­schneidende bei den Ausführungen der beiden Vorredner war das Thema TTIP – wir sollten dann noch CETA hinzufügen; ich wollte tatsächlich die Gelegenheit dazu nutzen. Herr Staatssekretär, Sie haben ja, wie mir berichtet wurde, im Wirtschafts­ausschuss schon ein bisschen dazu Stellung genommen.

Jetzt aber zum wirklichen Ernst der Sache: Wir müssen leider – ich muss fast „leider“ sagen – immer noch bei der angesprochenen Transparenzfrage bleiben, und ich schließe mich an dieser Stelle der aufrichtigen linken Rede eines Sozialdemokraten – in Klammern: will extra im Protokoll vermerkt werden – an. (Heiterkeit der Abg. Königsberger-Ludwig.)

Worum geht es? – Ich will jetzt dem österreichischen Ministerium und dem Präsidium des Nationalrates überhaupt keinen Vorwurf machen entlang der Argumentation – momentan ist es eine Argumentation –, die da so lautet. Mittlerweile gibt es diese Leseräume – so weit, so gut, so schlecht; eher schlecht.

Warum? – Wie die Präsidialkonferenz richtig bemerkt hat, haben wir hier in Österreich dank dem Verhandlungsgeschick mehrerer Fraktionen wesentlich weitere EU-Infor­mationsrechte. Dass diese Dokumente, um die es hier geht, auch die konsolidierten Texte, als EU-relevante Dokumente zu klassifizieren sind, wäre auch klar. Allein, dem steht die Vereinbarung – die an der Stelle jetzt einmal behauptete Vereinbarung, da kommt dann nämlich die Pointe ins Spiel – der Kommission mit den Vereinigten Staaten entgegen.

Wie geht das nun? Eigentlich hätten wir – alle Abgeordnete hier! – verfassungs­rechtlich die Möglichkeit und die Berechtigung, diese Dokumente einzusehen auf entsprechender Vertraulichkeitsbasis, aber mit der Behandlungsform, dass Mitarbeiter dazukommen können. Wahrscheinlich könnten wir auch Experten nominieren bezie­hungsweise sind ja die Mitarbeiter teilweise Experten, und das wäre eine ganz andere Handhabe und wir hätten nicht die Restriktionen, die – jetzt einmal behaupteterweise – angeblich von den USA ausgehen und gerade noch diese Leseräume im Ministerium ermöglichen.

Nehmen wir es halt einmal zur Kenntnis! Es gibt ja tatsächlich Verfassungsrechtler, die meinen, wäre das ein Staatsvertrag, würde das unser Verfassungsrecht brechen. – Selbst wenn es so wäre, bleibt die Frage, was es mit diesem Staatsvertrag auf sich hat. Alles, was wir sehen oder wissen, sind indirekte Hinweise auf dieses angebliche Abkommen.

Aus meiner Sicht ist das der erste geheime Staatsvertrag der Welt, auf den Sie sich in Ihren Einschränkungsvornahmen berufen, die da ja massiv vorherrschen. Vergleicht man das im Wirtschaftsministerium, was aufgrund der Kommission und der USA-Ver-


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einbarung möglich sein soll, ist das – gemessen an dem, was hier an Rechten verortet ist – eine massive Reduktion oder Einschränkung.

Wenn das jetzt aber so ist und wir das zur Kenntnis nehmen würden – ich bleibe im Konjunktiv, das machen wir aber nicht ohne Weiteres –, dann wäre es schon auch interessant, worauf sich diese Rechtsmeinung stützt, und zwar sowohl im Ministerium als letztlich auch im Präsidium.

Jetzt wird es lustig! Jetzt sind wir bei einer „Luftvereinbarung“, zumindest bei keiner schriftlichen Vereinbarung, jedenfalls wird dem Parlament die Herausgabe der schriftlichen Vereinbarung verweigert. (Abg. Pirklhuber: So schaut es aus!) Entweder es gibt sie, warum ist sie dann nicht hier, eben diese Vereinbarung zwischen Kom­mission und den USA? Das würde voraussetzen, dass die Regierung sie hätte, sie hat sie aber nicht. Dann ist es aber schon seltsam, dass die Regierung den Nationalrat auf irgendetwas hin reduziert und de facto genau verkehrt herum bindet, und zwar ausgehend von einer Vereinbarung, die sie selbst nicht hat und möglicherweise nicht einmal zu Gesicht bekommen hat.

Das Einzige, was als Rechtsnorm herhalten muss, ist nicht einmal eine Ratsent­schei­dung, sondern eine vorbereitende Sitzung, eine Arbeitssitzung, wenn Sie so wollen, und daraus gehen die Satzungen der Einsichtsrechte hervor. Allein, den dahinter­liegenden Staatsvertrag oder die Vereinbarung, das kennen wir nicht.

Deshalb mein Appell, Herr Staatssekretär Mahrer: Klären Sie uns auf – aber bitte ausführlich und tiefgehend und woanders als im Wirtschaftsausschuss –, was es damit auf sich hat! Sollen/müssen wir weiter mutmaßen – einen solchen Vorgang hielte ich für einmalig –, dass es sich tatsächlich um den ersten mündlichen Staatsvertrag han­delt, der dann uns noch binden soll?!

Wie müssen wir uns das vorstellen: Sitzt da Cecilia Malmström in Brüssel und ruft eine Nebenstelle in Washington an, und das Handy von der Frau Malmström und eine Nebenstelle in Washington normieren dann, was von unserer Verfassung übrig bleibt oder nicht?!

Das ist doch die Abfolge! Und das möchte ich schon hinterfragen: Wenn es denn schon so ist, dass eine völkerrechtliche Bindung entsteht, die unsere Verfassung und damit (auf Abgeordnete im Plenarsaal zeigend) Ihre Rechte hier durchbricht, dann möchten wir doch wenigstens diese Vereinbarung kennen! Das ist doch, bitte, das Mindeste.

Jetzt erklären Sie uns einmal, was genau der Inhalt dieser Vereinbarung ist, Herr Staatssekretär Mahrer, und in welcher Form sie abgefasst wurde! Ansonsten gehe ich weiter davon aus, dass es sich da lediglich um irgendwelche Telefongespräche handelt.

Blöderweise können wir uns dank der Erfolge des Peter Pilz nicht ohne Weiteres an die NSA oder an sonst jemanden wenden, denn sicherlich wäre es einfacher, die Abhör­protokolle zu lesen, und dann hätten wir wenigstens eine schriftliche Spur. Mehr haben wir aber nicht. Ich muss das aber schon mit aller Ernsthaftigkeit einfordern, denn wenn derart gravierende Einschnitte vorgenommen werden – in anderen Staaten ist es anders, aber wir haben Gott sei Dank diese Verfassung –, dann muss man doch als Parlamentarier wissen dürfen, woher das kommt! Das ist jedoch momentan nicht der Fall, und deshalb werden wir uns noch einmal ausdrücklich an die Parlaments­prä­sidentin wenden, damit sie sich diesbezüglich wie der deutsche Bundestagspräsident Lammert da anständig in die Bresche schmeißt, wie man so sagt, um herauszube­kommen, wo der Ursprung dieses Rechtskonstrukts liegt.


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Es kann, wie gesagt, nicht sein, dass da völkerrechtliche Vereinbarungen ausgerufen werden, diese jedoch nicht greifbar, ja nicht einmal spürbar sind – außer, was die Auswirkungen anlangt. Das ist ja ein Rückschritt der Sonderklasse, was rechtstaatliche Prinzipien betrifft, auch wenn es internationales Recht wäre; momentan wissen wir das ja nicht.

Da können Sie jetzt anständig zur Aufklärung beitragen, ich hoffe, Sie haben sich aus­führlich vorbereitet – und dann schauen wir weiter! Weiter will ich dazu eigentlich gar nichts mehr sagen.

Investitionsschutz ist ein altes Thema, jetzt kommt es im neuen Kleid daher. Konzern-privilegien bleiben an verschiedenen Stellen, deshalb bleibt auch unsere Skepsis.

Die wirkliche Frage werden wir bald einmal im Haus haben, wie es sich jetzt darstellt. Es scheint so zu sein, dass das Kanada-Abkommen mit dem angeblich so neuen Investitionsschutz demnächst hier im Haus vorliegen wird – und dann heißt es ja, viel, viel früher Farbe bekennen, Kollege Wimmer von der SPÖ, als Sie vielleicht geglaubt haben, denn mit dieser Rede hier und heute, die unseren oppositionellen Respekt verdient hat, haben Sie die Fallhöhe nämlich relativ hoch gelegt.

Ich hoffe, dass wir uns wenigstens einmal auf den Bundeskanzler verlassen können (He-Rufe bei der SPÖ), denn sonst wäre diese Fallhöhe-Erhöhung ja nicht sehr schlau, eben ein paar Monate, bevor es darauf ankommt. Was diese Ihre Kernkompetenz des Umfallens betrifft, müssen sie noch ein bisschen daran arbeiten, da könnten Sie ein bisschen nachlassen. Ich nehme das aber ernst, was Sie da sagen – und dann können wir ja frohen Mutes sein, dass das CETA-Abkommen nicht so ohne Weiteres am österreichischen Parlament vorbeikommt.

Bei dieser Gelegenheit kann man ja noch darauf hinweisen, auch den Herrn Außen­minister, der ja jetzt ohnehin überall so viel Furore macht, der könnte sich ja dann auch noch nützlich machen (Zwischenruf des Abg. Rädler), dass er nämlich im Rat darauf drängt, dass das Ganze erstens ein gemischtes Abkommen ist, denn das ist die Voraussetzung, dass wir hier abstimmen dürfen, und dass es zweitens, wenn es ein gemischtes Abkommen ist, zu keiner vorläufigen Anwendung kommt.

Mit dieser bösen Aussicht möchte ich schließen: Es droht nämlich, dass wir uns überall durchsetzen, aber Frau Malmström schon den nächsten Schmäh einprogrammiert hat, nämlich zu sagen, es dürfen in den nationalen Parlamenten zwar die Abgeordneten alle abstimmen, aber das Abkommen findet vorläufig Anwendung. Das macht dann die Abstimmung hier herinnen schwieriger – und die Fallhöhe für den Bundeskanzler ist wieder ein bisschen reduziert.

Das wollen wir nicht. Wir wollen ein gescheites CETA-Abkommen, wir wollen eine brauchbare TTIP-Regelung, die aber so nicht brauchbar ist. Jedenfalls wird da irgend­wann einmal Farbe zu bekennen sein. (Beifall bei den Grünen.)

17.36


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


17.36.59

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Vor­habensbericht der Europäischen Union für das kommende Jahr zum Thema Wirtschaft ist Thema dieses Verhandlungspunktes. Wir sehen, dass sich Österreich im euro­päischen Umfeld, aber auch angesichts der sehr angespannten Wirtschaftssituation wirklich gut schlägt. Unsere Wirtschaftstreibenden, die Mitarbeiter, die Landwirtschaft, wir alle miteinander, das innovative Potenzial unseres Landes sind also erfolgreich unterwegs. Auch wenn man es nur so nebenbei zugibt: Exportsteigerungen da, Verän-


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derungen dort zeigen, dass die Wirtschaft gut arbeitet, dass sie gut läuft – trotz aller Schwierigkeiten, trotz aller oft überflüssigen verwaltungsmäßigen Behinderungen.

Tatsache ist, wir sind nicht so schlecht unterwegs, und Tatsache ist aber auch, dass wir jeden Tag besser werden wollen. Europa bietet da ein breites Spektrum an Bemü-hungen, das wir beurteilen sollen. Ein Teil davon sind Handelsvereinbarungen, die Europa mit verschiedenen Nationen dieser Welt trifft, treffen muss, weil Welthan­delsvereinbarungen, die ursprünglich die Dinge für alle regeln sollten, in Wirklichkeit immer schmäler geworden sind, in Nairobi vergangenen Dezember abgeschlossen wurden, vieles geregelt, aber noch viel mehr Fragen offen gelassen haben.

Europa erlebt, dass Amerika mit den pazifischen Ländern sehr, sehr umfassende Abkommen trifft, und wir sehen, dass wir in eine gewisse Schieflage kommen, vielleicht sogar ins Hintertreffen geraten, wenn wir zusehen, wie sich Amerika mit den pazifi­schen Ländern immer stärker weiterentwickelt und wir bei unserem schwierigen Umfeld erkennen müssen – Russland auf der einen Seite, Nordafrika auf der anderen Seite, und ich erwähne da auch den Nahen Osten –, dass wir irgendwie doch nicht die starken Wirtschaftspartner in der Umgebung haben.

Tatsache ist, Europa verhandelt mit vielen Ländern dieser Welt. Tatsache ist, Europa verhandelt auf europäischen Wunsch mit den US-Amerikanern das TTIP-Abkommen, und das Spannende ist, dass dieses Abkommen von Parteien hier im Hohen Haus, aber zum Teil auch in der Öffentlichkeit sehr, sehr kritisch gesehen wird.

Ich sage Ihnen ehrlich, ich bin auch sehr kritisch, aber ich bin dort kritisch, wo es in den Verhandlungen Sinn macht und wo man Themen unterbringen kann, denn dort geht es darum, für Österreich ein gutes Ergebnis zu erzielen. Es geht nicht so sehr darum, dass wir heute Öffentlichkeit machen, sondern es geht darum, Fakten zu verändern. Das betrachte ich als ganz interessante Aufgabe.

An unsere Zuseher vor den Bildschirmen: Sie erleben heute von dem einen und dem anderen viel Theaterdonner. Ich kann Ihnen berichten, ich bin sehr oft bei diversen Gesprächen mit Persönlichkeiten, die in den Verhandlungen unmittelbar dabei sind, zu denen auch Abgeordnete eingeladen werden – der eine oder andere aus dem Haus kommt, aber nicht allzu viele –, um dort ihre Fragen zu stellen.

Ich darf Ihnen berichten, die meisten fragen ohnehin ganz vernünftig, und die Ant­worten, die sie bekommen, sind oft erstaunlich, weil wir sehen, dass die Verhandler auf europäischer Ebene unsere Vorgaben, die Bedenken unserer Regierungs­mit­glieder, die Vorgaben des Herrn Bundeskanzlers sehr ernst nehmen und in Verhand-lungen berücksichtigen.

Schließlich hat unser Bundeskanzler in mehreren europäischen Beschlüssen diese Verhandlungen gutgeheißen, den Fortgang betrieben, und er wird sich, so denke ich, auch eisern an die Vorgaben halten, die wir ihm mitgegeben haben. – Wir haben ja auch einen gemeinsamen Beschluss im Parlament dazu gefasst.

An die Kollegen, die jetzt ein bisschen ängstlich wirken: Herr Kollege Wimmer, nicht so vibrieren, das wird schon gut gehen, denn Ihr Bundeskanzler steht ja dafür – mein Bun­deskanzler ist er übrigens auch –, und daher denke ich mir, es wird schon funktio­nieren. Wir brauchen uns nicht zu fürchten, wir müssen uns daran halten, was wir uns selbst vorgenommen haben, und da sollten wir uns so weit vertrauen, dass wir die Dinge dann, wenn es darauf ankommt, ehrlich angehen.

Viel mehr Sorgen als diese Zukunftsprojekte machen mir die aktuellen Dinge. Die Euro­päische Union hat im letzten Herbst ihre Verhandlungsstrategien für alle Han­delsabkommen neu definiert. Mehr Transparenz, mehr Nachhaltigkeit, Berücksichti­gung der Menschenrechte, Korruptionsbekämpfung sind jetzt Themen. In den alten


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Abkommen ist das noch nicht berücksichtigt. Ein altes Abkommen betrifft Peru, ein altes Abkommen betrifft die Ukraine, es wurde erst mit 1. Jänner in Kraft gesetzt.

Ich muss Ihnen sagen, ich bin da ganz unzufrieden. In diesem großen Abkommen, das ein vertieftes Assoziierungsabkommen ist – freier Handel mit der Ukraine, der Ukraine mit Europa –, stehen etliche Punkte, die mir gar nicht gefallen. Einiges ist möglich, die Veterinärabkommen bedeuten, dass Lebensmittel aus der Ukraine technisch in Ordnung sein müssen. Was nicht drinsteht, sind Fragen, die uns in Österreich sehr wichtig sind, Tierwohl zum Beispiel. Bei uns gibt es kein Hendl mehr in einem Käfig. (Abg. Kogler: Richtig!) Bei uns gibt es kein Schwein mehr in einem Koben. (Abg. Kogler: Aber wir subventionieren!) Bei uns werden die Tiere so gehalten, wie wir das in unserer Ethik verantworten wollen – gemeinsam haben wir das auch beschlossen.

In der Ukraine gilt das alles nicht. Und da muss man noch dazusagen, dass dort große Investitionen mit europäischem Geld getätigt wurden, und das kommt zu uns auf den Markt. (Abg. Kogler: Da haben Sie völlig recht!) Das bereitet mir Sorgen.

Ich sage ganz ehrlich, für diese Themen sollten wir uns selbst und sehr genau überlegen, ob das alles passt. Ich zum Beispiel wäre der Meinung, jeder Österreicher sollte wissen, wo das, was bei ihm auf dem Teller liegt, auch wirklich produziert wurde. (Demonstrativer Beifall des Abg. Steinbichler.)

Daher bin ich der Meinung, dass wir durchaus gemeinsam daran arbeiten und sehr viel Wert darauf legen sollten, überall dort, wo wir es uns nicht selbst bestellen, überall dort, wo uns ein anderer das Menü vorsetzt – vielleicht im Spital, in der Schule, in der Werksverpflegung oder hier im Parlament zum Beispiel –, zu wissen, woher das Schnitzel ist, woher die Eier sind. Ich möchte, ehrlich gesagt, nicht wissen, dass das Hendl, das wir essen, zu billigsten Preisen in der Ukraine produziert wurde und bei uns einem Bauern die Lebenschance wegnimmt.

Deswegen sind die Handelsabkommen wichtig, aber wie wir damit umgehen, das ist entscheidend. (Abg. Steinbichler: Ändern!) Ich bitte Sie darum: Bleiben wir wach, träumen wir nicht von irgendwelchen Dingen, die wir noch regeln können! Schauen wir, dass wir das, was wir schon haben, ordentlich leben! Da haben wir noch einige Themen in diesem Haus zu diskutieren.

Jedenfalls eines ist sicher: Die österreichische Wirtschaft entwickelt sich gut. Wir können es! Wir können stolz auf unsere Wirtschaftstreibenden sein. Österreich kann es einfach! Das ist gut; der Export ist der Leistungsbeweis. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.43


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


17.43.51

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Herr Kollege Schultes, wenn Sie sich hier herausstellen und sagen, Österreich schlägt sich in einem schwierigen Umfeld sehr gut, dann sage ich Ihnen, Sie sollten nicht das Vorwort des Bundesministers zum EU-Bericht lesen, sondern den EU-Bericht selbst! Ich weiß nicht, wo Sie das letzte halbe Jahr waren. Wir fallen in allen Rankings zurück, wir verlieren, wir sind im Wirtschafts­wachstum unter dem EU-Schnitt, und Sie stellen sich hier heraus und sagen: Wir schlagen uns im schwierigen Umfeld sehr gut.

Wissen Sie, das Vorwort des Herrn Bundesministers hat sich schon lange überholt. Da steht auch geschrieben, dass laut Prognosen von WIFO und IHS Österreich im Jahr 2016 wesentlich stärker wachsen wird. Die APA schreibt in einer Aussendung vom 10. Februar, dass die heimische Wirtschaft im letzten Jahr mit 0,9 Prozent nur


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mäßig gewachsen ist und im heurigen Jahr weiter zurückfallen wird, vor allen Dingen im Bereich Tourismus und in ähnlichen anderen Dingen mehr, woran Sie schuld sind. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Jetzt sage ich Ihnen etwas: Wissen Sie, die letzten neun Monate war offensichtlich die ganze Bundesregierung nur damit beschäftigt, sich mit der Asylproblematik auseinan­der­zusetzen, wobei sie einen Crash nach dem anderen baut, wobei sie nicht vorwärts­kommt und jetzt unsere Ideen ausgräbt, obwohl das Problem bereits im Land ist – das hätte sie vorher machen müssen –, und sie deckt damit alle anderen Themenbereiche in dieser Republik zu.

Wir haben Baustellen en masse, Sie können schauen, wohin Sie wollen. Ich bin den Grünen dankbar, dass dieser Wirtschaftsbericht heute im Plenum behandelt wird, damit man endlich einmal auch auf andere Baustellen eingehen kann, die ebenfalls wichtig sind – nicht nur die Asylproblematik ist es. Wenn die Wirtschaft nämlich nicht funktioniert, dann können Sie sich das Geld, das Sie für die Asylproblematik brauchen, irgendwoher holen – Sie wissen bloß noch nicht woher.

Ich sage Ihnen, wir haben den höchsten Verschuldungsstand in der Zweiten Republik, wir haben die höchste Arbeitslosigkeit in der Zweiten Republik, und wir haben eine stagnierende bis fallende Wirtschaftsleistung. Und das alles decken Sie seit Monaten zu! Es interessiert offensichtlich niemanden, offensichtlich auch Sie in der Bundes­regierung nicht.

Herr Staatssekretär Mahrer, Sie sind zuständig für Wirtschaft und Wissenschaft. Ich glaube, es genügt schon, wenn sich der Herr Bundeskanzler, die Frau Innenministerin und der Herr Verteidigungsminister mit der Asylproblematik herumschlagen, es müs­sen nicht alle Ressorts in dieser Regierung mit diesem Thema befasst werden. Sie sollten sich darauf konzentrieren, die Wirtschaft endlich in Schwung zu bringen und diese Baustelle endlich aufzuräumen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe es erwähnt, in allen Rankings fallen wir zurück. Ich war bei einer interpar­lamentarischen Sitzung im EU-Parlament – es waren mit Ausnahme der NEOS alle österreichischen Parteien vertreten –, und es ist auch um das Thema Wirtschaft gegangen. Das Einzige, was der EU dazu einfällt, ist, dass man sich auf diesen Juncker-Plan stützt. Jetzt ist das große Allheilmittel, die Wirtschaft in Gang zu bringen, dieser Juncker-Plan, wonach ein Fonds von 21 Milliarden € in Summe 315 Milliarden € das in den nächsten drei Jahren in Bewegung setzen sollte; das sind überwiegend Großprojekte, Infrastrukturprojekte und andere Dinge mehr. Das ist gut und richtig.

Offensichtlich wissen aber alle miteinander nicht – und vor allen Dingen Sie in Österreich nicht –, dass die österreichische Wirtschaft nicht nur aus Großbetrieben besteht. Die österreichische Wirtschaft besteht zu über 90 Prozent aus sogenannten Klein- und Mittelbetrieben, und dafür wird gar nichts gemacht. Die EU sagt dazu: Jawohl, wir werden auch die KMU unterstützen, wir schauen, dass dort Projekte förderungswürdig werden.

Ich habe es Ihnen im Ausschuss erklärt, Herr Staatssekretär, die aws ist ja eine gute Einrichtung, die aws vergibt aber keine Förderungen, die aws prüft Projekte auf Herz und Nieren und sagt dann: Jawohl, das Projekt ist von uns unterstützenswert, wir übernehmen 80 Prozent der Haftung für dieses Projekt. – Dann geht derjenige, der angesucht hat, zu seiner Hausbank, denn die wäre verpflichtet, das Ganze abzu­wickeln, und dann sagt die Hausbank: Jawohl, alles schön, gut und recht, die aws übernimmt 80 Prozent der Haftungen, aber für die 20 Prozent Haftung stehen wir nicht gerade; bring du Sicherheiten! Hast du ein Haus, hast du ein Grundstück oder was auch immer mehr? – Und dann funktioniert es nicht mehr.


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Wissen Sie, wenn ein junger Studienabgänger eine gute Idee hat, ein Geschäftsmodell vorlegt, das von aws auf Herz und Nieren geprüft wird – die machen das ja nicht aus Jux und Tollerei, die prüfen das wirklich, und das ist in Ordnung so –, dann ist man nicht in der Lage, diese 20 Prozent seitens der Banken aufzubringen, auf Eigenregie dort Haftung zu übernehmen.

Sie stellen sich hin und sagen, die Kreditklemme gibt es nicht. Sie gehen sogar so weit, dass Sie sagen, die Nachfrage ist nicht vorhanden. Wissen Sie, Herr Staatssekretär, das ist ein Witz! Die Nachfrage ist sehr wohl vorhanden, die Kreditklemme gibt es nach wie vor. Sie schützen Großkonzerne, Sie schützen Banken, Sie schützen genau das Klientel, für das Sie immer eintreten. Für Klein- und Mittelbetriebe haben Sie nichts, aber absolut gar nichts übrig! (Beifall bei der FPÖ.)

Dann geht es weiter: Es gibt eine Umfrage, die der ORF vor Kurzem veröffentlicht hat, und zwar eine Umfrage unter Unternehmen. – 64 Prozent der Unternehmer leiden unter überbordender Bürokratie. Sie tun nichts, seit Jahren! 50 Prozent der Unter­nehmer leiden unter den zu hohen Lohnnebenkosten, 40 Prozent unter der Steuer­belas­tung und so weiter. Und was passiert? – Gar nichts. Der Herr Wirtschaftsminister verspricht uns seit Jahren, die Gewerbeordnung zu entrümpeln. Er verspricht uns seit Jahren, dass Betriebsübergaben vereinfacht werden. Wir haben in den nächsten Jahren zirka 60 000 Betriebe, die vor einer Übergabe stehen, davon sind 80 Prozent Familienbetriebe. Sie belasten die neuen Unternehmer, die jungen Unternehmer damit, dass Sie ihnen neue Betriebsanlagengenehmigungen auf den Hals hetzen, die Millionen von Euro an Investitionen erfordern. Das heißt, sie müssen unheimlich viel Geld in die Hand nehmen, das sie von der Bank ohne Sicherstellung nicht bekommen, um überhaupt in der Lage zu sein, erstmals einen Euro zu verdienen; und diesen nehmen Sie ihnen dann noch zu 80 Prozent weg. – Na, gratuliere! Sie tun in all diesen Bereichen nichts!

Das Nächste: Fachkräftemangel, Jugendarbeitslosigkeit. Sie reden jetzt von einer Aus­bildungsgarantie, was ja von der Idee her sehr gut wäre. Ich bin gespannt, wie Sie es umsetzen. Wenn Sie den Irrweg der ÜLAs weiter beschreiten wollen und noch verstär­ken wollen, dann sage ich Ihnen nur eines: Schon damals haben über die ÜLAs sowohl die Arbeiterkammer als auch die Industriellenvereinigung und etliche andere Institu­tionen gesagt, sie sind ineffizient, sie sind viel zu teuer, die Drop-out-Quote ist zu hoch.

Das sind Ihre Vorstellungen von Wirtschaftspolitik, in deren Zuge die Klein- und Mittel­betriebe in Zukunft in Österreich dafür sorgen sollen, dass Sie genug Steuereinnahmen haben, um sie dementsprechend sinnlos wieder auszugeben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.51


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.

 


17.51.25

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Ich versuche heute, konstruktiv zu sein. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Es wird uns ja nachgesagt, dass wir das nicht mehr sind. Wir behandeln heute den Bericht über den Juncker-Plan beziehungsweise den Verwaltungsbereich Wirtschaft in der Jahresvorschau.

Ich kann dem Kollegen Themessl inhaltlich größtenteils zustimmen. Worum es wirklich geht, ist ein Bürokratieabbau und darum, hierbei auch konstruktiv zu sein. Wir haben uns naturgemäß etwas einfallen lassen. Aber eingangs möchte ich, wenn wir schon über die Europäische Union sprechen und wenn wir auch darüber sprechen, wie wir


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uns verhalten – von der FPÖ bin ich es gewohnt, dass sie gegen die EU spricht –, über das Wording im Wirtschaftsausschuss sprechen.

Lieber Herr Staatssekretär, zu Ihrem Wording oder dem Wording des Vizekanzlers: Sie sprechen immer von der EU – ich glaube, da müsste jetzt der Weltraumsprecher Niko Alm hier am Rednerpult stehen –, denn Sie sprechen irgendwie so, als sei die EU ein Meteorit, der auf uns zufliegt, und wir haben damit überhaupt nichts zu tun. Wir alle sind die Europäische Union (Abg. Kogler: Jawohl!), und wir sollten proaktiv darin mitgestalten können und sie nicht so sehen, als wäre sie ein Meteorit. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Das sollte uns bewusst sein, dass wir mitgestalten können und mitgestalten sollten, und man sollte nicht immer die Ausrede verwenden: Ja, das war die EU, wir können nichts dafür, jetzt haben wir Gold-plating und hin und her, und wir setzen das alles durch, wie es uns die EU vorgibt. Da sind wir Weltmeister. Da sind wir die Besten, anstatt uns im Vorfeld dafür einzusetzen – und das wird dann der übernächste Tages­ordnungspunkt auch noch zeigen –, dass das alles für unsere Unternehmen nicht so schlimm wird.

Ich habe zum Inhalt einen konstruktiven Vorschlag. Und das hat Kollege Themessl auch gesagt, wenn wir bei den Rankings zurückfallen, dann hören wir immer von der Regierung, dass wir alles schlechtreden und dass alles so schlimm dargestellt wird, weil es ja doch nicht so schlimm ist. – Nein, es ist genau das Gegenteil. Was wir nämlich tun und was wir immer von der Regierung suggeriert bekommen, ist, dass wir uns am Nächstbesten und am Nächstschlechtesten und nicht am überhaupt Besten orientieren. Und das sollten wir wieder tun! Zu dieser Gesinnung sollten wir wieder kommen und nicht immer alles schönreden, nämlich die Rankings. Die Realität zeigt andere Punkte auf.

Nun zum Inhalt, und in dieser Hinsicht möchte ich auch noch aus dem Regierungs­programm zitieren:

„‚One in – one out‘-Regelung: für jedes neue Gesetz, oder jede neue Verordnung, wird angestrebt, dass ein bereits bestehendes Gesetz oder bestehende Verordnung in vergleichbarem Ausmaß entfällt. Das Ergebnis einer derartigen Prüfung ist im Vorblatt darzustellen“.

Das steht im Regierungsprogramm. Und wissen Sie, wie es die Besten machen? – Großbritannien hat 2011 diese Regelung in Kraft gesetzt. Sie haben sogar 2013 noch einmal nachgebessert. Wissen Sie, was dabei herausgekommen ist? – Sie haben insofern nachgebessert, dass es heißt: One in, Two out. Und es hat mindestens 3 Mil­liar­den Pfund Einsparungen für die Unternehmen in diesem Land gebracht. (Beifall bei den NEOS.)

Warum setzt ihr das nicht ein? Warum sind das wieder nur Phrasen, genauso wie die Reform der Gewerbeordnung oder wie beim Bürokratieabbau? – Es sind Phrasen, Phrasen, Phrasen! Holzt die Gewerbeordnung aus! Macht die Bürokratie einfacher, dann ist den Unternehmen geholfen!

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend One in – One out

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 181

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, in Zukunft darauf zu achten, dass bei jedem neuen Gesetz oder Verordnung ein bereits bestehendes Gesetz und eine bestehende Verordnung im vergleichbaren Ausmaß entfällt. Das Ergebnis einer derartigen Prüfung ist im Vorblatt zu vermerken.“

*****

Ich bitte darum. (Beifall bei den NEOS.)

17.55


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Schellhorn soeben einge­brachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sepp Schellhorn, Kollegin und Kollegen betreffend One in - One out

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Bundesministers für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend EU-Vorhaben Jahresvor-schau 2016, Verwaltungsbereich Wirtschaft (III-237/1017 d.B.) – TOP 17

Seit geraumer Zeit spricht man sich von Seiten der Regierungsparteien für einen raschen Bürokratieabbau aus. Zuletzt würde der im Wirtschaftsausschuss von den Regierungsparteien eingebrachte selbständiger Entschließungsantrag der der Abge­ord­neten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betref­fend "Bürokratie-Abbau jetzt" (666/A(E)) einstimmig beschlossen, doch die Umsetzung lässt auf sich warten.

Auch im Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung 2013– 2018 konnten sich die Regierungsparteien auf eine  »One in – one out«-Regelung für jedes neue Gesetz oder jede neue Verordnung einigen. Im Kapitel Entbürokratisierung und Entlas­tung  steht „»One in – one out«-Regelung: für jedes neue Gesetz, oder jede neue Ver­ord­nung, wird angestrebt, dass ein bereits bestehendes Gesetz oder bestehende Verordnung in vergleichbarem Ausmaß entfällt. Das Ergebnis einer derartigen Prüfung ist im Vorblatt darzustellen;“

Mögliche Maßnahmen sind etwa die Einführung einer "One-in-One-out-Regel" zur Eindämmung der Gesetzesflut sowie einer Auslaufbestimmung (Sunset clause) nach britischem Vorbild. Im Jahr 2011 wurde die  „One in, One out Regel“ eingeführt. Für jede neue Regulierung muss eine andere Regulierung abgeschafft werden. 2013 wurde nachgebessert und auf „one in, two out“ verschärft. 214 Regulierungen wurden seither gestrichen. Britischen Unternehmen wurden so 3 Mrd. Euro erspart. Ähnliche Regelungen bestehen schon in Italien, Frankreich, Spanien, Litauen, Portugal und jüngst Deutschland (Einführung im Frühjahr 2015 beschlossen).

Auch in Österreich wäre die Einführung einer solchen Regelung wichtig und wünschenswert um die unter der ausufernden Bürokratie leidenden Unternehmen zu entlasten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 182

„Die Bundesregierung wird aufgefordert in Zukunft darauf zu achten, dass bei jedem neuen Gesetz oder Verordnung ein bereits bestehendes Gesetz oder eine bestehen-de Verordnung in vergleichbarem Ausmaß entfällt. Das Ergebnis einer derartigen Prüfung ist im Vorblatt zu vermerken.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


17.56.04

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär! Noch einmal kurz, worum es geht. Es ist der Bericht des Wirtschaftsministers zu EU-Vorhaben der Jahresvorschau 2016. Ich möchte schon noch einmal die Gelegenheit nutzen, um kurz aus diesem Vorhaben der Europäischen Kommission vom 27. Oktober 2015 zu zitieren. Das Arbeitsprogramm steht nämlich unter folgendem Motto: „Jetzt ist nicht die Zeit für Business as usual“.

Das ist schon sehr bemerkenswert. Die Kommission selbst beschreibt die zentralen Herausforderungen insofern, als sie sagt, die Schaffung der Arbeitsplätze und Wachs­tum, die Stärkung des digitalen Binnenmarktes, die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion, die Gewährleistung von Steuergerechtigkeit – nicht unwichtig – und hohen sozialen Standards und die Förderung von wirtschaftlicher, sozialer und ökolo­gischer Nachhaltigkeit sowie natürlich die Bewältigung der Flüchtlingskrise stehen auf der Agenda.

Also wäre tatsächlich ein großes Reformprogramm angesagt. Die Krise ist tiefgehend. Sie ist eine ökonomische, eine ökologische und eine soziale Krise, in der wir uns befinden; nicht nur in Europa, aber vorwiegend. Wir spüren sie derzeit, ganz unüblich. Es gibt Regionen auf diesem Globus, die diese Krise, was die Ressourcenver­schwen­dung betrifft, was die Ausbeutung von Natur und Menschen betrifft, was die sozialen Verwerfungen betrifft, was die Unterdrückung, die Armut und auch die Chancen für junge Menschen betrifft, seit Jahrzehnten spüren.

Wir sind gefordert, werte Kolleginnen und Kollegen, und, Herr Staatssekretär Mahrer, ich bin schon sehr neugierig auf Ihre Antworten, was Sie zum Beispiel im Bereich Jugendarbeitsplätze von sich geben.

Vor allem eines, meine Damen und Herren, erscheint mir so zentral: Wenn wir einen Binnenmarkt etabliert haben und uns gemeinsame soziale und ökologische Regeln für diesen Markt geben, dann braucht es auch diese Vertiefung. Jawohl! Wir brauchen mehr Zusammenarbeit in Europa. Und da stellt man sich jetzt zu Recht die Frage, ob die Freihandelsabkommen, die derzeit auf der obersten Agenda der Handelskom­missarin stehen, tatsächlich das leisten, was wir eigentlich brauchen. Wenn wir uns anschauen, TTIP – ein großes Thema –, CETA – ein fertig abgeschlossener Vertrag –, aber der wirtschaftliche Austausch der BinnenmarktteilnehmerInnen, also der Mitglied­staaten, ist ein Zehnfaches des transatlantischen Warenaustausches.

Das heißt, die Arbeitsplätze, die im europäischen Binnenmarkt zu erhalten, zu schaf­fen, weiterzuentwickeln sind, sind wesentlich wichtiger als die Optionen für große Konzerne, Vereinfachungen im transatlantischen Handel zu bringen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang – und das ist eine interessante Quelle –, EU-Kom­missarin Malmström hat auch in diesem Haus bei der Aussprache gesagt, die Erwartungshal­tung für Österreich sind etwa 20 000 bis 23 000 Arbeitsplätze in the long run – nicht morgen oder übermorgen, sondern möglicherweise nach zehn Jahren – durch TTIP. Zehn Jahre, 20 000 Arbeitsplätze.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 183

In der Zwischenzeit, Kollege Schultes, verlieren wir allein in der Landwirtschaft die Hälfte aller Bäuerinnen und Bauern. Wir verlieren im ländlichen Raum massiv viele Arbeitsplätze durch die Bedrohungen, die auf der Ebene von Lebensmittelqualitäts­produktion, biologischer Produkte et cetera durch diesen Freihandel drohen.

Das, meine Damen und Herren, ist die Herausforderung! Kollege Kogler hat da ja schon sehr klar gesagt: Wir wollen hier volle Transparenz, wir wollen alle Unterlagen auf dem Tisch haben, und zwar hier im Parlament. Bis heute hat uns keiner diesen Vertrag zwischen der EU und den USA zeigen können. Dass es so ist, dass wir diese Unterlagen in den Parlamenten nicht sehen dürfen, kann doch nicht sein! Wo bleibt da die politische Verantwortung? Wo bleibt da das Rückgrat der europäischen Institu­tionen? Wo bleibt da das Rückgrat des Wirtschaftsministers beziehungsweise des Bundeskanzlers? Es ist doch nicht zu viel verlangt, uns diese Unterlagen endlich ins Haus zu liefern und zur Verfügung zu stellen. Das muss oberste Priorität haben.

Da du, Kollege Wimmer, hier so vollmundig ankündigst: Na klar, wir wollen keine Schieds­gerichte!, möchte ich dir sagen: Ja, da hast du uns voll als Partner! Wir werden auf allen Ebenen dagegen arbeiten: auf europäischer Ebene, hier im Haus und wo immer es möglich ist! Denn tatsächlich muss man auch eines sagen, und das haben die Aussprachen gezeigt: Der TTIP-Verhandler Trick vom US-Government hat in der Aussprache klar gesagt: Wir fordern das nicht, wir haben nicht gefordert, die Schieds­gerichte auf die Verhandlungsagenda zu nehmen. Das einzufordern, ist ein Beschluss der Europäischen Kommission gewesen!

Ich sage Ihnen auch, wer das einfordert: Das sind genau jene Konzerne, die dann, wenn dieses Verfahren eingerichtet wird, über ihre amerikanischen und kanadischen Niederlassungen, über ihre ausländischen Niederlassungen ihre Heimatstaaten klagen. Wir haben auch erfahren, dass die Pestizidindustrie bei den Verhandlungen über die Standards im Bereich der Zulassung von Pestiziden auf einem gemeinsamen Papier der chemischen Industrie diesseits und jenseits des Atlantiks aufbaut. Das heißt, die Ausgangspositionen von manchen Verhandlungen sind Industrie-Papiere. Und da müssen wir wachsam sein. Da werden wir im Interesse der europäischen Standards klar dagegenhalten.

Daher kann man aus heutiger Sicht nur sagen: TTIP muss gestoppt werden, meine Damen und Herren! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.01


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Staatssekretär Dr. Mahrer zu Wort. – Bitte.

 


18.02.06

Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Das hat sich jetzt so angehört, als ob die Bundesregierung und vor allem die speziellen Ressortver­antwortlichen – und das betrifft nicht nur unser Ressort, sondern auch das Infras­trukturressort beispielsweise – seit Jahren „in der Pendeluhr schlafen“ würden. Das ist natürlich mitnichten der Fall, denn alle, die sich verantwortungsbewusst mit den großen wirtschaftlichen Problemstellungen nicht nur in Österreich, sondern auch in der Europäischen Union auseinandersetzen, wissen, dass wir diese nur gemeinschaftlich lösen können.

Diese Debatte haben wir meiner Meinung nach schon im Wirtschaftsausschuss sehr sachlich geführt, nämlich all die Vorhaben, die die Juncker-Kommission auf den Tisch gelegt hat. Und diejenigen von Ihnen, die das im Detail immer wieder studieren, wissen ja, dass die Kommission da eine Reihe von Dossiers fallengelassen hat, nämlich Vor-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 184

haben, die nicht als zielführend erachtet worden sind, um ein einziges zentrales Ziel zu erreichen, nämlich in Summe die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Wirtschafts­raumes im Vergleich zu anderen Wirtschaftsräumen zu erhöhen. Und das ist das zentrale Ziel, meine Damen und Herren! Damit verbunden ist nämlich die Frage der Aufrechterhaltung von Wohlstand, der Aufrechterhaltung von Jobs und das Schaffen neuer Jobs. (Abg. Pirklhuber: 20 000 Arbeitsplätze mehr  … in zehn Jahren!)

Ich werde Ihnen etwas ganz anderes erklären, Herr Abgeordneter, vielleicht hören Sie zu, und dann können Sie sachlich argumentieren und Ihren Horizont auch ein bisschen erweitern.

Die größte Herausforderung, vor der wir stehen, ist die Herausforderung aufgrund der Digitalisierung. Wissen Sie, die Effekte, die das Internet erzielt, disruptiv in den unter­schiedlichsten Wirtschaftsbereichen, sind vermutlich die größten seit der Erfindung des Buchdrucks in der Art und Weise, wie Menschen kommunizieren, wie reflektiert wird und wie in unterschiedlichen Bereichen, und zwar nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Gesellschaft, Informationen ausgetauscht werden und wie wir lernen.

Das führt zu weitreichenden Effekten in allen Wertschöpfungsketten, in allen Industrie­bereichen, nicht nur, was große Konzerne oder große Unternehmen betrifft, sondern entlang des gesamten Globus in allen Wirtschaftsbereichen. Vor allem in Österreich, einer kleinen offenen Volkswirtschaft ist das so. Wir verdienen mehr als sechs von zehn Euro der Bruttowertschöpfung auf den internationalen Märkten, in einer globalisierten Welt nicht abgeschottet irgendwo klein, hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen, sondern auf den Weltmärkten, weil unsere mittelständischen Unter­nehmen, Herr Abgeordneter Themessl, viele KMUs, eine ausgezeichnete Arbeit machen, und das trotz schwieriger Rahmenbedingungen, weil wir ein sehr hohes Lohn­niveau, eine sehr hohe Lohnnebenkostenbelastung haben.

Und warum sind wir so erfolgreich? – Weil sich unsere Unternehmen tagein, tagaus aufs Neue erfinden, ausgezeichnete Produkte und produktnahe Dienstleistungen hervor­bringen und diese noch immer zu sehr kompetitiven Preisen draußen auf den Weltmärkten verkaufen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Unsere Aufgabe ist es, und zwar nicht nur in Österreich, sondern für den gesamten europäischen Wirtschaftsraum – und der Binnenmarkt ist ja dankenswerterweise ange­sprochen worden –, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Und wenn wir wissen, dass die Digitalisierung der größte Treiber ist, dann sind die Vorhaben der Kommission die, alles zu tun, um einen digitalen Binnenmarkt zu bekommen und in allen Bereichen, wo Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeber betroffen sind, die Rahmenbedingungen dahin gehend zu verbessern, dass wir das Wohlstandsniveau und das Produktivitätsniveau in unterschiedlichen Sektoren aufrechterhalten können. (Abg. Pirklhuber: Das ist nicht unsere Frage gewesen!)

Das betrifft alle Wirtschaftsbereiche und die Landwirtschaft und den gesamten Konnex im Bereich Forschung, Entwicklung und Bildung, und zwar überall dort, wo wir tätig sind, ob das im Rahmen unserer Gründerland-Strategie ist, im Rahmen unserer Life-Sciences-Strategie, im Rahmen unserer Open-Innovation-Strategie, mit der uns das Parlament beauftragt hat, im Rahmen der Breitbandoffensive und vieler anderer Offen­siven, die die Bundesregierung sonst noch tätigt und die die Ministerien auch noch selbst tätigen und die wir im Übrigen in vielen Bereichen in Abstimmung mit der Kommission machen.

Das steht in diesem Vorhabensbericht wunderbarerweise auch drinnen. Das heißt, es schläft überhaupt niemand in der Pendeluhr, sondern ganz im Gegenteil: Wir sind tätig! Man kann bewussterweise ganz Europa – nicht nur Österreich! – den Vorwurf machen, dass der gesamte Apparat zu langsam ist. Das würde sogar ich unterstreichen, denn


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 185

warum fallen wir in den Rankings zurück? – Nicht deshalb, weil wir in der Pendeluhr schlafen, sondern deswegen, weil andere Wirtschaftsräume auf der ganzen Welt – und das sind diejenigen Länder, die dynamischer sind – einen viel größeren Aufholbedarf haben und das dynamischer machen.

Wissen Sie, warum das dort dynamischer ist? – Weil es dort weniger Regulierungen gibt. Herr Abgeordneter Schellhorn hat völlig recht, in diesem Fall gebe ich ihm recht: Man kann sich Großbritannien als Vorbild nehmen – was wir auch tun; Stichwort: Antibürokratievorhaben –, dort genau detailliert hineinzuschauen, wo wir in Wirklichkeit Hemmschwellen für die österreichische Wirtschaft, die österreichische Landwirtschaft haben. (Heiterkeit des Abg. Pirklhuber.)

Sie lachen, Herr Abgeordneter, aber gehen Sie einmal hinaus und sprechen Sie mit den Unternehmerinnen und Unternehmern! Herr Abgeordneter Themessl hat das richtigerweise gesagt: Es ist zu viel Bürokratie da! Daher hat es einen Konvent gegeben, und daher wird es auch noch ein Sammelgesetz in diesem Halbjahr geben, wo wir versuchen werden, eine ganze Reihe – und das kann nur ein erster Schritt sein, ein erster wichtiger Schritt – von diesen bürokratischen Hemmnissen hintanzustellen und uns davon zu befreien. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Pirklhuber: Geben Sie doch eine Antwort auf unsere Frage!)

Sie können gern viele Antworten haben, aber die Geschichte ist die: Sie müssen sich grundsätzlich mit der Frage beschäftigen und dürfen nicht irgendein Detail heraus­picken und glauben, auf diesem kann man herumreiten. Das funktioniert eben nicht! Denn der Wandel findet draußen statt, damit müssen Sie sich auseinandersetzen. Das ist der Punkt.

Wenn Sie eine konkrete Antwort von mir haben wollen auf die Frage: Wo kommen die Jobs in Zukunft her?, dann kann Ihnen das sagen: Die werden primär dort entstehen, wo neue Unternehmen mit neuen Geschäftsmodellen mit traditionellen Industrie­zweigen zusammenarbeiten. Warum, glauben Sie, machen wir ein Förderprogramm für Kooperation von Ausgründungen von Universitäten mit traditionellen Industriebe­trie­ben? – Weil genau von dort, aus dieser Nische, die Jobs herkommen werden. Die fallen ja nicht vom Himmel, und es gibt auch keinen magischen Sozialbankomaten, bei dem wir in Zukunft werden abheben können, damit wir alle Leute versorgen können, sondern das muss hart erarbeitet werden. Die Jobs kommen von den Unternehme­rinnen und Unternehmern draußen, indem wir die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen und richtige Förderinstrumente zur Verfügung stellen. Und genau das machen wir, Herr Abgeordneter, darauf können Sie sich verlassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein zweiter wichtiger Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die Frage TTIP und die damit zusammenhängende Transparenz. (Abg. Pirklhuber: Ja, das war unsere Frage!)

Ich bin auch der Meinung, so wie viele andere unserer Fraktion – und dafür haben sich sowohl das Präsidium des Nationalrates als auch der Herr Bundeskanzler und auch der Herr Vizekanzler eingesetzt –, dass man da die Transparenz erhöhen soll. Auch dieses Parlament hat so wie viele andere Parlamente der Mitgliedstaaten der Euro­päischen Union gemeinsam mit dem Europaparlament darauf gedrängt, mehr Trans­parenz zu bekommen.

Sie wissen das: Es gibt dazu keine schriftliche Vereinbarung. Ich kenne sie auch nicht. Ich kenne sie nicht! Es gibt dazu keine schriftliche Vereinbarung. (Abg. Pirklhuber: Was soll das dann?) Ich kann Ihnen dazu auch nicht mehr sagen. Aber wenn es um die Transparenz und um das Informieren geht, dann kann ich Ihnen sagen: Wir waren unter den ersten Mitgliedsländern, die diesen Leseraum sofort eingerichtet haben. Es gab die Option, das sozusagen in unterschiedlichen Varianten zu machen. Dieser


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 186

Leseraum ist seit Anfang Februar offen. Es gibt aber noch immer eine Reihe von Mitgliedsländern – wohlgemerkt: Der Stand ist nicht tagesaktuell, das ist von letzter Woche, aber trotzdem –, die noch gar keinen Leseraum haben, und zwar Bulgarien, Ungarn, Italien, Litauen, Malta, Polen, Portugal, Schweden und Slowenien.

Die anderen Länder haben einen Leseraum eingerichtet. Wir waren bei den ersten dabei. Und wenn Sie es tagesaktuell haben wollen – ich glaube, das wird die Abgeord­neten interessieren –: Bislang haben sich in diesem Leseraum 17 Nationalratsab­geordnete und ein Bundesrat informiert, manche von diesen 17 mehrmals. Die Grünen waren noch nicht dort. (Abg. Kogler: Wir warten auf eine Verbesserung!) Wir würden uns aber wünschen, dass Sie sich dafür interessieren. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Sie können gerne zu uns ins Ministerium kommen, es ist kein Problem. In anderen Ländern passiert das auch. Also wenn Sie sich so stark informieren wollen: Die Einladung ist offen, Sie wissen das, Sie können kommen!

Das war ein wichtiger Fortschritt. Und Sie wissen auch, warum das nur bilateral in Abstimmung mit den Amerikanern möglich war – nämlich weil Vertragstexte dabei sind, die noch in Verhandlung sind. Und es sind ja auch die Vertragstexte des Gegenübers dabei, deren Vorschläge, und daher gab es diese Vereinbarung, auf die man sich einlassen muss. Sie können sie im Prinzip jederzeit anschauen. Unsere Vertragstexte, nämlich die der Europäischen Union, sind über eine Website der Kommission ja sogar öffentlich einsehbar. So viel zum Thema Transparenz! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.09


Präsident Karlheinz Kopf: Danke, Herr Staatssekretär.

Nun gelangt Frau Abgeordnete Ecker zu Wort. – Bitte.

 


18.10.02

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kennen Sie den Unterschied zwischen dem Amt des österreichischen Bundespräsidenten und dem des deutschen? – In Österreich wird der Bundespräsident vom Volk gewählt. Das heißt, alles Recht geht vom Volk aus.

Wir hier in diesem Saal sind Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Bevöl­kerung. Daraus wächst vor allem unsere Verantwortung.

Wenn wir heute über das transatlantische Handelsabkommen TTIP sprechen, dann frage ich Sie ganz klar: Wie viel TTIP verträgt unsere Demokratie, wenn wir Abgeord­nete nicht einmal richtig informiert werden? Natürlich kann ich mir, Herr Staatssekretär, im Leseraum Informationen holen und kann dort Einsicht nehmen, jedoch Fach­experten mit fundamentalem Wissen stehen mir leider nicht zur Verfügung.

Ist das die österreichische Demokratie? – Dazu sage ich ganz klar: Nein! Wenn weder das Volk noch die VertreterInnen des Volkes ordentlich informiert werden (Abg. Pirklhuber: So ist es!) und die Verhandlungen großteils vor verschlossenen Türen stattfinden, dann sage ich ganz klar: Nein! Die Demokratie ist uns nämlich nicht einfach nur in den Schoß gefallen, sondern die mussten wir uns hart erkämpfen.

Als dieses Parlament erbaut wurde, hatten wir noch einen Kaiser, der alles andere wollte als demokratische Strukturen, der nur unter Druck, unter wirklich großem Druck des Volkes eine Verfassung zubilligte.

Wenn wir hier TTIP kleinbeigeben, dann – und dessen bin ich mir ganz sicher – tauschen wir hier die Kaiserkrone gegen die Macht der Konzerne. Ich bin Sprecherin für Klein- und Mittelbetriebe und weiß, dass im geplanten TTIP-Abkommen mit der-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 187

zeitigem Stand mit Sicherheit nur die großen multinationalen Konzerne verdienen werden. Man ist drauf und dran, hier extra Rechte zuzubilligen und einigen wenigen Rechte einzuräumen, die es sich derzeit schon richten können.

Wir stehen vor der Situation, dass wir Konzerne haben, die ihr Geld ins Ausland schippern und verschieben, für das sie bei uns keine Steuern zahlen, und das finde ich einfach sehr schade. Sie könnten hier Steuern zahlen, tun es aber nicht. Und vor allem: Diesen Betrieben sollten wir noch zusätzliche Rechte einräumen?!

Vor dem Gesetz, werte Kolleginnen und Kollegen, sollten alle gleich sein. Das ist ein Grundsatz, und wenn wir diesen abgeben, dann verleugnen wir unsere demokrati­schen Vertreter.

Falls Sie jetzt auf die Idee kommen sollten, mich als ideologisch verklärt anzusehen, und meinen, dass ich so entscheide, weil ich Sozialdemokratin bin, dann kann ich Ihnen ganz klar sagen: Nein, so ist es nicht! Ich finde nämlich den internationalen Handel ganz, ganz wichtig. Seit Jahrtausenden beflügelt dieser die Menschheits­ge­schichte.

Herr Staatssekretär, wenn Sie sagen, unsere heimischen Betriebe – das sind zu 90 Prozent Klein- und Mittelbetriebe – exportieren 6 Prozent nach Amerika, dann frage ich Sie: Können Sie uns garantieren, dass wir mit TTIP mehr als diese 6 Prozent erreichen? Ich stelle das einmal in Frage.

Ich bin der Meinung, dass, auch wenn die EU-Kommission jetzt entgegnet, dass für KMUs eine Website eingerichtet wird, wo sie Informationen einholen können, das nur eine Augenauswischerei ist. Wenn mir hier im Saal einer erklären kann, dass ein regionaler Betrieb – der Bäcker oder der Metzger ums Eck – mit TTIP mehr profitieren kann als ein bereits agierender multinationaler Konzern, dann soll er das bitte tun.

Wenn Informationen nur teilweise vorhanden sind, dann ist das ein strategisches Verhalten – so sehe ich das – und ein Ausnutzen von Macht. Ich kann es hier nur mit den Worten von Adam Smith sagen: „Wherever there is great property there is great inequality.“

Ich warne also hier an dieser Stelle vor dem derzeitigen Stand von TTIP. Ich denke, wir verhandeln hier nicht ein Wirtschaftsabkommen, sondern wir verhandeln darüber, ob die Großkonzerne künftig über dem Recht stehen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie Bravoruf des Abg. Kogler.)

18.14


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 


18.14.12

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Im Vorwort des Herrn Bundesministers Dr. Mitterlehner zu diesem Bericht heißt es:

„(…) Umso wichtiger ist es, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes konsequent weiterzuentwickeln …“.

Es heißt dann weiter, Gegenstand und Inhalt der Maßnahme soll unter anderem die Schaffung eines einfachen, verständlichen, stabilen und vorhersehbaren Rechtsrah­mens in der EU sein. Als Maßnahme zur nationalen Unterstützung dieses EU-Vor­habens wird im Bericht auf einen Reformdialog der Bundesregierung zur Verwaltungs­vereinfachung vom Juni 2015 verwiesen. Damit soll es zu Verwaltungsvereinfachungen und zu Kosteneinsparungen für Unternehmer, Bürger und den Staat im Ausmaß von über 80 Millionen € kommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 188

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe gedacht, bevor ich jetzt sehr allgemein darüber spreche, mache ich die Probe aufs Exempel und gehe wirklich ganz weit hinein ins Detail, vor allem weil das Thema, das ich jetzt ansprechen möchte, gerade in den Landtagen von Niederösterreich und von Oberösterreich sehr aktuell ist.

Morgen wird in Niederösterreich und auch in Oberösterreich ein gleichlautender Antrag wie der, den ich jetzt hier einbringe – ein ÖVP-Antrag und in Oberösterreich ein mit der FPÖ zusammen eingebrachter Antrag –, beschlossen werden.

Es geht dabei um eine Verordnung des Bundesministers Rupprechter, die sogenannte Recycling-Baustoffverordnung. Kundgemacht wurde diese voriges Jahr im Bundesge­setz­blatt II Nr. 181/2015. Diese läuft genau den Zielsetzungen von Verwaltungsver­einfachung und -einsparung massiv zuwider.

Sie ist seit 1. Jänner 2016 gültig, und ihr Ziel ist es, die Recyclingquote von Bau- und Abbruchabfällen zu steigern. Gemäß EU-Abfallrahmenrichtlinie sollen zumindest 70 Prozent der nicht gefährlichen Bau- und Abbruchabfälle recycelt beziehungsweise wiederverwertet werden.

In der Praxis hat sich jetzt, in den ersten drei Monaten nach Inkrafttreten dieser neuen Verordnung, schon gezeigt, dass sie gravierende, aber wirklich ganz gravierende Mängel aufweist, und zwar sind die neuen Grenzwerte, die seit 1. Jänner gültig sind, überhaupt nicht mehr zu erreichen, nicht einmal für ganz normale Ziegelabfälle. Die Kosten werden vehement in die Höhe getrieben. Zum Beispiel werden nach der neuen Verordnung für einen ganz normalen Kaminabbruch, wo Ziegel, Putz, Mörtel und Fliesen anfallen, also für fast nicht 636 € verrechnet, während früher für drei Kubik­meter 265 € verlangt wurden. Es wird deswegen, weil man sich diese Kosten ersparen will, nichts mehr recycelt werden. Es wird alles nur noch deponiert. Das heißt, diese Recyclingverordnung läuft ihren eigenen Zielen zuwider.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Dringlichkeit der Beseitigung der überbordenden bürokratischen und kostentreibenden Bestimmungen der Recycling-Baustoff-Verordnung, BGBl II Nr. 181/2015

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, im Sinne von praxistauglichen und unbürokratischen Regelungen die überbordenden bürokratischen und kostentreibenden Bestimmungen im Rahmen einer Novelle zur Recycling-Baustoff-Verordnung, BGBl. II Nr. 181/2015, zu ändern, um Recycling auch in der Praxis wirtschaftlich sinnvoll umsetzen zu können.“

*****

Ich ersuche Sie, diesen Antrag, der morgen als Resolution in zwei Landtagen zur Be­schlussfassung vorliegt und beschlossen werden wird, auch hier zu unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.18


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Mag. Haider soeben einge­brachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Ver­handlung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 189

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Walter Rauch, MMMag. Dr. Axel Kassegger und weiterer Abgeordneter betreffend die Dringlichkeit der Beseitigung der überbor­denden, bürokratischen und kostentreibenden Bestimmungen der Recycling-Baustoff Verordnung BGBl II Nr. 181/2015

eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 17: Bericht des Ausschus­ses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht des Bundesministers für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft (III-237/1017 d.B.) in der 117. Sitzung des Nationalrates am 16. März 2016

Im Vorwort des Herrn Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner zum Bericht: EU-Vorhaben Jahresvorschau 2016, Verwaltungsbereich Wirtschaft heißt es unter ande­rem wörtlich:

"(…) Umso wichtiger ist es, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts konse­quent weiterzuentwickeln…"

In diesem Zusammenhang ist dem Punkt 2.2.3 des gegenständlichen Berichts mit dem Titel "Bessere Rechtsetzung" Beachtung zu schenken. Gegenstand und Inhalt dieser Maßnahme soll unter anderem die Schaffung eines einfachen, verständlichen, stabilen und vorhersehbaren Rechtsrahmens in der EU sein. Wie dem Bericht unter der Überschrift "Mehrwert für Österreich" zu entnehmen ist, zielt aus österreichischer Sicht die bessere Rechtssetzung vor allem auf eine Entlastung der Unternehmen, insbesondere der KMU, und somit auf eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ab.

Als Maßnahme zur nationalen Unterstützung dieses EU-Vorhabens wird im Bericht auf einen Reformdialog der Bundesregierung zur Verwaltungsvereinfachung vom Juni 2015 verwiesen.  Damit solle es zu Verwaltungsvereinfachungen und zu Kosten-einsparungen für Unternehmer Bürger und den Staat im Ausmaß von über 80 Mio Euro kommen.

Die am 29. Juni 2015 vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im BGBl. II Nr. 181/2015 kundgemachte "Recycling-Baustoff VO", welche mit 1. Jänner 2016 in Kraft getreten ist, läuft den Zielsetzungen von Verwal­tungsvereinfachung und Einsparungen jedoch massiv zu wider.

Ziel der Recycling-Baustoff Verordnung ist es, die Recyclingquote von Bau- und Abbruchabfällen zu steigern. Gemäß EU-Abfallrahmenrichtlinie sollen zumindest 70 % der nicht gefährlichen Bau- und Abbruchabfälle recycelt bzw. verwertet werden. Mit der aktuellen Recycling-Baustoffverordnung sollte ein Beitrag zur Erreichung dieses Ziels geschaffen werden.

Intention der Verordnung ist weiters die Förderung der Kreislaufwirtschaft und Material­effizienz zum Ziel. Die bei Rückbauten von Bauwerken anfallenden Materialien sollen so weit als möglich getrennt und als schad- und störstofffreie Recyclingbaustoffe wieder verwendet werden können. Diese Verordnung gilt auch für Teilabbrüche.

Schon in den ersten Monaten nach dem Inkrafttreten hat sich gezeigt, dass die Verord­nung massive Mängel aufweist.

Jeder einzelne Bürger, der nur einen kleinen Teil Bauschutt zu entsorgen hat, kann diese Stoffe kaum selbst "sortenrein" zur Abfallwirtschaft führen, denn Bauschutt muss derzeit so rückgebaut werden, als wären die Stoffe wie "neu". Somit ist jeder einzelne fast verspflichtet sich einer rückbaukundigen Person zu bedienen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 190

Wenn mehr als 100 t Bau- und Abbruchabfälle anfallen (etwa beim Abriss eines Einfamilienhauses), muss im Vorfeld eine umfangreiche Schad- und Störstoffer­kundung gemäß ÖNORM B 3151 durch eine rückbaukundige Person durchgeführt werden.

Beträgt der Rauminhalt des abzureißenden Gebäudes mehr als 3.500 m³, ist die Schad- und Störstofferkundung (gemäß ON-Regel 192130 oder gemäß ÖNORM EN ISO 16000-32) sogar durch eine externe befugte Fachperson oder Fachanstalt, die über bautechnische Kenntnisse verfügt, vorzunehmen.

Der Bauherr ist für die ordnungsgemäße Durchführung und Dokumentation des Rück­baus verantwortlich und verpflichtet genannte Ziele sicherzustellen, wobei er als Verursacher dafür haftet. Mehrere Schritte sind dabei zu berücksichtigen:

Der Bauherr hat die erwähnte Schad- und Störstofferkundung durch eine fachkundige Person /-Anstalt vor Ausschreibung durchführen zu lassen.

Die abzubrechenden Bauteile sind zu beschreiben (Objektbeschreibung).

Ein Rückbaukonzept ist zu erstellen.

Beauftragung eines ordnungsgemäßen gesetzeskonformen Rückbaus, inkl. Entfernung der Störstoffe und Trennung in die Hauptbestandteile.

Die Räumung des Abbruchobjekts und Trennung der Leitungen ist durchzuführen.

Bereitstellung der Flächen und Einrichtung zur Trennung von Abfällen.

Ein Freigabeprotokoll muss erstellt werden.

Übergabe des getrennten und gesäuberten Abbruchmaterials an befugten Abfall­sammler zum qualitätsgesicherten Recycling.

Entsorgung von gemischten Abfällen auf einer Deponie.

Diese Maßnahmen sind umfangreich zu dokumentieren und die angefertigten Unter­lagen sind 7 Jahre lang aufzubewahren.

Alleine diese Dokumentationspflicht bedeutet im Vergleich zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Recycling-Baustoff VO einen enormen bürokratischen Mehraufwand, der in keinerlei Relation zum angestrebten Ergebnis steht und die Wirtschaft sowie die privaten Bauherren zusätzlich belastet.

Auch der Abtransport gestaltet sich äußerst problematisch. Jede Abfallart muss ge­trennt geführt werden. Das erfordert zusätzliche LKW-Fahrten sowie einen enormen finanziellen Mehraufwand und stellt gesamtökologisch betrachtet einen Irrweg dar. Weiters ist nicht ersichtlich, wie eine solche getrennte Sammlung und Entsorgung in einer Großstadt (z.B. Wien) durchgeführt werden kann, da die dortigen Baustellen (meist im dichtverbauten Gebiet liegen und somit) bloß über geringe Flächen verfügen.

Der Hersteller von Recycling-Baustoffen hat die Abfälle bei der Übernahme durch eine visuelle Kontrolle zu prüfen und zu beurteilen, ob der Abfall für die Herstellung von Recycling-Baustoffen geeignet ist. Er hat die Dokumentation des Rückbaus auf Voll­ständigkeit, Plausibilität und Übereinstimmung mit den angelieferten Abfällen zu prüfen (Eingangskontrolle). Auf Basis von abfallchemischen Untersuchungen ist der Recy­cling-Baustoff einer Qualitätsklasse zuzuordnen, wobei bestimmte, in Anhang  2 der Verordnung angeführte, Grenzwerte nicht überschritten werden dürfen. Weiters hat der Hersteller Art, Menge, Herkunft und Verbleib von Abfällen zur Herstellung von Recycling-Baustoffen gemäß den Bestimmungen der Abfallbilanzverordnung elektro­nisch aufzuzeichnen und zu melden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 191

Die Praxis hat gezeigt, dass die von der gegenständlichen Verordnung geforderten Grenzwerte (etwa hinsichtlich der Qualitätsklasse U-A), trotz erfolgter Schad- und Störstofferkundung, ordnungsgemäßem Rückbau und Trennung, nur sehr schwer einzuhalten sind. Abfälle, welche die hohen Qualitätsanforderungen der Verordnung nicht erreichen, werden auf Deponien entsorgt. Medienberichten zufolge haben zahlreiche Betriebe aus der Recycling-Branche auf dieses Risiko mit einer Anhebung der Preise reagiert, da sie befürchten, am Ende die Baustoffe zur Deponie verbringen zu müssen.

Die Kosten explodieren! Durch den Aufwand beim Rückbau und die Deponiekosten wird ein Umbau, vor allem bei kleineren Arbeiten, erheblich teurer. So kosteten der Abtransport, Deponie und Recycling eines Miniumbaus, mit Abbruch Kamin, Ziegel, Fliesen, Beton, Putz (in Summe 3 Tonnen Schutt) bis Ende 2015 ca. € 265,- und jetzt € 636,-. Das ist eine Steigerung von + 140 %, wobei der Mehraufwand für das Trennen beim Abbrechen und der Aufwand für Formulare etc. nicht berücksichtigt ist.

Weiters führt die Recycling-Baustoff Verordnung auch aufgrund ihrer Verknüpfung mit komplizierten ÖNORMEN zu einer überbordenden Bürokratisierung, welche gerade für private Bauherren ein erhebliches Hindernis darstellt und massive kostentreibende Auswirkungen nach sich zieht.

Die Konsequenz ist, dass sich - entgegen dieser Verordnung - viele die Trennung der Stoffe nicht mehr antun und sämtlichen Schutt gemeinsam auf die Deponie führen. Dort zahlen sie zwar eine exorbitant hohe Gebühr (zwischen € 38,- und € 150,- pro Tonne), aber scheinbar ist das alles noch billiger, als wenn sie den Bauschutt trennen würden. Logischerweise werden sich die Deponien in kürzester Zeit füllen und es werden deutlich weniger Stoffe dem Recycling zugeführt.

Genannte Verordnung ist daher gesamtökologisch und wirtschaftlich betrachtet kontraproduktiv und belastet somit neben der Umwelt auch die Bürger, aber vor allem die Unternehmer und die Wirtschaft.

Aus den dargelegten Gründen und im Sinne der im gegenständlichen EU-Bericht zum Ausdruck kommenden Notwendigkeit einer besseren Rechtsetzung, einer Verwal­tungs­vereinfachung sowie einer Kostenentlastung der Unternehmen und damit einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, im Sinne von praxistauglichen und unbürokratischen Regelungen die überbordenden, bürokratischen und kostentreibenden Bestimmungen im Rahmen einer Novelle zur Recycling-Baustoff Verordnung BGBl II Nr. 181/2015 zu ändern, um Recycling auch in der Praxis wirtschaftlich sinnvoll umsetzen zu können.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


18.18.12

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich will sicher nichts schönreden, denn es ist so, dass wir schwierige Jahre hinter uns haben, das ist keine Frage, aber wir können uns als kleine offene Volkswirtschaft ja auch nicht


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 192

komplett von Europa abkoppeln. In ganz Europa hat es eine schwierige Entwicklung gegeben, wo die Ursachen mangelnde Produktivität, mangelnde Innovationsfähigkeit, Probleme im Bankensektor und mangelnde Investitionen waren. Aber jetzt haben wir einen positiven Ausblick. Sowohl vom Wifo als auch vom IHS haben wir gehört, dass heuer die österreichische Wirtschaft wachsen soll.

Als Unternehmer sollte man positiv denken und sagen: Okay, wenn wir einmal ein Wachstum vor Augen haben, dann sollten wir alles dazu tun, dass wir dieses Wachs­tum unterstützen! Und die Bundesregierung hat ja mit uns einige Maßnahmen dahin gehend beschlossen. Die Lohnnebenkostensenkung ist zum Beispiel eine solche Maßnahme, und, wie es der Herr Staatssekretär schon angeschnitten hat, ein Entbüro­kratisierungspaket ist auf den Weg gebracht worden.

Aber ich wende mich da schon an den linken Bereich: Wir brauchen noch weniger Regelungen, und wir brauchen noch weniger Bürokratie, denn es schmerzt die Unternehmer am meisten, dass sie sich an Regeln halten müssen, die teilweise auch nicht sinnvoll sind. In dieser Hinsicht müssen wir noch einiges tun, das ist völlig klar.

Nun zu Ihnen, Herr Kollege Haider: Der Bedarf einer Novellierung der Recycling-Bau­stoffverordnung ist schon erkannt worden, und es gibt auch schon diesbezügliche Gespräche. Da wird also sicher einiges passieren, da sind auch die Experten schon am Werken. Infolgedessen bin ich optimistisch, dass wir das auf einen positiven Pfad bringen.

Wir haben jetzt vom Ausblick gesprochen, und wenn wir darüber reden, wie sich die Wirtschaft entwickeln soll, dann müssen wir uns anschauen, was die Stärke der österreichischen Wirtschaft ist. Es gibt einige Stärken, eine ist sicher der Tourismus, eine andere ist vor allem die Exportwirtschaft. Und wenn wir von der Exportwirtschaft reden, dann können wir auch sagen, dass wir 6 von 10 € im Ausland verdienen, 5 € in der EU und 1 € im restlichen Teil der Welt. (Abg. Pirklhuber: Danke, Sie haben es präzise beantwortet, nicht der Staatssekretär!)

Und jetzt müssen wir schauen, wie viele bilaterale Investitionsschutzabkommen wir schon haben. Wir haben bereits 62.

Wenn wir über TTIP reden, muss ich sagen, ich bin auch für mehr Transparenz, das ist keine Frage, aber dann sollten die Grünen die Gelegenheit nützen und auch hingehen, wenn sie wo Einschau nehmen könnten. Das ist das Mindeste, was man von einem Parlamentarier verlangen kann, dass er sich zumindest das anschaut, was in diesem Leseraum steht. Dann hat man wenigstens dadurch schon einen kleinen Wissensvor­sprung. Das ist zwar noch nicht das, was wir alle uns an Transparenz vorstellen, aber es ist eine einmalige Gelegenheit, dort das, was man wissen will, nachzulesen. – Das in Richtung Grüne.

Zum Kollegen Themessl Folgendes: Ich meine, die aws ist eine hervorragende Maß­nahme zur Unterstützung von vielen jungen Unternehmen, von vielen Start-ups. Schauen wir uns die Zahlen genau an: Im Jahr 2015 hatten wir 5 126 Fälle – das war ein Plus von 4 Prozent – und haben 825 Millionen € an Finanzierungsleistung über die aws abgewickelt. Da hat die aws tolle Arbeit geleistet. Und das ist auch eine Steigerung um 12 Prozent. Also man sieht schon, diese Instrumente wirken und werden auch von den Unternehmen in Anspruch genommen.

Der zweite Punkt: Wir haben bei der Bankenfinanzierung teilweise Probleme – ist so. Aber wenn man sich auch da die Kreditentwicklung der letzten Jahre anschaut, kann man sagen, sie ist zwar schwach, aber das Wachstum der ausstehenden Unterneh­menskredite lag laut OeNB im September 2015 bei einem Plus von 0,8 Prozent.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 193

Davon ausgehend, sage ich einmal: Die Instrumente sind richtig. Alles, was man ver­bes­sern kann, soll man verbessern, aber man sollte nicht immer alles nur schlecht­reden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.22


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


18.22.22

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ja, lieber Kollege Haubner, immer dann, wenn man dir zuhört, könnte man glauben, dass die ÖVP seit Jahrzehnten in Opposition ist. Man muss scharf nachdenken, wer denn seit Jahrzehnten den Wirt­schafts­minister stellt. Es ist die ÖVP!

Klar, es gibt viel Handlungsbedarf, um genau hier auch Reformen einzuleiten, die insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmungen stärken. Immerhin sind 99 Prozent der Unternehmen in Österreich KMUs.

Wenn ich jetzt auf den internationalen Handel zu sprechen komme – der Herr Kollege hat es ja soeben ausgeführt –, kann ich sagen: 50 Prozent des Handels erfolgen sozusagen im europäischen Kontext, und die restlichen 10 Prozent, die im Export erwirtschaftet werden, generell durch internationalen Handel. Und da muss man wieder differenzieren und sich die Handelsbeziehungen mit den USA anschauen.

Gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmungen haben sehr wenige Bezie­hungen mit den USA, und die haben daher entsprechende Befürchtungen. Sie sehen ihre Chancen sehr wohl auch auf den internationalen Märkten, sehen aber bei dem Abkommen, das jetzt da zusammengebastelt wird, entsprechende Risken, die sie auch ganz klar definieren.

Diese Unternehmungen haben natürlich ein Problem mit dem Investorenschutz, so wie er derzeit vorgesehen ist, denn da vor dem Schiedsgericht zu landen, heißt, Millionen zu investieren. Und das können sich kleine und mittelständische Unternehmungen nicht leisten! – Punkt eins. (Beifall bei den Grünen.)

Punkt zwei: Die kleinen und mittelständischen Unternehmungen fürchten, dass von den USA eine aggressive Niedrigstpreisstrategie in Europa und in Österreich einge­setzt werden kann. Ja, auch das muss man mitberücksichtigen.

Und selbstverständlich fürchten sie auch, dass in das Anbieterverfahren bei öffent­lichen Verträgen massiv eingestiegen wird – und das zu nicht wirklich fairen Konditio­nen.

Ja, all das sind Befürchtungen, die diese Unternehmungen haben. Darüber hinaus geht es natürlich auch um die Sicherung von Normen und Standards. Und daher haben sich viele kleine und mittelständische Unternehmungen zusammengetan und ihre Sorgen bekundet. Sie haben eine Initiative gegründet, die sich „KMU gegen TTIP“ nennt.

Sehr geehrte Damen und Herren, mehr als 2 300 kleine und mittelständische Unter­nehmungen haben dies bereits unterschrieben und unterstützen diese Initiative, wo sie ihre grundsätzlichen Bedenken auch deponieren. Aber wer sind die Initiatoren und auch die Träger? – Einen davon möchte ich hier zitieren, nämlich den geschäftsführen­den Mehrheitseigentümer Max Schachinger von Schachinger Logistik, einem führen­den Unternehmen in seiner Branche. Ich schaue die Kollegin aus Oberösterreich (in Richtung ÖVP) an, du kennst das Unternehmen. Max Schachinger ist einer der Mit­initiatoren von „KMU gegen TTIP“.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 194

Und wie argumentiert er das? Ich zitiere: „Schachinger Logistik als mittelständischer Betrieb mit Schwerpunkt Österreich und CEE“ – Europa – „erwartet sich keine nennens­werten positiven Folgen der Freihandelsabkommen CETA und TTIP auf die Gesellschaft sowie auf die eigene Geschäftstätigkeit. Die fehlende Information und Transparenz rund um die Verhandlungen und zweifelhafte Vertragsbestandteile wie der Investorenschutz lassen sogar negative Folgen für die Menschen und die Umwelt in Europa erwarten. TTIP fördert die zunehmende Erosion der sozialen und ökolo­gischen Gesetzgebung. Das ist ein schlechter Tausch für das nicht bewiesene Versprechen eines mickrigen Wirtschaftswachstums.“ (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Holzinger-Vogtenhuber.)

Das sagt ein Unternehmen, das 500 Arbeitsplätze geschaffen hat, und das in einer sehr innovativen Branche, so wie die das betreiben, mit 15 Standorten in Europa.

Und er ist nicht der Einzige, der das so sieht, es sind viele andere mehr. Ich glaube, Herr Staatssekretär, es ist die Aufgabe der Politik, dafür ein offenes Ohr zu haben und genau diese Bedenken mitzuberücksichtigen.

Worum geht es? – Wir haben Handel, das ist ein Faktum und das ist gut so, aber gleichzeitig geht es um eine Neuausrichtung der internationalen Handelspolitik nach ökologischen und sozialen Standards. Das ist der Punkt und das müssen wir berück­sichtigen. Da geht es um gerechte Arbeitsbedingungen, um die Berücksichtigung der Menschenrechte, um ökologische Standards und selbstverständlich auch um demokra­tische Spielregeln und Transparenz. Und genau das fehlt auch bei diesem Leseraum. Daher fordern wir weiterhin den Zugang und Transparenz.

Selbstverständlich tragen wir das kompetent und konsequent mit, wenn die ent­sprechen­den Informationen auf dem Tisch liegen, damit wir eben diese kritischen Punkte genauer mitberücksichtigen können.

Generell geht es, sage ich, bei den kleinen und mittelständischen Unternehmungen um einen ganzen Satz von Reformen. Sie können sicher sein, wir werden für eine faire Handelspolitik eintreten. Und solange TTIP in dieser Form gestaltet ist, wird es sicher­lich nicht unsere Unterstützung finden! (Beifall bei den Grünen.)

18.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


18.28.19

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das Unbehagen der österreichischen Bevölkerung und auch eines Großteils der österreichischen Politik im Zusammenhang mit der Diskussion um die Freihandels­abkommen resultiert wahrscheinlich auch daraus, dass sehr viele Österreicherinnen und Österreicher einen Teil der Erwartungen, die sie in die Wirtschaftspolitik der Europäischen Union, in den Binnenmarkt gesetzt haben, nicht erfüllt sehen. Vor allem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben das Gefühl, dass ihre ureigensten Interessen durch die oft als „Europa der Konzerne“ titulierte Wirtschaftspolitik nicht ausreichend berücksichtigt sind.

Ich gebe Kollegin Lichtenecker vollkommen recht, es geht bei der künftigen Handels­politik in einer globalisierten Wirtschaft nicht vorrangig darum, möglichst viel zu han­deln, sondern sinnvoll und fair zu handeln.

Ich wünsche jedem österreichischen Betrieb, ob er noch so klein oder noch so groß ist, dass er nachgefragte Produkte auf den Markt bringt und überall auf der Welt größte Gewinne erzielt – aber die Konkurrenzsituation darf nicht zulasten der Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer, nicht zulasten der ökologischen Nachhaltigkeit, nicht zulasten der demokratischen Strukturen und Entscheidungsprozesse gehen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 195

Mich wundert es, dass in der Diskussion die Frage des österreichischen Parlamen­tarismus noch nicht erwähnt wurde, das heißt alles, was unter dem Begriff regulato­rische Kohärenz verstanden wird. Eine unserer großen Sorgen muss doch sein, welche Instrumente angewandt werden, um dem österreichischen Nationalrat, den Ländern, Interessenvertretungen und allen, die an demokratischen Entscheidungs­pro­zessen beteiligt sind, in Zukunft die Möglichkeit zu geben, auf die tatsächlichen Bedürf­nisse unserer Bevölkerung zu reagieren.

Ganz konkret möchte ich darauf hinweisen, dass wir jetzt die Jahrestage von Fuku­shima und der AKW-Katastrophe von Tschernobyl haben. Es muss das Recht eines jeden Parlaments sein, kurzfristige Entscheidungen wie zum Beispiel betreffend den Ausstieg aus der Atomkraft, betreffend die Energiewende oder anderer Möglichkeiten, zu treffen. Wenn das, so wie es bisher durchklingt, nur im Rahmen von Vorverhand­lungen, durch Einbringen regulatorischer Vorschläge in eine nicht demokratisch legiti­mierte Behörde, möglich ist, nehmen wir uns ja selbst jeden politischen Entscheidungs­spielraum. (Abg. Pirklhuber: Richtig!) Ich möchte neben all den anderen Argumenten, die bereits gefallen sind, diese Problematik ganz besonders herausstreichen.

Etwas, das immer wieder kommt, das auch vom Wirtschaftsminister in einem Aus­schuss erwähnt wurde, sind die Chancen des offenen Handels am Beispiel von Zollabbau. Ich weiß, dass Zölle natürlich Handelshemmnisse sind. Sie haben aber auch gewisse Schutzfunktionen. Ein Beispiel wurde genannt: Mineralwasser ist mit 11 Prozent besteuert, wenn wir es in die USA oder nach Kanada exportieren. Wenn man das wegbekommt, entsteht ein größerer Handelsspielraum. Was ist dann das Ergebnis? – Da bin ich wieder am Beginn meiner Ausführungen: Das Ergebnis ist, dass es in unseren Geschäften Mineralwasser aus den Rocky Mountains gibt, und vielleicht Vöslauer Mineralwasser in den USA. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.) Das mag zwar den Handel beleben, es hat aber keine nachhaltige volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit.

Deshalb stehen wir für faire Abkommen, die Bürokratie abbauen und auch Standards sinnvoll vereinheitlichen. Ich sehe in den USA nicht das Reich des Bösen, ganz im Gegenteil. Man kann auch bürokratische Hemmnisse abbauen, ohne das Kind mit dem Bade auszuschütten.

Wir müssen diese Grundskepsis jetzt einbringen und nicht dann, wenn ein fertig ausverhandeltes Papier am Tisch liegt. In diesem Sinne steht die SPÖ für eine sozial und ökologisch nachhaltige Vereinbarung jederzeit zur Verfügung. Ich möchte aber vor allem Sie, Herr Staatssekretär, darum bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Sorgen jetzt angemerkt werden müssen, wenn es noch nicht zu spät ist. (Beifall bei der SPÖ.)

18.33


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


18.33.44

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann in einem Bereich gut an meinen Vorredner anschließen, nämlich wenn es darum geht, eine Konkurrenzsituation so zu gestalten, dass sie nicht zulasten der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen geht.

Ich möchte jetzt bei der Diskussion abbiegen und auf einen Punkt hinweisen, der auch im Vorhabensbericht drinnen ist, nämlich die Notwendigkeit, die Dienstleistungs­richtlinie in dem Sinne umzusetzen, dass es zu einer Vertiefung der Zusammenarbeits­möglichkeiten kommen kann. Diese Vertiefung von grenzüberschreitender Dienstleis­tungserbringung ist etwas, das das Wirtschaftsressort begrüßt. Gleichzeitig gibt es in der SPÖ die Debatte um die Einschränkung von Freizügigkeit, um eine Verschärfung


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 196

bei der Entsenderichtlinie. Es ist schwierig für mich, zu erkennen, was eigentlich die Linie der Regierung ist. Ich habe diese Frage im Ausschuss auch an den Herrn Staats­sekretär gestellt, aber leider keine Antwort bekommen. Woran können wir uns da orien­tieren?

Die Frage ist: Ist ein offener Wirtschaftsraum eine Chance oder eine Bedrohung? (Abg. Weninger: Aber unter fairen Bedingungen!) Die Wahrheit ist in gewisser Weise in der Mitte, zumindest für uns Grüne. Es gibt eine Menge von Chancen, aber wir sehen auch die Gefahr, dass auch der innereuropäische Wettbewerb auf Kosten von Arbeitneh­mern und Arbeitnehmerinnen geführt wird. (Abg. Weninger: Wir wollen keine Schwarz­arbeit, zum Beispiel!)

Zur Einschränkung dieser Gefahr ist es unserer Meinung nach dringend notwendig, dass wir die Umsetzung der Vergaberichtlinie zügig angehen. Das ist der nächste Punkt, auf den ich kommen möchte. Ich finde es interessant, dass genau zu diesem Punkt gar nichts in diesem Bericht steht. Ich weiß schon, dass im Prinzip das Bundes­kanzleramt zuständig ist, aber weder im Vorhabensbericht des Sozialministeriums noch in dem des Wirtschaftsministeriums ist das auch nur erwähnt, obwohl diese Richtlinie natürlich massive Auswirkungen auf die österreichische Wirtschaft haben wird und jetzt bereits hat.

Worum geht es? – Notwendig ist, das Bestbieterprinzip weiter zu stärken, damit Lohn- und Sozialdumping nicht weiter das Instrument des Wettbewerbs bleiben kann. Wir haben schon gewisse Verbesserungen, aber es braucht ein noch offensiveres Vor­gehen. Die Frage ist nur: Wer ist in diesem Haus bei diesem Kampf wirklich ein Verbündeter? – Da bin ich mir nämlich auch nicht ganz sicher in der jetzigen Situation.

Ich bin nicht sicher, ob alle wissen, was eigentlich eine Entsendung ist. Bei Entsen­dungen geht es darum, dass ein nicht-österreichisches EU-Unternehmen einen Auftrag in Österreich erfüllt und seine Mitarbeiter aus einem anderen EU-Land mitnimmt. Das heißt, es geht um eine Auftragsvergabe. In Konkurrenz stehen eigentlich die Unterneh­men und nicht die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Trotzdem diskutieren wir darüber, dass die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Österreich von den entsen­deten verdrängt werden.

Ich habe im Ausschuss gefragt: Gibt es auch Auswirkungen auf die Wirtschaftsstruktur, auf die Unternehmen? Sind Unternehmen verschwunden, die durch diese Entsen­dungen in eine dramatische Konkurrenzsituation gekommen sind? – Interessanter­weise bekam ich die Antwort: Nein, das gab es nicht. Warum gab es das nicht? – Weil es österreichische Auftraggeber und Auftraggeberinnen sind, österreichische Unter­neh­men, die sich solcher Lohn- und Sozialdumpingfirmen aus dem EU-Ausland im Sinne von Subunternehmertum bedienen. Darum frage ich: Wer ist der Partner im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping? Es sind nämlich die österreichischen Unter­nehmen, die dieses Phänomen erst ermöglichen. Das muss uns immer wieder bewusst sein.

Für mich ist es ein zentraler Punkt, zu sagen: Wir brauchen einen gemeinsamen Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und gegen Lohn- und Sozialdumping. Deshalb geht es um eine rasche Umsetzung der Vergaberichtlinie im zweiten Teil zur Stärkung des Bestbieterprinzips in weiteren Branchen. Ich hoffe, dass in diesem Zusammenhang vor allem die ÖVP ihre Blockadepolitik beendet, damit der Wettbewerb nicht weiter auf Kosten von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen stattfindet. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.38


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 197

18.38.44

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Stärkung des Europäischen Binnenmarktes ist in vielerlei Hinsicht eine überaus wichtige Zielsetzung der Europäischen Kommission. Ich darf Sie kurz vom Thema TTIP wegführen, hin zum Thema Schaffung eines digitalen Binnenmarktes.

Der digitale Waren- und Dienstleistungsverkehr hat heute Grenzen. Meist sind das die nationalstaatlichen Grenzen. Das liegt vor allem daran, dass es 28 unterschiedliche Regelungen gibt, sei es im Vertragsrecht, im Konsumentenschutz, im Urheberrecht oder im Datenschutz. Das stellt gerade Klein- und Mittelbetriebe vor Unsicherheiten und schreckt sie davon ab, auch über die Grenzen hinweg aktiv zu sein. Dabei bin ich der Meinung – und ich denke, da sind wir alle einer Meinung –, dass sich unsere Unternehmerinnen und Unternehmer keineswegs verstecken müssten.

Es geht aber auch um die Rahmenbedingungen, um der Digitalwirtschaft die besten Voraussetzungen zu bieten, um in Europa groß zu werden. Es geht auch darum, etablierte Unternehmen in ein digitales Zeitalter zu führen, um die Wettbewerbs­fähigkeit zu erhalten.

Das bedeutet aber im selben Atemzug auch, dass Fairplay zu garantieren ist. Es müssen Regeln etabliert werden, die einen fairen Wettbewerb garantieren, damit nicht große Internetkonzerne die Regeln bestimmen.

Die Strategie betreffend den digitale Binnenmarkt möchte Maßnahmen setzen. Es geht um besseren Zugang für Verbraucher und Unternehmer am digitalen Markt, um beste Bedingungen für digitale Netze und Dienstleistungen und um das Erreichen der Wachstumspotenziale, die in der digitalen Wirtschaft liegen.

Ich nenne vielleicht einige Beispiele für Maßnahmen, die von der Kommission gesetzt werden: die Abschaffung von Geoblocking, die Modernisierung des Urheberrechts, um dieses auch in ein neues und digitales Zeitalter zu bringen, die Vereinheitlichung von Mehrwertsteuervorschriften, aber vor allem auch die Verhinderung von Mehrwert­steuer­hinterziehung im Onlinehandel, weil es eben um Fairplay geht.

Es geht darum, Datenschutz ernst zu nehmen, aber gleichzeitig auch sicherzustellen, dass innovative Unternehmen, die im Bereich der Datenwirtschaft oder im Cloud Computing tätig sind, nicht behindert werden.

Herr Staatssekretär Mahrer engagiert sich sehr im Bereich der digitalen Kompetenzen. In einer technischen Welt geht es auch darum, Algorithmen und die Funktionsweise von Computern kennenzulernen. Gleichzeitig muss, damit wir uns behaupten können, das Fachkräftepotenzial gestärkt werden.

Sicherlich schon einen Schritt weiter sind wir in Österreich dabei, Sicherheit in einer digitalen Umgebung zu gewährleisten – sei es für Unternehmer, für Verbraucher oder auch für die Infrastruktur. Ein Beispiel dafür ist die Initiative eines Cyber-Sicherheits­gesetzes.

Die EU-Kommission hat sicher die Zeichen der Zeit erkannt. Nichtsdestotrotz ist es mir auch ein Anliegen, zu betonen, dass diese Maßnahmen nicht zu mehr Bürokratie oder auch zu Regeln führen dürfen, die unsere KMUs nicht erfüllen können. Ich denke, da sind wir uns ziemlich einig. Ein Beispiel dazu kommt aus dem EU-Ausschuss des Bun­desrates, wo es letzte Woche um das Thema Vertragsrecht für digitale Inhalte und online bezogene Waren gegangen ist. Es ist in der Intention richtig, aber auf dem derzeitigen Stand noch nicht ausgereift.

Die Kritik ist berechtigt, wenn es darum geht, dass die Mühlen in Brüssel langsam mah­len. Ich kann aber nur betonen, dass wir in Österreich nicht stillstehen. Staats-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 198

sekretär Mahrer und Staatssekretärin Sonja Steßl haben für Österreich eine Digitale Roadmap initiiert, die im Februar präsentiert wurde. Derzeit findet ein öffentlicher Kon­sultationsprozess statt. Ich darf unsere Zuseherinnen und Zuseher ganz herzlich ein­laden, ihre Anliegen, Anregungen und Meinungen dabei einzubringen. Es geht um die digitale Zukunft Österreichs. Das ist ein Querschnittsthema und betrifft uns in allen Lebensbereichen. Somit muss auch die strategische Ausrichtung für Österreich gemein­sam erarbeitet werden. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.43


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


18.43.28

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe mir die Jahresvorschau zu den EU-Vorhaben insbesondere unter dem Gesichtspunkt des neuen Klimavertrages angeschaut. Der Klimavertrag wurde vor drei Monaten beschlossen, und man kann erwarten, dass sich das in so einer Jahresvorschau im ersten Jahr nach dem Beschluss ordentlich niederschlägt. Der Klimavertrag ist in der Vorschau zwar erwähnt, die nötigen Weichenstellungen finden sich aber nicht darin.

Welche Weichenstellungen sind notwendig? – Der Klimavertrag von Paris bedeutet: Das Zeitalter der fossilen Energien ist zu Ende. Bis zum Jahr 2050 müssen die Indus­trienationen aus den fossilen Energien ausgestiegen sein und die Energiewende ge­schafft haben. Das ist nicht mehr so lange. Das heißt, grundlegende Entscheidungen im Infrastrukturbereich, die wir jetzt treffen, wie, wo wir in die Infrastruktur investieren, entscheiden darüber, ob wir dieses Ziel erreichen oder nicht, ob wir es schaffen, dem Klimawandel zu begegnen oder nicht.

Herr Staatssekretär, ich habe mir von diesem Bericht und auch von der österreichi­schen Position ehrlich gesagt mehr erwartet. Im Kapitel zur Energieunion steht zum Beispiel, dass Österreich dem völlig zustimmt. Das ist schon einmal nicht geeignet. Die Europäische Energieunion geht, so wie sie jetzt konstruiert ist, von einem viel zu hohen Energiebedarf an fossilen Energien, auch an Gasreserven, aus. Obwohl Gas eine Brückentechnologie ist, ist das nicht kompatibel mit dem Vertrag von Paris.

Ich erwarte mir mehr Initiative von der Europäischen Union. Ich erwarte mir aber auch mehr Initiative von der österreichischen Bundesregierung dahin gehend, eine klare öster­reichische Position einzunehmen, um die Vorhaben – und darum geht es ja in diesem Bericht – auf EU-Ebene entsprechend in die richtige Richtung zu lenken, die mit den Zielen kompatibel ist, die bei der Klimakonferenz in Paris vereinbart wurden.

Ich erwarte mir aber auch entsprechende Initiativen in Österreich. Wir haben einige Anträge im letzten Wirtschaftsausschuss eingebracht, die alle vertagt wurden. Zeit für Vertagung haben wir jetzt aber nicht. Ich spreche zum Beispiel das Ökostromgesetz an. Aufgrund der aktuellen Marktlage besteht dringender Handlungsbedarf, wenn wir auch nur das erhalten wollen, was wir die Energiewende betreffend in Österreich schon erreicht haben. Bisher gab es dazu keine Gespräche hier im Parlament. Ich ersuche Sie dringend, in konstruktive Gespräche einzutreten. Wir sind dazu bereit.

Ein, zwei Sätze möchte ich noch zum Antrag der FPÖ zur Recycling-Baustoff Verord­nung sagen: Ich finde diesen Antrag nicht unbegründet. Es gibt sicher einige Fälle in diesem Bereich, wo man entbürokratisieren kann. Zum Beispiel bei der 100-Tonnen-Grenze ist es vielleicht im Vorhinein schwierig abzuschätzen, ob man darunterfällt oder


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 199

nicht, wenn es dann ums Recycling geht. Wir werden dem Antrag heute aber trotzdem nicht zustimmen, weil er uns im Begründungstext zu allgemein formuliert ist und allgemein von überbordenden bürokratischen Bestimmungen spricht. Eigentlich gute Dinge in der Verordnung könnten da auch darunterfallen. Deswegen stimmen wir heute so nicht zu. Wir sind aber gesprächsbereit, um Bereiche, in denen es wirklich unnöti­gen bürokratischen Aufwand gibt, zu regeln.

In vielen Bereichen sind also konstruktive Gespräche notwendig. Klimawissenschaftler sprechen jetzt gerade davon, dass der heurige Feber, der gerade zu Ende gegangen ist, die größte Klimaanomalie war, die es je gegeben hat. Wir haben also keine Zeit zu verlieren! Ich fordere Sie dringend auf, zu handeln und Initiativen zu setzen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.47


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


18.47.24

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich möchte die Schule für Sozialbetreuungsberufe Gallneukirchen, Behindertenarbeit und Behin­dertenbegleitung, aus Oberösterreich begrüßen, die gerade auf der Galerie anwesend ist! (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren, ich möchte gerne einige Worte zum Arbeitsprogramm der Kommission für 2016 sagen, da ich darin weitreichende Auswirkungen vor allem für die österreichische Stahlwirtschaft und insbesondere für die voestalpine sehe. Als Mitar­beiter eines der größten Unternehmen in Österreich ist es mir ein Anliegen, dass dieses Unternehmen unter Voraussetzungen am Welthandel teilnimmt, die einen fairen Wettbewerb gewährleisten. Nur so können die vielen tausend Arbeitsplätze in Öster­reich gehalten und gesichert werden.

Schauen wir uns das Arbeitsprogramm der Kommission genauer an! Es verstecken sich einige Punkte darin, die diesem fairen Wettbewerb entgegenstehen. Ganz beson­ders gefährlich ist das oft erwähnte Ziel einer Intensivierung der Handelsbeziehungen mit China. Meine Damen und Herren! Nicht nur dieses Vorhaben an sich ist gefährlich, sondern auch die Maßnahmen, mit denen eine derartige Intensivierung erreicht werden soll.

Da ist von einem Investitionsabkommen zwischen der EU und China die Rede, das dazu benützt werden soll, den chinesischen Markt als Marktwirtschaft zu deklarieren. Die Folgen eines derartigen Zugeständnisses wären weitreichend, vor allem für die Stahlindustrie – nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa. Es ist derzeit schon so, dass die Chinesen mit ihrem staatlich gestützten Billigstahl den europäischen Markt überschwemmen. Meine Damen und Herren, eine Tonne staatlich subventionierter Stahl kostet in China 220 €. Mit Strafzöllen und Lieferung frei Haus nach Europa kostet die Tonne 270 €. Im Vergleich dazu kostet eine Tonne in Europa erzeugter Stahl ohne Subventionen 330 €.

In den USA gibt es hohe Strafzölle auf den Chinastahl, dort kostet eine Tonne 500 €. Wenn man aber jetzt auch noch den Marktwirtschaftsstatus hat, dann gibt es auch keine rechtliche Grundlage mehr für Strafzölle oder für ein Antidumpingverfahren, meine Damen und Herren. Genau das ist aber gefordert, wenn der Stahlmarkt weltweit durch den chinesischen, unerlaubt subventionierten Billigstahl unterlaufen und untergraben wird.

Die Bedingungen, unter denen der chinesische Stahl erzeugt wird, meine Damen und Herren, sind weder mit arbeitsrechtlichen noch mit Umweltstandards in Europa oder weltweit vergleichbar. In der Stahlindustrie allein sind davon 380 000 Arbeitsplätze in


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ganz Europa betroffen, zirka 25 000 allein in Österreich. Nicht mitgerechnet sind da die Branchen, die von der Stahlindustrie direkt oder indirekt abhängig sind – in Österreich allein sind das 100 000 Arbeitsplätze, meine Damen und Herren.

Die Europäische Union muss in dieser Frage endlich aufwachen und aktiv werden. Es drohen wirklich massivste Arbeitsplatzverluste, europaweite Schließungen von Stahl­wer­ken und letztendlich der gesamten Zusammenbruch des Stahlsektors in ganz Europa.

Herr Staatssekretär, das, was wir jetzt brauchen, ist eine gemeinsame, solidarische europäische Stimme für unsere europäische Stahlindustrie. Ich fordere Sie bezie­hungs­weise auch den Herrn Bundesminister auf, dass Sie sich im Sinne der österreichi­schen, aber auch der gesamteuropäischen Stahlindustrie massiv gegen derartige Entwicklungen stemmen und schauen, dass der faire Wettbewerb in Europa gewahrt bleibt, dass ein Antidumpingverfahren beziehungsweise Strafzölle – wie es Amerika macht – in Europa eingeführt werden.

Nur so, meine Damen und Herren, sind die hochqualitativen Arbeitsplätze der voest­alpine samt ihrer top ausgebildeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer konkurrenz­fähig und können den Wohlstand in unserem Land sichern. (Beifall bei der SPÖ.)

18.51


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Staatssekretär Dr. Mahrer hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


18.51.30

Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter, ich kann Sie beruhigen: Wir Österreicher haben im letzten Halbjahr noch unter der luxem­burgi­schen Ratspräsidentschaft im Rahmen des Sonderrats, den es zum Thema Stahlin­dustrie im Wettbewerbsrat gab, eine Initiative mit anderen Ländern gestartet, wo wir uns genau dafür einsetzen, dass sich Verfahren im Rahmen der Europäischen Kom­mission, wenn es um Antidumpingvorhaben geht, nicht nur verkürzen, sondern die Kommission in Wirklichkeit auf das gesamte Portfolio der Möglichkeiten zugreift, wenn es darum geht, chinesischen Aktivitäten entgegenzuwirken.

Auch beim Rat vor zweieinhalb Wochen wurde auf mein Betreiben und das Betreiben anderer Kollegen explizit darauf hingewiesen, dass es notwendig ist, sich nicht nur die Fälle anzusehen und zu untersuchen, bei denen offensichtlich klar ist, wie da durchaus abseits der normalen Regularien vorgegangen wird, sondern auch diejenigen Fälle zu untersuchen, die bei der Kommission noch nicht anhängig sind, wo man aufgrund unterschiedlicher Informationen weiß, dass gewisse Verfahren unterlaufen werden. – Also wir kümmern uns darum, wir sind da federführend mit dabei.

Wir sind auch bei der Gruppe europäischer Länder, die sich massiv mit anderen Part­nern dafür einsetzt, dass Verfahren beschleunigt werden und dass auf alle Möglich­keiten im Rahmen des Portfolios der Kommission zurückgegriffen wird, um die euro­päische Stahlindustrie nicht unter Druck zu bringen, sondern – ganz im Gegenteil – sie in eine vernünftige Wettbewerbssituation gegenüber den Chinesen zu bringen. Sie haben vollkommen recht, aber Sie können sich darauf verlassen: Wir sind da schon aktiv.

Zweiter Punkt, zur Abgeordneten Brunner – ich habe das im Ausschuss auch schon gesagt und möchte das noch einmal im Plenum sagen –: Wir sind im Rahmen der Energieunion dazu verpflichtet, eine integrierte Klima- und Energiestrategie bis 2019 vorzulegen. Ich möchte das im Plenum noch einmal allen Abgeordneten publik machen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 201

Es gibt einen gemeinsam mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, dem Lebensministerium, erstellten, in Umsetzung befindlichen Prozess zur Erstellung einer integrierten Klima- und Energiestrategie. Dazu wird noch im April ein Grünbuch vorliegen. Es wird dann einen wirklich breiten Konsultationsprozess geben, wo dieses Grünbuch debattiert werden soll. Da werden all die Themen, die von Ihnen ange­sprochen worden sind, vor dem Hintergrund des Pariser Abkommens natürlich zu re­flek­tieren sein. Wir wollen dann spätestens im Spätherbst oder zu Beginn des Winters ein Weißbuch dazu haben. Es muss … (Abg. Brunner: Aber es gibt so viele Dinge, die wir vorher erledigen können, erledigen müssen!)

Sie haben vollkommen recht – ich habe das im Ausschuss auch schon gesagt –: Es gibt eine Reihe von Dingen, die man auch parallel debattieren kann, es gibt eine Reihe von Dingen, die in Abstimmung mit anderen Maßnahmen, die andere Ressorts betreffen, die andere Gebietskörperschaften betreffen, zu debattieren sind.

Aber um eine vernünftige breite Debatte zu führen und eine mittel- bis langfristige Planbarkeit und Rechtssicherheit für alle Partnerinnen und Partner, die davon betroffen sein werden – das sind ja nicht nur Stakeholder in der Wirtschaft –, umsetzen zu können, müssen diese Maßnahmen auch mitgetragen werden. Das geht nur, wenn es ein breiter, konsultativ offen durchgeführter Prozess ist. Den haben wir so angekündigt, den werden wir auch so durchführen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

18.54


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. – Bitte.

 


18.54.31

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! EU-Vorhaben Jahresvor­schau 2016, Verwaltungsbereich Wirtschaft: Ziel muss sein, den Wirtschaftsstandort Österreich zu festigen und weiter auszubauen – das haben wir schon gehört –, damit wir wettbe­werbs­fähig sind, richtig. Es sind auch gute Ansätze dabei, was die Energiewende betrifft, da erhofft man sich ja einiges.

Österreich hat im Sinne der EU-Vorhaben auf nationaler Ebene bereits verschiedene Projekte angemeldet. Man darf bei all dieser Euphorie über die neuen Projekte, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht vergessen, wer bei uns in Österreich das Rückgrat der Wirtschaft bildet: Das sind die vielen kleinen und mittleren Betriebe und Firmen mit ihren fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Man darf auch nicht vergessen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Sanktionen gegen Russland unserer Wirtschaft massiv geschadet haben, zum Beispiel der Autoindustrie, den Autozulieferern. Aber ganz besonders betroffen davon, Herr Präsident Schultes, ist unsere Landwirtschaft. Die leidet besonders unter diesen Sanktionen. Der Milchpreis ist im Keller. Die Einkünfte der Bauern gehen Jahr für Jahr zurück. Das ist eine ganz schlechte Entwicklung.

Der Bericht enthält auch Informationen betreffend das Freihandelsabkommen – ein gut gehütetes Geheimnis, das verheißt auch nichts Gutes. Wenn das Wirtschafts­minis­terium, Herr Staatssekretär, zum Ausdruck bringt, dass dieses Abkommen zwischen der EU und den USA Vorteile für Österreich bringt, dann kann ich das beim besten Wissen und Gewissen nicht hundertprozentig nachvollziehen. Es bringt sicher Nach­teile, und zwar mehr Nachteile als Vorteile, daher ist massive Vorsicht angebracht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 202

Ich lehne TTIP in dieser Form ab. – Herzlichen Dank. (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Franz und Gerhard Schmid.)

18.56


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Mag. Lettenbichler gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


18.56.42

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es hat mich einiger­maßen gestört und verwundert, wie vor allem in der ersten Hälfte dieser Debatte Kolleginnen und Kollegen seitens der SPÖ und der Grünen ein regelrechtes Bashing auf Großbetriebe und Banken abgefeiert haben. (Abg. Lichtenecker: Ist ja völliger Unsinn!) Ich glaube, ich darf das zurückweisen. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.)

Es ist nicht in Ordnung, dass man hier wesentliche Säulen unserer Wirtschaft der­maßen vorführt. Wir sollten lieber froh sein, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir internationale Global Player, wie die OMV oder die voestalpine in unserem Land haben, die natürlich auch mit Auslandsinvestitionen dafür sorgen, dass der Wirt­schafts­standort Österreich abgesichert wird. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.)

Ich bin auch froh, dass es Konzerne gibt, die in Österreich investieren und hier Hun­derte, Tausende Arbeitsplätze vor allem in der Industrie schaffen. Es bringt, glaube ich, nichts, dass wir große Betriebe gegen kleine Betriebe, Ein-Personen-Unternehmen gegen mittlere Betriebe ausspielen. (Abg. Pirklhuber: Es geht um Interessen, um demokratische Standards!)

Ich glaube, es ist genau unsere Stärke in Österreich, dass wir – wenn ich nach Tirol schaue – einen tollen Mix an Betrieben aus der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, des Tourismus, des Gewerbes, der Industrie, der Dienstleistungen und des Handels haben. Das ist unsere Stärke, die uns die Krise in den vergangenen Jahren besser als viele andere Staaten überwinden lassen hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Das zeigt einmal mehr, dass die Leitbetriebe-Strategie, die ja seitens der Grünen oftmals gescholten (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber) und die vom Vizekanzler eingeleitet wurde, sehr gut ist und auch weiterhin verfolgt wird und verfolgt werden sollte, denn ein Arbeitsplatz in einem solchen Großbetrieb löst weitere zwei bis drei Arbeitsplätze in KMU-Betrieben aus.

Einmal mehr sehen wir, dass diese Leitbetriebe wichtig für unsere Land sind (Abg. Lichtenecker: So ist es, Leitbetreibe sind wichtig …!) und dass wir auch neue Chancen ergreifen sollten. Eine neue Chance hat auch schon der Herr Staatssekretär angesprochen, dabei handelt es sich um die Digitalisierung – das Stichwort Industrie 4.0 ist in aller Munde.

Ich sehe da neue Chancen und keinen Jobkiller, wie er manches Mal an die Wand gezeichnet wird, sondern einen Jobmotor. Es ist wichtig, dass wir vernetzter denken und vernetzter arbeiten. Nur so können wir den steigenden globalen Wettbewerb bestehen. Diese Industrieunternehmen werden in diesem Bereich wiederum eine Schlüsselrolle einnehmen und dadurch wieder Investitionen auslösen, die wir dringend brauchen.

Eine weitere Chance – damit will ich schließen – stellt meiner Auffassung nach TTIP dar. Ich sehe in einem offenen und fairen Handel einen exzellenten Wachstumstreiber, wie es ihn auch schon in den Jahrhunderten zuvor gegeben hat. Ein qualitativ gut verhandeltes Freihandelsabkommen, welches unsere hohen Standards berücksichtigt, Forschung und Entwicklung anregt, KMUs stärkt und den Marktzugang unserer


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 203

leistungsstarken Wirtschaft in den USA erleichtert, kann nur zu unserem Vorteil ge­reichen.

Wir werden uns dafür natürlich hier im Hohen Haus, in Brüssel, aber auch gegenüber den USA einsetzen. (Zwischenruf der Abg. Lichtenecker.) Panikmache, wie wir sie immer wieder hören, und das Verbreiten unbegründeter Ängste, sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen, sind da nicht hilfreich! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.00


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winzig zu Wort. – Bitte.

 


19.00.25

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Der Außenhandel spielt für die wirtschaftliche Zukunft Europas eine große Rolle, denn das Wachstum der Union wird auch in den nächsten Jahren unter dem vom Jahr 2007 liegen.

Wir brauchen das auch zur Aufrechterhaltung unseres Wohlstandes und unserer Sozialsysteme. Als kleine Volkswirtschaft können wir uns den globalen Entwicklungen nicht verschließen. Unsere Exportrekorde in den letzten fünf Jahren zeigen ja auch, wie erfolgreich wir sind. Daher haben auch die Handelsabkommen eine große Wirkung für uns.

Obwohl die Position Österreichs bei TTIP ganz klar definiert ist – die Einhaltung der Standards, die Berücksichtigung des „right to regulate“, nach dem der Staat immer die Standards erhöhen kann, ein zeitgemäßer Investitionsschutz, ein echter Marktzugang für KMUs –, herrschen Mythen vor.

Mich würde erstmals – nachdem ich heute gehört habe, das die Grünen den Leser­raum noch nie besucht haben – interessieren, wer überhaupt das Verhandlungsmandat gelesen hat, das der Rat an die Kommission übergeben hat, denn darin sind schon die Leitlinien gezogen. (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe.)

Beim Kollegen Weninger hat mich die Aussage über den Wasserverkauf – was ja Herr Vizekanzler Mitterlehner damals im Ausschuss eigentlich als Scherz gemeint hat – etwas verwundert, denn der Bürgermeister von Hallstatt – ein SPÖ-Bürgermeister – rühmt sich ja in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ seitenweise, dass er sein Wasser nach New York verkauft. Also auch das sollten Sie vielleicht einmal hinter­fragen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber mich wundert nichts mehr, denn das Diskussionsniveau hier im Haus bei diversen Aussprachen mit der Kommission ist wirklich eigenartig:

Da werden Exporte und Investitionen vermischt. Da wird auf einmal von Inves­titions­schutz bei Exporten gesprochen.

Da wird der öffentliche Beschaffungsmarkt mit der Daseinsversorgung verwechselt.

Da wird das State-State Dispute Settlement-Kapitel im Leseraum mit dem ISDS, mit dem klassischen Investitionsschutz, also Investor-Staat, verwechselt.

Da braucht man sich wirklich nicht zu wundern, wenn Mythen entstehen und wenn Menschen verunsichert sind.

Die USA ist unsere zweitwichtigste Exportnation und unsere KMU-Betriebe sind aufgrund des kleinen Binnenmarktes exportaffiner als unsere amerikanischen Kolle­gen. Auch nach Abschluss von TTIP dürfen in der EU nur Waren zirkulieren, die den EU-Vorschriften entsprechen beziehungsweise die anerkannt sind.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 204

Herr Pirklhuber, Sie waren dabei, als Herr Schlegelmilch, der Direktor der Kommission, bestätigt hat, dass es nur eine Harmonisierung nach oben geben kann. (Abg. Pirklhuber: Ja!) Also es gibt keine Äquivalenz für Chlorhuhn und es gibt auch keine Äquivalenz für unser antibiotikabehandeltes Fleisch. (Abg. Pirklhuber: … gegenseitige Anerkennung von Standards!)

Die österreichischen Betriebe haben Investitionen von 5,5 Milliarden € in den USA, diese müssen auch vor Diskriminierung, sprich vor Enteignung ohne Gegenwert, geschützt werden. Da geht es nicht um die Großinvestitionen der voestalpine in den USA. Es gibt auch viele Kleinbetriebe. Wenn ich nur einen aus meinem Bezirk her­nehme, der in Hollywood ein Bierbeisl gegründet hat, wo er die Promis abfüttert, und der gerade dabei ist, eine Bäckereikette aufzubauen. (Die Rednerin hält ein Exemplar einer Zeitung mit der Schlagzeile „Oberösterreicher bekocht Hollywood“ in die Höhe.)

Auch diese Betriebe müssen eine Chance haben. Daher ist es wichtig, dass jetzt ein neuer Investitionsschutz-Entwurf mit einem bilateralen Investitionsgericht und mit einer Berufungsinstanz in die Verhandlungen eingebracht wurde. (Abg. Pirklhuber: Gehen Sie zu einer Veranstaltung der Bauern und erklären Sie ihnen das!)

Ganz entscheidend hoffe ich, dass die vom Bundeskanzleramt (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber) – dem Bundeskanzleramt kann man ja wirklich keine Wirtschaftsaffinität vorwerfen – in Auftrag gegebene WIFO-Studie, wo die positiven Effekte für eine Viel­zahl von Branchen erhoben und auch bestärkt wurden, zur Versachlichung der Debatte beitragen wird. Das WIFO betont auch, dass wir aufgrund unserer wirtschaftlichen Verflechtung mit Deutschland durch dessen US-Exporte beflügelt werden.

Unser Herr Vizekanzler hat sich federführend für einen neuen Investitionsschutz ein­gesetzt und auch dafür, dass die Beibehaltung unserer Standards gewährleistet ist. Ich bin dafür dankbar, dass wir eine klare Position haben – die habe ich schon erwähnt – und dass die auch von unserem Herrn Vizekanzler in Brüssel vertreten wird. (Beifall bei der ÖVP.)

19.05


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler zu Wort. – Bitte.

 


19.05.20

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! (Der Redner stellt eine Tafel, auf der ein Osternest mit bunten Ostereiern, Blumen sowie eine Frau, die zwei Eier in der Hand hält, abgebildet sind, vor sich auf das Rednerpult. – Ruf bei der FPÖ: Die ist fescher als du!)

Das ist eine höchst interessante Diskussion, die wir jetzt zu diesem Thema EU-Wirt­schaftswachstum und zu dem im Bericht bemängelten schwächelnden Wirtschafts­wachstum geführt haben. Ich darf vielleicht eine Anmerkung machen, weil es, glaube ich, sehr wichtig ist, dass man die Hintergründe betrachtet, weil angesprochen wurde, dass in Europa im Umfeld bessere Zahlen, bessere Daten vorhanden sind.

Jawohl, es war Bundeskanzler Schröder in Deutschland, der zeitgerecht die Agen­da 2010 ausgerufen hat, der die nötigen Wachstumsschritte in Deutschland gesetzt hat, wo jetzt Mama Merkel die Erfolge erntet und gerade dabei ist, wieder die anderen Maßnahmen zu setzen. (Zwischenruf der Abg. Moser.) Jetzt muss man wirklich sagen, da ist auch die interessante Analyse in der „Presse“ vom 23. Dezember mit diesem Vergleich der fünf wesentlichen Punkte zwischen Deutschland und Österreich als Wirt­schaftsstandort.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 205

Herr Staatssekretär, wir waren gemeinsam – ebenso Präsident Auer – auf einer ganz interessanten Veranstaltung der Industriellenvereinigung in der Raiffeisenlandesbank in Linz, nämlich bei der Verleihung des Corona-Preises für die erfolgreichsten Unter­nehmen in Österreich. Ich darf ein bisschen erzählen.

Der Kollege hat gesagt, dass wir ja – ganz interessant – keine Bananenrepublik sind, wofür Kollegin Dietrich in diesem Haus schon einmal einen Ordnungsruf bekommen hat. Niemand berühmterer als der Vorsitzende der KTM-Werke, Stefan Pierer, hat darauf hingewiesen, dass Österreich mit dieser Überbürokratisierung, dem Zunehmen der Vorschriften, zur Bananenrepublik verkommt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Und er hat noch etwas Wesentliches gesagt, nämlich dass wir bei 52 Prozent nicht mehr von Lohnnebenkosten reden, sondern von Lohnhauptkosten. Das sind die Standort­nachteile, die wir haben. (Beifall beim Team Stronach.)

Das sind die entscheidenden Dinge, ob Unternehmen bei uns in Österreich investieren oder ob sie sich für einen anderen Standort entscheiden, wenn in der EU im Durch­schnitt 41 Prozent Lohnnebenkosten sind und bei uns 52 Prozent Lohnhauptkosten. Bitte gerne – der Herr Staatssekretär ist Ohrenzeuge – das mit den zuständigen Leuten zu besprechen!

Weil immer wieder die Russland-Sanktionen angesprochen werden: Ich glaube, das ist eine ganz dankbare Ausrede. Das ist immer so super, wenn es wo ein Problem gibt, dann heißt es, das hätten wir nicht, wenn wir die Russland-Sanktionen nicht hätten. Dann ist unser äußerst erfolgreicher Agrar- und Umweltminister gleich ein bisschen weiter in den Iran geflogen und mit der großartigen Botschaft heimgekommen, dass der Iran so einen wahnsinnigen Bedarf an Agrargütern hat, dass das der neue Zu­kunftsmarkt wird.

Ein bisschen peinlich war es nur zwei Tage später, als Putin gesagt hat, dass er in den Iran exportieren wird. Das ist ja wunderbar. Und wenn man bedenkt, dass Österreich 2 Prozent der Milchmenge erzeugt, dann verwundert es niemanden, dass man sagt: Was gibt es da für ein Gezerre und für ein Gezeter? Wir können ja nicht einmal den eigenen Markt versorgen, wenn man eine faire Wirtschaft – die so oft angesprochen wurde – mit Ethik macht, wenn man wirklich dort, wo Österreich draufsteht, Österreich reingibt.

Deshalb ist es ganz wichtig – genau im Hinblick auf TTIP, genau im Hinblick auf die Globalisierung –, dass wir da viel ehrlicher werden, dass wir mehr schauen, dass – Frau Kollegin Winzig, das trifft ganz besonders die KMUs – sie bei den Konzernen, wenn sie hinliefern, ihre Produkte dort anbieten und verkaufen können. Das ist das Wesentliche bei den Konzernen.

Ich bedanke mich beim Kollegen Keck, dass er diese Darstellung der Stahlindustrie gebracht hat, weil ich gesehen habe – als Direktor Eder diese 26 Prozent Sonderzoll für Stahl gefordert hat –, dass die Industrie mit ähnlichen Problemen wie die Land­wirtschaft kämpft. Aber wir müssen schauen, was diese Konzerne mit ihren Gewinnen machen. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.)

Es hilft ja noch nichts, wenn sie zwar in Österreich produzieren, aber dann den Gewinn abziehen. Die Borealis zum Beispiel muss 450 Millionen € nach Dubai liefern. Ich glaube, da müssen wir viel mehr schauen, dass wir von diesen Gewinnen wirklich auch den nötigen Anteil am Produktionsstandort sichern. (Beifall beim Team Stronach.)

Zu den Experten äußere ich mich nicht. Herr Präsident Schultes, mich wundert es, dass du dich immer noch auf die Experten verlässt. Du solltest an die Veranstaltungen denken, die die Experten zum Ende des Milchkontingents, zur Milchquote abgehalten haben, was für riesige Chancen da kommen. Ich zitiere Präsidenten Reisecker auf der


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 206

Tagung im Schloss Mondsee: 20 20 60, 20 Prozent mehr Menge, 20 Prozent besserer Preis und 60 Prozent mehr Export. Ich weiß nicht, wo die Experten jetzt sind, aber mit solchen Experten haben wir keine Hoffnung.

Ich verzichte auf die Zeit, im Leseraum TTIP zu lesen, denn es wird wahrscheinlich keinem der hier anwesenden Abgeordneten, Kolleginnen oder Kollegen möglich sein, das zu durchschauen. Ich glaube, dazu müsste man Jurist sein, müsste Praktiker sein und überhaupt internationales Völkerrecht studiert haben. Ich traue mich da nicht drüber, ich bin nicht der, der sich rühmt und sagt, ich war schon drinnen. Ich glaube, da müssen wir uns wirklich auf unsere Juristen verlassen können, da müssen wir uns darauf verlassen können, dass die Republik mitentscheiden kann und dass eine faire Entscheidung kommt.

Deshalb komme ich wieder zurück auf Österreich (Ruf bei der ÖVP: Na eh!), weil ja der Standort Österreich ein ganz edler ist. Ich möchte ihn, was ich heute Vormittag schon gesagt habe, als Aushängeschild positionieren, als Vorzeigeland in der EU, als Vorzeigeland für die Welt, mit einer Wirtschaft mit Ethik, mit einer Kreislaufwirtschaft, die natürlich auch im Export erfolgreich ist, wie der Herr Staatssekretär schon erwähnt hat. (Der Redner hält einen Eierkarton mit der Aufschrift „Green Restaurants“ in die Höhe.)

Ich habe ein kleines Beispiel mitgenommen. Es ist wirklich innovativ, wenn in einer amerikanischen Verpackung, auf der dann auch noch „Green Restaurants“ steht, dänische Eier drinnen sind. (Der Redner dreht die Tafel, die er zuvor auf das Red­nerpult gestellt hat, um. Auf deren Rückseite sind die belgische Fahne und eine Tabelle mit Preisen für belgische Eier abgebildet.) Da passt der belgische Eierpreis noch dazu, deshalb dieses Bild. Da kosten 100 Stück Käfigeier 4,20 €.

Kolleginnen und Kollegen, dann wissen wir, in welcher Welt wir leben, auch weil jetzt Ostern vor der Tür steht und weil im Ganzen wieder 70 Millionen Eier angeboten wer­den, die natürlich aus kontrollierter Haltung sind. Wir müssen aber über das Flüs­sig­ei reden, wir müssen über das Trockenei reden, wir müssen über die Großküchen reden, und wir müssen über die Industrie reden. Hiebei ist es entscheidend, dass wir eine Deklaration bekommen, damit wir wissen, woher die Eier stammen, denn Flüssigeier stammen bereits aus China oder Mexiko.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kenn­zeichnung von verarbeiteten Eiern“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich im Sinne der Konsumenten für die Angabe der Herkunft der Eier sowie der Haltungsform der Legehennen auch bei verarbeiteten Eiern und Eiprodukten auf EU-Ebene einzusetzen und entsprechende legislative Schritte auf nationaler Ebene zu setzen.“

*****

Ich bin überzeugt, wir finden da eine breite Zustimmung. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

19.13



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 207

Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Steinbichler soeben einge­brachte Entschließungsantrag, der bei großzügiger Auslegung der Geschäftsordnung zum gegenständlichen Tagesordnungspunkt passt, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leo Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Kennzeichnung von verarbeiteten Eiern“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 17 „Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend EU-Vorhaben Jahresvorschau 2016, Verwaltungsbereich Wirtschaft (III-237/1017 d.B.)“ in der Sitzung des Nationalrates vom 16.3.2016

Eier werden in vielen Lebensmitteln verwendet. Derzeit deckt Österreich nur 84 % des Bedarfs durch Eigenproduktion, der Rest wird importiert. (Statistik Austria, Versor­gungs­bilanzen, erstellt am 28.08.2015) Für die Frischeier (= Schaleneier) gelten seit 2004 innerhalb der Europäischen Union genaue Kennzeichnungsregeln. Jedes Scha­lenei wird bedruckt und der aufgedruckte Code gibt Auskunft über die Haltungsform und Herkunft des Tieres sowie die Betriebsnummer bekannt. So ist es möglich, bei den Schaleneiern genau nachzuvollziehen, wo und wie sie hergestellt wurden.

Für die verarbeiteten Eier gelten diese Regeln nicht. (https://de.wikipedia.org/wiki/Eierkennzeichnung#cite_note-eu-vermarktungsnormen-1) Die derzeitige gesetzliche Regelung sieht keine Kennzeichnung vor. Österreich war ein Vorreiter beim Käfighaltungsverbot und hat sich für bessere Haltung der Hennen eingesetzt. Die österreichischen Konsumenten sind sensibilisiert und achten auf ihre Ernährung. Sie verlangen immer genauere Informationen, auf die sie selbstverständlich ein Recht haben.

Es ist genauso wie bei den Frischeiern auch bei den Eiprodukten nötig, die Herkunft und die Haltungsform zu kennzeichnen, denn in der Verarbeitung werden nicht nur Frischeier, sondern zum großen Teil auch Eiprodukte aus aller Welt verwendet (z.B. Trockenei, tiefgefrorenes Ei, Flüssigei,…). Beispielsweise wurde berichtet: „Eier wer­den nicht nur aus Polen, aus der Ukraine, aus Indien und aus Argentinien importiert, sondern Eipulver und Flüssigei kommen sogar aus China und Mexiko.“ (Krone, Samstag – 12.03.2016, Seite 30 „Ostereier aus Indien?!“) Beachtlicherweise können diese verarbeiten Produkte importierte Käfigeier beinhalten, obwohl diese Haltungs­form bei uns verboten ist; konsequenterweise sollte man auch die Produkte aus dieser Haltungsform verbieten oder mindestens als solche kennzeichnen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich im Sinne der Konsumenten für die Angabe der Herkunft der Eier sowie der Haltungsform der Legehennen auch bei


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 208

verarbeiteten Eiern und Eiprodukten auf EU-Ebene einzusetzen und entsprechende legislative Schritte auf nationaler Ebene zu setzten.“

*****

19.14.01

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie, den vorliegenden Bericht III-237 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend One in – One out.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Dringlichkeit der Beseitigung der überbordenden bürokratischen und kostentreibenden Bestimmungen der Recycling-Baustoff Verordnung, BGBl. II Nr. 181/2015.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kennzeichnung von verar­beiteten Eiern“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist wiederum die Minderheit. Der Antrag ist abge­lehnt.

19.14.4518. Punkt

Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 1568/A(E) der Abgeord­neten Gabriel Obernosterer, Mag. Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Nutzbarmachung des Alternativfinanzierungsgesetzes für die österreichische Tourismus- und Freizeitwirtschaft (1025 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Schellenbacher. – Bitte.

 


19.15.20

Abgeordneter Ing. Thomas Schellenbacher (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen und auf der Besuchergalerie! Wir haben heute schon sehr viel über die besonderen Leistungen der kleinen und mittelstän­dischen Unternehmen gehört. Die KMUs sind eben ein wichtiger Faktor, der Motor, das Herz und die Seele der Wirtschaft, aber im Besonderen ist dieser Faktor für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft und für die Gastronomie wichtig.

Im Gedanken daran, dass Familien dahinterstehen und dass das heute auch schon angesprochene Finanzierungsdesaster, das Problem der Kreditklemme, ein beson­de­res Risiko für die Familien und für diese Unternehmen darstellt, ist es mir im Beson­deren wichtig, darauf hinzuweisen, dass es wirklich keine richtigen Alternativen zu der


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 209

Bankfinanzierung gibt. Es wird nur mehr ein Drittel der Familienbetriebe der KMUs über Banken finanziert, der Rest finanziert sich sozusagen aus dem Cashflow, finanziert sich aus Lieferantenkrediten beziehungsweise aus erspartem, versteuerten Familien­geld, das für diese Tätigkeiten herangezogen wird.

Bekannterweise werden 60, 70, 80 Stunden und mehr für das aufgewendet, und daher ist eben dieser Entschließungsantrag meiner Meinung problematisch. Wenn man sich überlegt, eine Registrierkasse ist für viele Kleinst- und kleine Wirte, Familien ein Problem. Dann sprechen wir von alternativen Finanzierungsformen, von Crowdfunding. Diese Familien, diese Personen sind völlig überfordert.

Man muss sich vorstellen, für diese Bereiche gibt es nach meiner Recherchen zwei lokale Plattformen, die auch die Themen Tourismus, Wirtschaft und Gastronomie behandeln, der Rest dieser alternativen Finanzierungsformen beziehungsweise diese Plattformen des Crowdfunding befassen sich mit dem gar nicht. Daher ist das Problem, dass sich die Investoren mit den Firmen nicht zusammenfinden. Es ist global aus dem Zusammenhang gerissen, es gibt keine Sicherheiten.

Das System funktioniert für einen ganz, ganz kleinen Teil des Tourismusbereichs. Nehmen wir das Hotelprojekt von Hermann Maier mit diesen Billighotels: Die haben natürlich eine Chance aufgrund der Bekanntheit, aufgrund der Tatsache, dass wirt­schaftlich eine Basis besteht, aber der Wirt in St. Aegyd, der Karl-Wirt in Türnitz, der bei diesen Dingen keine Erfahrung hat, wird keine Chance haben.

Daher mein Ersuchen: Es muss die Politik dahinterstehen, dass die Banken unsere KMUs, die Wirte und Gastronomen finanzieren. (Beifall bei der FPÖ.)

19.19


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hanger. – Bitte.

 


19.19.05

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Es geht um die Nutzbarmachung des Alternativfinanzierungsgesetzes für die Tourismusbranche. Da möchte ich einleitend damit beginnen, dass ich unserem Herrn Staatssekretär sehr herzlich danke. Er war der wesentliche Motor dahinter, dass wir im Herbst vergangenen Jahres dieses Alter­nativfinanzierungsgesetz haben beschließen können, denn es bietet auch Chancen für die Tourismuswirtschaft. Was sind die großen Vorteile?

Der erste große Vorteil ist der, dass es eine Finanzierungsmöglichkeit abgesehen von der herkömmlichen Eigenkapitalfinanzierung ist, die gerade in der Tourismusbranche manchmal natürlich sehr herausfordernd ist. Fremdkapitalfinanzierung ist auch schwierig. Wir haben strenge Bankenregulierung. Herr Kollege von der Freiheitlichen Partei, ich möchte nur daran erinnern, dass gerade das Desaster, das Sie in Kärnten angerichtet haben, wesentliche Ursache dafür ist, dass wir heute diese strengen Ban­ken­regulierungen haben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Schellenbacher. – Abg. Hafenecker: … Spindelegger!) Es ist eine interessante Finanzierungsmöglichkeit. (Abg. Hafenecker: So ein Blödsinn!) – Es ist kein Blödsinn, das ist die absolute Wahrheit, das möchte ich ausdrücklich betonen.

Ein zweiter, ganz wesentlicher Vorteil ist der, dass Crowdfunding natürlich eine Crowdfunding-Kampagne braucht. Es funktioniert nur dann, wenn es gelingt, die Crowd für regionale, für Tourismusprojekte zu mobilisieren. Das heißt, ein Crowdfunding-Projekt ist auch ein Markttest. Wenn ein Crowdfunding-Projekt nicht erfolgreich ist, ist das vielleicht auch ein Zeichen dafür, dass das Projekt an sich nicht wirklich erfolgreich sein kann.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 210

Zum Dritten: Crowdfunding kann Identität erzeugen. Wenn es zum Beispiel gelingt, ein Tourismusprojekt regional mit der Crowd, mit vielen aus der Region zu finanzieren, dann ist man auch Bestandteil dieses Projekts, und es gibt eine höhere Identifizierung.

Ein vierter, ganz wesentlicher Vorteil von Crowdfunding liegt im Marketing. Eine erfolg­reiche, gute Crowdfunding-Kampagne erzeugt auch Aufmerksamkeit, und das kann für das Projekt an sich auch sehr gut sein.

Was braucht es meiner Meinung nach noch in der Zukunft? – Es braucht in erster Linie Information. Crowdfunding ist auch ein bisschen ein sperriges Thema, ein Thema, das man nicht ganz so einfach erklären kann. Es gibt unterschiedlichste rechtliche Aus­prägungen, vom ganz einfachen Crowdfunding bis hin zum Crowdinvesting. Ganz wichtig ist auch, dass es Referenzprojekte gibt.

Ich habe im Vorfeld meiner heutigen Parlamentsrede ein bisschen recherchiert. Gerade für die Tourismusbranche gibt es mittlerweile interessante Plattformen. „hotel-crowdfunding.com“ ist zum Beispiel eine eigene Plattform, die dafür geschaffen worden ist, um gerade auch Projekte in der Tourismuswirtschaft zu forcieren. Ich kann alle Beherberger einladen, die auf der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten sind, sich mit dieser Möglichkeit auseinanderzusetzen.

Abschließend will ich auch nicht verhehlen, wenn wir von Crowdfunding reden: Es bietet viele Chancen, es bietet viele Möglichkeiten, aber es bleibt auch Risikokapital. Das soll man nicht verhehlen, aber wie schon erwähnt: Ich glaube, es bietet Chancen. Wir müssen diese Chancen nur ergreifen, die Tourismuswirtschaft ist dazu herzlich eingeladen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.22


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


19.22.02

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wenn jemandem besonderer Dank gebührt, dass es dieses Crowdfunding, also diese alternativen Finanzierungsformen, gibt, dann ist es wohl Heini Staudinger, dieser Waldviertler Schuhhersteller, dessen Schuhe ich heute zufällig trage; das war nicht beabsichtigt.

Ziel dieses Antrags ist, dass das Ministerium diese alternativen Finanzierungsformen für die Tourismuswirtschaft prüft und, wenn sie geeignet sind, dafür Werbung macht. – Herr Kollege Obernosterer, ich halte das für eine Scheinaktivität. Es ist die ureigenste Aufgabe gerade der Vertreter der Tourismuswirtschaft, vor allem in der Kammer, solche Dinge zu tun. Das Parlament hat nach einer Vorlage von Ihnen, Herr Staats­sekretär, seine Aufgabe erfüllt und hat die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaf­fen. Jetzt sollen die Interessenvertreter das doch gefälligst machen, und es soll nicht das Ministerium da jetzt Aktivitäten entwickeln. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schellhorn.)

Deshalb, meine Damen und Herren, lehnen wir diesen Antrag ab, weil er eine Schein­aktivität vortäuscht.

Was mich aber erstaunt: Wir hatten im Ausschuss einen Antrag des Kollegen Haider, wozu es einen gleichlautenden, sogar einstimmigen Antrag aus Kärnten gibt, ein Prob­lem der Tourismuswirtschaft, der Gastronomie, der Hotellerie zu lösen, dem viele tagtäglich begegnen. Wir hatten sogar eine Sitzungsunterbrechung, weil alle gesagt haben, das werden wir wohl zusammenbringen.

Es geht darum, dass es möglich sein sollte, dass Angehörige von solchen Betriebs­inhabern, von Gasthäusern und Hotels, unentgeltlich, kurzfristig und aushilfsweise im


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 211

Betrieb mithelfen. Das ist nur aufgrund einer Sozialpartnereinigung möglich, aber da fehlen noch immer die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Das ist ein Riesenärgernis. Alle sagen, das kleine Ding werden wir wohl lösen können, aber nein, es war wieder nicht möglich.

Ich meine, wenn wir dem Tourismus helfen und die Kooperation innerhalb einer Familie stützen wollen – und es ist etwas vom Natürlichsten, dass man in einem Familien­betrieb einander hilft, wenn Not an der Frau/am Mann ist –, dann werden wir wohl in diesem riesigen Parlament so eine klitzekleine Frage lösen können. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Schellhorn.)

Daher, meine Damen und Herren von allen Fraktionen: Bitte, schaffen wir das bis zum Sommer, damit wir dieses unwürdige Schauspiel, das zu wahnsinnigen Kontrollen und oft auch Strafen führt, endlich beseitigen und eine klare, praxisnahe, familienfreund­liche Regelung zusammenbringen!

Herr Staatssekretär, Sie haben uns Grüne in dieser Frage jedenfalls als Partner. Ich hoffe, das bringen wir zusammen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.25


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


19.25.11

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! In der österreichischen Volkswirtschaft nimmt der Touris­mus mit den Unternehmerinnen und Unternehmern unumstritten eine wichtige Stellung ein, und Österreich hat sich kontinuierlich zu einem Tourismusland entwickelt.

Über 90 Prozent aller Unternehmen – das haben wir heute schon des Öfteren gehört – stellen die kleineren und mittleren Unternehmen dar, zwei von drei Arbeitsplätzen werden auch von den KMUs geschaffen. Genau sie tragen wesentlich zum Wirtschafts­wachstum, zur unternehmerischen, um es so zu sagen, Kreativität, aber auch zum nationalen Wohlstand bei. Daher ist es für mich unerlässlich, dass gerade diesen Betrieben Beachtung geschenkt wird und auch auf ihre Bedürfnisse eingegangen wird.

Wesentlich dabei ist die Verbesserung der Unternehmensfinanzierung, denn zu den zentralen Problemen der KMUs gehört ein eingeschränkter Zugang zu externen Finanz­mitteln. Der Mangel an Finanzmitteln wird daher auch häufig als Hindernis für das Wachstum von KMUs genannt. Positiv zu werten ist in diesem Zusammenhang die Bereitstellung zinsgünstiger Kreditmittel über die Österreichische Hotel- und Touris­musbank Gesellschaft. Darüber hinaus – und das haben wir auch schon von meinen Vorrednern gehört – wurde ja mit 1. September 2015 das Alternativfinanzie­rungs­gesetz geschaffen. Gerade dieses Gesetz ermöglicht eine neue Form der Unternehmens­finanzierung durch Crowdfunding.

Crowdfunding ist meiner Meinung nach eine schlaue, zusätzliche Alternative der Mög­lichkeit für die Realisierung von Projekten und für KMUs, die sich – und das wissen wir alle – oft sehr schwer tun, anstehende Renovierungen zu finanzieren. Aber auch für Jungunternehmer ist gerade Crowdfunding sicher eine sehr gute, zusätzliche Möglich­keit, um zu finanzieren.

Die Vorteile von Crowdfunding sind, die Eigenkapitalquote des Unternehmens wird erhöht, neueste Webtechnologie ermöglicht die direkte Kommunikation und Interaktion zwischen Geldgebern und Unternehmen, und der Unternehmer oder die Unterneh­merin behält seine/ihre volle Entscheidungsfreiheit.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 212

Man kann vereinfacht sagen, Crowdfunding regelt so wenig wie möglich, sollte aber doch den Teilnehmerinnen/den Teilnehmern die notwendige Transparenz über ihre Kapitaleinlage geben. Laut Wirtschaftskammer geht ja hervor, dass die Finanzierung durch Crowdinvesting gegen Ende 2015 deutlich zugenommen hat.

Ich bin überzeugt, dass es künftig eine weitere Steigerung aufgrund des Alternativ­finanzierungsgesetzes geben wird. Potenzial nach oben ist sicher noch offen, das wissen wir auch alle. Dieses Gesetz ist ein fortschrittlicher Schritt in die richtige Rich­tung. Es ist eine gute Basis, um Crowdfunding langfristig als zusätzliches Finanzie­rungs­instrument in Österreich zu etablieren.

Ich bin schon der Meinung, dass dieser Antrag eine Berechtigung hat, auch wenn Sie, Herr Kollege Willi, das nochmals angesprochen haben und die Oppositionsparteien das im Ausschuss nicht so gesehen haben, denn ich meine schon, dass Unternehmen oft gar nicht wissen, dass Crowdfunding für sie als Finanzierung auch in Frage kommt. Es muss schon vermehrt informiert, geprüft, aber auch bekannt gemacht werden, damit Crowdfunding kein Randphänomen bleibt.

Laut OECD und EU-Kommission hat Österreich das wirtschaftsfreundlichste Crowd­funding-Gesetz in Kontinentaleuropa und nimmt somit, und das traue ich mich schon zu sagen, eine Vorreiterrolle ein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.29


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 


19.29.33

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte etwas zum Redebeitrag des Kollegen Georg Willi ergänzen, der ja eine Person erwähnt hat, die maßgeblich beteiligt war, dass wir dieses Crowdfunding-Gesetz haben. Ich möchte das ein bisschen korrigieren, nicht nur ergänzen. Wenn wir irgendjemandem zu Dank verpflich­tet sind, dann sind das Organisationen, wie zum Beispiel die AustrianStartups oder die Austrian Angel Investors Association, die sich mit der FMA ins Einvernehmen gesetzt haben, so, wie die Crowdinvesting-Plattformen, die schon in diesem Bereich arbeiten und Vertragswerke ausgearbeitet haben, mit denen man wirklich arbeiten kann, und nicht einfach nur provoziert haben.

Im Vorjahr ist das Alternativfinanzierungsgesetz nach einer langen Wartezeit beschlos­sen worden. Während dieser langen Wartezeit hätten natürlich auch die Vertreter der Regierungsparteien dieses Gesetz hie und da einmal durchlesen können. Das ist offensichtlich nicht passiert, was man erkennen kann, wenn man sich den Antrag ansieht, der hier vorliegt. Ich zitiere daraus: „Der Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft wird ersucht, die Möglichkeiten, die das AltFG für die Touris­musfinanzierung bietet, gemeinsam mit der ÖHT zu prüfen und in weiterer Folge die Tourismuswirtschaft darüber zu informieren.“

Das ist interessant. Man ist also draufgekommen, dass Crowdfunding nichts Böses ist, sondern etwas durchaus Sinnvolles, eine Finanzierung, die funktioniert, wie auch die letzten Monate zeigen. Das heißt, es gibt eine positive Affirmation im Weg des parla­mentarischen Antrags. – Harald, was sagst du dazu? Ich meine: Sehr geehrter Herr Staatssekretär, ich bin gespannt auf Ihre Ausführungen zu diesem Antrag. Das, was da passiert, klingt ein wenig redundant.

Mir drängt sich allerdings ein sehr fürchterlicher Verdacht auf, warum dieser Antrag tatsächlich gestellt wird. Er sieht nämlich aus wie ein parlamentarisches Bestellformular für Werbung für die Regierung. Gerade gestern sind in dem Zusammenhang die neuen Zahlen veröffentlicht worden: 188 Millionen € macht die direkte Presseförderung aus,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 213

die vor allem an zeitungsähnliche Boulevardmedien fließt. Also durch diesen Vorgang werden einfach sinnlose Kommunikationsausgaben parlamentarisch beschlossen und gerechtfertigt. Da sollten wir natürlich nicht mitmachen.

Es gibt ein Alternativfinanzierungsgesetz, das haben wir, glaube ich, sogar einstimmig beschlossen. Wir brauchen hier im Parlament keine Werbemaßnahmen dafür zu be­schließen. Allerdings gibt es tatsächliches Verbesserungspotenzial im Alternativfinan­zierungsgesetz: drei Entschließungsanträge habe ich mitgebracht. Erstens, zum Bereich der Mitarbeiterbeteiligung: Da geht es um Sweat Equity, wie es Neudeutsch heißt, das bedeutet, dass Gesellschafter – oder zukünftige Gesellschafter – ihren erarbeiteten Anteil dann auch steuerschonend in Unternehmensanteile übertragen können. Um diese Rechtssicherheit zu schaffen, ist es sinnvoll, Sweat Equity in die steuerfreien Nutzungseinlagen der Einkommens- und Körperschaftssteuer aufzu­neh­men.

Daher stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sweat Equity

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Gesetzes­initiative vorzulegen, welche eine Regelung vorsieht, die die sogenannte ‚Sweat Equity‘ in den steuerfreien Nutzungseinlagen der Einkommens- sowie Körperschaftssteuer­richtlinien inkludiert.“

*****

Zweiter Punkt: Eine weitere Verbesserung wäre die Abschaffung der Einschränkung im Alternativfinanzierungsgesetz auf Unternehmensgrößen. Insbesondere in Österreich mit seiner starken KMU-Struktur ist die Einschränkung durch das Alternativfinan­zie­rungsgesetz durchaus hinderlich. Diese Regelung behindert Unternehmen, die mehr Mitarbeiter einstellen und größeres Wachstum verzeichnen können, ab einem gewis­sen Punkt. Das kann nicht im Sinne der Gesetzgebung sein, das heißt, dass da der Rechtsrahmen erweitert werden sollte

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaf­fung der Einschränkungen im AltFG auf Unternehmensgrößen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Gesetzes­initiative vorzulegen, welche die Abschaffung der Einschränkungen im AltFG auf Unter­nehmensgrößen vorsieht.“

*****

Unser letzter und vielleicht wichtigster Vorschlag ist die Schaffung eines Realwirt­schaftsinvestitionsfreibetrags von 100 000 €. Der Antrag befindet sich, soweit ich weiß,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 214

auch in Planung – vielleicht nicht in dieser Größenordnung –, aber hoffentlich wandert er bald auch als Vorlage ins Parlament. Die Marktfähigkeit, speziell von Start-ups und sehr jungen Unternehmen, hängt natürlich davon ab, wie schnell man Kapital, Risiko­kapital in diese Unternehmen hineinbringen kann und dass man das mit geringem Aufwand machen kann. Crowdinvesting-Instrumente sind eine Möglichkeit dafür.

Einfacher wäre es allerdings, dieses private Wagniskapital, das sich auch im Markt, und nicht nur bei Business Angels und VC-Funds befindet, von wenigen Investoren schnell und einfach in diese Unternehmen zu bringen, eben durch steuerliche Anreize, zum Beispiel in Form eines Sonderausgabenabzugs für Investitionen in solche Unter­nehmen. Das könnte man natürlich auch auf dergestalt qualifizierte Unternehmen wie Start-ups beschränken, das müsste man natürlich definieren.

Ich bringe dazu folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Realwirt­schaftsinvestitionsfreibetrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Gesetzes­vorlage vorzulegen, in der ein Realwirtschaftsinvestitionsfreibetrag in der Höhe von Euro 100 000 verwirklicht wird.“

*****

Ein derartiger Beitrag ist wahrscheinlich das effektivste Instrument zur Finanzierung von Unternehmen und damit zur Schaffung von Arbeitsplätzen im Inland. (Beifall bei den NEOS.)

19.35


Präsident Karlheinz Kopf: Die von Herrn Abgeordnetem Alm eingebrachten Ent­schließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die drei Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Niko Alm, Kollegin und Kollegen betreffend Sweat Equity

eingebracht im Zuge der Debatte über den Antrag 1568/A(E) Nutzbarmachung des Alternativfinanzierungsgesetzes für die österreichische Tourismus und Freizeitwirt­schaft (1025 d.B.) – TOP 18

Innovation entsteht häufig in jungen Unternehmen. Die Start-up-Kultur mit ihrer offenen und flexiblen Struktur kleiner Teams bietet ambitionierten Talenten den richtigen Rahmen, um Innovationen zu schaffen und mit den entsprechenden Ressourcen, Arbeitskraft und Finanzierung schnell zur Marktreife zu bringen. Jede Kultur braucht aber den richtigen Nährboden, um zu wachsen. Wenn dieser für Start-ups fehlt, wählen sie andere Standorte, oder scheitern. In Österreich mangelt es leider noch immer am Verständnis für diese neue Wirtschafts- und Arbeitswelt, in der die Grenzen zwischen selbständiger und unselbständiger Arbeit längst verschwimmen.

Sie sind in der Umsetzung ihrer Geschäftsideen flexibler und schneller als Konzerne, die Innovation deswegen vielfach zukaufen. Die Gründung und Marktfähigkeit dieser


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 215

Unternehmen hängt vom Zugang zu Kapital ab. In Österreich ist ausreichend privates Wagniskapital vorhanden. Doch die Voraussetzungen dazu sind derzeit alles andere als attraktiv. Das Geld fließt heute in Immobilen, Finanzmärkte, ausländische Fonds oder Finanzierungen. Durch die Mobilisierung privater Investoren das Engagement in diesem Bereich auszuweiten, kann das Geld im Inland arbeiten. Dadurch entstehen Start-ups nicht nur häufiger, sie wachsen auch schneller und schaffen dadurch pro neu gegründetem Unternehmen sieben neue Arbeitsplätze, drei davon direkt in den Start-ups.

Genau diese Innovationskunst und die Flexibilität stellt Start-ups in Österreich vor große Herausforderungen. Die Regelungen beim „Sweat Equity“ sind schwammig und hinterlassen oft große Unsicherheit. „Sweat Equity“ bedeutet, dass zukünftige Gesell­schafter ihre Unterstützung von Start-Ups nicht monetär aufwenden sondern durch andere Leistungen, wie zum Beispiel Programmierarbeiten, Rechtsberatung oder auch Kontaktvermittlung erbringen. Für diese Leistung erhalten die Unterstützer Firmen­anteile. Diese Übertragung von Firmenanteilen liegt derzeit im Graubereich der Ein­kommens- und Körperschaftssteuer. Um Rechtssicherheit zu schaffen, ist es sinnvoll, „Sweat Equity“ in die steuerfreien Nutzungseinlagen der Einkommens- und Körper­schaftssteuer aufzunehmen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Gesetzes-initiative vorzulegen, welche eine Regelung vorsieht, die die sogenannte „Sweat Equity“ in den steuerfreien Nutzungseinlagen der Einkommens- sowie Körperschafts­steuerrichtlinien inkludiert.“

*****

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Niko Alm, Kollegin und Kollegen betreffend Abschaffung der Ein­schränkungen im AltFG auf Unternehmensgrößen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Antrag 1568/A(E) Nutzbarmachung des Alternativfinanzierungsgesetzes für die österreichische Tourismus und Freizeitwirtschaft (1025 d.B.) – TOP 18

Crowdinvesting fasst nun auch in Österreich als alternative und ergänzende Finanzie­rungsform Fuß. Die positiven Auswirkungen des Alternativfinanzierungsgesetzes auf die Start-up-Szene in Österreich sind erfreulich. So gab es laut dem Fachverband der Finanzdienstleister ein Rekordergebnis von gesammelten 8,1 Millionen Euro durch Crowdfunding-Plattformen. Mehr als die Hälfte davon wurden nach der Schaffung des Alternativfinanzierungsgesetz, am 1. September 2015, erzielt.

Gleichzeitig sehen Experten jedoch noch erheblichen Verbesserungsbedarf.

Nur 2,3 % aller notwendigen Unternehmens- und Investitionsfinanzierungen haben ein Volumen von mehr als € 1 Mio. Allerdings ist der Zugang zu Kapital (speziell für KMUs, die 99% aller österreichischen Unternehmen ausmachen) zunehmend schwieriger. Einerseits unterliegen Banken immer strengeren Vorschriften und Regularien (bei­spielsweise Basel III), andererseits werden alternative Finanzierungsformen durch


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 216

private Anleger stark eingeschränkt (beispielsweise durch Einführung des AIFMG). Insbesondere in Österreich, mit einer starken KMU Struktur, ist die Einschränkung durch das Alternativfinanzierungsgesetz hinderlich. Unternehmen die über 250 Mitar­beiter haben und über einen Jahresumsatz von € 50 Mio. erwirtschaften oder deren Bilanzsumme über € 43 Mio. beträgt können nicht auf diese Finanzierungsform zu­greifen. Diese Regelung bestraft Unternehmen die mehr Mitarbeiter einstellen und ein Wachstum verzeichnen können. Das kann nicht im Sinne der Gesetzgebung sein und sollte daher aus dem Rechtsrahmen gestrichen werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat umgehend eine Gesetzes­initiative vorzulegen, welche die Abschaffung der Einschränkungen im AltFG auf Unternehmensgrößen vorsieht.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Niko Alm, Kollegin und Kollegen betreffend Realwirt­schaftsin­ves­titionsfreibetrag

eingebracht im Zuge der Debatte über den Antrag 1568/A(E) Nutzbarmachung des Alternativfinanzierungsgesetzes für die österreichische Tourismus und Freizeitwirt­schaft (1025 d.B.) – TOP 18.

Österreich verliert in allen anerkannten Standort-Rankings an Boden. Egal, ob im Global Competitiveness Report des Weltwirtschaftsforums oder im Monitoring Report der WKO - von der Spitze nähern wir uns zusehends dem internationalen Durchschnitt. Globalisierung und Digitalisierung haben die Innovationszyklen der Weltwirtschaft verkürzt. Durchschnitt produziert keine Innovationen mehr. Nur noch die innovativsten Entwicklungen sichern neue Beschäftigung.

Innovation entsteht heute in jungen Unternehmen. Die Start-up-Kultur mit ihrer offenen und flexiblen Struktur kleiner Teams bietet ambitionierten Talenten den richtigen Rahmen um Innovationen zu schaffen. Jede Kultur braucht aber den richtigen Nähr­boden, um zu wachsen. Wenn dieser für Start-ups, die ihre Produkte in kurzer Zeit zur Marktreife bringen müssen, fehlt, wählen sie andere Standorte, oder scheitern. Die Gründung und Marktfähigkeit von jungen Unternehmen ist stark abhängig vom Zugang zu Kapital. In Österreich wäre ausreichen privates Wagniskapital von Business Angels und Venture Capital Funds vorhanden – wir müssen nur attraktive Rahmenbedin­gungen schaffen, um dieses zu heben.

Im österreichischen Steuerrecht gab es bereits Steuerbegünstigungen für die Kapital­bereitstellung an Unternehmen, zum Beispiel den Sonderausgabenabzug für junge Aktien. Technisch wäre es daher relativ einfach, auch für Private einen „Son­der­ausgabenabzug“ für Investments in junge Unternehmen und Start-ups zu schaffen.

Ein jährlicher Realwirtschaftsinvestitionsfreibetrag in der Höhe von € 100 000 für alternative Finanzierung von Unternehmen wäre ein Meilenstein für die Wirtschaft. Der Freibetrag erleichtert potenziellen Kapitalgebern die positive Investitionsentscheidung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 217

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Gesetzes-vorlage vorzulegen, in der ein Realwirtschaftsinvestitionsfreibetrag in der Höhe von Euro 100.000 verwirklicht wird.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Vetter. – Bitte.

 


19.35.15

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das Alternativfinanzierungsgesetz ist ein Gesetz, das in diesem Haus einstim­mig beschlossen worden ist. Wenn nun dieser Entschließungsantrag in die Richtung geht, dass die Regierung oder ein Mitglied der Regierung dieses von uns allen einstimmig beschlossene Gesetz populär machen soll, dann können wir, wenn wir alle an dieses Gesetz glauben, eigentlich auch nichts dagegen haben, dann müssen wir froh sein, dass die Regierung etwas tut, um diese Art der Finanzierung populär zu machen.

Die Marktwirtschaft lebt davon – wenn wir von diesem Gesetz sprechen –, dass Leute mit verschiedenen Eigenschaften ihre Anstrengungen bündeln und so zu einem größeren Ergebnis kommen. Die einen arbeiten, die anderen haben Ideen, die Dritten haben Geld: Wir vergesellschaften uns und bringen dadurch Wohlstand. Der Erfolg unserer westlichen Zivilisationen liegt in einem wesentlichen Teil darin, dass wir es geschafft haben, Zugang zu bedeutenden Finanzmitteln zu bekommen, uns zu vergesellschaften. Dadurch haben wir den derart großen Wohlstand, wie wir ihn heute haben.

Das Alternativfinanzierungsgesetz geht Richtung Eigenkapital, wie richtig gesagt worden ist. Jahrzehntelang ist der Schwerpunkt auf Fremdkapital gelegen, auf der Finanzierung durch Banken – die dann auch entsprechend mitgeredet haben –, und wenn das Ganze schiefgegangen ist, hat man seine Schulden nach wie vor gehabt. Beim Eigenkapital ist das anders – daher: Ein risikobereiter Unternehmer präferiert Eigenkapital, und das ist gut so. Und wenn dieses Gesetz Richtung Eigenkapital geht, dann geht es Richtung Unternehmertum, und das ist etwas, was ich sicher immer unterstützen werde.

Es ist Risikokapital: Beim Risikokapital mischt sich der Staat gerne ein, weil er sagt, die Anleger müssen geschützt werden. Daher ist man in die Richtung gegangen, Pro­spekte zu fordern. Da ist man sehr weit gegangen, sodass dieses Beispiel Staudinger völlig an der Wirklichkeit vorbeigegangen ist. Das hat der Gesetzgeber irgendwann einmal erkannt und das Alternativfinanzierungsgesetz beschlossen, das in Wirklichkeit ein Prospektpflichtverringerungsgesetz ist. Die Schwelle ist einfach tiefergelegt worden.

Jetzt kann man natürlich sagen, dass es einen Wertungswiderspruch gibt, dass die mehr und die werden weniger geschützt werden. Es ist in Wirklichkeit ein Deregulie­rungsgesetz, es ist ein Gesetz, das in Richtung mehr Unternehmertum geht, in Rich­tung mehr Risikokapital und in Richtung mehr Marktwirtschaft. Und zu so einem


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 218

Gesetz und zu so einer Aufforderung an die Regierung, dieses Gesetz populär zu machen, kann man nur Ja sagen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.38


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Der war heute schon dran!)

 


19.38.22

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der zwei Behältnisse, gefüllt mit Rechnungen, abgebildet sind, die neben einer Registrier­kasse stehen. – Abg. Obernosterer: Das Taferl war schon am Vormittag dran! – Abg. Krainer: Du warst heute schon dran!)

Nach der Kurzvorlesung des Kollegen Vetter und der außerordentlich guten Darstel­lung der verschiedenen Finanzierungsformen durch die Kolleginnen und Kollegen, möchte ich direkt auf die Branche eingehen. Ja, ich denke, dass es ganz wesentlich ist, sie auch etwas verdienen zu lassen. Egal, wie wir sie bezeichnen – als Start-ups oder renommierte Traditionsunternehmen –, haben wir leider besonders in der Hotellerie und in der Gastronomie das Problem, dass auch über Generationen gut geführte Be­triebe keine Nachfolger mehr finden. Warum? – Das sind zur Zeit die Arbeitszeit­regelungen, wir haben es im Tourismusausschuss erlebt. Ich bin damals sehr unglück­lich nach Hause gefahren.

Wir haben unlängst besprochen, dass wir die banalsten Dinge nicht mehr beschließen können, betreffend Mitarbeit der Familienangehörigen. Ich habe deswegen mit dem Kollegen Muchitsch ein Gespräch geführt. Ich habe gesagt, dass es doch nicht sein kann, dass das an der Sozialpartnerschaft scheitert. Nein, ich glaube, es scheitert an zu wenig Gesprächen, da wird zu wenig miteinander geredet. Es ist das Natürlichste auf dieser Welt, dass in der Familie zusammengeholfen wird, und das ist besonders für den ländlichen Raum ein Thema. Die Großstadt, bitte sehr, betrifft es eh nicht, dort wird zum Großteil mit Geschäftsführern beziehungsweise mit großer Beschäftigungs­zahl gearbeitet.

Wir werden in den nächsten Sitzungen wieder über die Ausblutung des ländlichen Raums, über den Verlust der Arbeitsplätze, über die fehlende Kaufkraft diskutieren. Das beginnt bei so einfachen Gesetzen, und ich denke, da besteht unbedingt Handlungsbedarf. Ich möchte gleich zu einem Entschließungsantrag überleiten. Ich habe es im Ausschuss bereits gesagt, ich war überglücklich, als ich von der „Grünen Woche“ in Berlin gehört habe, wo auch Präsident Schultes, der Präsident der Land­wirtschaftskammer Österreich, eine Kennzeichnung in der Gastronomie gefordert hat. Heute hat er an dieser Stelle gesagt, der Gast hat ein Recht drauf, zu wissen, was er isst, was er auf den Teller bekommt. (Abg. Schellhorn: Was hat das jetzt mit dem Alternativfinanzierungsgesetz zu tun?)

Dabei geht es überhaupt nicht um Bürokratie. Ich habe einige Male den Vorwurf gehört, wir wollen wieder mehr Bürokratie. – Nein, überhaupt nicht! Der Gastronom braucht einen verlässlichen österreichischen Lieferanten, der ihm österreichische Ware liefert, und dann schreibt er auf die Speisekarte: Das Gemüse haben wir vom Huber-Bauer, das Schweinefleisch haben wir vom Nachbarn Roither, das Rindfleisch haben wir vom Auer und die Eier haben wir vom Brandstetter. Ist das Bürokratie? – Ich glaube, das ist höchste Transparenz. Das ist das, was wir fordern, und deshalb bitten wir mit folgendem Entschließungsantrag um Unterstützung. (Abg. Obernosterer: So kann man Bürokratie auch beschreiben!) – Lieber Kollege Obernosterer, du wirst das ja


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 219

an vorderster Stelle unterstützen, nämlich die Einführung einer Qualitätspartnerschaft für heimische Gastronomiebetriebe.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einfüh­rung einer Qualitätspartnerschaft für heimische Gastronomiebetriebe“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen zu veran­lassen, um sicherzustellen, dass in heimischen Gastronomiebetrieben, die mit Quali­täts­produkten österreichischer Herkunft werben, die Konsumenten und Gäste diese auch wirklich erhalten. Um dies zu gewährleisten sollen diese Produkte mit einem österreichischen Qualitätsgütesiegel gekennzeichnet sein.“

*****

Wenn wir eine Vorreiterrolle spielen wollen, sowohl in der Partnerschaft am Land als auch bei der Fairness mit den Konsumenten und unseren Gästen, dann sind wir die besten Werbeträger, das kann sich europaweit, international verkaufen lassen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach. – Ruf bei der SPÖ: Du hast dein Taferl verges­sen! – Abg. Steinbichler entfernt die Tafel vom Rednerpult.)

19.41


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Steinbichler, mir wurde eigentlich ange­kündigt, dass dieser Entschließungsantrag beim nächsten Tagesordnungspunkt ge­stellt wird. Ich lasse zuerst einmal prüfen, ob wir da überhaupt einen sachlichen Zusammenhang herstellen können. (Abg. Hanger: Das ist eine sehr weite Auslegung!) Ich melde mich diesbezüglich wieder. (Abg. Krainer: Ich finde, es ist nicht notwendig, dass er noch einmal spricht!) – Herr Abgeordneter Steinbichler ist beim nächsten Tagesordnungspunkt noch einmal zu Wort gemeldet, und er hat noch 1 Minute Restredezeit für den gesamten Klub. (Abg. Wöginger: Das ist eh zu viel!)

Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Ehmann. – Bitte.

 


19.42.35

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Kundmachung beziehungsweise die Nutzbarmachung – im Entschließungsantrag enthalten – über das Crowdfunding auch im klassischen Sinne, also sprich die Spareinlage, die klassische Spareinlage, faktisch in eine Kapitalanlage umzuwandeln und natürlich auf Ertrag zu hoffen, ist ja selbstverständlich; und ich glaube, dass das eine sinnvolle Zusatzfinanzierung ist, die jedoch die klassische Finanzierung nie ersetzen wird, aber natürlich ein Zusatz, der möglich ist. Die Nutzbarmachung ist, glaube ich auch, eine gute Sache.

Zu den Anträgen selbst: Der eine Entschließungsantrag von den NEOS beschäftigt sich mit einem anderen Bereich, nicht mit klassischem Crowdfunding im monetären Sinn, sondern eben mit Arbeitsleistung als Firmenanteil – ich sage das jetzt einmal sehr vereinfacht. Meiner Meinung nach gibt es da schon klare Regelungen im Steuer­recht – nämlich den Bereich der Nutzungseinlage, Sacheinlage als Gesellschafter –, und daher bin ich mir nicht ganz sicher, ob das tatsächlich notwendig sein muss. Warum soll man nicht gleich Gesellschafter nach Unternehmensrecht werden, wonach man trotzdem wechselseitige Regelungen und Verpflichtungen vertraglich festhalten


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 220

kann? Es geht auch um die Absicherung in beide Richtungen, und es gibt dazu jetzt schon unternehmensrechtliche Tools.

Noch ganz kurz zu dem Bereich, der im Ausschuss und auch heute im Plenum ange­sprochen wurde, nämlich zur Anmeldung oder vielmehr Nichtanmeldung: Natürlich ist das ein sehr heikles Thema, und ich verstehe auch, dass das durchaus für hitzige Debatten sorgt, aber Faktum ist auch, dass es nicht in den Tourismusausschuss, sondern in den Sozialausschuss gehört – darauf haben wir uns, glaube ich, mittlerweile auch schon verständigt –, und dass sich die Sozialpartner im Vordergrund darauf einigen sollen oder sollten.

Eine gewisse Einigung zwischen Sozialversicherung, Wirtschaftskammer und Bundes­ministerium für Finanzen gibt es im Hintergrund bereits. Es gibt nämlich ein Merkblatt vom 1. Jänner 2016 – das ist sogar sehr aktuell –, das die Voraussetzungen für unentgeltliche Aushilfe – von Ehegatten und eingetragenen Partnern, die davon betrof­fen sind, von Kindern, Lebensgefährten, Eltern, Großeltern, Geschwistern und sonsti­gen Verwandten – aufzeigt, wenn es sich um eine kurzfristige Aushilfe handelt und man keine Geld- und Sachleistungen bezieht. Darum geht es schlussendlich, denn in letzter Konsequenz ist es schon so, dass es – das ist jetzt natürlich kein General­verdacht – die Möglichkeit der Umgehung einer Anmeldung gibt, wenn wir das nicht auf sozialpartnerschaftlicher Ebene lösen.

Die Frauen sind dabei in letzter Konsequenz vielfach die Leidtragenden, deswegen wundert es mich, dass die Grünen da so ein Trara machen, denn wenn die Frau de facto mehrfach nicht angemeldet wird und vielleicht früher oder später eine mögliche Trennung im Raum steht, steht sie ohne Versicherungszeiten da. Ob das im Sinne des Erfinders ist, weiß ich nicht. Deswegen brauchen wir, glaube ich, im Vorfeld eine sozialpartnerschaftliche Einigung, dann kann man über alles reden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.45


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Steinbichler, Sie strapazieren heute den Hang zur Großzügigkeit des Präsidiums ziemlich, aber ich finde zumindest das Wort Tourismus in Ihrem Antrag, und da es um Alternativfinanzierung für die Touris­mus- und Freizeitwirtschaft geht, lasse ich ihn zu. (Abg. Steinhauser: Das ist die Lex Steinbichler! – Abg. Krainer: Er hat eh nur mehr eine Minute! – Abg. Wöginger: Die Minute wird gestrichen! – Abg. Krainer: Das ist eine weise Entscheidung!)

Ich bitte aber zugleich alle Kolleginnen und Kollegen, das nicht als Präjudiz und als Aufforderung zu verstehen, es künftig ähnlich zu handhaben. Für heute ist die Groß­zügigkeit jedenfalls völlig ausgereizt. Also der Antrag ist ausreichend unterstützt und steht auch mit in Verhandlung. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Qualitätspartnerschaft für heimische Gastronomiebetriebe“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 19 „Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 1569/A(E) der Abgeordneten Mag. Maximilian Unterrainer, Gabriel Ober­nosterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur


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Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates (1026 d.B.)“ in der Sitzung des Nationalrates vom 16.3.2016

Die heimische Kulinarik ist ein Erfolgsfaktor für den Tourismus in Österreich. Um das Voranschreiten einer „Verwässerung“ und/oder eine Verfälschung und damit ein Ab­han­denkommen dieses Genusserlebnisses zu verhindern und die Aufrechterhaltung des hohen Qualitätsanspruches des heimischen Tourismus und der heimischen Wirt­schaft zu gewährleisten, müssen endlich Maßnahmen gesetzt werden.

Seit Jahren wird die Realisierung und rechtliche Verbindlichkeit eines einheitlichen Gütesiegels für die Lebensmittelkennzeichnung in Österreich diskutiert. In Österreich sind Produktion und Handel von Nahrungsmittel durch eine Vielzahl von Vermerken, Aufdrucken, Gütesiegel, Biosiegel und anderer rechtlich nicht einheitlich geregelter Kennzeichnungen geprägt. Die Konsumenten sehen sich einer Kennzeichnungs­inflation ausgeliefert, die statt Anleitung zum sicheren Einkauf von Lebensmittel Verwirrung und Unsicherheit stiftet. Verarbeiter und Endverbraucher können nicht 100%ig sicher gehen, woher die von ihnen bezogenen Lebensmittel tatsächlich stammen, wie und wo sie verarbeitet wurden und unter welchen Bedingungen die Aufzucht bzw. der Anbau erfolgt ist. Die in Österreich kursierenden Kennzeichnungen sind untereinander nicht vergleichbar und haben damit für die Konsumenten keine Aussagekraft über tatsächliche Qualität und fairen Preis der angebotenen Produkte.

Im derzeit aktuellen Regierungsprogramm steht im Kapitel Gesundheit, dass „die Umsetzung einer klaren Herkunftskennzeichnung der Produkte und Rohstoffe auf EU-Ebene Konsumentlnnen verlässliche und gesicherte Informationen sowie Schutz vor Täuschung bieten“ soll. Bis jetzt wurde diesbezüglich nichts unternommen - über bleiben bei dieser „Täuschung“ die irritierten und verunsicherten Konsumenten.

Es muss endlich gelingen, die Konsumenten von der tatsächlichen Landesherkunft der Lebensmittel liefernden Nutztiere zu informieren, die „Verösterreichisierung“ auslän­discher Grundstoffe samt Quasiauslobung als österreichische Qualität muss sich endlich aufhören und die auf der Speisekarte ausgewiesene Qualität bezgl. der Nationalität 100%ig stimmen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen zu veran­lassen, um sicherzustellen, dass in heimischen Gastronomiebetrieben, die mit Quali­täts­produkten österreichischer Herkunft werben, die Konsumenten und Gäste diese auch wirklich erhalten. Um dies zu gewährleisten sollen diese Produkte mit einem österreichischen Qualitätsgütesiegel gekennzeichnet sein.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hauser. – Bitte. (Abg. Hanger: Bisschen eine Ordnung brauchen wir schon!)

 


19.46.51

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ja, Ihre Großzügigkeit, die würde ich mir auch für den Tourismusausschuss wünschen, dann würden wir wahrscheinlich mehr Probleme der


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Tourismuswirtschaft lösen können, und das wäre wichtig und richtig. (Beifall bei der FPÖ.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Was hat das mit meiner Großzügigkeit zu tun? – Mehr­heiten braucht es immer noch, da kann der Präsident tun, was er will. (Allgemeine Heiterkeit.)

 


Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (fortsetzend): Ja, das ist richtig, aber großzügig zu sein, Kooperationen zu suchen und Sachen zuzulassen, ist ja nie etwas Schlechtes.

Zum Thema an sich: Wir lehnen diese Initiative nicht deswegen ab, weil wir gegen Crowdfunding sind, sondern wir lehnen diese Initiative ab, weil das normal ist. Man kann ein Gesetz, das im Herbst vergangenen Jahres beschlossen wurde, möglicher­weise weiterentwickeln, Verbesserungen können immer eintreten, und diese Verbes­serungen sind dann – no na ned – ins Gesetz einzuarbeiten; das ist der erste Punkt. Zweitens: Wenn ein Gesetz beschlossen wurde, ist klar, dass man es in der Touris­muswirtschaft bekanntmacht, sonst brauche ich kein Gesetz zu beschließen, und darum geht es bei diesem Antrag. – Das sind also zwei Punkte, die klar sind.

Stellen Sie sich vor, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wenn nach jedem Gesetz, das man hier im Hohen Haus beschließt, ein Beschluss herbeigeführt werden muss, dass es nach Beschlussfassung von einer weiteren Institution geprüft werden muss, ob es passt, und dass es dann, wenn es passt, vermarktet werden muss, dann haben wir Tausende Beschlüsse mehr. Das kann es wohl nicht sein, deswegen wird es unsererseits abgelehnt – und das nicht inhaltlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Zur letzten Sitzung des Tourismusausschusses an sich: Die Opposition hat sechs, denke ich, gute Initiativen eingebracht, und bis jetzt war es Usus, und es war grund­sätzlich Usus, im Tourismusausschuss zu kooperieren, zu schauen, dass man möglichst viele einstimmige Initiativen zustande bringt, um der Tourismuswirtschaft tatsächlich helfen zu können. (Beifall bei der FPÖ.)

Es wird immer wieder festgestellt, dass die Tourismuswirtschaft der Eckpfeiler und das Standbein für den ländlichen Raum ist – unbestritten, so ist es –, aber dann kann es wohl nicht sein, dass man von der geübten Praxis weggeht und sagt: Jetzt arbeiten wir nicht mehr zusammen! – Deswegen sprach ich Ihre Großzügigkeit an, Herr Präsident. Es wäre doch normal, im Tourismusausschuss zur gängigen Praxis, die die Jahre vorher geübt wurde, zurückzukehren und zu versuchen, bei wichtigen Initiativen zu schauen, dass wir das gemeinsam durchtragen und Sachen mit Vernunft finalisieren.

Zum x-ten Mal zum Thema Mitarbeit von Familienangehörigen: Dieses Thema feiert heute sozusagen Jahrestag. Seit einem Jahr kämpfen wir für eine Sache, die vollkommen normal ist, wir schaffen es aber nicht, ein Gesetz auf die Reihe zu bringen. Im Antrag ging es darum, dass für einspringende und aushelfende Familienangehörige klare gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Es kann doch nicht sein, dass wir es innerhalb eines Jahres nicht zuwege bringen, ein Gesetz auszuarbeiten, das klipp und klar regelt, dass Familienangehörige in gastro­nomischen Betrieben ohne Anmeldung kurzfristig aushelfen können. Wo liegt denn da das Problem? (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Abg. Steinbichler.)

Ich zitiere dich wirklich gerne, Kollege Obernosterer. Du hast es sehr plausibel auf den Punkt gebracht. Du bist ein alter Wirt, 30 Jahre in der Branche tätig, bist zu Hause, bist jetzt Parlamentarier. Es kommt ein Reisebus mit 50 bis 60 Personen daher. Es fehlen Mitarbeiter im Betrieb, du machst das ohnehin gerne, gehst her und sagst: Na gut, dann zapfe ich halt ein paar Bier. No na ned, es ist normal, dass man im Familien­verband zusammenarbeitet.


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Da gibt es aber keine gesetzliche Regelung, und man muss Angst haben, dass man sozialrechtlich, arbeitsrechtlich angezeigt wird. Und da sollen wir der Bevölkerung, dem Wirt und der Gastronomie, die ohnehin notleidend sind, draußen noch erklären, dass man da innerhalb eines Jahres kein Gesetz zustande bringt?

Ich weiß schon, die ÖVP hat da als Koalitionspartei dagegen gestimmt, obwohl wir im Tourismusausschuss mehrmals kämpfenderweise versucht haben, da eine Regelung zustande zu bringen. Die Kollegen der SPÖ haben sich quergelegt und gesagt: Nein, das können wir nicht tun, das ist der falsche Ausschuss. – Wir haben eine Sitzungs­unter­brechung gemacht und schließlich keine Regelung zustande gebracht, und zwar wegen der fehlenden arbeitsrechtlichen Lösung. Ein Jahr ist verstrichen, ohne dass diese sinnvolle Sache umgesetzt wurde, wobei das niemand versteht und jeder sagt: Setzt das bitte endlich um!

Viele Klein- und Kleinstbetriebe gerade im Tourismus können sich nicht ein Maximum an Mitarbeitern für Spitzenzeiten leisten. Und wenn ich Familienangehöriger bin, ist es doch eine klare Sache, dass ich da mithelfe.

Seit einem Jahr haben wir das nicht geschafft, und da akzeptiere ich keine Ausreden. Da machen wir uns als Politiker wirklich lächerlich. Mittlerweile hat sogar der Kärntner Landtag einen einstimmigen Beschluss gefasst, dass das endlich legistisch geklärt werden soll, und hat den Bund aufgefordert, gesetzliche Regelungen zu schaffen.

Jetzt fordere ich Sie wirklich auf, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ: Springen Sie da doch bitte endlich über Ihren Schatten! Helfen Sie der Tourismus­wirtschaft! Schauen wir, dass wir Sachen, die normal sind, endlich auf Schiene bringen und endlich etwas gemeinsam für die Tourismuswirtschaft zustande bringen, das längst normal und üblich sein sollte!

Ich bin gespannt, wie lange dieses Trauerspiel, sage ich ganz offen und ehrlich, noch weitergeht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Abg. Willi.)

19.53


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Obernosterer gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


19.53.20

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Herr Kollege Hauser, du bist als Obmann des Tourismusausschusses neu im Amt und hast deutlich gesagt: Im Tourismusausschuss haben wir früher immer versucht, einstimmige Beschlüsse zu fassen, was uns großteils auch gelungen ist. In letzter Zeit ist es nicht so gut gelungen, aber derjenige, der das da verkündet, sollte und gerade du als Ausschussvorsitzender solltest mit einem guten Beispiel vorangehen. Du bist erst bei der letzten Sitzung zum Ausschussvorsitzenden gewählt worden.

In aktuellen Tagesordnungspunkt geht es um Alternativfinanzierung, die hier ein­stimmig beschlossen wurde, von der wir wissen, dass sie für den Tourismus unheimlich wichtig ist – neben der Finanzierung durch die ÖHT, die dem Tourismus Zinsenstützungen gibt und Haftungen übernimmt. Nur: Aus irgendwelchen Gründen wird jetzt dagegen gestimmt, anstatt dass wir schauen, dass die Tourismuswirtschaft durch dieses wirklich gute Modell Auftrieb bekommt, dass in Betriebe Eigenkapital hereinkommt.

Wir wissen, dass gerade in der Tourismusbranche Eigenkapital Mangelware ist, und wie gesagt, da haben wir etwas, das wir wirklich unter die Leute bringen sollten. Deshalb darf ich dich noch einmal bitten: Vielleicht überlegst du es dir im Sinne der


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Vorbildhaftigkeit und dessen, was du vorher eingefordert hast, noch einmal; und vielleicht stimmt die freiheitliche Fraktion dann doch mit – so viel zu diesem Thema. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Tourismus ist ein sehr großes Thema. Darüber können wir Tag und Nacht reden. Vom Tourismus versteht jeder etwas, auch das sage ich dazu, deshalb wird auch so viel über den Tourismus gesprochen.

Österreich ist Gott sei Dank ein Tourismusland. Wir wissen auch, dass es der Tourismus auch in dieser schwierigen Phase sehr gut geschafft hat. Wir wissen, dass die Rahmenbedingungen nicht immer die besten sind und dass in letzter Zeit noch einiges dazugekommen ist. Es sind nicht immer die finanziellen Belastungen, sondern gerade auch das, was an Auflagen, Vorschriften und damit auch an Kontrollen dazu­gekommen ist. Was überhaupt das Problem ist, ist, dass ein großes Hotel mit 200 oder 300 Betten und ein Gasthof mit von mir aus 15 oder 20 Betten die gleichen Auflagen haben. Herr Staatssekretär, es gibt auch Vorschläge dazu; das müssten wir uns wirklich einmal auch in der Tiefe anschauen und erkennen, dass es in diesem Bereich für den Klein- und Mittelstand, für die Familienbetriebe ein Leid gibt.

Dass Tourismus für die Landregion die einzige Alternative mit allen Folgeinvestitionen ist, wissen wir auch. Wir wissen aber auch, dass wir gerade im Tourismus ein paar Punkte haben, die ein bisschen in die Entlastung hineingehen, gerade was den Arbeitsmarkt betrifft. Vor nicht allzu langer Zeit haben wir beschlossen, dass die Nachtruhe – gerade ganz wichtig – von elf auf acht Stunden verkürzt werden kann. Das ist für die Hotellerie ganz wichtig, nämlich im Bereich des Frühstücks und des Abendessens. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) – Du kannst nach mir heraus­kommen und sudern.

Das Zweite, das gemacht wurde, ist, dass im Bereich der Geringfügigkeit nicht nur zwei bis zweieinhalb Stunden am Tag gearbeitet werden können, sondern dass die Wirte, wenn ein Kirtag oder eine Hochzeit ist, ihre geringfügig Beschäftigten einige Stunden en bloc anstellen können. Da muss man auch dazusagen: Das sind kleine Erleich­terungen, die dem Tourismus sehr guttun.

Ich möchte nichts von dem, was meine Vorredner von fast alle Fraktionen zu diesem Thema der freiwilligen Mithilfe des engsten Familienverbandes im Gastgewerbe, sprich hauptsächlich in den Landgasthäusern, gesagt haben, wiederholen. Wir wissen, dass es in der Praxis einfach unbedingt notwendig ist.

Wir wissen aber auch, dass es wichtig ist, das auch ordentlich abzusichern. Wir wissen auch, dass es wichtig ist, was mein Kollege vorhin angesprochen hat, nämlich dass es nicht sein kann, dass die Frau des Wirtes im Betrieb immer mithilft, dabei jedoch nicht angemeldet ist.

Wir sagen, es gibt dazu eine ganz klare Regelung. Diese freiwillige, kurzfristige Mithilfe des engsten Familienverbandes ohne Anmeldung, falls eben Not am Mann ist, kann nur möglich sein, sofern die Eltern in Pension sind, die Frau sowieso irgendwo anders fix angemeldet ist, zumindest alle der ab und zu mithelfenden Verwandten irgendwo fix angemeldet sind oder einen ordentlichen Arbeitsplatz haben und auch die Kinder in der Ausbildung sind oder eben auch einen fixen Arbeitsplatz haben.

Es kann nicht sein, dass jemand, der das ganze Jahr nichts tut, dann sagt, dass er ein paar Stunden arbeiten geht, ohne angemeldet zu sein. Das ist für uns hundertprozentig klar.

Es gibt darüber schon eine Einigung der Sozialpartner, in der das klar aufgegliedert ist. Das Einzige, das es jetzt noch braucht – und darüber gibt es gute, perfekte Gespräche –, ist, dass man dem Entwurf, den die Sozialpartner ausgearbeitet haben,


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der jetzt schon am Papier da ist, Rechtssicherheit verleiht. Nichts anderes ist noch zu erledigen.

Auch ich hätte mir gewünscht, dass es schneller geht – ihr kennt mich, ich bin ein positiver Mensch, auch wenn es noch so schwierig ist –, aber auch das werden wir noch schaffen, auch das werden wir noch durchbringen.

Ich glaube, es ist für die vielen Tausenden von kleinen Familienbetrieben und kleinen Landgasthäusern draußen wirklich notwendig, dieses Signal zu setzen, damit sie wissen, dass dies rechtlich okay ist, falls irgendwann plötzlich ein Bus vor der Türe steht oder mittags zwei Stunden schönes Wetter sind, ein Haufen Leute herein­kom­men, dass dann der Bruder, der Vater oder der Sohn kurz mithelfen.

In diesem Sinne sage ich dazu: Der Tourismus in Österreich steht gut da. Der Sommer schaut gut aus. Bei den Auflagen, Vorschriften und Kontrollen müssen wir an den Schrauben noch ein bisschen drehen.

Ansonsten bin ich mein Leben lang mit Leib und Seele Touristiker gewesen. Ich bin überzeugt, dass Österreich nach wie vor Tourismusweltmeister bleibt. – Danke viel­mals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.59


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Brückl. – Bitte.

 


19.59.42

Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Kollege Ober­nosterer, ich darf das schon noch richtigstellen. Wir lehnen diese Vorlage nicht aus irgendwelchen, sondern aus guten Gründen ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Gerald Hauser hat das ja auch schon betont: Es geht hier nicht um das Alternativfinanzierungsgesetz, sondern es geht darum, dass wir einen Beschluss fassen sollen, der nichts anderes tut, als zu sagen: Bitte, lieber Minister, überprüfe die­ses Gesetz! Und sogar der Herr Staatssekretär hat in der Ausschusssitzung am Ende der Debatte gemeint: Das machen wir ohnehin schon.

Also der Antrag ist wirklich unnütz, er ist in Wirklichkeit nur eine Scheinaktivität. Eine Scheinaktivität auch deswegen, weil – wie wir bereits in der letzten Sitzung gesehen haben – Anträge vertagt werden. Von neun Tagesordnungspunkten wurden sieben vertagt. Da waren Anträge dabei, die vertagt wurden alleine mit der Begründung: Wir hatten diesen Antrag schon fünfmal, sechsmal, siebenmal auf der Tagesordnung, also vertagen wir ihn dieses Mal wieder. Liebe SPÖ, wenn ihr schon nicht darüber reden wollt, dann lasst euch für eine Vertagung doch bitte eine vernünftige Begründung einfallen!

Im Wirtschaftsausschuss am Tag zuvor wurden sämtliche Anträge, die auf der Tages­ordnung standen, vertagt. Man hat also tatsächlich mittlerweile den Eindruck, dass in diesem Land nichts mehr weitergeht, dass Sie als Regierungsparteien nicht mehr miteinander können. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Ich denke, es wäre längst an der Zeit, liebe SPÖ, liebe ÖVP, dass Sie diesen Leidens­weg beenden und den Weg für Neuwahlen freimachen. Das wäre fair gegenüber den Bürgern und das würde uns in die Lage versetzen, unser Land, unsere Heimat wieder aus dieser Sackgasse herauszuführen, in die Sie es gebracht haben. (Beifall bei der FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

20.01

20.01.10

 



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Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zu den Abstimmungen.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1025 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend die Nutzbarmachung des Alter­nativfinanzierungsgesetzes für die österreichische Tourismus- und Freizeitwirtschaft.

Wer dem zustimmt, gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit ange­nommen. (E 126.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sweat Equity.

Wer diesem Antrag zustimmt, gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen ferner zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Einschrän­kun­gen im Alternativfinanzierungsgesetz auf Unternehmensgrößen.

Wer dem zustimmt, gebe bitte ein Zeichen. – Das ist wiederum die Minderheit. Dieser Antrag ist ebenfalls abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Realwirtschaftsin­vestitions­freibetrag.

Wer dem zustimmt, gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Qualitäts­partnerschaft für heimische Gastronomiebetriebe“.

Wer diesem Antrag zustimmt, gebe bitte ein Zeichen. – Das ist wiederum die Min­derheit. Der Antrag ist abgelehnt.

20.03.1719. Punkt

Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 1569/A(E) der Abgeord­neten Mag. Maximilian Unterrainer, Gabriel Obernosterer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates über Pauschalreisen und verbundene Reiseleis­tun­gen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richt­linie 90/314/EWG des Rates (1026 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Schellhorn zu Wort. – Bitte.

 


20.04.14

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staats­sekretär! Wir haben bei den Vordiskussionen von Kollegin Ecker, der Sprecherin der SPÖ zu diesem Bereich, viel von Stärkung der Klein- und Mittelbetriebe gehört. Vom


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Kollegen Haubner haben wir viel darüber gehört, wie wichtig der Tourismus ist und welchem Wettbewerb er ausgesetzt ist.

Ja, das stimmt: Tourismus ist ein Gesamtkunstwerk. Und entgegen meinen Richtlinien muss ich jetzt etwas machen, was der „Taferl-Leo“ immer macht, nämlich ein Taferl vorlegen. – Ich will Ihnen dieses Gesamtkunstwerk Tourismus auch vorführen und vorstellen. (Der Redner stellt eine Tafel mit einer darauf abgebildeten Grafik und der Überschrift „Pauschalreise Richtline“ vor sich auf das Rednerpult.) 

Nun ist es auch so, dass diese Richtlinie auch dementsprechend umzusetzen ist. Wir wollen zumindest irgendwann einmal die Musterschüler sein, und wir setzen in der Vergangenheit und auch in der Zukunft die Richtlinien immer wieder zu nahezu 120 Prozent um. Ich denke nur an die Allergene, ich denke auch an das Behinderten­gleichstellungsgesetz. Wir setzen eigentlich alles um, nur um die Besten zu sein, und nur in dieser Geschichte.

Nun vergegenwärtigen wir uns, nur damit Sie alle verstehen, wie das funktioniert und welche bürokratischen Auflagen auf uns zukommen und welche höheren Kosten auf den Tourismus zukommen. Das ist ungefähr so wie mit den Steuern: Wir nehmen es den Leuten zuerst aus der Tasche, damit wir es ihnen auf der anderen Seite wieder hineinstecken können.

So hat das vorhin auch Kollege Obernosterer zitiert oder skizziert, indem er gesagt hat: Zuerst waren es elf, jetzt sind es nur noch acht Stunden Nachtruhezeit. – Das ist alles falsch. Ja, insgesamt hat er schon recht. Er hat zuerst eine draufgedrückt, um dann zu sagen, wir erleichtern etwas. Hier erschweren Sie es!

Nun wie ist es? – Stellen Sie sich vor, ein Hotelbetrieb bietet um 100 € eine Übernach­tung inklusive Frühstück an. Das ist ungefähr der Durchschnitt, denn das durch­schnittliche Preisangebot in der Hotellerie beträgt 96 € pro Person. Nun will er, um am Wettbewerb, auf dem Markt funktionieren zu können – wobei seine Wettbewerber nicht nur am Binnenmarkt zu finden sind, sondern in Tourismusbetrieben weltweit –, um den Kunden zu gewinnen, ein Pauschalangebot anbieten. Dieses Pauschalangebot soll ein fest kalkulierter Preis sein. Im Winter bedeutet das, ein Angebot zu stricken: Zwei, drei Tage, vielleicht auch eine Woche lang samt Skipass.

Nun kostet jeder Skipass mehr als 25 €. Ich betone deswegen 25 €, weil die EU-Richtlinie besagt: Sobald eine Fremdleistung mehr als 25 Prozent des angebotenen Eigenpreises beträgt, braucht man einen extra Gewerbeschein, eine Reisebürokon­zession. Das freut natürlich die Wirtschaftskammer, denn sie will mit den Einnahmen – bei den Gewerbescheinen, aber auch bei der Kammerumlage 2 – über 1 Milliarde € kommen. Wenigstens irgendjemand will etwas mehr verdienen. (Zwischenruf der Abg. Jank.)

Daher sage ich: Wenn Sie da mitstimmen, liebe ÖVP, wenn Sie da mitstimmen, liebe Vertreterin der KMU, dann haben Sie irgendwie nicht die Wahrheit gesagt, dann meinen Sie es nicht ernst mit den KMUs, dann meint ihr es nicht ernst mit dem Touris­mus. Wenn ihr diese Richtlinie umsetzt, die unsere Zwangsvertretung, die Wirtschafts­kammer, offensichtlich in Brüssel mitakkordiert, mitberaten hat, dann begeht ihr einen Verrat an den Touristikern, dann schiebt ihr sie von der Klippe. So ist das! Denn jedes Greenfee in einem Package, sogar jeder Klettergarten kostet mehr als 25 €, also 25 Prozent.

Was noch dazu kommt – und was Sie alle vergessen haben –, sind die Bankgarantien, die jeder Betrieb liefern muss, weil er dann Reiseanbieter ist. Dann muss er Bankgarantien von 90 000 € anbieten. Was haben Sie sich dabei gedacht? Wo waren die Vertreter der Wirtschaftskammer in Brüssel? – Offensichtlich beim Schnapsen im


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Restaurant, aber sonst nirgends! Denn: Das kann ich nicht übersehen! (Beifall bei den NEOS.)

Und wenn wir von Klein- und Mittelbetrieben sprechen, muss ich Folgendes sagen: Wenn wir diese Regelung mitbestimmen, wird sie nur für Generalanbieter gut sein, für die Neckermanns dieser Welt, für Reisebüroanbieter, die gleichzeitig Hoteliers und Fluganbieter sind; diese Regelung wird aber nicht gut sein für die kleine Tourismus­wirtschaft, wie sie in Österreich herrscht.

Ich denke, es ist ein fataler Fehler, den wir hier begehen. Was ich bis jetzt gehört habe, waren nur Lippenbekenntnisse, dabei habe ich ganz aufmerksam zugehört, was hier im Vorfeld diskutiert wurde. Das stimmt alles so, und das sollte dementsprechend auch behandelt werden.

Denken Sie lieber darüber nach, ob Sie hier mitstimmen! Wir werden alle genau darauf schauen, ob die Vertreter des Wirtschaftsbundes mitstimmen, ob sie es wirklich so ernst meinen mit der Stärkung der Tourismuswirtschaft, mit den Klein- und Mittel­betrieben.

Das ist eine fatale Entwicklung! Das Gesamtkunstwerk Tourismus hat kabarettistische Züge angenommen. (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.) Vor Kurzem hat die Wirtschaftskammer – Sparte Tourismus, Sparte Hotellerie – eine Umfrage unter den Hoteliers gestartet: Gefällt euch diese Ordnung? Gefällt euch diese EU-Reiserichtlinie oder gefällt sie euch nicht? – Das ist Kabarett!

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter, die Gesamtredezeit Ihres Klubs ist erschöpft. Bitte um den Schlusssatz!

 


Abgeordneter Josef Schellhorn (fortsetzend): Das ist ein Nicht-Ernst-nehmen. Und meiner Ansicht nach nehmen wir jetzt ernst, wie Sie abstimmen, liebe Kollegen und Kolleginnen. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

20.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter El Habbassi gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


20.10.48

Abgeordneter Asdin El Habbassi, BA (ÖVP): Sehr geehrte Kollegen und Kolle­ginnen! Lieber Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Kollege Schellhorn hat jetzt ange-sprochen, worum es bei dieser Pauschalreise-Richtlinie, die im Oktober des letzten Jahres im EU-Parlament verabschiedet worden ist, geht. Und zwar: Sie bringt nicht nur Schlechtes, sie bringt auch positive Neuerungen im Konsumentenschutz, auf der anderen Seite – wenn wir sie nicht richtig umsetzen – aber auch Regulierungen und Einschränkungen für die heimische Hotellerie. – Das ist völlig richtig!

Was man aber schon sagen muss, wenn man bei der Wahrheit bleibt, lieber Kollege Schellhorn, ist: Wenn sich nicht die österreichischen Tourismusvertreter und unser Staatssekretär Mahrer in Brüssel dafür eingesetzt hätten, dann wäre diese 25-Prozent-Linie, die Sie uns vorher so schön bildlich dargestellt haben, wesentlich weiter unten. Sie wäre wesentlich weiter unten, wenn wir uns nicht dafür eingesetzt hätten, dass diese Dinge schon in Brüssel abgefedert werden.

Du hast zuvor schon angeführt, worum es geht: Wenn heute beispielsweise in Salz­burg – das Bundesland aus dem ich bin, bekannt für den Wintertourismus – eine Über­nachtung mit einer Schikarte, vielleicht noch mit einer Thermenkarte als Pauschalreise angeboten wird und diese Zusatzleistungen über 25 Prozent des Wertes ausmachen, dann kann das für die österreichischen Hoteliers bedeuten, dass eine zusätzliche


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Reiseanbieterlizenz und mehr Bürokratie nötig sind und durch die zusätzliche Kam­merumlage auch höhere Kosten entstehen.

Deshalb ist es uns wichtig, eine Lösung anzubieten, deshalb ist es uns wichtig, dass diese Richtlinie vernünftig umgesetzt wird. Wenn uns die österreichische Hotellerie und die internationale Wettbewerbsfähigkeit wichtig sind, dann geht es darum, dass wir diese Richtlinie – die wir umsetzen müssen, die viele Dinge außer Streit stellt – ent-sprechend so umsetzen, dass die Herausforderungen und die Beschränkungen abgefedert werden. Das könnte man zum Beispiel dadurch erreichen, dass man die Gewerbeordnung so erweitert, dass durch die zusätzlich notwendige Lizenz keine zusätzlichen Kosten entstehen. Das ist auch der Inhalt unseres Entschließungs-antrages, den die Kollegen Unterrainer und Obernosterer eingebracht haben.

Darum bitte ich Sie, im Sinne unserer Hotellerie und unseres Tourismusstandortes, diesem Antrag, der nichts anderes fordert, als diese Richtlinie entsprechend abzu-federn, zuzustimmen, um eine unbürokratische und kostengünstige Lösung dieser Richtlinie umzusetzen. – Besten Dank, ich vertraue auf Ihre Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP.)

20.13


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Mag. Unterrainer gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


20.13.38

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Kollege Brückl ist jetzt nicht im Raum. Ich finde es spannend, wenn er darüber spricht, was alles abgelehnt und vertagt worden ist. Er ist erst seit Oktober 2015 im Parlament und erst seit 29. Feber 2016 im Tourismusausschuss. Also sich diese Freiheit zu nehmen, darüber zu reden, was vertagt wird und was nicht, ist, finde ich, schon ein starkes Stück!

Österreich und der Tourismus sind eng miteinander verbunden: Jeder fünfte Arbeits­platz ist im Tourismus verankert, 500 000 Menschen haben im vergangenen Jahr mindestens einen Tag im Tourismus gearbeitet. Einnahmen von 15,5 Milliarden € und Ausgaben unserer Gäste in Höhe von 35,9 Milliarden € sind tatsächlich beeindruckende Zahlen.

Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörer auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Seitdem ich die Funktion des Tourismus­sprechers in der SPÖ übernommen habe, kämpfe ich im Wesentlichen für zwei Dinge: Erstens, dass die Branche jene Wertschätzung erhält, die sie sich verdient.

Als ehemaliger Gastronom weiß ich auch, was es heißt, in dieser Branche zu arbeiten: Es ist schön, es macht Spaß, aber es ist hochgradig bürokratisch und nicht immer leicht. Deshalb plädiere ich auch dafür, dass die Branche jene Rahmenbedingungen erhält, die sie benötigt, um sich bestmöglich zu entwickeln und die hohen individuellen Wünsche unserer Gäste befriedigen zu können.

Genau da, wo es darum geht, dass es die besten Rahmenbedingungen gibt, bin ich mit vielen Entwicklungen nicht einverstanden, zum Beispiel mit der Pauschalreise-Richtlinie, über die wir heute diskutieren. Es hat nämlich sieben Jahre lang gedauert, bis man auf europäischer Ebene einen Kompromiss gefunden hat, und diese Um­setzungsrichtlinie, die man dann verabschiedet hat, ist leider noch immer in einigen Punkten nicht befriedigend.

Diese Pauschalreise-Richtlinie ist, kurz gesagt, mit einer stärkeren Regulierung in der Hotellerie verbunden; da gebe ich meinen Kollegen recht. Wer bei Zimmerbuchungen Kombiangebote macht, tritt nun nach EU-Recht auch als Reisebüro auf, und das mit allen damit verbundenen Auflagen. Das heißt, wenn ich meinen Gästen eine Reise


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anbiete, kombiniert etwa mit einer Bergführung oder ähnlichen Angeboten, dann benötige ich als Betrieb eine Reisebürolizenz, die eine weitere Gewerbeberechtigung darstellt. Diese Auflagen sind wirklich nicht zielführend!

Aber was nützt das Jammern, wir können nur anpacken, wir können nur versuchen, das Beste daraus zu machen. Deshalb war es mir ein primäres Anliegen, zu ver­suchen, auf der nationalen Ebene bei der Regulierung die Giftzähne zu ziehen. Ich freue mich, dass ich in meinem Kollegen Gabriel Obernosterer beim Koalitionspartner einen Verbündeten habe und wir eine gemeinsame Linie gefunden haben und diesen Antrag einbringen konnten.

Im Vergleich zum ursprünglichen Richtlinienansatz haben wir Wesentliches durch­gebracht. Zum Ersten hat sich Staatssekretär Mahrer mit seinem Verhandlungsteam in Brüssel in verschiedenen Bereichen erfolgreich einbringen können. Zum Beispiel: Eine Reise gilt nun erst als Pauschalreise, wenn die Nebenleistung mehr als 25 Prozent beträgt, zwei geringfügige Dienstleistungen bringen somit noch lange nicht automatisch eine Pauschalreise mit sich und nachträglich vor Ort gebuchte Leistungen lösen auch keine Pauschalreise aus. Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreuden kann nur bei erheblicher Einschränkung geltend gemacht werden.

Zweitens habe ich mich sofort dafür eingesetzt, dass Kombiangebote erhalten bleiben können, und dass durch die zweite benötigte Gewerbeberechtigung nicht mehr büro­kratische Hürden und noch höhere Kosten entstehen, denn das ist für die Hoteliers ganz zentral. Die Hoteliers leben von Zusatzangeboten, das ist der Schlüssel zum Erfolg für viele Betriebe. Da geht es nicht darum, Mehreinnahmen zu lukrieren, sondern schlicht und ergreifend darum, sich auf dem Markt zu positionieren.

Meine Damen und Herren, es muss uns eines bewusst sein: Österreich ist ein Land, das nachhaltig vom Tourismus profitiert. Die Marke Österreich, das Bild Österreichs im In- und Ausland wird stark von unserer Gastfreundschaft und der touristischen Vielfalt geprägt. Dass es so bleibt, dafür tragen wir hier im Nationalrat einen Teil der Verantwortung. Ich freue mich, dass die meisten da am selben Strang ziehen.

Ich möchte aber abschließend auch nicht mit Kritik sparen. Ich hätte mir seitens der Wirtschaftskammer mehr Kooperation erwartet. Meine Intention ist und war es, eine unbürokratische, kostenlose Umsetzung der Richtlinie zu erreichen, geworden ist es aufgrund des Einwandes der Kammer ein Antrag auf kostengünstige Umsetzung, was ich nicht ganz verstehe. Denn: Wenn Betriebe bereits jetzt pro Jahr 676 Millionen € an die Wirtschaftskammer zahlen, dann sollte man bei einer solchen Regelung als Kammer selbst zu dem Schluss kommen, dass genug eigentlich genug ist. (Zwischen­ruf des Abg. Obernosterer.) Immerhin ist die Kammer auch unsere Vertretung, also unser Freund, wenn man so will.

Für mich impliziert kostengünstig – auch wenn es jetzt kostengünstig heißt  nach wie vor die Chance auf eine kostenlose Variante. Ich frage mich schon, ob es nicht möglich wäre, es kostenlos zu machen, denn immerhin wurden für die Firmenpensionen der Ex-Kämmerer im letzten Jahr 67 Millionen € aufgewendet. Vielleicht könnte man das Geld ein bisschen anders verwenden.

Meine Damen und Herren! Packen wir es an und halten wir den Tourismus zukunftsfit! Ich glaube, das ist unsere gemeinsame Aufgabe.

An dieser Stelle bedanke ich mich schon jetzt für die breite Unterstützung meines Antrages. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.19


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Mag. Hauser gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 231

20.19.12

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen und Zuhörer vor den Fernseh­geräten! Auch dieser Antrag gehört hinterfragt.

Wir unterstützen den Antrag, aber wie lautet da der Antragstext? – Die Bundes­regie­rung wird ersucht, sich bei der Pauschalreise-Verordnung für eine „möglichst unbüro­kratische und kostengünstige Regelung für die österreichische Hotellerie einzusetzen.“

Okay, das unterstützen wir. Das erwarte ich mir aber von einer Regierung, dass sie das tut: dass sie sich für eine kostengünstige Regelung für die Hotellerie – die eh geplagt ist, bitte schön, die letzten Jahre bis zum Gehtnichtmehr – einsetzen. Wir stim­men dem zu, inhaltlich ist das in Ordnung. Aber, noch einmal: Wir erwarten uns das, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der FPÖ.)

Lieber Kollege Unterrainer – weil Sie versucht haben, den Kollegen Brückl zu maß­regeln –: Es ist nicht die Frage, wie lange jemand in einem Ausschuss ist. Es gibt die freie Rede, es gibt das freie Mandat und jeder Mandatar kann hier seine Meinung kundtun, egal, wie lange er in einem Ausschuss sitzt. Das ist vollkommen unerheblich! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. El Habbassi.)

Ich glaube, die Parlamentskorrespondenz ist objektiv, und wenn ich jetzt den letzten Tourismusausschuss Revue passieren lasse, darf ich schon festhalten, dass von acht Initiativen sechs Initiativen gemeinsam von der Opposition eingebracht wurden, obwohl wir uns redlich bemüht haben, auch die Regierungsparteien mit ins Boot zu holen. Aber die Gespräche sind im Sand verlaufen. Da war kein Kompromiss möglich – entgegen alter Regelungen, gemeinsam für die Tourismuswirtschaft etwas weiterzubringen!

Bitte, Herr Präsident, ich darf aus der Parlamentskorrespondenz wie folgt zitieren:

„Initiativen der Oppositionsparteien boten dem Tourismusausschuss Gelegenheit zu einer lebhaften Debatte über aktuelle Themen der Branche.“

Ja, das ist und das war die Wahrheit! Und wenn ich nun nur diese Initiativen streife, Herr Kollege Obernosterer, dann muss ich sagen: Ich hätte mir erwartet, dass wir im Vorfeld über die eine oder andere Initiative einen Konsens erzielen, weil es, glaube ich, gescheite Sachen sind. Die eine oder andere Sache wurde ja bereits angesprochen.

Schauen wir uns das einmal an! Ein Beispiel: Schaffung fairer Spielregeln und Wettbe­werbsbedingungen im Zusammenhang mit Online-Buchungsplattformen. Da ging es um die Bestpreisklausel, dass nämlich große Anbieter, Online-Plattformen, immer den günstigsten Preis anbieten und dass es der Hotellerie nicht gestattet ist, diesen Preis zu unterbinden. In Deutschland ist dieses Verbot gefallen.

Die Hotellerie hat dann nicht mehr die nötige Flexibilität. Das wollten wir regeln, das wollten wir anpacken. Doch: kein Konsens im Vorfeld! Da frage ich mich: Wieso nicht? (Abg. Obernosterer: Weil die Wettbewerbsbehörde weisungsfrei ist!) – Na, das, was in Deutschland und in Frankreich möglich ist, wird wohl auch in Österreich möglich sein. Es sind sowieso Klagen eingebracht, und man wird sehen, was herauskommt.

Aber unterstützend hätten wir da schon für die österreichische Tourismuswirtschaft tätig sein können, weil immerhin 200 Millionen € jährlich an Provisionen an Online-Platt­formen fließen, mit steigender Tendenz. Das ist genau die Kaufkraft und genau das Geld, das der Branche für Investitionen verlorengeht. Es gibt null Unterstützung. Null Unterstützung! – Da hätten wir uns im Vorfeld darauf einigen können. (Abg. Obernosterer: Das ist Wettbewerb …!)

Über den dritten Tagesordnungspunkt, die kurzzeitige Mitarbeit Familienangehöriger, haben wir uns bereits unterhalten. Da herrscht ja grundsätzlich Konsens. Aber das wird


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 232

von der SPÖ blockiert. Ein Jahr lang bringe ich das hier schon vor. Dass das nicht möglich ist, versteht draußen niemand. Mich sprechen viele Leute an und fragen, wieso wir da „nichts aus den Stauden bringen“? Ich kann das ja schon gar nicht mehr erklären.

Oder: der gemeinsame Antrag betreffend leistbares Skifahren durch eine EU-konforme Lösung. – Keine Unterstützung! (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.– Wenn ich mir da die Redebeiträge anschaue, auch die vom SPÖ-Kollegen Bacher, dann erstaunt mich das schon sehr. Die SPÖ geht her und sagt: Es ist eh alles so super, alles paletti! Skifahren ist eh grundsätzlich günstig! Die Tarife, die verlangt werden, sind normal!, et cetera, et cetera.

Ich brauche mich nicht schlau zu machen, man steckt ja sowieso mitten drinnen, aber wenn man sich die Tarife wirklich ein bisschen zugute führt: 49,50 € Tagespass am Arlberg, Saalbach-Hinterglemm 47 €, Ischgl 49,50 €, Zillertal 48,50 € und so weiter und so fort. – Na, bitte schön, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, da frage ich mich schon, wie man da noch von einer Leistbarkeit des Skifahrens sprechen kann. Ski­fahren war einmal ein Volkssport, und jetzt ist es ein Luxussport geworden! (Zwi­schenrufe des Abg. Obernosterer.)

Wenn ich mir dann die Argumente anhören muss, dass ja eh die Möglichkeit besteht, Tarifverbundkarten zu kaufen, so muss ich sagen: So lustig ist die Sache auch nicht! Beispiel: zwei Eltern, zwei Kinder  Normalverkauf 1 150 €, bitte! Wir wissen, was der Normalverbraucher verdient. Fakt ist: Viele können sich nicht nur das Skifahren nicht mehr leisten, sondern es geht auch um den Besuch von Hallenbädern, von Freibädern, um Museumsbesuche und so weiter und so fort.

Ich darf – jetzt aktuell – zum Beispiel Professor Peter Zellmann vom Institut für Freizeit- und Tourismusforschung zitieren, der Folgendes festgestellt hat (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe): „Immer mehr junge Österreicher pfeifen komplett aufs Skifahren.“ Das ist ja die Katastrophe! Es ist eben nicht in Ordnung. Da ist man aufseiten der SPÖ – und das hat mich erstaunt – mindestens auf einem Auge blind. Ich würde sagen, auf beiden Augen blind, wenn Professor Zellmann feststellt, dass mittlerweile beinahe zwei Drittel der Österreicher überhaupt noch nie Ski gefahren sind. Uns bricht da eine komplette Generation weg. Wir sind das Wintersportland Nummer eins. Uns bricht die Jugend weg, zwei Drittel sind noch nie Ski gefahren. Die haben keinen Zugang zum Skifahren. – Das ist das Problem! Und da tut man so, als wäre eh alles in Ordnung.

Ich zitiere weiter: „Das Institut warnt jetzt vor einem regelrechten Kollaps des Winter­tourismus in Österreich.“ – Da hätten wir uns schon Unterstützung erwartet, aber diese Unterstützung haben wir auch nicht erhalten. Diese Liste der Versäumnisse könnten wir fortsetzen.

Ich denke an sinnvolle Initiativen, wobei man sich im Vorfeld durchaus einigen kann und sagen kann: Reden wir uns zusammen! Leben wir diese geübte Praxis der Vergangenheit! Versuchen wir gemeinsam, der notleidenden Tourismuswirtschaft, die der Garant für den ländlichen Raum, für die Sicherung der Arbeitsplätze ist – da sind primär Familienbetriebe tätig – endlich einmal entgegenzukommen! Versuchen wir zur alten Praxis zurückzukehren und zu sagen: Spucken wir in die Hände, arbeiten wir zusammen, versuchen wir im Vorfeld diese Koordination zu schaffen, dass wir zumindest in diesem Ausschuss – und die Opposition hat sich redlich bemüht, dass wir zumindest in diesem Ausschuss versuchen, die eine oder andere Initiative zustande zu bringen – etwas weiterbringen!

Als neuer Vorsitzender des Tourismusausschusses werde ich mich bemühen, das möglichst umzusetzen. Bitte schön, helft mir dabei! Es ist doch unsere Aufgabe,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 233

gemeinsam etwas weiterzubringen, nicht nur in der Tourismuswirtschaft. Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

20.27


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


20.28.02

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär Mahrer! Meine Damen und Herren hier im Saal und zu Hause! Worum geht es? – Es geht um die Pauschalreise-Verordnung der EU und ihre Umsetzung in Österreich.

Wir haben jetzt schon sehr viel gehört. Auf der einen Seite hat diese Richtlinie durch­aus positive Ziele im Sinne des Konsumentenschutzes, auf der anderen Seite ist sie – ich sage es einmal locker – sehr kompliziert. Damit Sie wissen, wovon wir reden, darf ich Ihnen einen kleinen Absatz aus dieser Verordnung vorlesen, wobei es darum geht, was keine Pauschalreise ist. Ich zitiere: 

„Eine Kombination von Reiseleistungen, bei denen nicht mehr als eine Art der Reise­leistung im Sinne der Nummer 1 Buchstaben a, b oder c mit einer oder mehr als einer touristischen Leistung im Sinne der Nummer 1 Buchstabe d kombiniert wird, ist keine Pauschalreise, wenn die letztgenannten Leistungen:

a) keinen erheblichen Anteil am Gesamtwert der Kombination ausmachen und nicht als wesentliches Merkmal der Kombination beworben werden und auch nicht sonst ein wesentliches Merkmal der Kombination darstellen oder

b) erst nach Beginn der Erbringung einer Reiseleistung im Sinne der Nummer 1 Buch-staben a, b oder c ausgewählt und erworben werden (…)“

So, meine Damen und Herren: Wer kennt sich jetzt aus? (Abg. Brosz: Das in der Mitte habe ich nicht verstanden, kannst du das nochmals lesen?) – Ah, ein Kandidat kennt sich aus.

Und ich sage Ihnen: Genau aus diesem Grund braucht es diesen Antrag, und wir unterstützen ihn auch. Das versteht kein Mensch. (Abg. Walter Rosenkranz: Humor wird bei den Grünen kleingeschrieben!) Das ist aber umzusetzen, und es ist so umzu­setzen, dass es erstens vernünftig ist, dass es die touristischen Betriebe nicht über­fordert, sie nicht Leute, Experten anstellen müssen, die das für sie umsetzen. Genau deswegen braucht es diesen Antrag, und wir unterstützen ihn. Ich erinnere: Maria Theresia hat die Gesetze immer jemanden mit durchschnittlicher Bildung lesen lassen – und erst wenn diese Person in verständlicher Weise wiedergeben konnte, was in diesem Gesetz drinnen stand, durfte das Gesetz in Kraft treten.

Wir haben eine Summe solcher Regelungen, nicht nur auf EU-Ebene, auch in Öster-reich. Wenn ich an die Umsetzung der 13-prozentigen Mehrwertsteuer im Tourismus auf Nächtigungen denke: Da hängt ein Rattenschwanz von Regelungen dran, die kein Mensch versteht. Was ich sagen will, meine Damen und Herren: Wir müssen weg von solchen überbordenden Regelungen, die niemand mehr versteht.

Daher ist es gut, dass wir diesen Antrag beschließen, und ich hoffe, Herr Staats­sekre­tär Mahrer, wir finden eine Übersetzung dieses komplizierten Textes, die es möglich macht, dass die positiven Ziele der Richtlinie umgesetzt werden, aber alles, was nach zusätzlicher Bürokratie riecht, sozusagen ausgemistet wird. (Beifall bei den Grünen.)

20.31


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Staatssekretär Dr. Mahrer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 234

20.31.23

Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Lieber Sepp Schellhorn, ich habe das im Tourismusausschuss eigentlich schon tiefgehend ausge­führt, möchte es aber hier noch einmal kurz wiederholen: Das ist eine Richtlinie, die als Richtlinienentwurf vonseiten der Kommission primär im Sinne des Konsumentenschut­zes designt ist.

Sie liest sich sehr kompliziert, wie viele Richtlinien, die seitens der Europäischen Kom­mission entworfen und dann im Trialogverfahren zwischen Kommission, zuständigem Rat – in unserem Fall Wettbewerbsrat – und Parlament umgesetzt werden.

Man kann in diesem Fall der Wirtschaftskammer überhaupt keinen Vorwurf machen, und ich weiß nicht, warum du das immer wieder tust. Die Wirtschaftskammer hat als Interessenvertretung – übrigens nicht nur die Wirtschaftskammer in Österreich, son­dern andere unternehmerische Interessenvertretungen in ganz Europa auch – frühzeitig darauf hingewiesen, dass es zu deutlichen Problemen für die Tourismus­wirtschaft führen kann, wenn wir die Richtlinie im Ursprungsentwurf umsetzen.

Das war das erste Thema, dem ich mich auf Ratsebene gewidmet habe, und wir haben in zehn sehr langwierigen, harten Verhandlungen mit anderen Ländern, die zum Teil die Bedeutung des Tourismus nicht so sehen wie wir, sicherstellen können, dass es ein vernünftiges Balanceverhältnis zwischen dem Konsumentenschutz und der Umsetzung in deren Sinne gibt.

Das hat zwei zentrale Veränderungen zur Folge, nämlich in den Punkten: Was passiert dann im Bereich der Insolvenzabsicherung, und was passiert im Bereich der Informa­tionsverpflichtung? Denn das sind die beiden Kernpunkte. Und ich kann den Antrag nachvollziehen. Ich kann aber garantieren, dass wir uns dafür einsetzen werden, mit Antrag oder ohne, dass die Umsetzung kein Gold-plating bringt, so wie die Möglich­keiten hier gestaltet sind. Wir führen ja bereits mit der Branche Gespräche. Wir haben noch ein bisschen Zeit, wir sollten aber hier nicht wieder bis zum letztmöglichen Zeitpunkt warten.

Die Richtlinie muss bis 1. Jänner 2018 umgesetzt werden, und gilt dann ab 1. Juli 2018: Wir wollen hier, was die Insolvenzabsicherung betrifft – denn das wird jetzt eine gewisse größere Zahl an Hoteliers betreffen –, eine möglichst kostengünstige Lösung sicherstellen, und was die Informationsverpflichtung betrifft, wird man schauen müssen, dass auch das keinen großen Mehraufwand bedeutet.

Im Kern sind wir uns alle einig, was die mögliche Frage der Gewerbeberechtigung betrifft: Wir sollten eine Lösung finden, die nicht dazu führt, dass die Betriebe eine zusätzliche Gewerbeberechtigung benötigen. Das ist in niemandes Sinne. Weil immer wieder unterstellt wird, es sei im Sinne der Wirtschaftskammer oder wir hätten da eine Richtlinie dazu: Ganz im Gegenteil, wir haben uns massiv dafür eingesetzt, dass der vorliegende Richtlinienentwurf verbessert wurde! Dabei war es schwierig, auch in Österreich eine Mehrheit zu finden. Es ist ja allgemein bekannt, dass wir mit einer abgestimmten Position in die Verhandlung gehen müssen, und es war gar nicht so leicht, diese abgestimmte Position zu finden, weil lange nicht erkannt wurde, was im ursprünglichen Entwurf an Bedrohungspotenzial enthalten war.

Ich bin sehr zufrieden, dass es uns gelungen ist, in den Ratssitzungen und nachher im Trialogverfahren mit Parlament und Kommission einen vernünftigen, ausgewogenen Entwurf der Richtlinie sicherzustellen. Und jetzt ist es an uns, diesen so umzusetzen, dass wir sie in der Tourismusbranche fast nicht spüren. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.34



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 235

Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler zu Wort. Restredezeit Ihres Klubs: 1 Minute. – Bitte. (Abg. Steinbichler begibt sich zum Red-nerpult und stellt dort ein Taferl auf. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


20.34.51

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär, das ist genau das Problem, dass nicht mehr Zeit zur Verfügung steht (Abg. Brosz: Du hast vorher … geredet!), aber es wurde von den Praktikern, von Sepp Schellhorn und auch vom Vorsitzenden Hauser eindeutig die Problematik aufgezeigt, auch von deiner Seite: Der Praktiker versteht schön langsam die Gesetze nicht mehr, und dieses Bild muss ich auf allgemeinen Wunsch erklären. Das ist das Ergebnis – wir haben nicht nur von Gesetzen und Kontrollen gesprochen, sondern auch von Auswir­kungen von Gesetzen –: Eine Unternehmerin aus unserem Bezirk, eine Kaffeehaus­besitzerin, hat mich gebeten, dieses Bild herzuzeigen, um zu veranschaulichen, welche Auswirkungen die Registrierkassenpflicht für sie hat.

Man sieht einen kleinen und einen großen Behälter mit Kassenbelegen. Weil sie nicht nur ein Kaffeehaus hat, sondern auch Brot und Süßigkeiten verkauft, braucht sie zwei Registrierkassen, und damit sie nicht jeden Tag auf dem Gehsteig draußen eine Stunde lang Belege einsammeln muss, hat sie gleich neben der Kasse Behälter aufgestellt, wo man die Bons hineinschmeißen kann. Und das müssen wir überlegen, und ich glaube, das ist des Pudels Kern bei allen Themen (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen) – ich bin gleich fertig, Herr Präsident –, dass wir die Praktiker mehr in die Gesetzgebung einbinden müssen, sonst wird sie von diesen nicht mehr verstan­den. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

20.36


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


20.36.21

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Kolleginnen und Kollegen! Nicht zu Unrecht waren unsere Hoteliers in Sorge darüber, dass die 2015 verabschiedete Pauschalreise-Richtlinie der Europäischen Union die heimischen Beherbergungsbetriebe übermäßig belastet. Die genannte Richtlinie sieht vor, dass bei einer Zimmerbuchung in Kombination mit weiteren Dienstleistungen, wenn diese den Schwellenwert von 25 Prozent des Gesamtpreises übersteigen, diese Buchung zu einer Pauschalreise wird.

Es darf jedoch eine solche Pauschalreise nach österreichischem Recht nur derjenige anbieten, der auch im Besitz einer Reisebürolizenz ist. Dies wäre nicht nur mit zusätz­lichen Kosten, wie der dadurch schlagend werdenden doppelten Kammerumlage, son­dern auch mit mehr bürokratischem Aufwand verbunden. (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade im Wintertourismus werden oft zusätzliche Leistungen wie Schipässe oder der Verleih der Schiausrüstung angeboten, und auch für den Gesundheitstourismus, in dem Wellnessbehandlungen mitangeboten werden, würde diese Regelung zu Prob­lemen führen. Deswegen ist diese Befreiung bis zum Schwellenwert von 25 Pro­zent ein Verhandlungserfolg von Staatssekretär Mahrer. Neben den Verpflichtungen, die sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergeben und die auch national nicht mehr abge­wendet werden können, ist zumindest eine Ausweitung des Gastgewerbes erforderlich, um die Betriebe vor der Verpflichtung einer zusätzlichen Reisebürolizenz und einer doppelten Kammerumlage zu bewahren. Unser Staatssekretär Mahrer hat bereits auf EU-Ebene gut verhandelt, konnte den ursprünglichen Entwurf entschärfen und hat sich für eine praxistaugliche Umsetzung starkgemacht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 236

Im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Hotellerie mit ihrem hochqua­litativen Angebot an Serviceleistungen bin ich überzeugt, dass Staatssekretär Mahrer auf eine praktikable Anwendung der Richtlinie drängen wird.

Wir stimmen diesem Entschließungsantrag gerne zu. (Beifall bei der ÖVP.)

20.38


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Bacher. – Bitte.

 


20.38.22

Abgeordneter Walter Bacher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Also, ich finde es ja sehr positiv, dass die beiden Regierungsparteien für Verbes­serungen im Tourismus eintreten und gemeinsam das Ziel haben, wesentliche Teile der neuen Pauschalreise-Richtlinie zu entschärfen. Damit setzt sich die Bundes­re-gierung für eine möglichst unbürokratische und kostengünstige Regelung für die öster­reichische Hotellerie ein. Und ich glaube, das steht im Vordergrund.

Aber, Kollege Hauser, da du mich vorhin zu diesem Thema direkt angesprochen hast – und ich bin ja froh, dass ich das jetzt auch sagen kann –: Ich hätte diesen Antrag bezüglich der EU-Konformität der einheimischen Preise sehr gerne abgelehnt, nur ist es mir so gegangen wie dem Kollegen Obernosterer bei dem Antrag für die Mitarbeit der Angehörigen im Betrieb.

Ich würde das gerne hier diskutieren, und jetzt habe ich die Gelegenheit dazu. Und jetzt kannst du ja das Handy einmal kurz weglegen und mir zuhören. Wenn du dir den Antrag genau angesehen hast, so wirst du wissen, dass es darum gegangen ist, dass wir die einheimischen Preise EU-konform regeln. Ich habe dir im Ausschuss die Antwort gegeben: Die EU-Konformität ist gegeben.

Im weiteren Text des Antrags habt ihr dann plötzlich festgestellt – die, die ihn unterzeichnet haben –, dass die Preise zu hoch sind, aber das ist wieder ein völlig anderes Thema, das muss man auf einer anderen Ebene diskutieren und auch dar-stellen. Ich meine die Frage, ob es notwendig und richtig ist, dass man per Gesetz, per Verordnung in privatwirtschaftliche Dinge eingreift und dadurch Preise regeln will.

Ich glaube, dass wir im Bereich Jugend und Schinachwuchs in der Seilbahnwirtschaft sehr viel leisten, und wenn es wirklich so schlimm wäre, wie diese Studie besagt, dann hätte wahrscheinlich mein Kollege Franz Hörl – der ist ja lange genug hier herinnen gesessen – schon lange laut aufgeschrien und hätte das da auch vorgebracht.

Wenn wir richtigerweise sagen, es geht um Arbeitsplätze in der Tourismusbranche, dann bejahe ich das natürlich auch, denn gerade die Arbeitsplätze in diesem Bereich sind mir auch extrem wichtig. Aber von welchen Arbeitsplätzen reden wir denn da? In meiner Region, im Pinzgau, einem typischen Tourismusgebiet, liegt der Lohn touris-mus­bedingt um 400 € niedriger als der Durchschnittslohn im Zentralraum, und das nur deshalb, weil wir durch den Tourismus geprägt sind, weil da halt niedrigere Löhne gezahlt werden. Deswegen müssen wir da ansetzen und schauen, dass wir diese Löhne in die Höhe bringen, dass wir ordentliche Arbeitsplätze haben, die diesen Titel auch verdienen.

Letztendlich ist der vorliegende Antrag wichtig, er ist richtig, deshalb werden wir auch zustimmen, und zwar im Sinne der Tourismuswirtschaft in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

20.41

20.41.20

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 237

Wir kommen zur Abstimmung über die dem schriftlichen Ausschussbericht 1026 der Beilagen beigedruckte Entschließung betreffend die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. (E 127.)

20.41.39Einlauf

 


Präsident Karlheinz Kopf: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selb­ständigen Anträge 1592/A(E) bis 1602/A(E) eingebracht wurden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 20.42 Uhr ein; das ist sogleich im Anschluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

20.42.04Schluss der Sitzung: 20.42 Uhr

 

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